Über die Kirche in Clingen ist eine Broschüre erhätlich beim Pfarramt Greußen. Dort gibt es auch weiteres Material zur Ortsgeschichte

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„Clingen – wie schön das klingt“.

Aus der Geschichte der evangelisch-lutherischen Kirchgemeinde Clingen

in der Superintendentur Sondershausen.

 

Clingen, das klingt doch wenigstens in den Ohren, ein schöner Name für einen bedeutenden alten Ort. Als meine Frau 1962 hörte, daß sie als Katechetin nach Greußen gehen sollte, da schrieb sie: „Greußen - wie greußlich das klingt!“ Da wußte sie aber noch nicht, daß auch bald Clingen zu ihrem Aufgabengebiet gehören würde. „Clingen“, das klingt doch viel besser, das ist Musik in den Ohren, da kann man sich nur wohl fühlen.

 

Stadtbild:

Die ganze Stadt war von Mauer und Wall und Wasser umgeben. Die Mauer ist noch vom Pfarrhaus her beginnend bis zur Lindenstraße vorhanden. Bei der Kirche ist noch ein Rest des früheren Teiches vorhanden. Ein Teil des Teiches nach der Schwarzburger Straße zu wurde

trockengelegt, weil die Ausdünstungen angeblich Fieber erzeugten. In der Nähe der Kirche ist auch noch ein kleiner Turm mit zwei Schießscharten in die Mauer eingebaut, dessen unterer Teil noch alt zu sein scheint. Ein Stück weiter sprudelt eine Quelle in den Teich, eingefaßt von Tuffsteinen und einer Ruhebank.

An der Lindenstraße muß man sich das Obertor (Lindentor) vorstellen. Der weitere Verlauf der Mauer wird durch die Straße „Siedlung“ markiert. An der Straße „Neusiedlerhof“ ist die Mauer wieder sichtbar, jetzt aber verläuft sie schon in südlicher Richtung und schließt dann den Bereich des ehemaligen Schlosses ein. Die Westfront der Häuser, die an der Kupferhelbe stehen, bezeichnet wohl den Verlauf der früheren Mauer. An diesen Häusern knickt die Mauer nach Osten ab und ist jetzt mehr oder weniger gut entlang der Straße „Welkertor“ erhalten. An einer Stelle ist auch noch ein Stützpfeiler zu erkennen. Am südlichen Ende der Hauptstraße stand dann das Untertor oder Welkertor (so genannt nach einer früheren Mühle). Dann kann man die Mauer weiter verfolgen bis zur Mauer um Pfarrgarten und Kirche, die gleichzeitig auch die Stadtmauer ist. Die Mauer muß man sich aber wesentlich höher vorstellen als heute, an einer Scheune im südwestlichen Bereich kann man noch ein Stück in der wahrscheinlich ursprünglichen Höhe sehen.

Der Graben um die Stadtmauer wird im Osten gebildet durch den Teich, im Süden durch die allerdings nur wenig Wasser führende Kupferhelbe und die etwas weiter draußen fließende Sächsische Helbe. Im Westen am früheren Schloß hat der Graben seine größte Tiefe. Schon

auf einer Karte aus der Zeit um 1400 verläuft die Kupferhelbe westlich des Schlosses und biegt dann etwas nach Osten um.

Hier ist dann auch (nur vom Sportplatz her zu erreichen) das „Gerinne“, ein heute allerdings beschädigter Aquädukt. Er leitet Wasser der Sächsischen Helbe über die Kupferhelbe nach Norden in den früheren Schloßteich, der heute zugeschüttet ist, aber auf dem aktuellen Stadtplan immer noch eingezeichnet ist. Ob am Ostrand der Stadt auch ein Bach vorbeilief, läßt sich nicht sicher erkennen. Eher wurde der Teich auch damals nur von der Quelle an der Stadtmauer gespeist und hatte keine Verbindung zu den Bächen. Der Nordrand der Stadt war durch den Steingraben gesichert, von dort mußte also kein besonderer Bach abgezweigt werden.

Der eigentliche Bach „Clinge“, dem Clingen seinen Namen verdankt, ist mitten durch den Ort geflossen. Bei der Pfaffenhofmühle hatte der Lochstein, der das für die Mühlen der Kupfer­helbe bestimmte Wasser durchließ, noch ein kleineres Loch für eine zusätzliche Wassermenge.

Bei dem Lochstein am Ende der Überführung über den Steingraben wurde dieses zusätzliche Wasser durch das sogenannte Feuerloch abgeleitet nach Clingen, wo es sich auf dem Markt in zwei Arme teilte, die den Ort durchflossen und sich schließlich außerhalb des Ortes beim früheren Armenhaus wieder in die Kupferhelbe ergossen.

Die „Klinge“ wird 1898 trockengelegt, da die Kanäle vom vielen Schmutz angefüllt waren und das Wasser nicht mehr fließen konnte. Das Gewässersystem der Helbe kann man sehr gut erkennen auf einer Informationstafel, die unterhalb der Funkenburg steht, wo die Überführung der Kupferhelbe über den Steingraben ist.

 

Einen Rundgang durch die Stadt kann man am Markt beginnen. Der Marktplatz wird seinen Umfang seit vielen Jahrhunderten erhalten haben. Dort steht das Rathaus, das im Jahre 1692 durch Unachtsamkeit des Wirts zum Teil niedergebrannt ist: Nachts um 7 Uhr kam Feuer aus dem Rathausturm, weil der Wirt die Uhr mit Kohlen hatte auftauen wollen. Er hatte aber das Feuer stehen gelassen und war davon gegangen. Durch den Brand sind der Boden und eine Seite abgebrannt. Das Feuer wurde aber gelöscht.

Das Gebäude war früher schon zweistöckig. Der Eingang zur Ratskeller-Wirtschaft war vom Markt aus. Von der Herrengasse aus führte der Eingang zum Saal, zum Turm und den oberen Stockwerken. Am Giebel des Gebäudes nach der Herrengasse zu war der Turm mit Uhr und Schlagwerk. Er hatte die Höhe und das Gestell wie das Großenehricher Rathaus. Das Dachwerk war mit Schiefer gedeckt und sechseckig. Das obere Stockwerk war sehr niedrig, es bestand aus Fachwerk. Der untere Stock war massiv, hatte dicke Wände, aber mehr Lehm als Stein. An der Ecke des Ratskellers zum Markt befanden sich früher die damals gültigen Längenmaße, eine Rute und eine Elle aus eingemauertem Eisenstab.

Die große Gaststube war links von dem geräumigen Hausflur, eine kleine Stube war rechts, welche zugleich Wohnstube des Wirtes war. Neben dem Saal war noch eine Stube, die zur Gastwirtschaft benutzt wurde. In diesem Raum wurden die Gemeinderatssitzungen abgehalten. Früher war es Arbeitszimmer des Rates, Bürgermeisters, Ratsmeisters, Stadtrats, Magistrats, wie die Titel im Laufe der Zeit hießen.

Im Jahre 1831 wird das Rathaus durchgreifend repariert. Im Jahr 1833 erfolgt eine Turmreparatur durch den Schieferdecker Jacobi aus Sondershausen für die Summe von 20 Reichstaler.

Der Knopf wurde am 14. Juli 1833 aufgesetzt. Der Turm wird auch im Jahre 1844 nach dem Lot gerichtet und der Knopf wird am 30. September 1844 wieder aufgesetzt.

Im Frühjahr 1856 wird mit dem Abreißen des alten und dem Bau eines neuen Ratskellers begonnen. Auf dem Markt war eine große Baubude errichtet, worin die Wirtschaft des Ratskellers geführt wurde. Die besseren Herren kamen in dem Gartenhäuschen des Landwirtes Christoph Ludwig im sogenannten „Bergmanns Garten“ zusammen. Die Maurerarbeiten hatte Maurermeister Friedrich Voigt, die Zimmerarbeiten Meister Müller, die Schlosserarbeiten Meister August Rebling und die Glaserarbeiten Glaser Seebach aus Greußen. Die Tischlerarbeiten wurden von Heinrich und Friedrich Meibeier von Clingen ausgeführt. Die Sitzungen des Gemeinderates fanden während des Baues in der Oberstube des Bürgers Wilhelm Sennewald am Markt statt. Am 2. August 1856 wurde der Ratskeller gerichtet.

Am 18. November desselben Jahres wurde er eingeweiht, wobei Sonntag und Montag die jungen Leute tanzten. Am Dienstag wurde der Saal gescheuert und am Mittwoch tanzten die Männer. Anläßlich der Einweihung des neuen Ratskellers wurde der Gewerbeverein („Talerverein“) in Clingen gegründet. Seitdem wurde die „Ratskellerkirmes“ gefeiert.

Der Gewerbeverein veranstaltete einen Silvesterball, welcher mit dem Glockenschlag 12 mitternachts endete. Die Kapelle spielte dann im Kreise der um diese Stunde auf dem Marktplatz versammelten Festgäste den Choral: „Nun danket alle Gott“.

Im Jahre 1947 wird der Rathausturm auf Anordnung des Gemeinderates wieder erneuert. Die Tragbänder der Glocken waren fast durchgerostet, die Wetterfahne vollkommen verwittert. Mit den Ausführungen der Reparaturen wird die Firma Wagner (Am Steingraben) sowie der Schmiedemeister Erich Marcordes (Am Markt) beauftragt. Der Turmknopf wird von der Firma Hugo Rechenbach (Westgreußen) repariert und ebenfalls das Dach erneuert. Material steht nicht zur Verfügung. Deshalb wird es aus einem vorhandenen Kühlschrank ausgebaut und auf das Turmdach gedeckt.

Die Ausführung der Turmarbeit wurde von Schieferdeckermeister Walter Löser (Wasserthaleben) und Schieferdecker Hermann Schieke (Westgreußen) ausgeführt. Im Jahre 1989 wird die Ratskelleruhr instand gesetzt.

Im Jahr 1998 werden im Rathaus neue Fenster eingesetzt. Weiterhin erfolgt später noch die Restaurierung des Glockenturms. Die Außenfassade wird 1999 erneuert. Das Rathaus bekommt, dem Baustil entsprechend, auch ein neues Tor in der Herrenstraße.

Am 9. Mai 2000 wird mit den Arbeiten am Glockenturm begonnen. Ausrichtende Baufirma war Zimmereibetrieb Edgar Volke aus Otterstedt. Dabei wird die Elektrik der Uhr stillgelegt.

Anfang des Jahres 2002 werden kurzfristig noch 2000 Euro für das nicht mehr funktionstüchtige Uhrwerk am Ratskellerturm in den Vermögenshaushalt eingebracht, das von einer Firma repariert wird. Der Zahn der Zeit nagt aber auch an der Glocke. Im Turm über dem Ratskeller befinden sich zwei Glocken. Die Ersatzglocke sollte 2003 aus Sicherheitsgründen ausgebaut werden. Feuerwehrleute waren aber oben und stellten fest, daß die Aufhängung der Glocke noch voll intakt ist, der Klöppel wird befestigt.

Die Gastwirtschaft wurde schon von einigen Wirten geführt. Heute wird der „Ratskeller“ von Walter Meißner betrieben. Der große Saal sowie die anderen Räumlichkeiten werden für verschiedene Veranstaltungen bereitgestellt.

Das Haus Markplatz 3 gehört 1932 dem Landwirt Kurt Siegfried (heute: Bauchspieß). Das Haus Markt 17 (am Südostausgang des Marktes) gehört 1932 dem Metzger Bruno Pickel (heute: Blumenladen).

 

Durch die Hauptstraße mit dem großen Bauernhaus auf der linken Seite und dem stattlichen Haus Nummer 15 kommt man zum Welkertor und rechts in die Brunnenstraße. Das Eckhaus Brunnenstraße 2 ist das ehemalige Weimann’sche Vasallengut, das zeitweilig Schulhaus gewesen sein soll (Mädchenschule?), im Jahre 1932 Haus des Landwirts Arndt Häring (Die „Vasallen“ sind nicht das, was man heute darunter versteht, denn sie hatten vor 1756 gewisse Rechte und steuerliche Freiheiten, deutlicher ist der Name „Freisassen“).

Daneben ist das prächtig herausgeputzte Haus Brunnenstraße 4, das frühere Heinrici’sche Vasallengut, dann aber Eigentum der Familie Wedel, die jahrhundertelang in Clingen ansässig war. Deshalb wird es heute als Wedelshof bezeichnet. Im Jahre 1932 wohnt dort der Lehrer Karl Schütze. Die Familie hatte einen eigenen „Kirchenstuhl“ in der Kirche und spendete auch die beiden Glasfenster an den Seiten des Chorraums.

Nach rechts kommt man durch die Keltergasse zur Schulstraße, in die man nach links einbiegt. Das Haus vor der Domäne (Schulstraße 7) war ehemals das Backhaus und gehört 1932 dem Landwirt Gotthold Schwendel (heute: Bergmann).

Das Haus gegenüber (Schulstraße 6) ist das Haus des früheren Bürgermeisters Dörre, das 1932 Eduard Wachsmann gehört.

 

Nach links geht man weiter zum Domänenhof, der an der Stelle des ehemaligen Schlosses steht. Ursprünglich gibt es in Clingen eine mittelalterliche Burg mit einem hohen Turm. Zu dieser Burg legt Graf Heinrich II. von Hohnstein, Herrn zu Sondershausen, den Grund.  Er wird in der ersten Hälfte des dreizehnten Jahrhunderts von dem Landgrafen Albrecht von Thüringen mit den Dörfern Greußen (Mart-, Cling- und Westgreußen) belehnt. Und 1260 erhält er die Erlaubnis, in Clingen und Westgreußen Burgen zu bauen. Die Burg hat einen bedeutenden Umfang, wird aber von Graf Heinrich wahrscheinlich nicht ganz vollendet. Im vierzehnten Jahrhundert kommen Stadt und Burg in den Besitz der Grafen von Schwarzburg, die von da an auf der Burg öfters hofhalten.

Als die Burg dann gegen Mitte des sechzehnten Jahrhunderts baufällig zu werden anfängt, beschließt der damalige Graf Günther XL., östlich der Burg ein neues Schloß zu erbauen. Es hat einen bescheideneren Maßstab als die Burg. Der Grundstein wird bereits 1542 gelegt. Doch der Bau geht nur langsam voran, weil gleichzeitig in Sondershausen der Neubau des Residenzschlosses in Angriff genommen wird.

Doch schon im Jahr 1542 wird das obere Haus mit Keller, das die Breite nach dem Garten zu hat, fertig. Im Jahre 1543 wird das andere Haus, das die Breite nach dem Steingraben hat, gebaut.

Der heute wieder prachtvoll herausgeputzte Domänenhof ist also dieser Hauptbau des Schlosses, zumindest der untere Teil, der durch Inschriften als alt bezeugt ist. Der andere Flügel ist das Gebäude, in dem heute der Kindergarten ist (es ist aber wohl später erneuert worden).

Jedenfalls ist klar, daß die beiden Schloßteile im rechten Winkel zueinander standen, so wie die heutigen Gebäude eben auch.

Im Jahr 1547 wird der Turm ganz und die alte Burg bis auf ein Haus abgetragen, um Baumaterial zu gewinnen. An dieses Gebäude westlich des Domänenhofs kann man sich heute noch erinnern, es wurde „Altes Schloß“ genannt, war aber nur ein Rest der Burg. In den Jahren 1546 und 1547 wird das Haus nach dem alten Schloß zu errichtet, dieses ist aber heute nicht mehr vorhanden.

Weil Graf Günter 1552 stirbt, wird der Bau nicht weitergeführt. Doch muß in den siebziger Jahren das Wohnhaus wenigstens ziemlich fertig gewesen sein, weil Graf Hans Günther 1577 und 1578, als in Sondershausen die Pest wütet, auf dem Schloß hofhält.

Im Jahre 1584 wird aber wohl der Bau des Schlosses vollendet sein. In diesem Jahr wird das Tor zwischen dem Schloß und der nördlich gelegenen „Frohnveste“ errichtet. Das geht hervor aus der Inschrift am Torpfeiler hervorgeht: „Aedificato portae hvius lapideae extrvcta est anno 1584“ („Der Bau dieses Steintores wurde 1584 errichtet“). Dieses Tor und auch das nach Westen zu gelegene Tor sind heute abgerissen, aber der Inschriftstein ist heute an der Nordseite des Domänenhofs eingefügt. An der Westseite des Hauses findet sich an dem im gotischen Stil ausgearbeiteten Portal die Jahreszahl 1597, doch mag dasselbe erst nachträglich eingesetzt worden sein. Diese in Stein aufgeführten Gebäudeteile sind wohl noch Teile des Schlosses.

Zugleich mit dem Schloß werden bedeutende Neben- und Wirtschaftsgebäude aufgeführt, es gab einen ganzen Schloßbezirk: Im östlichen Winkel von Schulstraße und Vikarienstraße stand die Frohnveste, links der Vikarienstraße die Zinsböden (mit Keller) und Darre. Die großen „Zinsböden“ der Domäne zeigen noch heute, daß hierhin viele Naturalleistungen geliefert wurden. Auch die Gebäude südlich und westlich des heutigen Domänenhofs gehörten zum Schloßbezirk.

Auf der westlichen Seite des Schloßhofs stand die „Ohmschänke“. Ursprünglich soll das Gebäude dem Tempelherrn-Orden gehört haben; es ist jedenfalls älter als die übrigen Domänengebäude. Solange die Domäne Bierbrauerei betrieben hat, ist hier Bier ausgeschenkt worden. Am 20. August 1893 schlägt der Blitz in die Scheune der Ohmschenke ein und das Feuer zerstört die ganze Ohmschenke. Der ganze Raum, den einst die Burg mit ihren Nebengebäuden einnahm, läßt sich um 1880 (nach Angabe von Apfelstedt) teilweise noch deutlich an dem ringsum befindlichen niedrigen Gemäuer erkennen.

Das Wohnhaus des Schlosses ist später die Dienstwohnung des Vorstandes des Justizamtes Clingen, später die des Rentamtmannes, dann des Pächters der fürstlichen Domäne. Der obere Teil des Gebäudes, das heute in Fachwerk aufgeführt ist, könnte erst gebaut worden sein, als das Schloß zum Justizamt und zur Wohnung des Amtmanns bestimmt wurde. Die Domäne ist wohl die älteste und unverändertste Siedlung des Ortes, auch Kirche und Pfarrhaus haben ihren Ort nicht verändert.

 

Nach rechts geht es dann in die Vikarienstraße. Das Haus Vikarienstraße 3 an der Nordwestseite ist der ehemalige Siedelhof, der ehemalige Besitz der Freisassen von Niebecker und im Jahre 1932 im Besitz von Kurt Keitel.

Durch die Straße „Siedlung“ kommt man über die Lindenstraße zur Stadtmauer. An dieser geht man entlang bis zur Kirche und zum Pfarrhaus. Das Haus westlich der Kirche ist die ehemalige Knabenschule („Kantorat“), die 1852 für 2.000 Taler neu erbaut wird und heute im Privatbesitz ist.

Sie steht am Plan-Platz, auf dessen südwestlicher Seite die Schule von 1900 steht. Sie ist ein schöner, roter Backsteinbau mit zwei Etagen und einem Dachgeschoß. Sie war mit vier großen Klassenräumen ausgestattet, wird aber heute nicht mehr als Schule genutzt.

Nach links geht es dann zur Hauptstraße und dort links zum Welkertor (Blick nach rechts auf die Stadtmauer) und aus der Stadt heraus. Links liegt das „Gartenhaus“, früher eine Gaststätte mit Kegelbahn und ein Treffpunkt der Vereine, zuletzt eine Zahnarztpraxis. Rechts sieht man den Bierkeller (ein Stück den Weg nach hinten gehen) und darüber das Modell der „Kleinen Wartburg“.  Es ist das Wahrzeichen am Eingang des Geländes und wurde im Jahre 1928 vom Clingener Grottenbauer Herrmann Lobenstein anläßlich des 75jährigen Bestehens des Clingener Männergesangvereines geschaffen. Leider wurde dieses schöne Bauwerk im Laufe der Jahre mehrmals zerstört und wurde wieder errichtet.

Etwas oberhalb errichtete Lobenstein das Sängerdenkmal „Loreley“ mit der Inschrift  „ MGV 1853, 1928, 1953, 1993 (mit Lyra)“. Als im Jahr 1853 der „Clingener Männergesangverein“ gegründet wurde, kamen die Mitglieder auf die Idee, alljährlich einen „Sängerkrieg“ in Anlehnung an die Ereignisse auf der Wartburg zu Eisenach um 1260 zu veranstalten. Diese Sängertreffen fanden auf dem Gelände der heutigen „Kleinen Wartburg“ statt.

Im Jahr 1974 übergab der damalige Rat der Stadt Clingen das Wartburg-Gelände der neu gegründeten Sparte „Ziergeflügel und Exoten“ zum Ausbau, um ein Spartenheim sowie eine Zuchtanlage zu erbauen. Das gesamte Gelände wurde dann in ein Naherholungsgebiet umgestaltet. Das Naherholungszentrum „Kleine Wartburg“ mit Mini-Zoo, Streichelgehege und Spielplatz ist seitdem ein sehr beliebtes Ausflugsziel für Gäste aus nah und fern sowie für die Einheimischen. Auf dem Gelände befindet sich auch eine Gaststätte „Zum Clingener Esel“. Vom Männergesangverein Clingen wird seit 1953 alle fünf Jahre auf der „Kleinen Wartburg“ traditionell ein Sängerfest veranstaltet, zu dem mehrere Gastchöre eingeladen werden.

Weiterhin findet dort seit 1992 jährlich im August das „Volks- und Blasmusikfest“ des Fördervereines „Kleine Wartburg Clingen e. V.“ statt. Die Erlöse werden zur Erhaltung und Verschönerung des Naherholungsgebietes.

Die Straße Welkertor führt weiter über den Kutzleber Steig hinunter zum Grollbach und weiter zum Wurmbach. Dieser mündet in den Grollbach und dieser dann wieder kurz darauf in die Sächsische Helbe.

 

Nördlich der Stadt kommt man in Fortsetzung der Lindenstraße zur Schwarzburgischen Helbe. Hinter den Kleingärten geht es nach links zur Pfaffenhofmühle, die eine der ältesten Mühlen in Clingen gewesen sein dürfte. In den Jahren 1861 bis 1863 wird im Oberflattich im sogenannten „Höfchen“ auf zwei Ackerstücken ein Steinbruch angelegt. Dabei stößt man auf „große Quader in Kalk gemauert“, die man als Grundmauern eines Klosters bzw. der Dorfes Pfaffenhofen deutet. Von dort führte auch ein Kanal zum Steingraben. Vor allem wird aber eine große Menge Skelette ausgegraben, die zwischen langen, behauenen Steinplatten beerdigt sind. Diese behauenen Steinplatten bringen dem Steinbruchbesitzer viel Geld ein [Anmerkung: Mit „Oberflattich“ kann nicht die heutige Straße dieses Namens gemeint sei, denn das Kloster lag ja bei der Pfaffenhofmühle. Die Überlieferung besagt auch, daß bei der Pfaffenhofmühle ein Steinbruch lag].

Ein kleines Stück an der Helbe entlang kommt man zum „Lochstein“ der Kupferhelbe. Die dort verbauten Steine sind aber wohl keine alten Grabsteine, wie behauptet wird. Der Lochstein der Pfaffenhofmühle hatte noch ein extra kleines Loch für zusätzliche Wassermengen. Bei dem Lochstein am Ende der Überführung mittels einer hölzernen Rinne über den Steingraben wurde dieses zusätzliche Wasser über das sogenannte Feuerloch nach Clingen abgeleitet. Der ursprüngliche Bau dieses Gerinnes erfolgte um 1300 und in dieser Form stellte es sich noch am Ende des Zweiten Weltkrieges dar. Anfang der fünfziger Jahre erfolgte ein Umbau mit Eisenrohren. Das Gerinne verfiel aber, ist jedoch inzwischen erneuert.

 

In Clingen gab es früher einmal fünf Mühlen: Die Pfaffenhofmühle, die Neumühle, die Ölmühle, die Papiermühle und die Pulvermühle. Während die Neumühle und die Ölmühle von der Kupferhelbe betrieben wurden, wurde die Pfaffenhofmühle von der Schwarzburgischen Helbe angetrieben. Die Pulver- und die Papiermühle wurden von der Sächsischen Helbe angetrieben.

Die Pfaffenhofmühle wird bereits 1411 als „die Mühle zu Pfaffenhofen“ und 1479 in Amtsrechnungen von Clingen als „Pfaffenhofener Mühle“ erwähnt. Im Jahre 1599 wird ihr Besitzer Ludwig erwähnt. Ob die Pfaffenhofmühle eine reine Kornmühle war oder Ölmühle und eine Walkmühle nebenbei betrieb, ist nicht festzustellen. Im Jahre 1908 erwirbt August Gruner die Mühle. Die Wasserräder sind seit 1923 nicht mehr vorhanden. Die Mühle wurde von  Wasserturbine und Dampf betrieben. Seit 1928 war sie eine Holzsägerei. Das Sägewerk wurde noch bis Ende der 90er Jahre von der Familie Gruner betrieben.

Die Neumühle: Im Jahr 1411 wird auch die später genannte „Neumühle“ erwähnt. Sie war eine Mahlmühle und befand sich nordwestlich von Clingen, in Richtung Westgreußen. Die Neumühle wurde vom Wasser der Kupferhelbe angetrieben. Ende der fünfziger Jahre wurde ihr Betrieb eingestellt. Heute hat die Firma Lephthin hier ihren Sitz.

Die Ölmühle (alte Ölmühle): Seit 1433 gab es die Ölmühle. Sie wurde ebenfalls durch die Kupferhelbe angetrieben und lag südlich des Pfarrhauses. An die Ölmühle wurde noch eine Kupferhütte angegliedert. Hier wurde fertiges Kupfer aber nur bearbeitet.

Diese Hütte stellte jedoch infolge Schwierigkeiten bei der Materialbeschaffung im Dreißigjährigen Krieg die Arbeit ein. Die Ölmühle existierte immer weiter. Seit 1822 war sie dann im Besitz der Familie Röse. Dort wurden unter anderem Speiseöle und Ölkuchenmehle hergestellt. Das Wasserrad der Ölmühle wurde im Laufe der Zeit durch eine Turbine ersetzt und die Mühle wurde elektrisch angetrieben.

 

Die Papiermühle (früher Welkermühle): Die Papiermühle lag außerhalb, aber nahe bei der Stadtmauer an der Sächsischen Helbe am Welkertor, das nach dieser Mühle benannt wurde. Im Jahr 1664 errichtet der Papiermacher Hans Walter aus Erfurt auf dem Platz der im Dreißigjährigen Krieg zerstörten Welkermühle die Papiermühle. Das Wirken des ersten Clingener Papiermachers dauerte bis 1680. Die Papiermühle arbeitete ab 1772 mit zwei Geschirren mit insgesamt 32 Stampfern zum Zerkleinern des Rohstoffes, der Lumpen. Auf Hans Walter folgte eine Reihe von Papiermachern bis in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts. Eines der ältesten bis jetzt bekanntgewordenen Wasserzeichen stammt von den Papiermachern Bachmann (Vater und Sohn), die teilweise ihre Papiere nur mit einem „B“ signierten. Es ist in den Jahren 1720 bis 1740 verwendet worden und stellt eine Dame in der Tracht der Zeit dar. Diese Modedame, im Süden Deutschlands, besonders Nürnberg, öfter als Kennmarke des Damenpapiers „a la modi papier“ benutzt, kam in Thüringen selten vor. In eigenartiger Weise hatte der Papier- und Formmacher der Figur seine Initiale in die Falten des Rockes gezeichnet.

Die Papiermühle war die einzige in der damaligen Unterherrschaft Schwarzburg-Son­ders­hausen. Sie erlag später der Konkurrenz des Maschinenpapiers und wurde dann in eine Mahl- und Schrotmühle umgewandelt. Sie ging im 19. Jahrhundert in den Besitz einer Familie Karl und später in den Besitz der Familie Wilhelm Häring über. Außer Wasserantrieb wurde die Mühle später auch elektrisch angetrieben. Von 1930 bis 1960 übernahm die Mühle die Familie Jung aus Clingen.

 

Die Pulvermühle: Die Pulvermühle, später neue Ölmühle genannt, war eine Öl- und Schrotmühle. Sie befand sich ganz in der Nähe der Papiermühle, und zwar östlich von ihr, und wurde ebenfalls von der Sächsischen Helbe angetrieben. Sie lieferte seit 1922 lange Zeit den elektrischen Strom für Clingens Beleuchtung. Der letzte Besitzer war Wilhelm Jödicke, ab 1946 die Witwe Zilla Jödicke, die die Mühle dann als Stellmacherei umbauten.

 

Der Weinbau in Clingen und Umgebung

Sehr ausgedehnt war der Weinbau im unteren Helbetal. Die vier Orte Westgreußen, Clingen, Greußen und das schon seit Mitte des 14. Jahrhunderts wüst liegende Rüllhausen sind wahre Weinorte gewesen. Die Weinberge befanden sich nicht nur auf dem heute noch so genannten Weinberg, sondern auch in anderen Flurteilen Clingens wie am Grollbach. Noch bis zum ersten Drittel des 19. Jahrhunderts haben die Nebengelände bestanden, die sich, eins am anderen, namentlich am linken Helbeufer hinzogen.

Im Jahre 1224 werden in einer Vergleichsurkunde des Landgrafen Ludewig mit dem Kloster Reinhardsbrunn Weinberge in Rüllhausen erwähnt. Im Jahre 1241 erhielten die Ilfelder Mönche vom Grafen Dietrich von Hohnstein Weingärten von Greußen. Der Stift Ilfeld besaß als Vermächtnis bis in das 15. Jahrhundert in Clingen und Westgreußen Weinberge. Auch mehrere adlige Herren waren an dem Weinbesitz in den vier genannten Orten beteiligt

 

In Clingen ließ die Sondershäuser Herrschaft jahrhundertelang 60 Acker Weinberge bewirtschaften. Nach 1840 wurden die Weinberge nordwestlich der Pfaffenhofmühle bis nach Wasserthaleben ausgerodet, die letzten werden 1846 auf der Nordseite in Ackerland verwandelt. Aber noch im Jahre 1855 stellte die Fürstliche Kammer 450 bis 500 Eimer gut erhaltenen Landweines aus Clingen zum Verkauf.

 

Der Ort Trebra war ein Nebengut (Vorwerk) von Clingen. Später haben die Grafen den Einwohnern die Ländereien gegen eine jährliche Abgabe von Früchten überlassen. Halb Trebra mußte an sie zahlen. Aber 1848 wird diese Abgabe gegen eine Entschädigung in Geld abgelöst.

 

Geschichte:

[Anmerkung: Es gibt noch sehr viel mehr Material zur Geschichte Clingens, das bei der Stadt gesammelt wurde. Hier wird im Wesentlichen nur das dargestellt, was in den kirchlichen Unterlagen berichtet wird].

Um das Jahr 900 gab es zwei Greußen: das heutige Westgreußen und das heutige Clingen, auch Clinggreußen. Insofern ist dies schon die erste ungefähre urkundliche Erwähnung Clingens. Das heutige Greußen bestand noch nicht; es wird erstmals 1268 erwähnt, als der Landgraf von Thüringen dem Grafen von Hohnstein (früher: Honstein) den Bau einer Burg erlaubt, ausgenommen in „Marktgreußen“. Der ehemalige Stiftsrektor in Ebeleben, Paulus Jovius, erwähnt zwar in seiner schwarzburgischen Chronik drei Greußen, von denen aber nur eines absolut „Greußen“ genannt wurde, die anderen beiden aber tragen den Zusatz „Markt-Greußen“ und „West-Greußen“.

Nach einer alten schwarzburgischen Regentengeschichte ist Clingen ein alter Ort, denn es heißt ausdrücklich: „Auch gehört nach Sondershausen Clingen ohne Westgreußen“. Der Ort ist ziemlich alt, wenn die Kirche zu St. Gumperti schon 1207 erbaut wurde. Im ältesten Kirchenbuch wird der Ort „Fleck Clingen“ genannt. Das bedeutet aber nichts anderes als „Flecken Clingen“, also eine Bezeichnung für den Rang des Ortes als „Flecken“.

Im Jahr 1282 erhält Clingen das Stadtrecht, das soll aber nicht urkundlich belegt sein. Die „Statuten“ von Clingen  werden 1313 auf Pergament geschrieben. Das Clingener Stadtrecht soll in einem Archiv in Dresden aufbewahrt sein und vielen späteren Städteordnungen als Grundlage gedient haben. In den Statuten von Clingen steht zum Beispiel: „Nach der Bierglocke soll kein Mann länger beim Bier sitzen. Wer ergriffen wird, der soll fünf Schillinge auf das Rathaus geben und in seinem Haus bleiben.“ In seinem Stadtwappen führt Clingen den heiligen Gumbertus, der auch der Schutzheilige der Kirche ist. Er ist auf blauem Grund gold-silbern gekleidet wie ein Bischof, in der Rechten hält er den Krummstab, in der Linken ein Buch.

Im Jahre 1381 versetzen Graf Heinrich und Graf Günther zu Schwarzburg die Orte Clingen und Frankenhausen an den Freiherrn zu Querfurt. Im Jahr 1417 verpfändet Graf Heinrich XXIV. das Schloß Clingen für 600 Mark Silber Hauptgeld und 48 Mark Silber Zinsen an Heinrich von Sebeleben, Hermann Hochherzen und Hans Heilwich, Bürger zu Erfurt.

Im Jahr 1475  trifft Graf Heinrich XXVI. von Sondershausen folgende Bestimmung: Sein siebter Sohn Günther XXXIX. erhält Schloß und Flecken Clingen mit dem Gericht und allen Rechten, ferner die vier Mühlen, ein kleines Wäldchen, das „Groll“ genannt, Bau und Brennholz aus der Hainleite, einige Weinberge und die jährlichen Steuern und Zinsen von Clingen und Westgreußen.

Im Bauernkrieg 1525 ist auch in Clingen, Großenehrich und Greußen ein allgemeiner Aufstand gegen die Obrigkeit. Im Jahre 1542 fängt Graf Günther zu Schwarzburg an, das neue Schloß zu Clingen zu bauen.

Einer der größten Schrecken, die Clingen je erlebt hat, wird durch die Pest verursacht. In den Jahren 1577 bis 1626 hat die Pest Clingen gar nicht richtig verlassen. Im Jahr 1582 sterben 47 Personen. Im Jahr 1598 werden 127 Tote gemeldet, bis zu vier Tote legt man in ein Grab. In den normalen Jahren um 1600 werden aber durchschnittlich 25 Kinder geboren, 5 Ehen geschlossen und 20 Personen sterben, so daß man auf eine Einwohnerzahl von 500 bis 600 schließen kann.

Ganze Höfe werden durch die Pest ohne Herren. Am  9. September 1598 stirbt Caspar Polla, am selben Tag seine Tochter. Am 10. September, einem Sonntag, stirbt abends der einzige Sohn und in der Nacht noch die Tochter Agnes. Zwei Tage später stirbt die Frau und wird mit zwei anderen Verstorbenen am Tag darauf beerdigt. Am 15. September stirbt die letzte Tochter Barbara. Ein Knecht von außerhalb nimmt sich des Hofes an, aber auch er und sein Kind sterben nacheinander, vielleicht ist auch die Frau noch gestorben, die ihn in Clingen besucht hat.

Von Ende Juni  1611 bis Februar 1612 sterben 81 Personen. Die meisten Opfer fordert die Pest von Ende Juli 1626 bis Januar 1627, als 168 Personen sterben, so daß teilweise zwei in ein Grab gelegt werden müssen. Am 12. November 1626 schickt Lorenz Weimar seinen Sohn Lorenz zum Pfarrhaus, um „das gemeine Gebet für seinen Vater zu tun“; ehe er aber heimkommen kann, ist er schon tot.

Große Verluste an Familienmitgliedern haben die Familie des Bürgermeisters Kramer, noch größere die Familie König und die größten Verluste die damals weitverzweigten Familie Weimann und die Familie des Kämmerers Kaspar Weimar (der letzte Träger dieses Namens verzieht nach Mühlhausen). Von 1598 bis 1626 werden etwa 75 Prozent der Einwohner durch die Pest dahingerafft. Nach 1626 kehrt die Pest nur noch ein einzelnen Häusern ein und ist dann ganz verschwunden.

Es überleben  die Familien König, Hofmeister, Sickel, Weimann, Kramer, Erbstößer, Schröter, Wagetrotz, Sennewald (seit 1629, aus Otterstedt gekommen), Schaumberg, Salfeld, Gimmerthal, Elliger, Voigt, Wedel, Hottermann (Holtermann) und Rhäsa.

Am 4. März 1578 kommt Graf Hans Günther selbst nach Clingen und legt dort den langen Streit bei, der zwischen den beiden Städten Clingen und Greußen wegen der Huteweide, dem Fischfang und der Grasnutzung im Nieder‑Flattich und am Nörderberg gewesen war. Entschieden wird, daß sowohl der Nörderberg als auch der Nieder‑Flattich in gleiche Teile geteilt und abgesteint werden und damit die Koppelweide gänzlich aufgegeben wird und nun bei der Grasnutzung, Fischerei und Huteweide keiner weiter gehen darf, als die gesetzten Steine anzeigen.

 

Wie an anderen Orten auch hat Clingen schwer unter dem Dreißigjährigen Krieg zu leiden. Besonders schlimm ist das Jahr 1626. Am Freitag nach Himmelfahrt 1626 fallen die kaiserlichen Völker unter dem Befehl des italienischen Grafen von Merode in Thüringen ein und lassen sich und schließlich in der Graf­schaft Schwarzburg nieder.

Die Bevölkerung muß zwei Monate „ausweichen“. Bei dieser Ein­quartierung werden viele Kirchen von den Soldaten aufgebrochen und beraubt, zum Beispiel die in Clingen, Westgreußen, Großenehrich, Wasserthaleben, Niederspier und fast alle an der ganzen Hainleite. Danach bricht die Pest aus. Abwechselnd kommen bald die sächsische Reiterei, bald die kaiserlichen Heeresmassen nach Greußen. Am 11. Mai 1626 findet man im Wolfental eine tote Frau aus Ehrich, die wohl vor dem Kriegsvolk geflohen ist.

Am 30. Mai muß der Ratskämmerer Valtin Lutgrot wegen des Kriegsvolks ohne Pfarrer und Schulkinder begraben werden. Viele Einwohner sterben wohl auch außerhalb.

Am 30. Mai 1631 wird Clingen von den Kriegsvölkern des kaiserlichen Generals Graf Johann von Tilly überfallen und geplündert. Vom 19. bis 22. Oktober kommen die Soldaten Pappenheims. Im Jahre 1636 sind es die Soldaten des schwedischen Feldmarschalls Johann Baner, auch an Kroaten fehlt  es nicht. Im Jahre 1637 kommen die beiden kaiserlichen Feldmarschälle Graf Melchior von Hatzfeld und Graf Johann von Götz. Jeden Tag kommen immer neue Truppen. Am 28. Januar 1638 wird das große Wehr oberhalb von Westgreußen weggerissen. Deshalb müssen  die Mühlen im ganzen Gebiet bis nach Weißensee 16 Jahre lang still stehen.

Im Jahr 1639 schlagen die Witzle­bischen viele Leute übel und plündern alles aus, obwohl die meisten Häuser schon leer stehen und ihre Einwohner geflüchtet sind.

 

Nach dem Dreißigjährigen Krieg teilen die Grafen von Schwarzburg-Sondershausen am 13. Mai 1651 ihre bis daher gemeinschaftlich beherrschten Lande auf: Herr Graf Christian Günther bekommt Arnstadt, Herr Graf Anthon Günther Sondershausen und Herr Graf Ludwig Günther bekommt Ebeleben. Aus dem Amt Clingen werden dabei die Städte Greußen und Großenehrich samt den Dörfern Rohnstedt und Wenigenehrich ausgegliedert und dem Graf Ludwig Günther von Ebeleben zugeteilt (bis zum Jahr 1681). Clingen bleibt aber bei Sondershausen.

Weil Clingen ein Amt ist,  gibt es auch ein Justizamt mit Gericht. Am Michaelistag 1497 (29. September) ist Veit von Witzleben Amtmann zu Clingen, Mitglied des Rates von Greußen und Vorsitzender des Gerichts. Im Jahr 1598 stirbt ein Sohn des Amtsrichters Joachim Voigt. Das Amt befindet sich immer im Schloß in Clingen, es wird nicht erst 1651 von Greußen nach Clingen verlegt: Der Amtmann von Clingen wohnt aber den Greußener Ratsverhandlungen bei. Erst am 1. April 1847 wird das Amt nach Greußen verlegt. Das alte Amt Clingen hört damit auf und der letzte Justizamtmann Dörre wird als Landeshauptmann nach Sondershausen versetzt.

Am 29. April 1653, Freitag vor dem Walpurgistag, ist ein großes Gewitter mit grausamem Hagel und Schlossen. Es liegen große Schlossen vor dem Gericht in Clingen, ebenso am Grollbach und an anderen Orten an tieferen Stellen. Der Hagel liegt zum Teil mannshoch und schmilzt innerhalb von 14 Tagen nicht vollständig weg,  so daß sich das Gewässer immer weiter vermehrt. Im Jahre 1654 wird den ganzen Sommer über das Wehr an der Helbe oberhalb von Westgreußen neu gebaut. Die Kosten übernehmen die beiden Grafen Anton und Günther zu Ebeleben sowie Kursachsen.

Am 5. Sonntag nach Epiphanias 1655 steigt wegen des Tauwetters das Wasser im Steingraben so stark, daß es die Brücke in Westgreußen, die Brücke in Clingen zur Hälfte und die Brücke in Greußen mitreißt. Am 4. Februar 1655 (Sonntag Septuage­simä) will der Zimmer­mann Meister Simon von Feldengel gegen Abend nach dem Helbewehr sehen. Als er jedoch über die Steingrabenbrücke in Clingen gehen will, fällt er mit dem Brückengeländer hinunter. Er wird im reißen­den Strom mitgerissen. Man erzählt, er habe sich auf ein schwim­mendes Stück Bauholz gesetzt. Und den Tod vor Augen habe er gesungen: „So fahr ich hin zu Jesus Christ“. Am Dienstag darauf finden ihn die Fischer, als er an Michael Mayers Garten an einem Weidenbaum hängengeblieben ist. Mit den Händen hatte er sich fest darum geschlungen und so den Geist aufgegeben. Der Amtmann zu Clingen läßt ihn gerichtlich untersuchen und in Clingen begraben.                                                     

 

Im Jahre 1663 erhält Clingen vom Grafen Anton Günther das Marktrecht: Es darf jetzt zwei Jahrmärkte und einen Wochenmarkt zu halten. Der Jahrmarkt wird am Dienstag nach Rogate (April/Mai) und am Dienstag nach dem Sonntag des Fruchtfestes (Erntedankfest oder Michaelis am 29. September?) gehalten. Der Wochenmarkt aber ist immer am Freitag. Mit der Einführung des Marktes wird die jährliche Kirchweihfeier eingestellt. Es wird jetzt aber eine Jahrmarktspredigt eingeführt, die 1696 in eine Betstunde umgewandelt wird.

