Neuere Kirchengeschichte Steinbach-Hallenbergs

 

Man kann im Jahr 2018 gar nicht mehr vorstellen, was damals in Steinbach-Hallenberg in der Kirchengemeinde alles möglich war. Heute gibt es eine gefestigte öffentliche Verwaltung und die staatlichen Gesetze und Vorschriften werden anstandslos eingehalten. Es gibt ein Kreiskirchenamt, das Arbeitsverträge und Mietverträge ausfertigt und auf die sachliche Richtigkeit und die Einhaltung der Vorschriften achtet. Die Kirchenrechnung wird eingehend geprüft bzw. vom Kreiskirchenamt aufgestellt. Der Dekan ist nur für die geistlichen Dinge zuständig und hat nicht das Bestreben, einen Pfarrer wegen seiner politischen Einstellung zu vertreiben. Die Bevölkerung akzeptiert die Regeln des Zusammenlebens.

Ich war ja die westlichen Verhältnisse gewöhnt und meinte, dort müsse es auch so sein. Im Westen hatte der Betriebsleiter das Sagen und die Angestellten gehorchten, selbst wenn er Unsinn machte. Es wäre doch unmöglich gewesen, daß jemand für 190 Stunden bezahlt wird, aber nur 170 Stunden leistet und dann doch noch für Überstunden bezahlt wird. Natürlich gibt es heute ausführliche Arbeitsverträge und Dienstanweisungen. Da konnten Angestellte nicht ihre eigenen „Standpunkte“ und Auslegungen als gültig erklären. Und wenn einer an der Firma vorbei in die eigene Tasche wirtschaftete, wurde er sofort entlassen.

Die DDR war zwar eine Diktatur und ein Unrechtsstaat, aber unterhalb einer gewissen Schwelle gab es doch viel Gesetzlosigkeit: Da wurde sich während der Arbeitszeit ausgeruht oder private Dinge erledigt, da wurde Material gestohlen oder krank gefeiert. Andererseits wurden die Leute auch oft gegängelt und meinten, bei der Kirche könnten sie sich aber verwirklichen. Das gilt für die Ingenieure und Handwerksmeister, die meinten, den Kirchenvorstand ersetzen zu können. Bei Gießlers mag auch ein wenig der Gegensatz der Landeskirchlichen Gemeinschaft zur Kirche eine Rolle gespielt haben. Aber sie schädigten ja nicht mich, sondern die Kirche. Die wollten sie wie eine Weihnachtsgans ausnehmen, kräftig unterstützt von Frau Jäger. Wäre alles so geblieben wie vorher oder wie es mit ihnen ursprünglich ausgemacht war, dann hätte es keine Probleme gegeben. Wenn ich aber auf die Einhaltung der Regeln drang, machte ich Unruhe - aber sie glaubten wirklich, daß ich es sei und nicht sie.

Wenn ich heute meine Aufzeichnungen lese, fällt mir auf, wie oft ich mich auf Gesetze berief, wo ich doch an sich nicht so gesetzlich bin. Doch die staatlichen Gesetze waren unbedingt zu beachten, sonst wäre unter Umständen die Küche geschlossen worden. Und die kirchlichen Gesetze waren zu beachten, weil sie einmal die langjährigen Erfahrungen der Kirche spiegeln, aber auch weil sie der Gleichbehandlung unter den Gemeinden dienen. Man kann es nicht so sehen wie Herr Gerhard Huhn, der einmal meinte: „Gesetze sind doch nur Vorschläge, an die man sich halten kann oder auch nicht!“ Man warf mir von Seiten mancher Angestellter und auch mancher Kirchenvorsteher vor, ich sei gesetzlich. Aber das geschah ja nur, um den eigenen Willen durchzusetzen und das eigene Ich an die Stelle der Gemeinschaft zu setzen.

Es gibt sicher Situationen, in denen man ein Gesetz auch elastisch biegen muß, damit sein ursprünglicher Sinn erhalten bleibt. Man kann bei Aufstellung eines Gesetzes nicht alle Einzelfälle bedenken, weil das Leben so vielfältig ist. Aber bei einer Abweichung müssen sich alle einig sein, die kann nicht einseitig ein Einzelner verfügen.

Schon gar nicht kann man auf die Gnade Gottes verweisen. Gott will nicht, daß wir seine Gebote übertreten in der Meinung, er werde schon vergeben. Aber praktisch so sah das dann so, daß man mir sagte ich sei doch kein „Seelsorger“. bzw. ich solle mich nur um die „Seelsorge“ kümmern und nicht um die weltlichen Sachen. Außerdem muß man noch bedenken, daß ich nicht systematisch kontrolliert habe. Ich habe nur das aufgegriffen, was ich zufällig bei meinen Besuchen im Gemeindehaus selber gesehen habe oder was mir bei der Durchsicht der Bücher auffiel. Wahrscheinlich hat es noch viel mehr Verstöße gegeben.

 

Die folgende Ausarbeitung hatte ich in digitaler Form an sich nur dem Pfarramt zur Verfügung gestellt zur Information für mögliche Nachfolger. Der Text wurde ohne mein Wissen und meine Zustimmung von Pfarrer Scholz im Internet veröffentlicht (aber nach ihm wieder gelöscht). Weil es aber schon veröffentlicht war, sah ich keinen Grund, es nicht auch auf meine Webseite zu stellen. Diesen ursprünglichen Text habe ich hier noch einmal ergänzt durch einen Auszug aus meinem Buch „Kirche ohne Staatssicherheitsspitzel?“ über das Verhältnis von Kirche und Staat im Dekanat Schmalkalden und durch weitere Angaben. Ich habe dazu eine ausführlichere Darstellung von 330 Seiten. Aber weil mancher so viel wohl gar nicht lesen will, habe ich stark gekürzt. Außerdem habe ich viele Namen auf die Initialen oder die Funktion verkürzt, aber die Namen der Hauptakteure mußten natürlich erhalten bleiben

 

 

Kurze Vorgeschichte:

Am 15. September 1967 kam ich nach Steinbach-Hallenberg. Mir ging der Ruf voraus - von der Landeskirchlichen Gemeinschaft ausgestreut - ich sei ein „modernistischer“ Pfarrer, der die Auferstehung leugnet. Daß das nicht so ist, hat die Gemeinde bald erfahren, vor allem auch durch viele Beerdigungspredigten. Dennoch versuchte der damalige Prediger Mertel, seine Leute gegen mich aufzubringen: zwei Eltern schickten ihre Kinder nicht zum Konfirmandenunterricht, andere wollte er dazu bringen, ihr Kind nicht von mir taufen zu lassen. Doch er kam damit nicht durch, mit seinem Weggang war die Sache erledigt, kam aber gelegentlich doch wieder einmal hoch.

Mit Herrn Lieberknecht, dem anderen Pfarrer am Ort, kam ich aus. Auch hier haben manche etwas gewittert. In vielen Orten geht das nicht gut, wenn mehrere Pfarrer am Ort sind. Leider war er in vielen Dingen konservativer als ich und unsre Meinungen gingen da auseinander. Aber in vielen Dingen waren wir uns auch erstaunlich einig (vor allem, wenn es gegen Schmalkalden ging). Damit verblüfften wir manchen Kollegen und auch manchen in der Gemeinde, der einen Gegensatz witterte.

 

Die Leistung der früheren und späteren Mitarbeiter:

Die Schwierigkeiten in Steinbach-Hallenberg ergaben sich aus einem Generationswechsel unter den kirchlichen Mitarbeitern. Die älteren sahen diese Arbeit als einen Dienst für Gott und für die Gemeinde an. Anfangs gab es im Kindergarten drei Erzieherinnen und eine Aushilfskraft und bis zu 100 (gemeldete) Kinder. Küche und Reinigung wurden von drei Frauen geleistet. Wenn wenig Arbeit war (zum Beispiel keine Rüstzeit), gingen diese heim und schrieben auch nur die geleisteten Stunden auf. Wenn wieder mehr Arbeit war, machten sie anstandslos die erforderlichen Überstunden. Über das Jahr gesehen ergab sich so eine volle Anstellung.

Als diese Kräfte aber aus Altersgründen ausschieden, wurden neue Mitarbeiter angestellt, die nur zu der in der DDR üblichen Leistung bereit waren. De jüngeren Leute sahen das als eine Arbeit wie jede andere an, sie wollten keine flexiblen Arbeitszeiten je nach Arbeitsanfall mehr, sondern einen Achtstundentag. Sie waren nicht bereit, Arbeitsspitzen abzufangen und wollten deshalb immer mehr Personal. So habe ich mich immer dagegen ausgesprochen, daß immer mehr Leute für die gleiche oder weniger Arbeit angestellt wurden und dafür noch übertariflich bezahlt wurden.

Früher hat die Hausmeisterin Reffke die Heizung besorgt und das Haus sauber gemacht (außer Schwesternstation und Kindergarten). Und bei Bedarf (Krankheitsvertretung) hat sie auch noch in der Küche mitgeholfen. Die Heizung hat allerdings in der Praxis ihr Mann gemacht, der trotz verkrümmtem Rücken diese schwere Arbeit in bewundernswürdiger Weise geleistet hat (besonders das Schaufeln der Kohlen in den Keller war sicher schwer). Herr Reffke wurde aber nicht dafür bezahlt, angestellt war nur seine Frau.

Nach dem Hausmeister Graupner wurde das Ehepaar Gießler angestellt, also statt einer Stelle waren es jetzt zwei bzw. verglichen mit Frau Reffke waren es 2,5. Im Kindergarten waren bis zu sechs Leute angestellt. Die Kinderzahl wurde auf 90 begrenzt, auch von denen nur zwei Drittel (im Durchschnitt) anwesend waren. Dafür wurden dem Kindergarten immer mehr Räume zur Verfügung gestellt, so daß am Schluß kein einziger Raum mehr für die Gemeindearbeit zur Verfügung stand. In der Küche wurden bis zu fünf Leute angestellt.

Verquickt wurde das dann noch mit der Frage der Bezahlung. Am Anfang haben wir ihnen an Weihnachten immer noch eine übertarifliche Zulage gezahlt. Aber inzwischen waren nicht nur die Löhne immer wieder erhöht worden, sondern auch die Zahl der Angestellten war gewachsen. Sie wollten aber weiterhin ihre Zulagen, obwohl jetzt gar kein Geld mehr dafür da war (die Rücklagen waren für die Orgel draufgegangen). So war in der Kirchengemeinde die Situation entstanden, daß trotz höherer Kirchensteuereinnahmen der Haushalt gerade noch so ausgeglichen werden konnte. Der Kirchenvorstand hatte beschlossen, daß die über mehrere Jahre gezahlten freiwilligen Weihnachtsbeihilfen („13. Monatsgehalt“) erst nach einem positiven Abschluß der Jahresrechnung im neuen Jahr ausgezahlt werden.

Ich habe mich immer dagegen ausgesprochen, daß immer mehr Leute für die gleiche oder weniger Arbeit angestellt wurden und dafür noch übertariflich bezahlt wurden. Man hätte vielleicht Geld vom Dekanat bekommen können. Aber das wollte ich nicht, weil das zu Abhängigkeiten führt. Aber so war ich der Übeltäter, der nur den Angestellten nichts geben will. Aber es war ja alles vom Kirchenvorstand so beschlossen.

 

 

Steinbacher Verhältnisse I:

Vor einer zeitlichen Schilderung der Vorgänge sollen hier zunächst einmal einigen Themen im Zusammenhang abgehandelt werden:

 

Hausmeister

Ein Lehrbeispiel für die neuen Verhältnisse bei der Tätigkeit neuer Mitarbeiter war die Tätigkeit der Familie Gießler in der Kirchengemeinde seit Sommer 1978. Als die Familie Reffke ihr neues Haus hinter dem Gemeindehaus bezogen hatte und der neue Hausmeister Graupner gekündigt hatte, brauchten wir einen neuen Hausmeister. Das Ehepaar Werner und Inge Gießler hatten Interesse und die Verwaltungsleiterin Jäger, die Schwester Werner Gießlers managte alles. In den Sommerferien des Jahres 1978 wären Gießlers ohne Wissen des Kirchenvorstandes beinahe eingezogen.

Sicherlich konnten wir froh sein, jemanden aus dem Ort gefunden zu haben, der diesen Dienst übernehmen wollte. Daß Her Gießler der Kirche helfen wollte, die einen Hausmeister brau­chte, mag auch eine Rolle gespielt haben. Aber vielleicht redet er sich da auch zu viel ein. Mancher mag sich gewundert haben, daß er seinen Beruf aufgab und für die Kirche arbeitete. Aber das hatte schon seine Gründe: Er sollte unbedingt die Wohnung in der Wolffstraße frei machen. Und er mußte seine bisherige Arbeit aus gesundheitlichen Gründen aufgeben (giftige Dämpfe, öfter zur Kur). Er war also in einer Zwangslage und war froh, eine Arbeit zu finden und dazu vor allem die Wohnung. Die neue Arbeit war leichter, er konnte sie selbst einteilen, es gab die Möglichkeit zu einem attraktiven Nebenverdienst und zu Sonderbezügen. Aber es ist jedenfalls nicht so, daß er nur der Kirche zuliebe seinen guten Beruf aufgegeben habe. Das sagte er auch deswegen, damit die Zeit davor auf das Dienstalter angerechnet werden kann.

Auf mein Verlangen wurde im am 14. August 1978 (also mitten im Sommer) eine Kirchenvorstandssitzung einberufen, damit der Arbeitsvertrag klar war, ehe die Wohnung bezogen wurde.

Dadurch, daß Herr Gießler auch Gräber auf dem Friedhof machen wollte, wäre die finanzielle Frage an sich gelöst. Frau Killenberg hatte behauptet, es sei auch eine eineinhalbfache Anstellung möglich, also Hausmeister und eine halbe Stelle auf dem Friedhof. Aber da könnten so viele andere auch kommen und sagen, wir arbeiten anderthalbfach (in erster Linie die Pfarrer).

Es sollte der gleiche Vertrag wie mit dem Vorgänger Graupner abgeschlossen werden: Lohngruppe VIII, allerdings Endgehalt. Diesen üblichen Satz hielt man für angemessen, weil ja der Nebenverdienst für das Gräbermachen dazukommen sollte. Das Gräbermachen sollte außerhalb der Arbeitszeit auf eigene Rechnung geschehen. Wenn dann etwa der Dienstag für das Gräbermachen verwendet wird, kann das am Sonnabend nachgeholt werden.

Es stellte sich heraus, daß im Durchschnitt der letzten vier Jahre gut 50 Reihengräber und auch etwa 50 Urnengräber anzufertigen waren, so daß ein monatlicher Verdienst von über 1.000 Mark aus dieser Arbeit zu erzielen ist. Der Kirchenvorstand wollte über die Preise keine Vorschriften machen. Herr Gießler wurde gebeten, nicht 200 - 220 Mark für ein Grab zu nehmen, weil bei einem kirchlichen Angestellten das doch auch mit auf die Kirche fallen würde. Er gab an, er wolle 160 Mark nehmen, war aber bald wieder bei dem alten Satz von 220 Mark. Es wurde ihm angeboten, den Sonderverdienst versteuern zu lassen, indem er 22,8 Prozent an die Kirchenkasse zahlt (also den Arbeitgeberanteil mit bezahlt).

Gießlers waren mit allem einverstanden. Sie sagten: „Wir wissen, daß wir von der Kirche nicht so bezahlt werden können wie vom volkseigenen Betrieb (jedenfalls beim regulären Lohn). Aber das wollen wir auf uns nehmen!“ Angeblich hat er vorher 200 Mark mehr verdient (aber bei der Kirchensteuer waren es nur 400 Mark im Monat und sind es bis heute). Aber dieses Geld hat er nur durch Überstunden verdient (seine Schwester hat ja immer darüber geklagt). Das aber ist jetzt ja nicht mehr drin. Im Gegenteil: Er kann es sich leisten, am Montagmorgen sein Auto auseinanderzunehmen und die Bremsbacken zu säubern!

Doch man darf auch nicht vergessen, daß dafür ja auch Schichtarbeit und Gesundheitsgefährdung wegfielen. Es wurden von der Kirche ja auch nicht nur 400 Mark brutto im Monat gezahlt (Grundlohn waren 475 Mark). Dazu kamen ja sofort 30 Mark monatlich Zuschlag für Wirtschaftskräfte (der aber von Frau Jäger von Anfang an auf 235 Mark erhöht worden war). Dazu die Sonderzuwendungen der Kirchengemeinde in Höhe von zehn Prozent des Grundlohns an Neujahr, Urlaubs- und Weihnachtsgeld vom Dekanat. Es gab Sachleistungen in Form von kostenlosem Mittagessen und verbilligte Strom- und Gaskosten. Die beheizte Dienstwohnung wurde kostenlos gestellt (während die Pfarrer die Dienstwohnung versteuern mußten). Und schließlich kamen noch dazu die Sonderzuwendungen des Dekanats aus dem Westen (/900 DM im Jahr für ein Ehepaar), die auch mit 3.000 Mark im Jahr zu veranschlagen sind. Alles in allem verdient er so viel, daß er auch ohne den Nebenverdienst in den Bereich der Zusatzversicherung kommt.

Auch mit dem Aufziehen der Uhr war Herr Gießler gleich einverstanden, auch wenn ihm gesagt wurde, im Augenblick sei ja noch jemand da, der die Arbeit mache. Aber wenn das nicht der Fall sei, müsse er es übernehmen, auch für längere Zeit. Als der Fall dann eintrat, hat er es auch anstandslos gemacht. Erst als er wieder jemand gefunden hatte, der die Arbeit übernahm, redete er davon, er habe das nur vertretungsweise zu übernehmen.

Einige Tage später sprach mich Frau Jäger an, ihr Bruder sei etwas besorgt, er könnte zu wenig Geld verdienen. Ich versuchte wiederum deutlich zu machen, daß er sehr gut verdienen wird, zumindest besser als bisher. Mir ging es nur darum, daß hier keine Sonderregelungen getroffen werden, das gibt böses Blut. Mir kommt es jedenfalls komisch vor, wenn Herr Gießler erst sagt, es komme ihm nicht auf das Geld an und sich dann wegen fünf Mark wegen der Garagenmiete streiten will.

Doch kaum waren Gießlers in der Wohnung, sah es anders aus. Jetzt sollte Frau Gießler auf Vorschlag von Frau Killenberg für die Reinigungsarbeiten voll bezahlt werden, obwohl es bei Reffkes bestenfalls eine halbe Stelle ist (nach den sehr guten kirchlichen Richtlinien). Später wurde behauptet, die Arbeit fülle eine volle Stelle aus, Frau Gießler erhielt 190 Stunden bezahlt, arbeitete aber nur 170 Stunden, ohne daß mit dem Kirchenvorstand auch nur etwas darüber vereinbart worden war. Sie sollte noch gebeten werden, auch die Beerdigungszettel auszutragen. Das Argument‚ wer seine Arbeit schneller schafft‚ kann eher heimgehen, zieht nicht. Auch andere leisten gute Arbeit und müssen ihre Stunden anwesend sein und kriegen keine Überstunden bezahlt. Frau Gießler macht ja auch keine Sonntagsarbeit, sondern sie arbeitet im Schichtsystem.

Nun wollte Herr Gießler auf einmal seine ganze Arbeitskraft in den Dienst der Kirchengemeinde stellen und keine Gräber machen, es gäbe erst einmal so viel im Gemeindehaus zu tun. Dafür verlangte er aber eine Erhöhung seines Lohnes. Der Kirchenvorstand hatte zunächst ausdrücklich eine eineinhalbfache Bezahlung abgelehnt. Herr Gießler und seine Schwester, die auf der Kirchenkasse schaltete und waltete, wandten sich aber an Herrn Arno Nothnagel, der sich zum Vorsitzenden des Finanzausschusses hatte machen lassen (bisher war immer der geschäftsführende Pfarrer der Vorsitzende, der allein Sitzungen einberufen konnte).

Der Ausschuß tagte ohne Wissen des Kirchenvorstandes und der Pfarrer und machte Gießlers feste Zusagen. Der Kirchenvorstand sollte nur noch entscheiden, ob die jetzt neu zugesagte Zulage 285 oder 315 Mark monatlich beträgt. Die Differenz ergibt sich daraus, ob außer der persönlichen Zulage von 285 Mark auch die Anhebung von 30 Mark für Lohnstufe VIII bleiben sollte. Das wurde abgelehnt, so erhielt Herr Gießler jetzt insgesamt 790 Mark.

Ich sagte Herrn Arno Nothnagel, daß es so nicht geht, weil zuerst der Kirchenvorstand befragt werden muß. Ein  Ausschuß kann Entscheidungen des Kirchenvorstandes vorbereiten und Vorschläge machen, aber nicht selber die Entscheidung fällen. Oder er hat die Aufgabe, Beschlüsse des Kirchenvorstandes auszuführen. Da trat Her Nothnagel aus dem Kirchenvorstand aus. Er hat dann zwar auch noch andere Dinge angeführt, aber meine Kritik wegen des Übergehens des Kirchenvorstandes war der Hauptgrund. Herr Nothnagel wollte zum Beispiel, daß im Kirchenvorstand bestimmte Dinge durchgepeitscht würden, er wollte mir einmal vormachen, wie man das macht und wie er es angeblich im Betrieb macht. Ich dagegen vertrat die Meinung, die Dinge müßten ausdiskutiert werden und dafür müsse auch Zeit sein. Von meiner ganzen Erziehung her war ich es gewohnt, unerschrocken meine Meinung zu sagen, ohne Rücksicht auf verwandtschaftliche und persönliche Beziehungen und ohne Furcht vor persönlichen Nachteilen.

Wenn Herr Gießler etwas taugte, würde er von sich aus auf die Zulage verzichten. Angeblich will er sie haben, damit es auf die Rente angerechnet wird. Aber er könnte ja auch sein Geld vom Gräbermachen versteuern lassen, dann wäre alles in Ordnung. Jetzt aber wird er praktisch für die gleiche Arbeit dreimal bezahlt.

Auf Rat eines Steuerberaters wurde die Zulage sogar nur mit 5 Prozent als Leistungslohn versteuert

obwohl es sich nicht um einen Erschwerniszuschlag handelt, denn der wird nur für gesundheitlich schädliche oder schmutzige Arbeit gezahlt. Später wurde sogar für alle Wirtschaftskräfte der Lohn in Grundlohn und Prämienlohn geteilt und dieser auch nur mit fünf Prozent versteuert. Die Zulage von 285 Mark war nach kirchlicher Ordnung illegal. Und daß sie nicht in voller Höhe versteuert wurde, war Steuerhinterziehung.

Ich fragte noch danach, worin denn die Sonderleistung besteht. Die Antwort: „Das Sauberhalten des Fried­hofs.“ Dies war aber laut Arbeitsvertrag als Ausgleich dafür gedacht, daß im Sommer nicht die Heizung zu besorgen ist. Im Grunde bestand die Sonderleistung auf dem Friedhof nur darin, daß das Gras auf dem Friedhof gemäht wurde und an die eigenen Kaninchen verfüttert wurde. Ich möchte behaupten, daß ich in manchem Jähr und vielleicht auch im Jahr 1979 mehr auf dem Friedhof gearbeitet habe als der Hausmeister. Jene Bestimmung steht also nur auf dem Papier, es wird keine Sonderleistung vollbracht.

Ich schlug vor, die Mehrleistung an das Anfertigen von Gräbern zu koppeln. Herr Gießler möchte die Gräber nämlich lieber während seiner Arbeitszeit machen. Dann könnte das Geld dafür an die Kirchenkasse gehen und er erhielte einen bestimmten Prozentsatz davon als Prämie, Das wäre echter Leistungslohn. Ich versuchte deutlich zu machen‚ daß er ja auch nach meiner Meinung mehr erhalten sollte, nur müßte eine Konstruktion gefunden werden, die hieb- und stichfest ist, so daß uns niemand an den Wagen fahren kann. Mein abschließende Feststellung: „Ein Hausmeister verdient ohne die sogenannten Prämien mehr als ein Pfarrer, jedenfalls wenn man das Anfangsgehalt des Pfarrers betrachtet!“ Darauf die Artwort: „Mit einem Pfarrer kann man das auch nicht vergleichen. Das ist überall so, daß der Arbeiter mehr kriegt als der Direktor!“ Ich schrieb am 21. März 1979 wegen dieser Regeleung an den Dekan, aber er alles geduldet, aber einen Arbeitsvertrag hat er nicht genehmigt, weil ihm keiner vorgelegt wurde.

Meiner Meinung nach wäre eine Zusatzprämie zu vertreten, wenn sie mit dem Anfertigen von Gräbern gekoppelt würde. Das ist eine echte Mehrleistung. Wegen mir könnten die Gräber in der Arbeitszeit angefertigt werden, aber die Gebühr dafür ginge an die Kirchenkasse und Herr Gießler erhielte davon einen Anteil von 20 - 30 Prozent (für das Anfertigen von Gräbern sind in den letzten vier Jahren durchschnittlich 1.000 Mark im Monat eingekommen). Dann liegt es an Herrn Gießler, wieviel er verdient: Je mehr Gräber er macht, desto mehr Prämie.

Auch für die Reparatur der Schornsteinköpfe hat Herr Gießler noch einmal 140 Mark extra erhalten. Laut Arbeitsvertrag gehören Reparaturen an allen kirchlichen Gebäuden zu seiner Aufgaben. Als bei uns zwei Schornsteinfeger die Firstziegel verschmierten, haben sie 100 Mark dafür gekriegt und ich habe der ganzen Tag kostenlos geholfen‚ obwohl solche Arbeiten nicht in meinem Arbeitsvertrag stehen.

Als ich dann im Januar 1980 eine Forderung von 4.800 Mark stellte als Bezahlung für das vor mir vier Jahre lang ausgeübte Aufziehen der Kirchturmuhr, wurde gesagt‚ man könne hier keinen Präzedenzfall schaffen. Auch wenn ich das Geld wieder spenden wollte, könnten ja auch andere Mitarbeiter kommen und für bestimmte Leistungen eine Sondervergütung fordern und das Geld dann nicht wieder der Kirchengemeinde zur Verfügung stellen.

Nun ist der Arbeitsbereich eines Pfarrers nicht so klar umschrieben. Prinzipiell ist er für alles in der Gemeinde zuständig. Ein anderer Mitarbeiter der Gemeinde kann sagen: „Dazu habe ich keine Zeit, das kann ich nicht, das mache ich nicht!“ Dann muß es eben der Pfarrer machen. Wenn er keinen Katecheten hat, muß er selber die Christenlehre übernehmen. Wenn er keinen Organisten hat, kann er den Gottesdienst nicht ausfallen lassen, sondern muß selber anstimmen, usw.

Es dürfte aber wohl doch ein Unterschied sein, ob er auf seinem ureigensten Gebiet der Gemeindearbeit tätig wird (zum Beispiel Christenlehre, aber auch Verwaltungsarbeit)‚ oder ob er das Dach decken, die Kirche kehren oder der Friedhof aufräumen muß. Letzteres kann nicht zu den Dienstpflichten eines Pfarrers gehören.

Wenn aber jedes andere Gemeindeglied und jeder andere kirchliche Angestellte für solche Sonderleistungen in seiner Freizeit eine Sondervergütung erhält, muß sie auch der Pfarrer erhalten. Da kann man nicht von anderen angeblichen Privilegien des Pfarrers reden (es sollte mir einmal einer erklären, welches diese Privilegien sind) und eine Schlechterstellung von ihm verlangen. Kirchliche Gehälter sollen aber nicht bemessen sein nach Tätigkeitsmerkmalen, Ausbildungs­zeit, Dienst­alter oder Verantwortungsbereich. Ein Gehalt ist dazu da, um den Lebensunterhalt dessen zu sichern, der seine ganze Arbeitskraft in den Dienst der Kirche stellt. Er braucht also die Entlohnung, die ihm ein wirtschaftlich gesichertes Leben ermöglicht. Dabei muß ein Gehalt eines Mit­arbeiters die ganze Familie ernähren können; man kann nicht rechnen, daß der Ehepartner ja noch dazuverdient.

Für jedes Familienglied sollte also mindestens soviel zur Verfügung stehen‚ wie die Mindestrente ausmacht Bei einer Mindestrente von 260 Mark brauchte eine fünfköpfige Familie also 1.300 Mark, ein Ehepaar ohne kleine Kinder brauchte aber nur 520 Mark (jeweils netto). Es sollte an jeden nur e i n volles Gehalt gezahlt werden. Mehr als arbeiten kann keiner. „Überstunden“ gibt es nach meiner Ansicht nicht bei einem kirchlichen Mitarbeiter. Was er schaffen kann, das soll er tun. Umgedreht sollte ihm die Kirche geben, was er für seinen Lebensunterhalt braucht. Aber das muß für alle gelten, für akademische Kräfte ebenso wie für Wirtschaftskräfte. Und wenn der Hausmeister noch eine Sondereinnahme braucht, dann braucht sie der Kantor ebenso (und zwar eine Einnahme, die ihm regelmäßig gesichert ist und nicht von seiner jeweiligen Leistung abhängt).

Ein Argument war noch, Herr Gießler verdiene eine Sonderzuwendung, weil er auch am Wochenende arbeitet. Ich sagte dazu: „Ich denke eher, daß Herr Dalberg dann arbeitet und Herr Gießler frei hat!“ Die Antwort: „Er muß doch heizen!“ Doch die meiste Zeit des Jahres heizt er am Wochenende nur für sich selbst (und die Schwesternstation). Und die Zentralheizung im Gemeindehaus macht bestimmt nicht mehr Arbeit als drei Ofen in einem Pfarrhaus im Gang zu halten. Wenn er aber einmal krank ist, dann kommt ein anderer und heizt für ihn, damit er es in seiner Krankenstube warm hat. Und das Essen wird ihm (von Frau Killenberg) ans Bett gebracht und er darf es wie alle Tage kostenlos zu sich nehmen, und seine Frau auch. Aber man sollte doch nicht so tun, als müsse man bei der Kirche nur arbeiten und erhalte nur einen Hungerlohn dafür. Im Grunde wurde die Kirchengemeinde als Selbstbedienungsladen angesehen, aus dem man immer mehr herausholen kann bis hin zur Verköstigung von immer mehr Verwandten.

 

Aber am 15. September 1980 wurde in der Kirchenvorstandssitzung mitgeteilt, daß Herr Gießler außerhalb seiner Arbeitszeit Gräber macht. Das Geld dafür steckt er voll ein, und zwar nicht 160 Mark - wie er zuerst sagte - weil es ihm peinlich sei, von den Leuten soviel Geld zu verlangen.

Jetzt aber ist das alles vergessen. Es ist ihm nicht peinlich, auch noch zusätzlich von der Kirche 285 Mark im Monat zu nehmen. Er sagte zu, daß er 190 Stunden für die Kirchengemeinde arbeiten wolle, und das Gräbermachen geschehe in der Freizeit. Wenn er diese Stundenzahl einmal nicht erreiche, werde er den Stundenlohn von damals 4,10 Mark zurückzahlen. Aber das kam natürlich nie vor. Diese Arbeit auf dem Friedhof wurde im Laufe der Jahre immer mehr ausgeweitet, es wurden auch Einfassungen und Grabsteine beseitigt, aber jetzt alles auf eigene Rechnung. Viele sagten: „Er ist doch ein tüchtiger Mann!“ weil sie nur diese öffentlichkeitswirksame Tätigkeit sahen. Aber seine eigentlichen Aufgaben bei der Kirche kamen zu kurz.

Am 30. Juni 1983 lagen dem Finanzausschuß die Arbeitsverträge nicht vor. Herr Gießler erklärte, er habe 1979 einen Arbeitsvertrag unterschrieben, dieser ist aber nicht mehr vorhanden. Die Verträge wurden auf der Kirchenkasse aufbewahrt, da konnten sie natürlich leicht verschwinden. Am 15. September 1980 heißt es im Protokollbuch des Kirchenvorstandes: „Der Hausmeister, Herr Gießler, ist seit Juli mit Herrn Schiwek als Totengräber tätig. Der Finanzausschuß hatte befunden, daß sich dadurch an der Bezahlung von Herrn Gießler durch die Kirchengemeinde nichts ändern soll. Der Kirchenvorstand bestätigt dies nach Aussprache!“

 

Am 8. Mai 1986 kündigte die Familie Gießler für Ende Mai mit einem ausführlichen Brief, weil „die Leitung der Kirch­gemeinde, insbesondere Pfarrer Heckert, ein völlig anderes Verständnis vom Miteinander im üblichen wie im christlichen Sinn hat......Wir waren ständig Gesprächsthema in den Vorstandssitzungen, ohne uns die Möglichkeit zu geben, Unklarheiten klar und Unrichtigkeiten richtig stellen zu können, abgesehen davon, daß man Verleumdungen einfach im Raum stehen ließ.......Wir bedauern es sehr, daß gerade von Pfarrer Heckerts Seite, der doch eigentlich auch Seelsorger sein sollte, in keiner Weise Versöhnungsbereitschaft und Hinlenken in diesem Spannungsfeld zu erkennen war. Dies läßt den Schluß zu, daß er zu dem, was er von Gottes Wort verkündigt, keine persönliche und innere Beziehung hat und sich seiner Verantwortung der Kirchgemeinde sowie der ganzen Stadt gegenüber nicht bewußt ist!“

Dabei war gerade erlaubt worden, auch private Lebensmittel in der Gefriertruhe der Gemeinde aufzuheben oder während der Arbeitszeit privat einzukaufen. Gießlers wurden oft angehört, aber sie haben nicht in allem Recht gekriegt. Von meiner Seite wurde viel Entgegenkommen und Einlenken gezeigt. Ich habe mich, je länger je mehr, aus allem herausgehalten. Aber es zeigte sich, daß dafür die Kirchenvorstandsmitglieder den gleichen Angriffen ausgesetzt wurden, die nun die Sache in die Hand nahmen. Aber Privatinteressen einer Familie können nicht über den Interessen der Gemeinde stehen.

Das Wort „Versöhnungsbereitschaft“ ist mir dabei zu hoch gegriffen. Ich wüßte nichts von meiner Seite, das eine Versöhnung erforderlich machte, denn ich habe keinen Groll oder sonst etwas gegen Gießlers. Um meines Amtes und meiner inneren Glaubwürdigkeit willen weise ich aber ganz entschieden die Behauptung zurück, ich hätte zu Gottes Wort keine persönliche und innere Beziehung. So etwas sagt man nicht über einen Pfarrer, das ist so schwerwiegend wie etwa der Vorwurf der Irrlehre.

Es ist keinem Mitarbeiter mit Mißtrauen begegnet worden, sondern es stellten sich Unregelmäßigkeiten heraus, die mit Beschlüssen des Kirchenvorstandes und allgemeinen Regeln nicht übereinstimmten und einer Klärung im Interesse der Kirchengemeinde bedurften. Niemand ist gegen Gießlers vorgegangen. Wegen ihrer Eigenmächtigkeiten wurden sie Gesprächsthema in den Kirchenvorstandssitzungen. Wir hätten uns das gern erspart, wenn sie sich verhalten hätten, wie es bei Angestellten üblich ist.

Es konnten ihnen kaum mehr Möglichkeiten gegeben werden, Unklarheiten und Unrichtigkeiten richtigstellen zu können. Am 24. Juni gab es eine dreieinhalbstündige Besprechung mit den erreichbaren Mitgliedern des Kirchenvorstandes. Bei dem Gespräch mit dem Dekanatssynodalvorstand am 13. September 1985 in Schmalkalden waren sie dabei. Herr HC. und Herr M. sprachen wochenlang mit ihnen, seit 31. Januar 1986 waren wöchentliche Dienstbesprechungen, zu denen sie allerdings oft nicht erschienen. Herr Gießler verschaffte sich sogar einmal uneingeladen Zugang zur Kirchenvorstandssitzung und wurde angehört. Gießlers wurden sehr oft angehört, allerdings haben sie nicht in allem Recht gekriegt, man hat nicht auf sie gehört. Über die erneute Erwähnung angeblicher Verleumdungen gilt das oben gesagte.

Die Wohnung wurde erst am 30. Mai übergeben. Sie wurde aber schon seit Mitte des Monats nicht mehr bewohnt. Die eine Nacht brannte das Licht in der Wohnung und wurde erst nach einem Hinweis von Reffkes gelöscht. Wie beim Ende eines Mietverhältnisses üblich wurde ein Übergabe­protokoll gemacht: Die Wohnung war für Wohnzwecke unbrauchbar gemacht worden: Im Wohnzimmer ist der Fußbodenbelag herausgerissen. Diesen hatten Gießlers zwar auf eigene Rechnung verlegen lassen, aber die Entfernung widerspricht der Bestimmung im Mietvertrag. Die Spüle war Eigentum des ehemaligen Hausmeisters.

Im Kindergarten war der Abfluß der Kinderwaschbecken seit Wochen mehr oder weniger verstopft. Am 26. Mai lief dann gar nichts mehr ab. Der Schaden konnte aber umgehend beseitigt werden, ebenso wie die verstopfte Dachrinne am Friedhofschuppen.

Zwei Kellerräume waren aufgeräumt worden. Es stellte sich heraus, daß viele Werkzeuge da waren, die nicht inventarisiert waren. Außerdem fanden sich wertvolle Materialien, die schon lange hätten angewendet werden können, zum Beispiel Parkettlack, Waschbenzin, Firnis, flüssiges Bohnerwachs, Deckel für Kinderklosetts. Die Kinder mußten jahrelang so aufs Clo gehen. Ich war dann mit Herrn Hey nach St. Kilian gefahren und konnte mit einem Trick fünf Stück erlangen, dabei lagen welche bei uns im Keller.

Es fehlte die Bosch-Bohrmaschine samt Zubehör, weil Herr Gießler sie angeblich in sein Privathaus mitgenommen hatte. Sie fand sich dann doch in einem Schrank in der Werkstatt im Keller, ebenso eine elektrische Stichsäge von Bosch. Einige Inventarstücke standen nicht im Inventarverzeichnis und wurden nachgetragen, so zum Beispiel auch eine elektrische Heckenschere.

An die Heizkörperteile konnte sich Herr Gießler auf einmal nicht mehr erinnern. Es handelt sich um drei Innenteile von Konvektortruhen und einige Kappen, die eine Zeit neben der Haustür im Flur lagen. Als sie dann verschwunden waren, fragte ich Herrn Gießler danach. Er sagte: „Die habe ich weggetan, daraus kann noch einmal einen Heizkörper für unsere Wohnung gemacht werden!“ Die Teile waren versehentlich mit gekauft worden, als die Heizkörper im Neubau erneuert wurden. Sie wurden dann aber doch an Herrn Hey übergeben.

Die Wandverkleidungsplatten, die Herr Gießler vor Jahren ohne Beschluß des Kirchenvorstandes gekauft hatte, wollte er zunächst nicht übernehmen. Er hat die restlichen dann aber doch bezahlt. Es bleibt dennoch ein Geldbetrag von 5 Mark offen, denn es wurden 10 Platten zu je 30 Mark verkauft, die Kosten betrugen aber je Platte 30,50 Mark. Eine Platte befindet sich noch im Kellergang.

Es war so gut wie kein Brennmaterial für das Gemeindehaus vorhanden und mußte schnell besorgt werden. Im Wesentlichen war der Keller gefüllt mit Kohlengries und Kohlenstaub. Am 27.Mai wurde eine Eidechse Braunkohlenkoks ausgeliehen, am 30. Mai kam ein großer Lastwagen Koks vom Kohlenhandel. Der Feuerzugregler an der Warmwasserheizung war demontiert, die Kette ausgehängt, eine Funktion war nicht möglich. Am 28. Mai wurde er wieder repariert und auch gleich das Tropfen des Absperrschiebers beseitigt. Der Entleerungshahn tropft weiterhin. Im Ofen der Dampfheizung war noch die Asche drin. Im Ofen für die Warmwasserheizung waren die Züge und Kammern nicht gereinigt und voller Ruß.

Der Rasenmäher war nach Angabe des ehemaligen Hausmeisters nicht in Ordnung, funktionierte aber. Die alte Autokarosse auf dem Kinderspielplatz wurde nach vielem Reden entfernt. Die Eisenbahnplane, die Herrn Gießler für das Abdecken der Kohlen zur Verfügung gestellt wurden, betrachtet er als sein Eigentum und wird sie mitnehmen.

Das Inventar auf dem Friedhof wurde noch einmal mit Herrn Hey überprüft und über den Verbleib von Grabsteinen gesprochen (siehe Friedhof). Abschließend hieß es in dem Protokoll: „Die Mieter haben alles Eigentum aus dem Gemeindehaus entfernt, die Einrichtungen und Geräte des Hauses stehen ihnen nicht mehr zur Verfügung.“ Am Mittwoch ging Frau Inge Gießler mit Andrea Gießler in den Garten über dem Gemeindehaus, um nach dem Erdbeerbeet zu sehen. Herrn Hey gegenüber haben sie die Meinung vertreten, die Bäume und Sträucher, die sie gepflanzt haben, könnten sie wieder herausreißen. In jedem Nutzungsvertrag ist es anders bestimmt (auch ein Pfarrer kann die Bäume nicht wieder herausreißen, die er einmal gepflanzt hat).

Mitte Juni ging Ute König in den Garten beim Gemeindehaus und holte sich dort Pfingstrosen, offenbar für privaten Gebrauch. Als Frau Reffke sie deswegen zur Rede stellte, wurde sie frech und sagte, das ginge sie gar nichts an, das wäre nicht ihr Garten. Dabei hat Frau Reffke recht, denn sie ist mit der Betreuung des Gartens beauftragt und besorgt den Blumenschmuck des Hauses. Aber offenbar war Ute aufgehetzt‚ von „Gießlers Blumen“ welche zu nehmen.

 

Am 20. Mai 1986 gab es noch eine Aussprache mit den Eheleuten Gießler über das sogenannte „Kündigungsschreiben“. Sie beharrten im Wesentlichen auf ihrer Aussage, wonach ich nicht die Qualifikation zum Pfarrer hätte. Herr Bunge gab sich die redlichste Mühe, machte deutlich, daß das ein ganz schwerwiegender Vorwurf ist, den ein Christ nicht einem anderen und schon gar nicht einem Pfarrer gegenüber erheben sollte. Aber Gießlers waren nur bereit, das zu ihrer persönlichen subjektiven Meinung zu erklären. Die Formulierung „das läßt den Schluß zu“ wollten sie so verstanden wissen.

Nach den „Verleumdungen“ gefragt wußten sie nur ein Beispiel zu nennen: Ich hätte gesagt, sie hätten sich „an der Friedhofskollekte bereichert“. Dazu sagte ich übrigens: „Sie leugnen immer eine Beteiligung an dem Brief des Herrn Häfner. Aber immerhin haben Sie davon gewußt, der Brief befaßt sich zu Beginn nur mit Ihnen. Was Sie jetzt schreiben, liegt auf der gleichen Ebene. Es ist der gleiche Vorwurf!“ Darauf Herr Bunge: „Dies hier ist noch schlimmer!“

Gießlers versuchten dann immer, auf Nebenschauplätze auszuweichen und immer Neues heranzuziehen. Darin wurden sie unterstützt von Herrn Huhn. Dann ging es wieder um das Erziehungsgeld im Kindergarten (siehe dort)

Herr Bunge hielt dann fest, daß ich natürlich das Wohl der Kirchengemeinde im Auge gehabt habe. Man sollte nicht unterstellen, ich hätte nur Gießlers ärgern wollen. Gerne hätte er auch gehört, wenn ich erklärt hätte, Gießlers hätten sachlich nichts falsch gemacht. Ich sagte aber dazu: „Das kann ich nicht, den Beschluß des Kirchenvorstandes, der Fremden den Zugang zur Küche verwehrt, ist nicht eingehalten worden.“ Inzwischen heißt es ja auch, bei jenem Gespräch im September 1984 hätte ich erlaubt, daß Oliver Gießler in der Küche mit ißt und nichts dafür bezahlt. Dabei hatte ich ja gerade das Gespräch gesucht, weil ich eine andere Lösung verlangt habe.

 

Friedhof

Auf dem Friedhof wurden seit vielen Jahren kreuz und quer Wunschgräber verteilt, so daß das Gräbermachen sehr erschwert war (ohne Technik, alles von Hand). Erst nach und nach konnten wir zur Reihenbestattung übergehen. Wenn im Frühjahr das Reisig von den Gräbern genommen wurde, quoll der Schuttplatz sofort über und es wurden an vielen Ecken wilde Abraumplätze geschaffen. Wir wußten uns nur so zu helfen, daß wir diese Plätze auch noch mit Gräbern belegten. Aber auf dem eigentlichen Schutt­platz haben wir oft stundenlang das Reisig auf Lastwagen gegabelt (wenn wir einen kriegen konnten).

Das System, daß die Gebühren in zwei Raten bezahlt wurden (die zweite nach der Größe des Grabsteins) wurde abgeschafft, weil wir dann unserem Geld nachlaufen mußten. So wurde gleich der gesamte Betrag kassiert, und die Gemeindeglieder erhielten sogar noch einen Rabatt. Das war sehr zum Ärger der Nichtkirchlichen, aber wir haben nicht von ihnen mehr genommen, sondern unsere Leute kriegten Rabatt. Der Kreis hat das auch nach einer Beschwerde gebilligt, weil wir keine Gewinne machten.

Ärger gab es auch, wenn zum Beispiel eine Familie ein Familiengrab hatte, aber den zweiten Angehörigen verbrennen ließ und doch das Doppelgrab samt Stein auf dem anderen Grab behalten wollte. Als ich einmal zusammen mit einem Totengräber eigenhändig einen Grabstein an so einem Doppelgrab entfernte, wurde das als Grabschändung gewertet. Aber ich hatte damit nur einem Beschluß des Kirchenvorstandes Geltung verschafft, der aber dann dich wieder beschloß, daß der Grabstein wieder dorthin kam.

 

Mit der Friedhofskirche selber gab es 1985 einen Skandal, weil sich Jugendliche dort nachts zu schaffen machten und als Mutprobe den Sargdeckel anhoben. Jeder wußte offenbar, daß der Schlüssel an einem Nagel unter der Außentreppe hing, weil der Totengräber ihn dort entgegen einer Anweisung hinhängte – das war ja schon immer so!

Und einmal stahl ein Jugendlicher ohne Mühe die elektronische Friedhofsorgel, um darauf bei einem Freund in der Rotteroder Straße zu üben. Als sein Vater (der sein leiblicher Großvater war) das bemerkte, half er dabei, die Orgel in Teile zu verlegen und im Garten zu vergraben und in Viernau in die Hasel zu werfen. Die Polizei kam dahinter und der Junge kam vor das Jugendgericht. Aber als Zeuge wurde ich geladen, nicht der Totengräber. Allerdings sollte ich nur dabei sein, um Auskunft über den (Zeit-) Wert der Orgel zu geben, damit die Entschädigungszahlung entsprechend auf 4.000 Mark festgesetzt werden konnte. Für den doppelten Preis kauften wir in Suhl eine neue elektronische Orgel für die Friedhofskirche.

Beerdigungen fanden in der Friedhofskirche statt. Beileid wurde den Angehörigen vor dem Gottesdienst ausgesprochen. Der Sarg oder die Urne stand vor dem Altar. Nachher ging es zum Grab. Dieses war meist nicht sehr tief ausgehoben war, weil die aufgeworfene Erde rund um das Grab zu einem Wall aufgeschüttet wurde. Gemessen wurde dann aber von der Spitze des Erdwalls aus. So gab es sogar Klagen, es rieche aus den Gräbern. Totengräber waren Herr Schiwek und Herr Preiß, der nur noch den linken Arm hatte, aber sehr tüchtig mitmachte. Später kam noch Herr Lesser dazu. Als dann Herr Gießler als Hausmeister im Gemeindehaus angestellt wurde, hat er auch mit Gräber gemacht und war sozusagen der Verantwortliche auf dem Friedhof.

 

Die Bevölkerung sagt, der Friedhof sei in Ordnung, so sei er noch nie gewesen. Dabei darf man aber nicht vergessen: Der Friedhof wurde vorher durch den Kirchenvorstand in Ordnung gebracht und einwandfrei übergeben. Durch mein Drängen und Nachhaken blieb er einigermaßen auf diesem Stand. Herr Gießler aber rühmte sich: „Vorher gab es Arbeitseinsätze, seit ich das mache, ist das nicht mehr der Fall!“

Am 18. Juni 1985 habe ich Herr Gießler vorgehalten, daß wieder Grabsteine und Teile (zum Beispiel Unterteile für Grabsteine) bei dem neuen Urnenfeld herum liegen. Er redete sich damit heraus, sie kämen sofort weg, er müsse sich nur seine Kräfte einteilen. Gesagt war ihm aber: Entweder die Leute nehmen den Stein sofort mit oder er kommt auf den Schutt bzw. in den Schuppen, um von der Kirchengemeinde verkauft zu werden. Ich gab ihm eine Liste mit nicht erledigten Aufgaben auf dem Friedhof. Es handelte sich um eine Zusammenstellung der notwendigen Arbeiten auf dem Friedhof, die zum Teil schon vor einem Jahr mündlich mitgeteilt worden waren nach einer Begehung durch den Friedhofsausschuß.

Herr Gießler sagte dazu in einem Gespräch mit dem Dekantssynodalvorstand: „Diese Einfassungen verarbeiten wir wieder. Wir müßten ja dumm sein, wenn wir sie wegschafften, um sie dann wieder zu holen!“ Aber es ist nun einmal so: Die Einfassungen dürfen nicht hochkant zwischen den Gräbern stehenbleiben, weil sie eine Unfallgefahr darstellen. Sie dürfen auch nicht an die Friedhofskirche gelehnt werden. Natürlich kann die Friedhofsverwaltung Herrn Gießler Aufgaben übertragen, denn er erhält für seine Arbeit auf dem Friedhof eine monatliche Zulage von 300 Mark. Die Friedhofsarbeiten gehören zu den Aufgaben des Hausmeisters, die tut er nicht „um des Friedens willen“, wie Herr Gießler gerne sagt.

Weiter sagte Herr Gießler: „Vor Jahren hat Pfarrer Heckert einen Grabstein auf dem Friedhof entfernt. Dann hat er den Eisenrahmen um das Grab E. herausgerissen und dann abends beobachtet, wie die Leute ihn wieder hinsetzten. Danach hat er den Rahmen wieder herausgerissen!“ Zwischen dem ersten und dem zweiten Herausreißen lagen Tage, wenn nicht sogar Wochen. Es lag ein Beschluß des Kirchenvorstandes vor, daß solche Eisenrahmen nicht mehr sein dürfen (sie sollten den weißen Split zusammenhalten), weil sie eine Stolpergefahr darstellten.

Bei einem weiteren Punkt wurde Herr Gießler heftig:„Ich denke gar nicht daran, den Grabstein am Friedhofstor wegzuräumen (haut auf den Tisch). Der ist viel zu schwer. Und wenn etwas passiert!“ Ich sagte dazu nur: „Sie haben aber vor einem Jahr selber gesagt, daß sie es zusammen mit Herrn Schiwek machen wollen. Der Zettel war nur als Erinnerung gedacht, weil es so viele Punkte waren!“

Als Reaktionen auf das Gespräch mit dem Dekanatssynodalvorstand war leider festzustellen: Am 28. September 1985 standen Grabeinfassungen und Teile davon an der Schulmauer und an der Friedhofskirche. Eisenleiter und Eisenstangen lehnten wieder am Baum. Die Steine am Schuppen sind nicht zum Schuttplatz gefahren, der alte Grabstein ist nicht in die Kirche geschafft (10 Minuten Arbeit). Am 17. Oktober 1985 wurde endlich wird der Grabstein vom Friedhof abgeholt, der seit dem 30. September dort am Hauptweg lag. Es war Anweisung ergangen, ein Grab erst einzuebnen, wenn der Grabstein von den Angehörigen abgeholt ist. Dennoch hat Herr Gießler erst das Grab abgeräumt und den Stein liegen lassen. Er wurde erst nach Mahnung durch den Pfarrer vom Eigentümer geholt. Es gab schon mehrfach Schwierigkeiten mit Leuten, deren Steine vom Friedhof verschwunden waren.

In der Kirchenvorstandssitzung am 19. Dezember 1985 in Rotterode sagte ich: „Ich habe halt selber auf dem Schuttplatz geholfen, als der Greifer da war, weil Herr Gießler es nicht gemacht hat. Aber schließlich hat er bei uns einen guten Verdienst, da können wir auch etwas verlangen!“ Daraufhin Frau Jäger: „Er hatte wichtigere Arbeit. Als er kam, war schon alles gemacht!“ Da konnte ich nur sagen: „Es gab an dem Mittwoch gar nichts Dringenderes als die Zuarbeit für den Greifer. Ich habe das Herrn Gießler schon mehrfach erklärt, daß da einer dabei sein muß, weil ich die Arbeit auch früher schon gemacht habe!“

Einmal mußten Beerdigungen verschoben werden, weil Herr Gießler angeblich die Gräber nicht fertigkriegen konnte. Es war ein Wochenende, als er am Samstag um 15 Uhr vom Friedhof heimging, während ich um 17.30 Uhr noch einmal hinging und die herunterhängenden Zweige des Baumes abgeschnitten habe, unter denen ich am Nachmittag bei der Beerdigung hindurchkriechen mußte.

 

Im Jahre 1985 war Herr Gießler nebenamtlich Totengräber und arbeitete nur auf eigene Rechnung. In der Vergangenheit wurden ihm auf diesem Gebiet weitgehende Freiheiten gelassen, weil seine Schwester damals Kirchenkassenleiterin war und ihm es überlassen hat, die Grabstellen auszusuchen. Aber das ging natürlich nicht mehr, nachdem eine Bestattung der Reihe nach festgelegt worden war. Frau Jäger ließ als amtierende Verwaltungsleiterin  mehrere Urnen auf Gräbern beisetzen,  deren Ruhefrist bald ablief. Sie hat sich dann unterschreiben lassen, daß die Angehörigen mit der verkürzten Ruhefrist einverstanden sind. Aber das war natürlich ein Verstoß gegen die Friedhofsordnung. Und auch eine Unterschrift nutzt nichts, weil die Leute sich dann doch querstellen, wenn es soweit ist.

Auch wurden die Gräber oft nicht der Reihe nach ausgesucht. Offenbar hat Herr Gießler da ein Profilneurose und will unbedingt, daß es doch nach seinem Kopf gehen soll. Und dann hat er gemeldet, eine Urne sei gerade von ihm beigesetzt worden, obwohl sie noch im Schrank in  der Kirchenkasse stand. Er vertrat den Standpunkt: „Wenn ich melde, die Urne wird beigesetzt, dann genügt das, egal ob die Beisetzung heute geschieht oder erst in 14 Tagen, egal ob die Urne schon im Boden ist oder noch im Schuppen oder im Keller!“(!) Wir tun diese Arbeit im Auftrag des Staates. Wir müssen garantieren, daß jede Urne ordnungsgemäß beigesetzt und verbucht wird. Herr Gießler aber sagte: „Ich wußte ja nicht, daß darüber Bücher geführt werden!“

Einmal wurde ganz früh am Tag mit dem Ausheben eines Grabes begonnen, das an sich einer anderen Familie zugesagt war. Herr Gießler redete sich damit heraus, sein Kollege habe schon damit begonnen gehabt. eine Kirchenälteste, die vorbei kam und die Zusammenhänge kannte, unternahm, nichts. Als der Verwaltungsleiter dazu kam, war es schon zu spät. Aber ihm machte man Vorwürfe, er hätte falsch angewiesen. Und beschwert haben sich die übergangenen Leute nicht beim Totengräber, sondern beim Pfarrer.

Am 1. November 1985 wurde festgestellt, daß auf dem Friedhof eine Urnengrabeinfassung gesetzt wurde, die nur 65 Zentimeter breit ist, also unter der Norm. Deshalb stimmten nun immer die Abstände zu den Nebengräbern nicht. Das Gleiche gilt für die neue erste Reihe de r Erdgräber, die zudem noch völlig schief gesetzt ist.

 

Urnen wurden zunächst von Herrn Gießler von der Post abgeholt, nachdem er die Benachrichtigungen an die Friedhofsverwaltung selbständig aus dem Briefkasten genommen hatte. Er hat die Urnen im Keller des Gemeindehauses, im Schuppen auf dem Friedhof und in der Friedhofskirche abgestellt, bis sie beigesetzt wurden, oft erst nach Monaten. Eine Urne war im Juni 1985 auf diese Weise sogar verschwunden, ohne daß Herr Gießler Auskunft geben konnte, wo sie geblieben war. Später stellte sich heraus, daß das Bestattungsinstitut sie wieder mitgenommen hatte.

Daraufhin habe ich angeordnet, daß die Urnen nur von den Kirchenkassenmitarbeitern auf der Post abgeholt werden. Frau Jäger wußte dazu nur zu sagen „Wir hatten keine Zeit, auf die Post zu gehen!“ (Weil sie täglich zwei Stunden im Kindergarten sich aufhielt und klatschte). Die Urnen wurden dann auf der Kirchenkasse aufgehoben und wurden erst am Tag der Beisetzung dem Totengräber ausgehändigt.

 

Solange der Grabstein nicht gesetzt war, ließen sich die Leute gern eine gebrauchte Einfassung auf das Grab setzen. Herr Gießler nahm für das Setzen 50 Mark und sollte sich die Quittung über die Zahlung von zehn Mark für die Einfassung zeigen lassen. Wenn die Leute die Leihgebühr noch nicht bezahlt hatten, drückten sie Herrn Gießler 30 Mark in die Hand, von denen er aber nur 10 Mark ablieferte. In manchen Monaten ging überhaupt kein Geld für Einfassungen ein, obwohl ständig welche gesetzt wurden. Später wurde dieses Geld gleich bei der Bestellung des Grabes von der Kirchenkasse kassiert (es sei denn, es wurde keine Einfassung gewünscht).

 

Beim Ausscheiden der Familie Gießler konnte am 20. Mai 1986 über den Verbleib von sechs Grabsteinen keine Auskunft gegeben werden. Ende September war erst ein größerer Verkauf erfolgt.

Danach waren aber noch die sechs Steine in dem mittleren Schuppen gekommen, zu dem nur Herr Gießler einen Schlüssel hat. Anfang Dezember waren die Steine aber nicht mehr da. Herrn Gießler war ausdrücklich gesagt worden, daß er keine Steine aus dem Schuppen herausgeben dürfe, dort dürfen keine Steine für Privatleute aufgehoben werden, sondern nur solche, die die Friedhofsverwaltung an Steinmetze verkauft.

Wer einen Stein haben will, der muß ihn v o r dem Einebnen mitnehmen. Wir können keine Haftung übernehmen für Steine, die auf dem Friedhof herumliegen. Andererseits haben wir keinen Lagerplatz, um die Steine monatelang aufzuheben. Wenn ein Stein im Schuppen steht, kann er nicht noch nachträglich von den Angehörigen gefordert werden. Herr Gießler aber hat den Stein im Schuppen nachträglich an die Leute herausgegeben. Angeblich haben sie nichts dafür bezahlt.

 

Weiterhin behauptete Herr Gießler, er verdiene keine 10.000 Mark im Jahr mit dem Friedhof. Die Zahlen dafür stammen von seiner Schwester, die den Durchschnitt von fünf Jahren ausgezählt hat:

50 Erdbestattungen   à 220 Mark ergeben   11.000 Mark,

50 Urnenbeisetzungen à 50 Mark ergeben  2. 500 Mark.

Das sind insgesamt 13.500 Mark. Dazu kommen aber noch Einnahmen für das Setzen von Einfassungen (für die Urnenbeisetzungen wird zweimal Gebühr erhoben, wenn noch provisorisch eine Einfassung gesetzt wird)‚ für das Umsetzen von Urnen und das Einebnen von Gräbern. Außerdem springt manches Trinkgeld heraus, auch in Form von Essen und Getränken. Schließlich läßt sich auch nachweisen, daß Grabsteine, die nicht von den Angehörigen abgeholt wurden, an andere Angehörige verkauft wurden.

Von „Goldfunden“ auf dem Friedhof braucht man gar nicht zu reden. Im Ort bekannt war es bekannt und der Zahnarzt wies auf diese Möglichkeit hin, daß der Totengräber Schiwek Zahngold zum Preise von 100 Mark pro Gramm verkaufte. Dabei war nicht klar, ob das Gold aus alten Gräbern stammte oder neuen Leichen entnommen wurde. Menschliche Zähne, denen die Goldkronen entfernt waren, fanden sich im Aufenthaltsraum der Totengräber im Schuppen.

Herr Gießler wehrte sich auch gegen den Verdacht‚ er habe eine Kollekte aus der Friedhofskirche unterschlagen. Das war aber gar nicht behauptet worden. Vielleicht war gar nichts eingegangen oder die Kästen standen nicht draußen. Nach der Kollekte war nur gefragt worden, um deutlich zu machen: „Hier muß mehr aufgepaßt werden!“ Herr Gießler war nur so empfindlich sind, weil schon der Vater erwischt worden war, als er die Kollekte gestohlen hatte.

 

Nach dem Ausscheiden der Familie Gießler im August 1985 ist uns das Problem geblieben, daß der ehemalige Hausmeister auf privater Basis noch Gräber macht: Er erhält eine schriftliche Anweisung von der Friedhofsverwaltung, welches Grab zu nehmen ist. Doch das Grab wird dann sehr häufig doch an anderer Stelle gemacht.

 

Als es um im Dezember 1985 um die Dienstanweisung für die Totengräber ging, mußte Herr Hey immer wieder das Papier des Kirchenvorstandes gegen die Kirchenvorstandsmitglieder und die Totengräber verteidigen. Herr HC. bestritt das zwar und hielt mir vor, ich sei ja nicht dabei gewesen. Als ich aber einmal eine Viertelstunde dazu kam, war es genau so: Herr Hey saß in der einen Ecke an seinem Schreibtisch, die anderen in der anderen Ecke, und hinter der Tür im Zimmer von Schwester Anni horchte Frau Jäger, die pünktlich im 16 Uhr zum Beginn der Sitzung erschienen war. Angeblich gab es keinen Streit und wurde nicht laut gesprochen. Dabei kam Frau Hey einmal dazu (es war während der Dienstzeit ihres Mannes am Dienstag um 17 Uhr) und flüchtete zu meiner Frau in den Christenlehreraum, weil sich alle anbrüllten. Und am Dienstag, dem 26. November, fragten die Christenlehrekinder: „Was ist denn nur da oben los, die streiten sich wohl!“ Es war deutlich bis unten zu hören, wie Frau Gießler rief: „Ich habe doch nichts genommen, ich habe doch nichts gestohlen!“

Jedenfalls ist es unmöglich, daß sich Kirchenvorsteher und Angestellte vor anderen Angestellten und Außenstehenden in die Haare geraten. Erst muß der Ausschuß sich einigen und dann die gemeinsame Linie nach außen vertreten. Herr Holland-Cunz sah das Papier, das im Friedhofsausschuß besprechen worden war, als mein Papier an. Dabei hatte er es rechtzeitig vorher in der Hand, konnte in der Sitzung alles sagen.

Ich betonte dann noch einmal, daß wir das Wohl der Gemeinde im Auge haben müssen und nicht das nur einer Sippe. Aber einige sehen nur ihr eigenes Interesse, daß sie gut dastehen. Doch sie machen sich dabei abhängig von den Angestellten, die fordernd auftreten und in zunehmendem Maße sich nichts mehr sagen lassen wollen. Mit Vermittlung ist da nichts zu machen. Es geht darum, daß diese Angestellten endlich anerkennen, daß sie angestellt sind und nicht nach Gutdünken schalten und walten können.

 

In der Kirchenvorstandssitzung am 12. September 1988 wurde Herr König aggressiv und sagte: „Gemeindeglieder hätten gefragt, ob wir denn neue Totengräber hätten, weil Angestellte der Kirchengemeinde - darunter Pfarrer Heckert - ein Grab gemacht hätten! Das ist doch Sache des Friedhofsausschusses. Der Pfarrer Heckert hat wohl die Frau U. zu Lebzeiten nicht genug beachtet und besucht, so daß er das jetzt nach ihrem Tod ausgleichen wollte!“ Es gab Prostest aus dem Kirchenvorstand, aber keinen Ordnungsruf des Vorsitzenden oder Dekans. Dabei war die Beleidigung so schwerwiegend wie die des Herrn HC.

Hintergrund war: Am Mittwoch war die 92 jährige Frau U.  gestorben, die Mutter des Gehirnchirurgen Professor U. in Erfurt. Es stellte sich heraus, daß beide Totengräber in Urlaub waren. Nach Lage der Dinge mußte es aber schnell gehen. Es gab keine andere Möglichkeit, als selber anzupacken. Ich bat Herrn Hey, mir den Hausmeister zu schicken. Herr Hey kam dann von sich aus noch selber mit. So haben wir uns dann zu dritt gemüht, das Grab zu machen. Da wir keine Erfahrung hatten, dauerte manches länger. Außerdem war das Nebengrab schon bepflanzt und es konnte dort kein Aushub abgelagert werden. Aber wir wollten sowieso einmal probieren, ob man nicht auf den hohen Aufbau verzichten kann, so daß die Leute zu ebener Erde an das Grab herantreten können. .Das war auch ohne weiteres möglich, wenn natürlich das Zuschaufeln auch etwas länger dauerte.

Ich habe mich hierbei aus zwei Gründen eingesetzt: Einmal handelte es sich um eine Nachbarin und treue Kirchgängerin und die Schwiegermutter eines Kollegen. Zum anderen sind wir gegen Trauerfeiern in Schmalkalden; deshalb müssen wir als Kirchengemeinde absichern, daß auch ein Grab gemacht wird, wenn es gewünscht wird (die Verstorbene hatte zwar in letzter Zeit von Verbrennung gesprochen, aber es ehrt die Kinder, daß sie doch ihren eigentlichen Wunsch erfüllten, auch wenn es mit der Grabpflege schwierig wird). Wir können da den Angehörigen nicht sagen: „Da müßt ihr selber sehen!“ Wer von ihnen hätte es denn machen sollen? Ein Kirchenvorsteher sagte: „Da haben Sie nichts Falsches gemacht!“ Ein anderer  traf den Nagel auf den Kopf: „Was wäre erst gewesen, wenn es nicht gemacht worden wäre!“

Die Wetterfahne auf der Friedhofskirche müßte noch ergänzt werden durch eine Henne, die auf der Fahne steht. Auf der alten Fahne, die noch im Turm der Friedhofskirche steht, kann man noch die Ansätze der Füße sehen. Herr Jung (Mühlgasse) hat noch eine alte Fotografie und hat den Hinweis gegeben, daß eine gleiche Fahne sich auf der Hospitalskapelle in Schmalkalden befand. Die Fahne gibt einen Hinweis auf die Doppelherrschaft: Die Henne steht für die Henneberger und der Stern für Hessen-Kassel (Stern als Unterscheidungszeichen zu den anderen Hessen).

 

Küche

Die Küche wurde anfangs bewältigt von Frau Minna Reumschüssel, der Frau des damaligen Verwaltungsleiters, von Minna Wahl und teilweise von Frau Anna Gerlach aus Altersbach, die aber nur kam, wenn jemand gebraucht wurde, zum Beispiel in der Zeit, in der Rüstzeiten da waren. Bei wenig Arbeit gingen die Angestellten, aber am Wochenende schaffte eine Kraft allein in neun Stunden alles. Wenn die Frauen sechs Stunden da waren, haben sie sechs Stunden aufgeschrieben, und wenn sie zehn Stunden da waren, haben sie zehn Stunden aufgeschrieben – ihre Ehrlichkeit war selbstverständlich, es mußte nichts kontrolliert werden. Die früheren Mitarbeiter der Kirchengemeinde hätten nicht einmal dem Pfarrer widersprochen, wenn er unrecht gehabt hätte. Es war möglich, mit zweieinhalb Kräften alle Arbeit einschließlich Abendbrot und Wochenende abzudecken.

Unter Gießlers wurden für die Küche dreieinhalb Kräfte gebraucht. Oft wurde die Zeit aber nur abgesessen, um auf die 8 ¾ Stunden täglich zu kommen. Am Wochenende wurden bis zu 16 Stunden, verteilt auf zwei Kräfte, aufgeschrieben. Die neuen Mitarbeiter suchten bewußt Widerspruch und führten Beschwerden, obwohl man im Unrecht war. Leider wurde ihnen von Verantwortlichen zugestimmt mit dem Argument: „Wenn man alles laufen läßt, ist das der einfachere Weg. Lieber die Augen zumachen, aber Ruhe haben!“

Am 22. Juni 1981 wurde Frau HM. von der Kirchenkasse als Aushilfe angestellt‚ aber sofort mit der ganzen Verantwortung betraut. Mir wurde es am Dienstag so beiläufig von Frau Jäger mitgeteilt. Ich sagte: „Darüber hätte der Kirchenvorstand befinden müssen!“ Antwort: „Bei einer Aushilfe muß er es nicht!“ Aber so kann man natürlich jedes Arbeitsverhältnis beginnen und dann den Kirchenvorstand vor vollendete Tatsachen stellen. Auch wenn der Kirchenvorstand im Augenblick keine andere Lösung gewußt hätte, hätte man ihn doch an den Problemen teilhaben lassen sollen, denn wenn nachher das Kind in den Brunnen gefallen ist, wird er ja auch bemüht.

Die Frau hat natürlich sofort das Kommando an sich gerissen‚ wollte alles anders haben‚ hat nicht richtig saubergemacht - schon war der Verdruß da. Am Mittwoch gab es einen Auftritt mit Gebrüll in der Küche. Aber am Donnerstag hat Jutta Wahl doch die Leitung übernommen und sich sogar noch entschuldigt (angeblich war sie sehr frech gewesen, aber bei Frau Jäger ist jeder frech, der ihr widerspricht).

Frau Gießler war an sich als Reinigungskraft angestellt, sollte aber bei Bedarf in der Küche mithelfen. Doch als auch ihre Schwiegertochter Andrea Gießler angestellt werden wollte, tat sie das nur unter der Bedingung, daß ihre Schwiegermutter die Leitung der Küche hat. So wurde sie ganz in die Küche umgesetzt und die Reinigung übernahm Frau Minna Häfner (also wieder eine Arbeitskraft mehr).

 

Nichts bekannt war zunächst über den Verkauf von Lebensmitteln an die Angestellten: Grüner Salat und Südfrüchte waren sehr begehrt, weil knapp. Deshalb hatte sich die Gewohnheit eingeschlichen, daß auch die Angestellten sich von den Zuteilungen etwas kauften. Im Jahre 1984 war eine erste Lieferung von grünem Salat allein unter den Angestellten aufgeteilt worden. Dann kam am 27. April eine Lieferung von 24 Köpfen grüner Salat. Erst am 4. Mai wurde erstmals Salat für die Rüstzeitgäste gemacht (für die war er natürlich auch nicht gedacht) und gar erst am 9. Mai erstmals für die Kinder.

Am 3. Oktober 1984 wurde festgelegt: Die Mitarbeiter der Kirchengemeinde können einen Teil der Lieferungen des Großhandels kaufen, wenn das Angebot reichlich ist. Knappe Güter sollen jedoch vorzugsweise der Kindern im Kindergarten zugutekommen. Die Mitarbeiter der Küche dürfen sich Waren aus den Geschäften mitbringen lassen (bei getrennter Kasse), wenn sowieso für die Küche eingekauft wird. Sie können auch aus dem Bestand der Küche etwas entnehmen und sammeln das dafür erstattete Geld in einer Büchse, deren Inhalt bei Bedarf wieder für die Küche ausgegeben wird.

Noch schwieriger war diese Praxis bei den Bananen. Es gab dazu ein großes Verfahren, weil Herr Erwin Häfner sich deswegen beim Landeskirchenrat beschwert hatte. Es gab deswegen ein Gespräch mit dem Dekanatssynodalvorstand, in dem die Unterschlagung eines ganzen Kartons Bananen deutlich wurde („Unterschlagung“, weil die Handwerker sicherlich nichts für die übergebenen Bananen bezahlt haben). Der ganze Vorgang wird hier einmal ausführlich dargelegt:

Am 31. Juli 1985 teilte Dekan Schreiber mit, daß der Brief des Herrn Häfner ihm vom Landeskirchenrat zugegangen sei und schickte eine Ablichtung mit. Herr Erwin Häfner (Wolff­straße 6) hatte am 15. Juli 1985 gegen mich eine Beschwerde beim Landeskirchenrat in Eisenach eingereicht, nach Rücksprache mit dem Ehepaar Gießler, Frau Jäger, Frau H. und Frau HM. sowie Pfarrer Hoffmann (der die genaue Anschrift mitteilte). Er tat damit das, das ich nicht wollte, nämlich die Thüringer mit hineinzuziehen. Die freuten sich doch nur, wenn wir unsere eigenen Angelegenheiten nicht selber regeln konnten. Herr Häfner führte fünf Punkte an unter dem Betreff: „Das Verhalten von Pfarrer Heckert in Steinbach-Hallenberg gegenüber den Mitarbeitern der Kirchgemeinde und seine Tätigkeit als Pfarrer innerhalb der Kirchgemeinde“.

 

Zu den einzelnen Punkten in dem Brief des Herrn Häfner habe ich jeweils gleich eine Gegendarstellung eingefügt. Diese habe ich nach Kenntnis des Briefs verfaßt und am 5. September dem Landeskirchenrat zugeschickt und dem Kirchenvorstand, der Pfarrkonferenz und der Synode vorgetragen.

Der Brief von Herrn Häfner lautet: „Ich wurde von Mitarbeitern der Kirchgemeinde Steinbach- Hallenberg über nachstehende Anschuldigungen und Beleidigungen durch Pfarrer Heckert, die er diesen angetan hat, unterrichtet und halte es für erforderlich, den Landeskirchenrat davon in Kenntnis zu setzen. Zugleich ist es auch notwendig, den Landes-Kirchenrat von der schädigenden Tätigkeit des Pfarrer Heckert innerhalb der Kirchgemeinde zu informieren und um Abhilfe zu bitten und auch zu ersuchen.

 

(1.) Frau Inge Giesler, tätig als Köchin im ev.-luth. Kindergarten, wurde von Pfarrer Heckert des Diebstahls von 42 Bananen beschuldigt und die Anschuldigung damit begründet, daß er von der Lieferung eine Banane gewogen habe und nach dem erstellten Gewicht wären 142 Bananen geliefert worden. Es seien aber nur etwa 100 Stück verteilt worden. Pfarrer Heckert ist doch während seiner Schulzeit in Mathematik und Biologie unterrichtet worden. Es wurde ihm sicherlich auch gelehrt, daß die Bananen an einer Staude wachsen und verschieden groß und auch schwer sind. Aus eigener Erfahrung weiß ich, ich bin in Ländern gewesen, in denen Bananen wachsen, daß die einzelnen Früchte groß und besonders durch Umfangdifferenz verschiedenes Gewicht haben. Pfarrer Heckert kann durch Feststellen des Gewichts einer Banane deshalb nicht die Gesamtzahl der Früchte einer Staude oder Lieferung berechnen, denn Bananen werden nach Gewicht verkauft und berechnet. Mehr Verstand und Logik müßte man ihm eigentlich auch als Pfarrer zutrauen.

Gegendarstellung: Die kirchlichen Angestellten hatten für ihre Kinder im Kindergarten immer das Erziehungs- und Speisungsgeld gezahlt. Als aber die Enkel der Familie Gießler in den Kindergarten kamen, zahlten sie nichts. Die im Haus arbeitenden Angestellten erhielten ihr Essen kostenlos von der Kirchengemeinde, nur sollten es bei Fleisch und Nachtisch die Kinderrationen sein. Knappe Sachen sollten allein den Kindern vorbehalten bleiben: der erste Salat und Südfrüchte. Der Kirchenvorstand hatte jedenfalls ausdrücklich beschlossen: Keine Bananen an die Angestellten (für die Erwachsenen wird ein extra Nachtisch gemacht).

Ich habe deshalb so genau gefragt, weil am 13. März für unseren Kindergarten 17,6 Kilogramm Bananen geliefert wurden. Erst am 19. und 20. März erhielt davon jedes Kind eine halbe Banane. Dann war Wochenende und am Montag fragte ich nach dem Rest der Bananen, damit sie nicht vollständig verderben bzw. ich wollte auch wissen, ob es nicht so war wie zur gleichen Zeit im Vorjahr, als grüner Salat nicht an die Kinder gegeben wurde, sondern er vollständig an die Angestellten verkauft wurde.

Frau Gießler rechnete mir vor, daß (jeweils gut gerechnet) 90 Bananen verbraucht worden seien. Danach hätte jede Banane fast 200 Gramm wiegen müssen. Die mir und meiner Frau zugeteilten halben Bananen wogen je 60 Gramm, auch die für andere kirchlichen Mitarbeiter (die bei uns kostenloses Mittagessen erhalten) waren nicht größer. Ich bat Frau Gießler um Aufklärung über die Differenz von 52 Bananen. Sie erklärte mir, daß sie zwei Bananen an die eine Putzfrau verkauft habe und „die Maler haben auch etwas gekriegt“. Ich wies sie an, in Zukunft die Bananen gleich bei der Lieferung nachzuwiegen und zu zählen. Als Herr Dekan Schreiber sie fragte, ob ich behauptet hätte, sie hätte die Bananen anderweitig verwendet, verneinte sie das. Die verkauften Bananen hätten übrigens 2 Mark kosten müssen, wenn sie so groß waren, wie behauptet. Es wurden aber nur 1,75 Mark gezahlt, die aber nicht in die Kirchenkasse flossen oder sonstwie nachgewiesen wurden.

Nun weiß jeder, wie selten Bananen in der DDR waren. Die Zuteilungen wurden auch immer knapper. Doch ein Teil der Angestellten - besonders aus dem Kindergarten - murrten: Sie müßten schwer arbeiten und brauchten deshalb auch gutes Essen.

Man kann sich später gar nicht mehr vorstellen, weshalb man sich über Bananen so streiten konnte. Aber in der Regel gab es Bananen nur vor Weihnachten. . Sonderlieferungen erhielten aber neben der Kantine im Kreisratsgebäude auch die Kindergärten, und zwar die kirchlichen wie die staatlichen. Deshalb war es doppelt wichtig, daß die Kinder auch die Bananen erhielten, denn wenn herausgekommen wäre, daß immer die Hälfte an die Angestellten ging (auch an die außerhalb des Kindergartens), da hätten wir ganz schöne Schwierigkeiten bekommen. Aber in der Küche sagten sie: „Das war eine Sonderlieferung, die nur durch eine zusätzliche Bestellung der Kirchenkasse gewährt wurde!“ Aber auch die Sonderlieferung sollte natürlich für die Kinder sein und nicht für die Angestellten.

 

(2.) Herr Werner Giesler, beschäftigt als Hauswart im ev.-luth. Gemeindehaus und als Friedhofswärter und wohnt auch im Gemeindehau, wurde von Pfarrer Heckert verdächtigt, daß er Malermeister König veranlassen würde, die Kosten für die Renovierung seines Wohnzimmers der Kirchgemeinde zu berechnen. Malermeister König renovierte mehrere Räume im Gemeindehaus zur gleichen Zeit. Trotz der Zusicherung von Herrn Giesler gegenüber Pfarrer Heckert, daß die Renovierung seines Wohnzimmers seine Angelegenheit sei, hat Pfarrer Heckert Herrn König persönlich aufgesucht und hat ihm erklärt, daß die Kosten für die Renovierung des Wohnzimmers von Herrn Gießler nicht der Kirchgemeinde berechnet werden dürften. Ich konnte eine derartige Handlungsweise von Pfarrer Heckert nicht verstehen und habe Herrn König noch vor seinem Tode (er verstarb am 20. des Monats) noch darüber befragt, und er brachte mir gegenüber sein Befremden über Pfarrer Heckert zum Ausdruck und hat ihm auch erklärt, daß die Renovierung des Wohnzimmers eine Angelegenheit zwischen ihm und Herrn Gießler sei und Pfarrer Heckert nichts angehe.

Pfarrer Heckert hat außerdem Herrn Giesler beschuldigt, daß vermutlich eine Urne bei der Beisetzung verwechselt sei. Herr Gießler hat mit Entrüstung eine derartige Verdächtigung zurückgewiesen. Trotzdem hat Pfarrer Heckert das Bestattungsinstitut in Schmalkalden angeschrieben und gefordert, die Urnen nur durch Post an die Kirchenrechnungsstelle zu senden und angeordnet, daß diese in Zukunft nicht mehr bei der Bestattungsfeier nicht Herr Giesler, sondern der Kirchgemeinderechner zur Ruhestätte trage.

Außerdem hat er Herrn Gießler vorgeworfen, daß eine Kollekte von der Friedhofskirche fehle. Er verdächtigt ihn, daß er sie nicht abgeliefert habe. Bei neuen Gräbern, bei denen noch keine Grabsteine gesetzt sind, ist es in Steinbach-Hallenberg üblich, daß mit abgebauten Grabeinfassungen vorerst die Grabhügel mit diesen Einfassungen umgrenzt werden. Diese Arbeiten führt Herr Giesler aus, und es werden hierfür 10 Mark Gebühren erhoben, welche an die Kirchenkasse abgeführt werden. Pfarrer Heckert beschuldigt auch hier wieder Herrn Giesler, daß mehr Einfassungen gesetzt wären und nicht alle Beträge abgeliefert seien.

Gegendarstellung: Anfang des Jahres 1985 sprach ich in Gegenwart von Hausmeister Gießler die Malerarbeiten im Gemeindehaus ab. Leider konnte Herr König nur die Zusage für vier Räume geben. Als wir uns schon verabschiedet hatten, bemerkte ich, daß Herr Gießler noch einmal Herrn König ansprach. Ich suchte Herrn König kurz darauf auf der dem Gemeindehaus benachbarten Baustelle auf und fragte ihn, was Herr Gießler gewollt habe. Er sagte: „Er möchte sein Wohnzimmer noch gemalert haben!“ Da machte ich Herrn König darauf aufmerksam, daß ich ihm nach einem Beschluß des Kirchenvorstandes nur den Auftrag für die vier Zimmer erteilen könne. Wenn Herr Gießler für die Unkosten der Renovierung seines Zimmers aufkommt, ist die Sache in Ordnung. Ich wollte nur Mißverständnisse vermeiden, da es sich ja um eine kirchliche Dienstwohnung handelt. Mit Herrn Gießler habe ich über die Finanzierung nicht geredet. Aber ich bin fest überzeugt, daß das Wohnzimmer nachher mit auf der Rechnung gestanden hätte und Frau Jäger sie auch anstandslos bezahlt hätte. Wenn Herr Gießler sich weigert, das Essen zu bezahlen, wird er wohl auch eine solche Rechnung nicht nachträglich bezahlen.

Gegendarstellung: Herr Gießler ist nebenamtlich und auf eigene Rechnung Totengräber. In der Vergangenheit wurden ihm auf diesem Gebiet weitgehende Freiheiten gelassen, weil seine Schwester, Frau Jäger, Kirchenkassenleiterin war und ihm es überlassen hat, die Grabstellen auszusuchen.

Mir den Urnen hat es in diesem Jahr verschiedene Vorfälle gegeben, die mit einem geordneten Friedhofswesen. nicht in Einklang zu bringen sind (siehe Friedhof). Daß der Leiter der Kirchenkasse die Erlaubnis erhält, selber Gräber zu machen, ist zwar beantragt, aber noch nicht vom Kirchenvorstand beschlossen. Vorerst soll er nur die Urnen auf der Post abholen und auf der Kirchenkasse verwahren.

Gegendarstellung: In einem Fall hat der Kirchenkassenleiter unmittelbar nach der Trauerfeier keine Kollekte in den Kollektenkästen vorgefunden. Ich habe Herrn Gießler lediglich gebeten, darauf zu achten, daß die Kollektenkästen jedesmal herausgestellt werden. Ich habe ihn nicht der Unterschlagung verdächtigt, es kann auch sein, daß einmal keine Kollekte eingegangen ist. Am 17. Oktober erfuhr ich, daß schon der Vater von Herrn Gießler beim Dieb­stahl einer Kollekte erwischt worden war; deshalb war sie sicher so em­pfind­lich und hat sich den Diebstahlsvorwurf nur zusammengereimt.

Gegendarstellung: Herr Gießler hat selber zugegeben, daß er nicht in jedem Fall darauf geachtet hat, daß die Leihgebühr für die gebrauchten Grabeinfassungen bezahlt ist. Er hat sie meist von den Leuten einkassiert und dann in Abständen der Kirchenkasse einen Betrag übergeben. In Zukunft soll es so sein, daß die Leute vorher auf der Kirchenkasse bezahlen und eine ordnungsgemäße Quittung erhalten, die sie dann beim Totengräber vorzeigen. Dennoch sind auch dann noch verschiedene Einfassungen gesetzt worden, ohne daß die Gebühr vorher bezahlt wurde.

 

(3.) Pfarrer Heckert hat in einer Kirchenvorstandsitzung erklärt, daß die Rechnungsführung von Frau Jäger nicht in Ordnung sei und für Unterschlagungen von Spenden und Mehrzahlungen von Kirchensteuern Tür und Tor geöffnet seien. Frau Jäger war seit etwa 20 Jahren in der Kirchenkasse tätig und davor viele Jahre als Kirchenrechnerin. Sie ist Mitglied der Dekanatssynode und seit etwa 20 Jahren auch Mitglied des Kirchenvorstandes in Steinbach-Hallenberg. Pfarrer Heckert ist sich scheinbar nicht bewußt, welch schwere Anschuldigungen er damit ausgesprochen hat. Fr.au Jäger hat das Arbeitsverhältnis auf Grund dieser Verdächtigungen. gelöst. Pfarrer Heckert hat für Frau Jäger trotz Widerstände und schwerer Aus­einander­setzungen im Kirchenvorstand einen jungen Mann als Kirchenrechner eingestellt, der einen artfremdem Beruf erlernt hat, keiner Kirche angehörte, weder getauft noch konfirmiert war, mit einer Frau in außerehelicher Gemeinschaft lebte. Pfarrer Heckert hat wohl später den Kirchenrechner getauft und konfirmiert und auch die kirchliche Trauung vollzogen. Man kann mit normalen Sinnen diese Vorgänge und Handlungsweise eines Pfarrers nicht fassen, aber es ist so geschehen in Steinbach-Hallenberg.


Gegendarstellung: An Frau Jäger habe ich kritisiert, daß sie höhere Löhne an einige Angestellte gezahlt hat, als sie nach der Vergütungsordnung vorgesehen sind. Ich habe mich darauf verlassen, daß ihre Lohnberechnung stimmt und unbesehen die Zahlungsanweisung unterschrieben. Aber nachher habe ich 274 Mark Schadensersatz geleistet, weil sie zu viel ausgezahlt hatte (an sich wäre sie haftbar gewesen). Überhaupt hat sie generell Zahlungen ohne Zahlungsanweisungen geleistet, zum Teil bei Beträgen von hunderten von Mark. Im Übrigen habe ich sie oft gelobt, besonders weil sie die Rechnung vom umständlichen Durchschreibeverfahren auf das kombinierte Kasse- und Hauptbuch umgestellt hat. Daß für Unterschlagungen von Spenden Tür und Tor geöffnet sei, wurde dem neuen Kassenleiter vorgeworfen. Hier handelt es sich bei Herrn Häfner um ein Mißverständnis.

Gegendarstellung: Das Gleiche gilt für die „Mehrzahlung von Kirchensteuern“ Hier habe ich Frau Jäger vorgeworfen, daß sie entgegen einem ausdrücklichen Beschluß des Kirchenvorstandes und den im Dekanat üblichen Sätzen die Gemeindeglieder zu höheren Kirchensteuern veranlagt hat, worauf diese dann mit Beschwerden mir das Haus einliefen, zumal hier große Unterschiede gemacht wurden und eine Einschätzung durch den Kirchenvorstand für jedes einzelne Gemeindeglied nicht beachtet wurde (mit anderen Worten: Wir haben uns eine stundenlange Arbeit damit gemacht, aber sie hat nach Gutdünken festgelegt).

 

Gegendarstellung: Das Arbeitsverhältnis hat sie nach jahrelangen Vorankündigungen mit Erreichen des Rentenalters gekündigt. Dem Kirchenvorstand oder mir gegenüber hat sie andere Gründe genannt. Allerdings läuft sie jetzt in der Stadt herum und behauptet, der neue Kirchenkassenleiter habe sie verdrängt. Dieser „junge Mann“ wurde natürlich nach eingehender Prüfung erst durch mich und den Kirchenvorstand und schließ­lich auch durch den Dekanatsynodalvorstand durch den Kirchenvorstand angestellt. Er hatte schon vorher gute Kontakte zur katholischen und evangelischen Kirche (seine Frau ist katholisch). Er wurde vor (!) der Anstellung getauft und bald darauf auch getraut. Er heiratete am 20. August 1982 im Alter von 21 Jahren in Hermsdorf (Nr.96 / 82). Im Frühjahr 1983 zog er nach Steinbach, am 1. November 1985 wurde er angestellt. Daß er in außerehelicher Gemeinschaft lebe, ist eine schwere Beschuldigung, für die Herr Häfner entschuldigen sollte. Von den Behauptungen des Herrn Häfner über Herrn Hey stimmte nur der Name. Aber weder hat Herr Häfner seinen Brief zurückgezogen noch haben Gießlers auch nur ein Wort des Bedauerns gefunden. Sie haben nicht zugesagt, daß sie die Autorität des Kirchenvorstandes und der von ihm beauftragten Personen achten wollen und den Verwaltungsleiter akzeptieren wollen.

 

(4.) Die Leiterin des ev. - luth. Kindergartens in Steinbach-Hallenberg, Schwester Anni, wurde von Pfarrer Heckert beschuldiget, anläßlich ihres Geburtstages und des 25-jährigen Jubiläums als Kindergartenschwester aus den Spenden für den Kindergarten für Privatzwecke für den Kauf von Speise-Eis für Kinder außerhalb des Kindergartens und Erwachsene verwendet zu haben.

Gegendarstellung: Anläßlich des Internationalen Kindertages erhielten die Kinder im Kindergarten eine Portion Eis. Es war üblich, daß solche Dinge von Spenden für den Kindergarten bezahlt wurden; sie wurden auch mir gegenüber zunächst schriftlich so deklariert. Es blieben etliche Portionen übrig, von denen einige an größere Kinder der Familie Gießler ausgegeben wurden. Als ich deswegen nachfragte, wurde mir gesagt, das gesamte Eis sei privat von der Kindergartenleiterin von ihrem Urlaubsgeld bezahlt werden. Damit war die Sache für mich in Ordnung (nachträglich kamen mir allerdings Zweifel).

 

Ich halte es für erforderlich, daß sich Pfarrer Heckert durch Wirkung des Landeskirchenrates bei den von ihm vier Beschuldigten öffentlich vor dem Kirchenvorstand entschuldigt und die Äußerungen mit dem Ausdruck des Bedauerns zurücknimmt. Ich selbst gehörte vor etwa 18 Jahren ungefähr drei Jahre dem Kirchenvorstand der Kirchgemeinde Steinbach-Hallenberg an. Während dieser Zeit führte als junger Pfarrer den Vorsitz des Kirchenvorstandes turnusmäßig Pfarrer Heckert. Schon damals bin ich wegen seines unlauteren Benehmens und Verhaltens nach dreijähriger Zugehörigkeit aus dem Kirchenvorstand ausgetreten. Ich mußte feststellen, daß mich Pfarrer Heckert mehrere Male belogen hat.

Gegendarstellung: Ich habe schon angekündigt, daß ich den Kirchenverstand über diesen Sachverhalt in der nächsten Sitzung informieren werde (auch was die Kollekte und die anderen Punkte angeht). Zu einer Entschuldigung sehe ich keinen Anlaß, weil ich keine Anschuldigungen erhoben habe, sondern mir diese unterstellt wurden.

Herr Häfner gehörte von 1971 bis zum 13. November 1974 dem Kirchenvorstand an. Er ist zur einen Hälfte ausgetreten, wei1 er mit einem Kirchenvater wegen eines Erdkabels für die Kirche einige Meinungsverschiedenheiten hatte, zur anderen Hälfte, weil er bei der Sitzung am 5. Juni 1974 in Rotterode fehlte, als einige Gegenstände verkauft wurden und er dabei nicht bedacht wird. Ich wußte aber gar nichts von seinem Wunsch, auch beteiligt zu werden (siehe unten). Daß ich ihn mehrere Male belogen hätte, weise ich entschieden zurück.

Er betätigte sich u.a. auch als Grabschänder, indem er einen Grabstein von einem Familiengrab entfernte. Bei den Angehörigen der Grabstätte und in der Kirchgemeinde hat diese Handlung s. Zt. viel Bestürzung und Entrüstung hervorgerufen. Durch meinen Protest und meine Mitwirkung mußte der Grabstein durch Pfarrer Heckert wieder aufgestellt werden.

Gegendarstellung: Mit dem angeblichen Grabschänder und dem Grab U. verhält es sich so: Der Kirchenvorstand hatte beschlossen, daß eine bestimmte Inschrift nicht auf die linke Seite des Grabsteins kommt. Als ich feststellte, daß sie dennoch angebracht worden war, wies ich den damaligen Totengräber an, den Stein einstweilen zu entfernen, bis zu einer Entscheidung durch den Kirchenvorstand. Es wurde dann der Kompromiß gefunden, daß der Stein noch fünf Jahre stehenblieb und dann entfernt würde. Die Sache liegt auch über zehn Jahre zurück.

Pfarrer Heckert brachte es fertig, alte Kirchengeräte zu verkaufen, die vor Jahrhunderten von Steinbacher Bürgern und sicherlich unter vielen Entbehrungen für die Kirche gespendet wurden.  -

Gegendarstellung: Es wurden keine alten Kirchengeräte verkauft, sondern weltliche Gefäße, die früher wohl auch zum Abendmahl verwendet wurden, aber heute nicht mehr benötigt werden (Zusatzkannen aus Zinn, die Ursel nur immer putzen mußte und die nur Platz wegnahmen). Selbstverständlich lag ein Beschluß des Kirchenvorstandes vor. Dieser Punkt war wohl der Hauptgrund für den Brief von Herrn Häfner.

 

Pfarrer Lieberknecht, der Amtsbruder von Pfarrer Heckert und die Oberstadt von Steinbach-Hallenberg betreute, ist auf Grund des Verhaltens von Pfarrer Heckert vor etwa 3 Jahren von Steinbach-Hallenberg fortgegangen. Pfarrer Heckert hat wohl in einem Gottesdienst vor dem Altar erklärt, Pfarrer Lieberknecht wäre von einer Gemeinde gerufen worden. Er ist wohl von einer Gemeinde gerufen worden, aber nach Ansicht vieler Mitglieder der Kirchgemeinde hätte Pfarrer Lieberknecht seine Gemeinde in Steinbach-Hallenberg nie verlassen, wenn eine ge­deihliche Zusammenarbeit mit Pfarrer Heckert möglich gewesen wäre. Pfarrer Lieberknecht wird in Steinbach-Hallenberg geachtet und äußerst beliebt.

Gegendarstellung: Mit meinem langjährigen Amtskollegen Lieberknecht hatte ich ein geordnetes und sachliches Verhältnis (wie es immer bei den Pfarramtsübergaben heißt). Wir hatten gelegentlich Meinungsverschiedenheiten, die aber normal sind. Es gab auch einmal im Kirchenvorstand eine kräftigere Auseinandersetzung, aber das wurde am nächsten Tag von uns bereinigt. Zu diesem Punkt können Sie ihn je selber befragen. Er hat sich schon bald nach meinem Beginn in Steinbach, als ich noch gar kein geschäftsführender Pfarrer war, um andere Wirkungsmöglichkeiten bemüht. Er ist verschiedentlich gebeten worden, eine Superintendentur zu übernehmen. Zuletzt ist er dem Ruf nach Gotha gefolgt Er hat niemals geäußert, daß er weggegangen sei, weil er nicht mit mir zusammenarbeiten könne. Noch heute haben wir ein brüderliches Verhältnis.

Wie ich unterrichtet wurde hat sich in den letzten Monaten wieder ein Mitglied des Kirchenvorstandes auf Grund der Tätigkeit von Pfarrer Heckert abgemeldet, und es erwägen noch weitere Mitglieder ihren Austritt.

Gegendarstellung: Aus diesem Kirchenvorstand wäre ich auch ausgetreten, wo es immer nur Auseinandersetzungen wegen der Angestellten gab und viel Zeit dabei draufging. Viele haben sich aber auch sehr stark eingesetzt. Wer ausgetreten ist, tat das meist, weil er mit seinen Vorstellungen nicht zum Zug gekommen war und ich ihn in die Schranken weisen mußte.

Bei Besuchen in Familien, in denen ein Mitglied verstorben ist, erscheint er bei den Beileidsbesuchen im roten Anorak und brauner Cordhose. Bei den Eltern, in deren Familie ein Kind getauft werden wollte, machte er den erforderlichen Orientierungsbesuch in früher Morgenstunde in verdreckter Arbeitsschutzhose und dem entsprechenden Arbeitshemd. Man braucht zu solchen Anlässen keinen schwarzen Anzug zu tragen, aber anständig und entsprechend dem gegebenen Anlaß sollte ein Pfarrer doch gekleidet sein.

Gegendarstellung: Es stimmt, daß ich einmal vor etwa 15 Jahren in einem dunkelroten Anorak einen Besuch im Trauerhaus gemacht habe. Aber das kam so, daß die Leute mich unmittelbar vor dem Konfirmandenunterricht gebeten hatten, gleich nach dem Unterricht bei ihnen vorbeizukommen, um einen Termin auszumachen. Sie haben deshalb die Kleidung auch nicht anstößig empfunden, sondern nur die Nachbarin der Familie St., die anwesend war. Den Trauerbesuch habe ich später gemacht.

An einen Besuch zu einem Taufgespräch in Arbeitskleidung kann ich mich nicht erinnern. Ich pflege solche Besuche am Abend zu machen, um beide Elternteile zu erreichen. Man könnte mir eher vorwerfen, daß ich in den frühen Morgenstunden noch schlafe. Ich schäme mich für Herrn Häfner, daß er solche Behauptungen zu Papier bringt.

Die meisten Predigten von Pfarrer Heckert offenbaren mangelnde Vorbereitung. Sie geben wenig Kraft zur Stärkung des christlichen Glaubens und dienen kaum zur Erbauung im täglichen Leben. Nach meinem Dafürhalten ist der Charakter von Pfarrer Heckert dumpf und stumpf, sonst könnten derartige Machenschaften durch ihn nicht vorgenommen werden.

Gegendarstellung: Zu der Art der von mir gehaltenen Predigten kann ich naturgemäß nichts sagen. Das kann immer nur ein anderer beurteilen, darüber können der Kirchenvorstand, der Pfarrkonvent und die Visitationsunterlagen Auskunft geben. Nur soviel kann ich sagen, daß ich unmittelbar am Tag nach dem Gottesdienst mit der Vorbereitung für die nächste Predigt beginne, jede Predigt wörtlich ausarbeite und dann anhand eines Stichwortzettels vortrage.

Ich halte es für erforderlich, daß seine Tätigkeit als Pfarrer entsprechend den Kirchengesetzen zu überprüfen sei. Die Kirchengemeinde Steinbach-Hallenberg war vor Jahren einmal eine Hochburg im kirchlichen Leben des Dekanats Schmalkalden, heute schrumpft sie von Jahr zu Jahr zusammen. Die Ursache hierfür ist nicht nur in der Umwelt, in der wir nun einmal leben, zu suchen, sondern einen großen Teil Schuld trägt auch Pfarrer Heckert durch sein Verhalten bei.

Gegendarstellung: Ein Rückgang des kirchlichen Lebens ist bei uns wie überall zu verzeichnen. Meine Frau und ich, überhaupt meine Familie, Kirchenälteste und Gemeindeglieder versuchen, auf neuen Wegen Gemeinde aufzubauen. Leider sieht man nicht immer einen Erfolg der Bemühungen. Es täte mir leid, wenn durch mich die Gemeinde einen Schaden erlitten hätte. Aber ich nehme an, daß es auch der Gemeinde schadet, wenn durch Kirchenälteste ausdrücklich für vertraulich erklärte Beratungsgegenstände nach draußen getragen werden. Besonders geschieht das, wenn jemand eine Abstimmungsniederlage erlitten hat und nun von außen versuchen will, Beschlüsse wieder umzustoßen. Hier liegt bei uns eine schwere Belastung der Arbeit im Kirchenvorstand und in der Gemeinde vor. Einigen ist nicht deutlich, was mit „Verschwiegenheit“ und „persönliche Beteiligung am Gegenstand der Beratung“ gemeint ist. Es wäre vielleicht gut, wenn diejenigen aus dem Kirchenvorstand ausscheiden würden, die sich nicht an das Gebot der Verschwiegenheit halten können und wollen.

Wir sind alle Menschen mit Fehlern und Schwächen, aber eine derartige Verhaltensweise von Pfarrer Heckert gegenüber der Kirchgemeinde und besonders gegenüber kirchlichen Mitarbeitern und zu seinem unmittelbaren Amtsbruder ist mir dem Beruf eines Pfarrers und Seelsorgers nicht vereinbar, und ich bitte nochmals um Überprüfung und Abänderung. Erwin Häfner.

Gegendarstellung: Aus dem Brief von Herrn Häfner geht nicht hervor, was der Hauptgrund für die Auseinandersetzungen mit der Familie Gießler (einschließlich Jäger) ist: Ehe Gieß­lers Hausmeister wurden, haben sie alles versprochen, aber nachher immer neue Forderungen gestellt. Der Kirchenvorstand ist ihnen sehr entgegengekommen. Doch in der letzten Sitzung wurde mit 17: 4 Stimmen festgelegt, daß Nichtbetriebsangehörige das Mittagessen kostendeckend bezahlen müssen. Seit August vorigen Jahres hat ein Enkel des Hausmeisters Gießler ohne Genehmigung mitgegessen, dazu gelegentlich weitere Mitglieder der Familie und Besuch. Gelegentlich wurde dafür eine kleine Spende gegeben. Der neue Kirchenkassenleiter hat eine ordentliche Abrechnung verlangt. Als der Kirchenvorstand dann eine Festlegung traf, wurden alle Hebel in Bewegung gesetzt, von diesem Punkt abzulenken durch neue Aktionen.

Leider gibt es noch mehr Schwierigkeiten von seiten der Familie Gießler. Wenn wir jemand Neuen anstellen wollen, wird ihm die Sache madig gemacht. Arbeitsschutzbelehrungen für die Küche werden nicht beachtet, usw. Es brauchte aber keine Schwierigkeiten zu geben, wenn die Beschlüsse des Kirchenvorstandes und die kirchlichen Gesetze beachtet werden. Diese zu wahren und durchzusetzen, bin ich verpflichtet, und zwar ohne jede Abstriche. Wenn auch die andere Seite das beachtet, gibt es auch eine gute Zusammenarbeit‘

Ich antwortete am 5. September 1985 mit einem Brief an den Landeskirchenrat durch das Dekanat. Ich schickte eine allgemeine Stellungnahme zu, aber auch einen mehr persönlichen und vertraulichen Brief, der nur denen zugänglich gemacht werden sollte, die über die Beschwerde zu entscheiden haben. Dieser enthielt nicht nur Tatsachen, sondern auch Wertungen, die sicher noch mehr unnötigen Ärger machen würden, wenn sie öffentlich bekannt würde. Unter anderem schrieb ich:

„Was Herr Häfner unter Punkt 2b - 4 anführt, ist nur im Kirchenvortand erwähnt worden und sollte nicht den Betreffenden zu Ohren kommen (deshalb kann eine Richtigstellung oder Ergänzung nur in dem Kreis erfolgen, in dem die Äußerung gefallen ist). Diese gezielten Indiskretionen sind eine schwere Belastung für die Gemeinde und erschweren die Arbeit im Kirchenvorstand unerträglich (Aussprachen werden blockiert, Abstimmungen müssen geheim vorgenommen werden). Von diesen wirklich beschwerlichen Verhältnissen wollte man ablenken durch die Beschwerde beim Landeskirchenrat.

Im Gottesdienst sieht man die Angehörigen der Familie Gießler / Jäger so gut wie nie. Das Amt des Heiligenmeisters (für den Oberstädter Pfarrer) haben beide Herren Gießler abgelehnt. Für sie ist die Kirche nur da, wenn sie Vorteile davon haben. Sie merken halt auch, daß der Zuspruch zur Landeskirchlichen Gemeinschaft nachläßt. Sie haben aber den Eindruck, daß die Kirche Zulauf hat (zum Beispiel weil ich dreimal in der Woche Jugendabend mache). Deshalb wollen sie die Kirchengemeinde zerstören in der Hoffnung, daß die Leute dann wieder zu ihnen kommen.

Ich habe wirklich versucht stillzuhalten. Daß das Kind in der Küche kostenlos mitaß, habe ich ein Dreivierteljahr kommentarlos hingenommen. Erst als der neue Verwaltungsleiter eine exakte Abrechnung verlangte, konnte ich mich nicht mehr heraushalten. Man hat den Eindruck, daß ich absichtlich herausgefordert werde, etwas zu sagen.

 

Über den Kirchenvorstand wird von Frau Jäger und Frau Gießler gesagt, er verstehe ja doch nichts und werde manipuliert. Gießlers wollen selber schalten und walten und keine andere Autorität anerkennen. Weil ich da nicht mitmache, verursachen sie immer neue Schwierigkeiten, an denen ich aber dann schuld sein soll, weil ich nachgefragt habe und eine Klärung verlangt hebe.

 

In der Pfarrkonferenz gab Pfarrer Hoffmann zu, daß er den Rat gegeben hatte, sich nach Eisenach zu wenden. Dabei wäre es doch das Erste für den stellvertretenden Dekan gewesen, sowohl den Dekan als auch den betreffenden Pfarrer zu unterrichten. Ich wäre bestimmt zu Herrn Häfner gegangen und hätte meine Gegendarstellung ihm vorgelegt. Wenn er dann immer noch hätte schreiben wollen, dann hätte zumindest sein Brief anders aussehen müssen. Aber Herr Hoffmann behauptete, Herr Häfner wäre mit dem festen Vorsatz zu ihm gekommen, nach Eisenach zu schreiben, er hätte ihm nur die Anschrift gegeben. Was stimmt nun? Herr Häfner jedenfalls hat sich beeilt zu behaupten, er habe die Anschrift von früher her schon gekannt.

 

Für den 13. September 1985 wurde für 19 Uhr zu einer Besprechung mit dem Dekanats­synodal­vorstand nach Schmalkalden eingeladen. Teilnehmer waren außer dem Dekanats­synodalvorstand die Kirchenväter, Frau M., Herr Erwin Häfner, das Ehepaar Gießler, Frau Jäger, Schwester Anni, Pfarrer Fischer (als Vertreter der Pfarrerschaft) und natürlich noch ich, aber nicht Herr Hey, obwohl er doch auch in dem Brief erwähnt worden war.

Dekan Schreiber fragte Herrn Häfner, weshalb er denn gleich nach Eisenach geschrieben habe und welche der Absicht der Brief habe. Er sagte: „Ich bedauere, daß Steinbach in Pfarrer Heckert einen Pfarrer hat, der für die Gemeinde nicht paßt. Er soll dahin gehen, woher er gekommen ist; dann wäre viel Betrübnis nicht gewesen!“ Als Herr Nothnagel ihm vorhielt, er habe zum Teil die Unwahrheit gesagt, zum Beispiel mit Herrn Hey. Herr Häfner wollte sich jetzt herausreden, er habe nur im Konzept geschrieben „außereheliche Gemeinschaft“, in dem Brief nach Eisenach habe er geschrieben „außerkirchlich verheiratet". Die .Ablichtung des Originalbriefes liegt vor, da steht klar und deutlich „außereheliche Gemeinschaft“.
 

Frau Gießler beteuerte zu Beginn der Besprechung noch einmal unter Tränen, sie habe keine Bananen anderweitig vergeben. Herr Nothnagel fragte: „Hat Pferrer Heckert von Diebstahl gesprochen oder nur die Frage gestellt, wo die restlichen Bananen sind?“ Schwester Anni: „Das ist doch Wortklauberei!“ Erwin Häfner: „Der Diebstahl wurde ihr indirekt zugeschoben!“ Ich verlas dann meine Gegendarstellung. Dabei kam es zu Zwischenbemerkungen und Protesten von Gießler und Jäger, Frau Gießler ist den Tränen nahe wegen dieses Mißtrauens.

Frau Gießler: „Ich habe heute noch einmal in der HO nachgefragt. Sie sagten, in einem Karton seien höchstens 100 Bananen. Jäger: „Früher hat sich der Pfarrer nie darum gekümmert, wie es in der Küche lief. Manchmal wurde auch etwas an die Angestellten verkauft und das Geld in der Küche vereinnahmt. Pfarrer Heckert wollte, daß jedes einzelne Ding aufgeschrieben wird; aber das geht nicht. So klein­lich kann man nicht vorgehen, dieses Vertrauen muß doch der Küchenleiterin zugestanden werden. Der Pfarrer kann da nicht nachrechnen, das ist nicht seine Aufgabe. Das kann er tun, wenn er soviel Zeit hat!“

 

Aber Herr R. wußte: „So viel wie ich mitgekriegt habe, sind aber doch welche verkauft worden!“

Frau Jäger: „Die Arbeiter gehören mit dazu!“ (gemeint sind die Maler, die damals gerade im Gemeindehaus tätig waren). Schreiber (an Heckert): „Weshalb haben Sie gefragt?“ Heckert: „Aus Mißtrauen gegenüber den Kraftfahrern. Daran denkt man zuerst!“ Herr Gießler: „Wo sind welche verkauft worden?“ Frau Gießler: „Utes Mutter hat zwei Bananen gekriegt. Auch Frau Häfner habe ich zwei gegeben, aber die habe ich aus der eigenen Tasche bezahlt!“ König: „Das geht gegen Ute. Sie hat nicht allein welche gekriegt. Auch Andrea hat welche gekriegt. Ute hat zweimal drei Bananen erhalten, dann wahrscheinlich Andrea auch so viel. Frau Gießler: „Ich habe sie ihr nicht gegeben!“ Ein Kirchenvorsteher: „Dann hat sie sie gestohlen!“

Inzwischen war es 19.55 Uhr. Eine peinliche Stille trat ein. Gießlers waren offenbar erschlagen, weil es jetzt doch herausgekommen war. Es ging so schnell, daß man gar nicht beim Zählen mitkam. Mir gegenüber hatte Frau Gießler nur von einer Banane für Frau Häfner gesprochen. Jetzt waren es auf einmal 4 und dann schon gleich 16. Aber sicherlich haben alle etwas gekriegt. Wir sahen, wie Andrea Gießler einen Teller mit Bananen in den Kindergarten trug. Wahrscheinlich hat auch Frau Holland-Cunz welche erhalten, denn nun lenkte Herr Holland-Cunz ab: „Man muß sich bemühen‚ Spannungen abzubauen, sonst werden sie größer. Mir sind die Ursachen für die Spannungen zwischen Heckert und Gießler nicht klar!“

Hellhörig war ich natürlich, weil im Vorjahr das mit dem Salat gewesen war. Verdächtig war dann, daß sie immer wieder auf die Bananen kamen. Es wurden schließlich 16 Bananen zugegeben. Doch Herr Jochen Reumschüssel wußte mehr und äußerte das auch. Auf einmal wurden es immer mehr, die Bananen gekriegt hatten. Ich traute meinen Ohren kaum. Da wußten also längst alle Bescheid, nur ich war ahnungslos. Es wurde dann aber nicht weiter gebohrt, wer alles bedacht wurde, aber es war klar, daß fast alle Angestellten etwas erhalten hatten, aber bisher zusammengehalten hatten. Deshalb fühlten sich Gießlers auch sicher.

Obwohl von mir gar kein Verdacht geäußert worden war, stellte sich jetzt heraus, daß er berechtigt gewesen wäre. Ich war der Einzige in der Runde, der diese Wahrheit noch nicht kannte. Sie wollten mich also in die Pfanne hauen, haben mich eiskalt beim Landeskirchenrat verleumdet, es war aber alles auf einer Lüge aufgebaut. Kein Wunder, daß Gießlers da nicht ruhig schlafen konnten (und Herr HC. auch). Nun war alles umgekehrt gekommen. Irgendwie konnten sie einem auch leid tun

 

Herr Gießler wollte dann ablenken undwissen:  „Eigenartiger Weise begannen die Spannungen, als Pfarrer Lieberknecht ging. Die Beweise dafür habe ich in der Tasche. Es ging erst los, als Pfarrer Heckert die Geschäftsführung übernahm!“ Sie gingen aber los, als Gießlers ins Haus kamen. Von Anfang an ging es um Arbeitsvertrag und Lohnfragen. Es mag sein, daß Herr Lieberknecht nicht so genau hinsah. Aber eher war es so, daß sie zu seiner Zeit sich nicht das wagten, was sie nachher taten.

Frau Jäger sagte: „Als mein Bruder eingestellt wurde, hatte Pfarrer Lieberknecht das Sagen (Anmerkung: Der Kirchenvorstand hat das Sagen). Aber der Pfarrer Heckert hat so eine Art an sich. Er möchte allein regieren, allein Recht haben, alle anderen haben nichts zu sagen!“ Darauf Herr König: „Frau Jäger wollte auch allein herrschen auf der Kirchenkasse. Und nicht nur dort, auch in der Küche. Schon meine liebe Schwester hat zu mir gesagt: Sei in der Sitzung ruhig, ich habe es sonst auszubaden. Auch meine Tochter hat ihr blaues Wunder erlebt. Frau Jäger hat gesagt, meine Tochter sei sowieso nur eine Saisonarbeiterin. Und die Überstunden sollte sie nur stundenweise abbummeln, weil sie ledig ist. Auch Frau Jäger hat geherrscht, und nicht zu knapp. Und gekündigt hat sie, weil sie mich beleidigt hatte und ich nur von einer Klage absehen wollte, wenn sie geht. Pfarrer Heckert hat sich da total herausgehalten, hat gesagt, ich solle zu Pfarrer Peters gehen.“

 

Dekan Schreiber verlas dann den Abschnitt aus dem Beschwerdeschreiben über Pfarrer Lieberknecht. E. H. bekräftigte: „Ja, das ist meine Meinung. Warum war Pfarrer Heckert nicht bei dem Abschiedsgottesdienst dabei und kam erst einen Tag später aus dem Urlaub? Wenn er als Pfarrer vorbildlich sein will, dann dürfen solche Versager nicht vorkommen: Ich finde das traurig und beschämend. Pfarrer Lieberknecht ist schon mehrmals nach woanders gebeten worden. Das hat er ausgeschlagen, weil er sich in Steinbach wohl fühlte. Ich habe Pfarrer Lieberknecht gefragt: ‚Gehen Sie wegen Meinungsverschiedenheiten mit Pfarrer .Heckert?‘ Er hat das nicht bejaht, sondern gesagt, er sei gerufen worden!“

Erich Nothnagel: „Das sind Spekulationen von Herrn Häfner. Ich habe ihn auch gefragt und er hat das verneint. Er hat gesagt, Gotha war für ihn der letzte Zug, wenn er noch einmal wechseln wollte. Wer bei dem Jubiläum in Rotterode dabei war, der hat den Umgang zwischen Pfarrer Lieberknecht und Pfarrer Heckert sehen können“ Schreiber: „Ich habe heute Pfarrer Lieberknecht angerufen. Er hat gesagt: „Das hat Herr Häfner erfunden!“ (so wörtlich). Wenn die Spannungen so groß gewesen wären, dann wäre er nicht 13 Jahre geblieben. Er ging nach Gotha, weil man dort gesagt habe, man brauche ihn. Das Alter spiele keine Rolle. So wie ihn Gotha hat ihn keiner gerufen!“

Pfarrer Hoffmann: „Wie war das nun mit der Abschiedspredigt?“ Heckert: „Es gab da Terminschwierigkeiten, weil am ersten Sonntag im September der Pfarrer Schreiber in Schmalkalden eingeführt werden sollte. Am letzten Sonntag im August war ich aber im Urlaub an der Ostsee. Ich hätte schon am Freitag fahren müssen‚ weil die Tochter am Samstag Geburtstag hatte und wir da nicht auf der Autobahn liegen wollten. Es wären also drei Urlaubstage gewesen. Das war uns zu viel, weil wir aus gesundheitlichen Gründen wegen der Kinder an der Ostsee waren. Ich habe es auch bedauert, nicht dabei gewesen zu sein.

 

Herr Gießler wollte wieder ablenken: „Auch meine Schwiegertochter hätte anderswo mehr Geld verdient. Aber die Überstunden werden ihr nicht einmal bezahlt (Anmerkung: Hier war der einzige Punkt, wo ich bald aus der Haut gefahren bin), sondern sie werden abgebummelt. Ich habe nichts gegen Pfarrer Heckert. Aber ich habe auch Erfahrung im Umgang mit Menschen. Doch wenn der Meister mir sagt: ‚So wird es gemacht‘ dann mache ich es noch lange nicht. Das habe ich bei den Nazis gemacht. Über Fehler kann man reden. Aber hier werden vermeintliche (!) Fehler gleich aufgetischt!“ Hier wird deutlich, daß er sich nichts sagen lassen will. In der Praxis sieht es so aus, daß ich gar nicht anordnen kann, sondern immer erst vorsichtig fragen muß, ob er denn bereit ist, eine Arbeit zu übernehmen. Und wenn er nicht bereit ist, muß ich es selber machen wie den Kontrollschacht am Gemeindehaus, für den er eine Baufirma haben wollte. Ich entgegnete: „Wir haben 19 Hitarbeiter. Mit den meisten. läuft alles, Schwierigkeiten kommen nur aus einer Ecke. Mit Herrn Dalberg zum Beispiel gibt es keine Schwierigkeiten, obwohl wir noch zusätzlich im gleichen Haus wohnen!“

Wieder Herr Gießler (heftig): „Ich denke gar nicht daran, den Grabstein am Friedhofstor wegzuräumen (haut auf den Tisch). Der ist viel zu schwer. Und wenn etwas passiert.“ Ich entgegnete: „Sie haben aber vor einem Jahr (!) selber gesagt, daß sie es zusammen mit Herrn Schiwek machen wollen. Der Zettel war nur als Erinnerung gedacht, weil es so viele Punkte waren!“

 

Nach diesen drei Punkten mußten die anderen gar nicht mehr behandelt werden, sie sind genauso ein Sammelsurium von Tatsachen, Halbwahrheiten, Verleumdungen und Lügen wie die anderen. Das Gespräch ist so verlaufen, wie ich es vorausgesagt hatte: Mit dem Beschwerdebrief kommt man nicht durch. Immerhin wurden zweieinhalb Punkte bewältigt und nicht nur einer, wie ich meinte. Aber es war nicht Zeit‚ alles zu widerlegen

Schon nach einer Stunde waren Gießlers mächtig in Fahrt (nach 25 Minuten Gespräch!). Und nachher haben sie abgelenkt und immer neue Punkte herangezogen nach der Methode, Angriff ist die beste Verteidigung! Viel Einsicht haben sie nicht gezeigt. Vor allem fiel kein Wort der Entschuldigung oder auch nur ein Wort des Bedauerns. Es wurden keine Versprechen für die Zukunft gegeben und nicht gesagt, daß man die Autorität des Kirchenvorstandes, des Pfarrers und Verwaltungsleiters anerkennen will. Herr Häfner hat seinen Brief nicht zurückgezogen.

Das erschwert einen Neuanfang und auch den immer wieder vorgebrachten Plan, den Verwaltungsleiter und zwei Kirchenväter mehr nach vorne zu schicken. Der eigentliche Drahtzieher, die Frau Jäger, blieb wiederum im Hintergrund. Über ihre gezielten Mitteilungen von vertraulichen Dingen aus dem Kirchenvorstand wurde nicht gesprochen. Sie erscheint auch weiterhin im Gemeindehaus und stiftet die Angestellten zu provozierendem Verhalten an. Eine Änderung müßte hier ihren Ausgangspunkt nehmen.

Ich bin mir aber auch darüber im Klaren, daß die Kirchenväter mich nun unter Druck setzen wollen, damit ich still bin und die Streitigkeiten aufhören. Das heißt: Sie wollen beide Seiten unter Druck setzen, aber letztlich doch mehr der Familie Gießler entgegenkommen, sie zu­frieden­stellen und nicht erneut verärgern. Unter normalen Verhältnissen hätte man Gießlers und Frau Jäger mindestens eine Abmahnung erteilen müssen oder sie gleich entlassen müssen, nachdem sie der Unterschlagung und Lüge überführt wurden und sich nicht bereit erklärt hatten, nach Anweisung zu arbeiten. Aber bei der Kirche ist das offenbar anders, da regelt man es nicht juristisch, sondern „brüderlich‘“.

 

Herr E. H. schrieb dennoch noch einmal an den Landeskirchenrat und forderte eine Antwort auf seinen Brief. Der Landeskirchenrat antwortete Herrn Häfner erst am 21. Juli 1986: „Wir haben wir keine Veranlassung gesehen, seitens des Landeskirchenrates Weiteres zu unternehmen. Da Sie an der Sitzung am 13.9.1985 selbst teilgenommen haben, die Möglichkeit hatten, ihre Beschwernisse vorzutragen und auch Antworten. auf diesen Vortrag erhalten haben, sahen wir uns nicht veranlaßt, unsererseits auf die Angelegenheit Ihnen gegenüber nochmals schriftlich einzugehen, zumal Ihnen ja Verlauf und Ergebnis der Sitzung hinreichend bekannt waren. Der Landeskirchenrat sieht aber auch keine Veranlassung, angesichts der schriftlichen Stellungnahme des Gemeinde­kirchenrats und der eingehenden Verhandlung in der Sitzung des Dekanatsynodalvorstandes weitergehende Maßnahmen in Erwägung zu ziehen.“

 

Am 30. September gab es ein Gespräch mit interessierten Kirchenvorstehern, zu dem fast alle erschienen waren, auch Frau Jäger, die nicht eingeladen worden war. Sie ergriff auch gleich das Wort, nachdem der Brief von Herrn Häfner und die Gegendarstellung verlesen worden waren, und sagte,  sie habe nicht gewollt, daß Herr Häfner den Brief schreibt oder daß Pfarrer Heckert abgesetzt wird. Aber Herr Häfner sei ein Gemeindeglied und dürfe sich doch informieren, was er doch immer getan hat.

Herr Huhn aber mußte erst noch einmal das anbringen, was er schon einmal in längerer Ausführungen gesagt hatte: Man dürfe nicht so auf Kleinigkeiten achten und müsse mehr Vertrauen wagen. Es ist mir unverständlich, wie man so etwas sagen kann, nachdem sich gerade herausgestellt hatte, daß man viel mißtrauischer hätte sein müssen. Die Schuldzuweisungen an mich war größer als die an die anderen.

Herr Nothnagel sagte wieder, daß der Verwaltungsleiter die Sachen regeln solle. Und er wäre dann dem Pfarrer verantwortlich (doch richtiger wäre: dem Kirchenvorstand verantwortlich, wie Herr Nothnagel es auch später sagte). Er stellte nämlich die Frage, ob die Mitarbeiter denn gewillt sind, den Weisungen des Kirchenvorstandes zu folgen. Herr Bühner schlug noch vor, in den Sitzungen die Ausschüsse abzufragen.

Herr Peters schlug Mitarbeiterbesprechungen im Turnus vor. Dienstanweisungen müßten vor Dienstantritt bekanntgegeben werden. Änderungen zwischendrin müßten mit den Betreffenden abgesprochen werden. Wenn man von außerhalb solche Anweisungen hätte, dann könnte der Eindruck vermieden werden, das sei das nur in Steinbach vor. Dann wäre alles gut, nur hat es ja überhaupt keine Dienst­anweisungen gegeben, nicht einmal Arbeitsverträge.

 

Das Gespräch mit dem Dekanatssynodalvorstand hat keine Auswirkungen auf die Angestellten gehabt, die Mißstände gingen ungebrochen weiter. Besser wurde es allerdings zunächst mit den Bananen: Am 15. Oktober erhielten die Kinder an vier Tagen je eine ganze Banane zum Mittagessen und noch eine mit nach Haus (am 4. Tag sogar zwei). Es geht also doch! Allerdings erhielten auch die Angestellten zwei Bananen als Nachtisch zum Essen. Am 5. November 1985 jedoch wurde an die Angestellten eine ganze Banane ausgegeben (sonst immer nur eine halbe). Am Freitag waren noch 14 Bananen übrig. Die Küchenleiterin wollte, daß sie an die Angestellten ausgegeben werden. Der Verwaltungsleiter sagte, sie sollten sie für Obstsalat für die Kinder verwenden. Nachher behauptete die Küchenleiterin aber, der Verwaltungsleiter habe sie den Angestellten zugestanden. Seitdem gibt er die Anweisungen nur noch schriftlich. Aber sicher würde doch nur Behauptung gegen Behauptung stehen. Nur: Wie soll da eine vertrauensvolle Zusammenarbeit möglich sein, wenn das Blaue vom Himmel herunter gelogen wird, nur um die Sache am Kochen zu halten.

Am Montag wurden die Bananen dann doch auch an die Angestellten ausgeteilt. Im Kindergarten wollten die Erzieherinnen Bananen essen, während die Kinder keine hatten, sondern einen anderen Nachtisch. Da hat der Verwaltungsleiter die Bananen wieder eingesammelt und es wurde Obstsalat gemacht. Die Küchenleiterin, Frau Gießler, nahm dennoch. zwei Bananen mit für sich und ihren Mann, darauf habe sie ein „Recht“" (dabei hat sie nicht einmal ein Recht auf ein kostenloses Mittagessen). . Wir erhielten die Zuteilung ja nur, weil wir einen Kindergarten hatten: Die Waren sollten natürlich vollständig den Kindern zugutekommen und nicht für die Angestellten oder Rüstzeitgästen. Und ob es viel war und die Angestellten was haben dürften, das hat ja nur Frau Jäger entschieden.  Sie verlangten nach wie vor die Südfrüchte mit dem Hinweis auf andere Kindergärten, wo es auch so sei, auch bei kommunalen Kindergärten. Trotz der doch erwiesenen Lüge in dem Beschwerdebrief beim Landeskirchenrat geht es immer weiter mit den Bananen.

Am 6. November 1985 schrieb mir Herr Lieberknecht einen Geburtstagsbrief, in dem er unter anderem sagte: Als Bruder Schreiber hier anrief, saß gerade jemand im Amtszimmer, deshalb beschränkte ich mich auf das nötigste. So weiß ich bis heute nicht, wer der Absender des Schreibens ist, um das es ging. Es gibt mehrere Häfner, der Dekan wußte am Telefon die Adresse nicht. Die Vermutung, ich könnte wegen mangelnder Zusammenarbeit aus Steinbach-Hallenberg weggegangen sein, kommt wohl daher, daß man meint, der Ort und die Stelle sind so schön, da bleibt man. Geht einer doch, muß er schwerwiegende Gründe haben. Sie kamen damals selbst gerade ins Oberstädter Pfarrhaus, als Superintendent Hoffmann und Oberpfarrer .Zippel mich besuchten. Die Entscheidung war für uns nicht leicht!“
 

Streit gab es immer wieder wegen der Bezahlung des Essen für die Angestellten: Es war festgelegt: Rüstzeitessen gibt es nur mit einem Aufpreis von 1,50 Mark pro Essen. Andere Personen dürfen nur mit Genehmigung des Kirchenvorstandes Essen erhalten. Am Wochenende dürfen die unmittelbaren Familienmitglieder (Verwandte in gerade Linie) am Essen teilnehmen, wenn die Hausfrau für die Kirchengemeinde tätig ist. Das Essen wird im Speisesaal eingenommen. Bezahlt werden pro Person 2,50 Mark (Rüstzeitessen), Kinder bis 6 Jahre die Hälfte. Die Bezahlung wird mit Namen und Datum belegt und mit der Kirchenkasse monatlich abgerechnet.

Für Oliver Gießler wären im Jahr 1984 (ab 6. August) 150 Mark zu zahlen gewesen. Gezahlt wurden aber nur 40 Mark über den Kindergarten. Zur gleichen Zeit wurden aber am 17. September für 13 Essen für Miriam Heckert auch 13 Mark gezahlt. Sie hat im Juli und August soviele Tage mit gegessen, weil beide Eltern im Gemeindehaus (Kindergarten, Kirchenkasse) aushalfen. Dabei war sie an sich noch Kindergartenkind und hätte ein Anrecht auf Essen für 40 Pfennig gehabt.  Ab 1985 wurde für Oliver Gießler dann gar nichts mehr gezahlt.

Gießlers behaupteten wieder, das kostenlose Essen sei ihnen doch im September genehmigt worden. In Wahrheit war darüber gesprochen worden, daß sie etwas bezahlen sollten. Gegenüber dem Kirchenvorstand wurde behauptet, ich hätte im September 1984 erlaubt, daß Oliver Gießler in der Küche mit ißt und nichts dafür bezahlt. Als auch Horst Gießler mitaß und ich stillhalten und keinen Anlaß geben wollte, wurde das so ausgelegt, ich habe davon gewußt und es gebilligt.

Ich hatte darum gebeten, streng darauf zu achten, daß die Mitarbeiter auch tatsächlich nur das Kindergartenessen erhalten, vor allem auch die gleiche Fleischportion. Daraufhin wurden m i r und Ursel nicht nur Fleisch, sondern auch Kartoffel und Nachtisch gekürzt. Viele Jahre gingen wir ins Gemeindehaus zum Mittagessen, weil das für Ursel eine Entlastung war, vor allem wenn sie Christenlehre hatte. Das hatte außerdem den Vorteil, daß ich jeden Tag auf der Kirchenkasse war und täglich um 12.15 Uhr am Pfarrhaus sein konnte.

Aber das Fleisch für uns war oft nicht größer als eine Streichholzschachtel. Doch wir haben still gehalten, verhungert sind wir ja nicht. Wir zahlten 1 Mark pro Essen, erhielten aber auch nur die Kindergartenportion, von der wir den Eindruck hatten, daß sie oft noch zusätzlich gekürzt war. Alle anderen aber erhielten weiterhin doppelte Kindergarten-Ration. Der Kindergarten meldete einfach mehr Essenskinder, als da waren!

Einmal gab es eine halbe Scheibe angebratene Wurst (sogenanntes Jägerschnitzel), nicht mehr als ein einziger Bissen; dazu einen Klacks Kartoffelbrei und ein Schälchen Krautsalat. Obwohl gesagt wurde, daß bei Kartoffeln und Gemüse nicht gespart zu werden brauche bzw. Nachschlag möglich ist, sind die Portionen manchmal sehr gering (für zwei Personen manchmal nur ein bis an den Rand gefüllter Teller). Die anderen Erwachsenen im Kindergarten und in der Küche dagegen haben einen großen Topf, wo sie sich soviel nehmen können, wie sie wollen.

Der Hausmeister - der ja als Einziger richtig arbeitete - erhielt kostenlos die doppelte Portion mit zum Beispiel zwei Schnitzeln. Er erhielt Gästeessen, bezahlte es aber nicht. Am 24. Juli 1986 gab es für die Kinder süßen Reisbrei, für die Gäste Bratwurst, Krautsalat, Kartoffel. Herr Gießler aß Gästeessen, hat es aber nicht bezahlt, jedenfalls geht aus den Büchern nichts hervor. Ich bat darum, die Zahlungen der Angestellten einzeln aufzuführen. Nachdem monatelang durchschnittlich 100 Mark eingekommen waren, ist im August auf einmal

Im September 1984 wurde mit Gießlers vereinbart, daß Familienangehörige am Wochenende mit essen können, aber dann bezahlen. Doch Gießlers konnten sich nur an den ersten Teil der Vereinbarung erinnern. Ich fragte, ob das Angebot denn in Anspruch genommen worden sei. Herr Gießler bejahte das. Aber bezahlt wurde nichts. Es dürfte sich um etwa 40 Essen im Jahr handeln (so oft war Frau Gießler an einem Samstag oder Sonntag eingesetzt) zum Preise von je 3,50 Mark. Ich kann es nicht aus eigener Anschauung bestätigen, aber auch nicht widerlegen. Aber es war wohl doch so, daß Gießlers den ganzen Sommer über an Wochenenden, wenn Rüstzeit­essen herzustellen war, mit mehreren Familienangehörigen und einem ganzen Teil der Verwandtschaft beim Rüstzeitessen mitgegessen haben. Dann gab es ein besonders gutes Essen, denn bis zum Juni sind von den Frauen Gießler Sonntags immer Klöße gemacht worden. Auch Anfang 1986 wurde nach wie vor Rüstzeitessen an bestimmte Angestellte (und deren Kinder) ausgegeben. Einen Tag blieb Kindergartenessen übrig, während acht Rüstzeitgäste Brot essen mußten.

Auch Ute König hat von sich aus die Zahl der Essen reduziert. Zunächst hat sie immer weniger Essen für die Angestellten geschickt, die im Speiseraum essen, obwohl diese es bezahlten. Höhepunkt war am 12. Oktober, als sie für 6 Personen viereinhalb Eierpfannkuchen bereitstellte. Nachher lagen Kohl und Eierpfannkuchen in der Mülltonne und nicht in dem Abfalleimer, den Frau Willing hingestellt hatte, um die Reste als Viehfutter mitzunehmen. Offenbar werden Willings dafür bestraft, daß Frau Willing das eine oder andere gesagt hat. Der Weg nach draußen zu den Abfalleimern ist jedenfalls näher als zu den Mülltonne. Frau Willing hatte gesagt, sie könnten nicht wirtschaften. Zum Beispiel wird alles fette Fleisch weggeworfen. Eine Lieferung Blumenkohl ist verdorben, weil sie am Freitag ihn nicht noch verarbeiten wollten. Bei der nächsten Lieferung hat Frau Willing dann dafür gesorgt, daß er in die Gefriertruhe kam.

Besonders knapp ist auch immer der Kartoffelbrei. Man hat den Eindruck, daß sie immer die gleiche Menge schickt, egal ob 4 oder 8 Leute essen wollen.

 

Aufenthalt in der Küche und Maßnahmen zur Sicherung der Küche:

Am 17. Januar 1983 wurde vom Kirchenvorstand beschlossen: „Zutritt zur Küche haben nur die dort beschäftigten Personen. Die Außentüren werden mit einem Knopf versehen, so daß die Türen nur von innen mit der Klinke zu öffnen sind. Einen Schlüssel erhalten nur die vier hauptamtlich angestellten Küchenfrauen und die Verwaltungsleiterin einen Reserveschlüssel. Rüstzeitgäste werden nicht mehr zum Abtrocknen heran­gezogen. Wer Essen abholt, muß vor der Tür warten. Die Kindergartenmitarbeiter können Kaffee in der Küche der Schwesternstation kochen.“

Die Angestellten müssen durch Unterschrift bestätigen, daß die Kirchengemeinde jede Haftung ablehnt‚ wenn dennoch andere Personen sich in der Küche aufhalten und zu Schaden kommen. Gießlers möchten besonders, daß Verwandte (ersten und zweiten Grades) sie in der Küche besuchen können und sich auch kurzzeitig dort aufhalten dürfen. Sie wollten aber auch, daß Oliver Gießler im Gemeindehaus mit essen darf (Kindergartenessen) und das Essen in der Küche einnehmen darf und sich im eigentlichen Küchenraum und auch sonst sich in der Küche aufhalten darf, bis die Mutter ihre Arbeit beendet hat.

 

Doch weiterhin hielten sich Fremde in der Küche auf: Frauen aus der katholischen Gemeinde, ein später angereistet Rüstzeitteilnehmer, Rüstzeitteilnehmer backen in der Küche mehrere Kuchen, Kraftfahrer vom Großhandel, zwei Kindergärtnerinnen, eine ganze Kindergartengruppe. Vom 18.- 20. September is1985 t Oliver Gießler ist mit in der Küche bei seiner Oma, obwohl seine Mutter weger der Krankheit des anderen Kindes freigestellt und zuhause ist. Am 5. Dezember kommt auch seine Schwester dazu, weil sie vor der Mittagsruhe im Kindergarten in die Küche gebracht wurde.

Einmal hatte sie sich im Kindergarten verletzt und wurde in der Küche mit blankem Hintern auf die Anrichte gesetzt. Die Hygiene hätte doch die Küche geschlossen, wenn so etwas bekannt geworden wäre.

