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Geschichte der Kirchengemeinde
Vorreformatorische Zeit
Die Kirchengemeinde ist so alt wie der Ort Hochstadt, der erstmals im Jahr 846 urkundlich erwähnt wird, aber nach Meinung des Architekten Franz Brück schon im Jahre 790 gegründet sein könnte.Unter „Kirchengebäude“ ist das beschrieben.
So ganz am Rande hat Hochstadt auch mit dem Mönch Winfried aus Schottland zu tun, der Bonifatius, der Apostel der Deutschen, genannt wird. Er ist der Organisator der deutschen Kirche und bindet sie fest an Rom. Bei seinen Reisen nach dem von ihm gegründeten Kloster Fulda benutzt er die „Hohe Straße“, die auf der Höhe der Großen Lohe verläuft. Auf dieser Straße wird auch 754 sein Leichnam von Mainz nach Fulda gebracht, wo er im Dom beigesetzt ist.
Das Bistum Mainz war für die Kirche in Hochstadt zuständig. Es war der sogeannnte „Kirchenpatron“ (dazu siehe weiter unten), hatte aber seine Rechte und Aufgaben an die Herren von Carben übertragen. Der älteste bekannte Vertreter dieses Adelsgeschlechts in Hochstadt ist Ruprecht von Carben, Pastor zu Hochstadt. Nach einer Urkunde vom 20. August 1336 im Frankfurter Stadtarchiv stimmt Ruprecht von Carben der Einverleibung der Pfarrei von Praunheim in das Frankfurter Leonhardstift zu und verspricht, die Besiegelung durch das Mainzer Domkapitel zu erwirken. Auch 1352 wird ein Herr von Carben als Pleban bezeichnet (siehe auch Urkundenbuch von Reimer II, Nr. 473 aus 1336 und III, Nr. 49 + 52 aus 1352).
Da er aber als „Pastor“ und „Pleban“ bezeichnet wird, kann er an sich nicht Altarist am Laurentius-Altar gewesen sein (Franz Brück nimmt an, daß der Hauptaltar nur vom Grafen von Hanau besetzt werden konnte und der Laurentius-Altar von den Herren von Carben gestiftet wurde, so daß sie dafür das Präsentationsrecht hatten und ihr Familienmitglied für ihren Laurentius-Altar präsentiert haben).
Im Staatsarchiv in Marburg liegt eine Reihe von Akten seit dem Jahre 1487 vor, die mit den Altären in der Kirche zu Hochstadt zu tun haben (Bestand 80. Geheimer Rat II). Zunächst könnte es so aussehen, als seien Stiftungen für die Renovierung und Ausmalung der Kirche im Jahre 1490 gegeben worden. Es ist aber eindeutig die Rede von Verkäufen. Verkauft wird eine bestimmte Summe „Gült“. Eine Gült ist an sich eine Steuer oder Abgabe, die man bezahlen muß. Aber offenbar kann man das Recht auf eine Abgabe auch von dem bisherigen Nutznießer kaufen. Die Einnahmen von bestimmten Gütern wurden also gegen eine Ablösesumme den Privatleuten abgekauft. Das Geld dafür wird die Kirche aus den Erträgen der bisherigen Einnahmen gehabt haben. Auch wenn in der ersten Zeit der Pfarrer als Käufer genannt wird, so kommen die Verkäufe nicht dem Pfarrer persönlich zugute, sondern der Kirche und später den einzelnen Altären.
Aus den Urkunden geht auch hervor, daß Pfarrer Heinrich Genseler mindestens seit 1487 Pfarrer in Hochstadt ist. In seiner Zeit ist die Kirche ausgemalt worden. Das geht aus einer anderen Urkunde im Staatsarchiv Marburg hervor, die Folgendes berichtet:
Am 14. August 1489 urteilt Wolff von Bicken, Generalvikar des Erzbischofs Berthold von Mainz, in Sachen der Mainzer erzbischöflichen Finanzverwaltung gegen das (Nonnen-) Kloster zum Throne (südlich von Wehrheim im Taunus). Er verpflichtet den Pfarrer Heinrich Genseler, Ritter Emmerich von Carben, dessen Neffen, die Edelknechte Hermann und Carl von Carben und alle Zehntherren, den Chor der Pfarrkirche herzustellen (!). Zeugen sind zwei Mainzer Prokuratoren, beurkundet wird die Anordnung durch den Notar Eberhard aus Königsberg.
Der volle Name des Pfarrers ist „Genseler von Hellferich“. Hierbei könnte es sich um einen Ortsnamen handeln, aber ein solcher Name ist nicht bekannt. Dagegen ist „Genseler“ der Name eines Ortes in den Niederlanden. „Helfferich“ ist auch heute noch ein Familienname, der in Süddeutschland, im Ruhrgebiet, in der Pfalz und in der Gegend von Bad Camberg vorkommt.
Auch eine Verwandte des Pfarrers wird erwähnt: Schon am 8. April 1493 verkaufen zwei Hochstädter Familien Einnahmen im Wert von einem Gulden an Margaretha Genseler, Tochter des Gerhart Genseler, und ihren Vormund Heinrich. Sie ist seine Nichte des Pfarrers und ist Nonne im Kloster Himmelsrund in Hochheim bei Worms. Ihr Besitz in Hochstadt mit Einnahmen von immerhin 100 Gulden geht am 13. Juli 1500 an die Kirche.
Heinrich Genseler war offenbar sehr geschickt im Anwerben von Verkäufen zugunsten der Kirche. Im Jahr 1491 bringt er bei 15 Ankäufen Einnahmen von über 8 Gulden an die Kirche.
In den Jahren 1487 bis 1491 werden Abgaben im Wert von über 16 Gulden gekauft. Die Verkäufer kommen aus Hochstadt, aber auch aus Bischofsheim und Dörnigheim, später auch aus Groschlag, Bischofsheim, Dörnigheim, Wachenbuchen, Mittelbuchen und Roßdorf.
Ob das Geld allerdings für Bau-Aufgaben an der Kirche verwendet wurde, ist fraglich (das mußten ja die Patrone leisten). Eher wird es dazu genutzt worden sein, das Einkommen des Pfarrers und später der „Frühmesner“ an den Altären zu vermehren.
Heinrich Genseler stirbt im Jahre 1500. Als Testamentsvollstrecker werden Johann Wilman, Prior des Predigerordens zu Frankfurt, und Peter Heyderich, Vikar der Bartholomäuskirche zu Frankfurt, eingesetzt. Sie nehmen noch weitere sechs Spenden für die Kirche ein, darunter die 100 Gulden von der Nichte.
Im Jahre 1490 wird Peter Emmel als „Pleban“ zu Hochstadt erwähnt. Er war der „Leutpriester“ (im Gegensatz zum Kanoniker, der ein Ordenspriester war), der die eigentliche Arbeit vor Ort macht. Der eigentliche Pfarrstelleninhaber ist Heinrich Genseler, so wie der im gleichen Atemzug in der Urkunde erwähnte „Philipp von, Pastor“ der dortige Pfarrstelleninhaber ist. Genseler ist ja vor allem Kanonikus von St. Leonhard in Frankfurt und wird die meiste Zeit dort gewesen sein (Emmel war Stellvertreter des Stelleninhabers mit der Dienstbezeichnung „Pleban“)
Am 17. August 1490 kommt es zu einem Zusammentreffen von Graf Philipp von Hanau, Pastor Heinrich Genseler und die Gemeinde zu Hochstadt. Sie versammeln sich „unter dem Spielhaus“, also in der offenen Halle unter dem Haus, das später als Rathaus bezeichnet wird. Sie stiften vor dem Notar Georg Meyer eine Frühmesse, „wegen der zunehmenden Menschenzahl zum Besten der vielen Arbeiter“ Dazu bestellen sie Adam Gilberti aus Ostheim zum Geistlichen, der die Frühmesse zu versehen hat („Primisser“). Adam Gilberti dürfte dürfte die gleiche Person sein wie der um 1500 erwähnte Adam Filbert“.
Im Jahre 1493 wird der Nikolaus-Altar gestiftet. Am 13. März 1493 beauftragt der Offizial des Propstes (richterlicher Beamter eines Bischofs oder Stiftsprälaten) den Pleban zu Hochstadt Peter Emmel, die Präsentation des Adam Gilberti bekannt zu machen, also der Gemeinde vorzustellen. Am 21. April befiehlt er, denselben in den Besitz des Nikolaus-Altars einzuführen. Am 9. Mai präsentiert Graf Philipp von Hanau dem Propst der Mariengredenkirche zu Mainz den Priester Adam Gilberti von Ostheim für den neu gestifteten Nikolaus-Altar zu Hochstadt.
Danach wurde Gilberti zwar schon 1490 zum Frühmessner berufen, hat aber seinen Gottesdienst in der Frühe am Hauptaltar vor dem Gottesdienst von Peter Emmel gehalten. Als aber 1493 der Nikolausaltar gestiftet wird, da wird Adam Gilberti diesem Altar zugeteilt und auch seine Frühmesse dem Nikolaus-Altar zugeteilt. Daraufhin wird 1496 eine zweite die Frühmesse am Maria-Magdalena-Altar gestiftet (vergleiche Urkunde vom am 2. April 1502). Zu seiner Einführung kommt aber nicht der Pfarrstelleninhaber, sondern das macht der Pleban. Wenn der Graf von Hanau den Priester für den neu gestifteten Altar dem Bistum Mainz präsentiert, dann war er wohl auch der Stifter dieses Altars.
Im Jahre 1496 stiftet Heinrich Genseler von Helfferich ein Stipendium für eine zweite Frühmesse auf dem dortigen Maria-Magdalenen-Altar, damit dort ein Vikar tätig werden kann (der Maria-Magdalena-Altar bestand damals also schon,wahrscheinlich seit 1490). Am 9. November 1496 überträgt er die Frühmesse an Johann Pistorus aus Hochstadt, Sohn des Hermann Becker. Dafür überträgt dieser am 1. Dezember 1496 vor dem Notar Johann Brune aus Frankfurt diesem Altar sein Haus und seine Güter. Am 4. Februar 1497 wird das vor dem Notar Christian Steube aus Windecken bestätigt: Heinrich Genseler, Pastor zu Hochstadt und Kanonicus von St. Leonhard in Frankfurt, überträgt dem Kleriker Johann Pistoris zu Hochstadt den Maria-Magdalenen-Altar in der Kirche zu Hochstadt. Gemeint ist aber wohl nur die zweite Frühmesse an diesem Altar, an dem aber weiterhin Peter Emmel der zuständiger Priester ist, Johann Pistor ist sein Vertreter(„Vikar“).
Eine ganz wichtige Urkunde ist auf den 12. Oktober 1497 datiert. Danach überträgt auf Bitten des Hochstädter Pastors Heinrich Genseler der Mainzer Generalvikar Erhard Einnahmen vom Laurencius-Altar in der dortigen Sakristei auf den Heilig-Kreuz-Altar in der Kirche. In der Sakristei war also ein Laurentius-Altar, der 1493 ersetzt wurde durch einen Nikolaus-Altar. Der Maria-Magdalena-Altar war der Hauptaltar und der Graf hatte das Präsentationsrecht einschließlich der Frühmesse, der Heilig-Kreuz-Altar wurde erst 1499 von Heinrich Genseler gestiftet. Oder anders gesagt: Erst als die Einnahmen vom Laurentius-Altar übertragen waren, konnte Genseler den Baud es Heilig-Kreuz-Altar in Auftrag geben
Genauso wichtig ist eine Urkunde von 1499. Am 29. Oktober stiftet Heinrich Genseler von Helfferich, Pastor der Kilianskirche (!) zu Hochstadt, vor dem Notar Conrad Lautfondt aus Münzenberg ein ewiges Stipendium von drei auf dem Altar Maria Magdalena zu lesenden Messen, das er mit Häusern, Einkünften und Grundstücken zu Hochstadt, Dörnigheim, Mittelbuchen und anderen dotiert. Die Ausstattung mit drei Stipendien zeigt, daß dieser Altar wohl der bedeutendste war. Es sieht auch so aus, als sei er von Heinrich Genseler gestiftet worden. Hier wird auf einmal die Kirche als „Kilianskirche“ bezeichnet, aber eher beiläufig.
Das hat aber nichts zu tun mit einem möglichen Anspruch des Bistum Würzburg auf die Kirche in Hochstadt, denn es handelt sich ja um eine Urkunde von Mainz.
Am 4. Dezember 1499 präsentiert Heinrich Genseler dem Propst von Mariagreden zu Mainz für den von ihm gestifteten Heilg-Kreuz-Altar den Nicolaus Gyse von Hochstadt. Schon am 9. Dezember setzt der Offizial des Propstes Nicolaus Gyse von Hochstadt für den Kreuz-Altar ein („investiert“).
Am 30. Januar1500 macht der Propst die Bitte des Johannes Pistoris in Hochstadt um Einsetzung in das von dem verstorbenen Heinrich Genseler gestiftete Stipendium des Altars Maria Magdalena bekannt und am 7. Februar setzt er ihn in den Besitz des Stipendiums.
Graf Reinhard zu Hanau präsentiert am 2. April 1502 dem Propste von Mariengreden zu Mainz für die durch den Tod des Adam Filbert von Issigheim (er muß der Nachfolger von Adam Gilberti gewesen sein) erledigte Frühmesse zu Hochstadt den Conrad Grefe. Am 5. April befiehlt der Offizial des Propstes von Mariengreden die Verkündigung der Präsentation des Konrad Grefe. Am 31. August erklärt er die Übertragung des Nikolaus-Altars an Konrad Grefe, nach dem der von Laurentius Huftersheim, Pfarrer zu Hochstadt (er muß der Nachfolger von Genseler sein), präsentierte Johann Poß von Pabenhusen zurückgetreten ist. Am 21. September 1502 wird Conrad Greffe als Altarist am Nikolaus-Altar genannt. Ein Altarist ist entweder der Inhaber einer auf einen bestimmten Altar gestifteten Pfründe oder ein Helfer des Pfarrers beim Gottesdienst und in der Gemeinde (= Küster).
Wegen der Nachfolge für Johann Pistor gab es Streit, weil umstritten war, wer den Nachfolger bestimmen darf. Im Jahre 1510 hatten die Herren von Carben mit Genehmigung von Mainz ihre Patronatsrechte an die Georgskirche in Friedberg abgetreten. Die „Collatoren von Friedberg“ übten dieses Recht offenbar bis 1729 aus, denn so lange kommen sie immer wieder in den Kirchernrechnungen vor.
Die Geistlichen der Burg zu Friedberg präsentierten deshalb am 26. April 1514 den Kleriker Wolfgang Haber gegenüber dem Propst von Mariagreden in Mainz für den durch den Tod des Johan Pistoris erledigten Altar Maria Magdalena (Frühmesse, „Stipendium“). Am 10. Mai verkündet der Offizial des Propstes zu Maria Greden die Präsentierung des Wolfgang Haber. Eine Abschrift in Papier geht am 14. Mai mit einer Publikationsbemerkung an den Pastor Johannes Emmel in Hochstadt.
Doch schon am 2. Mai präsentiert Graf Johann von Nassau dem Propst von Mariengreden für diese Stelle den Johann Zimmermann aus Steinau (Johann von Nassau war damals Vormund für den unmündigen Hanauer Grafen). Die Sache wurde erst drei Jahre später entschieden. Am 27. April 1517 erklärt der Offizial des Propstes von Mariengreden, daß für das Stipendium des Altars Maria Magdalena das Präsentationsrecht den Grafen zu Hanau zustehe. Gegen diese am 14. August 1516 gefällte Entscheidung habe Wolfgang. Haber zwar an den Propst appelliert, aber die Termine verstreichen lassen, so daß jener Spruch nunmehr Rechtskraft erlangt habe. Demnach hat Johann Zimmermann die Stelle erhalten.
Das Patronatsrecht der Herren von Carben umfaßte demnach nicht das Präsentationsrecht für die Frühmesse am Maria-Magdalena-Altar, das offenbar auch dem Grafen von Hanau zustand. Dies wiederum legt nahe, daß die Herren von Carben aber das Präsentationsrecht für den Laurentius-Altar hatten.
Im Jahre 1487 verkauft Cuntz Trappe dem Pastor Heinrich Genseler von Helfferich 1⅓
Gulden Gült zu Hochstadt. Siegler ist Philipp von Rumpenheim, Pastor zu Rumpenheim. Die Urkunde ist vom 14. August 1489 mit dem Zeichen des Notars Eberhardi aus Königsberg.
„Gült“ ist ein jährliches festes Einkommen aus einem Grundstück, also eine Pacht, die in Geld oder Naturalien zu zshlen war.
Der schon 1490 erwähnte Peter Emmel wird auch noch 1517 erwähnt (dem Jahr des Thesenanschlags!) und stirbt 1522. Der Offizial des Propstes von Mariagreden befiehlt am 27. Februar 1522, bekannt zu machen, daß der Erzpriester und Pfarrer zu Friedberg Heinrich Pauli - jetzt will Friedberg doch wieder mitreden - nach dem Tode des Peter Emmel den Nicolaus Kystener von Gelnhausen für eine Vikarie in der Pfarrkirche zu Hochstadt präsentiert habe.
Als Vikar wäre er nur einstweilig mit der Stelle betraut gewesen. Ob er die Stelle wirklich erhalten hat, ist nicht sicher.
Eher hat Konrad Grefe (Conrad Greff) die Stelle erhalten und der Graf von Hanau sich durchgesetzt. Grefe verkauft nämlich am 3. August 1523 dem Magdalenenaltar einen halben Gulden Gült. Er hat Einnahmen in Höhe einer halben Gült an den Magdalenen-Altar verkauft, den er selber haben wollte. Geschah das vielleicht mit der Absicht, vom Altarist und Frühmessner am Nikolaus-Altar zum Pleban am Maria-Magdalena-Altar aufzurücken? Jedenfalls ist er 1523 nicht mehr am Nikolaus-Altar, denn dieser wird an Jost Berger vergeben
Der Priester Jost Berger von Windecken bestätigt am 10. Februar 1523 dem Grafen Philipp von Hanau-Münzenberg, daß ihm der Nikolaus-Altar zu Hochstadt verliehen wurde. Ab 17. September 1525 ist der Priester Konrad Roßbach dann sein Nachfolger.
Die Frühmesse am Maria-Magdalena-Altar wird im Juni 1531 an den Priester Reinhard Reyn von Hanau verliehen.
Nach Konrad Grefe kam Wolfgang Jäkel (Wolf Jaekel), der erste evangelische Pfarrer.
Die Priester und Altaristen in Hochstadt:
Jahr |
Pfarrstelleninhaber |
Pleban am Maria-Magdalena-Altar |
Frühmessner am Maria-Magdalena- Altar |
Nikolaus-Altar, 1493 gestiftet vom Grafen |
Heilig-Kreuz-Altar, 1497 gestiftet von Heinrich Genseler |
1336/1352 |
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Ruprecht von Carben |
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1487/1490 |
Heinrich Genseler |
Peter Emmel |
1. Frühmesse: Adam Gilberti |
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1493 |
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Adam Gilberti |
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1496 |
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2.Frühmesse: Johann Pistor |
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1499 |
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Nikolaus Gyse |
1500 |
Genseler gestorben |
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Johann Pistor, weiteres Stipendium 1514 |
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1501 |
Laurentius Huftersheim |
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„Adam Filbert“, gestorben 1502 |
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1502 |
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Konrad Grefe |
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1514/1517 |
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Johann Zimmermann |
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1522 |
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Peter Emmel gestorben |
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1523 |
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Konrad Grefe |
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Jost Berger |
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1525 |
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Konrad Roßbach |
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1531 |
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Reinhard Reyn |
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1539 |
Rudolf Forstmeister |
Wolf Jaekel |
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1542 |
Eitel von Carben |
Wolf Jaekel |
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Die Einnahmen für die Altäre:
Jahr |
Betrag |
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Nikolaus-Altar |
Maria- M.- Altar |
Kreuz-Altar |
Kirche |
1491 |
8 Gulden, 7 Schilling, 3 Heller (15 Käufe) |
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1493 |
1 Gulden |
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1494: |
6 Schilling |
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1495 |
½ Gulden |
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1497 |
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1 Gulden |
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1 Gulden |
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1498 |
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½ Gulden |
1499 |
½ Gulden |
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1500 |
|
|
1 Gulden |
|
1500 |
|
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|
4 ½ Gulden (5 Käufe) |
1500 |
|
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100 Gulden |
1502 |
|
½ Gulden |
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1505 |
|
|
6 Schilling |
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1510 |
|
½ Gulden |
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1511 |
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1/2 Gulden |
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1514 |
|
1 Gulden |
|
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1514 |
1 Gulden 11 Heller |
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1516 |
|
½ Gulden |
|
|
1517 |
½ Gulden |
|
1 Gulden (2 Käufe) |
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1520 |
½ Gulden |
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1523 |
½ Gulden |
½ Gulden |
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|
1526 |
1 Gulden (2 Käufe) |
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1527 |
|
1 Gulden |
|
1 Gulden |
1528 |
½ Gulden |
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1529 |
|
|
|
½ Gulden |
1534 |
½ Gulden |
|
|
1 Gulden |
1536 |
½ Gulden |
½ Gulden |
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1547 |
|
1 Gulden |
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1550 |
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|
1 Gulden |
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1551 |
|
1 Gulden |
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18 Schilling |
1554 |
|
1 Gulden |
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1567 |
|
12 Schilling |
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1568 |
|
|
1 Gulden |
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1573 |
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|
½ Gulden |
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1579 |
2 Gulden 18 Schilling |
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Im Hanauer Findbuch 11 für die Urkunden im Staatsarchiv Marburg, Seite 213, steht für das Jahr 1502: „………..um der Frühmesse zu Hoenstadt“ mit einem Siegel Johann Ruprechts von Büdingen.
Patronat
Nach Kleinfeldt - Weirich (Seite 39) hatte die Kirche folgende Patrone: Ende des 12. Jahrhunderts gab Graf Poppo I. vonWertheim die Einkünfte aus dem Hochstädter Pfarrhof und sein Recht zur Pfarrereinsetzung an deie Herren von Eppstein weiter. Wahrscheinlich einer der beiden Erzbischöfe, die aus dem Haus Eppstein stammten (1200 / 1249) gab das Patronat dann weiter an das Mainzer Liebfrauenstift („Maria Greden“) östlich des Doms. Die Stiftsherren haben es aber die Einkünfte bald weiter verliehen (sogenanntes „Afterlehen“) an die Herren von Carben, so daß diese noch vor dem 14. Jahrhundert berechtigt waren.
Schon 1336 war ein Herr von Carben Pastor in Hochstadt, ebenso 1352 (was nicht heißen muß, daß sie dort auch Pfarrdienst getan haben). Im Jahre 1510 wurde die Kirche der Burgpfarrei Friedberg zugeordnet, doch wurde dieses Verhältnis in der Reformationszeit gelöst. Im Jahre 1543 haben die von Carben das Patronat als stolberg-königsteinsches Lehen. Im Jahre 1587 haben die Carbener die Kirche als Lehen von Mainz, doch wird das Lehen hier als stolbergisches Lehen bezeichnet.
Hochstadt war schon vor der Reformation ein Pfarrort und gehört zum Erzbistum („Diözese“) Mainz. Genauer gesagt gehörte es zum Archidiakonat „Unser Lieben Frau ad Gradus“, auch „Mariagredenstift“ genannt. Dieses war dann eingeteilt in Dekanate (Landkapitel, Ruralkapitel) und bildete im Hanauer Land das Landkapitel Buchen, das später zum Erzpriesterstuhl Roßdorf wurde. Dazu gehörten in vorreformatorischer Zeit Bischofsheim, Hochstadt, Groschlag, Dörnigheim, Kesselstadt und Roßdorf
Das Mariagredenstift hatte aber seine Rechte im 14. Jahrhundert übertragen an die Herren von Carben, die damit zu Patronen der Kirche wurden. Sie waren nicht Namenspatron, sondern waren verantwortlich für die kirchlichen Gebäude und hatten auch das Recht, den Pfarrer einzusetzen. Das Patronat war nicht nur ein Ehrentitel, sondern es war mit erheblichen Einnahmen aus verschiedenen Grundstücken verbunden
Mindestens einmal im Jahr sollten sie am Gottesdienst teilnehmen. Das war gewöhnlich zur Zeit der Weinlese, weil sie da sowieso im Ort sein mußten. Die Patronatsherren erhielten ein Drittel des Zehnten (die anderen Drittel erhalten die Herrschaft und der Pfarrer). Dafür mußten sie den Chor der Kirche innen und außen sowie das Pfarrgebäude mit allen Nebengebäuden baulich unterhalten.
KIRCHENPATRONE:
In vorreformatorischer Zeit hatte in der Regel jede Kirche einen Patron, einen Heiligen oder eine Heilige, dem oder der die Kirche geweiht war. Daraus leiten sich Namen wie „Marienkirche“ oder „Johanneskirche“ ab. Diesen Patron sollte man als „Schutzpatron“ bezeichnen im Gegensatz zu den Kirchenpatronen, die zum Unterhalt der Kirche verpflichtet waren. Der Kirchenpatron der Kirche in Hochstadt war an sich das Erzbistum Mainz, genauer gesagt das Mariagredenstift in Mainz („Maria ad gradus“). Dieses hatte jedoch das Patronatsrecht - sicherlich gegen eine Geldzahlung - als Lehen an verschiedene Adlige weiter gegeben.
Nach Kleinfeldt - Weirich (Seite 39) hatte die Kirche folgende Patrone: Im 13. Jahrhundert die von Wertheim, die es zu Lehen gegeben haben an die von Eppstein. Wohl schon im 14. Jahrhundert wurde das Patronat als „Afterlehen“ gegeben an die von Carben. Schon 1336 war ein Herr von Carben Pastor in Hochstadt, ebenso 1352 (was nicht heißen muß, daß sie dort auch Pfarrdienst getan haben). Im Jahre 1510 wurde die Kirche der Burgpfarrei Friedberg zugeordnet, doch wurde dieses Verhältnis in der Reformationszeit gelöst. Im Jahre 1543 haben die von Carben das Patronat als stolberg-königsteinsches Lehen. Im Jahre 1587 haben die Carbener die Kirche als Lehen von Mainz, doch wird das Lehen hier als stolbergisches Lehen bezeichnet. Mit dem Aussterben der Herren von Carben im Jahr 1729 kam das Patronat wieder an Mainz.
Über die Herren von Carben hat Wilhelm Mankel 1946 eine Abhandlung geschrieben, in der er sich vior allem auf die Kirchenrechnngen bezieht. Danach hatte das Bistum Mainz hatte in Hochstadt ein Lehngut von 61 Morgen, das mit dem Patronatsrecht verbunden war. Die Hochstädter Gemarkung war einschließlich Wald und einschließlich Groschlag 2900 Morgen groß. Davon waren Gemeindeeigentum 720 Morgen (Arnd, Seite 423). Selber in Besitz hatten die Herren von Carben 7 Morgen Weingarten. Der größte Teil des Guts war aber an Hochstädter Einwohner verpachtet. Weil die Herren von Carben selber Einnahmen aus dem Lehnsgut hatten und auch Pacht von den anderenGrundstücken erhielten, waren sie verplichtet, den Chorraum der Kirche und das Pfarrhaus baulich instandzuhalten.
Gelegentlich wird auch gesagt, die Herren von Carben hätten die ganze Kirche „in Dach und Fach“ zu unterhalten. Aber das muß man kritisch sehen, denn in späterer Zeit ist meist nur die Rede davon, daß sie den Chor der Kirche und das Pfarrhaus zu unterhalten hatten. Die Erhaltung des Kirchenschiffs war aber eher Aufgabe der Grafen oder später der bürgerlichen Gemeinde.
Es versteht sich von selber, daß die Patrone die Einnahmen immer gern in Anspruch nahmen, bei den Leistungen aber sehr zögernd waren. Als der Pfarrer Filber 1677 neu in die Gemeinde kommt, möchte er gleich bauliche Veränderungen an der Kirche und am Pfarrhaus vornehmen. Deshalb sollen die Herren von Carben unterrichtet werden, damit sie die Reparatur vornehmen lassen.
Diese zögern jedoch und nehmen die angeblich fehlenden Einnahmen aus Hochstadt zum Vorwand. Das Konsistorium führt eine Untersuchung durch und befragt den Schultheiß, die Geschworenen und Ältesten und richtet am 17. Februar 1679 ein Schreiben an die Regierung in Hanau und deren Kanzler:
Die Herren von Carben erheben Anspruch auf alle möglichen Arten von Zehntzahlungen, von denen man in Hochstadt nichts weiß (halber Weinzehnte, „Acht-Wein“, 26 Morgen Weingarten. „Geleuchtzehnte“ für die Wachslichter in der Kirche, Fruchtzehnte). Die Hochstädter weisen auch den Vorwurf zurück, bei der Ernte werde betrogen: Mit der Erhebung des Zehnten hat man es so gemacht, daß alle Zehnter zusammen an jedem Tag den Zehnten abgeteilt haben und das Amt Büchertal dann den Herren von Carben ihren Anteil gegeben hat. Die Träger werden sofort für jede Bütte extra bezahlt, auch wenn man zugeben muß, daß es da schon Mißbrauch gegeben hat.
Es wird nicht jeder Weinberg für sich verzehntet, sondern alle Weingärten eines Eigentümers zusammen. Daß viele Weingärten in Ackerland umgewandelt wurden, liegt daran, daß es nach dem Dreißigjährigen Krieg an Menschen fehlte und viele Weinberge wüst liegenblieben. Die Regierung in Hanau hat dann veranlaßt, daß hundert Morgen wieder urbar gemacht wurden, aber davon erhalten die Herren von Carben auch den Fruchtzehnten.
Man versichert den Herren von Carben, sie würden Amtshilfe erhalten gegen jeden, der ihnen den Zehnten schuldig ist. Nur müssen sie erst nachweisen, wer diese Personen sind. Sie können ja ihr Ackerbuch oder sonst ein Dokument vorlegen, um zu beweisen, wo ihre angeblichen Äcker liegen.
Umgedreht machen ihnen die Hochstädter den Vorwurf, daß sie den Zehnten und die anderen Abgaben ohne jede Einbuße die ganze Zeit über genossen haben, aber 40 Jahre lang nichts für den Erhalt des Pfarrhauses getan haben. Ihnen ist bestimmt nicht viel verloren gegangen, wohl aber dem Pfarrer. Den haben sie mit einem geringen Hauszins abgespeist (also nur den angeblichen Mietwert der Wohnung bezahlt). Aber der Pfarrer kann zur Schande der Gemeinde nicht im baufälligen Pfarrhaus wohnen und erhält aber auch nicht genug Geld, um sich eine Wohnung mieten zu können. Die Gemeinde bittet deshalb darum, daß die Herren von Carben so lange keinen Zehnten mehr erhalten, bis sie das Pfarrhaus in einen guten Zustand gebracht haben.
Im Jahre 1681 versprechen die Herren von Carben dann der Hanauer Regierung, noch vor der Ernte die Scheune und den Stall des Pfarrgehöfts instand zu setzen. Weil sie aber dazu keine Anstalten machen, wird am 6. März 1681 beschlossen, zwei Vertreter des Kirchenvorstands zur Regierung zu schicken. Zunächst geht der Pfarrer mit dem Kirchenältesten Nikolaus Emmel zur Kanzlei, am nächsten Tag noch einmal Nikolaus Emmel und mit dem Bürgermeister (nicht der Schultheiß!) Barthel Schäfer. Es wird ihnen aber gesagt, sie sollten von sich aus nichts unternehmen, wenn sie nicht etwas Schriftliches von den Junkern in Händen hätten, damit man nicht Gefahr läuft, daß die Junker in Zukunft ihren Verpflichtungen überhaupt nicht mehr nachkommen. Im Staatsarchiv Marburg gibt es ein umfangreiches Aktenstück von Beschwerden der Herren von Carben gegen die Kirchengemeinde (Zehnt) in den Jahren 1697 bis 1714
Im Jahre 1702 kommt es erneut zu Verhandlungen: Am 18. September kommen nachmittags um zwei Uhr auf dem Rathaus in Hochstadt die beiden Seiten zu einer Konferenz zusammen, bei der die Räte aus Hanau an der oberen Seite des länglichen Tisches sitzen und die Vertreter der Herren von Carben an der unteren Seite. Die Beschwerden werden nacheinander vorgelesen und jeder sagt seine Meinung dazu.
Die Hanauer können einen Vertrag von 1540 vorlegen, in dem das Kloster Thron (bei Wehrheim imTaunus)und der Pfarrer in Hochstadt in Übereinstimmung mit der denen von Carben für 1000 Gulden ein Viertel des Zehntweins in Hochstadt an die Herrschaft in Hanau verkauft. Wenn davon noch der Achtwein abgezogen würde, dann erhielten sie ja nicht das vereinbarte Viertel. Alte Leute sagen aus, der „Achtwein“ sei nur ein Fäßchen Wein gewesen, das beim Abschluß der Weinlese von den Herren von Carben und ihren Leute vertrunken worden ist.
Es mag zwar so gewesen sein, daß den Herren von Carben einmal zwei Drittel des Fruchtzehnten zustand. Aber sie hätten ein Drittel getauscht gegen ein Viertel vom Weinzehnten. Die Herrschaft hat schon immer ein Sechstel des Fruchtzehnten gehabt und ein weiteres Sechstel von Hans Gebauer gekauft. Ein weiteres Drittel haben Privatleute.
Die Hochstädter versichern auch, daß man Mißbräuche abgestellt habe: Witwen und Waisen dürfen nicht schon vorab Trauben lesen. Auch der Geleuchtzehnte darf nicht vorher gelesen werden. Es dürfen nicht ganze Schürzen und Körbe mit Trauben heimgetragen werden. Die Zehntschreiber und die Büttenträger werden zwar allein von Hanau gestellt. Aber den Zehntschreibern steht es frei, die erste, zweite oder dritte Bütte zum Verzehnten zu nehmen, es kann kein Betrug vorkommen.
Am 5. Juni 1715 schreibt der Pfarrer an das Konsistorium: Die Stühle im Chor der Kirche sind schadhaft und müßten durch die Herren von Carben repariert werden. Diese lehnen jedoch ab, weil sie nur zum Unterhalt des Chorraums verpflichtet sind, aber nicht für die Stühle zuständig sind. Eine Reparatur der Stühle hätten sie in ihren Rechnungen nicht finden können.
Im Presbyterialprokoll von 1715 wird jedoch festgehalten, daß ein alter Mann namens Johannes Burger ausgesagt habe, die Herren von Carben hätten früher die Bänke bezahlt. Auch hätten sie damals einen geschlossenen Kirchenstuhl für sich machen lassen, den sie benutzen, wenn sie zur Weinlese nach Hochstadt kommen. Aber es wurde ihnen nicht gestattet, daß der Stuhl immer frei bleiben müsse: Nur wenn sie wirklich anwesend wären, sollten diejenigen weichen, die ihn sonst benutzen.
Am 27. Mai 1716 schreiben der Pfarrer und die Ältesten erneut: Die Kirche muß unbedingt repariert werden. Der Weißbinder ist für 85 Gulden schon bestellt. Auch Bänke („Stühle“) müssen repariert werden. Weil aber größere Reparaturen genehmigt werden müssen, bittet man das Konsistorium um diese Genehmigung. Das Konsistorium empfiehlt 27. Mai 1716 den Hanauer Weißbinder Bachmann (?). Die Ölfarbe müßten allerdings die Gemeindeglieder unabhängig von der Kirchenbaukasse bezahlen. Auch soll erkundet werden, was die Herren von Carben zur Reparatur des Chors zahlen wollen.
Auch am 21. Februar 1722 werden die Herren von Carben aufgefordert, den Chor der Kirche reparieren zu lassen, weil das Gewölbe bereits einen Schaden erlitten hat. Auch muß unbedingt das Pfarrhaus repariert werden, für das auch die Herren von Carben zuständig sind. Die Herren von Carben haben aber immer anerkannt, daß sie den Chor der Kirche zu unterhalten haben, weil sie ja das entsprechende Lehen in Hochstadt nutzen. Vielleicht hatte sie nur den Chor zu unterhalten, weil die Verpflichtung sich ursprünglich auf eine kleinere Kapelle bezog. Aber für die Bänke seien sie nicht zuständig, sagen sie. Noch in späteren Jahren wird aber darauf verwiesen, daß die Herren von Carben bei der Renovierung im Jahre 1716 zehn Gulden zur Reparatur der Kirche gegeben haben, indem sie die Kosten für zehn Sitzplätze übernommen haben. Das hätten sie wohl nicht getan, wenn sie gar nichts damit zu tun gehabt hätten.
Aber erst am 12. März 1725 wollen die Herren von Carben nach einer Besichtigung der Gebäude den Chor der Kirche und das Pfarrhaus in einen besseren Stand versetzen lassen. Sie sind aber der Meinung, daß der Schulmeister durch das Aufhängen seines Tabaks das Chordach beschädigt hat und für diesen Schaden aufkommen sollte.
Am 22. März 1725 schreiben Pfarrer Bender und das Presbyteriums: Die Herren von Carben werden die Reparatur vornehmen lassen. Dem Schulmeister ist schon gesagt worden, daß er in Zukunft den Tabak nicht mehr unter dem Chordach aufhängen darf. Die Herren von Carben werden dann noch einmal vom Konsistorium zur Reparatur aufgefordert. Aber 1729 sterben die Herren von Carben im Mannesstamm aus. Die nächsten Schreiben ist erst von 1732 und 1733. Danach ist am Chor der Kirche ist etwas gemacht worden
Mitte 1729 stirbt das adlige Haus Carben aus. Das Lehen fällt wieder an das Erzbistum Mainz. Der Kurfürst teilt sofort mit, daß er hinfort der Patron der Kirche ist und über die Lehnstücke verfügen kann, aber auch für Erhaltung des Pfarrhauses und des Chors der Kirche zuständig ist.
