Religionsunterricht Anfangsunterricht und Altes Testament

 

 

 

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Anfangsunterricht in der Unterstufe

 

 

Orientierungshilfe 1: Große und Kleine gehören zu Jesus Christus.

 

A. Wir machen uns vertraut mit der neuen Umgebung:

Die Katechetin versucht, anhand ihrer Liste die Namen der Kinder zu raten (nicht von vornherein eine Vorstellung, manche Kinder machen das nicht gern). Das Raten ist nicht einfach. Aber das ist der Übergang zum ersten Thema:

Es gibt jemand, der weiß euren Namen schon von klein an: Vater, Mutter, Verwandte, Geschwister (wer hat Geschwister?). Besonders Vater und Mutter haben euch lieb. Sie sorgen für euch, vom Morgen bis spät in den Abend.

Wenn aber einer keine Eltern hat, wen hat der denn da? Es sin andere Menschen da. Aber vor allem ist auch Gott da, der auf uns alle aufpaßt. Er hat uns lieb, auch wenn wir ihn nicht sehen können. Hier im kirchlichen Unterricht erzählen von Gott und von Jesus Christus, seinem Sohn. Wir wollen erfahren, wie er uns hilft. Dazu will ich euch einmal von einer Familie erzählen:

Zu der Familie gehören Marlies und Markus‚ dazu Vater und Mutter. Morgens um halb sieben sitzen sie alle am Frühstückstisch. Als sie mit dem Essen fertig sind, falten sie die Hände und beten zu Gott: „Wo ich gehe, wo ich stehe, bist du lieber Gott bei mir. Wenn ich dich auch nirgends sehe, glaub ich dennoch: Du bist hier!“

Dann gehen Vater und Markus. Vater muß zur Arbeit und Markus in die Schule. Marlies und Mutter bleiben zu Hause. Marlies hat ein Meerschweinchen. Die Mutter hat es ihr geschenkt, weil sie jetzt oft allein spielen muß, denn Markus ist ja jetzt vormittags in der Schule. Bisher hat es aber immer geregnet, Marlies konnte nur im Zimmer mit dem Meerschweinchen spielen. Aber heute scheint die Sonne. Da möchte sie gern mit ihrem neuen Spielgefährten nach unten.

Mutter erlaubt es auch, sagt aber: „Geh aber nicht auf die Fahrbahn!“ Marlies läßt das Meerschwein erst im Garten laufen. Es sieht sich alles an, frißt von dem Gras und fühlt sich wohl. Doch dann läuft es auch hinaus auf den Bürgersteig. Marlies geht hinterher und paßt gut auf, damit es nicht auf die Fahrbahn gerät. Dort ist es zu gefährlich, dort kommen fast immerzu Autos vorbei.

Doch wie Marlies sich noch über ihr Meerschwein freut, taucht eine viel größere Gefahr auf. Dort kommt Uwe, der immer die Mädchen boxt und die Kleinen haut. Niemand kann ihn richtig leiden. Marlies will schnell mit ihrem Meerschwein zurück in den Garten. Aber da erhält sie schon einen Schubs und fallt hin. Und Uwe nimmt das Meerschwein und rennt auf die andere Straßenseite.

„Komm doch“, ruft er, „hol dir doch dein Meerschwein wieder!“Aber Marlies darf doch nicht alleine auf die Fahrbahn! Sie steht da und weint. Uwe aber lacht sie aus. Mit seinen dreckigen Händen hat er das Meerschwein gepackt und stubst es in eine Pfütze: „Trink doch, du Biest!“ ruft er.

In diesem Augenblick kommt Markus aus der Schule. „Markus“, ruft Marlies, „Uwe hat mein Meerschwein!“ Sofort hat Markus den Ranzen in eine Ecke gefeuert und geht auf Uwe los. Der ist an sich stärker, aber Markus kann gut ringen. Uwe muß das Meerschwein loslassen.

Markus nimmt es, sieht nach links und nach rechts und kommt über die Fahrbahn gerannt. „Du bist ein prima Bruder", sagt Marlies. „Wie gut, daß du gerade kamst!“

 

Jesus ist so ein guter Bruder wie Markus. Er ist uns ganz nahe und steht uns bei und macht uns wieder froh. Er kann uns noch viel besser beistehen, als Markus das konnte. Er ist überall da: In der Schule, wo wir lernen, beim Vater in der Firma, bei der Mutter zu Hause. Wir brauchen seine Hilfe ja auch. „Ohne Jesus möchte ich gar nicht leben!“sagt der Vater.

 

Zum Schluß der Stunde wird das Gebet gelernt: „Wo ich gehe, wo ich stehe, bist du lieber Gott bei mir. Wenn ich dich auch nirgends sehe, glaub ich dennoch: Du bist hier!“

 

 

B. Wir hören: Jesus will die Kinder bei sich haben und hat sie lieb (Mt 19,13-15)

Einstieg:

Es gibt einen Unterschied zwischen Erwachsenen und Kindern:

Die Großen vollbringen große Leistungen, sie können überall mitreden.

Die Kleinen müssen sich beschenken lassen (von Eltern und anderen Erwachsenen). Es gibt viele Erwachsene, die drängen die Kinder beiseite, zum Beispiel wenn man im Laden anstehen muß. Sie sagen dann: „Ihr habt doch Zeit, ihr könnt doch warten!“

Auch in der Zeit, in der Jesus lebte, hielt man nicht viel von den Kindern: Man hielt sie für dumm undunartig, sie stellten wenig dar und waren ganz von den Erwachsenen abhängig. Vor allen aber meinte man: Die Kinder verstehen nichts von Gott! Ja, man sagte sogar: „Wer Gott gefallen will, der darf sich nicht mit Kindern abgeben!“ Jesus aber dachte da ganz anders. Und wir heute machen es auch anders. Um euch das deutlich zu machen, will ich euch noch einmal von Marlies und Markus erzählen:

 

Es ist Sonntag. Die Glocken läuten. Heute gehen alle zur Kirche: Vater, Mutter, Markus, Marlies. Auf dem Wege treffen sie noch andere Leute, die auch in die Kirche gehen. Markus trägt Vaters Gesangbuch. Er geht schon in die zweite Klasse und singt schon mit dem Vater aus dem Buch. Marlies hat ein Kindergesangbuch. Lesen kann sie noch nicht. Aber sie sieht sich die Bilder an.

Frau Schneider vom Nachbarhaus grüßt die Eltern. Sie fragt: „Die Kinder gehen ja auch mit in die Kirche: Die sind doch noch zu klein!“ Der Vater sagt jedoch: „Sie gehen aber gern mit, und singen können sie auch schon! Und beim Beten wissen sie, daß sie an Jesus denken sollen!“

So kommen sie alle zur Kirche und setzen sich zusammen auf eine Bank. Die Oma, die im Haus unter ihnen wohnt, nickt ihnen zu. Sie freut sich, daß alle zusammen da sind. Nach dem Gottesdienst ißt die Familie zu Mittag. Mutter sagt: „Die Kleine hat heute im Gottesdienst aber gezappelt, sie ist vielleicht doch noch zu klein!“ Doch Marlies antwortet: „Aber ich habe doch beim Beten die Hände gefaltet und mitgesungen!“ Und Vater meint: „Das ist ja auch schön. Das ist die Hauptsache im Gottesdienst, daß du beten und singen kannst. Aber der Gottesdienst ist doch zu lang für dich. Du gehst lieber in den Kindergottesdienst. Da betet und singt ihr auch. Du erzählst uns dann, was du von Jesus gehört hast. Da freuen wir uns dann alle. Du bist nicht zu klein, um von Jesus zu hören und zu beten!”

Der Vater hatte aber den Kindern^ auch verspochen, ihnen die Geschichte von Jesus zu erzählen, der die Kinder bei sich haben will. So erzählt er ihnen nach dem Abendbrot:

Jesus ist unterwegs mit seinen Freunden, den zwölf Jüngern. Sie unterhalten sich auf dem Weg. Die Jünger sagen: „Vielen Menschen hast du gesagt, daß Gott sie liebhat. Alle müßten sich eigentlich freuen. Aber manche wollen es gar nicht hören. Es ist schade, daß gerade viele große und kluge Leute davon nichts hören wollen!“

Inzwischen sind sie in ein Dorf gekommen. Einige Leute sehen ihn und wollen ihn hören. Auch sie dürfen erfahren: Gott hat alle Menschen lieb! Darüber freuen sich manche und bringen auch ihre Kinder zu Jesus. Die Mütter haben ihre Kinder an der Hand und manchmal auch noch ein Kleines auf dem Arm. Auch größere Kinder sind dabei, die ihre kleineren Geschwister mitbringen.

Sie wollen Jesus bitten: „Bete für unsere Kinder zu Gott und lege deine Hände auf sie. Sie sollen auch merken: Gott hat sie lieb, und Jesus hat sie auch lieb! So kannten es die Leute von den Schriftgelehrten, die legten auch an einem bestimmten Tag im Jahr die Hände auf die Kinder und beteten für sie. Und Jesus halten sie auch für einen solchen Lehrer.

Aber die Leute kommen gar nicht an Jesus heran. Seine Freunde stehen im Weg und lassen sie nicht durch. Sie sagen: „Ihr sollt nicht mit den Kindern zu Jesus gehen. Kinder sind zu klein für Jesus. Was können sie schon verstehen? Jesus ist nur für die Erwachsenen da, die ihn richtig verstehen und ihm helfen können!“ Die Jünger schimpfen sogar mit den Leuten und fahren sie sogar an.

Da bemerkt Jesus, was los ist. Seine Jünger machen ja alles falsch. Das will er doch nicht. Alle dürfen sie zu ihm kommen. Jesus ärgert sich richtig über seine Jünger. Er ruft ihnen zu: „Laßt die Kinder zu mir kommen! Schickt sie nicht weg! Stellt euch nicht in den Weg, wenn sie zu mir kommen wollen! Euch aber habe ich etwas sehr Wichtiges zu sagen: Gott schenkt allen Menschen seine Liebe! Und er schenkt sie umsonst. Ihr könnt sie nicht kaufen oder verdienen. Ihr müßt sie euch schenken lassen wie die Kinder!“

 

Und weiter sagt er: „Die Kinder sind nicht zu klein, als daß Gott ihnen nicht seine Liebe schenken könnte. Gott liebt die Großen und die Kleinen. Ich freue mich auch, wenn sie zu mir kommen, ich möchte sie bei mir haben. Laßt die Kinder zu mir kommen!“

Da gehen die Jünger aus dem Weg. Die Kinder d dürfen kommen. Die Mütter bitten: „Lege doch die Hände auf sie und bete für sie!“ Das tut Jesus. Sie merken alle: Jesus will auch die Kinder bei sich haben! Da werden sie alle froh. Jesus aber geht mit seinen Jüngern in ein anderes Dorf.

(Anmerkung: Es geht nicht um die Unschuld der Kinder, sondern bestenfalls um ihre Unverbildetheit im Gegensatz zu den Erwachsenen. Es geht auch nicht um eine Segnung, denn Jesus erteilt den Segen nicht, sondern er bittet Gott um den Segen. Es ist nicht gesagt, Jesus sei zu müde gewesen‚ um sich mit den Kindern zu befassen. Es ist vielmehr so, daß seine Jünger eben auch der gleichen Meinung über die Kinder sind wie die ganze Umwelt).

Jesus weist hier seine Gemeinde an, auch die Kinder mit in die Gemeinde zu nehmen. Er will zugleich deutlich machen, daß Eltern u n d Kinder in einer größeren Geborgenheit stehen, daß beide von der Liebe Gottes umfangen sind und auf die angewiesen sin.

 

C. Wir erzählen von unserer Kirche:

Wir betrachten die „Kinderkirche“, eine auf Pappe aufgemalte Kirche, deren Fenster und Türen usw. man herausnehmen kann, so daß an dahinter die Einrichtungsgegenstände der Kirche und die Menschen sehen kann, die die Kirche besuchen.

Seid ihr einmal in der Kirche gewesen? Seid ihr mit der ganzen Familie hingegangen? Wen habt ihr dort getroffen? Was wurde dort gemacht? Weshalb läuten die Glocken?

 

Was Margret alles in der Kirche sieht:

Margret geht gerne einmal in der Stadt spazieren. Da gibt es so viele Häuser und Geschäfte zu sehen, immer wieder andere Menschen, auch Autos und Maschinen in den Werkstätten. Eines Tages steht sie vor einem Haus, das ganz anders aussieht als die anderen (wir zeigen ein Bild - am besten die örtliche Kirche - die Kinder sollen sagen, was es darstellt: die Kirche).

Die große Eingangstür scheint offen zu sein, der eine Flügel steht etwas vor. Margret will die Tür öffnen. Häh, geht das schwer (wir machen gemeinsam die Bewegung). Jetzt hat Margret es geschafft. Erst guckt sie sich einmal um. Ist das merkwürdig hier! Da stehen ja so viele Bänke! Ob man sich einmal auf eine draufsetzen kann. Sie probiert es.

Plötzlich steht hinter ihr jemand: „Na, kleines Fräulein, was machst du denn hier? Du hast mir ja ganz schön Schmutz hereingetreten!“ Erschrocken dreht Margret sich um. Da steht eine Frau mit Eimer und Scheuertuch und sieht ordentlich böse aus. Margret hat tatsächlich vorhin nicht die Schuhe abgeputzt. Jetzt sind lauter schmutzige Stellen auf den hellen Sandstein-Platten.

Margret schämt sich sehr und sagt leise: „Entschuldigen Sie bitte, daß ich Ihr Haus so schmutzig gemacht habe!“ Da lacht die Frau und sieht auf einmal ganz lieb aus. Sie sagt: „Mein Haus ist das doch nicht. Die Kirche ist doch Gottes Haus. Ich bin nur die Frau, die hier saubermacht, damit am Sonntag alles schön frisch ist, wenn die vielen Leute kommen!“

 

Margret staunt: „Warum kommen denn so viele Leute hierher?“ Die Frau antwortet: „Die wollen hören, wie der Pfarrer von Gott erzählt“ Nun weiß es Margret, auch wenn sie sich nicht so recht etwas darunter vorstellen kann. Aber jetzt hat sie einen schönen Tisch entdeckt, auf dem Kerzen und Blumen stehen: „Ist das ein Geburtstagstisch?“ Doch die Frau erklärt ihr: „Das ist ein Altartisch. Der gehört Gott. Die Kerzen und Blumen stellen wir hin, weil wir Gott eine Freude machen wollen!“

Doch Margret hat schon etwas Neues entdeckt: „Da ist ja auch ein Buch. Sind da viele Bilder drin? Bilderbücher mag ich nämlich gerne!“ - „Nein, Bilder sind in dem Bibelbuch nicht, aber viele schöne Geschichten von Gott. Aus diesem Bibelbuch erzählt der Pfarrer jeden Sonntag etwas!“- „Darf ich da auch sonntags einmal herkommen?“- „Sicherlich, frag nur einmal deine Eltern, ob sie mitkommen. Nur mußt du schön stillsitzen und gut zuhören!“

„Aber ich weiß doch nicht, wann wir kommen sollen?“ - „Das ist doch ganz einfach, denn oben im Turm hängen große Glocken, die werden dann geläutet. Erst die ganz große, schon eine Stunde vorher, damit man sich schon darauf einrichten kann. Wenn es dann richtig losgehen soll, dann läuten alle Glocken, entweder drei oder an Festtagen sogar alle vier!“

Da macht es auf einmal ganz laut über ihnen: „Dong!“ - „Das ist die Uhr. Die sagt uns jetzt, wie spät es ist!“ Margret zählt mit (alle zählen mit, bis sechs). „Was, schon 6 Uhr!“ erschrickt Margret. „Da muß ich aber schnell heim. Die Mutter wird schon warten!“Sie verabschiedet sich schnell vor der Frau und denkt: „Ob die Eltern wohl einmal am Sonntag mit zur Kirche gehen?“

 

Margret begleitet ihre Mutter zum ersten Mal zum Gottesdienst:

Margret und ihre Mutter haben ihre Sonntagssachen angezogen. Heute wollen sie in die Kirche zum Gotteedienst. Ehe sie losgehen, steckt Margret noch schnell zwei Geldstücke ein.

Die will sie in der Kirche in die Opferbüchse tun. Sie darf auch Muttis großes Gesangbuch tragen, darauf ist sie sehr stolz.

Die Glocken läuten schon. Die Mutter fragt: „Kannst du denn verstehen, was die Glocken rufen?“ Das kann Margret: „Die Glocken rufen alle Menschen in die Kirche: „Komm, komm, komm!“ (Wir üben dem Glockenruf gemeinsam).

Vor der Kirchentür putzt sich Margret sorgfältig die Füße ab. Es sind schon viele Leute da. Auf dem Altar stehen frische Blumen und die Kerzen brennen. Margret will sich gerade auf eine Bank setzen, da sieht sie dort einen Mann stehen: Er hat die Augen geschlossen und den Hut in der Händen. Davor ist auch eine Frau angekommen, die bleibt jetzt auch still stehen. Margret will gerade ihre Mutter am Ärmel zupfen und fragen, da sieht sie, daß die Mutter auch so still dasteht: Sie hat die Hände gefaltet und betet. Beim Beten darf man nicht stören, das weiß Margret.

Aber als sie sich hinsetzen, fragt sie schnell: „Warum betet ihr denn alle, es ist doch noch gar nicht Abend?“ Die Mutter ermahnt sie erst: „Du darfst doch in der Kirche nicht so laut sein! Wir wollen doch Gott danken, daß wir in sein Haus kommen dürfen. Und wir wollen ihn bitten, daß das jetzt eine schöne Stunde wird, über die wir uns noch lange freuen können, weil uns von Gott erzählt wurde!“

Plötzlich ertönt ganz laute Musik. Margret dreht den Kopf herum. „Mutter, wo ist denn hier das Radio?“ Die Mutter flüstert: „Kind, das ist doch die Orgel. An ihr sitzt jetzt der Organist und spielt die Lieder vor und wir dürfen dann alle mitsingen!“ Doch Margret hat schon wieder etwas anderes entdeckt: „Was ist denn das da vorne, das wie ein großes Weinglas aussieht und so groß wie ich ist?“ Die Mutter flüstert wieder: „Das ist der Taufstein. Da werden die kleinen Kinder getauft, damit sie auch zu Gott gehören. Du bist dort auch einmal getauft worden!“

Inzwischen ist der Pfarrer an den Altartisch getreten. Margret wird ganz aufgeregt: „Warum hat der denn ein Kleid an?“ Die Mutter antwortet: „Das ist kein Kleid, sondern der Talar. Daran erkennt man, daß er der Pfarrer ist. Jetzt spricht er noch am Altar, aber nachher geht er auf die Kanzel, damit ihn alle gut verstehen können bei der Predigt. Ich will es dir nur schon gleich sagen, damit du nicht nachher wieder störst!“ Jetzt ist Margret still‚ auch wenn alles so schrecklich lange dauert.

Sie hat nichts verstanden von dem, was der Pfarrer den großen Leuten erzählt hat. Aber am Ausgang der Kirche hätte sie beinahe die Opferbüchse übersehen. Mutter erinnert sie daran. So wandern die Geldstücke doch noch in die Büchse. Von dem Geld soll die Kirche repariert werden, wenn einmal etwas dran kaputt ist. Weil so etwas aber sehr teuer ist, muß man lange darauf sparen.

 

In der nächsten Stunde besichtigen wir die Kirche und sehen uns alles genau an. Wir treten uns genau die Füße ab, ehe wir hineingehen. Und wir bringen alle ein Staubtuch mit, damit wir die Bänke einmal abstauben können, damit sich niemand am Sonntag dreckig macht.

 

D. Große und Kleine werden getauft!

Wir betrachten ein Bild des Taufsteins (möglichst aus der örtlichen Kirche) und erzählen, wozu er da ist. Wir spielen: Die Mutter meldet beim Pfarrer die Taufe des kleinen Geschwisterchens an. Wir erzählen, was dann bei der Taufe alles gemacht wurde.

Wir erzählen: Die Christen, die an einem Ort zusammenwohnen, gehören zu einer Kirchengemeinde. Unsere Kirchengemeinde heißt: „Evangelische Kirchengemeinde …!“ Dazu gehören die evangelischen Christen in unserem Ort, aber auch in den Dörfern ….