Als Herr Gießler von einem Kirchenvorsteher gerügt wurde, daß er den Beschluß des Kirchenvorstandes nicht beachtet, entgegnete dieser: „So etwas darf man nicht gesetzlich sehen‚ sondern mit Liebe, aber daran fehlt es. Wir werden immerzu überwacht‚ und dann findet mal da und dort etwas!“ Aber man braucht gar nicht zu überwachen, dann stößt man auch so schon auf genügend. Es wurden viele Gespräche geführt. Danach war dann auch alles klar. Aber zwei Tage später wurde wieder alles in Frage gestellt, weil inzwischen wieder Frau Jäger gehetzt hatte. Oft ging es auch um Dinge, wo man auch mit staatlichen Gesetzen in Konflikt kam.

 

Küchenleitung durch Frau Gießler

Frau Gießler arbeitete nur 170 Stunden, wurde aber von Frau Jäger von Anfang an für 190 Stun­den bezahlt. Angeblich wäre das bei der Anstellung gesagt worden. Aber im Arbeitsvertrag (und im Protokollbuch des Kirchenvorstandes) ist nichts darüber gesagt. Es wurde formuliert: „Die Arbeit im Haus ist so umfangreich, daß sie einer vollen Stelle entspricht, also 190 Stunden zu bezahlen sind.“ Es verwundert, wenn sich jetzt auf einmal herausstellt, daß die Arbeit auch in 170 Stunden zu leisten war (Frau Reffke hat das früher nur mit einer halben Stelle gemacht).

Als sie 1983 die Küchenleitung übernahm, hätte man das noch als Zuschlag rechtfertigen können. Aber es war festgelegt, daß keine Überstunden entstehen sollen‚ die finanziell abgegolten werden müssen, sondern die durch verstärkten Arbeitsanfall entstandenen Überstunden sollen abgebummelt werden. Im Jahre 1i983 wurden ihr dennoch 47 Überstunden bezahlt (nicht Sonntagsdienst).

 

Im März 1985 reichte Frau Gießler zunächst wurde eine handschriftliche Kündigung der Küchenleitung ein: „Da mir, ich aber der Meinung bin, daß es ohne ein gewisses Vertrauen einfach nicht geht und von daher auch kein vernünftiges Arbeitsklima zustande kommen kann, dies auf die Dauer eine unzumutbare Belastung für mich ist, sehe ich mich gezwungen,

 

Ab 1. April 1985 wollte Frau Gießler die Küchenleitung niederlegen, weil ihr „von Pfarrer Heckert ständig unberechtigt Mißtrauen entgegengebracht wird“. Die „ungeheuren Beschuldigungen“ bezogen sich auf die verschwundenen Bananen. Von Herrn HC. und Herrn M. wurde Frau Gießler bewegt, die Küchenleitung wieder zu übernehmen, ohne daß die eigentlichen Probleme geklärt waren.

Das Schlimmste war die Anstellung einer Küchenhilfe ohne Wissen des geschäftsführender Pfarrers und des Verwaltungsleiters oder gar des Kirchenvorstandes. Ausgemacht war, daß das Abendbrot erst einmal von den anderen über­brückt wird. Da kann nicht vom ersten Tag an ohne Kommentar jemand anders dort arbeiten. Ich habe nicht gewagt, etwas zu unternehmen, weil ich erst den Kirchenvorstand fragen wollte. Aber andere sind da großzügiger und stellen ohne Kirchenvorstand und ohne die zuständigen Leute und ohne Klärung der Einzelheiten jemand an. Auch wenn es nur für ein paar Tage ist, handelt es sich um eine Anstellung, die versicherungsrechtlich zu behandeln ist.

Das ganze Gerede, der Kirchenvorstand würde von mir übergangen‚ hat letztlich seinen Grund darin, daß Einzelne nicht zum Zuge kamen, sondern überstimmt bzw. in ihre Schranken gewiesen wurden. Wenn man sie aber zum Zug kommen ließe, dann wären sie wahrscheinlich absolutistischer als ein Pfarrer das je könnte, oder auch nur wollte.

Herr Holland-Cunz wurde dann Kontaktperson zu den Küchenleuten. Aber er hat großen Wert darauf gelegt, eine Blankovollmacht zu erhalten, Richtlinien durch den Kirchenvorstand lehnte er ab. Er hat ganz allein nach seine Vorstellungen gehandelt, ohne der Auftrag der Kirchenväter zu beachten. Seine Taktik war, sich bei Gießlers anzubiedern und auf sie einzugehen. Er wollte herausfinden, was sie wünschen‚ und das sollte dann zum Beschluß erhoben werden. Dann hätte es geheißen: „Jetzt ist soviel gesprochen worden, da kann man am Ergebnis nicht noch in Einzelheiten ändern!“

 

 

Arbeitszeiteinteilung und angebliche Arbeitsüberlastung:

Bei einem Gespräch mit den Eheleuten Gießler über Essen aus der Küche am 18. Juni 1985 wurde zunächst über die Zubereitung des Abendbrotes gesprochen. Frau Sch. würde einen großer Teil der Arbeit übernehmen, wenn im Sommer noch jemand anders sich mit ihr abwechseln würde (eine zweite Rentnerin könnte dafür eventuell .gewonnen werden) und wenn nicht der ganze Abwasch vom Nachmittag noch stehenbliebe. Zumindest der Abwasch vom Kindergarten müßte erledigt sein, über den Abwasch vom Kaffeetrinken der Rüstzeiten ließe sich reden.

Frau Gießler jedoch erklärte, sie hätten tagsüber so viel zu tun, daß sie nicht einmal Pause machen könnten. Ute König fängt um 6.30 Uhr an, sie und ihre Schwiegertochter um 7 Uhr. Ute geht um 7 Uhr Milch holen, dann muß Kaffee gemacht werden. Um 14.30 Uhr gehen sie meist wieder. Es wur­de ihnen entgegengehalten, daß die Arbeitszeit üblicherweise von 6.30 bis 16 Uhr geht. Wer verkürzt arbeitet, kommt entweder später oder geht eher. Da die beiden Frauen Gießler um 7 Uhr beginnen, müßte ihre Arbeitszeit bis 15.45 Uhr gehen, bei Nichteinhaltung der Pausen immerhin bis 15 Uhr.

Die gesetzlich vorgeschriebenen Pausen müßten an sich eingehalten werden, sie sind im Tagesablauf auch möglich (es werden sowieso um 8 Uhr und 11.30 Uhr längere Essenspausen gemacht, es verläßt nur niemand den Arbeitsplatz, wie das sonst bei einer Pause möglich ist). Möglich wäre auch, daß abwechselnd eine der Frauen länger bleibt und den Abwasch erledigt. Es handelt sich dabei um 40 - 50 Tassen und ebensoviele Teller, dazu 4 Kannen und kleinere Dinge. Mit etwas gutem Willen wäre hier eine Lösung zu finden und die gewünschten zusätzlichen Arbeitskräfte zu finden. Wenn nicht, müßten die drei vorhandenen Kräfte das Abendbrot mitmachen.

Frau Gießler klagte dann über die Arbeitsleistung von Frau Reffke. Sie lasse sich mehr Stunden aufschreiben, als sie tatsächlich macht (Das muß sie gerade sagen). Einmal sei sie sogar erwischt worden, als sie schlief. Sicherlich kann Frau Reffke nicht mehr das leisten, was sie früher geleistet hat. Aber man muß auch bedenken‚ welche Verdienste sie hat. Denn sie hat geheizt, alles allein sauber gemacht und noch in der Küche mitgeholfen. Wo früher drei Arbeitskräfte beschäftigt waren, haben wir jetzt über fünf Kräfte. Außerdem sieht sie natürlich, was die andern heute arbeiten.

Man braucht gar nicht heranzuziehen‚ was Frau Wahl und Frau Reumschüssel geschafft haben. Es genügt der Vergleich mit dem Jahre 1983. Im Jahre 1985 haben wir (ohne Abendbrot) drei Leute für 534 Stunden im Monat angestellt. Diese Zahl ist im ersten Halbjahr bei wenig Rüstzeiten schon überschritten worden. Dabei ist für Sonntagsarbeit nicht wie früher die entsprechende Zeit gutgeschrieben worden, sondern die Sonntagszuschläge wurden mit Geld abgegolten. Im Jahre 1983 dagegen wurden die 530 Stunden nur in drei Monaten überschritten, im Jahresdurchschnitt kamen wir mit wesentlich weniger Stunden aus und die Sonntagsstunden wurden dann in der Woche wieder abgebummelt.

Es blieb auch immer Zeit für Privatangelegenheiten während der Arbeitszeit. Am 18. Oktober 1985 waren im Abstand von zehn Minuten drei Angestellte aus der Küche im Konsumladen gegenüber: Andrea Gießler kam mit leerer Beuteltasche wieder heraus, Inge Gießler kaufte kurz danach ein. Frau Häfner kam hinterher und wollte noch einen Salatkopf mitgebracht haben. Am 14. November 1985 bewegten sich zwei Küchenfrauen (Inge Gießler und Minna Häfner) um 11.45 Uhr in der Hauptstraße, Höhe Delikatladen. Die Zahl der Fälle nimmt deutlich zu, wo man Angestellte während der Arbeitszeit in der Stadt trifft‚ auch am Nachmittag.

 

Die Küchenfrauen behaupteten Anfang 1986, ich hätte ihn verboten, zwischendrin einmal Kaf­fee zu trinken. Schließlich hieß es sogar, sie dürften auch nicht Mittagspause machen: den einen Tag nahmen sie das Essen im Stehen ein. Dabei habe ich nie über solche Dinge mit den Küchenfrauen gesprochen. Man muß dazu wissen, daß alle Angestellten in der Kirchengemeinde Steinbach-Hallenberg (angeblich) ohne Pause durcharbeiten. Das ist niemals angeordnet worden, ist auch gegen die Vorschriften und vom Arbeitsablauf her nicht erforderlich. Tatsache war auch, daß schon in der Frühe Kaffee getrunken wurde, manchmal länger als eine halbe Stunde. Dagegen wäre auch nichts zu sagen gewesen, wenn nicht immer wieder geklagt worden wäre, die Arbeit sei nicht zu schaffen.

Oft wurde die Zeit aber nur abgesessen, um auf die 8,25 Stunden täglich zu kommen. Man war aber nie zu Überstunden (bzw. einer Verlagerung der Arbeitszeit) bereit: Als einmal Freitag noch spät eine Gemüselieferung kam, hat man sie verkommen lassen, anstatt sie noch zu­recht­zumachen und einzufrieren (es hatte ja unbedingt eine Gefriertruhe her gemußt).

Außerdem wurde die Arbeitszeit nicht ehrlich aufgeschrieben, mehrfach eine bis eineinhalb Stunden mehr. Wenn einer fehlte, bummelte er angeblich ab, aber nachher wurde es wieder in „Urlaub“ umgeändert (und umgedreht), aber auf der Kirchenkasse war kein Urlaub gemeldet.

Die Zeit wurde nicht ehrlich aufgeschrieben. Da war es ehrlicher, eine feste Arbeitszeit zu vereinbaren, während der alle anwesend sein mußten und auch die Arbeit schaffen mußten. Dann mußte nur noch der Wochenenddienst aufgeschrieben werden und wann dieser „abgebummelt“ wurde. Aber es ging immer noch durcheinander: Wenn einer fehlte, bummelte er angeblich ab, aber nachher wurde es wieder in „Urlaub“ umdeklariert (und umgedreht), aber auf der Kirchenkasse war kein Urlaub gemeldet. Doch „Überhangstunden“ sollten nur abgebummelt werden, wenn keine Rüstzeit ist. Doch man machte, was man wollte, fehlte wie man wollte und die Kirchenkasse wußte nicht Bescheid.

 

In der Kirchenvorstandssitzung am 12. September 1988 führte Herr König aus: „Warum ist das Stundenbuch der Küche eingezogen worden? Was sind da die Hintergründe? Es werden Fräulein König Lügen nachgesagt!“ Herr Peters wollte abbiegen und erwähnte, daß Fräulein König „wochenlang durchgehend“ an den Wochenenden hätte arbeiten müssen. Daraufhin versuchte ich zu korrigieren: „Die Rüstzeiten werden so gelegt, daß möglichst wenig Wochenenden anfallen, auch wenn es sich natürlich im Sommer etwas häuft; aber die Zahl läßt sich ja feststellen!“

Herr König aber beharrte darauf: „Es ist eine totale Lüge von Herrn Hey, der Kirchenvorstand hätte beschlossen, daß es nur für die Sonntagsstunden freie Tage gäbe. Es werden nur noch Lügen erzählt, auch von Pfarrer Heckert!“ Das war ja völlig unmotiviert, er war halt nur so geistig beschränkt, daß er das irgendwie anbringen wollte. Daraufhin sagte ich, an den Dekan gewandt: „Herr Dekan, wäre hier jetzt nicht einmal ein Ordnungsruf angebracht?“ Er murmelte etwas, das wie „ja“ klang, unternahm aber nichts.

Am Schluß las ich aus dem Beschlußbuch des Kirchenvorstandes vor, das ich für mich angelegt habe, nachdem das Protokollbuch nicht mehr für mich und die Angestellten zugänglich ist. Am 16. Januar 1984 wurde beschlossen: „Außerdem wird für Sonn- und Feiertagsarbeit allen Mitarbeitern ein unbezahlter freier Tag in der Woche gewährt, allerdings nur, wenn keine Rüstzeit ist. Dabei werden die tatsächlich geleisteten Stunden vierteljährlich zusammengezählt und daraus die entsprechenden Tage ermittelt. Die anderer Überhangstunden, die während der Woche entstehen, werden stundenweise abgebummelt!“

 

Zur Erläuterung: Wir haben in der Küche keine 5-Tage-Woche, sondern eine 6-Tage-Woche. Die wöchentliche Arbeitszeit von 43,75 Stunden wird an 6 Wochentagen abgeleistet, ohne daß dabei Überstunden entstehen dürfen, die extra bezahlt werden. Die tägliche Arbeitszeit ist also geringer als 8,75 Stunden, wenn auch am Samstag gearbeitet wird. Die Verrechnung dieser Stunden sollen die Angestellten unter sich vornehmen. Hauptsache ist, die Arbeit wird geschafft. Wenn die Arbeit schneller geschafft wird, können sie auch eher gehen (das Problem ist nur, daß immer mehr Arbeiten an andere abgeschoben werden: der Hausmeister macht einen Teil des Einkaufs, Gäste und Angestellte müssen ihr Geschirr teilweise selber spülen, auch um das Geschirr vom Nachmittagskaffee des Kindergartens gibt es immer Streit).

Das sogenannte „Stundenbuch“ brauchen wir nicht mehr. Früher war es die Übung, daß die tatsächlich geleisteten Stunden in ein Buch aufgeschrieben und mit der Kirchenkasse abgerechnet wurden. Zunächst hatte jeder sein eigenes Buch, dann wurde ein gemeinsames Buch angelegt. Das war früher von Vorteil für die Kirchengemeinde, weil bei wenig Arbeit die Angestellten nach Hause gingen und. dafür zum Beispiel am Samstag oder Sonntag 9 Stunden arbeiteten. So war es möglich, daß mit zweieinhalb Arbeitskräften die ganze Arbeit in der Küche (einschließlich Wochenende und Abendbrot) abgesichert wurde (nur im Krankheitsfalle wurde eine Aushilfe geholt).

In den letzten Jahren aber hat diese Übung dazu geführt, daß die Arbeitszeit einfach abgesessen wurde, auch wenn keine Arbeit da war. Man war aber nie bereit, auch einmal Überstunden zu machen: Wenn Freitag noch spät eine Gemüselieferung kam, hat man es verkommen lassen, anstatt es noch zurechtzumachen und einzufrieren.

Andrea Gießler kam anfangs nie auf ihre 173 Stunden. Aber nachher war am Monatsende immer ein Überhang da, auch wenn wie im Juni und Juli kein Wochenenddienst gemacht wurde, aber durch die Mithilfe von Frau Häfner fast die übliche Besetzung da war. Die 30 Überhangstunden ergeben aber schon wieder 3 Tage Sonderurlaub. Bei den jetzigen Mitarbeitern führt diese Regelung dazu, daß die Arbeitszeit gedehnt wird, um dann einige Tage freimachen zu können (oft in Verbindung mit dem Haushaltstag).

Außerdem konnte man feststellen, daß die Stunden nicht ehrlich aufgeschrieben wurden. Am 1. August war ich den ganzen Tag über im Gemeindehaus, um das Inventar im Keller zu ordnen und aufzunehmen. Dabei sah ich auch nach dem Schlauch und der Beregnungsanlage im Garten vor dem Haus. Dabei konnte ich feststellen, daß Frau Gießler (mit Tochter auf dem Fahrrad) um 13 Uhr ging. Das waren 6 Stunden Arbeit, aber aufgeschrieben hat sie für diesen Tag 7,5 Stunden. Ute König ging um 13.30 Uhr (durch den Keller und den Hof bei Beckmanns), also nach 7 Stunden, aber aufgeschrieben hat sie 8 Stunden.

Wenn das so ist, können wir auch auf das Aufschreiben der Stunden verzichten. Da ist es besser, wir setzen die übliche Arbeitszeit fest, während der sie anwesend sein müssen und sich die Arbeit einteilen können, wie sie wollen. Dann fallen aber die zusätzlichen freien Tage weg. Dann braucht nur der Wochenenddienst aufgeschrieben zu werden und wann dieser in der Woche abgegolten wird.

Die tatsächlich am Tag geleisteten Stunden müssen nicht eingeschrieben werden, da sie für die Bezahlung und die Gewährung freier Tage unerheblich sind. Heute genügt es, wenn die Zahl der Essen eingetragen wird (für die Jahresrechnung und Kalkulation) und die Zahl der Sonntagsstunden und wann dafür freie Tage genommen wurden; dazu noch Ausfall wegen Urlaub und Krankheit. So hatte ich es schon im Sommer 1986 den Angestellten gesagt. Herr Hey hat es jetzt nur in die Praxis umgesetzt, indem er das bisherige Buch einzog und ein neues anlegte mit den Spalten, die allein benötigt werden. Das Buch wird dadurch übersichtlicher und umständliche Rechnereien entfallen, die sowieso nutzlos sind. Das Buch ist natürlich vorhanden und kann auch jederzeit eingesehen werden.

Manchmal wurde direkt die Arbeit verweigert. Zum Beispiel ist angeordnet, daß das Leergut nicht für jedermann zugänglich vor der Küche oder gar vor dem Haus gelagert wird. Der Kirchengemeinde ist dadurch schon ein Schaden von 120 Mark entstanden. Aber nicht einmal die Einschaltung des Kirchenvor­standes hat etwas genutzt.

An einem Freitag habe ich einmal vorsichtig darum gebeten das Leergut ins Haus zu stellen. Es standen aber sechs Kästen mit einem Pfandwert von 240 Mark draußen. Als im am Abend vorbeikam, habe ich sie selber hineingestellt.

 

Arbeitszeiteinteilung in der Küche August 1986:

Frau Andrea Gießler har wieder behauptet, ich hätte den Angestellten in der Küche verboten, einmal zwischendrin eine Tasse Kaffee zu trinken. Auch vorher war schon gesagt worden, es sei soviel Arbeit in der Küche, daß nicht einmal Zeit wäre zum Mittagessen. Tatsache ist jedoch, daß ich niemals mit den Angestellten in der Küche über Kaffeetrinken gesprochen habe. Tatsache ist auch, daß sie schon früh Kaffee trinken, dann manchmal länger als eine halbe Stunde beim Mittagessen sitzen und nachmittags auch Kaffee trinken. Wenn man das schon so macht und dieses stillschweigend geduldet wird, dann sollte man sich nicht beschweren, es sei verboten worden, wenn dieses gar nicht geschehen ist.

Am 13. August 1986 sagte ich Ute König und Evelyn Reumschüssel erneut, daß ich keinen Wert auf das Aufschreiben lege. Evelyn Reumschüssel wollte auch eine Festlegung der Regelarbeitszeit, weil sie sonst nicht auf ihre 190 Stunden im Monat kommt. Sie hat ganz klar erkannt, daß zwei Arbeitskräfte die Arbeit schaffen können, aber bei drei Leuten und ehrlichem Aufschreiben die 190 Stunden im Monat nicht zusammenkommen. Sie hat noch nicht erkannt, wie man das macht, damit es doch 190 Stunden werden, und hat gefürchtet, dann weniger Geld zu erhalten. Noch größer wird das Problem, wenn wir in Zukunft vier Leute in der Küche haben.

 

Unnötige Arbeit am Sonn- und Feiertag:

Früher war es üblich, daß am Wochenende nur einer da war für 5 oder 6 Stunden. Aber jetzt waren oft mehr Leute da, als benötigt wurden. Besonders gern wurde an Feiertagen gearbeitet, weil es da Zuschlag gab. Am 1.Mai 1985 war eine Reinigungskraft im Gemeindehaus und sagte: „Wenn die Blinden da sind, muß auch am Sonn- und Feiertag saubergemacht werden!“ (Die Logik ist nicht so deutlich: Sehen sie den Dreck besonders gut?). Sie hat sauber gemacht, obwohl Herr Hey gesagt hatte, es sollte nicht saubergemacht werden. Aber sie hat nicht nur saubergemacht, sondern auch noch in der Küche mitgeholfen und Möhren für den nächsten Tag geputzt, obwohl zum Beispiel am 5. Mai nur drei von der Rüstzeitleuten da waren.

Am 4. Mai 1985, einem Samstag, waren fünf Leute in der Küche und haben Mittagessen erhalten.

Die Personen waren: Inge Gießler, Werner Gießler, Andrea Gießler, Karin Gießler (Hartmut Gießlers Frau) und eine Reinigungskraft. Deshalb aber gab es Klöße und Fleisch, also ein Sonntagsessen. Bezahlt hat nur Karin Gießler, aber auch nur 1,25 Mark, also nicht den Preis für das Rüstzeitessen.

Am 7. Oktober 1985 war bekanntlich der Staatsfeiertag, aber es war nur Frühstück für eine Rüstzeit zu machen, zum Mittagessen gingen die Rüstzeitleute ins Gasthaus. Am nächsten Tag war nur Kindergartenessen zu machen, es war also nichts vorzubereiten. Die Wirtschaftskräfte waren jedoch entgegen einer Anordnung des Verwaltungsleiters in voller Besetzung da und leisteten insgesamt 14,5 Stunden. Es wurde Essen für den nächsten Tag vorbereitet, aber es gab nur Kartoffeln, Soße, Rohkostsalat und Pflaumen aus der Konservendose. Es wurde auch gewischt, obwohl sonst sonntags nicht gewischt wird und am Dienstag genug Zeit gewesen wäre. Wenn der Verwaltungsleiter sie nicht mittags heimgeschickt hätte, wären sie noch länger geblieben.

Die Angestellten weigerten sich aber, die Erntedankgaben aus der Kirche zu holen, was sie alle Jahre gemacht haben (einschließlich Hausmeister und Kindergartenmitarbeiter). Der Verwaltungsleiter hat die Gaben dann an zwei Tagen selber geholt und auch die Kirche wieder sauber gemacht.

 

Andeutung von Kündigungen:

Am 24. Juni 1985 erklärte Andrea Gießler, sie arbeite sonntags nicht mehr. Frau Sch. solle den Abwasch zwischen 18.00 und 18.45 Uhr machen. Interessant wurde es, als Gießlers unbedingt herausfinden wollten, ob wir konkret jemand haben, den wir anstellen könnten. Wir könnten uns ja darum bemühen, sie würden sich um eine Wohnung bemühen. Ich aber sagte darauf: „So geht es nicht, denn dann heißt es nachher wieder, Gießlers seien verdrängt worden. Wenn schon, dann müssen sie zuerst kündigen, und dann werden wir sehen!“ Ich ließ die Sache offen.

Jedenfalls war mir schon lange klar, daß sie nicht kündigen werden. Sie versuchen uns mit Teil­kündigungen unter Druck zu setzen. Aber sie wissen natürlich auch, welch gute Arbeitsstelle sie hier haben. Die Arbeitszeit ist günstig, es gibt Nebenleistungen, vor allem aber auch die Sonderzuwendungen. Gut wäre gewesen, wenigstens eine der beiden Frauen Gießler wieder aus der Küche herauszubekommen, denn da wären wir nicht so leicht unter Druck zu setzen. Ungünstig ist natürlich auch, daß sie jeden Interessenten verprellen, ihm die Arbeit verleiden wollen, damit sie sagen können: „Seht ihr, es findet sich ja keiner!“ Andererseits verdrängt sie auch niemand. Sie sollen sich nur an das halten, was üblich und festgelegt ist.

 

Meldung über Sonderwünsche der Rüstzeiten:

Frau Gießler behauptete, sie werde von Herrn Hey nur über die Zahl der Rüstzeitgäste informiert, nicht aber darüber‚ wieviel Kaffee und Eier usw. gewünscht werden. Er kann aber erst über die Kaffeewünsche informieren, wenn er es selber von der Rüstzeit weiß. Es geht im Grunde nur um den ersten Tag nach der Anreise. Da kommt die Meldung oft erst am nächsten Morgen, nicht gleich am Abend. Es sollte damit ja nur gesagt werden: „Frau Jäger war abends immer noch da, Herr Hey aber ist nicht da!“ Inzwischen ist aber schon geregelt, daß der Rüstzeitleiter persönlich am ersten Tag die Meldung bei Frau Gießler abgibt.

 

Äußerungen von Ute König

Unter den Küchenkräften fiel nur noch Ute König unangenehm auf. Solange noch Gießlers da waren hatte man den Eindruck, sie rede nur so, um bei Gießlers gut Wetter zu machen. Diese hatten sie ja zunächst immer an den Rand gedrängt, überall kritisiert und schlecht gemacht. Da ging sie dazu über, mit den Wölfen zu heulen, um Ruhe zu haben .Sie hat sich dabei oft aufstacheln lassen und ist dabei noch weiter gegangen als Gießlers. Aber auch nachdem völligen Ausscheiden der Familie Gießler machte sie auf dieser Linie weiter. Vielleicht war sie durch den Einfluß Gießlers schon so verdorben, daß eine Zusammenarbeit mit anderen Angestellten nicht möglich war. Aber es kann auch alles in ihrem eigenen Charakter begründet sein. Ungünstig war auch, daß ihr Vater dem Kirchenvorstand angehörte und sie bald kritisierte, bald in Schutz nahm.

Ihre Kochkünste waren schwach, nach dem Vorbild des Essens bei Frau Gießler, zum Beispiel ungesalzene Kartoffeln mit viel zu wenig Rotkrautsalat ohne Soße. Selbst wenn ihr Evelyn Hinweise für die Zubereitung des Essens gibt, nimmt sie das nicht an. Der Höhepunkt war am Freitag, dem 5. Juni, als es Wassersuppe mit Kraut wie im Gefangenenlager gab (auch am 23. Oktober). Evelyn hatte gesagt, daß man das Fett vorher mit etwas Mehl anrührt, damit es sich besser verteilt, aber das Fett wurde doch nachträglich über alles gegossen (das kann bei Kindern z um Erbrechen führen, wenn sie zufällig größere Mengen Fett auf den Teller kriegen).

Bei Ute König ist zwar das Essen abwechslungsreicher als bei Frau Gießler (nicht mehr jeden dritten Tag Suppe, nicht so oft Nudeln. Aber sie hat den ganzen August (bis zu ihrem Urlaub) kein Mittagessen für die Rüstzeit gemacht, auch im September gab es da Fehltage, und die anderen Tage wurde meist das gleiche Essen wie für den Kindergarten gemacht. Auch gibt es sehr viele Tage ohne Nachtisch, auch Rohkostsalat wird selten geboten.

Ute König hatte zwar eine Bescheinigung über die Teilnahme an einer kirchlichen Fortbildung, aber das war kein Facharbeiterzeugnis. Als keine Küchenleiterin da war und Andrea Gießler drei Wochen Urlaub machen wollte, erklärte Ute König, sie könne nicht zusammen mit Frau Häfner das Kindergartenessen machen, sie schaffe das körperlich nicht. Wenn sie gesagt hätte, sie wolle die Verantwortung nicht tragen, hätte man ihr das eher abnehmen können. Sie deutete auch gleich an, sie werde sich krank melden. Bei ihrem Ekzem dürfte das nicht schwer sein).

Mit ihrem Vater hat sie um eine Flasche Sekt gewettet, daß Pfarrer Heckert keine Köchin für den Juli hat, vor allem nicht für eine feste Anstellung. Sie unterstellt also, daß ich gelogen hätte. Umso mehr muß ich mich hüten, einen Namen zu nennen, damit es nicht wieder link gemacht wird.

 

Am 30. September war Ute König für drei Tage krankgeschrieben worden‚ hatte aber noch an diesem Tag das Essen gemacht. Wenn sie wegen Grippe krankgeschrieben ist, muß sie aus hygienischen Gründen sofort aufhören und aus medizinischen sich sofort ins Bett legen. Oder war es nicht so schlimm mit der Krankheit? Nun war sie der Meinung, dieser eine Tag Krankschreibung stehe ihr zu und sie könne dafür am Montag fehlen, obwohl sie da schon längst wieder gesund geschrieben war.

 

Anstellung von Evelyn Reumschüssel September 1986:

An sich würde in der Küche überhaupt kein Geld gebraucht, wenn nur in den drei Geschäften eingekauft wird, die uns zugewiesen sind und die uns eine exakte Sammelrechnung schreiben. Die Angestellten in der Küche kauften jedoch gegen jede Weisung auch in anderen Geschäften ein, bis hin zum Delikatladen. Jahrelang gab es deshalb eine Bargeldkasse in der Küche. Von Zeit zu Zeit ließ man sich diese Ausgaben dann wieder von der Kirchenkasse gegen Vorlage der Quittung zurückgeben. Die Angestellten entnahmen aber auch Lebensmittel aus der Küche für den privaten Bedarf und zahlten Geld in diese Kasse (zum Beispiel für Bananen).

Auch die Kaffeekasse lief über diese Kasse. Leider erfuhr ich erst nachher von Herrn Hey, wie das teilweise mit der Kasse in der Küche gelaufen ist. Den Kaffee  kaufen die Küchenfrauen von ihrem Geld und verkaufen ihn privat wieder an die Gäste (Wer bezahlt dann die Arbeitszeit, die Energie, die Zutaten?). Die Eier wurden von der Kirchenkasse bezahlt, aber von den Gästen haben es die Küchenleute noch einmal einkassiert (es kam nicht auf die Rechnung für die Gäste, also haben die Küchenleute das Geld selber eingesteckt).

Als aber Evelyn Reumschüssel angestellt werden sollte war klar, daß nur noch in den zugewiesenen Geschäften gekauft werden konnte, denn einer dieser Läden gehörte der Mutter von Evelyn. Ich zog deshalb die illegale Kasse ein und sagte auch dem Milchladen, sie sollten eine Sammelrechnung schreiben. Besser wäre es allerdings gewesen, wenn ich etwas näher erläutert hätte, weshalb es diese Kasse nicht mehr geben sollte, aber dann hätte ich sagen müssen, wer neu eingestellt werden soll.

Bei der Dienstbesprechung am Montagabend nannte ich dann den Namen der neuen Köchin, die am nächsten Tag anfangen wollte, natürlich auf Probe, denn anstellen konnte nur der Kirchenvorstand (wie ich Herrn HC. auf seinen Einwand antwortete). Ich sagte: „Das konnte ich am Freitag noch nicht erklären. Ich mache das nicht wieder, daß ich vorher sage, wer sich beworben hat. Denn übers Wochenende hätte Frau Jäger alle Hebel in Bewegung gesetzt, die Sache zu Fall zu bringen, nur um zu beweisen, daß wir ohne Gießlers nicht hinkommen. Sie waren trotzdem erstaunt. Dabei sage ich seit einem Vierteljahr, daß eine Bewerbung vorliegt und die Betreffende auch als Leiterin geeignet sei. Aber sie scheinen alle zu meinen, ich habe sie angelogen, das sei nur ein Bluff gewesen.

 

Ute König war der Dauerbrenner der Dienstbesprechungen. Sie schoß sich in folgender Reihenfolge auf die anderen Angestellten ein: Hausmeister Künzel, Köchin Reumschüssel, Kindergarten, Kirchenkasse. Als sie allein in der Küche war, war mit der Kirchenkasse Ruhe, dafür ging es mit dem Kindergarten los.

Sie legte sich mit Evelyn Reumschüssel an, durch die sich das Niveau der Küche stark gehoben hatte. Aber es ging auch gegen Frau Sch. und Frau Reffke (obwohl diese sich heraushalten wollte). Evelyn Reum­schüssel wollte lieber die Küche allein machen und schaffte das auch, Essen für Kindergarten und Rüstzeit abzusichern, während Ute König es fertigbrachte, den ganzen August über die Rüstzeitgäste in die Gaststätte zu schicken (obwohl kaum Kindergartenessen zu machen war). Die neue Köchin Heike Jäger hat sofort wieder gekündigt, als Ute König nach dem Urlaub wieder in der Küche aufgetaucht war.

Evelyn Reumschüssel sagte: „Wenn ich etwas zu Frau Reffe sage, dann sagt sie es anders, und Frau Reffke macht dann das, was Ute gesagt hat, weil sie Angst hat vor Utes Gerede!“. Weil sie länger da ist und auch etwas älter, meint sie, sich das rausnehmen zu können. Aber der geringe Altersunterschied macht es nicht, denn auf Frau Willing hat sie ja auch nicht gehört, obwohl die doch ein Muster an Güte ist.

Auch im Lebensmittelgeschäft Hornig hat sich Ute König unmöglich benommen. Sie weiß, daß dort um 9.30 Uhr Frühstück gemacht wird. Doch genau zu dieser Zeit ging sie hin. Als dann nicht gleich jemand kam, ist sie selber hinter die Theke und hat eingeräumt. Die Verkäuferin kam kaum mit dem Eintippen der Beträge nach. Wieder mußte sich Evelyn Reumschüssel die Beschwerden anhören. Offenbar redet sie aber auch außerhalb des Hauses davon‚ was ihr nicht paßt, und macht die Kollegen schlecht.

 

Essen für Frau Künzel:

In der Dienstbesprechung am 10. Juli 1986 erklärte Ute König ziemlich unvermittelt‚ sie werde für die Frau des neuen Hausmeisters kein Essen mehr kochen. Es wurde ihr aber von Herrn Nothnagel gesagt, das könne sie nicht entscheiden. Sie hat für Frau Künzel und ihren Sohn kein Essen geschickt. Doch Frau Künzel ist weiterhin Betriebsangehörige und es stehen ihr alle sozialen Vergünstigungen des Betriebs zu, rein rechtlich geht das nicht anders. Dabei entlastet Herr Künzel die Küche, indem er einkaufen geht für die Küche und seine Frau hat trotz Babyjahr in der Küche mitgeholfen, als Ute in Urlaub war. Die zwei Essen stellen keine Mehrbelastung dar, im Augenblick sind wenig Kinder da. In der Ferienwoche waren nur 23 bis 24 Kinder da. Und für die Rüstzeit hat sie ja nicht gekocht. Das Verhalten von Ute König ist nicht nur unkollegial, sondern auch sachlich unmöglich. Ein Angestellter hat nach Weisung zu arbeiten und nicht nach Lust und Laune.

Der Küche muß täglich die Zahl der Essen für die Angestellten gemeldet werden, so wie das der Kindergarten auch ist. Die Köchin geht es gar nichts an, wer ißt und wieviel er ißt. Auf jeden Fall war die Menge des Essens dann wieder so reichlich, daß Künzels bequem davon hätten mitessen können. Am 23. Oktober war es eine Terrine Suppe für zwei Personen. Wir haben Künzels dann immer etwas gebracht.

 

 

 

Endgültige Kündigung von Evelyn Reumschüssel März 1987:

Inzwischen hatte sich das Blatt gewendet: Ihr Bruder Uwe übernimmt ab 1. Mai 1987 die Gaststätte „Lindenhof“. Er sucht dafür eine Köchin. Heike Nothnagel, die er anstellen wollte, soll angeblich 1.000 Mark verlangt haben, die konnte er nicht zahlen. Da er nun in der Klemme ist, will die Schwester ihm helfen, damit die Gaststätte in Familienbesitz bleiben kann. Das ist verständlich, auch wenn Evelyn früher gesagt hat: „Ich will mein Leben allein aufbauen und mich nicht in der Gaststätte verschleißen lassen!“ Sie sagt auch, es habe ihr bei uns gut gefallen und die Entscheidung sei ihr nicht leicht gefallen.

Evelyn Reumschüssel half aber noch stundenweise bei uns aus. Sie hat immer noch nicht die Hoffnung aufgegeben‚ daß ihr Bruder noch jemand anderen für die Küche findet und sie somit wieder für uns frei wird. Deshalb wird sie immer noch den Kontakt zu uns halten wollen. Allerdings wird sie nur zu ganz untergeordneten Arbeiten eingesetzt. Das war schon am ersten Tag so, als Frau Holland-Cunz sie unbedingt zum Saubermachen haben wollte. Jetzt wäscht sie ab in der Küche und macht den Raum sauber.

Am 20. März sprach Ursel mit Evelyn. Sie teilte mit, wo über sie geredet wird: „Ute König geht in einen Gebetskreis bei Ewalds. Dort ist alles durchgesprochen worden!“ Vor allem ist über Evelyn schlecht gesprochen worden, einer aus dem Kreis hat es ihr gesagt. Nun ist das zwar ein schöner Gebetskreis, der so handelt, aber man sieht, daß die Hetze von der Landeskirchlichen Gemeinschaft ausgeht. Die Angestellten, die von außerhalb gekommen sind, werden solches Gerede vielleicht noch aushalten, weil ihnen die Dorfmeinung egal sein kann. Die Steinbacher aber können davon nicht unbeeindruckt bleiben.

Ute König hat jetzt schon vier Küchenmitarbeiterinnen vertrieben (wie sie meint, in Wirklichkeit waren es nur drei, denn Frau M. ist aus anderen Gründen gegangen). Das sind schon mehr, als ich angeblich vertrieben habe (und die hatten sich ja etwas zuschulden kommen lassen). Ihr nächstes Ziel ist Frau Sch., das hat sie ja selbst zu Evelyn gesagt. Da muß sich die Gemeinde schon fragen, wer ihr wichtiger ist. Aber immer besteht noch die Angst, wenn wir Ute verlieren, haben wir nicht genug Leute. Ute König aber nutzt uns nicht, sie schafft es nicht allein, während Evelyn Reumschüssel noch am Freitag sagte, sie würde es auch alles allein machen, wenn Frau Willing bei Urlaub und Krankheit mit aushilft.

Aber am Mittwoch, dem 25. März hat sie gesagt: „Wenn ich mich ärgern soll, dann kann ich das auch zu Hause!“ Innerhalb der Familie ist es auch nicht immer leicht. Aber den letzten Ausschlag hat offenbar das Arbeitsklima in der Küche gegeben. Herr König ist zwar bei ihr gewesen und hat sie gebeten, wieder mit Ute zusammenzuarbeiten, aber jetzt ist es offenbar zu spät.

 

Antrag von Ute König auf Lohnerhöhung:

Ute König stellte immer neue Anträge auf Lohnerhöhung, obwohl sie innerhalb eines Jahres drei tarifliche Lohnerhöhungen erhalten hatte (wegen Dienstalter, genereller Erhöhung und anderer Versteuerung). Dadurch wäre aber das ganze Lohngefüge durcheinandergekommen. Schließlich hat ihr der Kirchenvorstand auf ihren Antrag hin am 16. Februar 1987 einen weiteren personengebundenen Zuschlag bewilligt. Dennoch ist sie der Meinung, sie sei immer noch unterbezahlt. Offenbar stellt sie sich vor, sie müßte genauso bezahlt werden wie gelernte Kräfte. Es müßte bei Ute König auch eine entsprechende Leistung da sein und ein anderes Verhalten, ehe man über Lohnerhöhung sprechen kann.

Ab Januar hat Ute König dann tatsächlich mehr Geld erhalten. Sie hatte einen Antrag gestellt, der im Kirchenvorstand verhandelt, aber an den Ausschuß verwiesen wurde. Frau Heil sagte dazu nur: „Die Ute hat doch ein Faß aufgemacht, und jetzt kriegt sie mehr!“ Soweit sind wir nun: Die Angestellten suchen sich aus, wann und was sie arbeiten‚ wer ihre Mitarbeiter sein können und nun auch noch was bezahlt wird. Ute war mit der zunächst gezahlten Zulage von 30 Mark zufrieden, aber hinterher wollte sie doch mehr. Will sie ausloten, wie weit sie gehen kann? Neuerdings will sie auch am Sonntag nichts mehr machen: Es soll ein Kühlschrank angeschafft werden (der Dekan hat das dann bezahlt) und die Abendbrotfrauen sollen das Frühstück mitmachen und mittags sollen die Gäste in die Gaststätte.

Am 15. Juni hat sie 8 + 5 Stunden aufgeschrieben. Als ich am 25. September danach fragte, sagte sie: „Das sind 5 Stunden Hilfe bei der Goldenen Konfirmation!“ Kaffee gab es um 20.30 Uhr, etwa 120 Tassen; weshalb brauchen da drei Personen je 5 Stunden? Ich sagte: „Dafür sind Sie doch extra bezahlt worden!“- „Ja, dafür haben wir Kaffee gekriegt!“- „Haben Sie nicht auch Bargeld erhalten?“- „Ja, das haben wir uns geteilt!“ Für die Zubereitung des Kaffees werden seit Jahren 20 Mark gezahlt, aber von der Kirchengemeinde wollte sie auch noch einmal fünf Stunden bezahlt haben.

Ute König sagte, Frau Holland-Cunz habe ihr das so gesagt mit den Stunden. Aber Frau Holland-Cunz weiß ja auch nicht, daß diese Dienstleistung gesondert vergütet wird (sie hätte sich vorher vergewissern sollen); außerdem wußte sie auch nicht, wieviel Kaffee bei der Goldenen Konfirmation übriggeblieben ist. Vorher hatte Ute König auf mein Befragen gesagt, sie hätte 7 Pfund Kaffee. Ich habe ihr noch ein Päckchen gegeben für den Fall, daß es nicht reicht, aber nichts wiedergekriegt. Dabei waren mehrere Päckchen übriggeblieben. Wegen des Kaffees waren auch noch zwei Kindergärtnerinnen da, die nicht bestellt und waren auch nicht nötig waren. Im Vorjahr hatten sie es noch abgelehnt, bei der Goldenen Konfirmation mitzuhelfen, mit dem Argument, sie seien überlastet.

 

 

 

Essenszuteilung im Gemeindehaus 1988:

Im August war das Essen oft versalzen. Im September waren die Eierpfannkuchen fast ohne Ausnahme verbrannt. Es gab Essen, das aus trocknen Kartoffeln mit Tomaten bestand, dazu vier Zentimeter Wurst. Frau Heubel rügte die Qualität des Essens, vor allem im Hinblick auf die Kinder. Utes Antwort war: „Morgen gibt es noch schlechteres Essen!“ Anfang September, aber auch schon im August‚ war das Essen oft versalzen. Einmal gab es Suppe, die wegen des Salzes nicht genießbar war. Aber am 12. September, als es Milchreis gab, war es so wenig, daß auch im Kindergarten alles aufgegessen wurde. Auch die Mengen sind nach wie vor nicht ausreichend, aber nachher wird etwas weggeworfen. Als es um die Qualität des Essens ging, regte sich Ute auch wieder über Frau Künzel auf und bezeichnete sie gegenüber Frau Heubel als „faule Sau“.

Am 22. September war überraschend Pfarrer Bunge gekommen und fragte, ob er im Gemeindehaus mitessen könnte, weil seine Frau im Krankenhaus war (er hatte Firnis im Gemeindehaus geholt). Ursel ging in die Küche und fragte, ob noch etwas zu essen da ist. Ute König verneinte das. Ursel sagte: „Vom Rüstzeitessen wird doch noch etwas da sein!“Es wurde eine Scheibe Fleisch abgezweigt. Dann hob Ursel den Deckel eines Topfes, in dem noch genügend Kartoffeln waren. Auf dem Tisch stand ein Topf mit Blumenkohl. Es war gar kein Problem, noch kurzfristig Essen bereitzustellen, aber es hieß: „Es ist nichts mehr da, nicht einmal Kartoffeln!“ Auf dem Tisch aber hatte Ute zwei ganze (!) Bratwürste liegen, um sie allein oder mit einer anderen Angestellten zu verspeisen. Das paßt zu dem Bild etwa 14 Tage vorher, als die Kinder saure Äpfel zum Nachtisch kriegten, Ute König aber eine ganze Banane aß (da kam auch Ursel dazu).

Ende September waren die Rüstzeitleute erstaunt, daß sie Bananen (ganze Bananen, nicht nur halbe) zum Nachtisch kriegten. Als Herr Hey dazukam, wollte er es natürlich untersagen, aber sie waren schon ausgegeben und im Augenblick nichts mehr zu ändern.

 

In der Kirchenvorstandssitzung am 12. September 1988 ging es um die Strafe, die die Hygiene-Inspektion gegen Ute König verhängt hatte, weil sie das Essen nicht nach Vorschrift hergestellt hatte und einige Gäste nach Ansicht der Hygieneinspektion deswegen erkrankt waren. Jetzt sagte Herr König auf einmal: „Ute ist doch keine Küchenleiterin, sie ist nur Beiköchin und wird nicht als Chefin bezahlt!“ (Sie erhielt 60 Mark Lohnzuschlag, während die Küchenleiterin nur 40 Mark erhielt).

Ich hielt ihm vor, daß sie aber der Hygieneinspektion gegenüber als Chefin aufgetreten sei. Herr Reumschüssel meinte: „Sie müßte schon für ihre Dummheit bestraft werden, weil sie alle Einzelheiten gegenüber der Hygiene ausgeplaudert hat!“ Dennoch meinte er: „Wir sind doch auch sonst kulant, da sollten wir die Strafe bezahlen!“ Herr M. wollte nicht, daß gesagt werden könnte, wir würden die Maßnahme der Hygieneinspektion unterlaufen. Ich argumentierte: ,,Wenn ich auf dem Weg zur Pfarrkonferenz einen Strafzettel kriege, zahlt den auch nicht das Dekanat!“

Es sollte dann die Strafe zwischen ihr und der Kirchengemeinde geteilt werden. Ich sagte dazu: „Wenn ich auf dem Weg zur Pfarrkonferenz bei Rot über die Kreuzung fahre, muß ich auch persönlich bezahlen und nicht das Dekanat!“Aber Herr Reumschüssel meinte: „Wir sind doch auch sonst kulant, wir sollten ihr alles bezahlen. An sich müßte sie aber für ihre Dummheit bestraft werden, weil sie alles ausgeplaudert hat“ Herr M. gab zu bedenken: „Nachher posaunt sie es überall aus und dann heißt es, wir haben die Maßnahmen der Hygiene unterlaufen!“ Darauf Herr Nothnagel: „Da zahlen wir ihr für ihre Leistungen 100 Mark Prämie!“

Zum ,,Dank“ verlangte Ute für Donnerstag und Freitag überraschend Urlaub. Frau Heubel stimmte dem nicht zu (Herr Hey hatte Urlaub), weil sie dann selber in die Küche hätte gehen müssen. Schon Ende August hatte sie sich ein Kindermädchen besorgt, weil Ute Urlaub machen wollte. Doch sie ging dann doch nicht in Urlaub, kam aber 14 Tage später und wollte Urlaub machen. Ute drohte wieder: „Da mache ich krank!“ Sie fuhr auch am Donnerstag nach Eisenach zum Hautarzt (warum immer nach Eisenach, wo ein ganzer Arbeitstag verlorengeht?), wurde aber nicht krank geschrieben. Daraufhin lieferte sie wieder miserables Essen, für die Angestellten auf der Kirchenkasse aber wieder viel zu wenig (nachher wurde aber etwas weggeschüttet).

Ein solches Verhalten ist die Antwort auf das „kulante“ Verhalten des Kirchenvorstandes. Irgendwie stimmt da. etwas nicht. Man hat den Eindruck, daß Herr Nothnagel irgendwie von Herrn König abhängig ist. Entgegenkommen führt nur zu immer mehr Frechheiten bei der Tochter Es ist doch. nicht immer so günstig, wenn jemand aus dem Ort ist und Rücksichten genommen werden müssen.

Am 19. Oktober.1988 wurde die Zahlungsanweisung über die 100 Mark für Ute König gegeben (als Ausgleich für die Strafe der Hygiene). Das Geld wurde am gleichen Tag überwiesen. In der Kirchenvorstandssitzung am 7. November wurde aber behauptet, das Geld sei noch nicht da.

 

Kindergarten

Ein weiteres kompliziertes Feld war der Kindergarten: Da die langjährige Kindergartenleiterin mit der langjährigen Kirchenkassenangestellten eng verbunden war, gab es die gleichen Schwie­rig­keiten auch in diesem Bereich, denn Frau Jäger war ja die Schwester von Herrn Gießler. Jetzt wurden die Enkel der Frau Jäger eindeutig bevorzugt. Am 10. September 1985 fand im Kindergarten ein Mütterabend (nur Mütter!) statt, in dem auch eine anonyme Befragung durchgeführt wurde‚ bei der Positives und Negatives mitgeteilt werden sollte. Es ging allerdings eine Anwesenheitsliste herum; und die Antworten wurden in der gleichen Reihenfolge eingesammelt. Es war also nicht schwer, die Verfasser zu erkennen.

Am Donnerstag wurde Frau Franke für Freitag zu einem Gespräch mit Schwester Anni auf die Kirchenkasse (!) bestellt. . Es war niemand im Zimmer anwesend. Aber die Tasche von Frau Jäger stand da, sie hat wohl im Nebenzimmer gehorcht. In der Tat wurde Frau Franke zur Rede gestellt wegen ihrer Äußerung zur Bevorzugung bestimmter Kinder. Der Höhepunkt kam noch am Schluß des „Gesprächs“: Schwester Anni betete (!) noch mit Frau Franke und. sprach dabei von dem „bösen Feind“. Frau Franke wurde verpflichtet, nichts von dem Gespräch zu sagen.

 

Bevorzugung der  Enkel der Frau Jäger:

Die Kinder waren nicht getauft. Die Kindergartenordnung wurde extra für sie geändert und sie wurden doch aufgenommen. Nun wurden sie jedoch nach Strich und Faden vorgezogen:

1. Wenn bei Feiern die Kinder mit den Tanten einziehen, dann hat Schwester Anni immer die

  Jäger-Enkel an der Hand.

2. Die anderen Kinder werden pünktlich geweckt, die Jäger-Enkel dürfen länger schlafen

3. Die Gießlerkinder und dann die Jäger-Enkel kriegen anderes Esser und sitzen mit am Tisch

  der Tanten, wo es Sonderrationen gab, besonders der Nachtisch war reichlicher (Schüssel

  mit mehr Pudding)

4. Wenn die Jäger-Zwillinge Durst haben, dann heißt es vor allen anderen Kindern: „Komm

  mit in die Küche. Willst du Tee oder Apfelsaft?“ (Apfelsaft, der zum Erntedankfest

  gespendet worden war).

 5. Beim Schaukeln drängelt sich Katrin vor, die anderen Kinder machen ihr schon bereit-

   willig Platz. - Das sind die Dinge, die ich selbst oder meine Frau beobachtet haben.

 

Das Argument war, bei den Enkeln von Frau Jäger handele es sich um behinderte Kinder, die müsse man doch anders behandeln. Es war ein anderes viel schwerer behindertes Kind im Kindergarten. Die erfuhr aber keine besondere Fürsorge, sondern sie wurde im Gegenteil schwer geschimpft, als

sie sich einmal einen Apfel nahm. Es wäre auch gar nicht richtig, behinderte Kinder übervorsichtig zu behandeln. Sie müssen möglichst normal behandelt werden und sich in die Gesellschaft einfügen, wie andere auch. Sie müssen gefordert werden und dürfen nicht verhätschelt werden.

 

Aufnahme in den Kindergarten

Über die Aufnahme in den Kindergarten sollte der Kindergartenausschuß entscheiden. Doch manche wurden schon vorher abgewiesen mit der Behauptung, es sei schon alles voll. Andere wurden aber schon vor der Sitzung des Ausschusses aufgenommen, gute Freunde auch noch später. Eine Frau schaffte es, drei ungetaufte Kinder in den Kindergarten zu bringen, ohne auch nur jemals Kirchensteuer bezahlt zu haben.

Ich verwies darauf: „Wenn wir über die Aufnahme von 15 Kindern beschließen, müssen wir auch über eins beschließen, das noch später kommt. Es hätte ja genügt, jedes Mitglied des Ausschusses einzeln zu befragen. Vor allem aber hätte Pfarrer Peters Bescheid haben müssen, denn es ist ja jemand aus seinem Bezirk. Auch die Umzugsmeldung war anzufordern!“

Ich fragte Schwester Anni: „Eine Mutter war im Januar im Kindergarten und wurde schon abgewiesen mit der Bemerkung, die Gruppe sei voll. Dabei war noch gar nicht über die Aufnahme entschieden!“ Schwester Anni leugnete, daß das Kind in ihrem Buch stünde, aber ich hatte es ja selber gesehen und kannte deshalb den Namen. Gerade bei diesem Kind tut es mir leid, denn die Mutter hat die Taufe gegen den Willen des Mannes durchgesetzt und sich vom evangelischen Kindergarten sicher eine Rückenstärkung erhofft. Sie sagte: „Aber zur Christenlehre kommt er trotzdem!“Aber die Frage bleibt, ob sie nach diesen Erfahrungen sich noch gegen den Mann durchsetzen kann.

Wir hätten zum Beispiel nicht so viele Altlutheraner nehmen können!“ Daraufhin kam wieder die bissige Bemerkung: „Dafür schröpfen Sie die ja auch ganz schön!“ Man kann sich vorstellen‚ daß sie auch den Altlutheranern gegenüber die Beschlüsse des Kirchenvorstandes kritisiert. Dabei mußten die Eltern gar nicht zahlen, sondern die altlutherische Gemeinde hat das übernommen so wie unsere bei unseren Kindern.

 

Aufnahme vor dem dritten Lebensjahr:

Die Aufnahme der Kinder der kleinen Gruppe erfolgte in der Regel mit dem dritten Geburtstag oder auch später (dies sicher in Abstimmung mit den Eltern). Kinder durften vor dem gesetzlich zugelassenen Alter von drei Jahren nur zwei Monate früher aufgenommen werden, wenn die  Zustimmung des Kreisschulrates vorlag und das Kind in der Krippe war und die Krippe das Kind für kindergartenfähig erklärte. Als ich nach einem Kind fragte, das eher genommen wurde, aber nicht in der Krippe war, weil die Mutter als Verkäuferin gebraucht wurde zunächst geleugnet, daß das Kind da ist (so war es auch schon in dem vorhergehenden Gespräch).

Dann hieß es: „Dafür habe ich eine Bescheinigung vom Rat der Stadt, daß ich es nehmen darf!“

Am 4. Januar 1986 hat der stellvertretende Bürgermeister geschrieben, daß er die Aufnahme befürwortet. Die ärztliche Bescheinigung ist zwar mit dem Stempel des Arztes versehen, aber nur von der Sprechstundenhilfe  untersehrieben. Der Arzt darf das gar nicht bescheinigen, wenn das Kind nicht vorher in der Krippe war. Außerdem galt die Bescheinigung erst ab dem 13. Januar (als man nachträglich darum bat), aber aufgenommen war es schon vorher.

Dann liegt noch eine Erklärung der Mutter vor, daß sie weiß, daß das Kind nicht versichert ist.

Natürlich sind die Kinder versichert, wenn sie ordnungsgemäß aufgenommen wurden, auch vor dem dritten Geburtstag. . Ist dies nicht der Fall‚ hilft auch keine Unterschrift der Eltern. Der Bürgermeister sagt, er hätte beim Schulrat angerufen, und der habe es - wie in anderen Fällen auch - genehmigt. Aber er hat dabei nicht gesagt, daß das Kind vorher nicht in der Krippe war. Außerdem geht so etwas nur schriftlich. Schwester Anni wußte genau, wie knifflig die Sache ist. Für so etwas kann sie nicht allein die Verantwortung übernehmen. Der Bürgermeister redet sich schon heraus, er habe es nur befürwortet,

Ein anderes Kind sollte aus der Krippe in den kirchlichen Kindergarten. Jetzt hieß es auf einmal, dort sei sie nicht unfallversichert, die Versicherung gelte erst vom dritten Lebensjahr an. Darauf verlangte der kirchliche Kindergarten, das Kind sollte offiziell im städtischen Kindergarten geführt werden, auch wenn es im kirchlichen Kindergarten ist. Das lehnte der natürlich ab. Das war angeblich der Grund, weshalb das Kind dann in den städtischen Kindergarten ging.

Einmal lehnen sie es im Kindergarten ab, alle vorgemerkten Kinder zu nehmen, dann wieder sagen sie, sie würden ja gern alle Kinder nehmen. Den einen Eltern lehnen sie das Kind ab, weil es angeblich nicht versichert sei, aber andere Kinder nehmen sie ohne weiteres auf.  Es war ebenso wie beim Staat auch: Beziehungen waren alles!

Am 5. November 1985 sprach ich mit Schwester Anni über solche Neuaufnahmen: Das Kind Susanne Tautenhain wurde am 4. Februar 1985 aufgenommen, wurde aber erst am 9. März drei Jahre alt und war vorher nicht in der Krippe. Die Ausschußsitzung war genau in dieser Zeit, nämlich am 14. Februar. Das Kind Susanne Tautenhain ist angeblich nur zur Probe dagewesen, um zu sehen, ob es sich überhaupt an den Kindergarten gewöhnt (im November hat es noch geheißen: weil die Mutter arbeiten wollte). Tatsache ist jedoch, daß 6 Wochen vor dem 3. Geburtstag schon fest der Beitrag gezahlt wurde. Außerdem gibt es „zur Probe“ nicht. Schwester Anni sagte sogar: „Was hacken Sie denn immer nur auf dem Kind von Tautenhains herum? Das ist doch nur, weil Sie die Tauten­hains nicht leiden können!“ Das war ja nun völlig daneben, denn ich bin mit dem Vater und Großvater seit unsrer gemeinsamen Arbeit im Zementwerk per Du!

Schwester Anni behauptete in solchen Fällen, ich hätte den Eltern doch gesagt, ihre Kinder würden genommen. Ich antwortete: „Ich kann nie so etwas gesagt haben, weil der Ausschuß ja nicht zugestimmt hat. Dazu ist der Ausschuß ja da, daß er über die Aufnahme entscheidet, sonst brauchen wir auch keinen Ausschuß“! Darauf wieder die Leiterin: „Frau R. war hier und hat gesagt, der Pfarrer hätte zugestimmmt!“ Sie hätte keinen Grund gehabt, daran zu zweifeln. Ich fragte die Leiterin, weshalb sie denn nicht Rücksprache mit mir genommen habe. Die Antwort war: „Sie entscheiden auch sonst Vieles, ohne mich zu fragen!“ Als ich ihr erneut vorhielt, daß ich nie und nimmer ohne Beschluß des Kindergartenausschusses jemandem eine Zusage gebe, packte sie ihre Sachen und verließ die Sitzung. Sie hat eindeutig selbständig gehandelt, aber mir will sie es in die Schuhe schieben.

An sich dürfte es nicht nötig sein, daß ich solche Dinge auch noch nachprüfen muß. Das war mit der Mahnung an Schwester Anni gemeint: „Sie haben hier eine Vertrauensstellung, da müssen wir uns auch auf Sie verlassen können! Der Ausschuß beschließt über die Tatsache der Aufnahme. Aber daß diese dann zum richtigen Zeitpunkt erfolgt, ist Sache der Leiterin, das muß sie allein nachprüfen und absichern.“

 

Erziehungs- und Speisungsgeld im Kindergarten:

Die kirchlichen Angestellten hatten für ihre Kinder im Kindergarten immer das Erziehungs- und Speisungsgeld gezahlt (zum Beispiel die Köchin Jutta Wahl). Als aber die Enkel der Familie Gießler in den Kindergarten kamen, zahlten sie nichts. Ihre Mutter Andrea Gießler wurde erst danach stundenweise in der Küche beschäftigt; dann wurden die Stunden immer mehr ausgeweitet, auf einmal war sie die volle Zeit da, und der Kirchenvorstand hat sie angestellt (auf diese Weise liefen mehrere Anstellungen). Für die Kinder wurde dann hin und wiedernur das Essensgeld gezahl.In drei Jahren sind dem Kindergarten etwas über 1.000 Mark entgangen, die die Familie Gießler hätte zahlen müsen.

 

Es war aber nie die Rede davon, daß kirchliche Angestellte kein Erziehungsgeld zu zahlen brauch­ten. Andrea Gießler wurde am 1. Mai 1983 angestellt, aber das Erziehungsgeld wurde schon vorher nicht mehr gezahlt. Schwester Anni konnte sich nicht erinnern, wie das gekommen ist, aber sie sagte: „Ich hätte das bestimmt nicht gemacht, wenn mir das nicht jemand gesagt hätte!“ Aber sie konnte sich an niemanden erinnern, der das gesagt haben könnte. Schließlich vermutete sie, Pfarrer Lieberknecht habe es gesagt. Dieser war zufällig am nächsten Tag bei mir. Ich fragte ihn danach. Er sagte: „Ich kann mich da an nichts erinnern. Wenn, dann müßte es ja im Protokollbuch des Kirchenvorstandes stehen!“ Er sagte also genau das Gleiche, was ich auch gesagt habe. Über die Gebührenordnung hat allein der Kirchenvorstand zu befinden. Nirgends ist aber etwas davon geschrieben.

Bis Montagabend war Schwester Anni eingefallen, daß es zum ersten Mal bei Frau Gisela Weinhardt so war. Aber sie war ein Härtefall, nämlich damals alleinstehend und auch nachher mit einem kranken Mann verheiratet. Allerdings ist ein alleinstehender Elternteil an sich noch kein Härtefall, die Härtefallregelung ist auch erst am 17. Mai 1970 beschlossen worden im Zusammenhang mit der Erhöhung des Erziehungsgeldes und der Festlegung, daß es das ganze Jahr zu zahlen ist. Dabei war auch nur im Blick, daß die Gebühr zeitweise oder teilweise erlassen wird, nicht generell. Jedenfalls ist Frau Weinhardt ein Einzelfall gewesen, der nicht automatisch auf andere kirchliche Mitarbeiter zu übertragen war. Frau Weinhardt hätte die Ermäßigung auch erhalten, wenn sie nicht bei der Kirche angestellt gewesen wäre.

Man kann also sagen: Da hat der Kirchenvorstand schon wieder der Familie Gießler ein Geschenk von über 1.000 Mark gemacht, ohne es zu wissen. Natürlich sagt man jetzt im Kirchenvorstand: „Nachfordern können wir es nicht mehr!“ An sich ist es aber so, daß derjenige haften muß, der den Fehler gemacht hat. Man ist nun auch im Kirchenvorstand geneigt, den bestehenden Zustand zu legalisieren: Da braucht also nur einer selbständig etwas verändern und nachher macht es keiner mehr rückgängig.

In den anderen kirchlichen Kindergärten müssen auch die Angestellten zahlen. In Schmalkalden sind die Gebühren sehr viel höher, nämlich 24 Mark am Tag, also 288 Mark im Monat oder über 1.000 Mark für ein Kind. Frau Bach in Schmalkalden hat deren vier und hat für alle bezahlt. Auch in Barchfeld ist es nicht anders (25 und 18 Mark).

Es ging ja auch nicht darum, irgend jemand wirtschaftlich zu unterstützen, sondern man wollte die Leute an sich binden. In der Kirchenvorstandssitzung am 23. Juni 1986 wies der Dekan darauf hin, daß auch die kirchlichen Angestellten das Erziehungsgeld zahlen müßten und wir uns da nur der üblichen Regelung anschließen. Jetzt ging es auf einmal, es hätte erst gar keine eigenmächtige Veränderung geben dürfen.

De Anweisung, auch Frau Gießler vom Erziehungsgeld zu befreien dürfte wohl von Frau Jäger gekommen sein und nicht von Herrn Lieberknecht. Später hieß es dann, ich (!) hätte bei der Einstellung von Andrea Gießler gesagt, sie hätte auch noch allerhand zusätzliche Vergünstigungen, brauche zum Beispiel auch kein Erziehungsgeld zu zahlen! So etwas kann ich gar nicht gesagt haben, weil ich das nur mit Beschluß des Kirchenvorstandes sagen kann. Außerdem hätte ich darauf gedrungen, daß alle Angestellten die Vergünstigung erhalten (so wie ich ja auch darauf gedrungen habe, daß Andrea Gießler ebenso eine Erhöhung des Dienstalters erhält).

 

Arbeitsüberlastung:

Eine Putzfrau war meist nicht zu erhalten; als aber eine da war, wollte man sie nicht. Mit der Aufsichtspflicht haperte es immer wieder: Auch wenn sechs Kräfte da waren, hat oft nur eine Kindergärtnerin die Kinder draußen beaufsichtigt. Der zusätzliche Zaun vor dem Gemeindehaus brachte eine Verbesserung der Sicherheit. Aber man kann sich nur wundern, daß nicht mehr passierte.

Am 14. Februar 1986 wurde wieder geklagt über die Reinigungsarbeiten: „Den ganzen Mittag muß sauber gemacht werden!“ Nachher stellte sich heraus: „den ganzen Nachmittag“ heißt „ ab 15 Uhr“. Vorher aber hatten sie gesagt: „Wenn die Kinder schlafen kann keine schriftliche Arbeit angefertigt werden‚ weil saubergemacht werden muß.“ In Wirklichkeit wird schon in der Mittagpause ein ganz Teil saubergemacht und in der Regel wurde der Kindergarten um 16.15 Uhr geschlossen, obwohl die Arbeitszeit bei zwei Mitarbeiterinnen an sich bis 16.30 Uhr geht. Ein Zimmer zu wischen dauert aber nur zehn Minuten.

Am Donnerstag, dem 28. April 1988 sprach mich eine Großmutter mit einem Kindergartenkind auf der Straße an: Sie habe einen Tag freigemacht, um das Enkelkind zu behalten. Die eine Erzieherin  habe gesagt, es seien so viele Mitarbeiterinnen krank, ob sie nicht das Kind zu Hause behalten könne. An die­sem Tag hatte Schwester Anni Urlaub, eine Erzieherin war krank, eine andere „war auch nicht da“. Es waren aber noch drei Erzieherinnen da, die nach den Richtzahlen 54 Kinder hätten versorgen können. In Wirklichkeit waren aber nur 43 Kinder anwesend. Die Großmutter wunderte sich darüber. Wenn die Personaldecke zu kurz ist, sollte man zuerst versuchen, noch eine Kraft als Aushilfe zu bekommen, ehe man den Eltern nahelegt, die Kinder zu Hause zu behalten. Und man kann wohl nicht über Arbeitsüberlastung klagen, wenn man bis in die Nachtstunden noch anderswo arbeitet, wie es eine Kindergärtnerin macht.

Dabei haben wir die von Eisenach vorgegebene Richtzahl erreicht, wenn eine Praktikantin da ist, wird sie sogar überschritten (die Praktikantin gilt zwar nicht als pädagogische Mitarbeiterin, aber zum Saubermachen und Kinder­anziehen ist sie geeignet, und da gibt es ja angeblich die Engpässe).

Ich sagte: „Eine Reinigungskraft hätten Sie haben können, als Frau Gießler angestellt wurde!“  Sie wollten damals jedenfalls selber saubermachen und sagten auch, sie würden es schaffen.

 

Raumnot:

Dem Kindergarten wurde ein großer Raum im Leben der Kirchengemeinde eingeräumt. Oft geschah das auf Kosten anderer Arbeitsgebiete. Zeitweise stand der Kirchengemeinde in dem großen Gemeindehaus kein einziger Gemeinderaum zur Verfügung. Dennoch wurde von Seiten des Kindergartens viel Unzufriedenheit laut. Es wurde dabei der Eindruck erweckt, es läge alles nur an dem guten Willen des für den Kindergarten zuständigen Pfarrers.

 

Urlaubsregelung:

Schon für das Jahr 1984 hat Schwester Anni trotz mehrfacher Anmahnung von mir und Herrn Hey keine Meldung über den Urlaub gemacht. Frau Inge Gießler und Schwester Anni bestätigten 1985 mit Unterschrift, daß sie Kenntnis genommen haben von dem Beschluß des Kirchenvosstandes vom 22. November 1971: „Der Urlaub wurde für alle kirchlichen Mitarbeiter wie bisher auf ....... Kalendertage (einschließlich Sonntage) festgelegt. Die Verwaltungsleiterin soll in Zukunft jährlich einen Urlaubsplan aufstellen, der vom geschäftsfahrender Pfarrer gegengezeichnet werden muß“. In der Praxis sah das dann so aus: Im Jahre 1985 wurde im März vom geschäftsführenden Pfarrer nach Urlaubswünschen gefragt. Es konnte noch kein Mitarbeiter einen Termin angeben. Der Verwaltungsleiter setzte eine Liste in Umlauf. Sie war am 10. Juni noch nicht zurückgegeben. Folglich konnte bis zu diesem Zeitpunkt kein Urlaub genehmigt werden (obwohl schon einige Urlaub gemacht hatten).

Am 23. Juli 1984 hatte die amtierende Kindergartenleiterin erklärt, sie werde den Kindergarten schließen, wenn nicht sofort eine dritte Kraft beschafft werde. Ursel war dann 13 Werktage im Kindergarten, um auszuhelfen. Aber kurz darauf behauptete Schwester Anni: „Sie haben doch gesagt, wenn ich die Verantwortung übernehme, könnten sie auch mehr Urlaub machen!“ Dabei hatte ich geschrieben: „Wenn die Mitarbeiterinnen dennoch unerlaubt von der Arbeit fernbleiben, lehne ich jede Verantwortung ab.“

Am 5. November 1985 ging es dennoch um den Urlaub. Die Meldung an die Kirchenkasse über den Urlaub der Kinderdiakoninnen stimmte nämlich nicht überein mit den dortigen Unterlagen. Ein Teil des Urlaubs für zwei Mitarbeiterinnen war nicht gemeldet. Dazu behauptete die Leiterin: „Ich habe ihnen aber immer gesagt, sie sollen ihn melden. Dann hat Herr Hey es nicht aufgeschrieben!“  Ich antwortete: „Dann geht so etwas nur gegen Quittung. In Zukunft sollen die üblichen Vordrucke dazu ausgefüllt werden!“

Es ging nur darum, daß vor allem der Urlaub vorher (!) gemeldet wird. Von einer Frist von 14 Tagen war in dem Schreiben von Herrn Hey nicht die Rede. Es steht nur da „rechtzeitig“, das heißt: Haushaltstag mindestens am Tag vorher, Urlaub bis zum 15. März. Herr Bunge meinte, das sei zu viel verlangt, das werde von mir auch nicht verlangt. Da mußte ich ihm sagen, daß das von Eisenach so vorgeschrieben sei. Es fehlt halt allenthalben an Information. Dadurch entsteht leicht der Eindruck, das käme alles nur von mir, weil ich die anderen ärgern wollte.

 

Abkündigung an Heiligabend und Kirchenvorstandssitzung 1985:

An Heiligabend 1985 machte ich Rahmen der Abkündigungen eine Bemerkung, die ich aber aus späterer Sicht besser vermieden hätte. Sie paßte zwar zum Thema, aber nicht so sehr zum Anlaß eines festlichen Gottesdienstes. Ich sagte: „Die Aktion ‚Brot für die Welt‘ hat im vergangenen Jahr in 14 Länder folgende Hilfsgüter geliefert: Kindernahrung, Textilien, Bettwäsche, Zelte, Decken, Medikamente, medizinische Geräte, Ausstattung medizinischer Einrichtungen, technische Materialien, Transportboote. Doch diese Aktion ist nicht etwas Einmaliges, das wir an Weihnachten mit einer Geldspende abtun können. Hilfe für die Ärmsten sollte auch eine entsprechende Lebenshaltung mit sich bringen. Bei uns muß doch keiner hungern und es geht uns gut wie nie. Wenn wir wirklich bereit wären zum Teilen, dann müßte unser Opfer ganz anders aussehen. Wir kören uns nicht damit beruhigen, daß das letzte Jahr das höchste Ergebnis gebracht und unser Dekanat mehr gesammelt hat als vergleichbare Kirchenkreise. Letztlich haben wir doch nur von unserem Überschuß gegeben und uns nicht wirklich eingeschränkt.

Wir haben viel zu viel Angst, wir könnten etwas verpassen und brauchten immer noch mehr. Zum Beispiel möchten einige unsrer kirchlichen Angestellten gern von den Bananen und Apfelsinen abhaben, die uns vom Großhandel nur für die Kindergartenkinder selten genug zur Verfügung gestellt werden. Sie sagen, sie müßten schwer arbeiten und brauchten deshalb gutes Essen, anderswo werde es auch so gemacht und sie hätten ein Recht darauf. Doch damit würden den Kindern das wegnehmen‚ was sie brauchen, während ein Erwachsener auch darauf verzichten kann.

Aber ist es im Großen nicht auch so, daß wir in den reichen Ländern uns alles nehmen, was die Erde uns bietet, es aber damit den Kindern in der Welt wegnehmen. Wir könnten uns alle einmal fragen: Wo könnte ich frohen Herzens etwas vor dem abgeben‚ was ich eigentlich nicht lebensnotwendig brauche? Statt zu klagen könnten wir uns lieber zur Dankbarkeit anleiten lassen.

Hilfreich ist vielleicht auch der Vorschlag, jedesmal wenn man ein Brot kauft, den Gegenwert davon in eine Sparbüchse zu tun und den Ertrag dann an Weihnachten für „Brot für die Welt“ zu geben. Dann würde man täglich an die Pflicht zum Helfen erinnert und würde vielleicht erst richtig dankbar für das tägliche Brot“

 

Zu einem Elternabend im Kindergarten am 20. Januar 1986 wurde ich extra eingeladen, um mit mir abzurechnen. Frau Lieberknecht fragte nach meiner Bemerkung bei den Abkündigungen an Heiligabend. Offenbar fühlten sich die Kindergartenmitarbeiter angesprochen. Dabei war von ihnen gar nicht die Rede, sondern in erster Linie waren die Küchenfrauen gemeint. Ich wollte niemand persönlich angreifen, sondern nur ein Beispiel anführen, das gerade aktuell war und mich sehr beschäftigte. Doch man entgegnete mir, der Gottesdienst sei dafür nicht der richtige Ort, schon gar nicht dieser Gottesdienst.

Schwester Anni sagte: „Wir wollen ja gar keine Bananen, darum geht es gar nicht, sondern daß wir dann einen anderen Nachtisch kriegen! Aber darüber hat Frau Gießler keine Anordnung gehabt!“ Erst beschweren sie sich, daß Anordnungen gegeben werden, und dann beschweren sie sich, daß es keine gab. Eine kurze Rücksprache hätte alles geklärt. Aber es gab halt keinen Nachtisch, weil es ja Bananen gab. Ich konnte darauf nur sagen „Das ist ihr mündlich gesagt und auch schriftlich festgehalten worden, daß es dann einen anderen Nachtisch geben soll. Es wurde ihr sogar konkret gesagt, daß es dann Äpfel geben soll!“

Ich sagte zu einer Mutter, die als Lebensmittelverkäuferin an der Quelle sitzt und für ihr Kind nicht auf Bananen aus dem Kindergarten angewiesen ist: „Sie wissen nicht, worum es sich hier handelt. Hier wurden die Bananen von den Angestellten kiloweise aus dem Haus geschleppt!“ Daraufhin kam lauter Protest gerade von denen, die gemeint waren. Ich sagte daraufhin: „Das ist ja an anderer Stelle geklärt worden, wer hier wieviel mitgenommen hat. So geht es eben nicht. Wir erhalten die Bananen als Sonderzuteilung für die Kinder, weil es für die Verkaufsstellen nicht langt. Wir gefährden aber diese Zuteilung, wenn auch nur der leiseste Verdacht aufkommt, das Obst käme in andere Kanäle!“

Dann stellte ich noch einmal klar: „Ich habe nicht behauptet, daß Sie sich Bananen genommen haben. Vom Kindergarten war gar nicht die Rede. Sie sind Ihnen ja gebracht worden. Verschwunden sind sie ja schon, ehe sie in den Kindergarten kamen!“ Nur das kann man zum Vorwurf machen, daß sie sie angenommen haben. Aber da sind sie vielleicht mit falschen Behauptungen getäuscht worden. Ich sagte dann: „Für mich ist das keine Frage der Gesetze, sondern der persönlichen Einstellung zu den Dingen. Ich bin der Meinung, ein Erwachsener kann da ruhig einmal verzichten. Doch das ist meine persönliche Meinung!“

Zur Sprache kam auch, daß die Angestellten für das Mittagessen überhaupt nichts bezahlen. Es wur­de mir entgegnet, daß das so im Arbeitsvertrag stehe (nur in einem Fall). Es ist aber ausdrücklich von freiwilligen Leistungen oder Sonderleistungen die Rede. Ich sagte: „Von Eisenach wird uns immer wieder gesagt, daß das nicht zulässig sei. Siewissen, wie des sonst in den Betrieben geregelt ist!“ (im „Thälmann“ in Oberhof müssen sogar die Küchenfrauen zahlen).

Ich wieder: „Es war ja schon einmal anders beschlossen. Aber es gab so einen Aufstand, daß der Kirchenvorstand es wieder hat fallen lassen!“

Mich hatten sie zum Elternabend eingeladen, damit sie sich vor den Eltern über mich beschweren konnten. Doch der Schuß ging mehr nach hinten los, denn ich hatte nur Andeutungen ge­macht, jetzt wußten alle, daß das im Kindergarten vorgekommen war. Eine Mutter sagte: „...zu solchen Tanten schicken wir nun unsre Kinder!“ Was aber möglich ist, das haben die Eltern selber gesehen, als die Zuteilung im Oktober ungeschmälert an die Kinder ausgegeben wurde!

 

Wegen dieser Abkündigung schrieb ich am 23. Januar 1986 einen Brief an Herrn Bunge: Auf der letzten Pfarrkonferenz haben Sie und andere meine Abkündigung in einem der beiden Gottesdienste an Heiligabend in Steinbach-Hallenberg kritisiert. Die Meinung war etwa so: Das gehöre nicht in die Öffentlichkeit, man dürfe nicht das eigene Nest beschmutzen, schon gar nicht an Heiligabend! Doch weshalb ist man nicht mit dem gleichen Eifer dagegen aufgetreten, als schon vorher andere Angriffe gegen mich in der Öffentlichkeit starteten?

Ich denke dabei an die Predigt des der Dekan e beim Gemeindetag am 23. September 1984 oder daß ich mich im Kirchenvorstand als „Pharisäer“, „Lügensack“ und „Spitzel“ habe titulieren lassen, den man in einem anderen Betrieb „längst zum Teufel gejagt hätte“.  Herr Gießler hatte sogar den schönen Ausdruck ,,Ölmänn­chen“ gefunden. In einem Elternabend im Kindergarten muß ich mir von einer Angestellten sagen lassen, ich hätte .kein Gewissen. Auch in der Pfarrkonferenz wurde ich vom Dekan und seinem Stellvertreter als „Lügner“ bezeichnet, auch wenn sie das heute schon wieder leugnen und als Zitat verstanden wissen wollen (auch dann gibt man das nicht kommentarlos weiter). Warum erhebt da niemand Einspruch? Warum wird nicht auch einmal die andere Seite gerügt, wenn sie sich im Ton vergriffen hat? In meiner Abkündigung habe ich immerhin die Wahrheit gesagt, wenn man auch darüber streiten kann, ob man die Wahrheit in so einem Rahmen sagt.

Die Kindergarteneltern haben längst gemerkt, wie ihre Kinder neuerdings versorgt werden und daß wir uns jetzt auch in diesem Punkt mit dem städtischen Kindergarten messen können. Die Dinge liegen nicht so einfach, wie sie vielleicht nach einer halben Stunde Gespräch in der Pfarrkonferenz aussehen mag. Ich würde mir wünschen, daß man nicht so einäugig ist und endlich einmal begreift, daß ich nur reagiere, und auch einmal das sieht, was vorausgegangen ist.

 

Am 6. März 1986 wurde der Elternabend im Gespräch mit Kindergartenmitarbeiterinnen ausgewertet. Es wurde dann erst ein Protokoll zu dem Elternabend am 20. Januar verlesen. Meiner Darstellung wurde im Laufe des Abends nicht widersprochen. Es stellte sich nur heraus, daß man nicht richtig zugehört hatte, obwohl es gerade erst vorgelesen worden war. Zum Beispiel wurde gesagt, ich hätte behauptet, die Kindergärtnerinnen gönnten den Kindern die Bananen nicht. Das Wort „gönnen“ kommt nicht vor, nicht einmal das Wort „Kindergärtnerinnen“. Es stellte sich heraus, daß man sich deshalb angesprochen fühlte, weil ich eine Kindergärtnerin zitiert hatte (Aber nicht namentlich, die Zuhörer konnten ja nicht wissen, daß das aus dem Kindergarten kam).

Bei der Frage der Bezahlung des Mittagessens war  man erstaunt, als ich einmal die Kosten für das Essen mitteilte. Sie wollten gar nicht glauben, daß ihr „schlechtes“ Essen uns 1,50 Mark kostet und wir für das Essen der Angestellten fast 5.000 Mark im Jahr zahlen.

Es wurde auch über Herrn Hey geklagt: Er mache immer so ein ernstes Gesicht und mache nicht einmal ein Schwätzchen mit ihnen. Er sei mit den Handwerkern in den Kindergarten gekommen und habe nicht erklärt, worum es geht. Ich sagte dazu: „Ich bitte Sie da um Verständnis. Im Eifer des Gefechts denkt man schon einmal nicht an so etwas. Die Handwerker stehen plötzlich da. Man hat soviel anderes im Kopf!“ Herr Hey tut recht daran, wenn er sich gegenüber dem Kindergarten zurückhält. Er hat ja dienstlich kaum etwas mit ihnen zu tun, das ist ein eigener Bereich. Besondere „Streicheleinheiten“ für die Damen halte ich nicht für angebracht. So habe ich es jedenfalls Herrn Hey gesagt. Denn der Spieß kann sehr leicht herumgedreht werden: Schwester Irma hat sich schon aufgeregt, weil die Praktikantin manchmal auf der Kirchenkasse saß. Und über den früheren Hausmeister G. hat man sich beschwert, er säße immer nur im Kindergarten. Es ist halt schwer, es recht zu machen. Tatsache ist auch, daß in den Puddingschälchen für die Erzieherinnen doppelt so viel war wie in den anderen und diese mehr Fleisch gekriegt haben als die Kinder. Sie wollten jetzt auch einen Aufpreis zahlen, aber erfolgt ist das nicht. Es ging nachher auch nur noch darum, daß es eine ganze Bockwurst sein soll und nicht nur eine halbe. Aber sie sahen auch ein, daß man bei einem Geschenk keine Ansprüche stellen kann.

 

Beschwerden:

Am 14. Februar 1986 beschwerte sich eine Kindergärtnerin  über der neu verlegten Fußbodenbelag: Im kleinen Raum hätten sich Blasen gebildet, die Kinder würden mit der Autos drüberfahren und den Belag dort aufreißen. Weshalb ich denn nicht mehr Belag aus Eisenach genommen habe, der über Genex beschafft worden war, wir hätten für den ganzen Kindergarten den anderen kriegen können, ich hätte das verhindert und den anderen beigeschafft? Tatsache ist, daß uns nur 50 Quadratmeter zugesagt waren, die für einen Raum gereicht hätten. Die Kindergartenmitarbeiter wollten aber den ganzen Kindergarten gemacht haben. Also habe ich mich um weiteren Belag bemüht und um Handwerker. Angeblich hat die PGH-Maler schon jahrelang schönen Belag gehabt und verlegt. Ich habe mich auch jahrelang bei der PGH-Maler bemüht. Ich war sogar bei Herrn Roland Häfner in der Wohnung. Es ist nichts gemacht worden.

Herr Kühn aus Asbach mit seiner Truppe hat mir dann zugesagt. Er wollte auch den Belag beschaffen, der extra strapazierfähig ist, 4 Millimeter dick, den er in Schulen und Kindergärten verlegt. Er muß natürlich gewischt und mit „3 x W“ oder ähnlichem gepflegt werden. Als der Belag dann da war, sagte mir die Kindergartenleiterin, Eisenach werde die doppelte Menge liefern. Sie hat es mir aber erst gesagt, als der andere Belag da war, obwohl die Nachricht offenbar schon älter war. Aber auch diese Menge hätte nicht gereicht. Ich schlug Frau Walloch vor, sich selber um Handwerker und Material zu kümmern, wenn

 

Dann ging es über die angebliche Kürzung der Fleischrationen. Ich konnte nur fragen: „Wie kommen Sie nur darauf? Wer sagt denn so etwas?“ Tatsache ist: Frau Gießler hatte bedauert, daß sie gar keine Richtlinien für den Einsatz von Lebensmitteln habe. Da habe ich ihr die gesetzlichen Bestimmungen gegeben und sie gebeten, diese Richtlinien nach Möglichkeit einzuhalten. Das bedeutet aber eher, daß der Kindergarten mehr kriegen muß. Vorschrift sind 250 Gramm Fleisch in 10 Tagen (weil 50 Gramm Fisch. nicht zu beschaffen sind), das bedeutet: Alle Tage eine halbe Wiener Wurst. Da aber verschiedene Tage fleischlos gekocht wird, müsse mehr als eine halbe Wiener Wurst gereicht werden. Aber richtig ist natürlich, daß die Kindergärtnerinnen auch nur eine halbe Wurst kriegen sollen wie die Kinder. Weshalb spricht Frau Gießler eigentlich mit den Kindergärtnerinnen über so etwas?

Schließlich wurde noch über die mangelnde Aufsicht gesprochen, wenn die Kinder auf dem Hof oder besser gesagt auf der Straße sind. Angeblich kommt es nur vor, wenn eine Kraft fehlt, daß dann nur eine Aufsicht dabei ist. Aber was machen dann die anderer drei? Betten steilen, Saubermachen, Kinder anziehen? Wenn sich ein Kind verletzt, muß eine Kindergärtnerin mit ihm ins Haus gehen und die andere bei den Kindern bleiben. Beim Schlittenfahren muß eine oben stehen (und darf sich nicht noch mit den Eltern unterhalten) und eine unten. Daß Tobias Holland-Moritz mit dem Schlitten bis auf die Karl-Marx-Straße gefahren ist, liegt angeblich daran, daß er so wild ist. Wenn man das weiß, dann muß man ihn halt mit Gewalt daran hindern, über die Spielfläche hin­aus­zugehen. Aber dazu muß einer unten stehen. Eine bewegliche Barriere wäre angebracht, auch damit nicht immer die Autos mitten unter die Kinder fahren.

Zum Schluß lobte Frau Willing den evangelischen Kindergarten, weil die Kinder immer von zwei Aufsichtspersonen begleitet in schöner Ordnung liefen‚ anders als beim städtischen Kindergarten, wo zwar drei Erzieherinnen dabei sind, diese aber sich unterhalten und die Kinder laufen lassen. Ich stimmte ihr zu und sagte: „Wir wollen auch das Positive sehen. Aber es geht ja auch darum, wie wir unsre Arbeit noch verbessern!“

 

Schreibtische für den Kindergarten April 1986:

Schwester Anni fragte am 25. April 1986, ob die Kirchengemeinde einen Teil der Kosten für drei Schreibtische übernehmen könne, die sie für den Kindergarten gekauft hat. Sie habe die Schreibtische vor drei Jahren bestellt. Jetzt wären auf einmal alle drei zu haben gewesen. Sie hat aber im Augenblick nicht genug Spenden in ihrer Spendenkasse. Die Rechnung war allerdings schon bezahlt. Es wurde allerdings  nicht gesagt, aus welchen Mitteln. Ich war der Meinung, die Spendenkasse sollte nur nicht zu sehr entblößt werden. Die anderen Anwesenden meinten, sie habe es aus persönlichen Mitteln erst einmal bestritten, wobei zu fragen wäre, woher eine Diakonisse eigene Mittel hat.

Es ging nur um die Höhe des Anteils. Schwester Anni war damit einverstanden, daß die Hälfte von der Kirchenkasse übernommen wird, ein Betrag knapp unter 300 Mark. Herr Hey hielt den Beschluß in seinem Buch fest. Ich sagte nach Abschluß der Sache zu Schwester Anni: „Wenn wieder einmal so etwas ist, reichen Sie es doch vorher beim Kirchenvorstand ein. Wir behandeln das immer Anfang des Jahres. Dann kann es mit auf die Liste der Baumaßnahmen und Anschaffungen, dann sind Sie abgesichert. Wenn Sie es dann doch von Spenden bestreiten können, ist es umso besser. Aber der Kirchenvorstand ist darum gefragt worden!“

Bald darauf erzählte eine Nachbarin, daß Schwester Anni gesagt habe: „Wir haben Schreibtische gekauft. Aber jetzt gibt der Pfarrer Heckert nicht das Geld dazu. Da muß ich die Eltern bitten, daß sie etwas spenden, damit wir sie bezahlen können. Ich werde auch noch andere Eltern ansprechen!“

 Sie hat dann gesagt: „Schenkt mir nichts zum Geburtstag, schenkt mir Geld, damit wir die Schreibtische bezahl können!“

Herr Reumschüssel war ganz erschüttert, weil es nun wieder so etwas gegeben hat. Er sagte: „Wir haben uns doch so bemüht. Es war doch alles klar. Aber es ist eben so, wie es immer ist: Dort hinten macht jeder, was er denkt!“ Hoffentlich wird nun den Außenstehenden und den Verantwortlichen im Dekanat deutlich, wo das Geschwür sitzt, das den Leib der Gemeinde vergiftet und herausgeschnitten werden muß. Wenn man auch beschwichtigen will und auf der ganzen Linie Entgegenkommen zeigt, dann wird eben einfach etwas frei erfunden, um die Sache weiter am Kochen zu halten.

Es wurde dann darauf hingewiesen, daß die Sache mit den Schreibtischen doch abgeschlossen war und die Finanzierung abgesichert war. Es wäre doch unehrlich, jetzt noch dafür Spenden zu erbitten und den Eindruck zu erwecke, als sei Not am Mann. Die Antwort war: „Für die Orgel wird auch noch gesammelt, die längst bezahlt ist. Auch im Kindergarten sind die Rücklagen aufgebraucht!“ Schwester Anni war wieder sehr schnippisch, anders als am Freitag vorher. Herr Nothnagel wies sie deshalb zurecht.

Schwester Anni bestätigte am 2. Mai, daß sie gesagt hat) „zumal es deswegen Huddeleien gegeben hat‚ weil Pfarrer Heckert der Meinung war, so etwas müßte vorher genehmigt werden.“ Also ist doch mein Name in diesem Zusammenhang genannt worden. Wenn die Nachbarin das dann so weitergibt: „Schwester Anni muß sammeln, weil Pfarrer Heckert ihr nicht das Geld gibt“, dann ist das inhaltlich richtig wiedergegeben. Schwester Anni hat es nur jetzt etwas heruntergespielt, die Nachbarin hat es etwas hochgespielt. Die Tatsache bleibt die gleiche.

Schwester Anni hatte gar keinen Anlaß, über die Art der Finanzierung mit Außenstehenden zu reden. Sie hat interne Dinge aus der Dienstbesprechung nach draußen getragen. Sie hat den Eindruck erweckt, die Gemeinde sei nicht zahlungsfähig oder zahlungswillig. Sie hat sicherlich bewußt in der Schwebe gelassen‚ welche Rolle ich dabei gespielt habe. Aber jeder andere konnte ohne Mühe seine Schlüsse daraus ziehen, besonders wenn er dazu bereit war.

Ich sagte dazu: „Ich habe schon mehrfach festgestellt, daß eine Sache zunächst ganz klar war. Ich habe mit Schwester Anni gesprochen und es ging sachlich zu und wir waren uns einig. Aber zwei Tage später ging es los, alles wurde wieder in Frage gestellt und verdreht. So war es auch hier über das Wochenende. Der Umschwung ist durch Frau Jäger bewirkt worden. Sie war offenbar nicht zufrieden‚ daß alles so glatt verlaufen war, sie hatte sich mehr davon versprochen, also sollte ein Faß aufgemacht werden (Schwester Anni hat übrigens nicht geleugnet, daß gesagt wurde, Herr Nothnagel hätte bei ihr ein Faß aufgemacht).

Kirchenkasse

Was sich alles in der Kirchengemeinde Steinbach-Hallenberg in vielen Jahren ereignete, hat mit einer geordneten Verwaltung nichts mehr zu tun. Hier machte sich sehr negativ bemerkbar, daß es keine Aufsicht durch eine Kreiskirchenamt bzw. Rentamt gab. Herr Gießler erklärte, er habe 1979 einen Arbeitsvertrag unterschrieben, aber er war nirgends aufzufinden. Deshalb konnte er behaupten, das Aufziehen der Kirchturmuhr sei nur eine freiwillige Leistung, aber im Protokollbuch des Kirchenvorstandes steht eindeutig, daß das zu seinen Dienstpflichten gehört.

Frau Holland-Cunz, die auf der Kirchenkasse arbeitete, hatte einen Arbeitsvertrag unterschrieben, nachdem sie in die Dienstaltersstufe 1 eingeordnet war, weil sie vorher nicht im kirchlichen Dienst war. Frau Jäger hat ihr aber von Anfang an Lohn nach der Dienstaltersstufe 3 gezahlt. Angeblich hätte der Dekan das so angeordnet. Aber es lag nichts Schriftliches vor, außerdem kann der Dekan das gar nicht ohne den Kirchenvorstand. Dieser mußte wieder nachträglich zustimmen.

An Frau Gießler wurden im 1. Halbjahr 1983 sogar noch 47 Überstunden bezahlt, obwohl sie 73 Stunden weniger als bei einer vollen Anstellung geleistet hat. Alles geschah ohne den Kirchenvorstand und so, daß die Mitarbeiter unterschiedlich behandelt wurden: Die einen kriegten etwas zugeschanzt, bei den anderen ging es streng nach Vorschrift bzw. sie sollten nach Möglichkeit weniger kriegen (zum Beispiel Frau Reffke).

Ich verlangte dann, daß alle Ausgabebelege mir erst zur Zahlungsanweisung vorgelegt werden, wie das in jedem Betrieb üblich ist. Eine Zeitlang wurde es dann auch in einigen Fällen gemacht, aber nachher unterblieb es wieder: Jeder, der mit einem finanziellen Anliegen auf die Kirchenkasse kam, wurde sofort bedient; der Pfarrer durfte nur nachträglich unterschreiben bzw. der Kirchenvorstand mußte notgedrungen zustimmen, da das Geld ja ausgegeben war.

Dennoch behauptete Frau Jäger, ich würde selbstherrlich handeln und alles selbst bestimmen wollen. Als ich jedoch nach einem konkreten Beispiel fragte, konnte sie keines nennen. Der Sachverhalt war ja auch umgedreht: Ärger hat es nur gegeben, weil ich auf die Einhaltung der Beschlüsse des Kirchenvorstandes und der kirchlichen Bestimmungen gedrungen habe und die Vetternwirtschaft nicht mitmachte.

Zu den Zahlungsanweisungen machte ich folgenden Vorschlag, der aber nie umgesetzt wurde:

Im Prinzip darf kein Geld der Kirchengemeinde eingenommen oder vor allem ausgegeben werden, das nicht vorher vom geschäftsführenden Pfarrer (oder: Vorsitzenden des Gemeindekirchenrats?) zur Zahlung angewiesen worden ist. Um die praktische Arbeit aber nicht unnötig zu erschweren wird festgelegt:

Einnahmebelege kommen gleich in den endgültigen Hefter und werden vor jeder Buchung (also etwa wöchentlich) unterschrieben.

Die Ausgabebelege werden zunächst in einem Hefter gesammelt, solange sie nicht unterschrieben sind.

Ohne Zahlungsanweisungen dürfen folgende Ausgaben geleistet werden:

1. Gesetzlich vorgeschriebene Zahlungen (Steuern‚ Schornsteinfeger).

2. Beim Abbuchungsverfahren ist die Zahlungsanweisung pauschal gegeben

3. Rechnungen, die der nicht geschäftsführenden Pfarrer vorlegt

4. Arbeitsmaterial für Büro und Porto

5. Kohlenrechnungen, Reinigungsmittel.

Diese Ausgabebelege sind aber nachträglich vorzulegen und dürfen erst nach Zahlungsanweisung gebucht werden.

Bei Rechnungen des Großhandels für die Küche bestätigt die Küchenleiterin auf dem Lieferschein, daß dieser in Ordnung ist. Auf der Kirchenkasse wird die Übereinstimmung von Lieferschein und Rechnung geprüft. Danach kann überwiesen werden, mit oder ohne Zahlungsanweisung. Das Gleiche gilt für Fleischrechnungen und die Kleinausgaben der Küche, die auf einem Sonderblatt abgerechnet werden (nicht jedoch bei Anschaffungen).

Auf alle Fälle müssen vorher zur Zahlungsanweisung vorliegen:

1.Lohnzahlungen aller Art (auch Prämien, Aufwandsentschädigungen)

2. Bausachen, Werkzeug, Einrichtungsgegenstände

3. Gemeindearbeit, Fahrgeld, Müllmarken.

Diese Dinge werden vorher beim Zahlungsanweisenden angemeldet. Er gibt dann die mündliche Zustimmung oder holt die Genehmigung ein. Schriftlich wird die Zahlungsanweisung dann erteilt, wenn die Quittung vorliegt. Legt jemand eine Quittung ohne vorherige Absprache vor, so ist diese zunächst nicht zu bezahlen‚ sondern die Zahlungsanweisung abzuwarten (der Vorlegende muß die Quittung oder eine Abschrift dalassen).

Wird aus der Kirchenkasse Geld verauslagt, läßt man sich eine Quittung geben und legt diese in die Kasse (auch bei einem Pfarrer). Wird dann der Originalbeleg vorgelegt, so wird die Hilfsquittung in Gegenwart des Vorlegenden vernichtet.

Spenden für den Kindergarten stehen zur freien Verfügung der Leiterin. Sie legt aber jährlich die Quittungen für die Ausgaben vor, damit sie in die Rechnung übernommen werden können und das Inventarverzeichnis ergänzt werden kann.

Falls einzelne Punkte dieser Anweisung sich nicht bewähren, so ist davon Mitteilung zu machen, damit unter Umständen eine Änderung oder Ergänzung vorgenommen werden kann. Eigenmächtige Veränderungen aber sind nicht zulässig. Es dürfen und sollen Bedenken gegen eine Zahlungsanweisung geäußert werden. Eventuell wird eine Entscheidung durch den Kirchenvorstand herbeigeführt.

 

 

Besonders deutlich wurde das selbstherrliche Handeln auch bei der Kirchensteuer. Der Kirchenvorstand hatte dazu klare Richtlinien erlassen, die sich an die Praxis im Dekanat anlehnten. Wir lagen im Dekanat einsam an der Spitze. Deshalb sollte die Höhe der Kirchensteuer eingefroren werden, weil wir von der Steuer nur 40 Prozent behielten, Spenden aber blieben uns ganz. Bei höherer Steuer hätten wir aber weniger Spenden gekriegt.

Der Kirchenvorstand machte sich die Mühe, straßenweise jede Familie durchzugehen und zu veranlagen. Dennoch wurde von den Angestellten auf der Kirchenkasse die Kirchensteuer erhöht, gegen alle Beschlüsse des Kirchenvorstandes und zum Schaden für die Gemeindearbeit. Es war so: Wer gut zahlte, wurde erhöht, wer säumig war, blieb auf seinem Stand. Auf der Kirchenkasse wurde man schlimmer behandelt als bei staatlichen Behörden („Wenn du nicht die 50 Mark bezahlst, dann nimm auch die 40 wieder mit!“). Welch anderer Ton möglich ist, haben die letzten Jahre gezeigt, als Herr Hey der Verwaltungsleiter war. Auch die Rentner und Jugendlichen wurden eigenmächtig von Frau Jäger heraufgesetzt.

Mein Bestreben war immer, nicht die Kirchensteuer zu erhöhen, sondern die Ausgaben zu beschränken. Man hielt mir - auch von Seiten einiger Kirchenvorsteher vor - man müsse großzügiger sein, im staatlichen Bereich sei es auch so. Aber ich war der Meinung, mit dem Geld der Gemeinde (!) müsse peinlich genau umgegangen werden und jeder Anschein von Unregelmäßigkeiten vermieden werden. Und der Kirchenvorstand sollte zu seinem Recht kommen. Es ist mir unverständlich, wie man behaupten konnte, der Kirchenvorstand sei von mir übergangen worden: Einzelne (!) Mitglieder kamen mit ihren Vorstellungen nicht zum Zuge, weil sie überstimmt wurden; aber das geht auch einem Pfarrer so und er muß es respektieren.

 

Bei der letzen generellen Lohnerhöhung 1984 ergab sich eine Fülle von Problemen, zumal die damalige Verwaltungsleiterin da eigenmächtig Veränderungen vorgenommen hatte. Der Finanzausschuß hat die Lohnliste in jedem Punkt überprüft und korrigiert, es wurden Anmerkungen und Er­läuterungen beigefügt. Der Kirchenvorstand beschloß, daß diese Lohnliste jährlich vom Finanzausschuß auf nötige Veränderungen (zum Beispiel Dienstalter überprüft) wird, vor allem aber, daß der Finanzausschuß die Liste aufstellt und nicht der Verwaltungsleiter.

Als 1988 aber wieder eine Lohnerhöhung kam, wurde der Finanzausschuß nicht einberufen, sondern allein Herr Nothnagel wies die amtierende Lohnbuchhalterin an, welches Brutto zu zahlen sei. Dabei wurde schematisch die frühere Dienstaltersstufe übernommen. Das war aber nicht richtig, weil es statt sechs Stufen jetzt sieben gibt und bei Endgehalt diese anzuwenden ist.

Bei Ursel war das der Fall. Ich sagte es Herrn Peters und Herrn Nothnagel. Als nichts geschah, sagte Ursel es auf der Kirchenkasse. Wir konnten noch nicht wissen, wo der Fehler lag, denn der Lohnstreifen war nicht mit ausgehändigt worden. Als aber auch Frau Holland-Cunz behauptete, der Lohn sei richtig, verlangte Ursel den Lohnstreifen und prüfte nach (sie ist gelernter Industriekaufmann und in Lohnsachen erfahren). Erst nachdem alle hiesigen Möglichkeiten erschöpft waren, wandte sie sich an den Dekan.

Sie schrieb: „Im Monat Februar ist mir ein Gehalt von 559 Mark ausgezahlt worden. Das ist meiner Meinung nach aber nicht richtig. Nach der neuesten Verordnung habe ich ein Bruttogehalt von 700 Mark. Davon gehen als Abzüge ab: 77 Mark Steuer in Steuerklasse III/2 und 70 Mark Sozialversicherung (einschließlich freiwillige Zusatzrentenversicherung FZR). Das ergibt ein Netto von 553 Mark. Der mir ausgezahlte Betrag ist für den Monat Februar zu hoch. Wenn er aber auch die Nachzahlung für Januar enthalten soll, dann ist es zu wenig. Ich bitte um eine Überprüfung. Auch die Lohnzahlungen an die anderen Angestellten sollten vielleicht überprüft werden, damit sie den gesetzlichen Vorschriften entsprechen.

Der Lohnstreifen geht von einem Brutto von 680 Mark aus. Das war das Endgehalt in der alten Lohngruppe VI. Durch die neue Tabelle war aber bei der letzten Stufe abzulesen, also Endgehalt Lohngruppe VII, also 700 Mark. Im weiteren Verlauf wird dann aber für den Februar mit einem Brutto von 710 Mark gerechnet, also die Nachzahlung für Januar mit dazugerechnet. Deshalb wird eine FZR von 110 Mark und eine Steuer von 80 Mark angenommen.

Die Steuer muß aber für jeden Monat getrennt berechnet werden, weil die Progression in der Steuertabelle berücksichtigt werden muß. Für die Monate Januar und Februar sind 2 mal 77 Mark zu überweisen, also 154 Mark. Überwiesen wurden aber 62 Mark für Januar (alter Betrag.) und 80 Mark für Februar, also 12 Mark zu wenig (bei einem. Brutto von 700 Mark). Für die Sozialversicherung sind 140 Mark zu überweisen (einschließlich FZR), überwiesen wurden nur 136 Mark. Es ist also nicht nur das Netto falsch, sondern auch die Überweisung an das Finanzamt.

Der Sachverhalt wurde schon Herrn Pfarrer Peters vorgetragen, der aber noch nicht den Finanzausschuß zur Überprüfung einberufen hat. Ebenso habe ich es Herrn Nothnagel vorgetragen. Dieser ist jedoch der Meinung, es sei alles richtig, es sei doch gar nicht schwer auszurechnen. Deshalb wende ich mich nun an das Dekanat um Überprüfung.“

 

Auf der Pfarrkonferenz am 9. März 1988 äußerte sich der Dekan zu diesem Brief: „Bruder Heckert hat mit einen großen Brief geschrieben. Unterschrieben hat ihn seine Frau, aber er ist wohl von ihm; da müßte man einmal Stilproben machen. Dabei hätte man lediglich zu sagen brauchen, daß bei über 15 Dienstjahren die Stufe 7 in Anwendung kommt! Ich weiß nicht, wer soviel Zeit hat, das alles auszurechnen! Es wurde sogar der Vorwurf erhoben, die Steuer und Sozialversicherung sei falsch überwiesen!“

Nicht erwähnt wurde, daß Ursel schon an verschiedenen Stellen eine Korrektur angemahnt hat, aber immer beschieden wurde, es sei richtig. Es wurde gar nicht danach gefragt, wo der Fehler denn liegen soll. Sie hat dann noch einmal den Dekan angerufen. Sie war sehr ruhig, er sehr erregt. Er behauptete, das sei ein infamer Brief, den beantworte er nicht. Es hätte genügt, nur den Ausgangsfehler zu nennen, rechnen könnten die auf der Kirchenkasse schon.

Es ist nämlich doch falsch gerechnet worden, indem die Nachzahlung einfach zum Brutto dazugeschlagen wurde. Das kann zum Nachteil des Angestellten sein, wenn in diesem Bereich eine Progression in der Steuertabelle ist (bei der Sozialversicherung macht es nichts aus). Ich frage mich nur, weshalb ich nicht vorher danach gefragt wurde, so wie das sonst auch immer gewesen ist. Aber dieses Mal war eben Herr Nothnagel der Sachverständige. Die Mitteilung auf der Pfarrkonferenz war die erste offizielle Mitteilung zu Ursels Brief.

In dem Brief war auch darauf hingewiesen worden‚ daß auch die Gehälter der anderen Angestellten überprüft werden. Dies ist aber offenbar nicht geschehen. Als der Verwaltungsleiter von der Armee wiederkam und eine seiner ersten Amtshandlungen die Lohnberechnung war, sagte er mir, bei Frau Reffke habe das Geld nicht gestimmt (der gleiche Fehler wie bei Ursel).

Daraufhin sah ich mir die Lohnauszahlungen näher an. Ich kannte ja die problematischen Punkte.

Nun behauptet Herr Nothnagel auf einmal gegenüber dem Verwaltungsleiter, bei dem Lohn für Frau Reffke läge kein Versehen vor, sondern sie habe weniger erhalten, weil sie nicht so viel arbeitet. Das ist natürlich ungesetzlich: Wenn eine Lohnerhöhung von oben angeordnet wird, kann kein Vorsitzender des Kirchenvorstandes in Einzelfällen es anders anordnen. Er behauptet das jetzt ja auch nur, weil sein Versehen kein Fehler gewesen sein soll. Aber das würde ja bedeuten, daß es auch bei Ursel kein Versehen war, sondern sie verdient nicht mehr, weil sie zu wenig arbeitet.

Ich habe recht behalten mit meiner Aussage: Lohnsachen sind die komplizierteste Materie, die wir haben! Herr Nothnagel dagegen meinte, es sei ein Kinderspiel, er mache das doch auch jeden Monat.

Meine Aufstellung der Lohnprobleme in Steinbach-Hallenberg habe ich Herrn Peters und Herrn Nothnagel gegeben (der Dekan erhält sie noch). Herr Nothnagel hat schon wieder beim Verwaltungsleiter Hey angefragt, wie ich dazu komme, mich damit zu befassen. So etwas hat er natürlich nicht mit einem Angestellten zu besprechen‚ sondern wenn schon, dann muß er mich fragen. Herr Hey hat geantwortet, jeder Mitarbeiter habe das Recht, in die Lohnlisten Einsicht zu nehmen. Aber das ist noch nicht die erschöpfende Antwort. Vielmehr ist zu sagen, der Pfarrer ist deshalb in besonderer Weise für die Angelegenheiten der Gemeinde verantwortlich. Ich will mir nicht den Vorwurf machen lassen, den man Herrn Peters in öffentlicher Sitzung (Kreissynode) gemacht hat, er habe sich völlig passiv verhalten.

 

Einzelheiten: Im Jahre 1984 hat der Kirchenvorstand beschlossen, daß bei Lohnänderungen der Finanzausschuß die Lohnliste aufstellt. Dies ist jedoch bisher nicht geschehen. Es bestehen folgende Probleme:

 (1) Frau Holland-Cunz ist laut Arbeitsvertrag mit 70 Stunden angestellt, nicht mit 95. Falls Sie eine Änderung des Vertrages wünscht, sollte sie das beantragen.

(2) Für Frau H. müßte das Dienstalter festgestellt werden (zum Beispiel durch Vorlage des SV-Ausweises).

(3) Für Frau E. müßte zunächst einmal neu angefangen haben. Falls etwa ein anderes Dienstalter festgesetzt werden sollte, müßte der Kirchenvorstand das genehmigen. Wenn sie automatisch den gleichen Lohn erhält wie die andere Köchin, wird diese benachteiligt.

(4) Frau B. hätte nach der kirchlichen Verordnung einen Stundenlohn von 2,71 Mark, nicht 2,90 Mark. Dennoch kann man bei ihr großzügig sein, weil sie insgesamt weniger erhält als frühere Angestellte, weil sie die Arbeit in 110 Stunden macht.

(5) Frau Reffke gehört in die Lohngruppe VIII / 7, nicht VIII / 6. Bei ihr wurde der gleiche Fehler gemacht wie bei Frau Heckert.

(6) Die Wirtschaftskräfte erhalten laut Beschluß des Kirchenvorstandes einen Zuschlag von 30 Mark und nicht von 60 Mark. Wenn man Ute König und Frau Sch. mehr geben möchte, dann müßte man das über das Dienstalter machen. Andernfalls bliebe der erhöhte Zuschlag auch bei Endgehalt bestehen, der Lohn wäre höher als bei den Kinderdiakoninnen.

(7) Bei Herrn Hey ist im Arbeitsvertrag festgelegt, daß bei einer Änderung der Lohnverordnung der Kirchenvorstand darüber beschließt, ob der Zuschlag von 150 Mark bestehen bleibt oder sich entsprechend der Lohnerhöhung verringert. Das Gleiche wurde mit Herrn Künzel mündlich vereinbart

(einen Arbeitsvertrag hat er noch nicht). Ob es bei dem Zuschlag von 260 Mark für ihn bleibt, müßte der Kirchenvorstand beschließen.

(8) An Frau Heckert ist im April zu viel gezahlt worden, weil zu wenig Steuer ab geführt wurde. Dieser Punkt ist jedoch mit dem Verwaltungsleiter schon besprochen und wird im Juni ausge­glichen.

(9) An Frau Holland-Cunz wurden für die Leitung des Singekreises bisher nur 180 Mark gezahlt. Seit der Verordnung von 1986 über die Vergütung nebenamtlicher Musiker wären aber 500 Mark zu zahlen.

Man sollte dabei beachten, daß die Löhne für Pfarrer (Endgehalt), Hausmeister, Verwaltungsleiter, Mitarbeiter im Verkündigungsdienst und Wirtschaftskräfte einigermaßen in eine Reihe kommen. Eine Angleichung ist durchaus zu begrüßen. Aber es sollte nicht sein, daß körperliche Arbeit höher bezahlt wird als geistige, zumal die Wirtschaftskräfte durch die andere Versteuerung einen Vorteil beim Netto haben. Wenn das anderswo vielleicht vorkommt, sollte es bei der Kirche nicht unbedingt auch so sein. In der Kirche ist ein Lohn nicht die Bezahlung für die geleistete Arbeit, sondern die Absicherung des Lebensunterhalts für den, der seine ganze Arbeitskraft der Kirche zur Verfügung stellt.

 

Kündigung von Frau Jäger 1984

In einer Sitzung am 29. August 1984 hat Frau Jäger mir zunächst eine gute Note erteilt, weil ich jetzt so sei wie früher und sie mit mir zufrieden sei. So stellt sie sich das Verhältnis vor, daß ich zu allem schweige, was sie sich an Selbstherrlichkeiten herausnimmt. Das weckt ihre Bereitschaft, noch länger auf ihrem Posten zu bleiben. Dabei habe ich nur still gehalten, weil ich dachte, es ist bald vorbei. Es geht hier aber nicht so sehr um die Einzelheiten, sondern um die ganze Grundhaltung, wie die eigenen Befugnisse gesehen werden. Wiederholt ist gesagt worden: „Die Pfarrer (einschließlich des Dekans) wissen ja darüber nicht Bescheid und der Kirchenvorstand versteht das nicht!“ Deshalb wird eigenmächtig entschiedene gegen kirchliche Gesetze und ausdrückliche Beschlüsse des Kirchenvorstandes. Man hat den Eindruck, sie wollte mich vorführen und demonstrieren, daß sie allein das Sagen hat. Wenn ich aber dann einhake und eine Änderung verlange, dann entsteht der Eindruck, ich würde nur Unruhe schaffen und. wäre ein Quertreiber.

Man kann natürlich der Meinung sein, man solle doch großzügig sein und nicht alles so genau nehmen. Doch mit mir ist das nicht zu machen. Ich habe eine Verantwortung gegenüber der Gemeinde, der Kirche und natürlich auch gegenüber Gott. Auch wenn es anderswo nicht so genau genommen wird, so haben wir doch Rechenschaft darüber abzulegen, daß peinlich genau mit dem Geld der Gemeinde umgegangen wird und auch jeder Anschein von Unregelmäßigkeiten vermieden wird.

Es geht nicht um einen Konflikt zwischen Frau Jäger und mir, sondern zwischen ihr und dem Kirchenvorstand (dessen Beschlüsse ich nur durchzuführen habe). Denn wo gibt es das sonst noch, daß sich ein Angestellter über die Anordnungen der Betriebsleitung (hier: Kirchenvorstand) hinwegsetzen kann?

Betrübt war ich, daß Herr Johannes ohne Widerspruch verkünden konnte, bei uns regiere nur einer und der Kirchenvorstand werde niedergewalzt. Ich bemühe mich, alle Dinge von Belang vor den Kirchenvorstand zu bringen. Bei mir kann man sicher sein, daß die Autorität des Kirchenvorstandes gewahrt wird. Wenn das wirklich einmal nicht der Fall gewesen sein sollte, dann täte es mir leid. Aber ich habe ja gesagt, daß ich dann für Kritik offen bin; kein Mensch ist vollkommen.

 

In dem Pfarrerdienstgesetz (das Frau Jäger auch gelesen hat) steht ausdrücklich, daß bei unüberbrückbaren Schwierigkeiten der Pfarrer Platz machen muß, auch wenn die Schuld nicht bei ihm liegt. Soll ich solange warten, bis mir ein entsprechender Rat gegeben wird? Als wir den Hausbau planten (der offenbar manchen Neider auf den Plan gerufen hat) sagte Herr Lieberknecht zu mir: „Da müssen Sie sich aber sicher sein, immer mit dem Dekan auszukommen!“ Ich antwortete darauf: „Der Dekan ist mir nicht wichtig, aber der Kirchenvorstand und die Gemeinde!“

Leider haben sich einige Mitglieder des Kirchenvorstandes durch die massive Einmischung der Schmalkalder Angst machen lassen und haben Zeit gewinnen wollen. Durch die Angriffe einzelner Mitglieder wurde der Dekan erst ermutigt, seinen Antrag zu. stellen und diesen dann noch zu verschärfen, weil er eine Chance sah, Recht zu bekommen.

Die Kündigung von Frau Jäger zum 1.April war offenbar nicht ernst gemeint. Sie sollte uns in Verlegenheit bringen, wenn sich niemand gemeldet hätte. Da aber doch mehrere Interessenten sich meldeten, muß nun einer nach dem anderen unmöglich gemacht werden, nur um weiter auf dem Posten bleiben zu können. Meiner Meinung nach ist Frau Jäger nicht am richtigen Ort, sie ist für die meisten Schwierigkeiten in unsrer Gemeinde verantwortlich. Ich kann mich auch des Eindrucks nicht erwehren, daß Frau Jäger generell Männer ablehnt und deshalb auch solche Schwierigkeiten macht.

 

In einem Gespräch mit Frau Jäger am 13. September 1984 sagte ich: „Ich möchte fragen, ob Sie am 1. Oktober die Kirchenkasse übergeben könnten. Da ist gerade das Quartalsende, da wäre es günstig!“ Sie antwortete nach kurzem Zögern: „Ja, das wäre möglich. Aber ich kriege auch noch Urlaub!“ Ich wiederum: „Den körnen Sie danach noch nehmen, den kriegen Sie natürlich bezahlt. Als Termin für die Verabschiedung schlage ich den 7. September vor, weil da vielleicht die Kinderdiakoninnen eingeführt werden!“ Aber Frau Jäger sagte: „Ich möchte keine Verabschiedung!“ Als ich sagte, der Kirchenvorstand lege aber Wert darauf, sagte sie noch einmal: „Nein, das möchte ich nicht!“
Das ist - etwas gerafft- der Inhalt des Gesprächs, das sachlich und ruhig verlief. Ich mußte annehmen, daß Einverständnis herrschte. Es kam kein Gegenvorschlag oder Widerspruch. Am 17. September kam dann zur Sprache, daß offenbar doch. kein Einverständnis bestand. Deshalb sprach ich am 24. September noch einmal Frau Jäger darauf an: Sie möge mir doch einmal sagen‚ was denn wirklich ihre Meinung sei. Sie sagte zunächst, ich hätte ihr den Stuhl vor die Tür gesetzt, in der Sitzung sei von dem Termin 1. November die Rede gewesen. Ich stellte klar: Das Arbeitsverhältnis geht bis 31. Oktober. In diese Zeit fällt auch der Resturlaub. Er wird so bezahlt wie der übrige Jahresurlaub auch. Es wird das volle Monatsgehalt ausgezahlt. Das ist das ganz übliche Verfahren.

Da Frau Jäger bereit war, außer dem üblichen Monatsabschluß nach einigen Tagen erneut einen Abschluß zu machen‚ einigten wir uns auf den 11. oder 12. Oktober als Termin der Übergabe. Ich möchte schon am Vormittag mit dem Protokoll beginnen (Aufzählung der übergebenen Akten und des Inventars) und am späten Nachmittag soll der Finanzausschuß dazu kommen und das Finanzielle machen und die nächsten Amtsgeschäfte festhalten.

Frau Jäger sagte noch, sie hätte sich den Übergang anders vorgestellt, nämlich als ein allmähliches Anlernen. Ich vertrat demgegenüber die Auffassung: Erst wenn einer vor alle Aufgaben gestellt ist, lernt er auch alles. Auch wenn zunächst vielleicht noch Fehler vorkommen und manches knirscht, geht es doch schneller. Frau Holland-Cunz kann nach zwei Jahren nur einen gewissen Bereich der Arbeiten. Aber es wäre gut, wenn Frau Jäger bei Bedarf zu Auskunftszwecken zur Verfügung stünde, vor allem wenn es um Vorgänge aus der Vergangenheit geht. Und ihre umfassende Personenkenntnis wäre der Gemeinde auch noch von großem Nutzen. Aber die Verantwortung muß ganz klar übertragen werden.

Ich betonte noch einmal, daß ich nur rechtzeitig auf das Notwendige hinweisen wollte und die Arbeit erleichtern wollte. Allerdings gab ich auch zu, daß ich vielleicht besser erst Frau Jäger nach ihren Vorstellungen gefragt hätte, anstatt gleich mit einem Vorschlag zu kommen. Aber es war wirklich nur als Vorschlag gedacht und er hätte sofort geändert werden können ohne den Umweg über einige Kirchenvorsteher und die Sitzung (und nachfolgende Sonderbesprechung).

Ich bat Frau Jäger dann noch, sich die Sache mit der Verabschiedung zu überlegen. Sie meinte, was ich dazu zu sagen hätte, wäre ja doch nicht ehrlich. Ich widersprach ihr und formulierte: „Ihre Verdienste sind nur in letzter Zeit etwas getrübt worden!“ Aber diese Aufgabe könnte auch jemand vom Kirchenvorstand übernehmen, es muß auch nicht unbedingt in der Kirche sein. Es wäre gut, wenn der Kirchenvorstand sich hier noch einmal einsetzen könnte, damit es zu einer würdigen Ver­abschiedung kommt, wie das üblich ist.

In einem Gespräch mit Frau Jäger am 6. Oktober 1984 war sie erst sehr zurückhaltend und sagte, sie wisse gar nicht so recht, was das Gespräch solle. Im Laufe des fast zweistündigen Gesprächs wurde sie dann aber zugänglicher. Das war allem festzustellen, nachdem ich zwei Punkte klargestellt hatte:

1. Ich habe nicht behauptet, daß Frau-Jäger „alles“ falsch gemacht habe und jetzt endlich einer komme, der richtig rechnen kann.

2. Man kann nicht von Unterschlagungen reden, wie das ein Mitglied des Kirchenvorstandes in einer Sitzung behauptet hatte. Differenzen gab es, weil Ausgaben getätigt wurden, die nicht vom Kirchenvorstand genehmigt worden waren und überhaupt viele Dinge ohne Wissen des Kirchenvorstandes und des geschäftsführender Pfarrers verändert worden sind.

Ich formulierte noch einmal meine Aussage: „In letzter Zeit sind die Verdienste von Frau Jäger etwas getrübt worden!“ Ich wies darauf hin‚ daß ich schon mehrfach die Leistungen von Frau Jäger gewürdigt habe‚ vor allem im Zusammenhang mit der Abnahme der Kirchenrechnung. Am 21. Januar 1985 wurde diese Erklärung noch einmal im Kirchenvorstand verlesen. Bei der Kirchenkassenübergabe am 12. Oktober hat dann Herr Huhn vom Finanzausschuß den Dank der Kirchengemeinde zum Ausdruck gebracht.

Anstellung eines Verwaltungsleiters 1984

Am 21. Mai 1984 fand eine Besprechung statt, zu der die Steinbacher Mitglieder des Kirchenvorstandes eingeladen waren. Es war ein neuer Verwaltungsleiter zu finden. Bewerben wollte sich Herr Winfried Hey aus der Lindenstraße 44a. Nach der Vorstellung von Herrn Hey habe ich darauf gedrungen, noch eine Frau zu einem Gespräch einzuladen, die auch Interesse gezeigt hatte. Ich schlug Frau G. vor, und so wurde es beschlossen. Da aber Frau G. ihre Bewerbung zurückzog, wurde der Termin fallengelassen.

In der turnusmäßigen Kirchenvorstandssitzung wurde nun aber umgedreht gefordert, eine Frau müsse sich erst noch verstellen. Hier kam dann gleich der Name R. ins Spiel. Sie wurde für den 21. Mai eingeladen und aufgefordert, eine Bewerbung und einen Lebenslauf zu schreiben. Sie wurde dann auch in relativ zahmer Weise ausgefragt. Es schloß sich eine Aussprache an. Dabei bewunderte Herr Erich Nothnagel den Mut von Frau R., sich für eine solche Stelle zu bewerben; er hält sie von ihren Fähigkeiten her nicht geeignet. Dem schloß ich mich auch an. Er wies darauf hin, daß es schon mit dem Kirchendienst nicht klappe, den sie teilweise versieht. Im Kindergarten Schmal­kalden war man froh, sie los zu sein. Sie würde erste nächstes Jahr anfangen können. Dazu käme eine lange Anlernzeit, in der praktisch zwei Gehälter zu zahlen wären. Man müsse mit häufigem Ausfall wegen Krankheit der Kinder und Eltern rechnen. Eine „drei“ in Mathematik und keine Kenntnisse im Sehreibmaschineschreiben lassen sie auch fachlich als ungeeignet erscheinen.

Frau Jäger wurde gefragt, wie sie die Fähigkeiten von Frau Reichel beurteile. Vor etwa zwei Jahren, als Frau R. schon einmal ihr Interesse bekundet hatte, hatte sie gesagt: „Die wird das nie können!“ Daraufhin angesprochen behauptete sie nun aber, gesagt zu haben: „Sie wird es nicht ohne Anleitung können!“ Jetzt war ihre Mitgliedschaft in der Landeskirchlichen Gemeinschaft ausreichende Qualifikation. Vor allem hatte Frau Jäger sich das so vorgestellt, daß sie noch lange da sein und anlernen und beraten könne. Offenbar ist es das Ziel, die Sache hinauszuzögern, damit Frau Jäger im Amt bleiben kann. Danach soll Frau R. angestellt werden. Aber Frau Jäger immer noch nebenher dabei sein, bezahlt oder auch unbezahlt. An sich geht es gar nicht um die Frage, wer als Nachfolger für dieses Amt geeignet ist, sondern es geht allein um Frau Jäger, die unbedingt ihre Stellung halten will.

Es ist anzunehmen, daß die Kündigung von Frau Jäger gar nicht ernst gemeint war. Sie wollte uns damit nur in Verlegenheit bringen, weil sie meinte, wir würden doch niemand finden. Als sich aber dann eine ganze Reihe von Leuten meldeten (nicht alle geeignet), da hat sie versucht, einen nach dem anderen madig zu machen. E gab auch noch einen anderen Interessenten (nicht Bewerber). In der Kirchenvorstandssitzung am 29. August gab Frau Jäger nach Aufforderung von Herrn Erich Nothnagel zu, daß sie mit dem Interessenten H. gesprochen hat, obwohl die Sache ausdrücklich für vertraulich erklärt worden war und darum gebeten worden war, nicht mit ihm zu sprechen, da es sich nur um eine inoffizielle Anfrage handelte. Es kam heraus, daß Frau Jäger zunächst im Laden mit Frau H. mehr unverbindlich gesprochen hatte, dabei aber so nebenbei mit hat einfließen lassen, daß sie Gardinen waschen und in der Küche helfen müsse. Dann ist sie aber noch einmal zu Herrn H. in die Wohnung gegangen und hat ihn „aufgeklärt“ über das Amt, das er anstrebt. Sie hat ihn direkt danach gefragt, ob er sich bewerben wird, obwohl sich der Vorsitzende des Kirchenvorstandes sich das ausdrücklich ausbedungen hatte. Von Seiten des Dekans wurde dieser Verstoß gegen das Ältestengelöbnis nicht einmal gerügt. Wenn man meint, eine Sache aus der Welt geschafft zu haben, dann kann man nie sicher sein, ob es nicht an anderer Stelle wieder losgeht. Der Pfarrer soll bewußt gereizt werden, damit er Einspruch erhebt und die Sache vor den Kirchenvorstand bringt. Dann aber wird der Eindruck erweckt, er schaffe Unruhe.

Ich habe Herrn Hey dann eingehend geprüft: Er mußte die Aufstellung der Kirchenrechnung (Verteilung der Ein- und Ausgaben auf die Sachkonten) machen. Dann übte ich mit ihm ein Gespräch über Kirchensteuerfragen. Ich sagte nicht, daß ich ihn prüfen sollte, sondern sagte nur, er sollte nur einmal einen Eindruck gewinnen, wie die Arbeit aussieht. Er überzeugte mich vollständig.

In der Zwischenzeit bis zur nächsten turnusmäßigen Sitzung im Mai / Juni wurden aber von verschiedenen Seiten Bedenken gegen Herrn Hey laut. Ich zähle die auf zusammen mit meinen Gegenargumenten:

(1.) Geringe Gehaltsforderung: Wenn eine geringe Lohnforderung verdächtig ist, dann soll eine höhere Forderung nicht verdächtig sein. Es hat sich nämlich herausgestellt, daß da ein Irrtum vorliegt. Er erwartet etwa 500 Mark netto, nicht brutto. Wir können ihm auch nicht zu wenig zahlen, denn Herr Gießler erhält sehr viel mehr. Wenn wir einen fähigen Mann anstellen, sparen wir letztlich, denn wenn Frau Jäger noch drei Stunden am Tag zum Anlernen dabei ist, dann kostet das 200 Mark im Monat zusätzlich. Da stehen wir uns mit einem Gehalt besser. Ein rationelles Arbeiten macht sich auch bezahlt, denn wenn es erst einmal nicht stimmt und der Fehler gesucht werden muß, dann geht Zeit drauf, d.h. es wird teuer. Für eine Probezeit könnte man eine niedrigeren Satz vereinbaren.

(2.) Keine Zughörigkeit zur Kirche: Diese wird vollzogen, sobald es möglich ist. Aber an sich soll ein Vierteljahr darüber vergehen. Herr Hey ist christlich erzogen, hat aber nur noch nicht den letzten Schritt vollzogen, möchte sich aber jetzt mehr engagieren. Er ist nicht katholisch wie seine Frau weil er ja evangelisch erzogen worden ist. Sie geht aber mit in die evangelische Kirche. Jedenfalls ist es völlig falsch, im Lande herumzuerzählen, wir wollten einen „Atheisten“ anstellen. Wenn er ein Atheist ist, dann haben wir im Kindergarten und in der Christenlehre auch Atheisten, dann haben die Kirchenvorsteher zum Teil atheistische Kinder bzw. Schwieger­kinder, dann ist auch Pfarrer Hauser ein Atheist, denn er wurde auch erst als Erwachsener getauft. Zu verweisen wäre auch auf Sch. in Rotterode, der jetzt sogar Heiligenmeister ist. Man darf niemandem immer wieder seine Vergangenheit vorwerfen. Wer getauft ist, gehört dazu. Wir können nur dankbar sein, wenn es bei uns anders war. Wir wollen doch nicht in den Fehler der Partei verfallen. Wir würden einen Mann mit viel Idealismus und gutem Willen vor den Kopf stoßen, wenn wir ihn wegen seiner angeblich mangelnden Bindung an die Kirche abweisen würden. Er will übrigens getauft werden unabhängig von der Frage der Arbeitsstelle. Hätte er sich an seinen früheren Wohnort gewandt und dort alles erledigt, dann hätte sich diese ganze Diskussion erübrigt.

An den Haaren herbeigezogen ist die Behauptung, er könne Geheimnisse an staatliche Stellen

oder sogar die katholische Kirche (!) verraten. Erstens einmal haben wir keine Geheimnisse: Die Kircherrechnung ist öffentlich, die Kirchensteuerrichtlinien liegen fest. Man könnte höchstens auf die ganz wenigen Ausnahmen verweisen, wo jemand praktisch heimlich Kirchensteuer zahlt. Aber der Staatssicherheitsdienst braucht gar keine Spitzel einzuschleusen. An die Kirchensteuerkartei kommt man ohne große Mühe heran, denn die Kirchenkasse ist oft unbesetzt und die Tür nicht verschlossen. Nach Feierabend wird dort oft telefoniert oder die Schwester geht durch.

Außerdem werden interne Dinge ohne Bedenken am Telefon erzählt, im Kindergarten hören es die Kinder mit, einige Kirchenvorsteher besprechen es im Betrieb zusammen mit Kirchenvorstehern aus anderen Gemeinden. Der Schüler J. (11. Klasse) konnte zum Beispiel sagen; „Wenn ich wissen will, was im Kirchenvorstand besprochen wurde, dann erfahre ich es!“ Es ist sogar vorgekommen, daß sich zwei über die Kirchenvorstandssitzung unterhalten haben, die beide nicht dabei waren.

(3.) Er suche nur Sprungbrett nach dem Westen: Heute hat man. eine Tätigkeit bei der Kirche nicht mehr nötig, um in der Westen zu kommen. Die Wohnung soll angeblich völlig westlich eingerichtet sein. Dabei ist sie eher ärmlich zu bezeichnen: gebrauchte Möbel, schwarz, wie sie vor 20 Jahren Mode waren, keine Schrankwand. Ein kleiner japanischer Fernsehapparat ist nicht ungewöhnlich. Und aus dem Rahmen fällt höchstens der Tisch aus Glas.

 

Auf alle diese Punkte ging ich in der Sitzung ein. In der Sitzung am 29. August führte ich dann noch einmal aus, daß ich mir in drei Punkten eine Verbesserung auf der Kirchenkasse erhoffe:

(1.) Fachlich ist er sicher geeignet. Er bewältigt nicht nur das Rechnen und dieses auch relativ schnell, sondern er hat Verständnis für das System und hat sogar gute Äderungsvorschläge gemacht. Er  ist ein fähiger Mann, der nicht nur nach Anweisung arbeitet, sondern selber der Überblick hat. Andererseits wird er die kirchlichen Gesetze und Anweisungen des Kirchenvorstandes beachten und nicht machen, was er für richtig hält. Er könnte die Arbeit von einem Tag zum anderen übernehmen ohne lange Anlernzeit.

(2.) Er ist zurückhaltend und höflich. Es wird nicht mehr vorkommen, daß einem Kirchensteuerzahler der Vogel gezeigt wird, eine Kindergartenmutter öffentlich heruntergeputzt wird, eine Mitarbeiterin beschimpft wird, so daß sie vor Gericht gehen will. Klatsch und Einmischung werden aufhören und die Deckung der Ungenauigkeiten in der Küche.

(3.) Glaubensmäßig: Herr Hey kommt mit seiner Frau zum Gottesdienst, während Frau Jäger zuletzt zum Erntedankfest da war (um zu sehen, was fürs Gemeindehaus gespendet worden ist). Danach noch einmal zu einer Passionsandacht, bei der der Posaunenchor mitwirkte, der kurz vorher eine Spende gegeben hatte; dann noch einmal bei einer Kirchenmusik - das war alles in einem Jahr. Herr Hey zeigt im Glaubensunterricht tiefes Verständnis und stellt Fragen, in manchen Punkten ist er etwas radikal-idealistisch.

Die Chance, einen solchen Mitarbeiter zu gewinnen, wird uns nicht so bald wieder geboten. Am besten kenne ich ihn, ich soll ja auch mit ihm zusammenarbeiten und dafür geradestehen. Meinem Urteil sollte man mehr vertrauen als denen, die Gerüchte ausstreuen und die Sache nur vor außen sehen.

Die Entscheidung wurde auf Dienstag den 26. Juni 1984 vertagt. Herr Pfarrer Peters wies aber ausdrücklich darauf hin, daß er aus dienstlichen Gründen - Durchführung eines Jugendabends für Neukonfirmierte - an der Sitzung nicht teilnehmen bzw. erst gegen Ende der Sitzung dasein könne. Ich sagte dazu, daß er wegen Teilnahme an der Diskussion bereits am Freitag nicht noch einmal an der Diskussion am Dienstag teilzunehmen brauche, die Abstimmung bzw. Beschlußfassung werde erst gegen Ende der Sitzung in seinem Beisein erfolgen. Das war aber ein Fehler von mir, denn ich hätte mir denken können, daß er absichtlich nicht pünktlich kommen werde.

Er beschwerte sich deshalb am 27. Juni beim Kirchenvorstand und beim Dekanatssynodal­vorstand: Als er gegen 21.30 Uhr zur Sitzung hinzukam, mußte er zu meinem Erstaunen feststellen, daß nicht nur die Diskussion, sondern auch die Beschlußfassung über Punkt 4a (Anstellung eines Ver­wal­tungs­leiters) offensichtlich bereits abgeschlossen war. Da am Schluß der Sitzung das Protokoll nicht verlesen wurde und er sich erst nachträglich informieren mußte, erhob er Einspruch gegen den Beschluß des Kirchenvorstandes. Er könne den Beschluß so nicht mit tragen, insbesondere nicht die Art und Weise seines Zustandekommens. Es bliebe auch immer noch die Frage, ob die Zustimmung von nur neun Mitgliedern des Kirchenvorstandes zur Anstellung eines Verwaltungsleiters eine tragfähige Vertrauensgrundlage für dessen Arbeit ist (Es gab fünf Gegenstimmen von der Gemeinschaft, aber seine Stimme hätte nichts geändert). Am Schluß schrieb er noch: „Schließlich möchte ich erklären, daß ich unter diesen Umstanden nicht bereit bin - wie vom Vorsitzenden des Kirchenvorstandes vorgeschlagen - Geschäftsführung und Vorsitz des Kirchenvorstandes bereits zur Hälfte seiner gegenwärtigen Wahlperiode zu übernehmen.“ Nun hatte er einen Grund, sich zu drücken.