Als 1732 einige Bänke im Chorraum neu zu machen sind, beschließt man, dafür erst einmal Mittel des Kirchenbaus zu nehmen und sich dann an höheren Orten zu erkundigen, wie zu verfahren sei. Pfarrer Eberhard schreibt am 26. August 1732 an das Konsistorium: Die Inhaber des Lehens der Herren von Carben (also Kurmainz) bestätigen, daß sie den Chor der Kirche zu unterhalten haben, weil sie ja das entsprechende Lehen in Hochstadt nutzen. Aber für die Bänke seien sie nicht zuständig, das habe auch ein Mainzer Kammerrat ihnen bestätigt. Am 16. Juli 1733 schreibt Kurmainz:
Da nach dem Aussterben der Herren von Carben das Patronat (und der Zehnte) wieder an Mainz zurückgefallen ist, muß jetzt erst wieder eine Bestandsaufnahme gemacht werden. Man will auch nur die Bausubstanz des Chors erhalten und nicht auch Reparaturen vornehmen, und die Zuständigkeit für das Pfarrhaus lehnt man ganz ab. Zunächst bittet man darum, nähere Angaben zu den nötigen Reparaturen zu machen.
Im Jahre 1738 geht es wieder um die Kosten für den Chorraum der Kirche. Das Konsistorium schreibt am 5. November 1738, daß man erst noch drei oder vier Wochen warten soll, ob Mainz nicht doch noch zahlt. Wenn aber nichts geschieht, dann soll das ans Konsistorium gemeldet werden, damit dieses das Geld für den Mainzer Zehnten einbehält.
Eine erneute Auseinandersetzung gibt es 1740. Pfarrer Eberhard schreibt am 11. Mai 1740 an das Konsistorium: Die Gänge in der Kirche sind sehr ausgetreten. Die Reparatur wird etwa 30 Gulden kosten. Der Pfarrer und die Ältesten bitten um Genehmigung. Die Bänke im Chorraum wurden zwar auf Kosten der Kirche erneuert. Aber im Mai hat man ein Protokoll vom 23. August 1633 gefunden, aus dem hervorgeht, daß die Patrone damals sowohl die Fenster als auch die Bänke haben machen lassen (Fenster und Bänke sind „auf Bewilligung der Herren Kollatoren gemacht wurden“.
Am 17. August 1740 wird Pfarrer Eberhard aufgefordert, den Kostenvoranschlag für die Bänke einreichen. Die Reparaturen an den Bänken sind aber bereits am 22. September 1739 vom Konsistorium genehmigt worden. Am 18. Mai wurde die Reparatur der Gänge genehmigt. Der Pfarrer übergibt eine Aufstellung der Kosten für die Reparatur der Gänge in Kirche und Chor (300 Platten) für rund 18 Gulden, die Reparatur der Bänke und der Täfelung kostete etwa 10 Gulden.
Am 12. August 1770 liest der Pfarrer im Kirchenvorstand ein Schreiben über den Chorraum der Kirche vor. Die Kirchenältesten erklären, daß sie alle wissen, daß der Patron denselben bauen und erhalten muß. Die Einzelheiten würden sicher die Schriftstücke näher ausweisen. Der Pfarrer will sie durchsuchen und über das Ergebnis berichten.
In den Jahren 1772 bis 1783 kommt es zum Verkauf des kurmainzer Hofguts, das es offenbar auch in Hochstadt gab. Es war vielleicht kein wirklicher Hof. Aber es gab einen „Hofmann“, der die Äcker verwaltet (zum Beispiel Alban Dietz, Bogenstraße 8).
Im April 1792 wird über die Reparatur des Chors der Kirche gesprochen. Besonders das Dach verfällt immer mehr, das Holz droht in Fäulnis überzugehen. Man will wieder beim Konsistorium vorstellig werden, weil Kurmainz für die Reparatur zuständig ist. In einem Nachtrag heißt es: Noch 1792 wird das Dach des Chors auf Mainzer Rechnung durch den Maurer Dimer aus Kesselstadt umgedeckt und frisch mit Kalk verstrichen. Bis 1792 erhält Mainz auch noch einen Anteil am Zehnten. Die „Herbstkosten“ (= Erntekosten bzw. Einzugskosten) des kurmainzer Anteils am Zehnten aus den Jahren 1782 bis 1792 sind im Staatsarchiv Marburg festgehalten.
Am 12. Juli 1800 findet ein Gefecht zwischen den kurmainzer und den französischen Truppen statt. Als die Mainzer sich zurückziehen, werden die Fenster am Chorraum der Kirche sehr zerschossen. Die Sache wird dem Konsistorium gemeldet. Dieses antwortet, die Fenster sollen repariert werden und einstweilen soll das Geld aus der Kirchenbaukasse bezahlt werden. Aber der kurmainzer Behörde wird Nachricht gegeben. Wenn diese nicht zahlt, dann soll der Ertrag des kommenden Jahres aus den Mainzer Gütern beschlagnahmt werden. Mainz soll nicht deshalb zahlen, weil Mainzer Truppen beteiligt waren, sondern weil das Erzbistum Mainz die Pflicht hat, den Chorraum zu unterhalten. Beschlagnahmt werden soll der Pachtertrag (bzw. der Zehnte) von Gütern, die Kurmainz weiterhin nutzt.
Während der Franzosenzeit kommt es in den Jahren 1802 bis 1816 zur Einziehung des bei dem Erzstift Mainz liegenden Patronatsrechts und zur Besitzergreifung des damit verbundenen Hofes, Pfarrhauses und Zehnten durch den Staat (die „Gnädigste Herrschaft“). (Staatsarchiv Marburg Verzeichnis E, Fach 9 a).
Aber immerhin hat bis in diese Zeit das katholische Erzbistum Mainz zum Erhalt der protestantischen Kirche in Hochstadt beigetragen. Aber diese Baulastverpflichtung hatte den konkreten Hintergrund, daß die Nutzung der Weinberge mit der Verpflichtung zum Erhalt der Kirche verbunden war. Mainz hat das wohl nur anerkannt, weil es einen größeren Nutzen aus dem Zehnten hatte.
Reformation
Wenn heute jemand die Konfession oder gar die Religion wechseln will, dann ist das seine persönliche Entscheidung. In früheren Jahrhunderten aber geschah das geschlossen in der jeweiligen Gemeinschaft. Schon bei den Germanen trat immer der ganze Stamm über, man mußte nur den König oder einen anderen Anführer gewinnen. Dennoch mußten auch die Herzen der Menschen erst nachträglich gewonnen werden. Das war dann die Aufgabe der Priester, die eine Kirche bauen ließen und dort eine Gemeinde sammelten. Auch im 16. Jahrhundert galt noch die Regel: „Die Religion richtet sich nach dem Landesherrn!“ („cuius regio, eius religio“). So wurde es jedenfalls auch beim Ausburger Religionsfrieden von 1555 festgelegt.
Vorher allerdings hatte sich auch eine neue Entwicklung gezeigt: Ein einzelner Mönch hatte die Lehre seiner Kirche in Frage gestellt. Andere folgten ihm, und zwar sowohl gelehrte als auch einfache Leute. Die durch den Buchdruck ermöglichten Flugblätter halfen kräftig dabei.
Aber fest wurde die Sache erst, wenn die Landesherrschaft mitzog. Daher kommt es, daß bis heute verschiedene Landstriche mehrheitlich römisch-katholisch sind und andere wieder mehrheitlich evangelisch. In manchen Ländern wurden sogar die Evangelischen vertrieben (Salzburg, Piemont, Hugenotten, Wallonie), um das Prinzip aufrechtzuerhalten, daß der Landesherr über die Konfession seiner Untertanen bestimmt
Die Grafschaft Hanau lag zwar in Hessen, war aber ein selbständiger Staat. Der Landgraf von Hessen war nicht die übergeordnete Instanz, sondern der Graf von Hanau stand gleichberechtigt neben ihm. Luther hatte die weltlichen Landesfürsten zu behelfsmäßigen Bischöfen der Kirche erklärt, in Hanau war also der regierende Graf die entscheidende Person. Wenn Philipp von Hessen im Jahre 1526 mit der Synode von Homberg (Efze) die Reformation „in Hessen“ einführte, dann gilt das nicht für die Grafschaft Hanau.
Man darf sich die Reformation nämlich nicht so vorstellen, daß mit Luthers Thesenanschlag im Jahr 1517 schon eine evangelische Kirche da war und das Volk in Massen evangelisch wurde. Landgraf Philipp von Hessen hatte zwar evangelische Prediger nach Hessen berufen, die evangelische Universität Marburg gegründet, Synoden durchgeführt und die Konfirmation eingeführt. Aber zunächst erfaßte die Bewegung mehr die Städte. Auf dem flachen Land wurde in der Regel erst einmal die alte Art der Kirche weitergeführt. Entscheidend war dann auch immer, wann eine Pfarrstelle frei wurde und neu besetzt werden konnte.
Unter Graf Philipp II. von Hanau kamen zwei Männer aus dem Elsaß in die Stadt Hanau, die die kirchliche Erneuerung durchführten. Der eine war Arbogast, der 1523 an die Kapelle des Kinzdorfes kam und 1531 starb. Sein Gehilfe und Nachfolger wurde im Jahr 1528 Philipp Neunheller. Graf Philipp II. von Hanau berief den Pfarrer aus Lauterburg zum Pfarrer in Hanau. Dieser hielt zwar noch den römisch-katholischen Meßgottesdienst, aber er predigte im Sinne der Reformatoren. Philipp Neunheller heiratete 1542, gab 1543 seinen Hanauer Katechismus heraus und starb am 28. Juni 1552.
In den Jahren 1530 bis 1540 stand die Grafschaft Haunau aber schon unter dem Einfluß der Nassauer Grafen, die Vormünder für Graf Philipp IV. waren.
Im November 1548 prostestierten unter Pfarrer Neunhellers Führung 15 Geistliche der Untergrafschaft Hanau gegen das Augsburger Interim, das einen Kompromiß schaffen wollte unter Beibehaltung der katholischen Bräuche.
Das Konsistorium wurde als oberster Kirchenrat im Jahre 1563 errichtet, und zu Mitgliedern berufen der Oberamtmann, zwei Kanzleiräte und die beiden Superintendenten.
Nach dem Tode Neunhellers brachen in der Hanauer Kirche die Streitigkeiten aus. Sie führten zur strengen Scheidung von Lutherischen und Reformierten, wobei die Reformierten die Oberhand hatten. In Hanau gingen die Reformierten in die Marienkirche, die Lutheraner in die Johanneskirche. Aber Hochstadt zum Beispiel war allein reformiert.
Das Verhältnis zur Burgpfarrei Friedberg wurde in der Reformationszeit gelöst. Aber das Einkommen für die Patrone blieb bestehen, für die Grundstücke mußte weiter Pacht gezahlt werden. Im Jahre 1543 haben die von Carben das Patronat als stolberg - königsteinsches Lehen inne, aber oberster Lehnsherr ist weiterhin Mainz. Bis 1729 kommen die „Collatoren“ von Friedberg und die Herren von Carben immer wieder in den Kirchenrechnungen vor.
Quellen: Sammlung Hans Fischer, Ernst Zimmermann 577- 581, 608, 614, Der Landkreis Hanau 37, 146, Chronik Bischofsheim 230, 235, Sammlung Schellmann.
Reformation in Hochstadt
Vielleicht ist Wolf Jaekel (Wolfgang Jäckel) der erste evangelische Pfarrer in Hochstadt. Er ist geboren in Römhild in Thüringen und versieht die Pfarrei „für den rechten Pastor Rudolf von Forstmeister und nach dessen Tod für den Eitel von Carben“. Diese beiden „Pfarrer“ sind nur die Pfründeninhaber, das heißt sie erhalten ihren Anteil an den Einnahmen. Aber die eigentliche Arbeit vor Ort macht der Pfarrer Jaekel. Er war zugleich nur der Stellvertreter (Vikar) des adeligen Mainzer Stiftsherren und Dekan von St. Alban, Rudolf Forstmeister von Gelnhausen, der bereits 1542 verstarb. Dessen Nachfolger Eitel von Carben würde ihn nicht im Amt belassen haben, wenn er ihn für ungeeignet gehalten hätte.
Jaekel hat allerdings am Mittwoch vor Walpurgis 1520 in Ober-Ramstadt Margarete Betz, Tochter des Bürgers Melchior Betz aus Steinau geheiratet (fünf Jahre vor Luther). Aber das heißt noch nicht, daß er sich schon damals zur neuen Lehre bekannt hat. Daß er verheiratet war, muß für die Pfründeninhaber kein Hinderungsgrund gewesen sein, denn damals hatten viele Priester eine „Haushälterin“, die sie nach der Reformation heiraten mußten. Auch bei der Visitation 1549 wird gesagt, daß alle (!) Priester „beweibt“ sind. Die Heirat ist also kein Zeichen für eine Abwendung vom römisch-katholischen Glauben.
Jaekel kam schon 1539 nach Hochstadt. Wie er gepredigt hat, läßt sich nicht feststellen. Damals kam es ja mehr auf den richtigen Vollzug der Liturgie an, eine Predigt war meist gar nicht dabei - und wenn, dann hat man sie nicht kontrolliert. Es ist aber kaum denkbar, daß die Pfründeninhaber damals bewußt einen evangelischen Pfarrer angestellt hätten. Rudolf Forstmeister wurde 1539 der offizielle Pfarrstelleninhaber und auf ihn folgte 1542 noch Eitel von Carben (wohl aus der Familie der Patrone). Es könnte durchaus so sein, daß Jaekel, etwa ab 1543 schon evangelisch predigte, sozusagen als Privatmann schon evangelisch gepredigt haben, mit notgedrungener Duldung des offiziellen Stelleninhabers oder ohne dessen Wissen.
Es ist also nicht genau festzustellen, wann die Reformation in Hochstadt begann. Überhaupt erwecken die Urkunden den Eindruck, als habe es keine Reformation gegeben, jedenfalls nicht gleich. So richtig abgeschlossen wurde die Reformation in der Grafschft Hanau erst unter Philipp III., der von 1529 bis 1561 regierte. Aber dieser lange Zeitraum sagt auch nichts über die Einführung der Reformation in Hochstadt. Es könnte sein, daß man erst den Tod von Jaekel abwartete. Er starb 1546 (oder 1547) in Wiesbaden.
Ganz sicher ist aber, daß Ulrich Buchner (1549 – 1563) ein evangelicher Pfarrer war. Er kam durch den Hanauer Reformator Neunheller ins Amt und lehrte nach dem Augsburgischen Bekenntnis und Luthers Kleinem Katechismus, wie es im Visitationsprotokoll von 1562 heißt. Dann wäre also im Jahr 1549 der (sichere) Beginn der Reformation in Hochstadt (Quellen: Der Landkreis Hanau 1421, Hanau Stadt und Land 177, Ernst Zimmermann 172, 204, 228, Chronik Bischofsheim).
Kirchliche Nachrichten von Konrad Appel
Konrad Appel hat in Hanau in dem Spital zwei Mann gesehen, die haben den ehrwürdigen und weitberühmten Doktor Martin Luther in Worms gesehen und predigen hören: Johann Vasan von Bergen, der andere von Windecken (Da nicht angegeben ist, in welchem Jahr er die Männer im Spital gesprochen hat, ist das schon möglich, denn Luther war 1521 auf dem Reichstag in Worms).
Als Graf Philipp Ludwig in Hanau bei Übernahme der Regierung im Jahr 1596 die „Reformation“ angefangen hat, ist Konrad Appel ich als Erster in dieser Gemeinde zum Tisch des Herrn gegangen. Aber 12 oder 19 Jahre sind die Leute nur sehr zögernd zum Tisch des Herrn gekommen. An Pfingsten 1608 sind nicht mehr als zwei Frauen zum Tisch des Herrn gegangen; so etwas hat Konrad Appel in seinem bisherigen Leben noch nicht gehört. In den 16 Jahren bis 1612 sind 50 Personen zu dem Tisch des Herrn gegangen, aber der meiste Teil ist junges Gesinde gewesen (Mitarbeiter auf dem Bauernhof). Erst 1613 wurde es besser. An Weihnachten 1615 sind 24 Männer und 16 Knechte, 28 Frauen und 17 Mägde, zusammen 85 Personen, zum Tisch des Herrn gegangen. Das ist seit dem Beginn des reformierten Bekenntnisses (Konfession) vor 20 Jahren ist größte Abendmahlsteilnahme gewesen.
Am Mittwoch vor dem Palmsontag 1596 sind die Altäre aus der Kirche gebrochen worden und damit hat die Reformation angefangen. Natürlich ist damit nicht die Reformation Martin Luthers gemeint, die auch in Hochstadt spätestens 1543 eingeführt wurde. Hier ging es um den Wechsel zur reformierten Konfession, der aber erst als die eigentliche Reformation angesehen wurde. Dies hatte der reformierte Landgraf in Kassel befohlen. Doch die Gemeinde hat aber hinhaltenden Widerstand geleistet und ist nur in geringer Zahl zum Abendmahl gegangen. Damals sind auch die drei Schnitzaltäre entfernt worden und alle Bilder übermalt worden.
Im Jahre 1606 haben die hohen Feste der Evangelischen und der Katholischen fünf Wochen auseinander gelegen. Die katholische Fastnacht war am 26. Februar, die evangelische den 2. März. Ihr Ostern war am 16. März, das evangelische am 20. April, ihr Pfingsten am 4. Mai, das evangelische den 8. Juni nach altem Kalender. Auch 1614 und 1617 und 1622 waren es fünf Wochen.
Am 26. Januar 1610 sind hier in Hochstadt durch den Pfarrer, den Schultheißen und die Bürgermeister alle Menschen jung und alt aufgezeichnet worden (Der Schultheiß entspricht dem heutigen Bürgermeister, die damaligen zwei Bürgermeister waren die Rechnungsführer der Gemeinde). Die jungen Leute sind in drei Klassen und auch die alten in drei Klassen eingeteilt worden und es hat dann jeden Sonntag eine Klasse in der Kirche gebetet (Gebetet im heutigen Sinne haben sie sicherlich alle. Hier ist aber wohl ein spezielles „Gebet“ gemeint, nämlich das Aufsagen von Katechismusstücken im Gottesdienst).
Am 5. April 1611 ist eine kirchliche Überprüfung („Visitation“) gehalten worden und dabei sind Johann und Velten Igell und Hans Scheßer zu Kirchenältesten der Kirche in Hochstadt bestimmt und eingesetzt worden.
Am 5. August 1613 wurde in Hochstadt eine Kirchenversammlung („Convent“) gehalten. Konrad Appel wurde auf seinen Wunsch aus dem Ältestenamt entlassen, weil er es schon so lange Zeit innehatte.
Am Sonntag, dem 8. Januar 1615, ist am Anfang des Gottesdienstes ein Klingelbeutel in der Kirche herumgetragen worden, um Spenden für die Armen einzusammeln.
Am Pfingsttag 1616 ist die Tochter Peter Gebauers zu dem Tisch des Herrn gegangen und es ihr ist das gesegnete Brot auf die Erde gefallen (Offenbar wurde das damals als ein schlimmes Mißgeschick angesehen).
Erst nach und nach bildet sich ein reformiertes Kirchenwesen heraus, das immer mehr von der reformierten (schweizerisch-süddeutschen) Art geprägt ist. Im Auftrag des Grafen Johann IV. von Nassau-Dillenburg visitieren 1562 der kalvinistische Superintendent Bernhard Bernhardi aus Dillenburg und der lutherische Pfarrer Magister Laubener aus Babenhausen die Grafschaft Hanau.
Es finden sich verschiedene Pfarrer, die ohne Ordination in das Amt gekommen sind. Schon 1558 hat man eine Examinations- und Ordinationskommission gebildet, zu der auch der Pfarrer Ulrich Buchner aus Hochstadt gehört. Nun stellt sich heraus, daß er selber keine Ordination hat.
Aus dieser Kommission aber entsteht 1563 das Konsistorium, der oberste Kirchenrat, der eine Einheitlichkeit in der Kirche herbeiführen soll. Zu diesem Konsistorium gehören der Oberamtmann, zwei Kanzleiräte und zwei Superintendenten. Im Jahre 1612 wird das Konsistorium von der Kanzlei getrennt.
Das Luthertum findet 1577 mit der Bergischen Konkordienformel seine bekenntnismäßige Ausgestaltung. Dadurch tritt der Gegensatz zu den Reformierten aber auch stärker hervor.
In Hanau ist nach einer vormundschaftlichen Regierung Philipp Ludwig I. im Jahre 1575 zur Regierung gekommen. Er verbietet den Geistlichen die Unterzeichnung der Konkordienformel. Er ist bestrebt, die noch aus katholischer Zeit vorhandenen Bilder, Altäre und Kruzifixe aus den Kirchen zu entfernen. Es wird eine Kirchen- und Schulvisitation durchgeführt und die Kirchenbücher werden eingeführt.
Eine Hanau-Lichtenbergische Kirchenordnung wird 1579 eingeführt. Sie wird allen Pfarrern zugesandt, aber von vielen nicht ohne Änderungen gebraucht. Der Nassauische Superintendent Bernhardi schlägt 1587 die Übernahme der Kirchenordnung des Pfalzgrafen Wolfgang von Zweibrücken vor.
Im Jahre 1593 wird in Hanau von Georg Fabricius und Christoph Göbel das Abendmahl nach reformierter Weise eingeführt. Der Heidelberger Katechismus wird schon seit 1563 benutzt, ab 1595 wird er für alle verbindlich.
In diesem Jahr kommt Philipp Ludwig II. zur Regierung. Er genehmigt alles, was bisher zur Reformierung des Landes unternommen wurde. Die Geistlichen begrüßen das. Viele bedanken sich, daß sie die „Wahrheit“ nun öffentlich predigen dürfen.
Dem Volk wird das Schriftwidrige der Mißstände erklärt. Daraufhin werden die Altäre und Bildwerke aus den Kirchen entfernt. In Hochstadt geschieht das am Mittwoch vor Palmsonntag 1596; dabei werden auch die Gemälde an den Wänden und Decken übermalt.
Das Kirchenwesen wird ganz nach der kurpfälzischen Kirchenordnung eingerichtet. Die Pfälzer Agende wird eingeführt, das Konsistorium erhält seinen bestimmenden Rang, die Presbyterien werden eingerichtet. Dadurch gibt es mehr demokratische Mitbestimmung, aber auch die Kirchenzucht wird jetzt strenger.
In Hanau wird 1597 die Neustadt für die aus den Niederlanden vertriebenen Kalvinisten gegründet. Auch in den Hanauer Dörfern wird die reformierte Konfession durchgesetzt. Pfarrer, die sich nicht fügen wollen, werden vertrieben. Wer ein Amt in der Gemeinde anstrebt oder einen Arbeitsplatz haben will, muß reformiert sein. Wer nicht mitmacht, muß zumindest mit schweren gesellschaftlichen Nachteilen rechnen.
Trotz des reformierten Einflusses, der durch die Hanauer Grafen gefördert wird, gibt es eine von Geistlichen geführte Richtung, die dem lutherischen Bekenntnis anhängt. Sie gibt der lutherischen Abendmahls und Heilslehre den Vorzug und hält an den alten Bräuchen fest.
Vor allem der 1553 nach Hanau berufene Magister Nikolaus Krug will die längst abgeschafften Zeremonien und Bräuche wieder einführen. Gegen ihn halten die Hanauer Prediger am 18. Dezember 1553 in Hochstadt eine Synode ab. Aber immerhin wird er 1587 zum Superintendenten bestellt, wenn auch neben ihm der Pfarrer Konrad Kleß aus Kesselstadt eingesetzt wird.
Als Philipp Ludwig II. im Jahr 1595 die Regierung übernimmt, fordert er die noch widerstrebenden Pfarrer auf, alle schriftwidrigen Mißstände abzuschaffen und die kirchliche Einheit herzustellen. Er spricht sogar selber mit den Pfarrern über die strittigen Lehrpunkte. Wer aber von seiner Meinung nicht lassen will, wird entlassen.
So geschieht es auch Pfarrer Gereum in Hochstadt. Als er beseitigt ist, werden die Altäre in der Kirche abgebrochen und der Taufstein und die Bilder entfernt bzw. überstrichen. Man kann aber annehmen, daß es weiter Anhänger Gereums in Hochstadt gegeben hat. Äußerlich müssen sie sich dem reformierten Bekenntnis anschließen, denn es gibt ja keine andere Kirche. Sie bilden dann den Kern der späteren lutherischen Gemeinde. Lutheraner kommen auch durch die Wanderungsbewegungen des Dreißigjährigen Krieges ins Land. Wandernde Handwerker lassen sich nieder, Soldaten bleiben zurück. Nur zu eigenen Gemeinden dürfen sie sich noch nicht zusammenschließen.
Durch den Erbvertrag vom 18. Juli 1610 setzen sich Hanau-Lichtenberg und Hanau-Münzenberg gegenseitig zum Erben ein, aber in Religionsdingen darf nichts geändert werden. Mit Philipp Ludwig II. stirbt 1612 der Mannesstamm von Hanau-Münzenberg aus. Im Jahr 1642 stirbt mit seinem Neffen das ganze Grafenhaus aus. Mit Graf Friedrich Casimir kommt die streng lutherische Linie Hanau-Lichtenberg zur Regierung.
Angeblich soll das lutherische Bekenntnis mit dem reformierten gleichberechtigt werden. Aber in Wirklichkeit werden lutherische Beamte bevorzugt. Lutherische Bürger finden in größerer Zahl Aufnahme. Am Hof und danach auf den Orten werden lutherische Gottesdienste eingerichtet.
Im Jahr 1658 wird der Grundstein zur lutherischen Johanniskirche in Hanau gelegt. Die lutherische Gemeinde Hanau wird 1663 gebildet und ein eigenes lutherisches Konsistorium geschaffen.
Durch den Haupt-Rezess vom 26. August 1670 werden den Reformierten und den Lutheranern die ungehinderte Ausübung der Religion zugestanden. Der rechtliche und tatsächliche Stand der reformierten Kirche muß „unverrückt“ bleiben. Aber auch die Lutheraner dürfen sich zu einer Gemeinde zusammenschließen, wenn mindestens acht Familien am Ort vorhanden sind. Sie dürfen Kirchen und Schulen bauen und Pfarrer und Lehrer anstellen, müssen aber alles aus ihren eigenen Mitteln unterhalten. In Hochstadt allerdings hat man das nicht unbedingt eingehalten.
Die lutherische Gemeinde Hochstadt wird 1686 gegründet. Zunächst hält man in einem Privathaus Gottesdienst. Die Kirche wird im Jahre 1687 erbaut auf dem Grundstück in der Lutherstraße Nr. 9 (Bornkessel/Brosch/Demuth). In dem Buch von Schellmann, Seite 33, ganz links, ist die Südmauer der früheren lutherischen Kirche zu sehen (Schellmann I, Seite 33). In dieser Kirche wird der Taufstein aus der reformierten Kirche aufgestellt, der heute im Historischen Museum in Frankfurt steht. Den Gottesdienst hält zunächst ein Schulrektor aus Hanau. Wahrscheinlich handelt es sich um Johann Martin Junker, den späteren ersten lutherischen Pfarrer in Hochstadt.
Die folgenden 25 Familien schließen sich zur lutherischen Gemeinde zusammen:
Johannes Dietz, Johann Dietz der Ältere, Johann von der Au, Johann Peter Sittler (Leinweber), Jeremias Ärmetraut (Gemeindeschäfer), Kaspar Burger (Landscheider), Philipp Meth (Ziegler), Johann Reinhard Metfessel (Maurermeister), Johann Konrad Armbrust (Barbier), Andreas Diez, Johann Konrad Gebeldinger (Gemeindekuhhirt), Nikolaus Ebert, Johann Peter Luft, Johann Weigel Philipps, Henrich Ellerbruch, Henrich Hünkel (Ziegler, Schwager des Vorhergehenden), Konrad Bechert, Wilhelm Ebert, Johann Heinrich Zoll, Andreas Rohn, Henrich Ebert, Wilhelm Ebert, Melchior Schott, Leonhard Frank (Hufschmied), Konrad Bechert. Lindenberger bezeichnet die folgenden Namen als lutherisch: Dietz, Burger, Ebert, Bechert, Rohn.
Einen Schulmeister. hat die Gemeinde von Anfang an. Unterricht wird zunächst in dem Haus Ritterstraße Nr. 6 gehalten, bis 1692 das lutherische Pfarrhaus mit Schulsaal in der Lutherstraße Nr. 9 gebaut wird. Das Haus in der Ritterstraße dient bis zur Union 1818 als Lehrerwohnung.
Pfarrer und Schulmeister erhalten das Nachbarrecht im Gemeindewald, obwohl sich die Gemeinde unter Schultheiß Schmidt 1689 heftig dagegen wehrt. Zunächst bekommt der lutherische Pfarrer aus dem Wiebloswald zwei Klafter Hartholz und eine Fuhre Wellen (Reisigbündel). Nach dem Bau der Kirche bekommt er aber nur noch ein Klafter Hartholz, der andere Teil geht seitdem an die Kirche.
eingepfarrt sind die Lutheraner in Bischofsheim (acht Familien), Dörnigheim und Wachenbuchen (12 Familien). Kesselstadt ist Filial der lutherischen Kirche in Hochstadt und hat fünf lutherische Familien. Ab 1729 gilt es als selbständige Gemeinde, die im gleichen Jahr mit dem Bau der „Reinhardskirche“ (heute ein Kulturzentrum) beginnt. Aber versorgt wird sie weiterhin vom Hochstädter lutherischen Pfarrer.
Einen eigenen Friedhof haben die Lutheraner nicht, weil bei der Kirche kein Platz ist. Am 10. Februar 1706 wird allerdings Wilhelm von Speckhahn in der lutherischen Kirche beigesetzt; später wird er auf den Kirchhof umgebettet, der Grabstein steht rechts an der Mauer. Trauungen in den Außen-Orten nimmt der Hochstädter Pfarrer zum Beispiel im Rathaus Bischofsheim vor.
Lutherisches Pfarrgut
Das lutherische Pfarrgut wird 1685 von Johann Bender „abgekauft“, das heißt: Es wird dem „Untertanen“ mehr oder weniger abgenommen. Es sind drei Morgen Weingarten, zwei Morgen Kraut- und Grasgarten und neun Morgen Acker. Etwa 1713 schenkt die Herrschaft die „Kadukgüter“ der Lutherischen Kirche. Sie bestehen teils aus Weingärten, teils aus Acker und Wiesen (Kadukgüter sind wahrscheinlich herrenlos gewordene Güter, die der Herrschaft zugefallen sind).
Mit dem Tod des letzten Grafen von Hanau 1736 fällt die Herrschaft Hanau an Hessen-Kassel und hat damit wieder ein reformiertes Herrscherhaus. Das verstärkt den Druck auf die Lutheraner. Ihnen wird zum Beispiel 1744 verboten, während des reformierten Gottesdienstes beim Krämer Meerbott einzukaufen. Andererseits dürfen auch die lutherischen Gottesdienste nicht durch reformierte Gottesdienste oder andere Veranstaltungen gestört werden.
Pfarrer Eberhard beschwert sich 1752, daß die Lutheraner zu sehr gefördert würden: Man hat ihnen das gleiche Holz zugestanden wie dem reformierten Pfarrer (zu dessen Lasten). Man hat ihnen ungefähr 1713 einen Teil der Kadukgüter gegeben, von denen der reformierte Pfarrer nun keinen Zehnten mehr erhält. Schließlich geben die Lutheraner nur noch ihrem Schulmeister die Unterstützung, nicht mehr dem reformierten.
Manchmal kommen auch direkte Übergriffe vor: Die Kellertür des lutherischen Pfarrhauses wird 1756 mit Unflat beschmiert. Und 1764 werden in der lutherischen Kirche die Fenster eingeschlagen. Aber die Gemeinde bezahlt immer für die Schäden.
In den Jahren 1769/1770 forscht das reformierte Konsistorium danach, ob die Lutheraner beim Bau ihrer Kirche das Holz vielleicht illegal bekommen haben oder gar aus dem Wald gestohlen haben. Es fragt nach der Gründung der lutherischen Kirche und nach dem Holz für den lutherischen Schulmeister. Aber auch die ältesten Einwohner wissen nichts Negatives über die Lutheraner zu berichten.
Manche Spannungen bestehen auch im bürgerlichen Leben: Nur selten finden Verheiratungen zwischen den Konfessionen statt. Man knüpft sogar von lutherischer Seite enge Beziehungen zu dem völlig lutherischen Büdesheim (heute Ortsteil von Nidderau).
In den Jahren 1740 bis 1787 beschwert sich die reformierte Pfarrei immer wieder, weil Pfarrgüter der lutherischen Gemeinde gegeben wurden. Doch 1782 bittet man, einen Teil des brachliegenden lutherischen Pfarrgutes verkaufen zu dürfen (Staatsarchiv Marburg Verzeichnis E, Fach 9 a). Schließlich wird die lutherische Pfarrei 1811 eingezogen, weil kein Pfarrer mehr am Ort ist, sondern die Lutheraner von Bruchköbel aus versorgt werden (Staatsarchiv Marburg).
Im Staatsarchiv Marburg befinden sich folgende Akatenstücke zur Pfarrbesoldung:
Immunität der Pfarreigüter 1700-1706
Fuhrwerksfreiheit des Pfarrers 1721
Losholz und Besoldungsholz für den lutherischen Pfarrer 1729-1800
Reformierte Pfarrei gegen Gemeinde wegen ausstehender Zinsen und der Mast 1732-1752
Der Pfarrei-Heuzehnte in Hochstadt 1752-1765
Die von der Gemeinde Hochstadt erlangte Hirtenpfründe 1755-1806
Hochstädter Pfarreigüter, die zur Landesbeschwerde gezogen werden sollen 1761-1779
Streit zwischen Fiskus und Pfarrei wegen des Zehnten 1768-1771
Aufmaße und Versteinung des Hochstädter Pfarreigutes 1768
Im Jahr 1785 wird festgelegt, daß reformierte Witwen, die einen lutherischen Mann hatten, zwar zur lutherischen Kirche Verbindung haben dürfen, die Konfession der Kinder sich aber nach der des verstorbenen Mannes richten muß.
Im Jahre 1791 kommt es noch einmal zu einer Abwerbung: Der arme Beisasse Johann Stückner hat, obwohl er Lutheraner ist, seinen Sohn in die reformierte Schule des Ortes geschickt. Nun fehlt ihm der Konfirmationsanzug.
Die Reformierten kaufen ihm schnell einen, und er wird reformiert konfirmiert, erhält auch Lehrgeld und wird zu einem Schneider nach Hanau in die Lehre geschickt.
Der letzte lutherische Pfarrer Johann Heinemann schreibt über die lutherische Gemeinde Hochstadt: „Sie ist die allergeringste im Lande und die Zahl der Familienväter beläuft sich auf überhaupt vierzehn. Aber acht sind alt und kinderlos oder die Kinder gehen in die reformierte Kirche!“
Bis 1810 hat die lutherische Gemeinde einen eigenen Pfarrer. Zu ihr gehören auch die Lutheraner in Bischofsheim, Dörnigheim und Wachenbuchen, Kesselstadt ist Filialgemeinde. Bis 1816 ist die Gemeinde dann ein Vikariat von Bruchköbel. Danach kommt es zur Hanauer Union mit den Reformierten.
Schon im Jahre 1666 muß Heinrich Schmidt 20 Reichstaler Strafe zahlen, weil er als Lutheraner den reformierten Pfarrer kritisiert hat: Er mache in der Kinderlehre so viele Worte über das Abendmahl. Er, Schmidt, „schiß ihm drauf“, die reformierte Religion sei falsch und die lutherische richtig.
Bald nach der Gründung der Pfarrei wirft das reformierte Presbyterium am 3. Februar 1692 den Lutheranern ein rezeßwidriges Verhalten vor. Vorausgegangen ist eine Versammlung aller reformierten Pfarrer im Hanauer Land am gleichen Tag in Hanau, in der den Lutheranern Verstöße im Gottesdienst und bei der Abrechnung der Kapitalien vorgeworfen werden. Man beauftragt den Rechtsanwalt Dr. Jungmann aus Frankfurt, beim Reichshofrat in Frankfurt die Sache vorzutragen. Doch der Rechtsanwalt schlägt vor, erst einmal Brandenburg und Hessen-Kassel um Schlichtung zu bitten.
Bei den Beschwerden geht es vor allem darum, daß der lutherische Pfarrer mit dem reformierten wirtschaftlich gleichgestellt wird, also die gleiche Holzlieferung, Schweinemast im Wald, Wasser und Weide erhalten soll. Der Schulmeister beansprucht das Gleiche. Doch ohne Schmälerung des Einkommens des reformierten Pfarrers und Schulmeisters ist das wohl nicht möglich. Außerdem wird vorgebracht, daß die Lutheraner auf dem Grund und Boden des der Gemeinde gehörenden Wehrgangs drei Pfeiler ihrer Kirche erbaut haben (diese waren bis in die sechziger Jahre noch zu sehen). Unterschrieben ist die Beschwerdeschrift von Pfarrer Böhm, Schultheiß Kaspar Schmidt und den Kirchenältesten. Es gibt auch Übertritte zur reformierten Gemeinde. So wird 1699 Johannes Weyl reformiert und läßt sein Kind in der reformierten Kirche taufen.