Die Jahrmärkte wurden aber - wahrscheinlich wegen der allzu großen Nähe der Stadt Greußen - fast gar nicht besucht, so gingen sie wieder ein. Seit 1837 wird der Herbstjahrmarkt, der Dienstag vor Gallus (16. Oktober) fällt, wieder hergestellt. Nach dem Ersten Weltkrieg findet aber kein Jahrmarkt mehr statt.

 

Am 25. und 26. Januar 1679 gibt es bei großer Kälte einen Schneesturm, so daß Leute erfrieren. Alle Mühlen in Greußen und Clingen sind  einen Tag eingefroren, weil die Helbe ganz mit Schnee zugestäubt wird. Am 17. Juni 1679 geht Jakob Murer aus Westgreußen abends von Greußen nach Hause. Weil es den ganzen Tag Schneegestöber gegeben hatte, fällt er bei der Clingener Brücke hinunter und wird am Mor­gen tot gefunden.

Am 21. Februar 1680 wird der Leichnam des in Augsburg verstorbenen Herzogs Johann Fried­rich von Hannover unter dem Geläut der Glocken mit einem Gefolge von etwa hundert weißen Pferden in Clingen vorbeigeführt.

Am 18. Dezember 1680, abends um fünf Uhr, wird ein schrecklicher Komet zu jedermanns Schreck gesehen. Er steht im Südwesten, der Schweif ist von unerhörter Länge  und steigt nach Nordosten auf. Er steht vier Wochen am Himmel, nimmt aber mit der Zeit immer mehr ab. Am 26. Januar 1681 wird er nicht mehr gesehen.

Am 9. Juni 1688 kommt nach einem Wolkenbruch ein großes Wasser im Grollbach auf, das die ganze Pfarrwiese überschwemmt und mit Schlamm bedeckt. Am Ende der Wiese steigt es ein ganzes Stück den Berg hinauf. Viel Frucht wird zerstört. Am 7. Juli überschwemmt das Wasser erneut die Pfarrwiese.

Am Donnerstag vor dem 16. Sonntag nach Trinitatis 1688 schlägt um 14 Uhr die Glocke auf dem Rathaus von selber an. Es wird später bekannt, daß es sich um ein Erdbeben gehandelt hat, das in Frankreich, den Niederlanden und auch in Erfurt bemerkt wird.

 

In Clingen wird auch Gericht gehalten: Am 8. Juni 1697 wird die 14jährige Martha Catharina Kops aus Wasserthaleben in Sondershausen mit dem Schwert gerichtet, weil sie sich von dem Satan hat verführen lassen. Sie wird in Feldengel aufgegriffen und nach Clingen ins Gefängnis gebracht. Sie leugnet aber bis zuletzt den Verkehr mit dem Teufel.

Im Jahre 1730 werden zwei Diebe auf dem Galgenberg gehenkt. Es handelt sich um Andreas Schmid aus Bauderode und Heinrich Weinreich. Sie haben schon eindreiviertel Jahr im Gefängnis gesessen wegen vieler verübter Diebstähle. Weinreich gesteht vor dem Herausführen aus dem Gefängnis in der Torstube seine Diebstähle. Schmid aber nimmt keine Belehrung an und leugnet im Halsgericht alles. Erst als der Stab über ihm gebrochen wird, gesteht er seine bösen Taten. Weinreich erhält die Lossprechung von Sünden und das Abendmahl. Als er gehenkt ist, erhält auch Schmid unter dem Galgen die Lossprechung und das Abendmahl.

 

Im Jahr 1752 ist eine Mißernte und die Teuerung im Land nimmt zu. Das nächste Jahr ist ein noch größeres „Mißjahr“, so daß die Einwohner kaum das Saatgut ernten.

Überall im Land ist Hungersnot. Im Herbst grassiert die rote Ruhr, so daß in kurzer Zeit 28 Menschen daran sterben. Fast kein Haus ist ohne Kranke. Aber die Knabenschule wird nicht geschlossen. Eine Tochter des Kantors stirbt. Auch  1755 wird die „grassierende Ruhr“ gemeldet. Das Jahr 1755 fängt mit großer Kälte an, stärker als 1709 und 1740.  Im Sommer gibt  es große Güsse, so daß man kaum die Ernte einbringen kann. Es donnert unaufhörlich.

Am 1. November wird die Stadt Lissabon durch ein siebenminütiges Erdbeben zerstört, auch in Spanien gibt es Schäden. Am 18. Februar 1756 ist wieder ein leichtes Erdbeben zu spüren. Am 26. Mai 1760 gibt es ein großes Gewitter mit Hagel, der Steingraben ist so voll wie seit Menschen Gedenken nicht mehr.

 

Im Jahre 1756 beginnt der Siebenjährige Krieg. Im September fällt der König von Preußen mit 60.000 Mann in Kursachsen ein, angeblich um die Lutherischen vor den Katholiken zu schützen, aber wohl eher, weil man das Land braucht, um Schlesien und Böhmen erobern zu können. Am 14. September kommt der preußische König nach Erfurt. Schweden und Russen greifen ein. Frankreich besetzt Westfalen und Hannover. Pfarrer Leubing beschreibt den Verlauf des Krieges sehr ausführlich, man merkt dabei, daß er innerlich auf Seiten der Österreicher und Sachsen steht.

Am 5. November wird die französische Armee bei Mücheln geschlagen und zieht sich über Thüringen zurück. Einige Soldaten kommen auch durch Clingen. Der Pfarrer gibt ihnen etwas Geld, wofür sie sich bedanken. Am 9. November 1757 kommen vor Clingen 50 Husaren an,  sie tun der Stadt aber nichts. Am 4. Februar 1759 kommen 80 preußische Reiter nach Clingen und fordern mehr, als die Leute herbeischaffen können. Am 24. Februar kommen wieder 58 preußische Husaren an. Am 4. September kommen 150 hannoversche Jäger - teils auf acht Wagen, teils mit Pferden - durch Clingen. Am 7. September verlangen die Österreicher vom Amt Clingen 1.600 Brote, dazu Hafer, Holz und Heu.

Am 9. September 1760 kommt der Befehl, wegen des Siebenjährigen Krieges in jedem Ort Magazine anzulegen. Am 22. Dezember 1760 rückt ein preußisches Freibataillon in Clingen ein. Mancher Einwohner hat acht Leute zu versorgen, die die Leute sehr mit Essen plagen und Geld erpressen. Am nächsten Tag ziehen sie wieder ab, sie sollen aber 1.000 Taler gekostet haben. Am 27. Dezember werden die Adligen und Geistlichen ins Amt nach Sondershausen vorgeladen und ihnen mitgeteilt, daß Preußen Kriegslasten verlangt. Das Amt Clingen muß jetzt über 14.225 Taler zahlen und 47 Rekruten und 47 Pferde stellen.

Am 3. Weihnachtstag kommt mittags preußische Kavallerie in Clingen an und sucht alle Häuser durch. Fast alle Leute laufen aus dem Gottesdienst fort, aber der Pfarrer predigt unverdrossen weiter. Die jungen Männer werden in den Ratskeller gebracht; wenn sie geflohen sind, werden die Eltern mitgenommen. Am 27. Dezember werden 15 junge Männer fortgebracht, offenbar um zu den Soldaten gepreßt zu werden.

Auch am 3. Januar 1761 werden die Häuser untersucht, um Rekruten aufzubringen. Am Dreikönigsfest sind kaum Männer in der Kirche. Da die geforderten eineinhalb Tonnen Gold nicht aufzubringen sind, müssen Früchte nach Nordhausen abgeliefert werden. Der Pfarrer muß fünf große Wagen nach Hachelbich bringen und alle Woche Hafer, Heu, Stroh und Brot liefern. Als die Preußen am 26. Januar abziehen, kommen die Sachsen und wollen Hafer und Heu. Ein Korporal kommt mit einem Wagen aus Friemar und der Pfarrer soll den Wagen beladen. Da ist die Not groß.

Am 8. Februar müssen wieder Hafer, Stroh und Holz an ein Kürassierregiment in Obertopf­stedt geliefert werden. Am 10. Februar muß aller Vorrat an Brot nach Günstedt an die preußischen Husaren geliefert werden.

Am 12. Februar kommen 240  Mann Kavallerie mit 250 Pfer­den, der Pfarrer muß vier Mann mit Pferden verköstigen. Am 13. Februar muß er wieder 18 Pfund Brot liefern.

Nach den Preußen kommen die Franzosen. Das Amt Clingen muß 1.680 Scheffel Roggen und ebensoviel Weizen abliefern. Der Pfarrer muß 22 Scheffel liefern. Als er sie persönlich überbringt, gibt man ihm immerhin Geld dafür. Am 18. Dezember rücken 362 Mann französische Kavallerie und 90 Mann Infanterie ein. Der General Somberville wird im Pfarrhaus einquartiert. Am 22. Januar 1762 rückt dieses starke Kommando aus Mühlhausen wieder in Clingen ein. Der Kapitän liegt mit zwei Bediensteten in der Studierstube des Pfarrers, und sie müssen verpflegt werden.

Am 1. Februar rücken 100 Mann französische Reiterei ein, am 5. Februar dann 90 Mann Kavallerie. Nach dem Tod der Zarin Elisabeth kommt es zu einem Teilfrieden mit Preußen. Der Pfarrer beschwert sich in Sondershausen, weil er Rat ihm immer wieder Einquartierung auferlegt hat, um sein Mütchen an ihm zu kühlen; er sollte doch von Einquartierung verschont werden und eine entsprechende Bescheinigung hatte. Bürgermeister Schwendel aber entschuldigt sich mit körperlichen Leiden: Es sei kein böser Wille gewesen, die Soldaten zum Pfarrer zu schicken, es sollen ihm auch die Kosten ersetzt werden.

Am 24. Februar 1762 kom­men dann auch 60 Mann französische Kavallerie in Clingen an, aber ins Pfarrhaus kommt niemand. Aber am 23. April, als wieder 400 Mann französische Truppen ankommen, werden ein Leutnant und ein Kornett samt drei Bedienten und fünf Pferden im Pfarrhaus einquartiert, also mehr als bei den früheren Einquartierungen. Aber der Rat redet sich damit heraus, den Einweisungsschein habe ja ein anderer geschrieben. Der Fürst weist den Rat immerhin an, über 67 Taler Entschädigung zu zahlen. Am 15. Februar 1763 wird der Friede von Hubertusburg geschlossen und damit auch der Siebenjährige Krieg beendet.

Am 26. Juli 1768 beginnt um 15 Uhr ein Gewitter, zieht erst weiter und kommt wieder zurück. Von 23 bis 3 Uhr entsteht ein solcher Platzregen, wie er seit Menschengedenken nicht mehr gewesen ist. Er verursacht am Wurmbach großen Schaden. Kurz nach Mitternacht schlägt der Blitz im Schloß ein. Der Hofverwalter Kirsten wird am Rücken verletzt, seine Frau wird ohnmächtig und kann erst durch starkes Reiben wieder zum Leben gebracht werden.

 

Im Jahr 1781 wird der seit bereits über 200 Jahre stehende Rathausturm repariert. Der Knopf wird am 30. November 1781 wieder aufgesetzt. Zu dieser Zeit ist Amtmann der Schwarzburgische Kommissionsrat Just von Windheim. Zum Rat gehören: Theodor Christoph Lückardt, Bürgermeister Fried­rich Wilhelm Leubing, stellvertretender Bürgermeister Johann Christoph Schleevoigt, Kämmerer Johann Christian Lieffarth. Bei den „ruhenden Ratsmittel“ sind (derzeit außer Dienst): Bürgermeister Friedrich Christian Klemm, Kämmerer Martin Christian Keil und Kämmerer Johann Justus Schwendel. Viermänner (so etwas wie Gemeindevertreter) sind: Landwirt Johann Christian, Meister Gottfried Andreas Topf, Sattler Johann Benjamin Kühne (auch Amtsgerichtsschöffe) und Schneider Johann Christoph König (Angabe nach „Clingen.de“).

Im Jahr 1784 entsteht nach vierjährigem Mißwuchs des Flachses eine große Armut. Fürst Christian Günther gibt 400 Taler für die Hilfsbedürftigen, Clingen erhält davon gut 137 Taler, die am 15. April auf dem Rathaus in Gegenwart des Pfarrers und nach gewissenhafter Untersuchung ausgeteilt werden.

 

Im Jahr 1788 findet am Wurmbach eine Hinrichtung mit dem Schwert statt: Der Schneider Johann Ludwig Lumnizz aus Wolferschwende ermordet am 2. April 1787 die Clingener Gastwirtin Depenau und raubt das Geld und Kostbarkeiten.

Er flieht nach Schlesien zu seinem Bruder. Der Steckbrief ist aber vor ihm da und der Raubmörder wird nach Sondershausen ausgeliefert. Er muß über ein Jahr im Gefängnis sitzen, bis das Urteil da ist: Räderung von unten an! Doch dieses Urteil wird dann doch in Hinrichtung mit dem Schwert umgewandelt. Neun Wochen bereiten ihn Pfarrer Rudorf, Diakon Lenker aus Greußen und Pfarrer Günther in Westgreußen auf den Tod vor. Besonders Pfarrer Rudorf geht viermal die Woche in die Stube des Amtsdieners, um dem Mörder ins Gewissen zu reden.

Dann wird der 27. April, der Dienstag vor Himmelfahrt 1788, als Tag der Hinrichtung festgesetzt. Amtmann Niebecker macht das Urteil in seiner Amtsstube bekannt. Pfarrer Rudorf besucht den Verurteilten darauf in der Stube des Amtsdieners. Er ist aber ruhig und sagt, er wolle durchaus gern sterben. Am Tage vor seiner Hinrichtung reicht ihm der Pfarrer das Abendmahl.

Das Halsgericht wird am 29. April um 9 Uhr auf dem Markt gehalten. Unter dem Geläut der Glocke ziehen der Pfarrer von Clingen, der Diakon von Greußen, die Schüler, Adjuvanten und Greußener Chorschüler zur Hinrichtungsstätte am Wurmbach. Der Scharfrichter Uder aus Greußen enthauptet den Verurteilten mit einem Hieb. Darauf wird er aufs Rad geflochten und sein Kopf auf dieses genagelt. Der Pfarrer schreibt: „Gott gebe, daß weder ich noch meine Herren Nachfolger ein so mühsames und verdrießliches Amt je wieder übernehmen dürfen!“

 

Die Folgen der französischen Revolution von 1789 merkt man auch in Schwarzburg-Sonders­hausen. Als 1791 der König von Frankreich hingerichtet wird, zieht der deutsche Kaiser gegen die Franzosen. Der Krieg dauert bis 1796. Die Reichsfürsten müssen Soldaten stellen und Geld zahlen (sogenannte „Römermonate“, weil diese Reichssteuer ursprünglich dafür bestimmt war, um den Zug des Kaisers nach Rom für einen Monat finanziell abzusichern). Zu diesem Zweck wird eine Vermögenssteuer für diejenigen eingeführt, die bisher keine Steuer zahlten, also Adlige, Unternehmer, Beamte, Ärzte und auch Geistliche. Sondershausen muß 85.000 Taler aufbringen.

Nach der Schlacht bei Jena am 14. Oktober 1806 zieht sich eine Garde am 16. Oktober in das Gebiet um Greußen zurück. Pfarrer Rudorf beobachtet vom Turm, wie abends der Angriff unweit des Warthügels geschieht. Ehe er aber fliehen kann, kommen französische Jäger, klopfen an die Haustür und dringen mit blankem Säbel ein und fordern Geld. Der Pfarrer verbirgt sich in der kalten Nacht im Garten des Herrn Rhäse. Von hier aus verfolgt er, wie die Franzosen Greußen plündern, Feuer legen und Tiere schlachten. Das Plündern dauert am 17. Oktober an und geschieht auch in Clingen. Dort entsteht ein Schaden von 12.000 Talern.

Die am 5. November 1810 von Napoleon verhängte Kontinentalsperre gegen England muß auch im Fürstentum geachtet werden: Englische Waren werden in Sondershausen verbrannt.

Am 27. Oktober 1813 kommen 5.000 Mann Russen und lagern sich bei den drei Linden zwischen Greußen und Clingen. Die Gemeinden müssen Brot, Fleisch und Stroh liefern. Um ein Uhr nachts wird in Greußen und Clingen geplündert. Den Anfang machen sie im Pfarrhaus: Sie ziehen den Pfarrer bis auf seine zwei alten Schuhe aus, er aber muß still halten, um nicht mißhandelt zu werden. Das Kantorat muß sechs Türen hergeben, die im Lager verbrannt werden. Die Soldaten kommen aber nur bis zum Markt, dann ist die für die Plünderung festgesetzte Zeit um.

Danach kommen Sachsen, werden aber von der Gemeinde verpflegt. Am 19. November 1813 kommen 50 Kosaken, der Hauptmann mit drei Bediensteten kommt ins Pfarrhaus.

Am 22. No­vember stirbt Kantor August Christian Philipp Ritze an einem Nervenfieber, hervorgerufen durch die ständigen Aufregungen des Krieges. Er soll in Gegenwehr drei Russen überwältigt und getötet haben.

 

Am 23. Juli 1799 wird die Vermählung des Landesfürsten mit Prinzessin Wilhelmine Caroline auch in Clingen gefeiert. Als das Brautpaar am 26. Juli von der Hochzeit in Rudolstadt nach Sondershausen zurückkehrt, übereicht die Tochter des Pfarrers Rudorf (ein Patenkind des Fürsten), begleitet vom Rat und den Schulkindern, am Weg zwischen dem Weinberg und Obertopfstedt ein Körbchen mit einem vom Pfarrer verfaßten Glückwunschgedicht. Am 7. Sonntag nach Trinitatis wird im ganzen Land ein Gedächtnistag gehalten mit einem Zug vom Schloß zur Kirche, wo der Pfarrer in seiner Rede zum Gehorsam gegenüber dem Fürsten mahnt und dies auch begründet.

Im Jahr 1793 erhält die Domäne einen nicht unbeträchtlichen Zuwachs, weil das Gut der Familie Heinrich mit der Domäne vereint wird (nach Clingen.de).

 

Es müssen aber immer wieder Familien aus Clingen abgewandert sein, denn 1809 werden erst 660 Einwohner in 156 Familien gezählt (30 Geburten, 13 Eheschließungen, 16 Todesfälle).

Im Jahre 1811 sind es allerdings schon 790  Einwohner, im Jahre 1840 sind es über tausend Einwohner. Besondere Berufe in dieser Zeit sind: Vasall, Justizamtmann, Pfarrer, Kantor; Organist, Gutsbesitzer, Ratsdiener, Stadtschreiber, Ölmüller, Mahlmüller, Papiermüller, Gastwirt, Weinmeister und Bierbrauer.

 

Clingen ist von jeher eine Stadt des Handwerks gewesen. Im Jahr 1411 existierten bereits zwei Mühlen. Später wurden etwa zwanzig handwerkliche Berufe nachgewiesen. Leineweber waren stark vertreten, ebenso zahlreiche Fuhrunternehmen, deren Hauptarbeit darin bestand, den Roggen in die Brennereien nach Nordhausen zu fahren.

 

Im Jahr  1833 sterben sechs Personen an den „schwarzen Pocken“ (die auch 1868 auftreten). Im Jahr 1836 wird erstmals die Krebskrankheit genannt. Am 22. Juni 1837 stirbt Bäckermeister Johan Christoph Beilke, der in einen etwa 30 Meter tiefen Schacht gefallen war, den er an der weißen Mauer hat öffnen lassen, um Steinkohlen zu suchen.

 

In der Turmknopfurkunde von 1840 wird berichtet: Herr Justizrath Doerre ist der Fürstliche Justiz-Amtmann. Der Pachtinhaber des Fürstlichen  Kammergutes ist Herr Domänenrath Schneidewind. Der Pfarrer ist Herr Edukationsrat Böse. Die beiden Schullehrer sind Kantor Ritze und Mädchen-Schullehrer Mahnhardt. Stadtrichter ist Herr Ludwig, Gemeinde-Vorste­her ist der Müller Schmidt.

Der Ratskeller ist einschließlich fünf Acker Land für 255 Taler verpachtet. Ein Acker Flachs wird in diesem Jahr für 20 bis 22 Taler verkauft. Ein Scheffel Weizen kostet einen Taler und zwölf Groschen, ein Scheffel  Roggen einen Taler und drei Groschen, ein Scheffel Gerste 18 Groschen, ein Scheffel Hafer 14 Groschen. Die Währung („Geld-Cours“) ist Preußischer Courant, der Taler zu 30 Silbergroschen.

 

Von 1846 bis 1847 herrscht in ganz Deutschland eine große Teuerung. Ein Scheffel Weizen kostet fünf Taler. Selbst aus Bayern kommen Fuhrleute nach Clingen, um Getreide zu holen.

Bei dem Unwetter am 2. Juni 1858 fallen sehr große Eisstücke vom Himmel. Die Zimmerleute, die am Umbau des Pfarrhauses arbeiten, messen ein Eisstück von fast vier Zentimetern Länge. Nach dem Hagel gehen die Leute hinaus, um den Schaden zu besehen. Überall von den Bergen herab kommen Bäche. Der Grollbach tritt weithin aus. Am preußischen Rieth, wo der Wurmbach zum Grollbach kommt, entsteht ein See, der Steingraben braust furchtbar daher. Aber an den Feldern entsteht fast gar kein Schaden.

 

Im März 1848 bricht in Berlin die Revolution aus, es kommt zu Straßenkämpfen. Aber im Schwarzburgischen fließt kein Tropfen Blut. Im März rückt eine Menge von Leuten vor das fürstliche Palais auf dem Markt in Sondershausen und fordert Pressefreiheit, Freiheit von Jagddiensten usw. Es werden einige Zugeständnisse gemacht. Noch am selben Abend bildet sich eine Bürgerwehr in Sondershausen, um Ruhe und Sicherheit in der Stadt zu bewahren. Es werden auch Volksversammlungen gehalten, von denen die größte im Unterflattig zwischen Greußen und Clingen ist.

Im Jahre 1852 wird die Knabenschule für 2.000 Taler neu erbaut. Von 20. September bis Anfang Oktober 1858  ist wieder ein sehr prachtvoller Komet zu sehen, der „Donat’sche Komet“, der als Vorbote eines Krieges angesehen wird.

 

Im Jahre 1856 wird das Rathaus mit Ratskeller und kleinem Glockenturm neu erbaut für etwa 6.000 Reichstaler. Im Jahre 1857 wird das Gröger’sche Wohnhaus zur Mädchenschule gekauft und die frühere Mädchenschule an den Fleischermeister Robert Leopold verkauft (Mehrausgabe 530 Taler).

Am 22. September 1858 erhalten alle Eigentümer nach der Separation (Flurbereinigung) ihre Pläne zugeteilt. Es werden mehr Wege angelegt, die alle möglichst gerade verlaufen. Man muß nicht mehr über die Äcker der anderen fahren. An den Hauptwegen werden Gräben gezogen und Bäume gepflanzt. Der Grollbach wird gerade angelegt und tief ausgestochen, ebenso der Wurmbach an verschiedenen Stellen. Hohlwege, Wasserrinnen und Rasenraine werden zu Ackerland gemacht. Breite Brücken werden gebaut. Die Äcker werden jetzt  in anderer Himmelsrichtung angelegt, nämlich schief im Vergleich zu den bisherigen Plänen. Das alte Huterecht der Domäne wird in Land entschädigt. Jedes Haus erhält einen Garten entweder beim Haus oder auf dem Kreuzwegsfeld. Der Weg nach Rohnstedt führt ab 1858 über Westgreußen. Die Flur ist so umgewandelt, daß man sich zunächst gar nicht mehr darin zurechtfinden kann.

Die Pfarrgrundstücke werden auf zwei Pläne aufgeteilt, und zwar neun Morgen im Oberflattich  (links vom Weg bis zum Steingraben) und etwa 37 Morgen über dem Dreital („Kutzleber Steig“ genannt). Die Pfarrei verliert durch die Separation einen halben Acker. Pfarrer Tölle zeichnet in die Chronik einen Plan für das Gebiet von Clingen über den Grollbach nach dem Gerichtshügel zu, mit dem neuen Weg nach Kutzleben (alter und dem neuer Bestand). Dann folgt eine Zeichnung des Gebiets von der Clingener Kirche mit dem neuen Weg nach Greußen zwischen dem Pfarrhaus und der südlich davon liegenden Ölmühle. Dabei zeichnet er auch das Gebiet bei den Linden ein, wo die früheste Kirche gestanden hat.

Die Kosten der Umlegung sind sehr hoch. Sie sind mit vier Prozent zu verzinsen und in 42 Jahren abzutragen. Die Pfarrei muß etwas über 103 Reichstaler bezahlen und leiht dazu 100 Taler aus der landwirtschaftlichen Darlehenskasse. Ab 1. Oktober 1862 müssen jährlich fünf Taler gezahlt werden, wovon nur ein Taler Rückzahlung ist, der Rest Zinsen.

 

Nach der Separation wird die Bezeichnung „Acker“ abgeschafft  und das Land in preußischen „Morgen“ zu 180 Quadratruthen eingeteilt. Am 1. Januar 1882 werden neue Maße und Gewichte eingeführt, statt der Elle gibt es jetzt den Meter und das Land wird eingeteilt in ein Hektar gleich 100 Ar (25 Ar gleich ein Morgen).

 

Am 27. Mai 1862 wird David Marx, der Hofmeister auf der Domäne, wegen 42 jähriger treuer Dienste bei der Familie Schneidewind, auf dem großen landwirtschaftlichen Fest in Son­dershausen vor Tausenden von Menschen und in Gegenwart der fürstliche Familie gelobt und erhält ein Sparbuch mit einer Einlage von zehn Talern. Er gehört auch zu den fleißigsten und aufmerksamsten Besuchern des Gotteshauses.

 

In den Jahren 1862 bis 1863 wird für 1.500 Taler die Straße durch den Ort vom Untertor bis zur Steingrabenbrücke gebaut und an die neu gebaute Überlandstraße durch den Unterflattig nach Greußen angeschlossen. Außerdem wird  für 300 Taler eine bedeutende Reparatur an der Steingrabenbrücke ausgeführt.

 

Im Jahr 1863 ist die Ernte trotz trockner Witterung sehr reich, die Pfarrländerein bringen so viel Frucht, daß erst eine Woche lang Roggen gedroschen werden muß, ehe man den Hafer in der Scheune unterbringen kann. Der Winter beginnt erst im Februar 1865 mit Schnee, aber nach einem Schneesturm muß der Pfarrer 17 Fuhren Schnee aus dem Pfarrhof wegfahren. Auch Ende März gibt es noch viel Schnee. In der Wohnstube des Pfarrers sind die Fenster so stark zugefroren, daß es dunkel im Raum wird. Im Zimmer können trotz aller Heizung teilweise nur 9 Grad Reaumur (11 Grad Celsius) erzielt werden. Im Winter 1870 liegt infolge von Verwehungen der Schnee vier bis fünf Meter hoch im Pfarrhof.

 

Im Jahre 1863 wird die Feuerspritze von Gelbgießer Molle aus Weißensee für 50 Taler repariert

 

Im Herbst 1865 herrscht eine Viehkrankheit. Aber auf der Domäne, wo im Frühjahr die Schafe geimpft wurden, gibt es keine Verluste an Schafen. Es sterben aber zwölf Kühe und bei Her­mann Schmidt auf dem Plan und in der Ölmühle stirbt alles Vieh.

 

Bis Dezember 1865 ist der endgültige Bescheid über die Kosten der Separation noch nicht erteilt, aber es wird immer bezahlt. Bis dahin sind einschließlich („suczessive“) der Fürstlichen Domäne an Separations- und Nebenkosten 5.000 Taler bezahlt worden. Die Bepflanzung der neu angelegten Wege hat auch bedeutende Kosten verursacht. Die Gesamtsumme dürfte bei 19.000 bis 20.000 Talern liegen, die in der Gemeinde in den Zeiträumen von zehn Jahren verausgabt worden sind. Diese Summe ist teils durch einige erborgte Kapitalien, teils durch die Gemeindeangehörigen selbst aufgebracht worden. Es muß aber ein Steuerzuschlag von 50 Prozent und im Jahr 1834 sogar von 100 Prozent erhoben werden. Staatssteuern werden jährlich 1.025 Taler bezahlt. Durch Zusammenlegung der Grundstücke und ihre Verbesserung, durch Fleiß und Tätigkeit werden aber jetzt bessere Ernten erzielt, so daß es den Einwohnern möglich geworden ist, obige Opfer zu bringen.

Im Jahr 1875 werden die Standesämter eingeführt. Bis zum 30. Juni 1883 ist das Standesamt Greußen für Clingen zuständig. Ab dem 1. Juli 1883 hat Clingen selber ein Standesamt, während Westgreußen weiterhin zum Standesamt nach Greußen gehört (nach „Clingen.de“).

 

Das Jahr 1865 ist trocken, im Sommer regnet es beinahe gar nicht und infolge dessen ist die Ernte sehr gering. Futterkräuter können kaum ein Viertel der früheren Jahre geerntet werden. Schon im Laufe des Sommers 1865 stellt sich die Pockenkrankheit der Schafe ein, bei der in einem Umkreis von etwa zehn Stunden selten ein Schafhaufen davon verschont bleibt. Wo die wilden Pocken auch auftreten, wird geimpft, aber in 15 bis 20 Fällen gehen Schafe verloren. Dieses wäre aber noch zu ertragen gewesen, wenn nicht im Spätsommer auch das Rindvieh gestorben („gestürzt“) wäre. In Clingen sterben in einer Woche acht Stück, insgesamt ist die Zahl 50 Stück bis zum Dezember wohl nicht zu hoch gegriffen. Immer wieder fährt der Abdecker durch den Ort, um wieder aufzuladen.

 

Am 12. Dezember 1865 werden verschiedene Dokumente in den Turmknopf eingelegt:  Aus der beiliegenden Zeitung kann man erfahren, was für Aufruhr die sogenannte Trichinenkrank­heit der Schweine hervorgebracht hat. Der Pfarrer macht sich aber offenbar keine großen Sorgen deswegen und schreibt: Obgleich es schon seit einem Jahr davon gespukt hat, so ist doch die Sache nicht ernstlich betrachtet worden und hat sich der Arbeitsmann nicht gescheut, seine Schweine oder sein Gelbgeräuchertes zu verzehren, bis mit einem Male die Beschwernis („Calamität“) besonders in Wegeleben und Hedersleben mit solcher Heftigkeit auftrat, daß Hunderte von Menschen durch den Genuß von trichinösem Schweinefleisch krank daniederlagen und in Hedersleben etwa 70 Personen davon gestorben sind.

Es ist eine neue Erscheinung so wie die Kartoffelfäule, die vor etwa zehn Jahren plötzlich auftauchte und deren Ursache bis jetzt noch nicht ermittelt werden konnte. Auch die Fruchtpreise sind aus der beiliegenden Zeitung zu ersehen. Die Preise der  Grund­stücke sind nach der Separation noch höher gegangen, so daß der Morgen mit 160 bis 300 Talern und darüber bezahlt wird.

Gemeindevorstand ist gegenwärtig der Bürgermeister Wedel und dessen Stellvertreter Herr Ökonom F. Siegfried. Die Stadtverordneten sind Herr Theodor Rebling als Vorsitzender, Sattlermeister Ludwig, Chirurg Friedrich Pötzsch, Schuhmachermeister Karl Schmicking, Ökonom Wilhelm Seumwald (Sennewald?), Ökonom Hermann Schmidt. Pfarrer ist Herr Pastor Tölle, Knabenlehrer ist Herr Kantor Manhardt, Mädchenlehrer ist Herr Carl Dörre. Die Fürstliche Domäne hat Herr Amtmann Lindstedt seit 1863 in Pacht. Clingen hat gegenwärtig 200 Häuser und 1004 Einwohner. Gemeinde-Rechnungsführer ist Herr August Voigt.

 

Im  Krieg von 1866  sind die Tage vom 24. bis 28. Juni 1866 für die Gegend um Clingen sehr bedrohlich. Der König von Hannover hatte sich Österreich angeschlossen. Preußen besetzt daraufhin Hannover. Die hannoversche Armee zieht sich nach Langensalza zurück, um sich mit den Bayern zu vereinen. Die Bauern aus der Umgegend von Langensalza flüchten mit ihren Pferden teils nach Clingen, teils nach der Hainleite zu. Die Vorposten der Hannoveraner kommen bis an den Grollbach. Am 27. Juni kommt es zur Schlacht. Die Preußen bringen die Hannoveraner zum Stehen, siegen aber nicht. Aber in der Nacht werden schnell neue preußische Truppen nach Langensalza befördert, so daß Hannover kapituliert. Auch Österreich muß schließlich kapitulieren und verliert seinen Einfluß im Reich. Der Bundestag in Frankfurt wird aufgelöst und der Norddeutsche Bund geschlossen. Das schwarzburgische Heer wird nun dem preußischen einverleibt.

 

 

 

Am 12. August 1867 wird beim Chaussehaus bei Sondershausen der erste Spatenstich für die Eisenbahn von Nordhausen nach Erfurt getan. Am 30. Mai 1868 fährt die erste Lokomotive auf dem Greußener Bahnhof ein, im August 1868 wird die Bahn dem Verkehr übergeben. Doch die Auslastung ist schwach, nur die Kriegstransporte 1870/71 führen zu einem stärkeren Verkehr.

Wahrscheinlich infolge einer großen Hitze entsteht 1868 eine Pockenepidemie. Ende des Jahres werden so viele davon ergriffen, daß keine Familie verschont bleibt. Auch der Pfarrer und seine Frau müssen diese Krankheit durchmachen. Es sterben vier ungeimpfte Säuglinge.

Am 5. Dezember 1868 deckt der Sturm Dächer ab und reißt Bäume heraus, auch der Kirche und dem Pfarrhaus gehen einige Ziegel verloren. Im Winter 1870 liegt infolge von Verwehungen der Schnee vier bis fünf Meter hoch im Pfarrhof.

 

Im Krieg mit Frankreich 1870/71 ist der Eisenbahnverkehr auf der Erfurt-Nordhäuser-Strecke sehr stark. Gefangene Franzosen werden von Erfurt nach Sondershausen und weiter nach Norden gebracht. Fast den ganzen Tag folgen Züge mit Landwehrsoldaten und Pferden. Am 27. Juli wird ein allgemeiner Buß- und Bettag gehalten. Der Pfarrer Tölle sammelt noch am gleichen Tag Liebesgaben und Material und Geld für die Lazarette. Von Clingen ziehen etwas über 40 Männer aus. Sie machen die Schlacht von Sedan mit und haben bei der Belagerung von Paris eine Position im Norden. Zwei Einwohner geraten in Gefangenschaft, aber zu Schaden kommt keiner aus Clingen.

Am 18. Juni 1871 ist das Friedens- und Dankfest. Um acht Uhr versammelt man sich auf dem Markplatz. Um zehn Uhr geht es im feierlichen Zug zur Kirche, die Musik voran, dann die Männerwehr, die eigens zum Empfang der Krieger gegründet worden war, dann die Schulkinder, der Kirchenvorstand, der Gemeinderat und die Jungfrauen, die eine extra für diese Feier angefertigte Fahne schenken. Durch das Spalier der Männerwehr zieht man in  die Kirche ein. Die Jungfrauen sitzen vor dem Altar, die Fahne wird hinter dem Altar aufgestellt. Am Nachmittag und  Abend ist ein Konzert im Garten des Felsenkellers. Zugleich treffen die ersten der Soldaten aus Paris ein. Sie werden jedesmal mit Musik vom Bahnhof abgeholt und bekränzt und mit Blumensträußen beschenkt. Am nächsten Sonntag findet noch eine Nachfeier statt, wieder mit einem Festzug und unter Teilnahme aller Soldaten, teils in Uniform, teils in Zivil.

 

Am 6. März 1872 kommt es wieder zu einem Erdbeben. Der Lehnstuhl des Pfarrers Tölle beginnt plötzlich zu schaukeln, so daß er sich festhalten muß. Die Tauben verlassen ihren Schlag und kreisen lange um die Dächer. Im Jahr 1872 gibt es eine Maserepidemie.

Mitte November 1872 wird der Grundstein zur Aktien-Zuckerfabrik unmittelbar an der Bahn gelegt. Sie geht im Dezember 1873 in Betrieb. Die Anregung dazu gab Oberamtmann Wilhelm Scheller.

Die Domäne wird Anfang des 19. Jahrhunderts von der Familie Schneidewind gepachtet. Oberamtmann Selmar Schneidewind hat sie bis 1863 für 3.500 Taler in Pacht. Doch dann überbietet ihn Herr Lindstedt mit 7.500 Talern. Aber 1871 übernimmt Oberamtmann Wilhelm Scheller die Domäne für ein Abtretungsgeld von 20.000 Talern. Durch ihn wird die ganze Landwirtschaft im Ort verändert, besonders durch die Anwendung künstlichen Düngers werden gute Ergebnisse erzielt. Der Anbau von Flachs hört fast ganz auf. Durch den Rübenanbau bekommen die ärmeren Leute mehr Arbeit. So bleibt keine Zeit für die Spinnstuben, die sowieso der Sittlichkeit nicht sehr förderlich waren.

Im Jahr 1883 ist Pächter der Domäne Amtmann Wilhelm Müller, gebürtig aus Gröningen bei Halberstadt. Im Jahr 1892 übernimmt Amtmann Hermann Langenstraß aus Popperode bei Wippra die Domäne, weil Scheller wirtschaftliche Verluste gemacht hat und Übelstände eingerissen waren. Nachdem Langenstraß das große Rittergut Linden bei Wolfenbüttel für eine Million Mark übernommen hat, wird im Jahre 1911 Karl Kleinschmidt aus Hecklingen sein Nachfolger. Nach dem Pächter Karl im Jahr 1927 geht die Domäne 1928 pachtweise vom Staat an Oberamtmann Wilhelm Loesener über.

 

Das Jahr 1874 bringt viel und gute Trauben. Am schönsten ist die Sorte „Roter Gutedel“, die Pfarrer Tölle neu angepflanzt hat, während die alten übernommenen Sorten sauer bleiben.

Am 28. November 1875 verunglückt der Schuhmacher Henning an der „weißen Mauer“ (Hohlweg nördlich von Clingen in Richtung Obertopfstedt) im Schnee und wird erst am nächsten Tag tot aus dem Schnee gegraben. Im Sommer 1881 müssen die Wagen der Domäne zuweilen mit sechs Zugtieren vom Acker gefahren werden. Zur Abfuhr der Zuckerrüben bedient man sich kleiner Feldeisenbahnen.

 

Als der Teich am Ostrand der Stadt um 1880 trockengelegt wird, wird er zunächst mit Pappeln und Weidenbäumen bepflanzt (daher der Name „Weidengraben“). Heute stehen dort noch viele Obstbäume.

Im Jahre 1883 fängt man an, den Weg nach Lützensömmern auszubauen. Für die Erhaltung dieses Weges bis an die Lützensömmerer Grenze sind die Stadtgemeinde und die Fürstliche Domäne zuständig. Die Stadt baut im Norden 342 Meter bis zum Grollbach und 115 Meter auf der anderen Seite (zusammen 467 Meter) und gibt 1.000 Mark zu den Kosten von über 4.062 Mark. Die Fürstliche Domäne baut 623 Meter Weg, den größten Teil südlich bis zum Wurmbach. Zu diesen Baukosten trägt die Stadtkasse 1.350 Mark bei, den Rest zahlt auch in diesem Fall die Domäne. Im Jahre 1884 baut die Stadt 662 Meter bis zum Anschluß an die Stadtlage zum Preis von über 5.011 Mark.

 

Im Jahre 1887 hat Clingen 213 Häuser und nach der letzten Volkszählung vom 1. Dezember 1885 sind es 1.121 Einwohner. Die Zahl der Schulkinder beträgt 260, nämlich 135 Knaben und 125 Mädchen. Der Magistrat besteht aus Bürgermeister Bruno Röse, zugleich Fürstlicher Standesbeamter für Clingen, und Stellvertreter ist Herr Mühlenbesitzer Hermann Schmidt. Zum Gemeinderat gehören Gutsbesitzer Gustav Dörre als Vorsitzender und Ökonom Theodor Sennewald als Stellvertreter. Weiterhin gehören dazu der Oberamtmann und Pächter der Domäne Wilhelm Scheller, der Landwirt Karl Schwendel, der Herr Bäckermeister August Leopold, der Sattlermeister Christoph Ludwig, der Gutsbesitzer Alexander Leißner, der Fleischermeister Robert Leopold und Kaufmann August Dietrich. Gemeindekassierer und Steuer-Einnehmer ist Otto Voigt, Landwirt und Maurer. Kirchenrechnungsführer ist Richard Schütze. Schiedsmann ist Gustav Dörre. Landvermesser („Ortstopatoren“) sind Hermann Schmidt und Christoph Ludwig. Polizeidiener ist Johann Peißengroll (er ist seit 7. Februar 1856 in diesem Amt).

 

Im November und Dezember 1892  wird bei Clingen eine neue eiserne Brücke über den Steingraben gebaut, wozu der Staat 15.000 Mark gibt (nach „Clingen.de“).

 

Am 20. August 1893 schlägt der Blitz in die Scheune der Ohmschenke ein und das Feuer zerstört die ganze Ohmschenke.

Am 21. Mai 1895 bricht im Anwesen der Frau Gerstenhauer am Markt durch Unvorsichtigkeit ein Feuer aus, das Stall und Scheune und bei dem Ökonomen Theodor Sennewald die Stallgebäude in Asche legt. Am 2. September, als man das Sedansfest im Gartenhaus feiert, brennen das Haus und die Stallungen des Maurers Karl in der Vikariengasse, auch zwei angrenzende Gebäude brennen ab. Im Herbst des Jahres kommt es immer am Sonntag zu vielen Diemen-Bränden (fest aufgesetzte Haufen aus Stroh oder Heu), so daß man Brandstiftung annehmen muß. Auch danach gibt es mehrere Brände im Ort, die wohl auf Brandstiftung zurückzuführen sind. Das ist vor allem im Jahr 1897 der Fall, als zum Beispiel am 5. April 1897 die Scheune der Knabenschule abbrennt (sie wird 1898 wieder aufgebaut, denn diese Jahreszahl steht an der neuen Scheune nach der Kirche zu, zusammen mit einem eisernen Kreuz und einem Blätterkranz). Am 15. Dezember 1898 brennt die Scheune des Landwirts Caspar Ludwig infolge von Brandstiftung ab. Auch die Scheune Sennewalds versucht man anzustecken.