 

Der Dekan reagierte am 13. Juli hart und hielt es für erforderlich, daß bei einer der nächsten Kirchenvorstandssitzungen der Dekanatssynodalvorstand dabei sein müsse. Die nächste Sitzung war am 23. Juli. Der Dekan wurde wegen der Kürze der Zeit nicht dazu eingeladen, er hatte ja nur davon gesprochen „in einer der nächsten Sitzungen“. Der Kirchenvorstand beschloß aber, die Abstimmung wegen Anstellung eines Verwaltungsleiters nicht noch einmal zu wiederholen. Daraufhin beschwerte sich wieder Pfarrer Peters beim Dekanatssynodal­vorstand: Sein Einspruch sei dem Kirchenvorstand nicht bekannt gemacht worden und der Brief des Dekans sei erst nach erfolgter Beschlußfassung zur Kenntnis gebracht worden.

Der Dekan reagierte am 22. August noch schärfer und sprach von „Anweisungen“, die nicht befolgt wurden. Der Einspruch von Pfarrer Peters sei berechtigt, und es wäre unbedingt erforderlich, das Zustandekommen des Beschlusses vom 26. Juni mit dem Dekanatssynodal­vorstand zu besprechen. „Die Auflage, zusammen mit dem DSV die Angelegenheit zu klären, gilt nach wie vor!“

 

Zu der Sitzung am 29. August 1984 waren der Dekan und Herr Johannes vom Dekanats­synodal­vorstand erschienen. Angeblich wollte der Dekan in einem Gespräch am 28. Juni darum gebeten haben, den Punkt nicht eher zu behandeln als daß er vor dem Kirchenvorstand gesprochen hätte. Doch in seinem Schreiben steht davon nichts. Warum heißt es so unscharf „in einer der nächster Sitzungen“? Diese Möglichkeit wurde ihm ja am 29. August gegeben. Die Sitzung am 23. Juli war schon festgelegt, die Einladungen schon geschrieben, als der Einspruch erfolgte. Dann wurde erneut kritisiert, daß die Briefe nicht wörtlich verlesen wurden. Ich erklärte dazu, daß dies in Zukunft beachtet würde, auch wenn dann mehr Zeit erforderlich ist.

Der Dekan verlas noch einmal seinen Brief und führte aus: „Damit der Kirchenvorstand bestimmte Dinge mittragen kann, muß er Bescheid wissen. Es ist aber schon öfter vorgekommen, daß Briefe nicht verlesen wurden. Umgedreht wurden Briefe im Namen des Kirchenvorstandes geschrieben, die dieser gar nicht kennt!“ (Das würde bedeuten, daß jeder Brief im Wortlaut erst vom Kirchenvorstand genehmigt werden muß. Macht der Dekan das so mit seinen Briefen im Namen des Dekanatssynodalvorstandes?). Ich hatte ausdrücklich „ich“ geschrieben, zwar auf dem Briefbogen des Pfarramtes, aber das hatte Herr Peters auch so gemacht.

Der Dekan stellte den Antrag, den Beschluß vom 26. Juni aufzuheben. Das war gegen 21.45 Uhr, die Diskussion ging aber noch etwa eine Stunde weiter. Zunächst ging es um die Enthaltungen. Der Dekan vertrat dazu die Meinung, sie würden zwar nicht mitgezählt, aber als Gegenstimmen gewertet. Herr Johannes bot an, innerhalb der nächsten 10 bis 12 Tage Informationen über den Herrn Hey an dessen Arbeitsstelle in Zella-Mehlis einzuholen, aber offenbar hatte er damit keinen Erfolg. Wenn er Negatives erfahren hätte, dann hätte er das sicher mitgeteilt.

Es ging dann um die Formulierung des Antrags. Zunächst wollte der Dekan den Eindruck erwecken, es ginge ja nur um einen Aufschub. Nach erneuten Informationen könne der Kirchenvorstand ja noch einmal entscheiden. Aber weil er offenbar den Eindruck hatte aus verschiedenen kritischen Äußerungen, er könnte mit seinem Antrag Erfolg haben, verschärfte er ihn noch und ließ die Zeitangabe wieder weg. Von einem Glätten der Wogen konnte keine Rede mehr sein. Es ging nur darum, daß der Dekan recht behalten sollte und nachgewiesen werden sollte, daß der Kirchenvorstand überfahren worden ist. Ich wollte mir aber nicht die Arbeit mit einer Frau aufladen, die Frau Jäger wollte, der aber der Sache nicht gewachsen war.

 

Am Donnerstag, dem 6. September wurde ich durch ein Mitglied des Kirchenvorstandes davon unterrichtet, daß mindestens ein Drittel des Kirchenvorstandes eine erneute Sitzung des Kirchenvorstandes zu der Frage einer Anstellung eines Verwaltungsleiters verlangt. Die Sitzung sollte nur kurz sein und im Wesentlichen in einer Wiederholung der Abstimmung bestehen. Nach verschiedenen Gesprächen seien Zweifel aufgekommen, ob die Abstimmung vom 29. August die wahre Meinung des Kirchenvorstandes widerspiegelt. Ich vertrat die Meinung, die Sache habe auch bis zum vereinbarten Sitzungstermin am 17. September Zeit. Es wurde jedoch eine Sitzung zum frühestmöglichen Zeitpunkt verlangt. Da die Einladungen erst am Freitag ausgefertigt und ausgetragen werden konnten, war die Sitzung für Montag, den 10. September, um 19.30 Uhr anberaumt. Es erhob sich kein Widerspruch, als die Dauer bis etwa 20 Uhr begrenzt wurde. Nach der neunten Sitzung in dieser Sache war das wohl zu vertreten.

In der Sitzung verlas ich dann eine Erklärung, die von mir formuliert war, aber die Wünsche der Antragsteller wiedergibt: „Nach der letzten Kirchenvorstandssitzung ist bei einigen Mitgliedern ein durch die Ausführungen des Herrn Dekan und des Herrn Johannes Unbehagen zurückgeblieben. Sie brachten zum Ausdruck, daß sie verunsichert worden. sind. Sie wollten vor allem eine Denkpause haben, aber nicht eine grundsätzliche und endgültige Entscheidung fällen. Zur eigentlichen Sache sei aber noch nicht abgestimmt worden. Deshalb erbitten sie eine erneute Abstimmung“.

Es schloß sich eine Aussprache bis etwa 19.55 Uhr an. Dabei stellte sich heraus, daß bei der Abstimmung am 29. August nicht jedem klar war, daß sein Pluszeichen eine Zustimmung zu einem Antrag bedeutete, der wiederum eine Negation eines früheren Beschlusses darstellte. Deshalb wurde der neue Antrag so formuliert, daß der Name einer Person im Mittelpunkt stand.

Der Antrag lautete: „Herr Winfried Hey, Lindenstr.44 a, wird nach erfolgter Taufe zum 1. November als Verwaltungsleiter angestellt“. Die geheime Abstimmung ergab 16 Ja-Stimmen und 5 Nein-Stimmen (ein Mitglied kam nach der Abstimmung, zwei fehlten wegen Krankheit, ein Mitglied wegen Urlaub). Auf eine entsprechende Frage hin wurden keine Einwände gegen das Verfahren und den Inhalt des Beschlusses erhoben. Es wurden dann noch Gehaltsfragen besprochen und das Protokoll gemacht. Herr Hey wurde vor der Anstellung getauft und konfirmiert und bald darauf kirchlich getraut, verheiratet war er seit 1982.

 

 

 

Tagungen in Berlin

Bei den Kollegen machte ich mich nicht besonders beliebt, weil ich oft (für sie) unkonventionelle Ansichten vertrat. So schrieb ich zum Beispiel in einem „Offenen Brief“ an die Pfarrer des Dekanats Schmalkalden: Der „Tag für Afrika“ veranlaßt mich, Ihnen noch einmal zu schreiben zu den beiden Themen, die ich auf der letzten Pfarrkonferenz angeschnitten habe. Ich sehe ein starkes Mißverhältnis zwischen den Lebensmöglichkeiten der meisten Menschen in der Welt und dem Aufwand, den wir treiben. Selbst wenn wir nach unserer Ansicht ganz einfach leben, geht es uns doch noch unendlich viel besser als der Masse der Menschen in der Welt. Wir könnten aber ohne Verlust an eigener Lebensqualität wenigstens dort ein kleines Zeichen setzen, wo es um unseren Luxus geht.

Die Fahrten nach Berlin sind zum Luxus geworden. Als es nicht anders ging, war es noch zu vertreten. Ab er die heutigen Möglichkeiten sind zum Glück doch anders. Der gleiche Zweck ist doch mit weniger Aufwand zu erreichen. Im Oktober habe ich an einem Pastoralkolleg teilgenommen, das vier Tage dauerte, ohne daß man zwei Tage auf der Autobahn herumlag). Sie waren mit Vorträgen und Diskussionen ausgefüllt, die sehr fruchtbar für die Gemeindearbeit waren (Über die Berlin-Tagungen hat einmal ein Teilnehmer gesagt: „Das ist doch nicht dazu da, es in die Gemeindearbeit umzusetzen, das ist doch nur für uns persönlich!“). Erstattet wurden nur die Fahrtkosten (Eisenbahnkilometer). Das Mittagessen zum Preise von 2 Mark wurde in der Mensa eingenommen, morgens und abends mußte man sich selbst verpflegen, übernachtet wurde im Studentenwohnheim. So wird es halt anderswo gehandhabt, aber es geht auch.

Wenn man einmal Abstand von der Gemeinde haben will, dann kann man auch nach Eisenach oder Friedrichroda oder sonstwo hingehen. Die Gäste aus Kassel können im kleinen Grenzverkehr - anders als früher - ohne weiteres dorthin kommen. Gedankenaustausch kann man auch mit weniger Aufwand erreichen. Das gesparte Geld könnte der „Aktion Brot für die Welt“ zur Verfügung gestellt werden

Das sollte auch mit den Zinsen der Spenden für die Aktion „Brot für die Welt“ geschehen. Der Spender stellt sich doch vor, daß sein Geld doch möglichst umgehend angewandt wird. Wenn das nicht möglich ist, sollte man ihm wenigstens sagen können, daß sein Geld durch die Zinsen sogar noch mehr wird. So aber muß man ihm sagen: „Von den Zinsen fahren die Pfarrer nach Berlin!“ (Im Jahre 1984 dürfte es sich ungefähr um die gleiche Größenordnung handeln. Ich fordere Sie auf, zu den sogenannten Pastoralkollegen eine wesentlichen finanziellen Beitrag zu leisten (vor allem auch für die Ehefrauen) und dafür zu wirken (zum Beispiel in der Synode), daß auch die Zinsen voll der Aktion „Brot für die Welt“ zur Verfügung zu stellen.

Für mich persönlich habe ich jedenfalls schon lange die Konsequenzen gezogen. Als uns gesagt wurde: „Wenn ihr nicht den Anschlußvertrag zustimmt, dann hören die Fahrten nach Berlin auf!“, da sind viel zusammengezuckt und haben sich gefügt. Ich aber wollte mich nicht mit materiellen Nachteilen erpressen lassen und frei bleiben in meinen Entscheidungen. Das war mein erster Grund, mich nicht mehr an den Fahrten nach Berlin zu beteiligen. Aber ich erkenne es immer mehr, daß man zweiter Grund (nicht vertretbarer Aufwand) damit zusammenhängt. Vielleicht ist in beiden Punkten noch nicht das letzte Wort gesprochen. Wir sollten im Gespräch darüber bleiben und Konsequenzen ziehen. Passiert ist natürlich nichts. Die Fahrten nach Berlin blieben. Es wurde weiter auf Kosten der Gemeinden geschlemmt und zum Beispiel im Hotel immer das teuerste Gericht bestellt – Schreiber bezahlt’s ja! Auf den Pfarrkonferenzen 1984 wurde nicht darüber gesprochen.

 

Austritt von Arno Nothnagel aus dem Kirchenvorstand

Schon in der Kirchenvorstandssitzung am 21. Januar 1985 sagte Herr Arno Nothnagel zur Frage seiner Beteiligung an der Arbeit im Kirchenvorstand: „Ich bin zur Zeit körperlich und nervlich angeschlagen. Solche zusätzlichen Aufregungen wie in den Kirchenvorstandssitzungen sind mir zuviel. Ich werde auch im Betrieb kürzer treten!“ (Er ist herzkrank). Er wurde gebeten, sein Verhältnis als Beurlaubung zu verstehen.

Aber die eigentlichen Gründe waren andere: Er hatte sich selbst zum Vorsitzenden des Finanzausschusses gemacht und berief diesen ein ohne Rücksprache mit dem Pfarrer. Man setzte sich mit dem Ehepaar Gießler zusammen und machte beiden Zusagen auf Lohnerhöhungen. Der Kirchenvorstand sollte das absegnen. Als ich darauf hinwies, daß es so nicht gehe und Herrn Nothnagel deswegen kritisierte, war er beleidigt und trat dann letztendlich aus. Am 25. März 1985 kündigte Frau Gießler die Küchenleitung (siehe Küche).

 

Persönliche Beteiligung bei Beschlußfassung und Verschwiegenheit

Bei dem Gespräch Anfang April 1985 in Springstille gaben Gießlers offen zu, daß sie von Frau Jäger über alle Einzelheiten der letzten Kirchenvorstandssitzung unterrichtet waren (jedenfalls soweit es sie betraf). Sie waren sogar der Meinung, das müßte so sein, sie hätten ein Recht darauf und auch die Gemeinde müsse das wissen. Leider hat der Dekanatssynodal­vorstand nicht gleich etwas unternommen, wie das seine Pflicht gewesen war. Aber immerhin sagte der Dekan: „Die Beschlüsse könn­ten sie zwar wissen, aber nicht, wie sie zustande gekommen waren!“

Gießlers äußerten auch, der Kirchenvorstand sei schwach und mache doch nur, was der Pfarrer (Heckert) sagt. Dem wurde von Herrn Nothnagel entschieden widersprochen. Das Gleiche taten die Kirchenväter, als ihnen das berichtet wurde. Aber wenn man den Aussagen der Sippe Gießler unbesehen glaubt, kann natürlich der Eindruck entstehen‚ der Kirchenvorstand habe nichts zu sagen. Man sollte aber nicht die befragen, die gar nicht dabei sind, sondern vielleicht einmal selber kommen und den Ablauf der Sitzung verfolgen.

 

Am 21. Mai 1985 schrieb ich an den Dekanatssynodalvorstand: „Die Arbeit in unsrem Kirchenvorstand wird seit einiger Zeit zunehmend erschwert, weil immer wieder Einzelheiten aus den Sitzungen (oft in entstellter Form) nach außen dringen. Vor allem trifft das auf Dinge zu, die die Angestellten betreffen. Dadurch ist schon viel böses Blut entstanden, weil ja Dinge mitgeteilt wurden, die noch gar nicht spruchreif waren, sondern nur erst einmal diskutiert werden sollten.

Seit zwei Jahren habe ich in jeder Sitzung auf das Gebot der Verschwiegenheit hingewiesen und teilweise auch die Punkte extra angesagt, die vertraulich sind. Dennoch sind in der kirchlichen und vor allem der nichtkirchlichen Öffentlichkeit die wildesten Behauptungen über Vorgänge der Kirchengemeinde im Umlauf. In der gestrigen Kirchenvorstandssitzung haben Mitglieder empört Beispiele dafür genannt. Einige haben mich wissen lassen, daß sie nur noch mir zuliebe im Kirchenvorstand sind.

Woher die falschen Behauptungen kommen, ist nach dem Gespräch des Ehepaars Gießler mit einigen Mitgliedern des Dekanatssynodalvorstandes erwiesen. Gießlers waren ja sogar der Meinung, sie hätten ein Recht darauf, über den Inhalt der Kirchenvorstandseitzungen bis in alle Einzelheiten unterrichtet zu werden. Sie haben auch die Quelle für ihre „Informationen“ genannt, nämlich Frau Waltraud Jäger, die Schwester von Herrn Gießler.

An sich hätte hier der Dekanatssynodalvorstand sofort Maßnahmen veranlassen müssen, wenn ihm Verstöße gegen die kirchliche Ordnung bekannt werden. Ein solches Verhalten widerspricht dem: Versprechen eines Kirchenvorstehers und schadet dem Ansehen der Kirchengemeinde. Außerdem wird die Arbeit des Kirchenvorstandes in unerträglicher Weise erschwert, weil unter solchen Umständen es viele Kirchenvorsteher nicht wagen, ihre Meinung offen zu sagen. Abstimmungen können nur noch geheim vorgenommen werden.

Schon vor der Sitzung und dann noch einmal in der Sitzung habe ich Frau Jäger aufgefordert, entsprechend der Ordnung der Kirche die Sitzung bei dem Tagesordnungspunkt zu verlassen, bei dem es um ihre Verwandten gehen sollte. Sie weigerte sich jedoch mit dem Argument, sie sei Mitglied des Kirchenvorstandes und könne deshalb nicht vor die Türe gewiesen werden. Daß sie aber am Gegenstand der Verhandlung persönlich beteiligt ist, wird dadurch erwiesen, daß sie ihren Verwandten alle Einzelheiten erzählt und das auch in der Sitzung nicht geleugnet hat. Dahinter steht Methode. Hier wird bewußt versucht, der Kirche zu schaden. Es soll der Eindruck erweckt werden: „Seht, so ist die Kirche. Wir haben es ja schon immer gewußt, wahres Christentum müßt ihr woanders suchen“.

Am 21. Mai 1985 bat ich noch einmal den Dekanatssynodalvorstand, auf Frau Jäger einzuwirken, daß sie die Sitzungen verläßt, wenn es um ihre Verwandten geht. Doch ich erhielt auf mehrere Briefe in dieser Sache keine schriftliche Antwort, man sagte mir nur einmal nebenbei, das könne man nicht machen. Offenbar ist es leichter, einen Pfarrer zu entlassen, der seine Pflicht tut, als einen Kirchenvorsteher, der seine Pflicht verletzt.

 

Das Problem Frau Jäger: Versuche zum Ausschluß

Bei einem Gespräch am 17. Oktober 1985 in ihrer Wohnung habe ich Frau Jäger unumwunden gefragt, ob sie nicht aus dem Kirchenvorstand austreten wird, wie das Herr E. H. angedeutet hat. Zu mir sind jedenfalls schon Kirchenälteste gekommen und haben gefragt, ob die Austrittserklärung eingegangen wäre. Darauf antwortete sie: „Das waren andere, die gesagt haben, sie würde ausscheiden. Das würde Ihnen nur recht sein, wenn Sie im Kirchenvorstand alles behaupten könnten, ohne daß es jemand richtigstellt!“ (umgedreht ist es: Ich muß richtigstellen). Wieder Frau Jäger: „Das wollen auch nur einige, die gegen die Gemeinschaft sind!“ Darauf ich: „Das ließe sich ja feststellen durch Abstimmung!"

Ich machte ihr dann den Vorwurf, daß sie sich nicht loyal gegenüber der Kirchengemeinde verhalten habe. Sie hätte mindestens mitteilen müssen, daß da ein Brief an den Landeskirchenrat geplant ist, damit man wenigstens die schlimmsten Auswüchse vielleicht hätte verhindern können. So aber hat sie dem Ansehen des Kirchenvorstandes und der Gemeinde geschadet und das Gerede sogar aktiv gefördert, zum Beispiel am Tag nach der Kirchenvorstandssitzung am 20. Mai hat sie Frau H. angesprochen. Die Antwort war: „Ich spreche öfter mit der Cousine meiner Freundin, da kann ich mich doch mit ihr unterhalten!“ Doch sie hat ja nicht über Privates gesprochen, sondern über Kirchliches, Ursel kam ja vorbei und hat es gehört, auch die verlegene Reaktion der Frau H. bemerkt.

Zu diesem Abschnitt des Gesprächs sagte sie dann noch abschließend: „Ich bin nur froh, daß ich einmal zu Gott komme und dann alles offenbar wird, wie es gewesen ist. Dann wird sich herausstellen, daß ich nie gelogen habe. Ich kann ja gar nichts Böses tun, weil ich mich einmal vor Gott zu verantworten habe!“ Das ist genau das Selbstbewußtsein der Gemeinschaftsleute; so redeten auch Gießlers, bis sie überführt wurden.

Ich sagte: „Wir müssen auch etwas beraten können, ohne daß es die Betreffenden gleich erfahren. Was Herr E. H. in den Punkten 4 2b - 4 vorgetragen hat, ist nur im Kirchenvorstand gesagt worden. Wenn etwas zu berichtigen ist, dann nur dort und nicht bei allen, an die das Gerücht ausgestreut worden ist!“ Darauf Frau Jäger: „Auch andere tragen weiter. Am Montag nach dem Gespräch in Schmalkalden wurde ich im Geschäft gefragt, wie es denn ausgegangen sei!“ Doch vielleicht hat sie vergessen, daß ja gerade ihre Partei groß von dem bevorstehenden Gespräch gesprochen hat!“ Ich sagte jedenfalls: „Sie brauchen sich nicht zu wundern‚ wenn nun auch andere aktiv werden‚ um das wieder zurechtzurücken‚ was falsch dargestellt worden ist!“

Als ich schon im Gehen war, sagte sie noch: „Ich werde es mir überlegen. Ich sagte: „Ich sage weder Ja, noch Nein dazu. ich wollte Ihnen das nur mitteilen!“ Sie sagte noch in der Korridortür, es wäre gut gewesen, daß ich den Mut (!) gehabt hätte, zu ihr zu kommen. Das hätte ich schon früher in anderen Fällen machen sollen, da wäre manches anders gekommen!

Am 2. Dezember 1985 wollte ich eine Überprüfung, ob die Voraussetzungen für die Wählbarkeit für den Kirchenvorstand für Frau Jäger noch gegeben sind, weil sie bei dem Brief von Herrn E. H. der wesentliche Zuträger war, weil sie ständig Angestellte gegen den Kirchenvorstand und die leitenden Personen auf hetzt und weil sie sich nicht am kirchlichen Leben beteiligt.

Dazu liegt ein schriftlicher Antrag vor. Des weiteren haben drei Kirchenälteste einen mündlichen Antrag gestellt. Man wollte dann wissen, wer die Antragsteller seien, sie sollten sich doch offen dazu bekennen. Ich lehnte das ab, weil die Betreffenden dann doch nur schlecht gemacht werden. Es genügt auch, wenn ich den Antrag stelle. Wiederum forderte ich Frau Jäger zum Verlassen der Sitzung auf. Sie blieb ohne Äußerung sitzen.

Es sollte dann darüber abgestimmt werden, ob der Kirchenvorstand ausdrücklich wünscht, daß Frau Jäger in der Sitzung da bleibt. Herr Nothnagel las noch einmal die entsprechende Bestimmung vor. Daraufhin stellte Herr HC. den Antrag, den Punkt ganz fallen zu lassen. Da dieser Antrag weiter gefaßt war, mußte über ihn zuerst abgestimmt werden. Herr H. verlangte offene Abstimmung mit Handzeichen. Ich lehnte das wieder ab, weil viele sich da enthalten bzw. nicht ehrlich abstimmen können bzw. üble Nachrede fürchten müssen.

Ich teilte Zettel und Bleistifte aus und lies einen Kasten herumgehen, in den die Zettel eingelegt werden sollten. Ich gab den Kasten nach rechts durch. die Reihe. Dabei wäre es fast zu einer Schlägerei gekommen, denn als der Kasten zu Herrn Holland-Cunz kam, nahm er die schon eingelegten Zettel heraus, zerriß sie und steckte die Schnipsel ein. Ich war erst sprachlos. Herr Nothnagel rügte das Verhalten und sagte, so gehe es doch auch nicht. Ich fragte Herrn Holland-Cunz erneut, ob eine zweite Abstimmung ordnungsgemäß verlaufen könnte. Er sagte, er werde alles tun, um eine Abstimmung zu verhindern. Es ging nicht darum, ob Frau Jäger ausscheiden sollte, sondern nur, ob dieser Punkt auf die Tagesordnung kommen soll und ob sie dabei bleiben kann.

Als es darum ging, ob Frau Jäger noch die  Beihilfe erhält, obwohl sie am 31.Dezember nicht mehr im Dienst war, ergab die geheime Abstimmung eine Ablehnung mit 9 : 6 Stimmen abgelehnt. Daran wird deutlich, wie die erste Abstimmung ausgegangen wäre; wahrscheinlich wäre die Mehrheit noch größer gewesen‚ denn in dieser Sachfrage konnte man ja immer noch geteilter Meinung sein. Frau Jäger jedenfalls sagte abschließend noch, sie habe ja keinen Antrag gestellt.

Das ist ja das Beschwerliche an der Sache: Sie sitzt still dabei, während andere ihr Geschäft treiben. Sie hat das erreicht, was sie wollte‚ nämlich den Kirchenvorstand gegeneinander zu hetzen. Es redeten in der Sitzung fast nur Herr HC,  Herr H. und Frau HM. Herr Holland-Cunz ist ihr aus irgendeinem Grund verpflichtet, der mit seiner Frau zusammenhängen könnte. Auf alle Fälle aber hat er auch von den Bananen erhalten. Aber vielleicht denkt er, wir wüßten das noch nicht und er müßte es verbergen. Jedenfalls muß ihm allerhand im Nacken sitzen, wenn er so unbeherrscht und persönlichkeitsfremd handelt.

Dazu muß man wissen: Herr H. war sich mit seiner Frau einig, daß sie sich scheiden lassen würden. Sie wollten aber erst noch im Sommert eine Reise in den Westen machen. Dafür hätten sie aber kein Visum erhalten, wenn sie geschieden worden wären. Nun arbeitete Frau H. aber in der Buchdruckerei Beckmann, deren Inhaber Heinz Beckmann mit der Tochter von Gießlers verheiratet war. Damit diese nichts von den Plänen des Ehepaars H. erzählen sollten, hat Herr H. bedingungslos der Familie Gießler beigehalten. Dabei steht der Buchdrucker sicher über den Dingen, läßt sich von dem Weibergezänk nicht beeinflussen; auch seine Frau ist stets freundlich zu uns, der Sohn kommt zum Jugendabend‚ die Tochter in die Christenlehre. Frau HM. ist so wegen ihrer Tochter, die im Kindergarten arbeitet und da durch wenig Können, aber ein großes Mundwerk auffällt.

 

Dann ging es um die Dienstanweisungen. Herr HC. sagte, es sei noch kein Ergebnis da, wenn es soweit sei, wolle er mir Bescheid geben. Ich entgegnete, daß die Sache keine Zeit habe (sie stand schon zum dritten Mal auf der Tagesordnung). Eine Dienstanweisung wird an sich vom Arbeitgeber aufgestellt, ohne daß der Beschäftigte befragt wird. Herr HC. und Herr M. verstanden ihre Aufgabe aber so, daß sie erst bei Gießlers ausloten sollen, ob die mit allem einverstanden sind und ob sie noch eigene Wünsche haben. Ich wollte dann eine Dienstanweisung vorlegen, die Herr Hey nach den Gesprächen des Ausschusses erarbeitet hatte. Ich las auch den ersten Abschnitt vor, aber es wurde immer wieder diskutiert, immer neue Dinge aufgegriffen und auf Einzelheiten herumgehackt.

Es ist einfach eine Opposition da, die alle anderen mundtot macht. Nur Herr N. und Herr R. wagen noch einmal etwas zu sagen. Herr R. sagte mehrfach: „Es geht doch nur darum, daß der Pfarrer Heckert fort soll!“ Zumindest soll ich vom Vorsitz verdrängt werden. Sie denken, mit einem anderen Vorsitzenden werde es für Gießlers leichter. Dieser Vorsitzende soll HC. heißen, denn es wurde schon gesagt, Pfarrer Peters könne das nicht.

Dabei bedenkt man aber wohl nicht, daß Vorsitz im Kirchenvorstand und Geschäftsführung des Pfarramts zwei unterschiedliche Dinge sind. Es herrscht ja immer noch die Vorstellung, daß letztlich der Pfarrer alles entscheidet. Also müßte ein Laienvorsitzender auch alles entscheiden können, auch ohne Kirchenvorstand. Das wird deutlich an Äußerungen wie „Herr HC. will sich zum Pfarrer aufspielen!“ Obwohl ich an sich für Laienvorsitz bin, ist Herr HC. jedoch denkbar ungeeignet, denn er würde weit undemokratischer handeln als ein Pfarrer sich das wagen könnte. Das, was mir immer von dieser Seite vorgeworfen wird, wäre dann wirklich da.

 

Es gab auch Kirchenvorstandssitzungen, in denen sachlich geredet wurde, jeder zu Wort kam und viele Punkte erledigt werden konnten. Aber da waren die Quertreiber nicht da. Aber oft ging es bei den Punkten durcheinander. Es wurden Dinge vorgebracht, die nicht auf der Tagesordnung standen, auch absichtlich vorher nicht mitgeteilt wurden. Nichts wurde abgeschlossen, vieles an die Ausschüsse verwiesen, wo es dann versandete.

 

 Frau Jäger machte weiter mit der Zuträgerei, auch wenn sie gar nicht dabei war. Die Küchenleiterin behauptete am 26. November  1985, der Verwaltungsleiter sei in den Kindergarten gegangen, um nachzuprüfen, wie viele Kinder da sind und wie viele Orangen dementsprechend ausgegeben worden sind. Abgesehen davon, daß er das dürfte und nach den vorangegangenen Vorfällen das sogar nötig wäre, stimmt es einfach nicht. Am Dienstag nach der Kirchenvorstandssitzung verlies Frau Jäger um 10 Uhr das Gemeindehaus. Herr Hey war nicht da, weil er für die Krippenspiele in Rotterode und Altersbach Stoffe besorgte. Kaum war er im Haus, kam Frau Gießler ins Büro und sagte: „Ich habe nicht behauptet, daß Sie im Kindergarten gewesen wären und die Kinder gezählt haben‚ um herauszufinden, Orangen verbraucht wurden. Vielmehr war eine Kinderdiakonin bei Ihnen und die haben Sie gefragt, wie viele Kinder da sind!“ Sie nahm also ihre Behauptung teilweise zurück, aber auch der Rest stimmte nicht. Die neue Angabe ist immer noch so erlogen wie das andere auch. Sie sollte die Kinderdiakonin nennen‚ die das behauptet hatte, aber das wollte sie nicht. Der Kirchenvorstand hat gewollt, daß man beide Seiten gegenüberstellt.

Herr Hoffmann berichtete auf der Dekanatssynode, er würde immerzu aus Steinbach angerufen. Dabei handelt es sich aber immer wieder um die gleiche Person, die am Ende noch über das Diensttelefon in der Schwesternstation anruft. Er fühlt sich wahrscheinlich als Anwalt der Frau Jäger - aber hört immer nur die eine Seite. Wahrscheinlich hat er auch längst bereut, daß er überhastet und ohne seine Kirchenvorstände zu befragen die Kirchensteuerkartei aus der Steinbacher Kirchenkasse mitgenommen hat, so daß die Kirchensteuer für sein Kirchspiel nicht mehr von Steinbach aus verwaltet wird, sondern weiter von Frau Jäger gemacht wird, Jetzt kommen die Leute auf die Kirchenkasse. Dort ist aber nicht hinter lassen worden, wohin sie sich wenden sollen. Es gibt keine festen Öffnungszeiten bei Frau Jäger, die Leute haben längere Wege. Nicht zuletzt ist Herr Hoffmann auch ins Gerede gekommen, weil er eine alleinstehende Frau in ihrer Privatwohnung öfters aufsucht. Sicher ist das nur dienstlieh und jeder Pfarrer kann in diesen Verdacht kommen; aber man mache den. Leuten einmal klar, wie sich das alles verhält!

 

Am 1. November 1985 schrieb ich an den Dekanatssynodalvorstand:  „Auf meine Briefe vom 21. Mai und 4. Juli 1985 betreffs Verschwiegenheit im Kirchenvorstand habe ich keine Antwort erhalten. Darum bitte ich heute noch einmal um eine Entscheidung. Nach den Vorgängen im Zu­sam­menhang mit dem Brief von Herrn Häfner nach Eisenach ist nach meiner Ansicht kein Platz mehr für Frau Jäger im Kirchenvorstand. Das Gleiche gilt für Frau Holland-Moritz und Frau Holland, die aller Wahrscheinlichkeit nach mit die Zuträger für Herrn Häfner waren.

Ein Kirchenvorsteher verletzt schon dann seine Pflicht, wenn er von so einer Sache weiß und den Pfarrer nicht unterrichtet, damit er versuchen kann, die Sache richtigzustellen und zu verhindern. Wenn dazu sogar noch eine aktive Beteiligung kommt, grenzt das an kirchenfeindliche Betätigung; hier sollte ja nicht nur einem Pfarrer geschadet werden, sondern dem Kirchenvorstand und der Kirchengemeinde.

Nach dem Gespräch vom 13. September hat sich keine Änderung der Beschwernisse ergeben, sondern in provozierender Weise werden Beschlüsse des Kirchenvorstandes und Anordnungen des Verwaltungsleiters mißachtet. Frau Gießler schaltet und waltet in der Küche nach Belieben, ihr Mann entsprechend auf dem Friedhof. Auch im Kindergarten mangelt es an der Zusammenarbeit mit dem Kirchenvorstand und seinen Ausschüssen. Drahtzieher ist jeweils Frau Jäger, auch wenn sie geschickt im Hintergrund bleibt.

Im Kirchenvorstand gibt es keine offene Aussprache mehr, weil jeder befürchten muß, daß er wegen seiner Stellungnahme in der Öffentlichkeit herabgesetzt wird. Manche Kirchenältesten reden in der Sitzung anders als unter vier Augen.

Dazu kommt, daß Frau Jäger seit mehr als zwei Jahren so gut wie nicht mehr am Gottesdienst teilgenommen hat. Daraufhin angesprochen sagte sie, sie gehe nach Herges in den Gottesdienst, weil das näher sei (etwa 200 Meter). Doch wenn ein Kirchenältester die Gemeinde vertreten will, dann muß er auch im Gottesdienst anwesend sein, sich an den Aufgaben beteiligen und Ansprechpartner für die Gottesdienstbesucher sein. Ein Vorbild für die Gemeinde ist sie schon lange nicht mehr. Eine ganze Reihe von Gemeindegliedern hat mehr oder weniger lautstark ihr Ausscheiden aus dem kirchlichen Dienst begrüßt.

Es wäre auch zu überprüfen, ob Dankrente und Sonderzuwendungen noch gewährt werden können. Ich würde gern den Kirchenvorstand geheim darüber abstimmen lassen, ob die Voraussetzungen für die Wählbarkeit noch gegeben sind. Mehrere Kirchenvorsteher haben mich schon darauf angesprochen, ob nicht eine Austrittserklärung von Frau Jäger vorliegt.

Wenn es in der laufenden Periode des Kirchenvorstandes nicht möglich sein sollte, daß Frau Jäger aus dem Kirchenvorstand ausscheidet und sie wiederum auf die Kandidatenliste kommen sollte, bleibt mir nichts anderes übrig als die Wähler öffentlich aufzufordern, diese Frau nicht wieder zu wählen. Bis jetzt habe ich mich immer korrekt verhalten und sie zum Beispiel zu den Sitzungen eingeladen. Würde man nicht eingreifen, wenn ich das unterließe? Warum geht man nicht gegen Unkorrektheiten der Mitglieder vor? Das Instrumentarium liegt doch vor! Wieviel Schaden muß denn noch angerichtet werden, ehe man sich zu einem Eingreifen aufrafft? Ich bin dem Dekanatssynodalvorstand dankbar für seine Haltung und seine Bemühungen am 13. September. Aber der zweite Schritt - die Konsequenz aus dem dort ans Licht Gekommenen - fehlt noch.

 

Zum Ganzen wäre zu sagen: Ein Vorbild für die Gemeinde ist Frau Jäger schon lange nicht mehr. Eine ganze Reihe von Gemeindegliedern hat mehr oder weniger lautstark ihr Ausscheiden aus dem kirchlichen Dienst begrüßt. Ein großer Teil der Kirchenältesten würde auch ihr Ausscheiden aus dem Kirchenvorstand begrüßen. Da hätten wir eher die Chance, wieder zu einer vernünftigen Arbeit zu kommen.

Frau Jäger hetzt die Angestellten gegen den Gemeindekirchenrat und die verantwortlichen Leiter auf. Sie ist jeden Tag im Gemeindehaus und spricht mit den Angestellten, die zum Teil mit ihr verwandt sind, zum Teil eng mit ihr befreundet sind. Wenn man die Leute unvorbereitet und einzeln anspricht, geht es mit ihnen. Aber wenn Frau Jäger mit ihnen gesprochen hat und besonders wenn sie mitgeteilt hat, was zu der Sache schon im Gemeindekirchenrat gesprochen wurde, sind sie nicht mehr zu genießen.

Am 13. September hat ein Gespräch mit dem Dekanatssynodalvorstand stattgefunden. Danach war die Chance zu einem Neuanfang. Doch von einem Teil der Angestellten wurden in provozierender Weise Beschlüsse des Kirchenvorstandes und Anordnungen des Verwaltungsleiters mißachtet. Auch im Kindergarten mangelt es seit einiger Zeit an der Zusammenarbeit mit dem Kirchenvorstand und seiner Ausschüssen. Drahtzieher der Schwierigkeiten ist vornehmlich Frau Jäger, auch wer sie geschickt im Hintergrund bleibt.

 

Am 19. Dezember 1985 meinte Herr R., Frau Jäger sollte sich im Gemeindehaus zurückhalten. Sie antwortete: „Mit meinen Verwandten darf ich doch reden. Über Sachen der Kirchengemeinde sage ich nichts!“ Daraufhin sagte ich: „Nach der letzten Sitzung stürmte Frau Gießler auf die Kirchenkasse und sagte: ‚So habe ich das aber nicht gesagt!‘ Sie nahm ihre Behauptung halb zurück, aber die andere Hälfte ist auch noch falsch. An diesem Dienstagvormittag war vom Kirchenvorstand nur Frau Jäger im Gemeindehaus gewesen. Darauf wieder Frau Jäger: „Hier im Haus stehen die Türen auf, da können auch andere mithören. Ich weiß, wer es gewesen ist (!). Seit September habe ich nichts mehr aus den Sitzungen gesagt. Sie aber schicken sogar ihre Spitzel aus, um zu sehen, mit wem ich rede!“ Darauf wieder ich: „In dem einen Fall war es meine Frau, die zufällig auf der Straße vorbeikam. Wenn Sie etwas Unverdächtiges gesprochen hätten, dann hätten Sie nicht im Gespräch abzubrechen brauchen und verlegen zu werden. Im zweiten Fall war ich selber der ‚Spitzel‘! Wir werden ja sehen, wie es morgen ist. Aber ich brauche morgen nur die Gesichter anzusehen, dann weiß ich, daß wieder ‚informiert‘ wurde!“

Am 5. April 1986 sagte Frau Jäger sogar zu Herrn Bunge, sie würde auch aus dem Kirchenvorstand ausscheiden, wenn das gewünscht werde. Aber sie zweifle daran, daß eine Mehrheit des Kirchenvorstandes das wolle. Das kann sie gut behaupten, nachdem die Abstimmung darüber verhindert wurde. Herr Bunge hat ihr (leider) abgeraten, aus dem Kirchenvorstand auszuscheiden. Sein Argument: Wenn sie draußen ist, dann ist sie noch gefährlicher, so kann sie mehr in Pflicht genommen werden. Aber auch als Mitglied hat sie ja schon keine Rücksicht genommen. Ich sagte dazu „Das habe ich auch schon gedacht. Die Anregung zu dem Antrag, den Ausschluß zu beantragen, ist aus dem Kirchenvorstand gekommen. Er war nicht meine Initiative allein, auch wenn es mir sehr entgegenkam.“

Herrn Bunges Anliegen war es offenbar, mich davon abzubringen, weiter den Ausschluß von Frau Jäger zu betreiben. Ich sagte dazu: „Es ist mir ja klar geworden, daß man zwar einen Pfarrer leicht abschießen kann mit reinen Verdächtigungen, indem man eine Situation herbeiführt, die eine gedeihliche Zusammenarbeit nicht mehr erwarten läßt. Aber einem Laien im Kirchenvorstand kann man offenbar nichts anhaben, der kann sich fast alles erlauben, kirchliche Mitarbeiter verleumden, nicht zum Gottesdienst kommen‚ Angestellte aufhetzen, usw. Höchstens eine rechtskräftige Verurteilung durch ein ordentliches Gericht hilft da.“

 

Leider wußte ich damals nicht (obwohl ich mich sonst gut in den Gesetzen auskannte), daß ein hauptamtlicher Mitarbeiter der Kirche gar nicht Mitglied im Kirchenvorstand sein kann. Dieser ist ja Arbeitgeber und Dienstvorgesetzter. Man kann aber nicht gleichzeitig Vorgesetzter und Angestellter sein. Anfangs war Frau Jäger ja nur nebenamtlich tätig, da wäre es noch gegangen. Aber wie üblich wurden es immer mehr Stunden. Spätestens bei der vollen Anstellung hätte sie aus dem Kirchenvorstand ausscheiden müssen. Aber ich bin sicher, wenn ich den Dekan aufgefordert hätte, die Regelung für die gesetzliche Regelung über die Unvereinbarkeit von Amt und Anstellung im Kirchenvorstand durchzusetzen, dann hätte es nicht gemacht, er war sich ja selbst Gesetz. Auch Herr Weisheit hätte als Dekanats­rechner nicht Mitglied des Dekanatssynodalvorstandes sein können.

 

Im Jahr 1986

Auf der Dekanatssynode am 15. März 1986 wurde wieder der Eindruck erweckt, daß ich allein an allem schuld bin. Auch die Maßnahmen sollen sich zuerst gegen mich richten. Angeblich kann man ja einem Angestellten oder einem Kirchenvorsteher nichts tun. Der kann Gerüchte und Verleumdungen in die Öffentlichkeit bringen, ein Pfarrer aber darf nicht einmal die Wahrheit sagen.

 

Bei der Sitzung am 24. März 1986 leugnete Frau Jäger wieder entschieden ihre frühere Ankündigung, sie wolle mit Erreichen des Rentenalters aufhören (das hat sie mehrfach mir gegenüber erklärt, aber auch Gemeindegliedern und Rüstzeitteilnehmer gegenüber, und zwar lange bevor es die bekannten Schwierigkeiten gab). Als Herr R. ausführte: „Als wir uns um einen Nachfolger bemühten, hat sie alle Interessenten schlechtgemacht und ihnen sogar noch falsche Dinge über die Tätigkeit erzählt!“ Da rief Frau H.: „Man meint, der müsse einen Vogel haben!“ Als Herr R. dann Frau Jäger fragte, ob ihr das Wohl der Gemeinde am Herzen liege, da sagte Frau HM.: „Hast du noch mehr so Märchen in deinem Dingsda. Lies nur so weiter mit deinen Schmierereien!“ So war eben der Ton!

Herr H. sagte zu mir gewandt: „Man muß doch zusammenarbeiten. Aber es gibt so viele Dinge, wo Sie zu kleinlich sind.“ Es ging für mich nur darum, Vorschriften einzuhalten und alle gleich zu behandeln. Schon am 19. Dezember 1985 hatte ich gesagt: „Sie sind also der Meinung, wenn ich nicht so kleinlich wäre, liefe der Laden. Der Versuch ist aber doch schon gelaufen. Ich habe mich schon lange herausgehalten, seit September völlig. Aber von der anderer Seite fehlt die Reaktion, es ist schlimmer geworden als früher

Besonders Herr H. sprach immer von Kleinigkeiten und Kleinlichkeiten. Er ist der Meinung: „Wenn man immer allem nachgeht und alles aufgreifen will, dann wird der Schaden größer, als wenn man alles laufen läßt“. Er sagte sogar: „Bei uns ist es schlimmer als in einem volkseigenen Betrieb!“ Damit hat er zum Teil recht: Was sich einige hier erlaubt haben, das wäre in einem VEB nicht möglich. Andererseits läßt man dort zum Teil manches durchgehen, so daß es keine Schwierigkeiten mit den Beschäftigten gibt. Doch in der Kirche können wir diese Moral nicht mitmachen: „Ist ja volkseigen und deshalb auch mir!“ Wir müssen jedem Geber die Garantie geben, daß das Bestmögliche mit seinem Geld gemacht wird und nicht unnütz Geld ausgegeben oder auf die Erhebung von Gebühren verzichtet wird.

 

Ich wurde dann aber aufgefordert, auch einmal privat mit den Angestellten im Kindergarten zu sprechen. Da war ich aber mehr für Zurückhaltung und sagte, daß ich das auch Herrn Hey empfohlen habe. Denn es könnte sein, daß man sich dann andersherum aufregt über angeblich zu enge Kontakte. Es wäre schon gut, wenn ein sachliches Verhältnis herrschte. Erst hat man mir glaubensmäßig etwas anhängen wollen, dann verwaltungsmäßig und zuletzt versucht man es noch auf dem Gebiet der zu engen Kontakte. Da kann man sicher sein, daß die Kirche sofort eingreift!

Ich führte dann noch aus: „Das schwierigste Problem ist, daß im Kirchenvorstand immer einige dagegen arbeiten. Sie machen die Kirche in der Öffentlichkeit schlecht und hetzen die Angestellten immer wieder auf. Sie sind nicht bereit, sich einer Mehrheitsentscheidung zu beugen.“  Doch Dekan Schreiber meinte, man müsse auch auf eine Minderheit Rücksicht nehmen. Aber ich entgegnete: „Aber es geht nicht, daß man Beschlüsse nachträglich wieder umstoßen will und von außen den Hebel ansetzt. Das war schon immer unser Problem, auch in ganz anderen Dingen.“

Die Schwierigkeit in all den Jahren bestand darin, daß einfach etwas an dem bestehenden Zustand geändert wurde, ohne daß der Kirchenvorstand oder sonst jemand danach gefragt worden wäre. Dem Kirchenvorstand blieb dann nichts anderes übrig, als um des Friedens willen alles nachträglich zu genehmigen. Wo das aber aus prinzipiellen Gründen nicht möglich war, gab es dauernd neuen Ärger.

 

Austritt und Kündigungen:

Am 21. April 1986 gab Frau Christa Holland drei Briefe im Oberstädter Pfarrhaus ab, in denen sie ihren Austritt aus dem Kirchenvorstand begründet. Offenbar war beabsichtigt, daß diese Briefe in der Sitzung verlesen und besprochen werden sollten, so daß wiederum die Sitzung gesprengt worden wäre und wir wieder nicht zu einer sachlichen Arbeit gekommen wären. An sich hätte es genügt, nur den Austritt zu erklären, ohne Begründung. Aber offenbar kam es ja gerade auf die Begründung an. Aber es ging offenbar darum, Breitenwirkung zu erzielen und den Eindruck zu erwecken, daß noch nichts geklärt ist. Sie wurde dann noch einmal umgestimmt. Aber als ich am 23. Juni 1986 erwähnte, daß Gießlers und auch andere sich nicht einfach aus dem Garten bei dem Haus bedienen können, nahm Frau Holland das zum Anlaß, zu erklären sie trete jetzt doch aus dem Kirchenvorstand aus.

Zum 23. Mai 1986 kündigte die Familie Werne rund Inge Gießler. Nach der Dienst­besprechung im August 1986 hatten Herr Nothnagel und Herr Reumschüssel Frau Andrea Gießler gefragt, wie es denn nun mit ihrer Kündigung stehe .Sie sagte: „Der Termin der Kündigung steht noch nicht fest!“ Anschließend lief sie zu ihrem Mann (sie hat sich also unerlaubt von der Arbeit entfernt) und der ging zu Herrn Reum­schüssel und sagte: „Meine Frau will gar nicht kündigen. Sie hat das damals aus einem ersten Impuls heraus gesagt, weil die Schwiegereltern gekündigt hatten. Aber jetzt will sie weiterarbeiten!“

Mit anderen Worten: Sie habe uns damals unter Druck setzen wollen, indem gleich zwei kündigen. Auch Ute König hat ja von Kündigung geredet. Sie dachten, wir kriegten niemand anders und würden sie dann bitten, doch weiterzuarbeiten. Nun hat es aber sogar mit der Vertretung durch Frau W. geklappt, jetzt merken sie, daß sie so nötig auch wieder nicht gebraucht werden.

Und schließlich spielen ganz eindeutig auch die Sonderzuwendungen aus dem Westen eine Rolle.

Ich hatte alle Gießlers nach ihrer mündlichen Kündigung in Eisenach abgemeldet. Als die Zuteilung des Geldes ausblieb, beschwerte sich Frau Jäger telefonisch (!) bei der Sachbearbeiterin. An meinem letzten Urlaubstag erfuhr ich von Herrn Nothnagel, daß sich Andrea Gießler beschwert hatte, weil ihr die Sonderzuwendungen für 1986 nicht mehr ausgezahlt wurden. Das heißt: Frau Jäger hat in Eisenach angerufen und Frau Mankel angeschrien (!), wie sie dazu käme, so etwas zu machen. Sie stellte es so dar, als hätte gar keine Kündigung vorgelegen und ich hätte eigenmächtig gehandelt. Frau Mankel sagte, sie könne natürlich nur nach dem handeln, was ihr gemeldet wird.

Als Werner und Inge Gießler ihre Kündigung mitteilten, schrieb ich gleich über Pfarrer Penckert nach Eisenach und meldete sie ab. Etwas später erfuhr ich, daß auch Andrea Gießler kündigen will. Da machte ich einen Nachgang zu dem Schreiben (nicht über Penckert), so daß auch Andrea abgemeldet wurde. Erst später stellte sich heraus, daß sie nicht wie die anderen am 31. Mai kündigen will, sondern erst am 31. August. Am 1. August sagte sie nun, der Termin der Kündigung stehe noch nicht fest.

Aber natürlich kann man es auch nicht so machen, daß man erst eine konkrete Aussage macht und dann ohne Begründung wieder davon abrückt. Schließlich habe ich mich ja nun um jemand anders bemüht, da kann man nicht - wenn wider Erwarten jemand gefunden wurde - nachher sagen: „Ätsch, ich kündige gar nicht!“ Die Gefahr ist dann nämlich, daß die Interessenten wieder abspringen und sich anderswo etwas suchen. Aber wenn es dann soweit ist, dann wird uns doch gekündigt, damit bewiesen ist, daß wir nämlich doch keinen Ersatz finden.

Da ich auf dem Weg nach Eisenach war, um eine Lesepult abzuholen, ging ich auch zum Diakonischen Werk zu der Sachbearbeiterin. Ich erklärte ihr, daß meine Meldung nicht aus der Luft gegriffen war, sondern eine konkrete Aussage vorlag. Das war ihr neu. Ihr war offenbar nur gesagt worden, da sei eine Falschmeldung erfolgt, Frau Gießler arbeite weiter bei uns. Sie sagte dann, man solle warten, bis die Kündigung schriftlich vorliegt. Das wäre ebenso, daß oft das Geld schon ausgezahlt ist, wenn die Kündigung kommt. Frau Mankel fragte bei Pfarrer Penckert an der sagte, Frau Gießler arbeite noch (wo der sich kundig gemacht hat, weiß ich nicht). Die Sachbearbeiterin hat sie wieder angemeldet. Nachdem alles so gelaufen war, ließ sich sowieso nichts mehr ändern.

Aber wenn die Kündigung aus einem Impuls heraus erfolgt, dann hätte sie ja spätestens die nächste Woche widerrufen können. Oder sie hätte wenigstens jetzt eine Begründung für ihren Sinneswandel abgeben müssen. So einfach alles in der Schwebe zu lassen, das ist doch keine Art. Auf alle Fälle werden sie gemerkt haben, daß man nicht so einfach etwas dahinsagen kann, sondern das sofort dann Folgen hat.

Am 15. September zog Herr P. während der Kirchenvorstandssitzung die Kündigung von Andrea Gießler heraus. Wieder hatte sich ein Kirchenvorsteher dazu hergegeben, nicht den normalen Weg zu gehen, hatte auch den geschäftsführenden Pfarrer nicht vorher unterrichtet, sondern half mit, Stimmung zu machen (er ist Pate von Andrea Gießler). Aber eine Menge schwieriger Dinge für die Kirchengemeinde war damit nach unserer Meinung gelöst. Die neuen Kräfte waren ja da, mit ihnen ging es anstandslos.

Der Kirchenvorstand nahm die sofortige Kündigung bei vier Enthaltungen an. Daraufhin verzichteten wir auf eine Anzeige bei der Polizei gegen ihren Mann, der meine Frau Ursel auf der Straße körperlich bedroht hatte. Die Kündigung war das Eingeständnis. Eine Menge schwieriger Dinge für die Kirchengemeinde war damit gelöst. Die neuen Kräfte waren ja da.

 

 

 

Probleme in Steinbach, die im August 1986 einer Klärung bedurften:

- Frau Andrea Gießler hat nicht gesagt, wann sie kündigt oder ob sie überhaupt nicht kündigt. Nicht geklärt, was mit ihren zwei Schulkindern geschieht, denn sie will voll arbeiten. Bisher ist es immer noch so, daß die Kinder mit in der Küche sind.

- Oliver Gießler aß weiterhin bei seiner Oma in der Küche, obwohl seine Mutter wegen der Krankheit des anderen Kindes freigestellt und zu Hause war.

- Die Küchenleiterin nahm erneut für sich und ihren Mann zwei Bananen und behauptete, darauf habe sie ein ,,Recht“.

- Die Leiterin des Kindergartens weigerte sich weiterhin, die Urlaubsmeldungen auf der Kirchenkasse abzugeben und verschwand selber ohne Ab­meldung zu Tagung und Urlaub. Als sie dann eine Liste vorlegte, stimmte diese nicht mit dem tatsächlich genommenen Urlaub überein.

- Nach wie vor wird Rüstzeitessen an Angestellte und sogar Angehörige von Angestellten ausgegeben. Am 21. August aßen die Kinder der Kinderdiakonin W. Rüstzeitessen im Kindergarten. Sie waren in den Ferien öfter im Kindergarten und sind wahrscheinlich dann mit verköstigt worden. Anzunehmen ist auch, daß die anderen Kindergärtnerinnen das Rüstzeitessen erhalten haben. An diesem Tag blieb Kindergartenessen übrig, während acht Rüstzeitgäste nicht versorgt werden konnten (sie haben mittags Brot essen müssen!).

- Herr Werner Gießler ist zwar nicht mehr von der Kirchengemeinde angestellt, macht aber weiterhin als Totengräber auf dem Friedhof Schwierigkeiten.

-Frau Jäger hält sich oft stundenlang im Kindergarten auf, während andere Eltern immer in der Garderobe warten müssen. Ihr Einfluß auf die Angestellte. ist nicht positiv, wie das Beispiel einer Kindergärtnerin zeigt, der sie riet, sich „weiter oben“ zu beschweren.

Rückschauend muß ich sagen: Vielleicht hätte ich es doch mehr mit gutem Zureden versuchen sollen und mehr an die Ehrlichkeit und die Verantwortung gegenüber der Kirche appellieren sollen. Ob es geholfen hätte, weiß ich nicht, denn die Familie Gießler war „vom Stamme nimm“ oder noch besser gesagt „vom Stamme raff“. Und außerdem ging es ihnen darum, als Gemeinschaftsleute dem „ungläubigen“ Pfarrer an den Wagen zu fahren.

In dieser ersten Phase ging es noch um ganz normale Auseinandersetzungen, wo man vielleicht eine Einigung hätte finden können. Später stand ich auf verlorenem Posten. Ich wollte die Sache anders lösen und lieber neue Leute anstellen. Die waren dann auch da, aber sie wurden als meine „Anhänger“ dann auch wieder vertrieben. Ich habe mich schon gefragt: Was hast du nur getan, daß sie mit solchen Handlungen reagieren? Hättest du nicht lieber beide Augen zudrücken sollen und alles laufen lassen, wie das andere taten. Wäre das nicht besser für die Gemeinde gewesen? Aber es gibt auch eine Verantwortung gegenüber dieser Gemeinde und gegenüber Gott.

 

 

Steinbacher Verhältnisse II: Bis zur Entlassung

Bitte um Wechsel in der Geschäftsführung:

Am 21. August 1986 schrieb ich an den Dekan: „Nach der Rückkehr aus dem Urlaub fragte ich Pfarrer Peters, ob es dabei bleiben könne, daß er im September die Geschäftsführung des Pfarramts und den Vorsitz im Kirchenvorstand übernimmt. Er sagte für mich völlig überraschend, davon wisse er nichts und der Kirchenvorstand solle entscheiden. Dabei haben wir den Wechsel zu Beginn der Amtsperiode des jetzigen Kirchenvorstandes vereinbart. Ich habe auch schon verschiedentlich gegenüber der Gemeinde und der Pfarrkonferenz von diesem turnusmäßigen Wechsel gesprochen, ohne daß  irgendwelche Einwände gekommen wären. Ich habe die Geschäftsführung nun fünf Jahre lang übernommen. Nach vier Jahren ist Herr Peters genug eingearbeitet. Einen jeweils dreijährigen Wechsel halte ich sowieso für günstiger, weil die Spanne dann für den Einzelnen nicht so lang ist. 

Neben diesen objektiven Gründen gibt es aber auch noch subjektive für meinen Wunsch, von dieser Aufgabe entbunden zu werden: Es ist mir nahezu unmöglich, eine Frau Jäger zu den Kirchenvorstandssitzungen einzuladen. Anstatt bei anstehenden Problemen zu helfen, geht sie regelmäßig ins Gemeindehaus und hetzt die Angestellten auf. In den Sitzungen erhält sie einen großen Teil der Informationen dafür. In jeder Sitzung ist zu rügen, daß  sie vertrauliche Einzelheiten weitergegeben hat  Ehe  ich Beschlüsse mitteilen kann, hat sie die Angestellten schon vorprogrammiert, so daß es diesen schwerfällt, die offizielle Mittteilung sachlich zu hören. Außerdem bin ich es leid, immer wieder  von Geschädigten für Fehler von Angestellten verantwortlich gemacht zu werden. Erst in diesen Tagen hat der  Totengräber Gießler entgegen klaren Anweisungen und wider besseres Wissen gehandelt und ein Grab beseitigt, das noch aufgehoben werden sollte. Die Beschwerde darüber ging aber bei mir ein. Mir glaubt nur niemand, daß ich auf solche Dinge keinen Einfluß habe.

Von mir wird verlangt, daß ich mich still verhalte. Ich möchte aber Lüge und Betrug beim Namen nennen können, was ohne eine Leitungsfunktion einfacher ist. Für mich hat das mit der Glaubwürdigkeit der Verkündigung zu tun. Wir müssen einmal Rechenschaft darüber ablegen, ob wir nicht nur das Evangelium, sondern auch den Ernst der Forderung Gottes verkündet haben. Man kann es als eine seelsorgerliche Aufgabe ansehen, Gemeindeglieder darauf hinzuweisen, daß  die heimliche Verköstigung der Kinder auf Kosten der Kirchengemeinde auch ein Betrug vor Gott ist.

 

Pfarrer Bunge  gab am  22. August 1986 einen Bericht auf der Dekanatssynode: „Es fanden mehr als 20 Einzelgespräche, Beratungen im kleinen Kreis und Sitzzungen mit Beteiligung des Unterzeichnenden statt. Hinzu kamen zahlreiche Telefongespräche. Im Rahmen des Möglichen wurde also intensiv versucht, zu einer Klärung und zum Abbau der Spannungen beizu­tragen. In der Anfangszeit ergaben sich Teilerfolge und ermutigende Erfahrungen. Leider waren in der Folgezeit Rückschläge und ungute Erfahrungen zu verzeichnen: Symptomatisch dafür waren die schriftlich begründete Kündigung des Ehepaars Gießler. Pfarrer Heckert hielt es für angebracht, anläßlich des Auszuges der Familie Gießler aus dem Bonhoeffer-Haus ein Protokoll zu erstellen, worin in scharfer Form unter anderem Kritik am Zustand der verlassenen Wohnung und an dem ungeklärten Verbleib von Grabsteinen geübt wird. Diese Aktion war sicher überflüssig und führte nur zu neuer Verärgerung.

Einen besonders betrüblichen Eindruck hinterließ eine Sitzung des Kirchenvorstandes, in  der es zu häßlichen Auftritten kam, insbesondere zwischen Herrn H. und Pfarrer Heckert (Aber häßlich aufgetreten ist nur Herr H., er griff mich an, nicht ich ihn, ich habe ihn ruhig und sachlich gemahnt). Aufgrund dieser Erfahrungen kann ich die anfänglich hoffnungsvolle Einschätzung der Lage in Steinbach-Hallenberg nicht aufrechterhalten. Offensichtlich ist die Atmosphäre durch gegenseitiges Mißtrauen derart vergiftet, daß Gespräche und Vermittlungsversuche nicht weiterhelfen. Es tauchen ständig neue Vorwürfe und Beschuldigungen auf, Gerüchte werden bereitwillig aufgegriffen, Mißverständnisse aufgrund unzutreffender oder unvollständiger Informationen werden hochgespielt. Die Bereitschaft zu echtem Gespräch und zur Versöhnung wird zwar verbal erklärt, aber nicht praktiziert!“

Aber  die Schuldzuweisung erfolgt dann einseitig: „Ein gedeihliches Wirken von Pfarrer Heckert ist unter den gegenwärtigen Umständen offenbar nicht möglich!“ Dabei wurden nur Punkte aufgezählt wurden, bei denen die Schwierigkeiten nicht von mir ausgingen. Ob Herr Bunge anders hätte wirken können? Doch wohl nur unter Vernachlässigung seiner Amtspflichten. Es wird nicht gesagt, woran das alles liegt; und es hört sich so an, als liege es allein an mir. Wenn Herr Huhn sich so ungebührlich benimmt, daß ein Mitglied den Antrag stellt,  ihn von der Sitzung auszuschließen, dann kann man das doch nicht mir vorwerfen, ich sei nicht fähig, die Sitzung zu leiten.

Wenn man mir den Vorwurf macht, ich käme mit den Leuten nicht aus, dann ist das so, wie wenn man den Dekan einen Vorwurf macht, wenn die Pfarrer sich quer legen. Seit einem Jahr habe ich mich sehr zurückgehalten und dabei meine Pflichten vernachlässigt (hier könnte man mir einen Vorwurf machen!). Es waren andere Leute beauftragt, ernteten aber genauso Kritik wie ich. Als ich. wegen meiner Zurückhaltung weniger Angriffsflächen bot‚ hat man einfach Dinge erfunden, um die Sache am Kochen zu halten.

Bei den Angestellten gab es das Problem, daß eine ganze Familie als Mitarbeiter in die Kirchengemeinde kam. Diese stellten dann Forderungen, hielten sich nicht an Festlegungen des Kirchenvorstandes und bedienten sich zum persönlichen Vorteil auf Kosten der Kirchengemeinde. Als ich das dann zufällig aufdeckte und dagegen einschreiten wollte, machte man mir zum Vorwurf, ich würde immer nur Ärger machen. Hätte es diese Vorfälle nicht gegeben, hätte man sich auch nicht damit befassen müssen. Mit der größten Zahl der Angestellten gibt es diese Probleme nicht, weil sie sich an die Regeln halten.

An sich blieb nur der Vorwurf mit dem Übergabeprotokoll: Ein solches Protokoll ist üblich.

bei jeder Pfarramtsübergabe wird es gemacht. Es wurde nicht in scharfer Form protokolliert, sondern sachlich. Es war nötig als Bericht an den Kirchenvorstand, weil ich bestimmte Dinge nicht klären konnte und wollte. Das Protokoll hat bewirkt, daß Herr Gießler noch einige Dinge geregelt hat. Öl ins Feuer gegossen hat Herr Gießler, als er den Fußbodenbelag herausgerissen hat, ohne vorher mit dem Kirchenvorstand über die Übernahme der Kosten zu verhandeln.

Im August habe  ich dann versucht, still zu sein und keinen „Ärger“ zu mache. aber bei den Angestellten änderte sich nichts: Die Leiterin des Kindergartens weigerte sich weiterhin, die Urlaubsmeldungen auf der Kirchenkasse abzugeben und verschwand selber ohne Ab­meldung zu Tagung und Urlaub. Als sie dann eine Liste vorlegte, stimmte diese nicht mit dem tatsächlich genommenen Urlaub überein. Oliver Gießler aß weiterhin bei seiner Oma in der Küche, obwohl seine Mutter wegen der Krankheit des anderen Kindes freigestellt und zu Hause war. Die Küchenleiterin nahm erneut für sich und ihren Mann zwei Bananen und behauptete, darauf habe sie ein ,,Recht“ und so weiter.

Am 21.August  konnten acht von den 24 Rüstzeitteilnehmern keine Kartoffeln zum Mittagessen kriegen, weil Rüstzeitessen in den Kindergarten  gegangen war und dort selbst Kinder der Angestellten noch mitgegessen hatten. Die Rüstzeitteilnehmer mußten Brot essen, während Kindergartenessen noch übriggeblieben war. Ich sagte aber nichts  zu der Kindergärtnerin, die nicht um Erlaubnis gefragt hat und auch nicht nachträglich bezahlt hat. Ich sagte aber etwas zu Frau Gießler, weil Gefahr im Verzug war, damit nicht noch mehr Verärgerung bei der Rüstzeit entsteht. Sie leugnete auch nicht, Rüstzeitessen in den Kindergarten gegeben zu haben, ließ sich aber auch nicht näher darüber aus, ob noch mehr Leute davon gegessen haben. Jedenfalls war dies der einzige Fall in diesem Monat, wo ich einmal meine Zurückhaltung aufgegeben habe. Aber mein Verhalten wurde anscheinend akzeptiert, weil die Dinge nun einmal so lagen.

Eine Änderung der „Verhältnisse“ in Steinbach ist nicht zu erreichen, indem man einen Sündenbock sucht und in die Wüste schickt („zum Teufel jagt“, hat Herr H. gesagt). Nur ein Komplex von Maßnahmen kann etwas bewirken. Was mich angeht‚ so will ich mit Freuden meinen Teil dazu beitragen. Es ist aber unumgänglich, daß Frau Jäger aus dem Kirchenvorstand ausscheidet, damit ihr unguter Einfluß eingedämmt wird. Es ist unumgänglich, daß den Angestellten deutlich gemacht wird, daß sie nicht die Herren in Haus sind, sondern der Kirchenvorstand das Sagen hat (die meisten halten sich ja auch daran). Wer nicht dazu bereit ist, dem sollte gekündigt werden.

Dazu gehört aber auch, daß keiner das Gesicht verliert. Das wäre aber der Fall, wenn man als einzige echte Maßnahme eine Strafaktion gegen mich unternimmt. Das würde die quertrei­ben­den Angestellten und ihre Lobby im Kirchenvorstand nur ermutigen, nicht einzulenken und verstärkt weiterzumachen, um zu demonstrieren‚ daß sie nichts falsch gemacht haben.

Der Dekan aber antwortete: „Nach mehrstündiger Aussprache und eingehender Überlegungen hält der Dekanatssynodal­vorstand Maßnahmen für notwendig, die Ihnen zunächst in einem Gespräch mitgeteilt und erläutert werden sollen. Zu diesem Gespräch bitte ich Sie am Montag, den September 1986, um 11.00 Uhr nach Floh zu kommen!“

 

Urteilsverkündung am 1. September 1986: ,,Maßnahmen“

Dekan Schreiber teilte die Maßnahmen mit, die der Dekanatssynodalvorstand zur Klärung der Situation in Steinbach beschlossen hat:

1. Es wird ein Wechsel in der Geschäftsführung des Pfarramts vorgenommen, die Geschäftsführung geht auf Pfarrer Peters über.

2. Ein Laie wird zum Vorsitzenden des Kirchenvorstandes gewählt; dazu und um den Beschluß mitzuteilen, wird eine Sondersitzung des Kirchenvorstandes einberufen.

3. Die Orte Altersbach und Rotterode führen getrennte Sitzungen durch, um von den Steinbacher Dingen entlastet zu werden.

Ich fragte, ob das denn alle Maßnahmen seien. Das wurde bejaht. Da sagte ich: „Das kann ich nicht akzeptieren, denn es ist eine einseitige Schuldzuweisung!“ An den sachlichen Problemen wurde nichts geändert. Es wurde mir sogar ausdrücklich die Schuld zugeschoben, denn ich hätte die Ansätze zur Besserung verwischt, indem ich immer wieder Öl ins Feuer gegossen hätte. Als ich nach einem konkreten Beispiel fragte, nannte man aber nur das Über­gabeprotokoll über die Hausmeisterwohnung, das überflüssig gewesen sei.

Ich zählte dann auf, was sich im August wieder alles ereignet hatte und worüber ich nachher ein Protokoll übergab. Ich versuchte deutlich zu machen, daß ich immer nur reagiert habe (bzw. noch nicht reagiert habe, aber eine Reaktion für erforderlich halte). Wenn nichts vorgefallen wäre, hätte ich auch nichts zu sagen brauchen. Das wurde mir aber nicht abgenommen. Es wurde gesagt: „Sie können nicht mit den Leuten umgehen. Wenn das Verhältnis in Ordnung wäre, würden ja alle Hetzereien ins Leere gehen!“

Es ist bedauerlich‚ daß Frau Andrea Gießler bisher ihre Kündigung noch nicht wahr gemacht hat, weiterhin in kritischen Fällen aber die Arbeit verweigert und andere Angestellte ungut beeinflußt und anstachelt. Mit der anderen Köchin und dem Kindergarten könnte man hinkommen. Die Leiterin des Kindergartens hat sich in letzter Zeit sehr konstruktiv gezeigt. Die anderen Arbeitsstellen sind oder werden neu besetzt. Die Chance für einen Neuanfang ist an sich gut.

Dazu gehört aber auch, daß keiner das Gesicht verliert. Das wäre aber der Fall, wenn man als einzige echte Maßnahme eine Strafaktion gegen mich unternimmt. Das würde die quertrei­ben­den Angestellten und ihre Lobby im Kirchenvorstand nur ermutigen, nicht einzulenken und verstärkt weiterzumachen, um zu demonstrieren‚ daß sie nichts falsch gemacht haben.

Herr Bunge sagte mehrfach, daß er dies und jenes nicht billige, zum Beispiel wenn man offen sagt, die Vertraulichkeit nicht wahren zu wollen, wenn Herr Gießler Anweisungen nicht befolgt. Aber Konsequenzen werden daraus nicht gezogen. Nur mir gegenüber meint man die ziehen zu müssen. Ganz klare kirchliche Bestimmungen wurden immer wieder nicht beachtet: Es war zum Beispiel möglich, daß eine Mitglied in der Kirchenvorstandssitzung offen erklärte, er werde das hier Besprochene in die Öffentlichkeit bringen. Aber der Dekan schritt nicht dagegen ein, wozu er von Amts wegen eindeutig verpflichtet war.

Nun hatte ich ja an den Dekan geschrieben, daß ich die Geschäftsführung wie vereinbart abgeben möchte. Am 1. September waren die üblichen sechs Jahre herum. An sich hätte man schon bei der Neuwahl des Kirchenvorstandes wechseln können. Aber Herr Peters war noch zu neu, so daß vereinbart wurde, erst nach drei Jahren zu wechseln, aber Herr Peters sollte dann auch sechs Jahre machen. Das hatte ich auch schon vorher dem Dekan mitgeteilt (Den Brief hat er übrigens im Deka­nats­synodalvorstand verlesen, obwohl ich ihn um Vertraulichkeit gebeten hatte. Kein Wunder, wenn andere sich auch nicht daran halten! Ich beschwerte mich bei ihm. Er nahm das ungerührt hin. Sein Argument war: Solche Dinge bedürften nicht der Geheimhaltung, so als ob er das entscheiden könnte).

 

Mir wurde gesagt: „Man muß schon jetzt etwas unternehmen. Die Amtsenthebung wäre ja auch erfolgt, wenn ich nicht damit einverstanden gewesen wäre!“ Wenn das in Steinbach in der Öffentlichkeit gesagt wird, dann bin ich unmöglich gemacht. „Ich würde mich noch abfinden können mit einer Formulierung: „Der Dekanatssynodalvor­stand hat dem Wunsch von Pfarrer Heckert entsprochen!“ Aber von der Sache her würde es auch genügen, wenn man sagt „Der Dekanatssynodal­vorstand nimmt davon Kenntnis, daß die Geschäftsführung gewechselt hat. Er schlägt vor, einem Laien den Vorsitz im Kirchenvorstand zu übertragen!“ Der Dekanatssynodalvorstand hat hier eine große Verantwortung. Er muß sich überlegen, ob er „Maßnahmen“ ergreift oder eine Lösung zusammen mit den Kirchenvorstand und den betreffenden Pfarrern sucht. Sie tun wiederum genau das, was sie mir vorwerfen: zum Abschied noch einen Fußtritt!

Ich wäre ja auch in drei Jahren nicht wieder fähig, die Geschäftsführung zu übernehmen. Herr Hoffmann sagte dazu: „Doch, Sie können sich doch ändern bis dahin!“ In dem Gespräch war immer wieder die Rede davon, daß ich mich ändern müsse, bei den an­deren sei nichts zu verändern. Sie meinten, sie könnten mich noch zurechtbiegen, nun nicht mehr nur die Angestellten, sondern auch die Pfarrer. Sie forderten mich auf: „Sehen Sie doch einmal, wie das überall gemacht wird - auch in der Kirche!“ Aber das war es ja gerade, womit ich mich nicht abfinden konnte. Als ich sagte: „Ich werde nie gutheißen, daß Angestellte ihre Kinder ohne Bezahlung mitessen lassen!“ da antwortete der Dekan nur: ,,So eine Kleinigkeit!“ (immerhin über 1.000 Mark im Jahr). Hier geht es nicht um Lappalien. Wir wurde vorgeworfen, ich steigere mich in einen Verfolgungswahn. Der Laden laufe doch. Ich widersprach: „Wenn die Rüstzeit kein Essen hat, weil die Angestellten es gegessen haben, dann läuft der Laden nicht!“

 

Die zweite Maßnahme richtet sich nicht gegen mich, denn ich habe immer dafür gesprochen, den Vorsitz im Kirchenvorstand einem Laien zu geben. Ich hatte auch zweimal einen Anlauf dazu genommen, aber es hatte sich niemand dazu bereiterklärt. Am 1. September (nicht 1. Oktober) waren die üblichen sechs Jahre herum. Die jetzige Maßnahme des Dekans richtete sich mehr gegen Pfarrer Peters, weil man ihm unterstellte, er schaffte diese Aufgabe nicht. In diesem Zusammenhang wurde vom Dekan auch gesagt: „Vorsitzender der Angestellten ist der geschäftsführende Pfarrer. Der Vorsitzende darf nicht zu sehr belastet werden. Er hat nur die Sitzungen vorzubereiten, zu leiten und die Ausführung der Beschlüsse zu überwachen!“

Ich hatte da meine Bedenken, weil nicht klar ist, wie die Kompetenzen hier abgesteckt sind. Aber nachher hat der Dekan sich nicht daran gehalten. Ich dagegen erklärte, ich würde auch weiterhin eine Lüge als Lüge bezeichnen, ich würde das sogar noch entschiedener tun, wenn ich nicht mehr Vorsitzender wäre. „Ich lasse mir nicht den Mund verbieten!“ Aber im Kirchenvorstand würde ich mich gegenüber Herrn Peters ruhig verhalten, so wie er es auch meist getan hat.

 

Die Auskopplung der Altersbacher und Rotteroder soll natürlich auch die ausschalten, die mir geschlossen die Stange gehalten haben. Aber das Argument klingt natürlich besser, man wollte sie von den Steinbacher Dingen entlasten. Das ändert natürlich nichts an den Steinbacher Verhältnissen. Aber wenn die Altersbacher das wollten, würde ich das natürlich vertreten. Es hätte den Vorteil, daß die Altersbacher uns nicht davonlaufen würden. Nur geht es rechtlich eben nur, wenn die Orte zu Filialen würden, um einen eigenen Kirchenvorstand bilden zu können. Einstweilen gibt es nur den einen Kirchenvorstand, und davon kann auch nicht abgegangen werden, wenn alle damit einverstanden sind. Die jetzige Regelegung ist besser, daß die Steinbacher bestimmte Dinge allein verhandeln, der Beschluß aber dann erst in der Sitzung gefaßt wird.

 

Alle jetzt angeordneten „Maßnahmen“ gingen im Grunde ins Leere. Mit dem Recht stand der Dekanatssynodalvorstand einmal mehr auf Kriegsfuß. Er hat hier ja eine Disziplinarmaßnahme ergriffen, darf aber gar kein Disziplinarverfahren einleiten, geschweige denn durchführen. Zumindest hätte man mir Gelegenheit geben müssen, mich zu dem Sachverhalt zu äußern. So aber hat man gleich ein Urteil gefällt und angeordnet (das, was man mir sonst vorwirft). Es wurden keine Zeugen gehört und kein Rechtsbeistand herangezogen. Man machte dann auch gleich einen Rückzieher: „Das ist kein Disziplinarfahren. In einem solchen ist Ihnen sicher nichts vorzuwerfen!“ Aber genau die getroffene Maßnahme (die Verfügung des Wechsels der Geschäftsführung) ist im Amtszuchtgesetz von 1966 ausdrücklich als Maßnahme vorgesehen, kann also nur in einem solchen Verfahren (mit Anhörung von Zeugen und Rechtsbeistand) erfolgen.

Doch der Dekan meinte: „Es handelt sich nicht um ein Disziplinarverfahren, sondern ein einen Beschluß des Dekanatssynodalvorstandes, der Vollmacht von der Synode habe; er könne das Gleiche verfügen, was sonst nur durch ein Disziplinarverfahren möglich ist!“ Man hat hier pseudo-juristisch gehandelt, anstatt zuerst das Gespräch zu suchen und die Sache „brüderlich“ zu behandeln. Man nahm zwar den Mund voll, man könne auch vor ein Disziplinargericht gehen, wenn es nicht „brüderlich“ gehe, müsse es juristisch gehen. Aber offenbar hat man doch etwas kalte Füße bekommen, denn man möchte die Eisenacher nicht mit drin haben, sondern beweisen, daß man auch ohne sie auskommen kann.

Der Dekan Schreiber aber wollte nicht nur oberster Theologe, sondern auch oberster Finanzchef (davon hat er noch die meiste Ahnung) und oberster Jurist sein. Hier macht sich das Fehlen eines Kreiskirchenamtes (oder Rentamtes) negativ bemerkbar, denn dadurch wäre in den „weltlichen“ Dingen ein Gegengewicht zu dem Dekan gegeben. Da das Dekanat keinem Kreiskirchenamt unterstellt ist, sollte ja der Landeskirchenrat als Kreiskirchenamt wirken. Wenn man den Landeskirchenrat wegen einer Verwaltungssache angeht, dann fragt man nur beim Kreiskirchenamt nach, der „Status“ des Dekanats wird dadurch nicht verändert. Eine juristische Beratung und auch juristisches Handeln des Landeskirchenrates sind im Anschlußvertrag ausdrücklich vorgesehen. Das war ja gerade das Argument für den Anschlußvertrag: Wir müßten eine übergeordnete Stelle haben, an die wir uns wenden könnten zum Zwecke der Überprüfung. Wenn der Dekan jetzt verlangt, wir dürften diese Möglichkeit nicht in Anspruch nehmen, macht er sich zum Alleinherrscher.

 

Das jetzige Vorgehen bezeichnete man als ,,brüderlich“, aber man drohte, man könne auch juristisch vorgehen. Dabei täte juristische Sachlichkeit der Kirche viel besser als eine sogenannte „Brüderlichkeit“, die zu viel tieferen Verletzungen führt (wie uns einige Zeit vorher ein Referent auf einem Pastoralkolleg ausführte).

Angeblich geschieht alles ohne Schuldzuweisung und nur zum Wohle des Pfarrers, aber in Wirklichkeit wird nur er bestraft. Anstatt die Sache juristisch einwandfrei zu klären (wie man dann danach handelt, ist eine andere Frage), will man es ,,brüderlich“ machen, ohne daß angeblich eine Seite den Kürzeren ziehen muß. Aber in Wirklichkeit straft man allein den hauptamtlich angestellten Pfarrer.

Der Ausdruck „Zerrüttungsprinzip“ kommt im Pfarrerdienstgesetz nicht vor. Es wurde ja auch gerade  k e i n  Verfahren durchgeführt, und „objektiv“ war es schon gar nicht. Wenn nur einer bestraft wird, ist das eine eindeutige Schuldzuweisung.

Es ist immer wieder die Rede von einem Disziplinarverfahren. Das bedeutet doch, daß man mir allein die Schuld gibt. Aber dazu wären höchstens drei Punkte geeignet gewesen, sagte der Dekan:

1. Die verunglückte Terminfestsetzung (Sitzung ohne Herrn Peters).

2. Die nur sinngemäße, nicht wörtliche Verlesung eines Briefs.

3. Die Abmeldung von Andrea Gießler, nachdem sie nur mündlich gekündigt hatte n (Originalton des Dekans: „Die Drohung mit der Sonderzuwendungen-Sache ist unmoralisch!“).

 

Selbst später noch hat man mir von Eisennach aus versichert, ein Disziplinarverfahren käme nicht in Frage. Doch niemand hat begriffen, daß ich nur reagiert habe und das getan habe, was jeder andere hätte machen müssen. Aber angeblich war ich so kleinlich. Sie waren allen Ernstes der Meinung, ich solle die Augen zu machen und alles laufen lassen.

Es ist erstaunlich, wie sich Pfarrer Bunge und auch der Dekan viel Zeit genommen haben für Steinbach-Hallenberg. Nicht zu vergessen auch der Kirchenvorstand, der immer wieder zu­sam­men­gerufen wurde, gesamt oder in Ausschüssen oder zu Einzelgesprächen. Aber mit einem anderen Weg hat man es gar nicht versucht: Es wäre Aufgabe des Dekans gewesen, einmal auf den Tisch zu hauen und zu sagen: „Die staatlichen und kirchlichen Gesetze und die Beschlüsse des Kirchenvorstandes sind zu respektieren. Das gibt es nicht, daß die Angestellten selber ihre Entlohnung festsetzen und am Wochenende auf Kosten der Gemeinde die ganze Verwandtschaft mit einem Festessen versorgen!“ Was sie bei sich zu Hause nicht dulden würden, das sollte ich dulden (aber sie hatten auch nicht solche Angestellte).

Aber wenn man natürlich sagt: „Wenn bis Sommer keine Ruhe ist, werden Maßnahmen ergriffen!“ dann werden die Quertreiber ja erst recht aufgestachelt, weiter Schwierigkeiten zu machen und neue „Fälle“ herbeizuziehen. Schade war natürlich auch, daß man nicht abwartete, wie sich das mit den neuen Angestellten entwickelte. Aber allein so jemand wie Ute König konnte genug Wind machen und den Eindruck erwecken, der Heckert ärgert auch weiterhin die Leute

Bei der Kirche meint man, es sei eben leichter, daß ein Pfarrer sich eine andere Gemeinde sucht, als daß die Gemeinde komplett ihre Sachen packen muß, um an einen anderen Ort zu gehen. Doch diese Polemik geht an der Sache vorbei. Bei einem Pfarrer steht die ganze Existenz auf dem Spiel. Die Beurlaubung bedeutete in der Praxis eine fristlose Entlassung, zwar nicht aus dem Beruf, aber aus der einzigen Arbeitsstelle am Ort. Wenn ein anderer Arbeitnehmer Schwie­rigkeiten mit dem Betrieb hat, kann er in einen anderen gehen. Wenn man ihn rauswerfen will, muß erst ein aufwendiges Verfahren mit Rüge und Verweis durchgeführt werden; und auch dann noch muß der Betrieb bei der Suche nach einer neuen Tätigkeit behilflich sein.

Das sollte man das schon den Theologiestudenten sagen, wenn man ihnen das Versprechen abnimmt, die Ordnung der Kirche zu wahren: Wer das ernst nimmt, die Ordnung der Kirche zu wahren, den kann es am Ende die Stelle kosten. Die Kirche ist eine Größe eigenen Rechts, da ist man noch wie im Mittelalter dem Feudalherren ausgeliefert.

Natürlich kann man nicht eine ganze Gemeinde versetzen. Aber darum ging es auch gar nicht. Es hätten ja nur einige Kirchenvorsteher und der Dekan in ihre Schranken verwiesen werden müssen. Die Gemeinde war ja wohlversorgt und hat an den Schwierigkeiten im Kirchenvorstand keinen Anstoß genommen. Man sagte: „Krach gibt es überall einmal!“ Viele hielten meine Kritik auch einfach für berechtigt und wollten nicht, daß mit ihrem Geld so umgesprungen wird, wie es in Steinbach-Hallenberg und im Dekanat üblich geworden war. Den Kirchenvorsteher hätte es nicht die Existenz gekostet, wenn er hätte zurückstecken müssen oder auch aus dem Kirchenvorstand ausgeschieden wäre.

 

Es ging dann noch einmal um den Brief nach Eisenach wegen der Kündigung von Andrea Gießler. Ich gab zu, daß er voreilig gewesen sei (es ist ja nicht so, daß ich behaupten würde, ich hätte keine Fehler gemacht). Herr Bunge meinte zunächst allerdings eine mündliche Kündigung gelte soviel wie eine schriftliche. Aber das ist rechtlich nicht so und auch im Arbeitsvertrag anders bestimmt. Aber wenn jemand sagt: „Ich habe das vor, ich will es euch nur rechtzeitig sagen, damit ihr euch um Ersatz bemühen könnt“, dann sollte man sich in der Kirche doch darauf verlassen können.

Herr Bunge sagte auch, Frau Jäger hätte sich nicht in die Sache mit den Sonderzuwendungen hineinhängen dürfen. Aber Konsequenzen werden aus solchen Erkenntnissen nicht gezogen. Er sagte auch: „Wenn Frau Jäger mich noch einmal fragen würde, ob sie aus dem Kirchenvorstand ausscheiden solle, dann würde ich das bejahen!“ Aber rauswerfen ist nicht möglich, das kann man nur bei einem Pfarrer. Aber immerhin darf ich Mitglied des Kirchenvorstandes bleiben.

 

Ich gab allerdings auch zu, daß ich mit meiner Nachricht nach Eisenach erreichen wollte, daß Frau Gießler auch bei ihrem Entschluß bleibt. Auch für diesen Punkt wurde mir strenge Verschwiegenheit zugesichert. Heute muß ich sagen: Sie bleibt offenbar nur wegen der Sonderzuwendung bei uns, das ist jetzt deutlich geworden.

Die Logik des ganzen Gesprächs war: Ein ,,gedeihliches Wirken“ von Pfarrer Heckert ist nicht mehr möglich. Schon hier tauchte dieser Ausdruck auf; man merkte, wie sehr Frau Jäger über Pfarrer Hoffmann in den Kirchenvorstand wirken konnte. . Zunächst wird er als geschäftsführender Pfarrer abgesetzt. Aber wenn das nicht hilft, muß überlegt werden, ob beide Pfarrer (warum auf einmal beide? Man will halt einen Gegensatz konstruieren) auf der richtigen Pfarrstelle sind bzw.das Verfahren nach zehnjähriger Tätigkeit einleiten.

Das Urteil war schon fertig, man wollte nur von mir die Zustimmung dafür. Das finde ich besonders durchtrieben, daß man den Beschluß faßt, ohne den Betreffenden vorher zu hören, aber nachträglich seine Zustimmung haben will. Er soll sich dabei nicht nur äußerlich fügen, sondern auch innerlich zustimmen. Theologisch gesprochen: Er soll seine Schuld bekennen, dann kann ihm vielleicht Vergebung gewährt werden und er wieder in die Gemeinschaft aufgenommen werden.

Doch schon das Wort „Maßnahmen“ hat in der Kirche nichts zu suchen, es ist aus dem Wortschatz der Nazis. Maßnahmen kann man nur über sich ergehen lassen. Sie auch noch innerlich bejahen zu sollen, ist psychologischer Druck, der einer christlichen Gemeinde unwürdig ist.

 

Doch kaum war meine „Absetzung“ verkündet, wurde mir von Herrn Bunge mitgeteilt, daß ich weiterhin amtierender geschäftsführender Pfarrer sei, bis der Termin der Übergabe bestimmt sei, ich hätte die Zahlungsanweisungen zu leisten. Mit dem ganzen Verfahren wollte man – bildlich gesprochen - das Immunsystem ausschalten, damit die Krankheit nicht mehr angezeigt wird. Weil ein Arzt gesagt hatte: „Da ist etwas krank, wenn ihr nicht etwas dagegen tut, wird der ganze Körper daran kaputtgehen!“ wollte man zu einem anderen Arzt gehen, der nicht so verantwortlich ist.

Wenn man aber nach dieser Logik gehen wollte, dann hätte sich auch der Dekan als unfähig erwiesen. Er hat es ja auch nicht verstanden, mit Pfarrer Hülsemann auszukommen und sich oft mit Pfarrer Bunge auseinandergesetzt, von mir ganz zu schweigen. Er hat sich ja mit der ganzen Pfarrkonferenz angelegt, als es um die Besetzung einer Pfarrstelle in Schmalkalden ging, die er für seinen Sohn freigehalten hat. Aber man kann es ihm doch nicht vorwerfen, wenn sich die Pfarrer oder auch nur einzelne von ihnen querlegen. Aber das war die Taktik von Frau Jäger: Immer neue „Fälle“ schaffen, damit es keine Ruhe gibt. Dann zeigt man auf den Sündenbock, der immer allein daran schuld sein soll, denn den hat man eher in der Hand als eine Gruppe.

Am Schluß des Gesprächs stellte der Dekan noch einmal fest: „Also kein Ergebnis!“ und sah mich dabei an. Das Ergebnis sollte offenbar sein, daß ich ihm jetzt noch zustimme, das war der ganze Sinn des Gesprächs, in dem mir Maßnahmen mitgeteilt werden sollten.

Herr Peters wollte dann die Geschäftsführung nicht übernehmen, weil ich ihm eine Liste mit unerledigten Aufgaben übergeben hatte. In einem Pfarramt gibt es immer eine lange Liste unerledigter Dinge. Die Liste sollte nur eine Hilfe für Herrn Peters sein. Sie enthielt Dinge, die sich eben nicht sofort erledigen ließen. Herr Peters aber verlangte, daß erst alles erledigt sei und auch erst die Jahresrechnung abgeschlossen sei. Ab 1. Januar 1987 wolle er dann die Geschäftsführung übernehmen. Schließlich wies er noch auf seinen Gesundheitszustand hin auf Bandscheibenschaden und ein defektes Hörgerät.

Der Dekan verwies aber darauf, daß ein Pfarrer bei Übernahme eines Pfarramtes oder bei Neuwahl eines Kirchenvorstandes die Geschäftsführung übernehmen muß. Herrn Peters habe man nur eine Einarbeitungszeit gelassen. Eine Übernahme ist zumutbar, aber es muß eine ge­ordnete Übergabe erfolgen.

Der Dekan war ärgerlich, weil er mit all seinen Maßnahmen nicht zum Zug gekommen war: Herr Peters wollte die Geschäftsführung nicht übernehmen, es fand sich kein Laie für den Vorsitz, der Pfarrer Peters entlasten sollte, und den dritten Punkt hat er gleich fallenlassen (Abkopplung der Dörfer). Alle drei Punkte waren mehr oder weniger ungesetzlich. Kein Kirchenvorstand kann gezwungen werden, einen Laienvorsitzenden zu wählen, noch dazu mit der Drohung, im Falle der Weigerung den Kirchenvorstand aufzulösen.

Nun ist mir zwar klar, daß ich mir nicht noch etwas zuschulden kommen lassen darf, was ihnen dann wirklich eine Handhabe gibt. Aber die Unterschriften sind nicht so dringend, das kann ich auch noch bei der Übergabe machen. Und ansonsten liegt ja nichts an, was zu entscheiden wäre. Ich kann die Entscheidung hinausschieben, weil ich nicht vorgreifen will und ja sowieso die Sache bisher nicht gut gemacht habe. Der Dekan stellte jedenfalls fest: „Sie übergeben also?“ (als ob ich mich je geweigert hätte/)

 

Geholfen haben uns in Steinbach-Hallenberg nicht die Maßnahmen des Dekanatssynodalvorstandes. Sie sind sowieso alle juristisch umstritten. Geholfen haben uns die Kündigungen der Angestellten, die uns die meisten Schwierigkeiten gemacht haben. Die Begleiterscheinungen waren nicht erfreulich, es ging zuletzt bis zu körperlicher Gewalt gegen meine Frau. Aber dieser Vorfall hatte doch zur Folge, daß eine schon lange angekündigte Kündigung dann auch vollzogen wurde.

Was noch bleibt, ist das Normale, was es überall gibt. Als Erfahrung möchte ich für die anderen Gemeinden weitergeben: Es bringt nichts, wenn man auf immer neue Forderungen der Angestellten eingeht, aus Angst, sonst nachher keine Mitarbeiter mehr zu haben. Wer nicht zufrieden ist, soll gehen. Wir hatten nach fünf Kündigungen innerhalb eines Vierteljahres nachher mehr Mitarbeiter als vorher. Es sind junge qualifizierte Leute, die ohne Kommentar das akzeptiert haben, worüber wir mit den früheren Angestellten stundenlang gestritten haben.

Unsre Küche hat jetzt Interhotel-Niveau. Vor Jahren kam ja schon einmal die Küche hier in der Synode zur Sprache. Ich habe mich damals schützend vor die Angestellten gestellt, weil ich von dem ausging, was normal war. Heute muß ich das zurücknehmen‚ weil ich inzwi­schen weiß, daß einige Gruppen aus dem Dekanat tatsächlich absichtlich schlechter versorgt worden sind als normal. Mit den früheren Angestellten hatten wir das Problem, daß einfach jeder machte was er wollte. Wenn ihn aber dann die verantwortlichen Leute zur Rechenschaft ziehen wollten, dann hieß es: „Der schafft Unruhe, der kann nicht mit den Leuten umgehen!“

 

Ich hatte immer das Wohl der Kirchengemeinde vor Augen und nicht den Vorteil einer bestimmten Familie. Man hat mir aber deutlich machen wollen, daß man da heutzutage nicht so genau sein könne. Es werde überall nicht mehr so genau genommen‚ sowohl im staatlichen Bereich, als auch in der Kirche, mit der Arbeitszeit und dem Material. Ich kann nur sagen: „Mit dieser Auffassung werde ich mich nie abfinden. Für mich lautet die Jahreslosung noch so, wie sie in der Bibel steht, und nicht: Ich bin der Herr, dein Gott, aber du brauchst es damit nicht so genau zu nehmen!"

Der Vorwurf war ja nicht, ich hätte meine Pflichten verletzt, sondern ich hätte sie zu genau genommen. An sich hätte man diese Dinge von Juristen in einem sauberen Verfahren klären müssen, wo jede Seite gehört wird, Zeugen befragt werden und ein sachverständiges Urteil gefällt wird, das dann beide Seiten akzeptieren müssen.

Ich habe zwei Leute des Landeskirchenamtes Eisenach befragt. Sie sagten: „Beschwerden über einen Pfarrer gehen immer wieder einmal bei uns ein. Als erstes hören wir dann die andere Seite!“ So ist auch in dem Fall mit den Bananen von Eisenach verfahren worden, nicht aber vom Deka­nats­synodalvorstand, da wurden „Maßnahmen“ ergriffen, ohne beide Seiten zu hören.

An den sogenannten „Steinbacher Verhältnissen“ haben diese Maßnahmen aber nichts geändert, denn der Vorsitzende des Kirchenvorstandes ist nicht Vorgesetzter der Angestellten. Es handelte sich bei uns um einen Konflikt zwischen einem Teil der Angestellten einerseits und der Mehrheit des Kirchenvorstandes und den staatlichen und kirchlichen Gesetzen andererseits. Da diese zweite Seite vom geschäftsführenden Pfarrer zu vertreten war, trafen ihn alle Vorwürfe. Da wir jedoch anderes Personal haben, hat sich das Problem erledigt. Die Maßnahmen des Dekanatssynodalvorstandes waren über überflüssig bzw. hätten auch ohne Ärger und Gesichtsverlust herbeigeführt werden können. Jetzt ist die Geschäftsführung und Leitung des Kirchenvorstandes viel leichter als früher. Die neuen Leute sind sehr willig. Und im Kirchenvorstand ist nicht mehr nur über immer die gleiche Familie zu verhandeln.

 

Wahl eines Vorsitzenden am 15. September 1986:

Zu dieser Sitzung hatte noch ich eingeladen. Zunächst las Pfarrer Bunge seinen Bericht an den Dekanatssynodalvorstand vor und gab noch einige Erläuterungen. Er ging aber nur ein auf die Angriffe von Herrn Huhn und sagte dazu: „Pfarrer Heckert hat sich da formal richtig verhalten. Aber der Verlauf der Sitzung war die Quittung für die Fehler, die er gemacht hatte, als er nämlich die Tagesordnungspunkte nicht behandeln wollte, die brennend waren (es ging nur darum, daß laut Vereinbarung im Kirchenvorstand die Tagesordnungspunkte rechtzeitig angemeldet werden, wozu in diesem Fall Zeit gewesen wäre, ich wollte nur in der Reihenfolge der Tagesordnung weitermachen).

Der Dekan führte dann aus: „Den Pfarrern wurde am 1. September mitgeteilt, daß wir folgende Maßnahmen für erforderlich halten: Ab sofort ist ein Wechsel in der Geschäftsführung vorzunehmen. Das war Pfarrer Heckert nicht einsichtig, doch der Dekanatssynodalvorstand ist in der Lage, solche Maßnahmen zu ergreifen. Normalerwiese zieht man zu so etwas einen Juristen hinzu. Aber wir wollten das unter uns regeln. Ich habe zwei Juristen befragt. Man freut sich, wenn man auch einmal etwas Positives gemacht hat. Sie haben gesagt: Das ist die einzig richtige Maßnahme, wenn etwas zum Wohle aller getan werden soll. Wenn man ein Disziplinarverfahren vermeiden will, ist diese Maßnahme die allein richtige. Allerdings geschieht das ohne Schuldzuweisung. Schuld ist immer auf beiden Seiten, so wie in der Ehe und Familie. Pfarrer Heckert hat den Wechsel sowieso vorgehabt, aber auch ohne das wäre es von uns so ausgedrückt worden. Hiermit wird aber keinerlei Strafmaßnahme vorgenommen!“

Im Protokoll wurde dann festgehalten: „Maßnahmen, die ohne Zuweisung von Schuld zum Wohle aller sein sollen!“ [Die befragten Juristen hätten das in einem ordentlichen Verfahren anders gesehen. Und der Wechsel geschah turnusmäßig und hat mit einem Wunsch von mir nichts zu tun. Der Dekan meinte, hier würde keinerlei Strafmaßnahme vorgenommen. Doch das ist natürlich ein Widerspruch: Es wurde ganz allein etwas gegen mich unternommen, wie soll man das nicht als Strafmaßnahme verstehen?]

Ich bat den Dekanatssynodalvorstand darum, nicht öffentlich zu verkünden: „Das war kein turnusmäßiger Wechsel, sondern wir haben ihn abgesetzt!“ Wenn es einen Neuanfang geben soll, darf keiner das Gesicht verlieren. Mir hätte schon eine Formulierung genügt wie: „Der Dekanats­synodalvorstand hat dem Wunsch von Pfarrer Heckert entsprochen!“ Aber von der Sache her hätte auch genügt: „Der Dekanatssynodalvorstand nimmt davon Kenntnis, daß die Geschäftsführung gewechselt hat. Er schlägt vor, einem Laien den Vorsitz im Kirchenvorstand zu übertragen!“

Doch in der Kirchenvorstandssitzung am 15. September sagte der Dekan ausdrücklich: „Ab sofort (!) ist ein Wechsel in der Geschäftsführung vorzunehmen. Der Dekanatssynodalvor­stand ist in der Lage, solche Maßnahmen zu ergreifen!“

 

Pfarrer Peters meldete sich mit einer längeren schriftlichen Erklärung zu Wort: „Es wird der Eindruck erweckt, als habe der Wechsel schon stattgefunden und Pfarrer Heckert hätte die Geschäftsführung niedergelegt. Aber darüber ist nicht entschieden, darüber muß der Kirchenvorstand entscheiden, ob ein Pfarrer das Recht hat, sich der Verantwortung zu entziehen. Es liegt eine lange Liste nicht erledigter Aufgaben vor. Unter diesen Umständen bin ich nicht bereit, die Geschäftsführung zu übernehmen Gegenüber den Mitarbeitern hat er erklärt, Pfarrer Peters sei für alles zuständig. Schon am 31. Juli habe ich ihm gesagt, daß darüber niemals eine Vereinbarung getroffen worden sei. Auch am 27. Juni 1984 habe ich geschrieben, daß ich nicht bereit sei, den Vorsitz und die Geschäftsführung zur Hälfte der Wahlperiode zu übernehmen (das war mir neu, daß ich dies vorgeschlagen hätte, wir hatten eine siebenjährige Amtszeit mit Wechsel 1988 vereinbart; aber seitdem ging ich immer von drei Jahren aus). In Floh habe ich schon gesagt, daß ich unter diesen Umständen nicht bereit bin.“

Dann führte er weiter aus. „Mit dem Schreiben von 20. August wollte Pfarrer Heckert nur den vermuteten Maßnahmen zuvor­kommen. Pfarrer Hoffmann hat dazu schon in Floh gesagt: Das ist wieder so ein geschickter Schachzug von Pfarrer Heckert (Wenn man so mit ausdrücklich vertraulich erklärten Briefen umgeht, braucht man sich nicht zu wundern, daß auch Kirchen­älteste so darüber denken).

Weiter mit den Ausführungen von Pfarrer Peters: „Ich hätte mir eine rechtzeitige vorherige Information gewünscht, um mich auf die neuen Aufgaben einzustellen. Das ist eine Überforderung, erst recht bei einem Laienvorsitzenden. Zum Wohl für die Gemeinde wäre es, wenn der Nachfolger in die besonderen Probleme eingeführt würde und Erfahrungen vermittelt würden. Es ist eine unzumutbare Tatsache, dem Nachfolger eine derart lange Liste von Aufgaben zuzuschieben. Erst sollten alle unerledigten Dinge erledigt sein, auch der Jahresendabschluß der Kirchenrechnung. Ich erkläre mich aber grundsätzlich bereit, einen. ausdrücklichen Auftrag des Dekanatssynodalvorstandes zu übernehmen, aber erst nach angemessener Zeit, d.h. ab 1. Januar 1987. Dann möchte ich auch noch auf meine persönliche Lage hinweisen, den Bandscheibenschaden und das Gehörleiden. Dadurch bin ich augenblicklich besonders gehandicapt (Hörgerät ist kaputt). Aber wegen meines Gesundheitszustandes will ich mich nicht den Aufgaben entziehen. Es ist gut, wenn nicht Maßnahmen von oben her getroffen werden, sondern der Kirchenvorstand zustimmt. Im Zu­sammen­hang mit der Wahl des Laienvorsitzenden könnte darüber abgestimmt werden!“

In einem Pfarramt gibt es immer eine lange Liste unerledigter Dinge. Die Liste sollte nur eine Hilfe für Herrn Peters sein. Sie enthielt Dinge, die sich eben nicht sofort erledigen ließen. Jeder Pfarrer muß in der Lage sein, die Geschäftsführung zu übernehmen. Erfahrungen hat er ja jetzt jahrelang sammeln können. Der Kirchenvorstand hat da nicht zu entscheiden. An sich hätte Herr Peters gleich übernehmen müssen, denn vorher war ich ja schon jahrelang geschäftsführender Pfarrer. Auch der Dekan verwies darauf, daß ein Pfarrer bei Übernahme eines Pfarramtes oder bei Neuwahl eines Kirchenvorstandes die Geschäftsführung übernehmen muß. Herrn Peters habe man nur eine Einarbeitungszeit gelassen. Eine Übernahme ist zumutbar, aber es muß eine ge­ordnete Übergabe erfolgen.

Der Dekan sagte dazu: „Die Geschäftsführung ist eine Sache der Grundordnung. Vor drei Jahren war alles noch zu neu für Herrn Peters. Wir machten das Zugeständnis, eine längere Einarbeitungszeit zu lassen. Wir haben offengelassen, daß es nicht die ganze Periode geht. Bei einem Wechsel ist keine Einarbeitung üblich. Sofort nach der Wahl des Kirchenvorstandes muß übernommen werden. Eine Übernahme ist aber zumutbar, allerdings ist eine geordnete Übergabe erforderlich!“ Dazu war ich natürlich sofort bereit, es war alles vorbereitet. Aber ich war nicht bereit, noch weiter die Heizung im Gemeindehaus zu besorgen, nachdem ich abgesetzt worden war. Dennoch wurde im Kirchenvorstand noch abgestimmt, mit drei Stimmenthaltungen bei einer Gegenstimme von Herrn Holland-Cunz, daß ein Wechsel in der Geschäftsführung vorgenommen wird, obwohl das durch Kirchengesetz geregelt ist und gar nicht im Belieben des Kirchenvorstandes liegt.

Herr Nothnagel sagte dazu: „Bisher sind wir gut damit gefahren, daß ein Pfarrer den Vorsitz hatte. Pfarrer Peters könnte doch beweisen, daß er es bei Kirchenvorstandssitzungen anders macht. Weshalb wird er nicht gefragt? Es dürfte doch kein Problem sein, das auch zu übernehmen!“ Darauf Herr König: „Wenn schon der Pfarrer nicht ernst genommen wird, dann wird es ein Laie erst recht nicht!“ Darauf kam die erste Drohung des Dekans: „Dann müssen wir den Kirchenvorstand auflösen, weil eine geordnete Sitzung nicht möglich ist, dann ist es keine Frage, was dann kommt. Ich empfehle den Laienvorsitz wärmstens. Und die anderen sollen sagen: „Wir werden dir zur Seite stehen!“

 

Es sollte dann jeder auf einen Zettel sehreiben, wen er als Vorsitzenden vorschlägt. Der Dekan war befriedigt, daß ich Zettel und Bleistifte dabei hatte. Es wurde somit deutlich, daß ich mich doch noch um das Notwendige kümmere. Bei der Abstimmung hatten vier Mann „Peters“ auf den Zettel geschrieben; diese Stimmen wurden für ungültig erklärt. Weiterhin wurden genannt: Nothnagel 8 mal, Holland-Cunz 4 mal, Huhn 2 mal, dazu R. und P. Dann waren 12 Mann dafür, daß die beiden meistgenannten sich zur Wahl stellen sollten. Erst jetzt wurden sie gefragt, ob sie kandidieren.

Herr Nothnagel sagte: „Ich habe andere Vorstellungen über den Vorsitz im Kirchenvorstand. In der gegenwärtigen Situation sehe ich keine Notwendigkeit. Wenn Pfarrer Peters sich nicht in der Lage sähe, würde ich mich zur Verfügung stellen!“

Der Dekan wollte aber unbedingt in dieser Sitzung alles unter Dach und Fach bringen. Eine Abstimmung ergab aber dann: 8 Stimmen für Überweisung an die Kirchenväter (darunter

auch ich), 9 Stimmen für Überweisung an den Dekanatssynodalvorstand (darunter Pfarrer Peters). Der Dekan hat danach noch einmal versucht, den Beschluß wieder umzustoßen: „Wir können nichts mehr machen. Ich glaube, Sie übersehen die Folgen nicht. Der Gedanke ist vielleicht zu neu. Es muß hier weitergehen, und es wird hier weitergehen.“

Der Dekan war so ärgerlich, weil er mit all seinen schönen Maßnahmen nicht so recht zum Zuge gekommen ist: Herr Peters will die Geschäftsführung nicht übernehmen, es findet sich kein Laie für den Vorsitz und den dritten Punkt hat er gleich fallen lassen, weil der künftige Oberkirchenrat Kirchner gesagt hat, das ginge nur, wenn die Dörfer zu Filialorten werden, oder man müßte Ausschüsse mit mehr Kompetenzen ausstatten (aber entscheiden dürften sie nichts).

Außerdem sind alle drei Punkte mehr oder weniger ungesetzlich. Natürlich wird jeder Jurist sagen: „Eine Maßnahme unterhalb des Disziplinarverfahrens ist besser“, wenn man ihn so fragt. Aber das setzt natürlich gegenseitiges Einvernehmen voraus. Dieses wurde aber nicht gesucht, sondern gleich angeordnet. Entgegen alle Zusagen wurde der Wechsel in der Geschäftsführung als Strafmaßnahme dargestellt, wenn es auch anders beteuert wurde.

Zum Zweiten kann kein Kirchenvorstand gezwungen werden, einen Laienvorsitzenden zu wählen. Ein solches Ansinnen ist gegen die Verfassung und deshalb ungültig. Vor allem kann man nicht mit Auflösung drohen, wenn man etwas Ungesetzliches verlangt. Wenn man damit nach Eisenach geht, dann werden sie dort sagen: „Bei uns ist immer der Pfarrer der Vorsitzende des Gemeindekirchenrats. Was habt Ihr denn da für Sonderregelungen?“ Der dritte Punkt war sowieso rechtlich nicht einwandfrei. So waren im Grunde alle „Maßnahmen“ rechtlich nicht in Ordnung und sind auch in der Praxis fehlgeschlagen. Der Dekan sah seine Felle davon schwimmen, weil ja von diesen drei Dingen angeblich das ganze Heil für Steinbach abhängt.

 

Vorfall mit Horst Gießler:

Herr Nothnagel berichtete dann den Vorfall mit Horst Gießler und Ursel. Er sagte auch, daß die Kirchenväter getagt haben und zu folgendem Entschluß gekommen wären: Frau Gießler soll nahegelegt werden zu kündigen. Man will ihr nicht selber kündigen, weil es sonst Schwierigkeiten mit der neuen Arbeitsstelle geben könnte

Ich fragte dann, ob jemand denn andere Informationen über den Vorgang hat. Frau Jäger sagte: „Ja, Herr Polte soll einmal die Kündigung vortragen!“ Ich fragte zurück: „Ach, da steht das wohl drin?!“ Herr Polte las das Sehreiben vor:„Möchte hiermit mein Arbeitsverhältnis zum 16. September 1986 kündigen. Es ist mir unter diesen Bedingungen nicht mehr länger möglich im Bonhoeffer-Haus zu arbeiten. Da ich die Mitarbeiter - laut Frau Heckert – sowieso nur verhetze und Unruhe hervorrufe, bitte ich auf die Kündigungsfrist zu verzichten. Andrea Gießler.“

Frau Jäger behauptete dann, Ursel hätte zu. Frau Gießler gesagt: „Wann gehen Sie denn endlich?“ Das Zitat lautet aber: „Wann hören Sie endlich auf, andere Leute aufzuhetzen!“ Die Antwort von Frau Gießler: „Das müssen Sie gerade sagen!“ Jedenfalls verplapperte sich Frau Jäger dann, indem sie beschrieb: „Frau Heckert lief ja so schnell. Horst wollte ja nur mit ihr reden. Aber sie lief immer schneller. Da hat er dann das Fahrrad quer gestellt!“ Tatsache ist, daß er von Anfang an gebrüllt hat. Ursel war das peinlich und sie wollte fortkommen. Sie steckte extra. die Hände in die Hosentaschen, damit nicht der Eindruck entstehe, sie wolle sich wehren.

Nach dieser Äußerung war Frau Jäger und ihre Sippe beim Kirchenvorstand erst recht unten durch. Auf dem Kündigungsschreiben war kein Termin eingesetzt, weil man erst wissen wollte, ob der Kirchenvorstand einer sofortigen Kündigung zustimmte. Das war bei vier Enthaltungen der Fall. Vor der Sitzung hatte ich Herrn Bunge telefonisch gesagt: „Ich werde die Kündigung verlangen oder morgen zur Polizei gehen. Wenigstens eine Entschuldigung hätte ich erwartet!“ Nach der Sitzung fragte er mich, wie das mit der Entschuldigung sei. Ich sagte: „Darauf legen wir jetzt keinen Wert mehr. Die Kündigung ist ein Eingeständnis!“

Der Dekan wollte auf der Pfarrkonferenz Herrn Horst Gießler zu entschuldigen und stellte auch die Behauptung auf: „Frau Heckert hat doch nur einen Anknüpfungspunkt gesucht mit der Christenlehre. Aber in der Hauptsache hat sie sagen wollen: Wann gehen Sie endlich?“ (= wann hören Sie an Ihrer Arbeitsstelle auf?). Hier hat er unbesehen die Behauptung der Frau Jäger als Wahrheit übernommen und sogar noch eine Absicht konstruiert. Der Dekan sagte: „Man darf nicht vergessen, was vor­ausgegangen sei, er ist ja gereizt worden, Frau Heckert hätte gar nicht nach der Christenlehre fragen dürfen!“ Doch das gehört zu ihren Aufgaben, das hat sie bei allen Eltern so gemacht, auch bei den kirchlichen Angestellten. Auch die Woche vorher hatte sie schon Frau Gießler an die Christenlehre erinnert, ohne daß diese etwas gesagt hätte in Richtung darauf, daß das Kind nicht mehr kommen sollte. Sie waren auch zum Familiengottesdienst. Es war gar nicht zu erwarten, daß so eine Reaktion erfolgen würde, man mußte lediglich annehmen, daß es vergessen worden sei und man daran erinnern müsse.

Dekan Sehreiber sagte auf der Pfarrkonferenz am 17. September 1986 wieder: „Sowie es ein Jurist das in die Hand nimmt, gibt es ein Disziplinarverfahren!“
Inzwischen waren ihm noch zwei weitere Punkte eingefallen:

1.  Ich hätte  das Protokollbuch einmal nicht mitgebracht

2. Auf der Einladung stand „nach erfolgtem Wechsel in der Geschäftsführung“ (Das war etwas doppeldeutig, aber gemeint war: „Wenn dann der Wechsel erfolgt ist, soll auch der Vorsitz im Kirchenvorstand wechseln).

 

Herr Gerstenberger sagte „Der Kirchenvorstand hat doch gesagt, er wolle das selber klären. Deshalb kann sich Herr Nothnagel nun nicht verweigern.“ Ich widersprach ihm, als er behauptete, die Pfarrer seien untereinander zerstritten. Er schwächte es dann auch ab auf „schwierige Arbeitsbedingungen zwischen den Pfarrern“. Ich mich lasse da nicht in einen Gegensatz hineindrängen, den andere gerne sähen. Da liegt das Problem nicht.

Dann konnte Herr Hoffmann es nicht unterlassen, aus dem Gespräch vom 1. September zu zitieren, und zwar genau den Punkt, wo er hochheilig versprochen hatte, „wir sind ja unter uns, es erfährt niemand“. Er sagte: „Sie haben doch selber gesagt, sie hätten nach Eisenach geschrieben, damit es mit der Kündigung schneller geht!“ (Ich hatte gesagt: damit es dabei bleibt). Nach dieser Aussage wollte ich hinaus gehen und hatte schon meine Jacke angezogen. Herr Krahmer bat mich zu bleiben. Ich fragte den Dekan, ob ich mich schuldig mache, wenn ich gehe. Als er das bejahte, setzte ich mich wieder, weil ich jetzt keinen Vorwand geben darf (aber Herr Hoffmann ist ja auch einmal abgerauscht und es ist nichts erfolgt).

Hier wird juristisch gehandelt von Leuten, die keine Juristen sind und die Regeln eines juristischen Verfahrens nicht beachten. Aber hinterher wird das alles geistlich bemäntelt und brüderlich verbrämt und von milden Maßnahmen gesprochen. Der Dekan sagte noch einmal: „Wir wollen keinen Juristen hineinziehen und die Dinge unter uns. regeln, damit am Status nichts verändert werden muß!“ Er fürchtet offenbar‚ wenn wir hier einen Juristen brauchen, dann würde Eisenach sagen, wir könnten doch nicht allein auskommen. Aber wenn er ohne Eisenach auskommen will, dann muß er auch einlenken. Eine juristische Beratung und selbst auch juristisches Handeln ist ja im Anschlußvertrag vorgesehen, das ändert nichts am Status des Dekanats. Da kann man nun nicht fordern: „Ihr dürft diese Möglichkeit nicht in Anspruch nehmen!“ Damit wird der Willkür die Tür geöffnet und wir haben weder Kassel noch Eisenach als Berufungsinstanz.

Es ging dann noch darum, wer denn den Vorsitz im Kirchenvorstand habe, wenn kein Laie gefunden wird. Ich wurde gefragt, ob ich denn auch den Vorsitz im Kirchenvorstand niedergelegt habe. Ich sagte darauf: „Das habe ich mir noch gar nicht überlegt. Aber wenn es sein soll - ich habe schon so viel eingesteckt - dann mache ich es weiter. Nur wird mir ja immer vorgeworfen, ich mache es nicht richtig, angefangen bei der Einladung bis zum Aufstellen der Tagesordnung und bis zur ordnungsgemäßen Leitung!“

Abschließend sagte ich noch: „Ich sehe die Situation neuerdings nicht mehr so problematisch. Nachdem die Quertreiber gegangen sind, könnten wir mit den zwei oder drei anderen fertig werden. Ein Vorsitzender des Kirchenvorstandes und ein geschäftsführender Pfarrer haben es in Zukunft sehr viel leichter. Man wird dann nachher sagen, es habe nur an mir gelegen‚ weil es nun besser geht. Aber mehr als alle Maßnahmen des Dekanatssynodalvorstands hat und die Kündigung von Frau Gießler geholfen. Ich bin wirklich gespannt, ob sich jetzt eine Änderung ergibt!“

Der Dekan nahm das befriedigt zur Kenntnis und bedankte sich praktisch noch bei mir, daß ich dageblieben bin und sogar noch einen positiven Beitrag gegeben habe. Pfarrer Hoffmann hat sich nicht entschuldigt. Nach Schluß der Konferenz schlug Pfarrer Peters (Endlich! Man hatte ihm auch tüchtig zugesetzt) den Montag als Tag der Übergabe vor. Ich schlug 8 Uhr vor und sagte zu, die anderen dazu einzuladen.

 

Zu der Kirchenvorstandssitzung am 29. September 1986 hat Herr Peters im Auftrag des Dekans eingeladen und dabei mitgeteilt, daß die Geschäftsführung am 22. September gewechselt hat. Einziger Tagesordnungspunkt soll die Wahl eines Vorsitzenden des Kirchenvorstandes sein. In der Sitzung wurde zu Beginn Herr Nothnagel (Hauptstraße 100) mit einer Gegenstimme zum Vorsitzenden gewählt. Eine Verpflichtung wurde nicht vorgenommen. Er bat noch darum, daß eine klare Abgrenzung der Aufgaben vom Vorsitzenden des Kirchenvorstandes und geschäftsführendem Pfarrer erfolgt. Der Dekan sagte gleich zu, der Dekanatssynodalvorstand werde das tun. Damit traute er sich ja viel zu, aber erfolgt ist nichts!

Ich hatte vorher eine Aufstellung über die Abgrenzung der Kompetenzen an Herrn Peters zur Durchsicht übergeben, damit er es in der Sitzung vorlegt. Aber er tat nicht dergleichen. Der Vorschlag kam nie zum Zug. Kein Dekanatssynodal­vorstand, kein Landeskirchenrat in Eisenach und kein Landeskirchenamt in Kassel konnten oder wollten dazu Auskunft geben. Immer hieß es: „Darüber muß man sich in der Praxis einigen!“ Hier aber wurden schon die Weichen falsch gestellt. Das war die Ursache aller späteren Übel.

Als der Dekanatssynodalvorstand den Kirchenvorstand Steinbach-Hallenberg zwang, einen Laien zum Vorsitzenden zu wählen, war die Sache auch noch klar. Da sagte der Dekan noch: „Vorsitzender der Angestellten ist der geschäftsführende Pfarrer. Der Vorsitzende darf nicht zu sehr belastet werden. Er hat nur die Sitzungen vorzubereiten, zu leiten und die Ausführung der Beschlüsse zu überwachen!“

Dazu mußte er sich natürlich mit den Pfarrern absprechen. Er hat aber nichts mit den Aufgaben des Pfarramtes zu tun, also nichts mit dem Schriftverkehr oder mit Verträgen, er war nicht der Vorgesetzte der Angestellten und hatte auch nicht den Urlaub zu erteilen. Herr Nothnagel aber wollte dann auch dem Verwaltungsleiter Weisungen erteilen, unterrichtete ihn aber nie über die Beschlüsse des Kirchenvorstandes. Als dieser dann das Protokollbuch des Kirchenvorstandes haben wollte, sagte Herr Nothnagel, was er ihm sage, müsse genügen.

Der Dekan änderte dann seine Meinung: Zunächst sagte er: „Wenn im Arbeitsvertrag steht, der geschäftsführende Pfarrer sei der Vorgesetzte des Verwaltungsleiters, dann ist der Vertrag falsch!“ Später sagte er: „Der Arbeitsvertrag ist so zu behandeln, als würde dastehen: Beauftragte des Kirchenvorstandes oder deren Stellvertreter!“ Die Formulierung „Dienstaufsicht des Kirchenvorstandes“ kann aber nicht heißen, daß jeder einzelne Kirchenvorsteher Weisungen erteilen kann.

Weil aber Herr Peters seine Aufgaben nur teilweise wahrnahm, sollte der Vorsitzende des Kir­chenvorstandes einspringen. Das wäre noch gegangen, wenn es nur um Aufgaben gegangen wäre, die sich aus Beschlüssen des Kirchenvorstandes ergaben. Herr Nothnagel wollte aber auch von sich aus Dinge aufgreifen und das tun, was mir vorgeworfen wurde, nämlich die Angestellten in ihrer Arbeit zu kontrollieren.

Hier wurde der Grundstein gelegt für die späteren Schwierigkeiten. Herr Nothnagel wollte auch die Aufgaben des geschäftsführenden Pfarrers übernehmen. Er hatte die Vorstellung, daß der Pfarrer alles entscheide (obwohl er es doch vorher anders erlebt hatte und immer der Kirchenvorstand herangezogen wurde). Aber da er jetzt der große Vorsitzende war, fühlte er sich als der Alleinherrscher. Dabei war es nur seine Aufgabe, die Vorstandssitzungen vorzubereiten, zu leiten und die Ausführung der Beschlüsse zu überwachen. Er war nicht Vorgesetzter der Angestellten, hatte keinen Schriftverkehr zu führen und hatte auch nicht die Gemeinde nach außen zu vertreten.

Dann erhielt ich die Gelegenheit zu Richtigstellungen zu den Gerüchten in den Partnergemeinden:

 (1.) Gemeindeglieder in Neustadt Kreis Eschwege erzählen, was sie nicht über die Pfarrer, sondern von Kirchenältesten erfahren haben: Pfarrer Heckert hat von der Kirchengemeinde Frankershausen einen Vervielfältigungsapparat erhalten, den er aber nicht an Pfarrer Peters herausgibt, damit der ihn auch einmal benutzen kann. Tatsache ist: Dieser Apparat wurde Anfang der siebziger Jahre (als es noch gar keine Beziehungen zu Frankershausen gab) von meiner Mutter für über 700 DM gekauft (es war übrigens der letzte. der über GENEX vermittelt wurde). Er ist also ganz allein mein Eigentum. Ich bezahle auch alles Zubehör, Papier, Matrizen, Tinktur und alle Reparaturen, obwohl ich damit fast nur vervielfältige, was der ganzen Gemeinde zugutekommt (Wahlzettel, Friedhofsordnung, Aufnahmebestätigung für Kindergarten, usw.). Erst für dieses Jahr habe ich mir das Material für die kirchenmusikalischen Veranstaltungen bezahlen lassen, weil das zuviel wird. Außer Herrn Dalberg ist niemand mit Wünschen nach Vervielfältigung an mich herangetreten. Die Anschaffung eines Apparats für das Pfarramt ist beschlossen und es ist einer bestellt. Er soll im Oberstädter Pfarrhaus aufgestellt werden. Er soll aber von der Partnergemeinde bezahlt werden und nicht wie bei mir aus eigenen Mitteln. Mein Apparat ist übrigens schließlich zu dem benutzt worden, was die Stasi gerade verhindern wollte: In Jena wurden damit bei der Wende Flugblätter gedruckt, bis er kaputt ging!

(2.) Weiter wird in Jestädt erzählt: Der Kirchenvorstand Steinbach-Hallenberg hat sich gespalten, einige sind ausgetreten. Von den beiden Pfarrern muß einer gehen. Da aber der Pfarrer Heckert ein privates Haus hat, wird das Pfarrer Peters sein müssen. Tatsache ist: Aus dem Kirchenvorstand ist ein Mitglied vor längerer Zeit ausgeschieden. Der Kirchenvorstand hat sich nicht (in der Mitte) gespalten, sondern es gibt eine zahlenmäßig deutlich unterlegene Opposition, die fast blind die Interessen des ehemaligen Hausmeisters und seiner Familie vertreten hat. Diese Opposition trat aber nur auf, wenn es um diesen Bereich geht. Es bleibt abzuwarten, wie sich das Verhältnis nach dem Ausscheiden dieses Hausmeisters gestaltet.

Bei dieser Gelegenheit kam in Jestädt zum ersten Mal zur Sprache, was uns viel Neid in Steinbach-Hallenberg eingebracht hat. Es hieß: Von den beiden Pfarrern muß einer gehen. Da aber Pfarrer Heckert ein privates Haus hat, wird das Pfarrer Peters sein müssen. Falsch ist hierbei, einen Gegensatz zwischen den Pfarrern zu konstruieren; das hat jahrhundertealte Tradition, war aber nicht das Problem. Es wird auch versucht, die Pfarrer in diesen Gegensatz mit hineinzuziehen. Doch das wird wohl genausowenig gelingen wie in früheren Jahren. Keiner versucht, den anderen zu vertreiben. Aber ein Privathaus macht es leichter zu gehen, weil mal dann ausscheiden kann, ohne eine Dienstwohnung zu blockieren.

Aber in gewisser Hinsicht war es ein Fehler, in Steinbach-Hallenberg als Pfarrer ein Haus zu bauen. Das steht einem Pfarrer nicht zu, das hatten wir noch nie, das ruft Neid hervor, besonders bei denen, die es noch nicht so weit gebracht haben.

Mit dem Hausbau haben wir die günstige Gelegenheit ergriffen, als kinderreiche Familie billige und ausreichende Kredite zu erhalten, um unsre Wohnsituation zu verbessern. Das Pfarrhaus wurde zwar 1967 (dank meiner tatkräftigen Hilfe) zu einem wahren „Schlößchen“ ausgebaut, wie es damals der Dekan sagte. Aber es war in ihm kein Platz für unsre Tochter, die auch mit fünf Jahren noch bei den Eltern schlafen mußte.

Das Unterstädter Pfarrhaus in Steinbach-Hallenberg war das einzige Einfamilienhaus im Dekanat, in dem noch eine zweite Familie wohnte. Die Kantorwohnung sollte auf Dauer so bleiben, denn als Ausgleich waren ja Räume unter dem Dach ausgebaut worden. Doch diese bezeichneten die Kindergärtnerinnen als ,,dunkles, kaltes Loch“, wo man ihnen nicht zumuten könne zu wohnen.

In über zwei Jahrzehnten war die einzige Verbesserung ein Kachelofen, durch den wir erst das Kinderzimmer heizen konnten. Als im Amtszimmer der Kachelofen über Nacht eingefallen war und durch einen untauglichen Stubenofen ersetzt wurde, hat der Kirchenvorstand das fehlende Stück Fußbodenbelag durch ein Stück ausgebessert, das in einem anderen Haus herausgerissen worden war.

Fast alle Fußböden mußten jeden Tag gebohnert werden. Wir hätten hier privat investieren müssen. Da wollten wir es lieber wirklich ganz privat tun. Der Hausbau diente in erster Linie der Verbesserung der eigenen Lebensverhältnisse. Aber er kam auch der Kirchengemeinde zugute, denn nun war ausreichend Platz für die Kantorfamilie und zwei Kinderdiakoninnen, die dringend gebraucht wurden.

Das private Haus gab uns aber auch - wie sich später dann herausstellte - eine gewisse Unabhängigkeit gegenüber der Gemeinde und Kirche. So konnten wir jederzeit aus dem kirchlichen Dienst ausscheiden, ohne eine Dienstwohnung zu blockieren. Wir machten die Dienstwohnung mit dem Tag des Ausscheidens frei, während das Oberstädter Pfarrhaus blockiert blieb. Aus dem Unterstädter Pfarrhaus mußte sogar der Kantor umgehend ausziehen, weil nun auf einmal das ganze Haus für einen Pfarrer gebraucht wurde (der aber trotzdem wieder absagte).

 (3.) Weitere Gerüchte aus Steinbach-Hallenberg: „Pfarrer Heckert kriegt immerzu West-Pakete aus der Partnergemeinde, da hat er sich ganz schön dran gesundgestoßen!“ Tatsache ist: Wir erhalten schon verhältnismäßig viel Westpakete (sonst könnten wir uns unsren Lebensstandard nicht leisten). Aber die kommen von privaten Absendern, aber ihr Inhalt ging zum Teil in die Gemeinde (Kleidung, Geschenke für Christenlehrekinder). Alle Kaffeepäckchen für Handwerker, Angestellte und Gemeindeglieder wurden privat von mir finanziert, dazu manches andere. Von der Partnergemeinde ist im Jahr 1985 nur ein Paket gekommen mit dem Orgelmotor für Altersbach. Im Jahr 1986 kamen Wasserhähne und Abwasserrohre für das Gemeindehaus, dazu ein Päckchen mit Sträußen für die Goldene Konfirmation. Auch bei meinen Besuchen in der Partnergemeinde habe ich bewußt nichts mitgenommen und zum Bespiel die Fahrtkosten selber bezahlt.

Meine Ausführungen wurden kommentarlos hingenommen‚ wenn auch Frau Jäger wieder protestieren wollte. Ich hatte ja auch keine Aussprache beabsichtigt und gleich gesagt, daß es nur drei Minuten dauere. Überhaupt habe ich mich in der Sitzung sehr zurückgehalten und nicht alles gesagt, was ich wußte, sondern nur etwas geantwortet, wenn ich direkt gefragt wurde.

 

Laienvorsitz:

Ein Jahr später, 30. Dezember 1987, machte ich eine Eingabe an die Synode wegen Vorsitz im Gemeindekirchenrat durch ein Gemeindeglied, das nicht hauptamtlicher kirchlicher Angestellter ist.

Weil in der Thüringer Kirche ein Gesetz über den Laienvorsitz in Arbeit war, reichte ich folgende Vorschläge ein:

(1) Von der Möglichkeit, daß nicht der Pfarrer, sondern ein anderes Mitglied des Gemeindekirchenrates den Vorsitz führt, sollte möglichst oft Gebrauch gemacht werden, weil hier etwas vom allgemeinen Priestertum aller Gläubigen deutlich wird. In kleineren Gemeinden wird das leichter möglich sein als in großen mit vielen Angestellten und Einrichtungen (Kindergarten, Rüstzeitenheim, Friedhof).

(2) Zunächst einmal müssen die Zuständigkeiten des Gemeindekirchenrates bedacht werden. Er hat zum Beispiel allein zu entscheiden bei Bau-Sachen (außer Kleinreparaturen) oder Anstellung von Mitarbeitern (außer Vertretung für eine Woche). Der Vorsitzende kann umgedreht nicht jede Kleinigkeit vor den Kirchenvorstand bringen, sondern muß sinngemäß entsprechend früheren Beschlüssen und Vorbildern entscheiden. Manche Dinge sind auch so geringfügig, daß sie den Gemeindekirchenrat nur aufhalten würden (notfalls in man sich mit einigen Kirchenvorstehern absprechen, ob die Sache vorgelegt werden soll (oder nicht). Dringlichkeit dagegen ist kein Grund, anstelle des Gemeindekirchenrats zu entscheiden. Nicht gefragt werden muß der Gemeindekirchenrat, wenn die Sache kirchengesetzlich geregelt ist (zum Beispiel Lohnzahlungen); dann sollte der Gemeindekirchenrat auch nicht damit belästigt werden.

(3) Es muß vermieden werden, daß Doppelarbeit geschieht oder sich keiner für zuständig hält. Ein Antragsteller oder Fragender darf nicht von einem zum anderen geschickt werden. Auch die Angestellten müssen genau wissen, an wen sie sich wenden sollen. Ihr Vorgesetzter ist der Pfarrer. An ihn sind zunächst alle Anfragen und Anträge zu richten. Höchstens wenn man Beschwerden gegen den Pfarrer hat, sollte man sich an den Vorsitzenden des Gemeindekirchenrats wenden.

Vor allem aber darf der Pfarrer nicht alle Entscheidungen an den Vorsitzenden abschieben. Wenn eine Sache durch Kirchengesetze oder Beschlüsse des Gemeindekirchenrats schon festgelegt ist, muß der Pfarrer das wissen und kann nicht auf den Vorsitzenden verweisen. Nur wenn Neues zu entscheiden ist, wird der Vorsitzende unterrichtet. Aber wenn der Pfarrer meint, er könne eine Sache nicht entscheiden, dann kann er nicht den Vorsitzenden entscheiden lassen, sondern muß es dem Gemeindekirchenrat vorlegen.

(4) Der Dienstweg muß beachtet werden. Der Vorsitzende hat im Prinzip keinen Schriftverkehr zu führen‚ auch weil das zu zeitaufwendig für ihn ist (Wenn deutlich werden soll, daß nicht der Pfarrer von sich aus gehandelt hat, sondern der Kirchenvorstand entschieden hat¸ dazu genügt die Zweitunterschrift des Vorsitzenden). Briefe, die sich aus Beschlüssen des Kirchenvorstandes ergeben, hat der Pfarrer auszufertigen, natürlich entsprechend dem Beschluß und eventuell unter Beachtung weiterer Vorgaben des Vorsitzenden. Nicht möglich ist ein direkter Schriftverkehr in Sachen Gemeinde zwischen einzelnen Kirchenvorstehern und kirchlichen oder anderen Dienststellen (Beispiel: Bau-Anträge). Öffentliche Aushänge müssen die Unterschrift des Pfarrers tragen, damit sie sachlich richtig sind und in der Rechtschreibung richtig.

(5) Alle Verwaltungsfragen (Kirchenrechnung, Lohnsachen, Urlaub) sind dem Pfarrer vorzulegen, weil er in solchen Dingen ausgebildet ist bzw. sich kundig machen kann. Der Vorsitzende muß darüber nicht Bescheid wissen, er darf nicht zu sehr belastet werden.

 

Aufgaben des Vorsitzenden des Gemeindekirchenrats:

(1) Vorbereitung der Sitzungen: Aufstellen der Tagesordnung und Unterschrift unter Einladung. Die Tagesordnung wird mit dem geschäftsführenden Pfarrer abgesprochen. Dieser übernimmt die Ausfertigung der Einladung, ihre Zustellung und die Herrichtung des Versammlungsraums, also überhaupt die technische Durchführung

(2) Leitung der Sitzung: Eröffnung, Andacht in der Regel durch den geschäftsführenden Pfarrer, Worterteilung, Ansage des Protokolls. Einzelne Punkte können auch dem stellvertretenden Vorsitzenden (Pfarrer) übertragen werden. Bei Stimmengleichheit entscheidet die Stimme des Vorsitzenden (aber nicht bei Wahlen).

(3) Durchführung der Beschlüsse: Der Vorsitzende kann das selber ausführen, kann aber auch einen anderen beauftragen, besonders den geschäftsführen den Pfarrer. Er kontrolliert die Durchführung der Beschlüsse und berichtet unter Umständen darüber (bei der Verlesung des Protokolls in der nächsten Sitzung). Auf Verträgen und bei der Kirchenrechnung unterschreibt der Vorsitzende an erster Stelle, der Pfarrer an zweiter (nicht: Ausweise für Straßensammlung).

Zwischen den Sitzungen hat sich der Vorsitzende nur um die Dinge zu kümmern, die sich aus den Sitzungen ergeben, nicht Dinge zu erledigen oder zu entscheiden, die Sache des Pfarrers sind. Er hat nur eine nebenamtliche Tätigkeit und kann nicht die Geschäftsführung des Pfarramts machen, auch nicht in Vertretung.