Als ein lutherischer Mann eine reformierte Frau heiratet, singen Kinder zur Hochzeit. Aber der Bräutigam gibt nur den lutherischen Kindern etwas. Die Pfarrer aber sind dafür, daß alle Kinder gleich bedacht werden.
Bei Beerdigungen müssen die Lutheraner für das Läuten fünf Albus an die reformierte Pfarrei zahlen, weil diese allein die Glockenseile bezahlt (nicht die bürgerliche Gemeinde).
Das Konsistorium beschwert sich, weil eine Reformierte, die einen Lutheraner geheiratet hat, nach der Geburt ihres Kindes in die lutherische Kirche gegangen ist. So ein Fall dürfe sich nicht wiederholen.
Eines Tages fällt es dem lutherischen Lehrer ein, in seiner Schule eine Mehlwaage aufzustellen. Dadurch wird das Einkommen des reformierten Lehrers geschmälert. Die Mehlwaage ist eine Einrichtung der Gemeinde und hat in der reformierten Schule zu stehen.
Im Jahre 1732 schreibt das Konsistorium vor, daß Lutheraner nicht die Stellen des Schultheißen oder Kassenleiters („Keller“) besetzen dürfen. Auch soll nachgeforscht werden, ob sie Gebäude und Äcker haben, für die sie keine Steuern bezahlen. Ab 1762 muß auch für das lutherische Pfarrhaus Steuer bezahlt werden.
Von 1698 bis 1765 dauert der Streit zwischen reformierter und lutherischer Pfarrei um den Zehnten (Staatsarchiv Marburg). Im Jahre 1755 beschweren sich die Lutheraner über Anfeindungen der Reformierten Aus den Jahren 1759 bis 1770 gibt es im Staatsarchiv Marburg ein dickes Aktenstück über die Beschwerden der Pfarrer Rump und Aumann wegen des Besoldungsholzes. Es gibt auch umfangreiche Aufstellungen darüber, was die reformierten Pfarrer und die lutherischen Pfarrer in der Grafschaft erhalten.
Am 15. August 1755 er erschienen der Ausschußleutnant Peter Rohn, Heinrich Dietz, Johann Georg Rohn und Wilhelm Dietz und beschwerten sich, daß sie von reformierten Einwohnern wegen ihrer Konfession stark angefeindet würden, Unter anderem sei bei der letzten Kirchweih eine Schlägerei entstanden, bei der man es vor allem auf die Lutheraner abgesehen hatte. Als man aber den Lutheranern nicht richtig beikommen konnte, hätte Peter Hatzmann die Rede ausgestoßen: „Die Kränk und schwere Not sollen die lutherischen Hunde noch bekommen!“ Das habe man schon dem Amt Büchertal angezeigt. Dann sei der Fähnrich Heckert mit dem damaligen Schultheiß Schales im vorigen Jahr in Hanau gewesen. Man habe dem Schultheiß einen Erlaß ausgehändigt, daß er dem lutherischen Pfarrer und dem lutherischen Schulmeister ihren Anteil an Holz zuteilen solle. Unterwegs aber hat Heckert dem Schultheiß gesagt: „Wollt ihr doch dem Pfarrer und Schulmeister das Holz geben?“ Darauf hätte der Schultheiß gesagt: „Wie kann ich anders?“ Daraufhin hätte Heckert gesagt: „Dann seid ihr ein lutherischer Schultheiß und haltet also ihnen bei!“ Darauf hat der Schultheiß geantwortet: „Das redet mir kein rechtschaffener Mann nach!“ Heckert aber hat sein Seitengewehr gezogen und den Schultheiß hauen wollen. Der Schultheiß sei ihm aber so entgegengetreten, daß er keinen Hieb habe anbringen können. Aber er habe ihm mit dem Gefäß auf die Schulter geschlagen. Die Beschwerdeführer bitten darum, daß sie von den Reformierten in Ruhe gelassen werden. Der Fähnrich Heckert und Peter Hatzmann haben die Streitigkeiten in Religionssachen hervorgerufen. Sie sollten zu besserem Betragen angehalten werden. Sie hoffen, daß sie in Ruhe gelassen werden und die Einigkeit wieder hergestellt wird (das Original liegt als Kopie auf einer CD vor) (Staatsarchiv Marburg, Bestand 81. Regierung Hanau, Kirchen- und Schulsachen, A 91).
Am 12. Juni 1758 bitten die Lutherischen, daß auch einmal einer von ihnen in die Gemeindevertretung berufen wird, denn diese besteht nur aus Reformierten. . Neben Johann Philipp Heckert (?) wird dann auch Georg Rohn (geboren 1703) gewählt.
Zu einem Streit zwischen Wilhelm Dietz und seiner Frau wegen der Taufe der Kinder kommt es 1758. Vor fünf Jahren hat der Sohn geheiratet (er ist lutherisch, sie reformiert). Jetzt schlägt er seine Frau. Sie war am ganzen Körper übel zugerichtet und muß im Bett liegen, wie die Gemeindeverordneten feststellen. Der Streit geht um die Konfession der Kinder, die alle reformiert werden sollten (Vertrag liegt bei). Als die Frau zu ihrer Mutter wollte, hat er sie geschlagen. Vor allem ging es um den Eintrag des Paten in ein Lehr- und Namensbuch für das Kind, der die Reformierten hervorhebt. Man hat sich aber vor dem Konsistorium in Güte geeinigt und 3 Gulden 9 Albus Gebühr dafür bezahlt (Es handelt sich um Johan Wilhelm Dietz, der 1753 Anna Margaretha Schales geheiratet hat. Die beiden Kinder werden aber lutherisch getauft).
Im Jahre 1758 geht es um die Besetzung der erledigten Gemeindevertreterstelle („Gerichtsmann“) durch eine lutherische Person. Am 12. Juni 1758 geht es darum, daß die Gemeindevertretung nur aus Reformierten besteht. Deshalb bitten die Lutherischen, daß auch einmal einer von ihnen berufen wird. Neben Johann Philipp Heckert (?) wird dann auch Georg Rohn (geboren 1703) gewählt.
Im gleichen Jahr geht es einen Streit zwischen Wilhelm Dietz und seiner Frau wegen der Taufe der Kinder. Vor fünf Jahren hat der Sohn geheiratet (er ist lutherisch, sie reformiert). Jetzt schlägt er seine Frau. Sie war am ganzen Körper übel zugerichtet und muß im Bett liegen, wie die Gemeindeverordneten feststellen. Der Streit geht um die Konfession der Kinder, die alle reformiert werden sollten (Vertrag liegt bei). Als die Frau zu ihrer Mutter wollte, hat er sie geschlagen. Vor allem ging es um den Eintrag des Paten in ein Lehr- und Namensbuch für das Kind, der die Reformierten hervorhebt. Man hat sich aber vor dem Konsistorium in Güte geeinigt und 3 Gulden 9 Albus Gebühr dafür bezahlt (Es handelt sich um Johan Wilhelm Dietz, der 1753 Anna Margaretha Schales geheiratet hat. Die beiden Kinder werden aber lutherisch getauft). Ab 1762 muß auch für das lutherische Pfarrhaus Steuer bezahlt werden (aus dem Staatsarchiv Marburg).
Aber auch die reformierte Pfarrei beschwert sich in den Jahren 1740 - 1787, weil Pfarrgüter der lutherischen Gemeinde gegeben wurden (Staatsarchiv Marburg Verzeichnis E, Fach 9 a)
Die Lutheraner beschweren sich 1811, weil die lutherische Pfarrei eingezogen wurde (Staatsarchiv Marburg Verzeichnis E, Fach 9 a)
Weil die Unterschiede zwischen den Kirchen unbedeutend geworden waren, kommt es im Jahre 1818 im Hanauer Land zu einer Vereinigung der beiden protestantischen Konfessionen zur „Hanauer Union“. Diese war die erste in Kurhessen und hat auch in Zukunft Bestand gehabt.
Am 27. Mai 1818 versammelten sich im Hanauer Gymnasium 59 reformierte und 22 lutherische Pfarrer sowie eine große Anzahl Kirchenälteste. Sie beschlossen unter anderem, daß die beiden protestantischen Religionsteile sich vereinigen zu einer einzigen Kirche unter dem Namen „Evangelische Kirche“. Es wurde ein gemeinschaftliches „Evangelisches Konsistorium“ gebildet, das eine einheitliche Form des Gottesdienstes sowie einen gemeinschaftlichen Katechismus und ein gemeinschaftliches Gesangbuch einführen wird.
In den Jahren 1617 und 1717 hat man keine Gedenkfeiern gehalten, weil man ja reformiert war und damit Anhänger der Schweizer Reformatoren und nicht Luthers. Aber in der Hochstimmung nach den Freiheitskriegen gegen Napoleon kam es in verschiedenen Versuchen, zu einer Vereinigung (Union) der Reformierten und der Lutherischen zu kommen. Die erste Stadt in Hessen war Idstein, die sich deshalb auch „Stadt der Reformation“ nennen darf. In Hanau dauerten die Verhandlungen bis 1818
Quellen: Der Landkreis Hanau 124, Lippert Beiträge zur Hochstädter Geschichte 110 -111, Hanau Stadt und Land 466, Presbyterialprotokolle 1818 -1819, Vortrag von Pfarrer Henß aus Windecken im „Hanauer Anzeiger“.
Im Jahre 1818 kommt es im Hanauer Land zu einer Vereinigung der beiden protestantischen Konfessionen zur „Hanauer Union“. Die Gründe dafür sind vielfältig:
Am 27. Mai 1818 versammeln sich im Hanauer Gymnasium 59 reformierte und 22 lutherische Pfarrer sowie eine große Anzahl Kirchenälteste. Sie fassen die folgenden Beschlüsse:
Am 28. Mai zieht die Versammlung vom reformierten Konsistorium neben dem Neustädter Rathaus zur Aula der Hohen Landesschule, wo die Vertreter der beiden Konsistorien schon anwesend sind. Die Kirchliche Vereinigung wird beschlossen. Freudentränen fließen bei den Pfarrern der nun vereinigten Kirchen. Am 1. Juni wird die Synode geschlossen. Der Landesfürst bestätigt die Vereinigung am 4. Juli 1818.
Aus Hochstadt ist Pfarrer Hoene vertreten und erhält 28 Gulden Diäten für die Teilnahme an der Synode. Einen eigenen lutherischen Pfarrer hat Hochstadt seit 1808 ja nicht mehr.
Am 2. März 1819 wird die Vereinigung in Hochstadt vollzogen. Die Sitzung beginnt mit einem Gebet. Pfarrer und Kirchenälteste geben sich die Hände zum Zeichen gegenseitiger Liebe und Treue. Das Presbyterium der nunmehr vereinigten evangelischen Kirche bittet um den Beistand Gottes für Frieden und Glück der Gemeinde mit wahrer Liebe und festem Vertrauen. Der feierliche Akt wird mit einem Gebet beschlossen. Ein Buch über die Union wird angeschafft.
Einige Lutheraner werden in das Presbyterium aufgenommen. Der lutherische Kirchenrechner Johannes Faß wird Kirchenbaumeister der unierten Kirchengemeinde, ab 1829 zusammen mit dem Kirchenbaumeister Krebs und von 1839 bis 1843 zusammen mit dem Kirchenbaumeister Wagner.
Die Pfarrer Theobald (Hochstadt) und Schulz (Bruchköbel) schicken am 24. Juli 1819 einen Bericht an das Konsistorium, daß die Vereinigung der beiden Gemeinden in Hochstadt endgültig abgeschlossen sei. Es geht nur noch um die Vergütungen, die der Pfarrer für Amtshandlungen bei den ehemals Lutherischen erhält. Das Konsistorium hört es „mit Vergnügen“ und genehmigt alles. Aber es fragt auch an, was mit der lutherischen Kirche werden soll. Die vermögensrechtlichen Auseinandersetzungen gehen auch noch eine gewisse Zeit weiter:
Kirche: Die reformierte Kirche war in den Jahren 1813 bis 1814 ein Lazarett. Das Gestühl wurde vollständig herausgenommen und das Innere stark beschädigt. Deshalb läßt das Presbyterium die Kirche 1819 gründlich überholen. Die Orgel wird 1820 im Chorraum aufgestellt, um auf der Empore Platz für die ehemaligen Lutheraner zu schaffen. Während dieser Zeit ist der Gottesdienst in der lutherischen Kirche. Diese ist aber überflüssig, als man wieder in die große Kirche umziehen kann.
Deshalb beschließt man, die lutherische Kirche zu verkaufen. Doch im Februar 1820 wird in Hochstadt bekannt, daß das Konsistorium die lutherische Kirche verkaufen und das Geld für sich behalten will. Die Hochstädter möchten aber nicht den sicheren Besitz von Liegenschaften gegen unsicheres Kapital eintauschen. Wenn aber doch verkauft werden sollte, müsse das Geld in die Hochstädter Kirchenkasse, um die Lehrerbesoldung zu verbessern.
Das Konsistorium fragt an, ob man nicht gleich auch das Pfarrhaus mit verkaufen wolle. Der lutherische Lehrer muß auch entschädigt werden; er wohnt mit Erlaubnis des Pfarrers Schulz im Pfarrhaus. Die Kirche ist allein schwer verkäuflich und hat nur einen gewinnbringenden Keller. Der Keller unter der lutherischen Kirche wird 1831 noch einmal auf drei Jahre verpachtet.
Die Angaben über den Verkauf der lutherischen Kirche sind etwas widersprüchlich. Zunächst wird gesagt, daß Schultheiß Weber am 28. März 1832 die Kirche für 400 Gulden gekauft habe und weitere 200 Gulden noch schuldig geblieben sei.
Aber am 12. April 1832 kauft dann angeblich die bürgerliche Gemeinde die Kirche für 200 Gulden, um sie abzubrechen und den Schulhof zu erweitern (Schule wurde ja zunächst weiter dort gehalten).
Am 6. Mai 1833 heißt es dann, die Kirche solle „auf Abbruch“ verkauft werden, also zur Gewinnung von Baumaterial. Sie bringt nunmehr 315 Gulden ein. Käufer ist Bürgermeister Johannes Weber. Die Kirche wird zu einer Scheune umgewandelt. Nur die Südwand bleibt noch stehen.
Der in der Kirche befindliche Grabstein des Herrn von Speckhahn kommt auf den Kirchhof. Der große Taufstein bleibt zunächst noch im Garten stehen. Am 21. August findet man den Grundstein der lutherischen Kirche. Er soll in der Kirche aufbewahrt werden, die Münzen kommen in die Kirchenbaulade. Genutzt wird jetzt nur noch die reformierte Kirche.
Pfarrhaus: Das Pfarrhaus mit Scheune und Stallung lag zwischen der Kirche und dem Grundstück von Daniel Koch. Man einigt sich, daß Pfarrhaus und Garten je zur Hälfte der Kirche und der bürgerlichen Gemeinde gehören sollen. Im Pfarrhaus wird zunächst noch weiter Schule gehalten. Der Pfarrer soll 1825 die Stube herrichten und den Fußboden ausbessern lassen und im Oberstockwerk die Scheiben einsetzen lassen. Beim Rückzug der Franzosen sind Kirche, Pfarrhaus und Garteneinfassung nämlich beschädigt worden.
Der Garten mit einem kleinen Häuschen soll 1828 verkauft werden. Schließlich verkauft die Kirche 1832 für 200 Gulden (nach anderer Quelle sollen es 650 Gulden gewesen sein) die Hälfte des lutherischen Pfarrhauses und die Hälfte des Gartens an die bürgerliche Gemeinde.
Im Jahre 1835 führt die Gemeinde noch einen Prozeß um den Verkauf des ehemaligen lutherischen Pfarrhauses mit Caspar Schäfer. Schließlich bekommt Heinrich Heckert das Haus als Ausgleich für das Grundstück, das er zum Bau der Schule Hauptstraße Nr. 4 zur Verfügung gestellt hat.
Nach anderer Angabe habe die bürgerliche Gemeinde ihren Teil des Pfarrgartens zunächst am 12. April 1832 an die Kirche verkauft. Diese habe ihn am 18. Juni 1833 für 315 Gulden an Bürgermeister Johannes Weber verkauft. Nach wiederum anderen Angaben habe Weber im gleichen Jahr den oberen Teil des Pfarrgartens von der bürgerlichen Gemeinde gekauft.
Glocken: Die Glocken bietet man am 4. Dezember 1820 der Gemeinde Dörnigheim an. Doch diese hält den geforderten Preis von 45 Kreuzern pro Pfund Metall für zu hoch. Aber auch der Glockengießer Bach in Windecken interessiert sich dafür, wird aber am 25. Juni 1821 zunächst abgewiesen. Am 16. Oktober 1826 bietet er 30 Kreuzer.
Doch der Pfarrer soll sich erst noch bei Glockengießern in Frankfurt erkundigen, ob sie nicht einen höheren Preis bieten. Schließlich werden die Glocken doch 1828 an Bach verkauft. Sie werden vom Turm genommen und auf der Stadtwaage gewogen. Doch kaum hat sie der Glockengießer, bittet er um Zahlungsaufschub. Dieser wird ihm auch gewährt. Erst im Herbst 1831 zahlt er die letzten 40 Gulden.
Orgel: Am 9. Oktober 1820 schließt Pfarrer Theobald einen Vertrag mit dem Pfarrer von Seckbach, daß die Orgel für 200 Gulden nach Berkersheim verkauft wird. Am 10. November 1820 wird sie abgebrochen und abgeholt. Das Geld kommt in die Kirchenkasse.
Pfarrgut: Das Pfarramt nimmt 1820 an, daß es Eigentümer des Pfarrguts sei und möchte es zur Verbesserung der Lehrerbesoldung nehmen. Das Konsistorium aber möchte das Geld selber einnehmen. Am 6. März 1820 teilt es endgültig mit, daß alle Liegenschaften zugunsten der Landeskirche verkauft werden sollen. Pfarrer Theobald schreibt mit tiefer Ehrfurcht an das Konsistorium: Das Konsistorium wolle sicher das Beste für Hochstadt. Das Allerbeste wäre jedoch, wenn Hochstadt die ganzen Zinsen bekäme und noch besser, wenn der ganze Kaufpreis in Hochstadt bliebe. Das Beste von allem wäre jedoch, wenn die Liegenschaften Eigentum der Kirchengemeinde blieben, wie es nach Artikel 9 der Vereinigungsbeschlüsse vorgesehen ist.
Am 7. April 1820 steht jedoch der Termin für die öffentliche meistbietende Versteigerung der Kirchengüter fest. Der Pfarrer deutet eine Beschwerde durch Anrufung der allerhöchsten Entscheidung des Landesherrn an. Im Jahre 1822 verpachtet das Konsistorium das Land ohne Wissen der Hochstädter auf weitere drei Jahre.
Die Hälfte der Zinsen des Ackerlandes hat zunächst noch der Pfarrer Schulz in Nutzung. Als er aber die Pfarrstelle in Mittelbuchen erhält, möchte Pfarrer Theobald, daß dieser Anteil wieder zur Lehrerbesoldung verwandt wird. Im Jahr 1829 wird das gesamte Land den Sommer über dem Lehrer Henning überlassen, damit er für den Verlust von 40 Schülern an die Elementarschule (zweite Lehrerstelle) entschädigt wird.
Der Gemeindevorstand möchte zwei Drittel dem Ersten Lehrer und ein Drittel dem Zweiten Lehrer geben. Aber auch der Antrag, bei einer Vakanz der ersten Lehrerstelle das Pfarrgut wieder der Pfarrei zu überweisen, wird zweimal zurückgewiesen.
Das lutherische Pfarrgut wird schließlich 1830 vermessen und verteilt. Aber es ist wohl doch nicht verkauft worden, denn 1904 heißt es im Inventarverzeichnis des Pfarramts: Die Grundstücke der ehemals lutherischen Gemeinde werden zu zwei Drittel vom ersten Lehrer und zu einem Drittel vom Zweiten Lehrer genutzt.
Schule: Im ehemals lutherischen Pfarrhaus wird die Schulstube in einen größeren Schulsaal umgebaut. In ihm wird die sogenannte „Elementarschule“ unter einem zweiten Lehrer untergebracht. Zunächst will man die beiden Schulen nach Geschlechtern trennen, hat dann aber doch nach dem Alter getrennt.
Zunächst gehen 14 Schüler freiwillig in die ehemals lutherische Schule. Dadurch verliert der ehemals reformierte Lehrer einen Teil seiner Einkünfte. Beide Lehrer versuchen mit unedlen Mitteln, die Eltern und Kinder zu beeinflussen, um möglichst viele Kinder an sich zu ziehen. Im Jahre 1822 bittet der letzte lutherische Lehrer um die Entlassung unter Beibehaltung seiner Bezüge.
Ein neues Konsistorialgebäude soll 1769 in Hanau gebaut werden. Alle Gemeinden müssen dazu beitragen und notfalls dafür Wertpapiere abgeben. Hochstadt soll 500 Gulden abliefern. Das Presbyterium will bei dieser Gelegenheit alte Außenstände beim Konsistorium verrechnen, nämlich 265 Gulden plus 132 Gulden Zinsen. Außerdem will es eine Hypothek aus Bergen mit dazu geben, so daß nur noch 37 Gulden in bar geblieben wären. Das Konsistorium erkennt zwar die 265 Gulden an, will aber Bargeld haben. In der Kirchenrechnung 1770 werden dann die 265 Gulden abgeschrieben, die schon 1760 an das Konsistorium gegeben worden waren. Und 1806 werden schließlich die restlichen 243 Gulden für das Bau des Konsistorialhauses gezahlt.
Von der Franzosenzeit bleibt die Kirchengemeinde nicht unberührt. In den Jahren 1805 bis 1810 finden keine Presbyteriumssitzungen statt. Die Verwaltung wird vom Konsistorium in Hanau übernommen zum Preis von 116 Gulden. Im Jahre 1813 wird die Kirche aufgefordert, arme Kranke mit Arznei und Verpflegung zu versorgen.
Am 25. März 1821 wird die Ziviljurisdiktion vom Konsistorium an das kurfürstliche Hofgericht verlegt. Die Pfarrer nehmen weiter die standesamtlichen Aufgaben wahr. Jeden Monat müssen sie über die neugeborenen Kinder berichten: ob Junge oder Mädchen, ob bei der Geburt Hilfe notwendig war, über Zwillinge und Mißgeburten. Standesämter werden dann 1875 gegründet. Familienstammbücher werden erstmals 1899 ausgegeben.
Am 9. Juni 1865 ist in Hochstadt ein Missionsfest mit 159 Gulden Kollekte. Bei der Visitation im Mai 1889 ist der Pfarrer mit dem Kirchenbesuch zufrieden, nur im Hochsommer läßt der Besuch nach, auch die Arbeiter kommen nicht so oft zum Gottesdienst.
Die Taufe ist noch nie verschmäht worden. Die Teilnahme am Abendmahl ist sehr gut, die Anmeldung zum Abendmahl ist nicht mehr in Übung. Es gab vier Abendmahlssonntage, der Pfarrer hat dazu noch Michaelis und Karfreitag eingeführt. Trauung und kirchliche Beerdigung werden in jedem Fall begehrt.
Bedenkliche Einflüsse kommen aus den Städten Hanau, Frankfurt und Offenbach. Der Verkehr der Geschlechter ist mitunter viel zu früh. Die Fälle sind nicht sehr selten, daß eine Braut ohne Brautschmuck zum Altar gehen muß; solche Paare werden dann vor dem Gottesdienst beim zweiten Läuten getraut.
Die Kollekten sind im Vergleich zur Zahl der Gemeindeglieder die höchsten in der Pfarreiklasse. Übertritte von oder zu anderen Kirchengemeinschaften sind nicht vorgekommen.
Im Jahre 1899 wird eine Volksbibliothek unter Leitung des Pfarrers erwähnt. Sie ist Eigentum der Kirchengemeinde und umfaßt im Jahre 1909 ganze 154 Bücher, unter denen aber wohl die volkstümlichen Sachen fehlen. Zum großen Fest des Gustav-Adolf-Vereins in Kassel stiftet die Kirche in Hochstadt einen gut erhaltenen Zinnkrug. Am 26. August 1903 ist das Diözesan-Unionsfest in Hochstadt.
Am 11. Mai 1907 hält Superintendent Pfeiffer eine Generalkirchenvisitation. Am Bahnhof wird er von den Vorstehern der bürgerlichen und kirchlichen Gemeinden empfangen und mit dem Wagen unter Glockengeläut in den Ort und durch die fahnengeschmückte Hauptstraße gefahren. An der Kirche wird er vom Großen Presbyterium empfangen.
Vor der Schule haben die Schulkinder Aufstellung genommen und singen ein Lied. Lehrer Möbus sagt ein Gedicht auf. Pfarrer Reich hält die Begrüßungsrede. In der voll gefüllten Kirche hält der Visitator eine Dankrede.
Im Vormittagsgottesdienst am nächsten Tag hält er eine Ansprache an die Ortsgemeinde, im Nachmittagsgottesdienst sind alle Gemeinden der Pfarreiklasse Bergen vertreten. Der Kirchengesangverein singt im Gottesdienst und am Abend im hellerleuchteten Pfarrhausgarten. Am Montag besucht der Visitator die Schule und äußert sich lobenswert über die Leistungen im Religionsunterricht.
Der Gottesdienst dauert am Vormittag eine Stunde, die Predigt 25 Minuten. Nachmittags dauert der Gottesdienst 50 Minuten; dabei werden Bücher der Bibel fortlaufend ausgelegt. In der Liturgie sind die Responsorien (Wechselgesänge) eingeführt, die Gemeinde beteiligt sich gut daran.
Die Katechisationen werden von den Katechumenen sehr gut besucht, ziemlich gut seitens der übrigen Gemeinde; behandelt werden die fünf Hauptstücke des Katechismus. Bettagsgottesdienste sind im Sommer von 7 bis 8 Uhr, im Winter von 19 bis 20 Uhr. Die Passionsgottesdienste sind von 19.30 bis 20.30 Uhr. Die Gottesdienste werden „ziemlich gut“ besucht, das Heilige Abendmahl wird sehr fleißig genossen, die öffentlichen Beamten gehen mit gutem Beispiel voran.
Die Sonntagsordnung wird gehörig gehandhabt, auch die christliche Sitte wird gepflegt. Nur ein Paar im Ort (fremde Leute) ist nicht kirchlich getraut. Es gibt eine Mischehe. Eheschließungen „ohne Ehren“ gibt es jedes Jahr einige. Die Kinder sind alle getauft.
Nur ein fremder Mann hat sich dem Sektenwesen verschrieben. Von abergläubischen Gebräuchen hat der Pfarrer nichts bemerkt. Fluchen kommt selten vor, von Meineiden er nichts erfahren. Gewalttätigkeiten kommen fast nicht vor. Es gibt einen Kirchengesangverein und eine Ortsgruppe des Evangelischen Bundes.
Am 20. Oktober 1918 ist das Jahresfest des Diözesan-Vereins für Innere Mission in der Kirche in Hochstadt mit einer Predigt von Pfarrer Veidt von der Paulskirche in Frankfurt. Am 28. Oktober 1918 wird das Reformationsjubiläum mit einem Zug von der Schule zur Kirche und mit einem Gottesdienst begangen. Am 23. September 1919 ist das Jahresfest des Zweigvereins des Evangelischen Bundes mit einem Vortrag über Ulrich von Hutten. Vorsitzender ist Pfarrer Reich, Stellvertreter der Eisenbahnobersekretär Vonshagen aus Hochstadt.
In den Jahren nach 1920 kommt es zur Auseinandersetzung zwischen Kirche und Schulverband über die Aufteilung des Einkommens der Lehrer- und Küsterstellen. Der Schulverband erhält die Schule Hauptstraße Nr. 4, zahlt aber die halbe Miete der beiden Küsterwohnungen an die Kirchengemeinde. Das lutherische Pfarrgut bleibt der Kirche, weil es nach 1818 den Lehrern nur zur Nutzung überlassen wurde. Die Kirche darf vier Stunden Konfirmandenunterricht in der Schule halten. Die Vergütung für den Kirchendienst aus der Kasse der bürgerlichen Gemeinde fällt weg.
Ein Jugendfest findet am 18. September 1920 in Hochstadt statt. Die Predigt hält Jugendpfarrer Schmidt, die Nachfeier ist im Saal Strohl und die Schlußfeier am Schützenhäuschen. Am 19. August ist das Jahresfest der Mainkreisverbindung des Westdeutschen Jünglingsvereins in Hochstadt. Am 14. September 1924 ist dann das Jahresfest des Kreisverbandes des Evangelischen Verbandes der weiblichen Jugend mit Vorfeier um 14 Uhr an der Hartig und Festgottesdienst um 17 Uhr.
Generalsuperintendent Fuchs aus Kassel kommt am 31. April 1922 zu einer Generalkirchenvisitation. Am 1. Juni 1924 tritt die neue Kirchenverfassung in Kraft.
Am 13. Juni 1925 ist ein Missionsfest mit Missionar Lauk, der für die Baseler Mission lange in China gearbeitet hat. Am Nachmittag predigt Pfarrer Thimme aus Frankfurt. Missionar Lauk berichtet aus China. Pfarrer Goebels spricht über die Arbeit des Hanauer Missionsvereins. Am 20. Juni 1925 ist ein Gottesdienst beim Schützenstand (heute: Festplatz) bei einer Versammlung des ländlichen Hausfrauenvereins.
Bei der Visitation am 5. April 1927 wird aus dem Leben der Kirchengemeinde berichtet: Durchschnittlich gibt es 23 Taufen, 37 Konfirmationen, 14 Trauungen und 8 Beerdigungen. Die Haltung der Gemeinde zu Wort und Sakrament hat im Gegensatz zur Zeit vor dem Krieg stark abgenommen.
Wöchentlich werden drei Konfirmandenstunden erteilt. Mit den drei Jahrgängen der Konfirmierten wird Katechisation gehalten. Es gibt sieben Passionsgottesdienste. Etwa 40 Kinder kommen zum Kindergottesdienst, etwa 90 Erwachsene zum Gemeindegottesdienst. Es gibt 850 Abendmahlsgäste im Jahr. Etwa fünf Krankenkommunionen werden jährlich begehrt. Es gibt auch einen Frauenchor des Jugendvereins.
20. Jahrhundert
Am 1. Juni 1924 tritt eine neue Kirchenverfassung in Kraft. Am 20. Juli ist die Wahl zum Kirchenvorstand, allerdings unter nur recht geringer Beteiligung der Gemeinde. Es werden zwölf Gemeindeglieder gewählt, darunter die Lehrerin Lorey. Die Einführung ist am 31. August 1924. Es gibt keinen engeren und erweiterten Vorstand mehr und keine pflichtmäßigen Vertreter der Gemeindeverordneten. Am 24. August ist die Wahl zum Kreiskirchentag.
Im Juni und Juli 1933 werden die Kirchenvorstände neu besetzt. Bei der Wahl am 18. Juli 1933 werden erstmals die „Deutschen Christen“ erwähnt. Von Kassel kommt die Anweisung, daß die Zusammensetzung der neuen Kirchenvorstände der nationalen Erhebung Rechnung tragen soll, die bei den letzten Reichstagswahlen zum Ausdruck gekommen ist.
Viele der bisherigen Kirchenvorsteher waren sowieso begeistert Anhänger des Nationalsozialismus. Nur Johannes Weifenbach und Wilhelm Brosch, weigern sich J der Glaubensbewegung „Deutsche Christen“ beizutreten, wie das von Kassel gefordert wird. Pfarrer Gerlach gehörte auch der Nazipartei an, versuchte aber, die Kirche vorsichtig durch diese schwierige Zeit zu bringen. Nach dem Krieg müssen alle Nazi-Sympathisanten die Kirchenvorstände verlassen. Die Kirche ist jetzt wohl gelitten und besinnt sich wieder auf ihre eigentliche Aufgabe und hält sich aus der Parteipolitik heraus.
Hochstadt wächst stark nach dem Krieg. Aber die Evakuierten und Flüchtlinge werden bald in die Gemeinde integriert. Ab 1950 wird ein Jugenddiakon aus Hanau in der Gemeinde tätig. Die alte Pfarrscheune Am Pfarrhof 1 wird 1952 zum Jugendheim und zur Küsterwohnung ausgebaut. Der Kirchturm wird 1953 erneuert. Das neue Gemeindehaus am Wallgraben wird 1975 / 1976 gebaut. Es wird von verschiedenen kirchlichen Gruppen genutzt und enthält einen Jugendkeller, einen Raum für Mutter-und-Kind-Gruppen, einen Übungsraum für die Chöre und einen Raum für den Kirchenvorstand.
Im Jahre 1956 löst der Hessische Staat die Unterhaltspflicht am Pfarrhaus ab. Das alte Pfarrhaus Hauptstraße 9 wird an die bürgerliche Gemeinde verkauft. Aus dem Gesamterlös wird 1957 ein zweckmäßiges Pfarrhaus in der Ringstraße Süd 13 erbaut.
Weitere Angaben zur Geschichte der Kirchengemeinde finden sich in dem Buch „Hochstädter Familien“.
Das „Presbyterium“ hatte mehr Aufgaben und größere Befugnisse als der heutige Kirchenvorstand. Es hatte zwar auch allerhand Verwaltungsdinge zu regeln. Vor allem aber war es das gefürchtete geistliche Gericht, das über die Einhaltung der Kirchenordnung (vor allem die Sonntagsheiligung) zu wachen hatte. Außerdem sollte es die zahlreichen moralischen Vergehen im Dorf bestrafen. Größere Vergehen wurden an das weltliche Gericht überwiesen, entweder an das Ortsgericht oder an das Gericht in Hanau.
Als Mitglieder des Presbyteriums werden erstmals 1613 Hans Schmidt und Hans Schales erwähnt, weil sie „Kirchensenioren“ sind. Ein Protokollbuch für die häufigen Presbyteriumssitzungen wird 1631 angeschafft.
Andreas Emmel beschreibt, wie er am 14. Dezember 1673 in das Presbyterium berufen wird bzw. zum Kirchensenior eingesetzt wird: Er wird dreimal „über der Kanzel“ ausgerufen. Am Bettag, dem 7. Januar 1674, wird er der Gemeinde vorgestellt. Einer gibt drei Gulden für das Gelage. Im Pfarrhaus werden im Beisein des Pfarrers, der Mitglieder des Presbyteriums und ihrer Frauen verzehrt: 16 Maß Wein, ein Kalbsbraten, zwei Pasteten, dazu über zwei Pfund Käse, Essig und Öl, Weck, Butter, Nelken und Bratwurst.
Ein besonderer Ehrendienst ist wohl das Hauen der „Mayen“ für die Kirche, also Birkenzweige, mit denen die Kirche geschmückt wird. Damit wird Andreas Emmel 1675 vom Schultheißen beauftragt.
Jede Sitzung des Presbyteriums beginnt mit einem Gebet. Dann folgt die Frage, ob jemand etwas anzubringen hat. Aber meist ist nichts zu berichten, obwohl sicherlich allerhand vorgefallen ist. Dann werden die Heller aus dem Opferstock gezählt und andere Geldangelegenheiten besprochen.
Im Jahre 1726 hat das Presbyterium sechs Mitglieder, deren Namen sogar latinisiert werden. Wer gewählt ist, muß das Amt annehmen. Die Mitglieder werden der Gemeinde unter vielen Gebeten vorgestellt und vom Konsistorium in Hanau bestätigt. Es gibt 25 Sitzungen in diesem Jahr. Als 1736 der Pfarrer gegen die neu hinzugewählten Presbyter ist, besteht das Presbyterium auf der von ihm getroffenen Wahl. Nur nach viel Schreiberei kann ein Kirchenältester wegen Arbeitsüberlastung von seinem Amt zurücktreten.
Die erste Sitzung im neuen Jahr findet im Beisein des Schultheißen auf dem Rathaus statt, zum Beispiel im Jahr 1780. Für diese Sitzungen erhalten die Presbyter bis 1808 jeweils 40 Kreuzer von der Gemeinde. Sie verlangen 1813, daß der Betrag weiter gezahlt wird. Später erhalten sie 23 Kreuzer aus einem Kapital von 100 Gulden, das die Kirche gestiftet hat.
Im Jahre 1819 hat die Kirchengemeinde fünf Älteste, weil die Lutheraner dazugekomnen sind; der Schultheiß ist das sechste Mitglied. Einen Streit gibt es 1856/57, weil die Kirchenältesten Bornkessel und Strohl für ihre Dienste eine Vergütung aus der Kirchenkasse verlangt haben.
Gegen Ende des 19. Jahrhunderts gibt es das kleine (engere) Presbyterium und das große (erweiterte) Presbyterium. Das kleine Presbyterium besteht aus vier Mitgliedern. Zum grossen Presbyterium gehört eine Reihe eigens dafür bestimmter Gemeindeverordneter, die unter Umständen einfach ausgelost werden. Wenn ein solcher Gemeindeverordneter dann aber ins kleine Presbyterium gewählt wird, muß er sein Amt als Gemeindeverordneter aufgeben.
In die Kreissynode werden neben dem Pfarrer zwei Kirchenälteste entsandt. Dies sind 1907 Johann Koch und der Kirchenälteste Weber, 1933 sind es die Landwirte Burger IV. und Wissenbach.