Sie helfen einander, Gott zu gehorchen. Sie gehen gemeinsam zum Gottesdienst und beerdigen gemeinsam ihre Toten. Sie haben einen …. (Kindergarten) und eine … (Diakoniestation) eingerichtet. Sie halten Gottesdienste und kirchlichen Unterricht, sie haben einen ……(Chor) und einen …..(Posaunenschor) und einen Kirchenvorstand „Gemeindekirchenrat“). Sie erhalten die Kirche und das Gemeindehaus und das Pfarrhaus.

Die Kirchengemeinde hat aber auch viele Mitarbeiter. Ihr kennt den Pfarrer und die … (Kindergärtnerinnen). Aber wir haben noch mehr Leute, die wir in der Kirche brauchen: ….. (Hausmeister, Küchenfrauen, Chorleiter).

Alle können mithelfen in der Kirche auch die sonst einen anderen Beruf haben. Auch ihr könnt schon mithelfen oder habt schon mitgeholfen beim Erntedankfest, Krippenspiel, Bänke saubermachen, usw. In der Bibel heißt es dazu einmal: „Dienet einander mit der Gabe, die er empfangen hat!“ (1. Petr 4,10).

Wir lernen einen Mitarbeiter aus der Kirchengemeinde kennen, der uns von seinem Dienst erzählt (evtl. Arbeitsort besichtigen).

Wir erzählen von einem Kind, das ein anderes zum Kindergottesdienst abholt und beim Adventssingen mitwirkt und für einen bestimmten Menschen betet.

 

 

E. Jesus Christus kennt unseren Namen, unsere Familie, unser Zuhause:

Namen kennenlernen: Gesellschaftspiel „Feierliche Begrüßung“: Einer fängt an, gibt dem anderen die Hand und sagt seine Namen. Darauf gehen beide los und suchen sich einen neuen Partner und begrüßen ihn. Oder Gesellschaftspiel „Namenskette“: Einer sagt seinen Namen, der Nächste fügt seinen Namen hinzu, jeder sagt immer die ganze Kette der Namen und fügt am Schluß seinen hinzu.

Aussage: Auch Jesus kennt unseren Namen. Wir sagen etwas über die Bedeutung der Vornamen (laut Vornamenbuch) und verweisen besonders auf die christlichen Namen. Jesus kennt auch uns und unsere Familie.

 

Zeichnung: Wir malen unsere Familie oder unsere Wohnung oder den Kindergarten

oder die Schule.

Wir lernen den Bibelspruch: „Fürchte dich nicht, ich habe dich erlöst, ich habe dich bei deinem Namen gerufen, du bist mein!“ (Jes 43,1 b).

Wir erzählen von einer Taufe: Gott hat uns beim Namen gerufen bei der Taufe. Seitdem kennt er uns und wir gehören zu ihm. Jetzt brauchen wir uns nicht mehr zu fürchten.

Wer kann von der Geburt und der Taufe eines Geschwisterchens erzählen?

 

Lied: Ich bin getauft auf deinen Namen

 

 

 

Orientierungshilfe 2: Jesus Christus sagt: Gott der Vater gibt uns, was wir brauchen.

 

A. Wir erzählen, was um uns herum wächst und lebt:

Wir sehen unsere Stadt: An der Flanellwand wird eine Ansichtskarte der Stadt angebracht und darunter einzelne wichtige Gebäude der Stadt: Kirche‚ Rathaus‚ Schule‚ Gemeindehaus, Fabrik, Schwimmbad - aber auch Gärten, Felder, Wiesen, Wege, Wald, Berge - schließlich auch noch Sonne, Mond und Sterne (zum Teil gezeichnet).

Wem gehört das Alles? Die Häuser und Gärten gehören Privatleuten, die Felder gehören den Landwirten, die Wälder der Forstwirtschaft, die Bäche und Berge dem Staat. Wem gehören die Gestirne? Gehört der Mond dem, der zuerst dort gelandet ist?

Wir Christen wissen mehr. Uns sagt Jesus der Herr: „Alles gehört meinem Vater, alles gehört Gott!“ Wir legen einen großen Kreis um unsere „Welt“ und sagen: Das alles gehört Gott. Wir lernen das Lied: „Meinem Gott gehört die Welt!“ (Vers 1).

Wir sagen: „Gott gehört der Raum, die Zeit“. Wir müßten einmal in ein Flugzeug steigen und über die ganze Welt fliegen können. Da könnten wir vieles sehen: Fremde Länder und Menschen, die Gebirge und das Meer, die Tiere und die Pflanzen, die Städte und Dörfer. Und immer müßten wir sagen: „Das gehört Gott!“

Gott gehört aber auch die Zeit. Wir zeigen eine Spielzeuguhr und stellen die Zeit ein. Mit Flanellbildern werden die jeweiligen Tätigkeiten dargestellt (im Uhrzeigersinn anordnen), die zu der eingestellten Zeit von Kindern oder Eltern ausgeübt werden. Um den „Tageslauf“ legen wir wieder einer großen Kreis und sagen: „Die Zeit gehört Gott!“ Und zwar die Zeit, die schon war ,die Zeit, die heute ist - auch die Zeit, die noch kommt.

Zu jeder Zeit wissen wir: Gott ist bei uns und hat uns lieb. Auch wenn wir einmal keine Zeit mehr haben, wenn wir sterben, ist er bei uns und wir sind bei ihm. „...sein ist auch die Ewigkeit!“ heißt es in dem Lied.

Wenn uns etwas gehört, dann behalten wir es am liebsten auch. Wir schenken unsere Puppen oder unsren Roller nicht gern weg und verborgen sie auch nicht gern. Gott aber macht das ganz anders als wir Menschen. Er verborgt und verschenkt immerzu, was ihm gehört. Wir dürfen es gebrauchen. Aber wir sollen wissen: Es kommt von Gott! Wir sehen: Jesus Christus sagt uns: „Alles kommt von Gott, dem Herrn!“

 

Wir malen an die Tafel einen großen Kreis. Jedes Kind darf hinein malen, was Gott uns schenkt. Die anderen Kinder müssen raten, was dort dargestellt ist: Menschen, Tiere, Pflanzen, Essen, Trinken, Kleidung, Wohnung, Werkzeuge‚ Autos, usw.

 

Wieso hat Gott uns das gegeben? Essen und Trinken kriegen wir doch aus dem Laden? Und die Werkzeuge werden in der Fabrik gemacht!

Die Kinder (oder die Lehrerin haben einige Werkzeuge mitgebracht und erzählen, welcher Handwerker dieses Werkzeug braucht. Vielleicht kann auch das Kind etwas von der Arbeit von Vater und Mutter erzählen (Zange, Zollstock, Fieberthermometer, Gabel, Federhalter, Stecknadel usw.). Wir singen: „Wer will fleißige Handwerker sehn!“ Wir überlegen miteinander, wozu diese Berufe nötig sind. Gott hat all diesen Menschen die Fähigkeit gegeben, für uns tätig zu sein. Gott gibt uns Menschen die für uns sorgen und für uns arbeiten.

Dazu gehören auch die Eltern. Wir zeigen das Bild einer Mutter mi ihrem Säugling. Wie sorgt die Mutter für ihr hilfloses Kind? Wer hilft ihr dabei? (Vater, Großmutter, Nachbarin, Krippe, Mütterberatung).

Jeden Tag erleben wir viel Schönes, über das wir uns freuen können. Die Kinder nennen Beispiele, sie werden an die Tafel geschrieben (Den Kindern werden ihre Gaben und Fähigkeiten bewußt, so daß sie froh und zuversichtlich aufwachsen können; dadurch werden sie ansprechbarer für den Ruf zum Glauben).

Wir zählen auf‚ was wir mit unseren Augen im Zimmer sehen können (im Unterrichtsraum). Es gibt aber auch Menschen‚ die haben keine gesunden Augen‚ die müssen eine Brille tragen oder werden operiert. Manche haben aber auch so kranke Augen, daß kein Arzt ihnen mehr helfen kann, sie sind blind. Wir überlegen, was diese Menschen alles n i c h t sehen können.

Aber zunächst erst einmal haben wir Grund, Gott zu danken. Er gibt uns Vater und Mutter, den Bauern und den Kaufmann, die uns mit allem notwendigen versorgen. Aber letztlich ist es Gott selber, der uns alles gibt: Kleider, Schuhe, Brot, Butter, Wasser, Milch; Vater und Mutter, Bruder und Schwester, Oma und Opa; Bett, Schulranzen, Hände, Gesundheit.

Gott hat auch die Sonne gemacht, damit wir etwas sehen können und die Pflanzen schön wachsen und es schön warm haben. Auch den Mond und die Sterne hat Gott gemacht, und die Wolken und den Wolkenhimmel. Wir überlegen einmal‚ über welche Pflanzen und Bäume wir uns besonders freuen: Apfelbaum, Flieder, Stiefmütterchen‚ Maiglöckchen, frisches Gras, Sumpfdotterblume‚ Gänseblümchen‚ Löwenzahn‚ Ginster (möglichst Beispiele mitbringen).

Möglichst werden nun Blumen oder Tiere betrachtet: ein Schneeglöckchen, eine Vogelfeder, ein aufgeschnittener Samenkern‚ ein aufgeschnittener Apfel, ein Haustier (Wellensittich, Fische, Schildkröte). Eventuell kann man auch ein Samenkorn in einen Blumentopf stecken und warten, bis ein Keimling sichtbar ist.

Gott hat uns die Gaben nicht nur für uns selbst gegeben. Wenn wir merken, daß jemand krank ist zum Beispiel der Briefträger, dann können wir ihr besuchen und ihm eine Freude machen (Faltkarte mit Korkdruck verzieren, Lied bei Alten singen).

 

Weil Gott für uns sorgt und uns so viele Menschen schickt, die uns helfen, wollen wir uns auch bei ihm dafür bedanken. Wir zeigen in der Bibel den Psalm 136 und lesen und lernen den ersten Vers: „Danket dem Herrn; denn er ist freundlich, denn seine Güte währet ewiglich!“ (auch als Kanon gesungen).

 

 

Wir feiern jetzt in der Kirche ein Fest, an dem unser Dank an Gott besondere deutlich werden soll: das Erntedankfest. Wir betrachten in Schulbuch für die erste Klasse oder einem anderen Buch die Bilder zu den vier Jahreszeiten (und vielleicht noch einige andere Bilder) und machen dabei noch einmal deutlich, was Gott uns alles gibt. Die Ordnung der Jahreszeiten ist Gottes Werk. Er hat das alles so eingerichtet.

Er läßt auch jedes Jahr wieder etwas für uns auf den Feldern wachsen. Deshalb halten wir jetzt in der Erntezeit den Dankgottesdienst, für die Großen und auch für die Kinder extra im Kindergottesdienst (bitte Körbchen mit Früchten mitbringen).

Nicht alle Kinder in der Welt haben satt zu essen. Nicht alle haben eine schöne Wohnung und schöne Kleider. Wir wollen versuchen, ihnen zu helfen. Und wir wollen Gott danken, daß es uns so gut geht. Wir danken für Essen und Trinken, aber auch für die Arbeit in der Fabrik, für

die Schule und für das Schwimmbad.

Gott hat uns die Gaben aber nicht nur für uns selber gegeben. Wir können sie auch an andere weitergeben. Für die Mutter malen wir eine schöne Karte zum Erntedankfest. Einer alten Oma bringen wir etwas Gutes zum Essen.

 

B. Wir hören: Jesus Christus lehrt uns beten zu Gott dem Vater.

Wir erzählen von zwei Kindern: Wenn die abends in ihrem Bettchen liegen, dann falten sie die Hände und beten zu Gott dem Herrn: „Müde bin ich, geh zur Ruh, schließe meine Äuglein zu, Vater laß die Augen dein über meinem Bettchen sein. Lieber Gott wir danken dir, daß heute so ein schöner Tag war, daß....(Kinder aufzählen lassen). Wir bitten dich: Behüte die Mutter....(Kinder aufzählen lassen). Laß uns gut schlafen und schenke uns morgen wieder einen schönen Tag!“ So ähnlich beten erwachsene Christen mit ihren Kindern.

 

Jesus Christus hat uns gesagt, daß wir so zu Gott beten dürfen. Jesus hat selber ja auch zu Gott gebetet. Er gehört ganz eng zu Gott. Deshalb sagt er: „Lieber Vater im Himmel!“ Gott ist sein Vater, so wie jeder Mensch einen Vater hat. Und Jesus weiß: Der Vater im Himmel hört ihn, wenn er zu ihm betet.

Doch eines Tages kommen seine Jünger zu ihm und bitten ihn: „Herr, lehre uns beten! Wir wollen auch so mit Gott sprechen lernen wie du!“ Jesus sagt ihnen: „Wenn ihr betet, dann sagt auch: Vater unser im Himmel!“ Und dann spricht er ihnen das Vaterunser vor, das wir bis heute im Gottesdienst beten.

Jesus will uns damit deutlich sagen: „Ihr dürft auch Vater zu meinem Vater sagen, denn ihr seid seine Kinder. Mein Vater hat euch sehr lieb. Er gibt euch, was ihr braucht. Er will euer Vater sein und ihr sollt seine Kinder sein. Alle Menschen sollen seine Kinder sein!“ Wir wollen aus diesem Vaterunser nur die Anrede und die vierte Bitte lernen: „Vater unser im Himmel. Unser tägliches Brot gib es heute. Amen!“ Wir sehen ein Brot auf dem Tisch und ein Messer dazu. Und wir beten dazu: „Vater, unser im Himmel. Unser tägliches Brot gib uns heute!“

Es gibt auch noch andere Gebete, in denen wir Gott danken und ihr bitten; wenn Markus und Hosea früh aufgestanden sind und am Kaffeetisch sitzen, dann beten sie: „Komm Herr Jesus, sei unser Gast, und segne, was du uns bescheret hast. Amen!“ Nach dem Essen beten wir dann: „Herr wir danken dir, denn du bist freundlich und deine Güte währet ewiglich!“ Dann wird noch die Losung für den Tag vorgelesen und ein Abschnitt aus der Bibel. So dürfen wir alle zu Gott dem Vater beten und alles von ihm erwarten.

 

 

 

C. Wir hören: Jesus Christus zeigt: Gott will, daß unser Leben heil wird:

Wir haben gehört, was Gott alles an sichtbaren Gaben gegeben hat. Wenn wir beten, dann bedanken wir uns für diese Gaben. Aber das größte Geschenk Gottes ist doch, daß er Jesus Christus zu den Menschen geschickt hat. Wir dürfen zu ihm gehören (Orientierungshilfe 1). Gibt es vielleicht auch Menschen, die Jesus nicht bei sich haben?

 

a. Jesus lädt alle an seinen Tisch (Mk 2,13-15)

Wir bilden mit den Stühlen einen Kreis, der an einer Stelle offen ist. Das ist das Stadttor. Dort sitzt der Zöllner Levi auf dem Stuhl, die Lehrerin auf der anderen Seite. Sie erzählt von der Arbeit des Zöllners Levi, der in Kapernaum Dienst tut. Er sitzt in seinem Zollhäuschen und beobachtet jeden, der in die Stadt hinein will. Vor allen Dingen auf die Kaufleute hat er es abgesehen. Kommt zum Beispiel eine hochbeladene Kamelkarawane, dann müssen alle Tiere erst anhalten und Levi überprüft das Gepäck. Die Kaufleute müssen nämlich für jedes Stück Gepäck eine bestimmte Zollgebühr bezahlen. Levi kassiert das Geld und bringt es in das Häuschen.

Einmal hat ein Kaufmann nicht die verlangte Gebühr bezahlen wollen. Da hat Levi schnell die römischen Soldaten aus der Stadt geholt. Als der Kaufmann die nur kommen sah, hat er aber schnell bezahlt. Die Römer hatten nämlich das Land erobert und hatten nun alle Macht. Abends kamen immer die Soldaten und nahmen die Zollkasse mit.

Jeder kann sich denken, daß Levi nicht sehr beliebt war. Er hielt es ja mit den verhaßten Römern, er half ja mit, sein eigenes Volk auszubeuten. Deshalb wollten sie möglichst wenig mit ihm zu tun haben. Am Zoll konnte man ihm ja nicht ausweichen. Aber im Gottesdienst zum Beispiel, da setzte sich keiner in der Bank neben ihn, keiner sah ihn an oder redete ein Wort mit ihm. So war Levi dann schließlich gar nicht mehr hingegangen.

Aber es gab noch einen Grund, weshalb die Leute Levi nicht leiden konnte: Er verlangte immer zu viel Geld und steckte dann einen Teil davon ins eine eigene Tasche. Wir wollen das jetzt einmal spielen, wie es bei Levi am Zoll zuging. Alle Kinder stellen sich außerhalb des Kreises auf. Jeder sagt am Zollhaus, was er in die Stadt bringen möchte, um es dort zu verkaufen.

Levi nennt die Zollgebühr und jedes Kind muß mit Münzen bezahlen; erst dann darf es in die Stadt. Levi aber hat in seinem Haus zwei Kassen stehen: die Zollkasse und seine eigene Kasse. Jedesmal steckt er eine Münze auch in die eigene Kasse. Die Kaufleute können das deutlich sehen. Sie drohen ihm hinter seinem Rücken. Aber wenn er sich umdreht, sind sie still, denn sonst kommen ja die Soldaten. So nimmt der Zöllner Levi ganz schön Geld ein. Aber er hat keine Freunde. Sein Leben ist gar nicht schön. Wir können uns das alle vorstellen, wie das ist, wenn einen niemand liebhat.

Jesus aber kommt auch am Zoll in Kapernaum vorbei. Er begegnet dort auch dem Zöllner Levi. Er hat auch ihm etwas Gutes von Gott zu sagen. Er will auch ihm helfen, daß sein Leben heil wird. Als Jesus mit seinen Freunden am Stadttor von Kapernaum vorbeikommt, sieht er natürlich auch, wie Levi die Leute betrügt. Er weiß auch, was die Menschen über die Zöllner sagen, besonders aber über diesen Zöllner Levi.

Jesus bleibt bei hm stehen und sieht ihn an. Was will er wohl? Jesus ist doch kein Kaufmann, er hat doch gar nichts zu verzollen. Aber er gibt dem Zöllner etwas anderes.

 

Jesus sagt zu ihm: „Ich bin dein Freund! Gott hat mich zu dir geschickt. Du gehörst nämlich auch zu Gott. Er will dich anders machen, denn er hat dich lieb! Deshalb will ich dich auch besuchen. Ich will mit dir in dein Haus gehen. Und ich will dort sogar mit dir zusammen essen!“

Da wird der Zöllner Levi sehr froh. Er denkt nicht: „Der ist aber unhöflich, lädt sich selber bei mir ein und will noch zu essen haben!“ Nein, Levi freut sich, weil er einen Freund gefunden hat! Schnellführt er Jesus in sein Haus. Es ist sowieso Abendbrotzeit und viele andere Zöllner sind gekommen, um mit Levi zusammen zu Abend zu essen. Für alle ist der Tisch gedeckt. Und mitten unter ihnen sitzt Jesus. Keiner mag sie. Aber Jesus ist ihr Freund, er sitzt mit ihnen an einemTisch. Eine solch fröhliche Mahlzeit hat es bei dem Zöllner noch nie gegeben. Jetzt wissen alle: Jesus will unser Freund sein!

 

b. Jesus heilt einen Aussätzigen (Mt 8,1-3)

Wir haben es gut. Wir haben alles, was wir zum Leben brauchen. Und wir haben Menschen, die sich um uns kümmern, auch wenn wir krank sind, sind die Mutter da und bringt uns etwas zu essen und hilft beim Waschen oder erzählt eine Geschichte.

Aber es gibt bis heute im Land Jesu doch Menschen, für die niemand so richtig sorgt. Keiner will sie haben, denn sie sind schlimm krank. „Aussatz“ oder „Lepra“ nennt man die Krankheit, bei der sich überall am Körper schlimme Flecke und Wunden bilden. Schließlich fault das Fleisch am lebendigen Leib und fäll ab. Stück für Stück wird der Mensch weniger, wenn ihm nicht geholfen wird: erst die Finger und Zehen, dann die Hände und Füße, schließlich der Arm. Am Ende muß ein solcher Mensch sterben.