 

Für Steinbach-Hallenberg hatte ich folgenden Vorschlag über die Aufgaben des Vorsitzenden des Gemeindekirchenrates an Pfarrer Peters gegeben:

Einer der Pfarrer führt immer die Dienstgeschäfte. Er vertritt die Kirchengemeinde nach außen und bei übergemeindlichen Veranstaltungen am Ort (Abweichungen können vereinbart werden) sowie bei besonderen Gemeindeabenden und Sonderveranstaltungen. Er führt die kirchlichen Angestellten in ihr Amt ein (wenn nicht anders vereinbart wie zum Beispiel bei den Heiligenmeistern).

Der geschäftsführende Pfarrer hat folgende Aufgaben:

1. Schriftverkehr: Es wird ihm alle Post an die Kirchengemeinde oder in Angelegenheiten der ganzen Gemeinde übergeben, auch wenn sie beim anderen Pfarramt oder bei der Kirchenkasse ankam.

Manche Briefe sind direkt an die Kirchenkasse adressiert und gehen in der Regel auch nur sie an. Es handelt sich dabei um Kirchensteuersachen oder Rüstzeitanfragen oder Friedhofsdinge. Diese sollen von der Kirchenkasse selbständig erledigt werden. Es gibt aber auch dabei Dinge, die knifflig sind oder eine Besonderheit darstellen, etwa eine Beschwerde eines Rüstzeitleiters oder eine mehr als übliche Beschwerde wegen der Kirchensteuer. Hier muß der geschäftsführende Pfarrer bzw. der Pfarrer des betreffenden Bezirks (bei Kirchensteuersachen) unterrichtet werden. Er fertigt alle abgehende Post aus, zumindest unterschreibt er sie.

(2.) Dienstaufsicht über die Angestellten, Entgegennahme von Beschwerden, Klärung von Problemen Bemühung um neue .Mitarbeiter.

 (3.) Vertretung der Kirchengemeinde nach außen gegenüber kirchlichen und staatlichen Dienststellen. Wenn der Vorsitzende die Gemeinde nach außen vertritt, muß er vom Pfarrer (oder Gemeindekirchenrat) dazu beauftragt sein und das auch der betreffenden Stelle gegenüber deutlich machen. Es geht aber nicht, daß der Kirchenrechner einen Brief an den Vorsitzenden gibt, der dann die Gemeinde gegenüber der politischen Gemeinde vertritt, ohne daß der Pfarrer etwas davon weiß.

 (4.). Abschluß von Verträgen (Arbeits-, Miet- und Pachtverträgen) entsprechend dem Beschluß des Gemeindekirchenrats.

(5.) Kirchenbuchführung für die gesamte Gemeinde, auch wenn diese durch das Büro ausgeführt wird oder in den Außenorten durch den zuständigen Pfarrer geschieht.

(6.) Überprüfung der Kirchen- und Pfarreirechnung und deren Vorlage bei der Rechnungsprüfungsstelle, Anweisung der Einnahmen und Ausgaben (bei Bausachen und Ausgaben über 300 Mark nur nach Beschluß des Gemeindekirchenrats)‚ Anleitung der Büroangestellten. Belege zur Kirchenrechnung dürfen nur vom Pfarrer unterschrieben werden, wobei er die Übereinstimmung mit dem Haushaltsplan und den Beschlüssen des Gemeindekirchenrats nachprüfen muß. Der Unterschriftsleistende muß vorher gefragt werden, sonst kann er nicht die Verantwortung übernehmen. Es ist nicht möglich, daß gelegentlich der Vorsitzende unterschreibt (zum Beispiel bei Verhinderung des Pfarrers). Schließlich gehört zu den Aufgaben auch die Unterschrift unter die Kirchenrechnungen und Pfarreirechnungen.

(8.) Zusammenstellung der Abkündigungen, Ausfertigung öffentlicher Aushänge‚ Unterschrift auf Sammlerausweisen (hier kann nur unterschreiben, wer von der Kirche autorisiert ist und die Beauf­tragung auch gegenüber dem Staat vertreten muß).

(9.) Durchführung von Bauarbeiten an allen Gebäuden. Verpflichtung und Einweisung von Handwerkern. Besprechungen während der Bauphase, Beschaffung von Transportmitteln, usw.

(10.) Einberufung und Leitung von Dienstbesprechungen und Ausschußsitzungen‚ soweit nicht anders vereinbart.

(11.) Beschaffung von Gottesdienstbedarf (Kerzen, Wein, Hostien).

(12.) Betreuung von Kindergarten und Friedhof (Aufsicht, Tagungen, Elternabende)‚ Mitverantwortung für Rüstzeitenheim und Schwesternstation‚ Durchführung der Aufgaben, die sich aus Beschlüssen des Gemeindekirchenrats ergeben.

Diese Aufzählung muß nicht vollständig sein. Im Einzelfall bedarf es entsprechender Absprachen. Auf den Außenorten handelt der zuständige Pfarrer allein bzw. in Absprache mit den dortigen Kirchenältesten.

Es geht nicht darum, irgendwelche „Rechte“ des Vorsitzenden zu beschneiden bzw. alle Macht dem Pfarrer zu belassen. Leider herrscht bei vielen Gemeindegliedern und auch Kirchenältesten die Vorstellung, bisher sei der Pfarrer der starke Mann gewesen und nun sei das eben der Vorsitzende; die anderen hätten nur mit dem Kopf zu nicken. Entsprechend denken auch einige Kirchenälteste, die Vorsitzender eines Ausschusses sind, sie könnten jetzt schalten und walten und im Namen des Gemeindekirchenrates sprechen und entscheiden, etwa bei Bausachen oder Friedhofssachen. Es gibt auch Laien, die autoritärer schalten und walten, als ein Pfarrer das je könnte. Es wird aber auf eine gute Zusammenarbeit des gesamten Gemeindekirchenrats und ein gutes Zusammenspiel zwischen Vorsitzenden und Pfarrer ankommen.

Die Frage der materiellen Verantwortlichkeit muß bedacht werden, falls durch das Handeln des Laienvorsitzenden ein Schaden entsteht. An sich dürfte das nicht vorkommen, wenn der Vorsitzende sich an seine Zuständigkeiten hält. Der Pfarrer wird aber immer die Verantwortung behalten, denn nur er ist von der Kirche angestellt und von ihr haftbar zu machen. Deshalb soll er an zweiter Stelle unterschreiben.

Ein Laien (oder besser gesagt: einen nicht hauptamtlich Angestellten) zum Geschäftsführer einer Kirchengemeinde zu machen, ist schon problematisch. Die Kirche weiß schon, weshalb sie die Geschäftsführung in die Hand der Pfarrer legt, auch wenn ein Laie Vorsitzender ist. Ihre Pfarrer bildet sie theoretisch und praktisch für diese Aufgabe aus. Sie hat Kreiskirchenämter, die die Verwaltung überwachen (daß kein Arbeitsvertrag oder Mietvertrag da ist, ist in einer geordneten Landeskirche unmöglich). Und wenn einer was falsch macht, kann sie ihn materiell verantwortlich machen. Nur die Pfarrer sind durch die Pfarrkonferenz auf dem neusten Stand. Es ist schon ein Unterschied, ob man 20 Jahre Erfahrung in der Kirche hat oder erst 20 Monate. Sicher sollen auch Laien mittun in der Kirche. Aber dann nicht im Alleingang, so als wäre der Vorsitzende des Kirchenvorstandes „der Kirchenvorstand“ (wie manche Angestellte sagten) und könne auch ohne das Gremium Entscheidungen treffen.

Als der Dekanatssynodalvorstand den Kirchenvorstand Steinbach-Hallenberg zwang, einen Laien zum Vorsitzenden zu wählen‚ war die Sache auch noch klar. Da sagte der Dekan noch: „Vorgesetzter der Angestellten ist der geschäftsführende Pfarrer. Der Vorsitzende, der die Arbeit ja nur nebenamtlich tut, darf nicht zu sehr belastet werden!“ Nun stellt sich aber heraus, daß ein Machtvakuum da ist, weil Herr Peters seine Aufgaben nicht ausreichend wahrnimmt. Da soll nun auch noch Herr Nothnagel einspringen. Aber wie problematisch das ist, stellt sich nun heraus. Aber die „Maßnahmen“ des Dekanatssynodalvorstandes dürfen kein Fehler gewesen sein, deshalb muß jetzt auf Gedeih und Verderb dem Vorsitzenden die Stange gehalten werden.

 

Am 23. März 1987 schrieb ich einen Brief an Pfarrer Bunge zum Thema „Laienvorsitz“:

„Den „Laienvorsitz“ begrüße ich sehr und halte ihn für eine gute Sache. Ich habe ja schon zweimal versucht, das einzuführen, aber es hat sich keiner bereiterklärt. Der mehr oder weniger starke Druck, der jetzt von seiten des Dekanatsssynodalvorstandes ausgeübt worden ist, war zwar nicht schön, hat aber das gewünschte Ergebnis gebracht.

Für unerläßlich halte ich es, daß die Kompetenzen möglichst genau abgegrenzt werden. Das fängt damit an, daß die Rechte des Kirchenvorstandes sehr genau beachtet werden. Es ist nicht immer leicht zu entscheiden, ob die Sache unbedingt vor den Kirchenvorstand muß oder wegen Gering­fügigkeit oder nach entsprechenden Vorbildern auch so entschieden werden kann. Die Anstellung von Mitarbeitern zum Beispiel dürfte fast ausschließlich Sache des Kirchenvorstandes sein (vielleicht einmal abgesehen vor einer Putzfrau, die einmal vier Stunden aushilft). Alle Beteiligten müßten über solche Regelungen unterrichtet sein, damit nicht ein Angestellter einen anderen anstellt (wie das kürzlich vorgekommen ist).

Für die Abgrenzung der Bereiche zwischen dem Vorsitzendem des Kirchenvorstandes und dem geschäftsführenden Pfarrer lege ich einen Vorschlag bei, der aber bei uns noch nicht besprochen und nicht in Kraft ist. So eine „Geschäftsordnung“ halte ich aber unbedingt für erforderlich, wenn es nicht auf die Dauer zu Reibungen führen soll. Auch die Angestellten müssen wissen, an wen sie sich bei Fragen zu werden haben.

Da gibt es bei uns noch Schwierigkeiten. Ich habe zum Beispiel auf der Kirchenkasse mitgehört, daß die beiden Angestellten eine Lohnfrage miteinander besprochen haben. Dann wurde Herr Nothnagel angerufen, der aber darüber keine Auskunft geben kann. Als ich wieder zu Hause war, rief er bei mir an und fragte. Dann ging es wieder an die Kirchenkasse. Von einem Laien kann man aber nicht die Sachkompetenz in Kirchengesetzen verlangen, die ein Pfarrer hat bzw. an sich haben müßte.

Die Angestellten meinen, der Vorsitzende des Kirchenvorstandes sei jetzt der starke Mann und man brauche nur ihn zu fragen. Und er selber sieht das vielleicht auch so, weil er der Eindruck gehabt hat, der jeweilige Pfarrer habe das auch so gemacht, als er der Vorsitzende war. Ich wundere mich nur, wie man nach jahrelanger Bemühung um eine demokratische Entscheidung heute sagen kann: „Der Vorsitzende muß über die Anstellung von Mitarbeitern allein entscheiden können, weil es zu lange dauert bis zur nächsten Sitzung oder weil die Tagesordnung schon zu voll ist!“ Vielleicht will der Kirchenvorstand gar nicht mit so vielen Dingen behelligt werden und ist ganz zufrieden, wenn der Vorsitzende es allein macht. Nur was ist, wenn es schief läuft und sogar Schaden entsteht? Wer ist dann haftbar? Ich bin mir gegenüber sehr skeptisch, ob ich soviel Sachverstand habe, um immer im Sinne des Kirchenvorstandes richtig zu entscheiden.

Inzwischen meinen euch andere Mitglieder. des Kirchenvorstandes, gewisse Dinge auf ihre „Kappe“ nehmen zu können und sind sich sicher, daß der Kirchenvorstand ihrer Meinung zustimmen wird. Ein Mann wie Herr Holland-Cunz dagegen traut sich gar keine Entscheidung zu und kneift immer, wenn es knifflig wird oder versucht, die Sache zu verschieben. Es hängt hier wirklich viel von der Person des Vorsitzenden ab. In Herrn Nothnagel haben wir da einen guten. Mann. Aber er wird bei uns sehr belastet und es ist nur erfreulich, daß er sich so engagiert. Aber er hat auch schon Lehrgeld zahlen müssen und gemerkt, wie schnell man ins Kreuzfeuer gerät und wie schnell man auch tatsächlich einmal etwas falsch gemacht hat.

Manches muß sich auch noch einspielen und läuft noch umständlich. Dazu ein Beispiel: Herr Dal­berg stellt fest, daß zwei Steckdosen auf der Empore der Friedhofskirche nicht gehen. Er sagte es mir, ich sagte es Herrn Peters, der sagte es Herrn Nothnagel und der sagte es wieder mir. Es war nichts weiter als eine durchgebrannte Sicherung. Das hätte er dem Hausmeister sagen können. Wir befinden uns noch in einer Übergangsphase. Es ist noch nicht so recht klar, wer für was zuständig ist. Das verführt dazu, daß jeder macht, was er denkt, und daß eine ganze Menge liegenbleibt, zum Beispiel die Arbeits- und Mietverträge. So bringt die Trennung vor Vorsitz im Kirchenvorstand und Geschäftsführung bei allen Vorteilen auch Probleme mit sich. Aber ich bin da optimistisch, daß sich allem noch einspielen wird.

Für die Neuregelung der Vertretung in Steinbach-Hallenberg lag kein Grund vor. Niemand hatte sich beschwert, daß eine Arbeit nicht getan worden sei, niemand hatte um Entlastung gebeten. Auch in der Verwaltung lagen keine Versäumnisse vor. Es lag kein unklarer Fall vor, höchstens dem Laienvorsitzenden war nicht klar, welches seine Aufgaben sind bzw. nicht sind. Seine eigentliche Aufgabe, die Durchführung der Beschlüsse des Kirchenvorstandes, erledigte er nicht, aber in die Aufgaben des Pfarramtes und des Verwaltungsleiters mischte er sich ein.

 

Erich Nothnagel:

Herr Nothnagel war Mitglied der NDPD und immer schon relativ staatsfreundlich, jedenfalls nach außen. In einem Gespräch von Staatsvertretern mit dem Dekanatssynodalvorstand am 25. April 1984 äußerte das Mitglied Erich Nothnagel: „Christlich orientierten Bürgern ist es wichtig, sich in der Gesellschaft zu engagieren und nicht die Rolle eines Außenstehenden zu spielen, so wie ich das Einsatzfahrer der Freiwilligen Feuerwehr tue. Es gibt auch Probleme zwischen Staat und Kirche, die man ausräumen sollte. Auf beiden Seiten gibt es Kräfte, die aus subjektiven Vorfällen wie die Stö­rungen des Gottesdienstes in Fambach ein Problem machen!“ (Veranstaltungen zur Gottes­dienstzeit).

Herr Nothnagel gilt in Familie, Beruf und Partei als herrschsüchtig und will auch in der Kirche als Alleinherrscher des Sagen haben. Er ist nicht zu einem partnerschaftlichen Verhältnis mit den Kirchenältesten, Angestellten und Pfarrern fähig. Seine älteste Tochter mußte sich wegen der Behandlung, die sie zu Hause erfuhr, sogar in eine psychiatrische Behandlung begeben

Wie Herr Nothnagel seine Aufgabe in der Kirchengemeinde sah:

  • Er berief Kirchenvorstandssitzungen ein ohne Abstimmung von Termin und Inhalt mit den Pfarrern.
  • Er nahm Pfarramtsakten mit in seine Werkstatt und machte Vorschriften über die Beantwortung von amtlichen Briefen.
  • Er nahm selber Lohnberechnungen vor und behauptet, sie seien richtig, auch wenn sie objektiv falsch waren
  • Er spielte sich als Vorgesetzter der kirchlichen Angestellten auf und gab ihnen Anweisungen ohne Rücksprache mit Pfarrern und dem Kirchenvorstand.
  • Er verteilte zweckgebundene Baugelder (trotz eines gegenteiligen Beschlusses des Kirchenvorstandes) nach Sympathie und Antipathie unter die Ange­stellten auf mit dem Argument: „Ich habe das Geld besorgt, also kann ich auch damit machen, was ich will!“
  • In den Kirchenvorstandssitzungen war es jetzt oft so, daß ganz wichtige Dinge unter „Ver­schiedenes“ erst auftauchten, während die anderen Punkte oft unwichtig waren. Es wurden Dinge verhandelt, die der Pfarrer hätte allein bewältigen müssen. Jetzt entstand die groteske Situation, daß Herr Peters immer wieder Herrn Nothnagel fragte nach Dingen, die Herr Nothnagel nicht wissen konnte, aber ein Pfarrer hätte wissen müssen. Herr Nothnagel aber hat freudig entschieden, zum Beispiel daß Arbeitsverträge auch vom Pfarrer mit unterschrieben werden müssen und der Gasherd in der Hausmeisterwohnung inventarisiert werden muß.

 

Die nächsten Sitzungen

Schon in der Sitzung am 29. September 1986 war verhandelt worden daß in der Hausmeisterwohnung die Türen abgeschnitten werden müssen (Hier hätte es genügt, wenn man den Tischler Holland-Moritz vor oder nach der Sitzung angesprochen hätte)=. Für die Hausmeisterwohnung soll ein neuer Gasherd beschafft werden. Das hatte Herr Peters längst schon vorher entschieden, fragt jetzt noch einmal. Herr Nothnagel bietet einen an. Frage Peters: „Soll der dann auch inventarisiert werden?“                     

Zu den Bischofsbesuchstagen wurden die Kirchenvorsteher als eigene Gruppe eingeladen, angeblich hätten aber auch bei den Ehrenamtlichen kommen können (dann nähmen sie diesen die Plätze weg). Herr Peters fragte: „Wie soll der Gottesdienst gestaltet werden? Sollen die Pfarrer ausmachen. Wie wird es mit dem Mittagessen?“ Herrn Häfner fiel ein, daß rund um die Kirche aufgeräumt werden muß, Gras gemäht und gekehrt (als ob in 20 Jahren da schon einmal einer danach gefragt hätte). Frau Peters hatte schon gesagt, daß die Kirche gekehrt werden muß. Frau Holland-Moritz wollte die Lampen herunterlassen um sie zu reinigen. Es wurde ihr gesagt, daß man sie mit einem Krummstab auf die Empore herüberzieht (Solche Dinge werden in der Kirchenvorstandssitzung beraten!).

Auch die Frage der „Beihilfen“ (manche sagten ,,Prämien“, manche sogar ,,13. Monatsgehalt“) wurde wieder aufgeworfen. Wieder einmal wurde behauptet, die Zahlung sei generell beschlossen. Herr Nothnagel aber sagte in der Sitzung am 29. September 1986: „Darüber muß jedes Jahr neu beschlossen werden!“ Diese Frage spielte ja später eine entscheidende Rolle.

Insgesamt war festzustellen, daß man sich stark bemühte‚ nichts aufkommen zu lassen. Es sollte demon­striert werden: Mit einem neuen Vorsitzenden geht es besser, es läuft alles glatt, es kommt nicht mehr zu Entgleisungen der Mitglieder, die Maßnahmen haben schon gegriffen. Zu diesem Zweck wurden die kniffligen Sachen unter den Teppich gekehrt, zum Beispiel hatte die Köchin Heike Jäger ja sofort wieder gekündigt, als Ute König nach dem Urlaub wieder in der Küche aufgetaucht war.

Herr Nothnagel machte seine Sache gut und zeigte eine bewundernswürdige Geduld bei den Fragen von Herrn Peters. Man hatte auch hier wieder den Eindruck, er sei der geschäftsführende Pfarrer und habe Auskunft zu geben. Es ging für den Dekan darum, Recht zu erhalten und die beschlossenen Maßnahmen doch noch durchzusetzen.

 

Noch vor dem eigentlichen Beginn der Sitzung am 3. November 1986 drückte Herr Nothnagel eine Nachwahl durch. Vier Nachfolgekandidaten hatten abgesagt. Da hatte er auf eigene Faust einen gesucht. Mir hatte man das zum Vorwurf gemacht, daß ich Kandidaten suchte, wo ja immerhin noch die Wahl da­zwischen stand. Jetzt aber war alles schon perfekt, sogar mit dem Dekanats­synodalvorstand schon gesprochen‚ wir sollten nur noch die Hand heben. Es wurde ja offen abgestimmt, während es ja bei dem Berufungsverfahren eine geheime Abstimmung mit Stichwahl gegeben hatte. Aber so einfach ist es eben: Einer wie ich hat sich. um demokratische Formen bemüht, aber der Nächste kann ohne Widerspruch wieder autoritär vorgehen. Wenn ich es nun so machen wollte wie Herr Peters‚ dann müßte ich jetzt nachträglich schriftlich Einspruch erheben beim Dekanatssynodalvorstand. Aber so wichtig ist es nun auch wieder nicht, mit der Person kann man ja einverstanden sein.

Die Arbeitsverträge soll der Finanzausschuß noch einmal bearbeiten. Dabei war alles schon klar, Herr Peters hat es sich sogar aufgeschrieben. Da kann er doch nicht den Finanzausschuß fragen, sondern er muß selber wissen, welche Lohngruppe genommen werden muß. Dann sollten die Formulare für die Arbeitsverträge überhaupt neu bearbeitet werden‚ weil Herr Holland-Cunz wieder nicht mit jedem Wort einverstanden ist. Offenbar muß jetzt unbedingt alles anders gemacht werden, obwohl die Verträge natürlich lange im Vorstand diskutiert und besprochen waren und auch dem landeskirchlichen Formular entsprachen.

Wieder ging es um eine „Beihilfe“ für Angestellte, darüber soll bei positiver Entwicklung bis zum Jahresende noch einmal befunden werden. Frau Holland-Moritz war vorher wieder im Kindergarten und wies darauf hin, daß die Beihilfe ja noch für das Vorjahr hättet sein sollen und auch die Abgegangenen sie noch kriegen müßten. Aber da sagte auch Herr Bunge: „Es besteht kein Anspruch, wer nicht mehr dazugehört, kriegt auch nichts mehr!“ Herr Nothnagel wollte einen niedrigeren Satz und Herr Peters wollte noch einen Monat abwarten.

Ich sagte dazu: „Sie machen sich da Illusionen. Hätten wir das Geld Anfang des Jahres ausgezahlt, hätte es schon jetzt nicht mehr für die Umlage gereicht. Hätten wir den Hausmeister voll bezahlen müssen, hätte es nicht gereicht. Es kommt zwar noch etwas ein bis Jahresende, aber es stehen auch noch die Rechnungen der Maler und des Schmieds aus. Im letzten Jahr standen wir noch relativ gut, weil wir 20.000 Mark vom Dekanat kriegten. Die erhalten wir aber nicht jedes Jahr. Wir haben keinen ausgeglichenen Haushaltsplan!“ Aber Gehör habe ich nicht gefunden. Sie meinten nur, es sei jetzt ein ungünstiger Zeitpunkt, wenn wieder Geld da sei, könne man schon zahlen. Daß wir im Grunde pleite sind, wollen sie nicht sehen.

 

Die Sitzung am 8. Dezember 1986 litt unter formalen Mängeln: Die Einladung erging erst am Samstag (ich selbst erhielt sie gegen 19 Uhr), die Altersbacher und Rotteroder erst am nächsten Tag. Ich hatte mich schon auf eine Andacht vorbereitet, las aber jetzt, daß Pfarrer Bunge sie machen sollte. Und wegen der Tagesordnung war ich nicht gefragt worden.

Das ging aber los bei der finanziellen Anerkennung für Herrn Hey, weil er die Heizung übernommen hatte. Herr Peters wollte es an den Finanzausschuß verweisen, weil der Punkt nicht formal angemeldet sei. Auch Herr HC. wollte das, um das Gewicht des Ausschusses zu erhöhen. Herr Peters wieder wollte, daß erst die angemeldeten Punkte behandelt werden. Herr M. wollte wissen, ob der Betrag von 400 Mark angemessen sei. Ich fing nicht damit an, daß wir durch seinen Einsatz 4.000 Mark gespart haben, sondern ich verwies darauf, daß wir für die Heizung der Kirche früher 30 Mark für einen Sonntag gezahlt haben. Herr Hey hat aber nicht nur am Wochenende, sondern die ganze Zeit über geheizt, mußte dazu früher kommen und auch abends noch einmal nachlegen wegen der Warmwasserheizung und das auch im Juli. Eine lange Diskussion, wo die Sache doch sofort hätte entschieden werden können.

Dann ging es um die Allianzgebetswoche, die vom 4. bis 12. Januar 1987 stattfinden soll. Herr Thomas und Herr Usbeck waren deswegen schon mit Herrn Peters zusammen, die technischen Dinge seien schon besprochen, es ginge nur noch um inhaltliche Dinge und ob die Altlutheraner und Pfarrer Heckert mitmachen. Ich antwortete auf diese Frage: „Was fragen Sie denn danach, das ist doch selbstverständlich!“ Neu war, daß die Eröffnung in der Gemeinschaftsstunde sein soll und ein Abschlußgottesdienst in der Kirche. Die Abende sollen von Montag bis Freitag um 19.30 Uhr sein, zwei Abende wird Herr Usbeck machen, ein Abend Herr Thomas, zwei Abende Herr Peters. Dienstag soll die Jugend gestalten, wobei noch offen war, welche „Jugend“. Mit anderen Worten: Ich war gar nicht vorgesehen, die Abende waren schon voll verplant, es ging um die Abende, nicht um Auftakt und Schluß. Herr Peters wollte dann jeden Abend einzeln durchsprechen und mir den Dienstag zuschieben. Ich bog das aber ab und sage, das sei Sache des Vorbereitungskreises. Als nach dem Sonntagsgottesdienst gefragt wurde, sagte ich: „Das ist doch klar, da bin ich dran, da mache ich das auch!“ Das dürfte auch als Beitrag genügen, ich könnte ja sowieso nur am Mittwoch, weil Montag Gesprächskreis ist und dann Dienstag und Donnerstag in Altersbach Jugendabend und Freitag in Steinbach. Herr Peters wollte dann noch unbedingt als Verbindungsmann für die Allianz eingesetzt werden‚ wobei Herr Reumschüssel ihm vorhielt, daß er die Geschäftsführung nicht hatte übernehmen wollen.

Wegen der Prädikanten Th. und U. hatte ich schon vorher mit Herrn Nothnagel gesprochen. Herr Nothnagel fragte: „Legt die Gemeinde Wert auf ihren Einsatz?“ Es wurde gesagt: „Wir verzichten, andere haben das nötiger!“ Herr R. wies darauf hin, daß sie beide das Heiligenmeisteramt abgelehnt hatten, Herr Th. noch vor Aufnahme der Ausbildung, Herr U. erst nach Beginn. Aber immerhin könnten sie das ja jetzt nachholen. Zum Gottesdienst in unsrer Gemeinde kommen sie so gut wie nie (auch wieder mit der Ausrede „Fernstudium“). Sie haben nicht Herrn Pfarrer Lieberknecht als Mentor gewählt, sondern Herrn Pfarrer Hoffmann, da sollte er auch weiterhin der zuständige Mann für sie sein. Wir sollten jedoch die Einrichtung des Lesegottesdienstes nicht einschlafen lassen. Da kann ich selber die Predigt machen, während ich den Prädikanten völlig freie Hand bei der Predigt lassen muß.

Peinlich war der Bericht über die Straßensammlung, wo das Ergebnis jedes Sammlers verlesen wurde, vor allem natürlich, wer den höchsten Betrag hatte, nämlich Herr Peters. Zustande gekommen ist es unter anderem so, daß Herr Peters sich vor die Kirche stellte, in der ich Gottesdienst hielt, und die Leute vorher abkassierte, um das Geld danach nach Schmalkalden zu schicken. Nicht zur Sprache kam, daß sich Schwester Irma beim Dekan beschwert hatte, weil ich gesagt und in den Kasten gehängt hatte, daß die Straßensammlung im Herbst an die Kindergärten in Schmalkal­den und Barchfeld geht. Das entspricht zumindest mehr den Tatsachen, als wenn Schwester Irma damit hausieren geht, sie sammle für Rollstuhlfahrer.

Herr Nothnagel hat inzwischen gemerkt, wie schwierig es ist, das bei der Verhandlungsführung alles im Kopf zu haben. Ich verstehe ihn da, weil ich es ja kenne. Es ist leicht, in der Reihe zu sitzen und nur darauf zu warten, daß etwas falsch gemacht wird. Wer da kritisiert, sollte es erst einmal selber machen.

 

 

Krankheit von Pfarrer Peters

Seit Anfang Dezember 1986 häufen sich die Klagen über das Verhalten von Pfarrer Peters. Er war immer schon etwas seltsam, aber jetzt hat sich noch einmal eine Steigerung ergeben. Besonders in den Gottesdiensten werden die Besonderheiten auch der Gemeinde deutlich. Zunächst wunderte man sich nur über die Abkündigungen, die immer mehr in die Länge gezogen wurden und mit allerhand Floskeln gespickt waren, zum Beispiel bei der Kollekten­abkündigung „Vergelt‘s Gott“ oder „So es denn sein soll“. Mehrfach hat ihn Kirchenvater König auf direkte Fehler hingewiesen. Er wußte genau, daß der Tansania-Abend ausfallen würde, weil Pfarrer Gerstenberger erkrankt war. Aber am Sonntag hat er noch tüchtig eingeladen. Als er deswegen gefragt wurde, sagte er: „Wenn Gerstenberger nicht kommt, mache ich etwas, die Leute kommen nicht vergeblich!“Aber am nächsten Sonntag sagte er: „Der Abend mußte wegen Kälte und Glätte ausfallen!“

Auch die Predigten werden immer unmöglicher. Am 4. Advent hat er über Jungfrauengeburt gepredigt und etwas vom Samendiebstahl bei dem ägyptischen Gott Osiris gesagt. Am 18. Januar hat er nichts weiter gemacht als aus „Frohe Botschaft“ vorzulesen, mit allen Satzzeichen (Anführungsstriche unten, Anführungsstriche oben, und jetzt wieder fettgedruckt). Es sollte ein Kurz­gottesdienst von maximal 30 Minuten sein, der dann doch 45 Minuten dauerte, weil die Abkün­digungen so lang waren wie die Predigt und zum Beispiel Dinge angesagt wurden, die „irgendwann im Februar“ sein sollen.

Angefangen hat es an sich bei der Bibelwoche, als er erst der Text reihum lesen ließ, ihn dann noch einmal aus einer Lutherbibel von 1730 selber vorlas und dann noch einmal 7 Minuten zum Selbststudium gab. Inhaltlich machte er nicht mehr, als was in dem Gemeindeheft stand, sagte aber immer „Die Zeit drängt“ und füllte doch 90 Minuten. Jetzt aber will er bei der Bibelwoche alles anders machen. Doch es bleibt meist bei großartigen „wunderschönen“ Ideen, die dann andere ausführen sollen.

Am 19. Januar 1987 sollte eine Besprechung des Kirchenvorstandes zwecks Bildung eines Diakonie­ausschusses sein. Pfarrer Peters wollte das, ging aber selber vor Beginn der Sitzung, weil er Mütterkreis machen mußte. Wieder sagte er : „Ich muß unbedingt pünktlich sein, erst noch einmal nach Hause gehen und meine Sachen holen“‚ ließ sich aber im Stehen noch einmal über fünf Minuten mit Herrn Nothnagel in eine Diskussion ein, ob man am Telefon die Stimme eines anonymen Anrufers erkennen könne. Als er nach draußen ging, schloß er uns in der Baracke ein. Als niemand reagierte, riß er die Tür wieder auf und sagte wie ein kleines Kind: „Sie hätten nicht rausgekonnt!" Herr Nothnagel sagte: „Wir wären aus dem Fenster gehüpft!“ Er steckte dann den Schlüssel von innen an die Tür.

Am 16. Januar 1987 kam ich in die Friedhofskirche und der Talar war nicht mehr da. Er war angeschafft worden, damit man nicht immer seinen Talar mitnehmen muß. Ich hatte ihn auf die erste Empore hinten gehängt, wo ich mich seit Jahren umziehe, seitdem der Schuppen nicht mehr bei jeder Trauerfeier zugänglich ist. Ich war schon drauf und dran, in die Stadtkirche zu rennen und den dortigen Talar zu holen, da sagte Herr Dalberg: „Vielleicht ist er im Schuppen!“ Ich fragte den Totengräber, es war auch so. Ich stellte Herrn Peters deswegen zur Rede: Ja, er habe den Talar dorthin getan. Er könne nicht in der Kirche bleiben, weil die Gemeinde Anstoß nehme, wenn der Pfarrer sich in der Kirche umzieht (er zieht ihn nur an wie einen Mantel) und weil er dort verstaubt. Ich sagte: „Da müssen sie mir doch wenigstens Bescheid geben!“ Antwort von Herrn Peters: „Ich habe es doch den Totengräbern gesagt!“ Ich hielt ihm vor, daß die bei Trauerfeiern zur Verbrennung ja gar nicht da sind. Wäre es eine Trauerfeier gewesen, hätte ich nicht drangekonnt. „Der Schlüssel ist doch im linken Schuppen!“ Aber der ist bekanntlich auch verschlossen. Da müßte eben ein Schlüssel her, und wenn Schnee liegt, müßte Herr Künzel eben Bahn machen. Und wenn es Aschenstaub in dem Schuppen gibt‚ dann müsse der Schrank eben so dicht gemacht werden, daß nichts hineinkommt. Was soll man da noch sagen? Ich werde eben wieder meinen privaten Talar von zu Hause mitnehmen müssen.

 

Die Heiligenmeister haben sich sehr beschwert über die Art der Verabschiedung bzw. Einführung. Am Vorabend ging Pfarrer Peters zum Heiligenmeister Zimmermann und fragte: „Wie geht denn des mit der Verabschiedung, ich habe das noch nie gemacht!“ (dabei hat er es schon zweimal gemacht). Auch bei dem neuen Rotteroder Heiligenmeister war er erst am Vorabend um 21.30 Uhr, um den Ablauf mit ihm durchzusprechen. Dort hatte er dann den zündenden Einfall, dem Heiligenmeister einen kahlen Kirschenzweig zu überreichen: Während des Gottesdienstes nahm er eine Rosenschere, ging zu der Vase in der Ecke und schnitt einen Zweig ab, den er dann überreichte, die Schere legte er auf den Altar.

Ähnlich machte er es in Steinbach, wo die Heiligenmeister die Zweige nach dem Gottesdienst fortwarfen. Um ein Buch hatte er sich nicht gekümmert, obwohl ich alles vorbereitet hatte und zwei Bücher bereitlagen (vom Büchertisch). Er hat dann später Herrn Zimmermann ein Buch über Sternenkunde überreicht. Aber der sah das nicht als das übliche Dankgeschenk an. Deshalb gingen Herr Nothnagel und ich noch einmal zu ihm in die Wohnung und übergaben ein Buch mit Widmung (auf Letzteres kam es besonders an). Bei der Verabschiedung in Steinbach fragte Herr Peters plötzlich zwischendrin den Heiligenmeister: „Norbert Zimmermann, so heißen Sie doch? Ist der Name richtig?“ Die Unterstädter Heiligenmeister sagten, sie wären sich vorgekommen wie kleine Schuljungen.

In Altersbach hat er im Gottesdienst das Abkündigungsbuch gesucht, ist hin und her gelaufen und hatte es doch vorne liegen. Nach Rotterode lief er bei tiefem Schnee und zog einen Schlitten hinter sich her. Dabei ging er nicht die Straße, sondern mitten durchs Feld. Überhaupt fiel auf, daß er oft in hohen Filzstiefeln und mit einer Art Rucksack herumlief.

In Rotterode hatten Angehörige bei einer Beerdigung darum gebeten, daß der Christbaum nicht angemacht wird. Herr Peters hat ihn doch noch angemacht, als er kam. Für den 21. Februar hatte er eine Konfirmandenfahrt geplant. Von den Konfirmanden wollte er nicht nur wissen, wer mitfährt, sondern auch die Namen der Eltern, Autotyp und Führerschein. Die Zettel hingen die ganze Zeit im Kasten, niemand wußte, ob die Fahrt nicht doch durchgeführt werden soll. Aber offenbar wollte sowieso keiner mit. Erst sollten die Eltern fahren. Aber anstatt das zu organisieren wollte er Herrn Nothnagel dann dafür haben, der aber gar kein Konfirmandenvater ist.

Herr Dalberg hatte darum gebeten, daß die Lieder rechtzeitig ihm gemeldet werden, wenn die Hilfs­organisten auf den Dörfern spielen sollen. Herr Peters sagte: „Ist doch gar kein Problem, wird gemacht, notfalls kann es telefonisch erledigt werden!“ Das hatte Herr Dalberg schon erlebt: da hat es eine dreiviertel Stunde gedauert, bis die drei Lieder endlich feststanden. Und Beate Nothnagel mußte die ganze Zeit dabeistehen und warten.

Manchmal kann er einem leid tun. Er möchte immer burschikos und witzig sein, macht sich aber nur lächerlich („Hallo Fans“). Im Gottesdienst lachen die Konfirmanden manchmal laut, aber er scheint das noch als Anfeuerung zu verstehen. Auch bei zwei Beerdigungen in letzter Zeit konnten sich die Posaunenbläser kaum das Lachen verhalten. Als Herr Nothnagel ihn einmal suchte, fand er in schließlich in Rotterode, wo er mit den Konfirmanden eine Schneeballschlacht machte. Alle Augenblicke fällt die Konfirmandenstunde aus, zum Beispiel wenn Freitag um 13 Uhr eine Beerdigung ist.

 

Im Kirchenvorstand geht es nicht voran. Und was geschieht, das geht am Kirchenvorstand vorbei. Anstatt endlich mit den Totengräbern zu reden, wird die Frage von ihm aufgeworfen‚ ob man auch Nichtchristen zu Trauerfeiern in die Friedhofskirche lassen sollte, eine Sache, die längst entschieden und in der Friedhofsordnung festgelegt ist. Da trifft er sich mit Adolf Holland-Cunz, der plötzlich ein neues Grabfeld belegen will und Urnen auf jedem Erdgrab bestatten will.

Seit dem Wechsel in der Geschäftsführung wurde kein Arbeitsvertrag mehr abgeschlossen, obwohl 5 Arbeitsverträge und 3 Mietverträge fehlen. Aber zunächst einmal sollte das Formular für die Verträge geändert werden. Ein Ausschuß hat zweimal getagt und ein neues Formular erarbeitet. Herr Peters war dabei. Ich habe noch Protokoll geführt und den Entwurf noch einmal abgetippt. Hinterher aber ist Herr Peters nicht mehr damit einverstanden, was er selber mit erarbeitet hat. Zum Beispiel will er das Wort „Kirchgemeinden“ in der „Verordnung über die Vergütung der Angestellten“ verbessern in „Kirchengemeinden“, obwohl die Verordnung hier nur zitiert wird. Herr Nothnagel hat sich - um einen Ausweg zu finden - nun ein Formular aus Eisenach besorgt, weil das neutral ist. Aber daran muß auch verändert werden für unsre Verhältnisse.

Für den Speiseraum des Gemeindehauses sollten neue Lampen angeschafft werden. Vor Weih­nachten sahen wir im Geschäft welche, die auch Frau Holland-Cunz und den zuständigen Leuten vom Hausausschuß zusagten. Doch Herr Peters verhinderte den Kauf und hat dann andere Lampen gekauft, ohne jemand vom Kirchenvorstand zu fragen. Dann brauchen wir auch keine Ausschüsse und keinen Kirchenvorstand.

 

Die Aussage bestätigte sich, daß Herr Peters von Frau Dr. Gans Psychopharmaka erhalten hat. Bei dieser Gelegenheit kam es heraus, daß Herr Peters schon länger dorthin geht. Erst erhielt er dämpfende Mittel, so daß er bei Sitzungen und der Pfarrkonferenz die ganze Zeit dabeisaß, ohne einen Ton zu sagen. Nachher kriegte er aufputschende Mittel zum Überwinden von Antriebsschwäche. Es ist natürlich erschreckend, wenn man sieht, was mit Chemie gemacht werden kann. Da ist es doch besser, man nimmt gar nichts und bleibt auf einem normalen Zustand mit einer gewissen Schwankungsbreite.

Aber diese Aufputschmittel bewirken, daß man den Bezugsrahmen nicht mehr richtig beurteilen kann und auch aggressiv wird. Das sagte Herr Peters selber, daß er noch zu aggressiv sei, um gesund geschrieben zu werden. Aber er machte alle möglichen Arbeiten und fuhr mit dem Auto herum, nur seine eigentliche Arbeit kann er nicht machen. Bedenklich erscheint mir auch, daß er seit seiner Krankschreibung nicht mehr zum Gottesdienst war, das greife ihn zu sehr an. Er geht auch nicht außerhalb, denn das Hoftor ist Sonntagvormittag immer zu. In der Gemeinde wird natürlich auch gefragt. Man sieht ihn völlig gesund herumlaufen und versteht nicht, weshalb er krank geschrieben ist. Aber es ist natürlich ein falsches Gerücht, wenn erzählt wird: „Er ist in Hildburghausen in der Klappsmühle!“

Der Ärztin und dem Staat war es auch egal, denn das Krankengeld mußte ja die Kirche zahlen. Der Dekan drehte und wendete sich und unternahm nichts, obwohl er nach Kirchengesetz dazu verpflichtet war. Er wollte Vertretung aus dem Dekanat anbieten. Herr Reumschüssel sagte dazu: „Wir brauchen keine Vertretung, sondern einen voll einsatzfähigen Pfarrer!“ Es war bald klar, daß die Sache auf eine vorzeitige Pensionierung hinauslaufen würde.

 

Pfarrer Peters hat sich oft krank gemeldet, besonders gern, wenn ihm die Arbeit zu viel wurde oder wenn wirklich viel Arbeit war wie über Weihnachten. Da habe ich dann mal locker 14 Gottesdienste gehalten (die Schmal­kalder sagten zwar Hilfe zu, aber wenn es konkret wurde, lehnten sie ab). Aber andere Dinge konnte er durchaus tun, sogar mit dem Auto herumfahren und in den Westen fahren. Nur seine eigentliche Arbeit konnte er nicht tun. Er ging auch nicht in den Gottesdienst, wenn er krankgeschrieben war, auch nicht anderswo. Es war einmal die Rede davon, daß er nur noch Mütterkreis und Hausbesuche machen könnte. Doch wer sollte dann die andere Arbeit machen, wo er doch weiter in der Dienstwohnung saß und auch ungerührt die Fuhrkosten einstrich? In den fünf Jahren, die ich gemeinsam mit Herrn Peters amtierte, habe ich ihn zusammengerechnet insgesamt zwei Jahre vertreten.

 

Anfang März 1987 meinte die Ärztin noch, Ende des Monats hätte sie Herrn Peters wieder so „stabilisiert“, daß er wieder Dienst tun könnte. Er war auf Ostermontag wieder bestellt, dann auf den 4. Mai. Doch über das Ergebnis hat er mir nie etwas gesagt. Ich habe auch nicht fragen wollen. Nach Ostern nahm ich bei ihm Einsicht in das Taufregister von Rotterode. Da war er feste dran am Garten, das Amtszimmer war noch ein völliges Chaos, da war es mir schon klar, daß es noch lange dauern würde mit ihm.

Ende April erfuhr ich von Herrn Nothnagel in der Kirchenvorstandssitzung und in einem eigenen Gespräch, wie Herr Peters sich die Zukunft vorstellt. Die Ärztin hat gesagt: „Er wird nur noch beschränkt einsatzfähig sein und nur noch für seelsorgerliche Aufgaben zur Verfügung stehen!“ Nun ist der Begriff „seelsorgerliche Aufgaben“ weit gefaßt. An sich ist alles, was ein Pfarrer tut, seelsorgerlicher Art. Höchstens Verwaltungsarbeit könnte ausgeschlossen sein.

Aber von Herrn Nothnagel erfuhr ich, was darunter zu verstehen ist: Nur noch Mütterkreis und Hausbesuche. Dann kann er natürlich den Aufgaben der Pfarrstelle nicht gerecht werden. Ich sprach mich vor allem dagegen aus, daß er sich dann aussucht, was er macht, und mir am Ende noch kurzfristig etwas zuschiebt, weil er keine Lust hat oder es ihm zu viel wird.

Er selber hält aber noch zwei Vorschläge: Er würde die Schwerhörigenarbeit im Dekanat über­nehmen. Doch das ist eine ganz kleine nebenamtliche Tätigkeit mit 300 Mark Sondervergütung im Jahr und nicht eine Pfarrstelle; außerdem bleibt die Frage der Wohnung. Die zweite Möglichkeit: Er möchte Prediger bei der Landeskirchlichen Gemeinschaft werden (wenn sie ihn haben will). Aber sicher stellt er sich vor, daß das in Steinbach sein könnte, dort ist auch Wohnung. Aber dann gäbe es natürlich Probleme: Er würde dann ja auch weiterhin Amtshandlungen vornehmen wollen und hätte ja auch die Rechte aus der Ordination weiter. Vielleicht stellt er sich auch vor, daß er weiterhin als Pfarrer angestellt bleibt mit allen Vergünstigungen, aber das Geschäft der Landeskirchlichen Gemeinschaft treibt.

 

Auf alle Fälle wurde mir klar, daß mit seinem Einsatz als Pfarrer in Steinbach-Hallenberg nicht mehr zu rechnen ist. Für mich ist daran belastend, daß kein Ende abzusehen ist. Der Dekan ist nicht der Mann, um solche Dinge voranzutreiben. Herr Nothnagel meinte zwar, daß etwas geschehen müsse, wenn der Brief von Frau Gans vorliegt. Auf der Pfarrkonferenz wurde gesagt, daß man einen Pfarrer nach einem Vierteljahr in den Wartestand versetzen könne. Aber wenn dann der Zeitpunkt gekommen ist, kneift jeder.

Pfarrer Hoffmann verbreitet übrigens, daß ich an der Krankheit von Herrn Peters schuld sein soll (wofür man mich alles verantwortlich macht!). Das sagt nicht einmal er selbst. Ich bin nur froh, daß es ein Zusammenstoß mit Herrn König war, der zu seiner Krankschreibung führte. Aber es hätte natürlich genauso mit mir sein können, denn er war auf alle Fälle geladen. Ich werde auch weiterhin ganz zurückhaltend sein. Eine ganze Reihe schwieriger Dinge (Urlaub, Korfirmandenprüfung) habe ich ja an den Dekan abgeschoben, aber der hat halt auch nichts unternommen.

 

In der Kirchenvorstandssitzung am 25. Mai 1987 wurde das Thema wieder angesprochen. Es ergab sich aus dem Vorschlag von Herrn Nothnagel, ein Triumvirat zu schaffen, das die Gemeinde leitet. Er beklagte zu Recht, daß er zur Zeit keinen Stellvertreter hat, den er einmal schicken kann, wenn er verhindert ist. Pfarrer Heckert wolle er damit nicht belasten. Ich hatte mich zwar nicht in dieser Richtung beschwert, aber der Dekan sagte auch nicht, daß ich ja automatisch sein Stellvertreter sei. Es ist ja nicht einmal die Frage der Geschäftsführung des Pfarramtes geregelt. Sicher war es gut, daß ich mich in diesem Punkt zurückgehalten habe.

Der Dekan verwies zunächst auf die Ausschüsse und meinte noch: „Solange Pfarrer Peters krank ist, übernimmt die Dinge der und der!“ Aber er sagte nicht, wer das sein soll. Dann redete er lange darüber, daß eine Kontrolle wegen des Krankengeldes nicht zu befürchten sei, weil ja kein Krankengeld gezahlt wird. Herr Peters kriegt ja sein volles Geld, sogar Fuhr­kosten und Benzingut­scheine. Die steckt auch ungerührt ein, obwohl er ja keine Dienstfahrten hat ich doch die zusätzlichen Fahrten an seiner Stelle zu machen habe. Nur im Dezember 1988 erhielt ich vom Dekanat 75 Mark Fuhrkosten extra, aber Herr Peters behielt die Tankgutscheine. Aber das war bei Herrn Lieberknecht auch so, der fuhr immer kostenlos mit oder ließ sich von Gemeindegliedern fahren.

 

Der Dekan meinte, er solle doch ruhig einmal zu einer Kirchenvorstandssitzung kommen, auch wenn er eher wieder geht. Man solle versuchen, ihn mit kleinen Aufgaben wieder zu belasten. Als Beispiel führte er die Taufe des Enkelkindes an. Da mußte ich ihm aber vorhalten, daß gerade damit Probleme verbunden sind: Er hat den Termin an Ostersonntag festgesetzt, ohne ihn mit mir abzustimmen (ich hatte zur gleichen Zeit eine Taufe). Außerdem

handelt es sich rechtlich noch nicht um sein Enkelkind. Die Mutter als allein Erziehungsberechtigte ist aber nicht konfirmiert. Angeblich sollte die Taufe mit der Konfirmation verbunden werden, aber dann gehört ja auch der entsprechende Unterricht dazu. Das aber könne man ihm nicht zumuten, meinte der Dekan, diese Umstände habe er nicht gewußt. Herr Reum­schüssel meinte dazu: „Da oben wird halt gemacht, was er will!“

Dem Vorschlag, Herr Peters zu kleinen Arbeiten heranzuziehen, würde ich sehr bedenklich gegen­überstehen. Wenn es nur um Vervielfältigung der Einladungen zur Kirchenvorstandssitzung handelt, das ist eine Kleinigkeit, das kann ich mitmachen‚ wenn ich es nur rechtzeitig habe. Wenn Herr Peters aber „etwas“ macht, dann wird man sagen: „Er macht doch etwas, wir müssen noch abwarten!" Dann geht das jahrelang und letztlich doch auf meine Kosten und zum Schaden der Gemeinde. Wenn er aber wieder belastet wird und sich sein Zustand dann angeblich wieder verschlechtert, dann ist der daran schuld, der ihm das aufgehalst hat. Es wird doch heute so und morgen so geredet.

Ähnliche Befürchtungen habe ich auch, wenn andere Pfarrer hier vertreten. Sie werden sich nachher brüsten‚ was sie alles gemacht haben. Sie haben sowieso alle schon der Hang, mit ihrer Leistungen hausieren zu gehen. Bei der Vertretung in Springstille habe ich das gesehen: Da habe ich alle Amtshandlungen gemacht bis auf zwei Trauungen (wo ein Ehepartner aus der Oberstadt kam). Aber dann hat Herr Lieberknecht überall herumerzählt, so als hätte er alles zu machen. In jetzigen Fall wäre es sicher nicht anders.

Herr König fragte dann erneut, ob denn einmal mit der Ärztin gesprochen worden sei. Der Dekan sagte: „Ich habe telefonisch mit ihr gesprochen. Sie hat gesagt, da müsse erst die Zustimmung von Pfarrer Peters vorliegen. Eine stationäre Behandlung sei nicht günstiger. Die Ärzteberatungskommission habe bei einer Facharztbehandlung keine Bedeutung!“

Der Dekan vertrat dann die Meinung, man müsse erst ein halbes Jahr warten, ehe man von amtswegen etwas unternehmen kann. Dabei hatte auf der letzten Pfarrkonferenz schon Pfarrer Hoffmann aus dem Pfarrergesetz vorgelesen‚ wo nur von einem Vierteljahr die Rede ist. Damals orientierte man auf dieses Vierteljahr, weil es ja noch lange bis dahin zu sein schien. Aber mir war schon klar, daß es zu diesem Termin nicht anders aussehen würde.

Ich zitierte dann wieder das Pfarrergesetz (§ 63: Ruhestand wegen Krankheit): Die Versetzung in den Ruhestand kann auch von dem Pfarrer selber beantragt werden. Tut er das nicht, muß die vorgesetzte Dienststelle nach einem Vierteljahr (nicht halbes Jahr) aktiv werden. Zunächst ist ein ärztliches Gutachten zu erstellen. Dagegen kann sich der Pfarrer nicht wehren, aber auch nicht der Facharzt, denn als Fachmann muß er sagen können‚ ob nach seiner Meinung innerhalb eines halben Jahres eine Genesung (nicht nur Besserung) zu erwarten ist (wenn er sich dabei irren sollte, kann mal ihm das nicht vorwerfen). Besteht eine Aussicht auf Genesung, dann ist ein weiteres halbes Jahr abzuwarten (also insgesamt ein dreiviertel Jahr).

 

Herr Nothnagel hat dem Dekan auf einer Rüstzeit auf Burg Bodenstein auch immer mit dieser Sache im Nacken gesessen und ihn bearbeitet, offenbar war alles vergeblich. So haben wir das ja schon immer bei unangenehmen Dingen erlebt. Angeblich müsse auch die Pfarrkonferenz gefragt werden. Das ist aber nur der Fall, wenn der Pfarrer gegen die Versetzung in den Ruhestand Einspruch erhebt. Als der Dekan gegen mich ein Disziplinarverfahren einleiten wollte, da hat er das Gesetz herbeiholen wollen, obwohl das so etwas gar nicht hergab. Jetzt aber, wo das Gesetz klare Bestimmungen enthält, da dreht und windet er sich, um nur ja nicht etwas unternehmen zu müssen.

 Sicher möchte man in so einem Fall niemanden vor den Kopf stoßen und muß sehr vorsichtig sein. Aber es geht hier ja auch um die Gemeinde. Man muß klar sehen, daß in diesem Fall der Ofen aus ist, daß die Oberstädter Pfarrstelle nie wieder voll von Herrn Peters versehen werden kann.

Es besteht ja auch die Möglichkeit, daß er die Versetzung in den Ruhestand beantragt (Wartestand ist nicht möglich, das gibt es nur bei Disziplinardingen). Wenn er das aber nicht tut, muß es von amtswegen geschehen. Dafür sind die Gesetze gemacht. Vielleicht würde es Herrn Peters sogar helfen, wenn er von der Belastung befreit würde. Sicher ist er wirklich krank. Aber vielleicht hat er auch nicht den Willen zur Gesundung, sondern es ist ihm ganz recht, wenn er vor der Arbeit fliehen kann. Vielleicht geht es ihm auch einfach darum, in den Ruhestand versetzt zu werden, um dann in den Westen gehen zu können.

Die Familie Peters hat offenbar das Kapitel Steinbach-Hallenberg schon abgeschlossen. Als vor der Konfirmation die Kirche gereinigt werden sollte, hat Frau Peters Stunden vorher abgesagt mit der Bemerkung, sie sei verhindert, obwohl sie es vier Wochen vorher wußte. Vom Chor hat sie sich abgemeldet mit der Bemerkung, sie müsse für ihren Mann da sein (als ob es da auf die eine Stunde ankäme). Sie macht nicht die geringste Kleinigkeit, sitzt höchstens dabei, wenn meine Frau den Mütterkreis hält (obwohl sie ja auch eine pädagogische Kraft ist).

Von den Kindern ist erst recht nichts zu erwarten. Der Sohn will das Auto vom Vater haben, um damit Rallye zu fahren, und wir sollen noch die Garage dafür bauen: Herr Peters hat 20 Sack Zement gekauft, obwohl wir uns darüber klar sind, daß nicht weiter gebaut wird. Auf alle Fälle würde ich vorsichtig sein mit Bausachen am Pfarrhaus, besonders was die Garage angeht. Auch würde ich das Unterstädter Pfarrhaus von zusätzlichen Mietern möglichst freihalten, damit für alle Fälle noch eine Möglichkeit für die Familie Peters bleibt.

 

Das Gespräch mit Frau Dr. Gans 18. Juni 1987 ist so ausgegangen, wie es zu erwarten war: Sie will sich nicht festlegen, der Dekan hat es noch mehr heruntergespielt. Eine stationäre Behandlung hält sie nicht für erforderlich, Frau Peters will das auch nicht („Ich lasse meinen Mann nicht allein!“). Er sei selbstmordgefährdet, deshalb komme Frau Peters auch nicht zum Gottesdienst (sie würden aber im Fernsehen den Gottesdienst sehen).

Frau Gans mußte mehrfach nach Steinbach kommen, weil Herr Peters solche Angstzustände hatte. Ursache bzw. auslösendes Moment sei die Übernahme der Geschäftsführung gewesen. Da fühlte er sich überfordert und hat sich deshalb auch instinktiv dagegen gewehrt. Aber gemacht hat er ja nicht viel (außer einigen Unterschriften kann ich mich nur an eine Statistik erinnern).

Der Dekan hat auch in Eisenach vorgesprochen. Aber da hätten sie angeblich nicht einmal einen Vertrauensarzt, den müsse Herr Werneburg immer erst suchen. Das ist kaum vorstellbar bei einer Reihe kirchlicher Krankenhäuser. Sie haben vielleicht keinen Spezialnervenarzt, aber hier ist gar kein Arzt erforderlich, denn das sieht auch ein Laie, daß es mit Herrn Peters in Steinbach nichts mehr wird. Alles Zögern ist Zeitverschwendung, ein Drücken vor der Entscheidung. Aber sicherlich reicht es nicht, ihm die Geschäftsführung wieder abzunehmen, wie das Frau Gans zu meinen scheint. Er muß ganz in den Ruhestand versetzt werden‚ dann kann er wieder aufatmen. Ich finde es unbarmherzig, daß man diesen Weg nicht gehen will, auch daß die Frau nicht die nötigen Schritte in die Wege leitet.

Ursel traf beide auf der Straße. Herr Peters macht auch äußerlich einen schlechten Eindruck. Er kriegt wieder viel Medikamente, auch neue, aber er verträgt sie schlecht und kann nicht richtig essen. Wahrscheinlinh ist er durch die wechselnden Medikamente kränker geworden als vorher. Er macht sich Sorgen, wie es im August mit der Vertretung werden soll. Sie aber sagte: „Der Dekan hat doch gesagt, daß das geregelt ist!“ Selbst wenn er vielleicht gern möchte, so wird die Frau das doch nicht zulassen.

Sie haben auch beide einen Antrag gestellt, im August in den Westen zu fahren. Das ist natürlich eine schöne Krankheit‚ bei der man auch noch in den Westen fahren kann (andere haben nur bis 18 Uhr Ausgang). Mit Aufregungen ist das allemal verbunden. Aber vielleicht wäre ein Tapetenwechsel auch gut. Vielleicht bleiben sie auch da. Ein Arzt wird sich dort schon finden‚ der die Reisefähigkeit verneint. Vielleicht kann er auch dort invalide geschrieben werden, wenn sich hier bei uns nichts tut.

Der Kirche wird nichts anderes übrigbleiben, als die Pension zu zahlen, entweder hier oder dort. So dumm sind sie nicht, daß sie einen Ausreiseantrag stellen, denn es geht ja um viel Geld, weil sie die Pension verlieren würden. Aber ich bin überzeugt, daß sich die Krankheit sofort bessern würde und Herr Peters nach einiger Zeit wieder Vertretungsdienste übernehmen würde, wie das bei Pfarrer Detzner auch war.

 

Am Freitag, dem 31. August, war ich für etwa eine halbe Stunde bei Herrn Peters‚ Ursel war mit, seine Frau war dabei. Wir unterhielten uns zunächst mit ihm. Er fragte nach einigen dienstlichen Dingen (Amtshandlungen in Rotterode, er wollte Unterlagen für die Kirchenbücher Rotterode). Wir sagten‚ daß wir in Urlaub gehen wollen und daß für die Vertretung gesorgt sei. Er fragte nach Einzelheiten, obwohl sich nachher herausstellte, daß er eine Goldene Hochzeit schon an Herrn Hoffmann gemeldet hatte, also über die Vertretung Bescheid wußte.

Er machte einen Eindruck wie immer, allerdings durchaus ausgewogen. Er war also nicht zu ruhig und auch nicht aufgekratzt: In der Zeit, wo es ihm angeblich sehr schlecht ging, habe ich ihn ja nicht gesehen. Er sprach auch vor seiner Krankheit: Er habe endogene Depressionen, also Zustände von Schwermut, die aus dem Inneren heraus kommen. Aber eher hatte er eine bipolare Störung, wo sich Hoch-Zeiten mit Depressionen ablösen wie bei einem manisch-depressiven Zustand.

Seine Frau kam dann dazu und führte aus: „Vor allem die Nebenwirkungen der Medikamente hat er nicht vertragen. Auf den Beipackzetteln hat gestanden, das könne bis zu Ohnmachten führen‚ und soweit ist es bald gewesen. Aber die Ärztin hat gesagt, er müsse das nehmen!“ Sie hat manche Besucher einfach abwimmelt und ihren Mann nicht herbeigeholt; sie hätten dafür Verständnis haben müssen. Sie habe der Ärztin versprechen müssen, daß sie nicht von seiner Seite weicht. Etwa fünfmal sei die Ärztin auch ins Haus gekommen, weil der Zustand so schlimm war. Jetzt würden sie am Mittwochnachmittag zu ihr privat bestellt .Sie führen denn immer mit dem Bus‚ denn Auto dürfe er nicht fahren (!).

Wir fragten, ob denn die Medikamente reduziert wären. Nein, das sei nicht möglich. Er sei jetzt erst einmal bis Ende August krankgeschrieben. Danach könne vielleicht reduziert werden. Aber dann sei erst noch einmal eine Kur oder etwas Ähnliches notwendig. Aber zum Erntedankfest Anfang Oktober wolle er wieder Dienst tun, das habe er sich vorgenommen.

Es wird also auf Optimismus gemacht, aber im gleichen Atemzug auch wieder das Gegenteil gesagt: erst müsse er ja ganz frei sein von Medikamenten. Bei manchen dauere es 6 Wochen‚ bei anderen ein dreiviertel Jahr. Sein Rücken und die zunehmende Schwerhörigkeit mache ihm zusätzlich zu schaffen. Es kam bei der Gelegenheit auch heraus, daß er von Dr. Pansold an Frau Dr. Gans verwiesen worden ist. Herr Pansold hat vielleicht gesagt, daß es für eine Invalidisierung nicht reicht bzw. er eine andere Arbeit annehmen müßte.

Herr Peters hat jetzt wieder einmal einen privaten Brief geschrieben. Aber das habe ihn sehr große Mühe gemacht, obwohl es nur ein kurzer Brief war. Wie will er da eine Predigt ausarbeiten? Wie will er da den vielfältiger Aufgaben gerecht werden? Unser Eindruck war - obwohl es angeblich eine große Verbesserung gegeben hat – daß mit einer Heilung nicht zu rechnen ist. So eine Krankheit läßt sich ja nicht ausheilen wie eine Blinddarmentzündung, sondern sie tritt bei Belastung immer wieder auf.

Immerhin erfuhren wir, daß es mit der geplanten Reise in den Westen nichts werden soll. Aber die Formulare haben sie sich immerhin geben lassen‚ hatten es also immerhin vor mit der Begründung, eine andere Umgebung könne hilfreich sein. Im Laufe des Gesprächs wurde Herr Peters immer stiller, nur noch seine Frau redete. Hier scheint auch ein Teil seiner Krankheit seine Ursache zu haben. Anscheinend bestimmt sie, wie krank er zu haben hat.

 

Der Dekan aber sagte in der Kirchenvorstandssitzung vom Dekanat aus solle geholfen werden. In dem Zusammenhang machte er mir fast Vorwürfe, daß ich solche Hilfe nicht anfordere, ohne mich könnten sie ja nichts tun. Herr Reumschüssel sagte dazu: „Wir brauchen keine Vertretung‚ wir brauchen einen voll einsatzfähigen Pfarrer!“ Ich sagte dazu: „Wir wollen mal sehen‚ wie das mit der Vertretung läuft, wenn ich in Urlaub gehe. Zunächst erklärt man sich freudig bereit. Aber je näher der Termin rückt, desto mehr läßt die Begeisterung nach. Es hat ja jeder auch seine Arbeit und möchte möglichst wenig zusätzlich belastet werden!“ (Ich brauche nur an die Klagen der Pfarrer zu denken, sie hätten keine Zeit, oder an die vielen Dienste, die sie einfach ausfallen lassen). Jedenfalls sagte der Dekan, es sei kein Problem, den Urlaub zu überbrücken, das werde vom Dekan geregelt.

Ich sagte dazu: „Drei Gottesdienste am Sonntag ist für viele Pfarrer normal. Vielleicht könnte man Predigtwechsel machen, daran habe ich auch schon gedacht. Aber es muß erst einmal einer gefunden werden, der bereit ist, zwischen 9 und 12 Uhr drei Gottesdienste zu machen und pünktlich fertig zu werden!“ Aber ich möchte auch nicht unbedingt einen von denen hier haben, die sich in die Steinbacher Angelegenheiten eingemischt haben und uns Rezepte zum Handeln geben wollten und sich hingestellt haben: „Bei uns wäre so etwas nicht vorgekommen!“Ich sehe große Probleme schon, was den Urlaub angeht, weil ja die anderen dann auch im Urlaub sind.

Es war auch meist nur die Rede davon, bei Beerdigungen die Vertretung zu stellen Da herrscht selbst beim Dekan das übliche Bild vom Pfarrer vor, der am Sonntag Gottesdienste und in der Woche Beerdigungen zu halten hat. Aber selbst bei Beerdigungen ist es nicht so zu machen, daß die eine Woche der und die andere Woche der zuständig ist. Wenn die Leute zu mir kommen, kann ich ihnen nicht sagen: „Geht nach Schmalkalden. Die Leute lesen ja Aushänge nicht: sie gehen erst zu Peters, dann ins Unterstädter Pfarrhaus, dann auf die Pfaffeneller (oder auch umgekehrt)‚ dann vielleicht nach Oberschönau. Vielleicht treffen sie auch zwischendrin einen nicht gleich an - das ist unzumutbar, ich habe ja damit meine Erfahrungen.

Auch vom Kirchenvorstand wurde eindeutig gesagt: „Die Leute würden doch nur denken, der Pfarrer Heckert sei faul. Oder: Warum hat er es bei dem gemacht und nicht bei mir. Sie sagen sich: Wir haben doch zwei Pfarrer am Ort, weshalb sollen wir da nach außerhalb gehen, wo wir nicht einmal wissen, wo der Pfarrer wohnt!“

Was aber Arbeit macht, das sind andere Dinge. Das fängt an bei solcher Kleinigkeiten, daß jemand die Tür zur Friedhofskirche nicht aufkriegt und um 21 Uhr noch zu mir kommt und ich mit hin muß.  Das geht weiter bei Verwaltungsdingen, wenn sich etwa herausstellt, daß Herr Peters es versäumt hat, seit September 1986 an Frau Lieberknecht die höhere Dienstaltersstufe beim Gehalt auszahlen zu lassen. Dazu kommen die vielen Sitzungen und Besprechungen, die mir kein Auswärtiger abnehmen kann. Wenn ich da aber einmal fehle, weil ich in Altersbach und Rotterode Frauenabend habe, dann kriege ich gleich eine Rüge. Und was wirklich ins Gewicht fällt, das sind der zusätzliche Unterricht, die Gemeindeabende und die Besuche.

Ich sagte deutlich zum Dekan: „Bei uns fällt ja nichts aus, wie das sonst bei Vakanzen üblich ist. Aber was halt auf der Strecke bleibt, das sind die besonderen Dinge. Die Kinderbibelwoche mußten wir noch mit durchziehen, das Gemeindefest müssen wir sein lassen. Auch mit Familiengottesdiensten ist es schwierig, auch weil die Zeit am Sonntag immer sehr knapp ist und die Vorbereitung für drei Orte eben schwierig ist!“

Aber ich sagte auch: „Wenn ich nur meinen Pfarrbezirk habe, arbeite ich deshalb nicht weniger. Das sind dann genauso wie jetzt 60 Stunden die Woche. Ich mache halt etwas anderes, was dann der Gemeinde zugute kommt. Jetzt sind es halt nur die Routinesachen, daß das Nötigste abgedeckt wird (Die Landeskirchliche Gemeinschaft wird es freuen). Solange ich es aushalte, will ich es schon tun, schließlich ist man zum Arbeiten da. In den Monaten Februar bis Mai habe ich trotz Vertretung nur 8 Stunden mehr gearbeitet als im Vorjahr, aber bei 300 Überstunden.

Eine Hilfe wäre auch, wenn endlich einmal etwas entschieden würde und nicht die Angestellten uns auf dem Kopf herumtanzen oder fähige Leute vertrieben werden. Die Geschäftsführung müßte geregelt werden, denn es sind Verträge auszufertigen, die Kirchen- und Pfarreirechnungen müssen abgeliefert werden. Ich brauche von der Oberstadt die Registratur, die Gemeindekartei und die Kirchenbücher.

Der Dekan will uns auch immerzu die Prädikanten aufzwingen. Es war ihm gar nicht so recht, daß ich die Vertretungsdienste reduziert habe. Er hat sogar wiederum bezweifelt, daß ich das mit Herrn Nothnagel besprochen habe, wie ich es ihm geschrieben habe: das Erste, was er gefragt hat, ob das stimme! Irgendwie will er mich immer überführen, ich hätte gelogen. Aber wo er aktiv werden sollte, da tut er es nicht. Wahrscheinlich geht es ihm auch darum, daß er die Eisenacher nicht einschalten will, denn nur die könnten eine Pensionierung verfügen. Die würden auch nicht lange fackeln, denn als in Erfurt ein Pfarrer immer wieder neu mit der Liturgie anfing, war er am nächsten Sonntag nicht mehr da.

Während meines Urlaubs im August 1987 wurde wie folgt vertreten: Jeweils zwei Gottesdienste von Gerstenberger, von Frommannshausen, Naumann, Bunge. Ein dritter Gottesdienst war Lesegottesdienst (Markus Heckert, Erich Nothnagel). Amtshandlungen machte in der ersten Hälfte Herr Schulte, dann Herr Hoffmann. Aber bei der Einteilung gab es wieder Ausflüchte: In Asbach kann nicht den ganzen Sommer nur Lesegottesdienst sein, in Altersbach könnte doch auch einmal am Samstag sein, für den 2. August fand sich überhaupt keiner, da machte ich es noch selber

 

Am 23. Juli 1987 schrieb ich an das Dekanat: Seit fast einem halben Jahr ist mein Kollege Peters krankgeschrieben. Offenbar ist er so krank, daß nicht einmal ein Besuch erwünscht ist. Seine Frau bat jedenfalls im Juli meine Frau gebeten, lieber nicht zu kommen, weil das für seinen Zustand nicht gut wäre. Nicht nur nach meiner Meinung, sondern auch nach dem Urteil von Kirchenvorstehern wird er nie mehr den Anforderungen der Pfarrstelle gerecht werden können.

Vielleicht traut sich Herr Peters nicht, einen Antrag auf Versetzung in den Ruhestand zu stellen. Daher sollte man das von Amts wegen tun und die Schritte einleiten, die für diesen Fall vorgesehen sind. Ich halte es für unbarmherzig, ihn immer unter dem Druck zu lassen, eines Tages wieder alles übernehmen zu sollen. Ein Gemeindeglied, das oft mit ihm zu tun hatte, meinte: Je näher dieser Tag kommen könnte, desto mehr wird sich seine Krankheit wieder verstärken. Erst wenn die Verpflichtung offiziell von ihm genommen ist, wird er wieder genesen und eventuell auch wieder bestimmte Aufgaben übernehmen können.

Andererseits hat die Gemeinde einen Anspruch auf eine gesicherte kirchliche Versorgung. In den letzten sechs Jahren mußte die Oberstädter Pfarrstelle eineinhalb Jahre lang vertreten werden. Bei uns fällt zwar nichts aus, sondern die Aktivitäten sind eher verstärkt worden. Aber als Dauerzustand ist das nicht möglich.

Es ist nicht damit getan, daß gelegentlich einen Gottesdienst oder eine Trauerfeier vertreten wird. Ab September sind in der Gemeinde zum Beispiel acht Konfirmandenstunden zu halten. Durch Kindergarten, Rüstzeitenheim, Schwesternstation und Friedhof und 20 Mitarbeiter stehen in unserer Gemeinde mehr Aufgaben an als anderswo, wo der Pfarrer unvertretbar gefordert ist (außerdem ist auch der Verwaltungsleiter bei der Armee). Herr Nothnagel, der Vorsitzende des Kirchenvorstandes, setzt sich über seinen Aufgabenbereich in vorbildlicher Weise ein. Aber er hat schon mehrfach beklagt‚ daß er keinen Stellvertreter hat und die Geschäftsführung des Pfarramtes nicht wahrgenommen wird.

Verantwortungsbewußte Gemeindeglieder fürchten, daß ich wegen der Mehrbelastung auch noch ausfallen könnte und es für die Gemeinde noch schwieriger wird. Ich mache hiermit offiziell Mitteilung, daß ich nach einer Diagnose der Medizinischen Akademie Erfurt an einer unheilbaren, weil angeborenen Hautkrankheit leide, die sich bei Mehrbelastung verstärkt und einen Klinikaufenthalt erforderlich machen kann. Deshalb ist nicht damit zu rechnen, daß ich auf viele Jahre hinaus die Vertretung für die andere Pfarrstelle in Steinbach-Hallenberg ganz oder teilweise übernehmen kann (Die Krankheit wurde erst im Westen erfolgreich eingedämmt).

 

Im Gespräch mit dem Dekan und Herrn Nothnagel am 7. September 1987 über Pfarrer Peters wurde berichtet, daß sich der Gesundheitszustand von Herrn Peters gebessert zu haben schien. Er soll im Harz gewesen sein und selber das Auto gesteuert haben. Well es jetzt auf den neunten Monat zugeht, soll wohl erst einmal wieder etwas gearbeitet werden. Jedenfalls ist am 16. September ein Arzttermin, an dem die Gesundschreibung für den 1. Oktober erwartet wird. Herr Nothnagel hält die Situation dennoch für unverändert: „Hier wird nur ein Experiment gemacht‚ das mit einem erneuten Scheitern enden wird!“

Ich wies darauf hin, daß gerade jetzt eine arbeitsintensive Zeit kommt. Ich zitierte auch einen Radiobericht, nach dem eine „endogene Depression“ rezidivierend ist, also immer wiederkommt, weil ja gerade die Ursache nicht erkannt ist und nicht ausgeschaltet wird. Ich könnte aber mindestens fünf Ursachen nennen, an denen sich aber nichts ändern läßt. Das einzige, was sich ändern läßt, ist die Geschäftsführung, aber das ist nicht das Entscheidende! Es kam auch zur Sprache, daß schon sein Vater krank gewesen sei und wohl auch ein Bruder.

Am nächsten Tag sagte mir Herr Nothnagel noch, was er mit Herrn Holland-Moritz aus Rotterode besprochen hatte: Herr Peters habe schon des öfteren zu tief ins Glas getrunken! Auf dem Heiligenmeisterfest sei er bis 3 Uhr geblieben und habe nachher weiche Knie gehabt. Und mit Rudolf Häfner (Autoreparaturwerkstatt) habe er zusammen eine große Flasche Schnaps getrunken. Er nannte auch noch ein drittes Beispiel. Ich sagte ihm, daß die Leute da leicht übertreiben, aber er wollte das auch noch dem Dekan sagen.

 

In der Kirchenvorstandssitzung am 28. September 1987 sagte Herr Schreiber am Schluß: „Die Ärztin ist sehr zufrieden mit dem Gesundheitszustand. Er hat sich in der letzten Zeit sehr stabilisiert und er ist auch innerlich stärker geworden. Wir hoffen, daß Sie schnell wieder hineinwachsen!“Als die Sitzung schon geschlossen war, raunte mir Herr Peters noch zu, er sei auch bereit, die Geschäftsführung zu übernehmen. Einerseits ist es mir nur recht, aber ich sehe natürlich auch, daß damit weiter alles liegenbleibt. Als alle schon aufgestanden waren, fiel dem Dekan ein, daß er mir ja noch danken müßte. Er sprach davon, daß ich den ganzen Dienst übernommen hätte und es dankenswerterweise auch gesundheitlich durchgehalten habe. Auch die Geschäftsführung hätte ich übernommen (Davon wußte ich gar nichts, es war ja nichts geregelt, im Gegenteil, es wurde mir unnötig schwer gemacht). Herr Peters hat, als wir zusammen den Übergang besprachen, kein Wort des Dankes gefunden (muß er ja auch nicht).

 

Vor der Dienstbesprechung am 2. Oktober 1987 hatte ich Herrn Peters zwei Schreibmaschinenblätter übergeben, in denen ich alle anstehenden Arbeiten aufgeführt hatte. Ein ganzer Abschnitt handelte von dem Heizungsproblem im Gemeindehaus. Aber Herr Peters sagte, er hätte nur gerüchteweise davon gehört. Auch über die Krankschreibung von Ute König stand alles da, auch daß ihr gesagt werden müßte, wann sie wieder arbeiten muß, aber für Herrn Peters war das alles neu.

Nach der Besprechung rügte er zunächst, daß ich die Abkündigungen nicht in seine Bücher geschrieben habe. Er wollte von mir das Steinbacher Abkündigungsbuch haben, obwohl er den letzten Gottesdienst in Steinbach gehalten hat und das Buch behalten und mir nicht gegeben hat.

Dann fragte er wegen der Kirchenrechnung: Wo muß denn überall untersehrieben werden? Hat die Rechnung schon dem Finanzausschuß vorgelegen? Ich will jetzt einmal wissen, ob die Rechnung erst nach Schmalkalden geht und dann der Kirchenvorstand sie sich ansieht oder ob sie erst vom Kirchenvorstand abgenommen wird und dann nach Schmalkalden geht. Ich will das wissen, damit die Rechnung nicht wieder so lange liegenbleibt, sondern gleich nach Schmalkalden kommt! (Also erst nicht darum gekümmert und dann noch frech geworden und kritisiert). Der Dekan sagte später, er will Herrn Peters noch einmal anrufen und ihm sagen, daß er mich fragt. Auch das noch!

Er fragt ja immer wieder das Gleiche. Oder er fragt Dinge, die jeder Pfarrer weiß oder wissen muß. Das Erklären dauert ja länger als wenn ich es selber mache. Bei der Unterschrift unter die Rechnung fragte Herr Peters: „Muß hier rechts unterschrieben werden?“ Ich zeige ihm, was unter dem Strich steht „Unterschrift des Kirchenrechnungsführers“. Wer sollte denn da sonst unterschreiben? Ich sagte noch: „In solchen Fällen sehe ich immer nach, wie es im Vorjahr gemacht worden ist!“ Es ist zum Auswachsen!

Herr Peters läßt alle an ihn herangetragenen Dinge liegen oder schiebt sie an Herrn Nothnagel ab. Bei der nächsten Dienstbesprechung oder Gemeindekirchenratssitzung wird es dann vorgebracht. Dabei sind es oft Dinge, die er allein entscheiden muß bzw. um die er sich allein kümmern muß (Material besorgen, nach den Handwerkern laufen, bei den Angestellten auf die Einhaltung der Bestimmungen achten, Beschwerden nachgehen, über die schon entschieden wurde). Oft fragt er mich nach gewissen Dingen, weil er angeblich noch nicht Bescheid weiß. Aber nach über fünf Jahren in einer Gemeinde sollte man wissen, wo es langgeht. Bei vielen Dingen kann man auf Vorbilder zurückgreifen (Arbeitsverträge, Mietverträge, Dienstanweisungen).

 

Am Dienstag vor Bußtag 1987 half  Herr Peters bis 14 Uhr beim Abbau des Gerüsts an der Friedhofskirche, kam aber erst 16 Uhr nach Hause. Um 20 Uhr war Herr Nothnagel bei mir und teilte mir mit, Frau Peters hat mich angerufen, ihr Mann sei wieder erkrankt. Sie kenne das schon, wie das anfängt. Er sei wieder „abgekippt“ und sie habe ihn erst einmal „flach“ gelegt. Es war aber schon alles geregelt mit der Beerdigung am nächsten Tag, die mache Pfarrer Hoffmann.

Nun stand aber auch noch am nächsten Tag der Bußtagsgottesdienst bevor. Ich bat Herrn Nothnagel (weil ich kein Telefon in der Privatwohnung habe), bei Frau Peters anzurufen, daß ich den Gottesdienst in Steinbach mache, weil ich ja sonst nur den Gottesdienst in Altersbach um 19 Uhr hatte, damit nicht die Vertretung so geregelt wird, daß auf einmal die „Prädikanten“ auftauchen.

Am nächsten Tag aber konnte Herr Peters wieder selber das Auto steuern, um zur Ärztin Gans zu fahren. Die hat ihn auch nicht krank geschrieben, sondern ihm nur für Mittwoch und Donnerstag Ruhe verordnet. Das sieht ganz so aus, als wäre das „Abkippen“ durch Alkohol bedingt gewesen. Was soll er denn sonst in den zwei Stunden am Dienstag getan haben? Wahrscheinlich war er auf die zwei Gottesdienste am nächsten Tag nicht präpariert und ist einfach in die „Krankheit“ geflüchtet, war aber am nächsten Tag wieder „gesund“.

Am Samstag dem 5. November 1987 gegen 17 Uhr kamen Angehörige eines Verstorbenen zu ihm. Er rief mich an und teilte mir mit, er wolle am Montag zum Arzt und werde wahrscheinlich krankgeschrieben, ob ich am Mittwoch die Beerdigung machen könne. Am Sonntag hielt Herr Nothnagel den Gottesdienst. Er war erst um 19 Uhr nach Hause gekommen und sprach um 21 Uhr mit Herrn Peters. Der hatte die Gottesdienstordnung handschriftlich ausgearbeitet (in kaum lesbarer Schrift, aber an sich liest man das alles aus der Agende)), aber keine Predigt. Anstelle einer Predigt las Herr Nothnagel eine Ausarbeitung zum Thema „Judenpogrom“ von Detlev Haupt vor.

Es stand ja wieder einiges bevor. Der Kirchenvorstand hatte verlangt, daß die Friedensdekade durchgeführt wird, obwohl kaum jemand vom Kirchenvorstand daran teilnimmt. Ich erklärte ich wolle mich nicht allein engagieren. Herr Peters wollte es in die Hand nehmen und auch zwei Abende gestalten. Die anderen Abende wollten ich und meine Frau machen. Nun meldete er sich wieder krank und es hing doch wieder alles an mir, nur daß ich jetzt keine Zeit zur Vorbereitung hatte.

Noch am Montagmorgen rief Herr Peters mich an, ob es wohl auch klappe mit der Friedensdekade, ob es genug Zeit für mich sei, wenn er krankgeschrieben werde. Ich beruhigte ihn, daß ich ja auf den Mittwoch präpariert sei. Um 15 Uhr rief ich an und erfuhr erwartungsgemäß, daß er für 14 Tage krankgeschrieben ist. Seine Frau stand daneben und ergänzte „vor­erst“. Er übergab mir am Dienstag die Unterlagen für Konfirmandenunterricht und Bibelwoche und auch die Gottesdienstordnung, damit Herr Nothnagel den Gottesdienst noch einmal auf den Dörfern halten könne.

Herr Peters mußte zwar seit dem 1. Oktober 1988 wieder arbeiten. Aber er sagte ganz offen, daß er es nur noch solange tut, wie er kann. Das heißt, daß er auf eine Invalidisierung hin­arbeiten wird wie schon die ganzen Jahre. Diese hat er schließlich ja auch erreicht. Seine Söhne waren schon vor ihm in der Bundesrepublik. Er wurde mit allen Ehren verabschiedet und wird im Westen aus Kassel rund 5.000 DM im Monat an Pension erhalten.

Über mich hat er sich aber sogar einmal bei der Stasi beschwert, wie Herr Rämisch mir erzählte, über den alle Briefe an die Stasi liefen.

 

 

Beihilfen für die Angestellten im Dezember 1987

In der Sitzung des Finanzausschusses am 2. Dezember 1987 wurde darüber beraten, wie es mit einer „Beihilfe“ für die Angestellten der Kirchengemeinde gehalten werden soll. In früheren Jahren, als die Löhne noch nicht so hoch waren und die Gemeinde daher über einen guten Kassenbestand verfügte, wurden ihnen zehn Prozent des Grundlohns gezahlt, vermindert um die Beihilfen des Dekanats. Inzwischen erhielten die Angestellten aber ein Mehrfaches des Betrags als Tariflohn (Kosten für die Kirchengemeinde über 2.000 Mark pro Angestellte). Dadurch ist nun kein Geld mehr da für zusätzliche Zahlungen. Dennoch wird immer wieder von den Angestellten gebohrt, wo denn das Geld bleibt. Sie sagen es allerdings nicht selber, sondern die Kirchenvorsteher, deren Kinder für die Kirchengemeinde arbeiten, bringen das immer wieder in der Sitzung vor.

Nun ist aber dieser Antrag in den Jahren 1985 und 1986 immer wieder abgewehrt worden. Einige im Kirchenvorstand meinten, man müsse erst noch warten, wie sich die Finanzlage entwickelt. Ich habe schon damals immer darauf hingewiesen‚ daß das nicht anders werden wird, weil wir keinen ausgeglichenen Haushaltsplan haben.

Man kann aber auch nicht sagen, es sei schlecht gearbeitet worden und früher sei das Geld doch auch dagewesen. Die Einnahmen der Kirchengemeinde sind ständig gestiegen. Aber die Ausgaben sind unvergleichlich schneller gestiegen. Das liegt vor allem an der Erhöhung der Löhne (viermal in zehn Jahren)‚ aber auch daran, daß für die gleiche (oder weniger) Arbeit immer mehr Leute angestellt worden sind (nur der Kantor ist zusätzlich angestellt worden, aber  auf einem neuen Arbeitsgebiet).

 

Meiner Meinung nach war die Sache damit ausgestanden, daß nun schon zwei Jahre (und 1987 wäre das dritte Jahr gewesen) diese sogenannte „Beihilfe“ nicht gezahlt wurde. Wieder einmal wurde behauptet, die Zahlung sei generell beschlossen. Herr Nothnagel aber sagte in der Sitzung am 29. September 1986 noch: „Darüber muß jedes Jahr neu beschlossen werden!“ Diese Frage spielte ja später eine entscheidende Rolle, da sah er es dann anders. Herr Nothnagel hat - wie er meint - doch noch einen Weg gefunden, wie man das Geld „letztmalig“ noch einmal zahlen kann. Er macht jetzt sogar Vorwürfe, daß man in der Vergangenheit nicht festgelegt hat, daß nicht mehr gezahlt wird. „Aber ich werde das jetzt durchsetzen!“ sagte er.

Beim Dekanat hat er einen Antrag auf eine Beihilfe gestellt. Der Dekan aber hat gesagt, er könne höchstens eine Beihilfe für Bausachen geben. Nun war durch Baumaßnahmen im Rüstzeitenheim ein Defizit von 11.000 Mark entstanden, die aber zur Kirchenvorstandssitzung am 30. November schon wieder eingenommen waren. Man hatte aber fast den Eindruck, Herr Nothnagel das allein mit dem Dekanatsrechner Weisheit verhandelt: Antrag am 28. November, Genehmigung am 11. Dezember. Das geschah ohne den geschäftsführenden Pfarrer und ohne den Kirchenvorstand und wohl auch ohne Dekanats­synodalvorstand (die Sitzung ist erst wieder im Dezember, es war ja ein Betrag über 5.000 Mark). Und es schien auch, als wisse der Dekan noch nichts von der erfolgten Überweisung.

Aber in dem Bewilligungsschreiben an den Kirchenvorstand hieß es jeweils. „Ihr Antrag auf Gewährung....“ (das „Ihr“ war nur Herr Nothnagel, nicht der Kirchenvorstand). Das Geld war am 30. November schon in der Kirchenkasse. Aber in der Kirchenvorstandsitzung am 8. Dezember wurde noch gesagt, es sei kein Geld da für eine Prämienzahlung. Aber ab 4. Dezember wurde schon an die Angestellten ausgezahlt.

Der Dekan selber hatte ja in der Oktobersitzung gesagt: „Für die Angestellten kann ich Ihnen keine Beihilfe geben. Aber stellen Sie doch einen Antrag für eine Baumaßnahme, dann können sie es ja dafür verwenden!“ Diese Aussage macht er nicht einmal hinter vorgehaltener Hand -  aber     dennoch nicht offiziell - war nun Anlaß, das auch so zu machen und immer darauf zu verweisen: „Der Dekan weiß es ja!“ Tatsache ist aber, daß Anfang Dezember in der Kirchenkasse ein Loch von 25.000 Mark ist. Auch nach Eingang der 11.000 Mark hätte die Kreis-Umlage von 48.000 Mark gerade so gezahlt werden können, aber dann wäre kein Geld mehr da für die Lohnzahlung im Januar. Am 16. Dezember wurde dann die Umlage gezahlt, aber vermindert um 20.000 Mark, die das Dekanat außerdem noch als Darlehen gegeben hatte.

 

Es war auch ein anderes Berechnungsverfahren angewendet worden: Nicht einfach ein Monatsgehalt, sondern der Nettojahresverdienst geteilt durch 12. Das benachteiligt aber Ute König und Beate Walloch, die längere Zeit krankgeschrieben waren bzw. damals noch weniger verdienten. Daß auch das Frauentagsgeld (über das Urlaubs- und Weihnachtsgeld hinaus) abgezogen wurde, halte ich für kleinlich, es ist aber früher auch so gemacht worden. Es wurde aber von der so ermittelten Summe nicht ein Prozentsatz genommen (es war von 70 - 80 Prozent die Rede), sondern die vollen 100 Prozent wurden ausgezahlt. Das Geld sollte aber nur an diejenigen gehen, die 1985 und 1986 bei uns beschäftigt waren und jetzt noch beschäftigt sind. Das hätte an sich bedeutet, daß die Kindergärtnerin R. nur einen kleinen Betrag und Frau HM.gar nichts gekriegt hätten. Es scheint aber, als hätte die erste doch 350 Mark und die andere 100 Mark gekriegt. Herr Künzel hat einen kleinen Betrag gekriegt (für 3 Monate), Frau Heil wohl 130 Mark (bei 335 Mark Verdienst in dieser Zeit) und auch Frau Sch. etwas.

Nur wurde da wieder falsch gemacht, daß man das Weihnachtsgeld anteilig abgezogen hat, obwohl sie es doch damals voll gekriegt haben, auch wenn sie nur 2 oder 3 Monate da waren. Gar nichts gekriegt haben Frau Künzel und Frau Heubel und die neue Kindergärtnerin K. (man hat ihnen gesagt, das Geld sei noch aus den früheren Jahren, als noch Geld da war). Das geht natürlich nicht. Man hätte das Jahr 1987 einbeziehen sollen und dann einen Prozentsatz nehmen‚ dann wären alle gleich­mäßig bedacht und es hätte nicht die Diskussion gegeben, wie es mit dem Geld für 1987 sei.

Das Geld wurde einzeln an die Angestellten ausgezahlt und dann auch einzeln quittiert, damit niemand sieht, was der andere kriegt (Wenn man so ungerecht vorgeht, muß man das eben so machen). Aber es war deutlich, daß Herr Nothnagel nach Gutdünken ausgeteilt oder verwehrt hatte.

Ich ließ mir dann die Liste geben. Sie war im Tresor eingeschlossen (!). Ich sah aber nur kurz drauf‚ weil mich nur interessierte, ob eine Zahlungsanweisung darauf war und ob auf der Liste quittiert worden war. Aber das war ja nicht der Fall. Ich wies Frau Holland-Cunz darauf hin‚ daß sie erst die Zahlungsanweisung haben muß, sonst haftet sie für die Zahlung. Da Herr Nothnagel gerade da war (sie hatten ihn wegen Bauarbeiten im Gemeindehaus bestellt!), sagte sie es ihm. Der aber sagte: „Das muß Pfarrer Peters machen!“ Dieser wurde sofort angerufen, er solle gleich einmal kommen. Herr Nothnagel bemängelte, daß er nur ein- oder zweimal in der Woche kommt. Aber das ändert nichts an der Tatsache, daß das Geld ohne Beschluß des Kirchenvorstandes und wahrscheinlich ohne Wissen des geschäftsführenden Pfarrers ausgezahlt wurde. Die Zahlungsanweisung hat er erst am 9. Dezember unterschrieben.

Im Vorjahr hatte der Finanzausschuß noch festgelegt, daß die Beihilfe nur gezahlt werden kann, wenn mindestens zwei Monatsgehälter am Jahresende noch vorhanden sind. Jetzt aber soll noch schnell vor Jahresende das Geld rausgehen, weil sowieso das Loch da ist und es nun nicht mehr darauf ankommt, wie groß es ist.

Dahinter steht die Vorstellung: Diese 11.000 Mark gehören eigentlich gar nicht in die Kirchenkasse, die haben wir zusätzlich erhalten und können ohne Rücksicht auf sonstige Schulden darüber verfügen (mit den Bananen war es ja auch so). Herr Nothnagel sagte sogar unverblümt: „Hier zeigt sich wieder einmal, wie gut es ist, daß ein Vertreter aus Steinbach im Dekanatsssynodalvorstand ist, denn ohne das hätten wir das Geld nicht gekriegt!“ Ich antwortete ihm darauf: „Das heißt also: Wir dummen Pfarrer haben es nicht zustandegekriegt, aber jetzt endlich läuft es, weil der Herr Nothnagel die Sache in die Hand genommen hat!“ Er war dann ungnädig und fühlte sich in seinem Engagement nicht anerkannt und drohte, er könne ja auch alles hinwerfen. Aber man hat so den Eindruck: Man muß nur Beziehungen haben, dann läuft es!

Herr Gerstenberger soll die Dienstreise nach Tansania nicht bezahlt bekommen, aber der gleiche Betrag wird an die Angestellten in Steinbach verschenkt. Und über beides entscheidet allein der Dekan. Und wer sein guter Freund ist, der kriegt es, und wer sich quer legt, der kriegt es eben nicht. Es ist ganz klar, daß Herr Nothnagel bei nächster Gelegenheit dann still sein muß, wenn im De­kanats­synodal­­vorstand der Dekan wieder einmal einen Alleingang machen will.

Das Geld sollte noch vor Weihnachten ausgezahlt werden, also ohne Beschluß des Kirchenvorstandes.  Der Kirchenvorstand wurde absichtlich nicht über das Vorhaben informiert. Die Verantwortung liegt aber letztlich beim geschäftsführenden Pfarrer, der die Zahlung anzuweisen hat. Er braucht aber bei so einer großen Summe unbedingt einen Beschluß des Kirchenvorstandes, sonst ist er haftbar.

Ich sagte dazu in der Finanzausschußsitzung: „Ich schäme mich, wenn wir das Geld derart ausgeben, obwohl wir noch soviele Schulden haben. Ich möchte auch, daß mein Einspruch protokolliert wird, damit es nicht nachher wieder heißt: Wir sind ja nicht über die Finanzlage informiert worden!“ (Das hatte Herr Nothnagel nämlich Herrn Hey vorgeworfen, aber letztlich natürlich mich gemeint, obwohl ich doch seit Jahren gegen solche Sonder-Zahlungen rede).

In unsrer Kirchengemeinde werden jährlich 17.000 Mark übertariflich gezahlt. Zum Teil kriegen nur Einzelne eine Zulage (Verwaltungsleiter, Hausmeister, aber auch die Köchin), zum Teil kriegen es aber alle gleichmäßig, wie das kostenlose Essen oder eben diese Beihilfen. Dazu kommen ja noch Urlaubs- und Weihnachtsgeld und die Sonderzuwendungen vom Dekanat, man kann wirklich nicht sagen, unsre Leute verdienten zu wenig. Wenn anderswo eine Köchin 700 Mark monatlich verdient, so muß man sagen, daß bei uns alles in allem auch 700 Mark oder an sich noch mehr herauskommen.

Mir ist klar, daß jetzt bei den Angestellten der Eindruck entsteht: Man muß nur genug bohren, dann machen die auch noch etwas locker. Offenbar meint man: „Die haben genug, sie wollen es uns nur nicht gönnen. Aber wenn wir uns nur genügend auf die Hinterbeine stellen und auftrumpfen, dann läuft das schon!“ Ich bin mir sicher: Wenn diese Zahlung erfolgt ist, dann heißt es sogleich: „Und wie ist es jetzt mit 1987 und 1988?“ Herr Nothnagel meinte zwar, er werde dazu sagen, daß es das letzte Mal sei. Aber als das Geld an eine Kindergärtnerin ausgezahlt wurde und ich zufällig dabei war, ist das nicht gesagt worden,

Ursel hat die Annahme des Geldes verweigert, nachdem Frau Holland-Cunz ihr freudestrahlend mitteilte: „Ich habe auch noch etwas ganz Schönes für Sie!“ Ursel kannte ja die Zusam­men­hänge. Sie hat dazu auch noch einen Brief an den Kirchenvorstand geschrieben und Herrn Peters übergeben.

Ursula Heckert                                                                      15.12.1987

An den Kirchenvorstand Steinbach-Hallenberg, Betr.: Beihilfe

Die mir .......angebotene Beihilfe möchte ich nicht annehmen. Die Kirchenleitung hat am 1. 1.1984 eine beträchtliche Lohnerhöhung angeordnet, über das Dekanat erhalte ich Urlaubs- und Weihnachtsgeld, ich habe die vorgeschriebenen 200 Mark für 25-jährige Dienstzeit erhalten - das genügt mir, mein Lebensstandard ist dadurch abgesichert. Nirgendwo in der Landeskirche sind weitere Zahlungen üblich. Andererseits weiß ich, daß die Kirchengemeinde in finanziellen Schwierigkeiten ist und beträchtliche Beträge schuldig bleiben muß. Ich möchte wenigstens dort der Kirchengemeinde nicht schaden, wo ich es verhindern kann.“

Die 690 Mark, die sie erhalten sollte, lagen noch einige Zeit auf der Kirchenkasse. Ursel sollte angeben, was damit geschehen soll – also genau das machen, was Herr Nothnagel auch gemacht hatte. Aber es gehörte natürlich in den allgemeinen Haushalt.

Erstaunen herrschte, als ich darauf hinwies, daß ich mir mit meinem Einspruch ja selber ins eigene Fleisch schneide. Denn wenn meine Frau etwas kriegt, bin ich ja mit Nutznießer. Natürlich kann man Geld immer gebrauchen. Aber es ist ja jetzt die drei Jahre auch so gegangen. Es hat keiner der Angestellten Mangel leiden müssen. Aber man meint ja, die Gemeinde würde auch keinen Mangel leiden, weil ja das Dekanat alles ausgleicht.

Und wenn wir dann gar nichts mehr haben, dann kann man umso mehr aus dem Dekanat herausholen, wie das andere Gemeinden auch tun. Nur wird das Geld beim Dekanat auch nicht selber hergestellt. sondern es ist Geld der Gemeinden und wird von vielen einzelnen Gemeindegliedern fünf- und zehnmarkweise aufgebracht, manchmal mit noch kleineren Beträgen gerade von solchen‚ die wirklich bedürftig sind.

Auch in einem Gespräch am 8. Januar 1988 rückte Herr Nothnagel nicht von seiner Auffassung ab, die 11.000 Mark habe er vom Dekanat beschafft und deshalb könne er auch darüber verfügen. „Wäre die Frage nach der Prämie nicht aufgekommen, dann hätten wir das Geld nicht gekriegt. Aber so hat es noch gelangt, um auch die Küchenmaschine und den Schreibtisch zu bezahlen!“

Ich bat ihn, von dieser Auffassung abzurücken, denn dadurch begebe er sich in Abhängigkeit vom Dekan. Der scheint jedenfalls zu meinen, daß man mit Geld die Leute mundtot machen kann (nicht nur mit Dienstreisen). Herr Nothnagel verneint, daß er sich davon beeindrucken ließe, aber irgendwie wirkt das doch nach. Anders ist es wohl mit dem Auto, das er von Herrn Schreiber gekauft hat, denn mit 10.000 Mark ist es gut bezahlt.

Herr Nothnagel meinte, er habe es doch nur gut gemeint, und er habe doch keine persönlichen Vorteile davon. Ich dagegen vermute, er wollte sich lieb Kind machen bei den Angestellten. Doch Ute König hat es ihm so gedankt, daß sie sich weigert, ihre Kirchensteuer zu zahlen und in provokatorischer Weise auf der Kirchenkasse aufgetreten ist.

Herr Nothnagel jedoch ist der Auffassung, wenn andere Gemeinden Zuschüsse vom Dekanat erhielten, dann müssen wir es auch so machen, daß wir etwas kriegen. Ich dagegen sagte: „Jeder muß sich bemühen, möglichst sparsam mit dem Geld umzugehen. Dafür tragen wir der Gemeinde gegenüber die Verantwortung. Auch das Geld des Dekanats ist Geld der Gemeinde, das gibt nicht der Dekan dem Herrn Nothnagel, sondern es wird bei einem vorhandenen Bedarf der Gemeinde zugeteilt. Damit diese ihren Verpflichtungen nachkommen kann, nicht aber um Geschenke zu machen!“

 

Da nur einige interessierte Kirchenvorsteher in der Sitzung am 18. Januar 1988 wegen ihrer Kinder an der Zahlung interessiert waren, wurde durchaus Kritik laut, auch daß es so schnell gemacht wurde. Selbst der Dekan meinte, es hätte auch noch bis Januar Zeit gehabt. Es wurde gefragt, ob alle etwas gekriegt hätten: „Nein, wer erst 1987 angestellt wurde nicht!“ - „Wer hat das entschieden?“ – „Allein Herr Nothnagel!“ Er hat auch allein entschieden, daß man bei einer Prämie nicht unter 100 Mark gehen sollte. Auch dem wurde widersprochen, auch 50 Mark seien eine Prämie.

Natürlich blieb dem Kirchenvorstand nun nichts anderes übrig, als die Sache nachträglich zu genehmigen. Eine Neuberechnung für drei Jahre und für alle Angestellten wurde abgelehnt. Herr Bühner wollte einlenken und sagte zu mir: „Sie wollen doch nur, daß so etwas nicht wieder vorkommt!“ Dem stimmte ich zu und sagt: „Ich bitte herzlich darum, daß der Kirchenvorstand nicht übergangen wird!“ Dann sagte ich noch: „Wenn ein Pfarrer so etwas gemacht hätte - er wäre ja gar nicht an das Geld herangekommen - hätte man ihm 100 Monate lang je 50 Mark vom Gehalt abgezogen!“ Der Dekan zweifelte das an, ich verwies ihn aber auf das Haushaltsgesetz. Daraufhin sagte Herr Holland-Cunz: „Da hätten Sie aber schon oft zahlen müssen!“

Ich verlangte, daß er konkrete Beispiele nennt. Man hätte annehmen müssen, daß er es von seiner Frau weiß, die ja auf der Kirchenkasse die Kasse führte und die Gehälter auszahlte. Aber er konnte kein Beispiel nennen. Ich sagte: „Sie brauchen es jetzt hier nicht auszuführen, aber ich möchte es persönlich von ihnen hören!“ Er wußte darauf aber nur zu antworten: „Dann gehen Sie doch zum Schiedsmann!“ Der Dekan hat nichts dazu gesagt (wozu ist er eigentlich dabei?). Mir fiel noch ein: „Ja, im Januar 1984 einmal habe ich etwas achtlos unterschrieben, was man mir vorgelegt hatte.“ Dabei handelte es sich ausgerechnet um Frau Holland-Cunz, die sich selber das Gehalt um eine Dienstaltersstufe erhöht hatte. Als es bemerkt wurde, hat der Kirchenvorstand es wie immer nachträglich genehmigt. Es waren immerhin 274 Mark, die an sich Frau Holland-Cunz hätte zurückzahlen sollen. Aber sie tat nicht dergleichen, so habe ich gezahlt. Da muß ihr Mann nicht gerade mich deswegen anmachen.

Der Dekan sagte jedenfalls noch zu dem selbständigen Handeln von Herrn Nothnagel: „Wenn heute bei dem Beschluß dasselbe herauskommt, wie es Herr Nothnagel gemacht hat, dann ist es in Ordnung!“ Aber es ist natürlich ein Unterschied, ob man frei entscheiden kann oder ob schon vollendete Tatsachen geschaffen sind. Aber der Dekan handelt ja selber so. Er kam nur deshalb immer wieder auf die „Beleidigung“ des Vorsitzenden des Kirchenvorstandes zurück, weil er ja selber einen Fehler gemacht hatte und nicht nur den „Trick“ nahegelegt hatte, sondern auch ganz schnell das Geld überwiesen hatte ohne Beschluß des Dekanatsynodal­vor­standes.

Sein Handeln und das des Vorsitzenden sollte kein Fehler gewesen sein. Deshalb behauptete er einfach, ich hätte den Vorsitzenden nicht kritisieren dürfen. Doch hätte ich ihn nicht kritisiert, hätte der Kirchenvorstand gar nichts davon erfahren und hätte auch nicht nachträglich zustimmen können.

Herr Nothnagel gab schließlich aber doch noch zu: „Ich bin mir im Klaren, daß es nicht richtig war. Aber ich wollte zum Wohl der Gemeinde handeln und es noch schnell vor Weihnachten erledigen!“ Herr Reumschüssel sagte dazu: „Das macht der Erich nicht wieder!“ Wollen wir es hoffen! (Nur hat er nicht zum Wohl der Gemeinde gehandelt, sondern zum Wohl der Angestellten).

 

Die Behinderung der katechetischen Arbeit Februar 1988

Ursel schrieb am 18. Februar 1988 an den Kirchenvorstand wegen der Arbeitsbedingungen für die Katechetin. Darin schilderte sie auf fast zwei Seiten die Veränderung bei den Gemeinderäumen bis dahin, daß sie gar keinen Raum mehr hatte: „Leider sehe ich mich außerstande, den mir aufgetragenen Dienst in Steinbach-Hallenberg in der erforderlichen Weise weiter zu erfüllen. Die Arbeitsbedingungen haben sich in den letzten Wochen für mich und die Kinder so verschlechtert, daß ich nach den Ferien die Arbeit einstellen muß. Bisher habe ich alle Veränderungen wortlos hingenommen, bin bald in diesen Raum, bald in jenen um umgezogen, und habe auch ungerechtfertigte Beschwerden ertragen. Aber inzwischen ist ein Stand erreicht, wo es auch beim bestem Willen nicht mehr geht!“

 

Die Tatsachen werden im Folgenden etwas ausführlicher dargestellt: Ursprünglich gab es in Steinbach-Hallenberg einen eigenen Unterrichtsraum, der aus zentralen Mitteln in den fünfziger Jahren gebaut wurde, um von der Schule unabhängig zu sein. Als dann aber vom Kindergarten die Forderung nach einem vierten Gruppenraum gestellt wurde, verlegte man den Unterricht der Pfarrer und der Katechetin in den danebenliegenden Gemeinderaum. Das brachte einige Schwierigkeiten mit sich (Umbau des Mobiliars, keine Wand für Lichtbilder), es war aber zu machen.

Schwierigkeiten gab es nur mit dem Posaunenchor, der unbedingt seinen großen schwarzen Schrank im Raum stehen lassen wollte. Nachdem er schon einmal abgebaut war, wurde er auf Beschluß des Kirchenvorstandes wieder aufgestellt mit dem Versprechen, für Wandschränke zu sorgen. Daraus wurde aber zunächst nichts. Und nachdem eine Zeit der Unterricht wieder im Unterrichtsraum war und es dann wieder in den Gemeinderaum gehen sollte, wurden im Geschäft Hängeschränke und drei schmale hohe Schränke für den Posaunenchor und Kirchenchor gekauft. So stand jedem Chor wieder der gleiche Platz zur Verfügung. Das Klavier wurde verkauft und der Flügel in den Gemeinderaum gestellt; so ging es.

Schwierigkeiten gab es aber weiter mit dem Kindergarten, weil in dem Nebenraum oft laut hantiert wurde (zum Beispiel Plattenspieler weit aufgedreht) oder plötzlich dort eine Gruppe etwas machte, während an anderen Tagen der Raum ganz leer stand und alle Kinder in den eigentlichen Kindergartenräumen waren. Der Unterricht wurde dennoch ohne Klagen durchgeführt, selbst der Gesang.

Dann machten angeblich die Christenlehrekinder Krach, während die Kinder schliefen. Nun beginnt allerdings die Christenlehre nie vor 14 Uhr, und dann ist die Mittagszeit im Kindergarten ja vorbei. Es kamen aber einige Kinder schon eher, weil sie direkt von der Schule zur Christenlehre kamen. Sie waren aber still, fertigten dort ihre Hausaufgaben an. Bestimmt machten sie nicht mehr Krach als andere Besucher des Hauses oder Mitarbeiter. Damit die Kinder aber vor unberechtigten Schimpfereien der Kindergärtnerinnen in Schutz genommen werden konnten, war Ursel Montag und Dienstag schon ab 13.15 Uhr anwesend.

Dann wurde vom Kindergarten die Forderung aufgestellt, daß die Gruppen nicht mehr als 18 gemeldete Kinder haben dürften. Da aber in dem einen Jahrgang 23 Kinder angemeldet waren und auch in die vorhergehende Gruppe noch einige wollten und man schlecht jemandem absagen konnte, wurde der Plan gefaßt, noch einen Raum an den Kindergarten anzubauen. Bis es soweit wäre, sollte der Kindergarten noch den Gemeinderaum erhalten und der Unterricht und die Gemeindearbeit in andere Räume verlagert werden.

Doch das Vorhaben mit dem Anbau blieb schon im Planungsstadium stecken. Der Anbau sollte die volle Höhe des Hauses hochgezogen werden, das hätte einen Umbau des ganzen Hauses mit sich gebracht. Als Alternative wurde der Bau eines Gemeinderaumes beim Unterstädter Pfarrhaus erwogen, auch wenn das gerade für die Oberstädter Kinder ungünstig gewesen wäre. Aber auch das wurde nichts, weil niemand sich die Arbeit aufladen wollte. Und der Kindergarten hatte ja inzwischen seinen fünften Raum, auch wenn er und der Nebenraum (oder ein anderer Raum des Kindergartens) oft leerstanden und die Räume sowieso nur vormittags einige Stunden genutzt wurden.

Die Gemeindearbeit spielte sich unterdessen im Speisesaal des Rüstzeitenheims und im Amtszimmer des Unterstädter Pfarrhauses ab. Dort sollten die Chöre üben, Herr Künzel sollte Feuer machen und die Reinigungskraft saubermachen. Der Raum wurde neu ausgemalt und Neonröhren angebracht, Regale in den Nebenraum gestellt, Schränke und der Flügel ins Pfarrhaus geschafft. auch die Christenlehre sollte dort sein. Als aber Herr Peters mit dem Mütterkreis in den Speiseraum des Rüstzeitheims ging, wurde auch der Unterricht dort gemacht.

Bei den diesjährigen Konfirmandenrüsten war eine Kollegin von Ursel dabei, die in den Gemeinderaum sah und meinte: „Wie können Sie denn hier Christenlehre halten? Keine Tafel, keine Leinwand, keine Möglichkeit, etwas anzuheften. Andere Gemeinden haben einen extra Christenlehreraum, der dann auch einladend und praktisch hergerichtet ist. Zumutbare äußere Bedingungen sind Grundvoraussetzung dafür, daß die Arbeit gelingen kann.

Wenigstens einer von den unteren Gemeinderäumen sollte wieder für Christenlehre, Konfirmandenunterricht und Gemeindearbeit zur Verfügung stehen. Aber die gleichzeitige Nutzung als Speiseraum für die Rüstzeit bleibt weiter problematisch. Da in dem Raum wieder der Flügel steht, können dort nicht auch noch Tische und Schränke aufgestellt werden. Nach 14 Uhr können sich dort auch nicht mehr unbeaufsichtigte Kinder aus dem Kindergarten aufhalten (Aber das sollte nur zeigen, daß der Raum auch nachmittags vom Kindergarten gebraucht wird).

 

Für die Gemeindearbeit stand außerdem das Haus hinter der Kirche zur Verfügung. Dort stand früher das Heizhaus für die Kirche. Dieses wurde allein von mir abgetragen und unter Mithilfe von Jugendlichen und Heiligenmeistern und einigen Handwerkern etwas größer wieder aufgebaut. Kaum war es fertig, da wollte der Posaunenchor dort üben. Der Kirchenvorstand legte aber fest, daß es nur eine Ausweichmöglichkeit ist, wenn im Gemeindehaus kein Platz ist.

Das war etwa der Fall beim Konfirmandenunterricht, der zeitweise dort standfand. Aber auch die Jungschar mußte dort gemacht werden, weil sie am Samstag nicht mehr im Gemeindehaus geduldet wurde (das schon saubergemachte Haus sollte nicht verschmutzt werden). Die Jungschar war jahrelang im Pfarrhaus in der Privatwohnung. Es war eine große Erleichterung, als die Baracke dann zur Verfügung stand.

Für dieses Haus fühlte sich aber niemand außer mir verantwortlich. Es wurden zwar Spanplatten hineingestellt, die noch innen angebracht werden sollten, aber niemand machte Anstalten, sie einzubauen. Als Kirchenvorstandssitzungen dort stattfanden, wurde noch ein alter Tisch hineingestellt. Der Singekreis machte ohne zu fragen dort eine Faschingsfeier, ohne hinterher aufzuräumen. Einmal standen noch die Kaffeetassen da, der Kaffee war in der Kanne gefroren.

Das Haus wurde von allen möglichen Leuten genutzt, aber niemand tat etwas daran. Sauber gemacht wurde es immer am Samstag nach der Jungschar von Ursel. Daß es 1987 von außen neu gestrichen (und zum Teil erstmals gestrichen) wurde, hat offenbar niemand bemerkt. Daß die Tür von Anfang an herunterhängt, merkt jeder, der Sie wieder schließen will, aber keiner bemüht sich um eine Änderung. Gelegentlich blieb die Türe auch nach der Veranstaltung einfach offen stehen oder das Licht wurde vergessen auszumachen. Auch nach der Kirchenvorstandssitzung fühlt sich niemand für die Reinigung und Ordnung verantwortlich.

In der Kirchenvorstandssitzung am 18. Januar 1988 ergab sich am Schluß folgende Begebenheit: Als alles schon aufstehen wollten, sagte Herr Holland-Cunz: „Ihr habt doch nichts dagegen, daß noch zwei Schränke des Posaunenchors hier herein kommen?“ Ich beantragte sofort Vertagung, weil solche Dinge mit allen Beteiligten besprochen werden müssen. Außerdem wußte ich von Herrn Dalberg, daß es nicht von ihm ausging und an sich nur der Wunsch bestand, die Noten nicht auf Regalen unterzubringen, sondern in richtigen Schränken.

Bei der Gelegenheit brachte ich meine Verwunderung zum Ausdruck, daß der Posaunenchor dort übt, wo ihm doch das Pfarrhaus zugewiesen worden ist (davon wußte Herr Holland-Cunz angeblich nichts), Nachdem es solange im Pfarrhaus ging, wäre es jetzt auch noch einige Wochen dort gegangen, denn im Gemeindehaus wird mit Hochdruck gearbeitet. Nachdem aber seit September 1987 der Jugendabend nicht mehr am Freitag ist, ging man einfach ohne Absprache mit Kirchenvorstand und den anderen Nutzern in die Baracke.

Aber es geht ja gar nicht darum, für eine Übergangszeit dort zu sein, sondern offenbar will man immer dort sein und den Raum mit Schränken vollstellen (nicht nur zwei); wenn man erst einmal drin ist, geht man nicht mehr heraus. Aber dann würde der Raum sicher bald so aussehen wie das Amtszimmer, wo alles durcheinander liegt und sogar die Schnapsflaschen und Schnapsgläser auf dem Tisch stehenbleiben. Die Spucke wird einfach auf den Boden geschüttet, im Pfarrhaus wie in der Baracke, aber hinterher nicht saubergemacht. Samstag muß dann vor und nach der Jungschar saubergemacht werden. Solche Veranstaltungen wie Kinderbibelwoche sind nicht mehr möglich, weil der Platz zu sehr eingeschränkt ist (bis zu 50 Kinder). Hier muß entschieden werden, wo die Schwerpunkte liegen und wer über Änderungen beschließt.

 

Der Speiseraum ist für den Unterricht nicht sehr geeignet. Die Tische stehen im Weg. In der Mitte ist die Einengung, und Tafel, Bildwerfer und andere Geräte können nicht aufgestellt werden. Der Schrank mit den Arbeitsmaterialien sollte aber schon damals auch noch in den Raum gestellt werden, bleib aber einstweilen noch in dem Kindergartenraum (der ja der eigentliche Unterrichtsraum ist).

Der Termin für den Wechsel war der 1. Dezember 1986. Pünktlich an diesem Tag wurde  ultimativ vom Kindergarten die Forderung gestellt, den Raum ab sofort nicht mehr für den Unterricht zu nutzen, obwohl der Raum dann noch wochenlang leerstand und erst renoviert wurde. Aber um des Friedens willen haben alle Beteiligten das geschluckt. Damals zeichnete sich ja noch eine Änderung ab.

Nachdem aber alle Neubaupläne verworfen worden waren, wurde überlegt, ob man den vorhandenen Raum im Gemeindehaus nicht besser nutzen könne. Vor allem wurde jetzt vom Kindergarten auch die Forderung nach mehr Waschbecken und Klosetts und Garderobe und Büroraum gestellt. Aber für alle Wünsche wurde eine Lösung zumindest erst einmal auf dem Papier gefunden: Die Kirchenkasse wurde um einen Raum nach hinten verlegt und der Speiseraum in den Unterrichtsraum. Dafür sollte eine Kindergartengruppe in den Speiseraum. Der Vorteil war, daß man den unteren Raum ganztägig nutzen könnte, denn Unterricht und Abend­brot und dann noch einmal Abendveranstaltung stören sich kaum.

An sich hätte der Wechsel sofort vorgenommen werden können, denn wenn die Kinder vorher genug Waschbecken hatten, so hätten sie sich auch jetzt weiter in den unteren Räumen sanitär versorgen können. Aber angeblich ging das nicht über die Treppe, auch hätte der Speisenaufzug in der Zeit der Mittagsruhe gestört (wenn der Speiseraum unten ist, braucht man gar keinen Aufzug). Wieder erhielt der Kindergarten Recht und war zu keinerlei Kompromiß (auch nicht für eine Übergangszeit) bereit.

Das Jahr 1987 verging fast ohne Fortschritt. Ursprünglich sollte alles im September 1987 schon abgeschlossen sein. Jetzt war nicht einmal der Klempner da. Angeblich lag es an den Waschbecken. Als wir diese besorgt hatten, fehlten die Spülkästen. Die Klempner zogen ab, ohne das zu machen, was sie hätten machen können (die WC hätten notfalls auch ohne Spülkästen funktioniert).

Inzwischen aber stellte sich der Chor auf die Hinterbeine. In dem niedrigen Raum des Pfarrhauses wäre die Akustik zum Singen mit dem Chor ungeeignet (daran hatte halt keiner gedacht). Der Chor verhandelte mit dem Kindergarten unter Einschaltung des Kirchenvorstandes. Weil der Chor gedroht hatte, er werde sonst seine Tätigkeit einstellen, wurde ihm das Üben im Unterrichtsraum gestattet. Es wurde lange geredet, ein Protokoll gemacht, der Flügel wieder nach hinten geschafft, beim Chor lief es wieder.

Ohne zu fragen wurde vom Kindergarten der Schrank mit den Arbeitsmaterialien für den Unterricht in den Flur gestellt. Zwei Kindergärtnerinnen empfingen danach Ursel, um ihre Reaktion zu erleben. Die eine wurde sogar extra noch gerufen und sagte: „Wenn der Schrank wieder in den Raum kommt, beschwere ich mich als Mutter!“ Doch Ursel sagte nichts dazu. Ihre Arbeit wurde zwar wieder etwas umständlicher und jeder konnte sich an dem Schrank bedienen, aber es wurde geschluckt.

Im Januar und Februar 1988 war mehrfach der zuletzt für die Christenlehre genutzte Raum völlig überheizt: Über 30 Kinder mußten bei 25 und 24 Grad trotz geöffneter Fenster aushalten. Wenn man aber die Fenster aufmachte, riskierte man eine Erkältung Es konnte nicht geklärt werden, wer die beiden Heizkörper aufgedreht hatte, der Hausmeister jedenfalls war es nicht (Damit sollte gesagt werden, daß es der Kindergarten war). Zeitweise mußte Ursel den Raum schon vor dem Unterricht wischen. Auch die Vorhänge hat sie gewaschen. Die Tische sind oft nicht abgewischt. Nach dem Unterricht hat sie sowieso immer schon gekehrt, weil der Raum ja anschließend gleich wieder genutzt wird. Neuerdings wird verlangt, daß der Raum schon ab 17.30 Uhr für das Abendbrot der Rüstzeiten zur Verfügung steht. Sie müßte also um 17.15 Uhr schließen, beginnt aber die letzte Stunde um 17 Uhr.

In der Kirchenvorstandssitzung - so war jetzt zu erfahren - hat einer gemeint, der Brief sei doch erledigt, Frau Heckert mache ja die Christenlehre weiter. Aber der Dekan wußte, daß inzwischen Herr Nothnagel angerufen hat und gesagt hat, daß sie doch nicht die Christenlehre macht. Ich rief am nächsten Tag Herrn Nothnagel an. Er redete sich heraus: Er habe Herrn Reumschüssel beauftragt, zusammen mit den Kirchenvätern mit meiner Frau und mir zu reden. Ich sagte dazu: „Die Sache wurde doch so dringlich gemacht, da hätte sich wenigstens ein Zwischenbescheid gehört (wir haben uns ja inzwischen persönlich gesehen).“ Am 28. Februar wurde Ursel versprochen, die Sache werde geklärt, deshalb hat sie weitergemacht. Aber dann hätte auch schnellstens etwas geschehen müssen. Es geht nicht, daß der Kleinkrieg weitergeht, jeder denkt, er könne das Maul aufreißen und selbständig etwas verändern. Auch das ist natürlich keine Antwort, Ursel solle doch mit den Kindern in das Pfarrhaus gehen (da wäre das Privathaus besser geeignet, da ist wenigstens Heizung). So wie mit dem Chor muß auch mit allen Beteiligten ein Protokoll ausgehandelt werden und notfalls vom Kirchenvorstand entschieden werden.

 

Auch der Kindergottesdienst ist schon in Schwierigkeiten geraten. Erst wollte Pfarrer Peters, daß er parallel zum Gottesdienst der Gemeinde stattfinden sollte, aber selber nichts dazu tun. Das konnte nach langer Diskussion abgewehrt werden, weil 11.15 Uhr wirklich die günstigste Zeit ist. Doch neuerdings wird ein pünktlicher Anfang unmöglich gemacht, weil Herr Peters den Gottesdienst zu sehr ausdehnt. Während ich selbst bei einem Abendmahlsgottesdienst um 11 Uhr fertig bin, macht er bei solchen Gelegenheiten extra lang. Am 1. Advent war Abendmahl, am 2. Advent Einführung einer Kindergärtnerin, jedesmal dauerte der Gottesdienst über 11.15 Uhr hinaus. Ursel dirigierte die Kinder dann überstürzt in die Baracke um, die aber ungeheizt war und nicht hergerichtet (Bücher fehlten, usw.).

Nachdem ich aber etwas zu Herrn Peters sagte, machte er am 24. Januar auch bei einem gewöhnlichen Gottesdienst länger; ausgerechnet wurde auch noch ein längeres Nachspiel gewählt. Ursel ließ dann die Kinder vorzeitig in die Kirche, als der Gottesdienst noch lief, weil draußen miserables Wetter war.

Nur einmal in 20. Jahren hatte sie Gelegenheit, vor dem Kirchenvorstand zu reden. Aber das war auch mehr ein Verhör als eine Möglichkeit zur Selbstdarstellung. Vorausgegangen war nämlich die Frage der Kirchenkassenangestellten bei der Lohnzahlung: „Was machen Sie eigentlich?“ So mußte sie vor dem Kirchenvorstand darstellen, was alles zu ihrem Arbeitsbereich gehört. Wenn dagegen ein Kindergartenthema aufkommt, fragt Frau Jäger immer: „Warum ist die Kindergartenleiterin nicht eingeladen worden?“ Das sagt sie auch, wenn es nur darum geht‚ daß erst einmal der Kirchenvorstand sich über eine Sache klar wird.

Als man im Kindergarten drohte: „Wir machen zu!“ wurde etwas unternommen, wurden Räume zur Verfügung gestellt und mehr Leute angestellt. Als der Chor drohte: „Wir singen nicht mehr!“ durfte er wieder in einen Raum des Gemeindehauses. Es wurde aber gleich gesagt: „Nur der Chor, nicht die Christenlehre“ (als ob es nur um die ginge!). Offenbar wird man nur gehört, wenn man mit Streik droht (so ist es ja auch in der Küche).

Aber mir ist das zuwider, weil ich ja denke, jeder sollte um der gemeinsamen Sache willen nachgeben. Man kann nicht immer nur von den gleichen ein Opfer und das Inkaufnehmen von Schwierigkeiten verlangen unter Hinweis auf den Verkündigungsauftrag. Wenn ein Arbeitsbereich immer mehr eingeschränkt wird, entsteht der Eindruck, er sei nicht wichtig und, man könne ihn ruhig noch mehr einschränken.

Offenbar sieht sich auch besonders der Kindergarten in einer Oppositionsrolle zur Christenlehre. Seit einigen Wochen steht ein Kinderwagen im unteren Flur und versperrt den Fluchtweg. Früher hat er dort gestanden, wo jetzt der „Christenlehre-Schrank“ steht. Offenbar soll sich jemand über den Kinderwagen beschweren, damit man sagen kann: Am Platz für den Wagen steht ja der Schrank. In die Garage kann man ihn ja auch nicht stellen, weil da Herr Hey sein Auto drin hat und der Rest von Künzels zugestellt ist. Dabei könnte der Wagen auch in einen leerstehenden Kindergartenraum (zumindest am Nachmittag) oder in den Keller kommen.

Am 25. Januar sprach Herr Reumschüssel Ursel an, weil sie gesagt hatte, sie werde kündigen. Aber seine Meinung war, es sei doch alles nicht so schlimm, sie werde doch in ihrer Arbeit nicht behindert. Und die Schränke sollten doch nur vorübergehend in die Baracke kommen. Aber das ist natürlich nicht die wahre Absicht‚ denn wenn. es zwei Jahre so ging, dann braucht man nicht wegen vielleicht zwei Monaten es noch anders zu machen‚ zumal der Chorleiter das überhaupt nicht wünscht. Er hat bisher verhindert, daß es doch geschieht. Aber ob es damit ausgestanden ist? Ursel hat nur weiter gemacht, weil man versprochen hat, eine Änderung herbeizuführen.

 

Versuche zum Betrug

In einem Gespräch am 15. April 1988 mit Herrn Nothnagel und Herrn M. wollte Herr Nothnagel nicht, daß weiter behauptet werde, er habe mich als „Saboteur“ bezeichnet. Ich sagte dazu: „Das haben Sie nicht gesagt. Aber sie haben gesagt: Das grenzt an Sabotage! Das war, nachdem Sie vorher schon vom Kantor wußten, daß er es nicht war und nach Lage der Dinge nur ich in Frage kommen konnte.“ Es war mir passiert, daß ich die Heizung nicht ausgeschaltet hatte. Dadurch wurden die Parkettplatten so heiß, daß sie an einigen Stellen verschmorten.

Offenbar ist der leichte Schaden am Fußboden der Baracke das größte Problem in der Gemeinde, denn in jeder Kirchenvorstandssitzung und Besprechung kommt es vor. Im April 1988 wurde das in der Kirchenvorstandssitzung noch einmal behandelt. Herr Reum­schüssel wollte angeben, er habe den Fehler gemacht und das in seinem Namen an die Versicherung melden. Der Versicherungsvertreter sagte, wir könnten angeben, daß eine offene Flamme entstanden sei, dann würde die Versicherung eintreten. Das war überhaupt die typisch DDR-Einstellung: Möglichst viel von dem großen Kuchen in die eigene Tasche kriegen. Ich sollte dazu falsche Angaben machen, aber das habe ich natürlich nicht gemacht. Ich habe dann den Fußboden mit gefärbtem Parkettlack für 29 Mark wieder gestrichen und es war wieder gut.

Im Herbst 1986 wurde die Reparatur der Friedhofskirche beendet. Die Kirchenvorsteher wollten, daß ich 300 freiwillige Aufbaustunden an die Denkmalpflege melde, damit wir höhere Zuschüsse erhalten. Es waren aber nur 30 Stunden geleistet worden, ein großer Teil noch von mir, denn ich bin zum Beispiel auf das Gerüst geklettert und habe das oben am Turm umlaufende Holzband noch gestrichen. Auch hier habe ich mich geweigert, falsche Angaben zu machen.

 

In einem Gespräch am 15. April 1988 mit Herrn Nothnagel und Herrn M. meinte Herr Nothnagel, die Talsohle der Schwierigkeiten im Kirchenvorstand sei noch nicht erreicht. Ich sagte ihm: „Wenn wir eine ruhige Kirchenvorstandssitzung vorführen wollen, dann müssen wir andere Sitzungen machen, wo auch Kritik geübt werden kann, ohne den Dekan. Aber ich habe den Eindruck, daß die Kirchenvorsteher gar nicht mitreden wollen. Ihnen ist es lieber, wenn andere entscheiden und es keine Auseinandersetzungen gibt und sie nicht Stellung beziehen müssen!“ Herr Nothnagel meinte auch, ich sähe die Haltung des Dekans falsch, er habe mich immer in Schutz genommen. Da verwies ich auf die letzte Synode, wo er nicht an sich halten konnte und die Bemerkung losließ: „Herr Pfarrer Heckert wird vielleicht auch bald wieder zuhören, wenn er mit seinem Buch fertig ist!“ Da hätte er ja auch Herrn Recknagel aus Unterschönau ansprechen können, der zu diesem Zeitpunkt gerade schlief. Wer hier eine Kampagne gegen wen führt, wurde jedenfalls auf der Synode deutlich. Ich war über den Gang der Verhandlung gut informiert. Ich habe nur gelesen, wenn Sachen dran kamen, die ich längst kannte oder wo sowieso niemand mitreden kann.

 

 

 

Beiträge von Frau Eva Marr im Gottesdienst

Im Gottesdienst hatte ich die Zahnärztin Eva Marr aus Herges im Rahmen der Abkündigungen einen kurzen Beitrag zum Thema „Umweltschutz“ machen lassen. Der Dekan meinte in einem Telefongespräch am 23. April 1988, Frau Marr habe so eigenartige Ansichten, sie wolle, daß in der Kirche nur noch über Umwelt gesprochen wird. In der Steinbacher Situation hätte man da vorher vorfühlen müssen. Doch so eine Reaktion war nicht zu ahnen, denn ich habe schon oft zu Umweltfragen Stellung genommen, sogar einen ganzen Gemeindetag dazu gemacht. Bisher hat niemand daran Anstoß genommen, daß Laien im Gottesdienst mitwirken. Und wenn gelegentlich ein kurzer Beitrag zu dem Thema gegeben wird, wird die Verkündigung nicht verkürzt. Aber offenbar geht es gar nicht um die Sache, sondern um die Person. Frau Marr war ja auch schon beim Dekan und bei anderen Pfarrern. Ihr Leserbrief an „Glaube und Heimat“ wurde als Kritik empfunden, obwohl sie ihn gar nicht veröffentlicht haben wollte.

Ein Hauptanliegen des Gesprächs am 15. April 1988 mit Herrn Nothnagel und Herrn M. war gleich am Anfang das Auftreten von Frau Marr im Gottesdienst. Sie hatte einen etwa fünf minütigen Beitrag im Rahmen der Abkündigungen zum Thema „Umweltschutz und Kirche“ gegeben. Das habe nicht zum Charakter des Palmsonntags gepaßt, auch die Ausgabe des entsprechenden Gemeindebriefes an Karfreitag habe nicht zum Charakter dieses Tages gepaßt (!). Ich vertrat den Standpunkt, daß für den Inhalt des Gottesdienstes der Pfarrer verantwortlich ist.

Aber angeblich haben sich mehrere Kirchenvorsteher beschwert (es waren nur zwei da!). Auch ist es wieder so, daß man mich nicht vorher gefragt hat, sondern es gleich vor den Kirchenvorstand brachte. Das ist eine Unsitte, die ich schon lange gerügt habe. Manche Diskussion könnte man sich ersparen, wenn zunächst die Tatsachen festgestellt werden. Danach kann man ja immer noch vor den Kirchenvorstand gehen, wenn man die Sache so nicht klären kann. Da habe ich also einmal in der Sitzung gefehlt und es hätte einmal Ruhe sein können.  Nun wurde erst recht über mich geredet, vielfach in unsachlicher Weise.

Auch in der Kirchenvorstandssitzung am 18. Mai 1988 ging es um das Auftreten von Frau Marr im Gottesdienst am Palmsonntag und das Thema „Umwelt“. Vom Kirchenvorstand waren von den anwesenden Mitgliedern bei dem Gottesdienst nur Herr R. und Frau HM. dabei. Deshalb las ich den vorgetragenen Text vor. Er fängt an mit einem Bibelzitat und endet mit einem Zitat aus einem Synodenbeschluß. Was dazwischen stand, ist anderswo genauso gesagt worden und hätte auch von mir so gesagt werden können.

Dennoch sagte Herr Reumschüssel: „Das ist eine weltliche Sache, die auch von der Partei verfolgt wird. Das ist die ‚grüne Welle‘, die in der Kirche nichts zu suchen hat, erst recht nicht an Karfreitag!“ Herr Nothnagel sagte: „Der Kirchenvorstand müßte über so etwas informiert werden. Soll hier das Hausrecht des Kirchenvorstandes für eine Dreiviertelstunde außer Kraft gesetzt werden? Alle Dinge unterstehen der Verantwortung des Kirchenvorstandes. Bei Frau Marr handelt es sich nicht um ein Mitglied der Kirche. Sie sucht nur ein Podium. Dabei spricht sie dann zu Leuten, die wegen etwas anderem gekommen sind. Es ist nicht zweckmäßig, wenn Auswärtige genommen werden. Nur Steinbacher dürfen hier mitwirken. Den Gemeindebrief an Karfreitag auszugeben ist nicht sinnvoll, weil dadurch auf anderes abgelenkt wird!“ (Mit dem Kirchenvorstand hat er wohl nur sich selber gemeint).

Ich wies darauf hin, daß ich in den Abkündigungen schon öfter Dinge aufgegriffen habe, die nichts mit dem Thema des Gottesdienstes zu tun haben; deshalb gehört das ja in die Abkündigungen. Ich wies darauf hin, daß die Aufforderung zum freiwilligen Verzicht sehr gut zur Fastenzeit paßt. Aber das wurde nicht gehört.

 

Der Kontakt zu Frau Marr war entstanden, weil sie einen Leserbrief in „Glaube und Heimat“ veröffentlicht hatte. Über die Kirchenzeitung erhielt ich ihre Anschrift und bekundete mein Interesse, an einer Arbeitsgruppe mitzuarbeiten. Wegen Frau Eva Marr werde ich einen entsprechenden Antrag im Kirchenvorstand stellen. Meine Beweggründe waren: Ich halte dieses Thema schon immer für wichtig, überall in der Kirche wird es diskutiert. Ich war froh, daß sich einmal ein Laie meldet und auch etwas zu diesem Problem sagen will. Ich sah darin eine Belebung des Gottesdienstes. Der Text des fünfminütigen Beitrags gibt im Wesentlichen kirchliche Verlautbarungen zum Thema wieder und sprengt deshalb den Rahmen der Abkündigungen im Gottesdienst nicht. Eine Aufforderung zum Verzicht paßt durchaus zur Fastenzeit.