Die moralischen Anforderungen sind hoch: Als der Gemeindeverordnete Strohl 1920 mit seinen Söhnen in der Bischofsheimer Gemarkung Kirschen gestohlen hat, muß er sein Amt als Kirchenvorsteher niederlegen.
Deshalb lehnt am 22. September 1940 Philipp Strohl die Wahl als Ersatzmann für den Kirchenvorstand ab, weil er 1920 einer der Kirschendiebe war und sein Vater damals aus dem Kirchenvorstand ausscheiden mußte.
Am 1. Juni 1924 tritt eine neue Kirchenverfassung in Kraft. Am 20. Juli ist die Wahl zum Kirchenvorstand, allerdings unter nur recht geringer Beteiligung der Gemeinde. Es werden zwölf Gemeindeglieder gewählt, darunter die Lehrerin Lorey. Die Einführung ist am 31. August 1924.
Es gibt keinen engeren und erweiterten Vorstand mehr und keine pflichtmäßigen Vertreter der Gemeindeverordneten. Am 24. August ist die Wahl zum Kreiskirchentag. Aus Hochstadt werden Philipp Mankel und Johannes Burger gewählt.
Im Jahre 1926 wird ein Ältestenausschuss mit vier Mitgliedern gebildet. Vorsitzender des Kirchenvorstandes ist der Pfarrer. Aber jetzt wird mit Peter Strohl erstmals ein Stellvertreter gewählt. Ab 1927 werden die Mitglieder durch Umlaufzettel eingeladen, da nicht alle Ältesten immer den Gottesdienst besuchen, wo die Einladung von der Kanzel verlesen wird. Die Lehrerin Lorey fehlt fast immer.
Im Juni und Juli 1933 werden die Kirchenvorstände neu besetzt. Bei der Wahl am 18. Juli 1933 werden erstmals die „Deutschen Christen“ erwähnt. Von Kassel kommt die Anweisung, daß die Zusammensetzung der neuen Kirchenvorstände der nationalen Erhebung Rechnung tragen soll, die bei den letzten Reichstagswahlen zum Ausdruck gekommen ist.
Der bisherige Kirchenvorstand besteht sowieso aus begeisterten Anhängern des Nationalsozialismus. Doch weigern sich Johannes Weifenbach und Wilhelm Brosch, der Glaubensbewegung „Deutsche Christen“ beizutreten, wie das von Kassel gefordert wird. Pfarrer Gerlach betont, daß er der NSDAP angehöre und schon damals offen beigetreten sei, als man die Bewegung am brutalsten verfolgte.
Nach dem Krieg müssen alle Nazi-Sympathisanten die Kirchenvorstände verlassen. Die Kirche besinnt sich wieder auf ihre eigentliche Aufgabe und hält sich aus der Parteipolitik heraus.
Über die Bestellung der Pfarrei Hochstadt gibt es im Staatsarchiv Marburg zwei Bände aus den Jahren 1514-1632.
(1) J a e k e l , Wolf: 1543 - 1547
Er ist geboren in Römhild in Thüringen und versieht die Pfarrei „für den rechten Pastor Rudolf von Forstmeister und nach dessen Tod für den Eitel von Carben“. Diese beiden „Pfarrer“ sind nur die Pfründeninhaber, d.h. sie erhalten ihren Anteil an den Einnahmen. Aber die eigentliche Arbeit vor Ort macht der Pfarrer Jaekel. Er heiratet Mittwoch vor Walpurgis 1520 in Ober-Ramstadt Margarete Betz, Tochter des Bürgers Melchior Betz aus Steinau. Er stirbt 1546 (oder 1547) in Wiesbaden.
Nach Wolfgang Jäkel soll es noch einen Kilian gegeben haben, der aber entlaufen ist (er steht deshalb nicht in der offiziellen Liste der Pfarrer)(laut Chronik Appel)
(2) S t e i n a u e r , Johann: 1548
Er ist geboren in Grüningen. Im Jahre 1548 ist er Pfarrer in Hochstadt, wird aber noch in demselben Jahr „wegen leichtfertigen und ärgerlichen Lebens abgeschafft“. Die Patrone (Kollatoren) Wilhelm und Quirin von Carben wollen ihn aber nicht beurlauben, „da er seine Pfarr mit dem lautern Wort Gottes und Reichung der hochwürdigen Sakramente bisher treulich und mit Fleiß versehen“. Sie verhandeln dann aber doch so viel mit ihm, daß er wegen begangener menschlicher Übertretung ein bußfertiges Leben annimmt, wie es an Dienstag nach Jacobi 1548 heißt. Konrad Appel gibt an, Johann Steinauer sei wieder „papistisch“ (römisch-katholisch) geworden.
(3) B u c h n e r , Ulrich: 1549 - 1563
Er ist geboren in Rückingen und wird 1541 in Heidelberg immatrikuliert. Durch den Hanauer Reformator Neunheller kommt er ins Amt. Er lehrt nach dem Augsburgischen Bekenntnis und Luthers Kleinem Katechismus, wie es im Visitationsprotokoll von 1562 heißt. Anfang 1558 wird er neben Superintendent Conrad Kleß und Pfarrer Johannes Corvinus aus Windecken nach Hanau berufen, um junge Theologen zu prüfen und zu ordinieren. Aber bei der Visitation von 1562 stellt sich heraus, daß er selber nicht ordiniert ist. Er stirbt 1563.
(4) B r i x i u s , Peter: 1564 - 1571
Er ist geboren in Staden in der Wetterau und zunächst von 1551 bis 1564 Schulmeister und Pfarrer in Bleidenstadt im Taunus. In Hochstadt ist er von 1564 bis 1571 Pfarrer. Er stirbt am 2. Juni 1571 im Alter von 41 Jahren. Sein Grabstein befindet sich in der Kirchhofsmauer innen rechts vom Turm; dort wird er als „ein Liebhaber christlicher Zucht und Wahrheit“ bezeichnet.
(5) P r e i ß , Johannes: 1571 - 1574
Er ist geboren in Kirchhain und wird 1555 in Marburg immatrikuliert. Von 1571 bis 1574 ist er Pfarrer in Hochstadt. Doch der Superintendent Kleß schreibt 1571 von ihm: Wenn er sich so fleißig zu seinen Büchern hielte, wie er sich zu guten Zechbrüdern gesellt, so würden ihm seine Predigten besser abgehen.
Man erzählt sich, daß die Hochstädter lieber mit ihm Wein trinken, denn daß sie zu seiner Predigt gingen. Im Herbst habe er bei den Zehntschreibern unter der Pforte bezecht gesessen und mit dem Munde gepfiffen und gesungen wie ein Schuh- oder Schneiderknecht.
Auch kürzlich habe er noch in seiner Stube mit lauter Stimme schandbare unzüchtige Buben- und Buhlenlieder gesungen bis Mitternacht. Auch auf Sankt Michaelsabend hat er bis in die tiefe Nacht tapfer gezecht, obwohl es doch ein Samstag war, wo er hätte studieren sollen. Die Predigt am anderen Tag war dann auch danach.
Über seine Predigt sagt der Superintendent: Seine Predigt ist in der Regel zwei Stunden lang, manchmal auch länger. Aber er geht nicht methodisch vor, fährt zum Himmel und wieder zur Hölle, spaziert bald zur Linken und bald zur Rechten, zieht Sprüche heran, die sich manchmal reimen wie die Faust aufs Auge, zieht die Schrift an den Haaren herbei, aber nicht dem Wort gemäß!
Im Jahre 1574 wird er abgesetzt und hält sich 1575, ohne ein Pfarramt zu haben, in Hanau auf. Verheiratet ist er mit der Tochter des Superintendenten Krug in Hanau.
(6) S c h u c h , Matthias 1574 - 1578
Er ist geboren in Frankfurt am Main (getauft am 29. November 1534) als Sohn des Steinmetzmeisters Matthias Schuch, und von 1574 bis 1578 Pfarrer in Hochstadt. Danach ist er Pfarrer in Kronberg im Taunus und in Niederwöllstadt. Er stirbt am 18. März 1605.
(7) G e r e u m , Nikolaus: 1578 - 1596
Er ist geboren in Hofheim am Taunus, studiert in Marburg und ist zunächst Diakon in Steinau. Von 1578 bis 1596 ist er Pfarrer in Hochstadt und führt die lateinische Namensform „Gerheumius“.
Am Palmsonntag 1596 stürmt das Volk die Kirche, wirft alle Bilder und Kruzifixe hinaus und zertrümmert die drei gemauerten Altäre. Die Wandmalereien werden mit weißer Farbe überstrichen und erst in unserer Zeit wieder freigelegt.
Pfarrer Gereum wird aus dem Dorf gejagt und abgesetzt, weil das reformierte Bekenntnis eingeführt werden soll. Ausschlaggebend sind also allein konfessionelle Gründe, er hat sich nichts zuschulden kommen lassen.
Man kann aber annehmen, daß die radikalen Maßnahmen des jungen Hanauer Grafen nicht von der ganzen Gemeinde geteilt werden. Wahrscheinlich gibt es auch weiter Anhänger Gereums in der Gemeinde, die sich nur äußerlich mit der reformierten Kirche abfinden und die später den Kern der späteren lutherischen Gemeinde bilden.
Gereum hat wohl ein eigenes Haus in Hochstadt gehabt, denn 1606 läßt er es durch den Schultheißen vermieten. Und 1613 heißt es, Selma Judt habe das Haus des Pfarrers Gereum angezündet. Im Jahr 1612 tritt er noch einmal als Zeuge bei einem Vertrag in Hochstadt auf. Von 1598 bis 1625 ist er Pfarrer in Ginsheim bei Groß-Gerau, wo er am 12. Mai 1625 stirbt.
(8) F r o h b e r g e r , Melchior: 1596 - 1597
Er ist zunächst Pfarrer in der Kurpfalz, dann von 1596 bis 1597 in Hochstadt und gleichzeitig Inspektor. Am 21. März 1597 bittet er um Urlaub für eine Reise nach Kreuznach wegen einer Erbschaft, die seiner Frau Elisabeth zugefallen ist; auch habe er noch Hausrat und seine Bibliothek in der Pfalz. Nach seinem Tod am 22. September 1597 heiratet seine Witwe am 6. Mai 1612 in Hanau den Witwer Hans Runkel, der Bewohner („Pfründner“) des Hanauer Hospitals ist.
(9) S c h l e m m e r , Johannes Leonhard: 1597 - 1606
Er ist geboren um 1571 in Altdorf, sein lateinischer Name lautet „Polyphagus“. Als vierzehnjähriges Waisenkind macht er in Nürnberg sein Examen und wird 1593 Magister der Universität Altdorf. Nach dem Pfarramt in Steinbach am Taunus ist er von 1597 bis 1606 Pfarrer in Hochstadt. Danach geht er nach Bruchköbel, wo er am 14. August 1613 an der Pest stirbt.
Verheiratet ist er in erster Ehe mit Katharina Rullmann, Tochter des Pfarrers in Ober- und Niederdorfelden; sie haben sechs Kinder. Der älteste Sohn Friedrich wird Pfarrer in Hanau.
Zu seiner Zeit hält sich noch ein Pfarrer Michael Rudolphus in Hochstadt auf, ein Flüchtling aus Franken, früherer Pfarrer in Oehringen und von 1596 bis 1597 Pfarrer in Bruchköbel. Danach lebt er in Hochstadt und erhält dort am 28. August 1601 seinen schriftlichen Abschied.
Im Jahre 1602 werden Schlemmer und seine Magd von der Frau des Cles Weber angezeigt: Die Beiden hätten sie zu unrecht bezichtigt, sie habe im Pfarrhaus Mehl aus dem Sack gestohlen, und sie sei im Pfarrhaus auch geschlagen worden. Es wird aber alles gütlich beigelegt.
Am 10. Mai 1606 hat Leonhard Schlemmer seine Abschiedspredigt gehalten und sich am folgenden Montag sich nach Bruchköbel begeben. Am Samstag, dem 14. August 1613, um 10 Uhr vormittags, ist Leonhard Schlemmer, Pfarrer zu Bruchköbel, ein freundlicher, herzlieber und getreuer „Gevatter“ in dem Herrn Jesu Christi, gestorben. Er ist dort 6 Jahre und 18 Wochen 5 Tage Lehrer und Prediger gewesen und in Hochstadt 9 Jahre und etliche Monate. Am 19. Mai 1614 hat Katharina, die Witwe Leonhard Schlemmers, Konrad Textor aus Hanau geheiratet. Der Kirchgang war am 7. Juni (Chronik Appel)
Schlemmer schreibt 1646 während des 30jährigen Krieges zwei Bittbriefe an die niederländische Kirchengemeinden um Unterstützung für die Pfarrer, Pfarrwitwen und Lehrer (aus dem Lateinischen, Original im Hanauer Geschichtsverein).
1. Brief des Pfarrers Friedrich Schlemmer
An den Höchstverehrlichen, Hochwürdigsten, Vortrefflichsten, Hochberühmtesten Herrn, Herrn Heinrich Hammer, der Kirche in 's Gravendeel treueifrigem Oberhirten, unserem Förderer, Schützer und Gönner, unserem höchstverehrlichen Bruder in Jesu Christo.
's Gravendeel
Gottes Gnade und Frieden zuvor! Höchstverehrlicher, Hochwürdigster, Vortrefflichster, Hochberühmtester Herr, unser Förderer, Schützer, Gönner und menschenfreundlichster, teuerster Bruder in Christo!
Weilen es nach dem Worte unseres Herrn und Heilands verkündet und all seinen Jüngern geboten ist, daß jeder sein Kreuz selber tragen solle, so haben auch wir dies in Handel und Tadel, in Kirche und Haus, zwar willigen und bereiten Gemütes, aber seufzenden Fleisches bisher vornehmlich versucht. Zu wem die Kunde unserer vielfachen und andauernden Heimsuchungen gedrungen ist, wer Josephs Plagen im Herzen trägt, dem kann diese Zeitung nicht neu und. unbekannt sein:
In unserer Grafschaft Hanau ist unsre Zahl gering und die Herde nur klein, soweit uns Gottes besondere Gnade überhaupt noch bisher gerettet hat. Allzu beklagenswert und bedrückt ist unser Zustand, die Fluren liegen größtenteils wüst, die Äcker brach, Steuern gehen entweder überhaupt nicht mehr oder doch nur äußerst selten und spärlich ein, die Kirchenkassen sind erschöpft, die Kirchengüter, die einst so vorzüglich und - wie viele Wohlgeneigte sicher wissen- überreichlich waren, sind durch den geringen Eingang unserer Einkünfte in den vielen zurückliegenden Jahren völlig wertlos und. ausgesogen worden, Macht und Kittel der Kirche sind mattgesetzt, ihr Vermögen verschwunden, unser eigener Besitz überdies ist elend genug, unser Zustand beklagenswert, man sieht nichts als Verwirrung.
Wir Diener der Wahrheit aber, soweit wir noch am Leben sind, sind mit den bedrängten Bewohnern des Hanauer Landes eingeschlossen, zittern und fürchten uns, unsern Pferch und enge Hütte aus Mangel an Lebensmitteln zu verlassen, oder gar - was ferne sei - aus unserem Amt zu scheiden aus Mangel an allem, was das Leben lebenswert macht.
Da uns ohnehin aber die Unlust bedrückt, die heftigste Not bedrängt, und, nachdem fast alle Ärzte geflohen sind, überall sich uns nur das Bild des Siechtums bietet, so können wir, erschöpft und in tiefste Armut gebracht, uns anders nicht mehr helfen, als daß wir die von wahrer und brüderlicher Nächstenliebe erfüllten Seelen unserer Beider in Christo anrufen und sie um Beistand und Hilfe anflehen, damit sie, wenn möglich, mit ihrer Fülle und ihren Vorräten uns in unserer Not und Bedürftigkeit zu Hilfe kommen. So fragen wir in größtmöglicher Unterwürfigkeit und mit aller Leidenschaft, zu der wir verpflichtet sind, bei Euch, verehrter Herr, an, ob Ihr bereit wäret, uns in unserer äußersten Bedrängnis beizustehen, dem Fleische der Gläubigen wieder aufzuhelfen und in frommer Freigebigkeit wenigstens uns sechs ärmeren Pfarrern, die wir in der Liste verzeichnet sind, mit irgend einer Beihilfe und Unterstützung zu Hilfe zu kommen und uns das elende Leben zu fristen Möchten doch die Pfarrherren der Dordrechter Kirche, die gewiß mit ihren Schutzbefohlenen große Lasten tragen, uns nicht abweisen, wenn wir ihnen diese Vorschläge unterbreiten und ihnen immer wieder unser frommes, christliches und brüderliches Anliegen vorstellen.
So möge denn die unerschöpfliche Güte Gottes, des Allmächtigen, des freigebigen Spenders aller Güter, uns gnädig sein, die Lehre Christi, unseres gemeinsamen Seligmachers, blühen, möge die andächtige Erbauung, die innerliche allersüßeste Gemeinschaft der Gläubigen offenbar werden, möge der erschöpfte Leib der Gläubigen wiederbelebt, die Notdurft der Gläubigen gestillt werden, möge der kristallklare Quell der göttlichen Lobpreisung reicher und strömender fließen!
Wir aber verehren Gott, den Allmächtigen, mit Bitten und flehen ihn im Gebete er, daß er Euch, verehrte Herren, in blühendem Stande bewahre, daß man ihn in Notzeiten umzog höher preise, dessen göttlichem Schutz und Schirm wir Euch, verehrte Herren, mit aller Treue und. Liebe, die uns Glaube und Natur verleihen. empfehlen. Wir aber vertrauen uns Eurer frommen und brüderlichen Gunst von Herzen an.
Gegeben Hanau am sechsundzwanzigsten März anno Domini 1646
Euer Gnaden ergebenste und. geneigteste Brüder der Grafschaft Hanau,
sechs bedürftige in der folgenden Liste angeführte Pfarrer,
in derer aller Namens, Friedrich Schlemmer, Diener am göttlichen Wort in Kesselstadt und Dörnigheim, mit eigener Hand.
Johannes Creß, Pfarrer in Hochstadt und Bischofsheim
Johannes Anton Riccius. Pfarrer in Bruchköbel und Nieder-Issigheim
Johannes Wilhelm Heupel, Pfarrer in Marköbel
Wilhelm Seipel, Emeritus und blind.
Johann Valentin Renser, Pastor in Rüdigheim.
2. Brief des Pfarrers Friedrich Schlemmer
An die Höchstverehrlichen. Hochwürdigsten, Hochberühmtesten, in Frömmigkeit Gelehrsamkeit und legend leichstvortrefflichen Herren der Kirchen in Dordrecht und Umgebung, an die treueifrigsten Pfarrherren, unsere Herren, Gönner und. Brüder in Christo, Höchstverehrlich in aller Art Liebe, Ehrerbietung und Unterwürfigkeit. Dordrecht
Heil vom Quell des ewigen Heiles zuvor, zugleich mit unseren dienstfertigen und zum äußersten im Herrn unterwürfigen Bitten! Höchstverehrliche, Hochwürdigste, Höchstberühmte, durch Frömmigkeit, Gelehrsamkeit und Tugend Höchstvortreffliche Herren, unsere Herren, Gönner und Brüder in Christo, Höchstverehrlich in aller Art Liebe, Ehrerbietung und Unterwürfigkeit!
Jeremias 14 Nr. 19: Ernst und Treffend klagte einst die Kirche vor Gott ihr Los: „Wir hofften, es sollte Friede werden, so kommet nichts Gutes. Wir hofften, wir sollten heil werden; aber siehe, so ist mehr Schaden da!“ Ebenso können auch wir nicht anders, wieder und wieder
müssen wir unser höchst widriges Los vor allem vor Gott und der Welt mit Stöhnen und Schluchzen beklagen.
Fast hätten auch wir schon - wie alle andern - vergeblich auf den Frieden gehofft: aber noch viel mehr, noch viel stärker, noch viel härter befiel und gefährdete uns, insbesondere uns in der Stadt und im Hanauer Lande, die Verwirrung, die Verzweiflung, das Elend, die Angst.
Fürchterlich ist Bellona, das schreckliche Ungeheuer, entsetzlich die Last dieses schrecklichen und ewigen Krieges in unsrer Gegend und Heimat. Wie eine Überschwemmung, die sich verheerend ergießt, so überfiel sie unser Vaterland, belagerte sie, bedrückte sie es vom ersten Anbeginn des Jahres an, dann im Monat Mai, von neuem um die Jahresmitte und später wieder.
Wieviel Übel daher, wieviel Elend, wieviel Unheil in den Haushaltungen, welche Verwirrung aller Verhältnisse daraus entstanden ist, läßt sich nicht ausdenken, geschweige denn aussprechen. Ein einigermaßen sicheres Bild davon kann sich nur machen, wer Ähnliches durchgemacht hat; gleichgültig lassen kann es nur den, der nie etwas Gleiches erlebt hat.
Um euch mit derbem Hausverstand wenigstens das Wichtigste hervorzuheben und euch vor Augen zu stellen: Wir aus der Umgebung sind mit den Familien, dem Vieh, mit der geringen Habe, haufenweise, gleichsam mit der Faust an der Gurgel hier in die Stadt getrieben worden und sitzen nun fest in Hangen und Bangen.
Wer weiter weg wohnte, wurde von den Überfällen und Raubzügen der Plünderer ausgeraubt. Sie verloren nahezu alles Vieh, ihre ganzen Herden, all ihre übrige Habe, ja das letzte Bündel Hirse, und irren seither wie blökende Schafe umher; viele auch wurden erwürgt und haben endlich ihre Ruhe.
Überall, wohin Du schaust, sind alle Gewächse der Erde, von denen Menschen und Vieh leben können, ja die Ernte selbst, die mancherorts unversehrt geblieben war, von den Äckern, Wiesen und Gärten, bis vor die Mauern und Tore der Stadt, ausgerissen. Unzählige Obstbäume sind umgehauen und verbrannt, die blühenden Weingärten und Reben sind allenthalben von Grund auf zerwühlt.
Auf dem Lande sind zahllose Kirchen und Gebäude, weltliche wie geistliche, die Gasthöfe, die Schulen zerstört und eingerissen, noch mehr wurden angezündet und eingeäschert, ja mancherorts ist ein ganzes Dorf mit vielen Heimstätten vollkommen ausgebrannt, sodaß nicht ein Schweinestall, geschweige denn eine Herdstelle übriggeblieben. In den meisten Dörfern kann sich zunächst kein Mensch mehr am Leben erhalten.
Dazu kommt, daß nicht der geringste Grund besteht, auf eine kommende Ernte zu hoffen, weil ja den einen Bauern ihre Herde, den anderen das Futter, diesen das Saatgetreide, jenen die Ackergeräte, allen aber - was das Schlimmste ist - Frieden und Sicherheit fehlen, mußten sie sogar in der Saatzeit die Felder unbebaut lassen.
Um aber zu denen zu kommen, die in die Hauptstadt, gleich wie zu einem heiligen Anker, geflohen sind, so entstand rings in der Stadt eine solche Verwirrung, daß keinem sein Gut zu eigen blieb, sondern alle sind, kunterbunt durcheinander gewürfelt! Man sieht Einheimische und Fremde, Städter und Bauern, in Mänteln und in Röcken, und alle rauben, plündern, verwüsten sie um die Wette, jeder was er für sich will und kann, jeder natürlich unter dem Vorwand eines Notstandes oder Rechtsanspruches, daß nur nichts für die Plünderer v o r den Mauern übrig bliebe.
Die Stadt selbst ist durch die Bürger und Bauern, schließlich durch die Truppen abwechselnd beider Parteien völlig aller Lebensmittel entblößt und ausgepreßt, seit einem halben Jahr andererseits durch die Angst vor den Kaiserlichen Truppen so gut wie abgeschnitten.
Bis zum Himmel schwillt das w irre Gestöhn der verhungernden Menschen und das Gebrüll des Viehs, die Luft ist verpestet von dem abscheulichen Gestank, der aus den Kadavern der verhungerten Tiere steigt.
So entstand eine neue, schnell schleichende Seuche und hat schon einige aus unseren und der Unsrigen Reihen gerissen, (unter denen besonders unser frommer Diener Gottes, Herr Heinrich Oraeus, Inspektor seligen Angedenkens zu nennen ist). Diese Seuche aber bringt uns Elendsten unter den Elenden wenigstens die tröstliche Hoffnung, es könne geschehen, daß sich Gott unsrer erbarme, in dessen Hände zu fallen besser ist als in die der Menschen, und daß er viele von dem größeren Übel sicher verhungern zu müssen, bewahren wolle.
Jeremias 14 Nr. 20, Psalm 119 Nr. 75 und 137, Jeremias 14 Nr. 21 - 22: „Herr, wir erkennen unser gottlos Wesen und unser Väter Missetat, denn wir haben wider Dich gesündigt, zweifellos wir vor allen, denn wir werden so sehr und so oft heimgesucht. Herr, du bist gerecht und dein Wort ist gerecht, niemandem ist jemals ein Unrecht geschehen! Aber um Deines Namens willen, laß uns nicht geschändet werden, laß den Thron Deiner Herrlichkeit nicht verspottet werden! Gedenke doch und laß Deinen Bund mit uns nicht aufhören. Da bist doch ja JEHOVA, unser Gott, auf den wir hoffen, denn du kannst solches alles tun!“
Das Elend, das wir hier nur unvollständig andeuten konnten, ist uns alle ausnahmslos gemein, Höchstmögende Herren! o unser der Diener am wahren göttlichen Wort, o unser der Schulmeister, unser der Witwen und Waisen Los, o ewiger Gott!
Von Tag zu Tag wird es in dieser Verwirrung schrecklicher und erbarmungswürdiger. Wenn wir schon v o r dieser neuerlichen und verheerenden Verwüstung, unser größeren, mittleren und kleineren Vermögenswerte beraubt, ohne den größten Teil unserer Einkünfte, von Schulden bedrückt - wenn wir schon damals kaum das nackte Leben fristen und unsere Blöße bedecken konnten, was soll aus uns - bei unserer Liebe zu euch - was soll aus uns jetzt, was soll aus uns später werden?
Deshalb, Hochmögende Gönner, wenn wir uns je nicht scheuten, Euch um Hilfe und Beistand anzugehen und beweglich zu bitten, so treibt uns nun doch die äußerste, bitterste Notwendigkeit, daß wir, tatsächlich von heftiger Scham vor Euch gerötet, dennoch schließlich nicht mehr ablasen können, Euch um diese Hilfe anzurufen, ja schließlich flehentlich zu beschwören. Wenn Ihr je jemandem, wenn Ihr je uns selbst einen Beweis Eurer Mildtätigkeit gabt, der besonders und vortrefflich geachtet ist, was habt Ihr sicherlich alles für andere, was habt Ihr tatsächlich schon für uns getan - laßt es doch nicht dazu kommen, daß die Quellen und Gießbäche Eurer Freigebigkeit eingedämmt, verdeckt, verschüttet werden!
Wer weiß, ob nicht Gott in seinem allerweisesten Ratschluß es um dieser Freigebigkeit willen hat geschehen lassen wollen und Eure Kirche und Euren Staat bisher behütet und geschützt hat, damit Ihr, wenn schon anderen, auch uns in unserem und zu Hilfe zu kommen sucht? Wir mahnen Euch aber immer wieder, wie es sich schickt und wie wir es in aller Unterwürfigkeit vermögen, daß Ihr das bald jetzt schon tut.
Daß Ihr es, ohne Einbuße in Euren Geschäften, recht lange zu tun sucht, erflehen wir insgesamt und jeder einzeln von Gott, dem unerschöpflichen Quell aller Freigebigkeit, aus diesem ewigen Quell mit heißen Wünschen, Bitten und Seufzern.
Hanau, in unserer Hauptstadt, am ersten Dezember 1646
Euer Verehrlichen und Herrlichen Würdigkeit unterwürfigste in der ganzen Grafschaft Hanau, die Pfarrer, Schulmeister und deren abgeschiedenen Witwen und Waisen, und deren aller Namen
Friedrich Schlemmer, Diener am Worte Gottes in Kesselstadt und Dörnigheim, mit eigener Hand,
Johannes Creß, Pfarrer in Hochstadt und Bischofsheim; Johann Anton Riccius, Pfarrer in Bruchköbel und Nieder-Issigheim.
Es folgt eine Liste von 26 Pfarrern, 10 Pfarrer-Witwen, 5 Pfarrer Waisen, 2 Pfarrgehilfen,
21 Schulmeistern, 6 Schulmeister-Witwen, 1 Schulmeister-Waisen (Staatsarchiv Marburg).
(10) H e r p e l i u s, Balthasar: 1607 - 1614
Er ist geboren in Münzenberg, wird 1601 in Herborn immatrikuliert und ist bis 1599 Schulmeister in Dorheim. Von 1607 bis 1614 ist er Pfarrer in Hochstadt. Am Dienstag, dem 21. Juli 1607, ist Pfarrer Balthasar Herpel nach Hochstadt gezogen. Er hat am 26. Juli seine erste Predigt gehalten über das Evangelium von dem falschen Propheten, und das erste Kind von Kilian Burger ist getauft worden. Taufpate war Johann Katzenburger.
Pfarrers in Windecken, zuletzt in Dorheim.
Am 5. Mai 1614 hat Pfarrer Balthasar Herpel seine Abschiedspredigt über Apostelgeschichte 20 gehalten. Am folgenden Tag, dem 6. Mai, hat er sich nach Rumpenheim ins Predigtamt begeben. Von Rumpenheim ist er nach Preungesheim gezogen und dort am 23. Juli 1625 gestorben (Chronik Appel). Danach ist er Pfarrer von Rumpenheim und Fechenheim und zuletzt Pfarrer in Preungesheim. Dort stirbt er mit all den Seinen 1624 an der Pest. Seine Frau ist Debora Wild, Tochter des
(11) A b e l , Konrad: 1614 - 1626
Er ist geboren in Marburg und wird 1603 auch dort immatrikuliert. Nach dem Amt des Schulmeisters und Diakonus in Dorheim wird er von 1614 bis 1626 Pfarrer in Hochstadt Am 8. Juli 1614 am Kilianstag hat der ehrwürdige und wohlgelehrte Herr Konrad Apel, bisher Pfarrer von Dorheim, hier in Hochstadt das Pfarramt angetreten. Johann Heuß ist als erstes Kind getauft worden. Nach seiner ersten Predigt ein Zeitlang schwach gewesen bis zum 16. Oktober (Chronik Appel). Danach ist er noch Pfarrer von Rumpenheim und Fechenheim und stirbt am 10. April 1629 in Rumpenheim. Verheiratet ist er seit 5. Juli 1614 mit Anna Dorothea Wild aus Dorheim, Tochter des Pfarrers Johannes Wild; als Witwe heiratet sie einen Hanauer.
(12) R ü c k e r , Jacob: 1626 - 1627
Er ist geboren am 26. Januar 1598 in Schlüchtern als Sohn des Pfarrers Martin Rücker. Nach dem Studium in Herborn und Frankfurt/Oder wirkt er von 1626 bis 1627 als Pfarrer in Hochstadt. Danach ist er noch in Kesselstadt, wo er 1634 stirbt.
Verheiratet ist er seit 27. März mit Margarethe Dreuth, Tochter des Pfarrers in Oberissigheim (drei Kinder). Seine Witwe heiratet am 23. August 1638 den Pfarrer Bernhard Buß in Oberdorfelden.
(13) F a b r i t i u s, Benjamin: 1627 - 1631
Er ist geboren in Danzig, studiert in Heidelberg und ist Diakonus in Gau-Odernheim. Ab 1622 ist er Pfarrer in Nierstein, wo er im Februar 1626 von den Spaniern abgesetzt, weil diese das katholische Bekenntnis einführen wollen. Er ist dann zunächst in Hanau ohne Pfarramt, bis er von 1627 bis 1631 Pfarrer in Hochstadt wird. Sein Name wird auch „Fabricius“ geschrieben, sein deutscher Name ist „Schmied“. Zuletzt ist er wieder Pfarrer in Nierstein, wo er am 23. November stirbt.
(14) C r e s s, Johannes: 1632 - 1661
Er ist 1599 in Schlüchtern geboren als Sohn des Bürgers Johannes Cress. Nach dem Studium in Herborn wird er zunächst Schulmeister in Hochstadt. Dann erhält er die Pfarrstelle in Rüdigheim. Schließlich kehrt er von 1632 bis 1661 als Pfarrer nach Hochstadt zurück; ab 1636 ist er auch für Bischofsheim zuständig.
Verheiratet ist er mit Helene Katharine geb. Heuser, Tochter des Pfarrers in Niederrodenbach (und von 1602 bis 1624 in Bischofsheim). Er schreibt 1637, daß er sowohl in Bischofsheim als auch in Hochstadt weder das tägliche Brot noch eine Wohnung habe. Seine ganz verarmten und ausgehungerten Pfarrkinder müssen sich kümmerlich und beschwerlich ernähren und können ihm deshalb mit keinen Nahrungsmitteln behilflich sein. Das Pfarrhaus in Bischofsheim ist eingeäschert und das in Hochstadt ist dermaßen ruiniert, daß es nicht zu reparieren ist.
Zusammen mit einem Bauern nimmt er 1638 einen Kredit von 70 Reichstalern auf zum Kauf von zwei Ochsen. Und 1654 nimmt er ein Darlehen von 100 Gulden auf und versetzt dafür sieben Weingartenstücke (da seine Frau auch Darlehensnehmerin ist, kommt der Grundbesitz vielleicht von ihr her).
Auf einem Pfarrkonvent in Hochstadt wird beschlossen, eine Betstunde am Mittwoch einzuführen. Doch die Dörnigheimer Presbyter weigern sich zunächst: „Wenn die Hochstädter anfangen, werden wir folgen!“ Doch dem Dörnigheimer Pfarrer gelingt die Einführung auch ohne die Hochstädter (1777 gibt es dort sogar zwei Betstunden in der Woche).
Vielleicht hängt das zusammen mit dem Konvent am 5. Februar 1657. Da visitieren die Geistlichen der Pfarreiklasse sowie weltliche und geistliche Beamte aus Hanau zunächst die Schule. Dann ziehen sie in die Kirche, wo der Ortspfarrer zu predigen hat.
Die Gliederung der Konventspredigt hat er vorher in lateinischer Sprache dem Inspektor vorgelegt. Er predigt über Lukas 19, 2 10: „Heute ist diesem Hause Heil widerfahren!“ Er wendet das an auf die Kirche, das Pfarrhaus, das Schulhaus und jedes Haus in der Gemeinde.
Danach erläutert der Inspektor das weitere Verfahren der Visitation: Die Pfarrer verteilen sich unter die Gemeinde und fragen jeden ab, ob er den Katechismus kann. Nach diesem Examen wird die Gemeinde mit Gebet und Segen entlassen. Danach wird im Pfarrhaus weiterverhandelt.
Johannes Cress stirbt schließlich am 28. Februar 1662 in Schlüchtern beim Besuch seiner Schwestern. In der dortigen Klosterkirche ist er auch begraben. Sein Grab trägt eine lateinische Grabinschrift, denn er war ein Lateindichter.
Im Jahre 1634 gibt er ein volkstümliches Buch heraus, ein Rätselbüchlein oder „Christlicher Zeitvertreiber“. Darin stellt er Dinge aus der Natur oder Ereignisse von Menschen den Aussagen der Heiligen Schrift gegenüber. Außerdem enthält das Buch gereimte Gesänge. Gedruckt wird es in Frankfurt. Es befindet sich in der Darmstädter Landesbibliothek. Es ist Hochstädter und Schlüchterner Bürgern gewidmet, die namentlich alle aufgezählt werden.
Eine Kostprobe aus dem Buch:
„Denn ein schön Weib
ohn Zucht vnnd voller Schandt,
ist wie ein Saw
mit eim Gulden Haarband!" (Saw = Sau).
Cress zeichnet sich durch poetische Begabung und große Sprachgewandtheit aus. So schreibt er längere Verse auf Jakob Ramsay, den Hanauer Kommandanten im Jahre 1636, die sich unter zwei Porträts in der Kupferstichsammlung der Universität Göttingen befinden. Und 1638 schreibt er in lateinischen und deutschen Versen ein Gedicht zum Tode des Grafen Philipp Moritz von Hanau.
(15) H a t z m a n n, Johann Karl: 1661 - 1677
Geboren ist er 1638 in Birlenbach in Nassau. Seit 1659 ist er Gehilfe („Adjunkt“) des Pfarrers Cress in Hochstadt. Er heiratet eine (!) seiner Töchter, aus der Ehe entstammen zehn Kinder. Von 1661 bis 1677 ist er Pfarrer in Hochstadt. Am 16. September 1689 stirbt er in Bischofsheim.
Zu seiner Zeit, im Jahre 1670, vermacht eine Witwe der Kirche, den Lehrern und Schulkindern einige Schenkungen (Legate). Auch der Pfarrer soll 20 Reichstaler erhalten. Aber beim Verkauf des Nachlasses stellt sich heraus, daß die Schulden höher sind als der Wert, so daß keiner etwas bekommt.
Über die Aufteilung der Besoldung zwischen den Pfarrern Filber und Hatzmann gibt es im Staatsarchiv Marburg ein Aktenstück.