Die Krankheit ist ansteckend. Deshalb wollen die anderen nicht mit einem solchen Menschen zu tun haben. Außerdem sieht er so unrein aus und ist kein schöner Anblick. Deshalb haben die Menschen die Aussätzigen aus ihren Dörfern vertrieben. Sie lebten dann allein oder mit anderen Kranken in einer Höhle. Ab und zu stellte jemand in der Nähe etwas zu Essen ab, das sie sich dann holen konnten. Aber sie mußten zerrissene Kleider tragen und laut rufen „unrein, unrein“, wenn ein Gesunder in die Nähe kam. Dann wußte jeder: „Das sind Kranke“, und ist schnell weggegangen. Ob Jesus das auch tun wird.

Jesus kommt mit vielen Menschen. Er hat ihnen gerade gesagt: „Gott hat alle Menschen lieb!“ Da kommt ein Aussätziger auf sie zu. Das darf er doch nicht! Aber er kniet vor Jesus nieder und ruft um Hilfe. Warum ruft er nicht „unrein, unrein“? Die Krankheit ist doch gefährlich. Viele denken: Wer so eine schwere Krankheit hat, den will Gott nicht haben.

Aber Jesus hat doch gesagt: Gott hat alle Menschen lieb! Wie wird er nun handeln? Hat er das nur so dahingesagt oder wird er jetzt auch nach dem tun, was er gesagt hat? So ein Aussätziger hat ja in der Tat ein trauriges Leben. Wenn andere fröhlich sind, muß er allein mit seiner Krankheit dasitzen. So ist es dunkel in seinem Herzen. Nie darf er zum Gottesdienst. Und er kann auch nicht glauben, daß Gott ihn liebhat.

Aber wenn Jesus ihm nicht hilft, wer soll ihm denn dann sagen, daß Gott auch ihn liebhat? So ruft der Aussätzige nach Jesus, so wie wir zu ihm beten: „Herr, zeige mir, daß Gott mich liebhat. Du kannst mir doch helfen. Sage, daß ich rein werde. Mache mich gesund!“

Jesus faßt ihn an und sagt: „Ja, ich will dir helfen. Sei wieder rein! Jetzt kennst du auch wieder zu den anderen Menschen gehen. Jetzt darfst du auch wieder zum Gottesdienst gehen und mit all den anderen zusammen Gott danken. Du brauchst niemand zu sagen, daß ich dich gesund gemacht habe, sonst denken sie noch, ich sei ein Zauberer. Aber es werden doch alle sehen: Gott hat auch dich lieb!“

So hört Jesus den Hilferuf eines Aussätzigen. Er1äßt keinen allein, der ihn bittet, er hilft ihm, damit er mit anderen Menschen Gott danken kann. Er zeigt ihm, wie lieb Gott ihn hat. Jesus hört auch unser Gebet und hat uns lieb.

Zum Abschluß schildern wir, wie der Aussätzige seinen Familienangehörigen berichtet, als er wieder daheim ist.

 

 

Orientierungshilfe 3: Jesus Christus ist immer bei uns.

 

A. Wir erzählen von einem Kind, das allein ist:

Ein fünfjähriger Junge geht vom Kindergarten allein nach Hause. Manchmal wird er aber auch doch abgeholt. Doch vom Kindergarten zum Haus gibt es zwei Wege. Eines Tages wollte die Mutter ihn abholen, war aber noch zum Einkaufen. Der Laden war voll und es dauerte doch ziemlich lange.

Der Junge hatte sich inzwischen allein im Kindergarten angezogen und war schon losgegangen. Er hatte es nämlich besonders eilig: Im Kindergarten hatten sie ein Bild gemalt und das durften sie mit nach Hause nehmen. Nun wollte er es der Mutter zeigen. Schnell rennt er durch die eine Straße heim.

Aber als er zu Hause ankommt, ist niemand da. Die Mutter ist ja durch die andere Straße gegangen und sucht ihr nun im Kindergarten. Der Junge läuft die Treppe hoch, er rennt durch alle Zimmer, er ruft - aber niemand ist da. Vielleicht ist die Mutter im Garten? Er läuft in die Waschküche, den Holzstall, zu den Johannisbeerbüschen, zum Wäscheplatz - keiner ist da. Er läuft noch einmal zur Straße. Aber auch da ist niemand zu sehen. Er ist ganz allein.

Fast kommen ihm schon die Tränen. Doch da kommt die Mutter. Er rennt auf mich zu und ruft: „Mutter, Mutter, wo warst du denn? Ich habe dich überall gesucht! Ich war so allein!“ Da hat die Mutter ihn erst einmal gedrückt und ihm mit der Hand über den Kopf gestrichen. Dann hat sie ihm erst einmal die Nase geputzt und gesagt: „Ich bin wohl den anderen Weg gegangen. Und beim Einkaufen mußte ich so lange warten. Aber deshalb brauchst du doch nicht zu weinen. Ich komme doch immer wieder. Ich habe dich doch lieb. Ich lasse dich nicht allein!“ Seitdem ist ausgemacht, daß jeder durch die eine Straße zum Kindergarten geht oder von dort nach Hause kommt. Da kann man sich nicht mehr verfehlen.

Am Abend haben sie noch einmal über dieses Erlebnis gesprochen. Die Mutter sagte zu dem Sohn: „Auch wenn Vater oder Mutter einmal nicht da sind, bist du doch nicht allein. Unser Herr Jesus Christus sieht uns und hört uns. Er hilft uns auch, wenn wir nicht weiterwissen. Denn er hat zu der Menschen gesagt: „Siehe, ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende!“ (Mt 28.20b)

Dann haben sie versucht, diesen Satz Jesu einmal zu singen. Sie haben dazu selber eine Melodie erfunden. Wollen wir es nicht auch einmal versuchen? Wir probieren es einmal (Dadurch soll sich der Spruch besser einprägen).

 

B. Wir erzählen von einem Kind, das sich fürchtet.

Heute will ich euch einmal von Margret erzählen. Sie wohnt mit ihrem Bruder Thomas und ihren Eltern in einem hübschen kleinen Haus mit einem Garten drumherum. Am Morgen geht der Vater zur Arbeit und Thomas in die Schule, denn er ist schon in der dritten Klasse. Margret aber ist erst fünf Jahre alt und bleibt bei der Mutter zu Hause.

Eines Tages nun sagt die Mutter: „Spiel schön, Margret, ich geh nur schnell mal ins Geschäft und Gemüse holen. Bald bin ich wieder zurück!“ Margret ist es zufrieden so. Sie geht zum Schrank und räumt die Bausteine hervor. Aber warum ist es denn plötzlich so dunkel im Zimmer? Eben war es doch noch ganz hell! Sie läuft ins Schlafzimmer, um ihren Teddy zu holen, damit er bei ihr ist.

Aber als sie im Schlafzimmer aus dem Fenster sieht, bemerkt sie dort große dunkle Wolken am Himmel. Plötzlich klatschen dicke Regentropfen an die Fensterscheiben. Es werden mehr und immer mehr. Dann rauscht der Regen vom Himmel herunter. Auf der Straße gibt es große Pfützen. Margret läuft ins Wohnzimmer zurück. Doch da ist es so hell, daß sie die Augen schließen muß. Doch als sie die Augen wieder öffnet, ist es so finster wie zuvor. Dafür gibt es plötzlich einen lauten Krach und noch einen - ein Gewitter! Es blitzt und donnert und der Regen klatscht laut an die Fenster.

Ach, wenn doch die Mutter da wäre. Margret hat auf einmal keine Lust mehr zum Spielen. Sie geht in die Ecke und hockt sich neben dem Schrank auf den Teppich. Sie legt Ihren Kopf auf die Arme und macht sich ganz klein. Sie fürchtet sich.

Doch da geht die Wohnungstür auf und die Mutter sagt: „Huh, was ist das für ein Wetter. Ganz naß bin ich geworden!“ Margret steht schnell auf und läuft zur Mutter und drückt sich an sie. Wie gut, daß sie nun wieder da ist. Die Mutter nimmt ihr Mädchen in die Arme und fragt: „Du hast wohl geweint?“ -„Ja, Mutti, weil ich so allein war!“

Aber da sagt die Mutter etwas sehr Schönes? „Weißt du auch, Margret, daß wir niemals ganz allein sind? Immer ist Gott da. Er ist bei dir und bei Thomas in der Schule, bei Vater in der Firma und auch bei mir. Manchmal vergessen wir das, weil wir Gott nicht sehen können. Aber

er ist immer da, gerade auch dann, wenn man Angst hat!“

Und am Abend betet die Mutter mit Margret:

Wo ich gehe, wo ich stehe,

bist du, lieber Gott, bei mir.

wenn ich dich auch nirgends sehe,

glaub ich dennoch: Du bist hier! Amen.

 

C. Wir hören: Jesus Christus ist bei uns, auch wenn wir Angst haben:

Jesus, der Herr, hilft uns, wenn wir Angst haben. Er hat der Margret die Mutter geschickt, damit sie nicht allein ist. Ein Mann, der das auch von Jesus wußte, ist Markus. Er hat uns viele Geschichten von Jesus aufgeschrieben. Es steht heute in der Bibel. Vieles hat er von Petrus gehört, den er gut kannte.

Petrus ist ein Fischer. Er weiß auf dem großen See Genezareth gut Bescheid. Er weiß, wie man die Netze ins Wasser legen muß und wo man Fische findet. Er kennt sich mit dem Rudern aus und weiß, wann es auf dem See gefährlich ist. Manchmal kommt von den Bergen ein starker Wind und macht hohe Wellen. Wer schon einmal an der Ostsee war, wird vielleicht wissen, wie hoch die Wellen dort sein können.

Oft hat Petrus auch Jesus über den See gerudert. Am anderen Ufer hat Jesus dann zu der Bauern und Fischern gesprochen. Petrus sitzt dann im Boot und hört Jesus zu. Er sagt: „Freut euch, Gott ist gut zu euch! Vertraut ihm nur!“

Am Abend will Jesus wieder über der See. Petrus und andere Männer wollen ihn mit dem Boot hinüberbringen. Er ist müde und legt sich hinten in das Boot, wo es etwas höher ist. Er kann ruhig schlafen, denn Gott ist sein Beschützer.

Doch plötzlich kommt von den Bergen ein starker und macht ganz hohe Wellen. Das Boot ist nur klein und wird von den Wellen hin und her geworfen. Es wird so schlimm, daß selbst der Fischer Petrus nicht mehr weiß, was er machen soll. Es ist so gefährlich, daß selbst Petrus .Angst bekommt.

Die Männer im Boot merken: „Wir schaffen es nicht. Das Wasser tobt, der Wind faucht und die Männer haben Angst. Aber Jesus schläft ruhig im Boot. Still liegt er auf seinem Kissen. „Jesus Meister!“ rufen sie, „Jesus, wir gehen unter! Macht dir das gar nichts aus?“ Jesus wird wach. Er sagt nichts. Er steht nur auf.

Jesus sieht den Wind und die Wellen an und sagt: „Schweig und sei still!“ Da ist alle Not weg. Die Angst ist verjagt .Jesus ist da und hat keine Angst. Da brauchen auch die Menschen keine Angst mehr zu haben. Da hört auch auf einmal der Wind auf und das Wasser ist still. Der Sturm und das Meer sind besiegt und der Frieden wieder­hergestellt. Auch Petrus hat nun keine Angst mehr.

Doch ehe er etwas sagen kann, fragt ihr Jesus „Warum habt ihr solche Angst? Denkt ihr vielleicht, Gott hilft nicht? Habt ihr gar keinen Glauben?“ Doch die Jünger verstehen ihn nicht. Dabei geht es hier gerade um das Entscheidende. Das mit dem Seesturm ist gar nicht so wichtig. Für Jesus kommt es darauf an, daß die Jünger ihm vertrauen. Sie sollen wissen: „Wenn Jesus da ist, hilft Gott. Dann braucht niemand Angst zu haben!“ Jetzt erst erkennen die Männer richtig, wer Jesus ist: Er hilft wie Gott! Wo er ist, da ist alle Angst weg!

Wir malen: Schlafender Jesus und tosende Wellen.

Wir falten Boote und malen Petrus und Jesus und schneiden sie aus.

 

D. Wir erzählen von einem Kind, das Unrecht getan hat:

Jesus Christus hilft, daß alles wieder gut wird (Jes 43,1)

Als Hans aus der Schule kommt, sagt die Mutter zu ihm: „Sieh mal, was ich für dich habe. Es ist ein Päckchen gekommen von der Tante und da waren Filzstifte drin!“ Markus macht einen Luftsprung. Filzstifte hat er sich schon lange gewünscht. Da kann er endlich sein Fotoalbum schön beschriften. Er will es gleich seiner Schwester Marlies erzählen. Es ist sowieso Zeit, sie vom Kindergarten abzuholen. Er platzt auch gleich mit der Neuigkeit heraus: „Marlies, ich habe Filzstifte gekriegt. Ist das nicht toll?“

„Und ich?“ fragt Marlies. „Du? Vielleicht hat Mutter auch welche für dich!" Zuhause ruft Marlies gleich: „Mutter, bekomme ich auch Filzstifte?“- „Diesmal nicht“, sagt die Mutter, „es waren nur einmal Filzstifte im Päckchen!“

Da rennt Marlies ins Kinderzimmer. Sie ist wütend. Immer Hans! Er kriegt alles und sie nichts. Vater und Mutter haben mich gar nicht lieb, denkt sie. Als sie noch so wütend ist, sieht sie die Uhr ihres Bruders oben auf der Bettkante liegen. Die Mutter hat schon oft gesagt: „Hans, leg die Uhr nicht dahin. Sie fällt noch einmal herunter und ist kaputt!“ Da nimmt Marlies die Uhr und knallt sie auf den Boden.

Kurz darauf kommt die Mutter ins Zimmer. Sie sieht die Uhr dort liegen und ruft: „Hans, hast du die Uhr wieder auf die Bettkante gelegt?“- „Ja, ich habe doch nur …!“ Schon hat er einen Klaps auf den Hintern weg. Marlies aber denkt: „Das geschieht ihm recht!“ Nun ist Mutter auf Hans böse, Hans ist auf Mutter böse und Marlies ist sowieso auf Hans böse. Als der Vater abends heimkommt, findet er wahrlich keine fröhliche Familie vor. Dabei haben sie doch so ein schönes Päckchen gekriegt! Was ist nur los? denkt er.

Am nächsten Tag gehen die Kinder mit der Mutter zum Uhrmacher. Der sagt zu Hans: „Du hast die Uhr aber tüchtig runterfallen lassen. Das wird einiges kosten!“ Die Mutter sagt: „Er muß es aus seiner Sparbüchse bezahlen!“ Hans kommen die Tränen in die Augen. Er wollte sich doch gern ein paar richtige Fußballschuhe davon kaufen. Nun wird es nicht mehr gehen. Das hat Marlies doch auch nicht gewollt.

 

Am Abend schmeckt Marlies das Essen nicht. Sogar den Pudding läßt sie stehen. „Ich glaube, unsere Marlies wird krank“, sagt Vater. Hans möchte seiner Schwester etwas Liebes tun und bringt ihr die Filzstifte: „Hier hast du meine Stifte, du darfst ein bißchen damit malen!“ Da heult Marlies los: „Ich bin nicht krank. Aber ich habe die Uhr kaputtgemacht. Ich habe sie absichtlich runter geworfen, weil Hans die Stifte bekommen hat und ich nicht!“

Da nimmt die Mutter ihre Tochter auf den Schoß und sagt: „Marlies, wir haben dich doch genauso lieb wie Hans. Aber wir haben alle etwas falsch gemacht, wir und du auch!“ Marlies rutscht vom Schoß herunter und holt die Sparbüchse: „Ich bezahle die Uhr, weil ich sie doch kaputtgemacht habe!“ Da ist Hans sehr froh.

Plötzlich fällt Hans ein, was er schon längst hätte tun können: Er nimmt die Filzstifte und teilt die Farben auf. Marlies strahlt: „Nun ist alles wieder gut. Jetzt schmeckt ihr auch der Pudding wie!“ Und nachher spielen sie alle zusammen „Mensch ärgere dich nicht“.

Abends betet die Mutter mit den Kindern: „Herr Jesus Christus, danke, daß nun bei uns wieder alles schön ist“ Hans betet „Danke, daß Marlies die Uhr bezahlt!“ Marlies betet: „Danke, daß Hans mir die Filzstifte bezahlt hat!“ Und der Vater betet: „Herr Jesus, hilf doch, daß wir das nächste Mal alle besser überlegen!“ So hat ihnen der Glaube an Jesus geholfen, daß das Unrecht wieder gut gemacht wurde. Jesus wird auch weiter bei ihnen sein und ihnen helfen. Er hat alle Menschen lieb, auch wenn sie einmal Unrecht getan haben.

 

E. Wir wissen: Jesus Christus ruft uns, er sorgt für uns (Joh 10,14.27)

Wir vergleichen: Jesus Christus ist der gute Hirte, der für uns da ist.

           

Es ist schön, wenn Menschen da sind, die uns liebhaben und für uns sorgen. Wir haben von Zöllnern und Aussätzigen gehört, die niemanden hatten. Aber Jesus hat sich um sie gekümmert. Er ist für alle Menschen der Helfer.

 

Wir bauen einen Hirten mit seiner Herde auf (Bausteine oder Figuren). Jesus hat solche Hirten in seinem Land gesehen. Wir sprechen über die Aufgaben eines Hirten bei uns und in Palästina (Räuber, Raubtiere).

 

Vielleicht habt ihr schon einmal einen Schäfer mit seiner Herde gesehen. Er führt die Schafe früh aus dem Stall und bringt sie auf die Weide, wo sie fressen können. Der Hirte kennt seine Schafe alle, die großen und die kleinen. Der Hund hilft ihm, die Herde zusammenzuhalten. Am Abend werden die Tiere wieder in den Stall gebracht.

Auch im Lande Jesu konnte man auf den Straßen und Bergen große Schafherden treffen. Auch dort ging der Hirte seiner Herde voran und die Schafe folgten ihm. Der Hirte lockte sie mit einem bestimmten Ruf‚ der den Tieren vertraut war. So war es schon immer und so ist es zum Teil auch heute noch.

Der Hirte führt die Schafe zu den guten Wiesen, wo saftiges grünes Gras steht, das sie fressen können. Wenn sie Durst haben, dann führt er sie zum frischen Wasser, an einen Bach oder sonst eine Wasserstelle. Manchmal läßt er sie auch ausruhen.

Im Lande Jesu aber haben die Hirten schon immer eine schwere und gefährliche Aufgabe gehabt. Tag und Nacht muß der Hirte bei seiner Herde sein. Am Tage mußte er für seine Tiere Wasser und Futter suchen. Das macht in einem heißen Land viel Mühe. Im Sommer ist das Gras dort braun und versengt. Die kleinen Wasserläufe und Bäche sind eingetrocknet. Deshalb freuen sich die Tiere immer, wenn sie einmal einen Weideplatz mit frischem Gras finden oder sogar am Wasser ruhen können.

 

Ein guter Hirte ist ganz für seine Schafe da. Wenn die Schafe frühmorgens in ihrer Umzäunung auf dem Feld aufwachen, ist der Hirte längst wach. Er öffnet den Zaun und ruft die Schafe. Sie folgen ihm, denn sie kennen seine Stimme. Die Schafe wissen, daß er sie auf einen guten Weg führt, damit sie Futter und Wasser finden. Wenn ein anderer kommt und sagt: „Ich will doch einmal probieren, ob mir die Schafe auch folgen!“ dann kann er das ruhig tun.

Die Schafe wissen genau: „Das ist der Falsche, dem folgen wir nicht. Wer weiß, wo der uns hinführt. Der gute Hirte läßt sich kein Schaf aus der Herde rauben. Manchmal kommen ja auch Raubtiere, zum Beispiel ein Wolf, der die Herde auseinandertreiben will, um ein Schaf rauben zu können. Der gute Hirte 1äßt das nicht zu. Er kämpft mit dem bösen Tier. Lieber läßt er sich selber töten, als daß ihm ein Schaf verlorengeht. Er ist wirklich ein guter Hirte.

Ein solcher guter Hirte ist aber auch Jesus. Er ist der gute Hirte für alle Menschen. Er ist der Helfer für Zöllner und Aussätzige, die keinen Menschen haben, der sie liebhat. Er ist aber auch der Helfer für uns, wenn wir den guter Hirten brauchen. Er sagt (Joh 10,14.27):

„Ich bin der gute Hirte und kenne die Meinen und bin bekannt den Meinen.