Dekan Schreiber sagte: „An der Reaktion der Gemeindeglieder kann mal ablesen, daß sie den Beitrag politisch verstanden haben. Man hätte in der Predigt schon einen Hinweis geben müssen: Das Thema ist heute dran. Uns fällt es noch schwer, uns darauf einzustellen und es ist nicht als ein politisches Thema zu verstehen. Sonst haben wir ja gerne eine Bereicherung des Gottesdienstes und gestalten ihn auch um. Wenn es aber ohne Einführung kommt, ist so ein Stück eine kalte Dusche. Frau Marr war ja mit ihrem Mann bei mir in Floh. Sie hat sich beschwert, daß sie so wenig anerkannt ist. An einem Gespräch in einem Gemeindekreis hat sie kein Interesse. Wenn so jemand wie Frau Marr zu Wort kommen will, muß das vorher mitgeteilt werden. Hier handelt es sich nicht um eine normale Belebung des Gottesdienstes, sondern ausschlaggebend ist: Wie ist es angekommen?“

Ich bezweifelte, ob einzelne Stimmen schon die Gemeinde repräsentieren. Aber es wurde eifrig behauptet, so dächten „alle“. Ich sagte dazu: „Ich habe es jemand von außerhalb gesagt. Der meinte nur: Hängt das nur nicht an die große Glocke, ihr macht euch ja lächerlich, anderswo ist das selbstverständlich!“

Allerdings sagte der Dekan auch: „Es handelt sich nicht um ein politisches Thema. Die Politiker tun ja gerade nicht genug, da muß es die Kirche tun. Man kann es aber den Leuten nicht ‚vor den Latz knallen‘, sondern sagen: Wir haben da Nachholbedarf. Es muß in den Zusam­menhang gestellt werden, sonst ist es eine Störung.“

Dann wurde das Verhältnis von Frau Marr zur Kirche diskutiert. Herr Nothnagel hatte ja behauptet, sie gehöre gar nicht zur Kirche. Herr Schreiber behauptete, sie gehöre zu den Baptisten und verbesserte sich dann „zu den Methodisten“. Frau Jäger jedoch, die in Herges-Hallenberg die Kirchensteuer bearbeitet, konnte sagen, daß sowohl Frau Marr als auch Herr Marr in unsrer Kirche die Kirchensteuer bezahlen. Da wußte der Dekan nichts anderes mehr zu sagen als: „Sie geht aber nur zu den Methodisten in den Gottesdienst!“ Das tut aber in Herges mancher von unsrer Kirche. Und ein Wunder ist es nicht, wenn sie von dort mehr Unterstützung erfährt.

Es kam dann heraus, daß schon bei dem Treffen in Berlin über Frau Marr gesprochen wurde. Der Dekan: „Alle Pfarrer wissen über sie Bescheid!“ Ich konnte ruhigen Gewissens sagen, daß ich diesen ganzen Hintergrund nicht gekannt habe (das in Berlin war keine Pfarrkonferenz). Ich habe etwa eine Stunde mit ihr gesprochen und das sehr gut gefunden‚ was sie gesagt hat. Es wurde mir auch gesagt, daß man keinen Anstoß genommen hätte, wenn  i c h es gesagt hätte, höchstens daran, daß es an so einem Sonntag war. Da konterte ich: „Wenn dieser Sonntag so wichtig ist, warum sind Sie denn da nicht alle gekommen?“

Der Dekan sagte: „Frau Marr ist nicht irgendwer. Ich rede hier von jemand, den ich kenne. Nach Lage der Dinge ist es wohl das Beste‚ mit Frau Marr einen Termin für einen Gesprächsabend zu vereinbaren, zu dem der ganze Kirchenvorstand eingeladen wird. Der Gesprächsabend fand am 25. Mai statt. Vom Kirchenvorstand kamen dazu aber nur Herr Reumschüssel und Herr Kauffmann aus Altersbach.

Von diesem Gesamtbild her fällt auch ein Licht auf andere Vorgänge: Der Dekan war strikt gegen jede Art von Umweltgruppe, weil die staatlichen Stellen (bzw. die Stasi) ihm deutlich gemacht hatten, daß sie so etwas nicht duldeten. Deshalb war er auch gegen Frau Marr und daß sie etwas in der Kirchengemeinde Steinbach-Hallenberg tut. Die bestehende Umweltgruppe in Schmal­kalden genügte ihm schon, sie werde vom Staat nicht gern gesehen. Für mich dagegen ging es um ein echtes Umwelt-Engage­ment, das ich für die Pflicht eines jeden Christenmenschen hielt, das etwas mit Bewahrung der Schöpfung zu tun hatte. Auch für Frau Marr ging es wirklich nur um die Umwelt. Sie organisierte zum Beispiel, daß ein Stück Wald in Bermbach aufgeforstet wurde. Sie hatte keine politischen Absichten, es ging nicht darum, einen Ausreiseantrag zu unterstützen. Aber den Pfarrern ging es nur darum, dem Staat zuliebe jeden Ansatz zu einer neuen Umweltgruppe zu ersticken, weil man diese Gruppen (nicht zu Unrecht) als Sammelbecken für Gegner des Staates ansah.

Frau Marr war natürlich Mitglied der Kirche, kam öfter zum Gottesdienst und schließlich stellte sich heraus, daß sie in Viernau drei Klassen Christenlehre erteilt. Aber ich hatte einer „Atheistin“ die Kirche geöffnet! Sie wollte auch nicht nur die vollen Kirche, sondern kam auch zum Kleinkreis.

 

In der Kirchenvorstandssitzung am 13. Juni mußte ich wieder von mir aus das Thema Frau Marr anschneiden. Ich drängte auf eine Entscheidung und sagte, ich wolle am 19. Juni wiederum einen Beitrag verlesen lassen. Herr R. sprach sich wieder dagegen aus, Herr Nothnagel hatte es nur vom Hausrecht des Kirchenvorstandes. Der Dekan war vorsichtig und betonte, es sei eine wichtige Sache. Aber Frau Marr sei wohl nicht die Richtige, sie zu vertreten, er kenne sie und wisse, wer sie ist. Wenn ihr erlaubt werde, im Gottesdienst zu reden, dann werde er die Auflage erteilen, daß es in der Predigt vorbereitet werde.

Der Dekan sagte weiter, es sei wichtiger, erst einmal eine Reihe von Gemeindeabenden zu halten und die Gemeinde an diese Gedanken zu gewöhnen. Ich verwies darauf, daß das an Gemeindetag, Konfirmandenrüstzeit, Familiengottesdiensten usw. schon geschehen sei. Doch die Rede war immer nur davon, der - Gemeinde sei ein „Schock“ versetzt worden (das Wort hat der Dekan eingeführt). Herr Nothnagel schlug sogar vor, Frau Marr solle sich an die Zeitung oder die Partei wenden. Herr Reumschüssel befürchtete, die Leute liefen noch mehr aus dem Gottesdienst weg, dann kämen höchstens nur noch 30 Leute. Jedenfalls sprach sich bei der Abstimmung niemand dafür aus, 6 waren dagegen (darunter auch Herr Peters)‚ die große Masse enthielt sich. Zumindest kann man nicht sagen: Der ganze Kirchenvorstand war dagegen.

 

 

Weitere Probleme

Ausgabeanweisungen:

In einem Telefongespräch mit Dekan Schreiber am 23. April 1988 ging es auch um die Andeutungen, die Herr HC. in der Kirchenvorstandssitzung gemacht hatte, als hätte ich dunkle Sachen betrieben und hätte schon oft zahlen müssen, weil ich ohne Beschluß eine Zahlung veranlaßt hätte. Dazu sagte der Dekan, er könnte sich nicht vorstellen, daß ich nicht auch einmal Geld angewiesen hätte, das nicht beschlossen war! Was soll man dazu sagen? Wenn unbesehen solche Behauptungen noch verstärkt werden, dann muß man sich dagegen zur Wehr setzen. Ich sagte: „Es könnte mir unterlaufen sein, dann möchte ich es wissen. Aber Sie wissen selber, daß ich die Liste der Bau-Arbeiten zum Beispiel vom Kirchenvorstand habe unterschreiben lassen und vom Dekanatssynodalvorstand genehmigen lassen, erst dann wurde etwas unternommen.“

Ich fragte, ob die Genehmigung durch den Dekanatssynodalvorstand denn jetzt wegfalle. „Das könne er nicht so ohne weiteres sagen!“ sagte der Dekan. Aber jedenfalls sind die 30 Stühle, die Herr Nothnagel gekauft hat, nicht vom Dekanatssynodalvorstand genehmigt worden. In der Sitzung wurde nur gesagt: „Darüber ist schon einmal mit den Kirchenvätern gesprochen worden, da braucht doch jetzt nicht noch einmal darüber gesprochen werden und auch nichts protokolliert werden“. Es wurde der Eindruck erweckt, als würden die Stühle erst gekauft, obwohl sie längst da waren.

Es wurde in der Kirchenvorstandssitzung nicht gesagt, wozu die Stühle gekauft worden waren. Für das Rüstzeitenheim können sie nicht sein, denn diese sind längst beschlossen (wenn auch noch nicht verwirklicht). Für die Küchen sind Klappstühle ungeeignet. Im Gemeindehaus sind 80 Stühle, die bisher für alles gereicht haben (Goldene Konfirmation, Kindergartenfeste). Es ist sogar kein Lagerplatz vorhanden für Stühle, die in der Regel nicht gebraucht werden. Aber sie wurden von Herrn Nothnagel gekauft ohne Beschluß des Kirchenvorstandes und des Dekanatsynodalvorstandes, und zwar gekauft beim Parteifreund Möbel König. Der Kantor nutzt sie jetzt als Gartenstühle.

 

Bei der falschen Lohnberechnung beharrte Herr Schreiber darauf: „Aber richtig gerechnet war doch, nur die Ausgangssumme stimmte eben nicht!“ Ich sagte dazu: „In der Schule ist die ganze Aufgabe falsch, wenn die Ausgangswerte nicht stimmten. Aber hier geht es ja um mehr, hier muß es dem Finanzamt gegenüber stimmen. Leider ist das aber jetzt im Krankheitsfall wirklich falsch gemacht worden. Das gibt es nicht, daß ein Angestellter im Krankheitsfall mehr Geld kriegt als sonst!“ Herr Schreiber aber behauptete, er hätte schon gesagt, daß Ursel sich zuerst an Herrn Nothnagel gewandt hat. Nur kann sich niemand daran erinnern. Und in der Pfarrkonferenz hat er auch nur Auszüge verlesen, nicht aber den Schluß des Briefs

 

Kritik am Gottesdienst:

In der Sitzung am 13. Juni 1988

wurde nur Kritik am Gottesdienst geübt, an beiden Pfarrer (der eine sprach zu schnell und der andere zu langsam), aber zunächst an dem zu schnellen Orgelspiel in Rotterode. Gespielt hat eine Orgelschülerin, die aus Lampenfieber zu schnell spielte. An sich war die Melodie nicht zu schnell, aber es fehlte eine Pause nach der Strophe und eine ganz kleine Pause zwischen den Zeilen, so daß man nur schwer Luft holen konnte. Doch weshalb wird diese Kritik gleich in der Sitzung geäußert? Es hätte doch auch genügt, nach dem Gottesdienst mit dem Pfarrer zu reden und der hätte es dann dem Kantor sagen können. Der Pfarrer hat es ihr auch schon auf dem Weg zwischen Altersbach und Rotterode gesagt. Der Kantor hat es den Schülern in der Ausbildung auch immer wieder gesagt. Das kann sich aber erst mit der Zeit geben.

Der Kirchenvorsteher,  um dessen Tochter es sich handelte, war in der Sitzung nicht anwesend. Aber vielleicht erfährt er auch so, daß man seine Tochter vor dem Kirchenvorstand kritisiert hat. Dann besteht die Gefahr, daß sie es nicht mehr macht. Solche Kritik kann nur über den Ausbilder erfolgen. Frau D. hat es sicher gut gemeint. Aber wenn man sie nun kritisiert, wird sie es vielleicht auch übelnehmen. Der gleiche Zweck wird auch durch Kritik unter vier Augen genauso erreicht. Im Kirchenvorstand sollte einmal darüber gesprochen werden, daß man Kritik erst einmal bei dem Betreffenden anbringt. In den meisten Fällen hat sie sich damit erledigt. Und wem man zu keiner Übereinkunft kommt oder die Sache wirklich von allgemeinem Interesse ist, sollte sie vor den Kirchenvorstand kommen. Ansonsten sollte man immer erst fragen: „Ist das mit dem Betreffenden schon besprochen?“

Es könnte viel gebessert werden, wenn man Kritik erst einmal mit dem Betreffender bespricht. Dann ist er nicht überrascht und geht nicht gleich in die Verteidigungsstellung. Wenn er sich plötzlich angegriffen fühlt, reagiert er aggressiver. Wenn er aber Zeit hat, die Sache zu durchdenken und sich auch Gegenargumente überlegen kann und eventuell Unterlagen mitbringen kann, wird er die Sache gefaßter durchstehen.

 

Dienstbesprechungen:

Das gilt auch für Dienstbesprechungen im Gemeindehaus. Die Zwischenschaltung zweier Kirchenältester zwischen Gemeindeleitung und Angestellten hat hier auch ihre Nachteile. Jede Kritik hat sofort eine Breitenwirkung. Wenn es Probleme im Pfarrhaus gibt, braucht das der Kindergarten nicht zu wissen und umgekehrt. Jedes kleine Problemchen wird nur unnötig breitgetreten. Wenn man mit dem Betreffenden direkt spricht, ist die Sache meist sofort ohne Verärgerung aus der Welt geschafft. Die Zwischenschaltung zweier Kirchenältesten (nicht des Vorsitzender des Kirchenvorstandes) war angeblich erforderlich, weil nicht im richtigen Ton mit den Angestellten gesprochen worden ist. Aber einerseits wird jetzt mit den Angestellten dankenswerterweise sehr viel rabiater gesprochen. Andererseits wäre es umgekehrt auch erforderlich, daß zwischen den Vorsitzenden des Kirchenvorstandes und die Angestellten der geschäftsführende Pfarrer als deren Vorgesetzter zwischengeschaltet wird.

Schon in der Kirchenvorstandssitzung im April 1988 wurde ich gefragt, weshalb ich nicht zu den Dienstbesprechungen komme. Ich sagte: „Dort werden Lappalien verhandelt, die man auch im Haus unter sich besprechen kann. Ich kann nichts sagen, weil alles gleich breitgetreten wird. Die problematischen Dinge kommen nicht auf den Tisch, da wird dennoch hinten­herum geredet. So wurden viele Gespräche geführt. Danach war dann auch alles klar. Aber zwei Tage später wurde wieder alles in Frage gestellt, weil inzwischen wieder Frau Jäger gehetzt hatte.

Daß Ursels Brief vermeidbar gewesen wäre, wenn sie gekommen wäre, stimmt nicht. Es hat niemand in der Besprechung etwas gesagt, daß er etwas verändern will bei der Nutzung der Räume, es wurde einfach gehandelt. Wer etwas ändern will, muß aber vorher etwas sagen, nicht warten, bis sich einer beschwert. Meine Frau hat sich ja beschwert bei Frau Holland-Cunz und bei Herrn Reumschüssel. Aber die Antwort war nur: „Was wollen Sie denn, Sie haben doch Platz, sie brauchen sich doch nicht zu beschweren!“ Und das, nachdem alle Räume vom Kindergarten belegt waren.

 

Das Protollbuch:

In einem Telefongespräch mit Dekan Schreiber am 13. Mai 1988 fragte ich wegen des Aufbewahrungsorts für das Protokollbuch des Kirchenvorstandes. Ich hatte Herrn Nothnagel schon mehrfach gebeten, es wie bisher üblich auf der Kirchenkasse aufzuheben. Auch Herr Peters hat auf meine Bitte mit Herrn Nothnagel deswegen gesprochen. Der Dekan meinte, es sei ja nicht seine Werkstatt, sondern sein Büro, das sei auch so etwas wie ein „Amtszimmer“. In Wirklichkeit ist das Buch in einer Aktentasche in seiner Werkstatt, wo jedes Familienmitglied Zugang hat (ob man tatsächlich drangeht, spielt keine Rolle).

Herr Nothnagel hat einseitig an dem bestehenden Zustand etwas verändert: Das Protokollbuch hat immer auf der Kirchenkasse gestanden und war dort für jeden Berechtigten zugänglich. Herr Nothnagel meint, das Protokollbuch sei Eigentum des Kirchenvorstandes und dürfe nur in die Hände eines Kirchenvorsehers. Doch verantwortlich dafür ist der geschäftsführende Pfarrer, bei jeder Pfarraasübergabe wird das Protokollbuch vermerkt. Es enthält keine Ge­heimnisse. Früher war der Verwaltungsleiter bei allen Sitzungen anwesend, wir hatten sogar eine Verwaltungsleiterin, die Mitglied des Kirchenvorstandes war.

Ich sagte zum Dekan: „Das ist ein Dokument wie ein Taufregister auch, es gehört nicht in ein Privathaus!“Er meinte jedoch, Herr Nothnagel sei kein Privatmann. Er wollte sich aber nicht festlegen. In Floh jedenfalls befindet sich das Protokollbuch auch im Pfarramt.

Herr Nothnagel sagt, er brauche das Buch immer, um die Tagesordnung für die Sitzung aufzustellen. Es sei ihm nicht zuzumuten, dazu auf die Kirchenkasse zu gehen (sein Weg ist kürzer als der der Pfarrer). Doch es war ja schon so, daß ich in der Sitzung darauf hinweisen mußte, daß in der letzten Sitzung vereinbart war, daß bestimmte Dinge in der folgenden Sitzung noch beschlossen werden sollten (obwohl ich bei der vorhergehenden Sitzung gar nicht dabei war, ich wußte es eben aus dem Protokoll). Wenn etwas noch zu klären ist, dann muß man gleich nach der Sitzung etwas einleiten. Das sind die Aufgaben des Vorsitzenden‚ da sollte er sich hineinknien, nicht nur die Kontrolle der Mitarbeiter.

Als ich es einmal wegen Altersbach etwas nachsehen wollte, mußte ich viermal hinlaufen, bis ich einen antraf, um dann zu erfahren, daß es bei Herrn Holland-Cunz war (er hatte es auf dem Wohnzimmerschrank). Als Frau Löwe gestorben war und ich dringend nachsehen mußte, wie lange sie dem Kirchenvorstand angehört hat (wegen der Kranzbestellung), gelang es immerhin schon beim zweiten Mal. Das Buch lag dann noch einige Zeit bei mir, weil ich die Daten auch für die anderen Mitglieder und ehemaligen Mitglieder herausgesucht habe, damit es mir nicht wieder so geht. Ich sagte dazu noch: „Das können die sich in Eisenach nicht vorstellen, wenn sie über Laienvorsitz beraten, daß solche Probleme auftauchen!“

 

Teilnahme bzw. Nichtteilnahme an den Sitzungen

In einem Brief vom 25. April 1988 warf mir der Dekan vor, ich hätte nicht an Kirchenvorstandssitzungen und Dienstbesprechungen teilgenommen. Er schrieb: „Die Sitzung davor am 29. Februar 1988 verließen Sie nach zehn Minuten. Auch hier reicht die im Hinausgehen gesagte Begründung: ‚Ich fühle mich persönlich angegriffen!‘ nicht aus!“ Da zitiert er natürlich falsch. Ich hatte gesagt: „Über meinen Antrag muß der Kirchenvorstand ohne mich verhandeln, weil ich am Gegenstand der Verhandlung persönlich beteiligt bin!“ Wenn es wirklich so gewesen wäre, wie der Dekan sagte, dann wäre das eine Verfehlung im Amt gewesen, die sofort eine Klärung durch den anwesenden Dekan erfordert hätte und auch Maßnahmen nach sich gezogen hätte, wenn er zu Recht bestünde. Solche Dinge kann man nicht nur so dahinsagen, oder wenn es passiert ist, dann nimmt man es wieder zurück oder erläutert, wie es gemeint war.

Weiter mit dem Brief des Dekans: „Leider waren Sie auf der Kirchenvorstandssitzung am 15. April 1988 nicht anwesend. Sie hatten sich zwar beim Vorsitzenden, Herr Nothnagel, entschuldigt mit der Bemerkung, daß eine Angabe von Gründen nicht erforderlich sei. Die ihm dann doch angedeuteten Gründe, die mir Herr Nothnagel nannte, sind nicht ausreichend, Ihr Fehlen zu entschuldigen. Einige Mitglieder des Kirchenvorstandes wollten von Ihnen Aufklärung über das Auftreten von Frau Marr in Ihrem Gottesdienst; dies mußte zurückgestellt werden. Jedoch ist diese Angelegenheit umgehend im Kirchenvorstand zu besprechen!“

Ich antwortete dem Dekan: „Natürlich war ich aus dienstlichen Gründen verhindert, weil der Termin nicht mit mir abgesprochen war, wie es an sich selbstverständlich ist. Die Kirchenvorstandssitzung ist vom Vorsitzenden aus privaten Gründen (Geburtstag der Tochter des Vorsitzenden) auf einen anderen Wochentag gelegt worden, als vom Kirchenvorstand festgelegt. Dadurch kam es bei mir zu einer Kollision mit anderen dienstlichen Verpf1ichtungen. Wenn ich eine stärkere Verpflichtung habe als die anderen Mitglieder, an den Sitzungen teilzunehmen, dann hätte man den Termin mit mir abstimmen müssen. Bisher war jedenfalls der eigene Geburtstag kein Grund für mich, nicht zur Synode oder Pfarrkonferenz zu kommen. Ich nehme an sich solche Dinge sehr genau. Wenn ich in 20 Jahren einmal fehle, müßte das schon einmal gehen. Herr Peters hat auch schon bei Sitzungen gefehlt. Ich habe bei der Entschuldigung beim Vorsitzenden nicht gesagt, eine Entschuldigung sei nicht erforderlich, sondern weil er nachfragte, sagte ich, das sei nicht üblich im Kirchenvorstand, d.h. daß ich die Gründe allein vertrete. Ich kann nur sagen, daß ich in Zukunft die Sache beachten werde!“

Weiter schrieb der Dekan: „Die Dienstbesprechungen, die wegen Ihnen eingeführt wurden, haben Sie in der letzten Zeit unregelmäßig besucht. Zu den angeführten Punkten erwarte ich umgehend Ihre Stellungnahme!“ Ich antwortete: „Die Dienstbesprechungen wurden nicht wegen mir eingeführt, sondern weil die Angestellten sich immer wieder querlegten, auch unter der Leitung von Herrn Nothnagel. Sie sollten dort die Möglichkeit haben, ihre Anliegen regelmäßig vorbringen zu können. Ich wurde dazu nur eingeladen, weil ich damals geschäftsführender Pfarrer war. Im Augenblick nehme ich aber keinerlei Funktionen wahr und kann bei den internen Dingen des Gemeindehauses nicht mitreden. An sich sollte diese Besprechungen vom Verwaltungsleiter durchgeführt werden und nur Fragen des Arbeitsablaufs, Bausachen usw. betreffen. Wenn einmal Dinge besprochen werden sollten, die auch mich betreffen, komme ich natürlich, zum Beispiel wenn über die Probleme bei der Nutzung des Gemeinderaums gesprochen werden soll. Ansonsten aber haben wir eine Dienstbesprechung der Mitarbeiter im Verkündigungsdienst, wo wir unsre Fragen klären (Termine und anderes); da bin ich natürlich dabei. Aber aus anderen Dingen möchte ich mich heraushalten, nichts sagen und auch nicht gefragt werden, um möglichst wenig Gelegenheit zum Anstoß zu geben!“

 

Am 13. Mai 1988 habe ich den Dekan angerufen, um ihm mitzuteilen, daß ich wiederum nicht an der Kirchenvorstandssitzung teilnehmen kann, weil ich da Konfirmandenstunde mit Eltern habe. Der Dekan teilte mir mit, daß er schon einen Brief geschrieben habe, den werde Herr Nothnagel mir persönlich zustellen („Die Gemeindesituation in Steinbach-Hallenberg und das Klima im Kirchenvorstand erfordern dringend eine Aussprache zwischen Ihnen, Mitgliedern des Dekantssynodal­vorstandes und den Kirchenvätern von Steinbach-Hallenberg“).

In dem Brief hat er eine Besprechung mit mir auf Dienstag, den 17. Mai, 20 Uhr, festgesetzt. Ich hielt ihm vor, daß er diesen Termin auch nicht mit mir abgesprochen habe. Antwort: „Wenn ich etwas anderes hätte, dann müßte ich entscheiden, was wichtiger ist!“ Darauf ich: „Wenn ich zum Beispiel Nachfeier der Goldenen Konfirmation habe, dann kann ich nicht 120 Leute sitzen lassen (es waren nachher nur 80 da). Die Nachfeier ist allerdings am Vortag, am Dienstag kann ich. Doch das ist einfach eine Frage der Höflichkeit, daß man mit dem gewünschten Gesprächspartner einen Termin vereinbart!“

Herr Schreiber allerdings sagte: „Der Termin mußte eilig und umgehend festgesetzt werden!“ Vor allem will er über meinen Brief vom 25. April sprechen. Dieser dürfte am 27. April bei ihm gewesen sein. Weshalb unternimmt er in den 14 Tagen nichts, und dann muß es innerhalb von zwei Werktagen gehen?

Wegen der Festsetzung des Termins, ohne mich zu fragen, sagte er: „Sie sind ja so gut wie nie zu erreichen!“ Ich entgegnete: „Haben Sie es denn versucht?“ Er hatte es nicht, aber er meinte, es genüge, weil er es früher einmal versucht habe. Er hat aber schon öfters mich angerufen und mich euch gleich erreicht. Ich habe auch schon Pfarrer H. oder Pfarrer H. fünf­mal angerufen, ehe ich sie erreichte. Um 12.15 Uhr geht es in der Regel. Sonst ist das Telefon mit Herrn Dalberg oder seiner Tochter besetzt. Eine Verbindung ist so möglich wie mit jedem anderen auch.

Aber hier wird deutlich, was da alles im Hintergrund ist: Man hat das nicht verkraftet, daß wir es fertiggebracht haben, ein Haus zu bauen. Deshalb diese Anspielungen, wir sollten Ferienkinder aufnehmen oder wir seien nicht zu erreichen. Aus dieser Sicht war es schon ein Fehler, das Haus zu bauen, weil das viele Neider auf den Plan gerufen hat, unter den Pfarrern und Kirchenvorstehern und Gemeindegliedern; einen Pfarrer steht das halt nicht zu.

Als ich am 11. Mai 1988 von der Konfirmandenrüstzeit zurückkam, lag die Einladung für die Kirchenvorstandssitzung am 18. Mai im Briefkasten. Am 18. Mai kann ich wiederum nicht an der Sitzung teilnehmen, weil ich da Konfirmandenstunde mit Eltern habe. Am Freitag frage ich Herrn Peters, ob der Termin mit ihm abgesprochen sei. Er bejahte das zunächst. Als ich ihn darauf hinwies, daß er doch wissen müßte, daß ich da etwas habe, präzisierte er: „Ich habe Herrn Nothnagel darauf hingewiesen. Doch der hat gesagt, es bleibe jetzt dabei, es sei schon alles fertig!“ (Wahrscheinlich war die Matrize schon geschrieben, aber noch nicht vervielfältigt). Als ich ihn im Januar darauf hinwies, daß der geplante Termin sich mit der Allianz­gebetswoche überschneidet, wurde die Sitzung auch verlegt. In so einer Situation wie gegenwärtig kann man nicht so verfahren. Ich hatte schon nach der letzten. Sitzung darauf hingewiesen, daß man den Wochentag nicht ständig ändern kann; das wurde auch zugesagt. Aber jetzt nimmt man mir die Möglichkeit, an der Sitzung teilzunehmen; fast muß ich eine Absicht vermuten.

 

 „Gedeihliches Zusammenwirken“

Zu einem Gespräch am 17. Mai 1988 beim Dekan waren anwesend die Kirchenväter, Dekan Schreiber, Pfarrer Hoffmann, Herrn Weisheit (Mitglieder des Dekanatssynodalvorstandes). Der Dekan gab den Sinn der Sitzung an: „Wir wollen feststellen, ob ein gedeihliches Miteinander mit dem Kirchenvorstand möglich ist oder was wir dazu tun können, daß es ein gedeihliches Zusam­men­arbeiten gibt (gemeint war: zwischen mir und dem Kirchenvorstand, nicht zwischen Herrn Nothnagel und mir bzw. anderen Mitgliedern und Angestellten). Er wäre schon lange bei den Sitzungen dabei, um den Vorsitzenden zu unterstützen in seinem Amt, das nicht leicht ist, wo zwei Pfarrer am Ort sind, und nach all dem, was vorausgegangen ist. In den letzten Sitzungen sei deutlich geworden, daß seine Anwesenheit nötig gewesen sei.

In der Sitzung des Kirchenvorstandes am 15. April hat der Dekan (!) gefragt, welche Gründe ich habe, nicht zur Kirchenvorstandssitzung zu kommen, weil ein Pfarrer sachliche und stichhaltige Gründe haben muß. Was heißt: „die Gründe vertrete ich allein?“ Es war natürlich unklug, meinen Grund nicht zu nennen, er war dienstlich; aber ich war der Meinung, Herr Nothnagel dürfe mich nicht verhören und dann entscheiden, ob man Grund stichhaltig ist.

Er fragte dann den Kirchenvorstand: „Ist es so, daß man sich nicht. entschuldigt? Ein Geburtstag wäre doch eine Begründung!“ Nothnagel: „Nicht immer werden Gründe genannt! Herr K.: „Manchmal werden Handwerker angegeben!“ Dekan: „Es sollte selbstverständlich sein, daß man etwas sagt; man muß es sich ja nicht genehmigen lassen, das hat der Vorsitzende nicht zu entscheiden. Wenn keine Entschuldigung erfolgte, wenn es nicht so wäre, dann müßte das geändert werden. Es wäre sogar eine Entschuldigung, wenn ein Pfarrer Geburtstag hat!“ Hier wird doch die Sache auf den Kopf gestellt.

Der Dekan fuhr fort: „Es geht darum, weshalb Sie gerade an dieser Sitzung nicht teilgenommen haben. Das lag doch daran, daß Sie die Bedingung gestellt haben: Nur wenn die Sache mit Frau Jäger und Herrn HC. auf die Tagesordnung kommt, komme ich. Die Sache mit Frau Jäger war aber in der Februarsitzung erledigt. Mir liegt ja gerade daran, etwas sagen zu können, da fehle ich doch nicht. Die Vermutung des Dekans war also völlig daneben.

 

Ich erwiderte: „Ich weiß nicht, wo das herkommt. Halten Sie sich doch an das‚ was ich geschrieben habe‚ nicht an das‚ was vermutet wird! Ich habe nach der Februarsitzung noch einmal mit Herrn Nothnagel gesprochen und gesagt: Ich möchte gleich die Sache mit Herrn HC.  für die nächste Sitzung anmelden, das ist für mich nicht erledigt!“ Ich möchte nicht, daß in der Sitzung wieder behauptet wird, ich hätte den Punkt nicht zu Beginn der Sitzung angemeldet. Dabei hatte ich meine drei Wünsche schon am Mittwoch vorher schriftlich eingereicht. Das gab Herr Nothnagel dann auch zu, sagte aber, er hätte sich nicht mehr daran erinnert, da mit dem Punkt „Auskunft über Amtshandlungen“ die Sache mit Frau Jäger gemeint sei.

Herr Nothnagel legte dann keinen Wert mehr darauf, daß das ausdiskutiert wird (aber nachher wurde er deswegen heftig). Herr HC. meinte wie schon so oft „Ich weiß nicht, wo wir hinwollen, da kommt nichts dabei raus, das ist nur Wortklauberei, es ist wenig sinnvoll‚ so weiterzumachen!“

Der Dekan: „Wir müssen eine Basis finden. Aber der Brief stellt die Sache auf den Kopf. Stimmt es denn, daß private Gründe zur Verlegung der Sitzung führten?“ Herr Nothnagel: „Der Geburtstag von Frau Peters und der Geburtstag meiner Tochter; ist das vertretbar?“ Dekan: „Warum nicht!“ Daraufhin fragte ich: „Darf ich dann fehlen - auch aus privaten Gründen?“ Eine Antwort erhielt ich nicht, sondern Herr Nothnagel wurde heftig: „Ich bestehe darauf, daß es so gesagt wurde, daß Bedingungen gestellt wurden, ich lasse mich nicht zum Lügner stempeln!“ Ich sagte dazu: „Selbst wenn es so wäre, müßte es doch jetzt genügen, wenn ich sage: Das hat keine Rolle gespielt!“ Mit den „Bedingungen“ meinte er meine vier Punkte, die aber nur Selbstverständlichkeiten aufzählen, es ging nicht um eine grundsätzliche Ablehnung, das darf ich ja gar nicht. Im Grunde waren es nur „Bitten“, daß es auf die Tagesordnung kommt, aber das war mir zu schwach.

Herr Hoffmann forderte mich dann auf, die dienstlichen Gründe zu nennen. Es gab eine lange Pause. Ich antwortete nicht, schon weil Herr Hoffmann gefragt hatte und nicht der Dekan. Hier hat Herr Hoffmann zum ersten Mal die Sache verschärft. Aber weil Herr HC. nichts mehr zu sagen braucht, dann brauche ich es auch nicht.

Der Dekan fragte dann, wieviel Tage vorher die Sitzung verschoben worden sei. Am Sonntag fragten mich noch die Altersbacher, ob am Montag die Sitzung sei wie vereinbart. Am Mittwoch erhielt ich die Einladung, aber auch nur, weil es Frau Heubel noch einfiel, als ich schon im Gehen war. Früher verlangte Herr HC., daß ein Termin immer schon in der vor­hergehenden Sitzung festgelegt wurde und die Einladung wenigstens zehn Tage vorher vorlag, mit genauen Angaben über den Inhalt der zu verhandelnden Punkte.

Dann ging es darum, ob die Sitzung nicht noch hätte verlegt werden können. Ich forderte Herrn Peters auf, etwas dazu zu sagen. Er sagte: „Herr Nothnagel ist gekommen und hat gesagt, er habe den Termin schon mit dem Dekan abgestimmt!“ Aber auf alle Fälle war der Termin noch zu ändern, so wie er im Januar wegen der Allianzgebetswoche noch geändert wurde. Doch Herr Nothnagel wußte nur (zu mir gewandt): „Das haben Sie sich selber zuzuschreiben, wenn Ihre Termine nicht bekannt sind, wenn Sie nicht zur Dienstbesprechung kommen!“ Ich fragte zurück: „Ist denn dort danach gefragt worden?“ Das natürlich nicht, es wäre auch seltsam, denn dafür haben wir unsre Dienstbesprechung der Mitarbeiter im Verkündigungsdienst. Aber ich will nicht unterstellen, daß eine Absicht vorgelegen hat (man hat angedeutet, das könne meine Absicht sein). Der Dekan meinte: „Weil ich es am 11. Mai erfahren habe, dann ließe sich die Sitzung noch verlegen (davon hat er am 13. Mai nichts gesagt, als ich ihn anrief). Wenn Herr Nothnagel die Sitzung nicht verlegt, als es noch Zeit war, dann wird er sie wohl verlegen, wenn die Einladungen schon alle raus waren (mir ist so etwas schon passiert, daß alles umbestellt werden mußte). Der Dekan war allerdings auch der Meinung, daß man die Konfirmandenstunde mit Eltern nicht verlegen könne.

Herr Hoffmann fragte wieder: „Warum weichen Sie den dienstlichen Gründen aus?“ Der Dekan fing wieder an: „Wir haben also festgestellt, daß es üblich ist, die Gründe zu sagen!“ Das war längst schon vorher geklärt, daß es nicht so ist. Ich forderte die Kirchenvorsteher auf, sich dazu zu äußern. Der Dekan selber war ja auch oft genug selber bei Sitzungen dabei. Herr R.: „Das passiert schon, daß einer fehlt ohne Entschuldigung. Wenn er sich entschuldigt, braucht er keine Gründe zu nennen. Es ist nicht Pflicht, das wurde locker gehalten. Es kann einer auch wegbleiben, wenn er keine Lust hat!“

Der Dekan griff wieder ein anderes Thema auf: „Daß man am nächsten Tag das Protokollbuch holt, ohne über den Vorfall zu sprechen (mit „Pfarrer Nothnagel", wie er sich versprach)‚ das ist unter aller Würde. Ein Pfarrer muß da etwas sagen!“ Ich verstehe jetzt erst, was damit gemeint war, daß ich mich entschuldigen sollte. Ich sagte „Ich habe auf ein Wort des Vorsitzenden gewartet!“ (Als Herr Hoffmann einmal die Pfarrkonferenz verlies, wurde ihm auch ein anderer Pfarrer nachgeschickt). Außerdem hatte ich ja vorher genügend gesagt, daß ich nicht kommen könne.

 

Dann ging der Dekan zum nächsten Thema über: „Wie können Sie die Sitzung verlassen, wo noch gar nicht beschlossen war, ob über ihren Antrag verhandelt wird?“ Das gab mir jetzt tatsächlich zu denken. Aber die Entscheidung darüber, daß jetzt nicht weiter darüber gesprochen wird, hat allein Herr Nothnagel gefällt, nicht der Kirchenvorstand. Aber ich hätte natürlich geduldig warten können, bis mein Thema wieder dran war. Es ging darum, daß ich wissen wollte, was Herr HC.nz gemeint hatte, als er sagte, ich hätte Geld ohne Beschluß angewiesen und deshalb schon oft bezahlen müssen.

Der Dekan: „Sie sind rausgegangen, weil die Verhandlung nicht so lief, wie sie es erwartet haben. Ich habe mich bei einem Juristen erkundigt. Er hat gesagt: Es ist nicht erforderlich, daß ein Beweis für die Behauptungen erbracht wird, wenn man die Sache nicht weiter aufbauschen will. So wie verfahren wurde, kann verfahren werden!“ Ich wollte den Namen des Juristen wissen, aber er wurde mir nicht gesagt. Ich sagte: „Es kommt ganz darauf an, wie man die Frage stellt. Kein Jurist wird den Grundsatz gelten lassen, daß der Angeklagte seine Unschuld beweisen muß, während der Ankläger die Schuld nicht zu beweisen braucht!“ Herr HC.: „Wer hat ihnen gesagt, daß ich das gesagt hätte?“ Darauf ich: „Da muß ich erst den Betreffenden fragen, ob ich seinen Namen nennen darf!“ Aber Herr Nothnagel, vom dem ich es hatte, sagte nichts dazu.

Auf der Pfarrkonferenz am 15. Juni 1988 kam heraus‚ daß nicht ein „Jurist“, sondern Prälat Hertzberg befragt worden ist, ob man eine Behauptung in den Raum stellen könne und dann keine näheren Erläuterungen dazu gibt, um nicht alte Dinge aufzurühren. Um seine Ruhe zu haben, hat der halt dem Dekan zugestimmt. Wenn man ihm den Fall anders geschildert hätte, wäre er vielleicht zu einem anderen Urteil gekommen und hätte vielleicht auch gesagt: „Wenn man nicht dazu stehen will, ist man lieber still!“

 

Der Dekan fing wieder an: „Der Zusammenhang ist wichtig. Sie haben Herrn Nothnagel in unsachlicher Weise angegriffen. Die Dinge mit der Beihilfe waren klar. Aber Sie haben Geschütze aufgefahren, die nicht in den Zusammenhang gehörten. Die Zustimmung wurde nachgeholt, es war alles völlig korrekt, so wird das auch anderswo geübt. Sie haben es nur aufgebauscht, der Vorwurf eines Amtsvergehens wurde nicht beabsichtigt!“ (Natürlich waren die Dinge nicht klar, es lag sogar ein entgegenstehender Beschluß vor. Anderswo wird das nicht so gemacht, da wird erst beschlossen und dann ausgeführt). Herr Holland-Cunz wurde gefragt, aber er sagte wieder: „Ich sage dazu nichts mehr!“ Dann der Dekan: „Was Aufgabe des Dekans ist, müssen Sie mir überlassen. Es war nur wichtig, daß Sie den Laienvorsitzenden angegriffen haben!“

Hier ist der Knackpunkt, von dem an der Dekan alles in Gang setzte, um mich aus dem Dekanat zu vertreiben. Er holte dafür eine Sache heraus, die seit der Sitzung am 18. Januar 1988 längst erledigt war, weil der Kirchenvorstand nachträglich die Beihilfen für die Angestellten genehmigt hatte.

Der Vorfall mit Herrn Holland-Cunz geschah schon im Dezember 1985 und war schon im Juni 1986 im Kirchenvorstand erledigt, nachdem der Dekan nach Schluß der Debatte durch den Vorsitzenden noch einmal das Gespräch darauf brachte. Ein halbes Jahr später im November 1986 hat er es wieder aufgewärmt. Man kann ein Problem auch herbeireden und fruchtlose Diskussionen vom Zaun brechen, die dann die anderen ermüden, so daß sie schließlich das selber glauben, was ihnen über zwei Jahre eingeredet wurde.

Ich sagte dann über Herrn Nothnagel: „Leider hat er nichts gelernt, denn es wird weiter so gemacht!“ Herr Nothnagel: „Sie haben auch nicht gefragt, als sie Frau Marr einsetzten. Und Sie haben einfach eine Osterkerze aufgestellt, so daß die Leute sich fragten, ob wir denn jetzt katholisch sind!" Es wurde dann über die 30 Klappstühle gesprochen, deren Kauf angeblich schon in der Februar­sitzung beschlossen worden war. Nach Herrn Nothnagels Aussagen bei der Dienstbesprechung am 8. April wurde es aber nur im Kreis der Kirchenväter besprochen, als sie den Brief meiner Frau besprachen. Auf jeden Fall waren die Stühle zur Aprilsitzung schon gekauft, obwohl sie der Möbelhändler König sicher auch noch eine Woche aufgehoben hätte. Auch mit den drei Fuhren Sand für den Kindergarten, wo drei Fuhren bestellt hatten, hatte auf einmal alles seine Richtigkeit: Die eine Sorte war nicht richtig, und es werden ja jetzt zwei Sandkästen angelegt. Es darf eben kein Fehler gewesen sein.

 

Der Dekan sagte: „Sie handeln doch nur um der Gesetzlichkeit willen so!“ (wie denn anders?). Ich sagte: „Ich möchte, daß der Kirchenvorstand ernst genommen wird!“ Der Dekan: „Man muß fragen, was im Interesse der Gemeinde ist!“ (Er will damit sagen, man könne schon ohne den Kirchenvortand handeln, wenn es nur im Interesse der Gemeinde ist. Dieses soll aber gerade der Kirchenvorstand feststellen).

Herr König wurde heftig mir gegenüber: „Wenn Sie etwas machen, ist es gut, wenn andere etwas tun, schießen Sie dagegen!“ Daraufhin Herr Nothnagel: „Ich brauche, mich nicht schulmeistern zu lassen, ich werde nicht dafür bezahlt für meine Arbeit wie die Pfarrer!“ Es kam dann heraus, daß beim Klempner Tugend schon eine Spüle steht, die Ute König bestellt hat, „weil ja doch nichts unternommen wird“ (so Herr König). Dabei liegen die schriftlichen Bestellungen ja, vor, aus Herrnhut ist auch jetzt gleichzeitig ein Angebot gekommen. Doch wir sollten lieber die von Tügend nehmen, weil er sie ja auch anschließen soll.

Dann ging es um das Anweisen der Gräber, wo ich den ganzen Sachverhalt noch einmal darlegte und betonte, daß nichts beschlossen sei. Wieder sagte Herr König: „Wir machen eben alles verkehrt!“ Herr Reumschüssel: „Ein Angestellter muß auch den Weg einhalten!“ Herr Nothnagel: „Das ist aber Sache des geschäftsführenden Pfarrers!“ (Das ist Sache des Verwaltungsleiters). Das ist auch meine Meinung. Aber ich sagte auch, daß ich mir nicht den Vorwurf der Passivität machen lassen will, wie das Herr Bunge vor der Synode Herrn Peters gegenüber tat (daran konnte sich aber keiner mehr erinnern).

Nun fragte noch Herr Hoffmann: „Wie ist Ihr Verhältnis zu Herrn Nothnagel?“ Dazu ich: „Von meiner Seite hat sich da nichts geändert!“ Herr Nothnagel: „Ich gehe morgen zum Optiker!“ (Ist das nicht herabsetzend?). Herr Nothnagel warf mir vor, ich hätte mich geändert. In Wirklichkeit hat er sich geändert. Er stöhnt manchmal über die viele Arbeit, aber Vieles hätte er gar nicht zu machen brauchen, war nicht seine Kompetenz.

 

Dann ging es um den Sinn der Dienstbesprechungen am Freitagmorgen. Ich zitierte Herrn Nothnagel: „Dort sollen die Angestellten ihr Pulver verschießen!“.Herr König sagte: „Das Klima soll verbessert werden!" R.: „Die Diskrepanzen zwischen den Angestellten und den Pfarrern (er verbesserte sich in den Plural) sollten beseitigt werden; da wurden Sachen über Dritte weitergegeben, jeder kochte sein Süppchen selber!“ König: „Es ging um die Familie Gießler, die gehen mußte!“ Der Dekan: „Ein wesentlicher Anlaß war auch Pfarrer Heckert!“

Herr Nothnagel: „Die Arbeit sollte nicht zusammenbrechen. Doch damals wurde ich akzeptiert, heute kriege ich einen Tritt in den Hintern (von wem?)!“ Der Dekan: „Was ist denn heute die Begründung?“ Herr Nothnagel: „Von den Angestellten wird die Besprechung gern wahrgenommen, sonst wird durch Briefeschreiben als unnötig ausgedehnt. Es ging um das Kindergartenjubiläum, das Schaukelgerüst, die dreckigen Schuhe des Hausmeisters, Urlaubsdinge!“ Der Dekan fragte, wer daran teilnehmen solle. Die Meinung des Kirchenvorstandes sei es doch wohl, Pfarrer Heckert müsse teilnehmen‚ auch wenn es nicht protokolliert sei. Aber wer nur gezwungen kommt, den läßt man lieber weg.

Herr Hoffmann gab das nächste Stichwort: „Zu den Besprechungen wollen Sie nicht kommen, aber an anderen Ecken werden Sie aktiv!“ Darauf Herr Nothnagel: „Er hat eine DIN A 4 Seite über Lohnfragen verfaßt, obwohl ihn niemand dazu beauftragt hat. Woher nimmt er nur die Zeit? Herr Hey ist doch nur sein Zuträger, der zu Pfarrer Peters den Kontakt nicht pflegt. Er ist für mich ein 'dummer Junge', das können Sie ihm morgen sagen. Das spiegelt auch charakterliche Züge hei Ihnen wider!“ Doch zehn Minuten später konnte er sich schon nicht mehr an den „dummen Jungen“ erinnern. Nun wurde auch der Dekan gegen mich heftig: „Wir wollen mit Ihnen sprechen und Sie schreiben sich Dinge auf. Ich käme mir da komisch vor!“ Dann las er den Paragraphen 21 des Pfarrerdienstrechtes vor.

Aber danach ging es weiter: „Wenn Herr Hey weiter versucht, Keile dazwischen zu treiben‚ dann müssen wir uns von ihm trennen!“ Wieder Herr Nothnagel: „Im vorletzten Gespräch war er so arrogant, das lasse ich mir nicht bieten, der hat zu machen, was ich ihm sage! (Vorgesetzter ist der geschäftsführende Pfarrer!).

 

Der Dekan wollte zum Schluß kommen: „Wir wollten sehen, ob eine Zusammenarbeit möglich ist!“ Ich sagte: „Ich habe keine Berührungsängste!“ Darauf warf mir Herr Hoffmann vor, ich habe ihm die Hand verweigert. Aber da muß er auch sagen, was vorausgegangen ist, daß er eine vertrauliche Sache in entstellender Weise ausgeplaudert hat und bis heute nicht vor der Pfarrkonferenz zurückgenommen hat. Ich gebe ihm ja die Hand, aber angeblich mit finsterem Gesicht (!).

Herr Hoffmann lieferte auch das nächste Stichwort „Vertrauensverhältnis“. Der Dekan fragte: „Ist es so, daß sich das Vertrauensverhältnis verschlechtert hat?“ Er bedrängte die Kirchenvorsteher einzeln, etwas dazu zu sagen. Herr König stimmte deutlich zu, zwei andere zurückhaltender, der vierte war angeblich auch dieser Meinung. Der Dekan meinte dazu: „Diese Feststellung ist beschwerlich!“ Ich verwies darauf, daß Herr Hoffmann ihm das Wort erst in den Mund gelegt habe. Da sprang er auf und schlug mit der Faust auf den Tisch: Das Wort habe schon Herr HC. gebraucht! Das war mir entgangen, obwohl ich doch viel protokolliert habe. Aber ich ließ die Aussage gelten.

Der Dekan zitierte dann aus einem Kalenderblatt: „Wenn ich das Recht an die erste Stelle setze, lebe ich. im Kriegszustand aller gegen alle!“ (Man kann auch sagen: Wenn ich die Willkür an die erste Stelle setze).

Es wurde dann wieder behauptet, ich hätte Herrn Hey und den Hausmeister angestellt. Ist denn schon vergessen‚ wie genau man sich jeden unter die Lupe genommen hat und daß allein der Kirchenvorstand entschieden hat? Doch Herr Nothnagel sagte: „Es ist angestrebt worden, Leute von außerhalb zu gewinnen, damit man sie besser in der Hand hat!“ (Es haben sich keine alteinge­ses­se­nen Steinbacher gefunden, deshalb mußte man sich außerhalb umsehen. Aber es war natürlich besser, jemanden zu haben, dessen Verwandtschaft nicht im Kirchenvorstand sitzt).

Weiter sagte Herr Nothnagel: „Ich bin keine Amtsperson, daß mir die Herzen auch so zufliegen (!?). Ich bin nur ein einfacher Mensch. Es ist alles nur zum Nachteil meiner Familie. Ich hatte den Kirchenvorstand ja gebeten, Vorschläge zu machen. Wenn Sie das nicht wahrnehmen, auch die Pfarrer nicht, dann kann ich nichts machen. Aber es ist nicht gut, wenn wir ständig einen Schiedsrichter dabei haben müssen. Ich habe gedacht, anhand der Zuschriften werden wir alle Probleme lösen“. Ich sagte absichtlich noch nichts zu seinem Versuch einer anonymen Umfrage im Kirchenvorstand.

Herr Hoffmann sagte zu mir: „Sie verniedlichen wieder einmal. Bei mir hat Gewicht, was Herr HC. sagte: Das Verhältnis hat sich verschlechtert, es gibt keine gedeihliche Zusammenarbeit mit den Mitarbeitern und dem Amtsbruder. Mit Gesetzlichkeit machen Sie die Gemeinde kaputt. Wie ist es denn mit dem Gottesdienstbesuch? Da wird Personal angestellt, wo Außenstehende sagen: Was haben. die denn für Personal da? Sie müssen doch um den Zusammenhang von Gesetz und Evangelium wissen!“

Nachdem auch der Dekan vom Verhältnis zum Amtsbruder gesprochen hatte, fragte ich Herrn Peters: „Arbeiten wir nicht zusammen?“ Doch ehe er antworten konnte, sagte Herr Hoffmann: „Warum haben Sie wegen des verlängerten Gottesdienstes nicht mit ihm geredet?“ (das war vor 9 Tagen und er wußte es schon!). Ich sagte: „Ich habe doch im Dezember mit ihm darüber geredet. In der Dienstbesprechung am 8. April wurde auch zugesagt, daß es beachtet wird und der Gottesdienst um 11.05 Uhr beendet wird!“

Ich sprach noch davon, daß ich eine neunmonatige Ausbildung in Verwaltungsdingen mitmachen mußte, dazu eine zweijährige praktische Ausbildung. Herrn Hoffmann war das neu, auch daß ich sagte, daß es da eine Prüfung und eine Note gab. Auch nachher habe ich mich auf diesem Gebiet weitergebildet, weil das zu den Dienstpflichten eines Pfarrers gehört. Der Dekan verwies darauf hin, daß er auch etwas davon verstehe. Niemand hatte das Gegenteil behauptet.

Im Gegensatz zu Herrn Nothnagel war ich in kirchlicher Verwaltung ausgebildet. Dennoch wollte man mir gerade in Verwaltungsdingen an den Wagen fahren. Ich habe mich immer auf den Standpunkt der staatlichen und kirchlichen Gesetze ge­stellt, weil mir dadurch am ehesten eine Sicherung gegen Willkür gegeben schien. Heute nehme ich an, daß man bewußt meine Genauigkeit in diesen Dingen, meine Unbestechlichkeit und meinen Gerechtigkeitssinn für seine Machenschaften genutzt hat. Man wußte, daß ich bei den Kungeleien und willkürlichen und eigenmächtigen Befehlen nicht mitmachen würde.

Je mehr ich mich zurückhielt und vorsichtig war, desto mehr suchte man in Nichtigkeiten. Hät­te ich aber zu sehr die Augen zugemacht, wäre man mir mit dem Kirchenrecht gekommen und hätte mir Pflichtverletzung vorgeworfen. Das war die Zwickmühle, in der ich mich befand. Vielleicht war es nur im Rahmen üblicher Betrügereien, daß man mich zu falschen Angaben in einem Versicherungsfall verleiten wollte. Hätte ich bei dem versuchten Subventions- und Ver­sicherungsbetrug mitgemacht, hätte man ja auch endlich etwas gegen mich in der Hand gehabt. Wäre ich nicht gegen die falschen Lohnberechnungen des Laienvorsitzenden eingeschritten, hätte man mir Pflichtverletzung im Amt vorwerfen können. Man hat mich ja sogar im Fall Frau Holland-Cunz nachträglich noch für den (absichtlichen) Fehler von Frau Jäger haftbar gemacht.

Ich war es gewohnt, Gesetze und Bestimmungen erst einmal ernst zu nehmen. Im Kirchenvorstand in Steinbach-Hallenberg aber ging man so weit, daß man schließlich sagte: „Gesetze sind nur so etwas wie Vorschläge, an die man sich halten kann, die man aber auch nicht beachten muß!“ Und das in einem diktatorischen Staat wie in der DDR! In der DDR versuchte halt jeder, wenn es nur irgend ging, sich diesen Gesetzen zu entziehen und seine kleinen Freiheiten und Vorteile herauszuschlagen. Man machte sich einen Sport daraus, „den Staat“ zu betrügen.

Und wenn es beim Staat nicht ging, dann wollte man wenigstens bei der Kirche „Freiheit“ haben. Freiheit aber bedeutete, daß man machen konnte, was man wollte. Dabei wurden kirchliche Gesetze nicht beachtet und es wurde so entschieden, daß Ungerechtigkeiten gegenüber einzelnen Leuten in der Gemeinde oder auch gegenüber den anderen Gemeinden entstanden.

Damit habe ich mich nie abgefunden, weil ich einen ausgesprochenen Gerechtigkeitssinn hatte. Ich trat dafür ein, daß man erst einmal die Gesetze ernst nimmt und sich ehrlich und ernsthaft bemüht, sie einzuhalten. Gesetze stellen die schriftliche Form dessen dar, worüber man sich einig ist, worüber man eigentlich nicht mehr zu verhandeln braucht.

Daß es darüber hinaus immer Dinge gibt, die durch ein Gesetz nicht geregelt werden konnten und die man dann aktuell entscheiden und regeln muß, steht auf einem anderen Blatt. Aber ich war dagegen, daß man von vornherein sagte: „Gesetze gehen mich nichts an, ich mache was ich will!“ In der Praxis führte das nur zu Willkür und immer neuen Streitigkeiten.

Menschen sind wichtiger als Gesetze. Es kann zwar den Fall geben, daß man - um die Absicht des Gesetzes zu wahren - auch einmal ausnahmsweise etwas gegen das Gesetz tut (weil ein allgemeines Gesetz nicht alle Sonderfälle regeln kann). Aber diese Ansicht darf nicht am Anfang des Handelns stehen, um eigenmächtiges Handeln zu rechtfertigen.

Meine größte Anfechtung ist nur - das habe ich auch gesagt - daß ich mich hier um etwas Ordnung bemühe, aber niemand das offenbar will. Es ist ihnen offenbar lieber, sie werden mit keinen Problemen behelligt und müssen nichts entscheiden, die Kirchenvorsteher lassen sich lieber informieren und lassen andere entscheiden. Ich komme halt aus einer anderen Tradition, habe eine andere Demokratie gelernt. Aber so etwas kennt man hier eben nicht aus dem gesellschaftlichen Umfeld.

 

All das veranlaßte mich, einmal etwas über „Kritik im Kirchenvorstand“ zu sagen: Kritik sollte zuerst immer bei dem Betroffenen angebracht werden. In den meisten Fällen ist sie damit schon erledigt. Zumindest können sachliche Fehler richtiggestellt werden. Nur wenn man zu keiner Übereinkunft kommt oder die Sache von allgemeinem Interesse ist, sollte sie vor den Kirchenvorstand kommen. Langjährige Praxis war aber, daß man sich Kritik für die Sitzung aufsparte und dann plötzlich von hinten die Pfeile abschoß. Dann geht der Angegriffene aber sofort in Abwehrstellung und reagiert aggressiver, als wenn er sich die Sache und seine Argumente hat vorher überlegen können. Das Gleiche gilt für die Dienstbesprechungen, wo Kritik nur verbreitert wird und jedes Problemchen breitgetreten wird. Kritik ist notwendig, aber erst nach privater Rücksprache mit dem Betroffenen.

Der Dekan fing auch unvermittelt mit der Postkartenmappe über Schmalkalden an. Ich habe ihm 20 Fehler oder Ungenauigkeiten nachgewiesen. Vor allem stritt er sich mit mir über die Schreibweise des Wortes „gottlob“ und behauptete, ich hätte den Duden falsch gelesen (,,Wenn man es im Westen so schreibt, ist es richtig!“). Hier merkte man, was hinter seiner feindseligen und voreingenommenen Haltung steht: die persönliche Kränkung, weil ich ihm Fehler nachgewiesen habe auf einem Gebiet, wo er sich als Fachmann wähnt. Allerdings hatte ich das Gleiche auch an den Verlag in Dresden geschrieben. Das hätte ich natürlich unterlassen, wenn Herr Schreiber gesagt hätte, daß es sich hier um einen illegalen Druck handelte.

 

Weisungen an Verwaltungsleiter

In der Sitzung am 13. Juni 1988  führte Herr Nothnagel als Vorsitzender des Kirchenvorstandes aus: „Der Verwaltungsleiter sieht sich außerstande, Weisungen von mir durchzuführen. Wenn ich Mängel sehe und die anbringe, sagt er mir klipp und klar: Weisungen habe nur der geschäftsführende Pfarrer zu geben. Wenn ich Aufgaben nachkommen soll, muß ich Weisungen erteilen können. Es geht nicht, daß mir Angestellte sagen, ich hätte ihnen nichts zu sagen!“

Doch hier muß man den Zusammenhang bedenken. Herr Hey hatte nicht generell die Entgegen­­­nahme von Weisungen abgelehnt. Es hätte ja sowieso nichts genutzt, denn Herr Peters hätte ja das gemacht, was Herr Nothnagel ihm gesagt hätte. Es ging wieder einmal um das Protokollbuch. Herr Hey hatte darum gebeten, daß es wieder auf der Kirchenkasse aufbewahrt wird, damit er nachsehen kann, wenn er nicht so Bescheid weiß. Doch Herr Nothnagel sagte ihm: „Wenn Sie etwas wissen wollen, dann fragen Sie mich. Was ich Ihnen als Auskunft gebe, muß genügen!“ In diesem Zu­sammenhang sagte Herr Hey: „Sie haben mir gar keine Weisungen zu erteilen!“

Der Dekan sagte dazu: „Es muß eine Zusammenarbeit da sein, sonst muß einer gehen. Wenn der Kirchenvorstand anstellt, gibt er auch die Weisungen (der Kirchenvorstand, aber nicht der Vorsitzende allein).  Wer etwas anderes sagt, ist unge­eignet für den Dienst der Kirche. Arbeitsverträge, die sich auf den geschäftsführenden Pfarrer beziehen, sind falsch!“ Diese Aussage wurde dann korrigiert, denn als die Verträge abgeschlossen wurden gab es ja die Trennung in Vorsitzenden und geschäftsführenden Pfarrer noch nicht. Herr Schreiber formulierte dann um: „....sind so zu behandeln, als würde dastehen: Beauftragte des Kirchenvorstandes oder deren Stellvertreter!“ „Dienstaufsicht des Gemeindekirchenrats“ kann nicht heißen, daß jeder einzelne Kirchenvorsteher Weisungen erteilen kann, wie das Herr K. gegenüber dem Hausmeister wollte. Da muß er zum Verwaltungsleiter gehen. In jedem. Betrieb ist es so, daß eine einzelne Person der Vorgesetzte ist, weil viele Köche den Brei verderben.

Beschlossen wurde dann: „Der geschäftsführende Pfarrer teilt dem Verwaltungsleiter mit, daß der Vorsitzende des Kirchenvorstandes ebenso weisungsberechtigt gegenüber den Angestellten ist wie der geschäftsführende Pfarrer!“ An sich hätte das allen Angestellten mitgeteilt wer­den müssen, wie das zunächst auch vorgesehen war, aber nachher wieder geändert wurde. Sicherlich kann es nicht nur um Weisungen an den Verwaltungsleiter gehen, sondern dann muß es schon für alle gelten.

Warum sollte der Verwaltungsleiter nicht etwas tun, was der Vorsitzende will. Aber im Kon­fliktsfall muß er sich auf den Text des Vertrags berufen können. Wenn der Vorsitzende es nicht mit ihm versteht, muß der geschäftsführende Pfarrer als Puffer zwischengeschaltet werden. Dann würde auch die Behauptung widerlegt, der Verwaltungsleiter suche nicht den Kontakt zum geschäftsführenden Pfarrer. Wenn der Vorsitzende ein ,,Puffer“ zwischen geschäftsführendem Pfarrer und Angestellten sein sollte, dann hätte jetzt der geschäftsführende Pfarrer der Puffer zwischen Vorsitzendem und Angestellten sein müssen.

 

Als der Dekanatssynodalvorstand den Kirchenvorstand Steinbach-Hallenberg zwang, einen Laien zum Vorsitzenden zu wählen, war die Sache auch noch klar. Da sagte der Dekan noch: „Vorsitzender der Angestellten ist der geschäftsführende Pfarrer. Der Vorsitzende darf nicht zu sehr belastet werden. Er hat nur die Sitzungen vorzubereiten, zu leiten und die Ausführung der Beschlüsse zu überwachen!“

Als der Dekanatssynodalvorstand den Kirchenvorstand Steinbach-Hallenberg zwang, einen Laien zum Vorsitzenden zu wählen, war die Sache auch noch klar. Da sagte der Dekan noch: „Vorsitzender der Angestellten ist der geschäftsführende Pfarrer. Der Vorsitzende darf nicht zu sehr belastet werden. Er hat nur die Sitzungen vorzubereiten, zu leiten und die Ausführung der Beschlüsse zu überwachen!“

Weil aber Herr Peters seine Aufgaben nur teilweise wahrnahm, sollte der Vorsitzende des Kirchenvorstandes einspringen. Das wäre noch gegangen, wenn es nur um Aufgaben gegangen wäre, die sich aus Beschlüssen des Kirchenvorstandes ergaben. Herr Nothnagel wollte aber auch von sich aus Dinge aufgreifen und das tun, was mir vorgeworfen wurde, nämlich die Angestellten in ihrer Arbeit zu kontrollieren. Aber die Kirchenleitung weiß schon, weshalb sie die Geschäftsführung in die Hand der Pfarrer legt. Nur diese sind theoretisch und praktisch ausgebildet, erhalten die Rundschreiben und sind durch die Pfarrkonferenzen auf dem neuesten Stand; sie allein sind materiell verantwortlich zu machen und sie allein sind von außerhalb und nicht in die örtlichen Verhältnisse verstrickt.

 

Gemeinderaum

Der Kirchenchor hatte im Juni 1988 gedroht, seine Arbeit einzustellen, weil das Amtszimmer im Unterstädter Pfarrhaus wegen der Akustik nicht geeignet war. Der Chor sollte jetzt in dem vom Kindergarten noch genutzten Unterrichtsraum singen, die Rüstzeit in ihrem Tagesraum essen, den Speiseraum sollte der Kindergarten erhalten. Dazu müßte der ehemalige Raum der Kirchenkasse noch einmal anders getrennt werden‚ damit man an den Aufzug kann, aber auch der Kindergarten einen Raum für sich hat. Man hätte sich auch den ganzen Umbau sparen können, mit Schaffung einer neuen Tür, dem Verschlag und der Korridortür zur Schwesternstation. So hatte ich es vorgeschlagen: Die Besucher der Kirchenkasse sollten durch den vorderen Raum gehen.

Weil der jetzt erfolgte Umbau aber kein Fehler gewesen sein darf, wurde gesagt: Es ist doch ein Unterschied, ob die Rüst­zeitleute einmal in den Raum gehen oder der ganze Publikumsverkehr hindurchgeht. Es stellte sich dann aber heraus, daß das nur vorübergehend so sein soll. Später soll der eigentliche Unterrichtsraum allein Speisesaal für die Rüstzeit sein und alles andere soll in dem anderen Raum stattfinden: Chöre, Unterricht, Gemeindekreise, Gemeindeveranstaltungen. In einen Raum sollen also außer den Stühlen der Flügel, mehrere Schränke für die Chöre, ein Schrank für Unterrichtsmaterialien, Tafel, Bildwerferständer, eventuell noch mehr. Auf meinen Einspruch hin wurde dann doch erst eine Besprechung mit allen Beteiligten durchgeführt, die an sich vorher hätte sein müssen, da hätte man sich 40 Minuten Diskussion im Kirchenvorstand ersparen können.

Auch die neue Tür für den Aufzug, wegen der sich bisher alles verzögert hatte, war nun auf einmal nicht mehr nötig. Man hätte sie nur gebraucht, wenn die Rüstzeiten in den Ferien im Unterrichtsraum gegessen hätten. Aber all meine schon vorher gemachten Vorschläge wurden nicht beachtet, es entstanden unnötige Verzögerungen und Kosten und es wurde doch keine optimale Lösung gefunden.

Bei einer Besprechung der direkt Beteiligten am 20. Juni fand sich dann eine Lösung:  Die Rüstzeit ißt in Zukunft im Tagesraum und holt sich das Essen am Aufzug im ersten Stock. Nach zwei Jahren, wenn die fünfte Kindergartengruppe ausläuft, erfolgt erneut eine Beratung. Der Kindergarten nutzt den linken Gemeinderaum nicht, wenn in dem rechten Raum nach 13 Uhr eine Veranstaltung ist. Der Raum wird für die Garderobe nicht mehr benötigt. Der Hausmeister räumt den Gemeinderaum nach Wunsch um. Jungschar ist am Samstag auch im Gemeindehaus möglich.

Erst als Herr Nothnagel hinzukam, wurde der Ton schärfer. Man spürte aus seinen Reden deutlich Aggressionen heraus. So beharrte er darauf, daß der Kirchenvorstand entscheiden müßte, wie es nach zwei Jahren mit dem Speiseraum für die Rüstzeit werde, und diese Entscheidung müsse dann auch respektiert werden. Niemand hatte bestritten, daß das der Kirchenvorstand machen kann oder daß seine Entscheidung nicht respektiert würde. Im anderen Zusammenhang betonte er, der Kindergarten sei doch die Basis der Gemeinde und wir müßten durch die Rüstzeit auch etwas für die Gesamtkirche tun und dürften nicht nur an uns selber denken. Auch das ist von niemand bestritten worden. Herr Dalberg hatte nur gemeint, die eigene Gemeindearbeit dürfe nicht unmöglich gemacht werden durch das Rüstzeitenheim. Aber wenn jeder etwas nachgibt, können alle unter einen Hut gebracht werden, da können auch Rüstzeit und Kindergarten kein Tabu sein.

Herr R. hatte das am Anfang gesagt: „An dem Kindergarten dürfen wir nicht rühren, da muß alles nach Wunsch gemacht werden, sonst gibt es neuen Ärger!“ Schwester Anni war aber in den Gespräch mit Ursel durchaus zugänglich. Vielleicht legt sie gar keinen gesteigerten Wert darauf, daß in den ehemaligen Kirchenkassenraum noch eine weitere Trennwand kommt; niemand hat sie gefragt, aber Herr R. will sie unbedingt haben.

 

Weitere Kritik

In der Pause der Pfarrkonferenz am 15. Juni 1988 wurde ich vom Dekan zu einem Gespräch gebeten. Anwesend waren Pfarrer Hoffmann und Pfarrer Bunge. Der Dekan teilte zunächst mit, daß Herr HC. ihm einen Brief geschrieben habe, in dem er seinen Austritt aus dem Kirchenvorstand bekanntgibt. (siehe unten). Dann ging es noch um die Plakate, die Konfirmanden bei der Rüstzeit gemacht haben und die nun im Turm der Kirche hängen. Der Dekan hatte die Plakate nicht gesehen, behauptete aber, die Konfirmanden „Nackte“ gemalt" und ich hätte es aufgehängt, ohne erzieherisch auf sie einzuwirken. In Wirklichkeit handelt es sich um ein Bild aus einer Illustrierten, das den Hintern eines Mannes zeigt (weshalb einer Frau?), der zudem noch mit einem Metermaß drapiert ist. Die Eltern hatten keinen Anstoß daran genommen; es ging nur darum, überall etwas Neues zu finden. Als Herr Peters Zeichnungen aufhängte mit dem Kommentar „Jesus, Freund der Prostituierten“, fand auch niemand etwas dabei. Es wird nur versucht, an allen möglichen Ecken und Enden mir am Zeug zu flicken.

 

Ein weiterer Punkt war, daß ich zu dem Treffen mit der Partnergemeinde nur Unterstädter eingeladen habe. Im Mai 1988 wurde wieder ein Treffen mit den Konfirmanden aus der Partnergemeinde Frankers­hausen geplant. Jetzt hieß es auf einmal von Seiten von Herrn Nothnagel: Wenn ich die junge Gemeinde in einer Gruppe habe, müßte ich auch alle einladen. Der Jugendabend für Neu­konfirmierte war Dienstag 20 Uhr beendet, am nächsten Morgen um 8 Uhr war die Beschwerde schon beim Dekan. Tatsache ist, daß mein Partnerpfarrer mit sechs Konfirmanden kam (nicht: Junge Gemeinde). Es sind vorwiegend Jungen, von denen es dieses Jähr in der Oberstadt gar keine gibt. Es ist selbstverständlich, daß ich zuerst meine Konfirmanden nehme, wenn der mir zugewiesene Partnerpfarrer kommt. Wenn die Jestädter kommen, werden sie ja auch mit den Oberstädtern zusammen machen. Es ging nur darum, daß Herr Nothnagel seine eine Tochter auch dabei haben wollte.

Angeblich ist die Lage bedenklicher, als ich das sehen will. Doch kritisiert wurde nur, daß ich Probleme angesprochen habe, die angeblich überflüssig waren. Ziel ist, mich mundtot zu machen. Wenn es so wäre wie bei der Synode, dann wäre es recht. Aber man will mir natürlich nicht abnehmen, daß ich auch aus Sorge um die Gemeinde handle und ihr Bestes will. Ich kann einfach nicht still sein, wenn auf Anweisung von Herrn Nothnagel eine langjährige verdienstvolle Mitarbeiterin die vom Landeskirchenrat verfügte Lohnerhöhung nicht erhalten soll, weil sie angeblich nicht genug arbeitet (Frau Reffke). Ich kann nicht still sein, wenn durch einseitige Veränderungen die Arbeitsmöglichkeiten für die Christenlehre unerträglich erschwert werden. Und es ist auch meine Pflicht, auf mangelhafte Führung der Kirchenbücher hinzuweisen.

Aber es ist schwierig, allen Unrichtigkeiten entgegenzutreten. Von fünf Behauptungen des Dekans kann man höchstens eine richtigzustellen versuchen. Aber bei nächster Gelegenheit sagt er wieder das Gleiche wie vorher. Zum Beispiel hatte ich davon gesprochen, daß in der Dienstbesprechung nicht angeschnitten wurde, daß man Veränderungen mit dem Schrank für die Unterrichtsmaterialien und bei der Essenszeit für die Rüstzeit vorhatte. Man hat einfach gehandelt und wartete darauf, daß Ursel sich beschwert, um sagen zu können: Es sind immer dieselben, die sich beschweren!

Sofort wurde von Herrn Schreiber behauptet, ich hätte mit diesen Worten wieder Herrn Nothnagel und Herrn R. kritisiert. An diesem Punkt sagte auch Herr Bunge etwas dazu. Ich mußte ihm erst mitteilen, daß nicht die beiden Kirchenvorsteher, sondern kirchliche Angestellte gehandelt haben. Man stellt sich das einfach so vor, wie es sein müßte, ohne zu fragen, wie es sich genau verhält.

Scharfmacher war wiederum Herr Hoffmann. Er interpretierte das Schreiben von Herrn HC. sofort zum Antrag und verlangte von mir, ich müsse daraus Konsequenzen ziehen. Offenbar wollen sie ein Verfahren vermeiden, bei dem die Eisenacher notgedrungen einen Einblick gewinnen würden. Ich fürchte das nicht, sondern erhoffe eine unparteiische Beurteilung, denn der Dekan und sein Stellvertreter sind nicht objektiv.

Sicher hat Herr Hoffmann recht, ich müsse mich doch fragen, ob ich noch eine Basis in der Gemeinde habe, denn ohne die kann man in der Tat nicht arbeiten. Aber dann muß das wirklich sachlich festgestellt werden (ich hatte ja schon mehrfach um ein Votum des Kirchenvorstands gebeten). Dazu gehört ein Gespräch mit dem Kirchenvorstand ohne daß ein Pfarrer (und Dekan usw.) dabei ist und eine geheime Abstimmung, dazu ein Gespräch mit den Angestellten. Als der Dekan und „Mitglieder des Dekanatssynodalvorstandes“ hier waren, wurde ja nur gefragt, ob sich das Verhältnis verschlechtert habe. Dabei wurde unterstellt, daß die Schuld allein an mir liege. Aber nach der Schuldfrage wurde gar nicht gefragt. Man muß da schon exakt sein.

Zu denken gibt mir nur, daß jetzt überall bekrittelt wird und man das macht, was man mir vorgeworfen hat: Ich würde nur kontrollieren und mit Gewalt etwas suchen. Ich habe früher auch schon eine Osterkerze aufgestellt und niemand hat etwas gesagt. Bei den Partnergemeinden war es immer so, daß eine auf die Unterstadt und eine auf die Oberstadt bezogen war (die Eschweger trafen sich nur mit den Unterstädtern). Es wurde noch nie Anstoß genommen, wenn jemand anders außer dem Pfarrer im Gottesdienst zu Wort kam oder wenn ein Pfarrer etwas im Turm aufhängte.

 

In der Dienstbesprechung am 29. Juli fragte Herr Nothnagel Herrn Hey gleich zu Beginn: „Darf ich jetzt damit rechnen, daß Sie immer die Vertretung für die Totengräber machen oder haben Sie es nur getan, weil es sich um den Professor Usbeck handelte?“ So etwas ist eindeutig eine aggressive Frage, die gar nicht in die Dienstbesprechung mit allen gehört. Es wird etwas unterstellt, was nie im Gespräch war und auch nicht den Tatsachen entspricht. Herr Noth­nagel hätte besser das öffentlich sagen sollen, was er Herrn Hey als erste Reaktion am Telefon gesagt hatte, als er sich bedankte, daß dieser das Anfertigen des Grabes übernommen hatte. Das hätte er auch in der Dienstbesprechung sagen sollen und das andere lieber privat sagen sollen (so hat er es genau umgekehrt gemacht). Nur Herr Nothnagel brachte einen Mißklang hinein. Das war selbst Schwester Anni zu viel. Sie wurde heftig, wies Herrn Nothnagel zurecht und verließ den Raum. Das ist besonders erstaunlich, weil sie mir früher allerhand Schwierigkeiten gemacht hat und zu unrecht aggressiv wurde.

Bei den vorhergehenden Besprechungen war Herr Nothnagel nicht dabei und es verlief alles sachlich und ruhig. Die Angestellten im Gemeindehaus sind alle nicht gut auf Herrn Nothnagel zu sprechen. Das liegt zum Teil daran, daß es dort jeder schwer hat. Aber er macht halt auch Fehler, die bei nur 20 Monaten Tätigkeit nicht verwunderlich sind. Offenbar hat er aber seine Meinung geändert: Früher wollte er, daß das Gemeindehaus sich „selbst regiere“ unter Führung des Verwaltungsleiters. Jetzt will er offenbar bei allem gefragt werden, sieht die Vorgänge im Gemeindehaus als seine Sache an und will sogar die Sachen machen‚ die Angelegenheit des geschäftsführenden Pfarrers sind (zum Beispiel die. Gewährung von Urlaub).

 

Anstellung von Frau Heubel

Im Mai oder Anfang Juni war das Ehepaar Heubel bei mir in der Wohnung und fragte, ob wir für die Frau eine Arbeitsstelle hätten. Sie habe im Oktober den Schuldienst gekündigt, weil sie das nicht mehr machen wolle, das dort von ihr gefordert wurde (sie sprach von „Erpressung“). Die Kündigungsfrist gehe aber bis Ende August. Sie habe sich noch nicht um eine Arbeitsstelle bemüht, möchte aber auch nicht zu Hause sitzen, sondern gern am Vormittag etwas arbeiten. Vielleicht sind sie auf die Kirche verfallen, weil sie durch Herrn Hey etwas davon wissen und weil meine Frau zwei Tage vorher bei ihnen war wegen des Beginns der Christenlehre für die Tochter; sie waren erst zugezogen und die Tochter wurde natürlich angemeldet).

Ich setzte mich sofort mit Herrn Nothnagel in Verbindung. Wir berieten, welche Möglichkeiten es geben könnte. Zum Kindergarten hatte sie nicht so die rechte Lust, weil sie auf größere Kinder eingestellt ist; außerdem wird ja auch vom Kindergarten aus eine Lehrerin nicht so gern genommen. Christenlehre wollten wir ihr nicht zumuten, weil ihr dann sicher von der Schule her besondere Schwierigkeiten gemacht würden. Arbeit in der Küche wollten wir ihr nicht anbieten wegen ihrer Vorbildung und wegen der Schwierigkeiten mit der dortigen Kollegin.

Also blieb nur die Kirchenkasse. Diese ist ja zur Zeit nicht einmal mit einer vollen Arbeitsstelle besetzt (Holland-Cunz mit 95 Stunden, Heil mit 70 Stunden) Ich weiß aus eigener Anschauung, wie man dort über die viele Arbeit stöhnt. Besonders belastend ist der Publikumsverkehr. Am Mittwoch ist die Kirchenkasse ganz geschlossen; auch sonst wird gelegentlich während der Öffnungszeit geschlossen, weil nur eine Kraft da ist, die zum Beispiel auf die Sparkasse muß. Mit vielen Dingen habe ich die Mitarbeiter der Kirchenkasse von vornherein nicht belastet, sondern habe sie selber gemacht. Andererseits gibt es viele Dinge, die ich gerne der Kirchenkasse übertragen möchte (zum Beispiel Einladungen, Statistiken, Vervielfältigungen).

In der Kirchenvorstandssitzung im Juni 1987wurde dann darüber gesprochen. Die Sache wurde allgemein begrüßt. Auf meine Bitte hin wurde das Ergebnis der Aussprache protokolliert: „Auf der Kirchenkasse kann eine Halbtagskraft befristet angestellt werden“. Dadurch sollte der zeitweilige Ausfall des zur Armee eingezogenen Verwaltungsleiters teilweise ausgeglichen werden. Eine Name wurde noch nicht genannt‚ weil die Bewerberin noch nicht fest zugesagt hatte.

Daraufhin sprach ich im Juli wieder mit Herrn Heubel (ich habe zweimal niemand angetroffen); seine Frau war nicht da, er wolle es ihr ausrichten. Am 31. Juli sagte er mit dann in der Zahnarztpraxis (wo Ursel einen Termin hatte), seine Frau sei mit dem Angebot einverstanden. Ich gab ihm das Muster eines Arbeitsvertrages mit, dem ich die näheren Bedingungen (Arbeitsbereich, Arbeitszeit, Gehalt) beifügte (bis hin zu Brutto- und Nettozahlen).

Am 5. August traf mich Herr Heubel auf der Straße und sagte, seiner Frau sei alles recht, ob sie nicht noch einmal kommen könnten. Wir vereinbarten den 10. August 19 Uhr, obwohl ich seit 4 August Urlaub hatte und vom 7.- 9. August außerhalb war und am 11. August wieder weg fuhr. Wir sprachen dann noch einmal über alles und vereinbarten den 1. September um 8 Uhr als Beginn der Arbeit.

Für mich war keine Zeit, weitere Gespräche zu führen, zumal ich ja Urlaub hatte. Ich übergab die Sache dann Herrn Nothnagel und bat ihn, auf der Kirchenkasse Bescheid zu sagen. Für die Beschlüsse des Kirchenvorstandes ist Herr Nothnagel verantwortlich. Man kann ihm aber nicht zumuten, die vielen Einzelgespräche zu führen; außerdem ist er in den arbeitsrechtlichen Dingen nicht sachkundig. Das alles ist auch nicht seine Aufgabe. Es macht sich einmal mehr das Fehlen eines geschäftsführenden Pfarrers bemerkbar.

Ich hätte Herrn Nothnagel vielleicht noch mehr sagen sollen zu der Art der Übermittlung. Aber ich will ihn auch nicht bevormunden. Doch seine Aussagen wurden nachher von Frau Holland-Cunz so wiedergeben, als hätte ich allein diesen Beschluß gefaßt und hätte es ihnen nur durch Herrn Nothnagel ausgerichtet. Dabei geht mich die Sache an sich gar nichts an. Aber wenn mich halt die Leute ansprechen, kann ich sie nicht zu Herrn Nothnagel in die Werkstatt schicken.

Nach der Rückkehr aus dem Urlaub erfuhr ich dann von Herrn Nothnagel, daß die Sache auf der Kirchenkasse sehr ungnädig aufgenommen worden war. Es sei ihnen etwas übergestülpt worden, sie wären doch auf allen Gebieten auf dem Laufenden und brauchten niemanden mehr.

Ich konnte Beispiele nennen, wo es nicht geklappt hat:

1. Eine Kindergärtnerin hat monatelang die fällige Lohnerhöhung nicht erhalten; deshalb habe ich darauf hingewiesen, daß zum 1. September wieder Lohnänderungen fällig sind.

2. Auf dem Friedhof war alles durcheinander in den schriftlichen Unterlagen (doch ich habe nicht verlangt, daß ich die Gräber anweisen, sondern ich habe es nur der Kirchenkasse abgenommen, weil ich die Unsicherheit bemerkte, die dort über die Lage der Grabstellen herrschte).

3. Als ich auf die Einladungen zur Kirchenvorstandssitzung hinwies, sagte Frau Holland-Cunz: „Das hat doch immer Herr Nothnagel gemacht!" (oft habe ich es auch gemacht); es wurde ihnen also Arbeit abgenommen, weil sie überlastet waren.

4. Frau Holland-Cunz gab mir einen Zettel, ich solle ihr Merkblätter für den Friedhof vervielfältigen. Aber sie erwartet, da ich auch die Matrize beschreibe. Also Arbeit für die Kirchenkasse ist durchaus da, das meinte auch Herr Nothnagel.

Den Vorwurf, ich würde nicht informieren, kann ich nur zurückgeben: Als andere Leute auf der Kirchenkasse angestellt wurden oder schon früher in der Gemeinde allgemein, da wurde auch nicht informiert, geschweige denn beschlossen. Frau HM. wurde sogar von einem Tag auf den anderen als Küchenleiterin eingesetzt. Als man sie dann wieder loshaben wollte, weil jetzt Frau Gießler angestellt werden sollte, da sollte ich sie wieder rauswerfen. Auch über die Anstellung von Frau H. ist kein Beschluß des Kirchenvorstandes gefaßt worden.

Doch wichtiger ist ein Vorfall aus der letzten Zeit: Ich komme in den Kindergarten, da ist von einer neuen Mitarbeiterin die Rede. Ich gehe auf die Kirchenkasse, da sitzt Frau U. da und arbeitet an den Kirchenbüchern. In einer Besprechung mit den Kirchenvätern frage ich Herrn Peters danach. Er versichert: „Sie arbeitet dort nur privat, sie steht in keinerlei Dienstverhältnis zur Kirchengemeinde“" Doch bald darauf sah ich sie mit Kirchensteuerbescheiden und Karteikarten auf der Kirchenkasse sitzen. Dem Vernehmen nach hat sie sogar Unterlagen mit nach Hause genommen und in Heimarbeit erledigt (!). Sie wurde auch entlohnt, aber nicht nach einem Tariflohn, sondern gleich hoch wie Frau Holland-Cunz. Über diese Lohnsache bin ich nicht befragt worden.

Auf der Kirchenkasse vermuteten sie, daß dadurch eine von ihnen durch Frau Heubel aus der Arbeit herausgedrängt werden soll (Frau H. wollte allerdings sowieso nur aushelfen‚ Frau Holland-Cunz hat einen Arbeitsvertrag). Herr Nothnagel war genauso wie ich enttäuscht von der Reaktion. Wir waren der Meinung, daß eine Entlastung willkommen wäre. Sicher hätte man schon vor der Kirchenvorstandssitzung auf der Kirchenkasse fragen können, ob noch jemand willkommen ist. Aber daß man dort unterbesetzt ist, ergibt schon der Stellenplan. Außerdem war die ganze Sache so ungewiß, daß man erst einmal die Zusage der Frau Heubel abwarten mußte, ehe man der Sache nähertrat.

Ich ging noch Montagabend zu Freu Holland-Cunz. Ich sagte ihr: „Wenn Sie grundsätzlich dagegen sind und nicht zur Zusammenarbeit bereit sind, dann gehe ich jetzt noch zu Frau Heubel und sage ihr ab!“ Sie versicherte aber, daß sie sich loyal verhalten wolle. Sie wollte noch wissen, ob ich Frau Heubel anlernen wolle. Ich sagte, daß ich das gar nicht könne, das müsse sie schon machen. Das hat sie auch zugesagt. Ich hatte den Eindruck, daß es um die Person der Anzustellenden ging: Sie ist eine Lehrerin, sie ist eine Persönlichkeit, sie ist keine Steinbacher (obwohl ihre Großeltern hier wohnten)‚ sie hat einfach nicht den richtigen „Stallgeruch“.

Als ich Dienstag um 8 Uhr auf der Kirchenkasse war, hatte sich Frau Heubel schob mit Frau Holland-Cunz bekannt gemacht. Ich erfuhr bei dieser Gelegenheit erst, daß Frau Holland-Cunz schon ab 7.30 Uhr arbeitet. Ich ging mit Frau Heubel im Haus herum und alle waren überfreundlieh. Ich wies Frau Heubel auf die Geheimhaltungspflicht hin und gab ihr gleich noch zwei Aufgaben‚ weil ich befürchtete, daß ihr gesagt würde, es sei ja keine Arbeit da.

Durch ihre sympathische Art hat Frau Heubel dann offenbar aber schnell die Vorurteile überwunden. Das wurde mir klar, als ich am Donnerstagabend bei einer Besprechung mit den Kirchenvätern neue Einzelheiten von Herrn Nothnagel erfuhr, der am Nachmittag bei Holland-Cunz gewesen ist. Jetzt hieß es nämlich: „Die Frau Heubel sei ja ganz nett, aber der Pfarrer Heckert!“Mit dessen Informationspolitik sei man gar nicht einverstanden. Sie hätten jedesmal Angst, wenn er nur ins Zimmer tritt, was er jetzt wieder will. Am besten wäre, wenn er Hausverbot erhielte!

Als Frau H. noch etwas wegen Lohnsachen wissen wollte, ging ich  einfach nach dem Essen fort. Da kam sie mir auf den Hof nach. Ich sagte ihr, daß ich mich um solche Dinge nicht mehr kümmere, weil man sich über meinen Einsatz beschwert hat. Frau H. meinte, ihre Sache sei doch etwas anderes. Ursel kam dazu und sagte: „Sie haben aber doch auch gesagt, Sie hätten schon Angst, wenn der Pfarrer Heckert nur herein kommt!“ Frau H. widersprach, das habe sie nicht gesagt (Ich habe ja gleich gesagt, daß das von Frau Jäger kommt). Sie sagte: „Was soll ich denn machen, ich will doch die nächsten Tage fort!“ Aber ich bleib hart, weil für mich die Sache unteilbar ist. Sie sollten merken, daß sie sehen, wie weit sie kommen, wenn sie auf sich gestellt sind.

In diesem Zusammenhang wurde auch behauptet, früher hätten sie auf der Kirchenkasse auch eine Stunde weniger gearbeitet, weil der Lohn so niedrig war, es wären also keine zwei Planstellen gewesen. Das ist natürlich ein starkes Stück, das Ansehen des früheren Verwaltungsleiters Herrn Reumschüssel so zu beschmutzen, der nur herumgelaufen ist für die Kirchengemeinde. Vor allem die Organisation von Bau-Dingen sollte wieder mehr die Sache der Kirchenkasse werden. Auch Herr Nothnagel war der Meinung, man sollte lieber etwas mehr Leute anstellen, damit sie auch einmal in einem anderen Bereich aushelfen können (wenn man zwar prinzipiell auf dem Büro ist, kann man auch einmal zeitweise in der Küche arbeiten).

Ich fragte, wer denn diese Information gegeben habe, daß man eine Stunde weniger gearbeitet habe. „Das hat Frau Jäger gesagt!“ Da war also klar, aus welcher Ecke wieder alles kam. Mit ihr ist also alles besprochen worden und sie hat auch angegeben, wie zu verfahren sei. Auch die Äußerung „Wir haben schon Angst, wenn er hereinkommt“, ist genauso von ihr gesagt worden.

Herr Nothnagel machte mir dann noch den Vorwurf, daß ich ihm nicht gesagt habe, daß Heu­bels einen Ausreiseantrag gestellt haben. Ich sagte dazu: „Ich hielt das für eine vertrauliche Mitteilung. Diese darf ich niemandem weitersagen! Es ist mir allerdings schon oft widerfahren, daß die Leute es dann selber dem Nächsten weitergesagt haben!" Frau Heubel hat es auch selber auf der Kirchenkasse gesagt. Da fiel denen offenbar ein Stein vom Herzen und es war alles gut. Jetzt richtete sich ihr Zorn nur noch gegen mich, so wie das schon Ursel vorausgesagt hatte. Aber ich blieb dabei, daß ich solche Dinge für mich behalten muß, damit auch Herr Nothnagel sich darauf verlassen kann, daß ich nichts weitersage.

Zu einer Ausfertigung des Vertrags kam es nicht, weil ich ab 1. September 1987 nicht mehr geschäftsführender Pfarrer war und den Vertragsabschluß nicht mehr machen durfte. Der fehlende Arbeitsvertrag ist ein Verstoß gegen das Arbeitsrecht (§ 42). Er gilt dennoch, ein Arbeitsrechtsverhältnis besteht, auch wenn der Formfehler vorliegt, daß der Vertrag keine Schriftform hat. Frau Heubel wurde angestellt gemäß § 47, Abs.1 b bis zur Rückkehr von Herrn Hey. Als dieser aber wieder seine Arbeit aufnahm, wurde Frau Heubel ohne Diskussion weiter beschäftigt. Stillschweigend wurde der befristete Arbeitsvertrag in einen unbefristeten umgewandelt.

Die Weiterbeschäftigung war ohne weiteres möglich, da laut Beschluß von 1971 auf der Kirchenkasse zwei Planstellen bestehen, die durch eine Weiterbeschäftigung von Frau Heubel noch nicht voll ausgeschöpft waren. Ein Ausschuß soll nun prüfen, ob zwei volle Arbeitskräfte gebraucht werden. Dazu sind der Verwaltungsleiter, eventuell auch die Angestellten zu hören. Es wurde anerkannt, daß ein „Springer“ für den Betrieb sehr wertvoll ist. Dennoch soll Frau Heubel gefragt werden, ob sie ihre Stundenzahl reduzieren will oder sogar ganz auf den Arbeitsplatz verzichten will. Wenn sie zu den bisherigen Bedingungen weiterbeschäftigt werden will‚ wird man daran einseitig nichts ändern können. Weshalb soll an ihrer Arbeitszeit etwas verändert werden‚ wenn das gut in ihren Tagesablauf paßt (Schulbeginn bzw.-schluß bei der Tochter)? Warum soll sie die Arbeitsstelle ganz aufgeben, nachdem sie sich dort nun gut eingearbeitet hat und es ihr gefällt?

Das Arbeitsrechtsverhältnis mit Frau Heubel hat nichts zu tun mit dem Antrag von Frau Holland-Cunz auf Aufstockung ihrer Arbeitszeit. Sie war an sich nur zu einem Drittel angestellt, das man auf 70 Stunden im Monat aufgerundet hat. Für die Zeit, die der Verwaltungsleiter bei der Armee war, hat sie sich bereiterklärt, 95 Stunden zu arbeiten (eine halbe Anstellung. Nach Rückkehr des Verwaltungsleiters galten wieder die 70 Stunden aus dem Arbeitsvertrag, da nichts anderes beantragt war.

Es ist nicht zu prüfen, ob die Arbeitszeit bei Frau Heubel herabgesetzt werden kann, sondern ob sie bei Frau Holland-Cunz heraufgesetzt werden kann. Das Argument, früher sei das Kirchspiel Springstille mit betreut worden, spricht dafür, nicht mit der Stundenzahl höher zu gehen. Dieses Arbeitsgebiet machte 5 Prozent aus (wenn man von der Vergütung ausgeht); die Ausgliederung dieses Bereichs rechtfertigt nicht die Herabsetzung der Planstellen auf nur 1,5.

Frau Holland-Cunz gibt an, sie führe die Kasse und die solle möglichst in einer Hand bleiben. Das ist unrealistisch und auch sonst nicht üblich, am Dienstagnachmittag oder bei Abwesenheit von Frau Holland-Cunz (Sparkasse, Krankheit, Friseur) müssen auch die anderen an die Kasse können. Außerdem sagt sie, sie hätte jetzt vom Haushalt her mehr Luft. Früher als Not am Mann war, war sie nicht bereit, einige Stunden mehr zu arbeiten, aber jetzt, wo genug Leute da sind, will sie mehr Stunden haben. Sie wäre zu fragen, ob die Aufrechterhaltung des Arbeitsverhältnisses von der Aufstockung auf 95 Stunden abhängt.

 

Weitere Kritik

In der Sitzung am 12. September 1988 wurde Herr König aggressiv und sagte: „Gemeindeglieder hätten gefragt, ob wir denn neue Totengräber hätten, weil Angestellte der Kirchengemeinde - darunter Pfarrer Heckert - ein Grab gemacht hätten!“ Hier gab es allerdings Protest aus dem Kirchenvorstand, aber keinen Ordnungsruf des Vorsitzenden oder des Dekans. Dabei war diese Äußerung genauso beleidigend wie die des Herrn Holland-Cunz, nur ging es jetzt um die eigentliche Gemeindearbeit. Doch es wurde auch gesagt: „Da haben Sie nichts Falsches gemacht!“ und: „Was wäre gewesen, wenn das Grab nicht gemacht worden wäre?“ Als ich wiederum nichts dazu sagte, fragte der Dekan mich: „Sagen Sie denn nichts dazu?“ Es lag ihm offenbar wieder daran, neues Material gegen mich zu finden.

Auch wegen der Jugendarbeit gab es Kritik. Ich sagte dazu: „Es ist alle Jahre Jugendarbeit gemacht worden, zum Teil zwei Abende die Woche. Aber auch der Kreisjugendpfarrer hat sich schon abfällig auf der Synode darüber geäußert, obwohl ich nicht weiß, woher er seine Informationen hat. Ich habe das nur nicht mehr im Gottesdienst abgekündigt, weil ich nicht möchte, daß die Abkündigungen überfrachtet werden. Ich halte es für überflüssig, alle Chorstunden abzukündigen, wo doch kaum jemand da ist, den es angeht (zum Beispiel Singekreis). Dadurch gehen die wirklich wichtigen Dinge unter.“

Ich erläuterte weiter: „Ich habe andere Wege, die Jugendlichen direkt zu informieren. Zu der Vorführung bei einem Laienspielabend habe ich etwa 100 Einladungen, verschickt, es ist allerding nur ein Mädchen gekommen, dazu zwei Konfirmanden. Es wird auch im Oktober wieder Jugendabend sein. Ich verstehe nicht, weshalb Herr Nothnagel danach fragt, wo er doch genau weiß, daß im Juni zwei Abende waren (über einen hat er sich ja beim Dekanat beschwert). Nach dem Männerabend fragt auch niemand. Es wurde eingewandt, daß man hören solle, auch Fremde, was bei uns los ist. Aber der Sinn der Abkündigungen ist Information, nicht Propaganda!“

 

Zum Thema „ Hausmeister“ sagte Herr Nothnagel: „Ich bin der Meinung, daß Herrn Künzel der Hausmeister nicht in die Wiege gelegt worden ist. Ich könnte mir vorstellen, daß es ein anderer Hausmeister besser packt. Es fehlt ihm das Talent zu sehen, was nötig ist!“ Leider ist längst vergessen, wie man über den vorhergehenden Hausmeister geklagt hat. Der hat halt all das gemacht, was ins Auge fiel. Aber die meisten bedenken nicht, daß er auf dem Friedhof ja auf eigene Rechnung gearbeitet hat. Sie wissen ja auch nicht, wie oft er sich direkt geweigert hat, vertraglich vereinbarte Dinge auszuführen. Es wurde mitgeteilt‚ daß sich Herr Künzel um eine Ausbildung als Diakon in Züssow beworben hat. Im Mai soll er Bescheid erhalten, ob er genommen wird. Im September 1989 könnte er anfangen. Aber vorher wird er wohl noch zur Armee kommen. Aber er wird sich sagen: Da kann ich Heimleiter werden, bin selber Chef und braucht mich nicht herumkommandieren zu lassen.

Nach diesem Thema fragte Dekan Schreiber, ob es mit den Dienstbesprechungen denn klappt. Dazu Herr Nothnagel: „Wenn Sie die Teilnahme des Ehepaares Heckert meinen, so ist das nicht der Fall!“ Wieder behauptete er, daß damals festgelegt worden sei, wer daran teilnimmt, nämlich „alle leitenden Mitarbeiter“. Das hatte er festgelegt, aber nicht der Kirchenvorstand. Er meinte: „Es hat sich als sinnvoll erwiesen. Das hat auch Herr Hey eingesehen. Es ist bedauerlich, wenn nicht alle Angestellten, die ein bestimmtes Aufgabengebiet haben, teilnehmen!" (Hier hat er das „leitende Angestellte“ modifiziert).

 

Austritt HC.

Hauptpunkt der Sitzung am 12. September 1988 war der Austritt von Herrn HC. In der Pause der Pfarrkonferenz am 15. Juni  hatte mit schon der Dekan mitgeteilt, daß Herr HC. ihm einen Brief geschrieben habe, in dem er seinen Austritt aus dem Kirchenvorstand bekanntgibt. Er könne es gesundheitlich nicht mehr schaffen und rege sich zu sehr auf. Besonders fühle er sich unter Druck gesetzt, daß ich von ihm einen Beleg für seine Behauptung verlangt habe, ich hätte ohne Beschluß Geld ausgegeben. Er sehe das aber nicht als ein juristisches Problem, sondern er wolle mir den seelsorgerlichen (!) Rat geben, mich nach einer anderen Pfarrstelle umzusehen.

Der Brief wurde zunächst nicht verlesen. Die Schwierigkeit ist, daß er an den Dekanatssynodal­vorstand geschrieben hat und nicht an den Kirchenvorstand. Doch der Dekan sagte: „ Aber die Begründung ist Ihnen klar. Es ist eindeutig, daß der Pfarrer Heckert und seine Umgangsweise der Grund für den Austritt ist. In den letzten Sitzungen haben Sie ja erlebt, wie Pfarrer Heckert ihn bedrängt hat, Näheres zu seinen Aussagen zu sagen, Heckert habe Geld ausgegeben ohne Beschluß des Kirchenvorstandes. Ich habe ihm gesagt, daß er das nicht braucht, sein Einwurf sei nicht so gewichtig gewesen. Es ist beschwerlich, daß es in dieser Periode der Dritte ist, der meint, nicht mehr mitmachen zu können!“

Am 17. August hat der Dekan dem Bischof den Brief zu lesen gegeben und der hat ihn akzeptiert. Herr HC. hatte über seine Frau auch von den Bananen erhalten und seine Frau war von Frau Jäger sofort in eine höhere Gehaltsstufe eingeordnet worden. Er selber aber wußte jetzt nicht, wie er aus seiner voreiligen Bemerkung wieder herauskommen sollte. Bisher war es immer so, daß er die Flinte ins Korn warf, wenn es für ihn schwierig wurde.

Der Dekan las weiter vor: „Ich halte es für besser, wenn durch Sie das Dienstverhältnis gelöst wird, nicht als Strafe, sondern als Hilfe. Ich bitte Sie um Hilfe, für ihn eine andere Tätigkeit zu finden, auch wenn zu befürchten ist, daß es mit der Zeit dort auch nicht anders wird. Ich habe nicht vermocht, die Verhältnisse zu verbessern, sondern ich habe Bedingungen für Zuspitzungen gesetzt. Seit der letzten Sitzung hat mich das Steinbacher Problem noch öfter und tiefer beschäftigt als sonst. Es belastet mich stark und bedrückt mich, so daß ich um Verständnis bitte, wenn ich mein Amt niederlege!“ Darauf Herr Nothnagel: „Wenn es keine Wortmeldungen mehr gibt, schließen wir den Punkt ab!“ Er war auch abgeschlossen, denn es entstand eine längere Pause.

Nachdem aber Frau HM. doch noch etwas dazu gesagt hat, hakte auch der Dekan wieder ein. Erneut sagte er: „Es ist beschwerlich, daß es schon der dritte Fall ist. Ich habe ja Pfarrer Heckert einen Vermittlungsvorschlag gemacht. Aber er hat ja verlangt, daß ich hätte eingreifen müssen. Daß ein Zurückstecken nicht möglich war, halte ich für eine ungute Sache, das führt nicht zu einem Miteinander. Die verlangte Richtigstellung war nicht im Interesse der Gemeindesituation!“

Die Verschärfung ist von der Seite von Herrn HC. ausgegangen. Man kann doch jetzt nicht den Spieß herumdrehen und so tun, als hätte ich ihn beleidigt. Hätte er sich nicht so unqualifiziert geäußert, wäre er wohl nicht ausgetreten. Er hätte der Sache mehr gedient, wenn er stillschweigend gegangen wäre. Aber jetzt noch ein so großes Faß aufzumachen‚ nachdem er sich danebenbenommen hat, ist unfair. Man kann nicht irgendein „Geheimwissen“ andeuten, dann aber nicht dazu stehen. Da schweigt man lieber. Und wenn man austreten will, dann geht man stillschweigend, wie es damals Gerhard Huhn gemacht hat, anstatt noch ein Faß aufzumachen. Er ist übrigens schon der Vierte, der ausgetreten ist. Aber Herr H. hat es wenigstens nicht auf mich geschoben, obwohl er auch Argumente hätte vorbringen können.

In der Sitzung am 10. Oktober 1988 wurde der Brief dann vollständig verlesen, aber zunächst nichts protokolliert, auch nicht dem Austritt zugestimmt. Ich fragte nach der Sitzung, ob ich den Brief haben könne, mindestens viermal habe ich gefragt. Die Antwort war schließlich: „Da muß ich erst Herrn Holland-Cunz fragen!“ Vorher hatte er noch gesagt, ein Brief an den Dekanats­synodalvorstand sei ein „öffentlicher“ Brief und könne überall bei den zuständigen Leuten vorgelesen werden. Ich hätte den Brief gern, um eine Gegendarstellung festhalten zu können.

Ich sagte erst nach der Sitzung noch etwas zum Dekan: „Man darf nicht vergessen, was den Austritten vorausging. Herr Nothnagel hatte den Angestellten Versprechungen auf Lohnerhöhung gemacht, Frau H. war an dem Brief an den Landeskirchenrat beteiligt und Herr HC. wußte nicht, wie er wieder herauskommen sollte; bisher war es noch immer so, daß er die Flinte ins Korn warf, als es schwierig wurde. Es ist jetzt ein Jahr her, aber sein Plan für die Gestaltung des Friedhofs ist nicht da. Und allen Auseinandersetzungen ist er ja auch aus dem Weg gegangen, weil man sich da mit vielen Leuten verfeinden kann!“

 

Herbst 1988

Während der Kirmes war der Dekan mit seiner Frau bei Herrn Nothnagel und anschließend mit ihm bei uns. Herr Nothnagel wollte wissen, weshalb ich den Ausreiseantrag von Heubels verschwiegen hatte. Ich wies darauf hin, daß ich doch mehrfach gesagt habe, es handle sich um eine befristete Anstellung. Warum hat man mir das nicht geglaubt? Aber bekanntlich bin ich ja ein Lügner! Warum glaubt man mir jetzt eher, wo man das weiß? Das liegt doch nur daran, daß von bestimmter Seite Mißtrauen gesät wird

Offenbar ist es so, daß diese Dinge immer wieder von der Frau Jäger der Frau Holland-Cunz eingeredet werden, bis sie es selber glaubt. Es sind die gleichen Vorwürfe, die auch schon Frau Jäger gemacht hat: Ich wäre zu kurz angebunden, würde zu wenig reden, würde nichts erklären, würde ihnen Angst einjagen!

Tatsache ist jedoch, daß ich oft eine halbe Stunde oder eine ganze Stunde auf der Kirchenkasse sitze und etwas arbeite. Zwischendurch werde ich oft drei- oder viermal gefragt, wenn sich etwas ergibt oder ihnen etwas einfällt. Mit Kritik habe ich mich sehr zurückgehalten, obwohl es sehr viel zu sagen gäbe. Einige Punkte erwähnte ich noch:

1. Mehrfach habe ich schon gesagt, daß keine Karteikarte angelegt werden darf, wenn die Umzugsmeldung nicht erfolgt ist. Bei einer Familie aus Altersbach war diese Meldung im Jahre 1986 aus Oberhof angefordert worden. Sie ist aber jetzt erst 1988 gekommen mit Steuerschulden für drei Jahre. Ich sehe bei uns in der Kartei nach und stelle fest, daß dort doch eine Kartei angelegt wurde und die Leute auch bezahlt haben, allerdings zu viel, weil wir von der Existenz eines Kindes nichts gewußt haben. Zufällig treffe ich die Leute auf der Kirmes und frage sie, ob sie über Oberhof einen Steuerbescheid gekriegt haben. Sie bejahten das und waren zum Glück nicht eingeschnappt, daß sie nun von zwei Seiten veranlagt wurden.

2. Die Familie H. wollte einer Taufbescheinigung für ihren Sohn, der wegen versuchter Republikflucht 9 Monate im Gefängnis saß und nun im Westen ist. Frau Holland-Cunz legte mir das vor. Aber ich sagte, ich müsse da Näheres wissen, zu welchem Zweck er die Bescheinigung haben möchte (Pfarrer durften ja in der DDR keine Personenstandsbescheinigungen ausstellen). Ich nahm an, er wolle es für eine Nachkonfirmation haben. Dann müßte aber bescheinigt werden, wieviel Unterricht er gehabt hat. Da ich von Frau Holland-Cunz nichts mehr dazu erfuhr, ging ich selber zu den Leuten hin. Da sagten sie mir: „Das hat sich erledigt. Die Gertraud hat uns schon die Bescheinigung geschrieben!“ Da stand ich also da. Die Mutter sagte, sie wüßte nicht, wozu die Bescheinigung erforderlich sei, er habe sie zusammen mit anderen haben wollen, sie habe aber keinen direkten Kontakt mit ihm, sondern nur über das Rechtsanwaltsbüro Vogel. Ich hinterließ, daß sie sich an mich wenden solle, wenn noch mehr erforderlich ist. Seit Jahren habe ich der Kirchenkasse streng untersagt, solche Bescheinigungen auszustellen. In diesem speziellen Fall habe ich wiederum gesagt, daß ich das machen müsse (weil eventuell der staatliche Bereich berührt ist). Dennoch hat Frau Holland-Cunz es gemacht, obwohl es sich doch um etwas anderes handelt als einen Kirchenbuchauszug. Doch habe ich kritisch immer nur solche Dinge vorgebracht, die mit meinem Pfarrbezirk zu tun haben und meiner speziellen Arbeit.

Viel mehr wäre zu sagen zu den Zahlungsanweisungen. Hier wird weiterhin geschaltet und gewaltet, als gäbe es keinen Kirchenvorstand und keine kirchlichen Vorschriften. Es liegt eine Anweisung dazu vor, aber die ist in der Schublade. Es wird stattdessen alles so gemacht, wie es bei Frau Jäger war. Die hat bei Frau Holland-Cunz immer noch mehr zu sagen als jeder Pfarrer. Handwerker werden bestellt, Briefe werden geschrieben oder am Pfarrer (und auch Herrn Nothnagel) vorbeigeleitet. Viel Doppelarbeit entsteht. Aushänge werden gemacht, die inhaltlich falsch sind (wie suchen keine Reinigungskraft für halbtags, sondern eine vollausgebildete und voll angestellte Küchenkraft) und mit Rechtschreibfehlern. Beim Rates des Kreises hat das Anstoß erregt, weil wir nicht um Arbeitskräfte werben dürfen.

Zu all diesen Dingen habe ich eisern geschwiegen. Auch zu den Provokationen der Küche‚ wo man ja genau weiß, was der Kirchenvorstand zu dem Thema „Nachtisch für die Angestellten“ beschlossen hat, nämlich anderer Nachtisch, wenn es für die Kinder Bananen gibt. Inzwischen kriegen Ursel und ich gar keinen Nachtisch mehr, wenn die anderen Bananen erhalten.

Angeblich will ich auch Ute König aus der Küche verdrängen, weil ich gesagt habe, ich würde mich solange nicht um eine Köchin kümmern, wie Ute in der Küche ist. Ich sagte dazu: „Ich habe mich schon um drei Köchinnen gekümmert und bemühe mich noch um zwei weitere. Aber wenn Bereitschaft da wäre, würde ich niemandem empfehlen, bei uns anzufangen, wenn diese Sache nicht klar geregelt ist, denn ich habe ja auch einen Ruf zu verlieren. Daran ist Ute aber selber schuld, wenn sie sich prinzipiell gegen jeden stellen will, den ich besorge und der ihr übergeordnet werden soll!“

 

In der Sitzung am 10. Oktober 1988 führte Herr König Beschwerde wegen des „Stundenbuchs“ für die Küche, das geändert worden war. Er sagte: „Es ist eine totale Lüge von Herrn Hey, der Kirchenvorstand hätte beschlossen, daß es nur für die Sonntagsstunden freie Tage gäbe. Es werden nur noch Lügen erzählt, auch von Pfarrer Heckert!“ (Das war ja völlig unmotiviert, er war halt nur so geistig beschränkt, daß er das irgendwie anbringen wollte). Daraufhin sagte ich, an den Dekan gewandt: „Herr Dekan, wäre hier jetzt nicht einmal ein Ordnungsruf angebracht?“ Er murmelte etwas, das wie „ja“ klang, unternahm aber nichts.

Früher wurde einmal gerügt, daß ich das Wort „Lüge“ für eine falsche Behauptung verwendet habe. In dem Wort „Lüge“ wird offenbar eine negative Wertung gesehen‚ während es nach meinem Sprachgefühl zunächst einmal wertneutral ist und bedeutungsgleich mit „Unrichtigkeit“. Herr König sprach von „Lüge“ bei einem Tatbestand, wo er sich irrte (ich will mich vorsichtig ausdrücken). Der Tatbestand ist seiner Tochter vom Verwaltungsleiter erklärt worden. Wenn Herr König das nicht glaubt, hätte er sich vorher informieren müssen, ehe er von „Lüge“ spricht.

Sachlich und nüchtern sollte man über die Tatsachen sprechen und nicht von „Lügen“ reden. Daß dies unwidersprochen in der Kirchenvorstandssitzung geschah, ist belastend. Der Vorwurf ist genauso schwerwiegend wie der von Herrn Holland-Cunz. Schon in der Sitzung am 12. September hat Herr König eine entsprechende Behauptung geäußert, gegen die Mitglieder des Kirchenvorstandes protestiert haben, nicht aber der Vorsitzende und der anwesende Dekan.

Es ist eine Ungeheuerlichkeit, wenn ein Pfarrer von einer gewissen Gruppe der Gemeinde (ich will nicht gleich von „Öffentlichkeit“ reden) der Lüge bezichtigt wird. Das zeigt, wie weit wir schon gekommen sind, nachdem nicht den Anfängen gewehrt wurde. Nach dem Vorfall mit Herrn HC. wo ich mich ja auch erst im Wiederholungsfall zur Wehr setzte, hatte ich gehofft, daß man jetzt vorsichtiger ist.

Aber so Leute wie Herr König werden nun ermuntert, noch mehr zu provozieren. Man kann sich da nicht heraus reden: „Der Herr König ist eben so, der poltert schnell einmal etwas heraus. Das war doch nicht so gemeint! Das darf man nicht so schwer nehmen! Als Pfarrer muß man da großzügig sein und über den Dingen stehen!“ Hier geht es nicht nur um die Person, sondern auch um das Amt.

Ich habe mich nicht provozieren lassen, sondern zunächst nur die Tatsachen richtig gestellt. Ich kann es mir ja auch nicht erlauben, mit Herrn König einen Disput wie mit Herrn HC. anzufangen. Aber der Dekan meinte nach der Sitzung, ich hätte mich zur Wehr setzen sollen. Doch dann muß man erwarten, daß Herr König auch aus dem Kirchenvorstand austritt und sagt, es wäre wegen mir. Aber der Dekan wollte mich nur zu weiteren Unvorsichtigkeiten verleiten, es wäre seine Pflicht gewesen, einzugreifen.

Am Schluß der Sitzung las ich aus dem Beschlußbuch des Kirchenvorstandes vor, das ich für mich angelegt hatte, nachdem mir das Protokollbuch ja nicht mehr zugänglich war. Danach war am 16. Januar 1984 war beschlossen worden: „Außerdem wird für Sonn- und Feiertagsarbeit allen Mitarbeitern ein unbezahlter freier Tag in der Woche gewährt, allerdings nur, wenn keine Rüstzeit ist.......die anderen Überhangstunden, die während der Woche entstehen, werden stundenweise abgebummelt!“

 

Bald darauf liefen die nächsten Beschwerden auf: Zu dem Familiengottesdienst „50 Jahre kirchlicher Unterricht“ hätte ich auch noch andere Leute und den Dekan einladen sollen und auch die Dörfer hätten beteiligt werden sollen, selbst Kirchenchor und Posaunenchor sollten mitwirken. Anstatt daß man froh war, daß statt 50 Leuten einmal 250 kamen, mußte ich den Eindruck haben: „Lieber nichts Besonderes machen, dann kann man sich auch nicht beschweren.“

Am 9. Oktober 1988 machte ich in Steinbach-Hallenberg einen Familiengottesdienst mit dem Thema „Kinder sind wichtig in der Gemeinde“ (Mt 18,1). Zur Veranschaulichung wurde ein Gespräch der Kinder wiedergegeben, das vor 50 Jahren hätte geführt werden können, als der Religionsunterricht in der Schule von kirchlichen Kräften übernommen werden mußte. Dazu waren auch Pfarrer Wüpper und Frau eingeladen, die damals das in die Wege geleitet haben. Aus den späteren Jahren der Christenlehre berichteten Schwester Ruth, Frau Lieberknecht und Herr Lieberknecht jeweils mit unterschiedlichen Akzenten.

In der Kirchenvorstandssitzung am 10. Oktober behauptete Pfarrer Peters zunächst, Kirchenvorsteher hätten sich im Laufe des Montags über die Durchführung des Gottesdienstes beschwert. Als er in der Sitzung aufforderte, die Beschwerden vorzubringen, meldete sich aber keiner. Angeblich sei gefordert worden, man hätte den Dekan einladen sollen. Etwa 14 Tage vorher war ich bei Herrn R. und bat ihn, die anwesenden Kirchenvorsteher nach dem Gottesdienst einmal nach ihrer Meinung zu befragen, ob der Dekan zu dem Gottesdienst hätte eingeladen werden sollen. Einer der Kirchenvorsteher ging danach zu Pfarrer Peters und teilte ihm das mit. Der sagte, er könne nichts dazu sagen, weil es ja nicht im Kirchenvorstand besprochen worden sei. Dann hieß es, Gemeindeglieder hätten sich auch beschwert, dann wieder die „Kirchenväter“. Dabei handelte es sich doch nur um eine Anfrage von mir an den Kirchenvorstand. Dieser eine Kirchenvorsteher, der bei Herrn Peters war, hat sich auch nicht beschwert, sondern nur mitgeteilt.

Als der Kindergarten das 90-jährige Jubiläum feierte (warum eigentlich 90 Jahre, das 80-jährige wurde auch nicht begangen?), hat niemand vorher den Kirchenvorstand gefragt, auch in der Dienstbesprechung wurde nichts gesagt. Als Pfarrer wurde ich Ende April einfach vor die Tatsache gestellt, daß man für den Sonntag, an dem ich den Gottesdienst hätte halten sollen, schon jemand anders eingeladen hatte. Damals hat man den Dekan eingeladen und der hat auch großzügig 5.000 Mark spendiert; aber davon wollte ich mich bewußt absetzen, es sollte halt nur eine kleinere Sache sein.

Erste Frage: „Warum wurden nicht alle eingeladen, die Christenlehre erteilt haben?“Dazu ist zu sagen: Es existieren keine Unterlagen, wer alles bei uns Christenlehre erteilt hat. Es konnte nur der eingeladen werden, von dem ich wußte. Es wurden aber im Laufe des Gottesdienstes noch verschiedene andere Mitarbeiter erwähnt, die Anwesenden waren nur stellvertretend da.

Zweite Frage: „Warum war Gottesdienst auf den Dörfern?“ Herr Peters ergänzte: „In Rotterode waren 14 da, in Altersbach 22.“ Doch in Altersbach ist die Zahl normal. Aus Rotterode waren vier der regelmäßigen Kirchgänger da (18 Leute wäre auch in Rotterode noch normal). Frau Fischer wies darauf hin, daß die älteren Leute nicht hätten laufen können. Herr Peters meinte, ein Bus hätte sich gelohnt (aus Altersbach war ein regelmäßiger Kirchgänger da); das hätte genauso eine Pleite gegeben wie beim Missionsfest.

Der Termin kam auf Wunsch von Pfarrer Wüpper zustande, der genau wußte, daß 14 Tage später schon Schnee hätte liegen können (er erwähnte im Gespräch ein solches Beispiel). Vorher ging es nicht, weil immer etwas anderes war. Außerdem lag das Ereignis damals im Herbst.

Den Posaunenchor oder Kirchenchor hätte man nicht auch noch einsetzen können, weil der Gottesdienst schon überlang war. Wenn Kinder dabei sind, dann sind 75 Minuten das Äußerste. Ich bin nur froh, daß es mit der Einladung eines auswärtigen Predigers nichts geworden ist, sonst hätten wir diese Zeit nicht einhalten können. Andererseits war ein leichtes Überziehen möglich, weil hinterher kein Kindergottesdienst war.

 

Dann ging es um die Friedensdekade. Der Kirchenvorstand wollte sie unbedingt haben. Ich bat darum, daß Herr Peters einmal die Sache in die Hand nimmt und auch der Kirchenvorstand sich beteiligt. Es mußte unbedingt die Friedensdekade durchgeführt werden, aber vom Kirchenvorstand waren nur zwei Leute an je einem Abend da: Am ersten Abend waren vom Kirchenvorstand Herr Nothnagel da. Er beschwerte sich aber in der Kirchenvorstandssitzung, daß er nicht mitwirken konnte. Aber ich hatte erst um 15 Uhr erfahren, daß ich an dem Abend dran war, weil Herr Peters wieder abgesagt hatte. Am Dienstag war vom Kirchenvorstand Herr L. da.

Man konnte den Eindruck haben, daß es jetzt auch um den Gottesdienst und die eigentliche Arbeit gehen sollte. Es ist seltsam, daß jetzt auf einmal in der Kirchenvorstandssitzung nach der Friedensdekade gefragt wird. Als es damit anfing, wurde zwar im Kirchenvorstand einmal darüber gesprochen. Anfangs haben Kirchenvorsteher auch etwas mitgemacht. Aber nachher wurde das immer mehr zu meiner Privatsache. Auch Herr Peters hat nie danach gefragt, auch nicht in der Dienstbesprechung. Auch in diesem Jahr fragte er erst im Kirchenvorstand. Wahrscheinlich ging es auch darum, das Thema „Jugendarbeit“ wieder ins Spiel zu bringen. Es wurde sogar behauptet, die Friedensdekade sei nur etwas für Jugendliche.

Der Dekan meinte, daß man dafür nicht so viel Vorbereitungszeit braucht: Man nutzt das angebotene Material und man muß selber da sein! Es mag sein, daß er so etwas wie vieles andere aus dem Ärmel schüttelt. Ich habe mir mit jedem Abend soviel Mühe gemacht wie mit einem Sonntagsgottesdienst. Es mußten Lieder ausgesucht werden, Informationen ausgewertet und gekürzt abgetippt, Stichworte für ein Gespräch bzw. eine Auslegung aufgestellt, Hinweise für das Gebet, das die Jugendlichen dann selber formulieren sollten. Einladungen wurden bergestellt, Plakate gemalt und ausgehängt, Material vervielfältigt, der Jugendchor eingesetzt. Nachdem ich das fünf Jahre gemacht habe, kam jetzt einmal Herr Peters ran.

Er fragte wieder: „Wollen wir es weiter durchführen?“ Herr R. „Wir sind doch alle für den Frieden, da muß es gemacht werden!“ Ich wies ihn darauf hin, daß zu den Pflichten eines Pfarrers nur Gottesdienst, Amtshandlungen und Konfirmandenunterricht gehören. Er hatte verstanden, ich wolle den Besuch der Andachten für die Kirchenvorsteher zur Pflicht machen.

 

Herr Nothnagel kritisierte noch die „Selbständigkeit“ des Verwaltungsleiters: „Da geht Post ein und der Verwaltungsleiter beantwortet sie selbständig! Er sollte aber alle eingehende und ausgehende Post zum geschäftsführenden Pfarrer bringen, denn er kann den Kirchenvorstand nicht ersetzen oder vertreten. Auch im Ausdruck ist manchmal noch etwas zu verbessern!“ Nach der Dienstanweisung sind Rüstzeit- und Friedhofssachen und natürlich Bestellungen für die Küche allein Sache der Kirchenkasse, abgesehen von kniffligen Dingen. Alle anderen Schreiben gehen an den geschäftsführenden Pfarrer. Die Zusammenarbeit zwischen dem geschäftsführenden Pfarrer und dem Verwaltungsleiter war nämlich nicht so schlecht, wie Herr Nothnagel immer behauptete. Herr Peters beauftragte Herrn Hey oft mit Aufgaben, die er an sich selber hätte erledigen müssen, es wurde immer alles miteinander abgestimmt.

 

Herr Nothnagel wollte die Auslastung des Rüstzeitenheims überprüft haben. Er behauptete, sie sei zurückgegangen, und er tat so, als sei das Schuld des Verwaltungsleiters. Tatsache ist, daß im Jahr 1987 die Rüstzeiten zurückgegangen sind, als er bei der Armee war. Damals wurden aber auch Rüstzeiten ohne Rücksprache mit dem geschäftsführenden Pfarrer abgesagt, weil angeblich niemand zum Kochen da war. Vielfach wurden die Gäste auch in die Gaststätte geschickt oder mußten sich selbst versorgen, teilweise sogar selber spülen. Das erhöhte natürlich nicht die Attraktivität des Hauses. Herr Hey dagegen engagierte sich sehr für die Kirchengemeinde. Er hat nicht nur das Bestehende verwaltet, sondern sich Gedanken gemacht und versucht, die Sache voranzubringen. Er sah das Gemeindehaus als seine Aufgabe an und hat sich sehr viel über das übliche Maß hinaus eingesetzt.

 

In der Sitzung am 7. November 1988  ging es mehrfach in dem Gespräch über Angelegenheiten der Küche. Herr Nothnagel behauptete, Herr Hey habe Frau H. eigenmächtig eingestellt. Doch einerseits wurde darüber geklagt, daß Ute König an drei Sonntagen nacheinander hatte arbeiten müssen und ihr ungezügeltes Verhalten damit entschuldigt, aber andererseits hat man die Anstellung einer neuen Kraft hinausgezögert. Über eine Bewerbung muß innerhalb von 14 Tagen entschieden sein. Man muß zugreifen, ehe sich die Betreffende nach einer anderen Stelle umsieht. Frau H. wurde nur zur Aushilfe geholt, mit dem geschäftsführenden Pfarrer war das abgesprochen. Aber Herr Nothnagel wollte, daß so etwas auch mit ihm besprochen wird. Doch es ist dann Sache des geschäftsführenden Pfarrers, mit welchen Kirchenvorstehern er sich abspricht, der Verwaltungsleiter kann sich nur an ihn halten.

Frau Jäger fragte, ob Frau H. angestellt sei: „Wenn die den Befähigungsnachweis hat, muß sie Leiterin werden, aber dann muß sie auch ständig anwesend sein!“ Es ging aber im Grunde um etwas anderes. Herr Nothnagel sagte: „Ute König hat einen Antrag gestellt, die Küchenleitung zu übernehmen, ich kann das nur so weitergeben.“ Frau Jäger: „Sie ist nicht zur Belehrung gewesen‚ wie kann sie jetzt einen Antrag stellen?“

Der Antrag ist natürlich ein Hammer. Aber es geht darum, daß Frau Jäger eben die neue Küchenkraft Evelyn Reumschüssel nicht haben will. Deshalb hat sie zunächst Frau H. bekniet, sie solle sich doch für die Leitung bereiterklären. Sie hat es dann auch getan und voll arbeiten wollen. Aber inzwischen ist das wohl wieder anders bzw. Fräulein König will nun selber die Chance ergreifen.

Jetzt sollte Frau H. nicht mehr die Küche bei den Dienstbesprechungen vertreten, nachdem sie einmal Herrn Nothnagel kritisiert hatte. Dabei war Ute König zunächst auch dabei, obwohl sie keine Leiterin war. Erst als sie sich unmöglich benommen hatte, wurde sie nicht mehr gebeten (einmal hat sie einen Stuhl umgeworfen und ist abgerauscht, einmal sprang sie um 8.15 Uhr auf mit der Bemerkung, sie müsse erst Frühstück machen, obwohl doch angeblich durchgearbeitet wird).

Ich fragte dann nach dem Protokollen der Anstellungsgespräche, die die Landeskirche vorschreibt. Es waren aber keine Protokolle angefertigt worden. Der Dekan meinte, der Sinn des Gesprächs sei es, nach Ausreiseanträgen zu fragen, damit man nicht sagen kann‚ man habe nichts davon gewußt, man habe ja nur bei der Kirche untersehlüpfen wollen. In der Anweisung der Landeskirche steht aber, daß es sich um ein ganz normales „Kadergespräch“ (Bewerbungsgespräch) handeln soll. Dazu gehört aber auch die Frage nach den Lohnforderungen, die Dienstanweisung, Bereitschaft zu Sonderaufgaben oder zu Leitungstätigkeiten. „Gegebenenfalls“ ist auch nach Ausreisebestrebungen zu fragen.

Ich bemerkte hierzu: „Fräulein Reumschüssel war etwas verwundert, daß man so kurz mit ihr gesprochen hat und ihr im Grunde nur zwei Fragen gestellt wurden: ob sie einen Ausreiseantrag gestellt habe und ob früher Disziplinarmaßnahmen erfolgt seien! Herr Hey bestätigte später, daß Pfarrer Peters nach Vorstrafen gefragt hat. Herr Nothnagel konnte sie sich allerdings nicht daran erinnern und wollte wissen, wer das gefragt hat.

Herr Nothnagel wollte dann die Leitungsfrage zurückstellen, erst müsse einmal über die Anstellung befunden werden. Er versicherte aber erneut: „Ich habe den Verwaltungsleiter nicht bevollmächtigt, Frau H. anzustellen. Es müßte überhaupt über die Zusammenarbeit mit dem Verwaltungsleiter gesprochen werden!“ Aber der Vorsitzende hat nicht zu bevollmächtigen, sondern allein der geschäftsführende Pfarrer, und dieser hat das getan.

Jetzt erst teilte ich mit, daß Fräulein Reumschüssel bereit ist, die Leitung der Küche zu übernehmen. Das war bisher beharrlich verschwiegen worden. Frau Jäger sagte dazu: „Dann können wir nur Fräulein Reumschüssel anstellen, weil sie bereit ist zur Leitung!“ Herr König wollte wieder argumentieren: „Aber wenn sie heiratet und Kinder kriegt...!“ Doch man sagte ihm, daß das ja für seine Tochter genauso gelte. Frau Jäger wieder dazu: „Die Ledige sollten wir zuerst als Leiterin anstellen!“ Es wurde dann protokolliert: „Frau H. und Fräulein Reumschüssel werden angestellt, wenn die Möglichkeit besteht, daß sie auch zum Reinigen eingesetzt werden können!“ Die Leitungsfrage wurde damit zurückgestellt bis zum Jahresende.

Gegen Schluß der Sitzung wurde der Antrag von Frau Holland-Cunz verhandelt, mit 95 Stunden angestellt zu werden. Ein schriftlicher Antrag wurde allerdings nicht verlesen (wie doch sonst immer gefordert). Ihr Antrag wurde aber sofort mit dem Arbeitsverhältnis von Frau Heubel verquickt. Die Begründung von Frau Holland-Cunz war nur vorgeschoben. In Wirklichkeit dachte sie, bei einer halben Anstellung erhalte sie die Sonderzuwendungen aus dem Westen. Herr Hey hat aber von Herrn Penckert erfahren, daß das erst ab 70 Prozent möglich ist.

Daß hier der wahre Grund liegt, hatte ich vermutet und mit Herrn Hey darüber gesprochen. Er hat sie gefragt und sie hat es zugegeben. Es wurde festgestellt, daß Frau Heubel dann mehr Stunden arbeite als Frau Holland-Cunz. Zunächst wurde wieder behauptet, Frau Heubel habe gar kein Arbeitsverhältnis. Dann sagte der Dekan, die Planstellen spielten doch gar keine Rolle im Dekanat. Wenn bei zwei Planstellen auch eineinhalb Kräfte es schaffen, sind nur diese zu bezahlen. Die befristete Anstellung der Frau Heubel ist jetzt zu Ende (jetzt: das war im nächsten April).

Immerhin wies Herr Nothnagel darauf hin, daß Frau Heubel oft den Springer in verschiedenen Bereichen gemacht hat. Herr Reumschüssel dazu: „Das ist was wert!“ Und Herr Nothnagel betonte noch einmal: „Sie hilft, wenn Personal ausfällt!“ Der Dekan aber wollte sie nur noch als Reinigungskraft dulden. Ein Kirchenvorsteher machte sogar den Vorschlag, die zusätzlichen Stunden für Frau Holland-Cunz bei Frau Heubel abzuziehen.

 

Mitten in der Kirchenvorstandssitzung fing Herr Nothnagel damit an, was er bei der Prüfung der Kirchenrechnung während der Finanzausschußsitzung festgestellt hatte. Der Finanzausschuß hatte vom Kirchenvorstand den Auftrag erhalten, den Stellenplan für die Küche zu prüfen und Möglichkeiten für die Finanzierung zu finden. Herr Nothnagel kam zur Dienstbesprechung eine halbe Stunde später, beteiligte sich nicht am Gespräch, sondern nahm sich die Einnahmebelege her und schrieb sich etwas auf. Dieses trug er nun in der Kirchenvorstandssitzung vor, ohne daß es auf der Tagesordnung stand. Er hätte ja Gelegenheit gehabt, in der Ausschußsitzung nachzufragen. Aber er brachte es vor den Kirchen­vorstand.

Dabei hat er nur Dinge aufgespießt, die mich oder Herrn Hey betrafen. Zunächst ging es wieder um das Geld für das Grab der Frau Usbeck. Nur gut, daß wir das Geld nicht für uns behalten haben. Aber ehrlich - wie es sich gehört - wurde es in die Rechnung eingetragen. Jetzt hieß es: „Das müsse als Spende gekennzeichnet werden, damit nicht der Eindruck entsteht, wir hätten das gefordert. Das müsse sogar in zwei verschiedenen Spalten gebucht werden!“ Aber so etwas ist allein eine Sache für die Rechnungsprüfung durch das Dekanat und nicht für den Kirchenvorstand.

Dann wurde gerügt daß Herr Hey von der Kirchengemeinde ein Tischchen gekauft hat. Es sei ungeschickt, daß er das im Alleingang gemacht habe ohne die Unterschrift des Pfarrers. Da müsse sogar der Hausausschuß unterschreiben und die Auffassung der Kirchenvorstandes gehört werden. Es handelte sich um einen kleinen reparaturbedürftige Tisch, der in die Heizung hätte wandern sollen und der nicht inventarisiert war. Herr Hey hat ihn wiederhergestellt und dafür eine Spende von 10 Mark gegeben. Über dieses Verfahren regt sich einer auf, der für über 1.300 Mark Stühle gekauft hat, ohne Unterschrift von Pfarrer, Ausschuß oder gar Kirchenvorstand! 

Dann ging es um das Trockenclo, das Herr Hey von der Kirchengemeinde für 25 Mark gekauft hat. Es handelte sich um Holz-Material von dem Baustellenklosett, das hinter der Kirche stand und beim Bau der Baracke kostenlos von der Holzfirma dazugegeben wurde. Herr Hey hat die Bretter und Kanthölzer für den Bau eines Clos auf seinem Pachtgrundstück verwandt. Wieder sagte Herr Nothnagel: „Ich finde es schade, daß hier eigenmächtig gehandelt wurde. Mit Pfarrer Peters wurde das nicht abgesprochen. Da war einmal eine Gelegenheit, hinter der Tür die Hose runterlassen zu können (die Tür ließ sich nicht versperren!). Können denn die Gottesdienstbesucher oder Teilnehmer kirchlicher Veranstaltungen. das Clo im Pfarrhaus benutzen? Das muß mit dem Kirchenausschuß besprochen werden!“ Auch Herr Bühner meinte, wir brauchten im Notfall das Clo, die Leute müßten wissen, wo sie hingehen sollen.

Ich erwiderte darauf: „Das Clo ist auf meine Initiative hin aufgestellt worden. Ich dachte dabei auch an eine Möglichkeit hei übergemeindlichen Veranstaltungen. Als es aber soweit war, hieß es: „Das können wir doch den Auswärtigen nicht anbieten!“ Es mußten WC's im Pfarrhaus und bei Herrn Huhn bereitgestellt werden. Das Clo wurde nur von Auswärtigen benutzt, die auf dem Kirchplatz parken. Außerdem trieben Kinder dort ihr Unwesen. Jahrelang hat sich niemand darum gekümmert.

Es sah verheerend aus. Nachdem wir erst kürzlich mit der Hygiene zu tun hatten, meinte ich, diesen Schandfleck wieder beseitigen zu müssen. Denn wenn das Häuschen Anstoß erregt hätte, dann hätte man gefragt: Wer hat es denn aufgestellt? Kein Kirchenausschuß hat sich um die Reinigung und Leerung des Kübels gekümmert. Da kann man jetzt auch nicht so reden. Das Clo wurde nicht abgerissen, weil Herr Hey das Material brauchte, sondern als es abgerissen war, hat Herr Hey mitgeholfen, die Reste zu beseitigen. Der Dekan aber warf mir vor, ich sei doch sonst immer so genau, warum nicht in diesem Fall. Ich gelobte Besserung und sagte: „Dann muß ich wohl auch in Zukunft fragen, wenn ich die Fenster im Pfarrhaus streichen will?“

 

Mitten in der Diskussion um das Trockenclo führte Herr Nothnagel aus: „Die Selbständigkeiten des Verwaltungsleiters gehen noch weiter: Da geht Post ein und der Verwaltungsleiter beantwortet sie selbständig. Er sollte alle eingehende und ausgehende Post vorlegen. Auch im Ausdruck ist manchmal noch etwas zu verbessern. Zahlungsanweisungen werden erst in Nachhinein unterschrieben (!). Er sollte eile Post zum geschäftsführenden Pfarrer bringen (!), denn er kann den Kirchenvorstand nicht ersetzen oder vertreten!“

Ich fragte nach einem Beispiel. Da erwähnte er das Schreiben von Pfarrer Penckert wegen der Weihnachtsbeihilfen des Diakonischen Werks. Ich fragte nach weiteren Beispielen: Die gäbe es sicher noch, er könne aber keins nennen. Zufällig hatte mich Pfarrer Penckert bei der Pfarrkonferenz deswegen angesprochen. Ich habe ihm gesagt, das müsse an den Pfarrer gehen, auch wenn es nachher beim Verwaltungsleiter landet. Der Fehler liegt bei Herrn Penckert, der das Schreiben (wie immer) an die Kirchenkasse gerichtet hat. Ich wies darauf hin, daß eine Dienstanweisung besteht, wonach Rüstzeit- und Friedhofssachen und natürlich Bestellungen für die Küche allein Sache der Kirchenkasse sind. Alle anderen Schreiben gehen an den geschäftsführenden Pfarrer.