(16) F i l b e r, Johann Jacob: 1677 - 1679
Er ist 1633 geboren in Bacharach als Sohn des Schuhmachermeisters Johannes Filber, der zuletzt Bürger in Hanau ist. Er wird auch in Hanau immatrikuliert und ist zunächst Pfarrer in Nauheim (heute: Bad Nauheim). Ab September 1677 ist er Pfarrer in Hochstadt. Von 1679 bis 1682 ist er Pfarrer von Rumpenheim und Fechenheim. In Rumpenheim wird er dann in den Ruhestand versetzt. Am 2. November 1686 stirbt er in Friedberg.
Verheiratet ist er seit 14. Januar 1662 in Nauheim mit Anna Maria Pincier, die aber am 2. Januar 1674 dort stirbt. In Hochstadt ist er also schon Witwer, unter den Abendmahlsgästen findet sich nur seine Mutter. Er hat drei Kinder.
(17) M o g i u s , Johann Ludwig: 1679
Am 8. Sonntag nach Trinitatis 1642 wird er in Diez getauft. Er ist Sohn des Johannes Mogius, Fürstlich Nassauischer Verwalter („Keller“) zu Diez. Im Jahre 1661 wird er in Herborn immatrikuliert unter dem Namen „Scrophinus“, der lateinischen Form von Mogk („Muck“ = weibliches Schwein). Nachdem er Pfarrer von Rumpenheim und Fechenheim war, wird er im April 1679 Pfarrer in Hochstadt. Danach ist er noch in Bergen, wo er in der Kirche stirbt.
Verheiratet ist er mit Elisabeth Susanna, Tochter des Pfarrers Peter Nister in Hanau. Im Hochstädter Kirchenbuch sind nur sechs Eintragungen von ihm, die letzte am 26. August 1679 ist noch dazu unvollständig.
(18) B ö h m , Philipp Ludwig: 1679 - 1687
(1691 - 1701)
Er ist 1645 oder 1646 in Dorheim geboren. Zunächst ist er von 1679 bis 1687 Pfarrer in Hochstadt, danach von 1688 bis 1691 Pfarrer in Kesselstadt und von 1692 bis 1701 wieder Pfarrer in Hochstadt. Danach ist er Pfarrer in Rumpenheim (und Fechenheim) und Pfarrer in Wachenbuchen. Am 23. Januar 1723 stirbt er in Ravolzhausen im Alter von 77 Jahren als Pensionär („Emeritus“).
Seit 1673 ist er verheiratet mit Maria Engelhard aus Hanau; sie haben acht Kinder. In zweiter Ehe ist er seit 1694 verheiratet mit der Witwe Anna Elisabeth André, die in Brasilien geboren wurde. Die Tochter Marita Margaretha heiratet am 25. August 1698 den Hochstädter Lehrer und Organisten Johannes Lang.
(19) S c h e e l, Sebastian: 1688 - 1691
Er ist am 25. Dezember 1659 in Hanau geboren als Sohn des Schuhmachers und gräflichen Fruchtmessers Nikolaus Scheel. Von 1688 bis 1691 ist er Pfarrer in Hochstadt und danach noch kurz in Rüdigheim, wo er am 20. Mai 1691 stirbt.
Verheiratet ist er seit 1688 mit Maria Pezenius, Tochter des Hanauer Inspektors. In Hochstadt hält er erstmals am 20. Januar 1688 eine Kindtaufe. Er ist der erste Pfarrer, der außer dem Taufdatum auch das Geburtsdatum aufschreibt.
(20) B ö h m , Philipp Ludwig: 1691 - 1701
Er war schon von 1679 bis 1687 Pfarrer in Hochstadt. In der zweiten Periode hat er einige Schwierigkeiten mit verschiedenen Einwohnern. Ein Wilhelm Strohl verbittet sich 1694 den Besuch des Pfarrers; als er dann stirbt, hält der Pfarrer eine entsprechende Predigt.
Auch ein Nikolaus Schäfer lädt den Pfarrer und seine Frau nicht zur Tauffeier ein, obwohl das doch sozusagen ein Teil seines Einkommens ist. Schäfer hatte nämlich zusammen mit seinem Vater und dem lutherischen Schulmeister(!) dem Pfarrer Kraut vom Feld gestohlen und der Pfarrer hatte ihn von der Kanzel als einen „Kirchenräuber“ bezeichnet. Über die Suspendierung des Pfarrers Böhm gibt es im Staatsarchiv Marburg ein Aktenstück von 1673-1699
(21) B e n d e r , Heinrich
Daniel:
1701 - 1724
Er ist am 5. August 1648 in Hanau geboren als Sohn des Pfarrers Georg Bender in Rumpenheim. Nachdem er Pfarrer in Dörnigheim und Kesselstadt (1678 bis 1687) sowie in Steinau (1687 bis 1696) und in Rumpenheim (und Fechenheim) ist (1696 bis 1701), wird er 1701 Pfarrer in Hochstadt.
Verheiratet ist er mit Rahel Dufour aus der wallonischen Gemeinde in Hanau, mit der er acht Kinder hat. Er hat ein schwer lesbare Schrift. Am 15. Januar 1724 stirbt er in Hochstadt und wird am 19. Januar begraben. Die Leichenpredigt hält Inspektor Friedrich Grimm über das von Bender gewählte Bibelwort 1. Timotheus 1,15 und 1. Korinther 4,3. Sein Sohn wird sein Nachfolger und widmet ihm im Kirchenbuch einen langen Nachruf. Ein weiterer Sohn wird Pfarrer in Roßdorf.
Im Staatsarchiv Marburg gibt es mehrere Aktenstücke zu Pfarrer Bender:
Schon 1693 gibt es ungeziemende Ausdrücke und Beschuldigungen des Pfarrers Bender in einem Schreiben an das Konsistorium, daß sie gegen die Landeskinder kein vaterländisches Gemüt hätten, sondern sie bei Bewerbungen zurücksetzten und ausländische vorzögen.
Üble Aufführung des Pfarrers Bender 1695-1725
Beleidigung des Friedrich Andreas Rohn gegen Pfarrer Bender 1717
Die „Verlassenschaft“ des Pfarrers (Christian Wilhelm) Bender 1721-1729
Die üble Aufführung des Pfarrers Bender, Suspendierung und Übertritt zur katholischen Religion 1724-1725
(22) B e n d e r , Christian Wilhelm: 1724 - 1726
Er ist am 25. Mai 1689 in Steinau geboren als sechstes Kind des Pfarrers Heinrich Bender (Nr. 21). Von 1718 bis 1724 ist er Gehilfe (Adjunkt) seines Vaters und anschließend bis 1726 Pfarrer in Hochstadt.
Verheiratet ist er seit 1718 mit Johanna Angelika Grimm aus Bergen, Tochter des (verstorbenen) Zentgrafen, mit der er fünf Kinder hat. Im Jahre 1726 tritt er zum Katholizismus über und zieht nach Bergen. Die Aufsicht über die Kirchenrechnung hat er nur nachlässig geführt, vor allem fehlen die Belege. Auch die Baumeisterrechnung ist nur liederlich geführt.
(23) J ü n g s t , Johannes Justus: 1726 - 1730
Er ist 1692 in Herborn geboren als Sohn des Bürgermeisters Johann Jakob Peter Jüngst. Nach dem Studium in Herborn und Bremen ist er von 1726 bis 1730 Pfarrer in Hochstadt. Am 15. Juni 1727 wird er offiziell präsentiert und angestellt. Über die Bestellung des Pfarrers Jüngst durch Inspektor Grimm gibt es im Staatsarchiv Marburg ein Aktenstück von 1723. Am 5. März 1730 geht er nach Dillenburg als Hofprediger, Erster Stadtprediger und Konsistorialrat. Er stirbt am 28. Juli 1748 in Dillenburg.
(24) E b e r h a r d , Johann Heinrich: 1730 - 1765
Er ist am 22. August 1706 in Fechenheim geboren als Sohn des Bierbrauers und Gastwirts Engelhard Eberhard. Bis 1730 ist er Gehilfe in Ravolzhausen und hält am 5. September 1730 seine Antrittspredigt in Hochstadt, wo er bis 1765 tätig ist. Verheiratet ist er seit 3. November 1728 mit Katharina Elisabeth Böhm, Tochter des Pfarrers in Ravolzhausen, mit der er sechs Kinder hat.
Er achtet sehr auf die Moral in der Gemeinde. So beschwert er sich, daß der Schuster Schäfer noch nach dem Feierabendläuten gearbeitet und geklopft hat. Als die Magd des Pfarrers ihm das verbieten soll, lacht er sie aus. Dafür wird der Schuster zu drei Gulden Strafe verurteilt, dem Preis für drei Paar Schuhe. Zusammen mit dem Schultheißen beobachtet Eberhard, was sich im Haus des Nagelschmieds tut, wo die Burschen „Ärgerliches“ treiben und Karten spielen.
Im Jahre 1736 will er zwei Leute nicht im Presbyterium haben, kann sich aber nicht durchsetzen. Im Jahre 1753 bekommt er nach einem Prozeß seine Vergütung („Dotation“) wieder ausbezahlt. Und 1754 hat er einen Streit mit der bürgerlichen Gemeinde; vielleicht geht es um die Schule, denn der herrschaftliche Bauverwalter kommt zweimal nach Hochstadt. Doch bei den Visitationen 1744, 1763 und 1765 ist so gut wie nichts zu bemängeln, der Pfarrer wird als fleißig bezeichnet.
In den Jahren 1740-1753 gibt es laut Staatsarchiv Marburg mehrere Beschwerden des Pfarrers Eberhard, daß ehemals reformierte Kadukgüter an die lutherische Pfarrei gegangen seien
(25) K ü h n , Franz Daniel: 1766 - 1774
Er ist am 2. März 1727 in Hanau geboren als Sohn des Zeitungsschreibers Johannes Martin Kühn. Im Jahre 1765 wird er Vierter Reformierter Pfarrer in Hanau. Von 1766 bis 1774 ist er Pfarrer in Hochstadt.
In Altenhaßlau heiratet er am 14. Juni 1764 Katharina Charlotte geb. Ihm aus Hanau, Tochter eines Regierungs- und Konsistorialrats. Sie haben keine Kinder. Gelegentlich klagt er über seine schwache Gesundheit.
Nach der Einführung in der Kirche in Hochstadt wird er auf dem Pfarrhof durch den Amtmann der Gemeinde vorgestellt. Alle müssen ihm das Handgelübde ablegen. Aber wahrscheinlich besteht von Anfang an eine Opposition gegen ihn. Bald nach dem Amtsantritt weigert sich die Gemeinde, ihm das Fastnachtshuhn, zwei Viertel Wein und den Johannisgulden zu zahlen. Erst nach vier Jahren wird sie gerichtlich dazu gezwungen.
Die Beschwerde des Pfarrers Eberhard über Schultheiß und Ortsgericht wegen der Mastungswähr wird in einem Aktenstück von 1761-1765 im Staatsarchiv Marburg behandelt.
Aber seine Amtsführung ist sauber und sein Auftreten gegenüber dem Konsistorium ist fest. Mit der Kirchengemeinde gibt es vor allem Schwierigkeiten wegen der Länge der Predigt.
Schon 1767 werden die Pfarrer ermahnt, die Predigt nicht zu lang zu machen. Die Predigten sollen der Erbauung dienen, die zahllosen Wiederholungen, Abschweifungen und persönlichen Bemerkungen sollen unterbleiben. Keine Predigt soll länger als eine dreiviertel Stunde dauern, die Gottesdienste nicht länger als eineinhalb Stunden.
Die Dienstag- und Donnerstaggottesdienste dürfen höchstens eine Stunde dauern, es darf auch nicht zu lange geläutet werden, um 8 Uhr muß alles vorbei sein. Wenn der Pfarrer sich nicht daran hält, droht ihm sogar eine Gehaltskürzung.
Dementsprechend beschweren sich dann auch die Hochstädter bei der Visitation am 18. bis 21. Juni 1771, daß der Pfarrer den Eingang der Predigt zu lang mache. Die Gottesdienstbesucher müssen dabei stehen, und das fällt vor allem den Alten, Kranken und Schwachen schwer.
Kühn gibt zu, daß er mit Absicht einen großen Teil seiner Predigt in den ersten Teil lege, weil die Leute einschliefen, wenn sie erst säßen. Wer sich aus Schwäche oder Krankheit setzen müsse, dürfe das tun.
Aber auch mit der Jugend gibt es Schwierigkeiten. So wettert der Pfarrer gegen ein Frühlingsfest, bei dem ein großes Feuer aus gestohlenem Holz und Stroh abgebrannt wird. Der Pfarrer hält das für einen heidnischen Brauch, der von ihm „Paliafest“ genannt wird (siehe „Aberglaube“.
Der schon immer etwas kränkelnde Kühn wird 1773 von seinem Amt beurlaubt und stirbt bald darauf (letzte Eintragung im Kirchenbuch am 16. Dezember 1773).
(26) H o e n e , Johann Philipp: 1774 - 1818
Er ist am 18. September 1739 in Hintersteinau geboren als Sohn des verstorbenen Adolf Rudolf Hoene, reitender Förster in Hintersteinau. Nach dem Studium in Marburg ist er 1768 zunächst im reformierten Waisenhaus tätig und von 1772 bis 1774 Vierter Reformierter Pfarrer in Hanau. Von 1774 bis 1818 ist er Pfarrer in Hochstadt.
Verheiratet ist er seit 26. Mai 1774 im Pfarrhaus mit Johanna Luise Zimmer, Tochter eines Kanzleirats in Hanau, mit der er fünf Kinder hat. Die Tochter Philippine führt nach dem Tod der Mutter 1814 den Haushalt und leistet auch in der Landwirtschaft Hervorragendes. Pfarrer Hoene betreibt nämlich selber die Landwirtschaft zusammen mit dem Knecht Daniel Koch.
Trotz mehrerer überstandener Krankheiten hat er auch im Alter eine besondere Leibesstärke. Er stirbt schnell am 23. Juni, nachdem er noch am Morgen einen Arzt in Hanau aufgesucht hat. Am 24. Juni wird er bestattet. Die Leichenrede hält Pfarrer Freund aus Wachenbuchen über 1. Timotheus 3,13.
Seine Frau ist die ältere Schwester der Mutter der Brüder Grimm. In ihren „Jugendbriefen“ erwähnen sie die sympathische Tante und auch ihre Besuche im Hochstädter Pfarrhaus.
Die Töchter haben 1819 Auseinandersetzungen mit dem Pfarrer Theobald, weil sie den privaten „Kirchenschrank“ mit nach Hanau genommen haben, in dem sich dann noch 500 Gulden finden. Sie zahlen über 361 Gulden an die Kirchengemeinde als Ausgleich für den eigenmächtig angeschafften Altar.
(1) J u n k e r , Johann Martin: 1691 - 1698
Nach der Gründung der lutherischen Kirchengemeinde im Jahre 1686 hält zunächst ein Rektor aus Hanau den lutherischen Gottesdienst. Es handelt sich wohl um denselben Rektor, dem nach Fertigstellung des Pfarrhauses die erste lutherische Pfarrstelle übertragen wird: Johann Martin Junker.
Er wird um 1640 in Frankfurt geboren und ist nach dem Studium in Gießen zunächst (ab 1670) Lehrer („Präzeptor“) und Kantor an der Lutherischen Schule in Hanau und ab 1678 deren Rektor. Von 1691 bis 1698 ist er gleichzeitig Pfarrer der lutherischen Gemeinde in Hochstadt. Das Kirchenbuch beginnt er am 14. Januar 1687.
Verheiratet ist er seit 29. September 1670 mit Anna Elisabeth Gerth aus Sprendlingen, Tochter des Pfarrers Johann Konrad Gerth. Sie haben fünf Kinder, aber die Frau stirbt im Alter von 23 Jahren.
In zweiter Ehe ist er verheiratet seit dem 12. September 1678 mit Anna Magdalena Luck aus Buchsweiler im Elsaß, Tochter des Gräflich Hanau-Lichtenbergischen Regierungsrats Luck, mit der er sechs Kinder hat.
Ein Enkel ist Georg Adam Junker, getauft am 31. Oktober 1720 in Hanau, Erzieher der Söhne des Freiherrn von Edelsheim in Hanau, Professor der deutschen Sprache an der Militärschule in Paris, Verfasser von Schriften über die deutsche Literatur und zahlreicher Übersetzungen der deutschen klassischen Dichter in die französische Sprache.
(2) S c h l ü m b a c h, Sebastian: 1701 - 1705
Er ist geboren am 20. Februar 1654 in Zeitlofs als Sohn des Pfarrers Michael Schlümbach. Nach dem Studium in Gießen wird er von 1684 bis 1701 Pfarrer in Höllrich (Unterfranken) und von 1701 bis 1705 Pfarrer in Hochstadt. Danach ist er noch von 1705 bis 1728 Pfarrer in Höchst an der Nidder.
Verheiratet ist er seit 14. September 1686 mit Margarete Saltzmann, Tochter des Freiherrlich von Münsterschen Verwalters in Niederwerrn (Unterfranken), mit der er sechs Kinder hat. Er stirbt am 28. September in Höchst an der Nidder.
(3) W a n n e m a c h e r, Johann Philipp: 1706 - 1711
Er ist geboren in Seeheim an der Bergstraße als Sohn des Zehntgrafen Johann Otto Wannemacher. Nach dem Studium in Gießen und Leipzig ist er dann von 1706 bis 1711 Pfarrer in Hochstadt. Wegen Krankheit kann er ab 1711 das Pfarramt nicht mehr ausüben und liegt vier Jahre krank bei seinem Schwager, dem Burgvogt in Hanau. Dort stirbt er am 11. Juli 1715.
Bis zum Sommer 1713 übernehmen der lutherische Pfarrer Herpel aus Fechenheim und der Rektor der lutherischen Schule in Hanau, Johann Ernst Greding (seinerzeit ein bekannter Liederdichter), die pfarramtlichen Aufgaben in Hochstadt.
(4) S e b a s t i a n, Johann Georg 1713 - 1733
Er ist am 7. Januar 1677 in Weimar geboren als Sohn eines Schuhmachers. Zunächst ist er Lehrer und Kantor in Hanau und von 1704 bis 1711 Pfarrer in Rodheim vor der Höhe. Von 1713 bis 1733 ist er Pfarrer in Hochstadt. Danach ist er noch Pfarrer in Seckbach (1733 bis 1742) und Babenhausen (1742 bis 1766), wo er am 10. Juli 1766 stirbt. Verheiratet ist er in erster Ehe mit Katharina Bechtold (drei Kinder) und in zweiter Ehe mit Johanna Maria Justina Rommel, mit der er am 16. Mai 1730 in Hochstadt getraut wird.
Bei der Konfirmation 1714 beklagt Sebastian sich sehr, daß die Gemeinde durch die jahrelange Krankheit des Vorgängers vernachlässigt sei und die Kinder kaum zur Kirche angehalten würden und kaum etwas aus dem Katechismus auswendig könnten.
Außerdem wird er gehindert, im Rathaus in Bischofsheim Leichenpredigten für lutherische Gemeindeglieder zu halten (Aktenstück im Staatsarchiv Marburg 1716-1722).
(5) S c h w a l b, Johann Heinrich: 1733 - 1740
Johann Heinrich Schwalb ist geboren in Petterweil als Sohn des Pfarrers Johann Heinrich Schwalb. Im Jahre 1705 wurde er an der Universität Gießen immatrikuliert. Am 15.Oktober 1713 wird er von Graf Johann Reinhard zu Hanau für Obereschbach berufen, seit 18. Oktober 1713 ist er im Pfarrhaus Rodheim wohnhaft, als lutherischer Pfarrer wird er in Obereschbach eingeführt am 21. Januar 1714. Dort hält er die letzte Predigt am 24. November 1720. Danach ist er bis 1733 Pfarrer in Rodheim vor der Höhe. Von 1733 bis 1740 ist er Pfarrer in Hochstadt und Kesselstadt. Verheiratet ist er seit 3. Dezember 1709 mit Maria Katharina Balser, Tochter des Johann Balthasar Balser, Mitobereinnehmer und Stadtschreiber in Gießen. Sie haben sechs Kinder; eine Tochter ist verheiratet in Hochstadt mit Johannes von der Au, herrschaftlicher Lakai. Er stirbt am 28. März 1753 in Arolsen beim Besuch seines Schwagers.
Es gab Querelen um seine Amtsführung, es gibt hierzu mehrere Akten im Staatsarchiv Marburg (Bestand 83). Er wird „removiert“ (versetzt). Angeblich ist er 1746 zeitweilig Lehrer in Petterweil (siehe auch Genealogieprogramm).
(6) R u m p f , Johann Jakob: 1741 - 1757
Das Konsistorium schlägt am 10. Juni 1741 dem Fürsten den Pfarrer Rump aus Bergen vor. Dort erhält er so wenig Geld, daß er sich nicht einmal ein Buch kaufen kann. Einige Gemeindeglieder hatten allerdings den Pfarrer Louis aus Bruchköbel haben wollen, der aber von schwächlicher Gesundheit ist.
Rumpf ist geboren am 29. Mai 1711 in Altenstadt als Sohn des Schneiders Johann Andreas Rumpf. Von 1738 bis 1741 ist er Pfarrer in Bergen und von 1741 bis 1757 Pfarrer in Hochstadt. Danach ist er bis 1766 zunächst Zweiter, dann Erster Pfarrer in Babenhausen. Dort stirbt er am 22. September 1787. Verheiratet ist er seit 11. Februar 1739 mit Maria Katharina Haßner, Tochter des Pfarrers Daniel Haßner, zuletzt in Rüsselsheim, mit der er fünf Kinder hat. Die Tochter Elisabeth Philippine heiratet später den lutherischen Pfarrer Aumann in Hochstadt.
Beschwerden einiger Gemeindeglieder gegen Pfarrer Rump gibt es laut Staatsarchiv Marburg in den Jahren 1744 - 1749 und auch 1751 (auch Leute aus Dörnigheim). Andererseits gibt es Beschwerden des Pfarrer Rump gegen Schulmeister Schneider in den Jahren 1752-1756 (das ist ein Nachweis, daß es diesen Lehrer in Hochstadt gab).
Allgemein ist zu sagen: Viele Pfarrerssöhne werden Handwerker oder heiraten Hochstädter Mädchen und werden Bauern, bleiben also in Hochstadt wohnen.
(7) B l u m , Johann Lorenz: 1757 - 1761
Das Konsistorium schlägt am 14. Februar 1757 den Kandidaten Johann Lorenz Blum vor, der am 15. Juli 1731 in Selters bei Ortenberg geboren ist als Sohn des verstorbenen Pfarrers Johann Georg Blum. Nach dem Studium in Jena wird er 1757 Pfarrverweser („mit der Versehung der Stelle beauftragt“) in Bieber. Er wird auch gewählt und ist von 1758 bis 1761 Pfarrer in Hochstadt und danach Pfarrer in Seckbach, wo er am 13. August 1788 stirbt. Verheiratet ist er mit Margarete Paulina geborene Rübsamen, Tochter des Pfarrers Christian Rübsamen in Münzenberg, mit der ein Kind hat.
(8) A u m a n n, Johannes: 1761 - 1769
Er ist am 18. Februar 1734 in Babenhausen geboren als Sohn des Herrschaftlichen Zeugverwalters und Ratsverwandten Nikolaus Aumann. Von 1762 bis 1768 ist er Pfarrer in Hochstadt. Danach ist er Pfarrer in Sickenhofen, Steinau, Bergen und Langstadt, wo er am 23. Dezember 1793 stirbt.
Verheiratet ist er mit Elisabeth Philippine Rumpf, Tochter des früheren lutherischen Pfarrers in Hochstadt, mit der er zwei Kinder hat. Im Jahr 1765 wird einmal erwähnt, daß er Schulden bei der Gemeindekasse hat. Im April 1767 erhält er eine einmalige Zuwendung von 30 Gulden aus der Kirchenkasse Steinau (dort war die Stelle nicht besetzt). Er wird im April 1769 nach Sickenhofen berufen. Nach seiner Hochstädter Zeit ist er noch zweimal verheiratet.
(9) K r a u s , Johann Wilhelm: 1769 - 1777
Als Nachfolger für Aumann wird Johann Wilhelm Krause, Adjunkt in Bieber, vorgeschlagen Dieser soll zunächst nach Dudenhofen gehen, wird aber dann doch Pfarrer in Hochstadt.
Eine Beschwerde des Pfarrers Krause gegen den Pfarrer Aumann aus dem Jahre 1769 findet sich im Staatsarchiv Marburg.
Kraus ist am 20. Januar 1736 in Schweinfurt geboren als Sohn des Kaufmanns und Handelsmanns Johann Philipp Kraus. Er ist zunächst Lehrer am Waisenhaus in Frankfurt am Main und Pfarrgehilfe in Bieber. Von 1769 bis 1777 ist er Pfarrer in Hochstadt. Danach ist er Pfarrer in Dudenhofen und Zweiter Pfarrer und Rektor in Babenhausen und schließlich Erster Pfarrer in Babenhausen. Dort stirbt er am 27. Dezember 1818.
Verheiratet ist er seit 3. Juli 1769 mit Marie Sophie Wittich, Tochter des Pfarrers Johann Georg Wittich in Dudenhofen, mit der er zwei Kinder hat. In zweiter Ehe ist er verheiratet seit dem 25. April 1774 mit Katharina Wittich, der Schwester der ersten Frau (acht Kinder).
Die Pfarrer Rump und Aumann beschweren sich wegen des Besoldungsholzes aus den Jahren 1759 bis 1770 (Seite 977 ein handschriftliches Schreiben des Pfarrers Aumann vom 7. Juli 1764).
(10) R e u l i n g, Andreas: 1777 - 1778
Als Nachfolger von Pfarrer Kraus wird am 19. April 1777 von der Gemeinde der Kandidat Körber in Fechenheim vorgeschlagen. Das Konsistorium will aber am 30. April die Kandidaten Andreas Reuling aus Babenhausen oder Johann Andreas Diehl in Langstadt. Reuling erhält am 1. Mai die Stelle.
Er ist am 24. Oktober 1753 in Babenhausen geboren als Sohn des Wagners Johannes Balthasar Reuling. Nach dem Studium in Gießen wird er vom 1. August 1777 bis 1. Juli 1778 Pfarrer in Hochstadt. Danach ist er Pfarrer in Bruchköbel, Ginnheim und Lohrhaupten, wo er am 30. Juni 1826 stirbt. Verheiratet ist er zunächst mit Katharine Philippine Maurer, mit der er vier Kinder hat. In zweiter Ehe ist er verheiratet mit Christina Blum, Tochter des früheren lutherischen Pfarrers in Hochstadt.
Reuling wird aber bald nach Bruchköbel versetzt, so daß am 23. März 1778 doch Körber die Stelle erhält.
(11) K ö r b e r , Christian Karl Ludwig: 1779 - 1794
Er ist am 21. September 1751 in Hanau geboren als Sohn des lutherischen Inspektors Johann Jakob Körber. Nach dem Studium in Erlangen wird er von 1779 bis 1794 Pfarrer in Hochstadt und Kesselstadt. Danach ist er Pfarrer in Langstadt, wo er am 26. Dezember 1812 stirbt. Verheiratet ist er seit 22. Februar 1779 in Hochstadt mit Anna Elisabeth Sattler aus Oberwallmenach bei St. Goarshausen.
(12) K a h n t, Johann Jakob: 1794 - 1801
Auf die Stelle haben sich neun Bewerber gemeldet. Das Konsistorium schlägt am 19. März 1794 Johann Jacob Kahnt aus Steinau vor, der von seiner Krankheit wieder vollständig genesen ist. Im April wird er berufen. Kahnt ist geboren am 21. November 1763 in Hanau als Sohn des Sattlermeisters Johann Friedrich Kahnt. Nach dem Studium in Marburg wird er zunächst Zweiter lutherischer Pfarrer in Steinau. Von 1794 bis 1801 ist er Pfarrer in Hochstadt. Verheiratet ist er seit 25. Juni 1792 in Steinau an der Straße mit Henriette Schöller, der Tochter des niederländisch-reformierten Pfarrers in Hanau. Am 14. August 1801 stirbt er in Hanau. Seine Witwe Henriette Petronella bittet am 25. August 1801 um das Gnadenquartal.
(13) H e i n e m a n , Johann Gottlieb: 1801 - 1808
Das Konsistorium schlägt am 18. November 1801 Johann Gottlieb Heynemann aus Bergen vor und den Pfarrassistenten Ernst Handwerck in Bieber. Am 1. Dezember 1801 wird Heynemann berufen (Geheimarchiv der Regierung in Hanau im Staatsarchiv Marburg).
Heinemann ist geboren am 20. April 1770 in Hanau als Sohn des Hofschneiders Johann Gottlieb Heinemann. Nach dem Studium in Marburg wird er zunächst Pfarrer in Bergen. Von 1801 bis 1808 ist er Pfarrer in Hochstadt. Danach wird er Dritter Lutherischer Pfarrer und Direktor der Bürger- und Realschule in Hanau. Dort stirbt er am 1. Dezember 1813. Verheiratet ist er seit 25. Februar 1798 in Bergen mit Katharina geb. Brenner, Tochter des gräflichen Rentmeister Daniel Albrecht Brenner.
Die Teilung der Besoldung zwischen den Pfarrern Körber, Kahnt und Heynemann wird in einem Aktenstück von 1794-1803 im Staatsarchiv Marburg behandelt. Bis 1810 versieht die Pfarrgeschäfte in Hochstadt. Danach ist die lutherische Gemeinde in Hochstadt ein Vikariat der Pfarrei Bruchköbel und wird von dem dortigen Pfarrer Schulz versehen.
(1) T h e o b a l d, Adam: 1819 - 1844
Er ist geboren am 18. September 1779 in Luisendorf bei Frankenberg als Sohn des Pfarrers Johann Friedrich Theobald, zuletzt Pfarrer in Niederrodenbach. Nach dem Studium in Marburg wird er zunächst „Informator“ bei den Kindern der Gräfin von Schlotheim in Prag. Danach ist er Gehilfe seines Schwiegervaters in Allendorf an der Landsburg. Verheiratet ist er mit Friedericke Sophia Mannel von dort, mit der er fünf Kinder hat.
Nach dem Pfarramt in Niederrodenbach ist er von 1819 bis 1844 Pfarrer in Hochstadt und zuletzt auch Metropolitan der Klasse Bergen. Er stirbt am 27. Juni 1844 in Hochstadt an einem Leberleiden und wird am 29. Juni „in der Stille“ begraben, jedoch „in Begleitung einer zahlreichen Versammlung“(!); die Leichenrede hält Pfarrer Reuß aus Hanau.
Pfarrer Theobald fördert Daniel Wenzel, den Sohn des Bischofsheimer Lehrers, und verschafft ihm die dortige Zweite Lehrerstelle in Bischofsheim, wo er bis 1867 unterrichtet.
Verschiedene Pfarrer haben zu dieser Zeit einen Streit mit dem Rechnungsprüfer Gertung. Mit Theobald kommt es sogar zu Handgreiflichkeiten. In Windecken setzen sich deshalb sechs Pfarrer zusammen und beschweren sich in einem neunseitigen Bericht, daß Gertung sich als Konsistorial-Kommissar aufspiele. Der Landesfürst entscheidet daraufhin, daß der Rechnungsprüfer nicht der Vorgesetzte der Pfarrer ist.
(2) F a b e r , Karl: 1845 - 1850
Er ist geboren am 10. Oktober 1795 in Niederbachheim in der Grafschaft Katzenellenbogen als Sohn des Fruchtverwalters Martin Philipp Faber in Hanau. Er studiert in Marburg, nimmt 1813 bis 1814 am Feldzug gegen Napoleon teil und wird 1816 Pfarrgehilfe in Mottgers. Nach Pfarrämtern in Fechenheim, Bieber und Neuengronau ist er von 1845 bis 1850 Pfarrer in Hochstadt. Danach ist er noch Pfarrer in Marköbel, wo er am 25. Februar 1870 stirbt.
Verheiratet ist er mit Susanna Hermann aus Bieber (drei Kinder), und in zweiter Ehe mit Wilhelmine Eberhard aus Schlüchtern, Tochter des Pfarrers Andreas Ludwig Eberhard.
Faber hat an den Befreiungskriegen teilgenommen, wird dabei an den Fingern verwundet und hat deshalb eine schlechte Handschrift. Beim 50. Jahrestag der Schlacht bei Leipzig hält er vom Balkon des Neustädter Rathauses in Hanau eine Rede an das Volk. Im Jahre 1847 bekommt er noch das Geld für die Johannispredigt.
(3) P a u l i, Jakob Friedrich: 1850 - 1860
Er ist geboren am 25. April 1791 in Steinau als Sohn des Stadtrentenmeisters Johannes Pauli. Nach dem Studium in Marburg wird er Pfarrer in Elm bei Schlüchtern, Zweiter Pfarrer in Schlüchtern und Pfarrer in Nauheim (heute: Bad Nauheim). Von 1850 bis 1860 ist er Pfarrer in Hochstadt und Metropolitan der Pfarreiklasse Bergen. Am 19. September 1860 stirbt er in Hochstadt.
Verheiratet in erster Ehe mit Charlotte Dorothea Muhl aus Worms (vier Kinder). In zweiter Ehe ist er verheiratet mit Wilhelmine Meinhard aus Nauheim (acht Kinder).
Am 28. Juli 1850 hält er seine erste Predigt in Hochstadt, am 6. August zieht er von Nauheim nach Hochstadt um. Bei seinem Amtsantritt hat er erst einmal eine Menge Wünsche: Malerarbeiten an der Kirche, Ausbesserung der Schule, Fällen eines Nußbaums vor der Kirche (dessen Ertrag allerdings dem Lehrer Henning zusteht!), vier Kirchenrüger, die schriftlich verpflichtet werden zur Kontrolle der Straßen, der Wirtshäuser, der Jugend auf der Empore und der Jugend im Chorraum.
Als er an Michaelis 1858 das Abendmahl halten will, wird er so krank, daß er keine Kirche mehr halten kann und ihm aus Hanau ein Gehilfe beigegeben wird (mit Namen Stark oder ähnlich).
Am 21. September 1860 wird er beerdigt unter Begleitung der Pfarrer der Klasse Bergen. Grabreden halten Pfarrer Kachendörffer aus Bergen und Superintendent Wendel aus Hanau. Die Leichenpredigt hält Metropolitan Emmel aus Leuchtau über Apostelgeschichte 4,12.
E m m e l, Gottlieb Ludwig Theodor: 1861 - 1881
Er ist geboren am 27. Mai 1810 in Hanau als Sohn des Pfarrers Johann Peter Emmel. Nach dem Studium wird er Vikar in Wachenbuchen, an der Bergkirche in Gründau und in Kempfenbrunn. Pfarrer ist er in Kempfenbrunn, Windecken, Elm, Hintersteinau und Seckbach. Von September 1861 bis November 1881 ist er Pfarrer in Hochstadt. Er stirbt am 21. November 1881 auf dem Weg vom Pfarrkränzchen in Bischofsheim, als er einen Schlaganfall erleidet.
Er ist zweimal verheiratet: Die erste Ehe mit Jenny Wittekindt bleibt kinderlos, in zweiter Ehe mit Lisette Groß aus Friedberg hat er drei Kinder.
(5) S c h ä f e r, Gustav Christian Ludwig: 1882 - 1900
Er ist geboren am 20. Oktober 1830 in Marburg als Sohn des Kaufmanns Konrad Schäfer in Marburg. Nach dem Studium in Marburg und der Ordination am 22. Januar 1854 durch Konsistorialrat Carl in der Johanniskirche in Hanau wird er zunächst Pfarrverweser in Ravolzhausen. Danach ist er Zweiter Pfarrer und Rektor in Wächtersbach und Pfarrer in Aufenau bei Gelnhausen. Von Oktober 1882 bis 1900 ist er Pfarrer in Hochstadt.
Verheiratet ist er seit 1863 in Marburg (laut Genealogieprogramm am 20. Oktober 1874) mit Henriette Caroline Amalie Andreae aus Wächtersbach. Sie ist geboren am 31.8 August 1840 in Wächtersbach, gestorben 15. November 1912 in Schlierbach. Mit ihr hat er zwei Kinder, die aber nicht in Hochstadt geboren sind.
Von Oktober 1882 bis 1900 ist er Pfarrer in Hochstadt. Durch Beschluß des Konsistoriums in Kassel vom 15. Juni 1882 wird er zum Pfarrer in Hochstadt bestellt. Dort tritt er am 1. Oktober 1882 in den Dienst. Er wird eingeführt durch Superintendent Wenzel aus Hanau am 8. Oktober 1882. Im Oktober 1887 entbindet das Konsistorium den Hochstädter Pfarrer von Hilfsleistungen in der Kirchengemeinde Wachenbuchen. Die Beiträge zur Pfarrwitwenkasse für 1896 werden von der Kirchenkasse übernommen, doch das soll ohne Verbindlichkeit für die kommenden Jahre sein.
Am Ende seiner Amtszeit kommt es zu einer Auseinandersetzung über die Besoldung des Pfarrers. Der Pfarrer legt am 18. August 1899 eine Abrechnung vor mit einem Abfindungsbetrag von 746 Mark. Falls der Ertrag des Holzes aus dem Hanauer Forst aber höher ist als angenommen, möchte er die Differenz noch nachgezahlt haben. Das Presbyterium will zu Die Kirchengemeinde zahlt ihm über 300 Mark nach. Nach einem Schlaganfall ist er längere Zeit leidend und wird durch Pfarrvikar Volkwein und Pfarrer Wörner aus Dörnigheim unterstützt.