 

Am 1. April 1895 bekommt Clingen, auf Anregung des Amtsgerichtsrates a.D. Auleb eine eigene Postagentur. Postagent wird Landwirt Ernst Siegfried in seiner Wohnung auf dem Markt 8. Dazu bekommt er einen Briefträger, der die Postsachen zweimal täglich nach Clingen und Westgreußen bringt. Der Briefträger muß des Weiteren dreimal täglich nach Greußen zur Post, und zwar früh 6 Uhr, nachmittag 14 Uhr und abends 18 Uhr. Die Mittagspost für die hiesige Postagentur wird durch einen Boten von Greußen gebracht. Das Jahresgehalt für diese Agentur beträgt 300 Mark. Im Jahr 1898  bekommt Clingen eine Fernsprechleitung und eine öffentliche Fernsprechstelle Die Kosten für einen Privatsprechanschluß betragen 80 Mark jährlich (nach „Clingen.de“).

 

Gegen das Ende des 20. Jahrhunderts entsteht in Clingen das Gewerbe der Grottenbauer, weil man besonders im Flattich ein paar Meter unter der Erde Grottensteine gefunden hat.

 

Im Jahr 1912 gibt es Diphtherie. Seit Trockenlegung des Teichs und der Beseitigung der „Clinge“, eines kleinen schmutzigen Bachs, kann manche schlimme Krankheit abgewendet werden.

 

Über den  Weltkrieg 1914 bis 1918  will Pfarrer Groneberg nichts berichten. Er beschreibt nur das Kriegerdenkmal, das aber erst später zwischen Pfarrhaus und Kirche aus Tuffstein errichtet wird.

 

Die Erklärung Deutschlands 1920 zu einer Republik bringt auch den Zusammenschluß der Thüringer Kleinstaaten zu einem Freistaat Thüringen, der allerdings durch preußische Enklaven zerrissen ist. Auch die Landeskirchen haben sich zu einer Thüringer Volkskirche zusammengeschlossen.

 

Im Jahr 1921 errichtet die Gemeinde auf dem alten Kirchhof  zwischen Kirche und Pfarrhaus ein würdiges Kriegerdenkmal. Es ist aus Tuffsteinen erbaut vom Grottenbauer Kirmes aus Greußen. Die nach der Kirche zu angebrachte Tafel enthält oben das Zeichen des Eisernen Kreuzes, von dem heute allerdings nur noch ein schwacher Abdruck zu sehen ist, das eigentliche Kreuz ist entfernt. Darunter stehen die Worte „Ihren für das Vaterland gefallenen Helden 1914-1918, die dankbare Gemeinde Clingen“.

Über dieser Tafel lagen früher noch zwei Kriegsdegen aus Bronze, darüber das Zeichen des Stahlhelms, auf dem Gipfel des Denkmals breitete ein aus Bronze gebildeter Adler seine Schwingen aus. In seinen Klauen hielt er Lorbeerzweige, die er gleichsam über die Namen der gefallenen Krieger breitet.

Auf den Tafeln an den Seiten des Denkmals werden die Namen der 29 Gefallenen von 1914-1918 genannt. Dazu die Namen von acht Vermißten und vier an den Kriegsfolgen Gestorbenen (Diese Namen sind  auch in der Pfarramtschronik festgehalten). Ursprünglich führte ein Kiesweg um das Denkmal, umsäumt von einem eisernen Geländer, das von Tuffsteinsäulen getragen wird. Heute ist es von einer kleinen Hecke eingefaßt. Zur Rechten und Linken umgeben Bäume das Denkmal.

Die Einweihung ist am 18. September 1921 unter großer Beteiligung der Bevölkerung. Pfarrer Groneberg hält die Weiherede, begleitet von Kindergesang, Vorträgen von Gedichten und Liedern des Männergesangvereins. Die Angehörigen der Gefallenen legen Kränze nieder, die dann in der Kirche aufgehängt werden. Nacheinander kommen Gemeindevertretung, Jungfrauen und Vereine zu Wort. Sie werden begleitet von der Musik „Nun betet an die Macht der Liebe“. Der Schlußgesang lautet: „Wir loben dich oben, du Lenker der Schlachten und flehen, mögst stehen uns fernerhin bei, dass deine Gemeinde nicht Opfer der Feinde, dein Name sei gelobt, o Herr, mach uns frei!“ Heute ist vor das Denkmal noch eine Tafel gestellt: „1939- 1945. In Ehrfurcht gedenkt die Gemeinde Clingen ihrer im 2. Weltkrieg Gefallenen und Vermißten. Den Toten zur Ehre, den Lebenden zur Mahnung!“.

 

Im Jahre 1923 werden Clingen und Westgreußen durch Gesetz nach Greußen eingemeindet. Am 11. Mai findet die letzte Gemeinderatssitzung in Clingen statt, in der bedauert wird, daß ein wichtiger Abschnitt der Geschichte Clingens zu Ende geht. Es entstehen auch bald Gegensätze und Unzufriedenheiten in Verwaltungsangelegenheiten. So dringt man bald wieder auf eine Ausgemeindung. Treibende Kräfte sind dabei  Kantor Karl Schütze, Friseurmeister Haß, Gutsbesitzer Eduard Wachsmut und Landwirt Hermann Halecker. Der Lehrer gewinnt den Abgeordneten Breitenstein aus Abtsbessingen für die Ausgemeindung.

Minister Dr. Sattler kommt selber aus Weimar, um in Greußen die Verhandlungsleitung zu übernehmen. Ein großer Teil der Einwohner von Clingen ist anwesend und bekundet die große Unzufriedenheit über die gegen den Willen der Clingener Vertreter vollzogene Eingemeindung. Am 23. April 1924 wird mit elf gegen zehn Stimmen die Ausgemeindung beschlossen. Am 11. Juni 1924 wird die Ausgemeindung Clingens aus Greußen mit Wirkung vom 16. Juni 1924 verfügt. Durch Glockengeläut verkündet man in Clingen die wiedererlangte Selbständigkeit.

Im 1924 kommen Pläne für einen Schwimmbadbau auf, die aber von Greußen ausgehen, das dafür nicht sein eigenes Gelände zur Verfügung stellen will. In den Jahren 1926 bis 1929 werden die Straßen und der Marktplatz gut gepflastert. Anlaß da­für ist die lang ersehnte Ausgemeindung Clingens aus Greußen. Weil jetzt die Straßen nicht mehr so naß sind, geht auch die Zahl der Krankheiten und Epidemien weiter zurück.

 

 

Stadt und Kirche sind heute vor die gleiche Aufgabe gestellt, neue Formen der Zusammenarbeit zu finden. Die Pfarrstelle Clingen mit Westgreußen ist nur noch eine Dreiviertelstelle. Die Superintendentur Sondershausen-Ebeleben wird mit Frankenhausen zusammengelegt. Das Neubaugebiet „Kirchberg“ wird schon zu DDR-Zeiten errichtet und gehört kirchlich gesehen zu Greußen.

Die Verwaltungsgemeinschaft, zu der Clingen seit 1993 gehört, ist nicht die beste Lösung, weil es Doppelstrukturen und deshalb Reibungen gibt. Doch auf kommunalem Gebiet wird es nicht ohne eine Zusammenarbeit gehen. Ob das Zusammengehen mit Großenehrich und damit mit Sondershausen sinnvoll ist, muß doch bezweifelt werden. Die Folge wäre doch, daß die Bürger von Clingen nach Sondershausen zum Standesamt, Bauamt oder zum Sozialamt fahren müßten.

Eine bessere Lösung wäre eine Gesamtgemeinde, in der es wirklich nur  e i n Sozialamt und e i n  Standesamt und e i n e Bauverwaltung usw. gibt. Dafür müßten die Stadteile aber einen starken Ortsbeirat erhalten, der die Angelegenheiten des Stadtteils vor Ort berät und einen Vorschlag macht, den die Stadtverordnetenversammlung in der Regel übernimmt. Für Streitigkeiten muß es dann eine Schiedsstelle geben. Und in jedem Stadtteil muß ein Ansprechpartner für die Bürger sein, ein Ortsvorsteher, und zwar für politische und verwaltungstechnische Dinge. Das müßte auch für die jetzige Stadt Greußen gelten, die nur ein Stadtteil unter mehreren sein dürfte. Alle Stadtteile müßten wirklich gleichberechtigt sein und sich auf gleicher Augenhöhe begegnen.

Und man sollte dem neuen Gemeinwesen auch einen neuen Namen ge­ben, zum Beispiel „Helbe“, „Helbenstadt“, „Helbetal“,  „Helbental“ oder „Helbenburg“. Die Verwaltung könnte auf die Verwaltungsstellen in Clingen (Domäne) und Greußen (Rathaus) verteilt werden oder man baut zwischen beiden Städten ein neues Verwaltungszentrum mit Stadthalle, Bücherei und Bushaltestelle.
 

Im Jahr 1928/29 gibt es einen strengen Winter von Ende Dezember bis Anfang März mit über 20 Grad Kälte Reaumur (25 Grad Celsius). Die Linde an Köbers Mühle in Richtung Westgreußen (Neumühle?) - schätzungsweise 150 Jahre alt - wird durch den Frost in mehrere Teile gesprengt, doch die Risse schließen sich mit der Zeit wieder.

Bei den drei großen Nußbäumen an der östlichen Pfarrgartenmauer bricht nachts die Rinde mit lautem Krach auseinander, sie haben sich bis 1932 nur leidlich erholt. An der östlichen Seite des Pfarrhauses werden deshalb zwei neue Nußbäume gepflanzt. Heute steht nur noch ein Nußbaum im Pfarrgarten.

 

Im Jahre 1928 tritt an die Stelle des bisherigen Bürgermeisters Kurt Leupold der Bauhandwerksmeister Richard Wagner, der zugleich Kirchenvorsteher ist. Er hatte schon vor Leupold das Amt für elf Jahre innegehabt. Im Gemeinderat gibt es seit 1929 eine linke Mehrheit. Nach den Wahlen im Dezember 1932  setzt er sich wie folgt zusammen: vier Kommunisten, ein Vertreter der Arbeiterschaft, ein Nationalsozialist, zwei Vertreter des Landbundes und einer des Bürgervereins.

 

Ende 1929 wird die Auseinandersetzung zwischen Kirche und Schule abgeschlossen: Die Kirche erhält das neben der Kirche liegende Kantoratsgebäude mit Garten und zehn Morgen  Schulland. Die 1900 erbaute neue Schule wird der Gemeinde übertragen. Die Sitzung, in der sich Kirchenvorstand und Gemeindevorstand schließlich einigen, geht bis morgens ½ 3 Uhr.

Die Gemeinde kauft daraufhin von dem Landwirt Eduard Wachsmann, dem Besitzer des Dörr’schen Guts, zwölf Morgen Land, um einen Ausgleich zu haben für das Land, das durch die Trennung von Kirche und Schule verlorengegangen ist. Auf diesem Land will man Steinbrüche für die „Grottensteine“ schaffen, um Arbeitsmöglichkeiten zu geben. Auch wird hier ein Sportplatz angelegt (dieser Sportplatz ist aber nicht der heutige).

 

Seit 1929 gibt es eine Heimat- und Naturschutzvereinigung unter Leitung von Pfarrer Zorn. Als dieser nach Jena geht, wird Lehrer Schmidt neuer Vorsitzender. Es wird beschlossen, am Plan-Platz unweit des Kriegerdenkmals eine Eiche zu pflanzen (heute noch vorhanden). Im Winter will man Futter für die Vögel kaufen.

 

Ende Oktober 1929 sprechen sich die Wahlberechtigten mit ganz großer Mehrheit gegen die Zahlung der sogenannten „Kriegsschulden“ aus. Die wirtschaftliche Not ist groß, viele Banken zeigen ihre Zahlungsunfähigkeit an. Mitte Juli 1931 werden alle Banken und Sparkassen für Geldabhebungen gesperrt.

Ende April wird den Bürgern eine Bürgersteuer auferlegt, die der Gemeinderat (fünf linke und vier bürgerliche Mitglieder, der Vorsitzende ist 1928 aus der Kirche ausgetreten) beschlossen hat.

Im Herbst 1931 findet eine Naturalien- und Geldsammlung seitens des Stahlhelms statt (Vereinigung der Frontsoldaten und Krieger von 1914-1918, später werden auch ungediente Männer aufgenommen). Die Waren im Wert von etwa 500 Mark werden durch einen Ausschuß verteilt, dem auch der Pfarrer angehört.

Landwirtschaftlicher Grundbesitz wird 1931 oft zur Hälfte des Preises von 1913 und noch geringer versteigert. Auch den Pfarrern werden 19 Prozent des Gehalts gekürzt. Wegen der Wohlfahrtskosten ist die Gemeinde Clingen Ende 1931 arg verschuldet. Und darf keine Kredite mehr aufnehmen. Anfang 1933 hat sie mehr als 20.000 Mark Schulden.

 

Am 16. und 17. Juli 1932 wird vom Stahlhelm ein Wehrsporttag mit 22 Wehrsportgruppen abgehalten. Abends wird der große Zapfenstreich gespielt, zu dem viele Besucher von außerhalb da sind. Am Sonntag gibt es Gepäckmarsch, Kleinkaliberschießen, Geländezielfahrt und Platzkonzert.

Nach der Mittagspause wird zum Feldgottesdienst angetreten. Die Festpredigt hält Pfarrer Zorn, der auch der 41 „Helden“ aus Clingen gedenkt, die für das Vaterland gefallen sind. Auf dem Sportplatz wird dann der Wehrsport fortgesetzt mit Hindernislauf, Keulenzielwurf und Baumstammwerfen.

 

Im Jahre 1931 hat Clingen 1.456 Einwohner. Das Notstandsgebiet in der Rhön wird durch Naturalien unterstützt, im Jahre 1932 Scheibe-Alsbach im Thüringer Wald. Im Herbst 1933 übernimmt die Thüringer Staatsregierung die Natural- und Geldsammlung  zur Versorgung der Notstandsgebiete. „Hitler hat es fertiggebracht, das Opfern des deutschen Volkes zu einem einzigen großen Gottesdienst zu gestalten… Gott erhalte uns unseren Führer Adolf Hitler!“ schreibt Pfarrer Zorn.

 

Bei der Gemeinderatswahl am 4. Dezember 1932 erhalten die Kommunisten 320 Stimmen, die Nationalsozialistische Arbeiterpartei  (NSDAP) 127 Stimmen, die Arbeitervereinigung 96 Stimmen, der Landbund 148 Stimmen und der Bürgerverein 67 Stimmen. Am 5. März 1933 bei der Reichstagswahl erhält die NSDAP 350 Stimmen, die Sozialdemokraten 59, die Kommunisten 256, der Kampfblock Schwarz-Weiß-Rot 185 Stimmen. Nach der Gleichschaltung besteht der Gemeinderat aus sechs Mitgliedern der NSDAP und drei Mitgliedern Schwarz- Weiß-Rot. Bürgermeister ist Herr Wagner, Vorsitzender Gutsbesitzer Wachsmann. Bei der Reichstagswahl am 12. November 1933 stimmen 846 Wähler für die NSDAP, 84 Stimmen sind ungültig.

Am 18. Januar 1934 werden zur Erinnerung an die Gründung des Deutschen Reiches zum ersten Mal seit Jahren die Dienstgebäude des Deutschen Reiches beflaggt. Auch auf dem Kirchturm in Clingen flattert die Kirchenfahne im Wind. Leider (!) bricht sie nachmittags im heftigen Sturmwind ab.

Für die neu ins Leben gerufene Winterhilfe wird 1933/34 auch in Clingen gespendet. Im Jahr 1933 werden überall Bauernführer gewählt. In Clingen ist das der Gemeinderatsvorsitzende und Kirchenälteste Eduard Wachsmann gewählt. Am  1. Oktober 1933 wird das Erbhofgesetz in Kraft gesetzt. Am 9. Juni 1934 entsteht im Sägewerk der Pfaffenhofsmühle ein Brand, der aber bald gelöscht werden kann.

 

Am 1. März 1934 wird vom Natur- und Heimatschutzverein beschlossen, eine Eiche auf dem alten Kirchhof auf dem freien Platz zwischen Kirche Pfarrhaus zu pflanzen, weil es in Clingen bisher fast keine Eichen gab. Die Eiche wird am 23. März gepflanzt, ist aber heute nicht mehr vorhanden.

Im Krieg wird der Bürgermeister, Ortsgruppenleiter und Standesbeamte Arthur Büchner zum Heeresdienst eingezogen, die Vertretung hat Max Sennewald, der ein strenges, aber gerechtes Regiment führt.

Gegen Ende des Krieges werden Greußen und Westgreußen bombardiert: Mehrere Stunden muß man am Tag oder in der Nacht im Keller zubringen. Begehrt ist der Keller der Ölmühle (südlich des Pfarrhauses), weil er abseits vom Haus liegt, und der Bierkeller rechts der Straße nach Kutzleben unter dem Hügel des Denkmals „Kleine Wartburg“. Dann rollen die amerikanischen Panzer den Flattich hinab. In Clingen wird nichts zerstört. Bald gleicht der Plan-Platz einem Heerlager. Schule und Kantorat sind  stark belegt. Die handschriftliche Chronik des Pfarramts schließt mit einer Liste der 58 Gefallenen des Zweiten Weltkriegs.

 

Am 9. November 1989 öffnen sich die innerdeutschen Grenzen zwischen der damaligen Deutschen Demokratischen Republik und der Bundesrepublik Deutschland, vor allem die für viele todbringende verhängnisvolle Mauer in Berlin. Ein neues deutsches Kapitel beginnt 45 Jahre nach Beendigung des Zweiten Weltkrieges.

„Einigkeit und Recht und Freiheit für das deutsche Vaterland, danach laßt uns alle streben brüderlich mit Herz und Hand! Einigkeit und Recht und Freiheit sind des Glückes Unterpfand. Blüh im Glanze deines Glückes, blühe deutsches Vaterland!“ (Hoffmann von Fallersleben). Diese Strophe ist nun auch die Nationalhymne für die neuen Bundesländer. Am 3. Oktober 1990 tritt die ehemalige Deutsche Demokratische Republik der Bundesrepublik Deutschland bei und es entstehen die fünf neuen Bundesländer: Mecklenburg-Vorpom­mern, Brandenburg, Sachsen-Anhalt, der Freistaat Sachsen und der Freistaat Thüringen.

 

Amtleute zu Clingen:

1506 und1512            Veit von Witzleben,

1597 und 1606           Nikolaus Wangenman (Wangemann).

1626                           Sylvester Schwanengel („Rentmeister“)

1633 und 1638           Anhard Schmied

1654                           Bernhard Marschal

Johannes Ernst Heinrich, 1690 Stadtschreiber in Greußen und vorher Bürgermeister in Clingen.

 

 

 

 

 

 

 

 

Kirchgemeinde:

In katholischer Zeit hat Clingen zwei Geistliche gehabt, einen Pastor und einen Diakon oder Vikar. Die Bezeichnung der „Vikarienstraße“ wird darauf zurückgehen, daß hier die Wohnung des zweiten Geistlichen stand, der an der Andreaskirche angestellt war. Auch die fürstliche Domäne hatte einen Teil der Pfarrbesoldung zu zahlen. Noch um das Jahr 1800 erwähnt Pfarrer Rudorf drei Malter Getreide, die der Pfarrei jährlich als Speisegelder zu Weihnachten und Ostern für die ehedem in der alten Schloßkapelle gehaltenen Predigten gereicht werden. Pfarrer Zorn schließt aus dieser Tatsache, daß auf dem heutigen Domänenhof eine Kapelle gestanden haben soll. Es kann sich aber auch um die Andreaskapelle handeln.

 

Das Kirchweihfest hat nichts mit dem tatsächlichen Tag der Kirchweihe zu tun, sondern wurde willkürlich festgesetzt. Im Jahr 1647 berichtet der Rat, die Kirchweih sei acht Tage lang gefeiert worden, und zwar am Sonntag vor Allerheiligen oder - wenn Allerheiligen auf einen Sonntag fällt -  wird die „Kirmse“ noch einen Sonntag davor gefeiert. 

Seit 1856 gibt es nur noch die sogenannte „Ratskellerkirmes“, wohl ein Essen des Rates im Ratskeller. Eine kirchliche Feier fehlt und Pfarrer Tölle ist nicht für eine solche Feier zu gewinnen. Im Jahr 1894 kommt jedoch sein Nachfolger Abel der Gemeinde entgegen, und der Kirchenvorstand beschließt am 13. November 1894 die kirchliche Feier der Kirmes am Montag 14 Tage vor dem Totenfest. Die erste kirchliche Feier wird am 12. November 1894 unter zahlreicher Beteiligung begangen. Jedoch hat sich dieser Kirchweihgottesdienst  am Montag leider nicht bewährt, er wird durch Arbeit und allerhand Trubel gestört. Im Jahr 1905 zur Zeit von Pfarrer Groneberg wird das Fest mit Zustimmung der Regierung auf den Sonntag verlegt.

 

Im Jahre 1655 wird das hundertjährige Jubiläum des Augsburger Religionsfriedens gefeiert. Am 16. Mai 1656 stellt Herr Sekretär Elias Thamm, vornehmer Bürger und öffentlicher Notar und freier Bürger (Bauer) in Clingen, ein gutes schwarzes ländliches Leichentuch der Kirche in Greußen  zur Verfügung. Am 18. Januar 1680 wird auch das Dank- und Friedensfest in der Grafschaft Schwarzburg gehalten.

 

Im Jahr 1760 verbietet Fürst Christian Günther alle Frühkommunionen (das private Abendmahl im Haus), nur bei Krankheit und hohem Alter sollten sie noch stattfinden, weil viele aus Hochmut und Rangstreitigkeiten das Abendmahl privat haben wollten.

 

Am 15. März 1762 wird jegliches „Kirchen-Plaudern, Schlafen, Tumultieren“ ernstlich verboten. Zur Aufsicht  werden drei Männer mit Eid verpflichtet. Wer angezeigt wird, muß sechs Groschen Strafe zahlen, von denen einer an die Aufseher geht und der Rest zwischen Waisenhaus und Kirchgemeinde geteilt wird. Auf das Singechor dürfen nur noch Kantor, Organist, Adjuvanten und Schulknaben (die singen). Auch das Tumultmachen unter dem Kirchturm und das Herumlaufen auf dem Kirchturm werden verboten. Wer noch keinen Kirchenstand gelöst hat, soll sich dazu anmelden. Am 18. April 1763 wird angeordnet, daß die Pfarrer die Kollekten innerhalb von drei Wochen einsenden müssen.

 

Der Palmsonntag ist 1763 mit allerhand Unfug verbunden: Die jungen Eheleute hängen sogenannte „Küßgen und Bälle“ aus und geben sie den jungen Leuten, die bis aus Greußen kommen. Der Pfarrer kann dagegen nichts ausrichten und macht deshalb Bericht an das Konsistorium. Daraufhin verbietet der Fürst das „Küßgen und Ballausgeben“ im ganzen Land.

Am 24. Oktober 1775 wird mitgeteilt, daß das Tanzen an Sonntagen erlaubt ist, ausgenommen die drei hohen Festtage. Der Tanz aber darf nur drei Stunden nach dem (Nachmittags-) Gottesdienst anfangen und muß bis 22 Uhr beendet sein. Diese Änderung wird eingeführt, weil die jungen Leute in auswärtige Orte gingen und die Frauen dort die Gelegenheit wahrnahmen, die jungen Burschen zu auswärtigen Militärdiensten zu verführen

Am 14. Januar 1778 wird angeordnet, daß die Pfarrer keine Kirchengelder annehmen, sondern den Altaristen alle Einnahmen überlassen, die dafür beim fürstlichen Amt verpflichtet werden.

Pfarrer Leubing stellt eine Liste der „Altaristen“ seit 1752 auf. Die ersten beiden sind Johann Friedrich Topff und Dietrich Leopold. Die Liste geht bis 1796 und enthält viele Namen alteingesessener Familien.

 

Bei jeder Bausache geben die Kirche und die Kommune je die Hälfte. Aber laut Gesetz von 1723 ist der Pfarrer der Bauherr über alle Bausachen an Kirche, Kirchhof, Kirchturm mit Glocken, Pfarrwohnung mit allen Nebengebäuden und Pfarrländereinen und Schulwohnung mit allen Gebäuden und Garten und dem Schulland.

 

Im Jahre 1804 kommt es zu einem Diebstahl im Pfarrhaus: Die Diebe brechen die eisernen Stäbe hinten vor den Fenstern der Gesindestube auf und nehmen einen Kasten oben auf dem Saal, zerren ihn durch die Hintertür bis an die Wand des Ölmüllers Garten und leeren ihn aus.

In dem Kasten sind Geld, Stoff, Tafelgedecke, Ringe und Brautschmuck im Wert von etwa 400 Talern. Zum Glück haben sie einen weiteren Kasten mit neuer Wäsche nicht mitgenommen. Merkwürdig ist, daß der Hund nicht anschlägt. Am 23. Februar 1805 werden Gedecke und Gesangbücher aus der Kirche gestohlen. Am 18. März sind auch die Kerzen gestohlen, der Gotteskasten ist völlig entleert, die Klingelbeutel beschädigt, zwei Chorhemden sind gestohlen und das Gedeck auf dem Taufstein entwendet.

 

Im Jahre 1808 werden die Pfarrer verpflichtet, Scheine über Geburten, Hochzeiten und Sterbefälle auszustellen. In den Kirchenbüchern werden die Eintragungen in eine gewisse Form gebracht (durch die Einteilung in Spalten).

 

Im Jahre 1859 empfängt die Frau des evangelischen Schäfers Gebhardt, die katholisch ist, von dem katholischen Missionspfarrer Doeps in Sömmerda die Kommunion (entspricht dem evangelischen Abendmahl). Dabei verspricht er ihr, sie nach katholischem Ritus zu Grabe zu geleiten, wenn sie sterben sollte. Der Pfarrer von Clingen bezweifelt aber, daß eine katholische Beerdigung auf dem evangelisch-lutherischen Friedhof möglich ist. Das Konsistorium antwortet, der evangelische Pfarrer müsse die Leiche begleiten, aber der katholische Pfarrer darf sie unter Gebet und Einsegnung bestatten. So geschieht es dann auch im November des Jahres. Die Bevölkerung verhält sich trotz des Ungewohnten dieser Beerdigung vollkommen einer solchen ernsten Feier angemessen.

 

Am 27. Juli 1870 wird ein allgemeiner Buß- und Bettag vor Beginn des Krieges gehalten.

 

In der Turmknopfurkunde von 1887 wird festgehalten: Zum Kirchen- und Schulvorstand gehören Pfarrer Friedrich Tölle, Bürgermeister Bruno Röse, Ökonom Gustav Dörre und Mühlenbesitzer Hermann Schmidt.

Verantwortliche („Verweser“) für Kirche und Schule sind Pfarrer Friedrich Tölle, Kantor und Knabenlehrer Karl Kunze und Mädchenlehrer Karl Dörre.

 

Im Jahr 1887 wird die neue Agende im ganzen Land eingeführt und am Pfingstfest zum erstenmal in Gebrauch genommen. Auch ein neues Gesangbuch wird ohne Widerspruch der Gemeinde eingeführt (seit Ende des vorigen Jahrhunderts war das Gesangbuch von Cannabich, Kirchenrat in Sondershausen, in Gebrauch).

Im Jahre 1893 kommt  der Wunsch nach einer Christvesper an Heiligabend auf. Viele sind deshalb jedes Jahr nach Greußen gegangen. Am vierten Advent kündigt aber Pfarrer Abel an, daß dieses Jahr abends um sechs Uhr eine Christvesper stattfinden soll, bei der auch der neue Kronleuchter zum ersten Mal brennen soll. Die Kleinen sind vor allem entzückt von dem dreiteiligen Transparentbild, das der Pfarrer angeschafft hat

[Anmerkung: Hier ist nichts davon gesagt, daß der Pfarrer die Beschaffung des Kronleuchters zur Bedingung gemacht hat, das ist wohl nur die Auslegung des Pfarrers Zorn].

 

Pfarrer Groneberg führt ein: Am 19. Juli 1897 Montag früh um 6 Uhr ein Erntebetstunde und am 3. Advent einen Familienabend, bei dem 28 Mark für die Weihnachtsbescherung von neun Halbwaisen nach der Christvesper gesammelt werden.

 

Im Jahr 1907 wird das 700jährige Bestehen der Kirche gefeiert. Am 31. November 1917 wurde das 400jährige Reformationsjubiläum gefeiert.

 

Im Jahre 1921 gibt die mehrheitlich von Kommunisten geführte Landesregierung von Thüringen den Landesbußtag auf. Er wird aber von der Gemeinde weiter begangen und 1924 von der bürgerlichen Regierung wieder eingeführt.

 

Im Sommer 1924 wird ein Frauenverein ins Leben gerufen, der sich die Unterstützung bedrängter Mitbürger zum Ziel gesetzt hat. Am 4. Januar 1931 findet im Ratskeller eine Weihnachtsnachfeier des Frauenwerks statt, das etwa 70 Mitglieder umfaßt.

 

Im Jahre 1928 wird das neue Thüringer Gesangbuch in vollem Umfang eingeführt. Die Zahl der Einwohner in diesem Jahr beträgt 1.338, eine Familie ist aus der Kirche ausgeschieden.

 

Bei den Kirchenvertreterwahlen Ende 1928 werden die bisherigen Mitglieder wieder gewählt und am 13. Januar 1929 im Gottesdienst verpflichtet.

 

Bei der Erneuerung der Kirche im Jahre 1929 wird ein Orden des Gefreiten von Niebecker gestohlen.

 

Pfarrer Zorn führt folgende Neuerungen ein: Seit 1929 wirken bei der Konfirmation auch die Kirchenvorsteher mit, stellen sich um den Altar auf  und nehmen das Versprechen der Konfirmanden mit Handschlag entgegen. Jährlich einmal wird Beichte und Abendmahl für Kirchenvorsteher und ihre Angehörigen gehalten. Kindergottesdienste werden seit 1928 von Pfarrer Zorn eingeführt.

 

 

Um 1930 werden die drei Glocken an Karfreitag von 5 bis 6 Uhr geläutet und an Silvester von Mitternacht bis ein Uhr. Den Gottesdienst läutet eine halbe Stunde vorher die kleine Glocke ein, ein Viertelstunde vorher läuten die kleine und die mittlere Glocke, unmittelbar vor dem Gottesdienstläuten alle drei Glocken. Zu Grab wird mit drei Glocken geläutet. Zu Taufen und Trauungen läutet nur die große Glocke, auf Wunsch aber auch drei Glocken.

 

Am 19. März 1932 wird das neue Siegel in Gebrauch genommen, entworfen von Herrn Walter Höttermann (dem Sohn des Baugewerksmeisters Höttermann), der die Baufachschule in Stuttgart besucht hat. Das runde Siegel zeigt die Kirche in Clingen, umrahmt von Fichten, mit der Umschrift „Kirche zu Clingen“. Am 1. Februar 1931 findet ein Missionsgottesdienst mit Pfarrer Kost aus Eisenach statt.

 

Ab 1932 macht sich auch die Gottlosenbewegung bemerkbar. Pfarrer Zorn aber schreibt: „Mit Hitlers Machtergreifung setze Gott sei Dank ein anderes Denken und Handeln bei den meisten ein. Der von Gott gesandte Führer Adolf Hitler kam als Retter des deutschen Volkes aus höch­ster Not. Glaube an Gott und ein deutsches Vaterland wurden wieder von ihm, Adolf Hitler, durch edler Tat und helfende Bruderliebe lebendig gemacht!“

Außerdem schreibt er: „Staatspolitisch ist im Jahre 1933 durch unseren hochgeschätzten Führer …. unser Volk wieder deutsch gemacht (worden) und (er) hat unser Volk wieder aus der Hand der Juden und Judengenossen vor dem völligen Untergang in Bolschewismus gerettet. Wir Deutschen können ihm nicht genug danken!“

Man muß diese Äußerungen aus der damaligen Zeit heraus verstehen. Anfangs gaben sich die Nazis ja noch kirchlich. Sie versprachen, den Bolschewismus und damit den Atheismus einzuschränken. Die Pfarrer sahen in ihnen natürliche Verbündete. Aber Pfarrer Zorn schießt hier doch über das Ziel hinaus. Bei seinem Nachfolger Eggers sieht es schon anders aus.

 

Als Kirchmeister wird im September 1933 der Zimmermeister Rudolf Höttermann gewählt, wegen seiner christlichen Gesinnung ein Vorbild, der in der Stille manche Gabe für die Bedürftigen gegeben hat.

 

Bei der Kirchenwahl am 23. Juli 1933 wählen 412 Personen, die der „Glaubensbewegung Deutsche Christen“ 380 Stimmen geben.

 

Am Volkstrauertag 1933 findet unter Beteiligung des Kriegervereins, des Stahlhelms, der SA und SS und der anderen Vereine ein Gottesdienst statt. Darauf folgt noch eine eindrucksvolle Feier am Denkmal. Der Bürgermeister hält auf dem Marktplatz eine „vom vaterländischen Geiste durchwehte Ansprache“.

 

Im Jahr 1967 wird das Reformationsjubiläum mit zwei übergemeindlichen Veranstaltungen begangen: Der Landesjugendsonntag am 4. Mai in Eisenach (45 Jugendliche im Bus) und der Jubiläumsgottesdienst in der Trinitatiskirche in Sondershausen mit Wartburgspiel von Walter Görnandt. Vom 14. bis 19. November ist eine Evangelisation mit Gerhard Hergert aus Salz­elmen in der Kirche mit durchschnittlich 100 Teilnehmern. 

In den Jahren 1968/69 gibt es zwei Gruppen von konfirmierten Jugendlichen, die Frauenhilfe und einen Nachmittagskreis für Ältere mit biblischer Besinnung einmal monatlich. Jedes Jahr findet ein Bus-Ausflug statt, zum Beispiel nach Bad Blankenburg.

Aber es ist schwierig, die Gemeindeglieder zur Teilnahme an übergemeindlichen Veranstaltungen zu bewegen. Bei den Jugendlichen ist es ebenso, nur einmal konnte Jugenddiakon Hanewinkel einige für eine Rüstzeit im Zinzendorfhaus in Neudietendorf gewinnen. Sehr gut besucht ist eine Jugendevangelisation mit Eberhard Laue in Greußen. Die Landeskirchliche Gemeinschaft macht alle zwei Jahre eine Evangelisation. Der Leiter der Gemeinschaft, Herr Otto Steinke, ist ein treues Gemeindeglied und immer zum Einsatz bereit.

 

In den Jahren 1970/71 wird es mit der Christenlehre schwieriger. Viele Kinder besuchen bis 16 Uhr den Hort. Auch Kino und Fernsehen nehmen die Kinder in Beschlag. Innerhalb des Gottesdienstes hält die Pfarrfrau in einem Nebenraum eine Kinderpredigt. Bei Festgottesdiensten wirken die Kinder mit durch Aufsagen und Singen, in der Weihnachtszeit singen sie bei Alten und Kranken. Es besuchen auch ungetaufte Kinder die Christenlehre und werden dann getauft. Die Konfirmanden werden zum Kirchendienst und für Lesungen herangezogen. Sie führen auch jährlich ein Krippenspiel auf. Ab 1971 wird das Konfirmandenabendmahl von der Einsegnungsfeier getrennt.

 

In der Turmknopfurkunde von  1973/74 wird über das Gemeindeleben berichtet: Die offiziellen Veranstaltungen (Sonntagsgottesdienste, Gemeindeabende, Frauenhilfe) sind schwach besucht. Der Gemeindekern von 20 bis 30 Personen ist aber treu in der geistlichen und praktischen Mitarbeit. Das zeigt sich auch bei den Erntegabensammlungen (besonders Einmachgläser) und Spenden für das Patenheim „Anna-Luisenstift Bad Blankenburg“ für 50 hirngeschädigte Kinder.

Schwer ist es, jemanden zum Sammler für die Straßensammlungen für Hilfswerk, Innere Mission oder kirchlichen Gemeindeaufbau zu gewinnen, nachdem die älteren, treuen Samm­ler nicht mehr können. Bei Straßensammlungen werden immer wieder ungute Erfahrungen mit ablehnenden oder gehässigen Äußerungen gemacht. Der geforderte und überforderte Mensch unsrer Tage glaubt wohl, sich hier abreagieren zu können.

Der Rückgang in den Gottesdienstbesuchen und  Abendveranstaltungen ist wohl auch auf die Berufstätigkeit der Frau zurückzuführen, die am Feierabend und Sonntag oft Haus- und Gartenarbeit leistet. In andern Fällen verhindert der wachsende Wohlstand, das auszufahrende eigne Auto am Sonntag und vor allem das abendliche Fernsehen wie die sonnabendlichen Unterhaltungssendungen dem Menschen unsrer Tage, sich für Gottes Wort und christliche Gemeinschaft freizumachen.

 

Neben diesen allgemeinen Ablenkungen vom Reich Gottes steht die gezielte atheistische Propaganda. So wurden dies Jahr einige Väter in Betrieben angesprochen, ihre Kinder nicht zur Konfirmation zu schicken. In der 8. Klasse selbst wurden die Kinder in Diskussionen antikirchlich beeinflußt und von einem Lehrer mit dem Hinweis eingeschüchtert, daß sie bei Konfirmation und kirchlicher Bindung beruflich nicht weiterkämen. Von der offiziellen Schulleitung und vom Rat der Gemeinde erfolgt keine Behinderung, es herrscht eine entgegenkommende und sachliche Atmosphäre. So schlugen wir auch vor, schreibt der Pfarrer, etwas von der (bürgerlichen) Gemeinde hier einzufügen, was mit beiliegenden Kandidatenlisten geschah.       

In Clingen können am 12. Mai dann 22 Kinder konfirmiert werden. Malermeister Eberhard Thon schreibt das Spruchband (4,5 Meter) im Altarraum: „Gott hat uns nicht gegeben den Geist der Furcht, sondern der Kraft und der Liebe und der Zucht“. Das ist der für die damalige  Situation gewählte Predigttext.

Das Pfarrehepaar hat oft den Kindern seelsorgerlich nachzugehen, um den unregelmäßig besuchten Unterricht weiterführen zu können, viele Nachhol- und Lernstunden sind nötig, um eine einigermaßen sinnvolle Prüfung durchführen zu können. Erfreulich ist, daß zwei 14-Jährige am 11. Mai noch die Taufe empfangen, dagegen nehmen zwei getaufte Kinder von der Konfirmation Abstand.

Es gibt Orte in der Superintendentur Sondershausen, wo gar nicht mehr oder ganz wenig konfirmiert werden kann. Sondershausen selbst hatte auch nur 20 Konfirmanden. Ein Konfirmandenjunge aus Clingen, Michael  Schneider, überstand einen schweren Unfall (Fahrrad-Auto) und kann nach langem Krankenhausaufenthalt und geheilten Brüchen mit eingesegnet werden.

Die Christenlehre (kirchliche Unterweisung), von der Katechetin und Pfarrfrau Doris Gerlach erteilt, hat in den zehn Jahren eine Umwandlung und Umwertung im Besuch erfahren. Es sind die gleichen Gründen, die bei der Erwachsenengemeinde aufgeführt wurden, die die Kinder vom Kommen fernhalten: Die allgemeine Gleichgültigkeit bis Ablehnung hat nun auch die Kinder erfaßt. Das Jahr 1974 ist wohl das schwierigste Jahr zur Durchführung kirchlicher Unterweisung. Die Einrichtung des Horts, wo die Kinder bis 16 Uhr beaufsichtigt werden, und der geforderte Leistungssport mit mehrmaligem wöchentlichen Training und sonntäglichen Wettkämpfen, kommen weiter erschwerend hinzu.

Auch die einst gut besuchten Familiengottesdienste sind kaum noch durchzuführen. Dagegen sind die Schulanfängergottesdienste und die Konfirmationsfeiern noch eine Art volkskirchliche Angelegenheit, wenn auch die großartig gefeierten Jugendweihen die Konfirmation als Familienereignis immer mehr zurücktreten lassen. Mit 18 Kindern der 5. und 6. Klasse fährt man am 23. Juni wieder zum Jungschartag in die Lutherkirche in Erfurt, mit einem reichhaltigen, fröhlichen Programm für über 1.000 Kinder.

Die Arbeit mit der Jungen Gemeinde muß 1974 eingestellt werden, da seit März die vakante Gemeinde Wasserthaleben vom hiesigen Pfarramt mit versorgt werden muß,  dazu Otterstedt und Biederstedt verwaltungsmäßig.

Dafür wird in der Ferienwoche im Februar Jugenddiakon Licht eingeladen. Er hält Jugendabende im Pfarrhaus mit durchschnittlich etwa 20 Jugendlichen: Neben Spiel und Liedern zur Gitarre kommen dabei zeitnahe und sexuelle Fragen zur Sprache.

Trotz mancher Bemühungen sind die Konfirmierten, auch die treusten, so gut wie nicht mehr im Sonntagsgottesdienst zu sehn. Auch hier die gleichen Beweggründe wie bei den Erwachsenen. Nur Heiligabend ist die Kirche übervoll, vor allem auch Konfirmierte kommen.

Kirchliche Trauungen sind zurückgegangen, oft ist der eine Partner nicht konfirmiert. In drei Fällen kamen der Bräutigam, bzw. die Braut zu abendlichen Glaubensgesprächen ins Pfarrhaus und erlangten die Konfirmationsberechtigung, diese gemeinsamen Stunden waren etwas besonders Erfreuliches.

Weitaus die Mehrzahl der Bestattungen (Sarg und Urne) sind kirchlich. Der Friedhof ist weiterhin kirchlich. Bei den wenigen nichtkirchlichen Bestattungen spricht der politische Redner Helbing von Greußen.

Taufen finden relativ viele statt, auch in solchen Fällen, wo nur die Mutter konfirmiert und kirchlich gebunden ist. Der Altenkreis kann nicht weitergeführt werden. Aber in der Passionszeit werden Abendmahlsfeiern in den Häusern gehalten, wobei andere Familienglieder teilnehmen, zur Adventszeit wird mit Kindern bei Alten und Kranken gesungen.

Am Sonnabend, 29. Juni 1974, ist die Einführung des neuen Superintendenten Reinhold Adebar in der Trinitatiskirche Sondershausen. Dabei sind auch einige Vertreter des Gemeindekirchenrates anwesend.

In der Turmknopfurkunde von 1996 heißt es: Inzwischen sind sechs Jahre voller Hoffnung vergangen. Aber in den neuen Ländern wurden viele unrentable Betriebe geschlossen und es herrscht eine große Arbeitslosigkeit. Kriminalität und Ausländerfeindlichkeit nehmen zu. Es herrscht ein sozialer Unfrieden, die Gehälter und Löhne in den neuen Ländern sind denen in den alten Ländern immer noch nicht angeglichen. Trotzdem spürt man einen Aufschwung.

Von der Wende in Deutschland hat sich die Kirche vieles versprochen, da das Geschehen durch oppositionelle Gruppen initiiert worden ist, die sich im Schutze der Kirchen wußten und von dort Unterstützung fanden.