Wegen des Weihnachtgeldes sprach ich während der Dekanats­synode am 12. November 1988 noch einmal mit Pfarrer Penckert. Er sagte: „Ich habe die Liste am Montag abgeschickt und am Mittwoch bei der Pfarrkonferenz Herrn Peters unterrichtet. Beides war also gleichzeitig. Er hat es gewußt und sich darum kümmern können. Ich habe es deshalb an die Kirchenkasse geschickt, weil die Liste das letzte Mal nicht rechtzeitig an mich zurückgekommen ist, denn Eisenach setzt da immer sehr enge Termine!“

Die Liste wäre sowieso bei Herrn Hey gelandet. Die Zusammenarbeit zwischen dem geschäftsführenden Pfarrer und dem Verwaltungsleiter ist nämlich nicht so schlecht, wie Herr Nothnagel immer behauptet. Am 8. November war Herr Peters auf der Kirchenkasse (mit seiner Frau, weil er krank geschrieben war). Es wurde alles durchgesprochen, nur hat er dann doch vergessen, die Unterschrift zu leisten. Herr Peters beauftragte Herrn Hey oft mit Aufgaben, die er an sich selber hätte erledigen müssen, es wurde immer alles miteinander abgestimmt.

Ich fragte dann noch Herrn Penckert wegen der Sonderzuwendungen bei Teilbeschäftigten. Er sagte: „Ich muß mindestens eine Anstellung von 70 Prozent nach Eisenach melden, sonst wird es nichts. Aber auch dann muß festgestellt werden, daß es sich um einen besonders wertvollen Mitarbeiter handelt, dem man die Sonderzuwendungen zukommen lassen will. Nur bei voll angestellten Mitarbeitern geht es automatisch nach zwei Jahren!“ Allerdings sagte er auch: „Man kann bei einer Anstellung von 35 Prozent dennoch 70 Prozent nach Eisenach melden!“ Eine solche Meinung bei einem Pfarrer hat mich doch enttäuscht.

Es ist überhaupt erstaunlich, was alles möglich ist. Da kommt doch eines Tages die neue Köchin H. mit einer Reihe Schöpfkelle, die ihre Mutter aus dem Betrieb „mitgenommen“ hat; sie bietet an, auch noch weiteres Gerät zu „beschaffen“. Herr Hey hat ihr klarmachen müssen, daß das bei uns nicht geht. Aus solchen Dingen aber entstehen immer die „Steinbacher Probleme“. Das Problem ist, daß da der eine oder andere im Weg ist, der es damit genauer nimmt als die Allgemeinheit.

Dann wurde behauptet, Herr Hey habe die 100 Mark für Ute König nicht ausgezahlt (Ersatz für den Strafbescheid). Tatsache war, daß Herr Hey nach der schriftlichen Zahlungsanweisung das Geld am 29. Oktober sofort überwiesen hatte, Fräulein König hatte nur ihre Kontoauszüge nicht richtig angesehen (das Geld wurde aufs Konto überwiesen, weil sie ihren Lohn auch auf dem Konto haben wollte).

 

Die Gemeindearbeit lief wenigstens, trotz der Krankheit von Pfarrer Peters. Selbst im Kirchenvorstand hätte es gut weitergehen können, denn es wurde eine Zeit sachlich gearbeitet und viel geschafft. Aber dann fing Herr Nothnagel in den Sitzungen am 7. November und 4. Dezember an, Dinge herbeizuzerren, die nicht auf der Tagesordnung standen und nicht vorher mit den Ausschüssen und Angestellten abgesprochen waren. Stundenlang wurde der Kirchenvorstand damit aufgehalten. Aber am Ende stellte sich heraus, daß keine der Aussagen von Herrn Nothnagel Bestand hatte (Klohäuschen hinter der Kirche, Miriams Unterschrift, u.a.). Es wurde endlos diskutiert und richtiggestellt, anstatt das vorher im Ausschuß abzuklären. Aber Herr Nothnagel hätte mir nicht vorwerfen dürfen, ich schaffe Unruhe, nachdem  e r unqualifizierte Angriffe gestartet hatte. Man muß da schon unterscheiden, wer eine Sache in die Welt gesetzt hat und wer sie nur wieder aus der Welt schaffen wollte.

 

Am 29. November 1988 kam es zu einem längeren Gespräch mit Herrn Nothnagel in seiner Werkstatt, um das ich gebeten hatte. Ich wollte Herrn Nothnagel bitten wollte, nicht wieder den Kirchenvorstand mit Dingen aufzuhalten, die nicht auf der Tagesordnung stehen, nicht im Ausschuß vorbesprochen sind und sich nachher nicht als stichhaltig herausstellen wie seine Auslassungen über die Einnahmebelege. Aber er antwortete, er werde das jetzt auch noch mit den Ausgabebelegen machen und wolle seine Bemerkungen auch wieder im Kirchenvorstand vorbringen.

Im Gegenteil: Jetzt verschärfte er seine Vorhaben sogar noch. Er behauptete, der Finanzausschuß hätte die Aufgabe der „Quartalsrevision“, damit nicht mangelnde Aufsichtspflicht vorgeworfen werden könnte; diese Pflicht habe er wahrnehmen wollen. Der Ausschuß hatte aber aktuell vom Kirchenvorstand zunächst einmal die Aufgabe zugewiesen bekommen, den Stellenplan für die Küche und Möglichkeiten für die Finanzierung zu prüfen. Ich versuchte ihm dann zu vermitteln, daß er falsche Behauptungen aufgestellt hat und diese doch richtigstellen möge. Aber offenbar ist er nicht dazu bereit. Nach wie vor behauptet er, Herr Hey würde Briefe selbständig erledigen, er wolle den Kirchenvorstand ersetzen und fühle sich als unumschränkter Herrscher im Gemeindehaus.

 

Ich forderte Herrn Nothnagel auf, wenn er schon kontrollieren wolle, dann solle er sich doch einmal die Küche vornehmen, das wäre Kontrolle nötig, damit die Beschlüsse des Kirchenvorstandes beachtet werden. Da sagte er: „Der Verwaltungsleiter soll die Mitarbeiter schulen!“ Doch wenn er das dann tut, dann beschwert sich Herr Nothnagel, der Verwaltungsleiter handele zu selbständig und maße sich Dinge an, die Sache des Kirchenvorstandes sind. Dieser Widerspruch tauchte öfter in dem Gespräch auf. Ich verwies darauf, daß der Verwaltungsleiter eine Dienstanweisung hat, nach der er sich richtet; diese sollte Herr Nothnagel erst einmal kennen.

Ich forderte ihn auch auf, die Belege wirklich gründlich zu studieren. Dann würde ihn auffallen, daß sein (Nothnagels) privater Besuch auch ohne Kirchenvorstandsbeschluß im Gemeindehaus untergebracht worden ist, oder daß seit April kein Geld mehr für Einfassungen auf dem Friedhof eingegangen ist, obwohl ständig welche gesetzt worden, oder daß seit Mai kein Geld mehr für das Essen der Kinder der Familie Künzel eingegangen ist oder daß Frau Holland-Cunz seit geraumer Zeit für 95 Stunden bezahlt wird, obwohl sie nur für 70 angestellt ist (angeblich sollte ein Antrag bei Pfarrer Peters sein, aber es war nicht so).

Sicherlich kann der Vorsitzende auch zum Verwaltungsleiter gehen, wenn sich etwas aus der Kirchenvorstandssitzung ergibt. Er kann Auskünfte einholen und um Ausführung von Beschlüssen bitten. Wenn andere Angestellte dazu gebraucht werden, lädt der Verwaltungsleiter sie ein. Aber es geht nicht, daß Herr Nothnagel die Dienstaufsicht ausüben und selber anordnen will und Herrn Hey zum Laufburschen machen will („Lakai“). In die Verwirklichung der Beschlüsse des Kirchenvorstandes sollte sich der Vorsitzende hineinknien und nicht in die Kontrolle der Mitarbeiter, die gute Arbeit leisten.

 

Herr Nothnagel wollte nun, daß auf der Kirchenkasse ein Brieftagebuch geführt wird, das er dann kontrolliert (weil der geschäftsführende Pfarrer seinen Aufgaben nicht nachkommt). Ich wies ihn darauf hin, daß man ja nicht jeden Brief einzutragen braucht (um den Unsinn dieses Verlangens zu zeigen). Da sagte er: „Wenn das herauskommt, haben wir ihn!“ Daran sieht man, was die Absicht war. Ich sagte ihm, daß man so doch nicht zusammenarbeiten könne. Der Verwaltungsleiter hat doch eine Vertrauensstellung. Es liegt kein Anlaß vor, ihm zu mißtrauen und ihn zu kontrollieren. Herr Nothnagel stellt sich aber vor, daß Herr Hey jeden Tag zu ihm in die Werkstatt kommt, wo er meistens anzutreffen sei (aber auch nicht immer). Er sagte: „Ich finde es befremdlich, daß er so in Freiheit handeln darf. Wir sollten ihn delegieren zu Lehrgängen, wo er sein Wissen erweitern kann!“

Herr Nothnagel will aber noch mehr: Der Verwaltungsleiter soll nicht nur seine tägliche Stundenzahl aufschreiben, wie das die Küche zeitweise getan hat (ohne daß das kontrolliert wurde), sondern er soll über jede einzelne Tätigkeit abrechnen. Das ist natürlich ein Unding bei der Vielfalt der Aufgaben. Dann geht es wie bei der „Firma Hesselbach“, wo dann auch aufgeschrieben wurde: „Von 14.00-14.05 Uhr auf dem Clo gewesen, von 14.05-14.35 Uhr aufgeschrieben, was ich den Tag über gemacht habe, usw.!“ Eine solche Maßnahme dürfte einzig in der Kirche sein und ist auch nicht mit den Wochenzetteln in Großbetrieben vergleichbar. Außerdem kann solche Dinge höch­stens der Vorgesetzte des Verwaltungsleiters anordnen, und das ist eben nicht Herr Nothnagel. Wenn Herr Nothnagel es möchte, dann müßte es schon der Kirchenvorstand beschließen.

 

Es ging dann um die Dienstbesprechungen. Es ist nicht klar, wer zu diesen Besprechungen eingeladen werden soll. Herr Nothnagel spricht manchmal von „leitenden Angestellten“. Dies sind aber nur der Pfarrer, der Verwaltungsleiter, die Kindergartenleiterin und die Küchenleiterin. Nachher sagt er aber wieder, auch Herr Dalberg müsse kommen, weil er keinen über sich hat (natürlich hat er den geschäftsführenden Pfarrer über sich). Dann aber sagt er auch wieder: „Wenn die Leiterin nicht kommt, kann ja die Stellvertreterin kommen.“ (Er erwähnte die Kindergärtnerin H. für den Kindergarten, obwohl diese ja keine feste Stellvertreterin ist). Aber die Teilnahme von Frau H. aus der Küche lehnte er wieder ab (weil diese ihn in der Besprechung kritisiert hat).

Wiederum behauptete Herr Nothnagel, Herr Hey habe schon über die Küchenleitung entschieden, indem er Frau H. zur nächsten Dienstbesprechung einlud. Herr Hey hat Frau H. als Vertreterin zur Dienstbesprechung hinzugebeten, weil er gern einen Ansprechpartner aus der Küche dabei hätte.

Er habe ja auch allein über die Anstellung entschieden. Ich fragte: „Wer sagt das?“ „Herr König!“ Man kann aber nicht einerseits stöhnen, daß Ute König an drei Wochenenden nacheinander gekocht hat, auf der anderen Seite aber die Anstellung einer neuen Kraft hinauszögern. Über eine Bewerbung muß innerhalb von 14 Tagen entschieden sein. Da war jemand da, der bei uns arbeiten wollte. Da muß man zugreifen, ehe die Betreffende sich nach etwas anderem umsieht. Die Anstellung zur Aushilfe ist mit dem geschäftsführenden Pfarrer abgesprochen werden. Das genügt für Herrn Hey. Herr Nothnagel möchte, daß Herr Hey in einem solchen Fall sich auch mit verschiedenen Kirchenvorstehern abspricht (vor allem sicher mit ihm). Aber das ist Sache des geschäftsführende Pfarrers, ob er sich mit Kirchenältesten bespricht.

 

Nach meiner Einschätzung ärgert sich Herr Nothnagel nur darüber, daß Herr Hey ihn nicht fragt, sondern nur mit dem geschäftsführenden Pfarrer verhandelt. Deshalb behauptet Herr Nothnagel, Herr Hey arbeite auch mit dem geschäftsführenden Pfarrer nicht zusammen, angeblich hätte auch Herr Peters sich über mangelnde Zusammenarbeit beschwert. Wir können ihn zur Zeit nicht danach fragen. Aber sicher hat Herr Hey das beachtet, nachdem ich ihn besonders darauf hingewiesen habe.

Herr Hey hat zum Beispiel einen langen Brief über das Verhalten von Ute König an Herrn Peters geschrieben. Dieser ist nicht bis zum Kirchenvorstand vorgedrungen. Den Kirchenvätern wurde er vorgelesen, sie wollen sich angeblich noch einmal damit befassen, aber im Grunde soll die Sache im Sande verlaufen.

Herr Nothnagel entschuldigt Ute König, ihre „Ungereimtheiten“ hingen mit Arbeitsüberlastung zusammen. Aber die Arbeitskräftesituation ist inzwischen sehr gut. Aber am Verhalten von Ute König hat sich nichts geändert. Schon wenn sie früh kommt, brüllt sie herum, auch wenn sie freundlich angesprochen wird. Es beschweren sich fast alle Mitarbeiter des Hauses. Frau H. hat schon gesagt, sie wolle wieder aufhören. Daß Herr Nothnagel in bezug auf Ute König so vorsichtig ist, hängt sicher damit zusammen, daß er ihrem Vater verpflichtet ist. Aber man muß hier nach Sachgesichts­punkten gehen und nach dem Wohl der Kirchengemeinde, nicht nach persönlichen Rücksichten.

 

Herr Nothnagel behauptet, Herr Hey habe die Dienstbesprechung am 18. November „verhindert“. Als Herr Nothnagel pünktlich um 7.15 Uhr gekommen sei, habe Her Hey sich am Auto zu schaffen gemacht und sei erst nach 20 Minuten auf die Kirchenkasse gekommen, um mitzuteilen, daß die Besprechung nicht stattfinden könne. Auf der Kirchenkasse habe der Telefonhörer neben dem Telefon gelegen; er habe ihn aufgelegt, weil das Besetztzeichen drauf war, damit der Kirchengemeinde kein Schaden entstehe (wenn das Besetztzeichen kommt, entstehen keine Gebühren). Angeblich habe Herr Hey den Hörer danebengelegt, damit er nicht angerufen werden kann, während er sich um sein Auto kümmert.

Herr Hey sagt dazu: „Als Herr Nothnagel kam, war er gerade dabei, das Obst- und Gemüse Zentrum anzurufen wegen der Bestellung von Gemüse. Dabei hat sich aber ergeben, daß ich noch einmal Rücksprache mit der Küche halten mußte!“ Er war also in der Küche, als Herr Nothnagel kam. Er hatte es aber versäumt, die Kirchenkasse abzuschließen. Er hat die Telefonverbindung bestehen lassen, weil er froh sein mußte, Schmalkalden erreicht zu haben. Als er zurückkam, hat er in Gegenwart von Herrn Nothnagel das OGS erneut angerufen mit der Bemerkung: „Wir sind ja gerade getrennt worden!“ Ich hätte es mir auch verbeten, daß ein Besucher meines Büros den Telefonhörer auf die Gabel legt. Wenn Herr Nothnagel etwas zu kritisieren gehabt hätte, dann hätte er Herrn Hey um Abstellung des Mißstands bitten müssen.

Dann sprach ich mit Herrn Nothnagel über die Dienstbesprechung am 25. November, zu der alle versammelt waren, die aber geplatzt ist, „weil mit Herrn Hey nicht zu reden war“, wie Herr Nothnagel sagte. Herr Nothnagel sagt, Herr Hey hätte davon angefangen, zu behaupten‚ die Dienstbesprechungen seien nicht vom Kirchenvorstand beschlossen. Das hätte er ihm unter vier Augen sagen sollen, nicht vor versammelter Mannschaft. Ich hielt Herrn Nothnagel entgegen, daß er das Gespräch doch führt und eröffnet. Da kann doch nicht Herr Hey Thema von sich aus anschneiden. Es war auch nicht so, denn Herr Nothnagel eröffnete das Gespräch damit, die vorhergehende Besprechung sei ja nicht zustande gekommen, weil Herr Hey nicht eingeladen habe. Erst daraufhin hat Herr Hey versucht, das richtigzustellen. Was Herr Nothnagel dann alles noch gesagt hat, das hat er mir nicht gesagt, geht aber aus dem Protokoll von Herrn Hey hervor („Wenn Sie müssen, dann gehen Sie aufs Clo!“).

Herr Nothnagel beklagte sich, Herr Hey trage kaum etwas zu den Themen der Dienstbesprechung bei. Aber wenn nichts vorliegt, kann er es sich doch nicht aus den Fingern saugen. Man sollte einmal die Angestellten befragen, ob sie diese Besprechungen wünschen. Selbst Schwester Anni ist dagegen (wie Herr Hey sagt) und hat sich auch schon über den Ton von Herrn Nothnagel aufgeregt. Im Gemeindehaus läuft es viel besser wenn man die Leute in Ruhe läßt. Besprechungen sind nur nötig, wenn etwas Konkretes vorliegt. Das war der Fall, als es um den Gemeinderaum ging. Da waren alle außerhalb der Arbeitszeit dabei, es wurde sachlich gesprochen, eine Einigung erzielt und das Protokoll dann auch eingehalten. Einen Mißton brachte erst Herr Nothnagel hinein, als er später dazukam.

Als er noch nicht Vorsitzender war, wollte er nur Starthilfe geben. Nachher sollte sich das Haus selbst verwalten und nur noch der Verwaltungsleiter die Dienstbesprechungen durchführen. Aber jetzt will Herr Nothnagel auf diesem Wege „kontrollieren“. Es wäre aber viel besser gewesen, er hätte erst einmal unter vier Augen mit dem Verwaltungsleiter über die „geplatzte“ Besprechung gesprochen, anstatt ihn vor versammelter Mannschaft runtermachen zu wollen. Von seiner Seite scheint es an der Bereitschaft zur Zusammenarbeit zu mangeln.

Er hat zum Beispiel den Verwaltungsleiter nicht über die Beschlüsse des Kirchenvorstandes unterrichtet, obwohl es doch um den Verwaltungsleiter selber gegangen ist. Er sagte zu mir: „Ich gehe davon aus, daß er von Ihnen unterrichtet wird!“ Ich sagte: „Ich werde mich hüten, wenn ich keinen Auftrag dazu habe!“

Herr Nothnagel drückt sich jetzt vorsichtiger aus. Er spricht nicht mehr von einem „Beschluß“ des Kirchenvorstandes, sondern davon, die Dienstbesprechungen entsprächen dem Willen des Kirchenvorstandes. Ich sagte dazu: „Dann lassen Sie es erst einmal beschließen. Aber dann wird der Punkt diskutiert und die Angestellten müssen auch befragt werden!“Bis jetzt entspringen die Dienstbesprechungen nur dem Willen von Herrn Nothnagel.

 

Zum Beispiel hat Herr Nothnagel gesagt, der Verwaltungsleiter solle sich um Bausachen kümmern. Aber dann beschwerte sich wieder, daß Herr Hey beim Bürgermeister war wegen eines Ofens für das Gemeindehaus. Dort wurde ihm gesagt, da sei doch der Schriftverkehr mit Herrn Nothnagel geführt worden (von dem auch der geschäftsführende Pfarrer nichts weiß). Herr Nothnagel hat Herrn Hey nicht informiert, daß da schon etwas läuft. Herr Nothnagel aber sagt, solche Dinge müßten in einer Hand liegen. Doch einen Auftrag dazu hat er nicht. Jetzt aber sagt er, mit dem Bürgermeister könne man nur auf gleicher Ebene verhandeln. Aber dann kann auch Herr Nothnagel nicht allein hingehen, dann muß wenigstens der Pfarrer mit, nur der ist auf gleicher Höhe. Wenn aber der Heizungsofen im Gemeindehaus kaputt ist, dann soll Herr Hey das Problem lösen und es wird ihm vorgeworfen, er habe es versäumt. Auch das Projekt für eine neue Heizung ist nicht da. Herr Peter Hühn wollte es bis Ende Januar 1987 machen, vielleicht hat er es sogar gemacht, aber er ist wohl nie wieder danach gefragt worden und wird sich wundern, daß man es nun nicht zu brauchen scheint.

Sehr wohl hat Herr Hey aber einen Auftrag, sich um das Grundstück im AWG-Gelände zu kümmern. Da tut sich aber nichts. Er hat einzig Herrn Hey beauftragt, ihm zu melden, wenn dort Baumaterial angefahren werden solle (die Stadt wollte das Grundstück bebauen und eventuell ent­eignen. Es wurde später gegen das Kantorat getauscht). Aber wenn es erst soweit ist, dann ist es zu spät.

 

Dann ging es um den Zwang zum Sparen. Herr Nothnagel hatte sich ja aufgeregt wegen eines Tischchens, das Herr Hey ausgemustert hatte. Er sagte wieder: „Wir sind in einer finanziell schlechten Lage, da müssen wir sparen!“ Ich hielt ihm vor, daß größere Ausgaben da viel mehr ins Gewicht fallen, für die auch kein Beschluß vorlag und wo sich nachträglich herausstellt, daß sie überflüssig waren bzw. eine billigere Lösung möglich gewesen wäre (von den über 5.000 Mark für die Angestellten wollte ich gar nicht erst wieder reden). Es wurden Schränke für 4.000 Mark hergestellt, obwohl alle Schränke noch vorhanden waren, die früher auch gereicht haben (beschlossen wurden nur Schränke für den Kindergarten).

Es wurden am 28. März Klappstühle gekauft, die Zahlungsanweisung wurde erst am 29. März erteilt. Jetzt benutzt sie der Kantor als Gartenstühle und in seinem Dienstzimmer. Als die Räume an den Kindergarten abgegeben wurde, reichten die Stühle. Sie haben in der Zwi­schen­zeit auf dem Boden gestanden und sind davon ja nicht kaputt gegangen. Es wurde ein Schreibtisch für über 600 Mark gekauft, obwohl noch einer ungenutzt herumsteht.

Herr Nothnagel sagte dazu, er werde die Stühle wieder für sich privat zurücknehmen. Aber sicher sagt er das nur so. Außerdem kann er es jetzt nicht mehr, nachdem der Kirchenvorstand nachträglich zugestimmt hat und sie Eigentum der Kirchengemeinde sind. Außerdem fällt ins Gewicht, daß große Umbauten im Gemeindehaus zugunsten des Kindergartens vorgenommen wurden, die gar nicht nötig gewesen wären. Im Augenblick sind nur vier Erzieherinnen da, so daß ein Gruppenraum ständig leer steht. Aber auch die Garderobe im ersten Stock bzw. das Büro für die Leiterin stehen leer, der Raum im Keller wird noch nicht genutzt, und das eine Kinderclo ist mit Gerätschaften vollgestellt.

Herr Nothnagel sagte dann: „Wenn Herr Hey solche Mängel feststellt, dann muß er sie entweder selbst lösen oder dem Kirchenvorstand Mitteilung machen!“ Wenn Herr Nothnagel sich über mangelnde Zusammenarbeit beschwert, dann muß er mit den Dingen, die sich aus der Kirchenvorstandssitzung ergeben, zum Verwaltungsleiter gehen. Er kann ihn um Ausführung des Beschlusses bitten oder Auskünfte einholen. Der Verwaltungsleiter kann dann auch die anderen Angestellten damit beauftragen (aber er teilt ein, nicht Herr Nothnagel). Aber es geht nicht, daß Herr Nothnagel die Dienstaufsicht ausüben will.

 

Ich mußte Herrn Nothnagel auch vorhalten, daß er ja auch Schriftverkehr selbständig erledigt, ohne daß der geschäftsführende Pfarrer etwas davon wußte. Beispiel ist die Beschwerde eines Rüstzeitleiters über die Qualität des Essens und den geforderten Preis. Dieses Schreiben ging bei der Kirchenkasse ein, als Herr Peters krankgeschrieben war. Es wurde von Frau Holland-Cunz an Herrn Nothnagel gegeben. Er zeigte es mir in der Werkstatt, hat es aber selber beantwortet (wie ich meine nicht ausreichend und sachgemäß genug). Eine ganze Reihe Schriftverkehr, der ihm von Frau Holland-Cunz übergeben worden war, befand sich noch in seiner Werkstatt, zum Beispiel der Antrag von Herrn Dal­berg auf Zuschuß für eine Rüstzeit. Doch es geschah nichts in dieser Sache, den Antrag habe ich mir schließlich beim Dekanat kopieren lassen. Ich bat ihn, allen Schriftverkehr der Kirchengemeinde, der sich noch bei ihm befindet, dem Pfarramt auszuhändigen, damit er in die Registratur aufgenommen werden kann. Hat er denn ein Brieftagebuch geführt? Sicherlich kann er Schriftstücke einsehen, aber nicht jahrelang in seiner Werkstatt aufbewahren. Er sollte nur dann schreiben, wenn er vom geschäftsführenden Pfarrer darum gebeten wird (Beispiel: Ablehnung der Aufnahme eines Kindes in den Kindergarten, wo die Eltern nicht glauben wollten, daß es sich um einen Beschluß des Kirchenvorstandes handelt)

 

Es ging auch wieder darum, daß die Zahlungsanweisung für Ausgaben vorher erfolgen müsse, ehe die Zahlung erfolgt. Ich habe ihm da in der letzten Sitzung ja schon recht gegeben und darauf hingewiesen, daß eine entsprechende Anweisung längst besteht. Die Praxis ist aber, daß Frau Holland-Cunz (und nicht Herr Hey) an jeden Geld auszahlt, der eine Quittung bringt. Ute König hat ohne Rücksprache Unmengen an Geschirr und anderen Geräten gekauft, wo man nicht weiß, wurde es zusätzlich gekauft oder wurde nur ausgemustertes Gerät ersetzt. Aber da hieß es wieder: „Sie muß beim Verwaltungsleiter fragen (und der wieder beim Pfarrer und der wieder beim Vorsitzenden, der entscheidet dann endgültig, dann wäre es sicher im Sinne von Herrn Nothnagel).

Praxis ist aber, daß Frau Holland-Cunz an jeden unbesehen Geld auszahlt, der eine Quittung bringt. Ute König hat so zum Beispiel Unmengen an Geschirr gekauft, ohne daß man wußte, ob das zusätzlich angeschafft wurde oder nur verbrauchtes Gerät ersetzte. Doch all diese Dinge wurden gemacht unter Umgehung von Herrn Hey. Nur wußte Herr Nothnagel das nicht, sonst hätte er es wohl nicht vorgebracht, wenn er gewußt hätte, daß Frau Holland-Cunz sich da querlegt.

Es wird ja nicht Unbilliges verlangt, nur das überall Übliche. Wenn ja alles richtig gelaufen wäre wie bei dem früheren Verwaltungsleiter Willi Reumschüssel, hätte man auch großzügiger sein können und auch einmal später unterschreiben können. Aber da ich ja sowieso jeden Tag auf der Kirchenkasse war, hätte das kein technisches Problem geben können. Oder es hätte derjenige, der eine Ausgabe tätigen wollte, am Tag vorher mündlich um das Einverständnis bitten können.

Herr Nothnagel sprach auch erneut davon, daß unsre Tochter Miriam die Ausgabebelege für von der Kirchengemeinde gekaufte Bücher unterschreibt. Diese Bücher laufen über die Agentur der Buchhandlung Jansa weil dadurch zusätzlicher Schriftverkehr für die Kirchengemeinde vermieden wird und keine Portokosten entstehen (pro Paket 0,50 bis 1,50 Mark). Wenn jemand anders die Arbeit übernehmen will, kann er das gern. Leider können wir keine Originalrechnung von Jansa vorlegen, weil alles auf einer Rechnung steht. Aber Miriam erteilt ja keine Zahlungsanweisung, sondern quittiert nur den Empfang des Geldes. Nach Meinung von Herrn Nothnagel ist sie „nicht geschäftsfähig“. Doch dann dürften auch die Kirchenjungen keine Spenden entgegennehmen oder ihre Aufwandsentschädigung quittieren.

 

Zu Einzelfragen ist noch zu sagen: Wenn Herr Hey gelegentlich von den Küchenfrauen zum Kaffeetrinken eingeladen wird, dann verbindet er das mit einer Dienstbesprechung. Dies ist hygienisch zulässig. Nicht zulässig (und darum geht es) daß Kinder sich in der Küche aufhalten. aber der Vater der einen Köchin kommt öfter in Arbeitskleidung in die Küche, Handwerker essen dort, Kraftfahrer und Essenreste­holer gehen in die Küche.

Das Zeugnis von Evelyn Reumschüssel sollte auch bekanntgegeben werden. Gut wäre es auch gewesen, die Einzelnoten mitzuteilen, denn das Zeugnis des Interhotels war ausgezeichnet. Frau Künzel sollte man einmal ein Lob erteilen‚ denn sie hat ihren Mann während der einwöchigen Krankheit in allen Belangen vertreten. Zu Zeiten von Gießlers war das ein Problem, wenn er drei Wochen wegen Grippe krankgeschrieben war.

Der Behauptung, es seien genug Leute auf der Kirchenkasse, sollte widersprochen werden. Früher waren es auch zwei Arbeitskräfte. Heute sind es nach Wegfall der Kirchensteuer für das Kirchspiel Springstille offiziell 1,87 Arbeitskräfte (daß es in der Praxis zur Zeit zwei volle Arbeitskräfte sind, ist nicht rechtmäßig).

Unverschämt ist die Behauptung von Herrn Nothnagel, Herr Hey sei psychisch nicht gefestigt und müsse deshalb kontrolliert werden, damit Schaden von der Kirchengemeinde abgewendet wird.

So etwas ist unter der Gürtellinie. Der Mann engagiert sich sehr für die Kirchengemeinde und verwaltet nicht nur, sondern macht sich Gedanken und will die Sache voranbringen, er sieht das Gemeindehaus als seine Aufgabe an und setzt sich sehr viel über das übliche Maß hinaus ein.

 

In der nächsten Dienstbesprechung war Herr Nothnagel sehr viel zahmer als noch in dem Gespräch, das ich mit ihm führte. Auf das angebliche Hantieren von Herrn Hey am Auto kam er nicht zurück, auch nicht auf den Telefonhörer und seine Forderung, über jeden Arbeitsvorgang Buch zu führen. Insofern war mein Gespräch mit ihm nicht ganz sinnlos.

Aber Herr Nothnagel sagte auch wieder: „Ich werde in den seltensten Fällen vom Verwaltungsleiter angefragt. Die Verantwortung reicht aber für mich weiter. Schade, wenn die Dinge an einem vorbeilaufen. Ich habe den Verwaltungsleiter gebeten, die Post in ein Posttagebuch einzutragen. Der Weg von der Kirchenkasse zu mir ist nicht zu weit, ich bin meistens in der Werkstatt. Aber der Verwaltungsleiter hat es rundweg abgelehnt, ich müßte mich auf die Kirchenkasse bequemen. Den Ausdruck fand ich ungehörig, ich bin nicht sein Lehrling. Der Kirchengemeinde steht es zu, die Aufsicht über die Angestellten wahrzunehmen!“

Herr Hey korrigierte: „Sie haben gesagt, daß Sie die Weisung erteilen, sämtliche Post zu mir nach Hause zu bringen. Ich habe Ihnen gesagt, daß Sie gerne auf die Kirchenkasse kommen können. Würden Sie mir denn über die empfangene Post quittieren?“ Es ist deutlich, daß es Herrn Nothnagel darum geht mitmischen zu können. Sicher ist Herr Hey auch dazu bereit. Aber wenn Herr Nothnagel ihm dumm kommt, dann zieht er sich auf die rechtliche Regelung zurück, da ist nur der Pfarrer sein Vorgesetzter. Anweisungen zu erteilen und die Aufsicht über die Angestellten auszuüben‚ ist allein Sache des Pfarrers. Und der Schriftverkehr des Pfarramts ist erst recht nicht die Aufgabe von Herrn Nothnagel.

Herr Hey sagte dazu, die Angestellten hielten Dienstbesprechungen für notwendig, wenn sich dadurch etwas vorwärts bewegt. Die meisten Dinge würden sie aber unter sich regeln .Herr Nothnagel trägt immer alles in sein Buch ein, aber es tut sich nichts. Speziell meinte er damit den Schrott und Schutt hinter dem Haus‚ wo Herr Nothnagel versprochen hatte, es wegzufahren (nur darum ging es, er hätte es ja nicht zuzusagen brauchen). Er wußte dazu nur zu sagen: „Der Pfarrer Heckert hat doch auch einen Hänger!“ (Aber der hatte es nicht zugesagt).

Dann beschwerte er sich wieder, Herr Hey gebe keine (!) Beiträge zu den Dienstbesprechungen. Der sagte nur: „Viele Probleme können gleich geklärt werden!“ Herr Nothnagel wieder: „Wenn ich mich engagiere, dann will ich auch wissen, wofür. Er hätte mit dem Hausmeister, der Schwester und dem Kantor gesprochen, von denen hätte niemand gesagt, die Besprechungen seien sinnlos!“ Herr Hey wiederum: „Die Angestellten haben gesagt, es sei sinnlos, wenn sich nichts ändert!“ Der Kantor sagte auf mein Befragen, er ist nicht gegen Dienstbesprechungen, aber für ihn ist kaum einmal etwas dabei, er hätte nur Interesse, wenn sich für ihn ein spezielles Problem ergibt. Die Dienstbesprechungen hätte an sich nur der Verwaltungsleiter einzuberufen und zu leiten. Der Vorsitzende der Synode in Eisenach hält auch keine Dienstbesprechungen mit den Mitarbeitern des Landeskirchenamts.

Da wir jetzt durchweg neue Leute haben, liegen ja kaum Probleme vor. Diese sollte man der Leitung des Hauses überlassen und nur eingreifen, wenn es von dort gewünscht wird. Heute ist es so, daß Verwaltungsleiter, Kindergartenleiterin und Küchenleiterin Herrn Nothnagel widersprechen müssen (um es gelinde zu sagen). Deshalb kritisiert er sie jetzt. Aber allen Ärger hätte man sich erspart‚ wenn man die Dienstbesprechungen aufgegeben hätte.

 

In der Sitzung am 5. Dezember war Herr Hey zunächst mit anwesend. Herr Nothnagel beharrte

auf dem Posttagebuch und die tägliche Vorlage der Briefe. Herr Hey korrigierte ihn: „Sie haben gesagt, ich erteile die Weisung, sämtliche Post zu mir nach Hause zu bringen!“ Frau Marr sagte dazu: „Bei uns auf dem Rathaus darf auch keine Post aus dem Haus!“ Auch der Dekan mußte zugeben, daß bei ihm das Protokollbuch im Pfarrhaus ist und nicht bei dem Laienvorsitzenden. Herr Hey sagte dann, daß er ja der Weisung nachkommen wolle, aber er wolle wissen, ob es nur um eine Unterrichtung gehe oder auch um den Inhalt. Herr Nothnagel wollte in der Tat jeden Brief erst noch einmal korrigieren und dann noch einmal schreiben lassen. Aber wenn er verlangt, daß jeder Brief zwei Unterschriften tragen sollte, dann ist seine nicht dabei, sondern nur die des geschäftsführenden Pfarrers.

Der Dekan wußte dazu: „Wenn Herr Hey davon spricht, er solle die Schriftstücke in die Werkstatt bringen, so ist das eine Spitze. Herr Nothnagel hat doch ein Büro innerhalb der Werkstatt, das genauso sicher ist wie die Kirchenkasse. Die Briefe sind ja auch keine Geheim­nisse!“ Das sagt er, obwohl er nie in der Werkstatt war, die eher einer Rumpelkammer gleicht als einem abgeschlossenen Büro. Und gerade Briefe sind oftmals vertraulich, während es das Protokollbuch nicht ist. Herr Nothnagel bemerkte, er habe keine Zeit, auf die Kirchenkasse zu gehen (wo zu den Öffnungszeiten immer jemand da ist). Aber dann darf er eine solche Forderung nicht stellen oder er muß das Amt aufgeben.  Ich zählte dann Schriftverkehr auf, der seit Monaten bei Herrn Nothnagel lagert und bat erneut um Übergabe, damit er in die Registratur übernommen werden kann.

 

 

Herr Nothnagel beschwerte sich noch, daß Herr Hey wegen des Heizungsofens für das Gemeindehaus mit dem Bürgermeister verhandelt hatte. Erst war er beauftragt worden, sich um die Baudinge zu kümmern. Jetzt sollte mit dem Bürgermeister auf gleicher Ebene verhandelt werden. Aber dann hätte eben der Pfarrer mitgehen müssen und nicht Herr Nothnagel allein verhandeln können.

Der Dekan sagte: „Das geht gar nicht, daß der Verwaltungsleiter nur mit einem Mann zu­sammen­arbeitet (das war seine Behauptung, aber so etwas wurde nicht gesagt). Auch Herr Nothnagel kann Auskunft geben, denn er ist ja im Dekanatssynodalvorstand (!). .Es kann auch so sein, daß Herr Hey die Besprechung leitet und Herr Nothnagel nur zuhört. Aber es ist Unsinn, daß der Vorsitzende keinen Einfluß auf den Verwaltungsleiter haben soll (auch das wurde nicht gesagt). Herr Hey fragte noch einmal an, an wen er sich bei bestimmten Problemen wenden solle, da hieß es: „An die entsprechenden Ausschüsse des Kirchenvorstandes.“(An wen soll er sich nun wenden: an den Pfarrer, den Vorsitzenden oder die Ausschüsse?).

Der Dekan sagte: „Dienstbesprechungen sind Klimaangelegenheiten. Aber sie, Herr Hey, haben in letzter Zeit das Klima nur verschlechtert. Und das liegt ausnahmsweise nicht an dem Pfarrer Heckert, denn der war nicht dabei!“ In der Regel aber wird jede Besprechung nach der Losung (!) mit einer Spitze von Herrn Nothnagel eröffnet. Die Belastung ist Herr Nothnagel.

Zugeben muß man, daß der Kirchenvorstand der Meinung war, Dienstbesprechungen müßten sein. So kennen sie es ja auch von den Betrieben her. Aber dort werden die Besprechungen vom Betriebsleiter oder Abteilungsleiter einberufen. Der Vorsitzende der Synode in Eisenach hält auch keine Dienstbesprechungen mit den Mitarbeitern des Landeskirchenamtes. Und vor allem geht es nicht, daß der Leiter dabei seine Aggressionen abreagiert.

Der Auftrag an Herrn Nothnagel und Herrn Reumschüssel, bei den Dienstbesprechungen dabei zu sein, hätte zurückgezogen werden können, die Besprechungen hätten beschränkt werden können auf Wünsche der Angestellten. Sie waren eingeführt worden, weil der frühere Hausmeister und seine Verwandtschaft Schwierigkeiten machten (nicht aber wegen Pfarrer Heckert). Aber mit den neuen Leuten gibt es so gut wie keine Schwierigkeiten; da sollte man nur eingreifen, wenn es ausdrücklich gewünscht wird. Jetzt aber ist allein Herr Nothnagel das Problem, der von Verwaltungsleiter, Kindergartenleiterin und Küchenleiterin kritisiert werden muß. Doch weil sie ihm widersprechen, macht er sie schlecht.

Her Nothnagel möchte gern über alles informiert sein. Das kann sich aber nur auf Dinge beziehen, die den Kirchenvorstand angehen. Das Meiste an Verwaltung ist aber nicht Sache des Kirchenvorstandes, die Prüfung der Kirchenrechnung zum Beispiel ist Sache der Kirchenaufsichtsbehörde. Der Vorsitzende des Kirchenvorstandes kann nicht über jede Kleinigkeit informiert werden, das bläht die Verwaltung nur unnötig auf. Der geschäftsführende Pfarrer sollte entscheiden, welche Schriftstücke er dem Vorsitzenden zur Kenntnis gibt. Umgedreht sollten Wünsche des Vorsitzenden an die Verwaltung über den geschäftsführenden Pfarrer gehen, denn auch er muß über wichtige Dinge in der Gemeinde informiert sein. Es geht nicht, daß der Vorsitzende oder auch einzelne Mitglieder des Kirchenvorstandes den Angestellten der Kirchengemeinde Anweisungen geben.

 

Dann regte sich der Dekan über einen Brief von Herrn Hey wegen der Konfirmandenrüsten auf: „Ich habe hier noch einen Schrieb von Herrn Hey. Eine solche Tonart erlauben sich nur wenige, das erlaubt sich nur der Pfarrer Heckert, sonst keiner. Schreiben Sie es nur mit, Herr Heckert!“ Ein Brief sei an den Dekan zu richten und nicht an das Dekanat, mit Anrede und Gruß. Ich wußte von dem Brief nichts, hatte ihn aber angeblich ,,inspiriert“. Wo ich das denn gelernt hätte, daß man in einem Brief keine persönliche Anrede verwendet, wo ich doch immer solchen Wert auf meine Ausbildung legte. Ich brauchte nur auf den Brief von Oberkirchenrat Kirchner über die Sondervergütungen zu verweisen, der an das Dekanat gerichtet war, ohne Anrede und Gruß, und der mir ohne Anschreiben des Dekans weitergegeben worden war (nur „weitergereicht“). Das Wort „Schrieb“ ist natürlich übler Tonfall und ein solcher Angriff des Dekans gegen einen Pfarrer auch. Ein Brief sei an den Dekan zu richten, nicht das Dekanat. Im zweiten Brief von Herrn Hey sei es ja auch anders gewesen‚ da habe er ihn auch angeredet.

Frau Marr: „Herrn Hey sollte nicht alle Lust genommen werden. Und Fehler sollte man nicht ewig auftischen!“ - Nothnagel: „Pfarrer Peters hat Anstoß genommen an Formulierungen und der Rechtschreibung!“. - Fischer: „....wenn es nur die Rechtschreibung ist“. Ich fragte den Dekan nach Fehlern in den zwei Briefen, er konnte keine nennen. Er sagte selber: „Ich bin froh, daß ich eine Sekretärin habe, die da sicher ist!“ Frau Marr wollte, daß der Brief von Herrn Hey noch einmal verlesen wird. Er wurde sogar zweimal verlesen. Der Dekan bemängelte die unterschiedlichen Adressaten „Dekanat“ und „An alle Rüstzeitleiter“. Der Brief müsse nur an den Dekan gehen, der die Rüstzeiten einteilt. Aber die Meinung war einhellig: Das ist ein ganz normaler Geschäftsbrief. Frau Marr dazu: „Ich hätte auch so geschrieben!“

Der Dekan zeigte dann einen Briefumschlag herum, den ich ihm mit einem Brief in Schmalkalden ins Postfach gelegt hatte (bei einem Postfach erübrigte sich meiner Ansicht nach die Anschrift auf dem Umschlag). Auf den Umschlag hatte er ein großes Fragezeichen gemacht; aber die Kirchenvorsteher dachten, dieses sei von mir.

 

Dann kam erst von Herrn Nothnagel der Hammer dieser Sitzung: „Zwei Gremien versuchen, die Kirchengemeinde zu vertreten: das eine ist der Kirchenvorstand, das andere der Verwaltungsleiter in Verbindung mit Pfarrer Heckert. Ich frage mich, ob es nicht besser gewesen wäre, wenn der frühere Hausmeister und die frühere Küchenleiterin geblieben wären. Da haben Kündigungen stattgefunden, die mir jetzt leid tun. Auch der Pfarrer Peters beschwert sich, daß die Zusammenarbeit mit dem Verwaltungsleiter und Pfarrer Heckert nicht klappt. Pfarrer Heckert stärkt dem Verwaltungsleiter den Rücken gegen mich. Es kann aber nicht sein, daß der Kirchenvorstand kaltgestellt wird und der Verwaltungsleiter und ein Pfarrer alles managen!“

Eher ist es aber so, daß er allein den Kirchenvorstand repräsentieren will. Es war doch gerade an dem Beispiel „Weihnachtsbeihilfe“ erläutert worden, daß niemand übergangen wurde. Es ist schon so, daß mich Herr Hey oft um Rat fragt, weil er von Herrn Peters doch keine Auskunft erhält. Aber er diskutiert auch oft mit mir und wir überlegen gemeinsam, was das das Beste ist. Ich habe ihn auch immer wieder darauf hingewiesen, daß er dennoch mit Herrn Peters sprechen muß. Mein Fehler war nur, daß ich ihn nicht auch an Herrn Nothnagel verwiesen habe.

Öfters habe ich Herrn Hey auch schon kritisiert; aber ich sage ihm das unter vier Augen und nicht in der Dienstbesprechung oder über den Kirchenvorstand. Aber wenn er fragt, ob er sich Schikanen bieten lassen muß, dann gebe ich ihm ebenso Auskunft wie ich mich für Ute König eingesetzt habe, als man ihr Rechenaufgaben stellte, um ihre Fähigkeiten zu testen.

Aber es ging noch weiter mit Herrn Nothnagel. Zu mir gewandt sagte er: „Es ist Ihnen doch angeraten worden, die Pfarrstelle aufzugeben. Es ist schwer, mit Ihnen zusammenzuarbeiten. Mitglieder des Kirchenvorstandes äußern laut Gedanken über einen Pfarrstellenwechsel. Ich würde Sie bitten - wenn Sie die Möglichkeit sehen - die Pfarrstelle zu wechseln. Ich sehe zuerst die Kirchengemeinde und dann den Pfarrer. Drei Mitglieder sind schon wegen Ihnen ausgetreten!“

Das war natürlich Wasser auf die Mühlen von Frau Jäger: ,,Das ist die Bestätigung, daß wir damals richtig gehandelt haben. Ich bin froh, daß es so schnell zur Einsicht kam. Wir wollten ja nicht, daß der Pfarrer Heckert wegkommt, aber er sollte nicht gegen uns sein. Jetzt bin ich beruhigt und entlastet. Aber ihr habt uns ja nicht geglaubt!“

Und Herr Wilhelm aus Altersbach fragte: „Was wollen wir denn tun, wenn wir noch so einen Pfarrer kriegen wie Pfarrer Peters?“ Darauf antwortete Herr Nothnagel: „Alle Probleme sind lösbar!“ Ich sagte dazu: „Dann überlegen Sie sich einmal, woher Sie in vierzehn Tagen eine Wohnung für Pfarrer, Katechetin und Kantor mit Familien kriegen, von den Kinderdiakoninnen gar nicht zu sprechen!“

Der Dekan wird sicher sagen „der ganze Kirchenvorstand“ war gegen Pfarrer Heckert. Man kann das gleiche Geschehen aber auch anders beurteilen: Herrn Nothnagel hat nur Frau Jäger zugestimmt, aber drei Mann haben dagegen geredet. Wie die Meinung des Kirchenvorstandes ist‚ hat sich bei der Abstimmung gezeigt über den Rhythmus der Dienstbesprechungen. Der Dekan meinte dazu: „Da brauchen wir gar nicht darüber abzustimmen: da ist die Meinung doch klar!“ Als abgestimmt wurde, ergab sich aber eine Mehrheit, daß nicht ein 14-tägiger Wechsel festgeschrieben werden soll. Weil darüber abgestimmt worden ist, hätte es auch so ins Protokoll gemußt. Wie der Beschluß jetzt dasteht, sind Herrn Nothnagel alle Vollmachten gegeben, einzuberufen wen er will und wann er will. Er wird es natürlich für nötig halten, alle 14 Tage zusammenzukommen. Herr Nothnagel sagte: „Pfarrer Heckert hat auch seine Verdienste, aber im Augenblick: sind wir in einer schwierigen Phase!“

 

Neu war die Forderung von Herrn Nothnagel, er werde nur den Vorsitz im Kirchenvorstand weiter wahrnehmen, wenn nicht der Pfarrer Heckert die Geschäftsführung hat. Diese Forderung war unbil­lig, weil er ja gar keine Erfahrungen in dieser Sache hatte. Schließlich war ich ja erst seit vierzehn Tagen wieder mit der Wahrnehmung der Geschäftsführung beauftragt und hatte dabei nichts mit ihm zu tun. Er dachte dabei wohl an viele Gespräche, in denen ich ihn beraten und ihm auch widersprochen habe und auf Beschlüsse und kirchliche Regelungen hingewiesen habe. Gegen Kritik war er immer sehr empfindlich und reagierte dann mit unqualifizierten Angriffen.

Es war nicht so, daß der Verwaltungsleiter im Verein mit Pfarrer Heckert die Kirchengemeinde allein vertreten wollte, sondern Herr Nothnagel wollte allein die Gemeinde vertreten, sogar gegenüber staatlichen Stellen. Er verstand sich als ,,der Kirchenvorstand“ und gebrauchte dieses Wort als Titel für den Vorsitzenden (der ,,Herr Kirchenvorstand“, so wie es einen Ver­einsvorsteher gibt). Er kann aber genausowenig den Kirchenvorstand übergehen wie die Pfarrer oder der Verwaltungsleiter und zum Beispiel Dinge anordnen, die mit dem Kirchenvorstand nicht abgesprochen sind. Er kann überhaupt nichts allein anordnen, sondern alles geht nur in Gemeinschaft mit dem geschäftsführenden Pfarrer.

Die Kirche weiß schon, weshalb sie die Geschäftsführung den ausgebildeten und geschulten Pfarrern überträgt. Nur diese sind theoretisch und praktisch ausgebildet, erhalten die Rundschreiben und sind durch die Pfarrkonferenzen auf dem neuesten Stand. Sie allein sind auch materiell verantwortlich zu machen und sie allein sind von außerhalb und nicht in die örtlichen Verhältnisse verstrickt. Auch für die anderen hauptamtlichen Angestellten gibt es Ausbildungen und Fortbildungen.

Herr Nothnagel aber hatte überhaupt keine Ausbildung in kirchlichen Dingen mitgemacht. Oft wird er aber falsch beraten. Herr Dekan Schreiber billigt grundsätzlich jede Maßnahme von Herrn Nothnagel, auch wenn er sie in seinem eigenen Bereich nicht duldet (zum Beispiel Briefe und Protokollbuch im Privathaus). Auch hier wäre es besser gewesen, wenn man die Steinbacher in Ruhe gelassen hätte. Die Aufsicht durch den Dekan und seine „Maßnahmen“ haben nichts gebessert, sondern nur noch mehr Probleme geschaffen.

 

Dann gab es noch eine Diskussion über die Geschäftsführung. Der Dekan wollte unbedingt, daß nichts protokolliert wird. Es sei doch selbstverständlich, daß das automatisch geht. Ich sagte wieder, daß es in diesem Fall nicht so sei, weil ich ja wegen erwiesener Unfähigkeit abgesetzt worden sei. Auch Herr Wilhelm pflichtete mir wieder bei: „Man kann nicht einerseits die Abberufung fordern und andererseits die Geschäftsführung verlangen!“.Ich sagte: „Wenn es so selbstverständlich ist, kann es auch hingeschrieben werden!“ Der Dekan sagte noch: „Wenn Pfarrer Heckert zum Beispiel beurlaubt würde, dann würde eine Regelung von oben erfolgen und zum Beispiel der Vorsitzende als Geschäftsführer eingesetzt. Im Moment aber ist die Sache geregelt!" Da sieht man, was er erhofft. Eisenach würde es wohl aber kaum so regeln (zumindest nicht das mit der Geschäftsführung).

Herrn Nothnagel kam es dann aber sehr darauf an, daß die Sache mit der Geschäftsführung geregelt wird, damit er weiß, an wen er sich halten soll (es ging nicht die Abgrenzung der Kompetenzen, sondern wer die Geschäftsführung hat). Ich sagte, das hätte längst geregelt sein müssen: Entweder hätte ich Akten und Kartei usw. erhalten müssen oder ich hätte Zugang zu dem entsprechenden Amtszimmer haben müssen

Jetzt geht es aber auch darum, daß mir die Geschäftsführung wieder übertragen werden soll, selbst wenn Herr Peters wieder gesund geschrieben werden sollte. Er soll für eine Übergangszeit noch davon entlastet bleiben (ich fürchte, daß er von noch mehr entlastet werden soll). Ich wurde gefragt, ob ich dazu bereit sei. Ich sagte: „Ich dränge mich nicht danach, ich war froh, es loszukriegen. Aber ich kann mich um der Sache willen nicht verweigern, meine Pflicht zu tun. Nur möchte ich dann nicht, daß Herr Peters still im Hintergrund bleibt und nachher erklärt, wieviel besser er es gemacht hätte und daß er anders mit den Leuten umgegangen wäre. Und er kann auch Herrn Nothnagel keine dummen Fragen stellen, über die er als Pfarrer selber Bescheid wissen muß!“

Ich habe jedenfalls folgende Forderungen aufgestellt:

1. Ich erwartete eine förmliche Beauftragung durch den Dekanatssynodalvorstand. Er hat mich vor einem Jahr abgesetzt, da muß er mich auch wieder einsetzen, wegen mir auch nur vertretungsweise und befristet, denn ich gebe es je eher je lieber wieder ab.

2. Die Kompetenzen zwischen dem Vorsitzenden des Kirchenvorstandes und dem geschäftsführenden Pfarrer müssen genauer abgegrenzt werden. Dabei geht es nicht um Schwierigkeiten zwischen den betreffenden Personen, sondern den Angestellten muß dieser Unterschied erläutert werden‚ damit sie wissen, an wen sie sich wenden müssen.

3. Den Kirchenvorstehern und besonders den Ausschüssen muß erläutert werden, daß sie nicht eigenmächtig am Kirchenvorstand, den gesetzlichen Bestimmungen und dem geschäftsführenden Pfarrer vorbei handeln können.

4. Die Bestimmungen über die Zahlungsanweisungen müssen von der Kirchenkasse beachtet werden: keine Auszählung ohne Anweisung (abgesehen von den festgelegten Ausnahmen). Handwerker werden nur mit Zustimmung des Vorsitzenden des Kirchenvorstandes und des geschäftsführenden Pfarrers bestellt.

5. Auskünfte in Verwaltungsdingen werden nur beim geschäftsführenden Pfarrer eingeholt und nicht bei der früheren amtierenden Verwaltungsleiterin. Beschwerden über den geschäftsführenden Pfarrer werden nur beim Vorsitzenden des Kirchenvorstandes vorgebracht und nicht bei anderen Kirchenvorstehern oder Angestellten.

6. Anstellungen von Mitarbeitern (auch ehrenamtlichen) erfolgen nur in gegenseitiger Abstimmung zwischen dem Vorsitzenden des Kirchenvorstandes‚ dem geschäftsführenden Pfarrer und der Kirchenkasse entsprechend den Beschlüssen des Kirchenvorstandes und nach den kirchlichen Richtlinien.

Erst in der Pfarrkonferenz am 19. Januar 1989 wurde mitgeteilt: Am 20. Oktober hatten Herr Schreiber und Herr Hoffmann ein Gespräch mit dem Landesbischof und Oberkirchenrat Kirchner, weil schon das dritte Mitglied aus dem Kirchenvorstand ausgetreten sei wegen Pfarrer Heckert (angeblich alle schriftlich). Auf dieses Gespräch bezogen sich wohl seine dunklen Drohungen, ich würde Schwierigkeiten von Eisenach her kriegen. Als von Eisenach her nichts erfolgte, schoß Her Nothnagel in der Kirchenvorstandssitzung am 5. Dezember eine Breitseite ab: Der frühere Hausmeister sei besser gewesen, ich sollte mir eine andere Stelle suchen. Als ich nicht reagierte, wandte er sich an den Dekanatssynodalvorstand. Dort erklärte er nach Aussage des Dekans: Weil Heckert und der Verwaltungsleiter gegen ihn arbeiten, wolle er nicht mehr den Vorsitz wahrnehmen. Eine halbe Stunde habe er Einzelheiten aufgezählt. Sicher waren das die Dinge, die wir in der Kirchenvorstandssitzung alle geklärt hatten.

 

Wenn Herr Nothnagel den früheren Hausmeister und die frühere Küchenleiterin lobt, dann tut er das wider besseres Wissen. Es ist keinem Mitarbeiter gekündigt worden, sondern sie haben alle selber gekündigt. Als ein neuer Hausmeister gesucht wurde, war Herr Nothnagel von Anfang bis Ende in den Vorgang eingebunden. Er wollte gern einen anderen Kandidaten haben (weil der ein „Steinbacher“ war). Daß der Kirchenvorstand dann anders entschieden hat, das hat er bis heute nicht verwunden. Deshalb macht der den jetzigen Hausmeister schlecht und lobt den vorhergehenden. Aber

der frühere Hausmeister hat sich eines Tages strikt geweigert, die Kirchturmuhr weiter aufzuziehen, während das heute anstandslos klappt. Er hat sich geweigert, das Loch für einen Kon­trollschacht vor dem Gemeindehaus auszuheben, so daß ich es machen mußte, während der jetzige Hausmeister auf dem Friedhof gleich zwei solcher Löcher und die dazugehörigen Gräben gemacht hat. Als der frühere Hausmeister wegen Grippe drei Wochen (!) krankgeschrieben wurde, mußte der Heizer des Kinderkurheims geholt werden, während bei der Krankschreibung des jetzigen Hausmeisters seine Frau sämtliche Arbeiten übernommen hat‚ kein Pfarrer und kein Kirchenvorstand mußten sich um Vertretung bemühen.

Die Frau des früheren Hausmeisters war zunächst als Reinigungskraft angestellt. Sie behauptete, mit ihr sei vereinbart worden, sie brauche nur 170 Stunden zu arbeiten, würde aber für 190 Stunden bezahlt (das hat nur ihre Schwägerin auf der Kirchenkasse so gesagt und praktiziert). Nach den sehr guten Normen des Diakonischen Werkes sind für die Reinigungsarbeiten im Gemeindehaus nur 150 Stunden anzusetzen. Als sie dann Küchenleiterin war, gab es jeden dritten Tage Suppe und zweimal in der Woche Nudeln.

Es ist unmöglich, das heutige Küchenkollektiv schlecht zu machen. Da ist eine gute Truppe zusammen, die mit wenig Mitteln viel zuwegebringt, so daß die Küche Gaststätten und sogar Interhotelniveau hatte. Auch den Ausfall von Arbeitskräften wird gut überbrückt. Klagen der Angestellten gibt es nur über eine Mit­arbeiterin, die meint, immer noch die Stange des früheren Hausmeisterehepaars halten zu müssen. Aber selbst sie hat Zeiten, wo sie sich gut einfügt und von den anderen mitgetragen wird. Es ist unmöglich, dieses Kollektiv schlecht zu machen, indem man die frühere Besetzung lobt. Es klappt im Gemeindehaus wesentlich besser als früher. Es läuft dort alles bestens, wenn man die Leute in Ruhe läßt.

Wir waren seit Sommer 1988 auf einem guten Weg im Kirchenvorstand. Es wurde sachlich gearbeitet und viel erledigt. Aber dann fing Herr Nothnagel in den Sitzungen am 7. November und 4. Dezember an, Dinge herbeizuzerren, die nicht auf der Tagesordnung standen und die nicht vorher mit den betreffenden Ausschüssen, den Angestellten und dem geschäftsführenden Pfarrer abgesprochen hatte. Stundenlang hat er den Kirchenvorstand damit aufgehalten. Aber am Ende stellte sich heraus, daß keine seiner Aussagen Bestand hatte. Es muß dann immer nachträglich richtiggestellt werden und erneut darüber diskutiert werden. Aber er kann mir dann nicht vorwerfen, ich schaffte Unruhe, nachdem er unqualifizierte Angriffe gestartet hat. Die Kirchenvorsteher sind es mit Recht müde, solche Dinge zu diskutieren. Aber man macht es sich zu einfach, wenn man automatisch mir die Schuld gibt, wenn es Diskussionen gibt. Man muß da schon unterscheiden, wer die Sache in die Welt gesetzt hat und wer sie nur wieder aus der Welt schaffen wollte.

 

Genauigkeit und Ehrlichkeit:

Es gibt auch Gebiete, wo es nicht direkt um Geld. geht, wo es aber um Genauigkeit und Ehrlichkeit geht:

1. Arbeitszeit: Unsre Angestellten wollen auf alle Pausen verzichten und durcharbeiten, um eher nach Hause gehen zu können. Dann können sie aber auch nicht während der Arbeitszeit private Dinge erledigen. Wenn man auf dem Weg vom Gemeindehaus bis zur Kirche drei Angestellte mit Einkaufstaschen trifft, dann können sie nicht alle dienstlich unterwegs sein. Aber selbst der Dekan meinte am 19. September 1985: „Es gibt bestimmte Dinge, die drehen wir nicht zurück, zum Beispiel den Einkauf während der Arbeitszeit. Ich glaube nicht, daß es da in der Kirchengemeinde schlechter steht als in einen VEB. Aber Heckerts Anliegen ist auch verständlich, daß die Kirche nicht in Verruf kommen soll!“

Wenn man einkaufen. will, dann muß man entweder offizielle eine Mittagspause machen oder nach 16 Uhr einkaufen. Man könnte allerdings etwas großzügiger sein, wenn nicht immer geklagt würde, die Arbeit sei zu viel. Gießlers werden immer wieder geschont und machen angeblich so viel, während die Tatsachen umgekehrt sind: Wenn die Köchin W. einmal eine halbe Stunde zu spät kommt, wird ihr das vorgehalten Aber wenn Frau Gießler nach einer Stunde Arbeit draußen spazierengeht, dann regt sich keiner auf. Frau Wahl soll im Sommer jedes Wochenende antreten, aber Frau Gießler fährt in der Hauptsaison einfach in den in Urlaub.

2.. Es ist vereinbart, daß die Mitarbeiter Kindergartenessen erhalten oder einen Anteil dazu zahlen müssen .Vom Kirchenverstand ist dazu gesagt worden, es soll Kindergartenessen sein, aber nicht unbedingt auch eine Kinderportion, d..h. Kartoffeln und Gemüse können es mehr sein, nicht aber Fleisch (wie im städtischen Kindergarten auch). Dennoch kann immer wieder festgestellt werden, daß Rüstzeitessen gegeben wird ohne Bezahlung (zum Beispiel Werner Gießler am 23. Juli 1984) und eine größere Fleischportion (zum Beispiel im Kindergarten) und auch mehr an Nachtisch (wobei dann noch einige Kinder am Tantentisch mitessen dürfen).

3. Das Telefon steht nur für dienstliche Zwecke zur Verfügung, für private nur in begründeten Ausnahmefällen. Wenn wir aber für 900 Mark Dienstgespräche haben und für 700 Mark Privatgespräche, dann entspricht das fast einer öffentlichen Fernsprechstelle. Die Mitarbeiter auf der Kirchenkasse werden ja drei bis viermal gestört, bis das Gespräch zustandekommt. Es ist schon schlimm genug, daß sie immerzu Angestellte ans Telefon rufen müssen, weil diese angerufen werden. Dabei wird gleich doppelt Arbeitszeit versäumt. Dabei können 'Telefongespräche ohne weiteres über öffentliche Fernsprechstellen abgewickelt werden. Wenn die Kindergärtnerin Sch. mit der Eisenbahn kommt, dann ist der erste Fernsprecher am Bahnhof, der zweite auf der Post (und der geht immer) und der dritte am Rathaus; da muß sie nicht ausgerechnet bei uns telefonieren, daß sie gut gelandet ist. Neulich wollte Thomas G. telefonieren, weil angeblich die Fernsprechzelle am Rathaus defekt war; bei einer sofortigen Nachprüfung stellte sich heraus, daß das Telefon voll funktionstüchtig war. Herr Gießler erhält neuerdings R-Gespräche (ist man anderswo nicht so großzügig wie wir?) und bedient sich auch ohne zu fragen des Telefons, wenn er etwa Herrn Schiwek anrufen will. Wir sollten nichts dagegen haben, aber er sollte fragen und auch gleich bezahlen (mit einer großartigen Pauschale ist es nicht getan‚ auch wenn es nur um 20 Pfennig geht, ist eine genaue Abrechnung nötig).

 

 

Pfarrer Schulte als Geschäftsführer

In der Kirchenvorstandssitzung am 4. Dezember 1988 wurde auf meinen Wunsch extra noch einmal protokolliert, daß ich während der Krankheit von Herrn Peters die Geschäftsführung wahrnehme. Auch der Vorsitzende des Kirchenvorstandes und der seit etwa zwei Jahren bei allen Sitzungen anwesende Dekan haben keinen Einspruch erhoben. Der Störenfried war allein Herr Nothnagel. Er behauptete, auch Pfarrer Peters komme mit dem Verwaltungsleiter nicht hin, während dieser selber sagte: „Ich bin gerade dabei, ein gutes persönliches Verhältnis zu ihm aufzubauen! Eine harmonische Adventsfeier fand statt.

In der Sitzung des Dekanatssynodalvorstandes am 9. Dezember wurde dann anders beschlossen. Herr Dekan Schreiber behauptete, es bestehe eine unklare Sachlage, weil ich nur bedingt bereit gewesen wäre, die Geschäftsführung zu übernehmen. Und der Vorsitzende des Kirchenvorstandes sage nunmehr, er werde vom Vorsitz zurücktreten, wenn ich die Geschäftsführung hätte; er sei nicht bereit, mit mir zusammenzuarbeiten. Wahrscheinlich hat Herr Nothnagel all das wieder vorgetragen, was ihm schon in der Novembersitzung widerlegt worden war. Nur hatte er jetzt niemanden, der ihm widersprach, so daß der Eindruck entstehen konnte, es ginge nichts mehr.

Ich wußte erst gar nicht, was er damit meint, daß „der Fall unklar“ ist. Aber er meinte damit offenbar die „Bedingungen“, die ich für die weitere Übernahme der Geschäftsführung gestellt hatte, daß nämlich die Kompetenzen zwischen Kirchenvorstandsvorsitzendem und Geschäftsführer festgelegt sein müssen, wie ich es seit Jahren gefordert hatte. Aber ich habe mich nicht grundsätzlich geweigert, die Geschäftsführung zu übernehmen, da ist gar nichts „unklar“. Ich wollte nur, daß ich ordnungsgemäß beauftragt werde, damit nicht jeder behaupten konnte, ich sei ja nicht der Geschäftsführer! Als das dann auch entsprechend protokolliert wurde, haben weder der Dekan noch der Vorsitzende einen Einwand erhoben.

In der Pfarrkonferenz am 14. Dezember 1988 führte der Dekan zum Thema Steinbach-Hallenberg aus: „Wenn im Krankheitsfall die Vertretung nicht glatt geht und der Fall unklar ist, regelt der Dekan die Vertretung. Am Montag ist Kirchenvorstandssitzung. Da wird dem Kirchenvorstand mitgeteilt, daß die Vertretung kirchenaufsichtlich geregelt wird. Sie wird auf mehrere Schultern verteilt. Bruder Weiß aus Springstille ist zu Vertretungen gern bereit. Ab Montag wird er für den Bereich von Pfarrer Peters die Vertretung übernehmen. Den Konfirmandenunterricht macht weiter Pfarrer Heckert. Die Geschäftsführung übernimmt Pfarrer Schulte. Dann ist auch Herr Nothnagel bereit, den Vorsitz weiter zu führen (das ist allein Gesetz des Dekans, die Landeskirche sagt es anders).“

Ich sagte dazu: „Mit Herrn Nothnagel habe ich es verschissen, als ich ihn kritisierte. Er handelt aber auch weiterhin selbständig und ohne Absprache. Offenbar darf ein Pfarrer einen Laien nicht kritisieren, obwohl er dazu verpflichtet ist. Wohl aber darf ein Kirchenvorsteher einen Pfarrer kritisieren, auch wenn er im Unrecht ist (Beispiel König). Es besteht ein gutes Verhältnis zu den Angestellten und der Angestellten untereinander (bis auf eine Ausnahme)‚ weil wir jetzt neue Leute haben. Herr Nothnagel ist der Meinung, jetzt habe er alles zu managen und er sei der Kirchenvorstand. Früher aber wurde noch vom Dekan gesagt, allein der Pfarrer sei Vorgesetzter der Angestellten!“

 

Zum Ganzen ist zu sagen: Die Vertretung für Pfarrer Peters hat gut geklappt, wie schon im Vorjahr das Dreivierteljahr. Es ist nichts ausgefallen‚ es gab keine Beschwerden, daß in der Verwaltung etwas vernachlässigt worden sein. Nur das könnte ein Grund sein, einen auswärtigen Pfarrer mit der Geschäftsführung zu beauftragen. Es liegt kein unklarer Fäll vor. Höchstens ist dem Laienvorsitzenden nicht klar, was seine Aufgäben sind und was seine Aufgaben nicht sind. Wenn er verlangt, der Verwaltungsleiter sollte zur Fortbildung gehen, dann müßte man das zu ihm in gleicher Weise sagen. Seine eigentlichen Aufgaben erledigt er nicht, nämlich die Überwachung der Durchführung der Beschlüsse des Kirchenvorstandes, aber er mischt sich in die Aufgaben des Pfarramts und des Verwaltungsleiters. Im Augenblick ist allein Herr Nothnagel das Problem.

Seine Informationen an den Kirchenvorstand geben auch nicht unbedingt den Tatsachen entsprechend .Sicher wird Herr Peters einmal etwas an Herrn Hey zu kritisieren gehabt haben (Wer hätte das nicht, das geht mir auch so, aber über die angeblichen Rechtschreibefehler geht es wohl nicht hinaus). Ich fragte ihn noch am gleichen Tag danach. Herr Peters sagte, er wolle in seiner jetzigen Situation nicht viel dazu sagen. „Aber ich war gerade dabei, ein gutes persönliches Verhältnis zu Herrn Hey aufzubauen!" Ich bemerkte: „Nach der Armeezeit mußte er sich erst wieder in einiges hineinfinden. Aber Herr Hey kümmert sich um Vieles. In manchen Dingen weiß er besser Bescheid als ich!“ Peters: „Ich habe ihm empfohlen, einen Lehrgang zu besuchen!“ Heckert: „Er hat sich bereits ein Programm kommen lassen!“

Ich informierte Herrn Peters noch, daß wir eine Adventsfeier mit den Angestellten hatten und praktisch alle da waren (Schwester Anni war verreist, Herr Dalberg verhindert) und es eine schöne Sache war. Herr Peters zeigte sich davon befriedigt und sagte, die ungute Stimmung im Gemeindehaus habe ihn auch belastet. Ich sagte: „Selbst Ute König hat sich am Gespräch positiv beteiligt!“

Bei der Feier hat Ute König übrigens unter anderem mitgeteilt, daß Erich Nothnagel ihr die Reise in den Westen beschafft hat‚ über den Ortsvorsitzenden der NDPD, der bei der Staatssicherheit ist. Jetzt weiß man, woher das Verhältnis Nothnagel - König kommt. Ute König war die erste unver­heiratete Jugendliche aus dem Kreis, die in den Westen durfte.

 

Ich stellte dann eine Liste über anstehende Aufgaben beim Wechsel der Geschäftsführung auf und beschrieb die nächsten Aufgaben bei der  Vertretung im Pfarrbezirk von Pfarrer Peters (Gottesdienste, Amtshandlungen,  Gemeindeveranstaltungen (zum Beispiel Mütterkreis), Konfirmandenunterricht. Außerdem wies ich darauf hin, daß alle Amtshandlungen in Steinbach-Hallenberg und Rotterode mit dem Pfarramt Unterstadt abgestimmt werden müssen ‚ soweit Kirche oder Organist gebraucht werden. Ebenso alle Sonderveranstaltungen im Gemeindehaus.

 

An der Sitzung am 19. Dezember 1988 konnte ich wieder nicht teilnehmen, obwohl ich am 15. Dezember an Herrn Nothnagel geschrieben hatte, er möge sie verlegen, weil er den Termine nicht mit mir abgesprochen hatte.  Mein Termin wurde schon in der Dienstbesprechung (der Mitarbeiter im Verkündigungsdienst) am 8. September festgelegt, ich kann ihn unmöglich jetzt absagen.  „Seit Pfarrer Peters Einspruch erhoben hat gegen einen Beschluß des Kirchenvorstandes, weil er erst verspätet zur Sitzung hatte erscheinen können, war es meiner Meinung nach klar, daß die Termine für Kirchenvorstandssitzungen mit beiden Pfarrern abgesprochen werden und die Sitzung nur durchgeführt wird, wenn beide Pfarrer können. Im Interesse eines gedeihlichen Zusammenwirkens bitte ich Sie, mir die Möglichkeit zur Teilnahme an der nächsten Sitzung zu geben!“

 

Nachdem ich schon am 15. April und 16. Mai und 13. Juni (teilweise) wegen Terminüberschneidung nicht bei der Sitzung hatte dabei sein können, war dies nun der vierte Fall. Da konnte man wirklich nicht mehr sagen, ich hätte nur Dienstgeschäfte vorgeschoben und mich vor einer Sitzung gedrückt. Es ist für jeden Außenstehenden unvorstellbar, daß ein Laienvorsitzender eine Kirchenvorstandssitzung einberuft, ohne sich mit den Pfarrern über den Termin abgestimmt zu haben. Aber in Steinbach-Hallenberg wurde das jetzt zur Regel. Der Dekan sagte dazu aber wieder, ich müßte mich eben entscheiden, was mir hier wichtiger sei.

Ich hatte den Adventsmütterabend in Vertretung für Pfarrer Peters zu halten. Der Termin war Anfang September in der Dienstbesprechung der Verkündigungsmitarbeiter festgelegt worden. Die sonst beteiligte Schwester Irma war krank und fiel auch aus. Ursel war mit; aber sie konnte unmöglich das Programm von drei Stunden allein bestreiten, bei so einer Sache muß der Pfarrer einfach dabei sein. Für mich war es deshalb klar, wie zu entscheiden war: Ich konnte die Frauen nicht sitzenlassen, nur weil ein Herr Nothnagel nicht weiß, was sich gehört.

Aber in der Pfarrkonferenz am 16. Januar 1989 sagte der Dekan dazu: „Es stimmt alles nicht, daß der Termin schon im September festgelegt wurde. Den Kreis leitet er ja gar nicht!“ Im September wurde der Tag festgelegt unter der Voraussetzung, daß Herr Peters ihn hält (er hätte also auch nicht zu diesem Termin bei der Kirchenvorstandssitzung dabei sein können).

 

 

Neue Geschäftsführung:

Es kam dann auch gleich zu einer ganzen Reihe von Pannen, weil Herr Pfarrer Schulte zwar anordnen wollte, aber vorher keine Information einholte. Zwar sollte jeder Pfarrer über Verwaltungsdinge Bescheid wissen. Aber bei einer so komplizierten Gemeinde wie Steinbach-Hallenberg war es üblich, daß ein Pfarrer immer erst einmal einige Jahre da war, ehe ihm die Geschäftsführung übertragen wurde.

Mit der Vertretung durch Herrn Weiß klappte es nicht. Offenbar hat man die Einzelheiten erst nachträglich mit ihm besprochen. Der Dekan hatte eindeutig gesagt, Herr Weiß würde für den Bereich von Pfarrer Peters die Vertretung übernehmen. Jetzt aber sagte er, er werde nur die Amtshandlungen und einen Teil der Gottesdienste übernehmen. Daraufhin sollte wieder Herr Schulte die Einteilung der Gottesdienste organisieren (ohne sich mit mir abzusprechen, tat er das!).

Ich rief den Dekan an und fragte ihn nach der Vertretung für Gemeindekreise, Allianzgebets­woche und Geburtstagsbesuche. Er versprach mir, noch einmal alles schriftlich zu geben (später behauptete er, ich habe die Beauftragung für den Konfirmandenunterricht schriftlich haben wollen). Der Dekan sagte mir, ich solle die Abkündigungen zusammenstellen; am nächsten Tag kam aber Herr Pfarrer Schulte und sagte mir, e r mache das. Die Verwirrung war an sich total.

 

Die Gemeinde hat kein Verständnis dafür, wenn sie sich wegen Amtshandlungen an einen Pfarrer im Nachbarort wenden soll (selbst bei jeder Patenbescheinigung), wo doch noch ein Pfarrer am Ort ist. Für die Gemeindeglieder und die Angestellten wurde dadurch natürlich alles umständlicher. Es wurde nicht einmal mitgeteilt, wo Herr Weiß zu erreichen ist und ob er Telefon hat. Später sollten bei Trauerfeiern in Schmalkalden auch noch die Schmalkalder Pfarrer eingesetzt werden und es wurde vorher erst wer weiß wie lange telefoniert, bis sich einer fand. Deshalb bat ich mit einem Schreiben am 21. Dezember den Landeskirchenrat, die Vertretung zu regeln.

Am 21. Dezember 1988 schrieb ich an den Landeskirchenrat nach einem Telefongespräch mit dem Juristen Herrn Schaurig am 20. Dezember unter anderem: „Ich bitte die aufsichtführende Stelle, möglichst bald eine Regelung der Vertretung zu treffen. Außerdem bitte ich darum, daß ein Vertreter des Landeskirchenrats in der nächsten Sitzung des Gemeindekirchenrats zum Thema „Laienvorsitz“ und anderen Fragen spricht. Er darf sich dazu ja selber einladen!“ Aber es ist nichts in dieser Richtung erfolgt.

Die Antwort des Landeskirchenamtes gab der Diplomjurist Schurig, der Stellvertreter des juristischen Mitglieds des Landeskirchenrates. Er führte aus: In Verwaltungsdingen (zum Beispiel Führung der Kirchenbücher, Patenbescheinigungen) ist der andere Pfarrer der Vertreter des erkrankten Pfarrers. Die Gemeinde-Dienste (Gottesdienste, Amtshandlungen)  teilt der Dekan ein.

Herr Schurig hatte sich mit Herrn Kirchner abgestimmt und dessen Zustimmung eingeholt. Da ist es spitzfindig, wenn Herr Kirchner nachher sagt: „Das war nur eine Rechts- a u s k u n f t und wir können aus übergeordneten Gesichtspunkten auch anders entscheiden!“ Und der Dekan sagte: „Hier wäre eine Weisung nach einem Beschluß des Landeskirchenrates nötig gewesen, der auch die Umständ berücksichtigt!“ Aber eine Rechtsauskunft ist nicht unverbindlich, sondern es muß dann auch entsprechend dem Recht entschieden werden

 

Doch der Dekan hatte bisher immer die Meinung vertreten, das regele sich automatisch, da ja im Dekanat immer zwei Pfarrer aneinander gewiesen sind. Außerdem hatte Herr Nothnagel ja nicht an der Gemeindearbeit Anstoß genommen, sondern an der Verwaltung: Als geschäftsführenden Pfarrer wollte Herr Nothnagel mich nicht haben, das wollte er selber machen

Nach meiner Meinung dient die durch den Dekan getroffene Regelung nicht dem Wohl der Gemeinde und ist für mich diskriminierend. Langjährige Praxis ist bei uns jedoch, daß immer zwei Pfarrer aneinander gewiesen sind und der Dekan nur bei Schwierigkeiten eingreift. Ich habe während fünf Jahren fast zwei Jahre lang die Gemeinde mit 4.800 Gemeindegliedern in drei Orten allein betreut und es ist nichts ausgefallen. Ich habe nicht darüber geklagt, daß es mir zu viel sei, wie des jetzt behauptet wurde.  Er lief alles, die Gemeinde entbehrte nichts (gerade auch in der Zeit vor Weihnachten mit den vielen Sonderveranstaltungen).

Zwölf Jahre lang habe ich die Geschäftsführung wahrgenommen, ehe vom Dekanatssynodal­vor­stand ein Laienvorsitzender eingesetzt wurde. Natürlich ist es wahr, daß ich ihn verschiedentlich kritisiert habe, zum Beispiel als er gegen vorherigen Beschluß des Gemeindekirchenrats tausende von Mark zusätzlich an die Angestellten verteilte oder als er den Schriftverkehr des Verwaltungsleiters kontrollieren und zensieren wollte. Bei Herrn Nothnagel ging es ja auch nur um die Geschäftsführung und nicht die Gemeindearbeit. Das wollte der Dekan so haben, um zu zeigen, daß er auf mich nicht angewiesen ist und um noch andere Pfarrer mit hineinzuziehen, die dann auch sagen sollten: „Mit dem kommt man nicht aus!“

 

Am 10. Januar 1989 schrieb der Dekan: „In einem 35minütigen Telefongespräch am 20. Dezember 1988 beschwerten Sie sich darüber, daß Sie den Konfirmandenunterricht übernehmen sollten. Sie versuchten mir deutlich zu machen, daß alles von mir Angeordnete keine Gültigkeit habe, denn der Kirchenvorstand sei ja nicht beschlußfähig gewesen. Es wären nach Ihrer Information wenig Mitglieder da gewesen, da sie es satt hätten, daß ich dauernd „in Steinbach-Hallenberger Angelegenheiten hineinregierte......Nach Ihrer Forderung, daß ich die Ihnen zugedachte Übernahme des Konfirmanden- und Vorkonfirmandenunterrichtes von Pfarrer Peters schriftlich fixieren solle, verwies ich Sie noch einmal auf das Protokollbuch. Gestern rief mich der Vorsitzende des Kirchenvorstandes, Herr Nothnagel, an, um mir zu sagen, daß Sie noch auf die schriftliche Anweisung warteten. Obwohl mir dies unverständlich ist, möchte ich Sie nun noch einmal schriftlich bitten, den Ihnen zugedachten Dienst zu übernehmen.“

Ich hatte mich nicht darüber beschwert, daß ich den Konfirmandenunterricht übernehmen sollte, sondern mir ging es darum, etwas schriftlich in die Hand zu bekommen, wie es denn nun mit der Vertretung werden solle, denn seit der Pfarrkonferenz hatte sich da ja wohl einiges geändert bzw. einige Punkte standen noch offen. Ich habe nicht die Beschlußfähigkeit des Kirchenvorstandes angezweifelt, denn dieser hatte ja nichts zu beschließen, sondern es wurde nur angeordnet. Ich habe auch nicht von mir aus dem Dekan deutlich machen wollen, daß alles von ihm Angeordnete keine Gültigkeit habe, sondern ich berief mich auf eine Auskunft des Landeskirchenrates.

Meinen guten Willen zeigte ich dadurch, daß ich dennoch mit den Oberstädtern Konfirmandenunterricht machte. Die ersten zwei Wochen im Januar machte ich allerdings  mit den Oberstädtern keinen Unterricht, weil er ja auch bei Pfarrer Peters ausgefallen wäre, weil er im Westen war (An Weihnachten war er noch todkrank, danach konnte er in den Westen fahren). Als die Konfirmanden aber dann doch nach dem Unterricht fragten, sowohl die Rotteroder als auch die Steinbacher, habe ich doch wieder mit ihnen gemacht. Mit der 8. Klasse wollte ich noch zusätzlich in den Ferien machen, weil sie so weit zurück waren.

Die Beschlußfähigkeit des Kirchenvorstandes spielte keine Rolle, da ja nichts zu beschließen war, sondern nur angeordnet wurde. Deswegen wollten einige nicht kommen. Ich habe nicht von mir aus versucht, dem Dekan deutlich zu machen, daß alles von ihm Angeordnete keine Gültigkeit habe, sondern ich berief mich auf die vorher telefonisch eingeholte Auskunft des Landeskirchenrats.

Der Brief ist wieder einmal ein typisches Beispiel für die Verdrehungen und Entstellungen, die man immer wieder von Seiten des Dekans erleben kann.

 

Pannen bei der Vertretung für Pfarrer Peters:

Am 23. Dezember war nicht in den Kästen ausgehängt, wann die Gottesdienste über Weihnachten sind. Der Kirchenjunge erhielt keinen Liederzettel. Als an Heiligabend eine Beerdigung angemeldet wurde, war niemand greifbar für die Aushänge, die unbedingt nötig waren, weil über die Feiertage keine Zeitung erschien. Es war nicht bekannt, ob am 1.Weihnachtstag Abendmahl sein sollte. Zum Glück hatten auch die Oberstädter Heiligenmeister von mir einen Schlüssel zum Panzerschrank, so daß sie an die Abendmahlsgeräte konnten. Nachher standen diese allerdings über Nacht im Flur des Pfarrhauses, eine Dose blieb in der Kirche, ein goldener Löffel fehlte. Auch die Kollekte von rund 600 Mark stand ungezählt in dem Zimmer des Pfarrhauses, das jedermann zugänglich ist.

Erst am 23. Dezember erhielt ich Nachricht, wann und wo ich an Silvester Gottesdienst zu halten habe; da ich für die Dörfer vorgesehen war, mußte ich eine neue Predigt machen; wer die anderen Gottesdienste halten sollte, stand noch nicht fest, ich erfuhr erst am 30..12., daß es damit tatsächlich klappte. Bei einer Trauerfeier fehlte die Orgel, weil versäumt worden war, sie wieder von der Stadtkirche in die Friedhofskirche zu bringen.

Die Prediger nahmen sich die Freiheit, auch einmal etwas anderes abzukündigen, als es im Abkündigungsbuch stand. Herr Weiß ließ die Konfirmanden entgegen der Sitte der Gemeinde zur Psalm­lesung aufstehen. Im Gottesdienst am 8. Januar wurde ein Lied ,,Jesus der Gammler“ zur Gitarre gesungen; aber das hat offenbar nicht so sehr gestört wie der Beitrag von Frau Marr zu Umweltfragen.

Für Silvester und 1. Sonntag nach Epiphanias war kein Liederzettel für den Kirchenjungen da.

 Am 5. Januar hielt Herr Weiß eine Trauerfeier, deren Termin nicht mit mir abgesprochen hatte. Die elektronische Orgel wurde kurz vorher noch wieder in die Friedhofskirche geschafft, nachdem bei der vorhergehenden Trauerfeier nur das Harmonium benutzt werden konnte, weil versäumt worden war, die Orgel wieder in die Friedhofskirche zu bringen. Die Leidtragenden waren wiederum (von wem?) zunächst zu Pfarrer Schulte nach Oberschönau geschickt worden, der sie nach Springstille verwies.

Nach dem Abendmahlsgottesdienst teilten mir die Heiligenmeister an Neujahr mit, daß ein goldener Löffel (in Siebform) bei den Abendmahlsgeräten fehlt. Ich teilte es dem geschäftsführenden Pfarrer mit, aber danach gesucht hat offenbar niemand.

Bei der Allianzgebetswoche wurde ich einfach ausgebootet: Sonst machten das die Steinbacher Pfarrer mit dem Prediger der Landeskirchlichen Gemeinschaft. Jetzt waren auf einmal auch Herr Schulte und Herr Weiß einbezogen, obwohl Herr Schulte doch nur die Geschäftsführung und Herr Weiß nur die Amtshandlungen machen sollte. Jetzt sollten auf einmal nur vier Abende gemacht werden und ich wurde für einen Abend vorgesehen, wo ich in Altersbach schon Allianzgebets­woche hatte. Doch darauf wurde nicht Rücksicht genommen, ich war eben nicht dabei. Das hat es bisher in Steinbach nicht gegeben und widerspricht auch dem Wesen der Allianz, wonach alle mitmachen. Aber auch diesmal ging es wohl wieder darum, zu beweisen, daß man auch ohne mich auskomme.

Am 12. Januar rief mich Herr Nothnagel im Auftrag von Pfarrer Schulte an, am Montag, dem 16., sei um 16.30 Uhr eine Finanzausschußsitzung, in der es um Arbeitsverträge gehen sollte. Am gleichen Tag teilte mir der Verwaltungsleiter im Auftrag der Vorsitzenden des Finanzausschusses mit, am Dienstag sei um 16.30 Uhr eine Sitzung des Finanzausschusses, in der die Kirchenrechnung geprüft werden soll. Ich mußte Herrn Schulte erst deutlich machen, daß nach dem Willen des Dekans der geschäftsführende Pfarrer nicht automatisch Mitglied des Finanzausschusses ist (ich war es durch Wahl).

Am Nachmittag des 13. Januar hing die Einladung zu einer Vorbesprechung für die Goldene Konfirmation in den Kästen, die zur gleichen Zeit angesetzt war wie die Probe des Posaunenchors in dem einzigen Raum, der zur Verfügung stand, obwohl es mit dieser Besprechung durchaus noch Zeit hatte.

Am l. Januar wurde das Neujahrswort des Landesbischofs auf den Dörfern nicht verlesen. Es wurde der falsche Predigttext genommen, obwohl schriftlich mitgeteilt worden war, wie die Predigttexte üblicherweise verteilt werden Am 4. Januar wurde mir von Frau Holland-Cunz im Auftrag von Herrn Schulte mitgeteilt, daß Herr Thomas den Gottesdienst in Steinbach halte. Aber es wurde mir nicht gesagt, ob ich auf den Dörfern dran sei. Dort hätte ja Herr Weiß eingeteilt gewesen sein können.

Am Donnerstag, dem 5. Januar war ich aber wiederum als einziger Pfarrer bei einem Gespräch mit dem Bürgermeister wegen eines Grundstückstauschvertrags zusammen mit den Kirchenvätern. Für den 8. Januar hatte ich keine Nachricht, wo ich Gottesdienste halten sollte. Es wurde mir nur über Frau Holland-Cunz mitgeteilt, daß in Steinbach Herr Thomas den Gottesdienst hält

Am 13. Januar am Nachmittag hing eine Einladung zu einer Vorbesprechung zur Goldenen Konfirmation in den Aushängkästen. Diese ist aber traditionell erst drei Monate vor der Feier, zum Beispiel am Ostermontag (weil da der Raum frei ist). Goldene Konfirmation ist Sache von Herrn Peters, der hoffentlich bis dahin wieder fit ist. Die Versammlung war zur gleichen Zeit wie der Posaunenchor angesetzt, der Chorleiter wußte nichts davon. Es ist aber nur e i n Raum vorhanden.

 

 

 

 

Auf dem Weg zur „Beurlaubung“

Jetzt ging im Grunde alles sehr schnell, der Dekan erreichte sein Ziel, der Landeskirchenrat wollte auch die Sache vom Tisch haben. In der Sitzung des Dekanatssynodalvorstandes am 13. Januar behauptete der Dekan, ich hätte ich ihn angerufen und mitgeteilt, ich sei von Eisenach als geschäftsführender Pfarrer eingesetzt. Gesagte hatte ich: „Ich halte mich an das, was Eisenach sagt!“ Darauf hätte Herr Herbert Johannes vom De­ka­natssynodalvorstand gesagt: „Es kann doch nicht sein, daß Eisenach sich über die Organe des Dekanats hinwegsetzt. Das kann nur eine Rechtsauskunft sein!“ In Wirklichkeit war es aber so, daß Organe des Dekanats sich über das Landeskirchenamt in Eisenach hinwegsetzten.

 

Angeblich hat der Dekanatssynodalvorstand schon an diesem Freitag beschlossen, geschlossen (!) nach Eisenach zu fahren. Aber am Montag war ,,nur dieser Schurig zu erreichen, der diesen Brief verantworten muß.“ Der Dekan sagte: „Es war lediglich eine juristische Auskunft, wie es nach der Verfassung ist; über die Verhältnisse ist ihm ja nichts bekannt!“ Doch sicherlich gilt die Verfassung für alle Verhältnisse in der Kirche, und diese sind von mir durchaus nicht verschwiegen worden. Und eine Rechtsauskunft ist verbindlich, da kann man nicht etwas gegen das Recht beschließen. Am 28. Dezember war der Dekan schon einmal in Eisenach beim Baurat und sprach dabei auch mit Herrn Kirchner, dem juristischen Oberkirchenrat.

 

 

Dienstbesprechung am 16. Januar 1988::

Die Besprechung war auf Wunsch der Küchenkräfte auf Montag verlegt worden, weil die Küchenfrauen nicht mehr ohne den Verwaltungsleiter dem Vorsitzenden des Kirchenvorstandes allein ausgeliefert sind. Um 9.09 Uhr kamen die Küchenleute. Daraufhin eröffnete Herr Hey die Sitzung bzw. forderte mich auf, als geschäftsführender Pfarrer die Sitzung zu leiten. Ich war überrascht, konnte aber zum Glück aus dem Gedächtnis den Lehrtext für den Tag zitieren: „Den Demütigen gibt Gott Gnade!“

Aber um 9.10 Uhr kam Herr Nothnagel doch schon und fing gleich an: „Die Sitzung in der Form habe ich nicht gewünscht!“ Er wollte, daß erst eine Dienstbesprechung mit den Leitern ist, danach erst extra mit allen Küchenkräften. Auch wenn Herr Hey sich da geirrt hat und Herrn Nothnagel mißverstanden hat, sollte man doch nicht gleich so ein Faß aufmachen und das Gespräch belasten. Notfalls hätte er Herrn Hey nach draußen bitten können, um das allein mit ihm zu klären.

Herr Hey konterte jedenfalls: „Das ist wieder ein starkes Stück von Ihnen...!“ Er bezog sich damit auf die letzte Dienstbesprechung, bei der Herr Hey zugegen war, wo Herr Nothnagel auch gleich so aggressiv anfing. Herr Nothnagel antwortete: „Ich habe nicht die Muße, mit Ihnen zu diskutieren. Wenn Sie sich das nicht merken können, muß ich es schriftlich machen!“ Das wäre durchaus gut, damit wenigstens einmal das klargestellt ist, ob nur die Leiter oder ein größerer Kreis und ob auch die Stellvertreter oder nicht; aber das lehnte Herr Nothnagel nachher wiederum ab. Die Küchenleute sagten: „Da gehen wir wieder!“ Doch nun auf einmal Herr Nothnagel: „Wir machen es jetzt so, es paßt mit auch besser, ich muß ja arbeiten!“ Dann noch einmal zu Herrn Hey: „Ihre Bemerkung mit dem ‚starken Stück‘ können Sie sich sparen!“

Nach fünf Minuten war die Dienstbesprechung um 9.20 Uhr beendet. Nachdem die Küchenleute gegangen waren, fing Herr Nothnagel noch einmal an: „Ich finde es unverschämt, daß Sie sagen ‚ein starkes Stück‘. Wenn Sie mich kritisieren wollen, dann vor dem Kirchenvorstand und nicht vor den Angestellten!“ Da wies ich darauf hin, daß er ja zuerst aggressiv wurde. Insofern ist es gut, wenn ich mit dabei bin.

Dann wollte Herr Nothnagel den Brief von Herrn Hey an den Landesbischof haben, weil der angeblich falsche Angaben enthält. Zum Beispiel habe er nicht verlangt, daß man ihm täglich die Post bringt. Herr Hey wollte den Brief vorlesen, aber Herr Nothnagel wollte ihn mitnehmen. Ich wies darauf hin, daß mir der Brief von Herrn Holland-Cunz auch nicht ausgehändigt worden ist, damit ich dazu Stellung nehmen konnte. Herr Nothnagel vertrat die Meinung, daß es sich nicht um einen privaten Brief handele, da er ja an die Anschrift Karl-Marx-Straße ging. Aber Herr Hey sagte: „An den Bischof kann ich mich auch direkt wenden, auch wenn es um meine Arbeit geht!“ Er mußte richtigstellen, daß der Bischof ihm auch direkt geantwortet hat und nicht über den Dekan (der erhielt nur eine Abschrift).

Herr Nothnagel vertrat wiederum die Meinung, für Herrn Hey ginge der Dienstweg über den Verwaltungsleiter des Dekanats (!). Dabei geht der Dienstweg für den Verwaltungsleiter nur über den Pfarrer. Und wenn der es für richtig und wichtig hält, informiert er den Kirchenvorstand und dessen Vorsitzenden. Aber die Kindergartenleiterin hat auch niemanden unterrichtet über die Anfrage von Rüstzeitteilnehmern, ob sie ihre Kinder drei Tage in den Kindergarten tun könnten, sondern es aus eigener Vollmacht abgelehnt.

Wiederum sagte Herr Nothnagel: „Wenn Sie den Brief an den Bischof nicht vorlegen, ist das keine normale Sache!“ Er fühle sich verunsichert über die Dienststellung des Herrn Hey, die sei ihm nicht klar. Ich sagte dazu: „Sein Vorgesetzter ist der Pfarrer. Aber auch Sie können sich natürlich an ihn wenden und Auskunft erbitten oder um die Erledigung einer Sache. Aber im Konfliktfall ist nur ein Vorgesetzter für ihn verbindlich. Auch als Pfarrer könnte man zwar anordnen, tut es aber möglichst nicht, sondern bespricht die Sache partnerschaftlich!“

Insgesamt haben Her Nothnagel und ich an diesem Vormittag dreieinhalb Stunden geredet, zum Teil mit anderen zusammen, zum Teil allein. Es kam dabei alles dran, was er an Beschwerden hatte, auch über Ursel. Und er sagte auch, er werde nicht zurücktreten, auch wenn ich die Geschäftsführung habe. Das Gespräch war - abgesehen vom Anfang - weitgehend sachlich.

Abends war von 17 bis nach 19 Uhr noch Finanzausschußsitzung. Dabei wurden einige Dinge geklärt, die Herr Hey in seinem Brief an den Bischof geklärt haben wollte. An diesem Tag hatte ich eine insgesamt sechsstündige Aussprache mit Herrn Nothnagel, in der alles geklärt wurde und in der er sich zu einer konstruktiven Zusammenarbeit bereit erklärte.

Allerdings hatte ich Herrn Nothnagel eine Zusammenstellung der Stellungnahmen des Landeskirchenamtes mitgegeben, die ich auch einigen anderen Kirchenvorstehern gegeben hatte. Diese brachte er noch am Abend zum Dekan. Dieser war besonders erbost über den Satz: „...ist eine Übertragung der Geschäftsführung des Pfarramtes an einen Pfarrer einer anderen Kirchengemeinde durch das Dekanat als rechtsunwirksam, weil nicht verfassungskonform, zu betrachten!“

Am nächsten Tag ging auch Herr Nothnagel mit nach Eisenach, um sich zu beschweren. Man hatte den Eindruck, daß verschiedene Leute wie unter Druck handelten. Damals konnte ich mir das nicht erklären. Daß da ein Staatssicherheitshintergrund bestehen könnte, habe ich noch nach der Wende zurückgewiesen. Heute denke ich anders darüber.

 

Verhandlung beim Landeskirchenrat am 17. Januar:

Am 17. Januar 1989 sprachen Dekan Schreiber, Pfarrer Hoffmann und Herr Nothnagel beim Landeskirchenrat vor. Dekan Schreiber behauptete, die Geschäftsfüh­rung sei Pfarrer Heckert schon einmal am 17. September 1986 entzogen worden. Oberkirchen­rat Kirchner hat schon im Oktober 1988 ein Gespräch über einen Stellenwechsel zugesagt. Schon damals wurde vom Dekan die Einleitung eines Verfahrens nach § 57 des Pfarrergesetzes erbeten. Jetzt wird diese Feststellung von allen Besuchern mit Nachdruck bekräftigt. Pfarrer Hoffmann: „Wir sind an dem Punkt angekommen, an dem gehandelt werden muß!“

Das Protokoll über die Besprechung ist etwas dürftig. Es geht nicht daraus hervor, was eigentlich der Vorwurf ist. Offenbar genügten die Aussagen der drei Besucher Schreiber, Hoffmann und Nothnagel, das mit Nachdruck verlangte Verfahren zu beginnen, das aber dann doch nicht durchgeführt wurde.

Dekan Schreiber legte eine dicke Mappe vor, die aber im Wesentlichen nur den üblichen Schriftverkehr zwischen mir und dem Dekanat enthielt. Sie sollte aber beweisen, daß ich schon immer ein Querulant war. Oberkirchenrat Höser hat diese Akte durchgearbeitet. Angeblich war sie die Grundlage für den Beschluß des Landeskirchenrates, mich ohne Anhörung fristlos zu beurlauben mit dem Ziel der Strafversetzung. Aber offenbar hat die Akte in Wirklichkeit keine Rolle gespielt, in der Personalakte ist sie nicht erwähnt.

Das Mindeste wäre gewesen, die andere Seite zu hören, so ist es Gesetz und so ist es menschlich („brüderlich“). Daß der Landeskirchenrat so überstürzt handelte, lag wahrscheinlich an seiner Rücksichtnahme auf Kassel. Am 23. Januar 1989 beschloß der Landeskirchenrat einstimmig die Beurlaubung nach § 45,2 zum 1. Februar 1989.

In der Sitzung wird die Position von Dekan Schreiber übernommen, bei dem Schreiben von Herrn Schurig handele es sich nur um eine Rechtsauskunft, nicht um einen Beschluß des Landeskirchenrats. Aber immerhin hatte ich nicht an Herrn Schurig, sondern an den Landeskirchenrat geschrieben. Das Schreiben war von Herrn Kirchner an Herrn Schurig zur Bearbeitung übergeben worden. Dieser hat die Antwort auf Anweisung von Herrn Kirchner verfaßt. Als Empfänger des Briefes konnte ich nichts anderes vermuten, als daß es sich hier um eine offizielle Antwort des Landeskirchenrats han­delte (schon der Briefkopf zeigt das). Man muß doch annehmen, daß der Landeskirchenrat sich an Recht und Gesetz hält und nicht im Einzelfall nach Gutdünken oder auch „nach bestem Wissen und Gewissen“ auch anders entscheiden kann.

Die drei Anklagevertreter in Eisenach müssen die Verhältnisse ja in den glühendsten Farben geschildert haben, so als ginge in Steinbach alles drunter und drüber. Dabei wurde die Lage erst von außen geschaffen durch die ständigen Eingriffe des Dekans und weil nicht die nötigen Absprachen getroffen wurden. Die drei Stimmen (Dekan, Hoffmann, Nothnagel) kann man aber nur als eine rechnen, denn alle sind ja miteinander verfilzt.

Was noch dahinterstehen könnte, wurde erst später deutlich. Der Zeitpunkt für die Beurlaubung war gut gewählt. Der Bischof war in Urlaub, mehrere Oberkirchenräte fehlten, es waren wohl nur fünf überhaupt anwesend. Und da hat wohl Oberkirchenrat Kirchner das Wort geführt, denn als wir mit Oberkirchenrat Große sprachen, hörte es sich so an, als habe er nur sachlich Bericht gegeben und sich ansonsten herausgehalten. Ein Oberkirchenrat sagte offen, die Beurlaubung sei zu früh erfolgt. Bischof Leich hat zwar später geleugnet, daß die Stasi-Oberkirchenräte mit ihrer Mehrheit entschieden hätten, der Beschluß sei einstimmig gewesen (aber nur durch die fünf anwesenden Leute!), aber Berichterstatter und Wortführer waren die Stasileute.

Oberkirchenrat Kirchner äußerte gegenüber dem Dekan Schreiber: „Wenn man mit so einem Problem wie Heckert nicht fertig wird, ist es Zeit, das Dekanat voll in Thüringen einzugliedern!“ Das war es ja gerade, was ich immer vermeiden wollte: Wenn man Eisenach fragte, machte man es nur groß. Deshalb mußte alles getan werden, damit das Dekanat sich einig war. Dekan Schreiber war aber nicht bereit, auch nur die einfachsten kirchlichen Regeln einzuhalten, weil er selber entscheiden wollte, was Kirchenrecht im Dekanat ist. Nur einen Pfarrer versetzen oder absetzen, das konnte er nicht allein. Also mußte er doch nach Eisenach gehen. Ob er dabei unter dem Druck des Staates oder der Staatssicherheit handelte, muß man schon fragen. Zumindest würde das sein irrationales Verhalten erklären.

Herr Kirchner erhielt noch den Auftrag, Pfarrer Heckert zu einem Gespräch für den 21. Februar „vorzuladen“ (!). Am 17. Februar 1989 wird im Landeskirchenrat als Richtlinie mitgegeben, wenn es nicht zu einem Pfarrstellenwechsel oder einer Entlassung kommt, wird ein Verfahren nach § 57 des Pfarrergesetzes durchgeführt.

 

Pfarrkonferenz am 18. Januar 1989:

Wieder behauptete der Dekan, mein Fehlen in der Kirchenvorstandssitzung am 19. Dezember sei mutwillig gewesen. Er bezeichnete mich erneut als Lügner und sagte: „Das stimmt alles nicht. Der Termin für den Mütterabend wurde noch nicht im September festgelegt. Diesen Kreises leitet Pfarrer Heckert ja gar nicht!“ Aber wenn Herr Peters nicht krank gewesen wäre, hätte er den Abend halten müssen und hätte in der Kirchenvorstandssitzung gefehlt, auch ihn hätte man bei der Festlegung des Termins nicht übergehen dürfen.

Dekan Schreiber, Pfarrer Hoffmann und Herr Nothnagel fuhren noch am gleichen Tag hin und haben ein ,,klärendes Gespräch“ mit Oberkirchenrat Große geführt. Dieser habe angeblich gesagt: „Die juristische Auskunft ist ohne Kenntnis der Sache erfolgt. Ohne Rückfrage kann keine Anweisung gegeben werden, die juristische Auskunft ist ohne Kenntnis der Sache erfolgt, sie hat keinerlei Verbindlichkeit.

Weiter sagte Herr Schreiber: „Die von mir angeordneten Dinge sind in Gültigkeit. Schulte hat die Geschäftsführung und nicht Heckert. Herr Schurig wird sich vorsehen, solche ungeschützten Dinge zu tun!“ Pfarrer Hoffmann sagte dazu: „Die Rechtsauskunft hebt Maßnahmen des Dekanats nicht auf, de jure hat Pfarrer Schulte die Geschäftsführung!“ Schreiber: „Ich bitte Pfarrer Schulte, die Geschäftsführung wahrzunehmen. Der Bescheid aus Eisenach kommt schon noch. Das Thema kommt auf die Landeskirchenratssitzung am Montag. in Eisenach. Heckert hat sechs Wochen die Geschäftsführung gehabt. Aber da es nicht mehr ging, mußte es anders gemacht werden!“ (Gerade in diesen sechs (?) Wochen im Dezember ging alles, es gab keinen Beschwerden). Herr Schulte verlangte gleich eine ordentliche Übergabe. Herr Schreiber sagte zu mir: „Es sind Ihnen die Dinge mitgeteilt worden. Der Dekan muß einteilen, so hat es Propst Albrecht gesagt. Aber für Sie existiert das Dekanat mehr oder weniger nicht!“.

Der Dekan aber erklärt im Grunde: Im Dekanat kann ich machen‚ was ich will, auch wenn es gegen die Gesetze aus Eisenach ist, Eisenach will sich nicht hineinhängen. Liegt es daran, daß das Dekanat jährlich 40- 50.000 Mark nach dort abliefert? Oder will man es nicht mit Kassel verderben, von dem man sich ja abhängig gemacht hat? (Zum Beispiel bei der Reparatur der Kopiergeräte in Eisenach).

Deutlich war jedenfalls auch, daß man sich nicht in das Dekanat hineinhängen will. Sie wollen nichts zur Wiederherstellung üblicher Verhältnisse tun (Protokollbuch‚ Schriftverkehr‚ Aufsicht über Angestellte durch Vorsitzenden). Der Dekan soll freie Hand haben. Offenbar läßt man in solchen Fällen allein den Superintendenten entscheiden, sein Urteil wiegt mehr als das des Pfarrers.

Der Anschlußvertrag wurde damit gerechtfertigt, daß wir eine Beschwerdeinstanz haben müßten, wenn es einmal etwas mit dem Dekan gäbe. Was das nutzt, haben wir jetzt gesehen.

 

Für die Neuregelung der Vertretung lag kein Grund vor. Niemand hatte sich beschwert, daß eine Arbeit nicht getan worden sei, niemand hatte um Entlastung gebeten. Auch in der Verwaltung lagen keine Versäumnisse vor. Es lag kein unklarer Fall vor, höchstens dem Laienvorsitzenden war nicht klar, welches seine Aufgaben sind bzw. nicht sind. Seine eigentliche Aufgabe, die Durchführung der Beschlüsse des Kirchenvorstandes, erledigte er nicht, aber in die Aufgaben des Pfarramtes und des Verwaltungsleiters mischte er sich ein.

Den Konfirmandenunterricht für die Oberstadt sollte ich allerdings weitermachen. Am 20. Dezember 1988 hatte ich an den Dekan geschrieben: „Seit 19. Dezember ist von ihnen die Vertretung für Herrn Pfarrer Peters anders geregelt worden als bisher. Sie haben vorgesehen, daß ich die vier Stunden Konfirmandenunterricht übernehmen soll. In dem heutigen Gespräch haben Sie aber angedeutet, daß eventuell auch jemand anders bereit wäre, das zu übernehmen. Ich muß sagen, daß dieser Dienst das Einzige ist, was mir bei der Vertretung Mühe gemacht hat, zumal dadurch der einzige freie Nachmittag belegt ist, wo ich einmal Luft holen konnte. Deshalb bitte ich‚ wie schon im Jahre 1987 darum, daß jemand anders diese Aufgabe übernimmt!“

Der Dekan las den Brief wegen Konfirmandenunterricht vor. Er meinte, es sei wohl nicht schwer, dafür jemand zu finden. Er sagte: „Wenn ich mehr Zeit hätte, würde ich es selber machen!“ Aber er hat nicht gefragt, ob es ein anderer machen will. Ich konnte wenig dazu sagen, nur daß es nicht allein um den Konfirmandenunterricht ging, sondern um die Gemeindearbeit überhaupt.

Im Telefongespräch habe ich mich nicht beschwert, daß ich den Konfirmandenunterricht übernehmen sollte, sondern ich hatte nur angefragt, ob nicht wie vor zwei Jahren jemand anders das übernehmen könnte. Das war nur e i n Punkt unter anderen. Ich hatte nur eine Bitte ausgesprochen, mich aber nicht geweigert. Mir ging es vielmehr darum, eine genaue schriftliche Anweisung zu erhalten, weil auf meine Bitte nie eine Antwort erfolgte, deshalb wollte ich es schriftlich haben. Es war halt wieder einmal so wie meist, daß ich mit allem allein gelassen wurde. Vor allem ging es mir auch um die Gemeindekreise, Geburtstagsbesuche, auch um Rotterode. Ich wollte nicht den Konfirmandenunterricht fixiert haben, sondern alles. Das Protokollbuch steht mir ja nicht zur Verfügung. Aber auch jetzt wurde dazu nichts gesagt, niemand wollte helfen. Ich hatte ja auch nur einmal vorsichtig angefragt. Aber bis Ende Januar 1990 hatte sich auf diesem Gebiet nichts getan.

 

Nach der Pause fing Herr Krahmer noch einmal mit dem Thema an und verlas eine Resolution, durch die die Pfarrkonferenz mich auffordern sollte, die Pfarrstelle zu wechseln Er wolle es noch mit Schreibmaschine schreiben und als erster unterschreiben. Herr Hauser war bereit, auch zu unterschreiben. Herr Penckert hielt das für ein untaugliches Mittel. Herr Gerstenberger erinnerte daran, wie belastend es für ihn gewesen sei, als der Dekan sagte: entweder Herr Storch oder Gerstenberger! Wenn Storch nicht nachgegeben hätte, wäre Gerstenberger nicht mehr Pfarrer in Brotterode. Auch Herr Bunge sprach sich dagegen aus und sagte: „Dafür sind andere Organe zuständig als die Pfarrkonferenz, einen solchen Rat zu gehen (und der Dekan hätte sich vorher vergewissern sollen).

Es war schon das zweite Mal, daß Herr Krahmer so eine Unterschriftensammlung machen wollte (das erste Mal, als er sich von mir wegen des Briefes an den Kreisratsvorsitzenden distanzieren wollte); aber auch diesmal wurde es nichts. Bei solchen Anlässen lernt man halt die Kollegen einmal richtig kennen. Es gab aber noch einmal eine Diskussion von 10.40 bis 11.00 Uhr, die vom Dekan nicht unterbunden wurde und bei der Pfarrer Hoffmann eifrig mitschrieb (nur ich darf immer nicht mitschreiben).

Herr Fischer sagte schließlich: „Sie sind ein armes Schwein! Der Zug ist abgefahren. Jetzt geht es gar nicht mehr um Sachfragen, sondern Sie müssen sich bewegen, ehe der Landeskirchenrat darüber befindet!“ (mit anderen Worten: Ich solle noch vor Montag kündigen). Er sagte das nicht negativ, sondern eher resignierend: So kann es einem gehen, auch wenn man im Recht ist. Er sagte voraus, daß ich mich sowieso nicht durchsetzen würde. Er wollte damit ausdrücken: So kann es einem gehen, auch wenn man im Recht ist. Mit dem „Bewegen“ meinte er auch, ich solle die Pfarrstelle wechseln und nach Thüringen gehen. Für den Staat hätte es genügt, wenn ich in einen anderen Kreis gegangen wäre, dann hätten sie das Problem nicht mehr gehabt.

Erst später wurde mir klar, daß ich mich auch anders hätte „bewegen“ können: Wenn ich jetzt zur Stasi gegangen wäre und meine Dienste angeboten hätte und diese das den kirchlichen Leuten unter der Hand beigebracht hätten, dann wäre von diesen alles abgeblasen worden. Die Stasi wollte mich ja im Jahr 1989 als Mitarbeiter gewinnen, die wären höchst erfreut gewesen, wenn ich von mir aus gekommen wäre. Allerdings wollte der Dekan einen anderen Weg gehen. Er hat ja zu einem Stasimann gesagt: „Der Hülsemann ist von selber gegangen, den Heckert haben wir jetzt los, jetzt fehlt nur noch der Krahmer!“

Wenn ich auch ein „gutes Verhältnis“ zu den staatlichen Stellen gesucht hätte, hätte man nicht mehr in den Krümeln zu suchen brauchen, um etwas gegen mich zu finden. Aber ich dachte damals noch, hier gehe es um ganz übliche Auseinandersetzungen zwischen Menschen. Ich konnte damals nicht erkennen, daß hier ganz andere Dinge im Hintergrund standen, weil mir eine solche Einstellung völlig fremd war. Ich hätte doch niemals die Gemeinde verraten, die den Pfarrern doch so sehr vertraute. Aber den anderen waren ihre West­reisen offenbar wichtiger. Da hatte ich keine Chance, auch wenn ich in der Gemeinde alles getan hätte, was sie wollten.

 

Gespräch von Herrn Hey beim Landeskirchenrat am 20. Januar:

Nachdem der Dekan mit Herrn Hoffmann und Herrn Nothnagel beim Landeskirchenrat war, konnte ich es nicht allein bei dieser einseitigen Information belassen. Da ich aber Donnerstag und Freitag drei Beerdigungen hatte, bat ich Herrn Hey, einmal auf gut Glück nach Eisenach zu fahren, weil ich wußte, daß am Montag der Landeskirchenrat sich mit der Sache befassen sollte.

Herr Hey konnte allerdings nur mit Herrn Schurig sprechen, etwa zwei Stunden. Dieser ist ein noch junger Mann, der richtig an der staatlichen Fakultät Jura studiert hat, während Oberkirchenrat Kirchner keine juristische Ausbildung hat. Dies ist offenbar das Problem zwischen beiden gewesen, denn der eine war der Fachmann und der andere wollte ihm beweisen, daß er nichts kann.

Herr Schurig hat sich aber zweimal bei Oberkirchenrat Kirchner vergewissert. Dieser sagte: „Ich kann nicht eine Anfrage beantworten und acht Tage später eine andere Auskunft geben. Wir können nicht gegen die Verfassung handeln!“ Er hat zwar keinen Einfluß auf den Landeskirchenrat. Aber er will ein Protokoll machen. Es stelle sich ja alles anders dar, als vom Dekan geschildert. Schlimmstenfalls würde der Landeskirchenrat sich heraushalten. Aber an eine Absetzung sei nicht gedacht. Wenn einer 20 Jahre irgendwo Pferrer ist, geht das nicht wegen so einer Sache. Es gäbe auch in anderen Gemeinden Schwierigkeiten mit den Laien, so hätten sie sich das nicht gedacht (und unser Sohn Markus hat das mit dem Laienvorsitz noch im Auftrag des Landesjugendkonvents in der Synode angeregt). Aber auch mit Dekan Schreiber hätten sie schon allerhand Schwierigkeiten gehabt.

Als Herr Hey fragte, wie er sich verhalten solle, war die Antwort: „Für Sie ist Pfarrer Heckert der amtierende geschäftsführende Pfarrer!“ Über Herrn Heys Brief an den Landesbischof wurde gesagt: „Das ist kein privater, sondern ein persönlicher Brief; den braucht er nicht vorzuzeigen, nur die Antwort ist abzuheften (und wurde ja auch dem Dekan zugestellt). Es wurde auch gesagt, daß Termin und Tagesordnung der Kirchenvorstandssitzung mit dem Pfarrer abgesprochen sein müssen. Herr Hey informierte auch über die parteiliche Bindung von Herrn Nothnagel.

Herr Hey hat noch ein Schreiben von mir mitgenommen, in dem ich versuchte, auf die Hauptargumente des Dekans einzugehen: Herr Dekan Schreiber verweist immer wieder darauf, daß drei Mitglieder des Kirchenvorstandes angeblich wegen mir aus dem Kirchenvorstand ausgeschieden geien. Dazu ist zu sagen:

1. Der Erste machte ohne Auftrag und Absprache mit dem Kirchenvorstand und dem Pfarrer einigen Angestellten Versprechungen über Zulagen zum Tariflohn. Als ich ihm sagte, das ginge nicht so ohne den Kirchenvorstand, trat er aus.

2. Als Zweites wird eine Frau angeführt, die ihre Gründe nicht schriftlich niedergelegt hat, sondern nur in einer Sitzung sagte, es rege sie alles so auf, sie wolle nicht mehr mitmachen.

3. Mitte des Jahres 1988 trat ein Mitglied aus, mit dem ich sachlich und persönliche Differenzen bette: Als Mitglied des Friedhofsausschusses wollte er einen Teil des Daches der Friedhofskirche mit Preolithschindeln belegen lasen, was bei einem Denkmal nicht geht. Und er hat den Fuß der Kirche freilegen lassen und nicht wieder aufgefüllt, so daß sich dort das Wasser stauen konnte. Dann wollte er den ganzen Friedhof umgestalten lassen. Als er aber merkte, daß das Schwierigkeiten mit der Bevölkerung führte, zog er sich zurück. - Das Gleiche geschah wegen eines Vorfalls in der Kirchenvorstandssitzung, als er behauptete, ich hätte mehrfach Geld zur Zahlung, worüber kein Beschluß vorlag, so daß ich an sich hätte persönlich dafür persönlich dafür haftbar gemacht werden müsse. Als ich eine Präzisierung dieser Vorwürfe bzw. einen Beweis verlangte, trat er aus dem Kirchenvorstand aus, weil er wohl nichts in der Hand hatte, sondern einfach aus dem Affekt geredet hatte.

Ähnlich verhält es sich mit den Differenzen mit dem Laienvorsitzenden. als Ende August 1986 die Zeit meiner Geschäftsführung in der Gemeinde zu Ende ging, wurde auf Beschluß des Dekanats­synodalvorstandes ein „Laie“ zum Vorsitzenden des Kirchenvorstandes gemacht (er wurde zwar dann auch noch gewählt, aber der Kirchenvorstand beugte sich dem Druck von oben). Zunächst lief auch alles gut, bis im Dezember 1987 der Laienvorsitzende eine Mitarbeiterin auf der Kirchenkasse anwies, rund 5.000 Mark als sogenannte Jahresendprämie an die Angestellten auszuzahlen. Verwendet wurde dazu ein Bauzuschuß für das Rüstzeitenheim, der auf Antrag des Laienvorsitzenden vom Dekan überwiesen worden war.

Davon wußte kein Kirchenvorstand, auch der geschäftsführende Pfarrer hat erst Tage später die Zahlungsanweisung unterschrieben, als alles gelaufen war. Der Vorsitzende zeigte sich aber einsichtig und der Kirchenvorstand genehmigte nachträglich. Kurz darauf bestellte der Vorsitzende aber wieder 30 Klappstühle und einen Schreibtisch, obwohl genug Möbel vorhanden waren. In der Ev.-Lutherischen Kirche Thüringen wird man sich so etwas gar nicht vorstellen können, weil da ein nebenamtlicher Mitarbeiter gar nicht an das Geld herankommt.

Seitdem ist das Verhältnis zum Laienvorsitzenden getrübt. Am7. November in der Kirchenvorstandssitzung kritisierte er außerhalb der Tagesordnung Einzelheiten bei den Einnahmebelegen und schoß sich dabei vor allem auf mich und den Verwaltungsleiter ein; aber keiner seiner Vorwürfe hatte Bestand. Ich bat ihn dann, ohne vorherige Abklärung solche Dinge nicht vorzubringen und auch von seiner Forderung abzurücken, der Verwaltungsleiter solle ihm alle Post erst vorlegen und über jede seiner Tätigkeiten einzeln Buch führen. Ich mußte mich schützend vor diesen Mitarbeiter stellen, und auch andere Mitarbeiter baten mich, nicht ohne mich dem Vorsitzenden in den Dienstbesprechungen ausgeliefert zu sein, der immer jede Sitzung nur mit einem aggressiven Vorwurf startete.

Im Augenblick wird das Betriebsklima nur durch den Vorsitzenden belastet. Im Gemeindehaus haben wir eine gute Truppe zusammen. Auch im Kirchenvorstand sind es nur Einzelne, die mit ihren Ansichten zum Zug kommen wollen. Bei Meinungsverschiedenheiten zwischen Pfarrer und Vorsitzenden kann man doch nicht automatisch dem Pfarrer die Schuld geben. Da muß man doch erst einmal den Sachverhalt überprüfen und den in die Schranken weisen, der seine Befugnisse überschreitet. Wir wissen nun gar nicht mehr, was gilt: Die Auskunft des Landeskirchenamts oder die Anweisungen des Dekans. Solange keine andere Entscheidung herbeigeführt ist, müßte der bisherige Zustand (d.h. die gesetzliche Regelung) weiter gelten. Noch einmal die Bitte, bald eine Klärung herbeizuführen.

Am 18. Januar 1989 schrieb der Dekan an den Landeskirchenrat, die Darstellungen von Pfarrer Heckert in seinem Brief an den Landeskirchenrat vom 18. Januar 1989 entsprechen nicht der Wahrheit (in Steinbach pflegte er da deutlicher von „Lüge“ zu sprechen).

 

Letzte Kirchenvorstandssitzung: am 23. Januar 1989:

Am Montag, dem 23. Januar 1989, war dann wieder Kirchenvorstandssitzung. Der Dekan hatte dazu auch wieder Pfarrer Hoffmann eingeladen, so daß der Dekanatssynodalvorstand zusammen mit Herrn Nothnagel beschlußfähig war, wie der Dekan ausführte (Beschlüsse können aber bekanntlich nur in ordentlicher Sitzung gefaßt werden, zu der alle eingeladen werden, aber der Dekan nahm das ja nicht so genau).

Zu meinem letzten Brief an den Landeskirchenrat sagte der Dekan gleich in scharfer Weise: ,,Ich habe überlegt, ob ich den Brief weiterreichen soll, der viele Halbwahrheiten und Unrichtigkeiten enthält. Ich habe dazu Zusätze gemacht: Die Sitzung des Landeskirchenrats wird sich nicht mit der Frage des Vorsitzes in Steinbach-Hallen­berg befassen, sondern nur klarstellen, daß sich eine Rechts­auskunft nicht gegen die Organe des Dekanats richtet, zumal schwerwiegende Gründe vorliegen. Es handelt sich nicht um eine Auskunft des Landeskirchenrats, sondern der Rechtsabteilung des Landeskirchenamtes!“

Herr Oberkirchenrat Große dagegen habe gesagt: Die Rechtsabteilung kann keine Anweisungen geben, die die Maßnahmen des Dekanats aufheben. Die Geschäftsführung wurde weggegeben, weil es nicht mehr anders ging, weil sonst der Vorsitzende den Vorsitz niederlegt. Dann wurde sein Brief an mich in Sachen Konfirmandenunterricht verlesen (aber nicht meiner, der ja nur eine Bitte enthielt, nicht eine Weigerung). Auf der Pfarrkonferenz sei lange darüber diskutiert worden          

Zu der Zahlung der „Prämie“ an die Angestellten wurde gesagt: Mit den Prämien für die Angestellten waren wir zwei Jahre im Rückstand; es hätten 10.000 Mark ausgezahlt werden müssen, ich (!) hätte nur die Hälfte ausgezahlt. Der Bauzuschuß ist für Bauzwecke verwandt worden, das Geld war nur zunächst aus der Kirchenkasse verauslagt worden (So kann man es auch drehen). Weil nun aber wieder Geld in der Kasse war, konnte auch gezahlt werden (Darüber sollte aber allein der Kirchenvorstand nach Abschluß der Rechnung befinden und nicht Herr Nothnagel. Vier Tage später kam die Anforderung der Umlage, da war dann kein Geld mehr da. Der Dekan schob noch einmal ein Darlehen von 20.000 Mark nach).

 

Inzwischen war es 8.40 Uhr. Nun fuhr gleich Herr Nothnagel mit einer längeren Ausführung fort: „Pfarrer Heckert lügt in den Brief wie gedruckt. Es gab Pannen und Gerüchte in Rotterode wegen der Konfirmandenprüfung. Es weiß jeder, daß die drei Leute wegen Pfarrer Heckert aus dem Kirchenvorstand ausgetreten sind. Herr N. hatte den Auftrag, sich um die Lohndinge zu bemühen. Es ist gelogen, daß er keinen Auftrag hatte (Herr Nothnagel war Mitglied des Ausschusses, der sich allgemein mit Finanzfragen befassen sollte, aber er hatte keinen Auftrag, den Angestellten eine Lohnerhöhung zu genehmigen. Er ist von Gießlers wegen einer Lohnzulage angesprochen worden und hat den Finanzausschuß deswegen einberufen, erst nachher wurde der Kirchenvorstand damit befaßt).

Frau H. ist erst jetzt noch einmal befragt worden und hat gesagt, sie sei wegen des Verhaltes von Pfarrer Heckert ausgetreten (Aber in der Sitzung hat sie das nicht gesagt. Ich hatte auch nicht geleugnet, daß sie wegen mir ausgetreten sei, sondern nur gesagt, man müsse nach dem Grund fragen und dem, was vorausgegangen ist, nämlich der Beschwerdebrief von Herrn Häfner und ihr Verhalten danach).

Herr Nothnagel sagte weiter: „Das Verhältnis zu Pfarrer Heckert wurde getrübt, als Pfarrer Peters die Amtsgeschäfte aufgenommen hat. Damals hat der Dekanatsynodalvorstand mich gebeten, ihn zu unterstützen. Als ich mit Pfarrer Peters zusammenarbeitete, hat Pfarrer Heckert die Verbindung reduziert (das ist doch natürlich, ich hatte ja nun nicht mehr so viel mit ihm zu besprechen).

Die Anschaffung eines Schreibtisches für Frau Heubel war ein Gelegenheitskauf. Die Firma Möbel-König hatte zufällig einen angefertigt (es war also ein überteuerter Ladenhüter des Parteifreunds Möbel König). Sie hat an einem normalen Küchentisch gesessen (es war ein Wohnzimmertisch).

Finanziell wären wir heute auch im Minus, wenn Pfarrer Heckert die Geschäftsführung gehabt hätte, weil mehr Angestellte da sind (Das Defizit wäre aber vielleicht 20.000 Mark geringer gewesen. Wenn man wenig Geld hat, kann man nicht auch noch Geschenke machen. Und gegen die Anstellung immer neuer Leute bei gleicher Arbeit hatte ich mich ja auch jahrelang gewehrt).

Der Verwaltungsleiter kann den Kirchenvorstand nicht vertreten. Er setzt Schriftstücke in Umlauf, die nicht gegengezeichnet sind (war alles längst widerlegt). Der Kirchenvorstand ist für die Aufsicht zuständig, er darf nicht übergangen werden (wieder klingt es so, als verstehe er sich als der „Herr Kirchenvorstand“). Herr Hey hat seinen Urlaub weder bei Pfarrer Schulte noch bei mir gemeldet.

Pfarrer Heckert hat übertrieben: Es ist zweckmäßig, daß der Verwaltungsleiter Aufzeichnungen über seine Tätigkeiten macht. Es stimmt aber nicht, daß das mit Datum und Uhrzeit verlangt worden wäre (auf spezielles Befragen hat er es mir aber so gesagt, ich wollte es erst gar nicht glauben). Die Post soll er dem geschäftsführenden Pfarrer bringen oder mir. Pfarrer Peters habe ihm heute gesagt, er sei oft zu gutmütig, um auf widerwärtige Dinge zu reagieren! (Ist das eine Aussage gegen Herrn Hey?).

Daß die Dienstbesprechung wegen der Küchenangestellten auf den Montag verlegt worden sei, stimme nicht, sei gelogen (zum dritten Mal dieses Wort), sie sei wegen Pfarrer Schulte auf den Montag verlegt worden. „Ich bin Anfeindungen ausgesetzt und weiß nicht, ob ich das mir und meiner Familie zumuten kann. Bei der Beschwerde Häfner habe ich um Stimmen gebettelt (!); das war ein Fehler, ich hätte es bequemer haben können, ich habe meine Strafe gekriegt!“ (8.56 Uhr).

 

Herr U. zu Herrn Nothnagel: „Ich stehe dir skeptisch gegenüber. Ich denke noch daran, mit welcher Begründung du mich für den Kirchenvorstand geworben hast. Da wurde nur Negatives gesagt, aber Pfarrer Heckert hat nicht nur Negatives gemacht!“ Frau F. und Frau W. schlossen sich den Ausführungen an.

 

 

Dekan Schreiber: „Dieser Brief ist völlig unmöglich, nachdem die Pfarrkonferenz zwei Stunden positive Ratschläge gegeben hat. Allen Pfarrern war deutlich, daß von Eisenach keine Anweisung gegeben wurde. Aber Pfarrer Heckert weiß es besser als alle und schreibt dennoch (dabei ging es gar nicht um die Geschäftsführung). Er schreibt auch an den Kirchenvorstand, daß alles nicht stimmt (ich habe nur zitiert).

Dann wurde verlesen, wie Pfarrer Schulte die Zusammenarbeit einschätzt: „Pfarrer Heckert stand mir ablehnend und feindlich gegenüber. Er versuchte, die Arbeit zu behindern, hat Termine verändert oder unmöglich gemacht. Es gab dauernden Streit, wer was macht. Er hat versucht, mir jede Kleinigkeit zuzuschieben. Es sollte bloß der Vorsitzende verächtlich gemacht werden. Und so etwas will ein Pfarrer sein!“ (Termine hat er allein ohne Rücksprache mit mir ausgegeben. Und die Klei­nigkeiten hat er selbst so verlangt, zum Beispiel die Ausstellung von Patenbescheinigungen, die immer jeder Pfarrer für seinen Bereich ausgestellt hat. Jetzt sollten auch noch andere Pfarrer mit hinein­gezogen werden, um dann auch zu sagen: Mit dem kann man nicht!).

Von 9.14 Uhr bis 9.30 Uhr konnte ich noch einige kleinere Beiträge geben, wurde aber ständig von anderen unterbrochen und mußte antworten. Herr D. wollte dann wissen, wie die Sache jetzt steht. Der Dekan antwortete: „Ich habe Nachricht aus Eisenach, daß eine Auskunft nicht die Organe des Dekanats anweisen kann. Wir werden noch benachrichtigt werden. „Der Landeskirchenrat hat gegen Pfarrer Heckert entschieden, ich habe deswegen schon dort angerufen!“ Wir müssen jetzt ein Gespräch haben, ob ein gedeihliches Zusammenarbeiten noch möglich ist!“ (Später hat er die Aussage geleugnet, das sei erst im Februar gewesen. Aber ich habe genau protokolliert und es waren immerhin über 20 Leute dabei).

Mit der eiligen Entscheidung des Landeskirchenrates (nach vier Arbeitstagen) wurde der Kirchenvorstand manipuliert, indem ihm die Entscheidung des Landeskirchenrates vorab mitgeteilt wurde

Es war ja noch v o r der „Wende“, wo die Menschen noch eher geneigt waren, die Hand zu heben, wenn etwas von oben beschlossen wurde. Doch sein Votum war für mich entscheidender als das des Landeskirchenrats, egal wie es zustande kam.

Der Dekan war der Meinung, daß erst noch ein Gespräch stattfinden würde, ob ein gedeihliches Zusammenarbeiten noch möglich ist. Ich wandte ein, daß es dafür andere Organe gibt! Der Dekan aber sagte: „Das wird heute durchgeführt!“ Sicherlich hatte er dabei im Auge, daß er ohne Vertreter des Landeskirchenrats allein reden konnte, ohne daß mir Einwendungen möglich waren und ohne einen unabhängigen Vorsitzenden. Es ist natürlich unfair, daß er nun allein reden konnte, ohne daß ich Einwendungen machen konnte. Hier hätte ein unabhängiger Vorsitzender da sein müssen. Es wurde dann noch ein Brief von Herrn P. an den Dekanats­synodalvorstand erwähnt, in dem er sagt, daß er nicht wieder kandidieren wolle.

 

Dann formulierte Herr Nothnagel seinen Antrag: „Der Kirchenvorstand empfiehlt Pfarrer Heckert, die Pfarrstelle zu wechseln, weil ein gedeihliches Zusammenarbeiten nicht möglich ist!“ Um 22.05 mußte ich die Sitzung verlassen, um 20.35 Uhr wurde ich zurückgeholt. Für die Abstimmung waren schon Zettel vorbereitet gewesen. Sie lautete 14 : 4 für den Antrag bei einer Enthaltung. Entschieden haben die Sache die Rotteroder, weil sie Pfarrer Peters los haben wollten und einen Nachfolger Martin Lieberknecht begrüßt hätten. Wenn sie weiter zu mir gehalten hätten, dann hätte es zusammen mit den Altersbachern unentschieden gestanden. Dann hätte ich noch gekämpft. So aber war alles entschieden!

Ich kann allerdings in der Rückschau verstehen, daß es die Kirchenvorsteher nach Jahren der Auseinandersetzung müde waren. Dazu hatte Herr Nothnagel ihnen versprochen, daß er einen Pfarrer an der Hand hat. Der Dekan aber hat sie manipuliert, indem er sagte, der Landeskirchenrat hätte bereits entsprechend entschieden

Wieder einmal hatte der Kirchenvorstand durch Manipulation einiger Leute genau das Gegenteil von dem beschlossen, was er in der vorhergehenden Sitzung fest gelegt hatte. Wie es zu diesem Umschwung kam, ist mir nicht so recht deutlich. Herr Nothnagel muß sich jedenfalls schon vor der Sitzung seiner Sache sicher gewesen sein. Ich kann mir das nur so erklären, daß er vorher bei allen herumgegangen ist (mit Ausnahme der Altersbacher) und ihnen irgendwelche Versprechungen über einen in Aussicht stehenden Nachfolger gemacht hat, denn es waren ausnahmsweise alle anwesend (bis auf zwei Altersbacher), und das trotz gleichzeitiger Stadtverordnetenversammlung. Außerdem machte Herr Usbeck so eine Andeutung, daß Herr Noth­nagel vorher bei ihm war.

Erst Jahre später (1994) wurde mir mehr oder weniger deutlich bestätigt, was meine Vermutung war: Man meinte schon einen Ersatz für mich zu haben, denn Pfarrer Martin Lieber­knecht wäre nach Steinbach-Hallenberg gekommen. Nur deshalb kam das Abstimmungsergebnis im Kirchenvorstand zustande (und natürlich durch die Manipulation des Dekans). Da es sich mit dem Weggang von Herrn Peters verzögerte, versuchte man es mit der Unterstädter Pfarrstelle, Herrn Lieberknecht eine Möglichkeit zu verschaffen.

Aber der Kandidat hat dann abgesagt, weil er und vor allem seine Frau größere Aufgaben in Aussicht hatte. Bis nachts um 1 Uhr haben sie auf ihn eingeredet, aber er blieb bei seiner Absage. Auch sein Bruder Ulrich Lieberknecht hat im Jahr 2018 nicht widersprochen, als ich ihm meine Vermutung schilderte.

Nun stand der ,,Retter“ Nothnagel im Regen. Er allein ist auch dafür verantwortlich, daß nach einem Vierteljahr die Gemeinde ohne alle wichtigen hauptamtlichen Mitarbeiter da stand.