Meine Schafe hören meine Stimme, und ich kenne sie und sie folgen mir!“

 

 (Wir sehen Bilder von Hans Georg Anniès und singen das Lied: „Wir haben einen Hirten“).     

 

F. Wir hören: Nichts kann uns von Jesus Christus trennen, auch nicht der Tod:

Bildbetrachtung: Christus - Johannes - Gruppe (aus: Oskar Thulin: „Die Sprache der Christusbilder“, Berlin EVA, o.J., Seite 75 )

Woran sieht man: Der eine meint es gut mit dem anderen? Johannes legt den Kopf auf die Schulter Jesu, er streckt seine Hand nach ihm aus und die Hand greift nicht ins Leere. Er hat die Augen geschlossen. Aber die Augen des Herrn wachen. So gut hat es Johannes bei Jesus Christus. Jesus ist für Johannes da!

Johannes konnte seinen Kopf aber nicht immer auf die Schulter Jesu legen. Jesus konnte die Hand des Johannes nicht immer so festhalten. Er ist ja nicht für kurze Zeit weggegangen, sondern für lange.

Doch damit Johannes und alle anderen Freunde nicht erschrecken, hat er ihren doch zum Abschied gesagt: „Siehe, ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Erde!!“ Ich bin bei euch, auch wenn ihr mich nicht festhalten könnt. Ich sehe euch, besonders wenn ihr Angst habt! Ich helfe euch! Ruft mich nur! Betet zu mir!

So ist Jesus auch für uns heute der gute Hirte. Er hat gesagt: (Joh 10,28): „Ich gebe ihnen das ewige Leben. Sie werden nie mehr umkommen und niemand wird sie aus meiner Hand reißen!“ Er ist auch der gute Hirte für die, die längst gestorben sind.

Wir erzählen von einem Gang über den Friedhof. Auch der Tod kann uns nicht von dem guten Hirten Jesus trennen.

 

G. Wir wissen: Jesus Christus ist unser guter Hirte (Joh 10,11-12):

Eines Tages sieht Annett ein Bild von einem Hirten und seinen Schafen. Sie fragt die Mutter: „Mutti, wer hat denn das Bild gemalt?“ Die sagt: „Das hat doch ein Mann namens Hans- Georg Anniès gemalt!“ Annett: „Das ist aber ein schwerer   Name! Kann Jesus sich den denn merken?“ Mutter: „Ganz bestimmt. Jesus kennt auch den Maler Anniès!“ Aber nun f ragt Annett umgedreht: „Kennt der Mann mit dem schweren Namen auch den Herrn Jesus?“ Die Mutter weiß die Antwort: „Ganz bestimmt kennt er den Herrn Jesus. Er hat doch auf die andere Seite des Bildes geschrieben: Der Herr Jesus ist unser guter Hirte!“

Aber Annett ist immer noch nicht zufrieden: „Woher weiß denn der Maler das?“ Die Mutter antwortet: „Das steht in der Bibel. Und der der Maler liest die Bibel so wie wir auch!“ Annett möchte wissen: „Zeig mal, Mutti, wo das steht!“ Da geht die Mutter zu ihrem Nachttisch und holt die Bibel. Das ist ein dickes Buch mit vielen Blättern. Die Mutter hat sich den Satz vom guten Hirten sogar unterstrichen, weil er so wichtig ist.

Die Mutter sagt: „Johannes hat den schönen Satz in seinem Evangelium Kapitel 10 Vers 14 aufgeschrieben, den Satz. Den Jesus einmal von sich gesagt hat: „Ich bin der gute Hirte und kenne die Meinen und bin bekannt den Meinen!“

Schon Johannes hatte gemerkt: Jesu ist bei mir, er kennt mich, er sorgt für mich, er läßt mich nie allein, auch wenn es ganz gefährlich wird. Deswegern hat er davon erzählen wollen und sein Evangelium aufgeschrieben. Das ist ein ganzes Buch, das nur von Jesus handelt und heute in unserer Bibel zu finden ist. Das Buch ist allerdings für große Leute eschrieben. Aber diesen einen Satz können auch schon die Kleinen verstehen. Er gilt für Johannes, für den Maler Anniès, für die Mutter, für Annett und für alle Menschen, die Jesus liebhaben. Jesus sagt: „Ich bin der gute Hirte und kenne die Meinen und bin bekannt den Meinen!“

Er ist also nicht nur oberflächlich mit uns bekannt, er kennt uns nicht nur „dem Namen nach“, sondern erkennt uns genau. In der Bibel bedeutet „kennen“ ein enges Vertrautsein und Verbundensein, die innigste Gemeinschaft, so wie sie Jesus mit seinem himmlischen Vater hat.

Jesus ist nicht so etwas wie ein gut Hirte, sondern er i s t der gute Hirte. Er ist anders als der Kaiser Augustus, der den Menschen den Frieden versprochen hatte. Alle Kaiser und Könige dieser Erde sollten sich Jesus zum Vorbild nehmen und so handeln wie er.

 

Bildbetrachtung: Hans-Georg Anniès „Ich bin der gute Hirte“:

Die Schafe haben es gut: Sie fressen und können trinken. Ein Schaf springt, eins ruht mit seinem Kind. Ein Schaf ist auf dem Arm des Hirten, weil es ermüdet oder krank ist. Der Wolf schleicht sich an, er will den Schafen schaden, er ist gefährlich. Der Hirte jagt den Wolf weg, er wacht und beschützt die Herde, er sieht ernst und gut aus.

Die dunkle Grundfläche wird von einem breiten hellen Streifen senkrecht durchschnitten: Das ist der helle gute Weg Gottes. In dem Dunkel weidet einsam ein Schaf, das ganz mit sich selbst und der Befriedigung seines Hungers beschäftigt ist. Es ahnt nicht, wie verlassen es ist abseits vom rechten Weg.

Auf diese Wege steht der Hirte. In der linken Hand hat er den Stab, Zeichen seiner Würde und Waffe gegen den Wolf. Er beugt sich herab zu dem einzelnen Schaf. Seine Augen sind voller Erbarmen. Mit dem rechten Arm und der rechten Hand langt er weit in den Raum der Finsternis hinein. Ein großer Doppelbogen wölbt sich über dem verlorenen Tier, der Bogen der Güte und Treue Gottes, die durch Jesus das Verlorene retten will. Hände und Füße lassen die Nägelmale Jesu sichtbar werden Er ist auch gegenwärtig der gute Hirte.

 

Jesus ist unser guter Hirte:

Einstieg: Manche Menschen sagen, es lohne sich nicht, in den Religionsunterricht zu gehen und sich zur Kirche zu halten. Sie sagen: Da wird viel gelernt und viel vergessen, das ist unmodern und paßt nicht in unsere Zeit, man hat nichts davon, sondern man hat eher noch Nachteile. Manche meinen auch, die Geschichten seien zwar ganz schön, aber es gäbe viel spannendere in Büchern und im Fernsehen. Wenn wir anders darüber denken, dann müssen wir aber auch sagen gönnen, was wir an Jesus haben. Das ist möglich, wenn wir über das Wort Jesu nachdenken: „Ich bin der gute Hirte!“

 

 

 

 

Erzählung:

Doch oft gehörten die Schafe gar nicht dem, der sie hütete. Viele Hirten waren nur für Geld gemietet. Die wagten natürlich nicht ihr Leben, wenn der Herde einmal Gefahr drohte. Man konnte es ihnen auch nicht verdenken, sie waren ja nur angemietet, ihnen gehörten die Schafe ja nicht. Das konnte man ihnen nicht übelnehmen, wenn sie in der Stunde der Gefahr ihren Dienst aufsagten und davon liefen. Ein Lohnverhältnis kann man ja jederzeit lösen.           

In der Stunde der Gefahr zeigt sich eben, wer ein guter Hirte ist und wer nur ein Mietling. Es gab natürlich auch Ausnahmen, es gab auch gute Miet-Arbeiter, die nicht davonliefen. Aber wirklich verlassen kann man sich nur auf den guten Hirten. Er wird in jedem Fall bleiben und für seine Schafe eintreten.

Der gute Hirte setzt sich mit seiner ganzen Person für seine Herde ein. Dadurch entsteht oft eine innige Verbundenheit zwischen Hirt und Herde, die durch nichts und niemand erschüttert werden kann.

Jesus hat auch oft Schafherden gesehen, wenn er durch sein Land zog. Dabei fiel ihm sicher auch jenes Psalmgebet aus der Bibel ein, in dem es am Anfang heißt: „Der Herr ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln!“ Jeder wußte, daß Gott damit gemeint war, denn er sorgte für sein Volk wie der Hirte für seine Herde.

Er hatte andere Hirten eingesetzt, die sein Volk Israel führen sollten: Priester und Könige, Pharisäer und Schriftgelehrte. Aber waren sie wirklich gute Hirten? Führten sie die Menschen zu Gott? Und mancher seufzte und dachte: „Wenn wir doch nur richtige Hirten über unser Volk hätten!“ Und mancher dachte dann wohl auch an das Wort aus dem Propheten Hesekiel: „Einmal wird Gott seinem Volk einen rechten Hirten geben!“ Und sie sehnten die Zeit herbei, in der es endlich soweit sein würde.

Eines Tages steht Jesus im Tempel vor Jerusalem und sagt: „Ich bin der gute Hirte. Weil Gott euch liebhat, hat er mich zu euch geschickt. Ich will euch helfen und vor allem Bösen schützen. Ich werde sogar für euch sterben. Der gute Hirte 1äßt sein Leben für die Schafe. Anders macht es der Mietling. Dem gehören die Schafe nicht. Wenn der den Wolf kommen sieht, dann läßt er die Schafe im Stich und läuft davon. Der Wolf kann in die Herde einbrechen und sie zerstreuen. Dann laufen sie auseinander und haben keinen Hirten mehr. Der Mietling flieht und kümmert sich nicht um die Schafe!“

Die frommen Leute, die Pharisäer, merken natürlich gleich, daß sie mit dem Mietling gemeint sind. Jesus will ihnen sagen: „Ihr seid nur schlechte Hirten!“ Aber Jesus wiederholt noch einmal seine Worte: „Ich bin der gute Hirte und kenne die Meinen und bin bekannt den Meinen, wie mich mein Vater kennt. Und ich kenne der Vater!“ Damit will er sagen „Ich kenne euch so gut, wie ein Vater sein Kind kennt. Er, der himmlische Vater, hat mich zu euch in die Welt geschickt!“ Ja, Jesus fährt sogar noch fort: „Ich habe auch noch andere Schafe, die gehören nicht zum jüdischen Volk. Die muß ich auch noch herführen. Sie werden meine Stimme hören Und es wird dann eine Herde und ein Hirte werden!” Heute leben in vielen Ländern Menschen, die die Stimme des guten Hirten gehört haben. Auch wir hören sie heute aus der Bibel.

 

Antwortgespräch:

Wer andere dazu bringt, auch mit Überredung und Zwang, vom Herrn Jesus fortzulaufen, der stiehlt ein Schaf aus der Herde des guten Hirten. Aber Jesus als unser guter Hirte will‚ daß wir bei ihm bleiben. Er hat versprochen, solche Diebe zu vertreiben. Wir dürfen ihn bitten, uns zu helfen, wenn wir einmal in eine solche Notlage kommen.

 

Zur Zeit der Juden galten die Hirten als Räuber und Betrüger, weil sie oft auch selber ein Tier aus der Herde nahmen und auf eigene Rechnung verkauften. Deshalb war ihnen so wie den Zöllnern die bürgerlicher Ehrenrechte abgesprochen. Nur in der Bibel sprach man in gutem Sinne von den Hirten. Und wenn Jesus vom guten Hirten spricht, dann hat er natürlich einen Hirten im Auge, wie er ursprünglich gewesen ist, nämlich einen guten Hirten.

Jesus hat letztlich durch seinen Tod am Kreuz, der für alle Menschen geschah, deutlich gezeigt, daß er wirklich ein guter Hirte ist. Er bietet den Seinen eine Sicherheit, die kein anderer bieten kann. Allerdings ist diese Sicherheit an die Zugehörigkeit zur Herde des guten Hirten gebunden. Wer aber der guten Hirten kennt, der wird ihm auch gehorchen und wird ihm gerne folgen, weil er dann weiß: „Bei diesem Hirten hat man es gut!“

 

 

Orientierungshilfe 4: Jesus Christus liebt alle Menschen der ganzen Welt

 

A. Wir erzählen, wie wir Weihnachten feiern:

Wir packen weihnachtlichen Zimmerschmuck aus (selbstgebastelt?). Das gibt Anlaß zum Gespräch über solches Schmücken in der Kirche und daheim, über weihnachtliche Feiern daheim, über Geschenke und Verschenken. Wir singen ein Weihnachtslied. Die Kinder schmücken den Raum aus mit dem mitgebrachten Schmuck.

 

Die Kinder malen: „So möchte ich Weihnachten feiern!“ Wir hören dazu zwei oder drei christliche Weihnachtslieder von der Kompaktdisk. Die Bilder werden zum Teil zuhause fertiggemalt und in der nächsten Stunde noch einmal aufgegriffen. Jeder „Künstler“ darf erzählen, was er dargestellt hat. Wir erzählen, wie eine Familie Weihnachten feiert.

 

Weichenstellung: Wir haben bisher immer von „Weihnachten“ geredet. Aber hier in meinem Kalender steht ein ganz anderer Name „Christfest“ (christlichen Kalender vorzeigen). Die Kinder werden schon wissen, Jesus Christus ist an Weihnachten geboren, an diesem Tag feiern wir seinen Geburtstag.

Am Christfest freuen wir uns besonders darüber, daß Jesus Christus uns so lieb hat. Davon steht in der Bibel eine schöne Geschichte. Der Christ Lukas hat sie uns erzählt, damit wir verstehen: Jesus Christus ist für alle Menschen da. Daß Gott uns liebhat, wißt ihr ja schon. Lukas aber will uns mit seiner Geschichte helfen, daß wir diese Wahrheit besser verstehen. Er erzählt davon, wie Jesus geboren wurde, wie er Mensch wurde, damit er den Menschen erklären konnte, wie sie Gott kennenlernen und mit ihm leben können.

Ihr kennt diese Geschichte vielleicht schon vom Krippenspiel, von Büchern, Bildern oder Liedern. Aber wir wollen uns erst einmal die äußeren Verhältnisse der damaligen Zeit deutlich machen.

Im Sandkasten bauen wir den Weg von Nazareth nach Bethlehem auf (auch mit Bausteinen und Kreide auf dem Fußboden). Auf diesem Weg sind viele Menschen unterwegs. Sie werden nicht so schnell wieder nach Hause zurückkommen. Sie gehen der Berg hinauf und der Berg hinunter und dann kommt schon wieder der nächste Berg. Es wird Abend. Sie müssen unterwegs schlafen. Am nächsten Tag geht es wieder weiter.

Endlich sehen sie die Stadt vor sich, die ihr Ziel ist. „Bethlehem“; rufen sie erleichtert. „Wir sind da!“ Andere aber sagen: „Wir müssen noch weiter in die nächste Stadt!“ Aber weit ist es nun auch nicht mehr!

Das Kind in der Krippe (Lk 2,1-7):

Warum wandern eigentlich die vielen Leute so viele Tage auf der Straße nach Bethlehem? Sie müssen alle einem Mann gehorchen, der über sie bestimmt. Es ist der Kaiser Augustus in der großen Stadt Rom, der alle seine Feinde besiegt hat, alle Kriege beendet hat und der deshalb als der „Friedensbringer“ bezeichnet wird. Aber nun hat er uns befohlen: Alle Menschen müssen in die Stadt gehen, in die sie gehören, wo ihre Väter und Großväter gewohnt haben. Dort ist ein Büro, in dem ein Angestellter des Kaisers alle aufschreiben wird. Er wird sie fragen, wieviel Geld sie verdienen und wie viele .Äcker sie besitzen. Dann wird er ihnen sagen, wie viele Steuern sie zu bezahlen haben. Und die Männer wird er in eine extra Liste eintragen, damit der Kaiser weiß, wie viele Soldaten er hat, wenn er wieder einmal einen Krieg führen will.

Die Leute stöhnen, weil sie so viele Tage laufen mußten. Sie waren umgezogen und mußten nun wieder in ihre Heimatstadt. Und dann sollten sie auch noch mehr Steu­ern bezahlen. „Der Kaiser macht es uns schwer“, sagen sie, „er weiß nicht, wie es uns geht!“ Aber nun sind sie froh, in Bethlehem angekommen zu sein.

Wir spielen das Wandern der Leute. Alle machen mit. Joseph und Maria werden nicht besonders herausgehoben, vielmehr soll die Plage und Last für alle deutlich werden. Am Büro wird eine kleine Stegreifszene gespielt.

Besonders müde ist wohl eine junge Frau, die mit ihrem Mann von Nazareth nach Bethlehem gereist ist. Die Frau würde bald ein Kind bekommen, Es war eine große Aufregung für sie gewesen, als der kaiserliche Bote in Nazareth die Aufforderung bekanntmachte, jeder müsse sich im Heimatort einschreiben lassen. Aber was half‘s, sie mußten dem Kaiser gehorchen. Sie gehörten ja zu den Nachkommen des großen Königs David, der aus Bethlehem stammte. Aber man sieht ihnen nicht an, daß sie aus der Königsfamilie stammen, sie sind ganz gewöhnliche Leute.

Deshalb haben sie es genauso schwer wie die anderen, ein Nachtquartier zu finden. Viele Menschen sind schon in Bethlehem angekommen, die Häuser sind voll. Sie gehen von einer Tür zur anderen (im Raum vormachen‚ an Schrank, Tafel, Tisch klopfen, um das Abgewiesenwerden deutlich zu machen).

Endlich zeigt ihnen ein mitleidiger Wirt seinen Viehstall: Dort haben sie wenigstens ein Dach über dem Kopf. Etwas Heu und Stroh ist auch da. Hier im Stall kommt das Christuskind zur Welt. Maria wickelt das Kind in Windeln und legt es in die Futterkrippe. So arm war der Herr über die ganze Welt, als er geboren wurde. Arm und hilflos lag er in der Krippe, aus der sonst die Tiere fraßen. Maria und Josef aber wußten, daß er der Retter der Menschen sein würde.

 

Die Kinder bilden mit ihren Stühlen einen Kreis, in dessen Mitte eine Krippe mit einer Kerze drin gestellt wird. Das Buch von Reinhard Herrmann: „Die Weihnachtsgeschichte aus dem Evangelium des Lukas“, Bln 1964, wird betrachtet (gerade weil die Bilder so märchenhaft aussehen wird deutlich, daß es sich hier nicht um Tatsachenberichte handelt, sondern um Erzählungen, Glaubensgeschichten). Die Krippe mit den brennenden Kerzen bleibt auch bei dem Folgenden stehen. Die Kinder können mach mit Knet die Krippenszene gestalten und ihr Werk entweder verschenken oder im Unterrichtsraum in der Kirche ausstellen.

 

Flanellbild: In einem offenen Kreis legen wir Figuren, die wir aus den früheren Erzählungen schon kennen: Margret und Hans, Levi und Johannes, weitere Menschen. Alle diese Menschen hat Jesus lieb. Aber der Kreis bleibt noch offen. Es gibt noch viel mehr Menschen, die Jesus liebhat. Davon wollen wir jetzt hören:

 

Die Hirten in Bethlehem (Lk 2, 8-21):

Auf dem Weg nach Bethlehem haben die Leute aus Nazareth auch Hirten mit ihren Schafen gesehen. Auch nachts sind sie draußen, denn der Weg nach Hause ist zu weit. Das ist ein schweres Leben für die Hirten, denn von März bis November sind sie draußen. Es ist auch nicht ganz ungefährlich. Sie haben zwar einen Zaun aus Dorngestrüpp angelegt. Aber es kommen doch einmal wilde Tiere oder Räuber, gegen die sie ihre Tiere verteidigen müssen.