Ab 16. November 1899 setzt das Konsistorium den Pfarramtskandidaten Volkwein als Pfarrgehilfen des erkrankten Pfarrers Schäfer ein (deshalb ist er längere Zeit nicht bei den Presbyteriumssitzungen dabei, wahrscheinlich aber sein Vertreter Volkwein).
Am 4. August 1900 stirbt Schäfer in Hochstadt. Seine Witwe hinterläßt das Pfarrhaus in einem sehr schmutzigen Zustand, so daß der Kirchenvorstand die Kosten für die Reinigung übernehmen muß.
Über Pfarrer Schäfer wird gesagt: „Doch ließ er es sich nicht nehmen, seine kranken Brüder und Schwestern in der Gemeinde zu besuchen, um sie zu trösten und zu ermuntern. Er tat dies in der festen Zuversicht, daß er mit allen denen, die er hienieden im Gebet auf dem Herzen getragen hat, dermaleinst in unseres Vaters Wohnung werde vereint sein, der ihn nun gerufen hat: Kommt, es ist alles bereit!“
Von Pfarrer Schäfer ist ein Tagebuch erhalten, das am 16. September 1864 beginnt und bis 1895 reicht. Im ersten Teil beschreibt er seine Zeit in Wächtersbach und Aufenau. Ehe er nach Hochstadt kommt sind seine zwei Söhne an Scharlach erkrankt. Besonders um das Leben des jüngere Sohn Wilhelm bangen die Eltern. Anfang Februar 1882 war es besonders schlimm. Der ältere Sohn Ludwig hat es nicht so schlimm und nahm auch brav seine Arznei, so daß er bald wieder gesund wurde. Bei Wilhelm blieb eine Schwerhörigkeit zurück, die von einem Arzt in Frankfurt behandelt wurde.
Am 18. April 1882 bewarb er sich um die freie Pfarrstelle zu Hochstadt, nachdem er in der Woche vorher sich Kirche und Pfarrhaus angesehen hatte.
Durch Schreiben des Konsistoriums in Kassel vom 15. Juni 1882 wurde er zum Pfarrer der durch den Tod des Metropolitans Emmel erledigten Pfarrei Hochstadt in der Klasse Bergen ernannt. Am 12. Juli war er in Hochstadt, um die neue Gemeinde persönlich zu begrüßen. Die Leute waren sehr freundlich und hießen ihn recht herzlich willkommen. Am 18.Juli reiste er mit Frau und Sohn Ludwig nach Hochstadt, um das Pfarrhaus zu zeigen.
Am 10. September hielt er in der Betschule Orb seinen Abschiedsgottesdienst. Die Gemeinde überreichte ihm ein Bild „Das Abendmahl des Herrn“ von Leonardo da Vinci. Am 17. September hielt er seinen Abschiedsgottesdienst in der Gemeinde Salmünster. Die Gemeinde überreichte ihm einen silbernen Becher mit eingravierter Widmung als Dank.
In der Woche vom 17. bis 23. September verpackten die Familie alles, was in Kisten verpackt werden mußte. Am Freitag, dem 22. September, hielt er in Aufenau seinen Abschiedsgottesdienst. Montag, dem 25. September, wurde der Möbelwagen geladen und ging nachmittags ab. Am 26. September reisten Frau und Kinder und die Schwägerin Louise mit Zug 7 Uhr 15 morgens nach Hochstadt ab. Er selbst verlud im Verlauf des Vormittags die übrigen Möbel auf Bauerwagen und ließ sie auf den Bahnhof schaffen. Dort wurden sie in einen Güterwagen geladen, der 12 Uhr abging.
Am Mittwoch, dem 27. September kam Metropolitan Manns zur Übergabe der Akten und Inventare. Am Dienstag, dem 27. September machte er seinen Abschiedsbesuch in Neundorf und Aufenau und reiste Freitag, den 29. September vormittags mit dem Zug 10 Uhr 48 nach Hanau ab. Dort nahm er sich auf dem Ostbahnhof eine Droschke und kam gegen 2 Uhr nachmittags glücklich in seinem neuen Daheim des Pfarrhauses zu Hochstadt an. Am Sonntag, dem 1. Oktober begann seine Dienstzeit in Hochstadt. Er besuchte die Lehrer Orth und Claus, der nachmittags in der Kirche Lesegottesdienste gehalten hatte, dem er beiwohnte
In der Woche vom 1. bis 7. Oktober wurden dann die Vorbereitungen zur Einführung gemacht.
Am 8. Oktober fand seine Einführung in Hochstadt durch Herrn Superintendenten Wendel in Hanau statt. Die Assistenz leisteten die Kollegen Hartmann in Bischofsheim und Biscamp in Dörnigheim. Seiner Einführungsrede hatte der Herr Superintendent die Worte des Herrn an Simon Petrus: „Hast du mich lieber als diese mich haben?“ zugrunde gelegt. Nach Absingung des Liedes „Eins ist Noth, ach Herr dies eine“ betrat Schäfer zum ersten Mal die Kanzel und predigte über 1. Kor 4, 1-5: „Dafür halte uns jedermann!“. Als Thema stellte er auf: „Ich trete unter euch als ein Diener Christi. Haushalter über Gottes Geheimnisse!“ Zum Schlusse des Gottesdienstes nach der Predigt trug der hiesige Gesangverein „Liederkranz“ das Lied vor: „Harre meine Seele, harre des Herrn, alles ihm befehle, hilft er doch so gern!“ Nach Absingung dieses Liedes sprach Kollege Biscamp den Segen. Eine kurze Schilderung der Einführung brachte der Hanauer Anzeiger in seiner Nummer 235 des Jahrgangs 1882, datiert vom Montag, dem 9. Oktober 1882.
Nach dem Einführungsgottesdienst fand im Pfarrhaus ein Mittagessen statt, zu dem außer dem Herrn Superintendenten und seinen beiden Assistenten auch die beiden Lehrer Orth und Claus, den Bürgermeister Weber, die beiden Kirchenältesten Rödiger und Rohn sowie die sechs Gemeinderäte geladen waren. Außerdem hatte Schäfer auch den Landrat Schrötter sowie den Bau-Inspektor Arnold in Hanau eingeladen, von denen aber nur der letztere erschienen war.
Der Vorwinter charakterisierte sich durch viel Regenwetter und in Folge dessen durch viel Hochwasser auch im Maintal. Eine weitere Folge davon war, daß man sehr häuslich sein mußte und fast nicht einmal die nötigen Spaziergänge machen konnte. Am 27. November war das Hochwasser beinahe bis zu der Höhe dessen von 1845.
Am Heiligen Abend und am Silvesterabend hielt Schäfer Abendgottesdienste, die zahlreich besucht wurden. Solche Gottesdienste waren bisher hier nicht gehalten worden und waren etwas ganz Neues für die hiesigen Leute. Nach dem Abendgottesdienste des Silvester verbrachten er und seine Frau den Rest des Abends noch allein im ernsten Gespräch und erinnerten sich daran, wie manch schwere Stunde das alte Jahr durch die Erkrankung der Kinder gebracht hatte, wie Gott der Herr so gnädig durch diese hindurch geholfen; sie baten darum, daß Gott auch ferner seine Gnade über ihnen walten lassen möge.
Pfarrer Schäfer war natürlich kaisertreu wie alle damaligen Pfarrer. In seinem privaten Tagebuch notiert er die Geburt eines Urenkels des Kaisers Wilhelm. Er vermerkt den Tod Kaiser Wilhelms I. am 9. März 1888 und den Tod Friedrichs III. am 16. Juni.
Im Herbste 1883 und zwar im September fand in der hiesigen Gegend das diesjährige Kaisermanöver statt, das unter den Augen des Kaisers Wilhelm verlief. Derselbe residierte während desselben in Homburg im Taunus und dort fand auch die Kaiserparade des ganzen 11. Armeecorps statt. Dieselbe fand an einem Freitage statt. Dem folgten am Samstag, Montag, Dienstag und Mittwoch vier Manövertage. Die letzten drei Manövertage wohnte Schäfer den Manövern bei. Am letzten Tage wurde auch die Gemarkung Hochstadt vom Manöver berührt. Im Lohfeld oben unter der Kleinen Lohe stand die Artillerie des Ostkorps und beschoß von da Bergen, wo das Manöver am letzen Tage mit dessen Einnahme endete.
Zwei Tage nach Beendigung des Manövers fand am 28. und 29. September die Enthüllung des Niederwaldenkmals bei Rüdesheim am Rhein statt, welcher der Kaiser, die Generäle, die Kriegervereine, ferner Deputierte aus ganz Deutschland beiwohnten. Zugleich kam hierbei ein großartig angelegtes Verbrechen zutage: Anarchisten hatten Minen gelegt, dieselben mit Pulver gefüllt, um Denkmal und Festgäste in die Luft zu sprengen. Doch wurde das Verbrechen noch rechtzeitig vereitelt.
Am 10. und 11. November wurde das Andenken an die 1483 erfolgte Geburt des Martin Luthers gefeiert, und zwar mit kirchlichen Schulfeiern.
Am 22. März wurde die Majestät, der Kaiser Wilhelm 90 Jahre alt, ein seltener Fall. Der Geburtstag wurde deshalb auch an allen Orten im Deutschen Reich sehr gefeiert. Hier in Hochstadt geschah es durch eine kirchliche Feier, Schulfeier, Fackelzug am Abend und danach einer Art Festkommers des Kriegervereins. Es war der Fackelzug der erste, welcher hier in Hochstadt gehalten wurde, soweit die Leute sich entsinnen können.
Am 18. April 1887 trat der Sohn Ludwig in das Gymnasium zu Hanau ein und zwar in die Quinta. Kost und Logis erhielt er bei Herrn Konrektor Krause, Oberlehrer am dortigen Gymnasium. Am 2. Juli kam er heim, um die an diesem Tag begonnenen Brunnenfeiern zu erleben
[Es wird sich dabei wohl um eine Feier in Hochstadt handeln, von der aber sonst nichts weiter bekannt ist].
Am 6. Juli nachmittags ging er nach Hanau in das Kränzchen der Pfarrer der Klasse Bücherthal, holte dann in Kesselstadtseine Frau ab und erkrankte abends zu Hause. Es überfiel ihn erst arger Frost, dann Hitze. Am 9. Juli ließ er den Arzt holen, Sanitätsrath Sunkel, der die Krankheit als Lungenentzündung bezeichnete. Nach 8 Tagen wurde die Krankheit jedoch heftiger, da eine Rippenfellentzündung nachfolgte, die ihn körperlich sehr angriff und herunter brachte. Erst am 8. August durfte er zum ersten Male eine Stunde außer Bett sein, am 15. August führte ihn seine Frau zum ersten Male wieder zum Obertor hinaus und am 22. August fuhr er mit der Bahn zum ersten Male nach Hanau, um dort den Arzt zu aufzusuchen.
Am 30. August reiste seine Frau mit ihm nach Wiesbaden über Lorsbach, Eppstein und Niedernhausen. Die Fahrt durchs Lorsbacher Thal war sehr schön. Sie kamen gegen ½ 1 Uhr mittags in Wiesbaden glücklich an. Zunächst gingen sie in den Kölnischen Hof, um dort zu Mittag zu essen. Das Diner in einem anderen Restaurant war zwar sehr ausgewählt, aber beide verdorben sich den Magen daran, so daß sie noch den folgenden Tag hindurch Beschwerden hatten. Im Römerbad wurde Quartier genommen.
Am 31.August, dem Geburtstag der Frau, besuchte gegen Mittag Bruder Louis und Evchen von Frankfurt aus das Ehepaar. Sie aßen zu Mittag zusammen im Römerbad, dann gingen sie zu Rodrian, machten gegen Abend noch einen Gang in den Kurgarten und reisten gegen neun
9 Uhr wieder nach Frankfurt zurück.
Am 2. September fuhren sie morgens nach Biebrich und wollten den Tag am Rhein zubringen; es fing jedoch gegen 11 Uhr heftig an zu regnen und sie kehrten deshalb um 12 Uhr wieder nach Wiesbaden zurück, wo sie den Nachmittag noch zu einem Spaziergang verwendeten.
Am 3. September kehrten sie wieder von Wiesbaden nach Hochstadt zurück, da beide eingesehen hatten, daß Wiesbaden bei seinen weiten Entfernungen und bei seiner damaligen, noch sehr intensiven Körperschwäche durchaus kein geeigneter Kurort sei. Sie fuhren morgens 11 Uhr von Wiesbaden ab und kamen gegen 1 Uhr in Frankfurt und mittags 3 Uhr in Hochstadt an.
Vom 1. November an wurde er von seinen bisherigen Hilfeleistungen in der Pfarrei Wachenbuchen entbunden, was sehr wohltätig für ihn war, da die lange schwere Krankheit und seine geringe körperliche Leistungsfähigkeit sich doch immer noch geltend machte.
Am 14. Januar 1888 brach Schäfer sich durch einen Fall im Hausgärtchen das linke Wadenbein und mußte acht Tage ganz still liegen und danach aber noch Wochen lang das Zimmer hüten. Der Winter war deshalb für ihn sehr trübe, umso mehr, als auch die Winterzeit sehr lange anhielt.
Am 29. April 1889 trat unser Wilhelm in das Gymnasium zu Hanau ein und zwar in die Quarta. Am 29. März 1890 (Ostern) wurde Ludwig in die Obertertia, Wilhelm in die Untertertia versetzt. Am 21. März 1891 begannen die Osterferien. Wilhelm wurde in die Obertertia versetzt, Ludwig blieb leider in derselben zurück, was sehr unangenehm war, so daß beide sich jetzt in derselben Klasse befanden. Am 9. April 1892 begannen die Osterferien des Gymnasiums zu Hanau. Ludwig und Wilhelm wurden beide in die Untersekunda versetzt.
Am 12. Juni 1892 fand die zweite Generalkirchenvisitation in der Klasse Bergen durch den Generalsuperintendenten Fuchs statt. Derselbe kam tags vorher, wohnte im Pfarrhaus, hielt am 12. Juni, einem Sonntag, die Visitation in Hochstadt und am folgenden Tage in Bischofsheim die Konferenz der Geistlichen der Klasse. Am 14.Juli fand dann die Konferenz der Pfarrer der Generaldiözese Hanau zu Gelnhausen statt. Am 9. August war die Einführung des neu ernannten Superintendenten Wiederhold, dem ersten Pfarrer an der Johanneskirche zu Hanau, durch den Generalsuperintendenten Fuchs. Am 18. August war die diesjährige Diözesansynode in der Marienkirche zu Hanau.
Am 10. September 1892 trat Ludwig aus der Untersekunda des Gymnasiums zu Hanau aus [10. Klasse], um in das zu Büdingen überzutreten. Das fiel dem Vater sehr schwer, da er von der Quinta an dem Gymnasium in Hanau angehört hatte und eine Trennung der beiden Brüder hierdurch notwendig wurde. Am Montag, dem 12., kam Ludwig abends von Hanau nach Hochstadt, um seine Sachen zum Umzug nach Büdingen zu ordnen. Am 18. September reiste Ludwig mit zwei Jungen aus Dörnigheim nach Büdingen und wurde Montag, den 19., in die Untersekunda des dortigen Gymnasiums aufgenommen. Er bezog Wohnung und Kost bei der Witwe des Postsekretärs Witzel. Am 24. September begannen die Herbstferien auf dem Gymnasium zu Hanau; Wilhelm kam an diesem Tage heim. Am zehnten Oktober1892 begann das Wintersemester auf dem Gymnasium zu Hanau. Wilhelm bezog mit Beginn des Semesters Wohnung und Kost bei Zahlmeister Wagner in Hanau
Ludwig und Wilhelm kamen, um die gesamten Ferien im Vaterhause zuzubringen. Beide brachten gute Zeugnisse mit und waren deshalb vergnügt angekommen. Die Ferientage wurden im häuslichen Kreise verlebt und das alte Jahr in aller Stille beschlossen.
Am 5. Januar 1893 begann in Büdingen wieder Unterricht im Gymnasium und Ludwig mußte deshalb am 4.Januar schon wieder dorthin abreisen. Wilhelm mußte leider noch 14 Tage bis zum 22. Januar hier bleiben, da er an Mumps erkrankt war. Er ging erst am 22. Januar wieder nach Hanau ab. In der Woche des 12. Februar machte Wilhelm auf dem Gymnasium zu Hanau ein sehr stattliches Abschlußexamen.
Am 16. März 1893 kam Wilhelm morgens von Hanau unerwartet überbrachte die uns sehr erfreuende Nachricht, daß er im mündlichen Abschlußexamen von allen Unterrichtsgegenständen gänzlich befreit worden sei [weil seine sonstigen Leistungen so gut waren]. Am 17. März kam Ludwig von Büdingen, brachte ein gutes Zeugnis mit heim, die Versetzung nach Obersekunda war Berechtigung zum „Einjährigen Dienst“ [nur einjährige Dienstzeit beim Militär].
Am 30. Juni 1893 fand die Diözesankonferenz zu Gelnhausen statt, auf der Schäfer den erbaulichen Vortrag zu halten hatte.
Am 3. September 1893 wurde der Sedantag kirchlich gefeiert in der gewohnten Weise.
Ostern 1894 wurden zu Ostern Ludwig und Wilhelm in die Prima versetzt, der erstere des Gymnasiums zu Büdingen, der Letztere in die des Gymnasiums zu Hanau. Ersterer fing mit dem Beginn des Sommersemesters 1894/95 auch den Unterricht im Hebräisichen an, trat jedoch im Herbst 1894 leider wieder aus demselben aus, da er erklärte, nicht Theologie studieren zu wollen, was für den Vater sehr betrübend war. Ludwig brachte ein in den fremden Sprachen sehr schwaches Zeugnis mit, was seinem Vater sehr unangenehm war. Wilhelm dagegen hatte ein befriedigendes Zeugnis.
Das Jahr 1895 begann mit mehreren Sorgen. Bald nach Winterbeginn der Schule erkrankte Wilhelm in Hanau am 12. Januar in hohem Grade an Masern, so daß meine Frau drei Wochen zu seiner Pflege zubringen mußte und Wilhelm sechs Wochen die Schule versäumte. Darauf mußte Schäfer selbst von einem hartnäckigen Brustkatarrh fast 4 Wochen belästigt. Danach erkrankte seine Frau auf einige Tage an einem Anflug von Grippe, so daß das ganze erste Vierteljahr mit Erkrankungen verlief.
Hinzu kamen sehr unangenehme Verhandlungen mit Ludwig, der seine Nicht-Versetzung in die Oberprima fürchtete, weshalb er das Gymnasium kündigen und ebenfalls wieder austreten wollte.
Er war ganz auf die Wahl eines Berufs konzentriert und unter diesen Erwägungen nahte das Ende. Am Freitag, dem 29. März, kam Ludwig aus Büdingen, war nicht in die Oberprima versetzt und brachte eins ehr schwaches Zeugnis. Er selbst sehr aufgeregt und niedergeschlagen. Nur es erhob sich nun von neuem die Frage, ob Ludwig kündigen, bleiben oder aber besser austreten solle. Am 17. April reiste Ludwig nach Büdingen, um seinen Austritt aus dem dortigen Gymnasium zu erklären. Mit schwerem Herzen gab ich meine Einwilligung dazu.
Am 6. April kam Wilhelm aus Hanau in die Osterferien und war leider infolge des langen Schulversäumnisses durch seinen Krankheit auch nicht versetzt, was ebenfalls sehr verdrießlich war. Wilhelm konnte einem leid tun, da er nach seiner Krankheit allen Fleiß angewendet hatte, um das Versäumte wieder aufzuholen. Am Montag, dem 22. April, ging Wilhelm wieder nach Hanau ab zum Antritt des Schuljahres 1895/96.
Ludwig dagegen verweilte noch in Hochstadt, um eine Antwort des Landeskurators Freiherrn von Riedesel abzuwarten darüber, ob es möglich sei, Ludwig auf Grund seiner Schulzeugnisse für den gehobenen Dienst der hessischen Landesverwaltung zuzulassen. Da die Nachricht nicht eintraf, mußte Schäfer am 25. April nach Kassel, um sich persönlich zu erkundigen und fuhr am 27. wieder hierher zurück. Er erhielt dort eine Antwort vom Landesdirektor, datiert am 25. April Nr. 739, worin sich derselbe bereit erklärte, Ludwig auf Grund seiner Schulzeugnisse alsbald nach seiner Bewerbung notieren zu lassen. Zugleich fügte er die „Allgemeinen Bestimmungen zur Annahme von Anwärtern“ bei. Ludwig sandte darauf in der folgenden Woche seine Bewerbung um Notierung als Anwärter. Darauf erfolgte vom 4. Mai eine Zuschrift des Herrn Landesdirektors, worin derselbe mitteilte, daß er Ludwig in das Verzeichnis der Anwärter habe eintragen lassen.
(6) R e i c h , Friedrich Wilhelm: 1901 - 1927
Er ist geboren am 7. September 1857 in Bad Nauheim als Sohn des Lehrers Friedrich Reich. Nach dem Studium in Erlangen und Marburg wird er zunächst Pfarrgehilfe in Bieber. Nach Pfarrämtern in Lohrhaupten und Marköbel ist er vom 5. Februar 1901 bis 1927 Pfarrer in Hochstadt. Nachdem er am 1. Oktober pensioniert wird, geht nach Marburg.
Verheiratet ist er mit Christine Baumann aus Mittelbuchen, Tochter des Lehrers Konrad Baumann. Sie haben sieben Kinder. Seine zwei Töchter arbeiten in der Gemeinde mit und leiten Gemeindegruppen. Ein Sohn wird Stadtbaurat, einer Augenarzt.
Bei seinem Amtsantritt hat er gleich eine ganze Menge Forderungen: Die zerbrochenen Fensterscheiben sollen ersetzt werden, die neuen Kirchentüren bestellt, der zweite Ofen für die Kirche gekauft, die Orgeltreppe neu gemacht und eine neue Orgel beschafft werden. Wiedereingeführt werden sollen die Bettage und Vaterunsergeläut im Gottesdienst am Nachmittag, bei dem dann die Taufleute in die Kirche kommen können und nicht mehr im Mittelgang stehen müssen
Seit dem 1. November 1903 ist Pfarrer Reich auch „Metropolitan“ (Kreispfarrer) der Klasse Bergen und erhält vom Kirchenvorstand eine Zulage von hundert Mark bewilligt. Im Jahre 1922 macht er eine Generalkirchenvisitation durch den Generalsuperintendent Fuchs aus Kassel mit. Im Jahre 1925 lehnt er das neu geschaffene Amt des Kreispfarrers ab.
Friedrich Wilhelm Reich ist der letzte Pfarrer, der es noch streng mit der Kirchenzucht hält. So rügt er zum Beispiel, daß eine Frau einen Soldaten an die Bahn begleitet hat. Er zitiert Leute zur Buße ins Pfarrhaus und droht ihnen mit Ausschluß vom Abendmahl. Während des Abendmahls fragt er am 5. Oktober 1921 eine Frau, ob sie denn auch Buße getan habe. Der Schwiegervater der Frau beschwert sich deshalb beim Konsistorium, aber Reich entschuldigt sich mit seiner Kurzsichtigkeit.
Nach Meinung der Gemeinde hängt er sich zu viel in persönliche Dinge. Dabei kommt es auch zu anonymen Mitteilungen an die Vorgesetzten: Hier werden Menschen öffentlich bloßgestellt, während andere es heimlich tun. Manche Gemeindeglieder verbitten sich auch jegliche Einmischung.
So veranlaßt der Pfarrer den Bürgermeister, einen Schreiner unter Druck zu setzen, daß er die beim ihm wohnende Frau entweder vom Hof jagt oder innerhalb von zwei Wochen heiratet (der Mann hat geheiratet!).
Am 30. August 1926 kommt es erstmals zu sechs Austritten aus der Kirche. Pfarrer Reich schiebt das auf die sozialdemokratische oder kommunistische Verseuchung und Kirchenfeindschaft und deutet auch an, daß es sich vorwiegend um Zugezogene handelt.
Er wäre gern noch im Amt geblieben, kann aber die Ungezogenheit und Zuchtlosigkeit der Jugend nicht mehr ertragen. Mit der neuen Zeit kann er sich nicht abfinden.
Am 7. September 1927 wird er 70 Jahre alt, am 16. September stirbt seine Frau, am 2. Oktober hält er seine letzte Predigt. Nachmittags hält er noch die Goldene Hochzeit des Ehepaars Burger, Kirchberg Nr. 5, gleichzeitig mit der Hochzeit der Enkeltochter Katharine Weifenbach mit Justus Hartmann.
Bei seinem Tode erhält er einen reservierten Grabplatz neben dem Grab seiner Frau, auch für seine Töchter Ida und Johanna.
(7) G e r l a c h , Hugo: 1927 – 1951
Er ist am 11. März 1880 in Kesselstadt geboren als Sohn des Lehrers Johannes Ulrich Gerlach und dessen Ehefrau Margarete geb. Schäfer. Nach einer Zeit als Hilfspfarrer in Neuhof bei Fulda wird er Pfarrer in Wehrda Kreis Hünfeld und in Hüttengesäß. Vom 1. Dezember 1927 bis 1. Dezember 1951 ist er Pfarrer in Hochstadt.
Verheiratet ist er seit 1909 mit Frieda geb. Heck, Tochter des Hugo Heck, Professor an der Staatlichen Zeichenakademie in Hanau, und dessen Ehefrau Emilie geb. Pustemann (Kinder Irmgard, Alfred, Ottomar, Wilhelm Friedrich, Hans) und seit 1917 mit Luise Heck, Schwester der ersten Ehefrau (Tochter Ilse Pischke).
(8) L i n d e n b e r g e r , Georg: 1951 - 1966
Er ist geboren am 12. Juni 1909 in Flörsbach als Sohn des Lehrers Hans Lindenberger und dessen Ehefrau Elise geb. Eckardt. Nach dem Studium in Wuppertal, Marburg und Bonn wird er zunächst Hilfspfarrer in Schlüchtern und Pfarrer in Mottgers. Vom 1. Januar1952 bis 30. November 1966 ist er Pfarrer in Hochstadt. Danach ist er Pfarrer an der Kreuzkirche in Hanau und Dekan des Kirchenkreises Hanau-Stadt. Verheiratet ist er seit 1939 mit Maria geb. Sert, Tochter des Lokomotivführers Ludwig Sert und dessen Ehefrau Maria geb. Martin (zwei Kinder).
(9) L a n g h e i n r i c h, Hermann 1967 – 2000
Er ist geboren am 1. Juli 1938 in Gersfeld in der Rhön als Sohn des Pfarrers Egon Langheinrich und dessen Ehefrau Elisabeth geb. Wörner. Nach dem Studium in Marburg und Tübingen wird er zunächst Vikar in Bischofsheim und nach der Ordination in Kassel am 12. März 1967 wird er am 1. April 1967 Pfarrer in Hochstadt.
Verheiratet ist er seit 1967 in Heusenstamm mit Barbara Altermann, Tochter des Bundesbahnamtmanns Rudolf Altermann und dessen Ehefrau Charlotte geborene Hälsig (zwei Kinder).
(10) R a u , Uwe 2000 -
Pfarrer aus Hochstadt:
Schon 1565 ist Johannes Zink aus Hochstadt Pfarrer in Niederissigheim. Die anderen Pfarrer sind selber Pfarrerskinder, zum Teil allerdings nicht in Hochstadt geboren: Friedrich Schlemmer (geboren 1599), Johann Daniel Böhm (geboren 1674), Johann Peter Bender (geboren 1680), Philipp Heinrich Eberhard (geboren. 1734). Außerdem wird noch ein Lehrerssohn Pfarrer, nämlich Johannes Justus Schneider (geboren 1784).
Ursprünglich lebten die Pfarrer vom Ertrag der Pfarrländereien, vom Zehnten und von Opfergeldern. Mit der Zeit brachte die Landesherrschaft den Zehnten ganz oder teilweise an sich. Dafür gab sie den Pfarrern ein festes Gehalt, brachte sie damit aber auch in Abhängigkeit.
Manche Pfarrer waren durchaus wohlhabend. So hatte der Pfarrer von Roßdorf Weingärten in Roßdorf, Hochstadt und Kesselstadt, wobei die Weinberge in Hochstadt den höchsten Wert hatten. Aber dieser Besitz könnte privat gewesen sein und etwa aus einer Erbschaft stammen.
Der Pfarrer von Rüdigheim aber hatte nicht einmal einen Garten. Er durfte bei den benachbarten Pfarrern um Obst und Gemüse betteln und bekam zum Beispiel 1769 von der Kirche in Hochstadt zehn Gulden in bar.
Der Pfarrer war im Nebenberuf Landwirt. Er legte selber mit Hand an, auch in der Nachbarschaft. Er hatte einen Knecht und eine Magd und ein Pferdegespann. Sein Wein war steuerfrei. Heu und Stroh hat er vielfach verkauft.
Ein Teil der Pfarräcker („Pfarr-Eller“) lag im Flurstück Kenner (zwischen dem Felsenkeller und dem Schützenhäuschen). Im Dreißigjährigen Krieg und danach lagen sie brach. Im Jahr 1668 erhalten zwei Einwohner den Auftrag, sie zu roden und das erste Jahr zu bebauen. Die Arbeiten sollen bezahlt werden von den 30 Gulden, die der frühere Pfarrer Kress noch zu zahlen hat. Die Landscheider sollen das Land neu vermessen. Auf den Pfarräckern werden 1750, 1752 und 1754 Steine gesetzt. Auch 1773 werden die Landscheider vom Kon-sistorium angewiesen, die Pfarrgüter zu vermessen und auszusteinen.
Ein General Zeis (oder: Seitz) hat 1776 der Kirche ein Baumstück geschenkt, auf dem Bäume gepflanzt werden. Auch 1780 und 1782 wird eine solche Schenkung erwähnt; aber es ist nicht deutlich, ob es sich um das gleiche Stück handelt oder um ein anderes. Auch zwischen 1880 und 1890 werden immer wieder Obstbäume gepflanzt.
Gegen Ende des 19. Jahrhunderts geht die Pachtsumme für die Pfarräcker immer mehr zurück. Aber 1895 sind es immer noch mehr als 1.565 Mark bei einem Rückgang von 230 Mark gegenüber dem Vorjahr.
Im Jahr 1904 hat die Kirche 74 Grundstücke (auch in Wachenbuchen und Bruchköbel); davon werden 46 von den Lehrern genutzt. Im Jahr 1919 zahlt die Kirche 1.041 Mark für die Pfarrei und weitere 147 Mark für die Kirche an „Verkoppelungsgebühren“, also für die Flurbereinigung.
Der Pfarrer bekam das doppelte „Losholz“, also doppelt soviel Holz aus dem Gemeindewald wie die anderen Einwohner. So hält es schon 1570 der Pfarrer fest. Doch 1729 will man nur noch das einfache Losholz geben. Nach einer Beschwerde beim Konsistorium wird aber die alte Regelung wieder eingeführt. Dennoch versucht die Gemeinde immer wieder, dem Pfarrer das doppelte Losholz streitig zu machen.
Im Jahre 1897 möchte der Kreis, daß der Pfarrer den Hauerlohn selbst bezahlt. Aber die Gemeinde antwortet, das sei immer ihre Aufgabe gewesen. Das Besoldungsholz wird 1900 für über 60 Mark abgelöst, im Jahre 1925 erfolgt noch einmal eine Ablösung für das Magazinholz. Aber 1967 erhält die Pfarreikasse dann doch wieder 152 Mark als Ablösung für acht Meter Eichenholz.
Zum traditionellen Einkommen des Reformierten Pfarrers gehörten:
Der Gulden für die Johannispredigt wird meist zusammen mit dem Wein und dem Huhn gezahlt. Das Huhn wird 1725 mit fünf Albus abgelöst, der Wein in Naturalien geliefert. Im Jahr 1751 zahlt die Gemeinde nichts, aber nachher doch wieder. Im Jahr 1913 werden die Leistungen abgegolten mit 5,72 Mark Beitrag zur Pfarrbesoldung, aber 1967 werden sie wieder gezahlt.
Ab 1751 sollen alle Pfarrer in die Pfarrwitwenkasse gehen. Doch auch 1767 sind noch nicht alle beigetreten. Im Todesfall soll die Witwe jährlich 50 Gulden aus der Kasse erhalten.
Auf Anweisung der Herrschaft soll der Pfarrer von Hochstadt 1753 eine jährliche Zulage von 50 Gulden erhalten. Der Schultheiß möchte die Bestätigung, daß sie nur dem jetzigen Pfarrer zukommt.
Die reformierte „Pfarrkompetenz“ von 1765 umfaßt folgende Stü >In Bargeld 69 Gulden
Die lutherische „Pfarrkompetenz“ von 1774 umfaßt folgende Stü>In Bargeld 219 Gulden
Korn von 18¾ Acker
Ein Klafter Holz und 200 Wellen sowie vier Malzeichen
Ackerland (acht Morgen), Weinberg und Wiesen (drei Morgen)
Pfründefreiheit
Für Amtshandlungen 50 Gulden.
Andererseits erwartete man vom Pfarrer besondere Leistungen: Im Jahre 1776 beherbergt und verpflegt der Pfarrer Verunglückte, Waisenkinder und Kinder von Gefangenen. Doch 1795 wird gesagt, daß die Pfarrer nur dann Einquartierungen aufnehmen müsse, wenn auch ordnungsgemäße Billets vorgelegt werden.
Im Staatsarchiv Marburg (Bestand 81. Regierung Hanau, Kirchen- und Schulsachen, A 91) finden sich nach Seite 1858 eine Aufstellung über die Vergütung der reformierten Pfarrer in der Grafschaft, nach Seite 751 eine über die Vergütung der lutherischen Pfarrer.
Das Pfarrstelleneinkommen beläuft sich 1844 auf 661 Taler. Davon kommen über 47 Taler aus öffentlichen Kassen, etwa 13 Taler aus Amtshandlungen, 92 Taler aus dem „landesherrlichen Forst“ und dem Gemeindewald, 300 Taler aus den Zinsen des abgelösten Zehnten, 261 Taler aus dem Ertrag der Pfarrgüter, zwei Taler werden in Form von Wein bereitgestellt.
Das Pfarrgut besteht aus 58 Morgen Land, 7 Acker Wiesen und 4 Acker Gärten. Vom Pfarrer selber genutzt werden die Gärten und Wiesen sowie 9 Acker Land. Außerdem hat er freie Wohnung, Gemeindelosholz und die Hutefreiheit (im Wert von 22 Talern).
Das Einkommen steigt 1884 auf über 979 Taler und 1897 auf 2.813 Mark. Davon kommen 959 Mark aus Kapitalzinsen, 1.565 Mark aus Pachten (die Selbstbewirtschaftung macht dabei nur 10 Mark aus), 42 Mark aus Stolgebühren (für Amtshandlungen), 164 Mark dauernde Stellenzuschüsse von Staat und Gemeinde, dazu für 55 Mark Holz und für 62 Mark Holz aus dem Staatswald.
Gottesdienste wurden früher häufiger angeboten als heute. Am 11. April 1675 wird der Nachmittagsgottesdienst und die Kinderlehre eingeführt. Um 1700 ist allerdings der zweite Gottesdienst schon um 11 Uhr, weil die Bauern am Nachmittag das Feld besehen wollen. Später gibt es aber wieder den Nachmittagsgottesdienst. Auf Bitten eines Gemeindegliedes beginnt 1882 der Frühgottesdienst um 9.30 Uhr, der Nachmittagsgottesdienst um 13 Uhr.
Der Lehrer bekommt den Auftrag, die beim Gottesdienst Fehlenden aufzuschreiben. Ebenso muß er die Jugendlichen aufschreiben, die bei der „Kinderlehre“ fehlen (eine Art Katechismuslehre). Bei Fehlen ist ein Batzen Strafe zu zahlen.
Außer den Gottesdiensten gibt es regelmäßige wöchentliche Betstunden. Um 1670 sind sie am Freitag. Von der Kollekte kauft man Brot, das am Montag den Armen gegeben wird. Passionspredigten gibt es um 6 Uhr morgens. Häufig gibt es Buß- und Bettage. Im Jahr 1792 wird der Buß- und Bet- und Danktag vom dritten Mittwoch im Oktober auf den ersten Mittwoch im November verlegt. Aber später kann an diesem Tag arbeiten, wer will. Im Jahr 1882 sind die monatlichen Bettage aus Mangel an Beteiligung verschwunden.
Eine Besonderheit des Gottesdienstes ist das von den Pfarrern zu predigende Sankt-Johannis-Evangelium. Es könnte sich dabei um den Gottesdienst am Tag Johannes des Täufers (24. Juni) handeln, der auch nach der Reformation beibehalten wird. Es gibt aber auch eine andere Erklärung: Das am Schluß der Messe auf der Evangeliumsseite des Altars gelesene Johannisevangelium sei noch nicht fester Bestandteil des Gottesdienstes gewesen, sondern die Gemeinde habe extra dafür bezahlt.
Das Erntedankfest wird am 29. Oktober 1809 erstmals erwähnt. Der Karfreitag soll ab 1811 still begangen werden, aber als gesetzlicher Feiertag. Nach der Union der reformierten und lutherischen Kirche wird der von den Lutheranern als ganzer Feiertag begangene Gründonnerstag gestrichen. Ab 1828 ist Karfreitag nur noch ein halber Feiertag. Während des Gottesdienstes darf aber keine Arbeit und kein Verkauf stattfinden. Im Jahr 1883 werden Lichter beim Abendgottesdienst erwähnt und 1885 das Ausschmücken des Christbaums.