Nach dem Urteil eines langjährigen Pfarrers aus dem Kirchenkreis Schmalkalden (Bunge) gibt es im Kirchenkreis nur eine Gemeinde, die problematisch ist: ,,Das ist Steinbach-Hallen­berg. Und das liegt am Kirchenvorstand und besonders an dessen Laienvorsitzenden. Steinbach-Hallenberg ist in der Landeskirche das negative Beispiel für den Laienvorsitz!“ Soweit dieses Zitat eines Pfarrers, der die Verhält­nisse kennt.

Dann ging es noch gegen Herrn Hey, der sich den Anweisungen des Kirchenvorstandes (wieder des „Herrn Kirchenvorstandes“) widersetze und die Briefe nicht ausgehändigt habe. Er sollte für 14 Tage von seiner Funktion als Verwaltungsleiter entbunden und Frau Holland-Cunz unterstellt werden. Herr Reumschüssel widersprach, Herr Nothnagel sei manchmal zu aggressiv. Frau Jäger wußte, daß zur Zeit Frau Holland-Cunz gar nicht da ist. So soll zunächst nur ein Gespräch der Kirchenväter mit Herrn Hey geführt werden.

 

Beurlaubung:

Noch Anfang Januar 1989 führte ich ganz normal die Amtsgeschäfte. Ich schrieb noch ein Gutachten über die Kirchensteuer in Steinbach-Hallenberg,  im Dekanat und in der Landeskirche. Am 20. Januar 1989 meldete ich mich noch zu einer Konsultation über Urlauberseelsorge in Graal-Müritz an. Der Dekan sagte mir jedoch noch keinen Urlaub für Ende November zu. Am 10. März mußte ich meine Anmeldung wieder zurückziehen.

 

Am 1. Februar lag dann gegen 14 Uhr ein Schreiben des Landeskirchenrates in meinem Briefkasten, daß ich mit sofortiger Wirkung beurlaubt sei. Doch so etwas macht man nicht mit einem Brief, das überbringt man wenigstens persönlich. Der Wortlaut war: „Der Landeskirchenrat hat auf seiner Sitzung vom 23. Januar 1989 beschlossen, Sie gemäß § 45 Abs. 2 des Pfarrerdienstgesetzes mit Wirkung vom 1. Februar 1989 vorläufig zu beurlauben. Demgemäß verrichten Sie ab 1. 2. 1989 keinerlei pfarramtliche Dienste in Seelsorge und Verkündigung mehr und sind auch von jeglicher äußerer Geschäftsführung und Verantwortung entbunden. Ihre Bezüge werden fortgezahlt. Außerdem hat der Landeskirchenrat angeordnet, daß Herr Oberkirchenrat Höser und der Unter­zeich­nete mit Ihnen ein Gespräch zu führen haben. Demgemäß bitte ich Sie, am Donnerstag, dem 16. Februar 1989, 14.00 Ihr, im Landeskirchenamt in Eisenach vorzusprechen.

Der Landeskirchenrat wird nach diesem Gespräch insbesondere auch im Hinblick auf die Verlängerung einer Beurlaubung nach § 45 Abs. 2 Pfarrerdienstgesetz oder andere Maßnahmen befinden.

Bei dieser Gelegenheit stellt der Landeskirchenrat auch fest, daß es sich bei dem strittigen Vorgang der Geschäftsführung des Pfarramtes und der Kirchgemeinde in Steinbach-Hallen­berg bei dem Schreiben der Rechtsabteilung des Landeskirchenrates weder um einen Beschluß noch um eine Weisung des Landeskirchenrates oder des unterzeichneten zuständigen Dezernenten handelte, sondern um eine Rechtsberatung. Durch die Beurlaubung besteht kein weiterer Handlungsbedarf in dieser Sache. Kirchner, Oberkirchenrat.“

Das war wieder die vom Dekan schon mehrfach erwähnte Lesart der Sache. Doch was recht ist, muß doch recht bleiben. Man kann doch nicht eine Rechtsauskunft geben und nachher sagen: „Aber wir können auch anders entscheiden, gegen unsere eigenen Gesetze!“ Welchen Sinn sollen da noch Gesetze und Rechtsauskünfte haben? Aber der Trick war natürlich: Auf diese Art und Weise brau­chte man nun nicht mehr in der Sache zu entscheiden, jetzt mußte natürlich ein auswärtiger Pfarrer die Geschäftsführung machen und die ungesetzlichen Maßnahmen des Dekans mußten nicht zurück genommen werden.

Eine „brüderliche“ Lösung geht sicherlich nicht über einen Brief im Briefkasten und durch eine Kanzelabkündi­gung ohne nähere Begründung. Man sollte das jedem Pfarrer sagen, der in die Dienste der Kirche tritt, daß man bei Schwierigkeiten nicht auf seiner Seite stehen wird. Wenn es darauf ankommt, erhält er von der Kirche keinen Schutz!

Die Begründung für meine geplante Zwangsversetzung war, bei Vorliegen eines zerrütteten Verhältnisses zwischen Pfarrer und einem Gemeindeglied sei es ein­facher, den Pfarrer zu versetzen, als zu klären, welches die Ursachen sind. Die Gemeinde könne man nicht versetzen, aber es gehöre zum „Berufsrisiko“ eines Pfarrers, in so einem Fall gehen zu müssen. Die Versetzung eines Pfarrers ist immer eindeutig eine Schuldzuweisung. Aber man kann nicht nur einen bestrafen. Ohne einen Rücktritt Herrn Nothnagels von allen seinen kirchlichen Funktionen ist ein Gespräch mit ihm sinnlos. Man wird auch nicht verhindern können, daß die Gemeinde die Dinge anders sieht als die Ver­antwortlichen in der Kirche. Sie sagt: „In der Kirche ist es so wie in der Gesellschaft auch: Überall trifft man auf die alten Leute - und die anderen sind in den Westen gegangen!“

Doch Eisenach blieb nichts anderes übrig, nachdem sie sich entschieden hatten, nichts gegen die eigenmächtigen Maßnahmen des Dekans zu unternehmen. Gegen ihre Verfassung wollten sie aber auch nicht handeln. Also haben sie mich aus dem Verkehr gezogen, so daß sie die Frage der Geschäftsführung nicht zu entscheiden brauchten. Nachdem sie seit Oktober nichts unternommen hatten, wurde jetzt auf einmal innerhalb von vier Tagen eine Entscheidung gefällt.

An sich hätte der Landeskirchenrat mich erst einmal hören müssen. Und dann wäre immer noch Zeit gewesen‚ ein Verfahren in Gang zu setzen. So aber hat man vorverurteilt und kann jetzt natürlich nicht mehr herunter von dem Pferd. So einfach ist das also: Man braucht nur eine Anklage vorzubringen und schon ist jemand weg vom Fenster und die Existenz einer Familie zerstört. Die drei Mann können ja nur als einer gerechnet werden, denn sie sind alle untereinander verpflichtet und verfilzt. Ein Oberkirchenrat war jedenfalls der Meinung, die Beurlaubung sei zu früh erfolgt.

 

Ich sollte mich jeder pfarramtlichen Tätigkeit enthalten, hieß es in dem Schreiben des Landeskirchenrats. Dennoch machte ich mit Ursel noch einen Krankenbesuch bei Kirchenvater Wilhelm aus Altersbach im Krankenhaus, denn auf dem Weg nach dort hatten wir erst den Brief im Briefkasten gefunden. Ich konnte aber nicht einmal den Konfirmanden Bescheid sagen, weil ich ja nicht wußte, ob nicht doch etwas organisiert sei. Ich nehme an, daß der Dekan auch nicht mit dieser Reaktion gerechnet hat. Wir haben am 23. Januar ja noch besprochen, wie es mit der Konfirmandenprüfung und Konfirmation werden soll. Er wollt noch weiter meine Arbeitskraft ausbeuten und mir dann den Laufpaß geben‚ wenn er wirklichen Ersatz hat.

Auch haben sie alle damit gerechnet, daß Ursel vorerst noch mit der Christenlehre weitermacht. Der Dekan sagte sogar, wir könnten gar nicht kündigen, weil unser Kredit noch nicht ganz abbezahlt war. Aber das haben wir schleunigst getan. Am Donnerstag hielt Ursel noch Christenlehre in Altersbach und verabschiedete sich von den Kindern. Schon am 24. Januar 1989 hatte ich dann den Landesbischof um ein Gespräch gebeten mit der Ankündigung: „Meine Frau wird zum 1. März ihre Berufstätigkeit aufgeben. Auch ich trage mich mit dem Gedanken, mir eine andere Tätigkeit zu suchen. Wie ich aber hörte ist es in solchen Fällen üblich, daß man darüber erst mit dem Bischof spricht!“ Weil nachher auch Herr Hey, Frau Heubel und Herr Dalberg kündigten, war es so, daß wegen Herrn Nothnagel mehr Leute gekündigt hatten als in meiner Zeit. Das, was er mir vorgeworfen hat, ist dann durch ihn eingetreten bzw. wegen ihm haben mehr hauptamtliche Mitarbeiter gekündigt als nebenamtliche wegen mir.

 

Am Donnerstag kam auch Pfarrer Bunge und fragte, was denn los sei, sie seien zu einer außerordentlichen Pfarrkonferenz einberufen worden, um die Vertretung in Steinbach zu besprechen (Ursel meint, er sei nur gekommen, um uns auszuhorchen, wie ich zu reagieren gedenke). Am Abend waren Frau M. und das Ehepaar W. aus Altersbach da und wollten Näheres wissen. Wie ich später hörte waren auch einige Frauen zum Frauenabend erschienen. Weil aber niemand kam, gingen sie wieder. Am nächsten Donnerstag war die Schwester da, aber keine Frauen. Die Schwester sprach Frau F. deswegen an und beteuerte, sie könne doch nichts dafür; aber Frau F. ließ sie stehen.

Am Samstag war Herr Bunge noch einmal bei uns und teilte mit, daß er mit Herrn Oberkirchenrat Große einen Termin ausgemacht habe, wir sollten am Montag um 20.30 Uhr nach Marksuhl kommen. Dort sprachen wir etwa eineinhalb Stunden mit ihm. Er hatte ja den entscheidenden Bericht an den Landeskirchenrat gegeben. Er schrieb sich einiges auf, betonte aber, daß er bei der Entscheidung nur mit dabei gewesen sei, er sei ja Ausbildungsreferent, das andere sei nicht sein Ressort. Er hatte größeres Interesse daran, was nun werden solle. Er meinte, wir wollten doch in den Kreis Suhl gehen.

 

Am Sonntag, dem 12. Februar, hielt der Dekan den Gottesdienst in Steinbach. Bei den Abkündigungen sagte er: „Sonst sage ich ja gern, daß ich mich freue, wenn er einmal in eine Gemeinde komme. Aber diesmal habe ich etwas weniger Angenehmes zu sagen!“ Und dann las er eine vorbereitete Erklärung vor, die offenbar mit der Pfarrkonferenz abgesprochen war. Ich konnte nur schnell Einiges mitschreiben: „Seit Jahren gab es Schwierigkeiten zwischen Pfarrer Heckert und den Mitarbeitern der Kirchengemeinde. Von Seiten der Synode und des Dekanats wurden immer wieder Versuche unternommen, die Verhältnisse zu verbessern. Auch meine Maßnahmen vor Weihnachten mit der anderen Verteilung der Vertretung haben nichts genutzt. In der Sitzung am 23. Januar hat der Kirchenvorstand mit großer Mehrheit beschlossen, Herrn Pfarrer Heckert zu empfehlen, die Pfarr­stelle zu wechseln. Dieser Beschluß ist jetzt für den ganzen Kirchenvorstand verbindlich. Unabhängig davon hat der Landeskirchenrat beschlossen, Pfarrer Heckert ab 1. Februar zu beurlauben. Es stimmt nicht, daß der Vorsitzendes Kirchenvorstandes, Herr Nothnagel, die Abberufung (!) Pfarrer Heckerts veranlaßt habe. Die Gemeinde wird aufgefordert, allen anderslautenden Gerüchten keinen Glauben zu schenken. Wir hoffen, daß bald eine Beruhigung eintritt!“

Daß Herr Nothnagel nichts damit zu tun habe, ist natürlich ein Witz. Angefangen hat damit allerdings Herr HC. ich solle mir nicht nur eine andere Pfarrstelle, sondern einen anderen Beruf suchen. Heute will er es aber auch nicht gewesen sein, seine Frau erzählt überall herum, sie hätten nichts gegen mich. Herr Nothnagel war zumindest genauso beteiligt wie der Dekan. Aber heute beschwert er sich, daß Mitglieder seiner Familie in der Stadt angehalten würden und man ihm Vorwürfe mache, er sei daran schuld. Ja wer ist es denn dann gewesen?

Diesen „Rat“ zum Stellenwechsel hat Herr Nothnagel verstärkt wiederholt in der Kirchenvorstandssitzung am 5. Dezember und dabei die Sippe Gießler hochgejubelt. Er war mit in Eisenach und er hat am 23. Januar den Antrag in der Kirchenvorstandssitzung gestellt und den Text (der sicherlich mit dem Dekan abgestimmt war) verlesen. Er erklärte in der Dekanatssynodal­vorstandssitzung, er werde sein Amt niederlegen, wenn ich in Vertretung die Geschäftsführung habe. Das gab doch den entscheidenden Anstoß für den Dekan, die Vertretung anders zu regeln. Man hat den Eindruck, daß vor allem Herrn Nothnagel Schützenhilfe gegeben werden sollte, der von der Gemeinde her sehr angegriffen wurde. Sicherlich konnte Herr Nothnagel die Abberufung nicht veranlassen, so groß ist er nun auch wieder nicht.

Es war in der Abkündigung nicht deutlich, ob es sich um Gerüchte über mich oder über Herrn Nothnagel handelt. Außerdem wurde ja auch nichts gesagt, wie es richtig zu sehen ist. Es war nicht klar, um welche Mitarbeiter es sich handelt, mit denen ich mich nicht vertragen habe (eher: die sich nicht mit mir vertragen haben). Zu manchen hauptamtlichen Angestellten habe ich ja angeblich ein zu gutes Verhältnis.

Es ist natürlich mißlich, so etwas einfach in den Raum zu stellen, ohne eine Begründung zu sagen. Der Dekan hielt selber den Gottesdienst, verlor aber kein weiteres Wort über die Gründe. Das gab natürlich den unmöglichsten Gerüchten Nahrung und war sehr belastend für mich und meine Familie. Jeder vermutete, daß doch irgend etwas Schwerwiegendes vorliegen müsse, weil man ja in der Tat nur wegen schlimmer Sachen so plötzlich beurlaubt wird. Die Gerüchte reichten von ,,Er hat die Hühner des Nachbarn vergiftet“ bis zu „Er hat Geld unterschlagen, ein Gerichtsverfahren ist schon eröffnet“ (Es ging bei den Gerüchten nur noch darum, ob es 50.000 Mark in Ostgeld oder in Westgeld seien, wobei man natürlich fragen müßte, wie man an beides kommen könnte). Mit Recht sagen die Leute: „Meinungsverschiedenheiten und Schwierigkeiten gibt es in jedem Betrieb einmal, deswegen wird man doch nicht gleich fristlos entlassen, da muß doch mehr dahinterstecken, die rücken nur nicht damit heraus!“

 Dann wurde die Regelung der Vertretung bekanntgegeben: Vakanzvertretung für die Unterstadt Pfarrer Schulte, Geschäftsführung Pfarrer Schulte, Amtshandlungen Pfarrer Weiß und im Verhinderungsfall Pfarrer Hoffmann.

 

Gut tat zum Beispiel der Brief eines Gemeindegliedes aus Rotterode. Aus Rotterode schrieb am 14. Februar 1989 Herr L.: „Lieber Herr Pfarrer Heckert, nachdem Sie in den letzten Wochen viel Schweres durchgemacht haben, gestatten Sie mir bitte, daß ich Ihnen ein paar Worte des Trostes und der Ermutigung zukommen lasse. Ich tue das nur aus der Erkenntnis und Erfahrung meines bisherigen Lebens und daß wir alle das in besonderen Situationen brauchen.

Als ziemlich regelmäßiger Besucher der Gottesdienste in Rotterode sind Sie mir ja gut vertraut und ich schätze ihre Predigten sehr. Durch Abkündigungen informiert muß ich sagen, daß ich über das Verhalten des Kirchenvorstandes nicht nur enttäuscht, sondern entrüstet bin! Leider kann ich als einfaches Glied unserer Kirchgemeinde nicht viel tun. Sie können aber, lieber Herr Pfarrer Heckert, versichert sein, daß ich an der Basis für Sie eintrete und zu Ihnen stehe. Diese Einstellung wird von vielen geteilt.

Sie haben in vielen Jahren mich persönlich durch die gute Verkündigung des Wortes von unserem Herrn Jesus Christus getröstet und dafür möchte ich Ihnen gerade jetzt herzlich danken. Ihnen und Ihrer lieben Frau drücke ich in Achtung und Respekt im Geiste die Hand und bitte Sie, den Mut nicht zu verlieren. Auch heute ist es noch oft so wie vor 2000 Jahren, daß die Menschen manchmal nicht wissen, was sie tun. In diesem Sinne möchte ich meine Zeilen beenden. Ich grüße Sie und Ihre Familie recht herzlich und wünsche Ihnen und Ihren Lieben für die Zukunft alles Gute, Gesundheit und Gottes reichen Segen. Gott befohlen. Ihr L. und Schwester E..“

Ein weiterer Brief: „Frohe Ostern übermitteln Ihnen, werter Herr Pfarrer Heckert, und Ihrer Familie, herzlichst A. und F. R. nebst Kindern. Hiermit möchten wir Ihnen, werte Familie Heckert, unsre ganze Sympathie versichern. Wir sind sehr erstaunt und können es nicht verstehen, daß man Ihre Arbeit und Ihren Einsatz für die Gemeinde alle die Jahre so schnell vergessen hat! Wir stehen zu Ihnen und hoffen, daß Sie zu Ihrem Recht kommen. Nun hatten wir ja die Taufe unseres Sohnes bei Ihnen angemeldet. Sicher bleibt es doch dabei, auch daß Sie unser Pfarrer sind. Sollten sich andere Gesichtspunkte ergeben, so wären wir Ihnen sehr dankbar, wenn Sie uns davon informieren könnten. Persönlich würden wir uns sehr freuen, wenn Sie auch weiterhin in Amt und Würden bleiben. Nochmals die herzlichsten Grüße.“

In Altersbach organisierte Frau Wilhelm (Bahnhofstraße 1) noch eine Unterschriftenaktion. Sie setzte einen Text auf, den ihr Mann noch etwas mäßigte. Darin hieß es: „Unsere Kirchgemeinde wurde am Sonntag Estomihi in der Abkündigung unangenehm überrascht von der Verkündigung, daß der für unsere Gemeinde zuständige Pfarrer Peter Heckert für längere Zeit beurlaubt wurde. Eine Begründung wurde uns allerdings nicht genannt. Wir konnten nur so viel erfahren, daß sich Pfarrer Heckert in der Kirchengemeinde Steinbach-Hallenberg unbeliebt gemacht hat. Da wir den Pfarrer Heckert nur von der besten Seite kennen, sind wir sehr bestürzt über diese Maßnahme und sind sehr in Sorge, daß die Arbeit mit dem Nachwuchs der Kirchgemeinde – der so vorbildlich war – zum Erliegen kommt (siehe Nachbargemeinde Rotterode). Wir sind jedenfalls nicht gewillt, dies ohne weiteres hinzunehmen, da wir befürchten, daß das gesamte kirchliche Leben in unserer Gemeinde in Frage gestellt wird. Wir, die unterzeichneten Glieder der evangelischen Kirchgemeinde Altersbach, bitten um eine Stellungnahme von höherer Seite und wünschen eine für uns zufriedenstellende Antwort (50 Unterschriften). Dann ging sie herum und sammelte Unterschriften. Nur der Kirchenvater Kauffmann unterschrieb nicht (wohl aber seine Frau) mit der Bemerkung, er wolle nicht dem Dekan in den Rücken fallen, der Kirchenvorstand dürfe sich nicht so engagieren, es sei eine Sache der Frauen.

Aus Altersbach war Herr M. beim Dekan und sagte, seine Tochter wolle sich nicht konfirmieren lassen, wenn Pfarrer Heckert es nicht machen dürfe. Frau W. rief beim Dekan an (wobei er zweimal auflegte). Alle sagten sie, er eiere nur so herum und gebe so schleimige Auskünfte. Jedenfalls sagte Frau W., daß sie keinen Kindergottesdienst mehr halten werde, ebenso hat es wohl die andere junge Frau vor. Herr W. legte sein Amt als Heiligenmeister nieder. Am Sonntag, dem 12. Februar, war kein Heiligenmeister da. An diesem Tag wurde die Abkündigung des Dekans verlesen.

Bei dieser Abkündigung durch Pfarrer Weiß stand Frau H. auf und fragte, welche Gründe denn vorliegen. Herr Weiß war verdutzt und sagte, er könne es auch nicht sagen. Da wollte Frau H., daß der Dekan Stellung nimmt. Nach dem Gottesdienst sprach Herr Weiß noch einmal Frau H. an und sagte: „Der Pfarrer Heckert ist ja auch gegen mich, weil ich mit der Landeskirchlichen Gemeinschaft zusammenarbeite!“ Da weiß man also, woher der Wind weht, wer hinter allem steckt. Der Dekan hat auch Frau F. auch angerufen‚ um gegen mich Stimmung zu machen. Er sagte, daß er damit die Sache mit Erwin Häfner meint, die fünf Jahre her ist, längst geklärt war mit dem Bescheid des Landeskirchenrats, daß nichts zu unternehmen sei.

 

Mit der Vertretung durch Pfarrer Weiß ging es nicht gut. Viele Dinge werden erst jetzt bekannt: Pfarrer Weiß ist auch nach 15 Jahren im Dekanat verdrängt worden (auch damals waren die Altersbacher für ihn). Er ging nur dann freiwillig. Seine Frau mußte vor der Hochzeit erst noch einmal in die Klinik („Wir wissen, was das für eine war!“). Er hat sich einmal von ihr scheiden lassen wollen. Daß ihn der Dekan, der sonst immer negativ von ihm gesprochen hat, jetzt wieder geholt hat, muß eine späte Genugtuung für ihn sein. Frau Jäger schickt ihn zu Kranken in der AWG, damit die Leute ihn dann nachher auch bei der Beerdigung haben wollen.

Dabei packt er es gar nicht mehr. Bei einer Trauerfeier ist er zweimal steckengeblieben. Bei der Trauung Peters hat Herr Peters dazwischengerufen „lauter“, so daß Herr Weiß aus dem Konzept kam, auch nachher noch einmal, als jemand fotografierte. Dann ist er eine ganze Woche nicht zur Verfügung. Es ist jetzt äußerst schwierig, die Amtshandlungen zu vermitteln. Herr M. ist nach Springstille und hat verlangt, daß Pfarrer Hoffmann die Taufe macht, nicht Pfarrer Weiß. Herr R. wollte, daß sich sein drittes Kind heimlich im Haus taufe. So hat es ja Herr Weiß bei der Taufe E. gemacht, als er ohne Dimissoriale („aus Gewissensgrinden“) das Kind im Haus taufte. Jetzt wäre die Gelegenheit zu einer Retourkutsche. Aber das mache ich natürlich nicht. Am 14. Februar hat Ursel ihn aus dem Haus gewiesen, als er „Auskünfte“ von mir wollte (mit der Unterstadt hat er doch gar nichts zu tun). Auch er behauptete, er habe doch nichts mit meiner Beurlaubung zu tun (allein daß er sich zur Vertretung bereit erklärte, war genug).

 

 

 

Gespräch beim Landeskirchenrat am 16. Februar 1989:

Das Gespräch führte Oberkirchenrat Kirchner, er war eindeutig der Scharfmacher und mußte auch 15.30 Uhr gehen, während Oberkirchenrat Höser mehr Verständnis zeigte und bis 16.15 Uhr noch blieb. Eine Begründung wurde wiederum nicht gegeben. Disziplinarmäßig läge ja nichts vor. Aber auch der Kirchenvorstand habe ja so entschieden. Doch der Beschluß des Landeskirchenrates lag ja vor dem Beschluß des Kirchenvorstandes, man kann sich jetzt nicht auf den Kirchenvorstand berufen. Im Gegenteil: Der Beschluß des Landeskirchenrates hatte ja noch den Kirchenvorstand beeinflußt

Herr Kirchner wollte wissen wieso, er habe doch keine Auskunft gegeben. Ich erläuterte, daß an jenem Montag der Dekan mit Mühe jemand in Eisenach erreicht hat, der zumindest gesagt hat: der Landeskirchenrat hat gegen Pfarrer Heckert entschieden. Oder sollte der Dekan wieder einmal gelogen haben? Herr Kirchner wollte gleich wieder ein Disziplinarverfahren durchführen, falls jemand von den Angestellten geplaudert hat. Ich sagte ihm: „Seien Sie doch nicht so hart!“ Nähere Einzelheiten wußte der Dekan ja auch nicht (zum Beispiel die Beurlaubung). Herr Kirchner kritisierte, daß der Dekan im Kirchenvorstand hat abstimmen lassen, dazu sei er nicht berechtigt gewesen, das sei die Sache des Landeskirchenrats. Der Dekan sei deswegen schon von ihnen kritisiert worden. Der Dekan hat später dann wieder geleugnet, daß er die Entscheidung aus Eisenach im Kirchenvorstand bekanntgegeben hätte, um ihn zu beeinflussen, aber es war so, ich war ja dabei.

Es wurde dann sogar der Brief verlesen, den der Dekan am 26. Januar geschrieben hat. Darin hat er behauptet, die ganze Pfarrkonferenz habe mir auch den gleichen Rat gegeben. Das ist typisch für ihn; wir mußten sagen, daß gerade zwei Leute sich offen dafür ausgesprochen haben, aber vier dagegen, die anderen äußersten sich nicht. Aber so zuverlässig sind die einseitigen Berichte des Dekans.

 

Was noch dahinterstehen könnte, wurde erst später deutlich. Der Zeitpunkt für die Beurlaubung war gut gewählt. Der Bischof war in Urlaub, mehrere Oberkirchenräte fehlten, es waren wohl nur fünf überhaupt anwesend. Und da hat wohl Oberkirchenrat Kirchner das Wort geführt, denn als wir mit Oberkirchenrat Große sprachen, hörte es sich so an, als habe er nur sachlich Bericht gegeben und sich ansonsten herausgehalten. Ein Oberkirchenrat sagte offen, die Beurlaubung sei zu früh erfolgt. Bischof Leich hat zwar später geleugnet, daß die Stasi-Oberkirchenräte mit ihrer Mehrheit entschieden hätten, der Beschluß sei einstimmig gewesen, weil es eben nur Stasileute waren. Sie waren auch Berichterstatter und Wortführer. Auch das Gespräch beim Landeskirchenrat am 16. Februar wurde vor allem von Oberkirchenrat Kirchner geführt.

Das Einzige, was nachher noch blieb, war schließlich das dicke Aktenstück, das sie hatten. Der Dekan hatte offenbar allen Schriftverkehr zwischen mir und dem Dekanat nach Eisenach gegeben, auch ganz normale Anfragen und Berichte, um zu sagen: „Der schreibt immerzu Briefe.“ Offenbar gibt es eine offizielle Personalakte, die aber schon wieder im Archiv war. Daneben hatten sie aber noch eine zweite Akte, in der alles längst Erledigte aufgehoben war: mein schneller Weggang aus Friemar, die Sache mit Gießlers, der Brief an den Kreisratsvorsitzenden. Angeblich war in den 20 Jähren praktisch jedes Jahr etwas (man hört direkt den Dekan heraus).

Aus den Akten geht angeblich hervor, daß ich oft zu genau und ehrlich gewesen sei. Man müsse aber auch einmal Kompromisse schließen, um mit den Leuten auszukommen (sagt der „Jurist“ Kirchner). Nun sei die Sache einmal verfahren, und da greife man zu dem (an sich wertneutralen) Mittel der Beurlaubung, um die Kontrahenten erst einmal auseinander zu bringen und um in Ruhe zu überlegen, was nun zu tun sei.

Ich könnte ja nun ein Verfahren beantragen, in dem geprüft wird, ob eine gedeihliche Zusammenarbeit noch möglich sei. Aber dazu würden auch nur der Kirchenvorstand, der Dekan und eventuell der Dekanatssynodalvorstand gehört. Wie das ausgehe, wisse man ja. Die Angestellter und Gruppen von Gemeindegliedern wie die Altersbacher spielten keine Rolle, sie könnten sich in Eisennach nur an die gewählten Vertreter halten.

Ist das „gedeihliche Wirken“ schon dann nicht mehr möglich, wenn es einige Diskussionen im Gemeindekirchenrat gibt, aber ansonsten die Gemeindearbeit in Ordnung ist? Hätte man nicht auch eine Lösung herbeiführen können, indem man den Vorsitzenden zur Beachtung der kirchlichen Vorschriften anhielt? Warum geht man nur gegen der Pfarrer vor und die andere Seite wird überhaupt nicht überprüft, sondern darf weiter uneingeschränkt schalten und walten?

Es gehe nicht um eine Prüfung nach zehnjähriger Tätigkeit, auch nicht um ein Disziplinarverfahren, sondern nur um die gedeihliche Zusammenarbeit. Aber selbst bei einer Versetzung in den Wartestand könne man am Ende vom Landeskirchenrat mit einer Aufgabe betraut werden, im kirchlichen Raum, aber am anderen Ort. Auf jeden Fall würde an einen anderen Ort entsandt, auch wenn nun noch nachträglich ein förmliches Verfahren stattfände. Die Beurlaubung ist so etwas wie eine einstweilige Verfügung, die aber im Hauptverfahren nicht geändert werden kann, weil Fakten geschaffen wurden. Aber deshalb sollte man mit diesem Mittel sehr sorgfältig und nur nach gründlicher Prüfung umgehen

Die Beurlaubung sei auf Grund von § 45 erfolgt. Der kommt an sich nur in Frage, wenn Gefahr im Verzug ist. So war es in diesem Fall aber nicht. Zumindest ist dort vorgeschrieben, daß der betreffende Pfarrer vorher gehört werden muß und daß innerhalb von drei Wochen entschieden werden muß. Doch diesen mittleren Satz hatte Herr Kirchner nicht zur Kenntnis genommen. Er sagte: „Wir können ja nachsehen, ich habe das Pfarrergesetz hier!“ Es wurde nachgesehen, und es stand so da, wie ich es gesagt hatte.

Das ist natürlich tödlich, wenn man einem Oberjuristen einen Fehler nachweist. Dabei ist Herr Kirchner gar kein gelernter Jurist, sondern hat sich nur über das Kreiskirchenamt hochgearbeitet. Außerdem hatte er schon einmal einen Ausreiseantrag gestellt, den er aber zurückzog, als man ihm den „Oberkirchenrat“ anbot. Jetzt wußte er sich nur noch so zu helfen, daß er sagte: „Sie bieten hier das gleiche Bild, wie es aus den Akten hervorgeht!“

Angeblich hätte sich der Landeskirchenrat schon mehrfach mit mir beschäftigt. Ich fragte: „Warum hat man da nicht längst Rücksprache mit mir gehalten?“ Er sagte: „Das ist unsre Sache, was wir unternehmen!“Aber umso unverständlicher ist es‚ daß man dann innerhalb weniger Tage eine Entscheidung fällt, die nicht wieder rückgängig zu machen ist. Ich sagte: „Sie zerstören hier die Existenz einer ganzen Familie. Das hat etwas mit der Frage nach dem Sinn des Lebens zu tun!“

 

Bei dem Gespräch wurde nicht über die strittige Sache geredet, sondern es ging nur noch um Unterwerfung. Sie wollten dann unbedingt, daß wir auf eine andere Pfarrstelle gehen, in Südthüringen, wo auch Ursel mitarbeiten könnte. Leider steht in den Akten nicht, welche Pfarrstellen angeboten werden sollten. Der Bischof, den wir später noch einmal sprachen, schreibt nur, er sei gar nicht dazu gekommen, weil Pfarrer Heckert zu verbittert gewesen sei. Er sei zwar gegen Ende des Gesprächs nachdenklicher geworden, aber dabei ging es ihm nur noch einmal um eine Bedenkzeit, die ich nehmen sollte.

Wenn ich mit dem Wechsel einverstanden sei, dann könnte ich auch - so meinten sie - vorerst noch in Steinbach-Hallenberg weitermachen, bis alles abgewickelt ist. Das wäre vielleicht noch vorher möglich gewesen, wenn sie erst einmal mit mir gesprochen hätten. Dann hätte alles noch aussehen können wie ein normaler Wechsel. So aber waren Tatsachen geschaffen, durch die eine Tätigkeit in Steinbach unmöglich wurde, auch nicht übergangsweise. Aber nach dieser Abkündigung ist eine Tätigkeit in Steinbach nicht mehr möglich, auch nicht übergangsweise. Man hätte vielleicht gerne noch die Arbeitskraft ausgebeutet, um in Ruhe die Nachfolge besorgen können. Aber als Pfarrer auf Abruf hätte ich erst recht nichts zu melden gehabt. Sicher wäre es anderswo leichter, wenn ein Kreiskirchenamt da ist, da kämen solche Dinge wie in Steinbach nicht vor.

Wir entgegneten auch, daß in einer neuen Stelle wahrscheinlich die Wühlarbeit weitergehen würde, daß uns weiterhin wegen unsrer politischen Einstellung Schwierigkeiten von der Kirche gemacht würden. Die Gegner hatten ja schon die Vermutung geäußert, daß es auch an anderer Stelle nicht gut gehen würde. Auch hätte man sicher bei jeder Bewerbung schon vorgearbeitet. Und es bliebe die Angst: Wenn wieder einmal etwas ist, läßt dich die Kirchenleitung hängen, weil sie größere Ziele verfolgt im Verhältnis zum Staat. So eine Enttäuschung mit der Kirche muß man erst einmal verkraften.

Herr Kirchner hatte ja ganz unvermittelt selbst gesagt: „Auch mit den staatlichen Stellen sind Sie nicht zurechtgekommen. Wenn das in der neuen Stelle wieder so wird, werden sie ganz entlassen!“ Dieser Gesichtspunkt hatte bisher nie eine Rolle gespielt. Herr Kirchner wußte wohl davon, weile s ja wegen meines Briefes an den Kreisratsvorsitzenden einen Schriftverkehr mit dem Landeskirchenrat gegeben hatte. Daß er allein davon sprach, lag sicher auch daran, daß er hauptamtlicher inoffizieller Mitarbeiter der Staatssicherheit war, wie sich später herausstellte. Aber sicher wußte er auch davon, daß ich bei der Stasi zu den sieben schärfsten Gegnern des Staates im Bezirk Suhl aus dem kirchlichen Bereich gehörte.

Herr Kirchner sagte, man könne nicht eine Gemeinde ersetzen, sondern nur den Pfarrer. Doch in Steinbach-Hallenberg war es anders. Der Landeskirchenrat hätte nur einige selbstherrliche Kirchenälteste wieder auf den Boden der Gesetzlichkeit (kirchlich wie staatlich) zurückzubringen brauchen. Aber man wollte nichts zur Wiederherstellung normaler Verhältnisse tun (Protokollbuch, Schriftverkehr, Aufsicht über Angestellte), sondern dem Dekan freie Hand lassen. Daß der Landeskirchenrat dazu nicht bereit war, sondern den Weg des geringsten Widerstandes ging, indem er „nichts gegen die Organe des Dekanats unternehmen“ wollte, hat mich doch enttäuscht.

Weil man einen Pfarrer leicht versetzen können will, will man auch nicht, daß ein Pfarrer ein eigenes Haus hat (was gar nicht mehr so selten ist). Ich bat sie, nicht wieder zu sagen: „Da sieht man, daß es sich nicht bewährt!“ An dem Haus würde ich nicht hängen. Aber es gebe mir die Möglichkeit, erst einmal Abstand zu gewinnen.

 

Im Augenblick könne ich gar kein Pfarramt wahrnehmen. Denn wenn schon‚ dann wollte ich es ganz und mit allem Einsatz. Ich bat noch um etwas Geduld, weil ich erkrankt sei. Nachdem ich jahrelang nicht ernsthaft krank gewesen war und in über 20 Jahren nur eine Woche krankgeschrieben war, stellte sich ausgerechnet in dieser Zeit eine schwere Erkrankung ein. Ich hatte eine Entzündung im rechten Oberarm (und teilweise auch im linken), die trotz Spritzen nicht zurückging. Ich saß im Sessel, konnte mich nicht rühren und hatte fürchterliche Schmerzen. Der Arzt hatte mir am Vormittag eine Spritze in die rechte Schulter gegeben. Angeblich sollte es innerhalb eines Tages besser werden. Ich konnte ja auch mit dem Auto fahren. Aber am nächsten Tag war es nicht auszuhalten, am nächsten Tag kriegte ich wieder Spritzen. Erst als ich den Arzt am Sonntag noch einmal angerufen hatte und er mir Kühlung riet, wurde es besser. Aber das war schon belastend, weil mir klar war, daß ich jetzt meinen Lebensunterhalt mit meiner Hände Arbeit würde bestreiten müssen. Ursel hat mir damals sehr geholfen, mit allem fertig zu werden.

 

Als ich dann davon sprach, daß ich lieber ausscheiden wolle, schien Herr Kirchner befriedigt zu sein. Sie sagten, einem solchen Wünsch müßten sie entsprechen. Aber ich stünde dann ohne alles da. Auch der Rentenanspruch ginge mir verloren. Dabei steht im Pfarrergesetz, daß die Kirche dafür aufkommen muß, wenn kein anderer Rentenanspruch erworben wurde (der Pensionsanspruch geht verloren, nicht der Rentenanspruch, aber die Rente ist natürlich geringer). Und in dem mit dem Staat abgeschlossenen Rentengesetz von 1979 steht sogar, daß die Sozialversicherung auch die kirchlichen Ausbildungszeiten und die eigentliche Dienstzeit auf die Rente anrechnet. So etwas müssen die Herren Oberkirchenräte aber wissen, denn solche Fälle werden doch schon öfter vorgekommen sein. Aber sie wollten mir wohl drohen, damit ich doch noch klein beigebe.

Jedenfalls sollte ich mir noch einmal alles überlegen und bis Sonntagabend bei Herrn Höser anrufen. Ich ließ mich aber am Abend erst noch einmal krankschreiben, damit ich nicht in der Luft hänge, wenn ich mir jetzt etwas anderes suchen muß. Am Sonntag rief ich bei Herrn Höser an. Er wollte mir wieder Zeit verschaffen, fragte aber auch, ob ich jetzt erst krankgeschrieben wurde oder schon krankgeschrieben war, als wir in Eisenach waren (mit anderen Worten: ob es nur eine diplomatische Krankheit sei).

An sich sollte am Montag im Landeskirchenrat über das Weitere entschieden werden. Herr Kirchner wollte dazu extra seinen Urlaub unterbrechen, damit der Landeskirchenrat nicht anders entscheidet. Wenn ich keinen Antrag auf Untersuchung stelle, wäre es ihnen auf alle Fälle lieber. Für mich hätte es nur Sinn, wenn auch wirklich etwas hier in der Gemeinde unternommen würde. Aber da das sowieso nicht geschieht, würde es für mich nur Zeit und Aufregung mit sich bringen.

Am Sonntag rief ich bei Herrn Oberkirchenrat Höser an, daß ich kündigen werde, sobald ich wieder gesund bin. Darüber hätte der Landeskirchenrat an sich am Montag entscheiden müssen und mir mitteilen müssen, was geschieht, denn die Frist von drei Wochen war herum. Doch offenbar haben sie den Bischof beauftragt, noch einmal mit mir zu sprechen und mich vielleicht doch noch umzustimmen. Am Dienstag kam ein Telegramm vom Bischof, daß er uns am Freitag um 12 Uhr erwartet. Wir hatten uns gar nicht erst einen Termin geben lassen, da die Oberkirchenräte gesagt hätten, wir könnten sowieso nicht über die Sache mit ihm sprechen. Offenbar war er aber vom Landeskirchenrat beauftragt worden. Wieder fuhr ich mit Ursel hin.

Der Bischof betonte, daß die Tür jederzeit offen stehe. Die Rechte aus der Ordination würden nur ruhen und nicht aberkannt. In Einzelfällen könnte ich sogar eine Sondergenehmigung einholen Sie legten Wert auf meine Weiterarbeit und ich wäre sicherlich an einem anderen Ort ein tüchtiger Pfarrer. Aber er zeigte auch Verständnis für meinen Wunsch, jetzt erst einmal auszusteigen. Insgesamt machte er einen nie­dergeschlagenen Eindruck. Man hatte den Eindruck, daß er auch Gefangener der Verhältnisse war. Vielleicht haben hier andere Leute mit dran gedreht, vielleicht die Kasseler oder der Propst Albrecht.

Der Bischof widersprach auch nicht, als wir harte Vorwürfe äußerten, weil man uns nicht gehört hatte, weil der Dekan falsche Angaben über die Pfarrkonferenz gemacht hatte, weil er mein Buch über das Dekanat Schmalkalden unter seinem Namen herausgegeben hatte, über Verstrickungen mit der Staatssicherheit. Er sagte nicht einmal etwas zu meiner Meinung: „Der Dekan hat die Synode entmündigt, den Dekanatssynodalvorstand gekauft und die Pfarrer hält er mit Drohungen in Schach, sie würden ihre Privilegien verlieren!“ Ich forderte ihn auf, in solchen schwierigen Fällen nicht immer gleich den Pfarrer aus dem Verkehr zu ziehen, sondern es auch einmal so zu versuchen, daß man dem Pfarrer beisteht, denn auf diese Art wäre genauso eine Lösung möglich gewesen bzw. man hätte es damit genauso versuchen können.

 

Ursels Kündigung am 16. Februar 1989:

Unmittelbar nach dem Gespräch mit den beiden Oberkirchenräten hatte auch Ursel gekündigt. Herr Nothnagel hatte zwar geäußert, das könne sie gar nicht. Vielleicht nahm er an, wir wären dem Dekanat noch verpflichtet, weil wir noch 5.000 Mark Schulden aus einem Darlehen hatten. Der Dekan hatte uns ja anstandslos ohne Vertrag 10.000 Mark gegeben, die Zinsen habe ich aus eigenem Willen gezahlt. Heute ist mir klar, daß er mich damit hat auch kaufen wollen. Nun haben wir alles Geld zusammengekratzt und den Rest noch bezahlt.

Ursel schrieb: „Mit sofortiger Wirkung lege ich meinen Dienst als Katechetin nieder. Man hat meinen Mann auf Antrag von Herrn Nothnagel in Eisenach und in der Sitzung am 23. Januar von einen Tag auf den anderen beurlaubt und hat seinen Einsatz in der Seelsorge, der Gemeindearbeit und der Führung der äußeren Geschäfte der Gemeinde nicht haben wollen. Der Kirchenvorstand mußte wissen, daß er damit auch mich vertreibt. Unter einem Vorgesetzten wie Pfarrer Schulte könnte ich nicht arbeiten‚ nachdem er mir in einer menschlich verletzenden Weise gegenübergetreten ist. Und schon gar nicht möchte ich so wie eine Anzahl anderer Angestellter der Gemeinde von dem Vorsitzenden des Kirchenvorstandes schikaniert werden. Bei der durch Herrn Nothnagel geschaffenen Lage wäre ein gedeihliches Wirken für mich sowieso nicht mehr möglich.

Christenlehre, Kindergottesdienst, Konfirmandenrüstzeit und Familiengottesdienst und Junge Gemeinde haben erfahren müssen, welch geringen Stellenwert diese Arbeit durch Herrn Nothnagel bekommen hat. Ständig hat er kritisiert und behindert, obwohl meine Arbeit gar nicht zu seinem Aufgabenbereich gehört. Um der Sache willen habe ich Vieles geschluckt, weil mir die Arbeit mit meinem Mann viel Spaß gemacht hat.

Ich wünsche dem Kirchenvorstand, daß er in Zukunft nicht nur Gebäude und Stühle hat, sondern auch eine katechetische Kraft und die dazugehörigen 200 Kinder. Die Kinder stellen die Zukunft der Gemeinde dar und sollten ihr Recht auf christliche Unterweisung und Erziehung wahrnehmen können. Die Arbeitsmaterialien, Kartei, Strichliste usw. liegen im Gemeindehaus im Schrank und im Archiv des Pfarrhauses. Stundenplan und durchgenommener Stoff wurden schon durch meinen Mann weitergemeldet.“ Mit diesem Kündigungsschreiben hat Ursel zwar das gemacht, was wir den anderen Angestellten vorgeworfen haben, aber in Steinbach war es ja so üblich, daß man bei einer Kündigung eine Begründung nachschiebt. Die Abkündigung am 26 .Februar lautete: „Frau Heckert hat bedauerlicherweise (!) gekündigt. Es zeichnet sich aber eine Lösung des Problems ab. Vorerst aber ist keine Christenlehre!“

 

Entlassung aus dem Dienst

Es ging jetzt nur noch darum, die Entlassung abzuwickeln:

 

Bitte um Entlassung aus dem Dienst:

Ich schrieb in meiner Bitte um Entlassung aus dem Dienst am 2. März 1989: ,,Nachdem ich ab 6. März wieder gesund geschrieben bin, bitte ich um Entlassung aus dem Dienst der Ev.-Luth .Kirche in Thüringen. Die ab 1. Februar ausgesprochene Beurlaubung hat mich und meine Familie sehr betroffen gemacht, da ich bisher der Meinung war, alles für das Wohl der Gemeinde eingesetzt zu haben. Den von Ihnen angebotenen Weg, eine andere Pfarrstelle zu übernehmen, kann ich im Augenblick noch nicht gehen. Ich fühle mich körperlich, geistig und seelisch noch nicht in der Lage, nach dieser Enttäuschung schon wieder eine Gemeinde zu übernehmen. Wenn ich wieder einmal ein Pfarramt übernehme, möchte ich das mit ganzem Einsatz tun! Ich bitte um Verständnis, wenn ich mich jetzt erst einmal um eine andere Tätigkeit bemühe, um mit allem fertig zu werden. Es wäre mir eine Hilfe, wenn Sie nur das Ruhen der Rechte aus der Ordination aussprechen würden und mir jederzeit der Weg in den kirchlichen Dienst offen bliebe. Ich bitte noch um eine angemessene Frist für die Übergabe der Amtsräume. Nach fast 24 Jahren pfarramtlicher Dienst fällt es mir sehr schwer, diesen Schritt zu tun. Aber ich sehe im Augenblick keine andere Lösung. Ich hoffe, daß es mir in Zukunft wieder, möglich wird, als Pfarrer tätig zu sein.“

 

Entlassungsschreiben vom 16. März 1989:

„ Sehr geehrter Herr Pfarrer! Lieber Bruder Heckert! Der Landeskirchenrat hat sich in seiner Sitzung vom 6. März 1989 noch einmal eingehend mit dem Vorgang und Ihrem Antrag vom 2. März 1989 befaßt. Der Landeskirchenrat hat hierzu beschlossen, Ihrem Antrag auf Entlassung aus dem Dienst nach Maßgabe des § 65 Pfarrerdienstgesetz zu entsprechen, Sie zu dem Zeitpunkt aus dem Dienst zu entlassen, den Sie selbst noch nach Inanspruchnahme des Ihnen zustehenden Urlaubs oder eines Teiles davon festsetzen möchten. Wir weisen in diesem Zusammenhang darauf hin, daß Ihnen der gesamte Jahresurlaub als Pfarrer der Evang.-Luth. Kirche in Thüringen für dieses Jahr bereits zusteht, so daß Sie diesen im vollen Umfang in Anspruch nehmen könnten, wenn Sie dies wünschten bzw. für den Übergang in ein Arbeitsrechtsverhältnis erforderlich ist. Allerdings wäre der Zeitpunkt der Entlassung aus dem Dienst der Zeitpunkt des Ablaufes Ihres Urlaubes gerechnet vom Tage des Ablaufes der Beurlaubung nach § 45 Pfarrerdienst­gesetz, also dem 22. Februar 1989. Wir bitten Sie, uns und dem Dekanat Schmalkalden rechtzeitig Mitteilung über den Tag des Ausscheidens aus dem Dienst zu machen.

In Ihrem Schreiben vom 2. März 1989 erwähnen Sie weiterhin, daß es Ihnen eine Hilfe wäre, wenn nur das Ruhen der Rechte aus der Ordination ausgesprochen würde und Ihnen jederzeit der Weg in den kirchlichen Dienst offen bliebe. Wir weisen in diesem Zusammenhang darauf hin, daß ohnehin keine Aberkennung der Ordination erfolgt und erfolgen kann, sondern es stets nur um die Frage der Beibehaltung der Rechte aus der Ordination oder des Ruhens der Rechte aus der Ordination gehen kann. In Ihrem Fall ist eine Beibehaltung der Rechte aus der Ordination für die Zeit nach der Entlassung aus dem Dienst nicht möglich, da sich aus der Verbindung mit § 65 Pfarrerdienstgesetz mit § 12 Pfarrerdienstgesetz ergibt, daß die Voraussetzungen hierzu in Ihrem Fall nicht vorliegen. In § 12 Abs. 3 Pfarrerdienstgesetz ist festgelegt, daß das Recht zur öffentlichen Verkündigung des Wortes Gottes und zur Verwaltung von Taufe und Abendmahl einschließlich des Rechtes zum Vollzug von Amtshandlungen belassen werden (kann), wenn ein Dienst in der Verkündigung, der evangelischen Unterweisung oder der theologischen Lehre übernommen wird. Wie Sie sicherlich selbst einsehen, sind diese zwingenden Voraussetzungen nicht erfüllt.

Selbstverständlich ist der Landeskirchenrat jederzeit bereit, Ihnen die Rechte aus der Ordination bei Übernahme eines entsprechenden Dienstes wieder beizulegen. Außerdem hat der Landeskirchenrat ausdrücklich festgestellt, daß er auch für die Bewerbung um eine andere Pfarrstelle in der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Thüringen offen ist. Voraussetzung für die Wiederübernahme in den Dienst ist natürlich die Wahl einer entsprechenden Pfarrstelle durch den zuständigen Gemeindekirchenrat oder den Landeskirchenrat. Der Landeskirchenrat wünscht Ihnen für die Zeit Ihrer Tätigkeit in einem Arbeitsrechtsverhältnis Gottes Schutz und Segen. Mit freundlichen Grüßen Kirchner, Oberkirchenrat (Selbstverständlich habe ich nur den mir bis hin zustehenden Urlaub genommen. Ausgeschieden bin ich zum 31. März. Da war ich aber schon im Arbeitsverhältnis und habe den erhaltenen Lohn dem Dekanat erstattet).

 

Daß der damals zu­ständige Landeskirchenrat mich ohne Prüfung der Umstände so hängen ließ, bestärkte noch meine Entscheidung. Ich hatte gehofft, daß die Verantwortlichen in sich gehen und sich sagen: Wir müssen die hauptamtlichen Mitarbeiter, die eine Aus­bildung und Zugang zu Erfahrungen haben, nach Kräften unterstützen; wir dürfen ihnen nicht aus Besserwisserei und Rechthaberei noch Knüppel zwischen die Beine werfen. Den letzten Anstoß gab der Kirchenvorstand, der mir noch zwei Monate vorher das volle Vertrauen ausgesprochen hatte und mich nun los haben wollte, koste es, was es wolle.

Wenn ich gewußt hätte, daß im November die Wende kam, hätte ich es vielleicht doch noch versucht. Ich hätte mich ja für zwei Jahre beurlauben lassen können. Her Kirchner hatte zwar gesagt, daß mich danach die Kirche dorthin schicken könne, wohin sie wolle. Aber dann hätte es keinen Herrn Kirchner mehr gegeben und der ganze Druck wegen der Stasi wäre nicht mehr vorhanden gewesen. Das Wartestandsgeld hätte ich ja gar nicht von der Kirche haben wollen. Und dann wäre mir wohl auch bekannt gewesen, daß es ja ein extra Kirchengericht gibt, wo man sein Recht suchen kann. Dort hätte man bestimmt die Beurlaubung aufgehoben, weil ich vorher nicht gehört wurde (Es handelte sich nicht um eine „Suspendierung“, denn die ist das Ergebnis eines Disziplinarverfahrens. Eine „Beurlaubung“ dagegen läßt die Schuldfrage offen und dient angeblich nur dem Schutz des Betreffenden).

 

Pfarramtsübergabe am 1. April 1989:

Ich fragte zuerst, weshalb „Pfarrer“ Nothnagel dabei sei, weil sonst nur der Leiter des Kreiskirchenamtes und die beteiligten Pfarrer das unter sich abmachen. Es handelt sich ja auch nicht um eine vollständige Pfarramtsübergabe, weil die Geschäftsführung ja bei dem anderen Pfarrer liegt und nur die Räume und die dienstlichen Unterlagen zu übergeben waren. Der Dekan hatte aber irgendein altes Formular dabei und fing sogar damit an, daß bei der Pfarramtsübergabe 1971 in Springstille (wo ich Vakanzverwalter war) festgehalten wurde, daß seit Jahren mehrere Kirchenbücher fehlen. Es wurde dann sehr genau nach vielen Dingen gefragt.

Beim Thema Kirchenvorstand wies ich darauf hin, daß die Neuwahl nicht rechtmäßig durchgeführt wird, weil die Gemeinde nicht aufgefordert wurde, Wahlvorschläge zu machen. Antwort des Dekans: „In dieser Situation war es allein Sache des Kirchenvorstandes, die Liste aufzustellen!“ Das ist natürlich Unsinn. Wenn Vorschläge kommen, müssen die mit auf die Liste. Als ein Gemeindeglied dennoch gegenüber dem Laienvorsitzenden einen Vorschlag machte, wurde er nicht darüber unterrichtet, wie man formgerecht einen Vorschlag macht, sondern der Vorschlag wurde von dem Laienvorsitzenden abgelehnt mit der Begründung, der Vorgeschlagene sei ein Anhänger von Pfarrer Heckert. Er wollte einen stromlinienförmigen Kirchenvorstand. Die Gemeinde hat erst an Ostern überhaupt von der Wahl erfahren. Auch wenn keine Vorschläge eingegangen wären, mußte doch die Aufforderung erfolgen. So steht es auch in dem „Fahrplan“ des Dekanats für die Wahl. Man hat es eben einfach vergessen. Mir hat man vorgeworfen, ich sei zu genau, aber

so geht es wohl auch nicht.

Mit Billigung des Dekans nahm sich Herr Nothnagel aus dem Vorrat des Pfarramtes amtliche Briefbogen mit, weil er Briefe im Namen der Kirchengemeinde schreiben will. Jeder spätere Pfarrer wird hier Schwierigkeiten bekommen. Auch Herr Schulte hat in Altersbach zugeben müssen, daß er schon mehrfach gegenüber Herrn Nothnagel hat zurückstecken müssen.

 

Als wir nach Schluß der Besichtigung auf dem Hof standen, fing der Dekan noch an, Ursel solle doch ihre Behauptungen in der Gemeinde unterlassen. Ich wollte konkret wissen, worum es sich denn handele, erhielt aber keine genaue Auskunft. Da fragte ich umgekehrt: „Wie kann man denn behaupten, im Protokollbuch stünde kein Beschluß über die Zahlung von Sondervergütungen, wenn man das Buch gar nicht gesehen hat. Eine solche Sache sollte einmal gerichtlich geklärt werden!“ Das sagte ich, weil der Dekan Ursel damit drohen wollte, zumindest mit einem kirchlichen Schieds­gericht, aber damit in Eisenach abgeblitzt ist. Jetzt wußte er sich nur noch so herauszureden: „Es waren sich doch alle darüber einig, es wurde nur später protokolliert!“ Auch das entspricht nicht den Tatsachen, die Zahlung war ausdrücklich vorerst abgelehnt worden. Das hört sich ja so an, als hätten Herr Peters und ich einen Beschluß zwei Jahre lang nicht ausgeführt. Und selbst wenn ein solcher Beschluß gefaßt worden wäre, dann wäre er angesichts der Finanzlage unverantwortlich gewesen.

Ich bemerkte, daß man mir in Eisenach in der Sache im Wesentlichen Recht gegeben hat und daß man den Dekan gerügt hat, weil er noch eine Abstimmung im Kirchenvorstand durchgeführt hat‚ nachdem die Sache schon in Eisenach anhängig war. Ich machte ihm den Vorwurf, er habe manipuliert, weil er vorher den Beschluß des Landeskirchenrates mitteilte. Dies leugnete er auf einmal. Auch Herr Nothnagel und Herr R. behaupteten, das sei erst in der nächsten Sitzung im Februar gesagt worden (bei der ich aber gar nicht mehr dabei war, ich habe aber genau protokolliert). Es hat wirklich keinen Sinn, wenn „gestandene Männer“ sich nach zwei Monaten nicht mehr erinnern können, was war. Herr Schulte wußte hier zu bemerken: „Jetzt kann ich mir vorstellen, wie es im Kirchenvorstand zuging: nur Gesetze!“ Ich sagte zu ihm: „Lernen Sie erst einmal Menschlichkeit“ und ging.

 

Es war eine Niederschrift über die Pfarramtsübergabe angefertigt worden und ich habe eine Liste über den kirchlichen Unterricht übergeben. Dabei habe ich auch erwähnt, daß die Kinder in Herges mit dem Auto abgeholt wurden und wieviel Kinder es überhaupt waren:

 

Klasse

Steinbach-Hbg

Altersbach

1

32 + 4

7

2

23 + 4

3

3

28 + 5 

1

4

27 + 1

3

5

31 + 2

4

6

17

5

 

Insgesamt 158 Kinder in Steinbach, die regelmäßig kommen, dazu 16 Kinder, die unregelmäßig kommen, in Altersbach dazu noch 23 Kinder. Vorkonfirmanden 13 in Steinbach und 4 in Altersbach, Konfirmanden 16 in Steinbach und 4 in Altersbach (nur Unterstadt).

 

Weitere Abwicklung

Am 21. März bat ich das Dekanat, das Arbeitsverhältnis am Ende des Monats enden zu lassen. Ich bat um Übersendung der Kinderkarte für Miriam und schrieb, daß ich nur neun Tage anteiligen Urlaub beanspruche. Am 25. März schrieb ich an den Landeskirchenrat: „Ich war der Meinung, daß die Beurlaubung weiter fortbesteht, weil in Ihrem Schreiben vom 30. Januar keine Frist angegeben ist, sondern der Landeskirchenrat erst darüber befinden wird. Es ist ungünstig, wenn das Ende der Beurlaubung zum 22. Februar mir erst mit Schreiben vom 16. März mitgeteilt wird. Allerdings war ich in dieser Zeit drei Wochen krank geschrieben.“

Am 25. März schrieb ich an das Dekanat wegen einer Verdienstbescheinigung zum Zwecke der Vorlage bei der Sozialversicherung. Die wurde mir auch ausgestellt, aber nur über die Grundvergütung ohne Amtszimmerpauschale, Fuhrkosten, Beihilfen des Diakonischen Werks, Aufwandsentschädigung für Kreisjugendpfarrer.

 

Brief von Herrn Kirchner an Winfried Hey vom 28. März 1989:

Dier Brief war Antwort auf das Schreiben vom 13. Februar 1989 an Herrn Landesbischof Dr. Leich (Diese Schreiben waren nachher alle in meiner Personalakte beim Landeskirchenrat abgeheftet): Der Landeskirchenrat ist von Anfang an davon ausgegangen ist, daß ein gedeihliches Wirken von Herrn Pfarrer Heckert in Steinbach-Hallenberg nicht mehr gegeben zu sein schien, was keinesfalls von vornherein heißt und heißen muß, daß die Schuld hierfür allein oder überwiegend auf der Seite einer Partei liegt.

Aus diesem Grund nennt sich übrigens auch das entsprechende Verfahren im Pfarrerdienst­gesetz das ‚objektive Verfahren‘, was hinreichend zum Ausdruck bringt, daß es hierbei um die Feststellung der Unmöglichkeit weiteren gedeihlichen Wirkens geht, d. h. also eine Feststellung nach einer Art ‚Zerrüttungsprinzip‘ getroffen wird. Es geht hier also nicht um die sogenannte Schuldfrage.

Natürlich kann man die Frage aufwerfen, ob in einem solchen Verfahren immer der Pfarrer derjenige zu sein hat, der dann die Stelle wechseln muß. Die Gegenfrage darauf kann aber - wenn - nur lauten, ob in einem solchen Fall nicht der Pfarrer sich eine andere Gemeinde sucht, sondern ob nicht die Gemeinde ihre Sachen komplett packen muß, um an einen anderen Ort zu gehen? Aus dieser, sicher polemischen Frage entnehmen Sie aber bitte den Ernst des Hintergrundes einer pfarrer­dienst­rechtlichen Regelung. Diese muß davon ausgehen, daß der Pfarrer im Notfall in der Konsequenz seines Dienst- und Treueverhältnisses persönliche Interessen zurücksteckt und den Kürzeren zieht!“ Auf die in dem Schreiben von Herrn Hey konkret angesprochenen Probleme und Vorwürfe wollte Herr Kirchner nicht eingehen. „Diese Absicht besteht hier nicht, weil sie nach meiner Überzeugung nichts einbringen wird!“

Von einem „objektiven Verfahren“ ist im § 57 des Pfarrerdienstgesetzes nicht die Rede. Es handelt sich ja gerade um ein subjektives Verfahren, wenn jemand feststellen soll, daß nach seiner Meinung eine „Zerrüttung“ vorliegt. Außerdem wurde gar kein Verfahren geführt, sondern nur gehandelt. Wenn nur e i n e r bestraft wird, ist das eine eindeutige Schuldzuweisung. Jeder muß sich sagen: bei so einer fristlosen Kündigung muß aber etwas Schwerwiegendes und Eindeutiges vorliegen.

Bei einem Pfarrer steht die ganze Existenz auf dem Spiel. Die Beurlaubung bedeutete in der Praxis eine fristlose Entlassung, zwar nicht aus dem Beruf überhaupt, aber aus der einzigen Arbeitsstelle am Ort. Wenn ein anderer Arbeitnehmer Schwierig­keiten mit dem Betrieb hat, kann er in einen anderen gehen. Wenn man ihn rauswerfen will, muß erst ein aufwendiges Verfahren mit Rüge und Verweis durchgeführt werden; und auch dann noch muß der Betrieb bei der Suche nach einer neuen Tätigkeit behilflich sein.

Natürlich kann man nicht eine ganze Gemeinde versetzen. Aber darum ging es auch gar nicht. Es hätten ja nur einige Kirchenvorsteher und der Dekan in ihre Schranken verwiesen werden müssen. Die Gemeinde war ja wohl versorgt und hat an den Schwierigkeiten im Kirchenvorstand keinen Anstoß genommen. Man sagte: „Krach gibt es überall einmal!“ Viele hielten meine Kritik auch einfach für berechtigt und wollten nicht, daß mit ihrem Geld so umgesprungen wird, wie es in Steinbach-Hallenberg und im Dekanat üblich geworden war. Den Kirchenvorsteher hätte es nicht die Existenz gekostet, wenn er hätte zurückstecken müssen oder aus dem Kirchenvorstand ausgeschieden wäre.

 

Nach einigem Abstand muß ich mich allerdings fragen, welches das kleinere Übel war und was der Gemeinde mehr gedient hätte. Hätte man nicht die Meinungsverschiedenheiten im Gemeindekirchenrat aushalten können und müssen? Hätte man sie nicht durch ein Eingreifen des Landeskirchenrates ausräumen können, indem man die vorliegenden Sachfragen aufgrund der vorliegenden Gesetze klärte? Kann man einen Pfarrer so im Stich lassen, der nur seine Pflicht getan hat? Kann man es verantworten, eine Gemeinde mit fast 5.000 Gliedern ohne Pfarrer zu lassen? Wie will mal vor der Gemeinde die groteske Situation rechtfertigen, daß zwei Pfarrer im Gottesdienst sitzen und ein Kirchenältester Lesegottesdienst macht? War das im Blick, als man den Laienvorsitz im Gemeindekirchenrat ins Auge faßte? Warum kann nicht einmal so eine einfache Frage entscheiden, wer die Sammler­aus­weise für die Straßensammlung mit unterschreibt? (Darum ging es unter anderem in Steinbach-Hallenberg).

 

In dem Brief des Landesbischofs vom 10. April 1989 wurde mir mitgeteilt, daß ich ab 31. März ich entlassen werde. Die Ordinationsurkunde ist an den Landeskirchenrat zurückzugeben. „Für die der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Thüringen geleisteten Dienste sprechen wir Ihnen unseren Dank aus!“ Dieser dürre formale Satz war der einzige Dank für 25 Jahre vollen Einsatz.
 

Brief des Landesbischofs an Herrn Hey vom 6. September 1989:
„Es gibt einen doppelten Grund, weshalb ich von hier aus nur sehr mittelbar zur Situation in ihrer Kirchgemeinde und zu Ihrer persönlichen Situation sprechen kann. Die Gemeinden im Dekanat Schmalkalden sind unserer Kirche durch einen Vertrag zugeordnet, der ihnen eine große Selbständigkeit in ihren Entscheidungen einräumt. Dies muß der Landeskirchenrat in jedem Fall respektieren. Er respektiert damit auch die Verantwortung, die die gewählten Gremien in der Kirchgemeinde und im Dekanat tragen und ich bin gewiß, daß die Dekanatssynode ebenso wie der Gemeindekirchenrat insgesamt diese Verantwortung auch sehr ernst nehmen.

Zum anderen gehört es zur Fairneß im Umgang miteinander ebenso wie zum geschwisterlichen Umgang in der Kirche Jesu Christi, daß anstehende Fragen und Probleme nur entschieden werden können, wenn beide Seiten gehört werden und wenn beide ihre Beschwernis auch dem anderen gegenüber deutlich, aber ohne Verletzung aussprechen. Ich sehe in dem Bemühen der Dekanatssynode zu einem Gespräch mit allen Beteiligten zu kommen, einen solchen Schritt. Auf keinen Fall kann ich von hier aus richten oder Recht geben.“

 

Das Dekanat wurde ja gerade deswegen „zugeordnet“, damit eine übergeordnete Instanz da ist, die die Aufsicht führt und bei der man sich auch einmal beschweren kann. Auch die Organe des Dekanats sind den Gesetzen der Landeskirche untergeordnet. Die Synode hat hier nichts entschieden, sondern allein der Dekanatssynodalvorstand, der in der Hand des Dekans war. Er hat nicht mit beiden Seiten das Gespräch gesucht (es sei denn, man sieht die Mitgliedschaft von Herrn Nothnagel im Dekanatsynodalvorstand als Vertreter der Gegenseite an). Beide Seiten wurden nicht gehört, der Pfarrer wurde erst nach der Entscheidung als allein Schuldiger vorgeladen.

Ich schrieb am 5. Mai 1989 noch an die „Solidarische Kirche“ und schilderte meinen Fall. Ich schrieb auch mit Pfarrer Goertz in Kleinneuhausen, er wollte alles der Konfliktstelle der Solidarischen Kirche vortragen und gegebenenfalls in die Synode bringen, aber erreicht wurde natürlich auch nichts.

 

Entwicklung bis zum November 1989:

Es entstand die groteske Situation, daß zwei Pfarrer im Gottesdienst sitzen und ein Laie liest vorne etwas vor (aber vielleicht hilft das seinem Geltungsbedürfnis). Doch Gemeindearbeit besteht nicht nur aus Gottesdienst, Amtshandlungen und Konfirmanden­unterricht:

1. Christenlehre findet so gut wie nicht mehr statt. Wo hat es sonst in der Landeskirche eine Christenlehre mit 200 Kindern (ohne Rotterode) gegeben, von denen 70 - 80 das ganze Jahr über nie fehlten und die anderen nur 1 - 2 mal? Eine Wohnung für eine Katechetin ist nicht vorhanden. Aber vielleicht will der Laienvorsitzende seine Tochter in diese Stelle bringen.

2. Der Kindergottesdienst ist eine Minigruppe geworden, der Singekreis ist aufgeflogen. Familiengottesdienste, Jungschar und Konfirmandenrüsten finden nicht mehr statt.

3. Zukunftsweisende Gemeindekreise gibt es nicht mehr. Die seit Jahren laufenden Kurse für Erwachsenenkonfirmation und -taufe sind abgerissen. Gesprächskreis und Hausbibelkreis sind nicht mehr.

4. Der Kantor sieht sich nach einer neuen Stelle um, weil er die Wohnung räumen soll. Damit fällt ein Glanzstück der Gemeindearbeit weg, zudem die Christenlehre in Rotterode und eventuell der Kindergottesdienst.

5. Der Verwaltungsleiter, der das ganze Gemeindehaus mit seinen vielfältigen Arbeitsbereichen in vorbildlicher Weise und mit großem persönlichem Einsatz zusammengehalten hat, ist auf dem Sprung. Nach den Ereignissen im Januar hat er sogar einen Ausreiseantrag gestellt. Deshalb will man ihn auch jetzt weghaben und bezieht sich dabei auf einen ein halbes Jahr alten Brief, der längst erledigt war.

6. Der Hausmeister und seine Frau wollten auch weg, weil ihre Arbeit von dem Laienvorsitzenden ständig schlecht gemacht wurde. Nur hat sich ihr Plan einstweilen zerschlagen. Die Chefköchin hat ihre Kündigung angekündigt, wenn der Verwaltungsleiter gehen muß, der sich immer schützend vor sie gestellt hat (allerdings ist die Arbeitsstelle räumlich für sie günstig).

7. Im Kindergarten bleiben von sechs Kräften am 1. Februar noch zwei, wenn nicht Wohnungen für neue Kräfte besorgt werden können. Der Laienvorsitzende meinte zwar, für jedes Problem fände sich eine Lösung, aber bisher ist nicht einmal etwas am Pfarrhaus gemacht (vor Jahren mußte ich einer Feierabendbrigade absagen, weil der Kirchenvorstand es anders haben wollte und es selber machen wollte).

 

Es ist eingetreten, was vorauszusehen war: Jetzt wird erst recht willkürlich und ohne Beachtung der primitivster Regeln gehandelt. Beispiel dafür ist die Kirchenvorstandswahl: Die Kirchenvorstandswahl wurde nach einem System durchgeführt, das nicht dem Recht der (Thüringer) Landeskirche entspricht. Dadurch kam es, daß der bisherige Laienvorsitzende - obwohl von der Gemeinde erneut nicht gewählt - vom Dekanatssynodalvorstand berufen wurde. Jetzt fragt sich die Gemeinde zu Recht: „Wozu haben wir da. gewählt, es ist doch wie beim Staat!“ Danach wurden Gemeindeglieder in Ausschüsse des Kirchenvorstandes berufen, bei denen die Voraussetzungen der Wählbarkeit nicht gegeben sind (Altersgrenze, vorige Periode ausgeschieden). Herr Nothnagel schied erst aus dem Kirchenvorstand aus, als Pfarrer Scholz ihm sagte, er werde die Berufung nicht unterstützen; er stellte sich dennoch der Wahl und wurde nicht gewählt.

 

Ein weiteres Beispiel für die nunmehr bestehende Willkür ist eine Grundstückssache: Im Dezember wurde ein Tauschantrag eines Einwohners einstimmig abgelehnt. Im Februar aber wurde einem erneuten Antrag doch stattgegeben. Man beschloß, das Grundstück einem langjährigen Pächter, der kirchlich engagiert ist bis hin zum Gottesdienstbesuch, wegzunehmen. Es sollte einem anderen gegeben werden, bei dem die Rechte ruhten (er hat schnell noch bezahlt) und der seine Kinder nicht hat taufen lassen und auch trotz zweimaligem Besuch durch die Katechetin seine Kinder nicht zur Christenlehre geschickt hat. Aber er hat den Rat der Stadt, seinen Nachbarn (den stellvertretenden Bürgermeister) und Parteifreunde (NDPD) eingeschaltet. Er sollte den schönsten Bauplatz der Kirchengemeinde erhalten, obwohl diese noch andere Bauplätze hat. Der Tausch war schon beim Notariat beurkundet, wurde denn aber doch wieder rückgängig gemacht. Die bisherigen Pächter erhoben Einspruch und konnten den Grundstücksnachbarn, der CDU-Parteifreund ist und dessen Frau neu im Kirchenvorstand war und der den anderen nicht zum Nachbarn haben wollte, für ihre Sache gewinnen. Hier hat der Filz der Steinbacher Gesellschaft und die Beziehungen einmal positiv gewirkt.

 

Das Schlimme ist nur daß jetzt viele einen Vorwand für ihre Unkirchlichkeit haben und sagen: „Wenn die das so machen, gehen wir nicht mehr hin!“ Für uns ist es schwer, mit ansehen zu müssen, wie alles am Boden liegt. So wie jetzt ist es 20 Jahren nicht gewesen: Gottesdienste fallen aus, die Leute haben bei Amtshandlungen umständliche Laufereien, unsre Tochter hat keine Christenlehre. Die Talsohle ist wahrscheinlich noch nicht erreicht.

Auch Pfarrer Schulte hat inzwischen erkannt, wie es hier so läuft. Auch wenn wieder ein Pfarrer kommt, wird er es schwer haben. Es kann natürlich sein, daß der Kirchenvorstand beweisen will, daß er nicht schuld war und sich deshalb still verhält (es sind ja auch neue Leute dabei). Aber eher wird der Pfarrer still sein müssen, damit es ihm nicht auch so geht.

Der Landeskirchenrat sollte mehr Aufsicht über die Gemeinden üben, besonders (oder: auch) im Dekanat, weil man dort nicht genug Selbstzucht übt (und so etwas sage ich, der immer gegen die Eingriffe und für die Selbstbestimmung der Gemeinde war!). Man macht es sich zu leicht, wenn man meint, eine Untersuchung. und Klärung des Sachverhalts bringe nichts. Wozu macht man Gesetze und Verordnungen, wenn sich jeder ungestraft darüber hinwegsetzen kann? Oder wenn der Landeskirchenrat erklärt, er sei ohnmächtig und könne sich nicht durchsetzen? Wozu braucht man ihn da?

Besonders pikant ist, wenn man das noch mit den theologischen Begriffen von Gesetz und Evangelium verquickt und Willkür als Evangelium bezeichnet und Ordnung als Gesetzlichkeit. Da verzichtet man doch lieber auf eine Ausbildung der Pfarrer und rät ihnen: „Macht alles, was der Gemeindekirchenrat will, und legt euch nicht mit dem Superintendenten an!“

Aber auch in Steinbach-Hallenberg muß geklärt sein, wer das Sagen hat. Es genügt nicht, nur zu sagen: „Ihr müßt euch einigen!“ (Das hätte bedeutet, daß ich in allen Dingen dem Laienvorsitzenden und den Angestellten hätte nachgeben müssen). Wenn nicht klare Richtlinien bestehen, gibt es noch lange keine Lösung.

 

Ende Juli stellte sich ein Pfarrer Möslein mit einem Gottesdienst vor. Der Dekan war auch da und der Kirchenvorstand tagte im Anschluß an den Gottesdienst. Er war wohl der Einzige, der sich auf die Ausschreibung gemeldet hatte. Aber er hätte hier nichts werden können. Schon daß er die Gottesdienstordnung veränderte und zum Beispiel den Psalm von einem Platz an der Seite aus las, ließ ihn durchfallen. Er hätte einem nur leid tun können, weil er kein Durchsetzungsvermögen hat. Er hat sich dann auch nicht beworben.

Der Landeskirchenrat hat dann wohl verschiedene Vikare überreden wollen, nach Steinbach zu gehen, aber sie haben sich strikt geweigert, weil sie von dem Kirchenvorstand in Steinbach-Hallen­berg gehört hatten.

Pfarrer Peters mußte zwar ab 1.Oktober wieder arbeiten und auch die Geschäftsführung übernehmen. Aber der Dekan und Pfarrer Schulte mischen immer noch mit, zumal Pfarrer Peters sich verzieht, wenn es brenzlig wird. Außerdem hat er nach wie vor das Ziel, invalide geschrieben zu werden; des sagt er jetzt ganz offen: Nur noch so lange wie er kann!

Ab September wurde etwas Christenlehre gemacht: Frau Lieberknecht machte nun doch Klasse 1 und 2. Allerdings klagen die Kinder, sie müßten immer malen und basteln. Die Klassen 3 bis 6 hat Pfarrer Weiß übernommen. Das ist natürlich gelungen: Vor 25 Jahren ist er von Steinbach weggegangen, weil er nicht mit den Kindern zurechtkam, jetzt macht er Christenlehre. Die Kinder  - vor allem die Jungen - sehen folgerichtig die Christenlehre als eine Belustigung an und treiben allerhand Unsinn. Inhaltlich vertritt er seine bekannten Thesen, wonach Adam und Eva wirklich gelebt haben usw. In Altersbach macht Frau Schulte Christenlehre, nachdem die Altersbacher nicht nach Rotterode gegangen sind. Aber dort wird ja auch bald keine mehr sein.

 

Weitere wichtige Mitarbeiter wurden aus der Gemeinde vertrieben. Zunächst ging es um Herrn Hey, den Verwaltungsleiter, der nach den Ereignissen im Januar einen Ausreiseantrag gestellt hatte. Pfarrer Schulte wollte vorzeitig erfahren haben, daß sein Antrag abgelehnt würde. Aber die guten Beziehungen des Dekanats zu den staatlichen Stellen machten wohl das Verschwinden aller Antragsteller aus dem kirchlichen Dienst notwendig. Jetzt wurde auf einmal wieder der Brief von Herrn Hey an den Landeskirchenrat vom Februar herausgekramt. Der Brief an den Landesbischof war seiner Natur nach vertraulich. Er war am Schluß ausdrücklich als Bitte um seelsorgerlichen Rat gekennzeichnet. Der Bischof gab ihn an Oberkirchenrat Kirchner zur Beantwortung weiter. Der hat schnell eine Ablichtung an den Dekan geschickt, was bei den vorhergehenden Briefen bekanntlich nicht der Fall war. Dabei konnte jedermann erkennen, wie brisant dieser Brief war und vor allem auch die mitgeschickte Antwort von Herrn Kirchner war. Dort vertritt er nämlich die Meinung, das Dekanat sollte ganz in die Landeskirche eingegliedert werden. Dadurch geriet der ganze Brief von Herrn Hey in ein entsprechendes Licht.

Genau wie bei mir verlangte man im September auf einmal von ihm, daß er den im Februar geschriebenen Brief herausgibt (wohlgemerkt: erst nach einem halben Jahr verlangte man das). Leider war dem Bischof die Panne passiert, daß er einen seiner Natur nach vertraulichen Brief in Ablichtung an das Dekanat geschickt hat (er hätte wissen müssen, daß das Ärger gibt, sonst wäre der Brief von Herrn Hey ja über den Dekan gegangen). Doch Herr Hey weigerte sich, den persönlichen, wenn auch nicht privaten, Brief herauszugeben.

Herr Hey wurde mehrfach zu einem Gespräch aufgefordert. Das eine Mal lag er im Krankenhaus (was ja der geschäftsführende Pfarrer mußte). Weil er nicht erschien, erhielt er einen ersten Verweis (ohne vorherige Rüge, ohne Zustimmung der BGL oder gar des Landeskirchenrates). Am 25. September sollte dann der strenge Verweis nachgeschoben werden, aber Herr Hey war wegen einer Autopanne nicht zum Dienst erschienen. So wurde am Dienstag der Akt vollzogen. Auch die Kündigung hatten Herr Nothnagel und Herr Schulte schon dabei. Ich riet Herrn Hey am gleichen Tag, er solle zum Arbeitsgericht gehen. Er hätte wohl recht bekommen, denn schon der erste Verweis war nicht formgerecht (nur als Satz in einem anderer Brief erwähnt), inhaltlich war er (wegen der vorliegenden Krankheit) nicht berechtigt.

Aber Herr Hey zog es vor, über die Prager Botschaft in die Bundesrepublik zu gehen. Vorher hatte er noch einiges Geschirr und Fotoalben bei uns gelassen. Die Erkennungsmarke der Armee verbrannten wir rückstandslos im Ofen. Daß die Flucht geglückt war erfuhren wir, als er im Zug nach Hof kurz vom Fernsehen interviewt wurde. Damit war es wenigstens ein Antragsteller weniger. Er erhielt sofort eine preisgünstige Wohnung und arbeitete zunächst in seinem erlernten Beruf als Zahntechniker und nachher als Schichtleiter in einem keramischen Werk bei Karlstadt am Main.

Es stellte sich heraus, daß in diesem Fall tatsächlich der Kirchenvorstand eine Kündigung beschlossen hatte. Es sprachen dazu nur der Dekan, Pfarrer Hoffmann und Herr Nothnagel. Herrn Hey wurde keine Gelegenheit gegeben, vor dem Kirchenvorstand seine Sicht darzulegen (wie das zunächst vorgesehen war). Ein Kirchenvorsteher sagte dazu: „Ich kenne den Mann ja nicht, da habe ich auch die Hand gehoben, daß ihm gekündigt wird!“ So etwas ist doch erschreckend: Da wird über die Existenz einer ganzen Familie entschieden, ohne die Fakten zu kennen. Was wäre denn, wenn er sich das Leben genommen hätte, wo er doch. angeblich seelisch so labil ist? Das ist kein verantwortlicher Kirchenvorstand, sondern das ist Stimmvieh für Diktatoren.

Herr Nothnagel hat sich aufgeführt, Herr Hey sei faul und mache nicht, was er ihm sage. Dabei hat er das Haus mustergültig in Ordnung gebracht, selber mit Hand angelegt in Küche, bei Heizung und Malerarbeiten. Die Gemeinde bedauert, daß man nicht mehr so freundlich empfangen wird wie von Herrn Hey.

 

Auch Frau Heubel wurde man los. Herr Nothnagel war von Anfang an in die Entscheidungsfindung über ihre Anstellung eingebunden und billigte auch die Anstellung einer „Antragstellerin“ (Zitat: Die Kirche dürfe es nicht so machen wie der Staat). Aber je länger je mehr änderte sich die Lage wieder, wollte man Frau Heubel wieder loskriegen. Herr Nothnagel hatte schon als Nachfolgerin Frau U. im Hinterhalt, die sich schon monatelang mit Familienforschungsdingen auf der Kirchenkasse zu schaffen machte. Aber Frau Holland-Cunz übertrug ihr - nach dem Vorbild von Frau Jäger - je länger je mehr auch andere Aufgaben und bezahlte sie aus der Kirchenkasse. Sie hat sich nicht nach dieser Arbeit gedrängt, aber sie sollte als Nachfolgerin aufgebaut werden. Zeitweise nahm Frau U. sogar Kirchensteuerunterlagen zur Heimarbeit in ihre Wohnung mit, ohne angestellt und verpflichtet zu sein. Sie durfte auf einmal auch Aushänge selber unterschreiben, was sonst immer Herr Nothnagel machen wollte. Aber sie hat eben ein hervorragendes Qualifizierungsmerkmal: Sie ist eine Steinbacherin

Als im Mai 1988 der Verwaltungsleiter wieder von der Armee zurückkam, hätte man über die befristete Anstellung von Frau Heubel entscheiden müssen. Doch das unterblieb, so daß sie stillschweigend weiterbeschäftigt wurde. Erst im Herbst hieß es, sie habe ja überhaupt keinen Arbeitsvertrag und man könne ihr ohne Frist kündigen. Dabei hatte die Kirchengemeinde gegen das Arbeitsgesetz verstoßen, als sie Frau Heubel nicht am ersten Arbeitstag einen Arbeitsvertrag gab.

Man hat Frau Heubel noch einen Arbeitsvertrag aufgezwungen, nach dem sie auch in Küche und Haus aushelfen sollte. Dabei hätte sie den gleichen Vertrag wie Frau Holland-Cunz haben müssen. Jetzt sollte sie ständig in der Küche arbeiten. Einerseits war es ihr recht, weil sie dann den Betrieb auf der Kirchenkasse nicht mehr mitkriegte. Dort wurde nur noch verwaltet, aber nicht zielstrebig geplant, mit Überblick und Erfahrung. Aber nach einer Woche kündigte Frau Heubel ohne Kündigungsfrist, nachdem ihr mitgeteilt worden war, daß sie ausreisen könnte. Seit November 1989 wohnt die Familie im Hunsrück, ihr Mann hat im Simmern eine Zahnarztpraxis.

 

Anders lief es mit Kantor Dalberg. Er sollte erst in die Wohnung Straße der Freundschaft 3 ziehen (vorher Lehrerwohnung). Aber dort fehlte ihm ein Arbeitszimmer. Man wollte ihm ein anderes Arbeitszimmer in der Stadt besorgen. Auch wurde er auf eine Wohnung im Kantorat vertröstet, das Kirche ganz getauscht hat gegen den Bauplatz in der AWG (wo jetzt vorerst gar nicht gebaut wird).

Inzwischen will man das ganze Haus abreißen und neu bauen! Herr Dalberg wurde immer mehr unter Druck gesetzt. Herr Schulte - der doch so gut mit den Leuten umgehen kann - kam und sagte zu ihm: „Jetzt werden Nägel mit Köpfen gemacht. Wann ziehen Sie denn nun endlich aus?“ (damals hoffte man wohl noch, bald einen Pfarrer zu kriegen).

Daraufhin stellte Herr Dalberg Anfang September einen Ausreiseantrag. Daß er das wegen der Wohnungsfrage und der damit verbundenen Behandlung tat, hat man tunlich verheimlicht. Er wurde auch ordnungsgemäß am 4. November ver­abschiedet. Doch die Meinung war: „Einen Pfarrer brauchen wir nötiger als einen Kantor!“ Das ist natürlich hart, wenn einem so etwas gesagt wird. Herr Schulte sagte sogar: „Wären Sie Pfarrer geworden, dann hätten Sie Wohnung!“ Mehr kann man nicht ins Fettnäpfchen treten, denn bekanntlich hatte es Herr Dalberg als Theologiestudent versucht, es aber nicht geschafft.

Die Vorstellung ist wohl, daß Frank Willing jedesmal die Orgel spielen soll. Doch der macht sich jetzt selbständig. Daß auch für Rotterode und Altersbach jemand gebraucht wird, sieht man schon nicht mehr. Selbst der Bürgermeister klagt darüber, wer jetzt den Klavierunterricht usw. geben solle, weil aus Schmalkalden niemand herauskommt. Die Konzerte, die Chöre, alles hin, denn das Ehepaar HC. wird auch die Chöre noch herunterwirtschaften, so wie das ja schon bei dem Singe­kreis der Frau HC. geschah, der ohne Christenlehre nicht mehr existieren konnte. Wer wird nun Konzerte organisieren, wer Instrumentalunterricht geben? Vielleicht sind ja jetzt die Schuldirektoren Wal­ther und Anschütz wieder zum Orgelspiel bereit! Herr Dalberg jedenfalls wohnt seit Dezember 1989 in Peine bei seinen Eltern. Dort hat er sofort eine große eigene Wohnung gekriegt. Bald danach wurde er Kantor in Leverkusen.

Dekan Schreiber sagte am 15. August 1989 zu Möschter: „Kantor Dalberg hat sich geweigert, das von ihm widerrechtlich in seiner vollen Größe genutzte Pfarrhaus auch nur teilweise zu räumen. Daran ist die Neu-Einstellung eines Pfarrers gescheitert.“ Er sprach sich gegen eine Genehmigung des Ausreise-Antrags aus. Nur bei Heckert sei das etwas anderes. Hier sei es für alle Seiten das Beste, wenn man ihm seinen Wunsch nach Ausreise erfüllt.

Kantor Dalberg hatte aber nicht das ganze Haus „besetzt“, sondern nur den Teil des Pfarr­hauses, für den er einen Mietvertrag hatte! Der andere Teil wurde von einer Kindergärtnerin genutzt bzw. war Amtszimmer des Pfarrers. Die Sache war vielmehr so, daß Dalberg ganz aus dem Haus heraus sollte und sich selber eine andere Wohnung suchen sollte, damit man das ganze Haus einem möglichen Bewerber für eine Pfarrstelle anbieten konnte. Pfarrer Heckert und seine Vorgänger waren noch bereit gewesen - wegen des knappen Wohnraums und um einen Kantor anstellen zu können - auf einen der Teil der ihnen zustehenden Dienstwohnung zu verzichten. Andere Pfarrer waren dazu aber offenbar nicht bereit. Deshalb setzte Pfarrer Schulte Kantor Dalberg und seine Familie so unter Druck, daß sie schließlich keinen Ausweg mehr sahen als die Antragstellung zur Übersiedlung in den Westen.

 

Im Herbst 1989 wurde auch der Hausmeister des Gemeindehauses zur Armee eingezogen. Die Frage der Wohnung für die Kindergartenmitarbeiterinnen blieb bestehen. Baulich hatte man große Dinge vor: Das Kantoratsgebäude sollte abgerissen und ganz neu gebaut werden, das Pfarrhaus sollte Zentralheizung mit Gasofen erhalten (das angebliche „Schlößchen“ mußte nun auf einmal rekonstruiert werden). Doch erst nach einem halben Jahr wurden erste Arbeiten begonnen. Der in Aussicht genommene Pfarrer kam dann aber nicht, weil er eine Stelle als kirchlicher Beauftragter bei der Regierung bekam. Die Familie des Hausmeisters ging dann schließ­lich auch in den Westen. Damit verlor die Kirchengemeinde sieben Mitarbeiter in kurzer Zeit, für die aber - anders als bei den Wirtschaftskräften - kein Ersatz da war.

 

So steht man machtlos dabei und muß mit ansehen, wie eine Gemeinde ruiniert wird. In einem Jahr wird mehr eingerissen‚ als in 20 Jahren aufgebaut wurde. Nur muß man auch erleben‚ daß man als ehemaliger Pfarrer nicht privat in Steinbach leben kann. Immer wieder fragen die Leute neugierig, setzen Gerüchte in die Welt, kontrollieren wer zu Besuch kommt (zum Beispiel wie oft unsre Söhne kommen und mit wem). Im Kombinat Haushaltwaren, wo ich dann arbeitete, war es anders, weil dort auch Hergeser und Viernauer sind. Aber je länger je mehr erkennt man: Man ist kein Steinbacher, man gehört nicht dazu. Solange man Pfarrer ist, wird das etwas verdeckt, um nachher umso deutlicher zu werden. So bleibt auch für uns nur, von hier wegzuziehen. Ob man nicht hellhörig wird, wenn so viele Mitarbeiter weggehen?

 

 

Die Rolle der Familie Lieberknecht bei meiner Entlassung:

An dieser Stelle muß auch von der Rolle der Familie Lieberknecht die Rede sein. Beim Landeskirchenrat wurde uns aus einem Brief eines Lieberknechtsohnes berichtet, in dem er seine Sorge um Steinbach-Hallenberg ausdrückt. Als wir später die Personalakte beim Landeskirchenrat einsehen, stellte sich heraus, daß Ullrich Lieberknecht den Brief geschrieben hatte.

Der Brief war schmierig bis eklig, voller religiöser Floskeln, die von großer Sorge um die Gemeinde sprachen, aber in Wirklichkeit nur schlecht machen wollten. Angeblich habe eine Frau aus Rotterode ihn unter Tränen angefleht, etwas zu unternehmen. Hier kann es sich an sich nur um Frau D. handeln, die sich sicher wirklich Sorge gemacht hat. Aber ob sie mit dem „etwas unternehmen“ eine Beschwerde beim Landeskirchenrat gemeint hat, die dann auch noch stark ins Gewicht fiel, das ist doch fraglich.

Vielleicht wollte Ullrich Lieberknecht seinem Bruder den Weg bereiten. Jedenfalls hatte Frau Lieberknecht aus Ramsla sich schon um den Frauenkreis in Rotterode bemüht. An Weihnachten war der Vater Lieberknecht in Rotterode und Steinbach, da wird schon das Nötige besprochen worden sein. Die Rotteroder wollten ja schon lange Pfarrer Peters loshaben. Doch als das mit der zögernden Haltung des Dekans zu lange dauerte, hat man es mit dem anderen Pfarrer versucht. Vielleicht bestand sogar der Plan, Pfarrer Peters ins Unterstädter Pfarrhaus zu setzen, damit ein Lieberknecht wieder im Oberstädter Pfarrhaus und in Rotterode war. Das ist nur eine Ver­mutung, aber eine Möglichkeit, den plötzlichen Umschwung der Rotteroder zu erklären; irgendetwas in dieser Richtung muß man ihnen gesagt haben.

Ich hätte ja eher vermutet, daß die Nachbarpfarrer nach Steinbach drängen. Aber falls sie das vorgehabt haben (vor allem Herr Schulte, aber auch Herr Hoffmann), dann haben sie inzwi­schen gemerkt, welch heißes Pflaster das ist. Außerdem wußten sie genau, daß sie gegen einen Pfarrer mit dem Namen „Lieberknecht“ keine Chance haben, egal wie dessen Qualitäten sein würden.

Vor allem rechnete man sich dann aus, daß auch die Pfarrfrau mitmachen würde und die Christenlehre ohne zusätzliche Wohnung abgesichert wäre. Deshalb hat wohl auch Frau Marion Lieberknecht etwas Christenlehre übernommen, um die Sache zu überbrücken. Der Dekan war natürlich auch für einen Lieberknecht, weil der aus dem Dekanat stammt und über bestimmte Dinge („Sonderzuwendungen“) Bescheid weiß. Dazu paßt auch gut die Aussage von Vater Lieberknecht im Ostergottesdienst: „Gottes Wort wird auch in Zukunft von dieser Kanzel gepredigt werden!“  Von Pfarrer Gerstenberger erfuhren wir dann, daß am Rande der Dekanatssynode zu hören war, daß ein Sohn von Pfarrer Lieberknecht sich um die Stelle bewerben werde. Kurz darauf war auch zu hören, daß ein Interessent an einem Dienstag sich schon alles ansehen wolle. Jedenfalls hat der Dekan behauptet, die Pfarrstelle sei zur Besetzung frei. Frau  L. wußte dann zu berichten, daß es sich um Martin Lieberknecht handelt

Vermutlich war der Wunsch von Martin Lieberknecht schon länger bekannt. Zunächst versuchte man Pfarrer Peters abzuschießen, denn seine Stelle sollte ja frei werden, damit die Oberstadt und Rotterode anders versorgt würden, die ja mit Herrn Peters nicht einverstanden waren. Als aber der Dekan nicht reagierte, wie er es an sich hätte tun müssen und dessen Pensionierung nicht betrieb, kam der Plan auf, es einmal mit mir zu versuchen.

Deshalb suchte Herr Nothnagel krampfhaft etwas in der Kirchenrechnung, nahm die Ratschläge von Herrn HC. wieder auf (die an sich schon erledigt waren, jedenfalls für den Kirchenvorstand), lobte Gießlers und machte den jetzigen Hausmeister schlecht. Das erschien damals sehr unvermittelt, es ist aber jetzt klar. Zwischendurch schien er aber wieder umzuschwenken. Da hat ihn der Dekan wieder in seinem Sinne ausgerichtet, denn er hatte inzwischen ein mehrfaches Interesse mich loszuwerden oder unglaubwürdig zu machen Er war umgeschwenkt, als ich mich mit dem Kreisrat anlegte und das „gute Verhältnis“ zwischen Staat und Kirche gefährdete. Dazu kam dann noch die Sache mit dem Buch, in dem er meinen Text als seinen ausgab.

Jetzt wird auch klar, weshalb Frau Marion Lieberknecht die Christenlehre übernehmen will. Lieberknechts wollen als die Retter erscheinen, obwohl doch alles von langer Hand vorbereitet war.

Zumindest wußten die Rotteroder, daß Pfarrer Marin Lieberknecht nach Steinbach kommen wollte. Ob nun extra noch jemand herumgegangen ist, weiß ich nicht. Es fiel nur auf, daß in allen Sitzungen vorher und nach dem 23.Janaur viele Mitglieder fehlten. Aber am 23. Januar waren alle da bis auf die Altersbacher (bei denen man natürlich nicht war, so daß nur zwei kamen). Das schnelle Umschwenken innerhalb eines Monats ist nur so zu erklären: gegen den Namen Lieberknecht kommt niemand an.

Doch Martin Lieberknecht machte einen Rückzieher, „weil ihm die Nachfolge seines Vaters zu schwer erschien“, wie er sagte. Aber vielleicht hat auch der Landeskirchenrat keine Genehmigung gegeben. Oder das Dekanat war ihm zu klein, weil er ja Superintendent werden wollte. Aber entscheidend war dann wohl, daß seine Frau anfing, Karriere in der Politik zu machen. Sie war ja ein aufgehender Stern schon in der Ost-CDU. Nachher machte sie in der Politik Karriere. Da wurde ihr Mann zum Hausmann und gab sich nicht mehr mit solchen Dingen wie ein Pfarramt in Steinbach-Hallenberg ab. Ulrich Lieberknecht jedenfalls hat im Jahre 2018 meiner Behauptung nicht widersprochen, daß es so gewesen sei. Frau Lieberknecht wurde dann durch Ministerpräsident Vogel relativ kaltgestellt, hatte aber immer ein Amt und wurde schließlich doch noch Ministerpräsidentin.

Der Vater Lieberknecht hat sich aber fair verhalten. Wäre er in Steinbach geblieben, wäre alles anders gekommen. Gegen ihn hätte keiner aufmucken wollen. Ich habe vielleicht auch den Fehler gemacht, daß ich zu demokratischen Entscheidungen ermunterte, das ließ dann einige über das Ziel hinausschießen. Aber als Herr Lieberknecht im Jahre 1982 ging, da ging es los.

 

Bausachen:

1. Im November 1989 fing der Kirchenvorstand an, einen Teil des Pfarrhausdaches zu erneuern (allerdings auf der Seite, die nicht so nötig war). Man hatte große Flausen im Kopf: Es soll eine Zentral-Warmwasser-Heizung hinein, die mit einem Gasofen betrieben wird! Das Haus soll jetzt auf einmal nur noch für den Pfarrer sein (nachdem Herr Möslein das verlangt hatte). Da es damit aber noch Zeit hatte, konnten auch zwei Kindergärtnerinnen (davon eine neue) im Haus wohnen bleiben. Für sie soll im Haus Hauptstraße 125 eine Wohnung rekonstruiert werden; dort haben sich allerdings die Maler geweigert, die Zimmer zu machen, weil das Dach undicht ist; nun stehen Gerüste dran, damit das Dach gemacht wird, sicherlich alles auf Kosten der Kirche.

2.3. Weil der Staat für die Errichtung eines Wohnblocks im AWG-Gelände ein Grundstück der Kirchengemeinde braucht, wurde von Herrn Nothnagel, dem Vorsitzenden des Kirchenvorstandes, der Tausch dieses Grundstücks gegen das Gebäude Kirchplatz 20 / 22 angeregt. Dieses Gebäude ist das alte „Kantorat“, an dem die Kirchengemeinde schon bisher das Nutzungsrecht an einem Viertel der Wohnungen hat, dieses Recht aber bisher nicht wahrnehmen konnte (sie erhält nur die Miete).

Die staatlichen Stellen bis hin zu einem Ministerium haben erstaunlicherweise zu dem Tausch ihre Zustimmung gegeben. Bisher hieß es immer: Was einmal Volkseigentum geworden ist, muß auch Volkseigentum bleiben. Aber offenbar ist man auch froh, so ein altes Gebäude loszuwerden. Die Stadt hatte für 1988 schon die Sanierung des Daches eingeplant, hat aber wegen der Aussicht auf den Tausch die Investition gestoppt.

Nun hat der Plan etwas Verlockendes für sich. Bisher war der Wohnraum für kirchliche Mitarbeiter immer knapp; für Kantor, Kinderdiakoninnen und Katechetin war kein Platz, sie konnten nur in der Pfarrerdienstwohnung untergebracht werden. Durch die Nutzung des Kantorats könnte das Pfarrhaus wieder zu einem Einfamilienhaus werden, wie das sonst im Dekanat üblich ist (mit Ausnahme der beiden Häuser in Schmalkalden, die von vornherein als Zweifamilienhäuser gebaut wurden).

Es gibt aber auch schwergewichtige Gründe gegen den Plan:

- Der Bauzustand: Das Haus ist 1792 gebaut und in der Bauzustandsstufe drei. Es regnet durch das Dach, mit Schwammschäden ist zu rechnen, durch die schadhafte Dachrinne ist Feuchtigkeit durch die Wand bis ins Innere gedrungen. Das Haus soll wieder in die Denkmalliste aufgenommen werden. Es wird also immer einen besonderen Aufwand erfordern. Durch verschiedene Anbauten und unsachgemäße Renovierungen ist es verunstaltet, der alte Zustand müßte wiederhergestellt werden. Die Wände im Inneren sind schief, die Fußböden alt. In einer Wohnung müßte erst noch ein Bad eingebaut werden, ein zweites Bad ist nicht fertig. Das Nebengebäude ist in einem noch schlechteren Zustand.

- Die Mieter: Als vor Jahren die Familie Recknagel auszog, versuchten wir, die uns zustehende Wohnung für einen kirchlichen Mitarbeiter zu erhalten. Es ist nicht gelungen, weil man einen Maurer hinseinsetzte, der sich um das Haus kümmern sollte, es aber nicht tut. Der Rat der Stadt hat nun versprochen, nach Fertigstellung der Wohn­blocks diesen Teil des Hauses freizumachen. Aber die eine Mieterin ist über 70 Jahre und kann gar nicht herausgesetzt werden. Bis 1995 sollen aber auch die anderen Mieter das Haus freimachen. Sie werden sagen, daß sie durch die Kirche vertrieben worden sind, nachdem sie in ihrem Bereich viel investiert haben. Solange sie aber noch in der Wohnung sind, werden sie Forderungen an uns stellen, die durch die Miete längst nicht abgedeckt sind.

- Die Handwerker: Das Geld dürfte nicht das Problem sein, zumindest für eine Generalrenovierung. Aber es bleiben der Kirchengemeinde ja die laufenden Kosten. Vor allen Dingen aber wird es an Handwerkern fehlen. Die Stadt hat zwar versprochen, uns Handwerker zur Verfügung zu stellen. Aber da das bisher für die anderen kirchlichen Gebäude nicht möglich war, wird es jetzt auch kaum anders sein. Wir haben hinreichend zu tun mit unsren anderen Gebäuden. Besonders an beiden Pfarrhäusern muß viel gemacht werden. Darauf sollten wir unsre Kräfte konzentrieren und uns nicht noch eine zusätzliche, noch größere Last aufbürden.

-  Der Bedarf: Nötig wäre, daß wir die traditionelle Kantorwohnung wieder nutzen könnten. Dafür haben wir ein Nutzungsrecht, das wir jetzt nicht noch einmal durch den Tausch bezahlen müssen. Wenn das Pfarrhaus dem Pfarrer wieder allein zur Verfügung gestellt werden könnte, wäre dort auch Platz für einen eventuell benötigten Gemeinderaum, für Toiletten und Teeküche. Bei den Kinderdiakoninnen sieht es im Augenblick so aus, daß wir drei junge Frauen am Ort haben, die wegen Kleinkindern ausgesetzt haben, aber gern wieder weitermachen würden. Wenn diese Zeit herum ist, hätten wir für den Kindergarten die fünf benötigten Arbeitskräfte, ohne Wohnraum zur Verfügung stellen zu müssen. Selbst wenn die Diakonissen und damit die Kindergartenleiterin abgezogen würden, hätten wir die Wohnung im Gemeindehaus für eine verheiratete Kindergartenleiterin. Sicherlich kann man nicht alles voraussehen. Aber es könnte auch so kommen, daß wir nachher ein großes Haus mit leeren Wohnungen haben, aber keine Mieter, die bei uns angestellt sind. Außerdem ist gar nicht gesagt, daß wir 1995 noch einen so großen Kindergarten haben wie jetzt.

-  Gemeinderaum bei der Kirche: Wofür wird ein solcher Raum gebraucht? In gut einem Jahr stehen im Gemeindehaus wieder beide Gemeinderäume zur Verfügung. Im Notfall, besonders bei Parallelveranstaltungen, kann auf die Baracke hinter der Kirche ausgewichen werden. Auf die Möglichkeit, einen Gemeinderaum im Pfarrhaus einzurichten, wurde schon hingewiesen. Außerdem ergibt sich die Frage: Wer soll dort heizen? Wer soll saubermachen? Wer macht die handwerklichen Arbeiten, die man in der Regel selber macht? Wir haben ja schon Erfahrungen, wie so etwas läuft, zum Beispiel als das Amtszimmer im Pfarrhaus für Gemeindezwecke genutzt werden sollte bzw. jetzt noch bei der Baracke.

 

Man muß sich sehr genau überlegen, ob man die Bausubstanz ausweitet. Jeder Kubikmeter umbauter Raum erfordert zusätzliche Kosten und Mühe. Beim Gemeindehaus haben wir gesehen, daß es besser ist, erst einmal die vorhandenen Möglichkeiten voll zu nutzen. Anderer­seits muß man bedenken, daß die Sache jetzt praktisch schon so weit vorangetrieben ist, daß wir kaum noch zurückkönnen. In dem Gespräch beim Bürgermeister wurde zwar alles offengelassen. Auch der Bürgermeister sagte, sie müßten nicht unbedingt. Aber er will ja schon einen Schätzer bestellen, damit dann der Wert der Grundstücke gegeneinander aufgerechnet werden kann.

Die Alternative wäre, daß wir für das Grundstück in der AWG ein anderes Grundstück der Stadt erhielten, das in der Nutzungsfläche der LPG liegt. Dafür erhielten wir als Kirche jährlich 18 Mark Pacht und hätten keinerlei Arbeit damit. - Eine Möglichkeit wäre auch, daß das Dekanat das Haus übernimmt als Wohnung für einen übergemeindlich angestellten Mitarbeiter (Jugendwart) oder für pensionierte Pfarrer. Der Tausch ist dann dennoch zustandegekommen, auf Betreiben von Herrn Nothnagel und mit Zustimmung des Kirchenvorstandes und des Dekanats. Was man damit gemacht hat, ist mir unbekannt.

 

 

Im Hintergrund die Stasi

Inzwischen hatte sich herausgestellt und stellte sich in den nächsten Monaten immer mehr heraus, daß der ganze Vorgang auch noch eine andere Dimension hatte. Die ganzen Schwierigkeiten und das Umschwenken des Dekans hatten ja begonnen, als ich einen Beschwerdebrief an den Kreisratsvorsitzenden geschrieben hatte, weil man unseren Söhnen die Fahrt zur Beerdigung ihrer Oma verwehrt hatte und ich allgemeine Reisefreiheit gefordert hatte.

Da fiel einem natürlich einiges ein: Zunächst einmal die Ausfälle und unqualifizierten Angriffe von Heini König gegen mich und Herrn Hey und einige andere: Er war halt nun Erich Nothnagel verpflichtet, der seiner Tochter die Reise in den Westen „besorgt“ hatte. Aber auch dessen Verhalten stand nun in einem anderen Licht: Warum hat er plötzlich im Oktober und November 1988 damit begonnen, in der Kirchenrechnung etwas gegen mich und Herrn Hey zu suchen? Warum kam er auf Briefe zurück, die längst erledigt waren? Warum lobte er auf einmal den früheren Hausmeister und machte den neuen schlecht?

Leider ist nicht ausgeschlossen, daß auch das Verhalten von Herrn Nothnagel einen Hintergrund hat, der mit der Staatssicherheit zu tun hat. Natürlich hat er nichts unterschrieben oder Geld erhalten und sagt deshalb mit dem Brustton der Überzeugung, er sei „nicht dabeigewesen“. Vor solchen Dingen wären kirchliche Mitarbeiter zurückgeschreckt. Aber man hat ihnen of­fenbar gesagt, welches Verhalten man von ihnen als Gegenleistung erwartete. Damit waren sie keine „Spitzel“, aber sie betrieben das Geschäft der Stasi. Zumindest war allen deutlich, daß man sich bei staatlichen Stellen und Stasi eine gute Nummer machen konnte, wenn man gegen so eine negativ-feind­liche Person wie Pfarrer Heckert vorging.

Von Erich Nothnagel wird offen behauptet, er sei Zuträger der Staatssicherheit. Tatsache ist, daß Herr Nothnagel von der Staatssicherheit angesprochen wurde wegen Mitarbeit. An den Leuten aus dem Dekanatssynodalvorstand hatte man besonderes Interesse (Herr Johannes war ja schon nach einem Urteil der Stasiunterlagenbehörde einem inoffiziellen Mitarbeiter gleichzusetzen). Herr Nothnagel sollte geworben werden von dem Referenten für Kirchenfragen beim Rat des Kreises, Horst Möschter, der ja bekanntlich ein Stasi-Mann war (und außerdem Feuerwehrkollege). Damals hat er abgelehnt. Das hat Her Nothnagel mir selber gesagt. Ich glaube ihm auch, daß er diesen Versuch damals zurückgewiesen und auch (relativ) öffentlich gemacht hat.

Er ist aber eng befreundet mit Herrn Z., einem Mitarbeiter der Staatssicherheit, der bei der 750-Jahr-Feier an der Spitze der sowjetischen Genossen im Festzug mitmarschierte. Er war beim Rat des Bezirkes für die Materialwirtschaft zuständig und hatte Erich Nothnagel die gewinnbringende Maschine besorgt (Alleinhersteller für die DDR, Stückzahl jährlich 25 Millionen). Er war der Vorsitzende der NDPD in Steinbach-Hallenberg, die auch von Mitgliedern als „Mafia von Steinbach“ bezeichnet wurde. Auf dieser Ebene liefen solche Geschäfte wie der Kauf von Klappstühlen und eines Schreibtischs vom Parteifreund Möbel-König. Wenn Herr Z. aussagte, Erich Nothnagel sei nicht bei der Stasi gewesen, dann besagt das gar nichts, wenn er selber dabei war. Hierhin gehören auch manche dunkle Andeutungen von Einwohnern, die vielleicht mehr wissen („Gegen den kommen Sie nicht an, da steckt mehr dahinter!“).

Zunächst dachten wir, schon die NDPD hätte solche weitreichenden Verbindungen. Auch Herr Nothnagel brüstete sich ja damit, daß seine Partei ihm geholfen habe, während die CDU das nicht täte. Aber Westreisen waren nur in Verbindung mit der Stasi zu beschaffen. Es war nicht die (Block-) Partei, sondern die Staatssicherheit, die geholfen hatte.

Zunächst hatte man Herrn Nothnagel die von ihm gewünschte Reise abgelehnt. Auch die Leiterin des Volkspolizeikreisamtes hatte abgelehnt. Man weiß genau, daß darüber nichts mehr kommt, auch Berlin nichts anderes entscheidet. Nur eine Möglichkeit gab es noch: die Staatssicherheit! Innerhalb von zwei Tagen war die Genehmigung der Westreise für Herrn Notnagel da und innerhalb von zwei Monaten noch zwei weitere Reisen (Wo kamen denn die vielen Tanten auf einmal her?). Man erzählte sich damals in Steinbach-Hallenberg, er habe seinen Bruder im Westen zur Mit­arbeit für die Staatssicherheit anwerben sollen, der habe ihn aber hochkantig rausgeworfen.

Nach Aussage des hauptamtlichen Staatssicherheitsmitarbeiters Rämisch konnte Anfang 1988 die Staatssicherheit noch mitreden bei der Vergabe von Visa für Westreisen. Erst nach dem Wegbleiben des Hautarztes Dr. Holland-Cunz, der vom Dienststellenleiter befürwortet worden war, wurde der Staatssicherheit dieses Recht entzogen. Nachdem Herr Nothnagel schon privat gefahren war, bemühte er sich (nach Aussage eines Mitgliedes des Dekanatssynodal­vorstandes) um einen Dienstausweis für Westreisen.

 

Bei mir verdichtet sich immer mehr der Eindruck, daß auch politische Dinge eine große Rolle spielten. Der Dekan hat in einer Gemeindeversammlung in Altersbach gesagt, weil ich mit staatlichen Stellen angelegt hätte, sei ich aus dem Amt entfernt worden. Es gibt auch zu denken, wenn der Polit­offizier bei der Armee (ein Stasi-Mitarbeiter) unserem Sohn Hosea in Merseburg fragt: „Ihr Vater ist doch Pfarrer. Ist er es denn noch?“ Hosea sagte: „Sie wissen doch genau Bescheid, was ist!“ Seine Antwort: „Wenn Sie sich nicht ändern, dann geht es Ihnen wie Ihrem Vater!“

Ich war natürlich auch ein „schlimmer Finger“. Einmal kam sogar eine Äußerung in einer Predigt in den Tagesbericht an das Politbüro (das steht aber nicht in meinen Stasiakten, sondern wurde von einem Auswerter anderer Akten an Markus mitgeteilt). Ich hatte  zu einer Meldung in der Zeitung gesagt: „Die DDR hätte statt ein Karl-Marx-Denkmal nach Kalkutta zu liefern lieber Lebensmittel für die Hungernden dorthin bringen sollen!“ Und bei einer Diskussion mit Parteileuten in Suhl hatte ich gesagt: „Das ist doch unvorteilhaft für die Partei, wenn sie gegen die Kirche kämpft, anstatt sich mit ihr zu verbünden im Bemühen um eine bessere Welt!“ Die Antwort war: übrigens: „Der Atheis­mus ist die Speerspitze der Parteilehre!“ Seitdem wurde ich nicht mehr zu solchen Veranstaltungen eingeladen.

Im Grunde kann man auf den Monat genau den Zeitpunkt angeben, von dem an er mitgemacht haben könnte: Als er noch offen von einem Anwerbeversuch berichtete, war noch nichts. Dann aber kamen die Ablehnung und nachher doch noch Genehmigung der West­reise und das entschiedene Leugnen der Staatssicherheitsmitarbeit. Die drei Reisen in den Westen waren im Februar und März 1988. So ergibt sich aus vielen Mosaikstücken ein Gesamtbild. In dieses Gesamtbild fügen sich nach meiner Meinung auch der Kirchenvorstand und sein Vorsitzender ein. Ich habe allerdings auch keine Beweise für die Unschuld von Herrn Nothnagel.

Von dem Tag an fing er an, die bekannten Schwierigkeiten in der Gemeinde zu machen. Nach meiner Meinung läßt sich das nur so erklären, daß er im Zusammenhang mit der Genehmigung der Westreise bestimmte Versprechungen in dieser Richtung gemacht hat oder zumindest erkannt hat, daß man nur mit solchen „Gefälligkeiten“ Erfolg haben kann („Gibst du mir, geb ich dir“).

Danach setzte das irrationale Verhalten Nothnagels und Königs ein, das vom Dekan und einigen Pfarrern in gleicher Irrationalität unterstützt wurde. Jetzt wurden auf einmal längst erledigte Dinge wieder aufgewärmt, unflätige Ausdrücke fielen in der Sitzung und wurden nicht gerügt. Offen wurde von Mitgliedern des Kirchenvorstandes der Bruch der Verschwiegenheit angekündigt. Unnötige Veränderungen in der Geschäftsverteilung des Pfarramts wurden vorgenommen. Kleinlichste Kritik wurde geübt, der Vorwurf der Urkundenfälschung wurde erhoben.

Danach begannen die Ausfälle und unqualifizierten Angriffe von Heini König gegen mich und Herrn Hey und einige andere, weil er nun Erich Nothnagel verpflichtet war. Aber auch Nothnagels Verhalten stand nun in einem anderen Licht: Warum hat er plötzlich im Oktober und November 1988 damit begonnen, in der Kirchenrechnung etwas gegen mich und Herrn Hey zu suchen? Warum kam er auf Briefe zurück, die längst erledigt waren? Warum lobte er auf einmal den früheren Hausmeister und machte den neuen schlecht?

Herr Nothnagel war kein „Inoffizieller Mitarbeiter“ im klassischen Sinn. Das heißt: Es wurde keine Verpflichtungserklärung unterschrieben, es wurde kein Geld gezahlt! Vor solchen Dingen wären kirchliche Mitarbeiter zurückgeschreckt. Aber man hat ihnen offenbar gesagt, welches Verhalten man von ihnen als Gegenleistung erwartete. Damit waren sie keine „Spitzel“, aber sie betrieben das Geschäft der Stasi. Zumindest war allen deutlich, daß man sich bei staatlichen Stellen und bei der Stasi eine gute Nummer machen konnte, wenn man gegen so eine negativ-feindliche Person wie den Pfarrer Heckert vorging.

Kurz nach Herrn Nothnagels  Westreisen hat er nämlich auch Ute König eine Westreise (angeb­lich Geburtstag ihres Onkels) vermittelt. Diese war unverheiratet und dieser Personenkreis durfte damals noch nicht fahren. Deswegen hatte ich ja Beschwerdebrief an den Kreisratsvorsitzenden geschrieben, weil man unseren Söhnen die Fahrt zur Beerdigung ihrer Oma verwehrt hatte. Bei einem Essen der kirchlichen Mitarbeiter sagte Ute unbedacht: „Die Reise in den Westen hat mir der Erich besorgt!“ Ich nahm damals an, sie habe Erich Honecker gemeint. Doch da hätte sie wohl nicht die Formulierung „besorgt“ verwendet. Es wird sich wohl um Erich Nothnagel gehandelt haben. Aber so ein Entgegenkommen erfordert seinerseits Entgegenkommen.

In meiner Stasiakte erscheinen von den Kirchenvorstehern nur die Namen „Nothnagel“ und „König“. Im Oktober 1989 wurde bei der Stasi festgehalten, daß die Kirchenvorstandsmitglieder Nothnagel und König sich weigerten, die Kirche für eine Bürgerversammlung aufzuschließen. Deshalb fuhr man nach Oberschönau zu Pfarrer Schulte. Dieser betrachtete sich die Menschen­menge und entschied dann, die Kirche doch zu öffnen (wie es auch Anweisung der Landeskirche war). Nothnagel und König könnten sich hinter IMV „Erich“, IMV „N.N.“ und IMV „N.N.“ verbergen (der Dritte könnte dabei aus einer anderen Gemeinde sein).

 

Doch die Staatssicherheitsfrage ist nicht einmal das Entscheidende. Der eigentliche Skandal ist: Da repräsentiert einer als „Muster-Laie“ den Kirchenkreis Schmalkalden, der aber nie auf direktem Weg von der Gemeinde gewählt worden ist. Nur dank seiner großen Verwandtschaft und der geringen Wahlbeteiligung hat er überhaupt die Mindeststimmen­zahl erreicht. Hier sieht man einmal die Schwächen des gemischten Wahlsystems in Kurhessen: Es gibt kaum eine Möglichkeit, jemanden abzuwählen, weil er immer berufen wird, notfalls durch die Kreissynode.

Weil man in den Synoden einen Vorzeige-Laien braucht, redet man dann lieber nicht über die Verhältnisse vor Ort. In der Gemeinde ist Herr Nothnagel jedenfalls nicht beliebt. Man hat mich mehrfach vor ihm gewarnt. Deshalb spreche ich Herrn Nothnagel das Recht ab, die Gemeinde in der  Syn­ode zu vertreten, weil er der Gemeinde, der Kirche und unsrer Familie so geschadet hat. Wenn schon das Zer­rüttungsprinzip gelten soll, dann muß man beide Seiten zurückziehen.

Herr Nothnagel hat dennoch in der Kirche Karriere gemacht. Er arbeitete in der Beratung der Kreis­diakoniestelle in Schmalkalden und ist Vorsitzender des Vereins ,,Fami­lienzentrum Schmalkalden e.V.“ und wurde Beisitzer im Vorstand des Lan­desarbeitskreises Thüringen der Evangelischen Aktionsgemeinschaft für Familienfragen. Doch dabei hat man den Bock zum Gärtner gemacht, denn in seiner eigenen Familie hat Herr Nothnagel so geherrscht, daß eine Tochter sich später in psychologische Behandlung begeben mußte.

Später wurde Herr Nothnagel nach dem Niedergang seiner Firma Leiter des Altenpflegezentrums in Steinbach-Hallenberg. Dabei brachte er  auch seine zahlreiche Verwandtschaft dort mit unter,  obwohl niemand eine Ausbildung dafür hat, denn die Ausbildung einer Krippenerzieherin wird für den Beruf einer Krankenschwester nicht anerkannt. Außerdem darf das an sich gar nicht sein, daß mehrere Familienmitglieder in einer Dienststelle arbeiten, wo es um Geld geht. Aber in Steinbach-Hallenberg war und ist eben alles anders.

Am 16. April 1989 schrieb Herr Nothnagel einen Brief an den Landeskirchenrat, weil ihn der Vorwurf getroffen habe, er sei an der Entfernung von Pfarrer Heckert schuld: „Den Vorsitz im Kirchenvorstand habe ich nicht aus Eigennutz übernommen“. Angeblich hat er über 150 Dienstbesprechungen durchgeführt, „um die Spannungen zwischen Pfarrer Heckert und Mit­arbeitern zu mindern“.

In Wirklichkeit hat er nur geschürt und erst zusätzliche Probleme heraufbeschworen. Zwar hat er zunächst aus seinem Posten im Kirchenvorstand keine materiellen Vorteile gezogen. Aber damals ging es ihm um die Ehre, um Ansehen, um Einfluß, um bestimmen zu können, so wie er in der Familie tat. Herr Nothnagel fügt einen Lebenslauf bei, aus dem hervorgehen soll, aus welch christlicher Familie er kommt. Allerdings ist er dabei nicht so ganz genau, denn er hat nicht nur den Betrieb seines Vaters übernommen, sondern vor allem den seines Onkels, indem er die Situation ausnutze, als dieser im Gefängnis saß.

 

Dekan Schreiber und die Stasi:

Von der Rolle des Dekans muß in diesem Zusammenhang die Rede sein. Damals sagte er, mein Brief gefährde die guten Beziehungen zwischen Staat und Kirche im Kreis. Man habe gedroht, der Kirche kein Bau-Limit mehr zur Verfügung zu stellen (Limit wurde sowieso nicht bereitgestellt). Aber in Wirklichkeit meinte er, die Dienstreisen in den Westen würden gefährdet. Er selber war ja mehrmals als ,,Kurprediger“ für Wochen in Villach in Österreich. Nach der ersten Reise waren wir zu einer Tagung in Fambach, da war er geistig noch gar nicht wieder in die DDR zurückgekehrt.

Vor so einer Reise wurde man ins Staatssekretariat für Kirchenfragen bestellt und dort von Stasi-Leuten „geeicht“. Dabei ging es nicht nur darum, daß man im Ausland nicht die DDR schlecht macht. Es wurde immer auch versucht, inoffizielle Mitarbeiter zu gewinnen. Ich weiß das, weil unser Sohn Markus aus diesem Grunde eine Dienstreise für den Ökumenischen Jugenddienst nach Italien abgelehnt hat (erst im Mai 1990 konnte er nach Schweden fahren).

Man kann sagen, was man will: Durch diese Dienstreisen hat der Staat die kirchlichen Amtsträger diszipliniert. Auch wenn nicht direkt etwas gesagt wurde, so wollte man sich doch erkenntlich erzeigen. Dann wurde eben ein so mißliebiger Mann wie der Herr Heckert nicht mehr eingeladen, wenn man sich bei Abendessen und Wein im „Pfalzkeller“ mit den Vertretern des Rates des Kreises traf. Er kriegte auch keine Geschenke zu Neujahr oder zum Geburtstag, während andere zweimal im Jahr Geburtstag hatten. All das haben die Pfarrer unbesorgt angenommen und es wurden auch Gegen­geschenke gemacht. Auch im Ferienheim der Stasi in Tabarz waren Pfarrer zu Gast. Darüber wurde in der Pfarrkonferenz offen gesprochen.

Dazu kam noch, daß Herr Schreiber meine wesentliche Mitarbeit an dem Buch über Schmalkalden verschwiegen hatte, das in Kassel herausgekommen ist. Erst hat er mir offiziell vor der Pfarrkonferenz den Auftrag dafür gegeben. Innerhalb von vier Wochen hatte ich das Manuskript fertig. Dann hat er selber etwas geschrieben und dabei über weite Strecken meinen Text wörtlich abgeschrieben. Der ganze vierte Teil des Buches entstammte meiner Idee, wurde von mir entworfen und von den Ortspfarrern nur noch einmal durchgesehen und korrigiert. Im dritten Teil hat Herr Schreiber sogar den sachlichen Fehler mit abgeschrieben, den ich gemacht habe (die Vorgängerkirche der Stadtkirche Schmalkalden war romanisch und nicht gotisch, wie es jetzt in dem Buch steht). Andererseits hat er aber auch Fehler hineingebracht, wo er die Sache nicht verstanden hatte bzw. es besser wissen wollte als ich.

Weil ich ihn deswegen zur Rede stellte, versuchte er natürlich auch, mich auf anderem Gebiet unglaubwürdig zu machen. Aus diesem Grunde bohrte er in alten Sachen, zerrte neue herbei und brach einfach unnötige Veränderungen vom Zaun. Ich dachte zunächst, dieses Buch und meine Lichtbildervorträge in Schmalkalden („Haben wir denn keine eigenen Pfarrer?“ sagten die Schmalkalder) seien der Grund für seine Feindschaft. Aber in Wirklichkeit ging es um die Westreisen.

Außerdem vertrat Schreiber auf Pfarrkonferenzen und in der Öffentlichkeit politische Ansichten, die einem die Haare zu Berge stehen ließen und die einfach Geschichtsfälschungen waren. Ein Zitat: „Die Mauer in Berlin haben die Amerikaner gebaut!). Als ich ihm dabei widersprach, wollte er mir sogar das Wort in der Pfarrkonferenz verbieten. Man mußte den Eindruck haben, daß er noch einem anderen Herrn verpflichtet war als dem Herrn der Kirche. Früher hat er jedenfalls anders geredet.

Nach der „Wende“ wurde Herrn Schreiber bei einer Versammlung in Schmalkalden vorgeworfen, er habe sich doch auch heimlich mit Staatsvertretern (d.h. Stasileuten) getroffen. Es wurden auch Tag und Stunde angegeben. Aber Herr Schreiber redete sich damit heraus, an diesem Tag sei er woanders gewesen. Wenn vielleicht auch der Tag nicht genau gestimmt hat, so liegt hier doch ein unabhängiger Hinweis vor, daß da etwas gewesen ist, daß es da Verbindungen gab. Es geht aus den Unterlagen der Stasiunterlagenbehörde ganz klar hervor, daß  Herr Schreiber und auch andere Pfarrer private Beziehungen zu Stasileuten pflegten bei Geburtstagsbesuchen in der Privatwohnung oder bei Einladungen zu Stasiveranstaltungen in der  Gaststätte „Ehrental“.

 

Im September 1989 gab das Ministerium für Staatssicherheit eine Anweisung heraus, wie die nach rechts abgedriftete Kirche und die CDU wieder mehr auf DDR-Kurs zu bringen sei. Man wollte besonders bei kirchlichen Würdenträgern ansetzen. In einer Liste werden einzelne Superintendenten in Thüringen aufgezählt. Erwähnt ist auch das juristische Mitglied des Landeskirchenrates, eben jener Oberkirchenrat Kirchner, der im gleichen Schreiben auch noch einmal namentlich erwähnt ist. Er war „HIM“, das heißt hauptamtlich inoffizieller Mitarbeiter der Staatssicherheit mit einem Rang. Erwähnt wird in jenem Schreiben aber auch der „Superintendent“ von Schmalkalden, das heißt Dekan Schreiber.

Außerdem geht aus den Stasi-Unterlagen hervor, daß ein ,,Schreiber“ aus Floh einen Fluchtversuch gemacht hat. Nun gibt es dort zwar noch andere Einwohner mit dem Namen Schreiber. Aber ob die entsprechende Söhne haben, weiß ich nicht. Es könnte aber ein Sohn des Dekans gewesen sein, etwa der Arzt, dessen Frau auch nach zwei Versuchen das Staatsexamen nicht geschafft hatte. Bei den Kommunalwahlen 1989 kandidierte er in Roßdorf für die CDU und wurde als einziger im Bezirk Suhl mit Bild und staatsfreundlichem Text auf der ersten Seite der Zeitung ,,Freies Wort“ vorgestellt.

 

Durch die Zusammenarbeit mit Erich Nothnagel war es dem Dekan gelungen, die Mehrheitsverhältnisse im Dekanatssynodalvorstand umzudrehen. Vorher standen meist die beiden Theo­logen gegen die drei Laien. Durch das Umschwenken von Herrn Nothnagel waren die Verhältnisse umgekehrt, die beiden Schmalkalder Mitglieder wurden zu manchen Dingen gar nicht mehr herangezogen. Der Dekan rügte, daß wir uns um einen Jugendlichen kümmerten, der vielleicht bei der Stasi mit einer Röntgenkanone bestrahlt wurde. Der Dekan billigte nicht den Einsatz für Antragsteller wie die Familie Sch. Alles fügt sich heute zu einem Gesamtbild zusammen.

Auch das Zusammenspiel von Pfarrer Hoffmann in Springstille und Pfarrer Schulte in Oberschönau wurde immer offensichtlicher. Beide haben ja auch begehrte Auslandsreisen unternehmen können (nach Finnland und USA). Für die Reise nach den USA war ich von den Pfarrern der Vereinigten Kirche eingeladen worden, weil ich gute Englischkenntnisse hatte. Aber diese Einladung wurde gleich umgepolt auf Herrn Schulte, weil da die Genehmigung an­geb­lich leichter laufen würde. Aber für mich war es ja auch nicht so interessant, einmal in den Westen zu kommen, ich kannte das ja von früher.

Was uns gedroht hätte, geht aus der Stasi-Akte unsres Sohnes Markus hervor. Er sollte für den Brief an „Herrn Honecker“ vom Januar 1987, in dem er sich auch über fehlende Reisemöglichkeiten beschwerte, viereinhalb Jahre Gefängnis erhalten. Doch die Berliner Stasi lehnte diesen Vorschlag der Suhler ab, weil er zu gute Verbindungen zu kirchlichen Stellen hatte (Mitglied der Landessynode) und man keine Märtyrer schaffen wollte. Sein Brief wurde zusammen mit meinem Brief dem Dekan und seinem Stellvertreter (Pfarrer Hoffmann) beim Kreisrat in Schmalkalden vorgelegt. Damit ist deutlich, was auch für mich vorgesehen war: Ich hätte 1990 noch im Gefängnis gesessen.

Im Januar 1990 arbeitete die Stasi ja noch und plante sogar einen Putsch, der von Gera ausgehen sollte. In diesem Monat hatte unser Sohn Markus zusammen mit Roland Jahn - einem früheren Jenaer und späteren Leiter der Stasiunterlagenbehörde -  für das ZDF eine Fernsehsendung gemacht, durch die herauskam, daß die Stasi noch Zugang zu Waffen hatte. Wegen dieser Sendung erhielt Markus den höchsten „Titel“, den die Stasi zu vergeben hatte: Er wurde zum „Feind Heckert“, der zu paralysieren sei. Roland Jahn, der Bundesbeauftragte für die Stasiunterlagen, meinte dagegen am 12. April 2016 in Gera: „Markus Heckert war der Sargnagel am Weltkommunismus!“

Man glaubt ja gar nicht, welche Vorkehrungen die Stasi getroffen hatte und was sie plante. In Stein­bach-Hallenberg waren das ehemalige Haus des Skispringers am Schwimmbad und das „Werkzeuglager“ bei der Schmiede des Werkzeugkombinats Stasi-Objekte, aber auch weitere 17 Wohnungen, die zum Teil leer standen, zum Teil bewohnt waren.

Von diesem Gesamtbild her fällt auch ein Licht auf andere Vorgänge: Der Dekan war strikt gegen jede Art von Umweltgruppe, weil die staatlichen Stellen (bzw. die Stasi) ihm deutlich gemacht hatten, daß sie so etwas nicht duldeten. Deshalb war er auch gegen Frau Marr und daß sie etwas in der Kirchengemeinde Steinbach-Hallenberg tut. Die Umweltgruppe in Schmal­kalden genügte ihm schon. Für mich dagegen ging es um ein echtes Umwelt-Engage­ment, das ich für die Pflicht eines jeden Christenmenschen hielt, das etwas mit Bewahrung der Schöpfung zu tun hatte.

Das Bedauerliche ist, daß der Einfluß der Staatssicherheit bis weit in die Kirche hineinreichte, auch und gerade in die höchsten Stellen. Das Magazin „Stern“ schrieb am 29. März 1990: „Martin Kirch­ner gehörte als Eisenacher Oberkirchenrat zu den vier Unterzeichnern des vor der Wende verfaßten ‚Weimarer Briefe’, eines Dokuments, das heute als ‚Markstein der Parteierneuerung‘ bezeichnet wird.“

In Wahrheit - so behaupten Eingeweihte - habe bei der darin enthaltenen Aufforderung, die DDR endlich realistisch und unbeschönigt wahrzunehmen, die Stasi die Hand geführt, mit dem Ziel, Einfluß auf die an der Basis nach rechts abgetriftete CDU zu wahren. Der Bonner Ratschlag, die Vergangenheit ruhen zu lassen, entspringt nicht nur christdemokratischem Gespür für die Stimmung im Volke, sondern auch Erkenntnissen aus Dossiers und Akten. Zum Beispiel über Martin Kirchner, den Generalsekretär der Ost-CDU. Der gehörte als. „HIM“ zur Stasi. Dieser Kirchner hat es schon vorher mit einem Pfarrer aus dem Bezirk Gera ebenso gemacht wie mit mir.

 

Die Stasi im Gemeindehaus:

Unser Sohn Markus berichtete von einem Historiker, der beschäftigt war mit der Suche nach „Offizieren im besonderen Einsatz“. Er bezeichnete Steinbach-Hallenberg als ,,Stasi-Nest“, denn dort hat es einige gegeben. Als im Juni die „Tageszeitung“ eine Liste von konspirativen Wohnungen in der ganzen damaligen DDR veröffentlichte, war dabei auch das Evangelische Gemeindehaus in Steinbach-Hal­lenberg aufgeführt. Ich hielt das damals für eine Verwechslung und nahm an, es sei das Ne­benhaus gemeint. Aber dort war nur ein Objekt der Zivilverteidigung, und diese hatte mit der Stasi nichts zu tun. Ich sagte: „So etwas hätte ich gemerkt, wo ich jeden Tag im Gemeindehaus aus und eingegangen bin!“

Als die Sache in Steinbach bekannt wurde, hat Erich Nothnagel eine „Ehrenerklärung“ der kirchlichen Mitarbeiter und Kirchenvorsteher veranlaßt und in den Bekanntmachungskästen ausgehängt. Darin versichern sie, daß keiner von ihnen ein Stasi-Mitarbeiter gewesen sei. Unterschwellig wird angedeutet, daß vielleicht einer von den Weggegangenen dazugehört haben könnte. Aber da meinte er die Familie Künzel, während es in Wirklichkeit deren Vorgänger waren, also nicht Fremde, sondern alte Steinbacher. In der Erklärung, die in den Schaukästen ausgehängt war, heißt es:

 

Garantieerklärung:

In einem Sonderdruck der „tageszeitung“ Berlin vom Juni 1990 wird das Evangelische Gemeindehaus „Dietrich Bonhoeffer“ in Steinbach-Hallenberg als Sitz einer konspirativen Wohnung der Staatssicherheit genannt. Wir, der Kirchenvorstand der Evangelischen Kirchengemeinde 5teinbach-Hallenberg, und die Mitarbeiter des Evangelischen Gemeindehauses „Dietrich Bonhoeffer“ möchten uns entschieden dagegen verwahren, mit dieser Veröffentlichung in Zusammenhang gebracht zu werden. Wir erklären hiermit öffentlich, zu keiner Zeit als Informanten der Staatssicherheit gearbeitet zu haben, noch von der Existenz einer konspirativen Wohnung gewußt zu haben. Unser Haus stand zu jeder Zeit kirchlichen Mitarbeitern, Behinderten, Jugendlichen und allen Christen offen, die sich bei uns zur Erholung und Gemeinschaft zusammenfanden und die wir in gutem Glauben beherbergt haben.

Unser Gemeindehaus soll auch weiterhin ein Ort des Zusammenfindens und Vertrauens sein, deshalb wenden wir uns mit Entschiedenheit gegen Gerüchte, die unseren Ruf schädigen. Wir verlangen eine Offenlegung der Informationsquellen der ver­antwortlichen Verfasser dieser Listen und werden uns rechtliche Schritte gegen die ,,tageszeitung" vorbehalten.