Doch eine geistliche Erneuerung und ein Besinnen der Bevölkerung blieben aus. Es folgte eine große Austrittswelle, weil man zu hohe Kirchensteuern fürchtete. Die Säkularisierung unseres Jahrhunderts hinterläßt ihre Spuren. Industrialisierung, Nationalsozialismus, Diktatur des Proletariats hinterlassen tiefe Spuren. Die Mehrheit der Bevölkerung sieht keine Notwendigkeit eines Glaubens und des Vertrauens auf Gott.

Die Feier der Jugendweihe, die eine alte kommunistische Tradition in der Arbeiterbewegung und im Freidenkertum hat, wurde in der DDR vom Staat verordnet, ihr widersetzten sich nur ganz wenige. Doch diese Feier wird auch jetzt durchgeführt und erfährt einen immer größeren Zuspruch.

Die Konfirmandenzahlen sind klein. In diesem Jahr wurden in Clingen sieben Jugendliche eingesegnet: Klaus Genschmar, Jessica Haltenhof, Nicole Herich, Christiane Hoffmann, Anja Houvenaghel, Norman Kliesch, Anja Rubelowski. Jessica und Norman wurden in diesem Jahr getauft. Bisher war außerdem noch die Taufe des Bruders von Norman Kliesch, nämlich Steven Kliesch. Trauungen sind zur Ausnahme geworden. In Westgreußen wurden fünf Jugendliche konfirmiert.

Im letzten Jahr im Herbst 1995 finden die Wahlen zu einem neuen Gemeindekirchenrat statt. Sie werden am 1. Adventssonntag 1995 in ihr Amt eingeführt. Es sind: Oda Genschmar geborene Pulz als Stellvertretende Vorsitzende, Jens Alban, Monika Beier geborene Jung, Renate Heverhagen geborene Kraft, Richard Jung, Waltraud Thon geborene Glock. In Westgreußen: Ulla Döring geborene Jacob als Stellvertretende Vorsitzende, Carola Mucke geborene Brandt und Jürgen Mucke.

Altershalber wird in Clingen Rudolf Halecker verabschiedet, der 43 Jahre dem Gemeindekirchenrat angehörte und in Westgreußen Werner Gruhne, welcher über 30 Jahre die Entscheidungen der Gemeinde mittrug. Rudolf Halecker wurde am Dienstag letzter Woche, am 27. August 1996, heimgerufen. Im Jahr 1996 wird der damalige Stellvertreter des Vorsitzenden des Gemeindekirchenrates Herr Walter Klötzke im Alter von 60 Jahren von Gott von seinem schweren Nierenleiden erlöst. Herr Klötzke prägte die Arbeit der Landeskirchlichen Gemeinschaft hier in Clingen wesentlich und durch sein Glaubenszeugnis auch die Kirchgemeinde. Er und Herr Halecker setzten sich tatkräftig für die würdige Gestaltung des Friedhofes und der Friedhofkapelle ein.

In der Kirchgemeinde versehen einen Dienst: Kirchrechnungsführerin ist Frau Elfriede Schmidt. Die musikalische Ausgestaltung der Gottesdienste hat Frau Anja Schelletter übernommen, sie besucht die 12. Klasse des Friedrich von Hardenberg-Gymnasium in Greußen. Das Einstellen der Läuteanlage hat Herr Rainer Karl übernommen, diese Anlage wurde Anfang der 90er Jahre errichtet, bis dahin wurde per Hand geläutet. Pfarrer ist seit 1. Oktober 1993 Jürgen Deicke, seine Ehefrau Bärbel erledigt ehrenamtlich Büroarbeiten.

Seit dem 15. November 1999 gibt es ein neues Kirchensiegel. Jetzt ist es spitz oval und zeigt wie bisher die Kirche, aber ohne die Fichten.

 

Gemeinschaftsverband Sachsen-Anhalt e.V. innerhalb der evangelischen Kirche Landeskirchliche Clingen: Um das Jahr 1920 begann in Clingen und Greußen eine lose Arbeit der Gemeinschaft. Durch den Jugendbund für Entschiedenes Christentum (EC) kamen neue Impulse in die Arbeit. Am 23. Mai 1926 kommt es zu einer organisierten Arbeitsweise in beiden Orten. Die prägenden Familien sind: Häring, Schütze, Halecker, Voigt.

Nach dem Ende des zweiten Weltkrieges kommen einige Familien aus den Ostgebieten nach Clingen. Es geschieht ein neuer Auftrieb. Besonders unter der Jugend ist ein Suchen und Fragen nach dem Sinn des Lebens aufgebrochen. Eine rege Jugendarbeit entsteht, argwöhnisch beobachtet von den Machthabern und unter der Meldepflicht aller Veranstaltungen bei der Volkspolizei. Die Wiederanfänge des Posaunenchores (1953) liegen in dieser Zeit.

Den Vorsitz bis 1985 hatte Otto Steinke (+1986), ab 1985 bis 1994 Walter Klötzke (+1994). Ab 1996 schließt sich die Gemeinschaft Clingen wieder mit Greußen zusammen. Karl Steinke schreibt dazu: „Gott baut sein Reich mit schwachen Menschen; wenn sie sich aber gebrauchen lassen, kann Gott der Herr Großes durch sie tun. O Land, Land, höre des Herrn Wort!“

 

Geistliche Handlungen:

 

Taufe: Die Taufen finden in alter Zeit am Tag der Geburt oder am Tag danach statt, selten am Sonntag (wenn man noch Verwandte von außerhalb einladen will). Jedes Kind hat nur einen Paten. Um 1740 erfolgt die Taufe innerhalb der ersten drei Tage, kranke Kinder erhalten die Nottaufe, jetzt werden auch schon drei Paten genommen, bei vornehmen Familien auch bis zu sechs Paten.

Am 12. November  1760 wird festgelegt, daß die Taufpaten kein Geschenk geben dürfen und zur Taufe nicht mehr als ein Kuchen gebacken werden darf. Am 12. Oktober 1761 wird verordnet, daß die Kinder nicht vor dem 14. Geburtstag zum Abendmahl zugelassen werden dürfen.

Am 9. November 1785 wird durch ein Rundschreiben des Konsistoriums befohlen, den Exorzismus (die Verwünschung des Teufels) bei der Taufe wegzulassen

Nach 1813 werden die Zeiträume bis zur Taufe größer, um 1900 sind es oft schon Wochen. Alter Brauch war es, daß Kinder vor der Taufe nicht außer Haus getragen wurden. Ein Vater ist nicht dazu zu bewegen, seinen am 13. Januar 1882 geborenen Sohn taufen zu lassen, weil er mit der Hebamme uneinig ist, die das Kind in die Kirche zu tragen hat. Als das Kind drei Jahre alt ist, führt es der Vater selber an der Hand zur Taufe. Etwa 150 bis 200 Gemeindeglieder sind bei dieser Taufe anwesend.

 

Trauung: Das Brautpaar wird an drei Sonntagen in der Kirche aufgeboten. Bei Verstoß gegen die geltenden Verordnungen über die Sittlichkeit werden die Brautpaare vor das Konsistorium geladen, manche werden nicht in der Heimatkirche getraut. Wird ein Brautpaar wegen vorgezogenen Beischlafs vor dem Konsistorium verheiratet, so müssen sie alle Gebühren für die Amtshandlung dem Ortspfarrer entrichten.

Vor der Trauung bekommt der Pfarrer durch den Hochzeitsmarschall eine Zitrone, einen Ros­marienstengel und ein seidenes oder baumwollenes Tuch ins Haus gebracht oder das Tuch wird auf den Altar gelegt. Ins Haus geschickt werden ein Braut-Kuchen und zwei Kannen Bier. Wenn die Trauung an einem Mittwoch ist, werden gebracht: die Brautsuppe, eine Rinds­zunge in Rosinenbrühe, zwei Pfund Rindfleisch mit Reis, eine Schweinebraten von drei Pfund, zwei Kannen Bier und ein halbes Brot.

Wird das Essen nicht in Naturalien gegeben (oft war es nicht gut zubereitet), so wird ein Taler gegeben. Um 1800 ist es noch üblich, daß die Brautpaare nach der Trauung mit ihren Gästen um den Altar herumgehen und dort ein Opfer niederlegen.

Die Hochzeiten werden bisweilen mehrere Tage in Ausgelassenheit und Maßlosigkeit gefeiert, so daß Einschränkungen erlassen werden müssen.

So heißt es 1776: Zum Polterabend dürfen nur die nächsten Angehörigen eingeladen werden. Die Hochzeit soll nicht länger als drei Tage dauern, alle Pracht und Verschwendung soll vermieden werden. Es wird kein Frühstück angeboten. Verboten ist auch das allzu häufige Kuchen austeilen. Nur die nächsten Verwandten dürfen etwas schenken. Alles Jauchzen und Schreien ist verboten, auch alles Verkleiden und Umherziehen, um Geld und Gegenstände einzusammeln. Gegönnt sind aber Spiele wie das Laufen nach dem Lappen und ausgestecktem Schnupftuch.

Ehen zwischen Verwandten sind verboten, auch mit der Schwiegertochter, Halbgeschwistern, Tante, nicht aber mit der Schwester der verstorbenen Frau oder der Witwe des Bruders oder der Witwe des Bruders des Vaters.

Am 1. Januar 1875 übernimmt das Standesamt die Beurkundungen von Eheschließungen, Ge­burten und Sterbefällen. Im Jahre 1932 gibt es in Clingen zwei Familien mit vier Personen, die aus der Kirche seit Jahren ausgetreten sind.

Im April 1862 feiert der Handarbeiter Heinrich Trapp mit seiner Frau die goldene Hochzeit. Der Pfarrer bittet um ein Extra-Ehrengeschenk, weil Herr Trapp so ein fleißiger Kirchgänger ist. Der Landrat kommt selber, um die Prachtbibel des Fürsten zu überbringen. Auch der Stadtrat und Bürger bringen Geschenke. Am 12. Februar 1885 wird es beim Ehepaar Weimann ebenso gemacht; dabei trägt der Ehemann seinen alten Hochzeitsanzug, die Frau eine schwarzseidene Schürze. Die goldene Hochzeit des Barbiers Pötsch wird kurz vorher nur durch die Gemeinde gefeiert, nicht von Seiten der Behörde und der Kirche, wegen unterschiedlicher Angabe in den Kirchenbüchern und aus anderen triftigen Gründen (aber über Tote soll man nichts Böses sagen).

Auch das Ehepaar Ludwig feiert am 14. Oktober 1885 die Goldene Hochzeit. Es wird am Haus abgeholt zur Feier in der Kirche. Es folgt eine Feier im Haus des Jubelpaares. Am 31. Oktober 1889 feiert das Ehepaar Müller goldene Hochzeit. Das Ehepaar Ludwig feiert 1895 die diamantene Hochzeit im Haus. Es wird eine Christusstatue nach Thorwaldsen überreicht, der Landrat überreicht zwei auf Porzellan gemalte Bilder des Fürstenpaares,  die Gemeinde schenkt zwei Lehnsessel.

Am 14. Mai 1897 feiert das Ehepaar Frohn die goldene Hochzeit, die Regierung geschenkt 50 Taler. Am 28. Dezember 1901 feiert die Familie Schütze die goldene Hochzeit, am 1. Februar 1902 die Familie Ehrhardt. Am  4. Oktober 1928 feiert Schneidermeister Johann Karl Christian Schmidt mit seiner Frau die Diamantene Hochzeit. Am 6. Oktober 1928 feiern die Eheleute Ehrhardt die goldene Hochzeit.   

 

Beerdigung: In einem Trauermandat von 1775 wird festgelegt, wie lange man in jedem einzelnen Fall trauern darf, höchstens aber 24 Wochen. Stühle und Räume dürfen nicht mit Trauerflor ausgeschmückt werden. Den Knechten und Mägden und der Verwandten darf kein Geld gegeben werden.

Zur Beerdigung wird mit ein bis drei Glocke geläutet, selten auch mit vier. Am Sonntag darauf wird der vom Organisten angefertigte Lebenslauf verlesen. Bei Beerdigung von Gutsbesitzern („Vasallen“) wird schon frühmorgens fast eine Stunde geläutet und um 12 Uhr wieder geläutet und danach beginnt die „Prozession“.

 

 

Wenn jemand im Gefängnis stirbt, wird er abends an der Grenze des Kirchhofs nach dem Teich zu begraben. Bei zum Tode Verurteilen hat der Pfarrer die Vorbereitung („Präparation“) vorzunehmen und den Verurteilten zum Richtplatz zu begleiten, der Diakon von Greußen hat ihn dabei zu unterstützen. Die letzte Hinrichtung erfolgt 1788 zur Zeit des Pfarrers Rudorf.

Im Jahr 1784 werden die Frühgottesdienste („Metten“) an den drei hohen Festtagen abgeschafft, weil in Greußen bei einer solchen Mette die Kirche angesteckt wurde. Als Greußen und Clingen Widerspruch einlegen und wenigstens an Weihnachten die Christmette beibehalten wollen, wird auch das untersagt.

Seit 1801 gibt es Bestimmungen über die Vermeidung des Begräbnisses von Scheintoten. Es sollen Leichenhäuser eingerichtet werden, man muß zwei Tage mit der Beerdigung warten.

Ab 1801 müssen auch Totenprotokolle geführt werden, in denen auch die Art der Krankheit  und Ehepartner und Kinder festgehalten werden. Man gestattet nun keine Beerdigungen am Abend mehr, zu denen 16 Laternenträger nötig waren, weil da allerhand Unfug und Unanständigkeiten verübt werden. Von 1813 an wird fast ausschließlich nur am frühen Morgen beerdigt.

Auch wird 1802 verboten, die Leiche im offenen Sarg auszustellen, solange die Kinder vor der Tür singen. Diesen Kindern wurde bisher ein „Leichenpfennig“ gegeben, der aber gerade die ärmeren Menschen sehr belastet. Dieser darf nur auf die singende Schuljugend beschränkt werden, nicht auf Kinder, die noch im Mantel getragen werden, und nicht für Kinder, die von außerhalb kommen. Danach begleiten die Schulkinder mit Gesang unter Führung des Kantors die Leichen vom Haus zum Grab. Aber seit der Diphterie-Epidemie im Jahre 1912 wird dieser Brauch aufgegeben.

 

Pfarrer:

Bei der „Einführung der lutherischen Religion“ wird ein neues Kirchenbuch begonnen. Die Kirchenbücher von Clingen beginnen deshalb mit dem Jahre 1555, die Bücher davor sind 1558 vermutlich verbrannt.

1525 - 1555    Johannes Thal wird in Ottenhausen geboren, zwar von gewöhnlichen, jedoch reichen und ehrlichen Eltern. Zum Beispiel ist Margareta Thal im Jahre 1498 in dem dortigen Kloster Äbtissin, und sie ist fast die letzte, die das Kloster geleitet hat, weil es bald darauf eingegangen ist. Thal wird in Nordhausen im Papsttum erzogen. Da ihm aber Gott durch das Licht des Evangeliums die Augen geöffnet hat, wendet er sich vom Papsttum ab. Anfangs ist er Vikar und Kanonikus in Großenehrich. Er ist der Erste, der dort und im Amt Clingen das Evan­gelium rein predigt und auch heiratet. Danach predigt er in Clingen (ab etwa 1524/25) und danach auch in Greußen das Wort Gottes lauter und rein.

1555 - 1560   Johannes Jacobus Weber: Er ist geboren in Ohrdruf und tritt  zur evangelischen Kirche über.

1560 - 1597    Heinrich Büchner: Er ist Sohn eines Leinewebers aus Clingen und stirbt 1597 im Alter von 77 Jahren.

1597 - 1644    Wolffgang Büchner: Er ist 40 Jahre Pfarrer in Clingen und stirbt am 26. September 1644 im Alter von 85 Jahren. Er erlebt den 30jährigen Krieg und macht die 1598, 1610 und 1626 wütende Pest mit.

Auf einem Acker am Wurmbach südwestlich des Ortes stand der sogenannte „Igelstein“. Dort soll ein Pfarrer von einem Knecht erschlagen worden sein. Der spätere Besitzer Sennewald hat den Stein entfernt und vor dem Haus des Schneidermeisters König abgelegt

1644 - 1669    Magister Erasmus Theuerkauff: Er ist zunächst 20 Jahre in Schernberg, dann 24 Jahre in Clingen. Er stirbt nach langem Leiden am 15. März 1669 im Alter von 67 Jahren.

1669 - 1671    Jakobus Friedrich Rothe: Er ist Sohn des Herrn Lorenz Andreas Roth, schwarzburgischer Gemeinschaftsrat und Amtmann zu Gehren. Er wird am 11. Mai 1669 Pfarrer in Clingen und geht 1671 nach Greußen.

1673 - 1685    Theodor Günther Fischer: Er wird am 5. März 1685 nach Mühlhausen berufen und stirbt dort 1699.

1686                           Wilhelm Conrad Horn: Von ihm wird ein Schreiben vom 20. Juli 1686 gefunden. Er stirbt aber schon am 15. Oktober 1686 und wird in der Kirche begraben.

 

1686 - 1691    Magister Johann Christian Callwitz (Kalbitz).

Er ist Sohn des Archidiakons Callwitz aus Sondershausen. Er macht sich aber wegen seiner strengen Richtung viele unverständige Einwohner zu Feinden. Eine Schmähschrift gegen ihn wird unter den Pfarrern in Thüringen verbreitet wegen seiner Predigt am Sonntag nach Weihnachten über den Segen Simons und die Keuschheit des Hannas. Callwitz schreibt, ihm und einigen seiner Freunde hätten die Haare wegen dieser Schrift zu Berge gestanden. Am 28. Februar 1688 verheiratet er sich mit Maria Elisabeth Braun. Nach dem großen Brand 1687 in Greußen nimmt der Pfarrer 16 abgebrannte Personen mit ihrem Vieh  auf, darunter den Diakon Johann Keyser mit dessen Tochter und deren Kindern.

 

1691 - 1725    Magister Georg Ernst Bachrodt.

Er ist am 28. August 1664 in Sondershausen geboren, studiert fünf Jahre in Leipzig, ist dreimal verheiratet und hat neun Kinder. Er stirbt am 9. Februar 1725. Seine Kinder lassen ihm an der westlichen Seite des Kirchturms ein in Stein gehauenes Denkmal setzen. Dort ist er abgebildet und unten am Sockel findet sich ein kurzer Lebenslauf.

Den Text überliefert bruchstückhaft ein Zeitungsausschnitt von Dr. Hermann Hesse, Greußen („Ein merkwürdiges Grabdenkmal in Clingen“): „Mit diesem Ehren Gedächtnis haben dem Andenken ihres seligen Herrn Vaters, Herrn Pastoris M. Georg Erneste Bachrods, welcher am 28.8.1664 zu Sondershausen geboren und nachdem Er sich 5 Jahre zu Leipzig in den Studiis geübt und dann 1696 zum Pastorat anhero gnädigst berufen worden, In welchem Amte er sich der Zeit treulich und eifrig erwiesen. Mit der Zeit hat er sich dreimal verehelicht“. Dann folgen die Daten über seine drei Ehefrauen.

Auf dem Grabmal befinden sich damals Ergänzungen, die nach Ansicht Hesses nicht dazu gehören: Auf dem linken Aufsatz ein bärtiger Kopf eines Evangelisten und ein Totenschädel, oben auf dem Denkmal eine Frauengestalt, die (über den Sternen thronend) anscheinend die Göttin der Geschichte versinnbildlichen soll.

 

1725 - 1751    Heinrich Christoph Mosche:

Er ist zunächst Pfarrer in Ebeleben, dann 26 Jahre in Clingen als Inspektor, also Vorgesetzter der anderen Pfarrer. Über seinen Lebenswandel und seine Amtsführung urteilt der Nachfolger  sehr ungünstig, alles sei in größter Verwirrung gewesen. Die Leute kommen schon aufgewiegelt in die Kirche  und  sagen: „Wir lassen erst den Klingelbeutel herumgehen, ehe wir kommen!“ Sie sitzen in den Branntweinhäusern oder schlafen in der Kirche. Beim Abendmahl läuft alles hinaus.

Zum Nachmittagsgottesdienst, zur Montagsbetstunde und zur Wochenpredigt kommen kaum zehn Besucher. Auch seine Kinder sind nicht wohlgeraten. Er stirbt am 3. September 1751 und wird von Pfarrer Reif aus Westgreußen beerdigt.

 

1752 - 1779    Johann Christian Leubing:

Er ist 1713 in Sondershausen geboren und studiert zunächst Jura, dann Theologie. Vier Jahre ist er Lehrer bei Fürst Christian und dessen drei Prinzessinnen. Im Jahr 1743 ist er Pfarrer in Niederbösa. Von dort geht er weg, weil das Pfarrhaus dort immer wieder von Wasser überschwemmt wird. Seit 1752 ist er  in Clingen. Aber auch hier ist das Pfarrhaus baufällig, die sechs Hufen Ländereinen sind vernachlässigt, kein Kind kann den Katechismus, es wird ganze Wochen lang keine Schule gehalten.

Er gibt 3 ½ Hufen Land in Erbpacht, so daß die Pfarrei von einer Ritterpfarrei zu einer Mittelpfarrei herabgestuft wird. Aber nachher bereut er den Verkauf doch, aber wegen der Mißernten 1752 und 1753 war es wohl nicht anders möglich. 

Im Jahre 1760 bricht gegen ihn und sein Amt eine Verfolgung durch vier Personen aus, nämlich die Bürgermeister Schwendel und Luckardt und die Ratskämmerer Schleevogt und Liffart. Er wird zum Ketzer, Ungläubigen und Fanatiker erklärt, weil er predigt, man müsse die Gebote halten und so wie Jesus leben. Er sagt: Nicht alle, die zum Abendmahl gehen, genießen es würdig, weil sie sich vorher nicht mit ihrem Nächsten versöhnt haben. Er wird ins Kon­sistorium einbestellt, aber die Gemeinde ist für ihn. Man holt auch ein Gutachten in Halle ein und die vier Personen werden verurteilt, die Kosten dafür zu tragen.

Eine weitere Verfolgung trifft ihn 1766 durch den französischen Husarenleutnant Johann Philipp Herrmann, der die Witwe des verstorben Kommissionsrats Osan geheiratet hatte. Weil diese ihren Mann in der Kirche hatte begraben lassen, sollt er jetzt zehn Taler Gebühr bezahlen. Als der Pfarrer sie beim Konsistorium verklagt, verfassen sie eine Schmähschrift und erbitten sich einen anderen Pfarrer als Beichtvater. Sie bekommen die Erlaubnis, in Greußen zu gehen und tun das auch am vierten Bußtag 1766. Die Witwe bezahlt dann doch die Begräbniskosten.

Pfarrer Leubing stirbt am 1. Februar 1779 an Asthma und Blutsturz, nachdem er seit 1778 lungenkrank gewesen ist.

 

1779 - 1818    Carl Friedrich Christian Rudorf:

Er ist geboren in Magdala bei Weimar als Sohn eines Rektors. Er ist sieben Jahre Lehrer der Prinzen und Prinzessinnen des Fürsten Christian Günther. Er hält seine Antrittspredigt am 21. Sonntag nach Trinitatis 1779. Ihn trifft 1787 die gleiche Anfechtung wie Pfarrer Callwitz, weil er in der Predigt am Festtag Mariä Verkündigung (Ankündigung der Geburt Jesu) den Christen die Keuschheit zur Pflicht gemacht hat.

Der Pächter des Kammergutes, Johann Gottlieb Kürsten,  bringt schon während der Predigt seinen Unwillen zum Ausdruck und erregt dadurch bei der Gemeinde Anstoß. Noch mehr schmäht er aber nach dem Gottesdienst vor der Kirchentür den Pfarrer. Das Konsistorium verurteilt ihn aber, daß er Abbitte tun muß und die Kosten von 300 Talern tragen muß, weil man dieses Mal in Jena ein Gutsachten eingeholt hatte. Kürsten geht danach nie wieder zum Abendmahl.

In der Amtszeit des Pfarrers Rudorf wird an den kirchlichen Gebäuden viel erneuert, die im Siebenjährigen Krieg in Verfall gekommen waren. Viel hat er nach der Schlacht bei Jena 1806 zu leiden. Die Preußen stehen damals den Franzosen bei Topfstedt und Ottenhausen gegenüber, der Angriff der Preußen wird zurückgeschlagen, die Bevölkerung den Plünderern preisgegeben.

 

Dann wird Pfarrer Rudorf bestohlen, indem die Eisenstäbe vor dem Fenster herausgebrochen werden. Es entsteht ein Schaden von rund 400 Talern. Er fordert eine Haussuchung, aber die macht man nicht, weil man meint, das helfe sowieso nichts. Er wird als ein würdiger Mann geschildert und als wackerer Seelsorger. Seine Kinder sind  ihm leider nicht ähnlich, besonders der Sohn soll ihm viel Verdruß gemacht haben. Er stirbt bei einer Tochter in der Nähe von Eisenach.

 

1818 - 1832    Johann Christian Gottlieb Gröger.

Er ist  geboren am 31. Januar 1773 in Sondershausen als Sohn eines Schmiedemeisters. Zunächst ist er Hauslehrer beim Oberlandeshauptmann von Hopfgarten in Sondershausen, dann Pfarrer in Himmelsberg, seit 1818 in Clingen. Sein ältester Sohn wird Pfarrer in Espenfeld bei Arnstadt, ein Sohn wird Kaufmann in Hamburg. Gröger stirbt am 12. April 1832 und wird am 15. April mit Laternen begraben. Seine Witwe kauft in Clingen ein Haus und wohnt 1859 noch dort. Das Grab ist noch erhalten.

 

1832 - 1857   Otto Franz Böse.

Er ist geboren am 28. Januar 1790 in Annaberg. Er ist mit Leib und Seele Lehrer und errichtet in Sondershausen eine höhere Privatschule für Knaben. Dafür erhält er später von Fürst Günther Friedrich Carl I. das Prädikat „Edukationsrat“. Als aber in Sondershausen ein Gymnasium gegründet wird, erhält Böse die Pfarrstelle in Clingen. Er bekommt die Erlaubnis, auch in Clingen ein „Institut“ zu errichten, eine Schule, zu der auch Auswärtige kommen und in der selber zusammen mit den beiden anderen Lehrern Unterricht erteilt. Für die Ortsschulen ist das allerdings nicht gut und die pfarramtliche Tätigkeit leidet auch, vor allem die Verwaltung. Pfarrer Böse hat acht Kinder. Er stirbt am 3. Juni 1857 an Kehlkopfschwindsucht. Am 7. Juni wird er um 16 Uhr in Anwesenheit von neun Pfarrern begraben.

 

1857 - 1893    Friedrich Gottfried Christian Tölle.

Er ist am 22. September 1822 in Sondershausen geboren, wo sein Vater eine Branntweinbrennerei besitzt. Während der Schulzeit ist er jahrelang schwerhörig und öfter kränklich, ein Lehrer macht ihm Schwierigkeiten. Er studiert seit Ostern 1843 in Halle, macht Ostern 1846 sein erstes Examen in Sondershausen. Danach wird er Hauslehrer in Niederspier, dann in Großenehrich. Dann ist er Lehrer an der höheren Töchterschule in Sondershausen und versieht den Predigtgottesdienst in Jechaburg, Stockhausen und Bebra bis 1851.

Nach dem zweiten Examen erhält er 1852 die Pfarrstelle Jecha, wo die Gemeinde sehr verwildert ist. Anfangs hat er zum Teil nur zwei Zuhörer, aber dann kommen mehr. Im November 1852 wird er Diakon in Sondershausen und hält auch die Predigten in der Schloßkirche. Er hat auch die Aufsicht über die Landesbaumschule und gibt selbst Unterricht in Obstkunde und fährt im Land herum. Er ist Direktor der neu organisierten Fortbildungsschule und verwaltet die Bibelkasse. Dadurch wird aber seine Gesundheit angegriffen und er wünscht sich eine Landpfarre. So erhält er Ende 1857 das Pfarramt in Clingen. Die Kutsche des Oberamtmanns Schneidewind holt ihn in Sondershausen ab. Bis das Pfarrhaus in Ordnung ist, wohnt er in einem Haus am Plan. Im November zieht er dann ins Pfarrhaus.

Vom sehr vernachlässigten Pfarrgut verpachtet er 27 Acker. Während seiner Amtszeit wird 1858 die Flurbereinigung („Separation“) durchgeführt. Dabei wird die ganze Flur neu geordnet, man kann kaum Winterfrucht anbauen, weil alles ungedüngt liegenbleiben muß. Aber 1858 ist die Umlegung beendet.

Um 1880 versieht Tölle zeitweise die Pfarrämter Großenehrich und Rohnstedt mit, ab 1887 dann zusammen mit anderen auch Westgreußen. Er forscht viel in den alten Kirchenbüchern und macht Aufzeichnungen aus ihnen. 

Seit 1. Januar 1893 ist ihm der Hilfsprediger Lydius Zierfuß aus Sondershausen zur Seite gestellt, der aber ab Oktober eine Pfarrstelle in Arnstadt erhält. Am 1. Oktober 1893 tritt Pfarrer Tölle nach einer mißglückten Augenoperation in den Ruhestand und nimmt seinen Wohnsitz in Frankenhausen.

 

1893 -  1896   Theo Abel:

Er wird am 18. Juli 1866 als Sohn des Pfarrers Theodor Abel in Groß-Berndten Kreis Nordhausen geboren, studiert in Erlangen und Greifswald, ist Hilfsprediger in Gebesee, Lehrer am Gymnasium in Sondershausen und Arnstadt. Er wird nach seiner Ordination in Sondershausen seit 15. September 1893 mit der Versehung der Pfarrstelle betraut. Am 16. Dezember wird er von Fürst Karl Günther zum Pfarrvikar in Clingen ernannt. Die Gemeinde möchte ihn gern behalten und schickt eine Bittschrift mit 330 Unterschriften an den Staatsminister Petersen, die aber abschlägig beschieden wird. Er  erhält ab 1. Mai 1896 die Pfarrstelle in Öhrenstock im Thüringer Wald, später ist er in Großenehrich.

 

1896 - 1927    Carl Wilhelm Eduard Groneberg.

Er ist am 19. November 1861 in Großbrüchter als Sohn eines Böttchermeisters geboren. Er besucht das Gymnasium in Sondershausen und studiert in Göttingen, Berlin und Halle. Nach dem Examen 1888 in Sondershausen hilft er aus in Oberwillingen und Öhrenstock und wird dort 1891 zum Pfarrer angestellt. Im Jahre 1896 wird er vom Fürsten Carl Günther zum Pfarrer in Clingen bestimmt, nachdem der Kirchen- und Schulvorstand keine Einwendungen erhoben hat. Am 1. Mai 1896 wird er in sein Amt eingeführt und ist bis 1912 auch Ortsschul­inspektor. Seit 1912 gehört auch Westgreußen ganz zum Aufgabenbereich des Pfarrers in Clingen.

Am 16. Dezember 1923 werden ihm Kleidung und ein halber Zentner Roggenmehl gestohlen. Ein Frauenkleid und der Talar werden später in einem Strohhaufen am Rieth gefunden. In der Nacht vom 7. zum 8. Mai 1932 geschieht ein weiterer Einbruch, allerdings nur mit geringem Schaden. Am 1. Oktober 1927 tritt er in den Ruhestand und zieht nach Sondershausen. Die Pfarrstelle wird zunächst versehen von Kandidat Wolf aus Berkach (1927 bis 1928).

 

1927 - 1934  Kurt Max Zorn:
Er ist am 22. Dezember 1888 als Sohn eines Gutsbesitzes in Waltersdorf geboren [Es gibt mehrere Orte dieses Namens, zum Beispiel ein Ort bei Weißensee, aber auch ein Ort bei Gera und einer bei Altenburg. Da er aber in Gera zur Schule geht, dürfte er von dort sein]. Er besucht  das Realgymnasium in Gera und studiert zunächst Philologie und nach drei Semestern dann Theologie. In Weimar macht er 1915 die erste theologische Prüfung und 1917 die zweite. Danach ist er Pfarrer in einem Ort bei Weida (nicht lesbar).

Seit 31. Oktober 1922 ist er Regierungsrat und Referent der Pfarreiverwaltung  im Landeskirchenrat in Eisenach. Er hat sich aber das Recht zur Rückkehr in ein Pfarramt vorbehalten.

Davon macht er 1927 Gebrauch. Schon 1925 hat er in Clingen eine Jugendfestpredigt gehalten und ist der Gemeinde in guter Erinnerung geblieben. Durch Pfarrer Groneberg wird er auf die Pfarrstelle Clingen aufmerksam gemacht. Er wird im September 1927 einstimmig gewählt und tritt sein Amt am 28. Mai 1928 an, nachdem Kandidat Wolf erst noch einige Zeit die Pfarrstelle versehen hat.

Verheiratet ist er seit 4. April 1916 mit Erna geborene Löffler. Am 23. April kommt er mit ihr und zwei Söhnen auf dem Bahnhof an und wird am Abend im Pfarrhaus herzlich begrüßt. Am 29. April 1928 wird er in sein Amt eingeführt. Von Oktober 1928 bis März 1929 muß er die Pfarrstellen in Greußen, Wasserthaleben und Otterstedt vertreten. Außerdem hat er noch seinen Nachfolger im Landeskirchenamt einzuarbeiten.

Er geht aber gleich an die Verschönerung der Kirche. Bei einer Haussammlung für die Erneuerung der Kirche kommen im Oktober 1928 über 2.000 Mark zusammen. Beleuchtung und Heizung werden gelegt. Die Arbeiten dauern vom Ende März bis Anfang September und kosten 21.636 Mark. Die Einweihung ist am 22. September, der Gottesdienst findet um 19.30 Uhr statt. Bis zum Sommer 1931 werden der Kirchturm und das Kantorat wieder hergestellt.

Pfarrer Zorn schreibt eine Chronik von Clingen, die er auch drucken läßt. Er führt den Kindergottesdienst ein, gründet einen Kirchenchor unter Leitung des Oberlehrers Teschner und ordnet die Verwaltung nach den neuen Vorschriften. Die bis dahin verfahrene Auseinandersetzung zwischen Kirche und Schule wird zur Zufriedenheit beider Teile zum Abschluß gebracht.

Die Kollekten in Clingen sind gut. In Zeiten kirchlicher Gleichgültigkeit ist Clingen eine rühmliche Ausnahme. Während der Durchschnitt in der Landeskirche bei 9 Pfennig pro Kopf der Kirchgemeinde liegt, sind es in Clingen 2,63 Mark. Die Mitglieder des Frauenvereins ver­abreichen ab 11. Juli 1928 an Alte und Bedürftige 61 Mahlzeiten und können auch manche Weihnachtsfreude bereiten.

Im Februar 1934 erhält Zorn einen Ruf an die Nicolai-Gemeinde in Jena. Er sagt, daß er gern im Pfarrhaus mit seinem schönen Garten gewohnt hat und befiehlt die Gemeinde seinem Nachfolger. Eine Rolle mag auch gespielt haben, daß die beiden Söhne täglich nach Erfurt ins Gymnasium fahren mußten. „Gott schütze und segne unseren beiden Kirchgemeinden Clingen und Westgreußen, alle die sich für Gott und Vaterland einsetzen. Heil Hitler!“ Der Abschieds­gottesdienst ist am 8. April 1934, am 11. April der Wegzug. In den Zeitungen erscheinen „Nach­rufe“ von Kirchenvertretung, Stadtverwaltung, Schulleitung und Kirchenvorstand, sein Weggang wird allgemein bedauert.

 

1934 - 1953   Wilhelm Eggers

Er ist am 22. Januar 1891 in Hildesheim  geboren als fünftes Kind eines Lehrers, besucht dort das Gymnasium und studiert anschließend in Göttingen Theologie. Zwischendrin ist er ein Jahr Erzieher auf einem Gut in Posen und kurze Zeit Hilfslehrer in Bad Sachsa. Er meldet sich 1914 als Kriegsfreiwilliger, muß aber aus gesundheitlichen Gründen wieder ausscheiden und wird erst im Jahr 1917 wieder eingezogen. Im April 1920 besteht er die erste theologische Prüfung in Meinigen, wohin er sich gemeldet hat, und wird Vikar in Gräfenthal und Saalfeld. Im Oktober besteht er in Eisenach die Anstellungsprüfung und wird in Lehesten am 13. November 1921 angestellt. Danach ist er sieben Jahre in Singen Kreis Rudolstadt und geht dann nach Clingen. Am 24. Juni 1934 erfolgt die Einführung.

Daß die Gemeinde Clingen nicht kirchlich ist, wird dem neuen Pfarrer bald klar. Aber eine Kerngemeinde ist da, auch das Verhältnis zur Gemeinschaft ist erfreulich. Diese und einige andere Familien tragen das kirchliche Leben. Der Pfarrer kommt gelegentlich in der NS-Frauenschaft mit religiösen Themen zu Wort. Die vaterländischen Gedenktage  weisen einen erfreulichen Gottesdienstbesuch auf.

Herman Reichenbecker aus Erfurt, ein alter Clingener, regt 1934 die Feier der Goldenen Konfirmation mit Nachfeier im Gasthof „Tanne“ an. Die Feier soll alle fünf Jahre begangen werden.

In den Jahren 1936 und 1937 zeigen sich gewisse Spannungen. Das Verhältnis der Parteistellen zur Kirche erfährt eine Veränderung. Durch auswärtige Redner wird der Kirche offen oder versteckt mancher Hieb versetzt. Im Jahr 1938 zeigt sich der Geist der Kirchenfeindschaft offen. Die Jugend wird Sonntag für Sonntag vom Gottesdienst ferngehalten, der erste, dritte und fünfte Sonntag müssen für den Jungvolkdienst zur Verfügung stehen. Der Pfarrer verpflichtet aber die Konfirmanden, zum Gottesdienst zu kommen. Daraufhin erscheinen bei ihm der Kreisjugendführer und der Jungvolkführer und stellen den Pfarrer in anmaßendem Ton zur Rede. Kreisleiter Krannich mahnt den Pfarrer in einem Brief ans eine Pflichten. Ein großer Teil der Eltern gibt dem Druck der Partei nach.

Am 10. September 1938 stirbt Bürgermeister Albert Heß, Kirchenvorsteher und Kirchrechnungsführer. Lehrer Schmidt wird neuer Rechnungsführer. Der Pfarrer trennt sich 1938 von den „Deutschen Christen“, die aber in Clingen sowieso keinen Einfluß hatten und zu denen keine Verbindung bestand.

Als der Krieg beginnt, bekommt Clingen Einquartierung aus dem Ruhrgebiet, auch beim Pfarrer kommt ein Ehepaar aus dem Saargebiet unter. Im Winter 1939/40 ist es bitter kalt. Die Nußbäume im Garten erfrieren endgültig. Nur zwei junge halten durch. Der Pfarrer muß jetzt viele Vertretungen leisten.

Der Krieg bringt Arbeitsüberlastung der Frauen, Verluste und Leid, aber keine Erweckung des Glaubenslebens. Die Kirche ist leer. Im Winter kommt einmal wöchentlich ein Kreis von Frauen  zu Andachten, später zu Bibelstunden, zusammen. Seit dem Rußlandfeldzug mehren sich die Verlustmeldungen und die Gedenkfeiern in der Kirche.

Im September 1944 wird der Pfarrer krank (und kann erst Ende April 1945 wieder seine Tätigkeit aufnehmen). Nach dem Krieg sind die Gottesdienste gut besucht. Alle Woche halten auch die Amerikaner Militärgottesdienste. Auch die Katholiken sind vierzehntägig in der Kirche.

Seit 1. Juli gehört der Ort zur russischen Besatzungszone. Der Strom der Evakuierten wächst. Die Beschaffung von Wohnungen wird immer schwieriger. Der Gemeinderaum wird belegt. Im Nebenzimmer wird eine Familie mit neun Personen untergebracht. Im Pfarrhaus ist seit September 1943 eine Familie aus Westfalen untergebracht. Außerdem wohnt dort die Schwägerin aus Berlin, doch Ende 1945 verringert sich die Belegung wieder.

Aus der Singearbeit der Pfarrfrau entwickelt sich eine Jugend- und Frauenarbeit. Das Pfarrerehepaar versucht die Christenlehre aufzubauen, sie gewinnen Lehrerin Volmar und den Lehrer Treffurt und  Frau Erna Mathes, danach Frieda Knoll. Der Gemeinderaum wird auch Unterrichtszimmer. Frau Pfeiffer aus Eisenach hält einen Frauenabend und spricht am Bußtag 1946 im Gottesdienst.

Im Jahr 1948 nimmt Schwester Liesel Giersch ihre Arbeit in Clingen auf. Die darauffolgende Schwester Erna ist sehr sektenmäßig eingestellt und sucht Anschluß an die Baptisten. Außerdem halten die Adamtisten Versammlungen in der „Linde“. Die landeskirchliche Gemeinschaft erhält neuen Auftrieb durch die aus dem Osten vertriebenen Gemeindeglieder. Sie hält ihre Versammlungen im Pfarrhaus ab.

Im Jahre 1950 bestehen drei weibliche Jugendkreise. Die Bibelwoche wird zum dritten Mal gehalten. Von 1950 bis 1955 wird die Pfarrstelle von verschiedenen Vertretern versehen.

 

1956 - 1965  Hans-Heinz Theis

Über die folgende Zeit ist nur ein Vermerk in der Chronik, daß Hans-Heinz Theis von 1956 bis 1965 Pfarrer in Clingen ist. Ich kann über diese Zeit nur aus persönlicher Kenntnis beitragen:

In den Jahren 1963 bis 1964 ist die Katechetin Ursula Schmidt aus Greußen auch zeitweise in Clingen tätig. Sie sagt, daß ihr die Kinder dort sehr ans Herz gewachsen sind. Einmal kommt nach der Stunde ein Mädchen aus der ersten Klasse, das in den Hort geht, und will einmal gedrückt werden. Sie wird gedrückt. Aber nach der nächsten Stunde steht die ganze Klasse da und will auch gedrückt werden. Einmal bringt ein Junge einen Frosch mit. Er wird in ein Glas gesetzt, das mit einem Gesangbuch abgedeckt wird. Die Stunde wird aber mehrfach gestört, weil ein Kind darauf hinweist, daß der Frosch erst wieder Luft bekommen muß. Das Glas wird mit nach Greußen genommen und der Frosch in den Wiesen freigelassen. Die nächste Stunde fragen die Kinder wieder  nach dem Frosch. Aber die Katechetin sagt: Den habe ich wieder freigelassen, damit er wieder zu seiner Familie kann. Das sehen die Kinder dann auch ein.