Im Jahre 1908 beklagt der Pfarrer, die Jungen betrügen sich auf der Empore so schauderhaft, daß sie aus der Kirche ausgewiesen werden müssen. Auch die Konfirmanden sind ungezogen und haben beim Verlassen der Kirche einige Töne geläutet (die Glockenseile hingen wohl im Turmdurchgang).
Der Kirchenbesuch geht zurück. Auf der Südseite der Kirche sitzen manchen Sonntag nur junge Frauen. Pfarrer Reich führt das auch auf das Wirken der Sozialdemokratie zurück. Die Nachmittagsgottesdienste sind schlecht besucht. Die Konfirmanden geben schlechte Antworten. Der Turnverein macht Konkurrenz mit seiner Mädchenabteilung. Auch während des Nachmittagsgottesdienstes machen die Konfirmanden und die Konfirmierten Blödsinn.
Eine Gedächtnisfeier für die Verstorbenen findet erstmals 1920 auf dem Friedhof statt. Am 20. April 1925 ist erstmals Kindergottesdienst nach dem Morgengottesdienst (1927 etwa 40 Kinder). Im Jahr 1937 wird der Gottesdienst durchschnittlich von 173 Gemeindegliedern besucht, doch 1940 sind es nur noch 98.
Sonntagsheiligung: Selbstverständlich wird auf eine strenge Einhaltung der Sonntagsruhe geachtet. Eine Frau wird 1601 am Sonntag beim Laubkratzen angetroffen. Als sie bestraft wird, schimpft und flucht sie sehr.
Während eines Nachmittagsgottesdienstes im Jahre 1607 kommen Burschen zur Kirchentür herein und werfen mit Steinen auf andere Burschen, die auf der Empore sitzen. Dabei wird ein Jugendlicher getroffen. Der Täter kommt ins Gefängnis und muß die Kosten tragen.
Hans Baumann ist 1609 „am heiligen Sonntag“ ohne Erlaubnis über Land gegangen und hat auf dem Heimweg Birken gehauen und während der Predigt Possen getrieben. Dafür erhält er eine Strafe von sieben Gulden.
Viele Strafverfahren wegen Entweihung des Sonntags werden 1665 durchgeführt: Vor der Predigt wurde Wasser geholt, einer ist „aus der Predigt gegangen“, einer hat während des Gottesdienstes („während der Predigt“) Teig ins Backhaus getragen, es wurde Tabak gebündelt.
Der Schuster Schäfer klopft sonntags nach Feierabend noch in seiner Werkstatt. Die Magd des Pfarrers wird hingeschickt, um ihm diese Tätigkeit zu verbieten. Aber er lacht sie aus und spricht höhnische Worte und klopft noch viel wilder. Als er aber drei Gulden Strafe zahlen soll, kriecht er zu Kreuze, und die Strafe wird vermindert.
Johannes Weber dagegen muß 1732 nur 10 Albus Strafe zahlen, weil er während der Predigt Mehl in sein Haus und andere Häuser getragen hat. Er gibt an, kein Brot mehr gehabt zu haben; deshalb sei er am Sonntag zur Mühle gefahren, aber dort habe es zu lange gedauert.
Ein neuer Kirchenältester soll 1732 sogar sein Amt niederlegen, weil er am Sonntag in der Gastwirtschaft einen Rock gekauft hat. Der Pfarrer sagt ihm, das sei ein ganz unanständiges Verhalten. Der Knecht des Schafhirten hat 1732 am Sonntag einen Sack Mehl ins Dorf gefahren; er muß dafür 15 Albus Strafe bezahlen.
Im Jahre 1733 häufen sich die Anzeigen beim Presbyterium: Einer ist am Bettag mit der Sense durch das Tor gekommen, einer mit einer „Mahne“ (Korb) Pflaumen, es wurden Ochsen gehütet und Obst gepflückt. Doch nur zur Zeit der Obstreife wird das Sammeln von Eicheln am Sonntag außerhalb der Gottesdienste geduldet, aber der Schultheiß darf es nicht öffentlich bekanntgeben
Eine Frau wird 1744 beim Schultheißen angezeigt, weil sie nicht vor dem Presbyterium erschienen ist, nachdem sie während des Nachmittags mit einer Mahne aus dem Tor gegangen ist. Ab 1764 wird Kegeln und anderes Spiel, auch Tanz und Musik, nach dem Gottesdienst erlaubt.
Im Jahr 1771 wird ein vier Seiten langer Erlaß herausgegeben, in dem aufgelistet ist, was grundsätzlich verboten ist und was nur mit besonderer Erlaubnis möglich ist. Notstandsarbeiten während der Erntezeit müssen vom Dorfgericht nach Rücksprache mit dem Pfarrer bekanntgegeben werden.
Am Sonntag dürfen keine Schulden eingetrieben werden. Nur wenn man zufällig einen Schuldner trifft, ihn nach dem Geld fragt und er es gibt, ist das nicht strafbar. Wenn Handwerker zufällig ins Haus kommen, dürfen sie ihr Werkstück abliefern und das Geld kassieren. Weil fremde Kornschneider nicht kommen dürfen, können 1796 die Erntearbeiten auch sonntags verrichtet werden.
Ab 1819 müssen Verstöße gegen die „Sabbatordnung“ listenmäßig erfaßt und die verhängten Strafen eingetragen werden. Ab 1850 wird dann mehr das Wort „Sabbatschändung“ verwendet.
Am 7. Juli 1896 gestattet der Landrat den Ladeninhabern, am Kerbsonntag bis 19 Uhr offen zu haben, mit Ausnahme der Gottesdienstzeiten. Daraufhin beantragt der Bürgermeister gleich eine entsprechende Genehmigung für die Nachkerb. Seit 1898 gibt es die Genehmigung für die Kerb regelmäßig. In diesem Jahr erlaubt der Landrat auch, daß nach langer unbeständiger Witterung nach dem Nachmittagsgottesdienst Heu eingefahren werden darf.
Nach 1900 klagt der Pfarrer wieder über bestimmte Mißstände: Während des Glockenläutens sind zwei Männer von Haus zu Haus gegangen, um Viehkassegelder einzusammeln. Frauen tragen am Sonntagmorgen Wäsche in die Häuser. Ein Viehtransportwagen holt am Sonntagvormittag einen Ochsen aus dem Gehöft. Eine Wäscherin aus Dörnigheim trägt vor dem Gottesdienst die gewaschene Wäsche in die Häuser.
Dem Metzger Appel wird verboten, beim Sängerfest am 28. Juni 1903 auf dem Festplatz Wurstwaren zu verkaufen. Liegt das daran, daß er Jude ist? Denn am 5. Mai 1905 beschwert sich der Pfarrer bei der Ortspolizeibehörde, daß der jüdische Fotograf einen Schubkarren vor dem Hauptgottesdienst durch die Hauptstraße geschoben hat. Wegen sogenannter „Sabbatvergehen“ werden meist Juden angeklagt.
Über Tanzveranstaltungen bei der Kerb und Nachkerb dürfen ab 1906 die Bürgermeister entscheiden, soweit alles im Rahmen bleibt. Am 15. August 1908 ermächtigt der Landrat die Bürgermeister des Kreises, allein zu entscheiden über Tanzveranstaltungen an den zweiten Feiertagen bis 2 Uhr, allerdings im Einvernehmen mit dem Pfarrer.
Am 19. Dezember 1910 kann der Landrat einem Karnevalsverein einen Tanz am zweiten Weihnachtstag nicht verbieten, weil es der erste Ball dieses Vereins in diesem Jahr ist.
Im Jahre 1922 wird festgelegt: Die Feuerwehr darf am Sonntagmorgen üben, muß aber im Sommer um 9 Uhr und im Winter um 9.30 Uhr fertig sein, damit die Männer zum Gottesdienst gehen können.
Noch in den Jahren 1963 bis 1968 werden landwirtschaftliche Arbeiten an Sonntagen allein vom Landrat erlaubt. Anfangs sind das nur ein oder zwei Sonntage, nachher auch mehrere Wochen. Im Jahre 1963 dürfen am 26. Mai Spritzarbeiten zur Schädlingsbekämpfung durchgeführt werden.
In der Zeit vom 20. Juni bis 30. September darf Eckhart Anders an Sonn- und Feiertagen Arbeiten an der Baustelle „Am Felsenkeller“ Nr. 15 ausführen; er hat das Haus so gut wie ganz in Eigenarbeit gebaut.
Um die Sonntagsheiligung durchzusetzen, gab es früher die „Kirchenrüger“. Diese sollen alle Verstöße dem Pfarrer melden. Aber meist hören und sehen sie nichts. Wenn aber doch einmal einer etwas „anbringt“, bezieht er bei passender Gelegenheit eine Tracht Prügel oder man schlägt ihm die Obstbäume um.
Schließlich betraut man nur noch junge kräftige Männer mit dem Amt. Sie werden eidlich verpflichtet, jede Übertretung ohne Ansehen der Person anzuzeigen. Kinder müssen während der Predigt (d. h. während des Gottesdienstes) in den Häusern gehalten werden. Einheimische dürfen in dieser Zeit nicht ins Wirtshaus gehen.
Die Kirchenrüger achten auch auf ordentliches Betragen der Gottesdienstbesucher. Ansonsten laufen sie während des Gottesdienstes durchs Dorf und halten auf den Straßen, in Häusern und Höfen die Augen offen, um Verstöße gegen die „Sabbatordnung“ dem Pfarrer zu melden.
Erstmals werden die Kirchenrüger 1726 erwähnt. Eine Anzeige wird erstmals 1737 genannt. Aber 1747 werden die Kirchenrüger ermahnt und bedroht, endlich etwas anzuzeigen. Im Jahre 1771 werden Pfarrer, Presbyter und Schulmeister aufgefordert, die Kirchenrüger zu unterstützen, da man sich auf diese nicht verlassen kann. Im Jahre 1850 werden statt der bisherigen zwei Rüger nunmehr vier eingesetzt: Zwei sollen die Straßen und Wirtshäuser kontrollieren und je einer die Jugend im Chorraum und auf der Empore in Schach halten.
Kirchenmusik: Ab 1747 dürfen nur noch Lieder aus dem neuen Gesangbuch für die Grafschaft Hanau gesungen werden. Für die Armen wird der Preis für ein neues Gesangbuch in Höhe von 25 Kreuzern aus dem Opferstock bezahlt. Ein neues Choralbuch wird 1752 angeschafft. Schon 1787 gibt es wieder neue Gesangbücher. Orgelspiel („musikalisches Spiel“) wird 1764 auch in der Adventszeit gestattet und auch in der Passionszeit mit Ausnahme der Karwoche.
Vorarbeiten für ein neues Gesangbuch beginnen 1819. Die Gemeinden werden ersucht, Vorschläge zu machen. Eine Kommission wird gebildet, in der auch der Pfarrer Theobald aus Hochstadt sitzt.
Ein neues Gesangbuch wird 1887 bis 1889 eingeführt. Im Jahre 1893 wird die „Liturgie“ eingeführt, das heißt: Ein großer Teil der liturgischen Stücke wird gesungen.
Im Jahre 1903 ist ein Kirchenkonzert mit dem Chor der Lehrer Möbus und Geb und dem Chor der Hanauer Marienkirche. Der Chor ist wohl neu gegründet. Er übt in der Wirtschaft Rauch. Bei der ersten Übungsstunde aber grölen die Burschen auf der Straße mit. Daraufhin übt der Chor im Schulhaus. Später wird der 1905 gegründete Kirchengesangverein von der Pfarrerstochter Ida Reich geleitet. Ein Frauenchor des Jugendvereins wird 1927 erwähnt.
Der Erste Lehrer bekommt 1910 für den Organistendienst 225 Mark, der Zweite Lehrer 200 Mark. Im Jahr 1925 soll der Organist jährlich 400 Mark erhalten. Da das Konsistorium aber Einspruch erhebt, erhält Rektor a.D. Möbus dann doch nur 300 Mark.
Zweite Organistin ist Ida Reich, über ihre Besoldung wird nichts gesagt. Im Jahr 1927 ist der Kaufmann Wilhelm Möbus der Zweite Organist. Nach dem Tod von Rektor Möbus wird der Lehrer Röder 1933 Organist. Doch am 18. Juli 1940 kündigen die Organisten Wilhelm Möbus und Ernst Röder auf Druck der Nazis ihren Dienst. Der Chordirigent Walzer soll zum Organisten ausgebildet werden.
Mit der Taufe werden in Hochstadt allerhand Bräuche verbunden: Wenn der Storch eine Frau ins Bein beißt, dann bringt er ihr bald ein Kind. Angeblich holt er es aus dem sogenannten „Kennborn“, auch Weiberbrunen genannt, an dem Verbindungsweg zwischen der Straße „Am Pfarrhof“ und der „Brunnenstraße“. Deshalb verbinden die Frauen, die schon Mutter wurden, das Bein vorsichtshalber mit einem weißen Tuch.
Kommt ein Kind zur Welt, das einen Fehler aufweist, dann hat sich die Mutter „versehen“, hat entweder eine Maus oder einen Frosch gesehen.
Die Taufe ist etwa 14 Tage nach der Geburt. Die Hebamme („Kennfraa“) trägt das Kind in einem Steckkissen in die Kirche. Wer Hebamme sein darf, bestimmt die Kirche, die auch für die Ausbildung neuer Hebammen sorgt. Erst nach und nach bestimmt die bürgerliche Gemeinde, wer Hebamme werden soll. Das kann dann zu Schwierigkeiten führen, wenn die Hebamme anderer Konfession ist als der Täufling.
Beim Gang zur Taufe folgt auf die Hebamme der Pate oder die Patin. Die Bezeichnung „Pätter“ für den Paten findet sich im Kirchenbuch erstmals 1685, das Wort „Gethge“ für die Patin kommt 1679 vor; später sagt man allgemein „Goth“. Taufzeugen treten erstmals 1682 auf.
In der Regel hat das Kind nur einen Paten, nur vornehme Leute haben gelegentlich zwei. Die Jungen haben einen Mann als Paten und die Mädchen eine Frau, weil sie stets den Namen des Paten oder der Patin als Vornamen erhalten. Die Pfarrer erwähnen bei der Eintragung der Taufe den Vornamen des Täuflings gar nicht, nur den Namen des Paten oder der Patin. Erst seit etwa 1900 dürfen die Eltern den Namen ihres Kindes selber wählen.
Die Taufen der Pfarrerskinder werden übrigens immer etwas ausführlicher notiert als die anderer Kinder. Bei ihnen wird auch der Geburtstag extra angegeben, bei den anderen nur der Tauftag.
Im Jahre 1826 kommt allerdings dann ein Dekret heraus, daß die Paten nicht mehr darauf bestehen dürfen, daß die Kinder ihren Namen erhalten, weil leicht Verwechslungen der Namen eintreten.
Unter den Frauenbänken in der Kirche befand sich eine Bank, die der Familie des Täuflings vorbehalten war und deshalb meist leer stand, weil nicht jeden Sonntag eine Taufe war. Doch als die Bevölkerung wächst und der Kampf um die Kirchenbänke zunimmt, werden die Plätze verkauft.
Später findet die Taufe gegen Schluß des Gottesdienstes statt. Die Familie muß dann im Mittelgang der Kirche warten und stört oft. Der Pfarrer Reich führt deshalb das Vaterunserläuten ein, damit die Familie weiß, wann sie die Kirche betreten darf.
Eine Haustaufe wird 1676 erstmals erwähnt. Dabei handelt es sich allerdings um eine Nottaufe eine Stunde nach der Geburt. Die Haustaufen müssen extra bezahlt werden. Außerdem muß auch noch etwas für die Hohe Landesschule gegeben werden. Doch 1782 gibt es außer den Nottaufen schon fünf Haustaufen, bei denen viel Aufwand getrieben wird.
Katholiken dürfen ihre Kinder auch in der Kirche taufen lassen, zum Beispiel im Jahr 1698. Es gibt auch heimliche Taufen an Wochentagen und ohne Geläut der Glocken, so im Jahre 1761. Aber dann muß vorher ein öffentlicher Betgottesdienst stattfinden.
Vor der Taufe darf die Mutter nicht „über die Gasse“ gehen. Bei ihrem ersten Besuch bei den Verwandten und Bekannten bekommt der Säugling immer ein Ei geschenkt, das man dem Kind in den Mund drückt bzw. mit dem man den Kiefer reibt, um ein leichtes Zahnen zu ermöglichen.
Bei dem ersten Kind in der Familie rechnet man immer sehr genau nach, ob es nicht zu früh nach der Trauung gekommen ist. Selbst wenn es nur zwölf Tage zu früh gekommen ist, wird beim Eintrag der Taufe auch das Heiratsdatum der Eltern vermerkt, so im Jahre 1685.
Bei der Tauffeier am Nachmittag ist wieder die Hebamme dabei und erhält von allen Gästen kleinere und größere Geschenke. Besonders Pätter und Goth dürfen sich dabei „nicht lumpen lassen“.
Am Sonntag nach der Taufe findet ein „Nachkindbett“ statt, bei dem die Eingeladenen ein halbes Pfund Kaffee und ein halbes Pfund Zucker mitbringen. Im frühen Alter darf man ein Kind nicht durch ein Fenster hinausreichen oder durch die gespreizten Beine eines Erwachsenen krabbeln lassen, weil sonst das Wachstum gehindert werden kann. Man vermeidet auch, dem Kind allzu früh die Nägel zu schneiden, weil sonst das Leben abgeschnitten würde.
Von 1880 bis 1940 werden jährlich 30 Kinder getauft. Die Zahl der Taufen ist höher als die der Beerdigungen. Taufkannen werden 1736 und 1818 gekauft, ein Taufbuch wird 1750 angeschafft. Das Taufgerät wird im Haus des Ersten Lehrers aufbewahrt.
Die heute verwendete Taufschale (einen Taufstein gibt es ja nicht mehr) wird am 1. Weihnachtstag 1907 von 47 Familien gestiftet, wahrscheinlich gleichzeitig mit der Taufkanne.
Die „Kinderlehre“ wird 1670 erstmals erwähnt. Sie beginnt im April und ist wohl eher ein Katechismusunterricht. Doch der lutherische Pfarrer Schlümbach beschwert sich, daß die Eltern ihre Kinder meist schlecht zu Schule und Kirche schicken. Der Pfarrer kann kaum die ersten Elemente des Christentums nebst einigen Sprüchen und Psalmen in sie bringen, klagt er.
Auch die Jugend kommt nur ungern und unvollständig zu den Katechismusstunden. Sie wird verpflichtet, zu den Betstunden vollzählig zu erscheinen, andernfalls wird Meldung an die Herrschaft gemacht. Die Hauskatechisiation soll schon Martini (11. November) und nicht erst zur Fastenzeit beginnen und zweimal wöchentlich bis Ostern abgehalten werden.
Die Katechisation wird nach dem Heidelberger Katechismus gehalten. Die Konfirmation findet fast jedes Jahr an einem anderen Tag statt (Palmarum, Gründonnerstag, Karfreitag, Ostern, Pfingsten, Advent, Trinitatissonntage).
So werden am 2. August 1752 fünf Kinder konfirmiert, mit denen es Schwierigkeiten gab, weil die Eltern sie in Bruchköbel hatten konfirmieren lassen wollen. Im Jahre 1813 wird die Konfirmation am Himmelfahrtstag gehalten, im Jahr 1819 an Pfingsten und 1823 an Ostern. Im Jahr 1882 wird die Konfirmation von Palmsonntag auf den ersten Sonntag nach Ostern verlegt, die Prüfung ist am zweiten Ostertag.
Die Konfirmation darf erst nach dem 14. Geburtstag erfolgen, weil so lange die Schulpflicht geht. Aber viele Kinder werden schon früher konfirmiert. In begründeten Ausnahmefällen können Kinder schon mit 13 Jahren und 6 Monaten konfirmiert werden.
Die Genehmigung erteilt die Regierung gegen eine Gebühr. Bei den Gesuchen sollen die Pfarrer Auskunft geben über die Kenntnisse in Religion und über die Vermögensverhältnisse der Eltern (arme Kinder werden früher konfirmiert, um eher Geld verdienen zu können).
Doch die Pfarrer bleiben in ihren Auskünften unbestimmt, da die Gebühren von vier Groschen bis drei Taler schwanken können je nach Vermögen der Eltern. Ab 1832 muß auch die Schule durch ein Abgangszeugnis bestätigen, daß die Schulpflicht erfüllt ist.
Die jungen Männer müssen bis zum vollendeten 18. Lebensjahr, die jungen Frauen bis zum vollendeten 25. Lebensjahr am Katechismusunterricht teilnehmen. Die Lehrer haben Versäumnislisten zu führen. Jedes Versäumnis kostet einen Kreuzer, die Strafen werden vom Amt eingezogen. Ab 1824 müssen die Konfirmierten nur noch bis zum 17. Lebensjahr in den Katechismusunterricht kommen, die Milizangehörigen sind ganz ausgenommen.
Im Jahre 1920 will der Pfarrer einen Jugendverein gründen. Er bildet einen Vorstand für Jugendarbeit, dem außer ihm das engere Presbyterium, der Schulvorstand, zwei Lehrer und eine Lehrerin, ein Vertreter des Kriegervereins, ein Vertreter des Kirchengesangvereins und die Gemeindeschwester angehören. Es melden sich auch einige, aber man glaubt nicht, daß die Jugend damit einverstanden ist. Die Mädchengruppe wird von der Pfarrerstochter Ida geleitet.
Der Pfarrer klagt sehr über die Konfirmanden. Als vier Konfirmanden von einem fremden Kirschbaum gegessen haben, fragt der Pfarrer, ob sie noch würdig seien, am Konfirmandenunterricht teilzunehmen. Als die Konfirmanden „frech und faul“ sind und nicht zum Gottesdienst kommen, werden viele vom Konfirmandenunterricht ausgeschlossen.
Die Falltüre unter den Glocken und die Geländer im Turm werden 1918 von den Konfirmanden zerbrochen. Doch die älteren Konfirmanden schieben die Beschädigung auf die jungen, und die neuen Konfirmanden schieben die Schuld auf die alten. Ein Konfirmand hat die Tür des Schützenhäuschens aufgebrochen und nach Hause gefahren und verbrannt. Um die Gewinnung von Brennholz geht es wohl auch bei dem Diebstahl von Holz aus dem Wald, bei dem die Konfirmanden die Bäume zuerst umgehauen und dann wieder aufgestellt haben, damit sie dürr werden.
Am 9. Januar 1924 werden die Konfirmanden nach 20 Minuten Unterricht wegen „furchtbarer Faulheit“ heimgeschickt. Am 8. Februar 1925 schließt der Pfarrer wegen Ungezogenheit den Unterricht ganz. Er will nicht eher wieder anfangen, bis die Väter schriftlich für ein gutes Betragen ihrer Söhne garantiert haben. Auch die Mädchen geben Anlaß zu Beanstandungen. Der Besuch der Gottesdienste ist kläglich. Die Zahl der Konfirmanden schwankt zwischen 1880 und 1940 zwischen 20 und 40 Konfirmanden.
Zur Vorstellung tragen die Mädchen ein helles Kleid, die Jungen einen farbigen Anzug. Zur Einsegnung gehen alle in schwarz. Die Eltern schenken den Konfirmanden ein Gesangbuch. Schon am Samstag erhalten alle Verwandten und Nachbarn Kuchen ins Haus gebracht. Für das Abendessen wird ein Schwein geschlachtet. Um Mitternacht gibt es noch einmal Kaffee und Kuchen.
Das Abendmahl ist eine der zentralen Handlungen in der evangelischen Kirche. Im Jahre 1599 verwendet man dabei Weißbrot, 1624 ist von „Weck“ die Rede und 1625 von Brot, das aber auch Weißbrot sein dürfte. „Kirchengerät“ wird 1650 angeschafft und 1658 eine Büchse, in die der Kelch kommt, und ein Fläschchen zum Abendmahl.
Aber auch in der frühen Zeit gibt es schon Verächter des Abendmahls. Heinrich Schmidt äußert 1666, daß er auf die Predigt und das Abendmahl „schisse“. Er wird vom Amt zu 20 Reichstalern Strafe verurteilt.
Im Jahr 1670 will eine Frau zum Abendmahl gehen, wird aber abgewiesen, weil sie die Kirchenbuße nicht abgelegt hat. Es heißt von ihr: „Sie konnte ihr Maul gar wohl gebrauchen und gab trotzige Worte!“ Aus Trotz tritt sie schließlich zu den Lutheranern über.
Die Zahl der Abendmahlsteilnehmer ist zunächst nicht sehr hoch: An Michaelis 1677 gehen gerade einmal 19 Männer, 15 Frauen und 5 Jugendliche zum Abendmahl. An Ostern 1778 sind es 48 Personen, davon 24 Jugendliche. An Weihnachten sind es 74 Personen. Die traditionellen Abendmahlstage sind Weihnachten, Ostern und Michaelis.
Die ganze Gemeinde nimmt aber irgendwann einmal im Jahr am Abendmahl teil. Der Ausschluß gilt als schwere Strafe. Als in einem Jahr die Weinlese früher einsetzt, wird das Abendmahl um eine Woche verschoben, da die innere Ruhe nicht gewährleistet sei. Jeder Streit in der Familie und unter Nachbarn, der öffentlich bekannt ist - vor allem den kirchlichen Behörden - muß vorher geschlichtet werden. Wer eine Strafe für ein Vergehen nicht zahlen kann, wird zur öffentlichen Kirchenbuße zugelassen und kann danach wieder am Abendmahl teilnehmen.
In der Presbyteriumssitzung wird jedesmal gefragt, ob etwas bekannt sei, das den Ausschluß vom Abendmahl nach sich zieht (fehlende Versöhnung, noch offene Kirchenstrafe, keine Buße). Am Mittwoch, Freitag und Samstag wird die gleiche Frage noch einmal der gesamten Einwohnerschaft gestellt. Erst ab 1760 darf der Pfarrer niemanden mehr vom Abendmahl ausschließen, ohne vorher die Genehmigung des Konsistoriums erhalten zu haben.
Wein und Brot zum Abendmahl zahlt immer die bürgerliche Gemeinde. Anfangs sind es 6 Albus 12 Heller im Jahr. Im Jahr 1731 braucht man 16 Maß, das sind 26,6 Liter. Den Rest trinken Schulmeister und Kirchenälteste aus. Doch eines Tages wird das vom Konsistorium verboten: Man solle den Wein den Armen geben. Doch es wird eingewandt, es gäbe gar nicht überall „Hausarme“. So muß die Bestimmung wieder fallengelassen werden.
Das Brot wird oft bei einem Bäcker in Hanau gekauft, der Wein beim örtlichen Wirt; das Brot wird aber auch beim Wachenbucher oder Hochstädter Bäcker gekauft. Im Jahre 1788 braucht man vier Laib Weißbrot. Bei einer Prüfung der Gemeinderechnung im Jahre 1823 wird angeordnet, daß Abendmahlsbrot und Wein nicht mehr bezahlt werden, bis höheren Orts darüber entschieden ist; aber 1826 wird entschieden, daß doch gezahlt werden muß.
Die Abendmahlsgeräte bestehen aus einem vergoldeten Silberkelch (49 Gulden), einer Zinnflasche, einer Zinn-Maßkanne, zwei Tafeltüchern, zwei Servietten und einem Leinenbeutel zur Aufbewahrung. Die Geräte werden beim Kirchenbaumeister aufbewahrt.
Ab 1762 sollen Knechte und Mägde nicht in ihre Geburtsorte geschickt werden, wenn sie zum Abendmahl wollen. Sie sollen in die Gemeinde aufgenommen werden und am Ort zum Abendmahl gehen. Sie müssen aber von ihrer Heimatgemeinde einen Schein vorlegen, daß sie dort am Abendmahl teilgenommen haben.
Im Jahre 1890 sind es etwa 1.000 Abendmahlsgäste im Jahr, etwas mehr Männer als Frauen. Bis 1909 steigt die Zahl auf 1.300, aber 1925 sind es nur 875 Teilnehmer (durchschnittlich 60 pro Feier), 1940 nur noch 314.
Die Kirchenzucht im Zusammenhang mit dem Abendmahl ändert sich auch. Eine nur standesamtlich verheiratete Frau wird 1894 vom Abendmahl ausgeschlossen. Aber im Jahre 1905 geht eine Frau trotz fehlender Zulassung zum Abendmahl und der Pfarrer wagt nicht, sie zurückzuweisen.
Im Jahre 1912 klagt der Pfarrer, daß die „Jungfrauen“ morgens zum Abendmahl gehen und abends auf der Straße sind. Er schließt auch 1914 einen Mann vom Abendmahl aus, weil er mit einer Familie verfeindet ist und beim Versöhnungstermin am Gründonnerstag uneinsichtig gewesen ist.
Die heute verwendeten Abendmahlsgeräte sind neu, vor allem die Einzelkelche. Bei den zwei vergoldeten Silberkelchen, der Kanne und dem Teller könnte es sich um die Geräte handeln, die 1904 im Inventarverzeichnis erwähnt werden. Damals gab es auch noch eine Abendmahlskanne aus Zinn und einen silbernen Krankenkelch sowie einen kleinen Silberlöffel.
Früher sprachen die Eltern bei der Wahl des Ehepartners ihrer Kinder mit. Sie deuten an, wer oder welche ihrer Meinung nach der Richtige bzw. die Richtige sei. Sind die beiderseitigen Eltern einverstanden, ist die Sache klar. Man sagt dann: „Der geht nach der ....!“ Zum Geburtstag oder Weihnachten werden Geschenke ausgetauscht. Die Eltern treten miteinander in Verkehr.
Wenn die Kinder das richtige Alter haben, wird Verlobung gehalten (früher „Verspruch“ genannt). Mit der Hochzeit wird nicht lange gewartet. Wenn der Bräutigam das Aufgebot bestellt, wird er von den gleichaltrigen Burschen begleitet, die einen großen Lärm machen, um die bösen Geister zu vertreiben.
Bei Unzucht, Ehebruch oder vorehelichem Verkehr war die Kirchenbusse fällig: Nach der Predigt im Sonntagsgottesdienst wendet sich der Pfarrer an die „Sünder“, verweist auf Gottes Gebote, die Kirchenordnung und die Verkommenheit der Sünder, die nicht nur Gott, sondern auch Pfarrer und Älteste sowie die ganze Gemeinde beleidigt haben. Der Sünder oder die Sünderin müssen dann unter vielen Tränen über ihr Vergehen berichten. Sie bitten Gott und die Gemeinde um Vergebung und werden nach dieser Buße wieder in die christliche Gemeinschaft aufgenommen und zum Abendmahl zugelassen.
Die bürgerliche Eheschliessung wird 1811 von den Franzosen eingeführt. Eine Trauung wird erst nach der Eheschließung durch den Zivilstandsbeamten möglich. Nach der napoleonischen Zeit wird aber der alte Zustand wieder eingeführt. Erst ab 1875 gibt es Standesämter und damit auch wieder eine bürgerliche Eheschließung.
Bei Verlobten aus verschiedenen Orten darf die Trauung nur am Ort des Bräutigams stattfinden. Doch diese Bestimmung wird 1831 wieder aufgehoben und die Wahl des Ortes freigestellt.
Die Zahlungen für Trauungen werden 1893 abgelöst. Pfarrer und Lehrer erhalten eine jährliche Pauschalsumme. Trauungen im Anschluß an den Gottesdienst sind kostenlos. Für die anderen erhält der Pfarrer in späteren Jahren wieder 35 Pfennig, der Lehrer 12 Pfennig, es wird nur mit e i n e r Glocke geläutet. Von 1880 bis 1925 sind es durchschnittlich zehn Trauungen im Jahr, danach bis 1940 fast 20, dabei auch vier konfessionell gemischte Ehen.
Die häuslichen Feiern bei Hochzeiten waren früher sehr üppig und es wurde viel Aufwand getrieben. Andreas Emmel gibt 1672 zwei Faß Wein im Wert von über 16 Gulden für eine Hochzeit aus. Aber später feiert man lieber im kleineren Rahmen.
Um 1900 läuft eine Hochzeit folgendermaßen ab: Das Paar muß zwei Sonntage vorher in der Kirche aufgerufen werden. Einige Tage vor der Hochzeit muß das Paar die Gäste einladen. Der Bräutigam schenkt der Braut einen Ehering (für den Bräutigam wäre er bei der Arbeit hinderlich). Dafür schenkt ihm die Braut einen aus ihren ausgekämmten Haaren gefertigte Uhrkette mit einer goldenen Einfassung am Anfang, in der Mitte und am Ende.
Die Feier ist immer auf einen Sonntag. Der Bräutigam trägt Gehrock und Zylinder, die Frau ein schwarzes Kleid. Früher trug sie nur einen Kranz auf dem Kopf, seit 1900 auch den Schleier. Wenn sie schon in anderen Umständen ist, darf sie weder Kranz noch Schleier tragen. Stellt sich erst nachher heraus, daß sie den Kranz zu Unrecht getragen hat, muß sie eine Geldbuße zahlen.
Beim Kirchgang wird der Hochzeitszug durch ein gespanntes Seil gehemmt. Der Bräutigam muß Geldstücke auswerfen, ehe das Seil fällt und der Zug voranschreiten kann.
Die Feier beginnt um 16 Uhr mit Kaffee und Streuselkuchen oder Radonkuchen, Gebäck wird in Kaffee getunkt. Wenn ein Gast genug hat, dreht er die Tasse um oder legt sie auf die Seite.
Nach dem Kaffee zieht der Hochzeitszug in den Wald und singt Volkslieder. Zu Hause gibt es dann eine Zwischenmahlzeit mit Schwartemagen und anderen Würsten; Wein und andere Getränke werden angeboten. Die Hauptmahlzeit am Abend besteht aus Rinder und Schweinebraten und Bratwürsten, dazu gibt es aufwendige Beilagen.
Dann geben die Gäste die Geschenke ab mit dem Spruch: „Hier bring ich euch ein kleines Stück, unser Herrgott bescher‘ euch ein großes Glück!“ Die Patin („Goth“) schenkt der Braut einen aus Weiden geflochtenen Wäschekorb (eine „Mahne“), der mit bunten Bändern geschmückt ist und auf den mit schwarzer Ölfarbe der Name der Braut und das Jahr der Hochzeit aufgemalt ist.
Zuletzt kommen Patin oder Pate mit einem großen Wandspiegel. Er wird den Neuvermählten vorgehalten, damit sie sich in ihrer Jugendfrische betrachten können. Die Gäste aber setzen ihnen Zipfelmütze, Kapotthütchen und Brille auf, um zu zeigen, wie sie nach Jahren aussehen werden.
Am Abend führt man eine heulende Küchenhilfe herein. Sie hat sich den Arm verbunden, weil sie sich angeblich verbrüht hat. Daraufhin wird eine Sammlung für das notleidende Küchenpersonal veranstaltet.
Gehört der Bräutigam einem Gesangverein an, wird dem Paar ein Ständchen gebracht. Ein Sprecher des Vereins gratuliert den Neuvermählten zur Hochzeit. Der Bräutigam lädt die Sänger dann zu einem Faß Wein im Vereinslokal ein.
Wenn die Feier so richtig im Gange ist, verschaffen sich die Gäste Zutritt zum Schlafzimmer und bauen in das Bett allerhand Schikanen ein: Erbsen werden hineingestreut oder Bettücher zusammengenäht. Aber der Hochzeitsnacht hat das wohl keinen Abbruch getan.
In der Woche nach der Hochzeit zieht man zusammen in eins der Elternhäuser. Am Sonntag findet eine Nachhochzeit statt, an der nur Frauen teilnehmen, die vor allem das Ehebett untersuchen und sogar von der Wand abrücken (deshalb wird die Feier auch „Bettrücken“ genannt).
Beerdigung
Ein Todesfall spricht sich im Dorf schnell herum. Die Leiche wird im Haus aufbewahrt. Vom Totengräber oder der Totenfrau wird sie gewaschen und mit Totenhemd und weißen Strümpfen bekleidet. Die Stube wird verdunkelt. Ein Oberfenster aber wird aufgelassen, damit die „Seele“ in den Himmel fliegen kann, wie man sich vorstellt.
Eine Stunde und eine halbe Stunde vor der Beerdigung wird geläutet. Die Trauergäste sammeln sich allmählich im Hof des Trauerhauses und auf der Straße. Der (geschlossene) Sarg ist im Hof aufgebahrt. Blumen und Kränze werden den Frauen übergeben. Es läutet. Pfarrer und Schulkinder kommen. Einige Strophen eines Chorals werden gesungen. Der Pfarrer hält die Eingangsliturgie. Unter dem Geläut der Glocken geht es zum Friedhof. Sechs Träger aus der Nachbarschaft oder Schulkameraden tragen den Sarg.
Im 18. Jahrhundert steht es den Angehörigen frei, eine Leichenpredigt zu bestellen oder nicht. Wird sie aber bestellt, so muß der Pfarrer gesondert entlohnt werden, ansonsten werden nur die liturgischen Stücke am Grab gesprochen. Manchmal macht das auch der Lehrer.
Selbstmörder werden meist vom Büttel still in der Ecke des Friedhofs verscharrt. Nur wenn der Arzt geistige Umnachtung bescheinigt, kann er von den Angehörigen still in der Reihe beerdigt werden. Ortsfremde erhalten ein Armenbegräbnis. Vor dem Untertor findet man einmal eine arme Frau, die verstorben ist, vor dem Obertor einen Mann aus Schlüchtern. Dann findet man einen Handwerksburschen, einen Hutmachergesellen aus der Schweiz, erfroren vor dem Tor. Ein Armensarg kostet drei Gulden, später sechs Gulden.