Sollte ein Bürger stichhaltige Beweise für eine Stasi-Mitarbeit eines Mitgliedes des Kirchenvorstands oder eines derzeitigen Angestellten des Gemeindehauses erbringen, setzen wir eine

Belohnung von           5.000.00 DM     aus.

Mitglieder des Kirchenvorstandes (handschriftliche Unterschriften)

Mitarbeiter des Gemeindehauses (handschriftliche Unterschriften).

 

Diese ausgesetzte Belohnung darf man nicht so ernst nehmen, sie wird wahrscheinlich nicht einklagbar sein, weil sie mehr so etwas ist wie eine Spielschuld. Es wird eine Belohnung von 5.000 DM ausgesetzt für stichhaltige Beweise, worauf die Gemeindeglieder sich wunderten, daß die Kirche kurz nach der Währungsumstellung so viel Geld hat, denn man nahm an, das Geld würde dann von der Kirche und nicht von den Unterzeichnern aufgebracht. Es wurde auch rechtliche Schritte gegen die „TAZ“ angedroht, aber geschehen ist nichts (das sagt an sich schon alles).

Außerdem steht ja vorsichtshalber da „derzeitigen Angestellten des Gemeindehauses“. Insofern tut es mir auch leid, daß ich die Schwestern verdächtigt habe. In der Stasi-Liste über die konspirativen Wohnungen im Bezirk Suhl ist ja auch ausdrücklich der zweite Stock des Gemeindehauses genannt, die Schwesternstation war im ersten Stock, wäre aber wegen des Publikumsverkehrs auch geeignet gewesen.

Im Jahre 2008 hat sich nun ein Mann gemeldet, dessen Vater und Onkel im zweiten Stock des Gemeindehauses von der Stasi verhört wurden, und zwar vor 1985. Dort war die Hausmeisterwohnung, in der damals die Familie Gießler wohnte. Diese hat also nicht nur die Kirchengemeinde bei der Arbeit geschädigt, sondern auch der Stasi die Tür geöffnet in einer Dienstwohnung.

Zunächst vermutete ich die konspirative Wohnung in der Schwesternstation, denn dort wäre es am wenigsten aufgefallen, wenn fremde Leute aus und eingingen. Jener Forscher, der Steinbach als „Stasinest“ bezeichnet hatte, stieß auch auf den Namen „Schwester Christa“ und fragte, was sie denn mit der Stasi zu tun haben könnte. Ich reimte mir zunächst zusammen:

Schwester Christa ist nicht nur deshalb von Steinbach abgezogen worden, weil man sie im Mutterhaus brau­chte, sondern sie war auch in der „konspirativen Wohnung Schwesternstation“ im Weg. Deshalb wurde sie im Mutterhaus schlecht gemacht, deshalb hat man sich nicht mit ihr vertragen, deshalb durfte auch niemand anders kommen. Mit anderen Worten: Schwester Christa wäre das erste Opfer gewesen, das die Stasi aus Steinbach vertrieben hat. Außerdem fiel auf, daß Schwester Irma bei den Leuten immer so neugierig war, so daß diese sie gar nicht mehr gern haben wollten.

In der Stasi-Liste der konspirativen Wohnungen im Bezirk Suhl wird allerdings das zweite Stockwerk angegeben.

Es wurde zwar kein „operativer Vorgang“ der Stasi durchgeführt. Aber sie hat die vorhandenen innerkirchlichen Spannungen ausgenutzt und verstärkt. Es wurden nicht bis in die Einzelheiten Anweisungen gegeben. Aber jeder wußte, was die Stasi erwartete. Da gab es kein Entrinnen mehr. Da hätte es mir auch nichts genutzt, wenn ich mich noch mehr zurückgehalten hätte.

Heute muß ich dankbar sein, daß ich instinktiv das Richtige ahnte, daß es nämlich keinen Zweck gehabt hätte, in eine andere Gemeinde in Thüringen zu gehen. Ich muß sogar annehmen, daß unsre Ausreise das Ziel der Stasi war. Beim Rat des Kreises schienen sie nämlich eher erleichtert zu sein, als wir am 21.August 1989 endlich den Antrag stellten. Wahrscheinlich hat man schon 1987 gehofft, als wir als erstes Ehepaar im Kreis gemeinsam im Westen waren, daß wir nicht mehr zurückkommen. In Steinbach wurde jedenfalls unserer Tochter gesagt: „Deine Eltern kommen nicht wieder!“

 

Folgen meiner Vertreibung:

Ein Politiker - zum Beispiel ein Bürgermeister - soll heute integrieren können. Er muß den Laden zusammenhalten, sonst bricht alles zusammen. Das habe ich nicht gekonnt, jedenfalls nicht um den Preis, daß ich bei allem mitmachte. Ich wollte nicht mitmachen bei den kleinen Betrügereien, bei der Vetternwirtschaft und natürlich auch nicht bei der Staatssicherheit. Ich wollte, daß es ehrlich zugeht, nicht mach meinem Willen, sondern nach den allgemeingültigen Regeln und Gesetzen. Mein Fehler war, daß ich bei der verbreiteten DDR-Mentalität nicht mit­gemacht habe und der Meinung war, daß es doch wenigstens in der Kirche anders zugehen müßte. Mein Gegensteuern stellte man dann aber als „Unruheschaffen“ dar.

Weil ich bei solchen Machenschaften nicht mitmachen wollte, bat ich um Entlassung aus dem kirchlichen Dienst. Ich wollte auch nicht in eine andere Gemeinde gehen, weil ich da sicher auch wieder mit staatlichen Stellen angeeckt wäre und die Kirche mich nicht beschützt hätte. Daß der damals zu­ständige Landeskirchenrat mich ohne Prüfung der Umstände so hängenließ, bestärkte noch meine Entscheidung. Ich hatte gehofft, daß die Verantwortlichen in sich gehen und sich sagen: Wir müssen die hauptamtlichen Mitarbeiter, die eine Aus­bildung und Zugang zu Erfahrungen haben, nach Kräften unterstützen; wir dürfen ihnen nicht aus Besserwisserei und Rechthaberei noch Knüppel zwischen die Beine werfen. Den letzten Anstoß gab der Kirchenvorstand, der mir noch zwei Monate vorher das volle Vertrauen ausgesprochen hatte und mich nun los haben wollte, koste es, was es wolle.

Über Jahre hinaus hat sich dann so gut wie kein Pfarrer für die zwei unbesetzten Pfarrstellen gefunden, vor allem nicht aus Thüringen, weil sich dort herumgesprochen hatte, was vorgefallen war. Die Unterstädter Pfarrstelle konnte nur von Leuten aus dem Westen besetzt werden, die sonst keine andere Stelle fanden.

Ein (behinderter) Pfarrer soll sich für die Oberstädter Pfarrstelle beworben haben, aber davon hat man nichts weiter gehört. Bewerben wollte sich auch der Superintendent Bär in Ebeleben, der noch einmal zehn ruhigere Jahre haben möchte (ob da allerdings Steinbach-Hallenberg das Richtige ist?). Aber man wollte ihn eigentlich nicht: Der Dekan nicht, weil er nicht einen Gleichwertigen im Dekanat haben wollte, der Kirchenvorstand nicht, weil es der Dekan so wollte und weil man natürlich auch lieber einen schwachen Mann haben will. Bär war dann doch kurzzeitig da, wurde aber bald Beauftragter der Kirchen bei der Landesregierung.

 

Ich wehre mich gegen die Behauptung, daß ich auch noch an den späteren Schwierigkeiten schuld sein soll. Als ich die Gemeinde verließ, war sie eine Vorzeigegemeinde, auch wenn ich selber unzufrieden war und die Staatssicherheit mein Wirken und nicht zuletzt das meiner Frau maßlos überschätzt hat. Aber immerhin ist in über zwei Jahrzehnten kein Gottesdienst ausgefallen, jede Amts­handlung wurde abgesichert, es war wöchentlich kirchlicher Unterricht, alle Gemeindekreise wurden fortgeführt - auch auf den Dörfern - die Gebäude wurden instandgehalten, Rüstzeitenheim und Kindergarten wurden über die Zeit gebracht, fähige haupt- und nebenamtliche Mitarbeiter gewonnen, die Verwal­tung war in Ordnung (vor 1970 gab es zum Beispiel keinen einzigen Arbeitsvertrag oder Pachtvertrag). Und das alles trotz Krankheit und Babyjahr meiner Frau. Wahrscheinlich lief alles zu gut und weckte Neid bei den Kollegen und Besorgnis bei den staatlichen Stellen.

Die vielbe­schworenen ,,Steinbacher Verhältnisse“ haben erst nach meinem Weggang so richtig eingesetzt. Den Einbruch in der Gemeindearbeit kann man mir nicht zuschieben. Weiterhin hatten nur einige Laien das Sagen. Sie haben einen strom­linien­för­migen Kirchenvorstand geschaffen. Gerade die jungen Leute sind wieder ausgeschieden, weil sie sich dem Diktat der ,,Macher“ nicht beugen wollten. Ein Laie kann eine viel schlim­mere Diktatur au­süben, als es ein Pfarrer je wagen würde. Das sage ich heute, obwohl ich immer für den Laienvorsitz im Kirchenvorstand war. Ich halte ihn auch heute noch für angebracht. Aber wehe, wenn hier jemand hochgespült wird, der anderswo in der Gesellschaft nicht zum Zuge gekommen ist

 

Ansonsten fand man Ende Februar 1990 für die kirchliche Arbeit nur das Wort „Chaos“. Der Kirchenjunge erfährt nicht, welche Lieder anzustecken sind. Die Heiligenmeister sollen den ganzen Kirchendienst machen (da wird es bald keinen mehr geben). Auf der Kirchenkasse sind sie auch nicht im Bild, Herr Hey hat das wenigstens das mit dem Liederanstecken organisiert. Nachrichten über stattgefundene Taufen erhält der Kirchenjunge gar nicht mehr, stattdessen will man ihn zu Goldenen Hochzeiten schicken.

Christenlehre ist zwar. Aber oft fällt sie aus, ebenso wie der Konfirmandenunterricht (und das in einer Zeit, wo sich wegen des Niedergangs der Jugendweihe wieder mehr konfirmieren lassen wollen). Jetzt hat man sogar den Konfirmationstermin umgeschmissen, weil Herr Schulte am gleichen Tag Konfirmation bei sich hat (!). So etwas ist seit Menschengedenken nicht vorgekommen. Es ging sogar mehrmals hin und her wegen des Termins. Herr Naumann hat mit den Konfirmanden eine Art Rüstzeit in Schmalkalden zusammen mit den Schmalkaldern gemacht. Das hat eher Anklang gefunden. Aber es ist jetzt auch so, daß während der Konfirmandenstunde immer Spiele gemacht werden. Meist ist Lesegottesdienst, den Herr Nothnagel und Herr M. (der bekanntlich nicht gut lesen kann) halten. Die Friedensgebete am Montag machen der altlutherische und der methodistische Pfarrer, auch mal der aus Viernau.

Doch die Unruhe in der Bevölkerung ist mehr wegen der allgemeinen Lage, wegen der Entlassungen und der Frage des Geldumtauschs als wegen der Kirche. Der stellvertretende Bürgermeister ist von der NDPD in die SPD übergetreten. Aber für die CDU findet sich kein Bürgermeisterkandidat. Der erste Bürgermeister aus der SED-Zeit hat aufgehört, weil man ihm Vorwürfe gemacht hat, die bis zu Drohbriefen gingen; er macht jetzt Heizer in der Hergeser Schule. Nicht nur die Pfarrer vertreibt man in Steinbach, auch die Bürgermeister.

Auch im Kombinat Haushaltwaren hat es eingeschlagen: Direktor M. entlassen, Lagerhalter M. entlassen, Frau T. und Frau B. kamen an der Maschine, insgesamt gab es 140 Entlassungen, die aus dem Westen waren schon da.

 

Ende 1990 hat sich manches geklärt. Jetzt ist deutlich, daß die Stasi große Teile der Kirche unterwandert hatte. In den gedruckten Stasi­quellen steht eindeutig, daß es im Landeskirchenrat in Eisenach und auch auf der Ebene der Visitationsbezirke inoffizielle Mitarbeiter der Stasi gab (Plural!). Stern und Spiegel haben entsprechende Aussagen und Dokumente veröffentlicht, die Fernsehsendung „Panorama“ hat die Aussagen von anderer Seite bestätigt und die Verdächtigten mit Namen genannt und interviewt, zum Beispiel den Oberkirchenrat Christoph Thurm.

Aus den Akten wird sich erheben lassen, wer auf der mittleren und unteren Ebene inoffizieller Mitarbeiter war. Man wird diesen Leuten wohl gesagt haben, daß ihre Akten vernichtet sind. Deshalb leugnen sie auch so standhaft und ungeniert. Aber sie bedenken dabei nicht, daß auch in anderen Akten etwas über sie steht, daß es Zusatzkarteien, Querverweise und einfach Duplikate gibt. Außerdem war es bei kirchlichen Leuten vielfach üblich, daß sie nicht verpflichtet wurden, weil sie davor zurückgeschreckt wären; deshalb genügte auch die mündliche Zusage zur Mitarbeit.

Das Leben genommen hat sich Pfarrer Naumann, der bisher noch nicht verdächtigt worden war. Er hat ja verhindert, daß in Schmalkalden die Stasimitarbeiter von der Bevölkerung gelyncht wurden. Man hielt ihn in der Öffentlichkeit an sich für einen Gegner des Staates. Daß er zu DDR-Zeiten auf Wahlveranstaltungen ge­sprochen hatte und sein Beitrag in der Zeitung erwähnt wurde, konnte man für noch im Rahmen halten. Doch im Oktober geriet er immer mehr in die Schußlinie, weil jetzt Dokumente in die Öffentlichkeit getragen wurden, die man beim Sturm auf die Stasistelle in Schmalkalden erbeutet hatte und die ihn belasteten. Er leugnete natürlich wie alle, aber offenbar hatte er doch keine reine Weste, denn sonst hätte er sich nicht das Leben zu nehmen brauchen.

 

Mir wurde dabei deutlich, wie sehr ich in der gleichen Gefahr hätte stehen können. Was hätte man denn gesagt, wenn nicht ein Täter, sondern ein Opfer sich das Leben genommen hätte? Hätte sich dann auch ein Dekan Schreiber hingestellt und sein Bedauern ausgesprochen, wie er das auf der Synode in Hofgeismar getan hat? Hätte man das als ein Zeichen der Unschuld oder ein Eingeständnis der Schuld gewertet. Ich kann nur sagen, daß ich Gott sei Dank nie in dieser Versuchung gestanden habe, weil ich ja ein gutes Gewissen hatte. Aber einfach war es schon nicht.

Einfach ist es auch nicht, daß jetzt einer dem anderen einen Persilschein erteilt, daß sie ungebrochen weiter ihren kirchlichen Dienst tun dürfen oder in Ehren verabschiedet werden, aber mir will man nicht einmal erlauben, einen Gottesdienst zu halten. Bischof Leich hat zwar gesagt, eine Mitarbeit beim Stasi ziehe den Verlust der Ordination nach sich. Aber in der Praxis sieht es so aus, daß nur ich durch meine Kündigung die Rechte aus der Ordination verloren habe bzw. daß sie „ruhen“, wie es richtig heißt.

Leider will die Landeskirche noch alles zudecken, weil man Schaden für die Kirche fürchtet, wenn noch mehr herauskommt. Dabei ist doch wirklich schon genug herausgekommen. Nur die Flucht nach vorn kann noch helfen. Je länger es dauert, desto schlimmer wird es werden. Es kommt alles heraus, davon bin ich überzeugt. Die kirchlichen Mitarbeiter dürften nicht mit dem Verlust ihres Amtes bedroht werden, denn da sagen sie sich: „Wenn ich es jetzt zugebe, verliere ich mein Amt. Wenn es erst später herauskommt, kann mir auch nichts Schlimmeres passieren!“

Jedenfalls könnte die Kirche nur gewinnen, wenn sie ehrlich zu ihrer Vergangenheit stünde. Viele Menschen haben Verständnis dafür, wenn einer schwach wurde oder erpreßt wurde oder Angst hatte. So schnell vergißt man ja nicht, was man selber mitgemacht hat. Bis jetzt ist jedenfalls noch keiner gelyncht worden, der es zugegeben hat, aber er hat eine große Erleichterung erfahren. Die Kirche sollte helfen und anleiten zum Bekenntnis der Schuld und Wege in eine Zukunft weisen.

Nach dem Gesagten ist es klar, daß es auch auf der Ebene der Gemeinde Stasi-Mitarbeiter gab, und zwar unter den Angestellten wie im Kirchenvorstand. Nur stehen diese nicht so im Interesse wie die Prominenten. Und wenn ein Unbeteiligter die Akten liest, kann er sich die Einzelheiten nicht so merken wie einer, der die Verhältnisse kennt. Manchmal ist es auch ein reiner Zufall, wenn ganz nebenbei etwas herauskommt.

 

Die Rückkehr nach Kurhessen-Waldeck:

Mit dem Anschluß des Kirchenkreises an die Evangelische Kirche in Kurhessen-Waldeck trat endlich wieder eine Ordnung in der Kirche ein. Jetzt war nicht mehr Schmalkalden zuständig mit einem Rechnungsprüfer, der von Dekan Schreiber abhängig war, sondern jetzt war das Kirchenkreisamt Hersfeld zuständig. Über dieses liefen die Arbeits- und Mietverträge, es gab einen Haushaltsplan und eine Rechnungsprüfung, die nicht nur die Addition nachprüfte, sondern auch die sachliche Richtigkeit.

Ein Beispiel für den neuen Wind ist die Entlassung einer Kindergärtnerin, die gegenüber einem Kindergartenkind handgreiflich geworden war. Das gab es auch schon vor der Wende - wie meine Frau bei einer Aushilfe im Kindergarten feststellte: Da wurde von einer anderen Kindergärtnerin ein Löffel nach einem Kind geworfen (beide Kindergärtnerinnen wurden übrigens von der Ausbildungsstätte nur mit viel Augenzudrücken zum Beruf zugelassen). Aber ich hätte es damals nie wagen können, dazu etwas zu sagen oder gar eine Abmahnung zu erlassen, das wäre sofort vom Kirchenvorstand und vom Dekan kassiert worden. In dem Unrechtsstaat DDR gab es halt Dinge, die heute nicht mehr vorstellbar sind.

Ich hätte übrigens gegen einen Wiederanschluß an Kurhessen gestimmt, weil es jetzt auch wieder nur um das Geld ging. Damals haben die Kasseler gedroht, die Sondervergütungen für die Pfarrer (in Westgeld) zu streichen, wenn sie dem Vertrag mit Thüringen nicht zustimme. Jetzt erhofften sie sich eine Bezahlung wie im Westen und die Möglichkeit, sich in der ganzen Landeskirche zu bewerben. Die konfessionelle Frage, die in den siebziger Jahren immer vorgeschoben wurde, konnte keine Rolle mehr spielen, weil sich bald darauf Thüringen und Provinz Sachsen zur Mitteldeutschen Kirche zusammenschlossen. Aber die Pfarrer hatten zunächst nichts von de Zugehörigkeit zur kurhessischen Kirche, denn sie wurden weiter wie die Ost-Pfarrer bezahlt.  Nur die Pfarrer aus dem Westen wurden nach West-Tarif bezahlt (an sich auch eine Unmöglichkeit). Aber die Gemeinden hatten etwas von der Rückkehr nach Hessen. Man denke nur an die riesigen Investitionen in die Stadtkirche Steinbach-Hallenberg und andere Kirchen. Und mit der Zeit wurden auch die Pfarrhäuser entweder ganz neu gebaut oder doch zumindest auf den neuesten Stand gebracht.

Auf der anderen Seite änderte sich das Wesen der Kirche nach westlichem Vorbild. Christenlehre wurde angeblich durch den Religionsunterricht an der Schule ersetzt. Zu DDR-Zeiten war die Kirche gezwungen, nur Verkündigung zu betreiben. Jetzt wurde sie immer mehr zu einer „Veranstaltungskirche“, die nur mit Festen und Großereignissen die Menschen sammeln kann. Hausbesuche der Pfarrer wurden auf das Nötigste reduziert.

Viele Pfarrer wurden auf Sonderpfarrstellen gesetzt, die sicher gar nicht so schlecht waren. Aber dadurch wurde der „Service“ in den Gemeinden ausgedünnt, die doch allein das Geld bringen. Überhaupt Geld: In der DRR zahlten viele noch Kirchensteuer aus Opposition gegen den Staat. Sie stöhnten zwar, wenn sie 49 Mark aus ihrer Geldbörse nehmen sollten, als wäre das jede Woche so. Aber bei der über den Staat erhobenen Kirchensteuer konnte es gut sein, daß ein Ehepaar tausend Mark im Jahr zahlte. Da folgten viele dem Rat ihres Steuerprogramms: „Wenn Sie noch mehr Steuern sparen wollen, dann treten Sie aus der Kirche aus!“

 

Rückblick:

Nach drei Jahrzehnten ist viel Gras über die Sache gewachsen. Es ist eine neue Generation herangewachsen, die mit der alten Zeit nicht mehr viel im Sinn hat. Meine Frau leidet immer noch unter dem, was uns wiederfahren ist und ist nicht bereit zu einer Vergebung und verurteilt „alle“ Steinbacher. Ich sehe das gelassener. Wenn heute einer käme und mir die Hand reichte, würde ich einschlagen und sagen: „Es ist damals halt so gelaufen, wir können es nicht ändern, aber laßt uns in die Zukunft schauen!“ Aber es ist so, daß nicht einmal die heutigen Mitglieder des Kirchenvorstandes ein Wort des Bedauerns (nicht: der Entschuldigung) finden. Und meine Personalakte hat die Kirche einfach verschwinden lassen. Ich habe deswegen an Dekan Gebauer geschrieben:

„Man wird mich jedenfalls nicht aus der Kirchengeschichte von Steinbach-Hallenberg streichen können, schließlich war ich der Pfarrer, der es mit 22 Jahren am längsten im 20. Jahrhundert in diesem Hessisch-Sibirien ausgehalten hat. Das Wort „ausgehalten“ ist natürlich nicht richtig. Meine Frau und ich waren gerne dort. Wir fanden dort eine Kirche, wie wir sie aus unserer Jugend gewohnt waren, nicht die Event-Kirche von heute (obwohl wir auch Events machten). Da hielt der Pfarrer noch selber jeden Sonntag den Gottesdienst und besuchte die Leute in den Häusern. Da war Kindergottesdienst und Jugendarbeit, Frauenkreis und Männerabend. Es war für uns eine schöne Zeit!“

 

Entschuldigt hat sich übrigens jemand, von dem man es gar nicht erwartet hätte. Unser Sohn Markus hatte eine Klassenlehrerin, die ihn als Pfarrerssohn und Nichtmitglied der Jungen Pioniere immer wieder benachteiligt hat: Er hatte die meisten Altstoffe gesammelt, aber auf die Busfahrt wurde er nicht mitgenommen, die von dem erlösten Geld veranstaltet wurde. Immer hieß es: „Das ist eine Pionierveranstaltung, und da gehörst du ja nicht dazu!“ Diese Lehrerin – die ein gute Pädagogin war – wurde nach der Wende nicht übernommen. Sie ging nach Nordbayern an eine Privatschule. Etwa im Jahre 2010 hat sie Markus dann ausfindig gemacht und ihm geschrieben, daß sie ihr damaliges Verhalten bedaure und sich bei ihm entschuldigen wolle (das Wort hat sie tatsächlich verwendet). Sie ist 1942 geboren und durch ihre Ausbildung so beeinflußt worden, daß sie meinte, das sei alles richtig so. An ihrem neuen Wohnort wurde die Vorsitzende des Gartenbauvereins und Mitglied im Kirchenvorstand. Gottes Wege sind manchmal verschlungen - aber warum hat man in Steinbach nicht auch diese Größe.

 

 

 

Neue Arbeit

Ich mußte dann auf die Suche nach einer Arbeitsstelle gehen. Das war auch gar nicht so einfach, weil sie doch Vorbehalte gegenüber einem Pfarrer haben: Er könnte zwei linke Hände haben und er könnte zu sehr in alles hineinblicken. Das Arbeitsamt - das in drei Zimmern im Kreisratsgebäude untergebracht war - vermittelte mir keine Arbeitsstelle, sondern sagte mir nur, ich solle es einmal in den vier großen Betrieben des Haseltals versuchen.

Zunächst machte mir das Exportkontor Hoffnung. Aber erst beim Kombinat Haushaltwaren kam ich dann schließlich an. Ab 20. März arbeitete ich in Herges-Hallenberg. Das Gehalt für die restlichen Tage des Monats überwies ich zurück ans Dekanat, verdiente ich jetzt doch das Eineinhalbfache bei halb soviel Arbeit.

Zunächst wollten sie mich als Schweißer anlernen. Wenn gerade Grubber zu schweißen waren, ging es auch, aber das mit den gebogenen Grubbern kriegte ich nicht auf Dauer hin. Die Schwierigkeit war auch, daß elektrisch geschweißt werden sollte, aber erst beim Auftreffen des Drahtes auf das Eisen der Lichtbogen entstand, so daß man etwas sehen konnte. Dann aber kam es darauf an, daß das Schweißgut nicht zu lange und nicht zu kurz floß. Wenn zu viel Metall verwendet wurde, mußte man dort wieder abschleifen.

Nach 14 Tagen hatte ich aber vom Schwitzen und den Dämpfen ein so starkes Ekzem unter den Armen, daß die Betriebsärztin mich für untauglich für diese Arbeit erklärte. Ich kam in die Montageabteilung und schraubte große Grubber zusammen. Das ging ganz gut, weil ich als Linkshänder mit beiden Händen gut arbeiten konnte. Schon am zweiten Tag schaffte ich das Soll spielend.

Schwieriger war es beim Zusammensetzen von Stielen, für das ich in eine andere Baracke mußte. Dort waren Frauen, die immer eine Dreiviertelstunde mächtig ranklotzten, dann aber sich wieder ebensolang ausruhten oder zum Einkaufen in der betriebseigenen Verkaufsstelle gingen. Sie klagten immer über den Arbeitsdruck, aber ich dachte nur: Da müßtest ihr nur einmal sehen, wie im Westen gearbeitet wird. Einmal war ich während der Arbeit in Schmal­kalden, um Papiere zu besorgen. In der Stadt traf ich den Personalchef (!), des Betriebs, der mich fragte, ob er mit mir im Auto zurückfahren könnte.

Manchmal hatte ich auch Apfelpflücker zu tauchen, d.h. die Zacken wurden in Kunststoff getaucht und dann gebrannt. Später wurden dann die Auffangsäckchen noch angehängt. Manch­mal habe ich auch in der großen Halle die kleinen Schaufeln mit Holzgriffen versehen. Die Arbeit war nicht schwer, und vor allem zeitlich begrenzt, es gab einen wirklichen Feierabend. In dieser Phase hatten wir viel Zeit, mit Miriam auf Wanderungen zu gehen oder sonst etwas zu machen.

Als Nettolohn erhielt ich 998 Mark, also weit mehr als im Pfarramt. Aber mehr als 105 Prozent durfte ich nicht machen, sonst hätte ich mir den Zorn der Kollegen zugezogen, die natürlich nicht wollten, daß das Soll heraufgesetzt wurde. Sicher blieb ich auch dort irgendwie noch ein wenig Pfarrer. Aber ich sah das Leben auf einmal von einer ganz anderen Seite, wie fern der Glaube und die Kirche doch den Menschen sind und daß man sie einerseits verstehen, aber andererseits auch ganz anders anreden muß.

 

Das Haus in Steinbach-Hallenberg:

Herr Krech, der Assistent des Landesbischofs in Eisenach, behauptet, Pfarrer Heckert habe wegen seiner Ortsbindung kein anderes Stellenangebot wahrnehmen können. Dabei geht aus den Akten hervor, daß ich schon im Februar betonte, das Haus sei kein Hindernis. Ich sagte in Gegenwart von Herrn Kirchner sogar, daß ich nach Hessen wolle.

Im Februar 1989 ließen wir den Kredit von 18.000 Mark im Grundbuch löschen, weil wir das Haus an Hosea weitergeben wollten. Der andere Kredit war aber noch nicht ganz abbezahlt und die Eintragung blieb noch bestehen. Am 12. Mai 1989 vermachten wir das Haus an Hosea mit einem Vorkaufsrecht für Markus und Miriam. Wir hatten damals schon vor, in den Westen zu gehen, und wollten nicht, daß das Haus in staatliche Verwaltung kam. Erst als wir den neuen Grundbuchauszug in Händen hatten, stellten wir am 21. August den Ausreiseantrag.

Am 11. November 1991 beantragte Hosea eine Erweiterung des Kredit um 2.000 Mark, um dringend notwenige Modernisierungsmaßnahmen wie Heizungsofen und Dach vornehmen zu lassen. Am 12. April 1994 übergab die Sparkasse eine Bescheinigung, daß auch die 42.000 Mark zurückgezahlt sind und die Aufbauhypothek im Grundbuch gelöscht werden kann.

Unser Haus vermieteten wir für 43 Mark zur Hälfte an unser Patenkind Birgit Sichardt und ihren Mann Andreas. Ab 1.Oktober 1991 betrug die Miete 129 Mark plus 30 Mark für die Garage.

Die andere Hälfte des Hauses war noch mit unseren Möbeln gefüllt. Als Andreas aber seine Arbeit verlor, zogen sie auch in den Westen. Ab September 1991 bemühte ich mich um neue Mieter. Am 9. November 1992 wurde der Mietvertrag mit einem Dozenten an der Ingenieurfachhochschule Schmalkalden geschlossen. Wir erhielten jetzt für das ganze Haus mit Garten und Garage 400 Mark. Ab 1. Januar 1993 betrug die Miete 600 Mark (einschließlich Garage).

Mit Wirkung vom 1. Januar 1995 wurde ein neuer Mietvertrag geschlossen mit einem anderen Dozenten der Fachhochschule. Ab 1.Oktober verlangte Hosea dann 7 Mark pro Quadratmeter, also 1.102 Mark im Monat. Das Haus erhielt über den Preolithschindeln ein Ziegeldach. Am 4. August 1997 wurde die Grundschuld von 20.000 Mark wieder gelöscht. Die Heizungsanlage vom Typ Wolf wurde Anfang 1992 für 13.345 Mark auf einen Gasofen umgestellt. Weitere Reparaturen  bzw. Verbesserungen wurden auch vorgenommen.

Als ich meine Absicht bekannt machte, das Haus zu verkaufen, meldeten sich vier Steinbacher, die aber nur 100.000 oder 150. 000 Mark bezahlen wollten. Die Mieterfamilie zahlte jedoch 300.000 Mark. Beim Amt in Schmalkalden meinten sie nachher, das sei ein guter Preis. Wir haben gerade so den richtigen Zeitpunkt erwischt, ehe die Preise wegen der Weg­züge wieder fielen.

 

Umzug nach Hochstadt

Im Juli 1989 waren wir mit dem Auto in Prag. Wir zelteten für 205 Mark im „Autocamping Obora“ etwa zehn Kilometer vor der Stadt an der Moldau und fuhren dann immer in die Stadt hinein. Damals hielten sich schon viele Ostdeutsche in der (west-) deutschen Botschaft auf, aber wir mieden das Gebiet, um nicht verhaftet zu werden. Im März verkauften wir einige Antiqitäten, vor allem Möbel und Bücher. Den Autoanhänger von 1985 (der für den Trabant an sich viel zu groß war)

verkauften wir für 1.000 Mark

Ursel hat in Schwarza noch eine Zeit Christenlehre erteilt. Miriam ging nicht zu Pfarrer Weiß in die Christenlehre.

 

Je länger je mehr mußten wir erkennen: Wir sind keine Steinbacher, wir gehören nicht dazu. Solange man Pfarrer ist, wird das etwas verdeckt, um nachher umso deutlicher hervorzutreten. So blieb für uns nichts anderes, als wegzugehen. Und wir sagten uns: Wenn wir schon das mit vielen Mühen aufgebaute Haus aufgeben müssen, dann gehen wir dorthin, wo wir noch ein Haus haben, um das wir uns kümmern müssen, wo wir aber auch Verwandte und Freunde haben, die nicht verstehen konnten, weshalb wir nicht längst diesen Schritt getan haben. Am 21. August 1989 (nicht früher, wie man auch schon behauptet hat) stellten wir einen Ausreiseantrag.

Zuletzt haben wir noch eine Gebühr für Entlassung aus der Staatsbürgerschaft gezahlt. Sie sagten, wenn wir die Staatsbürgerschaft der DDR behalten wollten, koste es pro Person nur eine Mark, sonst aber für jeden 30 Mark. Ich sagte der Frau auf dem Kreisrat: „Ihre Staatsbürgerschaft habe ich nie gehabt. Aber die 90 Mark zahle ich gerne!“

Am 16. November 1989 zogen wir um. Das Ehepaar F. aus Altersbach fuhr uns nach Gotha. Miriam war damals zwölf Jahre alt. Wehmütig blickte sie noch einmal auf das Haus zurück, wo sie aufgewachsen war. In den Zug in Gotha kamen wir nicht hinein, weil er zu voll war, weil alle Welt in den Westen fuhr. Aber mit dem nächsten ging es. Mein DDR-Schild für das Auto wollte ich an sich hinter der Grenze aus dem Zug werfen. Ich hatte es ja nie fest am Auto angebracht, sondern nur im Ausland ins Fenster gestellt. Aber dann wollte ich doch nicht die Umwelt verschmutzen und habe es in Bebra in einen Papierkorb auf dem Bahnsteig geworfen.

Zunächst nahm uns meine Schwester Gerlinde in Frankfurt auf. Am Abend mußte ich noch mit Miriam in die Innenstadt und in den MacDonald an der Hauptwache. Sie war überwältigt vom „Westen“. In Hochstadt erreichten wir dann, daß die Mieter in unserem Haus zusammenrückten und wir in zwei Zimmern mit Bad wohnen konnte, bis sie nach einem dreiviertel Jahr auszogen.

Der Transport der Möbel war abenteuerlich.. Für die Ausfuhrgenehmigung mußte alles einzeln aufgeführt werden: Posten. Eine fünfseitige, engbeschriebene Sonderliste der Bücher beschloß die Anlagen zum Antrag. Wir mußten eine Ost-Firma nehmen, und diese beauftragte eine Firma in Düsseldorf, die aber wiederum eine Firma aus Hamburg beauftragte. Aber alle waren Betrüger, wie sie im Buch stehen. Sie wollten die Möbel auf sieben Meter Lastwagenlänge unterbringen.

Die Kosten sollten stolze 2. 818 Mark betragen (natürlich in Westgeld).

Als sie in Steinbach-Hallenberg ankamen, hatten sie aber schon Möbel von einem anderen Auftrag im Auto, das fremde Umzugsgut nahm etwa 1,5 bis 2 Meter ein. Sie nahmen deshalb nicht alles mit.

Beim Ausladen war ich nicht dabei. Zum Glück hat Ursel nur die in Vertrag vereinbarte Summe bezahlt, nicht die zusätzlich geforderten 700 Mark. Da wollten sie die große Truhe nicht herausrücken. Aber Herr Hey war zu Besuch, er wollte sein Geschirr abholen. Der sagte: „Ich bin Jurist, und wenn Sie die Truhe nicht herausrücken, können Sie was erleben!“ Da gaben sie die Truhe frei.

Am 23. Dezember 1989 beantragte ich beim Binnen-Zollamt Zella-Mehlis noch einmal eine Ausfuhrgenehmigung für die restlichen Gegenstände. Die kleineren Sachen habe ich mit dem Auto geholt, die Möbelteile ließen wir dort. Außerdem haben wir innerhalb kurzer Zeit alle Möbel neu gekauft. Nur die zwei massiven Tische mit den Stühlen, die Frank Willing gebaut hatte, haben alle Zeitläufte überstanden.

 

Erste Schritte

Mit Miriam gingen wir ins Einstein-Gymnasium, um sie dort anzumelden. Wir wollten sie in die fünfte Klasse haben, weil sie ja kein Englisch konnte. Aber der stellvertretende Schulleiter W. sagte, sie müssen in die sechste Klasse wie in Steinbach auch. Mit dem Englisch, das war natürlich hart für sie: Eineinhalb Jahre nachholen. Abends saßen wir immer mit dem Englischbuch da und übten. Da gab es auch manchmal Tränen. Nach drei Wochen wurde die erste Arbeit geschrieben, sie erreichte schon eine vier. Bis zum Zeugnis war die dann gleich­auf. Miriam hat sich gut eingelebt und bald als „Wessi“ verstanden, auch dank mehrerer Familien und ihrer Kinder. . Miriam wurde sogar Klassensprecherin, wofür sie im Sozialismus und vielleicht auch nach der Wende in Steinbach-Hallenberg nie eine Chance gehabt hätte.

 

Um den 10. Dezember herum schrieb ich meinen ersten Leserbrief, in dem ich mich gegen Herrn Klaus Seibert wandte, der vorher in der Zeitung geschrieben hatte. „DDR-Bürger müßte man sein!“ Ich schrieb: „Hoffentlich nie DDR-Bürger! (Stellungnahme zu dem Leserbrief von Klaus Seibert ‚DDR-Bürger müßte man sein“ im Tagesanzeiger): „Wer die Deutschen aus der DDR beneidet, weil Ihnen in der Bundesrepublik einige finanzielle Vergünstigungen gewährt werden, weiß nicht, was das Leben in der DDR bedeutet. Nur wer dort gewohnt hat, kennt die jahrzehntelangen Demütigungen, Ängste und Schwierigkeiten einer Mangelwirtschaft. Millionen Deutsche mußten das aushalten, aber ich möchte es keinem Westdeutschen wünschen. In der Bundesrepublik hatte man nach 10 Jahren die Folgen des Krieges im wesentlichen überwunden. In der DDR aber hat man den Eindruck, den Krieg allein verloren zu haben.

Wir sollten froh sein, wenn in den Deutschen aus der DDR nicht die Aggressionen hochkommen, wenn sie nun sehen müssen, worum man sie betrogen hat. Trotz der 100 Mark Begrüßungsgeld bleiben sie vom Wohlstand der anderen ausgeschlossen. Diese aber werden nicht ärmer. Die meisten privaten Spenden bestehen aus Dingen, die man selber nicht braucht. Und auch die Gesellschaft kann selbst Leistungen in Millionenhöhe verkraften, denn EG und Landwirtschaft und Finanzausgleich kosten sehr viel mehr. Von einem echten Lastenausgleich mit der DDR sind wir aber noch weit entfernte. Es ist natürlich eine Milchmädchenrechnung, daß Schwimmbad und Bus in Leipzig nur 3,5 Pfennig kosten würden. Wer das meint, soll doch einmal nach Leipzig ziehen. Dann müßte er mit einer Rente von 380 Mark auskommen.

 

Am 27. November beantragten wir einen Aufnahmeschein beim Flüchtlingsdienst des Main-Kinzig-Kreises. Von der Bundesaufnahmestelle in Gießen kam auch ein Bescheid, daß Ursel und Miriam je 400 Mark an Überbrückungshilfe erhalten. Ich dagegen erhielt nichts, weil ich ja freiwillig in die DDR gegangen war (als ob man nach 25 Jahren in der DDR nicht auch so etwas hätte gebrauchen können).

 

Wir gingen zum Arbeitsamt, aber das konnte man vergessen. Sie waren offenbar der Meinung, wir wollten nur Geld haben. Sie haben uns keine Arbeit angeboten. Ich hätte erwartet, daß sie sagten: „In Maintal haben wir diese Stellen offen!“ (damals wurden ja noch Arbeitskräfte gesucht). Aber sie schickten uns nur zur Kasse.

Ab 4. Dezember und über Weihnachten 1989 habe ich erst einmal eine Aushilfsarbeit bei der Luftpostleitstelle des Postamts 3 auf dem Rhein-Main-Flughafen erhalten. Es war interessant, aber nur Nachtdienst, täglich 12 Stunden unterwegs. Nach Weihnachten lief diese Aushilfsbeschäftigung aus. Ich wurde aber weiter beim Postamt 1 (der Hauptpost auf der Zeil) angestellt. Am 1. Januar wurde ich eingestellt bis vorerst 9. Juli 1990. Der Einsatzort war die Post am Hauptbahnhof. Ganz ungünstig waren die Arbeitszeiten: Rollende Schicht, das heißt sechs Tage arbeiten, auch am Wochenmende, manchmal fünf Stunden Frühschicht und abends wieder Nachtschicht. Ich hatte immer meinen Schichtplan dabei, wenn ich mich mit jemanden verabreden wollte. Jetzt hieß es um 21 Uhr ins Bett gehen und um 5 Uhr aufstehen.

 

Ursel ging sehr entschieden an die Stellensuche. Sie war ab 20. November bei der Leihfirma A & A in Hanau für einen Bruttolohn von 10 Mark. Sie verdiente 1.100 Mark im Monat, erhielt aber auch noch Fahrgeld. Sie wurde in die Degussa in Hanau-Wolfgang geschickte. Da sollte sie an sich nur eine Frau vertreten, die Urlaub macht. Dann wurde aber eine andere krank, die auch wieder eine zu vertreten hatte, so daß sie jetzt insgesamt drei Labore zu betreuen hatte. Man war erst skeptisch, ob sie auch arbeiten könne. Aber als sie zwei weitere Arbeitskräfte vertreten mußte und das gut packte, wurde sie nach sechs Wochen direkt angestellt. Ab 8. Januar 1990 wurde sie zunächst mehrfach befristet angestellt, ab 9. Juli dann fest zu einem Bruttolohn von 2.422 Mark, netto fast 1.700 Mark.

Sie wurde eingestellt als Laborspülfrau, machte aber alle möglichen Arbeiten wie Botengänge, Beschriftung der Ordner mit dem Computer, Kaffeekochen - einfach Mädchen für alles.

 

Ursel arbeitete vom 8. Januar 1900 bis 31. März 1996 und erhielt durchschnittlich 3.400 Euro brutto bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 37,5 Stunden. Zum 31. März 1996 wurde ihr (einvernehmlich) betriebsbedingt gekündigt. Die Degussa wurde damals in einzelne Firmen aufgeteilt, Leute wurden entlassen; wenn Ursel nicht freiwillig gegangen wäre, hätten sie eine jüngere Frau entlassen müssen. Sie erhielt 9.000 Mark als Abfindung, dazu noch Arbeitslosengeld 326 Mark wöchentlich vom Arbeitsamt (nach Vorlage der Schulbescheinigung für Miriam). Mit Beginn des Monats der Vollendung des 60. Lebensjahrs erhielt sie vorgezogenes Altersruhegeld von der Rentenversicherung.

Schon am 25. November 1989 haben wir beim Regierungspräsidium angefragt, ob die Ausbildung als Katechetin anerkannt wird, damit Ursel vielleicht im Schuldienst unterkommen kann. Die Ausbildung ist vergleichbar mit dem Grundschullehrer. Aber dazu fehlt ihr natürlich das zweite Schulfach. Sie antworteten, sie solle sich an Oberkirchenrat Beisheim in Kassel wenden. Der sagte: Die Schule vergibt auch Lehraufträge; wenn die Kirche der betreffenden Person eine Bevollmächtigung erteilt. Sie erhielt zwar am 26. Januar 1990 von der Evangelischen Kirche in Kurhessen-Waldeck die vorläufige Bevollmächtigung zur Erteilung evangelischen Religionsunterrichts. Einen halbe Anstellung wäre möglich gewesen, wenn der Bewerber zur anderen Hälfte von der Kirche angestellt ist, die Kirche soll die Verantwortung haben. Aber die Kirchengemeinden suchten keine kirchliche Jugendarbeiterin, sondern Sozialpädagogen oder ähnliche Berufe.

Erst nach der Altersteilzeit arbeitete Ursel ab 2. September 1996 noch vier Jahre in Ver­gütungs­gruppe VI b mit einer Viertelstelle als Religionslehrerin, also sechs Wochenstunden. Sie kam an die Siemensschule in Dörnigheim, zu der sie immer mit dem Fahrrad fuhr. Jetzt konnte sie wieder ihre eigentliche Arbeit tun, das machte ihr noch große Freude. Sie machte es ähnlich wie in der Christenlehre, aber angereichert mit Schulmethoden (Arbeitsblätter). Die Kinder kamen sehr gern, auch moslemische Kinder. Manchmal kamen auch andere Lehrer mit einemVorwand in den Unterrichtsraum, um zu sehen, wie sie das macht, daß die Kinder so begeistert vom Religionsunterricht erzählen. An der Schule war sie bis Juli 2000. Dann war da eine junge Lehrerin aus Hochstadt, die Religion als Fach brauchte, da hat Ursel ihr zuliebe aufgehört

 

Einen elf Jahre alten Passat hatte mir schon 1990 ein Verwandter aus Norddeutschland zur Verfügung gestellt. Er hat aber ein unrühmliches Ende gefunden, als uns in Frankfurt ein Auto in die Seite fuhr, das aus dem Katharinenkrankenhaus kam. Daraufhin kauften wir eine gebrauchten Passat, später eine neuen Corsa

 

Bald nach unsrer Ankunft in Hochstadt trat ich in den Verein Heimatmuseum ein und wurde 1991 schon zum Vorsitzenden gewählt. Jahrelang mußten wir um Räume für das Museum kämpfen und gerieten dabei in die Mühlen der Parteipolitik. Die Stadt wurde von einer Koalition von Rot-Grün regiert, der Verein war aber angeblich ein CDU-Verein. Die Gründerin war eine CDU-Stadtverord­nete, und ihr zuliebe waren viele CDU Leute eingetreten, ohne eine innere Beziehung dazu zu haben. Ich spielte damals schon mit dem Gedanken, in die SPD einzutreten, mit der ich schon immer sympathisierte, aber wegen des Museums stellte ich das noch zurück.

Ich blieb zäh in meinen Bemühungen, schrieb immer wieder Briefe, sprach im Ausschuß, stellte Material für ein „Konzept“ zur Verfügung. Leider wurde die Zusage, daß wir das ganze alte Pfarrhaus erhalten sollten, von der grünen Stadträtin Priska Hinz wieder zurückgezogen. Erst als die CDU die Mehrheit hatte, ging es voran.

Aber auch dann dauerte es noch jahrelang mit den Umbauten. Vieles nahmen wir selber in die Hand. Ich war immer dabei, die anderen kamen unregelmäßiger (Die Enkel sagten schon: „Großvater schläft im Museum!“).

Ich machte aber weiter Führungen durch Hochstadt und in der Kirche, schrieb Artikel und gab mehrere Bücher zu ortsgeschichtlichen Themen und ein Andachtsbuch heraus

 

Im Jahr 1993 übernahm ich die Leitung des Bibelgesprächskreises. Dieser wurde 1985 vom Ehepaar Jochims und den Leuten, die mit ihnen im sogenannten „Eliashof“ in der Hauptstraße 21 wohnen, ins Leben gerufen. Er tagte in der Regel sechsmal im Winterhalbjahr alle vierzehn Tage. Es wurden Referenten aus Maintal und der näheren Umgebung eingeladen, auch aus der katholischen Kirche. Der Referent konnte sich in der Regel sein Thema selber aussuchen. Es soll ja etwas sein, zu dem er eine gute Beziehung hat, was ihn interessiert und was er auch einmal anderen vermitteln möchte. Wert gelegt wird dabei aber auf den biblischen Bezug, es ging nicht um Allerweltsthemen, sondern bewußt um kirchliche Inhalte.

 

Ab 1. April 1990 arbeite ich bei der Stadt Frankfurt. Zunächst war ich auf der Paßstelle des Ordnungsamts und erhielt die Vollmacht, im Auftrag des Oberbürgermeisters die vorläufigen Reisepässe zu unterschreiben. Im November 1990 wurde ich von der Stadt Frankfurt verpflichtet, im Briefwahlvorstand mit zu wirken. Das war unendlich langweilig, denn wir saßen ja den ganzen Tag da und konnten erst ab 18 Uhr auszählen. Beim nächsten Mal meldete ich mich bei der Stadt Maintal. Da war man nur ein halben Tag da (und abends zum Auszählen). Beim Amt in Frankfurt maulten sie zwar, lockten auch mit einem freien Tag und mehr Geld, aber ich war all die Jahre in Maintal dabei, meist im Rathaus, aber später dann auf meinen Wunsch im Evangelischen Gemeindehaus bis ins Jahr 2018.

Nach gut zwei Jahren ging ich dann zur Zusatzversorgungskasse und ermittelte die Daten der Versicherten und vervollständigte die Versicherungsverläufe. In dieser Zeit machte ich berufsbegleitend eine Ausbildung zum Verwaltungsfachangestellten. Ein Vierteljahr nach der Prüfung bewarb ich mich am Verwaltungsseminar als (nebenamtlicher) Dozent für Politik und (Verfassungs-) Geschichte. Was ich früher anhand der Zehn Gebote erklärt habe, das erläuterte ich jetzt anhand des Grundgesetzes.

Ende 1999 beendete ich meine Berufstätigkeit, erhielt noch ein Jahr das Altersteilzeitgeld und eine Abfindung von 10.000 Mark und ging Ende 2000 in vorzeitig in Rente. In Frankfurt war ich auch acht Jahre lang ehrenamtlicher Richter beim Verwaltungsgericht und als Rentner noch einmal eine Periode zum Landgericht in Hanau bis zum Erreichen der Altersgrenze.

In Hochstadt hatte ich von meinen Großeltern ein rund 4.000 Quadratmeter große Grundstück am Ortsrand geerbt: Es war als Mischgebiet ausgewiesen und hätte bebaut werden können, wenn sich dort eine Firma angesiedelt hätte. Ich versuchte lange, einen Käufer zu finden. Doch dann sagte Ursel: „Wollen wir nicht selber bauen?“ Wir hatten zwar unser 300 Jahre altes Fachwerkhaus, aber ein modernes Haus nach dem Vorbild des Hauses in Steinbach war auch nicht schlecht. Da ich aber nicht noch einmal Stein auf Stein setzen wollte, bestellten wir ein Fertighaus aus Holz. Es war allerdings nur ein sogenanntes „Ausbauhaus“, bei dem wir die Innenisolierung, Türen, Decken, Fußböden und die Malerarbeiten selber machen mußten. Zusammen mit der Herrichtung des Gartens dauerte das zehn Monate und noch einmal 3.000 Arbeitsstunden. Das Grundstück ist nach Abzug der Abtretungsfläche für die Stadt immer noch rund eine Million Euro wert (noch fünf Bauplätze). das Haus hat 250.000 Mark gekostet.

 

Versuch einer Anstellung bei der Kirche

Am 22. Dezember 1990 schrieb ich an Landesbischof Leich: Es ist ein Widerspruch, wenn man den Opfern die Rechte aus der Ordination nimmt („ruhen läßt“), die Täter aber ungebrochen Gottesdienste halten können und sich sogar als Widerstandskämpfer aufspielen, wie kürzlich auf der Synode in Hofgeismar geschehen. Man kann doch diejenigen nicht einfach so weitermachen lassen, die ihr Ordinationsgelübde gebrochen haben, den Opfern aber, die nach ihrem Ordinationsversprechen gehandelt haben, sogar die ehrenamtliche Tätigkeit in der Kirche versagen.

Im Grunde bat ich um Nachholung des Verfahrens, für das ich vor zwei Jahren nicht die innere Kraft hatte. „Verstehen Sie bitte, daß ich zum jetzigen Zeitpunkt und vielleicht überhaupt nicht mehr in einer der östlichen Landeskirchen Dienst tun kann. Solange nicht die Vergangenheit aufgearbeitet und eine wirkliche Wende herbeigeführt ist, zweifle ich am Sinn der kirchlichen Arbeit. Wenn man für sich selber nicht die Sündenvergebung und die frohmachende Gnade annehmen will, dann kann man sie auch nicht anderen predigen. Hier entsteht ein Krebsschaden in der Kirche, der immer verheerendere Folgen haben wird. Ich bitte Sie um Hilfe nicht nur für die Täter, sondern auch für die Opfer. Für beides ist es höchste Zeit, wenn es nicht schon zu spät wird. Aber je länger man wartet, desto schlimmer wird es!“

Landesbischof Leich antwortete am 21. Februar 1991: „Ihr Brief erweckt den Anschein, daß alle beschwerlichen Vorgänge um Ihren Dienst in Schmalkalden ausschließlich mit der Tätigkeit des Ministeriums für Staatssicherheit zusammenhängen!“ Er weist auch die Vermutung zurück, daß bei Fehlen einiger Oberkirchenräte die von der Staatssicherheit beeinflußten Oberkirchenräte die Oberhand gehabt haben können. Der Beschluß des Landeskirchenrates sei einstimmig gefaßt worden (dann ist es aber umso schlimmer, aber es waren ja nicht alle da, sondern vielleicht nur die Stasi-Leute, und deshalb war der Beschluß einstimmig).

 „Sie wissen, daß ich Ihnen im Gespräch andere Pfarrstellen in unserer Thüringer Landeskirche angeboten habe. Wir haben schließ­lich auch schriftlich darauf hingewiesen, daß wir jederzeit be­reit sind, die Rechte aus der Ordination wieder beizulegen, wenn Sie von einer anderen Landeskirche in den Dienst übernommen werden. Auch Herrn Präsident Bielitz gegen­über habe ich betont, daß das Ruhen der Rechte aus der Ordination in Ihrem Fall nicht diszi­pli­narisch zu begründen ist, sondern allein aus der Tatsache, daß Sie durch Ihre Ortsbindung in Schmalkalden sich nicht für die Übernahme einer anderen Pfarrstelle in unserer Landeskirche bereit erklären konnten.“ (Wieder wird die „Ortsbindung“ behauptet, die aber keinerlei Rolle spielte, eine Behauptung, die man nur aus dem Neid heraus verstehen kann). Der Bischof sah keinen Rehabilitierungsbedarf, weil ich ja auf Antrag aus dem kirchlichen Dienst ausgeschieden sei und die Rechte aus der Ordination nicht aus disziplinarischen Gründen ruhen (Aber ich war durch „Maßnahmen“ gezwungen worden).

Am 1. Juli 1991 schrieb ich wieder an den Landesbischof: „Bei Pfarrern war eine Versetzung ein halber Erfolg für die Staatssicherheit, eine Ent­fernung aus dem Amt ein voller; vielleicht war in meinem Fall sogar die Vertreibung aus der DDR das Ziel. Damals habe ich das nicht erkannt und war deshalb so ratlos, weil auf einmal in irrationaler Weise das kritisiert wurde, was jahrelang in Ordnung war. Hätte ich jenen Hintergrund geahnt, hätte ich mich entscheiden müssen: ent­weder ohne Aufhebens freiwillig zu gehen oder bei der Staatssicherheit mitzumachen. Ich bin sicher, daß alles seinen geordneten Gang gegangen wäre, wenn nicht die Staatssicherheit im Hinter­grund die Fäden gezogen hätte und Leute unter Druck gesetzt hätte. Hätte ich aber bei der Staatssicherheit mitgemacht, wäre ich heute noch im Amt und würde einstmals ehrenvoll in den Ruhestand verabschiedet, wie das bei Oberkirchenrat Thurm geschah.

Daß ich keine andere Pfarrstelle annehmen wollte, lag nicht an der Ortsbindung an Schmalkalden. Ich habe ja von vornherein gesagt, daß ich diese aufgeben würde. Grund dafür war vielmehr die schnelle Entscheidung des Landeskirchenrates. Anfang Januar 1989 wurde mir das ja auch noch mündlich und schriftlich versichert, daß ich nicht gegen kirchliches Recht verstoßen habe. Ich nahm an, daß im Notfall der Landeskirchenrat hinter mir stehen würde.

Aber er hat es nicht einmal für nötig gehalten, mich vorher zu hören, wie das auch das Pfar­rergesetz vorschreibt. Ich kann es nicht anders sehen, als daß hier eine Disziplinarmaßnahme ergriffen wurde, ohne daß ein Disziplinarverfahren durchgeführt wurde. Es blieb ja nur die Möglichkeit der Strafversetzung.

Letztlich habe ich natürlich ‚freiwillig’ um Entlassung gebeten. Aber man darf nicht vergessen, was vorausgegangen ist. Ich bin schon der Meinung, daß ein Rehabilitierungsbedarf besteht. Schließlich ist in aller Öffentlichkeit von der Kanzel herab meine Beurlaubung ver­kündet worden, ohne daß nähere Erläuterungen gegeben wurden. Was Sie in Briefen später zur Klarstellung an mich geschrieben haben, sollte in gleicher Weise öffentlich bekannt gemacht werden, also zum Beispiel, daß keine dienstlichen Verfehlungen vorliegen, daß ich jederzeit eine Pfarrstelle erhalten könnte, usw.!“

 

Landesbischof Leich antwortete am 30. August 1991. In diesem Brief war ich nicht mehr der „liebe Bruder Heckert“, sondern es hieß: „Sehr geehrter Herr Heckert!“ Grund war meine Anlage in dem vorhergehenden Brief, in dem ich Dinge aus meiner Staatssicherheits-Akte zu­sammenfaßte. Diese wurden als Verleumdungen und unbewiesene Behauptungen bewertet (ich muß allerdings auch sagen, daß ich aus der späteren Kenntnis den einen oder anderen Vorgang heute anders beurteile).

 

Mein Ziel ist weiterhin eine Rehabilitierung. Es ist nicht damit getan, daß der Landeskirchenrat in Eisenach im Brief schreibt, es bestehe dafür kein Bedarf, weil mir ja kein Schaden entstanden sei, ich könne ja jederzeit eine Pfarrstelle in Thüringen übernehmen. Zur Rehabilitierung gehört auch Öffentlichkeit. Denn man hat ja auch mit Kanzelabkündigungen den Eindruck erweckt, daß ich etwas verbrochen hätte. Zumindest gehört dazu auch das Eingeständnis, daß man formale Fehler gemacht hat und die eigenen Bestimmungen nicht beachtet hat, wodurch erst meine Reaktion hervorgerufen wurde.

 

Jedenfalls machte ich deutlich, daß es mir um eine Rehabilitierung geht. Dazu gibt es nach meiner Meinung drei Möglichkeiten:

1. Rücknahme der Beurlaubung: Formal war sie nichtig, weil ich vorher nicht gehört wurde, aber auch sachlich war sie unangebracht, weil sie eine Zwangsversetzung erreichen wollte, ohne daß disziplinarisch etwas vorlag. Hier sagte Bischof Zippert (Kassel), daß das Sache der Thüringer sei. Ich wies ihn jedoch darauf hin, daß sein gutes Verhältnis nach dort auch in die Waagschale geworfen werden kann (Früher sagte Eisenach: Wir müssen auf Kassel Rücksicht nehmen)

2. Die Zulassung auf eine Pfarrstelle wäre mir auch Rehabilitierung, gerade weil jetzt deutlich wird, daß man gerade dieses von Schmalkalden aus verhindern will. Er fragte mich noch einmal, ob ich das wirklich wolle. Ich sagte: Vor zwei Jahren hätte ich sofort ja gesagt, heute würde ich mir das überlegen; ich verwies darauf, daß ich inzwischen eine zweite Berufsausbildung gemacht habe und ein zweites Standbein habe.

3. Wenn die Kirche nicht zur Rehabilitierung bereit ist, muß ich selber versuchen, die Hintergründe aufzudecken. Ich weiß allerdings nicht, ob ich jemals etwas dazu in die Hand bekomme. Und zu den Staatssicherheitsleuten möchte ich im Augenblick nicht gehen. Wenn die Betroffenen selber die Wahrheit sagten, wäre mir das lieber. Bei der Gelegenheit sprach ich noch von dem Staatssicherheitsspitzel aus Hessen, der Landesverrat begangen hat und mir sehr hätte schaden können.

Vielleicht gibt es kein gerichtsverwertbares Material mehr oder es wird mir nicht zugänglich. Aber wenn ich etwas erhalten sollte, würde ich es auch einsetzen. Wahrscheinlich würde ich es erst über das Landeskirchenamt in Kassel gehen lassen. Herr Vizepräsident Bielitz hat darum gebeten. Er ist der Erste, der einmal danach gefragt hat, das ist immerhin ein hoffnungsvolles Zeichen. Nur indem man die Vergangenheit wirklich bearbeitet, kam sie bewältigt werden.

 

Gründe für die Nicht-Anstellung:

Ich habe mich natürlich um eine Anstellung bei der kurhessischen Landeskirche bemüht mit dem Argument, ich hätte ja nur gegenüber Thüringen gekündigt, verstehe mich aber weiter als hessischer Pfarrer. Aber offenbar hatten sie den Schmalkaldern versprochen, mich auf keinen Fall wieder anzustellen. Auch in Kassel müssen sie Horrorgeschichten über mich erzählt haben. Schon am 17. April 1989 schrieb Präsident Bielitz aus Kassel an den Dekan, die kurhessische Kirche werde Pfarrer Heckert auf keinen Fall anstellen. Da hat Dekan Schreiber halt gut vorgearbeitet. Ich habe es übrigens auch in Hessen-Nassau versucht.

Die Evangelische Kirche von Kurhessen-Waldeck lehnte jedoch meine Anstellung ab. Mein Fall liegt anders als das, was man in den fünfziger Jahren im Blick hatte, als man über geflüchtete Pfarrer eine Sperre von zwei Jahren verhängte. Ich habe ja nicht als aktiver Pfarrer eine Gemeinde verlassen, sondern die Gemeinde hat mich verlassen, besser gesagt: die Mehrheit des Kirchenvorstandes. Auch der Landeskirchenrat, der mich doch in der Ordination verpflichtet hat, die Ordnung der Kirche zu wahren, hat mir keine Unterstützung gewährt. Deshalb habe ich ordnungsgemäß mein Dienstverhältnis gekündigt. Aber jetzt bin ich praktisch mit einem „Berufsverbot“ belegt.

Nachdem mir jahrelang keine Auskunft gegeben wurde, weshalb die Evange­lische Kirche von Kurhessen-Waldeck mich nicht anstellen will, habe ich dann in kurzer Zeit drei Begründungen gehört. Dabei ist mir klar, daß die dritte Aussage der eigentliche Grund ist, das andere ist nur nachgeschoben:

1. Erst hieß es, ich mische mich in unzulässiger Weise weiter in Steinbach-Hallenberg ein. Dabei habe ich mich nicht eingemischt. Es ist aber wohl so, daß die Leute innerhalb und außerhalb der Ge­meinde immer noch von meiner Zwangsversetzung reden. Durch mein persön­liches Erscheinen werden solche Diskussionen vielleicht wieder angeregt. Aber ich brauche dazu gar nichts zu tun. Weil man das Gerede nicht unterdrücken kann, sucht man einen Schuldigen. Damit will man wohl auch von der eigenen Schuld ablenken.

Man wird mir doch nicht verbieten wollen, nach Steinbach-Hallenberg zu gehen, so wie man mir auch nicht hätte verbieten können, weiter dort zu wohnen. Das Gerede wird man nur beenden können, wenn man rückhaltlos alles klärt. Und man könnte etwas dafür tun, indem man mich nicht weiter ausgrenzt, sondern mir eine Anstellung gibt. Die Leute spüren sehr genau die Ungerechtigkeit, daß die Täter in allen Ehren im Gottesdienst auftreten dürfen, während die Opfer weiter Opfer bleiben sollen.

 

2. Dann waren es meine angeblichen Staatssicherheitsvorwürfe gegen den Landessynodalen (!) Nothnagel. Man behauptete, daß ich wegen meiner Verdächtigungen gegen Herrn Nothnagel nicht angestellt würde. Aber das kann einfach nicht stimmen, weil zu diesem Zeitpunkt von solchen „Verdächtigungen“ noch gar keine Rede war. Es ging in Wirklichkeit nur ums Prinzip. Gegen Herrn Erich Nothnagel habe ich keine ungerechtfertigten Beschuldi­gungen erhoben. Ich habe nicht gesagt (was behauptet wurde), daß er seit 1985 innerkirchliche Angelegenheiten („Interna“) verraten habe. Das wäre nichts Besonderes, denn das haben verschiedene Kirchenvorsteher in Sitzungen angekündigt, ohne daß der anwesende Dekan widersprochen hätte. Ausplaudern kirchlicher Interna war in Steinbach-Hallenberg erlaubt. Gegen Herrn Nothnagel habe ich viel gewichtigere Einwände, die über eine mögliche Stasiverstrickung hinausgehen..

Ich weise die Behauptung zurück, ich würde an meinem früheren Dienstort un­gerechtfertigte Staats­sicherheitsbeschuldigungen verbreiten. Nach Rücksprache mit meiner Frau können wir uns nur an ein Gespräch etwa im Jahre 1991 erinnern, wo uns ein Ehepaar nach dieser Sache gefragt hat und wir unsre Meinung sagten (sie haben aber versprochen, nichts davon weiter zu sagen). Es ist wohl eher so, daß die Leute innerhalb und außerhalb der Gemeinde immer noch von den Vorgängen reden, die ja doch ungewöhnlich sind. Sie haben ja auch schon davon geredet, als ich noch da war.

 

3. Der eigentliche Grund aber ist: Die Pfarrkonferenz in Schmalkalden will nicht, daß ich ein Vorrecht habe. Wer nicht in Thüringen Pfarrer sein will, der soll es auch nicht in Hessen sein! Die Schmalkalder Pfarrer durften sich bisher nämlich auch nicht in Hessen bewerben (inzwischen ist aber der erste Fall da, wo es wohl zu einem Wechsel kommen wird). Man übersieht dabei aber, daß es bei mir ja etwas anderes ist, weil ich ja direkt aus Hessen stamme. Mit Thüringen verbindet mich nichts, zumal mich der Landeskirchenrat so ungesetz­lich behandelt hat. Die Schmalkalder können gut einem anderen raten, nach Thüringen zu gehen. Von ihnen ist ja auch keiner hingegangen. Aber wenn ich dorthin gegangen wäre, dann hätte es so ausgesehen wie ein normaler Wechsel und die Sache wäre aus der Welt gewesen. Daß ich mich da nicht gebeugt habe und bis heute Gesprächsstoff biete, nimmt man mir halt übel.

Und daß ich aber das Pfarramt ganz aufgeben würde, hatte man in der Pfarrkonferenz nicht erwartet. Es war allerdings nicht so, daß die Pfarrkonferenz einen formellen Beschluß gefaßt hat, daß mir die Wiederanstellung in einem Pfarramt versagt werden soll. Dekan Bedbur hat deshalb in den Protokollen nachgesehen und nichts dazu gefunden. In Kassel aber berief man sich auf den angeblichen Beschluß. Doch in Wirklichkeit handelt es sich dabei nur um eine Behauptung des Dekans Schreiber, der schon 1989 in Kassel deswegen vorgesprochen hatte, hier aber glatt gelogen hat („die ganze Pfarrkonferenz“).

 

Es tut mir auch leid um die Gemeinde, in der ich mit meiner Familie über zwei Jahr­zehnte versucht habe, das zu halten, was zu halten war, in der aber nun alles platt gemacht wird. Ich gehe nicht so weit wie Ursel, die meint, ihr Lebenswerk sei vergeblich ge­wesen. Aber ich sage weiterhin: „Ihr habt den Falschen in die Wüste geschickt! Der wahre Sündenbock meckert noch vor der Herde her, von der sich aber immer mehr absetzen!“ Die Gemeinde hat durchschaut, was da mit mir  gespielt wurde.

Pfarrer, die sich staatsfreundlich verhalten haben, sind weiterhin im Amt oder im Ruhestand und sollen darüber ent­scheiden können, daß ein anderer nicht wieder ins Amt kommt. Wahrscheinlich werden sie erst anders darüber denken, wenn ihre Verstrickung erwiesen ist und sie selber mit Maßnahmen rechnen müssen. Ich wünsche es aber keinem! Doch bisher setzt man noch auf diese Leute und will die anderen mundtot machen (ich bin ja nicht der einzige, dem es so geht). Klüger wäre es jedoch nach meiner Meinung, statt Diskriminierung die Kritiker einzubinden durch eine Anstellung, damit sie nichts mehr sagen können.

 

Gespräch mit Pfarrer Scholz 1994:

Im September 1994 führte ich ein Gespräch mit dem Oberstädter Pfarrer Scholz, um das mich der Prälat der Landeskirche gebeten hatte. Zuerst wollte ich von Herrn Scholz wissen, ob der Wunsch zu einem Gespräch von Herrn Nothnagel ausgegangen sei. Er mußte das verneinen, der Prälat habe ihn darum gebeten, in dieser Sache zu vermitteln. Das war für mich aus den Worten des Prälaten nicht hervorge­gangen, ich war der Meinung, hier seien schon Sig­nale einer Meinungsänderung von Herrn Nothnagel vorausgegangen.

Aber offenbar sollte Herr Scholz erst nach dem Gespräch mit mir mit Herrn Nothnagel Kontakt aufnehmen. Aber Herr Scholz sagte klipp und klar: „Es ist nicht zu erwarten, daß Herr Nothnagel oder auch der Kirchenvorstand ein Wort des Bedauerns finden für das, was damals geschehen ist!“ Damit ist natürlich jedes Gespräch sinnlos.

Sehr schnell wurde deutlich, was der eigentliche Grund für den Versuch des Prälats ist, die Sache mit Steinbach-Hallenberg aus der Welt zu schaffen: Die Gemeindeglieder fragen immer wieder nach Pfarrer Heckert. „Es vergeht kaum eine Woche, wo ich nicht auf dieses Thema angesprochen werde. Ich kann den Namen Heckert schon nicht mehr hören!“ Ich mußte Herrn Scholz erst klarmachen, daß ich die Beurlaubung einfach im Briefkasten fand und erst drei Wochen später ein Gespräch mit mir angesetzt war. Warum werden solche Tatsachen in Steinbach-Hallenberg nicht klipp und klar mitgeteilt?

Falsch ist auch die Behauptung, ich hätte gesagt, eindeutige Beweise gegen Herrn Nothnagel zu haben. Ich habe gesagt, daß ich mehr als nur Hinweise auf einen Staatssicherheitshintergrund habe, nämlich aus den Akten und aus mündlichen Aussagen. Aus diesen Mosaiksteinen ergibt sich für mich ein Gesamtbild, in das nach meiner Meinung auch Herr Nothnagel hinein­gehört. Das ist aber etwas ganz anderes, als es Oberlandeskirchenrat Bielitz wiedergegeben hat.

Das ist es also: Sie wollen Ruhe haben, und ich soll die Hand dazu reichen, ohne daß etwas geklärt ist. Genauer noch: Ich soll mich schuldig bekennen und die Gemeinde dazu auffordern, Gras über die Sache wachsen zu lassen. Der Sinn der ganzen Veranstaltung war offenbar, daß ich öffentlich zugeben soll, daß ich an der ganzen Misere schuld bin, damit das Gerede in der Gemeinde endlich aufhört.

Ich würde in der Tat auch zugeben, daß ich zu vertrauensselig war und mich zu sehr darauf verlassen habe, daß die kirchlichen Vorschriften auch wirklich gelten. Ich hätte besser alles laufenlassen sollen oder die Verant­wortung nach oben abschieben sollen. Aber ich kann heute dem Kirchenvorstand und der Pfarrkonferenz kein gutes Gewissen geben. Man hat sich ja längst entschieden und will nie wieder davon abgehen. Ich soll jetzt nur noch klein beigeben und meine Opferrolle annehmen und auf alle Fälle auch weiter Opfer bleiben.

Ich sehe nicht so recht, wie ich in dieser Situation helfen kann. Überall soll nur zugedeckt werden. Doch hier eitert ein Geschwür, das eines Tages schlimm her­vorbrechen wird. Dabei könnte längst alles ausgestanden sein. Die Gemeinde hätte Verständnis dafür, wenn wirklich ehrlich und offen aufgearbeitet würde. Doch möglich ist das nur, wenn wenigstens irgendwo ein Versagen eingesehen würde und Worte des Bedauerns ausgesprochen würden.

 

Es könnte natürlich sein, daß Herr Nothnagel sich inzwischen geändert hat und nicht mehr die Probleme macht wie damals. Herr Pfarrer Scholz sagte, die Termine und Inhalte der Kirchenvorstandssitzungen würden jetzt mit ihm abgesprochen, es gäbe kein Einmischen mehr in Pfarrr­amts­an­gelegen­heiten, das Protokollbuch sei nicht mehr bei Herrn Noth­­nagel. Daraus kann ich also entnehmen, daß es damals nur gegen mich persönlich gegangen ist, und daß Herr Nothnagel nicht der Meinung ist, es müsse immer so verfahren werden, wie damals von ihm verfahren wurde.

Herr Scholz äußerte, daß im Kirchenvorstand auch weiterhin noch ,,dicke Brocken“ sind. Seine Frau wurde noch deutlicher und sagte: ,,Es ist immer noch dasselbe!“ Nur müssen sie halt stillhalten, weil sie ja wissen, was sonst passiert. Offenbar hat sich in den letzten fünf Jahren nichts geändert.

Weiterhin hatten nur einige Laien das Sagen. Sie haben einen strom­linien­för­migen Kirchenvorstand geschaffen. Gerade die jungen Leute sind wieder ausgeschieden, weil sie sich dem Diktat der ,,Macher“ nicht beugen wollten. Ein Laie kann eine viel schlim­mere Diktatur au­süben, als es ein Pfarrer je wagen würde. Das sage ich heute, obwohl ich immer für den Laienvorsitz im Kirchenvorstand war. Ich halte ihn auch heute noch für angebracht. Aber wehe, wenn hier jemand hochgespült wird, der anderswo in der Gesellschaft nicht zum Zuge gekommen ist

 

Daß sich nichts geändert hat und Herr Nothnagel weiterhin das Sagen hat, zeigt ein Beispiel, das Herr Scholz erzählte: Bei der Kirmes war eine Frau tot umgefallen. Die Angehörigen kamen zur Kirchenkasse, um die Beerdigung anzumelden und diese wurde dort auch vereinbart (offenbar wie üblich ohne Rücksprache mit dem Pfarrer). Erst nachträglich will man bemerkt haben, daß die Verstorbene aus der Kirche ausgetreten war. Nun war aber die Zusage schon gemacht.

Mir ist klar, was ich in einem solchen Fall gemacht hätte (zumal die Verstorbene zu Lebzeiten ausdrücklich abgelehnt hatte, ihr Kind zur Christenlehre zu schicken): Ich hätte die Trauerfeier abgelehnt und der Mitarbeiterin auf der Kirchenkasse gesagt, sie müsse den Fehler wieder ausbügeln. Ich hätte so entschieden, um der Glaubwürdigkeit der Verkündigung willen. Aber das wurde mir immer als Gesetz­lichkeit ausgelegt; dabei habe ich nichts anderes gemacht, als was ich schon bei der Ordination versprochen habe, nämlich die Ordnung der Kirche zu wah­ren.

So ein Fehler, daß man nichts von dem Kirchenaustritt gewußt haben will, kann gar nicht vorkommen, weil man ja als erstes die Karteikarte zieht. Doch hier war offenbar die Bekannt­schaft (oder sogar Verwandtschaft?) wichtiger. Herr Nothnagel jedenfalls entschied, daß die Trauerfeuer vom Pfarrer gehalten werden muß. Schwer ist für mich nur: Diese Leute wie Herr Nothnagel repräsentieren die Kirche und dürfen Gottesdienst halten. Aber mir wurde zehn Jah­re lang selbst ein ehrenamtlicher Dienst in der Kirche verwehrt.

 

Am 30. Oktober 2006 schrieb ich noch einmal an Pfarrer Scholz, der mir die Festschrift über die Kirche übersandt hatte und dazu noch ein persönliches Nachwort geschrieben hatte: „Lieber Herr Scholz, Zu Ihrem persönlichen Nachwort möchte ich Folgendes sagen: Der Eindruck ist völlig falsch, ich wolle „die Dinge“ nicht ruhen lassen. Ich will sie ja wirklich ruhen lassen und nicht wieder aufrühren. Sie haben sicher recht, daß diese „alten Sachen“ viele Menschen nicht mehr interessieren und heute ganz andere Probleme im Vordergrund stehen. Auch vergifte ich nicht mein Leben, das wäre ein völlig falscher Eindruck. Ich habe von Anfang an gesagt: Es ist nun einmal so gelaufen, daran läßt sich jetzt nichts mehr ändern, jetzt wird nach vorne geschaut! Ich habe es ja auch wirklich gut getroffen.

Manchmal denke ich sogar, ich hätte die körperliche Belastung mit wöchentlich 60 bis 80 Stunden nicht noch länger ausgehalten. Und ich habe manchmal die Befürchtung, daß unsere beiden Söhne sich im Pfarramt ebenso aufreiben. So hatte ich noch einmal zehn ruhigere Jahre und nun schon wieder sieben Jahre wie im Kommunismus, wo ich tun und lassen kann, was ich will, weil die wirtschaftlichen Verhältnisse abgesichert sind.

Wenn ich an Steinbach-Hallenberg zurückdenke, dann stehen mir nicht in erster Linie die wenigen Quertreiber vor Augen, sondern die vielen Menschen, die mir glückliche und zufriedene Jahre beschert haben. Für sie habe ich meine besten Jahre dahingegeben, ich war gerne Pfarrer und bin sehr froh, darüber, daß ich Theologie studieren konnte, denn in erster Linie hat mir das persönlichen Gewinn gebracht.

Ich warte nicht auf eine göttliche Gerechtigkeit, sondern auf die geschichtliche Wahrheit, soweit es diese gibt. Auch nach der Nazizeit hat es 40 Jahre gedauert, bis in der Thüringer Kirche hinter vorgehaltener Zeit über die Verstrickung der Pfarrer in die damalige Staatspartei geredet wurde. Es wird einmal eine Generation kommen, die unbefangener über die 40 Jahre SED-Herrschaft forschen will. Da sollen nicht die Täter allein die Deutung geben, nur weil sie fast ausnahmslos im Amt geblieben sind.

Nur eine einzige Bitterkeit bleibt noch von all diesen Vorgängen zurück. Ich zitiere dazu aus meinem Buch „Kirche ohne Staatssicherheitsspitzel“: „Hätte ich mich im Januar 1989 zur Zusammenarbeit mit der Staatssicherheit bereit erklärt, wäre ich heute noch (im Jahre 2000) Pfarrer in Steinbach-Hallenberg. Man hätte sofort den kirchli­chen Stellen signalisiert, daß man nichts mehr gegen Heckert habe und dieser das gute Ver­hältnis zwischen Staat und Kirche in Dekanat Schmalkalden nicht mehr störe. Daraufhin hä­t­te man von kirchlicher Seite alle Anschuldigungen fallenlassen, denn sie waren ja sowieso kaum sachlich begründet, sondern wurden mit Gewalt herbeigezogen, um einen Vorwand zu haben!“ Schließlich hatte die Stasi sich im Jahresplan für 1989 vorgenommen, daß sie mich anwerben wolle, weil ich als bisheriger erklärter Gegner unverdächtig für ihre Zwecke sei.

Noch ein Zitat: „Das Haus war jedenfalls nicht der Grund, weshalb ich keine andere Pfarrstelle annehmen wollte. Dafür war ausschlaggebend, daß ich mir nicht vorstellen konnte, wieder eine Gemeinde zu finden, in der es mir so gut gefallen würde wie in Steinbach-Hallenberg, und daß mir Oberkirchenrat Kirchner gedroht hatte, wenn es in einer anderen Gemeinde wieder so Auseinandersetzungen mit dem Staat geben würde, dann würde man mich ganz aus dem kirchlichen Dienst entfernen. Trotz aller Schwierigkeiten fühlte ich mich in Steinbach wohl, weil die Gemeinde anders war als einige ihrer Repräsentanten, die sich lautstark zu Wort meldeten.“

 „Was Sie über Herrn Nothnagel geschrieben haben, ist typisch. Er ist nie von der Gemeinde gewählt worden, auch als er noch vernünftig und normal war. Ich habe das nicht so recht verstanden, weil er sich doch in guter Weise engagierte. Aber die Gemeinde wußte offenbar mehr. Und ganz war es natürlich aus, als er nach der Ablehnung einer privaten Westreise in anderem Auftrag innerhalb von zwei Monaten dreimal im Westen war. Da wußte jeder, wie der Hase lief (Die Leute sagten, sein Bruder haben ihn hochkantig rausgeworfen, als er mit seinem Anliegen kam). Herr König war schon immer alterssenil. Aber diese Leute haben damals den Ton angegeben und beim Dekan Gehör gefunden.“

„Eine Verurteilung liegt mir fern. Ich glaube auch, daß die Gemeinde und die Öffentlichkeit gelassen reagieren wird. Es gibt keine Enthüllungen, keine Abrechnung. Es besteht kein Anlaß, nachtragend zu sein oder nach Bestrafung zu rufen. Aber man sollte ehrlich und offen darüber reden.“

 

 

 

 

Ergänzungen zur ursprünglichen Chronik durch Pfarrer Scholz 1989 - 2000

(mit Anmerkungen von Peter Heckert)

 

Die Vakanz- und Wendezeit 1989 - 1990:

Die letzten Jahre des 20. Jahrhunderts waren für die Kirchengemeinde geprägt von großen Veränderungen. Sie forderten von den Gemeindemitgliedern ein hohes Maß an Verständnisbereitschaft, Anpassungsvermögen und Treue zur Sache der Kirche und des Glaubens. Das betraf sowohl die personellen Veränderungen im Wechsel der Pfarrer und Mitarbeiter, wie auch die wirtschaftlichen mit der Einführung der Kirchensteuer nach westlichem Vorbild, als auch die politischen im Verhältnis zur Schule, zur Kommune und zum Staat.

Da war nach der „Wende“ 1989 / 90 kaum noch etwas so, wie es vor der Wende war. Manches treue Kirchenmitglied konnte darüber einerseits nur verwundert den Kopf schütteln, wieviel Altgewachsenes und Vertrautes „den Bach herunter ging“, - andererseits sich aber auch wiederum darüber freuen und befreit aufatmen, wie viele neue Möglichkeiten sich der Kirche auftaten.

Wieder andere Gemeindemitglieder waren so sehr mit den veränderten wirtschaftlichen,

politischen und familiären Bedingungen beschäftigt, daß sie für die Probleme der Kirchengemeinde gar keinen Blick hatten. Und die Kirchengemeinde hatte Probleme - große sogar. Wer die bisherigen Ausführungen sorgfältig gelesen hat, wird sich nicht darüber wundern, daß die Streitigkeiten innerhalb der Kirchengemeinde nicht spurlos am Gemeindeleben vorübergegangen sind.

[Daß die Kirchengemeinde ohne eine Vielzahl an Mitarbeitern da stehen würde, war ja vorher klar: Innerhalb eines Vierteljahres hatte man sechs Mitarbeiter (also ein Drittel) hinausgedrängt. Herr Pfarrer Peters war auch vorher schon ständig ausgefallen: In den fünf Jahren mußte er zwei volle Jahre vertreten werden. Vor allem wenn viel Arbeit drohte, meldete er sich krank. Die Gemeinde hat aber deshalb nichts entbehrt: Die Gottesdienste gingen vollständig weiter, die Amtshandlungen wurden abgedeckt, die Verwaltung war in Ordnung, selbst Bauvorhaben wurden durchgeführt. Die Differenzen und Meinungsverschiedenheiten zwischen Pfarrerschaft, Kirchenvorstand sowie Dekan lähmten und belasteten die Arbeit in der Kirchengemeinde nicht. Der Gemeinde konnten die Angriffe von Seiten einiger Kirchenvorsteher und einiger Mitarbeiter egal sein, das berührte sie nicht].

Es ist zwar nicht zu einer Spaltung gekommen, aber die Gegner und die Befürworter von Herrn Pfarrer Heckert standen sich sehr reserviert gegenüber. Seit der Amtsniederlegung

von Pfarrer Heckert und dem fast gleichzeitigen vorzeitigen Ausscheiden von Pfarrer Peters aus gesundheitlichen Gründen hatte die Kirchengemeinde zunächst erst einmal das Problem,

überhaupt wieder einen Pfarrer zu haben

[Es kam zu keiner Spaltung der Gemeinde, weil ich mich trotz allem loyal zur Kirche verhielt. Das wollte ich der Gemeinde nicht auch noch antun, nachdem sich rund hundert Jahre vorher schon die Altlutheraner abgespalten hatten und es in Altersbach die Methodisten gab (zu denen ich im übrigen auch hätte gehen können). Durch mein Privathaus hätte ich sofort die Möglichkeit gehabt, Gemeindeglieder zu besonderen Veranstaltungen einzuladen, im Keller war ein genügend großer Raum. Zumindest für eine gewisse Zeit wäre da etwas möglich gewesen aber. Aber dann wäre es wirklich zu einer Spaltung gekommen. Da muß das Wohl der Gemeinde im Vordergrund stehen, denn die Pfarrer kommen und gehen, aber die Gemeinde

bleibt].

In Person von Herrn Pfarrer Wolfgang Schulte aus Oberschönau fand sich ein rettender Helfer in Not! Er war zuvor schon von Dekan Schreiber im Dezember 1988 zum „Geschäftsführenden Pfarrer“ berufen, weil die Differenzen und Meinungsverschiedenheiten zwischen Pfarrer­schaft, Kirchenvorstand sowie Dekan die Arbeit lähmten und belasteten. So sollte er, gleichsam „von außen“, die Geschäfte führen [Herr Pfarrer Schulte war nicht „der große Retter“. Er hatte offenbar die Absicht, eine Pfarrstelle in Steinbach-Hallenberg zu übernehmen. Als er aber Einsicht in die sogenannten „Steinbacher Verhältnisse“ gewann, gab er das wieder auf und nahm später eine andere Pfarrstelle an. Aber in Steinbach hat er sich kräftig eingemischt und die Sache noch verschärft: Nachdem ihm die Geschäftsführung übertragen worden war, wollte er auch die pfarramtlichen Aufgaben an sich ziehen und verlangte, daß die Leute wegen einer Patenbescheinigung zu ihm nach Oberschönau kommen sollten. Weil er das Unterstädter Pfarrhaus frei haben wollte, ging er zum Kantor und wollte „Nägel mit Köpfen“ machen und sagte ihm, er müsse sich umgehend eine andere Wohnung suchen (Heckerts hatten zeitweise zwei weitere Mietparteien mit im Haus, aber jetzt sollte das ganze Haus dem Pfarrer zur Verfügung stehen)].

Doch es sollte noch schlimmer kommen: Nicht nur der Unterstädter Pfarrer war zu vertreten,

auch der Oberstädter war nicht voll dienstfähig. Durch das krankheitsbedingte Ausscheiden

von Pfarrer Peters aus dem Dienst wurde Pfarrer Schulte noch sein Vertreter in der Oberstadt und somit zeitweise Hauptvertreter für beide Pfarrstellen mit damals noch etwas über 4.000 Gemeindemitgliedern, - und das neben seiner eigenen Gemeindearbeit, die unter den Verhältnissen in Steinbach zwar mitleiden, aber nicht leiden durfte!

Eine Leistung von Pfarrer Schulte, die nicht hoch genug einzuschätzen und zu bedanken ist. Zusammen mit anderen Pfarrern des Dekanats, dem Kirchenvorstand, Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowie engagierten Gemeindemitgliedern wurde das kirchliche Leben dennoch einigermaßen aufrecht erhalten.

Glücklicherweise lief der Evang. Kindergarten mehr oder weniger selbständig weiter wie bisher unter der erfahrenen Leitung von Schwester Anni Grünwald, ab 1991 unter Marion Lieberknecht als ihrer Nachfolgerin und natürlich den Mitarbeiterinnen des Hauses. Auf der Vertretungsbasis stand das gesamte Gemeindeleben, wenn es auch in der Gemeinde auf Unverständnis, ja teilweise Ablehnung stieß, wie mit einem fleißigen und langjährigen Seelsorger wie Pfarrer Heckert ihrer Meinung nach umgegangen worden ist.

Die Kirchenvorstandswahlen am 23.04. 1989 konnten, trotz der zerrütteten Verhältnisse,

ordnungsgemäß durchgeführt werden. Es fanden sich in allen drei Gemeindebereichen ge­nügend fähige und willige Mitglieder der Kirchengemeinde, die bereit waren, gerade in dieser schwierigen Zeit Verantwortung zu übernehmen und mitzuarbeiten.

[Die Kirchenvorstandswahlen im Jahr 1989 wurden nicht korrekt durchgeführt, denn die Gemeinde wurde zum Beispiel nicht aufgefordert, Kandidaten vorzuschlagen. Die Kandidaten wurden allein von Herrn Erich Nothnagel aufgestellt (natürlich in seinem Sinne), und der Dekan deckte das mit der Behauptung, in der vorliegenden Situation könne man gar nicht anders verfahren].

Zum Glück gab es aber die Diakonissen-Station mit Schwester Irma Weigelt noch. Die Krankenbesuche und die Betreuung der Alten und Gebrechlichen lag in ihren erfahrenen treuen Händen und war dort gut aufgehoben. Schwester Irma konnte am 1. Mai 1989 ihr 25-jähriges Dienstjubiläum als Diakonisse in Steinbach-Hallenberg feiern.

Vielen Gemeindemitgliedern hat „Schwester Irma“ nicht nur medizinisch, sondern auch in seelsorgerischer Weise geholfen, mit Krankheit und Leid fertig zu werden. Das war in jener Zeit besonders wichtig, weil ein Pfarrer als Seelsorger für die Gemeinde fehlte. So ist auch ihr in dieser schwierigen Zeit viel zusätzliche Verantwortung zugewachsen. Dankbar ist ihr Andenken noch heute in der Gemeinde lebendig! Etliche Jahre hat sie auch die Frauennachmittage und Frauenabende in Altersbach sowie in der Stadt - im Wechsel mit einem Pfarrer - gehalten.

[Schwester Irma war zwar medizinisch einwandfrei. Aber in der Gemeinde war sie nicht sehr beliebt, weil sie bei den Patienten auch schon einmal in die Schublade sah und die Leute aufdringlich aushorchte. Mit Seelsorge hatte das wohl nichts zu tun].

Was sich politisch im Laufe des Sommers bereits abzeichnete, wurde im Herbst des Jahres dramatisch: Tausende und Abertausende Bürger verließen die DDR Tag für Tag fluchtartig über Ungarn bzw. Prag und setzten sich in die Freiheit ab.

Überall im Land öffnete die Evangelische Kirche ihre Türen. „Friedensgebete“ und Gesprächsforen zu politischen, wirtschaftlichen und sozialen Fragen der Gesellschaft breiteten sich wie ein Lauffeuer im Land aus. „All diese Entwicklungen machten auch vor Steinbach nicht Halt“, schreibt Pfarrer Schulte in der Chronik. „Die Schwierigkeit bestand zu dieser Zeit darin, daß in Steinbach- Hallenberg praktisch kein Pfarrer zur Verfügung stand, der sich in die „Wende“ aktiv hätte einschalten können.“ So spielte die Evang. Kirche in Steinbach-Hallenberg, anders als sonst in der gesamten DDR, nur eine untergeordnete Rolle.

[Bei der Wende spielte Steinbach-Hallenberg deshalb keine große Rolle, weil der Dekan, Pfarrer Schulte und Erich Nothnagel alle Bestrebungen der Bürgerbewegung abblocken wollten. Als die Kirchenleitung längst verfügt hatte, daß die Kirchen zur Verfügung gestellt werden sollten, verweigerte Herr Schulte die Öffnung der Kirche. Erst das entschlossene Auftreten der Bürger unter Leitung von Frau Marie Bühner erwirkte die Öffnung der Kirchentür. Daß Herr Schulte dann am 8. November eine Versammlung leitete, machte ihn nicht zum Träger der Wende].

Die Initiative zu den ersten „Wendeveranstaltungen“ hier ging von der Gastwirtin Marie Bühner vom „Steinbacher Wirtshaus“ im Oktober 1989 aus, die mit ihren Mitdemonstranten erreichte, daß auch in Steinbach Menschen in der Kirche zusammen kommen konnten zum Gebet, zum Meinungsaustausch und zur friedlichen Umgestaltung unserer Gesellschaft. „Die Kirche war dabei brechend voll und jeder konnte nach vorn kommen und frei seine Meinung sagen“, erinnert Pfarrer Schulte in der Chronik. Und weiter: „Die geistliche wie organisatorische Leitung hatte der Prädikant Rainer Usbeck übernommen. Von dieser Zeit an fand jeden Montag eine Demonstration in Steinbach-Hallenberg statt, angeführt in der Regel von der handfesten Wirtin Marie Bühner. Sie führte von der Kirche die Hauptstraße hinauf und über den großen Parkplatz unterhalb der Apotheke die Wolffstraße hinunter bis zum Schulhof. Dort fand dann jeweils eine Kundgebung statt, die ebenfalls von Rainer Usbeck organisiert wurde!“ so Pfarrer Schulte weiter.

Er berichtet auch von einem Gemeindeabend am 08.11.89 in der Kirche, den er selbst geleitet und moderiert hatte und zu dem alle Parteien und alle Kirchen eingeladen waren - und auch kamen. Unter dem Druck der Flüchtlinge und der Friedensgebete hatte inzwischen die DDR- Führung kapituliert: Am 18.10.1989 trat Erich Honecker als Partei- und Regierungschef zurück, die innerdeutsche Grenze fiel und mit ihr der Machtapparat der SED.

Zurück blieben Menschen, die in einem Machtvakuum ihr Leben nun selbst, in Freiheit und ohne Parteidoktrin versuchen wollten und mußten zu organisieren. Dazu trafen sich engagierte Frauen und Männer aus allen Kreisen, Parteien und Gruppen („Neues Forum“) an sogenannten „Runden Tischen“.

Auch in Steinbach fanden Gespräche am „Runden Tisch“ statt, die das Zusammenleben ohne handlungsfähige Regierung ermöglichte. Die Leitung hatte auch da meistens Prädikant Usbeck. Zwei Mitglieder des Kirchenvorstandes beteiligten sich auch daran: Erich Nothnagel und Wolfgang Pyka. Aus den Mitgliedern dieses „Runden Tisches“ ging u.a. der spätere erste, frei gewählte Bürgermeister der Stadt, Herr Dieter Häfner (+ 19.03. 2000) hervor. Mit den Kommunalwahlen am 18. März 1990 war die Aufgabe der „Runden Tische“ erfolgreich beendet.

Zusammenfassend kann man sagen: Trotz dieser bewegten und bewegenden „Wende“- Zeiten konnte, dank vieler nebenamtlicher Helfer, der Ruheständler, der Pfarrerschaft des Dekanates, der Mitarbeiter und- innen sowie des Kirchenvorstandes das kirchliche Leben der Gemeinde einigermaßen aufrecht erhalten werden.

 

Wiederbesetzung der Pfarrstellen:

Anfang des Jahres 1990 bemühte sich der Kirchenvorstand darum, zunächst erst einmal wenigstens die Unterstädter Pfarrstelle wieder zu besetzen. In der Oberstadt wohnte ja noch Pfarrer Peters, wenn auch gesundheitlichen Gründen sein Dienstende abzusehen war, was auch mit der Pfarramtsübergabe am 29. Mai 1990 an Pfarrer Schulte schließlich so geschah. Bewerber für die Unterstädter Pfarrstelle und Gastprediger hatte es bereits mehrere gegeben, die aber dann letztendlich alle wegen der Wohnungssituation in Steinbach wieder abgesagt hatten [Die Bewerbung von Pfarrern scheiterte nicht an den Wohnverhältnissen. Im Unterschied zu früher war ja das ganze Haus leer. Es war auch in einem guten Zustand (Dekan Schreiber sprach sogar von einem „Schlößchen“). Es fehlte eine Zentralheizung, aber das war damals

üblich, die gab es auch in anderen Pfarrhäusern kaum. Erst als Herr Bär die Wohnung blockierte spielte auch das eine Rolle (Hier sieht man einmal, wie gut es war, daß die Familie Heckert in einem Privathaus wohnte, auch wenn sie deswegen von den anderen Pfarrern beneidet und bekämpft wurde). Die Bewerbung von Pfarrern scheiterte an den „Steinbacher Verhältnissen“, an der Herrschsucht von Erich Nothnagel, der weiterhin im Kirchenvorstand und in der Gemeinde das große Wort führte. Daß sich da nichts geändert hatte, bestätigte Frau

Scholz, auch wenn ihr Mann das gar nicht gern sah].

 

Jürgen Bär, Unterstädter Pfarrer 1990 - 1991:

Aus seiner Amtszeit ist chronistisch zu berichten: Als ehemaliger Superintendent, aus Ebe­leben kommend, wurde er Anfang 1990 auf die Pfarrstelle gewählt, aus loben genannten Wohnungsgründen aber erst am 01.10. 1990 in sein Amt als Unterstädter Pfarrer eingeführt. Damit war wenigstens eine Lücke geschlossen und die Gemeinde, der Kirchenvorstand, die Mitarbeiterschaft sowie Pfarrer Schulte konnten aufatmen.

Noch ohne Pfarrer Bär fand ein großes Chortreffen des Dekanats Schmalkalden unter Leitung von KMD Kantor Gannott (Schmalkalden) in Steinbach statt. Die Goldene Konfirmation wurde von Pfarrer Krahmer (Schmalkalden) gehalten und konnte so, trotz Vakanzsituation, gefeiert werden.

Erstmalig fand am Himmelfahrtstag die Andacht im Freien statt - oben auf dem „Philipps­­wieschen“. Pfarrer Bär startete dann gleich eine Initiative zur Zusammenlegung der beiden Kindergärten unter kirchlicher Trägerschaft, was aber von den Mitarbeitern und -innen beider Einrichtungen abgelehnt wurde. Für den Friedhof wurde eine paritätische Kommission aus Stadtverwaltung und Kirchengemeinde gebildet, wobei die Verwaltung bei der Kirchengemeinde blieb. In diesem Zusammenhang wurde die Friedhofskirche auch für „weltliche“ Trauerfeiern freigegeben.

In Altersbach wurde am 17. Juni das 150. Jubiläum des Kirchsaales feierlich begangen.

Über weitere Ereignisse und Veranstaltungen in der Kirchengemeinde im Jahr 1991 kann leider keine verlässliche Auskunft gegeben werden, da Pfarrer Bär als geschäftsführender Pfarrer keine Einträge in der Chronik der Kirchengemeinde hinterlassen hat. Aus anderen Quellen ist aber zu berichten, daß Pfarrer Bär bereits im Sommer 1991 die Pfarrstelle Unterstadt wieder aufgab und die neue Stelle eines „Beauftragten für Kirchenfragen“ in Erfurt bei der Landesregierung Thüringens übernahm.

Als einziger Pfarrer des Dekanats hatte er vergeblich im Pfarrkonvent Schmalkalden und wohl auch im Kirchenvorstand für den Anschluss an die Thüringer Landeskirche geworben und sich damit gegen die Wiedereingliederung in die angestammte Kirche von Kurhessen-Waldeck positioniert. Pfarrer Bär hat daraus die Konsequenzen gezogen und ist nach Erfurt gegangen [Ich hätte auch gegen eine Wiedereingliederung gestimmt, weil sie genauso wie die Ausgliederung nur aus finanziellen Gründen erfolgte. Die Pfarrer allerdings hatten zunächst keine Vorteile davon, denn bei der Besoldung blieb es zunächst beim Alten. Aber die Gemeinden hatten große Vorteile durch die Baumaßnahmen. Die bei der Ausgliederung in den Vordergrund geschobenen konfessionellen Unterschiede spielten jetzt keine Rolle mehr, sie wären mit dem Zusammengehen der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Thüringen mit der Evangelischen Kirche der Provinz Sachsen auch weggefallen].

 

Ulrich Behr, Unterstädter Pfarrer 1991 - 1992:

Aus seiner Amtszeit kann leider nichts berichtet werden, weil er sein Amt gar nicht angetreten hat. Pfarrer Behr aus Goseck (Sachsen-Anhalt) hatte sich um die vakante Pfarrstelle Unterstadt beworben und wurde eine Woche nach der Amtseinführung von Pfarrer Scholz in der Oberstadt am 27. Oktober 1991 nach gehaltener Probepredigt und anschließendem Bewerbungsgespräch vom Kirchenvorstand zum Unterstädter Pfarrer gewählt.

Somit wären, seit langer Zeit, zum Ende Oktober 1991 endlich wieder einmal beide Pfarrstellen in Steinbach mit eigenen Pfarrern besetzt gewesen - wenn Pfarrer Bär aus der Wohnung im Unterstädter Pfarrhaus ausgezogen wäre! Aber statt, wie abgesprochen, die Wohnung für seinen Nachfolger zum 1. Advent zu räumen, blieb Pfarrer Bär (als Thüringer Kirchenrat!) bis Ostern 1992 und blockierte damit das Pfarrhaus und die Wiederbesetzung der Unterstadt.

Dadurch konnte der neugewählte Pfarrer Behr mit seiner Frau nicht nach Steinbach kommen und blieb in seiner Gemeinde Goseck. Als die Wohnung dann Ostern schließlich frei wurde, zog er seine Wahl zurück und trat die Stelle nicht an, was sehr bedauert wurde, zumal seine Frau Katechetin war und die Christenlehre hier übernehmen wollte, woran dem Kirchenvorstand sehr viel lag! Eine erneute Vakanzzeit von 10 Monaten war die Folge.

 

Ulrich Köppelmann, Unterstädter Pfarrer 1992 - 1993:

Aus seiner Amtszeit ist chronistisch zu berichten: Als Rückkehrer kam er mit Ehefrau und drei Kindern aus Südafrika, wo er als deutscher Pfarrer für mehrere Jahre eine Auslandspfarrstelle inne gehabt hatte. Pfarrer Köppelmann hoffte wohl, im ehemaligen DDR- Kirchengebiet noch am ehesten die ihm lieb und vertraut gewordenen afrikanischen kirchlichen Verhältnisse anzutreffen bzw. aufbauen zu können. Nach Auseinandersetzungen im Kirchenvorstand, mit

Pfarrer Scholz als „Geschäftsführender Pfarrer“, und den Mitarbeitern ist Pfarrer Köppelmann nach knapp einem Jahr in Steinbach im Sommer 1993 weggegangen.

 

 

Hans- Joachim Scholz, Oberstädter Pfarrer seit 1991:

Aus seinen Zeiten als „Geschäftsführender Pfarrer“ und Vakanzvertreter ist chro­nistisch zu berichten: Eine Woche vor seinem Dienstantritt war Mitte Oktober 1991 der Wechsel im Dekan-Amt in Schmalkalden. Dekan Alfred Schreiber hatte das Dekanat viele Jahre erfolgreich und souverän geleitet und stets den engen Kontakt zur angestammten Kirche „Kurhessen- Waldeck“ lebendig gehalten, - ganz im Sinne der Pfarrerschaft [Diese hatte sich mit großer Mehrheit für den Anschluß an Thüringen entschieden!].

Auf der Frühjahrssynode am 08.05.1990 in Hofgeismar hatten darum Dekan Schreiber und Pfarrer Bunge (Trusetal) die Rückführung des Dekanats angemahnt. Am 15. 06. 1991 war dies juristisch perfekt und das Dekanat damit wieder ein Kirchenkreis der Kirche von Kurhessen - Waldeck (EKKW).

Am Ende seiner Dienstzeit sah sich Dekan Schreiber (+ 15.07.1998) damit belohnt, daß sein Festhalten an der angestammten EKKW Früchte trug: Als Nachfolger in das Amt wurde Pfarrer Ulrich Braner aus Bad Wildungen von der Kirchenleitung berufen. Mit seiner Einführung wurde zugleich die Einrichtung eines „Kirchlichen Rentamts“ als Verwaltungszentrale des Dekanats vorangetrieben, wie es den kurhessischen Richtlinien der EKKW entsprach. Mit der Berufung Dekan Braners war ein entscheidender Schritt zur Wiedereingliederung des Dekanats in die kurhessische Kirche gelungen. Die volle Angleichung der Pfarrerschaft an die Maßstäbe der EKKW erlebte Dekan Braner in seiner Amtszeit freilich nicht, obwohl er sich stark dafür eingesetzt hatte. Erst ab 01.01.2002 fand unter seinem Nachfolger Dekan M. Bedbur dieser Angleichungsprozeß seinen vorläufigen Abschluss.

 

Für die Gemeinden spielten diese kirchenrechtlichen und kirchenpolitischen Dinge auch eine große Rolle. Denn verschiedene, tief im Leben der Gemeinden verwurzelte Aufgabenbereiche, erfuhren eine starke Veränderung - auch in Steinbach- Hallenberg. So wurde die rein gemeindliche Diakonie-Station in Steinbach aufgelöst und in die nach westlichem Vorbild im gleichen Jahr 1990 neugegründete übergemeindliche Diakoniestation Schmalkalden/ Steinbach-Hallenberg unter Leitung von Pfarrer Dietmar Gerstenberger in Brotterode überführt. Die letzte Diakonisse, Schwester Irma Weigelt, arbeitete in der Übergangzeit noch in dieser neuen Struktur mit, bevor sie im Frühjahr 1992 nach Elbingerode in das Mutterhaus zurückgerufen wurde. Damit wurde eine fast 100-jährige Tradition von Schwestern mit engster Bindung an die Kirchengemeinde unter dem wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Druck aufgegeben zugunsten einer wirtschaftlich zwar effektiveren, aber in ihrer Anbindung an die Kirchengemeinde weit unabhängigeren Arbeitsweise.

 

In gewisser Weise fing diese Veränderung der Neubau eines Altenhilfezentrums auf der „Pfaffeneller“ auf, der seit 1992 verbindlichere Formen annahm. Die Grundsteinlegung erfolgte am 13. Oktober 1994 und wenig später wurde das Heim am 5.12. 1996 eingeweiht.

Seitdem finden alte, kranke Menschen dort für ihren Lebensabend Ruhe, Sicherheit und sachgemäße Pflege, was durch die neue, gesetzliche Pflegeversicherung nunmehr weit besser abgesichert ist als früher, wo die Diakonissen unter den ärmlichen Bedingungen in den Häusern ihre Patienten pflegten und versorgten.

Einschneidende Veränderungen gab es auch auf dem Gebiet der kirchliche Unterweisung für Kinder, die in den DDR- Jahren in Form der „Christenlehre“ einen festen und anerkannten Platz im Gemeindeleben hatte, auch in Steinbach durch den Einsatz und die gute Arbeit der Katechetinnen und Kinderdiakoninnen.

Da es diese Form kirchlicher Zuwendung an Kinder in westlichen Kirchen, auch der EKKW, nicht gibt, wurde mit der Wiedereingliederung unserer Gemeinden auch dort, wo es personell zu Neueinstellungen hätte kommen müssen wie in Steinbach, die Christenlehre zugunsten eines umfassenden Religionsunterrichtes an den Schulen sukzessive abgebaut. Gewiss ergaben sich an der Schule viele neue Möglichkeiten für die Kirche, aber man erkennt mittlerweile auch, nicht nur im Dekanat und in Stein­bach, den dabei entstandenen großen Bindungsmangel der Kinder an die Kirche. Denn außer der intensiven christlichen Prägung der Kinder im Evangelischen Kindergarten gab es keine spezifisch kirchliche Arbeit mehr mit und für Kinder, zumal auch bei uns der sonntägliche Kindergottesdienst den neuen gesellschaftlichen Veränderung des Wochenendes hin zum Freizeit- und Erlebnisbereich der Familie mangels Beteiligung der Kinder zum Opfer gefallen ist.

Die Kirchengemeinde versuchte, wie anderswo im Dekanat auch, mit Veranstaltungen und Angeboten wie „Kirche für Kinder“ u.ä. dieser Entwicklung gegenzusteuern, ist aber bisher dabei auf wenig positive Resonanz gestoßen. Eine Initiativgruppe um Pfarrerin Wenderoth hatte sich am 12.03.1998 gebildet, um die Arbeit mit Kindern neu zu beleben, aber nach einigen guten und anfangs erfolgreichen Ansätzen ruht dieser Zweig der Gemeindearbeit wieder, weil auch hier die Kinder weggeblieben waren.

Ein Grund dafür wird nicht zuletzt auch in dem großen Freizeitangebot anderer Vereine, Einrichtungen sowie der Schulen liegen. Lediglich die regelmäßigen Familiengottesdienste, das Krippenspiel am Heiligabend, das alljährliche Martinsfest und die alljährlichen Kindergartenfeste des Evangelischen Kindergartens erfreuen sich regen Zuspruchs und der Akzeptanz der Kinder genauso wie der Erwachsenen.

Die zurückgewonnene enge Bindung an die angestammte kurhessische Kirche trägt aber auch reiche Früchte. Das zahlt sich besonders bei der Erhaltung und Renovation aller kirchlichen Gebäude positiv aus. Von der Kirchenleitung in Kassel wird diese Aufgabe als Aufarbeitung der DDR - Vergangenheit angesehen und in besonders starkem Maße gefördert. So konnte mit erheblichen landeskirchlichen, aber auch kommunalen und denkmalpflegerischen Mitteln die Stadtkirche vom Jahr 1991 an renoviert werden - ein Prozess, der auch 10 Jahre später noch längst nicht zu Ende ist, wenn auch schon viel erreicht wurde.

Der Evangelische Kindergarten musste wegen Einbau einer neuen Heizung im Spätherbst 1991 in ein stillgelegtes altes Fabrikgebäude im Rasenmühlenweg umziehen und konnte erst im neuen Jahr 1992 wieder in das Bonhoefferhaus zurückkehren. Dort konnten mit der Auflösung der Diakonissenwohnung 1993 die Gruppenräume für den Kindergarten sowie das Kirchenbüro erweitert werden. Außerdem wurde das Treppenhaus durch Abriß verschiedener Wohnungsteile der Diakonissenräume lichter und heller. Im Laufe des Jahres 1993 wurden im Vorgarten neue Spielgeräte für den Kindergarten angeschafft und aufgestellt.

Die kirchliche Jugendarbeit erhielt neue Möglichkeiten und Impulse durch die Eröffnung eines Jugendraumes im ehemaligen „Wasserwerk“ und die Anstellung einer Jugendpflegerin bzw. eines Jugendpflegers dafür. Ein anderer Standort wäre freilich dafür günstiger.

Das Landeskirchenamt in Kassel genehmigte uns statt der bisherigen Kantor-Katechetenstelle eine volle Kantorenstelle mit alleinigen kirchenmusikalischen Aufgaben, die wir vorher noch nie so gehabt hatten [Die kirchenmusikalische Arbeit war auch mit der Kantor-Katecheten-Stelle auf einem sehr hohen Niveau, denn der Kantor hatte ja nur in drei Wochenstunden die Christenlehre in Rotterode zu versehen, ansonsten konnte er sich der Kirchenmusik widmen.

Es gab außer dem Kirchenchor einen Kinderchor, eine Musikgruppe und vor allem eine Konzertreihe mit internationalen Künstlern. Außerdem wurden Nachwuchskräfte für das Orgelspiel ausgebildet. Und schließlich führte der Kantor auch den Posaunenchor einschließlich Nachwuchsarbeit).

Das ehemalige Rüstzeitenheim im Dachgeschoss des Gemeindehauses wurde darum im Frühjahr 1993 zu einer schönen Wohnung für die Kantorenstelle ausgebaut. Dabei entstanden für die Gemeindearbeit auch ein neues WC, ein Klubraum und zwei Abstellräume. Nach mehreren vergeblichen Bemühungen gelang es dem Kirchenvorstand schließlich, die neue Kantorenstelle mit Frau Dorothea Krüger aus Eschweiler bei Aachen zu besetzen. Am Palmsonntag, den 04. April 1993 wurde sie eingeführt und belebt seitdem die Kirchenmusik außerordentlich. Erster Höhepunkt ihrer Arbeit war das große Konzert zum Chorjubiläum im Dezember mit der Aufführung der „Weihnachtshistorie“ von H. Schütz sowohl in der Kirche Herges als auch in der Stadtkirche.

Neu eingeführt wurde Ostern 1992 von Pfarrer Scholz die „Feier der Osternacht“, die am Ostermorgen um 5.30 Uhr in der Friedhofskirche beginnt (Es gab auch schon vorher die Auferstehungsfeier auf dem Friedhof). Nach anfänglichem Zögern wurde dieser Gottesdienst mit seiner unnachahmlichen Stimmung gut von der Gemeinde angenommen, zumal das anschließende „Osterfrühstück“ im Gemeindehaus „D. Bonhoeffer“ einen schönen und gemütlichen Ausklang bildet.

Am Erntedanksonntag, den 03. Oktober 1993, wurden im Rahmen des Gottesdienstes die beiden bisherigen („nur“) Thüringer Prädikanten Rainer Usbeck und Hans-Werner Thomas zu Kurhessischen Prädikanten mit allen Rechten, auch der Sakramentsverwaltung, berufen. Im gleichen Jahr konnten wir dank der finanziellen Unterstützung des Dekanats unsere abgenutzten „vasa sacra“ (Gerätschaften zu Taufe und Abendmahl) bei der Würzburger Goldschmiedefirma Engert aufarbeiten und neu feuervergolden lassen.

Ebenfalls restauriert wurde das Zifferblatt der Turmuhr. Die Uhr selbst wurde mit einem neuen, funkgesteuerten Uhrwerk versehen und am 1. Advent 1993 wieder in Betrieb genommen. Das alte Uhrwerk von 1701 blieb an alter Stelle im Turm der Stadtkirche erhalten.

Im Tausch gegen das Grundstück „Sternwiese“ kam das alte Organistenwohnung neben der Kirche wieder in Besitz der Kirchengemeinde, ohne daß es freilich bisher kirchlich genutzt werden konnte, weil es noch bewohnt ist [Der Tausch des baufälligen Kantorats gegen das Bauland an der „Sternwiese“ war allein das Werk von Herrn Erich Nothnagel. Das Kantoratsgebäude wurde von der Kirche nicht gebraucht und ist nur eine finanzielle Belastung].

In Rotterode wurde 1991 von der Pfarrfrau A. Scholz mit Unterstützung von Frau Heidi Holland-Moritz ein neuer „Frauensingkreis“ gegründet. Ihm gehören jetzt 18 jüngere Frauen an, die 14tägig proben, Gottesdienste ausgestalten, aber auch zu anderen Anlässen auftreten. Bei den zur guten Tradition gewordenen „Weihnachtsmusiken in der Johanneskirche“ singen sie

oft auch mit dem „Moosburgchor“ Rotterode zusammen.

Der Konfirmandenunterricht findet seit 1992 auch in Rotterode statt, solange genügend Kin­der dazu kommen [Wenn erwähnt wird, daß in Rotterode auch Konfirmandenunterricht

geha­lten wurde, so könnte man auch erwähnen, daß das in Altersbach schon seit vielen Jahren der Fall war]. Um die Kinder zu sammeln, hat Frau Scholz Mitte der 90er Jahre einen „Kinderkreis“ und später für die Jüngeren eine „Kinderstunde“ gegründet.

Im Jahr 1993 wurde die Johanneskirche renoviert, Dach und Turm wurden neu gedeckt und eine Gasheizung eingebaut. Das „Knopffest“ als Abschluss der Bauarbeiten wurde am 27. Oktober 1993 gefeiert. Neben dem Gemeinderaum im Erdgeschoss wurde im ehemaligen Kohlenkeller eine Tee-Küche samt WC eingerichtet, sodaß die Kirche in Rotterode nun fast ein kleines „Gemeindezentrum“ ist.

In der Stadtkirche gaben die beiden Männerchöre aus Unterschönau und Rotterode am 1. Advent 1994 ein gemeinsames Konzert. Für viele der Sänger war so ein Konzert in der Kirche das erste Mal, daß sie in einer Kirche auftraten - auch hier Ergebnis der neuen, vielfältigen Möglichkeiten, wie sich Kirche nach der „Wende“ auch für Menschen öffnen kann, die ihr bisher fremd oder gar ablehnend gegenüberstanden.

Die Akzeptanz in der Bevölkerung war riesengroß und die Kirche brechend voll bis hinauf in die dritte Empore. Im Zusammenhang mit der neuen Haltung der Kirche gegenüber gab es einen in der Gemeinde heftig umstrittenen Extra-Gottesdienst anlässlich des Jubiläums „100 Jahre freiwillige Feuerwehr Steinbach-Hallenberg“ am Sonnabend, den 28.01.1995 um 14 Uhr in der Stadtkirche. Dabei sollte die neue Fahne der Wehr „geweiht“ werden, wie das wohl in Bayern o.ä. katholischen Ländern üblich ist. Als Evangelische wehrten wir dieses Ansinnen ab, konnten und wollten uns aber dem Ansinnen einer gottesdienstlichen Feier mit der Feuerwehr des Ortes nicht verschließen.

Höhepunkte hatte das Jahr 1995 gleich mehrere: Zum einen das 100jährige Bestehen der Diakoniestation in Steinbach-Hallenberg, was am 05.02. mit einem Festgottesdienst begangen wurde. Die Gemeinde nahm daran regen Anteil und freute sich, mit Schwester Christa Urban aus der Gemeindepflege und Schwester Anni Grünwald als ehemalige Kindergartenleiterin zwei liebgewordene, unvergessene Schwestern wiederzusehen.

Der Besuch von Bischof Dr. Zippert aus Kassel am Wochenende 25./26. Juni war ein weiterer Höhepunkt des Jahres für die Kirchengemeinde. Der Gottesdienst am Sonntagvormittag war als Kirchspielgottesdienst auch für die Dörfer angesetzt. Am Nachmittag saß der Bischof dann noch mit dem Kirchenvorstand in kleiner Runde zusammen, wo ganz zwanglos Probleme und Fragen des Zusammenwachsens der „Kurhessen in Thüringen“ zur Sprache kamen.

Im selben Jahr 1994 wurde das neue Gesangbuch herausgegeben und hier am Sonntag, den 06.11. eingeführt. Die Kirchenvorstandswahlen am 14. Mai waren ein weiterer, wichtiger Tag des Jahres für die Gemeinde. Die Zahl der Mitglieder des Kirchenvorstandes wurde der in Kurhessen üblichen Zahl angepasst und von 24 auf 18 reduziert. Die Verteilung ist seitdem folgendermaßen: 12 aus der Stadt und je 3 aus den beiden Dörfern. Zur Wahl stellten sich 23 Kandidaten und – innen. Die Wahlbeteiligung der 3.418 Wahlberechtigten war hoch und lag in der Stadt über 25 Prozent, auf den Dörfern bis über 50 Prozent. Mit Feststellung der Wahlergebnisse endete der alte Kirchenvorstand, der neue begann seine Arbeit und damit wechselte auch die Geschäftsführung zur anderen Pfarrstelle [Die relativ hohe Wahlbeteiligung bei einer Kirchenvorstandswahl gab es nach entsprechender Werbung auch schon früher].

 

Birgit Gräbner, Unterstädter Pfarrerin 1994 – 1997:

Aus ihrer Amtszeit ist chronistisch zu berichten: Am Sonntag, den 01. Mai 1994, wurde sie in einem Abendgottesdienst vom Dekan als Pfarrerin im Hilfsdienst in die Pfarrstelle eingeführt.

Im Burgfestgottesdienst am 18. Juni 1995 wurde der neue Kirchenvorstand in sein Amt eingeführt. Sein 100-jähriges Bestehen feierte der Evang. Kindergarten am 26.08.1995 mit einem Gemeindeabend am Sonnabend zur Geschichte des Kindergartens.

Am Sonntag, dem 27.08., war dann in der Stadtkirche ein schöner Festgottesdienst mit anschließendem großen Sommerfest im Kindergarten. Aus diesem Anlass waren mehrere frühere Mitarbeiterinnen, darunter Schwester Anni gekommen, aber auch Pfarrer i.R. Weiß und Dekan Braner sowie Frau Bley vom Diakonischen Werk in Thüringen u.v.a.m.

Die erfolgreiche Wiedereingliederung des Dekanates in die Kirche von Kurhessen-Waldeck fand seinen sichtbaren Ausdruck in dem Landeskirchentag, der vom 1.-3. September 1995 in Schmalkalden stattfand und groß gefeiert wurde. Aus Steinbach fanden sich leider nur wenige Gemeindemitglieder, die sich auf den Weg zu den Hauptveranstaltungen nach Schmalkalden aufmachten, obwohl hier fleißig dafür geworben wurde. Aber viele hessische Gemeinden nutzten die günstige Gelegenheit, den neu wieder dazugekommenen Kirchenkreis Schmalkalden kennen zu lernen.

In einem 2001 vom Evang. Medienverband Kassel herausgegebenen Bildband über die Landeskirche unter dem Titel „Einblicke - Bilder und Berichte“ ist das Dekanat Schmalkalden mit einem extragroßen Beitrag vertreten. Damit wird auch erstmalig seit der politisch erzwungenen Abtrennung von Hessen am 1.02.1972 Schmalkalden wieder als voll integrierter Kirchenkreis der Landeskirche öffentlich publiziert.

 

Vom Gemeindeleben ist zu berichten, daß - wie in den Jahren zuvor - auch 1996 wieder holländische Freunde aus Pynacker in Oberhof zu Gast waren und über den Frauenkreis die lebendigen Kontakte zu uns aufnahmen. Am 02. Mai 1996 feierte der Kindergarten im Nachklang an sein vorjähriges Jubiläum ein „Baumfest“, wobei die damals vom Dekanat in Aussicht gestellten Bäumchen gepflanzt wurden. Ende des Jahres erhielt die Kirchengemeinde die wertvolle Avenarius-Chronik zurück, die in Weimar im Hauptstaatsarchiv kopiert und im Gegenzug für uns kostenlos restauriert wurde.

Wegen der beginnenden, geplanten Innenrenovation wurde die Stadtkirche nach der Goldenen Konfirmation Anfang Juli geschlossen. Die Gottesdienste fanden nun in der Friedhofskirche statt.

In Altersbach starb am 24. 05. urplötzlich der Kirchvorsteher und Heiligenmeister Lothar Kauffmann. Mit ihm verlor die Kirchengemeinde einen Mann, der in allen Fragen der Kirchengemeinde in Altersbach erster Ansprechpartner war und sich über Jahrzehnte in großer Treue und Zuverlässigkeit das Vertrauen aller Pfarrer und Gemeindemitglieder erworben hatte. Unter großer Anteilnahme wurde er am 30. Mai auf dem Friedhof in Altersbach beigesetzt. Sein Sohn Udo siedelte bald nach dem Tod des Vaters aus Frauenbreitungen um nach Altersbach. Hier ist er bereits auf dem besten Weg, in die Fußtapfen seines geschätzten Vaters zu treten.

In Steinbach verdichteten sich nach hoffnungsvollen Ansätzen die Anzeichen dafür, daß auch Pfarrerin Gräbner nicht lange auf dieser Stelle sein würde. Denn am 22. Juni 1996 hatte sie Pfarrer Hans Jürgen Basteck in der Stadtkirche geheiratet, der - wie sie auch im Hilfsdienst nach Springstille gekommen war. Da sich das junge Ehepaar eine Pfarrstelle teilen wollte, konnte Frau Basteck nach geltendem Recht der Landeskirche über Stellenteilungen nicht in Steinbach bleiben. Darum bewarb sich Pfarrerin Basteck nach Ablauf ihrer Hilfsdienstzeit nicht auf die Pfarrstelle Unterstadt, sondern ging nach Springstille zu ihrem Mann, um mit ihm das Pfarramt dort zu teilen. Ihr Weggang nach Springstille verzögerte sich zwar noch bis in das Frühjahr des nächsten Jahres. Aber mit dem Abschiedsgottesdienst am 09.02. 1997 war die Pfarrstelle I Unterstadt wiederum vakant.

 

 

 

Anette Wenderoth, Unterstädter Pfarrerin seit 1997:

Aus ihrer bisherigen Amtszeit ist zu berichten: Dankenswerter Weise hatte die Landeskirche Einsicht in die beklagenswerte Situation der Gemeinde und besonders der Unterstadt mit Altersbach, die nunmehr die vierte Vakanz innerhalb weniger Jahren hatte. So wurde nach kurzer Zeit schon Hilfe geschickt und ab 01.05.1997 Frau Anette Wenderoth aus Rothenburg/ Fulda als Pfarrerin im Hilfsdienst mit der Versehung der Pfarrstelle beauftragt. Mit ihrem Ehemann Werner Otto zog Pfarrerin Wenderoth in das eilig renovierte Unterstädter Pfarr­haus ein und widmete sich ihren Aufgaben hier in Steinbach.

Zunächst kannte die neue Pfarrerin die Stadtkirche nur als Bauplatz. Denn das Frühjahr 1997 brachte die traurige Gewissheit, daß die Kirche stark baufällig, ja einsturzgefährdet war, wenn nicht viele der Holzbauteile ausgewechselt würden, so stark waren vom Sockel bis unter das Dach Holzteile vom gefährlichen „Gemeinen Hausschwamm“ befallen. Intensive statische Vermessungen und Stabilisierungsprojekte, ausgiebige Holzuntersuchungen an allen gefährdeten Punkten der Kirche, die Erarbeitung eines Sanierungskonzeptes und schließlich die Erstellung eines verbindlichen Kostenplanes forderten ihre Zeit.

Unter Überwachung durch verschiedene Statikbüros, mit Baubegleitung durch das Landeskirchenamt und unter der Aufsicht des Schmalkalder Architekten S. Bießmann, ging schließlich die erfahrene Firma Bennert aus Nord-Thüringen ans große Werk. Einheimische Handwerker und Betriebe hatten an der Sanierung auch großes Interesse gezeigt, aber mangels eines Bauleiters, der bereit war, die verschiedenen Gewerke und Arbeiten zu koordinierenden und zu überprüfen, kam der Auftrag in andere Hände. Aber er lag schließlich bei der Firma Bennert (Hopfgarten) in guten und erfahrenen Händen, was sich in den nächsten Jahren zeigte. Nach all den nötigen Vorarbeiten begann die Firma am 27. April 1997 mit den Sanierungsarbeiten.

Durch manche Komplikationen und Schwierigkeiten zogen sich die Arbeiten hin bis über die Mitte des Jahres 2000. Schließlich konnte am Kirchweihsonntag, den 10.09.2000 die Kirche mit einem Festgottesdienst wieder in Gebrauch genommen werden. Ein langer Zug mit Kirchenvorstand, Prädikanten und Lektoren, Vertretern der einzelnen Kreise und Gruppen der Gemeinde bis hin zu Kindergartenkindern und -mitarbeiterinnen zog eingangs des Gottesdienstes in die Kirche ein. Den Schluß bildeten die beiden Pfarrstelleninhaber, in deren Mitte der neue Bischof Dr. Martin Hein aus Kassel ging, der auch die Festpredigt hielt. Ein kleiner anschließender Empfang ermöglichte dann persönliche Begegnungen mit dem Bischof und weiteren geladenen Ehrengästen wie Bürgermeister Chr. Endter, Kirchenbaudirektor Frede, Architekt Bießmann u.v.a.m.

Dabei war – neben der Dankbarkeit für diese gelungene Sanierung - allen Beteiligten klar, daß damit die nötigen Baumaßnahmen an der Stadtkirche, speziell Turm und Kirchendach, noch längst nicht beendet sind. Weitere Bauabschnitte sind bereits in der konkreten Planung und Bauvorbereitung, sodaß in den kommenden Jahren noch viele Kräfte und Kosten nötig sein werden, um das Bauwerk unseren Kindern in einem einigermaßen soliden Zustand übergeben zu können.

Ähnlich liegt die Problemlage auch bei der kleinen, aber wunderschönen Friedhofskirche, die dringend einer grundhaften baulichen Untersuchung unterzogen werden muß. Im Inneren sind die alte Elektroheizung, alle Fenster sowie das Gestühl dringend zu ersetzen. Aber für die Kirchengemeinde liegt die Priorität der Gebäudeerhaltung eindeutig bei der Stadtkirche und beim Gemeindehaus D. Bonhoeffer mit dem Kindergarten. Schon diese Aufgabenstellung fordert unsere ganzen Kräfte und übersteigt eigentlich unsere bescheidenen Möglichkeiten als Kirchengemeinde.

Über all diesen Baumaßnahmen kam aber das Gemeindeleben in diesen Jahren nicht zu kurz: Die Gottesdienste fanden alle während der vier Baujahre in der Friedhofskirche statt. Manches Gemeindemitglied fühlte sich in der kleineren Kirche bald wohler als in der großen Stadtkirche. Für Taufen und Trauungen freilich wurde gern auf die Dörfer oder sogar auf die Schloßkirche Schmalkalden ausgewichen, zu dicht war oft noch die Erinnerung an eine kurz zuvor gewesene Trauerfeier mit einem Sarg auf dem Altarplatz.

Zum Heiligabend wurde aus Platzmangel in der kleineren Friedhofskirche neben dem Krippenspiel um 15 Uhr und der Christvesper um 19 Uhr noch ein dritter Gottesdienst um 17 Uhr angeboten, der von den beiden Prädikanten mit einem Team gehalten und von der Gemeinde gut angenommen wurde.

Die Küche unseres Evang. Kindergartens stand in der Gefahr, aus zu hohen Kostengründen geschlossen zu werden. Nach langen Verhandlungen mit dem Landeskirchenamt in Kassel konnte unter Reduzierung auf nur eine Kraft die Küche und der Arbeitsplatz für eine Köchin, Frau Christa Holland-Cunz, erhalten bleiben [Interessant ist zu hören, daß die Küche des Kindergartens wegen zu hoher Kosten geschlossen werden sollte. Früher gab es dort drei Vollzeitkräfte. Gut, in den Sommermonaten mußte auch noch für das Rüstzeitheim gekocht werden (und für die umfangreiche Verwandtschaft von Gießlers). Aber wenn es jetzt eine Kraft schafft, dann zeigt das doch, daß die Klagen der früheren Mitarbeiter und ihr Verlangen nach höherer Bezahlung unberechtigt waren. Das Gleiche gilt für die Reinigungskraft. Rückblickend muß man sagen, daß die Kindergärtnerinnen Recht hatten mit ihrer Beschwerde, daß sie ihre Räume selber reinigen mußten (allerdings in ihrer üblichen Arbeitszeit). Andererseits waren die Reinigungsarbeiten wegen des Rüstzeitenheims umfangreicher und die Kohlenheizung mußte ja auch noch mit erledigt werden].

 

Mit dem neuen Jahr 1998 übernahm Pfarrerin Wenderoth nach einer Einarbeitungszeit die Geschäftsführung. Unsere Kantorin Dorothea Krüger führt am 01.02.98 im Gottesdienst ein „Bileam-Singspiel“ mit den vereinigten Kinderchören aus Steinbach und Rotterode auf, was bald danach in Altersbach und Rotterode sowie im Altenhilfezentrum seine Wiederholung findet.

Musikalisch geprägt war auch das Kindergartenfest in diesem Jahr, weil eine kleine Schülergruppe aus Kisarawe (Tansania) im Dekanat und eben an diesem Tag zu Besuch in Steinbach war. Die sieben jungen Afrikaner und ihre Lehrerin belebten das Fest mit ihren exotischen und mitreißenden Klängen, an denen auch unsere Kleinsten ihre helle Freude hatten.

In der Haseltalhalle fand am 17. Oktober ein großes Konzert der vereinigten Kirchenchöre

des Haseltales unter Leitung der Kantorin D. Krüger, was auf großes, positives Echo stieß und zur Wiederholung ermutigte.

Das Gemeindehaus feierte im Jahr 1998 seinen 100. Geburtstag. Gäste aus nah und fern waren gekommen, um mit uns dieses Jubiläum zu feiern. Dekan Braner und Bürgermeister Häfner sprachen anerkennende Grußworte für die Arbeit, die in diesem Hause seit 100 Jahren geleistet worden ist. Als Abschluß gab es zur Freude aller ein schönes Feuerwerk, mit dem das Fest ausklang.

Ein Adventskonzert des Frauen-Singkreises, zusammen mit dem Moosburgchor in Rotterode, ergab zugunsten der Installation der alten Betsaalglocke in der Johanneskirche 450.- DM. Damit konnte die Glocke installiert werden und läutet seitdem in jedem Gottesdienst als „Vater-unser-Glocke“.

 

Mit einem festlichen Konzert der Vereinigten Kirchen- und Posaunenchöre in der Haseltalhalle klang das Jahr musikalisch aus. Unter der Leitung unserer Kantorin erklang von H. Schütz die „Weihnachtshistorie“ mit den Solisten: Tabea Willing, Kindergärtnerin aus Steinbach, Sopran; Pfarrer Hans- Joachim Scholz, Tenor sowie Pfarrer Martin v. Frommannshausen, Baß aus Schmalkalden. Der Erlös des Konzertes war für die Sanierung der Stadtkirche bestimmt und ergab die Summe von 3500.- DM. Mit den üblichen Weihnachtsveranstaltungen und einem „Singegottesdienst“ am 27.12. klang auch das Jahr 1998 aus.

Das neue Jahr 1999 brachte nach dem Weggang der Jugendmitarbeiterin mit der Einstellung von Herrn Frank Genzler und dem Engagement von Jugenddiakon Schelhorn für das „Wasserwerk“ neue Impulse. Damit sollen weitere Jugendliche von der Straße weggeholt und in eine Gemeinschaft integriert werden.

Weitere personelle Veränderungen gab es auf der Stelle des Hausmeisters, wo Herr M. Döll in den Vorruhestand ging, genauso wie die Mitarbeiterin im Kirchenbüro, Frau Gertraud Holland-Cunz. Herrn E. Polte als Hausmeister und Frau I. Neubert traten jeweils die unmittelbare Nachfolge an. Unsere bewährte Reinigungskraft B. Scherbarth hielt seit Anfang der 90er Jahre das Gemeindehaus und den Kindergarten in Ordnung und ging erst später in den Vorruhestand.

Der Posaunenchor feierte am Wochenende 5./6. Juni 1999 sein 100-jähriges Jubiläum mit einem Sonderkonzert der Erfurter Turmbläser in der Stadtkirche. Am Sonntagnachmittag

war dann der eigentliche Festakt in der Haseltalhalle mit vielen Gästen, wo auch der Posaunenwarte von Kurhessen-Waldeck, M. Lamohr (Fulda) und von Thüringen, M. Schmeiß (Zella-Mehlis) das Wort ergriffen und unserem Chor gratulierten. Einige verdienstvolle Mitglieder wurden von den beiden Posaunenwarten mit Treue-Nadeln ausgezeichnet, darunter auch der Leiter des Chores, Herr Edgar Holland- Moritz. Kein Jahr später verstarb er nach langer, mit großer Tapferkeit getragenen Krankheit im Alter von gerade 48 Jahren am 06. Mai 2000. Seine Trauerfeier in der Friedhofskirche wurde von Posaunenchormitgliedern aus nah und fern ausgestaltet und fand unter großer Anteilnahme der Bevölkerung statt.

Ein großangelegter Evangelisations-Abend in der Haseltalhalle am 28. März, von der Evang. Allianz unter Prädikant R. Usbeck vorbreitet und organisiert, kam gut an bei jung und alt, wenn auch ältere Gemeindeglieder unter der hohe Lautstärke der Musik zu leiden hatten! Ähnlich erfolgreich war eine Sport- und Videonacht, die vom Kreisjugendpfarrer D. Hauser (Seitental) gemeinsam mit Jugendmitarbeitern und –innen in der Haseltalhalle am 2.07.1999 organisiert und

Nach diesen zwei Jahren Dienst endete für Pfarrerin Wenderoth ihre Hilfsdienstzeit und sie bewarb sich um die Pfarrstelle, woraufhin sie nach Wahl durch den Kirchenvorstand am Sonntag, den 03.07.1999 in die Pfarrstelle Unterstadt mit Altersbach zur Erleichterung aller Gemeindemitglieder eingeführt wurde. Das was das wichtigste und entscheidendste Ereignis im Leben der Kirchengemeinde im Jahr 1999.

Nachdem innerhalb von nur acht bzw. zehn Jahren erst die nunmehr fünfte (!) Besetzung dieser Stelle erfolgreich wurde, kommt nun endlich Kontinuität, Verläßlichkeit und Ruhe und in die Gemeindearbeit der Kirchengemeinde Steinbach- Hallenberg. Damit werden die Aufzeichnungen zum Leben der Evang. Kirchengemeinde im letzten Jahrhundert abgeschlossen. Die letzten 10 Jahre waren eine besonders harte Belastungsprobe für die Kirchengemeinde und alle ihre Mitarbeiter der sie aber standgehalten haben. Das macht uns dankbar - und es macht Mut im Blick auf die Wegstrecke, die vor uns liegt. Die Jahreslosung 2000 paßt für den Blick in die Zukunft, wenn uns allen zugesagt wird: „Gott spricht: Wenn ihr mich von ganzem Herzen suchen werdet, so will ich mich von euch finden lassen!“ (Jeremia 29, 13+14).

 

 

 

 

 

 

 

 

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