 

1965 - 1975  Hans Gerlach

Er wird am 17. September 1926 in Leipzig geboren als Sohn eines Kaufmanns. Er besucht die Thomasschule in Leipzig und ab 1940 das König-Albert-Gymnasium. Ab 1943 ist er für ein Jahr Luftwaffenhelfer, 1946 legt er das Abitur ab. Von 1947 bis 1955 ist er im Schuldienst beschäftigt. Danach wird er als Katechet in Moritzburg bei Dresden ausgebildet und ist bis 1958 Katechet in Leipzig. Im Februar 1958 übernimmt ihn die Ev.-Lutherische Kirche in  Thüringen zur Ausbildung zum Pfarrvikar. Die Prüfung legt er 1959 ab, 1961 das zweite theologische Examen. Ab März 1958 verwaltet er die Pfarrstelle Hohenebra und Thalebra und wird 1960 fest angestellt. Ab August 1964 wird ihm dann die Vertretung für den erkrankten Pfarrer Theis übertragen. Ab Mai 1965 übernimmt er als Pfarrstelleninhaber die Pfarrstelle Clingen.

Gottesdienst ist jetzt nur noch vierzehntäglich. Aber die 20 Konfirmanden und die 7. Klasse sind auch zu übernehmen, dazu kommen Gemeindeabende und Missionsveranstaltungen. Im April 1965 wird er zum Pfarrer gewählt, am 15. Mai wird er eingeführt. Seine Frau ist Katechetin.

In den Gemeindesaal kommen nach 1966 ein neuer Holzaltar und ein Lesepult. Im Jahr 1968 erhalten der Gemeinderaum und das Dienstzimmer einen neuen Fußbodenbelag, gespendet von der Partnergemeinde Göppingen. Im September 1972 ziehen die langjährigen Untermieter im Pfarrhaus in Pflegeheim Grüningen: Frau Anna Ochs, 77 Jahre, und ihre 20 Jahre jüngere Schwester Metha Thürmann. Seit ihrer Umsiedlung 1945 haben sie der Kirche treue Hilfs- und Küsterdienste getan. Frau Ochs ist auch in der Zeit von Pfarrer Theis eine Zeit Hilfskatechetin und hält auch Kindergottesdienst und macht Besuche. Nach ihrem Wegzug wird ein Jugend-  und Christenlehreraum frei. Der Gemeinderaum ist nur noch für Gottesdienste und Gemeindeabende.

In der Woche nach dem Ewigkeitssonntag hält Pfarrer Johannes Meyer aus Zeuthen eine Evangelisation. Im Februar 1975 führt die Landeskirchliche Gemeinschaft eine Evangelisation durch.

Ende Oktober 1975 geht Pfarrer Gerlach nach Dorndorf an der Werra, am 12. Oktober wird er verabschiedet. Vertreter ist zunächst Pfarrer Hauskeller aus Sondershausen. Bis 1978 übernimmt Pfarrer Bär aus Greußen die Vakanz.  Kurz vor Weihnachten 1975 gibt es durch Frost einen Wasserrohbruch im Pfarrhaus, der zu erheblichen Schäden führt. Ganze Decken müssen ausgewechselt werden, im Gemeinderaum wird ein Loch von zwei Meter Durchmesser ausgespült. Oberpfarrer Bär bringt das Kunststück fertig, eine Pfarrhausruine wieder funktionstüchtig zu machen. Erst im Herbst 1978 ist das Pfarrhaus wieder hergestellt und Pfarrer Heiß zieht mit Familie ein.

 

1978 - 1988  Ulrich Heiß

Er wird am 24. Juli 1947 in Jena geboren und legt 1966 das Abitur in Sondershausen ab. Er studiert Theologie am Theologischen Seminar in Leipzig und ist danach Schlosser in einem volkseigenen Betrieb in Neukirch (Lausitz).

Im Jahr 1978 übernimmt er die Pfarrstelle Clingen als Pfarrvikar. Am 4. März 1978 wird er in Clingen durch Oberkirchenrat Saft ordiniert Das zweite theologische Examen macht er 1983 in Eisenach. Im Oktober 1978 zieht Familie Heiß mit ihren vier Kindern in das umgebaute und renovierte Pfarrhaus in Clingen ein. Im Jahr 1980 werden das Pfarrhausdach, das Dach des Nebengebäudes und das Kantoratsdach neu gedeckt und die Klärgrube neu gebaut. Im Jahr 1981 gibt es viele Selbstmorde in Clingen.

Pfarrvikar Ulrich Heiß wird dann fest angestellt. Das Archiv wird neu geordnet. Die Außenfassade des Pfarrhauses wird gründlich erneuert, in Pfarrhaus und Kantorat werden neue Fenster eingebaut, ein neues Hoftor angeschafft. Auch das Gelände um die Kirche wird mit einem Zierzaun eingezäunt und eine Hecke gepflanzt. Im Jahre 1987 bewirbt sich Heiß um die Pfarrstelle in Möschlitz und wird dort im April 1988 angestellt. Die Pfarramtsübergabe ist am 3. Mai 1988 an Pfarrer Kelpin in Greußen.

Im Jahr 1990 wird eine Gasheizung eingebaut, neue Fenster eingebaut, das Bad rekonstruiert. Die Glocken erhalten eine Läuteanlage. Im September 1990 fährt der Gemeindekirchenrat zum ersten Mal in die Partnergemeinde Göppingen-Farndau, im November erfolgt ein Gegenbesuch in Clingen.

Die Vakanzzeit (Zeit, in der die Pfarrstelle nicht besetzt ist) dauert fünf Jahre. Der Gemeindekirchenrat und die Landeskirchliche Gemeinschaft setzen sich sehr ein. Im Winter 1994 stirbt allerdings der Leiter der Gemeinschaft, der auch stellvertretender Vorsitzender des Gemeindekirchenrats ist.

 

1993 - 2004  Jürgen Deicke

Er ist geboren am 25. März 1942 in Halle. Ab 1. Oktober 1993 wird ihm die Gemeinde übertragen, am 3. Oktober 1993 (Erntedanktag) wird er in sein Amt eingeführt. Der Frauenkreis ist sehr aktiv und trägt die Goldene Konfirmation (1994) und die Diamantene Konfirmation (1995) mit. Im Jahr 1994 und 1995 sind es in Clingen je sieben Konfirmanden und eine Konfirmandin aus Westgreußen. Die gemeinsame Konfirmation findet 1995 in der Kirche in Westgreußen statt, da die Kirche in Clingen wegen Bauschäden nicht genutzt werden kann. In den Jahren 1999 bis 2004 gibt es zwei bis sieben Konfirmanden. In drei Jahren wird in Clingen ein Paar und in Westgreußen ein Paar getraut (dazu ein Gottesdienst zur Eheschließung), die Zahl der Kindertaufen ist gering.

Es kommen aber allerhand Kinder zum kirchlichen Unterricht, nur die Unterstützung durch die Eltern fehlt. Im Jahr 1997 stirbt plötzlich Pfarrer Kelpin in Greußen, so daß auch dort vertreten werden muß. Die einzige Konfirmandin aus Clingen wird mit ihrer Klasse in Greußen konfirmiert. Am 1. Oktober 2004 wird Pfarrer Deicke in den Ruhestand versetzt und am 19. September verabschiedet. Die Pfarrstelle wird bis 2006 von Pfarrer Markus Heckert in Greußen betreut, ab 2006 von seiner Frau Catherine Heckert.

 

Pfarrer aus Clingen:

Der Pfarrer Ernst Benjamin Christoph Gimmerthal wird am 10. Oktober 1769 in Clingen geboren als Sohn des damaligen Kantors und späteren Pfarrers Wilhelm Immanuel Christoph Gimmerthal in Jecha. Seine Mutter ist die Tochter des Amtmanns zu Clingen, der die Geburt dieses Sohnes das Leben kostet. Er wird von seiner Großmutter erzogen.

Von 1780 bis 1787 besucht er die Schule in Clingen und geht dann auf die Universitäten Jena und Göttingen und studiert dort Theologie. Ab 1792 ist er Lehrer in Sondershausen. Am Michaelistag 1793 bekommt er die Hauslehrerstelle bei Geheimrat von Weise. Im Jahre 1799 wird er als Pfarrer angestellt und wird Diakon in Sondershausen und am 13. Oktober nach einer Probepredigt ordiniert. Fünf Jahre später (1804) wird er als erster Pfarrer nach Greußen berufen und hält am 13. Sonntag nach Trinitatis die Probepredigt und wird gleichzeitig als Mitglied des Konsistoriums vorgestellt.

 

Es folgt jetzt noch einmal die 2007 gedruckten Broschüre über die Kirche:

 

800 Jahre Kirche „Sankt Gumbert“  in Clingen

 

Beitrag der Kirchgemeinde zum Programm der Festwoche:

Sonntag, den 8. Juli, 19.00 Uhr: Festliche Eröffnung der 800 - Jahr- Feier mit einem Gospelkonzert eines Chores aus Kanada.

Donnerstag, den 12. Juli, 19.00 Uhr: Vorstellung der Broschüre durch Pfarrer Markus Heckert, mit musikalischer Umrahmung durch den Jugendchor „Clingener Modern Chorus“.

Samstag, den 14. Juli, 13.00 Uhr: Festlicher Gottesdienst zur 800-Jahr-Feier mit Altlandesbischof Roland Hoffmann und Feier der Goldenen und Diamantenen Konfirmation. Für Kinder wird zeitgleich ein Kindergottesdienst angeboten, anschließend bieten wir ein buntes Kinderprogramm an. Nach dem Gottesdienst wollen wir im Pfarrgarten gemeinsam feiern bis in den Abend hinein. Für Speisen und Getränke ist gesorgt. Es werden Kirchenführungen angeboten sowie musikalische Unterhaltung durch den Frauen- und den Männerchor Clingen.

 

Bilder: Viola König, Peter Georgi, Oda Genschmar, Walter Lenz, Pfarrarchiv. Bild- und Textbearbeitung: Walter Lenz, Maintal.

Druck: UNIWERBUNG, Matthias Drückler, Greußen, Helbe-Eck 1.

 

Wer noch mehr erfahren möchte, der sei auf eine Kompaktdisk (CD) verwiesen, die beim Pfarramt erhältlich ist. Dort sind zum Beispiel die Pfarrer und Lehrer aufgeführt. Dazu viele Einzelheiten zur allgemeinen Ortsgeschichte, zum Beispiel über den Dreißigjährigen Krieg und über die Vereine. Auch eine große Zahl von Bildern ist beigefügt.

 

 

 

Die Kirche in Clingen 1207 - 2007

 

 

 

Vorwort:

Unsere Kirche St. Gumbert wird 800 Jahre alt. Vor einem Jahr, im April 2006, übernahm ich als Pastorin die Pfarrstelle Clingen mit den Kirchgemeinden Clingen, Westgreußen und Wasserthaleben. In Clingen fand ich eine geschichtsträchtige, in ihren Ursprüngen romanische Kirche vor, die leider aber auch stark reparatur- und restaurationsbedürftig ist, besonders im Innenbereich.

Die Kirchgemeinde Clingen hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Kirche in den nächsten Jahren Schritt für Schritt zu verschönern, um damit wieder einen einladenden Gottesdienstraum zu gewinnen. Zuerst wollen wir die wunderschönen farbigen Glasfenster restaurieren lassen. Außerdem wollen wir beginnen, die wertvollen Malereien an den Wänden freilegen zu lassen und den Wänden einen neuen Anstrich zu geben. Wir sind dabei auf die Mithilfe aller angewiesen. Unterstützt werden wir in unserem Vorhaben jetzt schon vor allem von der Stadt Clingen und vom Thüringer Landesamt für Denkmalpflege.

Die Kirchgemeinde Clingen gab diese Broschüre in Auftrag, um allen interessierten Menschen die jahrhundertelange Geschichte unserer Kirche nahe zu bringen und sie als eine Zeugin vergangener und gegenwärtiger Kirchen- und Ortsgeschichte schätzen zu lernen.

Ich danke meinem Schwiegervater Peter Heckert für die Erstellung dieser Broschüre, auch im Namen des Gemeindekirchenrates der Kirchgemeinde Clingen: Oda Genschmar (Stellvertretende Vorsitzende), Waltraut Thon, Monika Beier, Renate Heverhagen, Margret Kop und Jens Alban. Ich freue mich besonders darüber, daß die Kirchgemeinde Clingen gemeinsam mit der Stadt Clingen diese Festwoche zur 800-Jahr-Feier gestalten wird.        Ihre Pastorin  Catherine Heckert

 

Die Stadt Clingen:

Im Westen lag die Funkenburg, eine bedeutende Wohnstätte der Germanen. Im Osten stand die Heiligkreuzkirche, die von Bonifatius errichtet wurde. Dazwischen liegt zwischen sächsischer Helbe und Steingraben bis heute die Stadt Clingen. Sie hatte ein Schloß und zwei Kirchen und war Sitz eines Amtes.

Um 900 gab es zwei Greußen: das heutige Westgreußen und Clingen, damals noch „Cling­greußen“ genannt. In den von 1247 bis 1353 vorkommenden Urkunden führen zwei Ortschaften den gemeinsamen Namen „Gruzin“. Die eine von ihnen lag östlich, die andere westlich. Zur näheren Bezeichnung erhielt der eine Ort den Namen Mart-Gruzin (Marktgreussen, das heutige Greußen) und der andere den Namen West-Gruzin (Westgreußen). Der Ort dazwischen wurde zur Unterscheidung „Kling-Gruzin“ oder „Clincgrussen“ genannt.

Mit „Klinge“ wird der Teil der Helbe bezeichnet, der früher durch die Stadt floß. Denkbar ist ein Verlauf durch die Lindenstraße, über den Markt und dann durch die Hauptstraße, denn gerade diese scheint dem früheren Bachlauf zu folgen. Das Wort „Klinge“ (altdeutsch: „Klinka“) bedeutet soviel wie „Bachtal“ oder „munterer Quell“, also ist Clingen das „Gruzin an einem frischen Quell“. Nach 1353 findet man neben „Klinggruzen“ und Clinggrussen“ gewöhnlich „Clyngen“ (1049) oder „Clingen“, das bald der ausschließliche Name wird.

Clingen ist vor allem älter als Greußen, das erst aus einer Ratstätte an der Kreuzung zweier Straßen entstanden ist und erst 1268 erwähnt wird, als der Landgraf von Thüringen dem Grafen von Hohnstein den Bau einer Burg erlaubt, ausgenommen in „Marktgreußen“.

Clingen ist auch schon früher ein bedeutender Ort gewesen. Das zeigt zum Beispiel eine Spezialkarte der sächsischen Länder von 1616, die in Erz gegossen im Schloß in Gotha hing. Dort ist Clingen mit großen Buchstaben geschrieben, während Greußen und Sondershausen gar nicht erwähnt werden.

 

Kirchen in Clingen:

Die älteste Kirche im Gebiet soll die Heiligkreuzkirche gewesen sein, die Bonifatius im Jahre 731 zwischen Clingen und Greußen errichtete, nachdem er Sondershausen-Jecha verlassen hatte. Der „Apostel der Deutschen“ war allerdings nicht der große Heidenmissionar, sondern er hat nur die schon weitgehend vorhandenen Christen nunmehr der römisch-katho­li­schen Kirche unterstellt und zu diesem Zweck Bistümer und Kirchen gegründet. Diese Kirche aus der Zeit des Bonifatius stand im Greußener Flurstück „Unter den drei Linden“ an der Nordwestseite der heutigen Marienstraße, wo die Geschwister-Scholl-Straße auf diese trifft (heute gelbes Backsteingebäude der ehemaligen Molkerei).

Nördlich der heutigen Schwarzburger Straße verlief ein Fußweg von Clingen nach Greußen, der dann bei der Heiligkreuzkirche nach Norden abbog über den Steingraben in Richtung Clingener Tor in Greußen.

Wahrscheinlich befand sich hier im freien Feld eine heidnische Kultstelle. Solche Heiligtümer nutzte Bonifatius nämlich gern für einen Kirchenbau. Er pflegte allerdings nur einfache Holzkirchen zu errichten, mehr Kapellen. So auch an diesem wichtigen Punkt östlich von Clingen. Diese Holzkirchen wurden dann von den Sachsen zerstört. Erst Karl der Große hat sie wieder in Stein errichten lassen. Bei Ausschachtungsarbeiten wurden starke Mauerreste, Reste von Kirchenfenstern und Torbogen und ein Brunnenschacht freigelegt.

 

Etwa einen Kilometer nördlich von Clingen, an der schwarzburgischen Helbe, zwischen der Steingrabenbrücke und der „weißen Mauer“ im Hohlweg nach Obertopfstedt, soll ursprünglich ein Sankt Katharinenkloster gestanden haben. Es kommt in einer Urkunde vom Jahre 1200 vor, nach welcher der Probst und das Kapitel lehnsherrlich den Vertrag bestätigen, durch welchen der Ritter Henrich von Rinkeleyben dem Kloster Ilfeld ein Gehölz bei Veltengelde käuflich überläßt.

Nach einer Urkunde von 1417 wird Hans von Kuzzeleiben von den Grafen von Schwarzburg mit Gütern in Pfaffenhofen belehnt. Man spricht sogar von einem Dorf „Pfaffenhofen“, das in dem Jechaburger Archidiakonatsregister von 1506 unter den Orten angeführt wird, welche zum Sitz Greußen („sedes Greußen“) gehören. Später besitzt die Pfarrei am Pfaffenhof zwei Äcker, von denen einer wohl ein Friedhof war, denn man findet dort Grabsteine.

In den Jahren 1861 bis 1863 wird auf dem daneben liegenden Grundstück im sogenannten „Höfchen“ auf zwei Ackerstücken ein Steinbruch angelegt. Dabei stößt man auf „große Quader in Kalk gemauert“, die man als Grundmauern eines Klosters deutet. Von dort führte auch ein Kanal zum Steingraben. Vor allem wird aber auch hier eine Menge Skelette ausgegraben, die zwischen langen, behauenen Steinplatten beerdigt sind. Diese Begräbnissitte deutet auf ein Kloster.

Allerdings kann es sich auch um einen Klosterhof handeln, also einen Hof, in dem die Naturalgaben für ein Kloster abgeliefert werden mußten. Daher stammt wohl auch der spätere Name „Pfaffenhof“ und „Pfaffenhofmühle“. Und der Friedhof wäre dann auch der Friedhof des Ortes Pfaffenhofen gewesen. Ein anderes Kloster soll auf dem Kirchberg gestanden haben.

 

In katholischer Zeit hat Clingen zwei Geistliche gehabt, einen Pastor und einen Vikar. Dieser zweite Geistliche war an der Andreaskapelle tätig. Im Jechaburger Archidiakonatsregister wird sie als „capella St. Andreae ante castrum“ bezeichnet, also als Kapelle vor dem Schloß“ (es wird auch der Flurteil „Zwei Linden“ angegeben, aber das ist wohl die gleiche Stelle). Auf der Landkarte aus der Zeit um 1400 ist die Andreaskirche nördlich des Schlosses eingezeichnet, auf der Ostseite der Vikarienstraße. Dort müßte man sich auch - nördlich der Frohnveste - die Wohnung des Vikars vorstellen, denn sonst ist kaum Platz. Man will aber auch Grundmauern einer Kirche westlich der Zinsböden gefunden haben, auf dem Gelände des früheren Konsum-Einkaufs­zentrums.

Weil in Greußen der Sitz des Erzpriesters war, so ge­hörten hierher in vorreformatorischer Zeit viele Pfarrämter und Vikarien, darunter auch Clingen und Grobern (eine Wüstung in der Clingener und Westgreußener Flur, auch „Graborn“ oder „Kraborn“). In Clingen gab es die Vikarie des Heiligen Evangelisten Johannes (in der Andreaskapelle), die Vikarie des Heiligen Gumbert und die Vikarie der seligen Jungfrau Maria und des Heiligen Nikolaus (beide in der Andreaskapelle).

Solche „Vikarien“ wurden von Vikaren versehen, also künftigen Pfarrern, die dann bestimmte Gottesdienste zu halten hatten. Deshalb ist es auch nicht ungewöhnlich, daß ein Ort zwei Kirchen hatte, weil die Kirche ja nicht von der Zahl der Gemeindeglieder abhängig war, sondern von ihren Einnahmen.

Die Andreaskirche mit Kirchhof wird in einer Erfurter Urkunde vom 21. Februar 1227 genannt, die von Erzbischof Sigfrid von Mainz ausgestellt wurde: Es geht um die Auseinandersetzung zwischen dem Edlen Reinhard von Greußen und seinem Kleriker Albertus auf der einen Seite mit dem Pfarrer (plebanus) Helwicus von St. Gumbert in Gruzin auf der anderen Seite. Dabei verzichtet der Clingener Pfarrer gegen Überlassung von eineinhalb Acker auf alle Ansprüche an der Seelsorge an der St. Andreas-Kirche, die aber zur Pfarrkirche erhoben wird. Sie sinkt jedoch später wieder zu einer Kapelle herab, die 1506 noch einmal bezeugt wird. Im Jahre 1509 wird der Vikar an der Andreaskapelle zum Pfarrer in Westgreußen ernannt unter der Bedingung, wöchentlich eine Messe in der Kapelle in Clingen zu halten. Sie besteht noch 1533.

Patron der Kirche ist Graf Theoderich von Hohnstein. Aber auch die fürstliche Domäne hat einen Teil der Pfarrbesoldung zu zahlen. Noch um das Jahr 1800 erwähnt Pfarrer Rudorf drei Malter Getreide, die dem Pfarrer als Speisegelder zu Weihnachten und Ostern für die ehedem in der alten Schloßkapelle gehaltenen Predigten gereicht werden.

Hier wird also eine Schloßkapelle erwähnt, deren Reste Pfarrer Zorn in den auf dem Domänenhof damals noch vorhandenen Ruinen finden wollte. Es könnte allerdings auch sein, daß mit der „Schloßkapelle“ die unmittelbar nördlich des Schlosses liegende Andreaskapelle gemeint ist.

 

 

Die Kirche St. Gumbert:

Die Kirche in Clingen ist sehenswert, auch wenn sie auf den ersten Eindruck etwas düster erscheint, weil die Kirchen in romanischer Zeit eben so gebaut wurden. Schon von außen macht die Spitze des Kirchturms einen erstaunlichen Eindruck, die goldenen Knöpfe unter der Wetterfahne dürften einmalig sein. Im Inneren fallen die vielen farbigen Fenster auf. Noch großartiger dürfte der Eindruck sein, wenn erst einmal die reichlich vorhandenen alten Malereien wieder freigelegt sind. Die Kirchgemeinde und die Stadt dürfen stolz sein auf diese würdige Kirche mit ihrem ehrfürchtigen Alter.

Die heutige Kirche in Clingen hat wahrscheinlich einen romanischen Vorgängerbau, der zum Teil noch in der heutigen Kirche erhalten sein könnte. Dann wäre die Kirche 1207 nur gotisch umgebaut worden. Darauf deuten folgende Einzelheiten: An der Südseite sieht man in Zweidrittelhöhe einen deutlichen Absatz. Es gab bereits kleinere Fenster in zwei verschiedenen Ebenen (zum Beispiel zwischen dem zweiten und dem dritten Fenster). Zwischen dem Altarraum und der Sakristei gibt es eine Baunaht. Die Steinbearbeitung mit den geflächten Quadern ist romanisch. Die Mauergefüge an den Außenwänden sind unterschiedlich. Es sind zwei romanische Putze vorhanden. Auffällig sind auch die strukturierten Putzflächen an der ehemaligen nördlichen Außenwand unmittelbar unter dem Dachgesims. Die Kirche hatte auch Obergadenfenster (die oberen Fenster des Mittelschiffs), die später zugemauert wurden.

Einzelne Bauglieder lassen sich sogar eindeutig einer spätromanischen Bauphase zuordnen: die Kleeblattbögen der Obergadenfenster, das südliche Fenster im Altarraum mit durchbrochenem Bogenfeld mit einem über ehemaligem Zwillingsfenster und die konkave und konvexe Profilform der Kämpfersteine auf der Westseite (Sie könnten noch aus dem 13. Jahrhundert stammen, die Arkaden wurden also nicht nachträglich eingefügt).

Die an den Pfeilern und an der südlichen Außenwand nachweisbaren Ritzfugen deuten auf eine Entstehungszeit zwischen dem Ende des 11. Jahrhunderts und bis in die Mitte des 13. Jahrhunderts. Die Kirche ist also aus der Zeit des Übergangs von der Romanik zur Gotik, und dazu paßt die Zeit um 1200. Wie bei einer romanischen Basilika hat die Kirche Sei­tenschiffe, die nur halb so hoch sind wie das Mittelschiff. Darüber hat man aber wie in der Gotik ein großes, einheitliches Dach gebaut, so daß die ehemaligen Obergadenfenster unter das Dach kamen.

Die Kirche hatte drei Altäre: den Hochaltar, den Sankt-Gehilfen-Altar und den Unser-Lieben-Frauen-Altar. Sie erhält den Namen des Heiligen Gumbert. Dieser war ein ostfränkischer Graf, der Benediktinermönch wurde und in Ansbach ein Benediktinerkloster gründete, dessen erster Abt er wurde. Er kommt sonst in ganz Thüringen nicht vor, höchstens in dem Ortsnamen Gumperda. Man weiß nicht, wie er als Schutzpatron der Kirche nach Clingen gekommen ist. Vielleicht hat ein Edler aus dem Gefolge des aus Mainfranken stammenden Thüringer Landgrafengeschlechts der Ludowinger in Clingen oder in der Nähe Besitz gehabt. Er hat vielleicht bei der Erbauung der Kirche reichlich gespendet und dabei seinen in der alten Heimat verehrten Schutzpatron Sankt Gumbert auf die neue Kirche übertragen. Gumbert stirbt vor 800, sein Grabmal wird 1523 in der Kirche zu Ansbach errichtet.

Der Schutzpatron der Kirche ist bis heute auf dem Wappen der Stadt zu sehen: Im goldenen Ornat trägt er auf blauem Grund eine besondere Mütze (Mitra) und einen Krummstab. Das sind an sich die Zeichen eines Bischofs, so daß man in dem Stadtheiligen auch den Heiligen Bonifatius hat sehen wollen. Doch Mütze und Stab sind auch Kennzeichen eines Abtes, so daß also doch Gumbert gemeint ist. Bei der Stadt ist er übrigens immer dargestellt mit dem Stab in der Rechten und einem Buch in der Linken (Mitteilungsblatt, Fenster im Rathaus, Internet).

Bei der Kirche hat er den Stab in der Linken und die rechte Hand frei (Empore, Wetterfahne). Im Internet ist interessanterweise ein Wappen veröffentlicht, auf dem er als Kopfbedeckung eine Art Zipfelmütze hat. Das dürfte auch die ursprüngliche Form des Wappens sein. Erst später hat man den Heiligen aufwerten wollen durch Kennzeichen, die auch ein Bischof trägt.

 

Der Greußener Bürger Hans Bonifatius vermacht im Jahre 1489 eine eiser­ne Kufe (an sich Flüssigkeitsmaß für Bier) für die Kirche zu Clingen, wie es in den dortigen Statuten mit diesen Worten aufgezeichnet wurde: „Am Montag nach Okuli (Mitfasten), im 89. Jahr des Jahrhunderts, hat der ehrsame Greußener Bürger Hans Bonifatius zu seiner Seelen Seligkeit eine eiserne Kufe in die Pfarrkirche Sankt Gumbert zu Clingen gegeben. Diese Kufe soll an der Vortür die Form hergeben für ein Pfund Wachs, das jährlich zu dem Licht unser Lieben Frau in der genannten Pfarrkirche dienen soll!“

 

Viele Jahrhunderte mit wechselvollen Zeiten vergehen. Aus der katholischen Kirche wird nach der Reformation ein evangelisches Gotteshaus. Im Jahre 1555 kommt es zur endgültigen Einführung der Reformation (das ist auch der Beginn der Kirchenbücher).

 

An der Kirche werden Umbauten vorgenommen. Diese sind durch zwei Jahreszahlen nachgewiesen: Die in Putz modellierte Jahreszahl 1507 auf der Empore, an dem mittleren Pfeiler der Westwand, ganz unten hinter der Bank (geschrieben in spätgotischen Ziffern) und die Jahreszahl 1595 an einem Obergadenfenster.

Die breiten Arkadenbögen setzen unten romanisch an und man müßte oben einen Rundbogen erwarten. Weil man aber jetzt in der Zeit der Gotik einen leichten Spitzbogen andeuten will, werden die Obergadenfenster geschlossen und die Arkadenbögen erhöht. An der Südwestseite sieht man noch, wie der Schlußstein des Bogens und die Sohlbank des Obergadenfensters unmittelbar zusammen stoßen.

 

Der Altarraum ist wahrscheinlich vor der Erbauung des Kirchenschiffs gebaut, wie das Mauerwerk, der Baustil und das Dachgebälk zeigen. Die noch erkennbaren „Übersetzungen des Mauerwerks“ sind nicht erst nach 1555 vorgenommen worden, denn sonst wären sie in der Kirchenchronik erwähnt worden. Der Altarraum war ursprünglich rund geschlossen. Er wird später nach Osten verlängert und dreiseitig abgeschlossen. Er erscheint jetzt ungewöhnlich groß. Die spitzbogigen Fenster werden in Altarraum und Seitenschiff eingebracht sowie eine Tür auf der Südseite. Es erfolgt eine durchgängige Neuverputzung mit mindestens zwei raumgreifenden Ausmalungen.

 

Kirchturm und Kirchenschiff:

Der untere Teil des Kirchturms ist aus Steinen gemauert. Darauf ist ein schmaleres Fachwerkgeschoß gesetzt, auf dem ein spitzer Helm steht. Die Fenster haben eine „gotische“ Form (zweiflüglige Tür mit Kleeblattrose). Unter der Spitze des Turmhelms sind kleine Fenster mit goldenen Knöpfen. Der Turm wird gekrönt von einem Turmknopf und der Wetterfahne. Diese zeigt den Heiligen Gumbert und die Jahreszahl 1996 sowie einige geometrische Figuren, die an Sterne erinnern; rechts hat die Fahne vier Zacken.

Der Turm macht immer wieder Sorgen. Schon nach 1660 muß kräftig repariert werden. Im Jahre 1662 werden Eichen zum Kirchenturm vom Grafen von Schwarzburg in Empfang genommen.

Die Fächer werden im Mai 1663 ausgemauert, weil man befürchtet, der baufällige Turm könnte bei starken Winden über den Haufen fallen. Im Jahre 1666 kommt Holz zur Reparatur der einen Seite der Kirche an.

Aber am 9. April 1673 schreibt Pfarrer Günther Fischer an das Konsistorium: „Unsere Kirche ist auf der einen Seite sehr baufällig, so daß man fast nicht ohne Leibesgefahr an solchen baufälligen Orten sein kann!“ Das Konsistorium schreibt darauf an sämtliche Personen von Adel und an die Freisassen zu Clingen: „Wir befehlen euch hiermit, ihr wollet euch hierüber mit dem Rate vergleichen und solchen Bau durch euren schuldigen Beitrag fördern. Und weil auch geklagt wird, daß zwar von euch versprochen wurde, einen Beitrag zu dem im Jahre 1666 errichteten Kirchenbau zu geben, aber bis heute nicht bezahlt worden ist, so wird ebenfalls befohlen, diese bewilligten Reste schnell zu zahlen!“ Am 28. Juli 1673 bittet der Rat zu Clingen aber um Erlaß aller Kostenbeiträge. Am 11. September 1673 erläßt der Graf ein Drittel der Kosten.

Im Jahre 1691 muß das Dach neu eingedeckt worden sein, denn 1929 findet man auf der Nordseite des Daches noch einen Ziegel mit der Jahreszahl 1691. Im Jahre 1723 läßt Hans Hellwig die Fenster und die ganze Kirche erneuern. Im Jahre 1817 wird das Dach dann wieder neu eingedeckt.

 

Eine große Reparatur wird 1840 ins Auge gefaßt. Die fürstliche Regierung schreibt am 26. Mai 1840 zu den Umbauplänen in Clingen: „Der Aufriß, welchen die Gemeinde von dem Zimmermeister Fischer zu Greußen fertigen ließ, um nach demselben den oberen Teil des Turms der Clingener Kirche erneuern zu lassen, ist in einem Geschmack entworfen, welcher den Anforderungen unserer Zeit nicht entspricht. Die Ausführung des Turmes in dieser Art würde nicht allein die Kirche, sondern den ganzen Ort verunstalten. Wir wünschen, daß die Gemeinde eine andere Zeichnung in einem besseren Geschmack entwerfen und eine vollständige Angabe der Fassade der Kirche fertigen lasse.“

Am 27. August 1840 wird der Vertrag mit dem Zimmermann Fischer abgeschlossen: Für 844 Reichstaler soll die Kirche unter Dach und Fach hergerichtet werden, so daß der Schieferdecker den Turm besteigen und mit Schiefer decken kann. Nicht inbegriffen sind die auf dem Turm anzubringenden kleineren Türmchen, die beiden Geländer und die Verzierungen.

Von Anfang August an arbeiten Fischer und fünf Gehilfen zwei Monate lang an der Kirche. Es heißt, die überaus feste obere Turmmauer sei ausgebrochen und der Turm halb abgetragen und neu aufgebaut worden. Am Übergang zum Dach wird ein Umgang mit Gittern und vier Türmchen an den Ecken geschaffen. Das hört sich so an, als sei jetzt erst das Fachwerkstockwerk auf den unteren Teil des Turms gesetzt worden, aber schon 1663 werden die Fächer am Turm ausgemauert.

Der Schieferdecker Jakobi aus Sondershausen stellt in vier Wochen mit drei Gehilfen die Bedachung her. Der neu aufgesetzte Knopf wiegt 24 Pfund und wird von dem Kupferschmied Herrn Cämmerer in Greußen angefertigt. Am 6. Dezember 1840, am zweiten Adventssonntag, wird der Knopf aufgesetzt. Der Schieferdecker erhält für seine Arbeit einschließlich sämtlicher Materialien 240 Reichstaler. Man rechnet mit einem Gesamtpreis von 1.600 Reichstalern. Am 8. April 1841 teilt das Justizamt Clingen der Regierung mit: Die Kosten belaufen sich auf 1.700 Reichstaler, davon zahlen die Grundbesitzer 250 Reichstaler.

Die „Reparatur“ von 1840 ist sehr teuer, aber auch sehr unzweckmäßig, denn es regnet in den Turm und sogar in die Orgel, so daß das Holzwerk im Jahre 1863 sehr angegriffen ist („sehr wandelbar“) und der Glockenstuhl so wackelig ist, daß die große Glocke nicht mehr geläutet, sondern bloß angeschlagen werden kann.

Die Turmuhr wird 1852 von Schlossermeister Kämpf aus Greußen für 30 Taler fast neu hergestellt.

 

Im Sommer 1863 zeigt sich an der östlichen Wand der Kirche an dem mittleren Fenster vom Dach herunter bis in die Erde ein ziemlich breiter Riß, der bereits früher einmal verstrichen worden war. Die Mauer senkt sich nach der nördlichen Seite. Dieser Riß ist auch heute wieder außen und innen zu sehen, sowie verschiedene andere Risse in der Kirche. Der Riß wird zunächst verstrichen, aber bei näherer Untersuchung sind die beiden Balken über dem Altar so schadhaft und liegen nur noch schwach auf den Mauern auf. Man muß befürchten, daß die Gefache jederzeit herabstürzen können.

Ende Oktober wurden zwei neue Balken über dem Altar eingezogen und auf beiden Seiten mit Ankern befestigt. Ein weiterer Balken wird über der Kanzel eingefügt, aber nicht durch Anker gesichert. Doch an der nördlichen Seite regnete es auch in die Kirche, so daß das Wasser oft tagelang auf der Männerempore und den darunter befindlichen Frauenbänken steht. Aber es kommt auch hier zur Reparatur:

Am 3. November 1863 berichtet der Pfarrer Tölle an den Superintendenten, daß am nächsten Sonntag der Gottesdienst wird ausfallen müssen, da ein großer Teil des nördlichen Daches der Kirche abgerissen ist, und zwar nicht bloß die Ziegel, sondern auch Sparren, Schalholz und Mauerwerk. Die Kirche steht von dieser Seite ganz offen!

Im November wird das nördliche Kirchendach zwischen Turm und dem herrschaftlichen Stuhl abgenommen, das Mauerwerk wird etwas erhöht und neue Balken und Sparren werden eingezogen. Die Maurerarbeit führt Meister Voigs (?) aus Clingen aus, die Zimmererarbeit Meister Schröder aus Greußen und die Schieferdeckerarbeit der Schieferdeckermeister Gril (?) aus Sondershausen. Der Gottesdienst ist in dieser Zeit in der Knabenschule.

Im Jahre 1865 wird der Turm in Angriff genommen. Der obere Teil der Spindel ist verfault, weil er nicht genug gegen das Eindringen des Wassers geschützt war. Der Turm erhält eine neue Bekleidung, und der Gang am eisernen Geländer wird mit Schiefer gedeckt. Der Knopf wird vom Kirchturm genommen. Statt des Kreuzes, das durch den Sturm eine schiefe Stellung erhalten hatte und das man zunächst nur gerichtet hatte, wird für 10 Reichstaler vom Schlossermeister Schrimpf (?) aus Greußen eine Wetterfahne gefertigt.

Der Glockenstuhl wird unter teilweiser Verwendung des noch guten Holzes neu hergestellt. Fast drei Monate kann nicht geläutet werden. Am 6. Sonntag nach Trinitatis rufen wieder die Glocken zum Gottesdienst. Die Reparatur der Spindel kostet etwa 90 Reichstaler. Die Gesamtkosten belaufen sich dann einschließlich des neuen Glockenstuhls auf 700 Reichstaler.

Im Jahre 1887 fordert das Ministerium in Sondershausen den Einbau von Blitzableitern auf Kirchen und Schulen. Diesem Gebote kommt als reiche und landestreue Stadt auch Clingen nach. Am Donnerstag, dem 21. April 1887, wird der Blitzableiter auf dem Turm von dem Schieferdecker H. Rössel aus Greußen angebracht und bei dieser Gelegenheit der neu verzierte Knopf samt Wetterfahne wieder aufgesetzt. Den im Knopfe befindlichen Schriften wird Aktuelles beigefügt.

 

Eine große Kirchenerneuerung gibt es 1929 unter Leitung von Pfarrer Zorn (einen Architekten meint der Kirchenvorstand nicht hinzuziehen zu müssen, um das Geld zu sparen). Die Kirche leidet damals unter vielen Schäden: Das Dach droht an der Nordseite einzustürzen und es gibt mehrere Risse im Gemäuer.

Ausgangspunkt für die Kirchenerneuerung ist eine Beckensammlung am 28. April 1928. Zum Erntedankfest 1928 reichen die Kirchenvorsteher Listen für eine Haussammlung herum. So können rund 20.000 Mark zusammengebracht werden. Die Arbeiten dauern von Ende März bis Anfang September.

Baugewerksmeister Rudolf Höttermann erhält alle Zimmererarbeiten, teil­weise auch die Maurerarbeiten im Inneren und am Dach. Er baut den Chorraum vor der Orgel um und versieht das Denkmal des Pfarrers Bachrodt mit einem Schutzdach. An der Nordostseite des Kirchenschiffs wird ein weiteres Oberlichtfenster nach dem Maßstab des auf der Nordseite schon vorhandenen Fensters im Dach eingebaut.

Dachdeckermeister Karl Richter führt die Umdeckung bzw. Neueindeckung des Kirchendachs aus. Dazu werden neue Balken im Dachstuhl eingezogen. Die Decke des Kirchenschiffs wird von Oskar Etzel und seinen Gehilfen zur besseren Wärmedämmung mit Brettern verschalt und mit einer Lehmschicht überzogen. Die Ostseite des Kirchturms wird nun auch verschiefert.

Klempnermeister Reinhold Kop führt die Arbeiten an Dachrinnen, Dachkehlen und Turmableitung aus. Das Regenwasser soll von der Kirche weg in den Teichgraben geleitet werden. Der Schmiedemeister Justus Marcordes trägt auch noch manche Arbeit bei.

Maler Walter Neumann streicht die Turmfenster, Fassaden, Turmläden und Eisengitter am Turm, die Fensterluken des Kirchdachs und die äußeren Fensterrahmen und Dachrinnen. Schlossermeister Schleenvoigt aus Greußen macht neue Schlösser an die Kirchentüren.

Das Kirchendach wird erst 1931dicht gemacht. Dachdeckermeister Hugo Höpfner aus Westgreußen bessert dabei auch die Beschieferung des Turms gründlich aus. Der Gang um den Turm wird mit Zinkblech abgedeckt und die Holzgesimse des Turmes mit grüner Farbe gestrichen. Turmknopf und Windfahne werden mehrfach gestrichen. Am Fuß des Turms wird eine Erdbetonmauer angefügt, um dem Mauerwerk eine Stütze zu geben.

Am reparaturbedürftigen Kirchturm können um 1966 nur die Fensterläden erneuert werden. Von Sommer 1973 bis Juli 1974 wird der Turm erneut beschiefert.

Dies kann jedoch erst nach zehnjähriger Bemühung, nach Schriftwechsel mit dem Kreiskirchenamt Gotha, mit dem Rat des Kreises Sondershausen und persönlichen Bittgängen zur PGH Dachdecker (Melzer) erfolgen. Jahre zuvor wird schon begonnen, dafür Gelder zu sammeln. Vor allem die treuen Kirchgänger, oft wenig bemittelt und Rentner, geben das Ihre. Während der Bauarbeiten wird auch ein größerer Kreis Kirchenglieder angesprochen, und es ist Aufgeschlossenheit für das Bauvorhaben anzutreffen.

Turm- und Dach-Neudeckung sind auf 42.000 Mark veranschlagt. Davon will der Landeskirchenrat 35.000 übernehmen, wenn die Gemeinde 7.000 aufbringt, wozu ihr von Landeskirchenrat für zehn Jahre ein Darlehen gewährt wird. Da diese Art von Kirchenrenovierung keinen Platz in der staatlichen Jahresplanung der Dachdeckervorhaben findet, muß die Notlösung der Wochenendeinsätze durch eine „Feierabendbrigade“ angenommen werden. Es ist anzuerkennen, daß die betreffenden Dachdecker den freien Sonnabend (6-16 Uhr) und den Sonntagvormittag (6-12Uhr) zur Verfügung stellen.

Am 19. Mai wird begonnen. Nach einem trockenen Frühjahr herrscht trübes und regnerisches Wetter, aber die Wochenendeinsätze können durchgehalten werden, bis auf Pfingsten und den Wahlsonntag. Der Umgang und die vier Türmchen werden entfernt (das Gitter ist noch im Turm vorhanden, ebenso die große schmiedeeiserne Laterne, die vor den einen südlichen Eingang hing).

Die Gottesdienste finden in dieser Zeit im Gemeindesaal im Pfarrhaus statt. Die Konfirmation am 12. Mai und das Konfirmanden-Erstabend­mahl am 12. Juni und zwei Trauungen können aber in der Kirche stattfinden. Den Sommer 1975 über wird auch das Kirchendach von der Feierabendbrigade aus Greußen repariert.