Das Schlimmste aber ist, daß die anderen Leute die Hirten verachten. Viel Geld verdienen sie ja nicht. Da nehmen sie manchmal ein kleines Schaf für sich oder etwas Wolle oder Milch. Deshalb reden die Leute nicht gut von den Hirten: „Die sind nicht ehrlich, mit denen ist nicht viel los, zum Gottesdienst kommen sie auch nicht!“ Ob Jesus wohl auch für diese Hirten geboren ist? Ob die Hirten wohl zu dem Kind in der Krippe kommen dürfen?“Aber zunächst einmal wiesen sie ja noch gar nichts von dem, was in der Stadt geschehen ist. Es ist Nacht, die Hirten sind müde, einige schlafen‚ andere müssen wachen und aufpassen. Da wird es plötzlich ganz strahlend hell, mitten in der Nacht. Sie werfen sich auf den Boden, sie sind voller Angst.

Gottes Bote, sein Engel, ist zu den Hirten getreten. Er sagt: „Fürchtet euch nicht! Ich bringe euch eine große Freude, die für alle Menschen bestimmt ist. Für euch ist heute der Heiland geboren, Christus, der Herr. In Bethlehem werdet ihr ihn finden als kleines Kind. Es ist in Windeln gewickelt und liegt in einer Futterkrippe!“

Plötzlich kommen immer noch mehr Gottesboten herbei. Sie loben Gott und sprechen: „Ehre sei Gott in der Höhe und Frieden auf Erden den Menschen, an denen er Wohlgefallen hat!“ Die Hirten dürfen die frohe Botschaft vor dem Retter der Menschen als erste hören. Dann hat Gott sie wohl doch nicht vergessen, dann hat er wohl doch Wohlgefallen an ihnen?

Die Hirten machen sich auf den Weg, um das Kind zu finden. Jetzt haben sie es auf einmal alle sehr eilig. Ihre Tiere lassen sie allein, sie wollen nur zu diesem Kind. Sie finden auch Josef und Maria und das Kind in der Krippe. Sie knien nieder und beten das Kind an und überreichen den Eltern kleine Geschenke. Sie erzählen, was ihnen die Gottesboten gesagt haben. Sie freuen sich darüber, daß sie auch bei dem Jesuskind sein dürfen (an der Flanellwand die Hirten in den Kreis einfügen).

Nun wollen sie aber auch diese große Freude den anderen Menschen bringen. Allen Leuten erzählen sie: „Der Heiland ist geboren, als ein kleines Kind liegt er in der Krippe in Bethlehem!“ Die Hirten loben Gott und danken ihm für alles, was sie gehört und gesehen haben.

 

Wir lassen noch einmal die Hirten zur Krippe wandern (auch mit Figuren auf dem Tisch oder Boden) und schließlich zur Begegnung mit Leuten aus Bethlehem: Levi, die anderen Jünger Jesu, Weihnachtsliederdichter, Menschen‚ die heute zur Christvesper kommen. Wir zünden die Kerze in der Krippe an.

Wir überlegen‚ wie wir zu Hause eine Krippe aufstellen können (aus Knet). Wir basteln ein einfaches Weihnachtsgeschenk und überlegen, wem wir es schenken können. Wir schenken zum Christfest, weil Gott uns in Jesus beschenkt hat. Wir überlegen‚ wie wir Menschen eine Freude machen können‚ die an Weihnachten nicht beschenkt werden. Wir können eine kleine Feierstunde in einem Heim halten. Auch das Mitwirken beim Krippenspiel oder im Kindergottesdienst gehört mit zum Weitersagen. Wir könnten auch jemand mit zum Religionsunterricht bringen oder den daran erinnern, der oft gefehlt hat,

 

 

Erzählung: Die Weisen aus dem Morgenland (Mt 2,1-12):

Wenn die Leute im Lande Jesu früh die Sonne aufgehen sahen, dann sagten sie: „Jetzt steht sie über dem Morgenland!“ In jenem weit entfernten Land wohnten Leute, die kannten den Gott der Bibel nicht. Sie waren aber gelehrte Leute und beobachteten oft den Lauf der Sterne. Sie dachten: Der Himmel mit Sonne, Mond. und Sternen ist wie ein Bilderbuch, aus dem man etwas lernen kann für das Leben der Menschen. Jedesmal wenn ein besonders heller Stern zu sehen war, dann sagten sie: „Jetzt ist ein bedeutender Mann geboren worden!“ Aus der Stellung der Sterne zueinander wollten sie dann herausfinden, in welchem Land er wohl geboren worden wäre.

Eines Tages entdecken sie einen besonders hellen Stern am Himmel. Den haben sie noch nie gesehen. Er muß neu sein. Ob aber nur zwei Sterne ganz nahe zusammen gekommen sind? Oder ob es ein Komet ist? Oder gar ein Wunderstern, dessen Herkunft man sich nicht erklären kann.

Er steht in der Richtung des Landes der Juden. „Dort ist ein neuer König geboren!“ ruft einer von ihnen. „Sicherlich in der Hauptstadt Jerusalem, im Königspalast!“ meint der andere. Wieder ein anderer meint: „Ob das wohl der König ist, von dem die alten Schriften der Juden sagen, er werde den Menschen alle Schuld nehmen und sie wieder zu frohen und zuversichtlichen Menschen machen?“ Alle denken sie: Wir müssen es nachprüfen, wir müssen sehen, ob das der angekündigte Retter für alle Menschen ist.

Sie beschließen, die beschwerliche Reise nach dem Land der Juden zu unternehmen. Mehr als tausend Kilometer mußten sie zu Fuß oder mit dem Maultier zurücklegen. Sie packen ihre Reisesachen zusammen, genügend zu essen und zu trinken, und auch ihr Fernrohr, mit dem sie immer die Sterne beobachten.

Zur Vorsicht nehmen sie aber auch noch kostbare Geschenke mit, wie man sie sonst nur Königskindern: ein Kästchen mit glänzendem Schmuck aus Gold, ein Gefäß mit wohlriechendem Weihrauch, eine Dose mit kostbarer Salbe aus Myrrhe. Die weisen Männer lassen es sich also etwas kosten, um das Königskind sehen zu können. Aber wenn das wirklich der Retter ist, dann lohnen sich die Reise und alle Mühe.

Nach vielen Tagen und einer beschwerlichen Reise kommen sie endlich nach Jerusalem. Sie gehen sofort zum Palast des Königs Herodes. Dieser hatte Angst, er könnte einmal wieder fortgejagt werden. Er war nämlich ein Ausländer, den die Römer auf den Thron gesetzt hatten. Jeden möglichen Gegner ließ er deswegen umbringen. Sogar seine eigenen Söhne hat er getötet. Er war ein ganz schlimmer König.

Wir können uns vorstellen, wie erschrocken alle im Königspalast sind, als die fremden Männer kommen und fragen: „Wo ist der neugeborene König der Juden?“ Im Königspalast ist kein Kind geboren worden. Man kann es den Herodes nicht verheimlichen. Der erschrickt auch, als er die Nachricht hört. Da kann doch nur irgendwo im Land ein Kind geboren sein, das ihn einmal vom Thron verdrängen wird. Sicher wird es aus der Familie des früheren Königs David sein. Vielleicht wird es der Heiland sein, von dem die heiligen Schriften der Juden reden.

Aber Herodes kennt sich in diesen Schriften nicht so aus. Aber er weiß, wie man Politik macht. Er ist verschlagen und listig und weiß sich schon zu helfen. Er hat schon oft mit den Schriftgelehrten über die Königsworte des Alten Testaments gesprochen. Nun wird gar eine Sitzung des hohen Rates einberufen, der obersten Behörde in Glaubenssachen.

Die gelehrten Männer wissen auch Rat: Der neue König soll in Bethlehem geboren werden. So hat es schon vor 700 Jahren der Prophet Micha vorhergesagt! Die gelehrten Leute haben das alles gut im Kopf. Aber ins Herz ist ihnen diese Frage nicht gekommen.

Keiner denkt darüber nach: „Weshalb fragt uns denn plötzlich der König danach?“ Stolz tragen sie die Schriftrollen wieder nach Hause: Sie haben die Frage beantworten können. Aber sie interessieren sich nicht weiter für die Sache.

 

Bildbetrachtung: Anbetung der Weisen (Kaufmann: Wort im Bild, Nr. 2):

Der Stern über dem Stall ist der Wegweiser zur Krippe und damit zum Heil. Ein neues Licht ist über der ganzen Welt aufgegangen. Die drei Weisen schreiten anbetend auf die Krippe zu. Sie bringen keine Geschenke, sondern sich selbst zu dem Kind, das durch die Krone als ein König gekennzeichnet ist. Sie sind selber Beschenkte.

Unten ist die Gegengewalt dargestellt. Herodes trägt Krone und Schwert als Zeichen seiner Macht. Heuchlerisch hat er die Hände über dem Schwert gefaltet. Die Schriftgelehrten weisen zwar auf Bethlehem hin, gehen aber nicht selber hin (Nur als Glaubender gebraucht man die Schrift recht). Rechts sehen wir auch noch einmal die Weisen, die offenbar ahnen, welch böses Spiel mit ihnen getrieben werden sollte.

 

Bildbetrachtung: Weise aus der er Ferne finden Jesus:

 

Bildbetrachtung: Graphik „Anbetung der Weisen von Peter Muzenik:

Drei Männer stehen oder knien vor der Krippe. Sie haben merkwürdige Gaben in den Händen. Vorne kniet ein anderer Wissenschaftler (Ingenieur, Forscher, Techniker). Symbol: Zirkel und Zahnrad, dazu Rakete. Der Mann rechts ist ein Bauer (oder auch Arbeiter)‚ denn er bringt nicht nur Brot als Zeichen für die mit den Hinden geleistete Arbeit. Von links tritt ein Künstler heran, mit Pinsel und Notenschlüssel,

Alle diese Gegenstände legen sie vor dem Kind in der Krippe nieder. Jesus Christus soll der Herr sein über alles, was sie erfinden, produzieren und schaffen. Zu diesen Jesus wollen sie gehen. In seinen Dienst wollen sie ihre Gaben und ihr Können stellen. So wird ein neues Licht von Krippe und Kreuz her auf ihr Lehen und ihre Arbeit fallen. Auch bei uns gehören Wissenschaftler, Arbeiter und Künstler zur Kirche und gehen zum Beispiel an Heiligabend zur Christvesper. Kennt ihr vielleicht jemand aus unserem Ort? (auch Lehrer).

Schon in der Bibel wird erzählt, daß Wissenschaftler an Jesus glauben und zur Krippe kommen. Nicht nur die armen und verachteten Hirten erfahren etwas von Jesus, sondern auch berühmte Männer in einem fernen Land. Sie sind Leute, die sich am Himmel auskennen. Sie beobachten genau den Lauf der Gestirne, besonders der Planeten. Sie meinen aber auch: Die Sterne künden schon vorher an, was in der Zukunft geschehen wird. Aber sie machten sich auch Gedanken darüber, weshalb man überhaupt lebt und weshalb die Menschen wieder sterben müssen. Ja, wenn man wenigstens mit gutem Gewissen sterben könnte! Aber welcher Mensch hat in seinem Leben nicht Böses getan?

Die Wissenschaftler in dem fernen Land haben aber von einem König gehört, auf dessen Geburt die Juden warten. Dieser König soll alles wieder gut machen können. Er soll frei machen vor aller Angst und Schuld. Wenn er geboren wird, soll man das am Himmel an der Stellung der Sterne sehen können.

Deswegen beobachten sie jeden Tag den Himmel, ob es nicht bald soweit ist. Weil sie wirklich frei werden wollen von Angst und Schuld, lassen sie sich auch viel Zeit und Kraft kosten. Man wird ihre Mühe endlich belohnt werden?

Die fremden Gelehrten aber können es gar nicht erwarten, bis sie eine Antwort von Herodes bekommen. Sie erwarten, daß er sie alle gleich in ein prächtiges Zimmer führen wird, um ihnen den neugeborenen König zu zeigen. Doch Herodes läßt sie in ein kleines Zimmerchen rufen, wo er ganz allein mit ihren sprechen will.

Er redet ganz freundlich zu ihnen: „Erzählt mir doch einmal genau, wie das mit dem Stern war! Wann habt ihr ihn zuerst gesehen?“ Sie erzählen es ihm genau, und er denkt natürlich: „Aha, das wird der Geburtstag des Kindes sein!“ Nun weiß er Bescheid.

Den Gelehrten aber sagt er: „In Bethlehem ist das Kind geboren worden. Geht nur hin und fragt nach, in welchem Haus das ist. Und wenn ihr es gefunden bat, dann kommt wieder zu mir zurück. Ich will dann auch hingehen und Geschenke bringen und es anbeten!“ Doch das war alles gelogen, was Herodes sagte. Er hat das Kind gar nicht lieb, sondern will es umbringen lassen.

Die gelehrten Männer wundern sich, daß das Kind nicht in Jerusalem geboren ist. Aber sie denken: „In Bethlehem wird wohl noch ein Königsschloß stehen!“ Und als sie sich noch am Abend nach Bethlehem aufmachen, sehen sie auch wieder den Stern über sich am Himmel stehen. So wird es wohl doch stimmen, daß der neugeborene König in Bethlehem zu finden ist.

Doch als sie in Bethlehem ankommen, scheint der Stern über einem Haus stehen zu bleiben, das gar nicht wie Schloß aussieht. Dort steht nur ein armseliger kleiner Stall. Einem jungen König in Glanz und Reichtum wollten sie huldigen. Aber jetzt stoßen sie sich auch nicht an dem armseligen Äußeren. Sie gehen in die Hütte hinein und finden auch tatsächlich ein kleines Kind in der Krippe liegen. Maria und Joseph stehen daneben und freuen sich über das Kind.

Sie fallen vor dem Kind auf die Knie und beten froh und dankbar. Sie wissen: Das wird einmal ein anderer König werden als der gewalttätige Herodes. Er wird nicht in einem goldenen Schloß wohnen und keine funkelnde Krone aufhaben. Aber er wird die Leute 1iebhaben, auch die Armen und Kranken. Und sie, fremde Männer aus einem fernen Land, dürfen auch zu Gott gehören, der sie zu seinem Sohn geschickt hat.

Voller Dankbarkeit breiten sie ihre kostbaren Geschenke vor dem Kind in der ärmlichen Hütte aus: Gold, Weihrauch und Myrrhe. Und am nächsten Tag verließen sie froh die Stadt Bethlehem. Die gelehrten Männer in Jerusalem wußten nicht, was ganz in ihrer Nähe geschehen war. Die Fremden aber durften wieder in ihre Heimat mit der frohen Gewißheit: „Uns ist heute der Heiland geboren!“

Herodes aber wartet vergeblich in seinem Palast auf die Gelehrten aus dem Morgenland. Gott 1äßt nicht zu, daß sein Kind umgebracht wird. In der Nacht hat er den Sterndeutern nämlich im Traum gesagt: „Geht nicht wieder nach Jerusalem. Herodes will das Jesuskind töten!“ Da gehen sie auf einem anderen Weg zurück nach Hause.

 

Antwortgespräch:

Wir stellen in einem Tafelbild zusammen, welche Menschen an die Krippe kommen und welche nicht; In der Mitte Krippe und Kreuz. Es kommen: Hirten, Künstler, Wissenschaftler, Bauern, Arbeiter. Nicht kommen: Könige (Herodes, Mächtige (Hohepriester), Hochmütige (Schriftgelehrte).

Wo gehören wir denn hin? An die Krippe! Wir sind getauft und. gehören seitdem zu Christus. Er wartet auch auf unsere Anbetung. Er will und doch auf den richtigen Weg führen, sowie er das bei den Gelehrten aus dem Morgenland tat.

Wir sollten nicht meinen: „Ach Jesus, den brauchen wir doch nicht!“ Wir brauchen ihn schon, nicht nur wenn es uns schlecht geht, sondern auch in guten Zeiten kommt es darauf an, bei Jesus zu bleiben.

Auf vielen Bildern sind Könige an der Krippe dargestellt. In der Bibel steht nichts davon, daß es Könige waren und daß es drei waren. Das hat man nur vermutet, weil sie drei kostbare („königliche“) Geschenke bringen.

An sich ist aber von gelehrten Männern die Rede. Aber natürlich können auch Könige zur Krippe kommen, wenn sie nur wollen.

Alle dürfen einen Höheren über sich anerkennen und dann ihre Macht nur noch zum Wohle anderer Menschen gebrauchen. Wer Macht hat, der steht immer in der Gefahr, sie zur Unterdrückung anderer Menschen zu mißbrauchen. Das ist schon bei Kindern so. Wenn wir aber Jesus über uns anerkennen, dann tun wir niemand etwas zuleide.

 

Erzählung: Flucht nach Ägypten (Mt 2,13-15):

Die Nachricht der Weisen hatte Maria und Josef in Angst versetzt: Was würden sie schon gegen eine, mächtigen König ausrichten können? Er würde sicher seine Knie nicht vor dem Gottessohn beugen‚ sondern im Gegenteil ihm nach dem Leben trachten.

In der Tat erscheint dem Joseph ein Engel im Traum. Er spricht: "Steh auf, nimm das Kind und seine Mutter und fliehe nach Ägypten. Bleibe dort, bis ich es dir sagen werde. Denn Herodes will das Kind umbringen!"

Plötzlich ist Joseph hell wach. Hastig weckt er Maria auf. Es geht nun alles in Eile. Schnell wurde das Nötigste zusammengepackt. Dann geht es los. Es ist eine weite und gefährliche Reise bis nach Ägypten: Da gibt es Räuber, da ist die Wüste, vielleicht wird man hungern müssen. Aber Maria und Joseph vertrauen auf Gottes Wort und gehen unter Gottes Schutz.

Herodes wartet noch immer auf die Weisen. Sollten sie etwa dem Befehl eines Königs nicht folgen? Langsam wird er unruhig. Es darf keinen König außer mir geben! Er wartet noch einen Tag. Aber die Weisen kommen nicht. Herodes hat große Angst um seinen Thron. Er betrachtet alle Menschen als Feinde. Alle sollten sie vor ihm zittern. und ihm gehorchen.

Die Weisen aber befolgen nur den Rat Gottes, sie gehen einen anderen Weg, nicht über Jerusalem. Da ersinnt Herodes einen teuflischen Plan: Er schickt seine Soldaten nach Bethlehem, damit sie dort alle Jungen unter zwei Jahren umbringen. Sicher wird darunter auch der neue König sein, denkt Herodes.

Großes Leid kommt über die Eltern. Aber danach fragt der König nicht. Auch von Gott will er nichts wissen. Er will nur sein Ziel erreichen: Kein neuer König, er will allein König bleiben. Gott aber hat seinen Plan längst durchkreuzt. Jesus ist nicht mehr in Bethlehem.

Noch vier Jahre hatte Herodes zu leben. Dann starb er an einer qualvollen Krankheit. Da erschien den Joseph wieder im Traum ein Engel und sprach: „Nimm die Mutter und das Kind und mache dich auf und ziehe wieder in das Land Israel. Der Herodes, der dem Kind nach dem Leben trachtete, ist gestorben. Da nimmt Joseph Frau und Kind und zieht mit ihnen in das Land Israel in seine Heimatstadt Nazareth, wo Jesus aufwächst.

 

Bildbetrachtung: Flucht nach Ägypten(Karl Kaufmann, Handreichung zur Unterweisung im NT, Nr. 3).:

Kaum ist das Licht in der Welt da, das die Herzen der Menschen erwärmen kann, da erhebt sich schon die Finsternis dagegen. Unbarmherzig plant Herodes der Mord an dem Jesuskind. Seine Hand greift nach dem Kind, um es zu vernichten. Sie ist wie der Rachen eines Ungeheuers, ein Werkzeug satanischer Macht.

Aber diese Hand reicht nicht weit, sie reicht nicht bis zum Jesuskind. In dem hellen Lieht ist eine andere Hand zu sehen, die sich schirmend und bewahrend auf das Kind und seine Eitern herabneigt.

Die Familie schreitet aus dem Bereich der Finsternis und des Todes heraus. Keine Macht kann das Licht auslöschen‚ das Gott selber angezündet hat. Der Lichtkegel symbolisiert die Hilfe Gottes.

Auch Maria birgt das Kind in den Armen, Joseph ist der schützende Begleiter. So kann die Klaue des Herodes das Handeln Gottes nicht hindern. Sie kann nur eins: unschuldige Kinder umbringen! Stellvertretend sehen wir zwei weinende Mütter an den Gräbern ihrer Kinder. Doch Gott ist an ihrem Leid nicht schuld, sondern hier haben sich Menschen gegen den Plan Gottes erhoben. Gott will, da allen geholfen wird. Wenn Menschen dagegen handeln, ist es ihre Schuld.