Im Jahre 1606 wird ein Bestatteter wieder ausgegraben. Doch der Schultheiß, der Barbier und ein aus Hanau herbeigeholter Barbier stellen fest, daß ein Sturz die Todesursache gewesen ist und nicht eine Gewalttat.
Die Gemeinde besitzt 1761 drei Leichentücher, von denen jeweils eins bei der Trauerfeier über den Sarg gelegt wird. Das große Tuch mit Quasten und Fransen hat 60 Gulden gekostet. Zum Schutz vor der Ölfarbe kauft man noch ein schwarzes Leichentuch, das zuerst über den Sarg gelegt wird.
In den Jahren 1763 bis 1765 gibt es scharfe Erlasse gegen Verstöße gegen die Trauerordnung wie üppige Leichenfeiern und zu viele Kutschen. Im Mai 1786 wird schwarze Trauerkleidung verboten, weil man damit zuviel Aufwand getrieben hat: Die Männer sollen ein schwarzes Ärmelband, die Frauen ein schwarzes Hutband tragen. Im September aber wird der Erlaß dahingehend abgemildert, daß das Trauern auch in der sonst üblichen Kleidung erlaubt ist.
Ab 1783 werden Erwachsene und Kinder in getrennten Abteilungen bestattet. Die Ruhefrist beträgt ab 1783 mindestens 20 Jahre. Das Ausheben eines Grabes kostet 1850 nur 30 Kreuzer. das Grab muß mindestens sechs Fuß tief sein.
Ein neues Leichentuch wird 1807 angeschafft, eine neue Totenbahre 1884. Die Ablösung der Beerdigungsgebühren wird 1893 vom Presbyterium abgelehnt, wenn die Kosten durch Erhöhung der Kirchensteuer aufgebracht werden müssen.
Unter Pfarrer Reich wird eine Beerdigung zu einer Demonstration mißbraucht. Zwei auswärtige Arbeiter legen einen Kranz nieder und sprechen einen Nachruf. Doch das Konsistorium schreibt dem Pfarrer, das sei nicht verboten. Natürlich darf die gottesdienstliche Handlung nicht gestört werden und die anderen Teilnehmer dürfen nicht Ärgernis nehmen.
Auch in früheren Jahrhunderten fielen Menschen aus der Reihe und sollten mit Ordnungsmaßnahmen wieder auf den richtigen Weg gebracht werden. Manchmal geht es nur um Schimpfwörter wie „Dieb, Schelm, Hundsfott“, deren Gebrauch unweigerlich zur Gerichtsverhandlung führt. Aber oft geht es auch um schwerwiegendere Sachen.
Im Jahre 1538 prahlt Peter Zink im Wirtshaus, daß er „so viel“ Obst geerntet habe. Der Pfarrer hört davon und fragt, weshalb er es denn nicht verzehnte. Er antwortet: „Was soll ich Ihnen geben, denn Sie haben doch gepredigt, man solle keinen Zehnten nehmen!“ Er wird deswegen auf die gräfliche Kanzlei bestellt. Er gibt an, er habe nur einen schlechten Scherz gemacht, und leistet Abbitte.
Beim „Abschießen“ der Büchsenschützen im Jahre 1603 kommt es zu einer Messerstecherei: Ein Teilnehmer hat dem anderen mit dem Messer ins Gesicht gestochen. Er kann sich später aber an nichts mehr erinnern, denn er ist völlig betrunken gewesen.
Im Jahre 1604 entdecken zwei Knechte, die zur Nachtwache eingeteilt sind, auf einem Hof zwei Weinfässer, die zum Verkauf bereitstehen. Sie bohren vier Löcher hinein und saufen sich voll. Zur Strafe wird je einer an eins der Tore angeschlossen und muß dort zwei Tage und eine Nacht bleiben. Mit je sieben Schillingen müssen sie den Wein bezahlen und einen Gulden in die Gemeindekasse geben. Außerdem werden sie zur „Herrenbuße“ angezeigt, d.h. für ein Gerichtsverfahren bei der Herrschaft.
Bei der Feier eines Ehejubiläums im Jahre 1669 haben angeblich vier Söhne ihren Vater blutig geschlagen. Diese und die Zeugen stellen den Fall aber ganz anders dar. Die Söhne kommen schließlich mit einer kleinen Strafe für den Almosenkasten davon.
Es gibt viele Besäufnisse und Schlägereien. Der Schuldige aber erklärt regelmäßig, er sei stark betrunken gewesen und wisse nicht, wie es zu den bösen Worten gekommen sei, denn er wisse nur Liebes und Gutes von seinem Widersacher. Betrunkene junge Burschen randalieren 1726 auf der Straße. Sie werden vor die Presbyter geladen und ernstlich ermahnt. Auch 1728 geschieht das so.
In den Jahren 1732 und 1733 kommen oft hessische Soldaten ins Dorf (wahrscheinlich aus Hanau). Sie saufen und schreien und geben ein schlechtes Beispiel für die „braven“ Hochstädter Burschen. Aber die Ortsbehörden können den Soldaten nichts befehlen. Also können sie nur auf die Hochstädter Burschen achten. Aber es kommt doch zu „ärgerlichem Tanzen“ den ganzen Nachmittag bis in die Nacht hinein.
Auch haben 1732 junge Burschen im Haus des Nagelschmieds Ärgerliches getrieben, vor allem Kartenspiel. Der Pfarrer und der Schultheiß wollen sich auf die Lauer legen, um sie auf frischer Tat zu ertappen. Schließlich meldet sich ein Spitzel, daß man am Abend vor Neujahr sogar Branntwein in das Haus geholt habe. Der Nagelschmied leugnet, wird aber durch einen weiteren Zeugen überführt. Das „Verbrechen“ soll sogar beim Amt angezeigt werden, der Pfarrer droht mit Ausschluß vom Abendmahl.
Im Haus des Wirts Stein wird jeden Donnerstagabend unter schrecklichen Flüchen Karten gespielt. Da eine scharfe Predigt am Sonntag nichts geholfen hat, wird der Schultheiß eingeschaltet.
Bei der Kerb 1766 kommen am Mittwoch die jungen Burschen nachts vor das Pfarrhaus, lärmen und schlagen an die Haustür, bis geöffnet wird. Dann verlangen sie, im Pfarrhaus tanzen zu dürfen. Am Donnerstag ist der Pfarrer auf dem Weg zu einer Hochzeitsfeier. Da empfangen ihn die Burschen wieder mit einem „gemachten Gelächter“ und begleiten ihn damit bis zum Haus des Hochzeiters. Als der Pfarrer abends vom Feld kommt, da stehen sie mitten im Tor. Einige laufen davon. Aber einer bleibt stehen mit einer Kanne in der Hand und ruft: „Hol mich der Donner, da kommt er!“ Selbst am Sonntag während der Predigt stimmen drei (namentlich bekannte) Burschen ein gottloses Gelächter an. Doch es sind Kinder angesehener Leute. Sie erklären, daß sie den Pfarrer nicht haben beschimpfen wollen. Er verzeiht ihnen.
Die Söhne des Maurermeisters Bechert haben sich Lehmkugeln gemacht, diese auf Stöcke gespießt und gegen die Kirche geworfen. Dabei hätten leicht die Fensterscheiben zerbrochen werden können, meint der Pfarrer.
Gegen Ende des 18. Jahrhunderts geht eine Anzahl junger Frauen häufig zu Lustbarkeiten nach Dörnigheim und Kesselstadt. Sie werden 1794 ermahnt, lieber zur Katechisation zu kommen. Die Hochstädter Jugend wandert auch scharenweise in die (kleine) Wirtschaft nach Wilhelmsbad. Dort wird stark getrunken, oft kehrt man erst nach Mitternacht ein. Wieder soll in der Katechisation auf sie eingewirkt werden.
Im Jahre 1913 ist Einquartierung im Dorf. In der Kinderlehre werden die Mädchen zu anständigem Verhalten ermahnt. Die Soldaten besteigen abends den Kirchturm und geben Leuchtsignale an den Kirchturm in Fechenheim. Ein konfirmierter Junge bekommt 1918 sogar drei Tage Gefängnis auf Bewährung, weil er am Heiligen Abend „ein unerhörtes Vorkommnis“ angestellt habe.
Der Pfarrer beschwert sich besonders über die Jugend: Junge Mädchen waren unglaublich frech und schamlos, weil sie am Sonntagabend in der Gartenwirtschaft Strohl gesessen haben. Eine Spezialität der Jugend ist es auch, die Huthaken von den Kirchenbänken abzureißen.
Trotz aller christlichen Unterweisung und Sitte hält sich immer noch mancher Aberglaube. So hat 1601 eine Magd aus Roßdorf, die es mit mehreren Knechten gehabt haben soll, einen Topf gekauft und unter einem Baum begraben. Die Mädchen des Ortes suchen tagelang während der Feldarbeit nach dem Topf, finden aber nichts.
Die eingesperrte Magd gibt schließlich an, den Topf mit einem Frosch unter einem Baum am Weg nach Hanau vergraben zu haben. Damit will sie bezwecken, daß ein bestimmter Knecht aus Gronau sie liebhaben müsse. Diese Kunst hat sie von Elisabeth gelernt, die deshalb auch vor dem Ortsgericht erscheinen muß. Über den Ausgang des Verfahrens ist nichts bekannt.
Ausdrücklich von Zauberei wird gesprochen bei einem Vorfall zwischen dem Ehepaar Kauss und der Witwe Burger. Die Eheleute Kauß sind dabei, eine Kräuterarzenei zu kochen, als Frau Burger zu Besuch kommt. Herr Kauß sagt: „Da kommt die, die schuld hat!“ Gemeint ist der Tod eines Kindes. Die Beschuldigte bestreitet das aber aufs Heftigste vor dem Ortsgericht, weil sie die Folgen kennt.
Auch Wendel Lampe beschuldigt eine Dienstmagd als gemeine Hure und Zauberin und will dafür Beweise liefern. Am 26. Juli 1602 wird lange vor Gericht verhandelt wegen Zauberei. Zwei Frauen bezichtigen sich gegenseitig. Doch es kommt zum Vergleich.
Am 17. März 1607 ist ein Zacharias Hof gestorben, der das Haus des Pfarrers Gereum gemietet hat, aber aus der Hanauer Neustadt stammt. Am 18. März wird er beerdigt, am nächsten Tag aber wieder ausgegraben und durch den Barbier von Hanau und den Barbier Alberti aus Hochstadt besichtigt. Er wird verdächtigt, „einen Pfahl genommen zu haben“. Der Schultheiß bestätigt, daß er an der rechten Schulter das Wahrzeichen gehabt hat. Offenbar geht es hier um einen Vampir-Aberglauben.
Andreas Emmel berichtet von Praktiken bei Krankheit von Tier und Mensch: Wenn eine Kuh den „Heyusch“ hat, soll man morgens ohne zu reden an ein fließendes Wasser gehen. Man schöpft einen Topf Wasser in der Richtung, in der das Wasser fließt. Das Wasser spritzt man mit den Fingern an das Euter der Kuh.
Dabei spricht man die Worte: „Der Christ und der Drache gingen über den Bach, der Christ ertrank und der Drache ging über den Bach, im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes!“ Man tut das morgens, wenn man das Wasser holt. Danach schüttet man das Wasser hinten über der Stalltür aus und betet dazu das Glaubensbekenntnis und dreimal das Vaterunser.
Schöllkraut soll man gebrauchen, wenn einer krank ist und man wissen will, ob er stirbt oder nicht. Man legt es ihm ohne zu reden unter das Kopfkissen: Wenn der Mensch sterben wird, so lacht er jetzt überlaut. Wenn er aber weint, so wird er wieder aufkommen. Danach muß man ohne zu reden fortgehen. Und schließlich noch ein Rat von Andreas Emmel: Wenn man wissen will, ob eine etwas Böses kann, so soll man einen neuen Besen unter ihre Schwelle legen.
Im Jahre 1668 holen einige Familien einen sog. „weisen Mann“ zu kranken Familienangehörigen in ihr Haus, also einen Gesundbeter. Sie müssen vor den Ältesten erscheinen. Ihnen wird das Teufelswerk und ihre Sünde gegen Gott vorgehalten. Alle bereuen tief und versprechen mit Handgelöbnis, solches nicht wieder zu tun.
Walpurgisnacht:
In der Walpurgisnacht vom 30. April zum 1. Mai veranstaltet die Jugend aus Hochstadt und den umliegenden Orten ein Fest, das vom Pfarrer „Paliafest“ genannt wird. Es geht zurück auf den Feld- und Waldgott Pan und den Aberglauben vom Hexentanz, den es auch anderswo gibt.
Auf einem Kreuzweg wird ein riesiges Feuer aus gestohlenem Holz oder Stroh angezündet. Man tanzt um das Feuer und springt auch darüber. Dabei stößt man wilde und böse Wörter aus. Es werden sowohl ehrbare als auch verdächtige „Weibspersonen“ mit den schändlichsten Namen belegt, die der Teufel eingibt. Auch werden Schnaps, Bier und Wein getrunken.
Im Jahre 1771 verbietet der Pfarrer Franz Daniel Kühn am vorhergehenden Sonntag in der Predigt den Teufelsdienst so ernstlich, daß kein junger Bursche in der Nacht draußen ist. Er spannt auch Schultheiß, Kirchenälteste und ehrbare Hausväter und Hausmütter ein und führt Privatgespräche. Er macht im Mai einen Bericht an das Konsistorium.
Aber 1773 wird das Paliafest wieder abgehalten, nun aber um so wüster: Der Pförtner hat entgegen dem Verbot die Hochstädter und Dörnigheimer Burschen hinausgelassen. Es wird getanzt bis in den Morgen. Grölende Kilianstädter und Hochstädter verprügeln die Dörnigheimer Jugend und schlagen einen fast zu Tode. Die Funken des Feuers fliegen in den Ort. Der Feuerwächter in Hanau denkt, Hochstadt stünde in Flammen. Einige Einwohner laufen mit Eimern hinaus, um zu löschen.
Der Hochstädter Pförtner läßt die Hochstädter Jungen dann wieder herein. Doch nun trommeln sie mit Knüppeln an die Fensterläden des Pfarrhauses und bewerfen den Pfarrer mit Steinen, so daß er um sein Leben fürchtet.
Das ist vor allem die Rache dafür, daß der Pfarrer die Gitter an der Empore hat entfernen lassen, hinter der sich die Burschen versteckten, Unsinn machten oder schliefen.
Das Konsistorium weist das Amt Büchertal an, das Paliafest in Zukunft zu verbieten. Im Jahre 1774 lärmt und musiziert die Jugend im Wirtshaus. Dann hört man nichts mehr von dem Fest.
In der Adventszeit werden abends Plätzchen gebacken, wenn die Kinder schon zu Bett sind. Sie dürfen ihre Weihnachtswünsche auf einen Zettel schreiben und vor das Fenster legen. Den Nikolaus kennt man nicht. Adventskränze kommen erst nach dem Zweiten Weltkrieg auf.
An Weihnachten wird nicht in jeder Familie ein Baum aufgestellt. Man geht gern zu Verwandten, besonders zu denen, die kleine Kinder haben. Das beliebteste Weihnachtslied ist: „Am Weihnachtsbaum die Lichter brennen!“ Man ißt Würstchen mit Kartoffelsalat. Am ersten Weihnachtstag wird dann Gänsebraten gegessen.
Auf dem Gabentisch liegen um 1900 nur Äpfel, Nüsse und etwas Gebäck, vielleicht auch aufgebessertes Spielzeug und eine Mundharmonika für die Jungen und ein selbstgefertigtes Püppchen mit Porzellankopf für die Mädchen. Gelegentlich kommt ein „Christkindchen“, von einem jungen Burschen dargestellt, der alle Häuser abklopft, in denen ein Christbaum steht.
Knecht und Magd erhalten kleine Geschenke, meist Kleidungsstücke. Am ersten Feiertag holen die Kinder bei den Paten ihre Geschenke ab, die meist aus einer selbstgebackenen Brezel sowie aus Äpfeln, Nüssen oder einem Kleidungsstück bestehen.
An Silvester ißt man Rippchen mit Kraut. Um Mitternacht kommen „Stutzweck“ auf den Tisch. Dazu wird ein etwa zwölf Zentimeter langes Teigstück langgezogen und links und rechts an den Enden werden „Köpfe“ gerollt. Diese verkörpern das alte und das neue Jahr. Um Mitternacht wird dann dem alten Jahr der Kopf abgebissen.
Man nimmt aber auch ovale Gebäckstücke, die mit der Schere kreuzweise eingeschnitten werden. Dabei werden die Spitzen stumpf abgekürzt, also gestutzt. Der Stutzweck ist ein Überbleibsel aus der heidnischen Zeit. In grauer Vorzeit opferte man Menschen und Tiere, später dienten dann die Gebilde aus Teig als symbolische Opfergabe.
An Silvester gehen die Männer gern in die Stammwirtschaft. Seit dem Ersten Weltkrieg spendieren die Wirte den Stammgästen um Mitternacht warme Würstchen und Brot. Viele Menschen versammeln sich in der Nähe der Kirche und rufen „Prost Neujahr“, die Glocken läuten, Feuerwerk wird abgebrannt. An Neujahr ißt man Weißkraut und Kümmel, damit einem im nächsten Jahr das Geld nicht ausgeht.
Um die Jahrhundertwende gibt es außer der Kerb als große gesellige Veranstaltung den Januarball des Gesangvereins Liederkranz und den Maiball des Gesangvereins Frohsinn.
Fastnacht wird in den Spinnstuben gefeiert. Die Mädchen sorgen für Kaffee und Kuchen, die Burschen für alkoholische Getränke, darunter Wein, Sekt und eigene Cocktails.
In der Karwoche ißt man kein Fleisch. Am Gründonnerstag werden gern „grüne Pfannkuchen“ gegessen, die mit dem ersten Grün aus dem Garten, nämlich mit Schnittlauch, bestreut sind.
An Ostern früh das „Osterwasser“ aus dem Berleborn am Riederwäldchen geholt. Der ganze Weg muß aber schweigend zurückgelegt werden. Das Wasser wird im Krug aufgehoben und hilft das ganze Jahr gegen Krankheit.
An Himmelfahrt geht man in den Wald, um „Maikraut“ zu sammeln. So wird der Waldmeister genannt, der dann mit Apfelwein angesetzt wird und abends als „Maitrank“ genossen wird. Die Jugend macht an diesem Tag gern einen Waldspaziergang.
Kirchweih
Die Kirchweih („Kerb“) wird am zweiten Sonntag im Juli gefeiert. Das paßt zum Kilianstag (auch wenn die Kirche keine „Kilianskirche“ ist) wie auch zum Gedenktag der Zehntausend Märtyrer, deren Geschichte in der Sakristei dargestellt ist. Daß die Einweihung der Kirche am St. Kilianstag gewesen sein soll, ist ein interessanter Gedanke. Die Kirchweih wird am zweiten Sonntag im Juli gefeiert. Dazu scheint der 8. Juli als der Kilianstag zu passen, denn zumindest wenn der 1. Juli ein Sonntag war. Bei der Einweihung der Kirche galt aber noch der julianische Kalender und der Kilianstag war am 21. Juli. Dieser kann aber niemals der zweite Sonntag im Juli sein.
Andererseits gibt es die Vermutung des Restaurators der Kirche, die Kirche sei den „Zehntausend Märtyrern“ geweiht, die ihn der Sakristei dargestellt sind. Diese Geschichte von den Märtyrern ist nicht historisch, sondern in der Zeit der Kreuzzüge entstanden zur inneren Stärkung der Kreuzritter.
So richtig populär wurde die Geschichte erst um 1500, also in der Zeit, als die Kirche ausgemalt wurde (dann wären die Malereien in der Sakristei gleich alt wie die in der Kirche, könnten aber auch früher entstanden sein). Der Gedenktag der Zehntausend Märtyrer ist aber der 8. Juli bzw. nach dem julianischen Kalender der 22. Juli.
Die Schwierigkeit bleibt damit. Es ist sowieso schwierig, einen datumsmäßig festgelegten Gedenktag mit der Angabe in Einklang zu bringen „zweiter Sonntag im Juli“, denn der muß immer vor oder nach dem eigentlichen Gedenktag liegen.
Da der Einweihungstag der Kirche nicht immer auf einen Sonntag fällt, wird die Kirchweih („Kerb“) am zweiten Sonntag im Juli gefeiert. Die Hochstädter Kirchweih ist damit die erste im Altkreis Hanau.
Erstmals wird ein Kirchweihfest 1584 erwähnt. Es dauert vier Tage, von Sonntag bis Mittwoch. Am Dienstag feiert man (bis Ende des vorigen Jahrhunderts) unter freiem Himmel in Groschlag, weil die Hochstädter Kirche ja auch die Kirche von Groschlag war.
Am Kirchweihfest beteiligt sich die ganze Gemeinde. Die Familien schaffen Tische und Bänke auf den Platz beim Rathaus, die „Tanzplacke“, dazu Wein, Kuchen und Hausgeschlachtetes. Der Platz wird mit Birkenbäumen geschmückt, die nach Beendigung des Festes verkauft werden. Auch Verkaufsbuden werden aufgestellt.
Dann wird bei Spiel und Tanz gefeiert. Bei schlechtem Wetter geht man auf den Rathaussaal, dem einzigen größeren Raum im Ort. Dafür mußten die Kerbburschen allerdings 1 Gulden 15 Albus bezahlen. In Kriegszeiten und bei besonderer Landesnot (z. B. Dürre 1893) fällt die Kirchweih aus (auch 1757, 1783, 1785, 1809 bis 1814). In späteren Jahren wird getanzt auf den Tanzböden der vier Gastwirtschaften ,Goldene Krone', ,Zum Tiger', ,Zum Neuen Bau' und beim ,Strohl'.
Mit der Kirchweih sind besondere Gewohnheiten verbunden, weil sie ja ein so bedeutendes Fest ist:
Im Jahr 1747 nimmt die Hanauer Grafenfamilie an der Feier der Kerb teil. Sie wird im Rathaussaal von den Dorfjungfrauen mit Kuchen und Wein bewirtet. Auf der Tanzplacke wird mit den Kerbburschen getanzt, die anschließend auf die Gesundheit der gräflichen Familie trinken und die Gläser wegwerfen.
Während der Kerb, am 12. Juli 1750, steckt ein „liederlicher Porzellanspieler“ das Haus des Philipp Strohl an, so daß es mit allem Hausrat und einer Kuh abbrennt.
Zur Kerb haben die Familien gern Besuch. Die Straßen und ihre Gossen werden blitzsauber gefegt. Oft werden die Häuser neu geweißt. Solange es nur ein Wirtshaus gibt, wird von den Burschen ein Baum aus dem Wald geholt und vor dem Wirtshaus aufgestellt.
Die Feier beginnt nach dem Nachmittagsgottesdienst mit einem Umzug durch die Gassen, danach geht es auf die Säle. Um die Jahrhundertwende wird auf den Tanzböden der vier Gasthäuser getanzt: Zur Goldenen Krone, Zum Tiger, Neuer Bau und Strohl. Für die Kerb müssen die Wirte jedesmal drei Mark bezahlen, um eine öffentliche Lustbarkeit abhalten zu dürfen.
Die Aufstellung eines Karussells wird 1879 erstmals erwähnt. Spieltische und Porzellantische und ein Spielwarenstand kommen 1893 hinzu. Im Jahre 1909 haben die Karussellbetriebe Heinrich Schrodt aus Niedergründau und Friedrich Schulz aus Langenselbold ihren Standplatz am „Rußloch“ auf dem Gartengrundstück des Geschäfts Hans Fischer (Kreuzung Bahnhofstraße/Ringstraße). Die Verkaufsstände stehen an beiden Seiten der Hauptstraße und zum Teil an der Bischofsheimer Straße. In den Tanzsälen und Trinkstuben herrscht Weinzwang. Es müssen immer ganze Flaschen bestellt werden, die Flasche zu einer Mark oder zu 1,20 Mark. Dazu gibt es Rinderbraten, Schweinebraten, Bratwürste und Hausgemachtes. Gegen 19 Uhr geht man nach Hause zum Abendessen. Danach wird wieder auf den Sälen getanzt.
Als Gehilfen suchen sich die Wirte immer zwei oder drei junge Männer aus als „Kerbburschen“. Die besorgen aus dem Wald Birkenbäume und kleine Fichten. Die Birken werden vor den Eingängen der Wirtshäuser aufgestellt. Die Fichten werden mit bunten Papierstreifen geschmückt und am Gestänge der Aushängeschilder befestigt.
Außerdem ist es Aufgabe der Kerbburschen, die Mädchen zum Tanz aufzufordern, die nicht so Zuspruch bei den Burschen finden. Die Jungen und Mädchen sitzen dabei an getrennten Tischen. Reiche Bauern stiften manchmal Wein für die Mädchen, seltener für die Jungen.
In den Trinkstuben neben dem Tanzsaal bilden sich schnell Tischgesellschaften. Die leeren Flaschen bleiben absichtlich auf den Tischen stehen, damit die trinkfreudigste Gruppe sich als Sieger fühlen kann. Gegen Mitternacht geht man in das Haus eines Jahrgangskameraden, wo man sich noch einmal mit einem kräftigen Essen stärkt.
Gefeiert wird um die Jahrhundertwende an drei Tagen: am Sonntag, am Mittwoch und am nächsten Sonntag. Die Hochstädter bleiben am liebsten unter sich. Dem entspricht der Schlachtruf bei der Kerb. Die eine Gruppe ruft: „Wem ist die Kerb?“ Die andere Gruppe antwortet: „Uns ist die Kerb!“ Nur zur Nachkerb, wenn die Geldbeutel der Einheimischen schon leer sind, sieht man es ganz gern, wenn die Gäste aus den Nachbargemeinden kommen.
Am Mittwoch machen die Militärmusiker schon früh einen Rundgang und bringen jedem Großbauern ein Ständchen. Als Dank werden ganze Speckseiten, Hausmacherwürste und andere Sachen herausgereicht. An Heugabeln aufgehängt trägt man sie im Triumphzug herum. Mit den Spenden können die Musiker wochenlang ihr Kasernenessen strecken. Dann ist eine Feuerwehrübung, nach der die Feuerwehrmänner in einer der Gaststätten mit Bratwürsten und Getränken bewirtet werden, und zwar jedes Jahr in einer anderen Gaststätte.
Nach dem Mittagessen geben die Militärmusiker ein volkstümliches Konzert. Ab 16 Uhr spielen sie dann wieder zum Tanz auf. Der Schluß des Tages ist um zwei Uhr nachts. Getanzt werden Walzer, Polka, Dreher, Schnicker und „Siehste nett do kimmt se“. Wenn die Tanzfreudigkeit nachläßt, wird ein Kußwalzer eingelegt. Der letzte Tanz ist immer ein Galopp.
Als der Weinbau nachläßt und die Zahl der Arbeiter im Ort zunimmt, lassen die Wirte den Weinzwang fallen. Immerhin kann man statt einer Flasche Wein zehn Schoppen Apfelwein oder Bier trinken.
In neuerer Zeit wird eine „Zeltkerb“ auf dem Festplatz an der verlängerten Schützenstraße gefeiert. Die Kapellen waren so teuer geworden, daß kein Wirt sie mehr bezahlen konnte. Die Feier der Kerb hatte aufgehört. Eine einzige große Feier in einem Zelt war da eine günstige Lösung. Ein Verein übernimmt dabei die Organisation, die anderen Vereine helfen. So kann sich die Kerb behaupten trotz Straßenfest und Altstadtfest und sonstigen Festen der Vereine.
Gefeiert wird jetzt von Donnerstag bis Montag, an dem es einen Frühschoppen und eine Kinderbelustigung gibt.
In den Jahren nach 2000 ist das Volksfest „Kerb“ verschiedentlich ausgefallen. Aber die Feier der „Kirchweih“ hat dennoch immer in der Kirche stattgefunden, das Gedenken braucht kein Volksfest.
Früher wurde die Kerb mit einer Kerb-Beerdigung abgeschlossen, bei er ein ausgestopfter Kerbbursch begraben wird. Dabei wird die kirchliche Handlung der Bestattung nachgeahmt. Doch der Vorgang wurde früher von Kirche und Obrigkeit argwöhnisch überwacht, damit er nicht in eine Gotteslästerung ausartet. Im Jahre 20000 hat man diesen Brauch wieder einmal aufgenommen. Der Ablauf war wie folgt:
Einzug:
Die Beerdigungsgesellschaft zieht in das Zelt ein und bewegt sich im Zick-Zack zur Bühne.
Die Kapelle spielt: „Heil dir im Siegerkranz“. Die „Zeltgemeinde“ steht auf. Vorneweg laufen drei Priester, die Weihwasser verspritzen. Dann tragen vier Männer im Zylinder die Puppe des Kerbburschen, die auf einer Totenbahre sitzt, die auf den Schultern getragen wird. Es folgt ein Mann in Nachthemd und mit Zipfelmütze (Bernd Pistor) mit einem Buch (über Luther!), das den Text der „Predigt“ enthält.
Unter einem selbstgebastelten Baldachin kommt dann der „Pfarrer“, verkörpert von Rolf Bölke. Er trägt ein schwarzes Gewand und einen flachen, kreisrunden Hut und erinnert damit an einen italienischen Landpfarrer. Schließlich folgt die zahlreiche Trauergemeinde in altmodischen schwarzen Kleidern, die laut schluchzt und sich mit Taschentüchern die Tränen abwischt. ein Kranz mit schwarzer Schleife wird mitgeführt. Auf der Bühne beginnt der Pfarrer mit der „Amtshandlung“.
Pfarrer:
Liebe Kerbgemeinde,
zuerst darf ich alle anwesenden Damen bitten, die Beine übereinander zu schlagen ........
So - da nun alle Pforten der Hölle geschlossen sind, kann ich beginnen.
(Der Kirchenvater Augustin würde sich freuen, daß er hier indirekt zitiert wird, denn für ihn war die Frau das Einfallstor der Sünde, speziell sogar die Geschlechtsorgane der Frau. Es geht dann weiter mit dem Stück, das sonst auch am Beginn des Gottesdienstes steht: )
So höret, die ihr anwesend seid, den Hochstädter Kerb-Psalm. Höret die eindringlichen Worte des Propheten Hermann Trompeterus, der unseren Gott Jokus in diesem Jahr anflehte: ,,Lasset viele Schäflein zu uns kommen, auch in einer Zeit, wo so viele Menschen gen Süden gezogen sind!“ Prägt euch diesen Psalm ein, denn in ihm liegt die Wahrheit:
Ihr liebe Leut', wir wolle hoffe,
ihr alle seid noch gut in Form,
wird heut der letzte Rest gesoffe,
dann war die Kerb wieder enorm.
Trinkt noch, solang die Zapfer winke,
trinkt ordentlich am letzten Tage,
denn ob mir im Jenseits auch noch trinke,
kann selbst als Pfarrer ich net sage.
Chor singt: Kommt Brüder wir trinken noch einen, wir sind ja noch so jung, zur Sparsamkeit ha'm wir im Alter noch viel Zeit.
„Wenn das so weitergeht, bis morgen früh, stehn wir im Alkohol bis an die Knie. Ein Glück, daß wir nicht saufen - wir lassen‘s nur so laufen.“
Pfarrer:
Unvorbereitet, wie ich mich habe, will ich heute über die Liebe sprechen. Ich halte mich für kompetent, dieses Thema zu behandeln, denn schließlich bin ich in einem Alter, in dem die Männer dankbar sind, wenn die Frauen ,,nein" sagen. (Wieder wird ein typisches Thema der christlichen Verkündigung angesprochen).
Die wirkliche Liebe ist die Treue. Und die Treue wiederum ist der Zeitraum zwischen zwei Seitensprüngen. Schon damals fragte Adam: ,,Eva, liebst du mich?" und Eva antwortete: ,,Wen denn sonst, du Trottel?" Nun - die Zeiten haben sich geändert. Wenn heute ein junger Mann eine junge Frau fragt: „Liebst du mich?“, dann antwortet diese: „Ja, warum sollte ich gerade bei dir eine Ausnahme machen!“ Ja, liebe Gemeinde, die Liebe ist ein wunderbarer Traum - die Ehe ist der Wecker!
Und deshalb möchte ich Euch, liebe Gemeinde, mit auf den Weg geben: „Drum prüfe, wer sich ewig bindet, ob sich nicht noch was Bessres findet!“ Und an meine männlichen Schäfchen richte ich den Appell: „Drum prüfe, wer sich jemals trennt, ob er schon eine Bessre kennt!“
Chor singt: Ein bißchen Liebe, ein bißchen Freude für unsre Erde auf der wir leben,
ein bißchen Liebe, ein bißchen Freude, ein bißchen Frohsinn, so muß es sein.
Singt mit uns das Liebeslied, das jetzt durch ganz Hochstadt zieht.
Ein bißchen Liebe, ein bißchen Freude für unsre Erde auf der wir leben,
ein bißchen Liebe, ein bißchen Freude, ein bißchen Frohsinn, so muß es sein.
Pfarrer:
Und nun, liebe Gemeinde, will ich Euch berichten von Wundern aus dem Leben des Propheten Hermann Trompeterus (Anspielung auf Pfarrer Langheinrich).
Das erste Wunder geschah in einem Sommer. Der Prophet hatte einen wunderbaren Traum. Er träumte von einer Urlaubsreise mit seinem Weibe Barbara. Sie fuhren durch das Heilige Land, durch viele arabische Staaten und standen plötzlich am Roten Meer. Als Hermann Trompeterus von seinem Traum erwachte, war das Wunder geschehen. Er schaute durchs Fenster und sah, daß das Wasser in seinem Swimmingpool rot gefärbt war.
Ein anderes Wunder passierte Jahr für Jahr. Oft flehte er: „Oh, Herr, warum kommen so wenig Schäfchen in meine Kirche und hören meine Predigt?“ Und der Herr sprach zu ihm: „Gehe nicht in die Kirche predigen, gehe hinter die große lange Mauer zum großen Zelt und du wirst sehen, viele hundert deiner Schäfchen werden dir folgen und deine Predigt hören, denn in der Kirche ist es vielen zu kalt oder zu trocken!“ Und wie man ihm sagte, so geschah es. Und siehe da, von nun an, vollzog sich dieses Wunder alle Jahre wieder.
Und Hermann Trompeterus war sehr dankbar und sang das Lied (Chor singt):
Die Hände zum Himmel, ein Wunder ist geschehn,
Es kommen so viele, um mich im Zelt zu sehn.
Die Hände zum Himmel die Bänke sie sind voll
Wir rücken zusammen, das finden alle toll.
Pfarrer:
Aber wie wir alle wissen, auch der allerschönste Falter, wird müde, kommt er mal ins Alter. Wir haben die Kunde vernommen, daß sich unser lieber Prophet Hermann Trompeterus zur Ruhe setzen will. Und so haben wir für ihn eine Hymne geschrieben, die weit über die Grenzen unserer Heimatstadt hinauswehen soll:
Chor singt (Melodie: Anton aus Tirol):
Longo......Longo.......Longo.......
Du warst so gut, du warst so toll,
du warst der Pfarrer „Wundervoll“.
Mit Trompete und Posaune
brachtest du uns gute Laune,
auch wenn die Kirch nicht immer voll.
(„Longo ist der Spitzname von Pfarrer Langheinrich, abgeleitet vom lateinischen „longus“ = lang)
Pfarrer:
Und nun stoßen wir auf und blasen ins Horn und danken auch unserem Propheten Hermann Trompetrus für die ach so schöne musikalische Begleitung während unseres Festes (Chor spricht):
Wir danken dir Trompeterus –
wir danken jedem Musikus –
wir sind so traurig, die Kerb ist aus.
Tröste uns - gib uns noch einen aus!
Pfarrer singt:
In nominus Kerbus von Hochstadt, so bitten wir die Kerbgeldeinstreicher Huhn, den Baumeister Martin, den Burger, Schmidt, den Ferkelbrater, und Fassing, den Griffelspitzer, daß der Erlösus von die Kerbus ausgegeben wird für schöne neue Trompeten, Posaunen und weiteres Gebläse.
Chor:
Hochstädter Kerb, Ihr Leut, ist eine Riesenfreund -Hochstädter Kerb.
Pfarrer singt: So danken wir dem Kerbbursch für die herrlichen Tage und hoffen, daß all die, die etwas in oder außerhalb des Zeltes und auf der grünen Wiese verloren haben, es wieder finden mögen. Chor singt: Damit wir es im nächsten Jahr wieder verlieren können.
Pfarrer singt: Was nicht vorhanden, kann man nicht verlieren.
Chor singt: Hochstädter Kerb, Ihr Leut ist eine Riesenfreud, Hochstädter Kerb.
Pfarrer:
So begraben wir, liebe Gemeinde,
wieder einmal die Hochstädter Kerb.
in der Hoffnung und im Wissen,
die Sache ist nicht ganz beschissen,
Wir hoffen, daß nächstes Jahr, ihr Leut,
wieder einer uns erfreut.
Dann trifft sich in Hochstadt alles wieder
bei Äbbelwoi, Bier und fröhliche Lieder.
Und alle rufen, ob auf der Straß oder im Zelt:
Kerb in Hochstadt - Fest der Welt.
Auszug: (Der Kerbbursch auf der Bahre wird flach gelegt, feierliches Glockengeläut ertönt)
Ausführlichere Ergänzungen zum Kirchengebäude finden sich in den Dateien „Hochstadt, Rundgang“ und „Hochstadt, Kirchengebäude“