 

Im Herbst 1980 ist ein großer Sturmschaden am Kirchendach zu beklagen, wird aber von den Dachdeckern aus Greußen bald behoben. Die gemeinsame Konfirmation findet 1995 in der Kirche in Westgreußen statt, da die Kirche in Clingen wegen Bauschäden nicht genutzt werden kann. Es kommt zur nächsten größeren Turmreparatur in den Jahren 1995/1996. Eine nähere Untersuchung des Dach­stuhls ergibt, daß der Dachstuhl sehr labil, aber nicht unmittelbar einsturzgefährdet ist. Holzschädlinge haben ihr Werk getan, die Nässe ist eingedrungen, die ständigen Sturmschäden sind zu merken. Eine Notsicherung ist notwendig, ehe an eine grundlegende Reparatur heran­gegangen werden kann.

Durch das Thüringische Landesamt für Denkmalpflege in Erfurt wird die Firma Schwalm - Fachwerkinstandsetzung und Altbaumodernisierung GmbH - in Merkenfritz beauftragt, Untersuchungen durchzuführen. Es zeigen sich besonders im Turm massive Schäden, die um die Standfestigkeit bangen lassen. Die Gerüstbau-Firma Diller aus Schwarza bei Suhl rüstet den Turm ein.

Im November 1995 fängt die Sanierung des Fachwerkes durch die Zimmererbrigade des Kreis­kirchenamtes an. Sie führt auch die Schieferdeckerarbeiten sowie die Dachklempner- und Tischlerarbeiten aus. Bauleiter ist Horst Kirchner. Unter sehr schwierigen Bedingungen werden die Fach­werkteile des Turmes freigelegt. Die Fächer, die mit Grottensteinen aus der Gemarkung und Lehm verfüllt waren, werden entfernt, so daß nur noch das Gerippe die Turmhaube hält. Es kommt zutage, daß das Fachwerk stellenweise kaum noch als solches zu bezeichnen ist. Durch massiven Schädlingsbefall und Feuchtigkeit sind Teilstücke zerfressen oder nicht mehr vorhanden. Jahre zuvor waren mit dünnen Brettern notdürftige Reparaturen gemacht worden.

In dem langen kalten Winter 1995/1996 bauen die Zimmerleute oft unter extremen Bedingungen das Fachwerk aus neuem stabilem Holz wieder auf. Die Turmhaube erhält teilweise neue Sparren und damit Festigkeit.

Der Glockenstuhl ist durch Schäden auch nicht mehr den großen Kräften der Glocken gewachsen. Eichenbalken werden durch neue ersetzt. Eine handgeschmiedete Bauklammer mit einer Gravur von 1878 und den Initialen O. S. kann geborgen werden. Sie und handgeschmiedete Nägel zeugen von der damaligen Reparatur.

Im Frühjahr 1996 werden die Fächer ausgemauert, damit der Turm wieder das nötige Gewicht und seine Standsicherheit bekommt. Noch am 31. Mai wird der Turmknopf abgenommen, damit er repariert und vergoldet werden kann. Auch die kleinen Knöpfe an den Gauben des Turmes werden vergoldet. Die Wetterfahne wird neu angefertigt.

Seit Juli 1996 sind die Schieferdecker des Kreiskirchenamtes am Werk, um die Turmhaube und das neu aufgebaute Fachwerkzwischenteil mit Schiefer zu versehen. Am Freitag, dem 20. September 1996, werden der Turmknopf und die Wetterfahne wieder aufgesetzt.

Der Bau des Kirchturms verursacht hohe Kosten. Diese können aus den Mitteln der Landeskirche, des Landes Thüringen, des Kyffhäuserkreises und der Stadt Clingen (die sich mit 10.000 Mark beteiligt) gedeckt werden.

 

Die Kirchgemeinde veräußert am 1. August 1996 zur Kostendeckung das Gebäude des Kantorates (früher Knabenschule) samt Grund und Boden an Herrn Reinhold Eisenkrätzer. Die Bevölkerung am Ort beteiligt sich mit Spenden im Rahmen ihrer Möglichkeiten.

Im Jahr 1998 wird das Kirchendach saniert. Die alten Sparren, zum Teil aus gotischer Zeit, werden überbaut. Das Dach wird etwa einen halben Meter höher gesetzt (nach Viola König). Neue Gauben werden aufgesetzt. Das Dach wird neu gedeckt. Die Kosten belaufen sich auf etwa 500.000 Mark.

Herr Diplom-Restaura­tor Dietzsch und seine Ehefrau Birgit aus Grasberg machen Untersuchungen zur ursprünglichen Gestalt und Ausmalung der Kirche. Das Thüringische Amt für Denkmalpflege Erfurt (maßgeblich Frau Diplom-Architektin Schott) sowie die Untere Denkmalbehörde Sondershausen (Frau Löser) setzen sich mit viel Fachwissen für den Kirchenbau ein und befürworten die Finanzierungsmöglichkeiten. Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz in Bonn, vertreten durch Frau Dr. Gehrmann von der Projektabteilung, interessiert sich ebenfalls für dieses Bauwerk.

Aber bis 2002 können nur noch einige Bauarbeiten an der Kirche durchgeführt werden: Die Emporen werden nach dem Dach zu geschlossen, einige Putzschäden an den Außenwänden werden beseitigt, auf den Emporen werden Fußböden ausgebessert und Geländer vor den Fenstern angebracht.

 

Glocken:

Die Kirche besaß früher vier Glocken aus Bronze. Wahrscheinlich waren sie 1597 bereits vorhanden, denn es ist später immer vom „Umgießen“ die Rede. Bei Beerdigungen wird mit bis zu vier Glocken geläutet:

1.) Die größte Glocke hat einen Durchmesser von 1,34 Meter und soll im Jahre 1300 drei Tage vor Margaret gegossen worden sein (die 1917 abgelieferte Glocke trägt allerdings die Jahreszahl 1597). Sie springt und wird 1874 von der Firma Ullrich in Apolda umgegossen. Sie trägt jetzt den Namen des Pfarrers, der Mitglieder des Kirchenvorstandes, des Schulvorstandes, des Magistrats und des Gemeinderats vom Jahre 1874. Eine besondere Feier findet von Seiten der Gemeinde nicht statt, der Stadtrat bewilligte kein Geld. Der Pfarrer hält aber eine Rede, ehe die Glocken hochgezogen werden, segnet die Glocken ein und die Schulkinder singen zum Schluß „Nun danket alle Gott!“

2.) Die mittlere Glocke („Sonntagsglocke“) mit 1,16 Metern Durchmesser wird 1597 gegossen. Sie trägt die Inschrift: „Consolor viva fleo mortua pello nociva *Lorentz Guntzle und Hermann Konigk* Anno 1597“ („Ich tröste die Lebenden, beweine die Toten, rufe die Übeltäter“). Unten um den Kranz der Glocke herum stehen folgende Worte: „Unigenam natum scelerosum misit in orbem * In Miseros patrio amore deus *  Morte sua nostram repararet ut ille salutem * Tradita pro nobis victima quando fuit * Johanam * 3 * Wolfganghus Buchner, Pfarher“ („Gott schickte den einzig geborenen Sohn in die gottlose Welt, in das Vaterland der Elenden durch seine Liebe. Durch seinen Tod wurde unser Heil wiedererlangt. Übertragen auf uns wurde das Opferlamm, weil es so sein sollte. Johann Wolfgang Buchner, Pfarrer“).

Zwischen diesen beiden Inschriften befindet sich auf der Vorder- und Rückseite je eine Medaille mit einer männlichen Figur. Der eine Mann hält in der linken Hand eine Traube und in der rechten wahrscheinlich ein Winzermesser; er soll vielleicht Noah vorstellen. Die andere Figur stellt einen Geistlichen dar, der einen Kelch segnet, den er in seiner linken Hand hält. Das erinnert an das Abendmahl und deutet auf den früher in Clingen eifrig betriebenen Weinbau.

 

Am 19. November 1893 springt während des zweiten Läutens zum Nach­mittags­gottesdienst die Sonntagsglocke. Sie wird innerhalb von drei Wochen für 600 Mark durch die Gießerei Ulrich in Apolda umgegossen. Sie wiegt jetzt etwa 700 Kilogramm und klingt in Fis-Dur. Die neue Glocke ist am oberen Rand mit Engelsköpfen verziert und trägt auf der Vorderseite den oberen Spruch von der alten Glocke. Unten trägt sie die Inschrift: „Ehre sei Gott in der Höhe und Frieden auf Erden und den Menschen ein Wohlgefallen“.

Auf der Rückseite wird ein Bild eingegossen, das beim Zerschlagen der Glocke erhalten blieb und Jesus am Kreuz darstellt. Die anderen Medaillen bleiben beim Zerschlagen der Glocke erhalten und werden im Pfarrarchiv aufgehoben. Sie sind aber 1932 nicht mehr vorhanden, es gibt nur zwei schlechte Fotografien.

 

 

Unten steht dann noch: „Gegossen 1597, umgegossen Weihnachten 1893 durch Gebrüder Heinrich Ulrich in Apolda“. Am 24. Dezember 1893 wird die Glocke bei einer Beerdigung zum erstenmal geläutet.

3.) Die kleinere Glocke („Taufglocke“) hat 0,89 Meter Durchmesser und wird 1823 gegossen. Sie hat die Inschrift: „Gegossen von Braun in Wasserthaleben - Mein Klang ruft Euch zu Gottes Ruhm - Kommt Christen, kommt ins Heiligtum“.

4.) Die kleinste Glocke („Stimmglocke“, auch „Bimmel“) hat 0,68 Meter Durchmesser. Major Hempel läßt sie am 22. September 1718 von Sorber und Geyer in Erfurt umgießen. Sie hat folgende Inschrift: „Herr Christoph Benedikt Hempel, Königl. Polnischer und Chursächsischer Major, und dessen Gemahlin Frau Maria Elisabeth geb. von Uderin, haben zum Gedächtnis diese umbgießen lassen aus Liebe zu dem Tempel und anderen zum Exempel, anno 1718. Pastor war Mag. Georg Ernst Bachrodt, Cons. Reg. J. N. Tölle. N. J. Sorber goß mich in Erfurth“.

 

Am 17. Juni 1674 berichtet der Pfarrer dem Konsistorium in Sondershausen, daß „die“ Glocke (vielleicht eine der kleineren) zersprungen ist und bittet um Ersatz. Das Konsistorium befiehlt dem Amtmann („Schös­ser“) zu Clingen, daß er den Pfarrer, die Bürgermeister und Räte und die sämtlichen Bürger und Einwohner zusammen ruft und nach vorhergegangener bewegender Ansprache von jedem besonders vernehmen solle, was er aus gutem Willen zu dieser Umgießung zu geben sich erklären werde. Der Adel aber zahlt nicht, trotz Erinnerung und Mahnung des Rates und obwohl das Konsistorium von jedem einen „proportionierten und erkläcklichen“ Beitrag verlangt.

Am 29. Juni 1674 wird der Umgießungsvertrag mit dem Roth-Gießer­meister Jacob Poppe in Erfurt geschlossen. Am 25. September 1679 schreibt der Rat jedoch: „Wir haben erfahren, daß der Rothgießer nicht nach dem Vertrag gehandelt hat und die Glocken von sich aus zerschlagen, in den Ofen gesetzt und umgegossen hat!“

Im Jahre 1917 werden die große, mittlere und die kleinste Glocke zerschlagen und für Heereszwecke abgeliefert. Kantor Karl Kunze hält noch die Inschriften fest. Die drittgrößte Glocke bleibt der Kirche, wird aber 1920 für 6.750 Papiermark an den Glockengießer verkauft.

Im Jahre 1920 kann man nur Klangstahlglocken kaufen. Drei Glocken werden im Herbst 1920 bei Franz Schilling und Söhne in Apolda gegossen. Die drei Glocken wiegen 1913, 895 und 516 Kilogramm. Es wird eine Geldsammlung im Orte gemacht und etwa 30.000 Mark (damals schon recht entwertetes Geld) gesammelt. Das Kilogramm Klangstahl kostet dabei 8 Mark. Der Gesamtpreis für die Klangstahlglocken beträgt 26.592 Mark (entwertetes Geld). Dazu kommen drei Läutearmaturen und die Montage, so daß die neuen Glocken zusammen 35.618,63 Mark kosten.

Die Glocken kommen am 15. November 1920 (Kirchweih-Montag) in Clingen an und stehen zunächst auf dem Domänenhof. Am 23. November werden sie aufgezogen und am 28. November von Pfarrer Groneberg geweiht. Sie klingen in den Tönen es-g-b. Die große Glocke trägt die Inschrift am oberen Rand: „Seid fröhlich in Hoffnung“, die mittlere „Geduldig in Trübsal“ und die kleine „Haltet an am Gebet“. Auf der Rückseite trägt jede der Glocken die Jahreszahl 1920.

Seit dem 16. März 1992 wird das Glockengeläut elektrisch betrieben. Wo­­chentags wird um 18.00 Uhr das Abendläuten mit der kleinen Glocke durchgeführt. Am Samstagmittag um 12 Uhr wird mit drei Glocken der Sonntag eingeläutet.

 

Pfarrer Bachrodt und seine drei Frauen

Etwa drei Meter hoch ist der barocke Gedenkstein des Pfarrers Bachrodt und seiner drei Ehefrauen. Er ist aus thüringischem Sandstein und an der Südwestecke des Turms angebracht. Dieses Denkmal stifteten die Kinder ihren Eltern zu Ehren und zum Gedenken. Magister Georg Ernst Bachrodt wird am 28. August 1664 zu Sondershausen geboren und studiert fünf Jahre in Leipzig. Danach ist er von 1691 bis zu seinem Tod am 9. Februar 1725 Pfarrer in Clingen.

Der Pfarrer selbst trägt eine Perücke und hat den Talar an. Sein Antlitz ist durchgeistigt, aus ihm leuchtet Strenge mit Milde gepaart hervor. Aber sein Gesicht kann auch eine gewisse Bitterkeit im Minenspiel nicht verleugnen (ob seine dritte, auf der rechten Seite dargestellte Ehefrau dazu Veranlassung gegeben hat?).

Im Jahre 1691 heiratet er Maria Euphemia Wild aus Greußen. Unverkennbarer Liebreiz, verbunden mit heiterem Sinn, strömt vom Antlitz der ersten Ehefrau aus. Aber am 7. Juli 1701 stirbt sie 14 Tage nach der Geburt ihres fünften Kindes im Alter von 24 Jahren (sie hat also schon mit 14 Jahren geheiratet). An dem Tag, an dem Pfarrer Bachrodt seine Schwester mit Meister Giese traut, stirbt abends beim Läuten der Betglocke seine Frau.

Bei ihrem Begräbnis sind viele Leute aus Greußen dabei, weniger aus Clingen. Das kleine Mädchen Katharina Eleonore überlebt nicht, es stirbt am dritten Weihnachtsfeiertag 1701. Schon am 12. Juli 1697 stirbt der Sohn Friedrich Jacob nach vielen ausgestandenen Schmerzen. Von zwei weiteren Kindern sind die Eheschließungen aufzeichnet.

Der Pfarrer heiratet 1702 die Jungfer Sophie Elisabeth Wiebecker, die ihm vier Kinder schenkt. Die eine Tochter wird aber ein Opfer der Pocken, die in der Stadt hohen Tribut fordert.

Aus dem in der Mitte befindlichen Antlitz der zweiten Ehefrau spricht schon ein etwas strengerer und entschiedenerer Ton. Am 16. Oktober 1721 wird dann seine zweite Frau Sophie Elisabeth begraben.

Kein Jahr später, am 22. April 1722, verehelicht sich Bachrodt erneut mit der Witwe Elisabeth Preßler. Damit hat sich der Pfarrer allerdings ein rechtes Ehekreuz aufgeladen. Ihr böser zänkischer Gesichtsausdruck läßt zumindest vermuten, daß Frau Margarethe eine rechte Xanthippe gewesen ist, und gewiß wird sie dem guten Pfarrherrn das Leben recht schwergemacht haben. Doch auch diese Frau überlebt er, sie wird am 17. März 1724 begraben. Pfarrer Bachrodt selbst stirbt kein Jahr darauf am 9. Februar 1725.

Hermann Hesse, ein Geschichtsforscher aus Greußen, hält die Frauengestalt an der Spitze des Denkmals, die er als Göttin der Geschichte über den Sternen thronend ansieht, für eine spätere Zutat. Dafür besteht aber kein Anlaß. Der bärtige Kopf eines Evangelisten und ein Totenschädel auf der linken Seite, die Hesse auch als Zutat ansieht, sind nicht mehr vorhanden. Der Engel dort erscheint aber seltsam verdreht (nach Hermann Hesse und Barbara Deicke).

 

Inneres der Kirche:

Die Kirche ist ein dreischiffiges Bauwerk, dessen Mittelschiff durch eine in den Dachraum eingreifende, mit Zugankern zusammengehaltene Holztonne überhöht ist. Die Schiffe werden durch weite Arkaden, zwischen denen die Emporen gespannt sind, voneinander getrennt. Die Scheitel dieser Bögen liegen aber höher als die Gesimse der Außenwände. Der im Osten angefügte, durch mehrere Ecken abgeschlossene Altarraum ist ohne Strebepfeiler. Dem südlichen Seitenschiff ist im Osten die Sakristei vorgelagert, die mit einer quer liegenden Tonne überspannt ist. Ihr ist ein „Kirchenstuhl“, eine Art Loge, aufgesetzt. Im westlichen Feld des Mittelschiffs ist der Turm eingestellt, die Arkaden sind hier der Unterbau des Turmes.

 

Wände:

Die Wände spiegeln die langjährige und vielschichtige Baugeschichte der Kirche wieder. Die Wandflächen sind teilweise äußerst uneben. Unter dem bereits stark abgängigen Leimfarbenanstrich von 1929 wird ein Gefüge von vielen unterschiedlichen Putzen und Anstrichen sichtbar, häufig nur in Schollen erhalten. Unzählige Putzergänzungen liegen zwischen den Farbschichten. Risse in den Wänden zeigen Bauschäden oder Baunähte, geschlossene Türen oder Fenster.

An den Wänden finden sich noch viele ältere Ausmalungen, nämlich drei bis fünf verschiedene, unterschiedlich gut erhaltene Ausmalungssysteme:

1. An der Nordwand des Altarraums gibt es eine zarte rotfarbige Rankenmalerei auf hellem Grund.

2. Auf der Südwand des Altarraums ist oberhalb der Kanzelbrüstung die gotische bis spätgotische Ausmalung erhalten. Der sichtbare Bruchteil zeigt eine ornamental vielschichtige Gestaltung in differenzierenden Rot- und Orangetönen auf hellem Grund.

3. An fast allen Bögen und Fenstern ist nachweisbar eine kräftige Quaderung bzw. Diamantquaderung in rötlichem bis gelbem Ocker, Rot und Weiß, teilweise auch Schwarz auf hellem Grund, aus der ersten bis zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts. Besonders gut erhalten und großflächig freigelegt ist sie auf der Empore an der Nordseite und am Bogen im Turm.

4. Weitere Ausmalungen sind freigelegt auf der Empore an der Südseite und an der Südostseite (Gemeinderatsstuhl). Eine relativ zusammenhängend erhaltene ornamentale Gestaltung zeigt sich an der Laibung von Bogen 1. Es handelt sich dabei um ein in Grisaille ausgeführtes Akanthusband aus der zweiten Hälfte des 16. und bis in das 17. Jahrhundert

 

Decke:

Die Holztonnendecke ist von 1778. Der Entwurf der Ausmalung ist von Franz Markau aus Erfurt. Die Ausführung erfolgt 1929 durch Malermeister Thon aus Clingen: Der auferstehende Christus erhebt sich im königlichen Gewand in einer Art strahlender Sonne über dem Altar. Er schaut nach unten, mit der einen Hand segnend, mit der anderen Hand nach oben zu Gott weisend. Es sind aber noch Untermalungen sichtbar. Sichtbar sind im Altarraum längliche Ornamentstäbe, im Mittelfeld der Kirche drei Sonnen und dazwischen zwei Rosetten sowie um die Sonnen eine Vielzahl von Sternen. An den Rändern zeichnet sich ein breiter Streifen mit einem flächigen Ornamentband ab. Probefreilegungen zeigen eine Blattmalerei (Akanthus) in Weiß auf hellem Ocker.

 

Kirchenfenster:

Das mittlere Bild im Altarraum zeigt einen lebensgroßen Christus. Es wird von der Firma Wilhelm Franke in Naumburg hergestellt und am Erntedankfest 1897 der Gemeinde vorgestellt. Es wird aus dem Erlös der im Pfarrgarten gefundenen Tuffsteine bezahlt.

Zur 700-Jahr-Feier im Jahre 1907 werden die anderen Kirchenfenster im Altarraum von Landwirt Karl Häring und Bürgermeister Bruno Röse gestiftet. Sie zeigen links den Apostel Paulus und rechts den Apostel Johannes.

 

Das Fenster an der Südseite des Altarraums wird von Brauereibesitzer Hermann Schütze aus Langenberg in Westfalen gestiftet, der aus Clingen stammt. Es zeigt den das Kreuz tragenden Christus und steht in Beziehung zu dem am Himmel des Altarraums befindlichen Bild vom auferstandenen Christus.

Offenbar ist aus der Stiftung noch Geld übrig, denn Pfarrer Zorn schreibt in der (später entstandenen) Beilage zu seiner Chronik und beim Nachruf auf Hermann Schütze, der 1934 in Clingen begraben wird, daß die Familie Schütze zwei Fenster gestiftet habe:

An der Nordseite des Altarraums wird noch ein kleines Fenster angebracht, das am Fuß Erntegaben und darüber einen Weinstock mit Reben und Trauben zeigt. Das ist eine Erinnerung an den Weinbau in Clingen, aber auch ein Hinweis auf Jesus, den Weinstock, und auf das Abend­mahl.

 

Das farbige Kirchenfenster am ehemaligen herrschaftlichen Stuhl an der Nordostseite der Kirche ist das einzige Fenster, das neben der Kreuzblume noch die alte Mittelrippe hat. Es erhält 1929 zwei kleine Glasbilder. Nach Ansicht des Pfarrers hat der Künstler allerdings entgegen dem erteilten Auftrag die Bilder zu modern gestaltet. Das eine Bild soll eigentlich den Sämann zeigen, der entsprechend dem Gleichnis vom Sämann den Samen ausstreut. Der Künstler hat daraus gemacht: Christus und Mensch, wie sie als Lichtgestalt und als Erdgestalt aussäen. Das andere Bild soll eigentlich den Spruch „Bete und arbeite“ darstellen.

Dafür hat der Künstler zwei Gestalten gewählt: Die eine pflanzt ein Bäumchen, die andere fleht um Gottes Segen zum Gedeihen der Arbeit. Unter den kleinen Bildern hat Pfarrer Zorn sich noch verewigen lassen: „Erneuert im Jahre 1929 durch Kirchenregierungsrat Pfr. Zorn“

Die farbigen Fenster der Kirche sind eine besondere Kostbarkeit, müssen aber schon wieder restauriert werden zum Preis von 11.000 Euro pro Fenster.

 

Altar:

Vom Altar ist nur bekannt, daß zum Michaelisfest 1678 Frau Albini eine neue Altarbekleidung schenkt. Der heutige Altar ist sehr einfach, aber auch sehr wuchtig. Es soll aber auch einmal einen prächtigeren Altar gegeben haben. Die Kirche hatte ja ursprünglich drei Altäre.

 

Taufstein:

Der romanische Taufstein aus dem 13. Jahrhundert ist ein ursprünglicher Bestandteil der Kirche. Er stand früher mehr in der Mitte des Altarraums.

 

Kanzel:

Im Jahre 1675 verehrt Amtmann Hans Dietrich von Hörselgau zehn Taler für einen neuen „Predigtstuhl“ (Kanzel). Die hölzerne Kanzel wird im März 1676 an der Südseite des Altarraums gesetzt und kostet 30 Reichstaler. Major Hempel schenkt 1695 der Kirche ein neues „Stundenglas“ für die Kanzel (wahrscheinlich eine Sanduhr). Ein Freisaß stiftet 1732 eine schöne Stundenuhr mit vier Gläsern für die Kanzel. Aber auch sie ist nicht mehr erhalten.

Ein durchgreifender Umbau der Kanzel erfolgt 1929 durch Tischlermeister Robert Voigt, die Farbfassung ist von Malermeister Thon. Pfarrer Zorn spricht von einer „neuen“ Kanzel, wahrscheinlich ist aber nur ein Umbau erfolgt, denn die Kanzel hat ja alte Anstriche: An der Brüstung des Treppenaufganges zur Kanzel kann man die dünne und lose Fassung des 19. Jahrhunderts mit kleinen schablonierten Blümchen sehen. Am Ständer ist ebenfalls nur die Fassung des 19. Jahrhunderts erhalten, hier allerdings auch noch stark abgearbeitete Reste älterer Fassungen. Am Kelchboden des Kanzelkorbes kann man fünf Schichten feststellen: Von 1676 ist eine dunkle Rankenornamentik auf hellem Grund, es folgen kleine dunkeltonige Blütenkelche, eine helle Grundfassung, ein hellbeiger Grundanstrich aus dem 19. Jahrhundert und die Fassung von 1929.

 

Kirchenschiff:

Im Schiff gibt es drei Gestühlsblöcke aus dem 17. und 18. Jahrhundert, die mehrfach umgebaut und ergänzt sowie farbig überarbeitet wurden. Die erste Bank hat noch eine Eingangstür. An der Südseite der dritten Bank ist die frühere Bemalung freigelegt. Der Altarraum hat ein umlaufendes Gestühl mit Täfelung von 1929, die Malermeister Thon stiftet nach einem Entwurf von Professor Högg (Dresden), dem Kunstwart der Thüringer Kirche.

Die Empore aus dem 17. und 18. Jahrhundert hat die Form eines U. An den beiden Ostseiten sind Wappen aufgemalt: an der Südseite der Heilige Gumbert mit Krummstab und hoher Mütze, an der Nordseite wohl ein Wappen der Grafen von Sondershausen.

 

Die geschweifte Orgelempore gibt es seit 1673, als unter Pfarrer Theodor Günther Fischer der neue „Singe-Chor“ an den Turm gebaut wird aus dem Holz, das an sich für das Pfarrhaus vorgesehen war. Im Jahre 1929 wird diese Empore nach außen geschweift, um mehr Raum für den Chor zu gewinnen.

Am 27. Januar 1894 läßt der Kriegerverein eine schrankartige Kriegergedenktafel für die Kirche anfertigen.

In dieser werden auch die Ehrenzeichen und Denkmünzen der verstorbenen Krieger (nicht nur die der Gefallenen) aufbewahrt. Dieser Schrank befindet sich heute an der Nordseite der Rückwand der Kirche, allerdings ohne Ehrenzeichen.

 

Kirchenstühle:

1. Der Schütze-Leisner’sche Stuhl oberhalb der Kanzel: Er gehört der Familie Schütze aus der Brunnenstraße 4, die die zwei Glasfenster gestiftet hat. Er wird 1929 gedielt und erhält eine Gitterverzierung an der Westseite.

2. Der Gemeinderatsstuhl auf der Empore neben der Kanzel: Diese Bank ist durch den Zugang geteilt. Sie soll auf Wunsch von Pfarrer Zorn nach dem Vorbild der 1929 gefertigten Kirchenbänke im Altarraum gestaltet werden. Doch er klagt: In Clingen wird trotz Ermahnung bei wenigen Handwerkern die Arbeit so ausgeführt, wie der Pfarrer es wünscht, ausgenommnen bei Baumeister Höttermann und Malermeister Fritz Thon.

3. Der Röse’sche Stuhl im Kirchenschiff neben der Kanzel: Der von Bürgermeister und Amtmann Bruno Röse im neugotischen Stil erbaute Kirchenstuhl vom Ende des 19. Jahrhunderts schwächt das Hallenhafte der Kirche etwas ab.

4. Der „herrschaftliche Amtsstand“ war ein besonderer Sitzplatz für den Grafen bzw. Fürsten und dessen Amtmann auf dem östlichen Teil der Empore, der ja auch ein Wappen trägt. Er ragte früher nach innen in die Kirche hinein. Zu diesem Kirchenstuhl gab es einen Treppenaufgang von außen in dem Winkel zwischen Kirchenschiff und Altarraum, denn er ragte an der Nordfront der Kirche über das Mauerwerk nach außen. Da dieser Zugang zwei Fenster verdeckte, muß er erst später angefügt worden sein und eine gerade Treppe von Ost nach West gehabt haben. Durch diesen Zugang dringen 1805 Diebe ein.

 

Gräber:

In den Jahrhunderten seit der Reformation werden vornehme Leute und Pfarrer auch in der Kirche beigesetzt. Diese meist gewölbten Gräber erstrecken sich in Clingen vom Altarraum durch die ganze Kirche. Bei Bauarbeiten werden unter den Bänken viele Gräber gefunden, schön regelmäßig bestattet. Der Gedanke ist an sich nicht schlecht, weil so die Gemeinde der Toten bei der Gemeinde der Lebenden nahe sein kann. Aber nicht ohne Grund wird das dann im 18. Jahrhundert von der Obrigkeit verboten.

So wird 1658 der Schwarzburgische Amtmann („Amtsschösser“) Nicolaus Höne in der Kirche begraben, im Jahre 1695 wird der Wohltäter Hans von Hörselgau unter der Kanzel beigesetzt. Am 12. Juli 1750 wird der Hofrat und Amtmann Struwe vor dem Altar begraben, daneben am 22. März 1755 seine Witwe Sophie. Weiter unten (nach dem Ratsstand zu) unter einem Epitaph liegt Elisabeth, die Frau der Kammerrats Niebecker. Gegenüber am Kirchenstand der Frau Rauschenblat wird am Sonntag Miserikordias 1761Amtmann Osann begraben.

Im Jahre 1785 wird mit fürstlicher Erlaubnis Frau Justine Wilhelmine Windheim geborene Niebecker aus Ballstädt, die Frau des Amtmanns, „des Morgens Frühe in aller Stille“ unter dem Taufstein begraben. Man will sie in dem Gewölbe unter der Falltür begraben, wo einst Frau Niebecker beigesetzt wurde.

Weil dort aber kein Platz mehr ist, macht man unten zu Füßen dieses Grabes in der Quere eine neue Gruft. Danach darf auf fürstlichen Befehl keine Leiche mehr in der Kirche begraben werden.

Die Falltür zu Niebeckers Gruft wird erst nach 1900 zugemauert, als man den Altarraum erhöht und den Fußboden mit Tonplatten belegt. Als man 1929 den Taufstein aus der Mitte des Altarraums mehr an die Seite rückt, stößt man wieder auf dieses Grabgewölbe.

 

Orgel:

Im Jahr 1673 beginnt Pfarrer Fischer Geld für eine Orgel zu sammeln. Mehrere Adlige und persönliche Bekannte gaben etwas dazu. Er versucht auch, von den gräflichen Herrschaften in Sondershausen Spenden zu erhalten: 10 Taler gibt Graf Christian Günther, 8 Taler Frau Maria Magdalena, deren „Wittum“ Clingen damals war (sie erhielt als Witwe ihren Unterhalt durch die Einnahmen aus Clingen). Dann sammelt er in der Gemeinde eine Kollekte. Das alte mangelhafte Positiv (Kleinorgel) wird nach Niederspier verkauft.

Auf dem Konsistorium wird dann mit dem Orgelmacher Hans Mohr aus Erfurt ein Vertrag über eine neue Orgel gemacht, die 120 Reichstaler kosten soll. Der Orgelbauer fängt zwar im März mit der Arbeit an, macht sich aber nach eineinviertel Jahr davon und läßt die Orgel unfertig stehen.

Daraufhin muß Justus Friedrich Schäeffer aus Langensalza das Werk wieder aus­einanderreißen und innerhalb von zwölf Wochen für zwölf Reichstaler neu anfertigen. Der Pfarrer muß wieder seine Wohnstube als Werkstatt zur Verfügung stellen und die Orgelbauer drei Monate in seinem Haus aufnehmen und verköstigen und selber 14 Bohlen für die Windlade hacken. Im Juli 1675 ist das Werk vollendet.

Im Jahre 1678 werden neue Bälge für die Orgel gemacht, weil die vorherigen durch das Hagelwetter von 1674 ganz verdorben sind. Auch wird der Subbaß in die Höhe gesetzt und die Orgel von hinten mit Brettern verkleidet.

Nachdem 1679 Georg Jahrens Witwe bei ihrer Verheiratung mit Adrian Strauch zehn Ellen Tuch zu „Flügeln“ an die Orgel gestiftet hat und Adrianus Strauch einen Taler für den Macherlohn verehrt hat, werden diese Flügel am 12. März 1680 angebracht.

Wegen der Mängel an der Orgel macht der Rat schon am 11. Juni 1778 eine Eingabe. Am 16. September 1778 schreibt Pfarrer Trübing: „Die Orgel war ein Geheule, einige unsrer Nachbarn trieben Spott, andere bezeigten Mitleiden“.

Dann macht er noch eine zweite Eingabe an den Grafen zusammen mit Bürgermeister Klemm: „Der Hochselige Graf Herr Anton Günther, Ihr Herr Urgroßvater, verehrte 1673 ein Orgelwerk mit sechs Stimmen. Obwohl es 124 Jahre nach Möglichkeit erhalten worden ist, so ist es doch durch Wind und Wetter so verfallen, daß es mehr ein Geheul als einer Orgel ähnlich ist. Deshalb war es höchst nötig gewesen, daß eine neue Orgel für 300 Reichstaler hat bestellt werden müssen!“

Bürgermeister Klemm verhandelt mit dem Orgelbauer Heidenreich aus Tennstedt und wird mit ihn über einen Preis von 250 Taler einig. Aber seit 1763 hat Orgelmacher Schmalz in Arnstadt das Privileg, alle Orgeln im Fürstentum herzustellen. So bekommt er auch in Clingen den Auftrag, übernimmt aber auf Wunsch die von Heidenreich vorgeschlagene Disposition der Orgel (Zusammenstellung der Pfeifen-Register der Orgel) und auch den Preis, so daß er keinen Gewinn davon hat. Ausgegeben werden dann für die Orgel etwas über 788 Reichstaler.

Am 16. August 1779 zeigt Bürgermeister Klemm die Vollendung des Orgelbaues an. Am 21. September 1779 wird die neue Orgel geprüft und abgenommen.

 

Am 23. September 1779 bezeugt Ernst Ludwig Gerber, der im Auftrag des Konsistoriums die Orgel überprüft: „Die genaueste und gewissenhafteste Befolgung des Vertrags bei einem äußerst geringen Preis. Mit Vergnügen bezeuge ich, daß in diesem Stücke das Vaterland Talente besitzt, die jede auswärtige Hilfe schlechterdings entbehrlich, wenn nicht schädlich macht“.

 

 

Im Jahre 1829 kommt es zu einer Orgelausbesserung. Im Jahre 1882 erfolgt eine Orgelreparatur von Orgelbauer Maul aus Greußen. Die Überprüfung durch Musikdirektor Frauenberger in Sondershausen ergibt: „Enthielt meist kleine Schreistimmen und dazu eine Posaune, die wegen ihres entsetzlichen Tones nicht verwendet werden konnte, entbehrte dahingegen der Hauptstimme und noch anderer Grundstimmen. Die Disposition ist nun nach der Reparatur derart, daß der Ton dem Gotteshause und dem Zeitgeschmack besser entspricht“. Die Kosten betragen 1.350 Mark. „Besser wäre es gewesen, wenn gleich ein Neubau vorgenommen und von der alten Orgel nur der Prospekt und das Material der Bälge beibehalten worden wäre“.

Im Jahre 1893 urteilt der Seminarmusikdirektor Hermann Beyer: „Die Orgel zu Clingen liegt in den letzten Zügen“. Sie versagt schließlich in den meisten Stimmen. Orgelbaumeister Albin Hickmann aus Dachwig erbaut dann eine neue Orgel. Sie wird 1892 auf der Gewerbeausstellung in Erfurt mit der großen Silbernen Medaille ausgezeichnet, denn sie wird zur Zeit ihrer Erbauung als Kunstwerk angesehen. Sie ist im romantischen Stil erbaut und enthält 1.098 Pfeifen, ersetzt aber durch die Verwendung von Koppeln 1.390 Pfeifen.

Es ist eine zweimanualige Orgel mit 16 Registern und pneumatischer Ton- und Registertraktur. Die Windladen sind Walker’sche Kegelladen mit pneumatischen Apparaten (Die Ventile wurden nicht mechanisch mit einem Gestänge geöffnet, wie es früher und auch heute wieder üblich ist, sondern durch mit Druckluft betriebene Ventile). Das Gebläse wird mit Schwungrad getrieben.

Der Pfarrer schreibt: „Sie ist in der Tat ein Kunstwerk mit dem man die herrlichsten Klangeffekte erzielen kann. Wie die Flötenstimmen überhaupt intoniert sind, so im Besonderen die Flöte 8 Fuß im Manual I“. Die Orgelweihe findet am 19. November 1893 statt. Pfarrer Abel predigt über Psalm 98, 4–6, und nach der Weihe singt die Gemeinde „Nun danket alle Gott!“ Die Orgel kostet 4.000 Mark.

Im Jahre 1917 müssen die zinnenen Prospektpfeifen für Kriegszwecke abgeliefert werden. Im Jahre 1921 sammeln Mitglieder des Kirchenvorstandes für neue Orgelprospektpfeifen.

Orgelbaumeister Helfenbein in Gotha stellt 1929 für 4.000 Mark die Prospektpfeifen wieder her, baut das Register „Äoline“ ein und versieht die Orgel mit einem elektrischen Motorenantrieb.

Am 20. Oktober 1994 besichtigt Joachim Stade, ein Mitarbeiter der Firma Orgelbaugesellschaft Waltershausen, die Orgel und schreibt: Der gegenwärtige Zustand der Orgel ist eher bedauerlich, durch zahlreiche technische Störungen ist die Orgel zur Zeit nicht spielbar. Eine Reparatur im beschränkten Umfang wird zu keinem befriedigenden Ergebnis führen. Aufgrund des Alters der Leder-Membranen ist eine sichere Funktion nicht mehr herzustellen.

Bei einer Restaurierung des Instrumentes unter Wiederherstellung des Zustandes von 1893 würde die Orgel für längere Zeit wieder sicher funktionieren. Nachteilig bliebe die leichte Verzögerung der Tonansprache und die relativ große Störanfälligkeit nach spätestens zwei Jahrzehnten, was bei pneumatischen Trakturen systembedingt ist. Das Werk kann als typisch für seine Zeit betrachtet werden. Seltenheitswert kommt dem Instrument vom verwendeten System her aber nicht zu.

Die zweite Möglichkeit wäre ein Umbau zur mechanischen Orgel unter Verwendung des Pfeifenwerkes, des Gehäuses und der Balganlage. Hierbei bliebe das kaum verdorbene Pfeifenwerk erhalten. Die Windladen und Trakturen würden jedoch nach heutigen Vorstellungen und Maßstäben eingerichtet.

Die dritte Möglichkeit schließlich wäre ein genereller Neubau. Dieser hat den Vorteil, daß wieder ein Werk „aus einem Guß“ entsteht, das von unseren heutigen Vorstellungen und der gegenwärtigen Musizierpraxis ausgeht. Aus meiner Sicht wären mindestens das Gehäuse, die Balganlage mit ihrem Kurbelmechanismus - der eine technische Kuriosität darstellt - sowie sicher auch zahlreiche Register erhaltenswert. In jedem Falle sollten die Prospektpfeifen aus Zink wieder durch Zinnpfeifen ersetzt werden.

Gegenwärtig würde eine Restaurierung dieser Orgel bei uns etwa 185.000 DM plus Mehrwertsteuer kosten. Ein Neubau unter Verwendung von altem Gehäuse, Balganlage und Pfeifenwerk würde etwa 250.000 DM plus Mehrwertsteuer kosten.

 

Reparaturen und Ausstattung der Kirche:

Im Jahr 1680 gibt Zacharias Uthe zehn Taler zur Reparatur der Kirche. Am 19. August wird mit dem Anstrich im Inneren der Kirche begonnen: Hans Theobald Handtschuher tüncht den „Himmel“ (die Decke der Kirche) weiß. Daraus geht hervor, daß die Kirche nicht mehr eine Flachdecke wie in romanischer Zeit hatte, sondern der „Himmel“ schon eingewölbt war. Pfarrer Fischer treibt das Vorhaben immer wieder voran und macht Menschen willig, Geld zu spenden.

Nach dem Brand von 1687 in Greußen wendet man sich auf herrschaftlichen Befehl nach Clingen, um in der dortigen Kirche an Sonn- und Festtagen in der Frühe den Gottesdienst zu verrichten. Deswegen müssen die Clingener ihren Gottesdienst eine Stunde früher als sonst gewöhnlich an­fangen und beenden.

Am dritten Adventssonntag 1689 brechen Kirchenräuber in die Kirche ein. Sie tragen den großen Kasten aus der Sakristei heraus hinter die Kirche, schlagen ihn auf und nehmen die vergoldeten silbernen Kelche, den vergoldeten silbernen Teller, eine übersilberte Schachtel (Hostienschach­tel) und den Altarschmuck (das blaue Altartuch) heraus. Dazu das Geld aus dem Gotteskasten (Kollektenkasten), ungefähr 15 Gulden, und andere Sachen. Beim Pfarrer nehmen sie auch Geld in Form von Dukaten und Reichstalern mit, die er in einen Kasten gelegt hatte.

Die Heiligen Geräte (vasa sacra): Im Jahr 1690 gibt die Gemeinde zur Beschaffung eines neuen Kelches 50 Reichstaler. Am 29. Juli 1723 dringt ein Dieb durch das Fenster in die Sakristei ein und stiehlt alles aus dem Gotteskasten.

Im Mai 1694 schenkte Martinus Euselig aus Mühlhausen eine silberne und vergoldete Hostiendose, die mit feinem Blätterwerk verziert ist und auf dem äußeren Boden die Inschrift hat: „Mart. Euseb. Mühlhausen, Oculist, Wund- und Schnidtarzt. 1694“. Diese ist heute noch vorhanden und zusammen mit einer dazu passenden Schale die größte Kostbarkeit unter den kirchlichen Geräten.

Nicht mehr vorhanden sind eine Zinnkanne, die der Freisasse Andreas Heinrici im Jahre 1695 schenkt, und eine große Abendmahlsweinflasche mit einem Schraub­deckel, fein ziseliert und mit der Inschrift: „R. R. K. 1694“.

Die Kirche hat aber noch eine Abendmahlskanne von 1795 mit der Inschrift „Christina Hedwig Ahnsen“, dazu zwei Kelche aus Neusilber und einen kleinen schweren Abendmahlskelch, der sich nicht recht einordnen läßt.

Die Taufgeräte bestehen aus einer stark versilberten Taufkanne, die Familie Siegfried anläßlich der Taufe ihres Kindes Lucie am zweiten Ostertag 1895 schenkt, und aus einem versilberten, innen vergoldeten Taufbecken, das die Familie des Oberamtmanns Langenstraß zur Erinnerung an die Taufe ihrer Tochter Anna-Maria am 1. Advent 1897 schenkt. Heute hat man allerdings ein kleineres Taufbecken sowie Abendmahlsgeräte und Leuchter aus neuerer Zeit in Gebrauch.