Letztlich aber durchkreuzt Gott immer den Plan der Menschen. Nicht was Herodes will geschieht, sondern was Gott will. Er ist sogar noch zum Handlanger Gottes geworden, denn Gott wollte ja, daß der Heiland aus Ägypten geholt wird, so wie er einst das Volk Israel von dort zurückgeholt hatte. Auch uns will Gott führen und leiten. Er hat uns dazu Vater und Mutter und manch anderen Menschen gegeben, die für das Kind sorgen und auch für uns.

 

C. Wir erzählen von Menschen in einem anderen Land (Ps 102,1+2):

An Weihnachten haben wir gehört, daß Jesus für alle Menschen geboren wurde: Hirten aus der Nähe und Weise aus der Ferne finden ihn (nur Herodes will nicht zu ihm gehören). Jesus ist nicht nur für die Menschen in Palästina gekommen, sondern alle Menschen in der ganzen Welt sollen zu ihm gehören.

Was wißt ihr von Menschen in anderen Ländern? Habt ihr schon einmal einen Menschen mit einer dunklen Hautfarbe gesehen? Beim Internationalen Kindertag wird vom Leben der Kinder in anderen Ländern und Erdteilen erzählt. Durch das Fernsehen hören und sehen wir von Kindern ferner Länder, manchmal kann man auch bei uns solche Menschen sehen.

Aus Bilderbüchern erfahren wir etwas über ferne Länder und Menschen. Viele wissen auch durch das Briefmarkensammeln von fernen Ländern (wir können auch selber Briefmarken sammeln und sie an die Leipziger Mission oder nach Bethel schicken).

Wir zeigen Fotografien von Menschen verschiedenen Aussehens und in verschiedenen Situationen, auf denen aber sichtbar wird, daß sie Christen sind: in oder vor einer Kirche, bei einer Predigt oder bei einem Gebet, bei einer Taufe usw.

Überall gibt es Menschen, die zu Jesus gehören. Sie können ganz verschieden sein und in ganz verschiedenen Ländern wohnen.

Sie haben eine schwarze, braune, gelbe, rote oder weiße Hautfarbe. Sie sprechen ganz unterschiedliche Sprachen. Aber eines haben sie doch gemeinsam: Sie glauben alle an Jesus. Sie wissen: Jesus ist auch für uns gekommen. Wir dürfen alle zu ihm gehören. Gott hat uns alle lieb. Darüber sind sie froh.

Das Erkennungszeichen der Christen in aller Welt ist das Kreuz. Flanellbild: Erdkugel mit Menschen verschiedener Farbe , darüber das Kreuz. Ihnen allen gilt die Aufforderung der Bibel in Ps 100,Vers 1: „Jauchzet dem Herrn alle Welt, dienet dem Herrn mit Freuden!“

Sie hören Gottes Wort, sie beten zu ihm, sie singen Lieder - so wie wir. Sie versuchen auch, das weiterzusagen, was sie von Gott und Jesus wissen. Wir sind mit für sie verantwortlich, und sie wissen auch von uns. Manche von ihnen haben schon unsere Gemeinde besucht. Sie helfen uns, und wir sollten ihnen helfen, wo wir nur können.

 

Es gibt ein Gebet, das kennen Christen in der ganzer Welt, wenn auch in verschiedenen Sprachen: das Vaterunser. Alle Christen dürfen Gott „Vater“ nennen. Das verbindet uns besonders mit den Menschen in anderen Ländern. Zusammen mit uns loben sie den Herrn aller Menschen.

Wir beten; „Lieber Herr, zeige uns immer wieder neu, was wir tun können, damit andere fröhlich werden!“ und schließen das Vaterunser an.

 

D. Wir hören: Es gibt Menschen, die Jesus Christus folgen:

Fischzug des Petrus (Mk 1,16-20):

 

Erzählung :

Eines Tages merkte Jesus: Jetzt ist die Zeit gekommen, daß du mit deinem eigentlichen Auftrag begingen sollst. Gott will doch, daß du zu den Menschen sprichst und ihnen den Willen Gottes klar machst. Doch Jesus beginnt seine Tätigkeit nicht in Jerusalem und im Tempel. Dort sind die Priester und Schriftgelehrten seines Volkes, denen nur die Gesetze wichtig sind, und zwar nicht nur die aus der Bibel, sondern vor allem auch die selbstgemachten Vorschriften.

Jesus aber hat den Menschen etwas anderes zu bringen. Deshalb geht er nach Galiläa, in seine Heimat. Dort leben viele Menschen, die von den frommen Leuten in Jerusalem als ungläubig angesehen werden. So ganz unrecht haben sie damit nicht. In Galiläa gibt es tatsächlich viele Menschen, die sich vorkommen, als säßen sie in der Finsternis. Sie fühlen sich verachtet und bedroht wie Schafe, die keinen Hirten haben.

Aber gerade ihnen wendet sich Jesus zu. Durch ihn kommt Gott zu den Menschen und bringt gerade denen Hilfe, die sie besonders nötig haben. Auf sie bezieht sich das Wort des Propheten Jesaja: „Das Volk, das im Finstern wandelt, sieht ein großes Licht!“ Jesus beginnt zu predigen. Er hat eine gute Botschaft, die die Menschen froh machen soll. Er kündigt einen neuen Abschnitt in der Geschichte der Welt an. Jetzt geht die Weltgeschichte auf ein Ziel zu, das heißt: „Herrschaft Gottes über die ganze Welt!“

Diesem Ziel will Jesus dienen. Er sagt: „Die Zeit ist erfüllt!“ Sie ist wie ein Gefäß, das bis zum Rand gefüllt ist mit der Schuld der Menschen. Nun aber beginnt die Zeit des Heils und der Vergebung. Gott wird beginnen, sein Reich in der Welt aufzurichten. Deshalb ändert euren Sinn und tut Buße und vollzieht eine völlige Hinwendung zu Gott! Gerade weil Gott jetzt zu euch kommt, solltet ihr von selber wissen, was noch anders werden muß. Vor allem aber glaubet an das Evangelium, glaubt durch das Evangelium an Gott!“

Doch Jesus redet nicht nur, sondern er schreitet auch gleich zur Tat. Als Erstes braucht er Mitarbeiter und Helfer. Als Jesus am Westufer des Sees Genezareth entlang geht, sieht er dort zwei Brüder, die Fischer sind und gerade ihre Netze auswerfen. Sie sind ins Wasser gewatet und werfen von dort aus ihre kreisrunden Netze in das flache Wasser. Wie im Vorübergehen spricht Jesus sie an und sagt kurz und knapp: „Auf, mir nach! Ich werde machen, daß ihr Menschenfischer werdet!“ Die beiden Brüder merken sofort: So kann nur einer reden‚ der von Gott kommt, in diesem Mann handelt Gott an der Menschen.

Sie lassen ihre Netze liegen und folgen Jesus. Dadurch werden sie aus ihrem vertrauten Beruf herausgenommen. Sie sollen eine fremde Aufgabe übernehmen, für die sie nicht ausgebildet worden sind.

 

 

Der Vergleich mit den Menschenfischern hatte auch keinen guten Klang: So sprach man, wenn man das Gericht Gottes über seine Feinde meinte. Man dachte an ein Einfangen der Menschen mit List und Tücke. Aber weil Jesus ihnen den Auftrag gegeben hat und sie dabei nicht allein lassen will, gehen sie mit. Sie waren nicht darauf vorbereitet gewesen, sie hatten niemals gedacht, daß so etwas möglich sein könnte. Aber als Jesus sie rief‚ da hat er sie auch berufen zu ihrer neuen Aufgabe. Nun wollen sie auch gehorchen. Sie haben gehört, nun wollen sie auch zu Jesus gehören.

 

E. Wir hören: Es gibt Menschen, die zu Feinden Jesu werden (Lk 15,2):

Die Schriftgelehrten ärgern sich‚ daß Jesus auch Verachtete ruft (Mk 2,13-17.

Seine Feinde beschließen, Jesus zu töten: Mk 3,6

 

Wir sehen Jesus vorwiegend in der Gestalt eines ans Kreuz genagelten Toten, vor allem in der Kirche. Jesus ist also von den Menschen umgebracht worden und wurde ans Kreuz genagelt. Wir können das vielleicht nicht so recht verstehen, weil er doch alle Menschen zu sich ruft und ihnen helfen will. Aber nicht alle wollen seinem Ruf folgen. Nicht alle wollen zum Beispiel zum Religionsunterricht kommen. Was wir tun, das tun nicht alle.

Schon in der Weihnachtsgeschichte haben wir gehört, daß der König Herodes und die gelehrten Männern in Jerusalem nichts von Jesus wissen wollten. Aber viel wichtiger sind doch die vielen Menschen, die zu Jesus gehören wollen und die sich freuen, daß er nun endlich gekommen ist: Maria und Joseph, die Hirten, die Weisen. Von einigen anderen werden wir später noch hören.

Die Armseligkeit der Geburt Jesu hat die Größe des Geschehens und die Freude nicht beeinträchtigt oder gar überschattet. Wenn sich auch nur wenige freuen, so ist das doch etwas Schönes, an Jesus glauben zu dürfen und von ihm hören zu können, das ist eine Auszeichnung, für die man nicht genug dankbar sein kann.

Vor allem kümmert sich Jesus auch um die Menschen, die von der anderen verachtet werden; ja er stellt sie sogar in seinen Dienst und macht sie zu seiner Jüngern. Fischer wurden damals von den anderen Leuten verachtet. Und Zöllner wie der Zöllner Levi gar wurden von den Leuten gehaßt. Aber Jesus ruft sie aus ihrem gelernten Beruf heraus, sie folgen ihm und dürfen ihm helfen. Er setzt sich mit ihnen an einen Tisch, ißt und trinkt mit ihnen und ist fröhlich mit ihnen.

Gerade deswegen aber werden andere Menschen zu seinen Feinden. Es sind die gelehrten Männer des jüdischen Volkes, die in den heiligen Schriften doch so gut Bescheid zu wissen meinen. Sie denken: In den Schriften steht doch geschrieben, wie der Retter Gottes sein muß. Er muß doch die Bösen bestrafen und nur mit den Guten zusammenarbeiten.

Wenn sich aber dieser Jesus mit den Sündern an einen Tisch setzt, dann kann er nicht Gottes Sohn sein! So lesen wir etwa in der Bibel: „Die frommer Leute und die Schriftgelehrten murrten und sprachen: Dieser nimmt die Sünder an und ißt mit ihnen!“ (Lk 15,2). Sie sprachen zu seinen Jüngern: „Warum ißt und trinkt er mit dem Zöllnern und Sündern?“ Jesus aber antwortet: „Ich bin gekommen, die Sünder zum Umkehr zu rufen!“ (Mk 2,16 b + 17 b).

Deswegen aber sagen die anderen: „Ein solcher Mensch kann nicht unser Freund sein. Wir wollen nichts von ihm wissen. Er ist unser Feind!“ Sie sind schließlich so böse auf Jesus, daß sie sogar zum König gehen und mit ihm zusammen überlegen, wie sie Jesus töten können (Mk 3,6).

 

 

Ährenausraufen am Sabbat (Mt 12,1-8):

Einstieg:

Was tut ihr alles so am Sonntag? (Schlafen, lesen, spazierengehen, fernsehen, Gottesdienst). Was ist denn das Schöne am Sonntag? (Es ist alles andere als am Werktag, zum Beispiel keine Schule). Wir freuen uns, daß es einen Sonntag gibt, er ist ein Geschenk.

Seit wann gibt es denn den Sonntag? Seit Jesus (Auferstehungstag!). Die Juden hatten einen anderen Feiertag, den Sabbat, der unserem Samstag entspricht; bis heute feiern die Juden am Samstag.

Gott hatte dem Volk Israel den Sabbat als ein Zeichen seines Bundes mit diesem Volk geschenkt. Er wollte ihnen damit sagen: „In diese Welt ist zwar das Böse hineingebrochen, aber einmal wird er sie wieder heil und schön werden; der Feiertag ist schon eine Vorabbildung dieses zukünftigen Zustandes!“

Um den Sabbat aber nun vor Entheiligung zu schützen, hat man viele Einzelvorschriften aufgestellt, die man peinlich genau einhalten mußte. So waren zum Beispiel ausdrücklich verboten das Säen, Ackern, Ernten, Dreschen, Schlachten, Schreiben, Reiten, Schwimmen, Tanzen, Gerichthalten. Man durfte nur 1 000 Schritte gehen und man durfte kein Feuer anzünden, um zu kochen.

Der Sabbat wurde schließlich zu einer schweren, unerträglichen Last. Man hoffte, durch das Einhalten der Einzelvorschriften zur Ruhe Gottes zu kommen, zur Vollkommenheit. Durch die eigene Leistung wollte man vor Gott Verdienste erwerben. Der Sabbat war nicht mehr Gottes gute Gabe, sondern ein hartes Gesetz. Der Feiertag war kein Tag der Freude mehr. Das Geschenk Gottes war zu einer Belastung für den Menschen geworden.

Was ist schöner, wenn wir uns vom eigenen Geld etwas kaufen können oder wenn wir darauf angewiesen sind, uns alles schenken zu lassen? (Wahrscheinlich kommt die Antwort: alles selber kaufen können). - Zielangabe: Wir wollen heute hören, wie Jesus über ein besonderes Geschenk, über den Feiertag, den Sabbat, denkt.

 

Erzählung:

An einem heißen Sommertag geht Jesus mit seinen Jüngern über Land. Links und rechts vom Wege stehen hohe Getreidefelder. Die Saat ist reif zur Ernte und die schweren Halme wiegen sich im leichten Wind. Die Jünger haben Hunger, denn sie sind schon lange unterwegs. Im Vorbeigehen reißen sie einige Ähren aus, reiben sie zwischen den Handflächen, damit die Körner herausgehen und essen die Körner. Jesus sagt nichts dazu. Denn wenn man schlimmen Hunger hat, ist das ja nach dem jüdischen Gesetz erlaubt.

Doch da kommen ihnen einige Männer entgegen. Pharisäer sind es, wie man gleich an den Abzeichen an ihrer Kleidung erkennt. Diese Leute haben Jesus immer schon Schwierigkeiten gemacht. Wo er hinkommt, versuchen sie gegen ihn zu arbeiten. Ob sie wohl diesmal auch wieder etwas auszusetzen haben?

Richtig, sie bleiben stehen und halten Jesus an: „Guck mal, deine Jünger tun etwas, was man am Sabbat nicht tun darf!“ Das Ährenausraufen ist zwar am Werktag erlaubt, aber nicht am Sabbat, denn es ist Arbeit. Hunger hat man allerdings am Sonntag wie am Werktag, der Hunger kümmert sich nicht um den Feiertag.

Jesus antwortet mit einer Geschichte: Als David noch nicht König war, sondern vor dem König Saul fliehen mußte, da hatten er und seine Soldaten auch großen Hunger und nichts zu essen. Da geht er in die nächste Stadt in den Tempel und fragt den Priester, ob er nicht ein Brot für ihn habe. Der Priester sagt: „Ich habe kein Brot da. Hier sind nur die Brote, die für den Tempel und für Gott gespendet wurden!“

Es sind heilige Brote, für Gott bestimmt. Aber David ist doch der Gesalbte Gottes, der zukünftige König. Soll er etwa hier vor Hunger um kommen? Das kann doch nicht Gottes Wille sein. Und so gibt ihm der Priester die Brote zu essen, damit er und seine Leute durchkommen. Es geht um den Menschen und nicht darum, daß eine Gesetzesvorschrift engherzig ausgelegt und befolgt wird.

Aber Jesus weiß noch ein anderes Beispiel. Er sagt: „Was tun denn die Priester im Tempel? Die arbeiten doch auch am Sabbat und sind doch ohne Schuld!“ Daran haben die Pharisäer nicht gedacht. Ihnen war nur ihr Gesetz wichtig und nicht Gottes Wille.

Jesus aber sagt ihnen: „Der hier vor euch steht, der ist noch größer und wichtiger als der Tempel. Euch geht es nur um euer Gesetz und um den Tempel. Ich aber frage nach dem, was Gott gemeint hat. Ihr hättet meine unschuldigen Jünger nicht verdammt, wenn ihr wirklich begriffen hättet, was im Alten Testament beim Propheten Hosea (6,6) steht: „Ich habe Wohlgefallen an der Barmherzigkeit und nicht am Opfer!“ Es genügt nicht, immer nur im Tempel die Gottesdienste zu halten. Man darf darüber auch nicht den Mitmenschen und seine Not vergessen!“

Der Tempel konnte den Menschen viel geben. Aber Jesus gibt uns allen viel mehr. Die Pharisäer aber wollen nichts geschenkt haben, sie wollen sich alles selbst verdienen. „Wie soll denn Gott etwas ändern in der Welt, wenn wir es nicht verdienen und selber etwas dazu beitragen?“ denken die Pharisäer. Aber Jesus sagt ihnen: „Wer sich nichts schenken lassen will, der wird eines Tages ganz herzlos. Jesus aber will es uns schenken, daß wir zur Ruhe kommen können.

An einigen Zeichnungen machen wir uns das Gehörte noch einmal deutlich:

   Die Pharisäer halten Jesus das Gesetz vor

   Jesus verweist auf das Beispiel des Königs David

Jesus‚ der Weltenrichter, fragt nicht nach kleinen Sabbatvorschriften, sondern ob wir ihn als den Herrn anerkennen

  

Antwortgespräch:

Gott hat uns im dritten Gebot gesagt: „Du sollst den Feiertag heiligen“. Er will uns damit helfen, daß wir auch einmal zur Ruhe kommen und uns nicht immer abhetzen müssen. Luther sagt dazu in seiner Erklärung: „Wir sollen Gott fürchten und lieben, daß wir die Predigt und sein Wort nicht verachten, sondern dieselben heilig halten, gerne hören und lernen!“ Luther spricht hier nicht ausdrücklich von der Feiertagsruhe bzw. dem Verbot der Arbeit. Aber das war ihm zu seiner Zeit selbstverständlich. Er sagt nur darüber hinaus: Die Ruhe ist uns dazu geschenkt, daß wir auf Gottes Wort hören.

Wir leben heute in einer Zeit, die durch ständig gesteigerte Arbeit zum Sinn des Lebens finden will. Kinder lernen im Religionsunterricht das dritte Gebot. Aber sie sehen nur zu oft, daß die Eltern oder andere Erwachsene sich nicht darum kümmern: die Mutter hängt, weil sie gutes Trockenwetter hast, die Wäsche auf, während es zum Gottesdienst läutet. Sie hat nicht nur keine Zeit, sondern auch oft keine Lust, die Predigt zu hören. Viele Erwachsene rechnen mit Gott nicht ernsthaft, auch wenn sie nicht darüber spotten.

Viele sind gleichgültig und handeln nur nach dem natürlich vernünftigen Denken. Das drückt sich etwa in dem Wort aus, das man immer wieder hören kann: „Wir können nicht zum Gottesdienst, wir müssen arbeiten. Denn von Nichts raucht kein Schornstein!“ Andere allerdings sagen wieder: „Früher hat sich jeder an den Sonntag gehalten und es wurden auch alle fertig bzw. sogar noch besser fertig!“

 

Wer natürlich an nichts glaubt, der muß sich pausenlos abrackern, bis er zusammenbricht. Um dieser Not der Menschen willen sind wir in der Frage der Sonntagsheiligung zu einem anderen Wort gerufen als die Reformatoren wie Martin Luther. Wir haben den Sonntag als eine gute Gabe Gottes hinzustellen. Mancher Vater und manche Mutter greift aber nicht danach, wenn das Vertrauen zu Gott fehlt.

Jesus aber hält sich nicht bei der Frage auf: „Darf man am Sabbat das und das tun?“ sondern er ruft zum Vertrauen zu dem Herrn des Sabbats. Weil e r der Herr des Sabbats, feiern wir nicht mehr den Samstag, sondern den Tag seiner Auferstehung, den Sonntag. Aber wir feiern den Sonntag nur richtig, wenn wir uns an diesem Tag durch Jesus zu Gott und droh Gottes Wort zu Jesus führen lassen.