Im Jahre 1723 läßt Hans Hellwig die Fenster und die ganze Kirche reparieren. Es werden folgende Geschenke gemacht:

1725 ein neues Kreuz für das Begräbnis durch Valtin Klemm.

1726 eine neue Bibel aus Sondershausen durch Koch Benjamin Eberhart.

1731 ein roter Klingelbeutel aus Samt durch Herrn Rittmeister von Uden. 1732 (13. April) eine Liederanstecktafel durch Christoph Erbstein.

1745 zwei Zinnleuchter durch die vier Fräulein von Dachroden.

1754 zwei Mühlhäusern Bibeln für die Knaben- und Mädchenschule.

1754 eine Leipziger Bibel durch Anna Maria, Frau des Kämmerers Schleevoigt.

An einem Montag nach Ostern 1760 findet Pfarrer Leubing auf der Kanzel ein Päckchen mit fünf Talern in Goldstücken, die vom Wirt des Ratskellers, Herrn H. Hüllerth, stammen sollen; er war nach einem Sturz und langer Krankheit zum ersten Mal wieder in die Kirche gegangen. Im Jahre 1760 schenkt Fähnrich und Vasall Johann Christoph Klöppel 60 sächsische Gold­stücke an die Kirchenkasse. Auch anläßlich des Friedensfestes 1763 werden mehrere Spenden gemacht, unter anderen zwei Trompeten.

Am 16. September 1778 schreibt Pfarrer Leubing zusammen mit Bürgermeister Klemm an den Grafen: „Da die hiesige Clingische Kirche laut Chronik nun 571 Jahre besteht, so kann man sich denken, in welchen Verfall sie geraten ist. Es regnet auf Kanzel und Altar, wenn Sonntags früh ein Regen droht, kamen wenig Menschen in die Kirche, war es ein trüber Tag, sie sitzen sie wie in einer Dämmerung“.

Weil dem Kirchhimmel der Einsturz droht, wird man ihn durch die ganze Kirche mit etlichen hundert Brettern ganz neu machen müssen. Wegen Mangel an Tageslicht müssen einige neue Fenster angebracht werden. Auch die alten Fenster im Altarraum sind von Wind und Wetter so ruiniert, daß ganz neue nötig sind. Das Singechor (Orgelempore) und die Manns- und Weiberstühle (Bänke) brauchen eine notwendige Reparatur. Das Konsistorium bewilligt am 22. September 1778 ein Prozent der Kirchenkapitalzinsen und erhöht später noch auf fünf Prozent.

Bürgermeister Christian Klemm erhält die Bauaufsicht. Ab 11. August 1778 wird von zwei Greußener Zimmerleuten der „Himmel“ ganz neu gemacht, vier Fenster werden in den Dachstuhl gebracht, damit mehr Licht in die Kirche kommt. Die Fenster im Seitenschiff werden nach innen erweitert. Die Pfeiler und teilweise die Bögen werden mit einem Haarputz überzogen und damit begradigt. Die Sakristei, die einem Gefängnis ähnlich war, wird neu ausgeweißt.

Auch der herrschaftliche Amtsstand ist sehr baufällig. Die fürstliche Kammer will, daß die Kirche ihn erneuert. Aber der Pfarrer antwortet, das sei nicht Sache der Kirche. Daraufhin läßt Amtsvorsteher Geissenhainer den Stand aus herrschaftlichen Geldern neu errichten. Der alte Stand war so etwas wie eine Loge und war drei Fuß (90 Zentimeter) über die Mauer hinaus gebaut. Der Pfarrer aber will, daß er wegen der Symmetrie nur bis zur Wand gehen soll. Es gibt einiges Hin und Her. Nach Besichtigung durch zwei Hofräte soll der Stand dann in einer Linie mit der Wand gebaut werden. Aber der Graf läßt sich wieder umstimmen, es bleibt alles wie vorher.

Der Pfarrer will die „Weiberstände“ (Bänke für die Frauen) an der alten Stelle lassen und wendet sich deshalb an den Fürsten. Der Bürgermeister Klemm ist dagegen und setzt sich durch. Aber das ist noch nicht alles: Am 5. März 1779 wendet sich Bürgermeister Klemm gegen „das unanständige fortkränkende Verfahren meines Collegen, des Herrn Bürgermeisters Luckart, mit welchem derselbe am gestrigen 4 ten dieses Monats gegen mich aufgezogen ist“. Die Ursache der Beschwerde ist offenbar der Brief Luckardts zusammen mit rund 50 Bürgern vom 3. Januar 1779: „Des Bürgermeister Klemme bisherige einseitige angebliche Reparatur des hiesigen Gotteshauses von Tage zutage mehr anwachsende Beeinträchtigung“.

Am 23. Februar 1805 werden Gedecke und Gesangbücher aus der Kirche gestohlen. Am 18. März sind auch die Kerzen gestohlen, der Gotteskasten ist völlig entleert, die Klingelbeutel beschädigt, zwei Chorhemden sind gestohlen und das Gedeck auf dem Taufstein entwendet. Die Diebe haben wohl mit einem Dietrich die Tür zum Amtsstand geöffnet.

Im Jahre 1824 wird das Innere der Kirche geweißt und der Himmel wird blau gestrichen. Im Jahre 1881 erfährt die Kirche im Innern eine durchgreifende Renovierung und Verschönerung durch Maler Böttger in Greußen. Der Kirchenhimmel wird ausgebessert, die Emporen erhalten einen Neuanstrich, neue Fenster werden eingesetzt und der herrschaftliche Kirchenstand wird nun doch in die Fluchtlinie der Empore zurückgenommen.

Im Jahre 1893 kommt aus der Gemeinde der Wunsch nach der Feier einer Christvesper auf. Pfarrer Abel ist nicht abgeneigt, macht aber zur Bedingung, daß das Geld für die Beschaffung von drei Kronleuchtern zur Beleuchtung der Kirche gespendet würde. In kurzer Zeit sind über 202 Mark beisammen. Der Hoflieferant C.A. Dietrich besorgt die Leuchter von der Firma C. H. Stobmann in Berlin, einen mit 25 Kerzen für 115 Mark und zwei mit je 12 Kerzen für je 41 Mark. Als die Kirche aber 1929 elektrische Beleuchtung erhält, werden die Leuchter in Kisten verpackt und in der Kirche aufbewahrt, sind aber heute nicht mehr vorhanden.

Von Bürgermeister und Bauer Röse werden im Juli 1895 für die beiden Kurrende­knaben zwei Chormäntel in der Form der Arnstädter Kurrendekleidung geschenkt.

Im Sommer 1897 läßt Hermann Keitel zum Dank für die Genesung seines Sohnes Kurt von schwerer Krankheit die Ecken und die Vorderseite des Altars mit einem neuen „Plüschbeschlag“ versehen. Am 14. Mai 1905 stiftet Richard Schütze aus Anlaß seines 25jährigen Jubiläums als Kirchenrechnungsführer ein Kruzifix, das Kreuz aus Eichenholz und der Körper versilbert.

 

Eine gründliche Erneuerung der Kirche erfolgt 1929 unter Pfarrer Zorn. Der Baugewerksmeister und Kirchmeister Richard Wagner führt die „Unterfahrungen“ des Mauerwerks und Befestigung der Triumphbögen durch. Er zieht eine Mauer zwischen der Kirche und dem Turm ein, verputzt die Emporen und stellt die frühere Sakristei wieder her (Die hölzerne Sakristei, die gleichzeitig den Zugang zur Kanzel enthielt und vom Schwamm zerfressen war, wird entfernt).

Tischlermeister Robert Voigt belegt die Unterseite der Emporen mit Stab­dielen, baut an den Türen zwei Windfänge ein, schafft neue Türen zu der Empore, fertigt Bänke, Holzbekleidung und Fensterrahmen im Altarraum und überarbeitet kostenlos die Kanzel.

Besondere Sorgen macht die Wiederherstellung des „Himmels“, der Decke der Kirche. Zunächst will man ihn verputzen. Aber der Putz wäre sicher bald wieder gerissen, weil sich das Dach bei Sturm bewegt. Auch will man ja den Himmel neu bemalen (bisher war er mit einem achtkantigen Teppichmuster überzogen). Nach einem Entwurf von Kunstmaler Franz Markau aus Erfurt werden großflächige Bilder auf die Decke gemalt: Über dem Altar erhebt sich Christus als der Auferstandene, mit der einen Hand segnend, mit der anderen auf Gott weisend. Markau macht auch den Entwurf für Wände, Orgel, Täfelung im Altarraum und Tonnendecke.

Sämtliche Wände bis zum Glockenboden waren vorher mit Namen von Konfirmanden beschrieben. Jetzt wird die Kirche durch den Maler Friedrich Thon ausgemalt. Er stiftet dabei die Bemalung an der Orgel und an der Täfelung des Altarraumes, die von Professor Högg in Dresden, dem Kunstwart der Thüringer Kirche, harmonisch an die Kanzel angepaßt wird.

Die mit Holzgittern versehenen Kirchenstühle im Altarraum werden entfernt. Auch der herrschaftliche Kirchenstuhl wird beseitigt (es gibt ja jetzt keine „Herrschaften“ mehr). Dabei wird das älteste Kirchenfenster im Nordosten des Altarraums wieder freigelegt. Über diesem Fenster sieht man außen einen kleinen Absatz, die Wand darüber scheint neuer zu sein als die übrige Wand.

Die zwei Glasfenster an der Südseite und Nordseite des Altarraums, gestiftet von Brauereibesitzer Schütze, werden eingesetzt. Die Fenster an der Nordseite des Kirchenschiffs und einige der Südseite werden mit buntem Antikglas versehen. Nur bei einem Fenster können die allerdings nicht sehr alten Butzenscheiben erhalten bleiben.

Auch an der Nordseite des Kirchenschiffs werden die Familien-Kirchen­stühle fortgenommen und dadurch Platz für neue Bänke gewonnen. Die Stühle im Kirchenschiff können aber aus Geldmangel nicht erneuert werden.

Das Altargedeck wird zum Teil neu vom Frauenverein gestiftet. Meister Bruno Mucke bekleidet die Altarstufen mit Teppich und polstert den Saum der Kanzel. Oberamt­mann Loesener spendet bei der Konfirmation seiner Tochter je einen Teppich für Altarraum und Sakristei. Pfarrer Zorn stiftet ein neues Kruzifix für 75 Reichsmark. Die Fahne des Gesangvereins, die 1903 in der Kirche zur Aufbewahrung aufgehängt worden war, wird jetzt im Singechorraum aufgehängt, sie hängt heute im Sängerraum des Männergesangvereins.

Schmiedemeister Eduard Reinhardt liefert drei Mantelheizöfen. Da auch elektrisches Licht gelegt wird, kann jetzt zu jeder Zeit Gottesdienst gehalten werden (Zum ersten Mal wird am Ende des Jahres um 23.30 Uhr ein Silvestergottesdienst stattfinden, unter Mitwirkung des im Entstehen begriffenen Kirchenchors unter Leitung von Lehrer Teschner). Die ganze Kirchengemeinde hilft beim Reinigen und bei den oft weiten Fuhren. Die Kosten belaufen sich auf 21.636 Mark, denen Einnahmen von 19.735 Mark gegenüber stehen.

Am Sonntag, dem 22. September 1929, betritt die Gemeinde um 19.30 Uhr ihr er­neuertes und festlich geschmücktes Gotteshaus zum ersten Mal wieder. Anwesend sind der frühere Pfarrer Groneberg und die zwei Mitglieder des Kreiskirchenrates Oberpfarrer Knabe und Landgerichtsdirektor Krieg­hoff aus Sondershausen. Der Pfarrer zieht mit dem Kirchenvorstand in die Kirche ein und legt die Bibel auf den Altar nieder.

Alle Vereine sind erschienen, die Fahnenträger nehmen im Altarraum Platz. Der Chor der Schule und der Gesangverein singen. Der Pfarrer predigt über 1. Petrus 2, Vers 4 und 5.

An Palmarum 1932 stiftet der Gutsbesitzer Kurt Keitel anläßlich der Konfirmation seiner Tochter Ursula eine schöne neue Kirchenbank für den ehemaligen Gemeinderatsstuhl.

Im Jahr 1966 erhält die Kirche eine neue Lichtanlage mit schmiedeeisernen Seitenleuchten. Die immer wieder beschädigten Kirchenfenster werden mehrfach von Glasmaler Hayna aus Erfurt repariert und schließlich nach langen Mühen (um 1970) auch vergittert. Aber die Gitter und Fenster sind heute schon wieder stark beschädigt.

 

Eine Innenrenovierung kann erst am Ende des Jahrhunderts wieder ins Auge gefaßt werden. Ein Untersuchungsbericht von 1996 durch die Firma „Restaurierung und Kunstwissenschaft“ empfiehlt folgende Maßnahmen: Die Kirche verfügt über einen reichhaltigen Bestand an ehemals raumgreifenden Wandmalereien aus verschiedenen Epochen, hauptsächlich aus Spätgotik und Renaissance. Es wäre wünschenswert, die unterschiedlichen Malereibelege entweder als Fragmente oder an den Bögen als Rekonstruktionen der attraktiven Diamantquaderung mit in die Gestaltung einzubinden.

So könnten an hell getünchten Wänden die Malereien eine optische interessante Aufwertung des Raumes darstellen und gleichzeitig ein kunstgeschichtliches Zeugnis ablegen. An Emporen und Gestühl ist keine aufwendige farbige bzw. ornamentale Gestaltung erhalten, so daß hier eine Neufassung in hellem Ocker angebracht ist.

Die Malerei an der Decke in der Gestaltung von 1929 stellt eine zeittypische Farb- und Ausdrucksform dar. Sie ist nach einer leichten Konservierung so zu erhalten. Die Sterne und Sonnen sollte man farblich neutralisieren. Bei der Reinigung von losen Leimfarbenanstrichen in der Kirche besteht die Möglichkeit, noch weitere Malereien aufzufinden und zu erhalten.

 

Kirchhof:

Der Kirchhof befindet sich am östlichen Ende Clingens und grenzt im Osten an den früheren Teich (die Natursteinmauer ist zugleich die Stadtmauer von Clingen), im Süden an das Pfarrhaus und den Pfarrgarten und

zum Teil auch an die Straße (die Mauer ging noch ein Stück an der Plan-Straße entlang, es blieb nur ein breiter Durchgang). Nach Westen grenzt er an die Knabenschule, im Norden an den Garten der Knabenschule. Er schließt ringsum die Kirche ein, die in der Mitte liegt. Er hat eine geringere Erweiterung durch einen Teil des Pfarrgartens erfahren.

Als Pfarrer Tölle 1857 sein Amt antritt, gibt es keinen verpflichteten Totengräber, die Toten werden nicht der Reihe nach bestattet und nicht einmal in einer Himmelsrichtung. Jeder sucht sich einfach eine Stelle aus und schneidet dabei oft andere Gräber an. Die Schädel und Knochen wer­den nicht selten über die Kirchhofsmauer geworfen.

Der Pfarrer dringt darauf, daß immer nur die ältesten Grabstellen genom­men werden und die alten Knochen in dem Grab mit beigesetzt werden. Für Selbstmörder ist ein eigener Fleck bestimmt in der Ecke zwischen der Mauer und dem Schulgarten, für sie gibt es eine eigene Totenbahre. Zum Tode Verurteilte wurden auf dem Gerichtshügel auf der Höhe südöstlich des Grollbachs beerdigt.

 

 

An der Mauer zum Pfarrhaus hin stehen noch folgende Grabsteine:

1. Pfarrer Gröger, gestorben am 12. April 1832, mit einem eisernen Kreuz

2. Mühlenbesitzer Röse, ein Grab aus Sandstein

3. Friederike Gröger geborene Schlegel mit einem eisernen Kreuz

4. Ein Sandsteingrab, dessen Inschrift nicht lesbar ist

5. Ein kleiner Sandstein mit zwei Frauen oder Engeln.

Das Grab von Pfarrer Böse, gestorben am 3. Juni 1857, das etwa zehn Schritte vom Pfarrhaus nach der zweiten Kirchentür zu stand (also dort, wo heute das Kriegerdenkmal steht) und mit Tuffsteinen ummauert war, ist nicht mehr vorhanden.

 

Um 1865 wird ohne Wissen des Pfarrers die Mauer des alten Kirchhofs nach der Ostseite hin durchbrochen. Bisher gab es nur den Weg zwischen dem Pfarrgarten und der Ölmühle, der aber nicht zum Plan führt, sondern nur zur Hauptstraße. Jetzt haben die Bewohner Clingens einen näheren und besseren Weg. Bald wird jedoch dieser Weg so oft benutzt und zugleich auch mißbraucht, indem sich zum Beispiel auch Einwohner von Greußen „darüber treiben“. Nachdem darüber eine Beschwerde bei der Behörde in Sondershausen eingelaufen ist, soll der Pfarrer die Verantwortung für alle etwa vorkommenden Fälle übernehmen. Darauf kann er natürlich nicht eingehen.

Er ersucht den Stadtrat, den Weg durch die Ortspolizei überwachen zu lassen. Dies wird aber verweigert. Nachdem wieder Beschwerde bei den Behörden in Sondershausen eingegangen ist, bekommt der Pfarrer den Befehl, den alten Kirchhof verschließen zu lassen. Ein Tor wird am Teich angebracht. Bald aber sind die Schlüssel gestohlen, bald die Schlösser von den Ketten abgerissen, dann das ganze Tor aufgerissen. Endlich soll der Gendarm aus Greußen kommen, um den Weg polizeilich zu überwachen.

Im März 1868 wird der Weg durch den früheren Teich aufgeschüttet, um die Leichen auf kürzeren und bequemeren Wege über den alten Kirchhof nach dem neuen Gottesacker tragen zu können. Auch der Weg über den alten Kirchhof wird gangbar gemacht. Um in Zukunft vielleicht wieder die Erlaubnis zur Benutzung des Wegs für die Gemeinde erwirken zu können, läßt der Pfarrer - meist durch Schulkinder - kleine Fichten anpflanzen und pflegen, damit diese in Zukunft einen Zaun bilden und den Weg vom übrigen Kirchhofe abgrenzen. Auch zwei Eschenbäume werden an das östliche Tor gepflanzt, um sie später zu Trauer-Eschen zu veredeln. Aber all diese Bäume sind nicht mehr vorhanden.

Auf dem alten Kirchhof werden 1929 einige der in die Ecken geräumten Denkmäler wieder aufgestellt und in den Nischen des Altarraums Rosen, Blutbuchen, Weißdorn und Kreuzdorn sowie zwei Glyzinien angepflanzt. Einige Grabsteine stehen jetzt an der Westseite des Turms, darunter der Stein der Familie Schneidewind von 1789. Dort steht auch die Eiche, die nach 1930 von der Heimat- und Naturschutzvereinigung gepflanzt wurde.

Im Jahr 1921 errichtet die Gemeinde auf dem alten Kirchhof zwischen Kirche und Pfarrhaus ein würdiges Kriegerdenkmal. Es ist aus Tuffsteinen erbaut vom Grottenbauer Kirmes aus Greußen. Die nach der Kirche zu angebrachte Tafel enthält oben das Zeichen des Eisernen Kreuzes, von dem heute allerdings nur noch ein schwacher Abdruck zu sehen ist, das eigentliche Kreuz ist entfernt. Darunter stehen die Worte „Ihren für das Vaterland gefallenen Helden 1914-1918, die dankbare Gemeinde Clingen“. Über dieser Tafel lagen früher noch zwei Kriegsdegen aus Bronze, darüber das Zeichen des Stahlhelms, auf dem Gipfel des Denkmals breitete ein aus Bronze gebildeter Adler seine Schwingen aus. In seinen Klauen hielt er Lorbeerzweige, die er gleichsam über die Namen der gefallenen Krieger breitet.

Auf den Tafeln an den Seiten des Denkmals werden die Namen der 29 Gefallenen von 1914-1918 genannt. Dazu die Namen von acht Vermißten und vier an den Kriegsfolgen gestorbenen Gefallenen (Diese Namen sind auch in der Pfarramtschronik festgehalten). Ursprünglich führte ein Kiesweg um das Denkmal, umsäumt von einem eisernen Geländer, das von Tuffsteinsäulen getragen wurde. Heute ist es von einer kleinen Hecke eingefaßt und von Bäumen umgeben.

Die Einweihung ist am 18. September 1921 unter großer Beteiligung der Bevölkerung. Pfarrer Groneberg hält die Weiherede, begleitet von Kindergesang, Vorträgen von Gedichten und Liedern des Männergesangvereins. Die Angehörigen der Gefallenen legen Kränze nieder, die dann in der Kirche aufgehängt werden. Nacheinander kommen Gemeindevertretung, Jungfrauen und Vereine zu Wort. Sie werden begleitet von der Musik „Nun betet an die Macht der Liebe“. Der Schlußgesang lautet: „Wir loben dich oben, du Lenker der Schlachten und flehen, mögst stehen uns fernerhin bei, dass deine Gemeinde nicht Opfer der Feinde, dein Name sei gelobt, o Herr, mach uns frei!“

Heute ist vor das Denkmal noch eine Tafel gestellt: „1939- 1945. In Ehrfurcht gedenkt die Gemeinde Clingen ihrer im 2. Weltkrieg Gefallenen und Vermißten. Den Toten zur Ehre, den Lebenden zur Mahnung!“

 

Pfarrhaus:

Der Pfarrhof mit seinen Gebäuden liegt südlich der Kirche. Zur Zeit des Pfarrers Jakob Weber brennt 1558 das Pfarrhaus samt Schafen und allem Rindvieh ab und muß neu erbaut werden. Davon erhalten ist noch das untere Stockwerk nach dem alten Kirchhof zu, auf der Ostseite mehr als auf der Westseite. Aber danach wird das Haus nach jeder Feuersbrunst immer wieder nur repariert und umgebaut. Es ist stets unwohnlich und baufällig.

Im Jahre 1681 zur Zeit des Pfarrers Fischer brennt der obere Teil des Hauses samt der dort gelagerten Frucht erneut ab. Dem Pfarrer gehen 450 Scheffel Frucht verloren. Außerdem werden ihm alle Würste von neun Schweinen und Geld gestohlen sowie Hausrat und Geld seiner Mutter und seines Bruders. Später stellt sich heraus, daß der Brand von der Magd gelegt wurde, die dem Pfarrer Geld gestohlen hatte und nach dem Brand weggelaufen ist.

Der Pfarrer findet einige Zeit Unterkunft bei dem örtlichen Adligen Hans Dietrich von Hörselgau, der ihn auch mit Geld unterstützt. Auch andere Adlige aus Greußen und Sondershausen unterstützen ihn.

Aber aus dem Ort bietet kein einziger ihm auch nur ein Stück Brot an oder besucht ihn, um ihm Trost zuzusprechen. Den Sommer über haust der Pfarrer mit seinen kleinen Kindern im Stall.

Am 22. Juli 1681 beginnt man mit dem Wiederaufbau des Hauses. Am 22. September zieht der Pfarrer in das noch nasse Haus ein, in dem nur eine Stube und eine Kammer fertig sind. Erst am 30. Dezember ist dann das Haus einigermaßen fertig.

Nach dem großen Brand 1687 in Greußen nimmt der Pfarrer 16 abgebrannte Personen mit ihrem Vieh auf, darunter den Greußener Diakon Keyser.

Pfarrer Leubing klagt 1752 darüber, daß das Pfarrhaus in so baufälligem Zustand ist, daß bei Regenwetter der Regen bis ins unterste Stockwerk dringt. Die Schlösser fehlen. Für die Scheune und die Ställe muß der Pfar­rer selbst die Rüststangen kaufen. Im ersten Jahr bereut er manchmal, diese Pfarrstelle angenommen zu haben. Die Oberstube ist einem Karzer und einer Rauchkammer ähnlich. Die Studierstube (obere Eckstube nach dem Garten zu, mit zwei kleinen Fenstern) ist fürchterlich und der Estrich voller Löcher. Die Wohnstube hat ellentiefe Löcher und ist gar nicht zu bewohnen. In den Keller haben sich die Ratten zurückgezogen.

Die Nebengebäude sind in dem gleichen schlechten Zustand. In den Ställen gibt es keine Krippen und Raufen, der Gang zu den Ställen kann wegen der vielen Löcher nicht gegangen werden.  Im Jahre 1796 besteht der Pfarrhof aus dem Wohnhaus mit sechs Nebengebäuden, darunter Pferdestall, Kuhstall, Schafstall und Scheune. Umgeben ist er von einem großen Garten.

Auch Pfarrer Tölle sagt, als er 1858 nach Clingen kommt, die Pfarrwohnung sei im traurigsten Zustand, dunkel, dumpf, verräuchert, baufällig. Seit dem Brand von 1681 ist wahrscheinlich nichts mehr gemacht worden, denn an einer Quersäule über der Haustür steht die Jahreszahl 1681, die heute nicht mehr erhalten ist. In den 25 Jahren seines Vorgängers ist nichts geschehen. Der Pfarrer zieht in ein Haus auf dem Plan neben der Knabenschule. Sein Stroh und Klee bringt er im Pfarrhaus unter, aber das ist zum Schaden für ihn, denn es gibt keine Schlösser.

 

 

Fast das ganze Wohnhaus wird umgebaut, so daß es dem vorherigen Zustand kaum noch ähnlich sieht. Nur die Wand nach dem Kirchhof zu wird nicht neu gemacht. Die Frontseite des Hauses nach dem Hof zu erhält größere Fenster, der südliche Teil des Hauses, der nur in der oberen Eck­stube das Studierzimmer des vorhergehenden Pfarrers enthielt, wird in lauter nette Zimmer umgewandelt.

In dem mittelsten Zimmer im Erdgeschoß ging früher eine Falltreppe in den Keller und eine schiefe, halsbrecherische Treppe nach oben. Die Küche ist sehr verräuchert und dunkel. Der Raum daneben wird jetzt als Speisekammer genutzt. Zum Keller gibt es jetzt einen Eingang, in dem man aufrecht stehen kann. Alle Treppen und Haupttüren werden erneuert. In die Schlafkammer und die untere große Stube wird neuer Fußboden gelegt. Es gibt jetzt fünf heizbare Stuben, acht Kammern, eine Speisekammer und eine Kammer zum Aufbewahren der Fleischwaren und einen geräumigen Keller.  Die Kosten belaufen sich auf etwa 1.500 Taler. Im November 1858 bezieht der Pfarrer dann das Pfarrhaus, nicht ohne einen großen Teil der Einrichtungsgegenstände selber gekauft zu haben. Die untere Wohnstube wird 1872 neu gedielt,

 

Bis zur Separation im Jahre 1858 führt ein öffentlicher Fußweg mitten durch das Pfarrhaus hindurch. Der Ausgang aus dem Pfarrgarten war wahrscheinlich das Tor nach dem Teich zu, das von außen die Inschrift „17 ICELP 53“ trägt (oder ähnlich). Dieser Weg war an sich für die Clingener gedacht, die nach Greußen wollten.

Daß aber nun auch die Greußener auf diesem Weg nach Clingen gehen wollten, das konnte man natürlich nicht dulden. Jetzt wird er geschlossen und durch den Weg zwischen Pfarrhaus und Ölmühle ersetzt (heute „Welkertor“).

Im Jahr 1895 erhält das Pfarrhaus einen neuen Anstrich in Öl. Auch innen wird einiges gemacht. Der obere Saal erhält statt des Estrichs neue Dielen. In der Küche muß ein neuer Kochherd gesetzt werden, weil der noch gar nicht lange angeschaffte Eisenherd schon wieder schadhaft ist. Auch andere Zimmer erhalten Öfen. Auch 1896 werden wieder einige Zimmer gestrichen.

Am 16. Dezember 1923 werden dem Pfarrer Groneberg Kleidung und ein halber Zentner Roggenmehl gestohlen. Ein Frauenkleid und der Talar werden später in einem Strohhaufen am Rieth gefunden. Auch in der Nacht vom 7. zum 8. Mai 1932 wird in das Pfarrhaus eingebrochen. Die Küche wird verwüstet. Aber die Tür zur Speisekammer können die Täter nicht öffnen wegen des tückischen Schlosses, das nur die Pfarrersfamilie zu behandeln weiß. Es fehlen die Sonntagsschnürschuhe und etwas Geld. Es sind mindestens vier Diebe, die aber vertrieben werden, als der Pfarrer aufwacht und das elektrische Licht anmacht.

Am 4. Februar 1934 entsteht ein Schwelbrand des Estrichs auf dem Boden des Pfarrhauses, hervorgerufen durch die Räucherkammer; er kann aber vom Pfarrer und den Nachbarn gelöscht werden.

 

Im Jahr 1998 bekommt der Plan-Platz eine neue Pflasterung, die Häuser werden an die Abwasserleitung angeschlossen. Deshalb kann kein Martinsgottesdienst in der Kirche stattfinden, sondern nur ein Umzug durch die Stadt. Die Kirche hat man bei der Gestaltung „vergessen“, es gibt keine Parkmöglichkeiten. Aber im Jahr 2004 werden Beiträge für den Straßenausbau in ungeheurer Höhe gefordert.

 

Die Pfarrscheune wird vom 18. bis 20. Juni 1695 wieder aufgebaut. Sie wird mit Stroh gedeckt, der Pfarrer gibt zwei Schock Stroh. Am 21. April 1779 stürzt sie infolge eines Sturms ein, wird aber im gleichen Jahr noch vor der Ernte wieder aufgebaut. Seitdem steht sie fast unverändert, nur wird 1858 eine neue südliche Giebelwand eingezogen. Auch an den Wirtschaftgebäuden wird einiges verbessert: Der Kuhstall wird neu verputzt und mit vier Krippen ausgestattet.

Im heutigen Pfarrhof stand aber auch eine Scheune der Witwe Susanne Seemann, „Kelter“ genannt. Sie stürzt im Sommer 1863 ein und darf nicht wieder aufgebaut werden, obwohl sich ein Interessent dafür findet. Der Pfarrer will den Platz gern haben, aber der Stadtrat will das Geld dafür nicht geben. Das Konsistorium genehmigt schließlich, daß 30 Taler aus den Ablösungskapitalien in Höhe von 2.453 Talern dafür genommen werden, so daß die Pfarrei den Bauplatz im April 1865 aufkauft. Es dürfte sich um die Fläche an der Westseite des Grundstücks handeln.

Im Jahre 1866 stürzt die Wand des Kuhstalls nach der Pfarrhofseite ein und wird im Oktober 1867 erneuert. Auch wird eine Mauer nach der Straße zu gebaut, um die durch den Abriß der Seemanns’schen Scheune entstandene Lücke zu schließen. Pfarrer Tölle legt 1868 dort einen kleinen Garten an und pflanzt im Hof drei Akazien, von denen 1932 noch zwei stehen (Heute stehen zwei Akazien am Pfarrhaus und eine im Pfarrgarten beim Hoftor).

Im Mai 1885 fällt die hintere Wand der Scheune ein und muß durch eine neue ersetzt werden. Im Juli 1896 wird die Scheune durch Louis Weber repariert und an der Westseite ganz neu aufgeführt. Im Jahre 1906 wird aber an Stelle des baufälligen Stallgebäudes ein kleinerer Stall mit Waschküche errichtet.

Das Pfarrhaus besaß hohe, nach dem Teich zu senkrecht abfallende Ränder, die eine Bearbeitung gefährlich machten. Im Winter und Frühjahr 1898 werden die Ränder ausgebrochen und Böschungen hergestellt. Heute aber ist der ganze Pfarrgarten mit Schutt aufgefüllt und schwach mit Erde abgedeckt.

 

Friedhof:

Zur Zeit des Pfarrers Tölle berät man über die Anlage eines neuen Friedhofs. Zuerst will man den Pfarrgarten dazu nehmen, aber dagegen verwahrt sich der Pfarrer: Die Mauer müßte abgebrochen und wieder neu aufgebaut werden, aber man würde nur wenig Platz gewinnen. Schließlich werden zwei Morgen (0,5 Hektar) am Schützenwall in der Nähe des Steingrabens an der Grenze nach Greußen zum Friedhofsgelände bestimmt.

Nach der Separation wird das Landratsamt veranlaßt, den neuen Begräbnisplatz der Kirche zuzuschreiben. Der Stadtrat protestiert aber dagegen, weil die Fläche der Stadt zugewiesen worden sei. Aber 1860 weist der Landrat die Separationskommission an, den Platz der Kirche zuzuschreiben. Der neue Friedhof gehört also bis heute vollständig der Kirchgemeinde Clingen.

Am Vormittag des 14. September 1860 wird der neue Friedhof eingeweiht. Nach einem Lied predigt der Pfarrer zur Beerdigung des Bildhauers Nikolaus Mohr (Sein Denkmal steht heute links vor der Tür zur Kapelle, er hat es ein Jahr vor seinem Tod selbst gemacht). Vor der Versenkung des Sargs weiht er den Platz ein „zum Friedhof der evangelischen Kirchengemeinde von Clingen“. Nach der Beerdigung singen die Adjuvanten und es wird mit den Glocken geläutet.

Der Adjuvantenchor ist ein Verein von Männern, der bei kirchlichen Festen und bei feierlichen Gelegenheiten geistliche Lieder vorträgt. Vermutlich wird er bei der Einrichtung des sogenannten „Singechors“ in der Kirche gegründet und besteht bis etwa 1870.

Eine Friedhofsordnung („Statut“) wird aufgestellt. Seit 1867 werden alle Verstorbenen (mit Ausnahme der Erbbegräbnisse) in der Reihe beerdigt, selbst die Selbstmörder, auch wenn das zunächst Anstoß erregt.

Auf dem neuen Friedhof werden 1883 Bäume gepflanzt. Ein Schild mit der Aufschrift: „Lutherlinde, gepflanzt von den Schulmädchen zu Clingen am 10. November 1883“ wird 1930 hinzugefügt. Die Linde steht noch auf dem Mittelweg, aber das Schild ist nicht mehr vorhanden (desgleichen ein entsprechendes Schild an einer Eiche auf dem Kirchhof, die von den Schulknaben gepflanzt worden war).

Am 11. Januar 1895 wird die neue Grabkapelle eingeweiht. Der verstorbene Paul Schmidt hatte in seinem Testament das Geld dafür bereit gestellt. Die Inschrift über der Eingangstür erinnert daran: „Gew. von Paul Schmidt 1893“. Die Kapelle ist ein mit Schiefer gedeckter Backsteinbau mit einem Raum für die Angehörigen, einem Raum für den Pfarrer und einem Raum für die Särge.

Im Sommer 1895 wird der Friedhof um dreiviertel Morgen nach Greußen zu vergrößert. Das Gelände gehörte teils der Stadt Clingen, teils dem Mühlenbesitzer und Bürgermeister Bruno Röse. Als 1902 die Kleinbahn von Greußen nach Keula gebaut wird, braucht man auch ein Stück des Friedhofs. An der nordöstlichen Ecke werden 299 Quadratmeter zum Bahnbau abgetreten.

Am 1. April 1905 wird die von der Kircheninspektion angeregte Friedhofsordnung übergeben. Jedes Haus bekommt ein gedrucktes Exemplar. Die Erlaubnis zur Aufstellung von Denkmälern ist jetzt beim Pfarrer einzuholen und eine festgesetzte Gebühr ist zu entrichten.

 

Im Jahre 1911 wird die Friedhofskapelle durch einen Anbau erweitert und erhält Glasfenster und eine der Kirche entsprechende Innenausstattung. Im Jahre 1929 wird ein Harmonium mit Podest dafür beschafft, das aber heute nicht mehr vorhanden ist. Das damals beschaffte Kruzifix ist aber noch aufgestellt.

Auch werden Luftlöcher in die Decke der Friedhofskapelle gemacht. Seit 1929 wird auch ein Himmelfahrtsgottesdienst auf dem Friedhof gehalten. Seit dem Jahre 1930 wird der Sarg in die Friedhofskapelle getragen und während der Leichenpredigt dort aufgestellt. Von Kantor Karl Kunze wird ein Liederbüchlein für Beerdigungen zusam­mengestellt.

In die Friedhofskappelle kommen nach 1966 ein neuer Holzaltar und ein Lesepult. Im Jahre 1971 wird die Friedhofskapelle neu gedeckt und ausgemalt; der Leichenwagen erhält eine neue Umkleidung.

 

Im Jahr 1973 legt Herr Otto Voigt im Alter von 88 Jahren die Aufsicht über den kirchlichen Friedhof nieder. Sein Nachfolger wird Herr Otto Steinke. Aber es gibt allerhand Verdruß, als einige alte Gräber abgeräumt werden. Es ist schwer, Ordnung auf dem Friedhof zu halten. Nach 1978 wird das Dach der Leichenhalle erneuert. Ein eisernes Friedhofstor wird angebracht, der Friedhof eingezäunt,

Im Jahre 1992 wird der Friedhof in Ordnung gebracht, alte Gräber und das Grabfeld rechts der Friedhofshalle werden abgeräumt. Herr Klötzke und Herr Halecker setzen sich tatkräftig für die würdige Gestaltung des Friedhofes und der Friedhofkapelle ein. Verschiedene Arbeiten werden auch von vier Leuten im Rahmen von Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen ausgeführt.

Aber seit 2003 gibt es keine Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen mehr, so daß die Instandhaltung des kirchlichen Friedhofs sehr schwierig wird. Über das Schwerbehindertenprogramm werden Herr Thon und Herr Wiesemann mit je 20 Wochenstunden angestellt.

Der Friedhof macht heute einen sehr gepflegten Eindruck. Wenn man durch das Haupttor kommt, steht links eine Reihe mit Familiengräbern. Hier kann man dann die Namen bekannter Familien lesen: Bauer Schütze, Lehrer Schütze, Brauereibesitzer Schütze und Frau, Höttermann, Keitel und andere. Rechts steht ein Grab, das aus Grottensteinen gefertigt ist. Rechts vom Eingang zur Kapelle stehen noch Grabsteine. Und hinter der Kapelle ist ein Grab mit der Aufschrift: „Umbestattung 25.5.1992, Reste eines mittelalterlichen Gräberfeldes des 11./12. Jahrhunderts aus dem Flattig“.

 

Schlußwort:

Clingen hat eine ruhmreiche Vergangenheit. Aber es wird auch eine Zukunft haben. Das gilt auch für die Kirchgemeinde. Diese bestimmt nicht mehr die Gesellschaft so wie früher. Und das ist auch gut so, denn Freiheit kann es in einer Gesellschaft nur geben, wenn kein unberechtigter und unnötiger Zwang ausgeübt wird. Aber die Christen wissen von der herrlichen Freiheit der Kinder Gottes (Römer 8,20). Sie sind keinem irdischen Herrn untertan, sondern nur ihrem göttlichen Vater verpflichtet. Deshalb sind sie Salz der Erde und Licht der Welt (Matthäus 5, 13 bis 15) und tragen ihren Teil zum Gelingen des Zusammenlebens bei. Deshalb werden sie auch Zukunft haben.

 

 

 

 

 

 

 

Pfarrstelleneinkommen:

Clingen ist zunächst eine „Ritterpfarre“ (hat einen Grundbesitz wie ein Rittergut). Sie wird 1753 unter Pfarrer Leubing infolge Verpachtung von 4,5 Hufen Landes in Erbpacht zu einer „Mittelpfarre“. Fürst Heinrich ist zunächst dagegen, denn das Land bringt jetzt nur noch 153 Taler. Aber am 1. Juni 1753 wird der Pachtvertrag geschlossen: 4,5 Hufen Pfarrland werden für 112 Meißner Gulden  oder 98 Taler in Erbpacht gegeben. Die Erbpächter müssen aber versprechen, 18 Schock Deputatholz (6 Schock aus dem Groll und 12 Schock aus dem Ihlefeld) auf den Pfarrhof zu fahren. Es bleiben der Pfarrei noch  1,5 Hufen: 19 ¾ Acker im Flattig, 25 ¾ im Merkenthal, 61 im Kreuzwegsfeld, 66 im Gerichtsfeld und eine Wiese am Grollbach mit 5 Acker Größe.

Pfarrer Leubing bereut nachher den Verkauf, gibt aber als Gründe an:

1. Die Äcker sind schlecht zu düngen, weil das Vieh das ganze Jahr im Stall gefüttert wird

2. Das Gesinde ist oft untreu und man muß seine Zeit nur mit Zank zubringen

3. Die Kosten für den Knecht und das Material steigen immer mehr

4. Wenn man Stroh und Dünger kaufen muß, ist nicht sicher, ob sich das rechnet

5. Bei so vielen Ländereien muß man das ganze Jahr über zur Aufsicht auf dem Feld sein

6. Die Felder liegen zu weit auseinander, manchmal eine Stunde weit entfernt

7. Bald wird man von Nachbarn „abgepflügt“, bald bestohlen, in der Scheune wird oft nicht rein gedroschen. Man ist ständig beschäftigt, weil ein Werkzeug kaputt ist oder ein Pferd krank wird.

Pfarrer Leubing schreibt „Diese Dinge habe ich alle in Niederbösa neun Jahr und hier im ersten Jahr erfahren. So habe ich gedacht, besser in Ruhe und Stille seine Lebenszeit verbringen und weniger zum Leben als etwas mehr vor sich zu bringen und in stetiger Unruhe des Gemüts und des Leibes zu leben!“

Im Jahr 1781 läßt der Pfarrer Rudorf die Gräben um die Pfarrwiese für zwei Reichstaler neu ausheben. Der Rat weigert sich aber, die Hälfte davon zu zahlen, denn diese alte Übung gelte nur für Gebäude, nicht für Ländereien. Nach einer Beschwerde an das Konsistorium und dessen Brief an den Rat erfolgt jedoch keine Antwort. Schließlich bietet der Rat einen Vergleich an, daß er für die Ländereien bezahlen will, die nicht verpachtet, sondern vom jeweiligen Pfarrer selbst genutzt werden. Der Pfarrer weist aber auf Beispiele aus den Kirchrechnungen hin, wonach der Rat die Unkosten bei Schäden an Ländereien und Gärten auch zur Hälfte getragen hat. Wie die Sache ausgeht, ist nicht berichtet, der Pfarrer will die Fakten nur für seine Nachfolger festhalten.

Am 17. August 1796 wird den Pfarrern im fürstlichen Amt befohlen, eine Aufstellung ihrer Besoldungsstücke zu machen. In Clingen besteht das Pfarreinkommen aus Wohnhaus und sechs Nebengebäuden und 45 steuerfreie Acker Länderei, die 50 Taler Reinertrag bringen. Die Gärten sind fünf Taler wert, die Leistungen der Kirche und der Stadt sind über 148 Taler wert, das Deputatholz und die Gebühren für Amtshandlungen bringen durchschnittlich 93 Taler. Das ergibt ein Gesamteinkommen von 312 Talern.

Die Pfarrei bringt zur Zeit des Pfarrers Tölle 185 Taler, bei einer Selbstbewirtschaftung hätte man 855 Taler erlösen können. Als er 1858 die Pfarrländereien übernimmt, sind 27 Morgen verpachtet. Die Äcker sind aber nur schlecht bearbeitet und gar nicht gedüngt, weil für den Herbst die Neuverteilung erwartet wird. Im September 1858 erfolgt die Separation, also die Zusammenlegung der kleinen Grundstücke zu größeren Plänen.

Am 22. September 1858 erhalten alle Eigentümer ihre Pläne zugeteilt. Die Pfarrgrundstücke sind auf zwei Pläne aufgeteilt, und zwar neun Morgen im Oberflattich  (links vom Weg bis zum Steingraben) und etwa 37 Morgen über dem Dreital („Kutzleber Steig“ genannt). Die Kosten der Separation sind sehr hoch und mit vier Prozent zu verzinsen und in 42 Jahren abzutragen. Die Pfarrei muß etwas über 103 Reichstaler bezahlen.

 

Ablösungen.

Bis 1850 liegt ziemlich auf jedem Grundstück ein Zins, ausgenommen das „Freiland“. Der Zins ist in Geld, Frucht und verschiedenen Naturalzinsen (zum Beispiel heilige Kühe, Wachs, Hühner, Gänse, Kibitzeier und dergleichen) an  herrschaftliche Rentämter, auch an Güter, Kirche, Pfarre und Schule abzugeben.

Die Frucht- und Geldzinsen an die Pfarrei werden nach und nach (Anfang unter Pfarrer Böse) zum 18fachen Betrag abgelöst. Da das aber zum Nachteil der Pfarrei ist, wird es unter Minister von Elsner eingestellt. Die Pfarrei bezieht aber weiter noch kleinere Abgaben aus Rohnstedt, Großenehrich, Wasserthaleben, Obertopfstedt, Greußen und Ottenhausen.

Eine streitige Einnahme sind auch die „Gangbrote“, von denen die meisten Häuser zwei, einige aber auch vier oder auch nur eins zu geben hatten. Der Ursprung lag darin, daß am 22. Juni 1646 vier Acker Weinberg  am Seeberg südlich des Grollbachs mit Zustimmung des Konsistoriums der Pfarrei abgenommen und der Gemeinde gegeben wurden. Mit Hilfe des Landrats Reinhardt werden diese Gangbrote abgelöst mit einer jährliche Rente von 45 Reichstalern, die in Wertpapieren oder auf der Sparkasse angelegt wird, aber in der Inflation 1923 verlorengeht.

Im Jahre 1850 wird das wohltätige Ablösungsgesetz erlassen, nach dem die Belastung mit 10 Jochen Betrag und durch die Landrentenbank mit 34 Jochen Betrag abgelöst werden konnte. Durch schleunigen Antrag („Provokation“) der einzelnen Mitglieder der Gemeinde als auch des damaligen Stadtrates Herrn Henning Koch sind innerhalb einiger Jahre sämtliche Zinsen abgelöst. An die Fürstliche Landrentenbank werden 1865 jährlich inklusiv der Schloßrente 800 Taler Rente bezahlt. Das Ablösungsgesetz wird aber nach kurzer Zeit wieder aufgehoben, weshalb in den Nachbarortschaften noch bedeutende Kirch- und Pfarrzinsen zu zahlen sind, jedoch in Clingen von einem Zins nicht mehr die Rede sein kann.

 

 

Grundbuchauszug:

Plan Haus Nummer 9

Kirche                                                    5,18 a

Friedhof                                              21,30 a

Plan Haus Nummer 10                     10,73 a

Am Kutzleber Steige                           5,96 a

Auf dem Schleifwege                     250,00 a

Am Kutzleber Steige                           5,82 a

Am Kutzleber Steige                           0,72 a

Am Steingraben (Friedhof)              72,88 a

Plan Haus Nummer 8                       10,61 a

                                                            31,81 a

Pfarrei:

Im Oberflattig                                    220,07 a          Es ist aber nur schwer ersichtlich,

Im Oberflattig                                      11,00 a          ob all diese Grundstücke noch der

Am Kutzleber Steige                          39,549 a          Kirche gehören

 

Schule:

 

Kantoren und Knabenschullehrer:

Der Pfarrer war der Vorgesetzte des Kantors und des Organisten. Er hatte die Aufsicht über die Schule und hielt bis 1815 jährlich einmal ein Examen ab, seit 1816 zweimal zu Weihnachten und Johannisfest (24. Juni). Durch die seit 1912 angebahnte Trennung von Kirche und Schule fiel diese Lokalschulaufsicht weg.

Die beiden ersten namentlich bekannten Schullehrer und Kantoren heißen Seitz und sind Vater und Sohn. Sie haben das Ziel, Pfarrer zu werden, werden aber - wie damals vielfach üblich - zunächst als Lehrer eingesetzt. Bis 1562 ist Paul Seitz der Ältere Schulmeister oder Rektor in Clingen. Im Jahre 1562 wird er in das Amt des Diakons (Zweiter Pfarrer) in Greußen berufen.

Sein Sohn heißt auch Paulus Seitz. Er ist ein Jahr in der Schule zu Clingen Rektor und wird am 31. Oktober 1599 zum Diakon in Greußen berufen. Nachdem er auf Befehl der Herr­schaft zu Sondershausen ordiniert ist, holt man ihn aus der Schule zu Clingen ab. Den Sonntag darauf aber, am 4. November, wird er von dem letzten Dekan zu Sondershausen Johann Götze und dem Clingener Rentmeister Nikolaus Wangenmann eingesetzt und be­stätigt.

Von Nikolaus Bulla, dem Kirchen- und Schuldiener in Clingen, gibt es ein Schreiben vom 6. Januar 1626. Seine Frau stirbt bereits am 11. Juni 1608. Vielleicht war er aber auch Mädchenlehrer.

Von zwei Bewerbern in den Jahren 1640 und 1641 erhält Johann Trötschell die Stelle. Aber er hilft dem Pfarrer nicht bei  seinen Amtsgeschäften, wie er versprochen hat. Auch sind ihm die Einkünfte zu gering für seine Ansprüche. Nach einem Jahr geht er wieder.

Am 6. Januar 1641 meldet sich Christophorus Thebald (oder Ephalt), Lehrer in Westgreußen. Er lebt aber mit dem Rat und der Gemeinde in steter Uneinigkeit und klagt beim Konsistorium, daß man ihm die Besoldung nicht zahle, seine Wohnung kein Dach habe und daß ihm die Abgaben von Grundstücken nicht gezahlt würden (es ist Dreißigjähriger Krieg). Umgedreht beklagten sich am 21. November 1650 Bürgermeister und Rat über Lebenswandel und Nachlässigkeit des Kantors, die Kinder lernten so wenig, daß bald niemand mehr in Clingen die Verordnungen der Obrigkeit vorlesen oder seinen Namen schreiben könne. Der Lehrer aber entgegnet, das läge an den schlechten Raumverhältnissen, da er in seiner Wohnstube unterrichtet und die fünf Schüler auf dem Boden sitzen müssen. Er meldet sich 1653 nach Wasserthaleben.

Ab 28. September 1652 ist Martinus Christophorus Müller neuer Lehrer, der sich aber mit Pfarrer Theuerkauff nicht so gut versteht (beide werfen sich gegenseitig vor, der andere nähme an Gelagen teil und bleibe bis spät in die Nacht). Er wird 1668 Konrektor in Sondershausen. Im Jahre 1680 wird der Lehrer Folger erwähnt.

In einem Schreiben vom 16. Februar 1684 klagt der Lehrer Johann Andreas Helmbold, daß er wegen Baufälligkeit des Schulhauses die Schule in anderen Häusern halten müsse. Er klagt später von Günstedt aus seine ihm vorenthaltenen, verdienten Einkünfte ein.

Dann wird Johann Christophorus Schröter Kantor und Lehrer. Die Gemeinde ist aber nicht damit einverstanden, weil er beim Probesingen zwei andere dabei hatte und man nicht entscheiden konnte, ob er oder jene am besten gesungen haben. Er wird noch einmal vor der Hofkapelle in Sondershausen geprüft und für tüchtig befunden. Er wird aber oft beschimpft und abends mit Schimpf- und Scheltworten verfolgt.

 

Am Schulhaus, dessen Zustand er nicht traurig genug schildern kann, wird auch nichts gemacht: Jahrelang kein Tor am Hof, Wind und Schnee kommen in seine Schlafkammer usw. Weil seine Gesundheit untergraben ist, bittet er schon 1684 wieder um seine Entlassung.

Vom 16. Oktober 1688 an amtiert Johann Caspar Gimmerthal, ein Student  der Philosophie, als Kantor. Er ist wahrscheinlich längere Zeit in Clingen. Die Schule wird wahrscheinlich auch erneuert, denn über das Schulhaus wird nicht mehr geklagt.

 

Seit 9. Juli 1722 ist Kantor Johann Christoph Rönnick (oder Rönick). Sein Sohn Johann Jacob Rönnick wird ihm beigegeben. Am 12. Februar 1726 unterzeichnen beide einen Vertrag, daß sie sich die Besoldung teilen werden. Am 17. Oktober 1729 stirbt Vater Rönick. Die Gemeinde bittet darum, daß der beigegebene Sohn das Amt erhält, denn er hat schon über 14 Jahre das Lehramt mit allem Fleiß versehen.

Leider hat das Konsistorium aber bereits den Kantor Henricus Anton Gimmerthal aus Groß-Bodungen berufen. Doch der Rat und die Bürger sind dagegen, weil Gimmerthal kein Studierter ist. Er verstehe sich nicht auf die Musik, habe bei der Probe kein Klavier oder Violine gespielt und nicht einmal gewußt habe, in welche Tonart das Stück stehe, das er vorgetragen hat. Doch am 24.Janaur 1730 wird ihnen geantwortet, daß Gimmerthal zum Kantor eingeführt werde.

Kantor Gimmerthal hatte dann auch am Anfang viele Schwierigkeiten. Eine ganze Reihe von Bürgern weigerte sich, dem Kantor den Zins ins Haus zu bringen, der auf ihren Grundstücken liegt. Es wurden 92 Unterschriften gesammelt. Wer nicht unterschreibt, dem wird gedroht. Dem Barbier Ziegler sagt man zum Beispiel, wenn er nicht unterschriebe, werde sich niemand mehr barbieren lassen. Am 19. März 1733 werden die Vierleute von Clingen (so etwas wie der Magistrat) vor das Konsistorium in Sondershausen geladen. Es wird ihnen erklärt, daß es sich bei den Zinsen um eine Bringeschuld handelt. Wer seinen Verpflichtungen nicht nachkomme, dem drohten Vollzugsmaßnahmen. Später bessert sich das Verhältnis der Gemeinde zum Kantor wohl, denn die Gemeinde bittet darum, ihr den Sohn des Kantors Gimmerthal zum Kantor zu geben, „da dieser in den Fußtapfen seines Vaters wandele“.

Der Kantor stirbt an Osterheiligabend, dem 2. April 1768, nachdem er das Lehramt 38 Jahre innegehabt hat. Es folgt ihm sein Sohn Wilhelm Immanuel Gimmerthal, der zweieinhalb Jahre in Jena Theologie studiert hatte. Seine Probe als Kantor legte er „mit Applaus“ ab. Später wird er zum Pfarrer in Jena berufen. Von 1768 bis 1772 lassen sich die Kantoren nicht feststellen.

Laut Verordnung vom 25. April 1766 muß den Eltern mitgeteilt werden, daß sie kein Kind die Schule sollen versäumen lassen. Wenn Kinder dennoch die Schule versäumen, sollen sie dem Konsistorium zur gehörigen Bestrafung angezeigt werden. Danach halten die Eltern die Kinder nicht mehr ohne Grund oder vorgeschobenen Grund fern.

 

Im Jahre 1772 erhält August Philipp Ritze, der Sohn des Leinewebermeisters Christoph Ritze aus Clingen, die Kantorenstelle. Er amtiert bis 23. November 1813. In seiner Zeit plündern die Russen die Pfarrei und die Knabenschule und die Häuser bis zum Markt. Sie rauben alle Türen dieser Häuser und verbrennen sie. Ritze stellt sich den angreifenden Russen erfolgreich zur Gegenwehr und soll dabei mehrere Russen erschlagen haben. Sein Geld hatte er im Garten vergraben, aber dabei ist er wahrscheinlich beobachtet worden, denn es wird ihm von Deutschen gestohlen. Er ist aber nicht nur ein starker und tapferer Mann, sondern auch sehr fromm und sparsam. Er ist musikalisch hoch begabt, die meisten jungen Männer in Clingen können in dieser Zeit ein Instrument spielen und sogar Konzerte geben.

Auf ihn folgt sein Sohn Theodor Christian August Ritze, geboren am 2. August 1787, der schon seit 1811 seinem Vater beigegeben war. Er ist ein in den Klassikern der Griechen und Römer bewanderter Mann, in der Verwaltung seines Amtes pünktlich und gewissenhaft, im Leben sehr ernst, nie verheiratet und sehr wohlhabend. Eine besondere Freude hat er am Veredeln junger Obstbäumchen in seinem Garten. Im Jahre 1846 wird er in den Ruhestand versetzt, 1857 muß er sich einer schweren Bruchoperation unterziehen und stirbt daran am 25. Mai 1857. Er hinterläßt ein bedeutendes Vermögen.

 

Ihm folgt Johann Carl Mahnhardt, der in Westgreußen geboren wird und in Greußen die Schule besucht. Im Jahre 1837 wird er dem Mädchenschullehrer Heider beigegeben. Im Jahre 1846 wird ihm das Kantorat übertragen. Während seiner letzten Amtsjahre wird eine neue Schule gebaut.

Ab 1. Juli 1876 wird er von dem Schulamtskandidaten August Schuder aus Oberspier vertreten, muß aber vom 1. Oktober bis 12. November in Erfurt seiner Militärpflicht nachkommen. Er tritt am 1. Oktober 1876 in den Ruhestand und stirbt 1877 und wird an Palmarum beerdigt.

Da Lehrer Schuder die Disziplin unter den verwilderten Jungen nicht aufrecht erhalten konnte, kommt an seine Stelle der Schulamtskandidat Carl Kunze, geboren am 8. September 1857 in Großenehrich. Er ist ein vortrefflicher Lehrer, der die Knabenschule wieder auf einen zeitgemäßen Bildungsstand bringt. Am 1. April 1902 feiert Kantor Kunze sein 25jähriges Amtsjubiläum, im Jahre 1927 sein 50jähriges Jubiläum. Am 1. April 1923 tritt er in den Ruhestand, leistet aber weiterhin der Kirche als Kantor und Organist treue Dienste. Er wird Ehrenbürger der Stadt, die Landeskirche zeichnet ihn zum 50jährigen Jubiläum aus. Er dient der Gemeinde 55 Jahre mit ganzen Kräften und reichen Gaben. Zu diesem Jubiläum wird ihm eine Federzeichnung von Kantorat und Kirche überreicht.

Als vierte Lehrkraft kommt Frau Alma Kirchner aus Sondershausen nach Clingen. Am 1. Oktober 1904 erhält Lehrer Carl Lutze einen Ruf nach Keula. An seine Stelle rückt ab 1. Oktober 1904 der Schulamtskandidat Emil Keitel, bleibt aber nur bis 1907.

Nach dem Ausscheiden der Lehrerin Kirchner am 1. April 1905 tritt Schulamtskandidat Karl Teschner aus Osterwieck am Harz an ihre Stelle. Er wird am 19. April 1883 in Magdeburg geboren und am 1. Oktober 1907 in Clingen fest angestellt. Nach dem Ausscheiden des Kantors Dörre erhält er am 1. April 1909 die Hälfte des Organistendienstes. Im Jahre 1923 wird er Schulleiter und am 14. Dezember 1928 erhält er die Dienstbezeichnung „Oberlehrer“. Im Jahr 1929 gründet er einen Kirchenchor, der auch die neu eingeführte Silvesterfeier mit ausgestaltet. Am 1. April 1930 feiert er sein 25jähriges Lehrerjubiläum.

Lehrer Gonnermann ist von 1907 bis 1908 an der Schule. In den Jahren 1915 bis 1919 versehen nur die Lehrer Karl Kunze und Teschner den Schuldienst. Dazu gibt es von 1909 bis 1931 verschiedene Schulamtskandidaten.

Ab 1. April 1919 erhält Rudolf Kunze die dritte Lehrerstelle. Er ist geboren am 27. Februar 1890 in Bebra bei Sondershausen. Er ist Lehrer in Geschwenda, Schlotheim und Santa Catharina (Brasilien). Bei der Rückkehr wird er im März 1915 von den Engländern auf einem holländischen Schiff gefangengenommen und zunächst zur Goldküste und dann nach England gebracht. Nach dem Krieg erhält er Vertretungen in Niederbösa, Holzthaleben und Rockensußra. Seit 1. April 1919 ist er Lehrer in Clingen. Am 1. April 1933 scheidet er nach 56 Jahren aus dem Organistendienst und zieht nach Sondershausen.

 

Der Schulamtskandidat Erich Schmidt, geboren am 6. Oktober 1895 in Siegritz bei Themar, kommt am 5. Juni 1919 auf die wieder errichtete vierte Lehrerstelle, am 1. April 1920 wird er fest angestellt. Im Ersten Weltkrieg wird er dreimal verwundet. Er ist ein fleißiger Lehrer, der gerecht über die Schüler urteilt.

Berthold Uthleb, geboren am 14. April 1901 in Immenrode, kommt am 1. Januar 1925 als Schulamtskandidat an die Schule. In den Jahren 1926-27 übersteht er eine schwere Darmoperation, im Jahre 1930 wird die gleiche Darmstörung ohne Operation geheilt. Im Januar 1929 besteht der Lehramtskandidat Berthold Uthleb sein zweites Examen, seit 1929 ist er auch verheiratet.

 

Lehrer aus Clingen:

Amandus Benjamin Christoph Gimmerthal, Sohn des Kantors Heinrich Anton Gimmerthal, der von 1757 bis 1770 Kantor und Lehrer an der Mädchenschule in Greußen ist, Johann Georg Wedel, geboren in Clingen als Sohn des Leinwebermeisters Christoph Anton Wedel, vom 6. Februar 1774 bis 20. Oktober 1775 Lehrer in Greußen. Er ist dort der erste (männliche) Mädchenlehrer mit richtiger Vorbildung als Lehrer.

Johannes Georg Christoph Elliger, geboren am 20. Mai 1802 als Sohn des Johann Friedemann Elliger aus Clingen, ist seit 1828 Mädchenlehrer in Greußen.

 

Organisten und Mädchenschullehrer:

Die Knabenschullehrer sind die Kantoren und die Mädchenschullehrer die Organisten gewesen. Sie haben wahrscheinlich seit 1555 Knaben und Mädchen zugleich unterrichtet und erst hundert Jahre später werden die Schulen nach Knaben und „Mägdlein“ eingeteilt. Als älteste Lehrer werden genannt: Andreas Möckert 1657, Johann Zacharias Rohbock 1658 bis 1662, Heinrich Sieffardt 1662, Mädchen-Schulmeister David Knobloch 1689 und Justus Förster 1692.

Die Eltern schicken die Kinder aber nicht vor dem 9. bis 10. Lebensjahr in die Schule, und wenn sie das 11. Jahr erreicht haben, sollen sie gleich zum Abendmahl gehen, um als Arbeitskräfte wieder zur Verfügung zu stehen. Am 21. Februar 1698 zeigt Pfarrer Bachrodt dem Konsistorium an, daß die „Mädchenschulmeisterin“, die Frau des Organisten Förster, wegen Krankheit den Schuldienst aufkündigt. Pfarrer Bachrodt klagt auch, daß sich fast niemand aus der Gemeinde zum sehr schlecht bezahlten Schuldienst finden würde.

Schließlich wird Hans Jakob Ernst vom Rat und den Vierleuten geprüft und für geeignet befunden. Er ist auch mit der Bezahlung von drei guten Groschen pro Schülerin und Quartal zufrieden. Das Konsistorium stellt ihn und seine Frau an, verlangt aber, daß ihm auch die übliche Metze Korn zugestanden wird. Im Jahre 1704 gehen 24 Kinder in die Schule. Bald aber klagt der Rat, daß sich Hans Jakob Ernst „fast gar nicht um die Schule bekümmert“, sondern als Tagelöhner arbeitet. Die Schülerinnen müssen auch in der Schule zum Beispiel Erbsen und Linsen reinigen, Besorgungen machen, die Kinder der Schulmeisterin beaufsichtigen. Die Besoldung sei aber höher, als vom Lehrer angegeben. Die Schulmeisterin stirbt im Jahre 1721.

Der Organist Justus Förster bittet nach 40jähriger Dienstzeit, ihm seinen Sohn Gustav Samuel Förster beizugeben und zum Mädchenschulmeister zu ernennen. Er besucht die Schulen  in Clingen, Greußen und Quedlinburg. Er wird auch am 28. August 1725 angestellt. Im Jahre 1733 gibt es wieder Schwierigkeiten, weil die Eltern der Schulkinder nicht zahlen. Förster stirbt am 2. Juli 1738. Sein Vater möchte nun die Stelle wieder selber übernehmen, seine Tochter soll ihm dabei helfen.

 

Der Rat und die Vierleute protestieren aber dagegen, weil Bürgermeister Ludwig den alten Mann nur dazu überredet habe und in Wirklichkeit einer Witwe zu der Stelle verhelfen wolle, die er bei sich aufgenommen hat. Justus Förster stirbt am 3. Juni 1741.

Ihm folgt Nicolaus Ludwig König, geboren am 10. März 1717 in Jecha. Seit Anfang August 1738 ist er Mädchenschullehrer in Clingen. Er hat aber unter Bürgermeister Ludwig viel zu leiden, weil er die für den Mädchenschullehrer angekaufte Schulwohnung verläßt und sie vermietet. Diese Wohnung ist an sich eine „Kelter“ gewesen (also ein Nebengebäude zur Scheune). Dort fehlt die Decke der Schlafkammer, so daß Schnee und Regen durch die Ziegel direkt in die Kammer kommen. Er darf dorthin kein Licht mitnehmen, weil die Kammer Verbindung mit der Scheune hat. Deshalb verlegt er die Mädchenschule in sein eigenes Haus, das für den Kuhhirten gebaut worden war (am Ende von Clingen nach Westgreußen zu). Schließlich wird ihm vom Konsistorium gestattet, in seiner auch für die Kinder gesünderen Wohnung Schule zu halten. Für die eigentliche Lehrerwohnung zahlt er fünf Silbergroschen. Doch der Bürgermeister versagt dem Lehrer fast jedes Jahr sein Einkommen aus dem Ratskeller und zieht im zuletzt alles Besoldungsholz ab. König stirbt am 13. April 1751.

Sein Nachfolger ist Johann Wilhelm Leidecker aus Sondershausen. Er wird am 18. Mai 1751 zum Schulmeister und Organisten bestellt, stirbt aber schon am 19. September 1753.

Am 21. Sonntag nach Trinitatis 1753 und am darauffolgenden Montag legt Johann Christoph Schwartz (Schwarz) aus Jecha seine Probe ab und wird Schulmeister. Er stirbt am 1. Januar 1791.

Sein Schwiegersohn Ludwig Heider wird im Februar 1791 Lehrer und Organist, weil die Witwe Schwartz angeboten hat, die Schule könne in ihrer Wohnung bleiben, wenn ihr Schwiegersohn die Stelle erhält.

Im Jahre 1826 wird ihm Christian August Schmidt aus Clingen als Helfer beigegeben. „Er soll aber in dieser Zeit fast ganz und gar kein Gehalt bezogen haben“. Deshalb legt er 1837 sein Amt nieder und bekleidet bis 1848 das Amt eines Stadtrichters. Unter den Revolutionswirren hat er sehr zu leiden, so daß er von da an Landwirtschaft betreibt und später zu den Wohlhabenden der Stadt gehört. Er stirbt am 7. April 1860.

Vermutlich versieht der Knabenschullehrer Johann Carl Mahnhardt eine Zeitlang auch die Mädchenschule. Am 1. November 1846 wird Wilhelm Karl Dörre angestellt. Er ist am 27. Juni 1826 in Sondershausen geboren. Er hält Unterricht in einem von der Stadt gekauften Haus, das aber zu Schulzwecken sehr ungeeignet gewesen sein soll. Der Eingang nach der Wohnstube führt durch die Schule. Der Schulraum ist dumpfig und feucht. Deshalb kauft der Stadtrat nach dem Tod der Frau des Pfarrers Gröger ein großes und geräumiges Haus und richtet eine helle und große Schulstube her. Es muß aber bald einer grundlegenden Reparatur für 3.000 Mark unterzogen werden.

Am 1. November 1896 feiert „Kantor und Mädchenschulmeister“ Dörre sein 50jähriges Dienstjubiläum. Der Männergesangverein bringt dazu am Vorabend ein Ständchen. Am Sonntag hält Pfarrer Groneberg eine Ansprache. Die Orgel ist festlich geschmückt. Nach dem Gottesdienst gratulieren Gemeinderat und Kirchen- und Schulvorstand. Der Fürstliche Superintendent überreicht ihm das Schwarzburger Ehrenkreuz. Am 1. April 1899 geht er in den Ruhestand, bleibt aber in Clingen in seinem selbst gebauten Haus wohnen. Am 26. Dezember 1913 feiert er die Eiserne Hochzeit und stirbt am 23. Januar 1914 in Erfurt an den Folgen einer Bruchoperation. Seine Töchter sind nachher noch als Handarbeitslehrerinnen an der Schule tätig.

Von 1905 an werden die Kinder nicht mehr nach Jungen und Mädchen unterrichtet, sondern nach Jahrgängen getrennt. Jetzt kommen oft nur Lehramtskandidaten. Längere Zeit bleibt nur Lehrer Albert Kleemann, geboren am 10. März 1869 in Westerengel, und Lehrer in Keula, von 1899 bis 1909. Er stirbt 1913 in Arnstadt.

Am 1. April 1930 feiert Oberlehrer Carl Teschner sind 25jähriges Lehrerjubiläum und sein 21jähriges Organistenjubiläum. Er hat eine gute Baßstimme und hat sich als Leiter des 1929 gegründeten Kirchenchors verdient gemacht.

 

Schulgebäude:

Der Standort der Knabenschule ist bekannt: Es ist das Kantoratsgebäude am Plan-Platz neben der Kirche. Im März 1863 wird die alte Knabenschule mit den niedrigen und engen Schulstuben auf Abbruch verkauft und an seiner Stelle ein neues stattliches Haus gebaut. Am 28. Oktober 1863 wird es von Pfarrer Tölle eingeweiht. Anwesend sind dabei Bürgermeister Wedel, A. Voigt als Mitglied des Ortsschulvorstandes, die Stadtverordneten Johannes Bier, Wilhelm Sennewald, Karl Schmücking, Sattlermeister Christian Ludwig, Friedrich Pötsch, Theodor Rebling, der Knabenschullehrer Mahnhardt und der Mädchenlehrer Dörre. Die Kosten beliefen sich auf 2.000 Taler. Bis zum Sommer 1931 wird das Kantorat wieder hergestellt. Im Jahr 1980 wird im Kantorat das Dach neu gedeckt und neue Fenster eingebaut. Im Jahr 1996 wird das Kantorat verkauft, das Geld wird für Bauarbeiten an der Kirche verwendet.

Unbekannt ist jedoch der Standort der Mädchenschule: Im Jahre 1857 wird die frühere Mädchenschule an den Fleischermeister Robert Leopold verkauft und das Gröger’sche Wohnhaus zur Mädchenschule gekauft (Mehrausgabe 530 Taler). Es soll in der Hauptstraße gewesen sein. Pfarrer Zorn gibt in seiner Chronik an, das Eckhaus Brunnenstraße 2 (das ehemalige Weimannsche Haus) soll einmal eine Schule gewesen sein. Aber dort hätte sich keine neue Schule errichten lassen, denn das Haus hat keinen Garten.

Im Juni 1896 wird nämlich beschlossen, im Garten der Mädchenschule einen Schulsaal mit zwei Klassen zu bauen, mit der Möglichkeit, auf vier Klassen zu erweitern. Zu dieser Angabe paßt eher das Haus Hauptstraße 15 mit seinem großen Garten, das auch wie eine kleine Schule aussieht.

Die neue Schule am Plan: Seit 1877 dringt die Regierung auf die Anstellung eines dritten Lehrers. Dazu muß aber eine größere Schule gebaut werden. Der Kreisarzt verwirft aber den Platz bei der Mädchenschule. So wird das durch den Brand am 5. April 1897 frei gewordene Grundstück des früheren Bürgermeisters Schmidt neben der Knabenschule für 5.400 Mark erworben. Doch die Bauzeichnung des Fürstlichen Baurats findet nicht den Beifall des Kirchen- und Schulvorstandes. Deshalb macht man den Vertrag wieder rückgängig, weil das Grundstück zu klein ist. Daraufhin wird der sogenannte Bienenhügel als Platz für den Schulbau gewählt. Dazu versagt allerdings die Fürstliche Kirchen- und Schulinspektion die Genehmigung.

Jetzt erbittet man erst einmal vom Ministerium einen Zuschuß. Der Landtag bewilligt auch 12.000 Mark. Inzwischen ist die Anstellung eines dritten Lehrers erfolgt: Am 1. Mai 1897 wird der  Schulamtskandidat Eberhardt aus Wilmersdorf zur Unterstützung des bejahrten Schulmeisters Dörre vorläufig als dritter Lehrer angestellt. Die dritte Schulklasse wird inzwischen im Haus des Bürgermeisters Röse (Kirchstraße 109) und eine Zeitlang auch im Gartenhaus an der Helbe unterrichtet. Die Knabenschule bekommt erst einmal teure, aber praktische neue Bänke aus der Werkstatt des Tischlermeisters Jander in Erfurt.

 

Schließlich wird auf Anraten des Kantors Karl Kunze das Grundstück Carl Weimanns auf dem Plan für 5.400 Mark gekauft. Man hält damals den Platz für sehr geeignet, weil Kirche und Schule nahe sind. Aber nun wird wieder der zweite Bauplan des Baurats vom Kirchen- und Schulvorstand abgelehnt. Erst eine weitere Zeichnung des Baukommissars Most aus Sondershausen findet Beifall. Die Bauarbeiten beginnen dann bald darauf.

Bei der Grundsteinlegung macht Pfarrer Groneberg die ersten drei Hammerschläge und fügt dem Grundstein an der nordöstlichen Ecke eine von Kantor Kunze gefertigte Urkunde ein. Am 1. Oktober 1900 wird der fertige Schulbau feierlich eingeweiht: Die Schulkinder - die Mädchen in weißen Kleidern - ziehen unter Glockengeläut mit den Behördenvertretern, dem Kirchenvorstand und dem Gemeinderat von der alten Schule in die neue. Der Ortspfarrer hält die Weiherede. Dann zieht man unter den Klängen eines Marsches durch den mit Fichten geschmückten Ort zum Rathaus, wo ein fröhliches Festmahl stattfindet. Die neue Schule wird mit allen vier Schulsälen in volle Benutzung genommen. Die bisherigen Schulräume in der alten Knabenschule und in der Mädchenschule werden den Lehrern zur Benutzung zur Verfügung gestellt. Im Schulhof steht heute vorne eine Kastanie, hinten eine Linde. Die Schule am Plan (auch „Planschule“ genannt, weil dort nach dem Jena-Plan unterrichtet wurde) ist heute geschlossen, die Kinder werden nach Greußen in die Schule gefahren.

 

Seit 1927 wird über die Trennung von Kirche und Schule in Sachen Grundeigentum verhandelt. Zu jeder Schulstelle gehörte neben der Wohnung auch allerhand Land. Pfarrer Bachrodt schreibt 1694, er habe von Joachim Jakob Theurkauff 50 Reichstaler erhalten, von denen er das Kantoratland gekauft hat. Dieses muß nun zwischen Kirche und Stadt aufgeteilt werden.

Der vom Landeskirchenrat in Eisenach gesandte Dr. Brauer hat jedoch keinen Erfolg. So nimmt Pfarrer Zorn Anfang 1930 die Verhandlungen wieder auf. Es wird dann folgende Teilung vorgenommen: Die Gemeinde erhält das neue Schulgebäude am Plan, das bisher auf die Kirche eingetragen war, und einige Morgen Land. Die Kirche erhält das Kantoratsgebäude mit Garten an der Kirche sowie 10 Morgen Land (2,5 Hektar) am Schleifwege (nach Kutzleben zu). Pfarrer Zorn wünscht, daß das Grundeigentum „stets ein unveräußerliches Gut bleiben“ möge. In Krieg und Inflation ist immer wieder das Kapitalvermögen verlorengegangen, während am Vermögen kein Schaden entstand.

 

Vereine:

Gesangverein: Dieser Verein geht aus dem „Adjuvantenchor“ hervor. Dieser war ein Verein von Männern. Er trug geistliche Lieder bei kirchlichen Festen und bei feierlichen Gelegenheiten vor. Man kann vermuten, daß dieser Adjuvantenchor um 1600 bei Einrichtung des sogenannten „Singechors“ in der Kirche gegründet wurde. Im Jahre 1673 wird ein neuer Singechor gebaut, vermutlich ist der alte Chorraum für die zunehmende Zahl der Adjuvanten nicht mehr genügend groß gewesen. Geleitet wurde der Chor vom Organisten. Im Jahr 1692 empfiehlt Pfarrer Bachrodt, den Adjuvanten Hans Jakob Ernst zum Schullehrer zu machen. Als 1860 der neue Friedhof eingeweiht wird, singt der Adjuvantenchor. Er besteht wohl bis etwa 1870.

Aus dem Adjuvantenchor geht schon im Jahre 1853 der Gesangverein zu Clingen hervor.  Seit 1854 ist er im Besitz einer Fahne. Als er im Jahre 1903 sein 50jähriges Bestehen feiert, wird die alte Fahne im Festgottesdienst in die Kirche gebracht und dort zur Aufbewahrung aufgehängt. Pfarrer Zorn läßt sie nach der Kirchenerneuerung 1929 im Singechorraum aufhängen, um zugleich damit die geschichtliche Verbundenheit mit diesem Platz zum Ausdruck zu bringen.

Die im Jahre 1903 angeschaffte und geweihte Fahne hängt heute noch im Sängerraum des „Männergesangverein Clingen 1853 e.V.“.  Der Männergesangverein ist aber auch im Besitz einer neuen Fahne, die am 6. April 2001 geweiht wird. 

Im Juni 1896 begeht der Verein den 25. Jahrestag seines Bestehens unter Beteiligung des Gemeindevorstands, der Kirchen - und Schulvorstandes und sämtlicher Vereine mit Umzug, Festrede auf dem Markt durch Pfarrer Groneberg und Nachfeier mit Konzert im Gartenhaus.

Im Festzug 1926 wird ein Festwagen mitgeführt, auf dem in Grottenstein der Loreleyfelsen dargestellt ist. Der Stein aus dem Umzug wird dann am südlichen Ausgang der Stadt auf dem Berg gegenüber dem Gartenhaus  aufgestellt.

Am 2. September 1928 feiert der Männergesangverein sein 75jähriges Bestehen durch die Weihe eines Denkmals und unter Beteiligung auswärtiger Vereine vom Hainleite-Sänger­bund. Pfarrer Zorn hält den Festgottesdienst, am Kriegerdenkmal wird ein Kranz niedergelegt und dann das Ehrenmal  eingeweiht. Im Gesellschaftsgarten finden dann noch ein Konzert und abends ein Ball auf beiden Sälen statt.

Die Dirigenten sind Kantoren, Organisten und Lehrer: Kantor Mahnhardt, Kantor Karl Kunze, dann die Herren Ortloff und Räuber, dann wieder Kantor Karl Kunze, dann die Lehrer Lutze, Keitel, Karl Teschner (1906 bis 1927), Erich Schmidt und wieder Karl Teschner (ab 1931).

Der Verein hat 1932 immerhin 96 Mitglieder, davon 58 aktive Mitglieder. Er pflegt das deutsche Liedgut und kirchliche Gesänge.

 

Gewerbeverein (Talerverein): Dieser Verein wird anläßlich der Einweihung des neuen Ratskellers im Jahre 1856 gegründet. Er feiert jedes Jahr die Ratskellerkirmes, deren Termin 1894 als Kirchweihfest übernommen wird. Jährlich wird auch ein Silvesterball abgehalten, der mit dem Glockenschlag 12 und dem Choral „Nun danket alle Gott“ auf dem Marktplatz endet.

 

Freiwillige Feuerwehr:  Sie wurde gegründet am 14. August 1860. 

 

Maurerverein: Dieser Verein wird im Jahr 1863 gegründet, um Kollegen aus dem Bauhandwerk zur Pflege der Geselligkeit zusammenzuschließen. Er feiert zwei Feste im Jahr, am Tag nach Pfingsten und am 1. Advent. Pfingsten macht man einen Umzug durch die Straßen, der am Gartenhaus endet, wo ein Konzert stattfindet, abends tanzt man im Ratskeller. Beim Tod eines Mitglieds wird es von acht Mitgliedern des Vereins zu Grab getragen. Die Fahne aus blauem Tuch trägt die Inschrift „Maurer-Gewerk zu Clingen 1863“, auf der Rückseite befinden sich die von zwei Lorbeerzweige umgebenen Zeichen des Maurerhandwerks: Zirkel, Winkel, Zollstab, Kelle, Hammer, Setzwaage und Lot.

 

Kriegerverein: Dieser Verein wird nach dem Krieg 1870/1871 im Jahre 1874 gegründet. Die Fahne wird 1876 geweiht. Gründer des Vereins sind  unter anderen Landwirt Albert Müller (von 1874 bis 1890 der Vorsitzende) und Adolf Tögler und Wilhelm Stockhausen. Der Verein umfaßt anfangs die Veteranen von 1864, 1866 und 1870/71, später alle militärisch gedienten Leute. Vorsitzender ist seit 1900 der Landwirt Arno Schütze. In Clingen finden 1893, 1909 und 1924 Landeskriegerfeste statt.

Der Verein regt auch die Errichtung eines Kriegerdenkmals für die von 1914 bis 1918 gefallenen Krieger an. Auf dem alten Kirchhof wird 1921 zwischen Kirche und Pfarrhaus aus heimatlichem Tuffstein ein Krieger-Ehrenmal errichtet und am 18. September eingeweiht. Der Schöpfer ist der Grottenbauer Kirmes in Greußen. Seit 1926 findet am Sonntag Reminiszere an diesem Denkmal eine Krieger-Gedächtnisfeier statt.

 

Männerwehrverein: Dieser Verein wird 1871 gegründet zum Empfang der aus Frankreich heimkehrenden Krieger, besteht aber 1932 nicht mehr.

 

Burschenverein Eintracht: Er gründet sich am 26. August 1899.

 

Bürgerverein: Er wird 1900 gegründet und treibt Gemeindepolitik.

 

Radfahrverein „Pfeil“: Er wird am 14.August 1909 gegründet, am 5. Juli 1914 erfolgt die Bannerweihe.

 

Turnverein „Eintracht“:  Er wird am 27. Januar 1910 gegründet und geht aus dem am 26. August 1899 gegründeten „Burschenverein“ hervor.

 

Spar- und Darlehenskassenverein Clingen (GmbH): Er wird am 17. Februar 1913 gegründet. Die ersten Vorsitzenden sind  die Landwirte Arno Häring, Richard Kohlmann und Wilhelm Dörrr.

 

Junglandbund Clingen“: Er wird am 29. Mai 1924 durch Domäneninspektor Kämmerer von 30 jungen Landwirten im Gartenhaus gegründet. Am 19. Oktober findet nach dem Gottesdienst die Fahnenweihe durch Pfarrer Groneveld statt, nachmittags ist ein Fest, abends ist eine Theateraufführung im Ratskeller.

 

Frauenverein: Er wird im Sommer 1924 gegründet und beschafft Stärkungsmittel für Kranke und Weihnachtsgaben an Familien in wirtschaftlicher Not. Die Frauenvereinsabende finden im Winter allmonatlich statt, im Sommer nach Bedarf.

 

Stahlhelm-Ortsgruppe: Sie wird am 1. Januar 1929 von ehemaligen Frontsoldaten gegründet und zählt 34 Mitglieder und 28 junge Männer. Der Stahlhelm pflegt „deutsche Gesinnung“ und kameradschaftlichen Geist ohne politische Betätigung (das wird später anders).

 

Natur- und Heimatschutzverein: Er wird am 10. Dezember 1929 im Ratskeller gegründet. Er will die Heimatgeschichte Clingens erforschen und durch Beratung bei baulichen Veränderungen das Alte erhalten helfen. Ferner will er die Vögel der Heimat schützen, Pflanzen und Tiere bewahren und „naturhafte Denkmäler“ schützen. Er  wird von 29 Mitgliedern gegründet und von Pfarrer Zorn geleitet, Hegemeister ist der Landwirt Gotthold Schwendel. Im Jahre 1932 hat der Verein 60 Mitglieder. Auf dem alten und neuen Friedhof werden 1883 Bäume gepflanzt, und auch auf dem Schulhof im November 1931 eine Linde (die erste vom Haupteingang aus). Der Verein macht Ende Mai oder Anfang Juni einen Morgenspaziergang, zu dem man um zwei Uhr am Gartenhaus losmarschiert.

Kirchenchor: Dieser Verein ist der eigentliche Nachfolger des Adjuvantenchors. Er wird am 3. Dezember 1929 gegründet unter Leitung von Oberlehrer Karl Teschner. Er hat 39 aktive Mitglieder und singt mehrstimmige Lieder im gemischten Chor zu den Feiertagen und zur Mitternachtsfeier.

 

 

Rotes Kreuz: Der freiwilligen Sanitätskolonne vom Roten Kreuz in Greußen gehören einige Mitglieder aus Clingen an. Pfarrer Zorn hat seit 1930 den Vorsitz. Im Frühjahr 1932 werden 60 Schulkinder mehr als zwei Monate lang unentgeltlich mittags gespeist. Ein Ausschuß für Winternothilfe verteilt im Winter 1931/32 Naturalien an Familien in wirtschaftlicher Not, die der Stahlhelm gesammelt hat.

 

 

Hinweis:

 

Eine  CD im Word-Format, auf der die Bilder in guter Qualität wiedergegeben werden, ist erhältlich beim Ev.- Luth. Pfarramt Greußen, Herrenstraße 6, Telefon 03636 / 703360.  Dort gibt es auch das entsprechende Buch zu kaufen.

Gedacht ist sie vor allem für Nutzer …..

1. die einen Audsruck machen möchten

2. die einzelne Textstellen kopieren möchten

3. deren Internet nicht schnell genug ist

4. die kein Internet haben.

Eine digitale Kopie der Chronik von Pfarrer Zorn kann über das Pfarramt bezogen werden

Die Datei darf vervielfältigt werden.

Die beigefügten Bilder sind von Viola König, Peter Georgi, Oda Genschmar  und Walter Lenz sowie aus dem Pfarrarchiv. Die Zuordnung im Einzelnen kann erfragt werden.

 

 

 

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