Das Leben wird nicht schöner durch die Pharisäer, die sich nichts schenken lassen wollen. Gott w i 1 uns doch etwas schenken und lädt uns zu seiner Gnade ein. Mit drei Sätzen können wir das Geschenk des Sonntags umschreiben:

1.) Gottes väterliche Fürsorge macht es möglich, am Sonntag auszuruhen.

2.) Gott will, daß wir an diesem Tag auf sein Wort hören und danach handeln.

3.) In Jesus haben wir das, was sonst nur Gott hat: Ruhe und Frieden, der höher ist als alle Vernunft.

 

 

Die Heilung am Sabbat (Mt 12, 9-14):

Einstieg:

Ich zeichne eine Ohrmuschel an die Tafel. Mit einem Lappen wische Ich das halbe Ohr weg. Wer hat schon einmal etwas von einem halben gehört? Wir sagen doch: „Er hört nur mit halbem Ohr hin!“ Wir wollen nun einen Satz lernen, in dem vom Hören mit ganzem Ohr die Rede ist: Drittes Gebot mit Erklärung! Es gibt Menschen, die hören nur mit halbem Ohr hin, wenn Gott redet. Und es gibt Menachem, die hören dabei mit ganzem Ohr hin.

Zielangabe: Wir wollen bei der nun folgenden Geschichte darauf achten, wer hier mit ganzem und wer mit halbem Ohr hinhört!

 

Erzählung:

An einem Sabbat geht Jesus mit seinen Jüngern wie so oft in eine Synagoge, das jüdische Gotteshaus. Unter den Leuten sitzt auch ein Mann mit einer verdorrten Hand: Sie war gelähmt und die Muskeln wurden immer schwacher und nahmen ab.

Es waren viele Menschen in der Synagoge. Unter ihnen auch wieder einige von den Pharisäern, die Jesus schon von früher her kannten. Sie wußten, daß er Kranke heilen konnte. Sie hatten auch schon oft seiner Predigt zugehört. Aber sie waren nie froh von diesem Jesus weggegangen. Sie wollten es nicht glauben, daß er der Sohn Gottes ist. Im Gegenteil: Sie ärgerten sich darüber, daß das Volk diesem Jesus nachrief und ihm zuhörte. Deshalb wollen sie ihm heute eine Falle stellen: Sie wollen ihn fragen, und wenn er nicht entsprechend dem Gesetz der Juden antwortet, wird er vor den Menschen bloßgestellt sein und muß sogar angeklagt werden.

Sie zeigen auf den Mann mit der verdorrten Hand und fragen Jesus: „Sag mal: Ist es recht, am Sabbat zu heilen?“ Alle schauen sie gespannt auf Jesus. Was wird er sagen, was wird er tun? Jesus hat Mitleid mit dem Mann, der nicht mehr arbeiten kann und auf die Hilfe und die Spenden anderer Menschen angewiesen ist. Aber er will auch den Pharisäern helfen. Deshalb fragt er sie nun: „Wenn euch ein Schaf am Sabbat in eine Grube fällt, wer ist da unter euch, der es nicht aufhebt und wieder aus der Grube herausholt? Wieviel besser ist aber nun ein Mensch als ein Schaf! Deshalb darf man schon am Sabbat Gutes tun!“

Jesus wußte genau: Jeder Pharisäer würde sein Schaf retten, denn es stellte ja einen Wert dar, den niemand verlieren wollte. Ein Tier würde man also vor Schaden bewahren. Aber für den Menschen hat man ein Gesetz gemacht, daß eine Hilfe am Sabbat als Arbeit bezeichnet und deshalb verboten ist. Jesus aber will sagen: „Wenn einer am Sabbat Gutes tut, dann ist das jedenfalls besser, als wenn er Böses tut!“ Das machen die Pharisäer, die Jesus in eine Falle locken wollen. Sie benutzen einen Kranken, um ein böses Ziel zu erreichen! Jesus aber will ihm helfen. Jesu Feinde sind gekommen, um Böses zu tun! Er aber ist gekommen, um Gutes zu tun!

Jesus wendet sich von den Pharisäern ab und schaut den Menschen mit der kranken Hand an. Er spricht zu ihm: „Strecke deine Hand aus!“ Plötzlich kann es der Mann wieder: Er streckt seine Hand aus, die Muskeln gehorchen ihm wieder und er ist gesund. Er kann wieder beide Hände benutzen. Jesus hat am Sabbat Gutes getan. Er hat den Sinn des Sabbats erfüllt, als er die Hand mit neuem Leben erfüllte. Denn am Sabbat dachte der fromme Jude daran, daß Gott die Welt wieder einmal heil und gesund machen würde.

Nicht Jesus entheiligt den Sabbat, sondern die fanatischen Pharisäer, die am Sabbat Böses tun. Sie gehen aber noch befriedigt hinaus. Für sie hatte Jesus den Sabbat gebrochen und die Todesstrafe verdient. Ja, er hatte ja noch sogar einen anderen Menschen dazu verführt, den Sabbat zu brechen. Deshalb beraten sie nun, wie sie Jesus ins Verderben stürzen können.

Dabei hatten sie sehr genau begriffen, was Jesus meinte. Aber sie wollten ihr Leben nicht ändern. Ihnen war ihr Gesetz lieber als Gott. Sie hatten ein hartes Herz. Aber Gott hat den Menschen lieb und kümmert sich nicht um menschliche Gesetze. In seinem Auftrag redet Jesus nicht nur von der Liebe, sondern zeigt sie am praktischen Beispiel, indem er diesem kranken Menschen heilt.

 

Antwortgespräch:

Die Pharisäer verachten Gottes Wort. Aber der Kranke hört gern auf Jesus und tut, was er ihm sagt. Er erfährt, wie es hilft, wenn wir auf Gottes Wort hören. Er macht darum auch ein fröhliches Gesicht, als er weggeht. Die Pharisäer aber blicken finster, als sie gehen. Der Mann wurde fröhlich, weil er nicht halb, sondern ganz hingehört hat. Wer heute keine Zeit mehr hat, auf Gottes Wort zu hören, der wird auch nicht froh werden.

Jesus will den Sabbat nicht madig machen. Aber er darf nicht höher stehen als Gottes Wille. Uns heute würde er vielleicht sagen: „Ihr stellt die Arbeit höher als alles andere!“ Jesus sieht schon unsere Arbeit. Aber er sagt uns auch: „Gutes sollt ihr an so einem Tag tun (Gottesdienst besuchen, anderen Menschen helfen; Beispiele!).

 

Der Philosoph Feuerbach hat in Heidelberg seine Studenten aufgefordert, aus Gottesfreunden zu Menschenfreunden zu werden. Er hat bewußt auf die Gottesliebe zugunsten der Menschenliebe verzichtet. Doch eine Bruderliebe ohne Gottesliebe gibt es auf die Dauer nicht. Gott fordert Gottesliebe u n d Bruderliebe. Die Juden waren scheinbar fromm, aber ihnen fehlte die Bruderliebe. Feuerbach lehnte die Gottesliebe ab und warf dabei auch die Bruderliebe über Bord. Bis heute ist das zum Teil so geblieben. Zwar leben wir scheinbar in einer humanen Welt; aber es fehlt die Gottesliebe, und deshalb werden die Menschen auch oft so lieblos behandelt.

 

F. Jesus setzt sich für seine Feinde ein (Lk 22,2-6.39.47-51.54a):

Wir wissen: Jesus Christus ist unser guter Hirte (Joh 10,11-12). Wir betrachten die Schautafeln vor Hans-Georg Anniès (schon vorher verwendet) und singen dazu das Lied von Heinrich Vogel: „Wir haben einen Hirten“.

Wir lernen daraus: Jesus setzt sein Leben für uns ein! Wenn auch viele Menschen zu Feinden Jesu werden, so möchte er doch, daß seinen Feinden nichts Böses geschieht. Das sehen wir zum Beispiel, als sie ihn gefangennehmen.

 

Erzählung:

Jesu Feinde überlegten ständig, wie sie ihn umbringen könnten, ohne daß es groß auffiel. Bei jeder Beratung fragten sie wieder: „Wie könnten wir es nur machen? Die Leute laufen diesem Jesus nach, wir kommen gar nicht an ihn ran, ohne daß es jemand merkt!“ Sie wollen ihn in ihre Gewalt bekommen‚ aber niemand soll es merken, es muß alles ganz heimlich geschehen.

Da kommt ihnen der Zufall zu Hilfe. Eines Tages erscheint einer der Jünger Jesu bei ihnen. Es ist Judas, der mit seinem Herrn nicht mehr zufrieden ist: Hatte er ihnen nicht versprochen, die fremden Soldaten bald aus dem Land zu treiben? Deswegen war Judas ihm gefolgt. Aber nichts geschah.

Jesus hatte es ja auch nicht versprochen, Judas bildete sich das nur ein. Aber nun hat er sich überlegt: „Wenn ich zu seinen Feinden gehe und ihnen helfen, Jesu gefangenzunehmen, dann wird er sich wehren müssen, dann wird er endlich seine wahre Macht zeigen!“

Judas sagt: „Ich weiß, wo Jesus immer ist, ich will euch helfen, ihn ohne viel Aufhebens gefangenzunehmen!“ Da freuen sich die Feinde Jesu aber sehr. So ein Mann hat ihren gerade noch gefehlt, der ihnen freiwillig seinen Herrn verraten will. Sie versprechen ihm sogar: „Wir werden dir Geld geben, wenn wir ihn durch deine Hilfe fangen!“ Judas aber verspricht ihnen: „Ich mache es, ihr körnt euch auf mich verlassen!“ Von da an sucht er nach einer gängigen Gelegenheit, Jesus ohne viel Lärmen an seine Feinde aus zuliefern.

Nun hatte Jesus die Gewohnheit, abends immer nach draußen vor die Stadt zu gehen und in einem Garten am Ölberg zu übernachten. Es war ja warm dort, das machten auch andere Leute. Seine Jünger sind bei ihm.

Aber eines Abends - sie sind gerade erst eine Woche in Jerusalem - da hört man auf einmal Waffengeklirr in dem sonst so stillen Garten. Menschen laufen hin und her, aber es ist nichts rechtes zu erkennen, denn es ist eine ziemlich dunkle Nacht.

Da kommt einer mit schnellen Schritten auf Jesus zu. Hinter ihm dringen andere heran. Es ist Judas, der Jünger Jesu. Jetzt erst fällt den anderen auf, daß er ja heute nicht mit ihnen in den Garten gekommen ist. Jetzt aber kommt er ganz scheinheilig und tut so, als wolle er Jesus zur Begrüßung küssen.

Doch Jesus weiß, was Judas in Wirtlichkeit im Sinn hat. Er sagt: „Judas, verrätst du mich mit einem Kuß?“ Der Kuß war das vereinbarte Zeichen, denn Judas hatte der Soldaten hinter ihm gesagt „Wen ich küssen werde, der ist es!“

Die anderen Jünger erkennen natürlich auch, weshalb die Soldaten gekommen sind. Sie fragen: „Herr, sollen wir mit dem Schwert dreinschlagen?“ Und ehe Jesus antworten kann, da hat einer schon sein Schwert gezogen und einem Soldaten das rechte Ohr abgehauen. Jesus aber antwortet: „Laßt sie doch machen!“ und er nimmt das Ohr und heilt den Mann wieder.

Zu seinen Feinden aber, die mitgekommen sind, sagt her: „Weshalb kommt ihr jetzt bei Nacht? Ich bin doch die ganze Zeit in der Stadt gewesen. Aber dies ist eure Stunde und die Macht der Finsternis!“ Sie ergreifen ihn aber und zerren ihn fort. Jetzt endlich ist es ihnen gelungen, ihn unbemerkt gefangenzunehmen.

 

 

 

 

Bildbetrachtung: „Der Judaskuß“ von Giotto (geboren 1266 in Padua):

Jesus und Judas sind der Mittelpunkt dieses großen Freskos. Um sie herum schließt sich die Menge der Hohenpriester, Ältesten und Krieger zu einem Ring, der nach vorne durch den Mantel des Judas fortgesetzt wird.

Jesus ist edel und hoheitsvoll dargestellt. Hier stehen allein in der Gestaltung des Kopfes zwei Wachen gegenüber, die ganz gegensätzlich sind: der eine im Augenblick des bezahlten Verrats, der andere in der Gewißheit dessen, was nun kommen wird.

Bei Jesus sehen wir eine klare Stirn und Nasenlinie. Die Augen blicken ruhig geradeaus. Er sieht gewissermaßen durch Judas und die anderen hindurch in der Gewißheit‚ daß nun alles erfüllt werden muß, was Gott will.

Judas dagegen hat eine niedrige, fliehende Stirn, vorgeschobene Augenbrauen einen weit zurückgezogenen Nasenansatz, eine weit vorspringende Mundpartie, eine gebogene Nase. Er hat den unsteten und unfreien Blick des Verräters, in dem schon etwas von der Verzweiflung steht, die ihn zu einem gnadenlosen Ende treibt. Man weiß fast nicht, wen man mehr bedauern soll: Jesus oder diesen Judas.

 

Erzählung: Jesus bittet am Kreuz für seine Feinde (Lk 23,32-38.44.46):

Die Juden haben es erreicht, daß der römische Befehlshaber Jesus zum Tode verurteilt hat. Jetzt wird er zusammen mit zwei Verbrechern zur Hinrichtungsstätte geführt. Jesus muß sich mit dem Rücken auf den Boden legen und die Arme ausbreiten. Sie nageln seine Hände auf einen Balken und ziehen diesen über einen Pfahl, der in die Erde eingegraben ist. Jesus wird gekreuzigt.

Sicherlich hat es ihm sehr weh getan. Er weiß auch, daß er daran wird sterben müssen, wenn auch erst nach vielen Stunden und unter schlimmen Schmerzen. Aber dennoch bittet er für seine Feinde, für diejenigen, die ihn hierher gebracht haben, und für die Soldaten, nie den Befehl ausführen. Jesus betet zu Gott, seinem himmlischen Vater, und bittet ihn: „Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun!“

Viele Leute stehen dabei und spotten über Jesus: „Anderen hat er geholfen. Jetzt helfe er sich selber, wenn er der Christus ist, der Auserwählte Gottes!“ Auch die Soldaten kommen und spotten über ihn. Sie bringen ihm Essig und sagen: „Bist du der Juden König, so hilf dir selber!“

Oben an dem Kreuz war nämlich eine Tafel angebracht, auf der stand in drei Sprachen: „Dies ist der König der Juden!“ Auch damit wollte man über Jesus spotten und hat doch dabei nur die Wahrheit gesagt.

Zur Mittagsstunde wird es plötzlich ganz dunkel. Bis nachmittags drei Uhr dauert diese urheimliche Finsternis, so als wollte die ganze Welt mittrauern, weil der Gottessohn sterben muß. Dann ruft Jesus mit lauter Stimme: „Vater, ich befehle meinen Geist in deine Hände!“ Dann stirbt er.

Es sieht so aus, als sei nun alles zu Ende mit Jesus. Aber schon bald danach wird es anders kommen. Schon einige Wochen später erzählt Simon Petrus allen Leuten in Jerusalem: „Gott hat diesen Jesus, den ihr gekreuzigt habt, zu einem Herrn und Christus gemacht!“

 

 

G. Paulus erzählt von Jesus (Apg 2,36):

Wir betrachten einen Brief. Es gibt Briefe,  die man nach dem Lesen gleich wieder wegwirft. Aber es gibt auch solche, die man aufhebt. Ganz berühmte Briefe werden sogar gedruckt. Sie sind schon fast 2000 Jahre alt und werden heute noch gedruckt und gelesen:

Wir betrachten das Inhaltsverzeichnis des Neuen Testaments. Wir suchen die Briefe. Wir können auch lesen wer die Briefe geschrieben hat. Einer von ihnen heißt Paulus. Er hat viele Briefe geschrieben. In einem seiner Briefe schreibt er (2. Kor 11,21b -32):

 

Ich habe mehr Mühe gehabt als irgendein anderer Helfer Jesu. Ich bin unzählige Male im Gefängnis gewesen. Ich bin mit Lederriemen ausgepeitscht worden und in Todesnot gekommen. Dreimal bin ich mit Stöcken geschlagen worden und einmal gesteinigt worden. Dreimal habe ich Schiffbruch erlitten, Nacht und Tag habe ich in den Wellen zugebracht.

Viele mühselige Reisen habe ich hinter mich gebracht. Auf Flüssen bin ich in Gefahr gewesen, in Gefahr durch Räuber, durch mein eigenes Volk und durch fremde Menschen, in Städten und auf einsamen Wegen. Immer wieder war ich in Gefahr durch falsche Brüder Mühe undArbeit habe ich gehabt Schlaflosigkeit, Hunger und Durst, Frost und Hitze waren meine Begleiter. In Damaskus verschloß man die Tore der Stadt, damit ich nicht fliehen konnte. Man wollte mich verhaften. Da ließ man mich von einem Fenster in einem Korb hinaus und ich konnte entfliehen.

Paulus war also viel unterwegs im Auftrag des Herrn Jesus, obwohl er diesen nie gesehen hatte. Aber so ist es bei ihm nicht immer gewesen. Als junger Mann hatte er Jesus gar nicht lieb. Da hat er gesagt: Jesus von Nazareth hat alles falsch gemacht, er hat gelogen und gehört nicht zu Gott. Damals meinte er noch: Das war gut, daß Jesus am Kreuz gestorben ist. Alle Menschen sind Lügner, die sagen: Jesus 1ebt und wir beten auch heute noch zu ihm!“ Aber nachher kam Paulus zu einer ganz anderen Erkenntnis.

Paulus war in der Stadt Tarsus bei seinen Eltern aufgewachsen. Weil er aber viel lernen sollte, schickten ihn seine Eltern nach Jerusalem zu den klugen Männern im Tempel. Bei den Schriftgelehrten lernte er viel und las viel in den alten Schriften. Er lernte alle Gebote und Gesetze und gab sich große Mühe, alles so zu machen, wie es den Juden in den Gesetzen befohlen ist.

In Jerusalem aber erlebte er auch immer wieder die Männer, die von Jesus von Nazareth erzählten: „Jesus von Nazareth ist für uns gestorben. Ihr Leute in Jerusalem habt versucht, ihn auszuradieren, indem ihr ihn umgebracht habt. Aber Gott hat ihn vom Tod auferweckt und hat ihn zu einem Herrn und Christus gemacht. Er ist nun der Herr der Welt und steht gleich neben Gott. Schon in den alten Schriften ist das angekündigt worden. Petrus hat ihn als den Lebendigen gesehen und danach alle seine zwölf Freunde!“

Paulus hatte gefragt: „Wer ist denn dieser Jesus von Nazareth?“ Da haben sie ihm geantwortet: „Er hat sich um alle die gekümmert, die allein sind. Er ist zu den Kranken gegangen und hat die Kinder liebgehabt. Allen hat er gesagt: „Gott hat euch lieb!“ Aber die Priester und Schriftgelehrten hat das aufgeregt. Sie sagten: „Solche Leute kann Gott doch nicht liebhaben, die Bösen und die Kranken hat Gott nicht lieb!” Darm meinten sie: „Jesus ist ein Lügner, Jesus muß weg!“ Sie haben solange gehetzt, bis Jesus zum Tode verurteilt wurde und am Kreuz sterben mußte.

Paulus dachte zunächst auch: „Das war gut und richtig. Wer sich zu bösen Menschen setzt, muß selber böse sein!“ Jesu Freunde aber sagten: „Jesus ging zu denen, die einen brauchten, um wieder gut und heil zu werden. Wie ein Arzt zu den Kranken, so ist Jesus zu den bösen Menschen gegangen. Er hat ihnen sogar das Wertvollste geschenkt, was er hatte, nämlich sein Leben!“

Über solche Reden hat sich der Schriftgelehrte Paulus immer sehr geärgert. Er sagte: „Die Männer, die solche Reden halten, müssen ins Gefängnis. Was sie sagen ist verkehrt und gefährlich!“

Er schreibt so später selber einmal in einem Brief: „Ich habe meine ganze Kraft eingesetzt, die christliche Gemeinde zu verfolgen!“ Aber dann war alles anders gekommen. Paulus erlebte: „Jesus lebt! Ich habe mich geirrt! Jesus ist viel stärker als ich! Er ist auch stärker als der Tod!“ Nun sagte er: „Es gibt für mich nur einen Reichtum, nur eine Freude, nämlich Jesus Christus zu kennen!“(Phil 3,6-8). Von da an konnte Paulus nicht mehr ohne Jesus leben.

Nun hat er nur noch ein Ziel: Alle Menschen sollen erfahren: „Jesus ist zu uns gekommen. Er hat uns gezeigt, wie das Liebehaben aussieht. Jesus ist für uns gestorben. Jesus lebt und ist immer bei uns!“ So wurde Paulus zu einem Botschafter Jesu.

So hat Paulus in vielen Städten und Dörfern von Jesus erzählt. Aber er konnte immer nur kurz bleiben, manchmal nur einige Tage, dann ging es weiter, denn er wollte es ja noch vielen Menschen sagen.

Doch in so kurzer Zeit konnte man nicht alles lernen. Die neugewonnenen Christen hatten noch viele Fragen. Deshalb schickten sie einen Mann oder eine Frau hinter Paulus her. Er überbrachte einen Brief mit den Fragen der Christen. Und Paulus schrieb seine Antworten auch in einem Brief. Einige dieser Briefe sind noch heute erhalten. Wir finden sie in unserer Bibel abgedruckt. So können auch wir erfahren: „Gott hat diesen Jesus, den ihr gekreuzigt habt, zum Herrn und Christus gemacht!“

 

Bildbetrachtung: „Die Paulusbriefe“ von Vaquero Turcios.

 

 

Orientierungshilfe 5 : Jesus Christus ist unser Herr, darum gehören wir zusammen und helfen einander

 

A. Wir erzählen von einem Ostergotteedienst und singen Osterlieder:

Am Morgen des ersten Ostertages versammeln sich in vielen Gemeinden die Christen auf dem Friedhof in der Nähe des Brunnens. Meist ist es noch sehr kalt. Die Sonne kommt gerade hinter den Bergen hervor. Der Posaunenchor ist auch gekommen und hat sich im Halbkreis beim Brunnen aufgestellt.

Viele Menschen sind gekommen. In der Hand haben sie ein Gesangbuch, denn es sollen viele Lieder gesungen werden. Manche der Menschen mähen ein etwas trauriges Gesicht. Sie haben sich an das Grab eines ihrer Angehörigen gestellt. Sie müssen daran denken, daß er jetzt nicht mehr bei ihnen ist.

Aber sie sind auch wieder froh und zuversichtlich. Sie wissen ja: „Die Oma oder der Opa, die sind jetzt bei Gott. Wir können sie nicht mehr sehen, aber Gott kennt sie. Sie dürfen bei Gott sein und dürfen sich freuen. Wenn ein Mensah gestorben ist und ins Grab gelegt wird, dann ist es nicht für ewig mit ihm aus, sondern Gott wird ihn auferwecken von den Toten und ihm ein neues Leben geben.

Das wissen wir Christen, und davon erzählt auch der Pfarrer am Ostermorgen auf dem Friedhof. Er sagt: „Gott hat diesen Jesus, den ihr gekreuzigt habt, zu einem Herrn und Christus gemacht!“ (Apg 2,36). Die Juden hatten Jesus ans Kreuz gebracht. Aber Gott hat es nicht dabei belassen.

Jesus Christus war der erste, der von Gott von der Toten auferweckt wurde. Er lebt und ist jetzt bei Gott. Das gibt auch uns die Gewißheit, daß wir nach dem Tode bei Gott sein werden. Deshalb können wir auch am Ostermorgen fröhlich sein. Da denken wir daran, daß Jesus nicht im Tode geblieben ist. Wir wissen: Auch unsere Toten leben noch bei Gott. Und wenn wir einmal gestorben sein werden, dann werden wir auch bei Gott sein.

Deshalb beten wir gerade am Ostermorgen zu Gott und bitten ihm, daß er uns auch einmal zu sich nehmen wird. Und wir singen viele der schönen Osterlieder aus unserem Gesangbuch, die vom Sieg Gottes über den Tod erzählen.

Wir betrachten Osterbilder und zeigen eine Osterkerze.

 

Orientierungshilfe 6: Menschen begegnen Jesus Christus. Durch ihn hilft uns Gott der Vater

Spiel:

Wenn wir in das Land reisen wollen, in dem Jesus lebte, dann müssen wir vorher unseren Koffer packen. Wir wollen einmal aufzählen, was alles in den Koffer kommt: Einer nennt einen Gegenstand, der nächste widerholt ihn und fügt einen hin zu, usw. Wer etwas falsch macht, scheidet aus.

Wir wandern durch das Land, in dem Jesus lebte, indem wir uns Bilder von Palästina ansehen (eventuell am Computer oder von einer CD). Die Verhältnisse im Lande Jesu lernen wir auch kennen durch die Erzählung von dem jüdischen Junge Ari:

 

Erzählung:

Ari reckt sich, blinzelt, die Sonne scheint. Er springt auf und rollt seine Matte zusammen und stellt sie an die Wand. Heute ist Sabbat, heute ist Feiertag. Heute braucht er nicht auf das Feld. Heute muß er nicht die Ziegen auf die Berge treiben. Heute darf er mit dem Vater zum Gotteshaus gehen. Heute darf er die guten Geschichten hören, die er immer so gern hört.

Er springt zur Türe hinaus. Die Mutter ist schon lange auf. Aber sie arbeitet heute nicht. Das Mehl hat Ari gestern schon auf der Handmühle gemahlen. Die Brotfladen hat sie gestern gebacken.

Jetzt sitzt sie mit dem Vater und Mirjam auf dem Dach des Hauses. „Schalom Sabbat“ ruft Mirjam, „Wir wollen essen!" Ari springt die Stufen hoch. Da steht der Vater auf, hebt die Hände, sieht zum Himmel und steht ganz still. Ari stellt sich auch so hin, hebt die Hände, sieht zum Himmel und steht ganz still. Auch Mutter und Mirjam tun so. Es ist ganz still. Vater betet (Hier kann ein Psalmwort eingefügt werden, zum Beispiel Ps 145,15)

Nun können sie essen! Wie das schmeckt. Ari reißt ein Stück vom Fladen ab, taucht es in Olivenöl und steckt es in den Mund. So machen es alle. Dann greift er nach einer Orange. Wie gut, daß er gestern noch einen Korb mit dem Esel geholt hat.

Der Vater ist schon fertig und steigt langsam die Stufen herab. Da wirft Ari die Orange in den Korb zur zurück. Der Vater darf nicht warten! Aber Mirjam bittet: „Warte, ich will mit!“-

„Nein“, ruft Ari, „Mädchen dürfen nicht in das Gotteshaus, die ist nur für Männer!“

Nun ist er beim Vater. Schweigend gehen sie zusammen Jetzt sind sie am See. Still und leer liegen die Fischerboote am Strand. Heute arbeitet kein Fischer auf dem See. Heute ist Sabbat. Heute ist Feiertag!

Aber wer sitzt denn da am Weg? Ist das nicht Josef, der Stumme? Vor ihm steht eine Schale aus Holz. In der Schale liegen Geldstücke. Auch der Vater legt ein Geldstück dazu. Er sagt: „Du sollst Gott und deinen Nächsten lieben!“

Josef bettelt. Ari fragt: „Vater, warum kommt Josef nicht in das Gotteshaus?“ Der Vater antwortet: „Josef hört nicht. Er hört nicht die Vögel und nicht die Menschen. Er hört auch nicht das Wort Gottes aus der heiligen Thora! Er ist auch stumm und kann nicht reden. Er kann Gott nicht loben. Gott hat ihn gestraft. Deshalb ist er ausgeschlossen von der Feier, jetzt und immer! (eventuell Bilder zu der Erzählung zeigen und Bilder und Erzählung miteinander verbinden).

 

Maria und Martha (Lk 10,38-42):

Einstieg:

Wenn einmal unerwartet Besuch kommt, dann kann unter Umständen die ganze Familie in Aufregung geraten. Vielleicht ist nicht richtig aufgeräumt. Man war gerade bei einer Arbeit und nun platzt der Besuch da mitten hinein. Schnell muß etwas zu essen und zu trinken

beschafft werden. Wenn nichts im Kühlschrank und in der Speisekammer ist, dann werden die Kinder geschickt, um etwas zu holen. Wenn die Geschäfte schon geschlossen sind, muß man bei Nachbarn oder Verwandten etwas ausleihen. Aber dann wird auch der Tisch besonders sorgfältig gedeckt, vielleicht auch besonders festlich hergerichtet. Man will alles für die Gäste tun, damit sie sich auch wohl fühlen. Man möchte ihnen zeigen, wie man sich über ihren Besuch freut und sie gern bei sich sieht.

Vor allem im Lande Jesu galt die Gastfreundschaft viel. Da war es eine selbstverständliche Pflicht‚ Gäste aufzunehmen, auch wenn das ganz fremde Leute waren, die man noch nie vorher gesehen hatte. Dort gab es nämlich keine Hotels und Gaststätten, wo man hatte übernachten können. Man mußte zu Fuß gehen, unter der glühenden Sonne auf staubigen Wegen. Da freute sich sicher jeder, wenn er irgendwo gastfreundlich aufgenommen wurde und sich nach all den Anstrengungen wieder erholen konnte. So erging es auch Jesus, als er einmal nach einem längeren Fußmarsch bei guten Bekannten einkehrte, bei zwei Frauen, die Maria und Martha hießen. Man nimmt an, daß sie die Schwestern seines Freundes Lazarus waren und also in dem Dorf Bethanien in der Nähe von Jerusalem wohnten. Lazarus erzählte später davon:

 

Erzählung:

Meine Schwester Martha war heute ganz schön durcheinander. Wenn sie nicht meine Schwester wäre, würde mir das egal sein. Aber so gibt mir doch alles zu denken. Sie hat doch alles gut gemeint, unsere Martha. Jesus sah so erschöpft aus, als er plötzlich vor ihr stand. Der lange Weg, die staubigen Straßen, die vielen Menschen: da werden Füße wund und die Kehle trocken.

Es ist doch selbstverständlich, daß man einen solchen Gast bei sich aufnimmt. Und wenn es noch dazu so ein lieber Besuch ist wie Jesus, dann tut man es mit noch mehr Freude. Wenn Jesus kommt, wird man ihn doch nicht abweisen. Andere mache das‚ aber nicht Martha und ihre Geschwister. Bei uns im Haus ist er immer willkommen.

Deshalb hat Martha auch gleich das Wasser gebracht, mit dem man die Füße waschen kann. Dazu eine Schale Milch und auch eine Kleinigkeit zu essen. Und von der Nachbarin hat sie noch etwas frischen Ziegenkäse gekriegt. Da gab es sicherlich viel Rennerei und eine ziemliche Hetze.

Aber Martha war ja nicht allein zu Hause. Da war ja auch noch unsere Schwester Maria. Aber was machte die: Sie hat sich gar nicht groß darum gekümmert, daß der Gast auch gut versorgt wird. An den Vorbereitungen für das Essen hat sie sich überhaupt nicht beteiligt. Vielmehr hat sie sich nur zu Jesus gesetzt und ihm zugehört. Kein 'Wunder, daß sich Martha darüber ärgerte. Schließlich sind sie ja z w e i Schwestern! Und Frauen gehören in die Küche und haben überhaupt gar nicht das Recht, das Wort Gottes zu studieren.

Gefreut haben sich alle, daß Jesus bei so geringen Leuten einkehren wollte. Gern haben sie ihn aufgenommen, beide Schwestern. Martha hat gemeint, so wie sie es macht, sei es richtig. Und auch Maria dachte, sie habe ihn richtig empfangen: Sie hat sich neben ihn gesetzt und ihm still zugehört, so wie ein Schäler dem Lehrer zuhört. Sie reagiert auf den Besuch des Herrn, indem sie sich zu seinen Füßen niederläßt und auf sein Wort hört. Martha aber wurmt es, daß sich Maria zu Jesus setzt und ihr allein die Arbeit überläßt. Eine Weile sieht sie sich alles stillschweigend an. Maria wird es schon nicht auf die Spitze treiben mit ihrer Untätigkeit, denkt Martha. Und wenn doch, dann würde gewiß Jesus dieses rücksichtslose Verhalten nicht durchgehen lassen. Aber weder Maria noch Jesus reagieren.

Da geht Martha kurz entschlossen zu ihrem Gast und fragt ihn nicht ohne Vorwurf: „Herr, macht es dir denn gar nichts aus, daß meine Schwester es mir allein überläßt, dich zu bedienen? Sage ihr doch, daß sie mir helfen soll!“ Sie sagt es nicht respektlos, aber doch so wie eine Hausfrau, der auch der Gast einen gewissen Respekt schuldig ist. Jetzt soll also Jesus entscheiden. Schließlich ist Marias Verhalten ja auch dem Gast gegenüber ungehörig, denn er hat doch Anspruch auf Bedienung und Bewirtung. Aber Maria läßt ihre Schwester im Stich und soll nun zurechtgewiesen werden.

Jesus aber sagt zu Martha: „Martha, Martha, du hast Sorge und Mühe um mancherlei. Aber nur weniges, ja nur eins ist not. Maria hat das gute Teil erwählt; das soll nicht von ihr genommen werde!“ Durch sein mahnendes Wort will er Martha zur Besinnung rufen, damit sie nicht auf ihren falschen Weg beharrt.

Sie tut viel, um ihr Leben zu sichern. Aber es ist nur eins nötig: daß für uns gesorgt und daß uns gedient wird. Diese beiden Haltungen schließen sich gegenseitig aus: Martha bleibt in ihrer Welt und sucht Jesus da hineinzuziehen. Maria aber läßt sich von Jesus in seine Welt hineinziehen. So muß man es wohl sehen, wenn man als ziemlich unbeteiligter Bruder die Sache so mitgekriegt hat.

Manchmal habe ich den Eindruck, als zähle Jesus seine Worte. Es sind immer letztgültige Worte. Er beansprucht immer Gehör. Sie redet nur, um sich selbst zu bestätigen oder um den Leuten nach dem Munde zu reden. Er ist immer ganz auf den bezogen, mit dem er gerade spricht, nicht nur aus Höflichkeit, sondern immer so, als wollte er ihn retten. Ja, er will jeden retten. Und ich muß zugeben, daß mir jedes Wort von ihm innerlich ein gutes Stück weitergeholfen hat. Ich bin viel freier geworden, seit ich Jesus zuhöre. Ich fürchte mich weniger. Ich freue mich mehr und tiefer! Ich komme mit den Leuten im Dorf besser zurecht. Überhaupt geht alles viel friedlicher zu. Vielleicht ist es wirklich vernünftig, was Maria getan hat.

 

Gespräch:

In zwei Gruppen versuchen wir, die Motive der beiden Schwestern festzuhalten.

Die „Martha-Gruppe“ könnte folgende Fragen beantworten:

Aus welchem Grund hast du dich so geplagt?

Warum hat dich das Verhalten Marias so aufgeregt?

Was hast du vom Jesus erwartet?

Wie hast du die Antwort Jesu aufgenommen?

Hat Jesu Wort dein Verhalten geändert?

Welche Lehren hast du daraus gezogen?

 

Die „Maria-Gruppe“ könnte folgende Fragen beantworten:

Was hast du empfunden, als Jesus kam?

Wovon hat er zu dir gesprochen?

Hast du gemerkt, daß Martha nicht einverstanden war?

Warst du nicht erschrocken über Marthas Vorwurf?

Kannst du deine Schwester verstehen?

Wie würdest du dich verhalten, wenn Jesus wieder käme?

Hättest du bei einem anderen Gast auch so gehandelt?

Soll die Mühe Marthas auf einmal nichts mehr gelten? Jesus wertet ihren Dienst nicht ab, sondern erkennt ihn voll ab. Hier sollen nicht zwei verschiedene Charaktere gegenübergestellt werden. Der stille und beschauliche Charakter ist nicht wohlgefälliger für Gott als der tätige und betriebsame (vita contemplativa, vita aktiva). Es soll auch nicht gesagt werden, daß auch Maria sonst ein stiller und Martha ein etwas lauter Mensch gewesen sei. Es geht nicht um den Gegensatz von „praktischem Christentum“ und „Andachtschristentum“.

Vielmehr werden Maria und Martha beide Jesus gegenübergestellt. Und da fällt das ganze Licht des Urteils Jesu letztlich doch auf Maria. Sie hat die gute Rolle gewählt. Aber es steht jedem frei, richtig zu wählen. Jesus will sagen: „Ihr könnt mir nichts Lieberes tun als meinem Wort zuzuhören!“Er selber ist ja der, der den Menschen gedient hat bis in den Tod (Mt 20,28). Wir lassen uns seinen Dienst gefallen, indem wir auf sein Wort hören. Wer auf ihn hört‚ wird Anteil haben am Reich Gottes (das ist das „bessere Teil“).

Wir hören Jesu Wort vor allem im Gottesdienst und im Religionsunterricht. Aber man kann in der Kirche sitzen und doch an etwas ganz anderes denken als das, was dort gesprochen wird. Man denkt vielleicht an ein neues Kleid oder an das Spielen am Nachmittag. Wenn wir richtig hinhören wollen, müssen unsere Gedanken aber stille sein.

Aber richtig hören kann man auch nicht, wenn man im Stillen denkt: „Ich bin wenigstens hierher gekommen und bin nicht so schlecht wie die anderen. Ich gehöre zu dem guten Menschen, die an Gott glauben. Ich will recht lieb sein und überall helfen, wo meine Hilfe gebraucht wird!“ Wenn wir immer nur an unsre Tüchtigkeit und unser Liebsein denken, können wir nicht auf das hören, was Gott von uns will.

Maria aber war mit dem ganzen Herzen bei dem Wort, das Jesus sagte. Darüber hat sie sogar die Arbeit vergessen. Wenn wir wirklich Zeit haben wollen für Gott, müssen wir von Maria lernen.

Eine solche Haltung nimmt auch der „Betende Bettler“ in der Plastik von Michael Hinz ein: leere Hände, aufwärts gerichteter Blick, bereit alles aus Gottes Hand zu empfangen.

Hilfen sind uns auch das dritte Gebot (mit der Erklärung Luthers) und eine feste Ordnung des Tages, in der das Wort Gottes und das Gebet einen festen Platz haben.

Man ehr+ einen Gast; indem man ihm stilles zuliebe tut

 

 

Des Scherflein der Witwe (Mk 12 ,41-44):

 

Einstieg:

Wir stellen neben einander ein Bild der Kirche des Ortes und ein Bild des Tempels in Jerusalem. Was geschieht in diesen beiden Gotteshäusern? Was ist ähnlich? (Gottesdienst, Beten, Wort Gottes, Kollekte). Was ist anders? (Im Tempel kennt man Jesus nicht bzw. erkennt ihn nicht an).

Als Jesus zum ersten Mal in den Tempel kam, da war er entsetzt über die Zustände, die dort herrschten. Viele Kaufleute und Händler hatten sich dort breit gemacht und verkauften ihre Waren an die vielen Tempelbesucher. Es war gar kein Platz mehr, um in Ruhe zu Gott zu beten. Deshalb hat Jesus die Händler verjagt und die Verantwortlichen scharf kritisiert.

Aber Jesus hat nicht alles abgelehnt, was im Tempel geschah. Er ist ja selber mit seinen Jüngern hingegangen, um auf Gottes Wort zu hören und selber dieses Wort auszulegen. Eines Tages macht er dabei auch eine interessante Beobachtung.

 

Erzählung:

In dem einen Vorhof des Tempels, in dem sich die Frauen aufhalten dürfen ist die Schatzkammer des Tempels gebaut. Dort stehen auch die 13 Opferstöcke, die wie große Trompeten aussehen. Dort kann man die festgesetzten Abgaben für den Tempel einlegen, dort kann man aber auch freiwillige Gaben spenden, so wie bei uns die Kollekte im Gottesdienst.

Dorthin geht Jesus, um die Leute zu beobachten. Gegenü.ber den Opferstöcken setzt er sich hin und vergleicht, was die einzelnen so geben. Der aufsichtsführende Priester schreibt ja jedesmal die Summe auf. Immer wieder kommen Menschen, die den Tempel besucht haben und nun etwas für die Gemeinde spenden wollen.

Gewiß sind es fromme Leute, die einen Teil ihres Vermögens dem Tempel geben wollen. Auch mehrere Schriftgelehrte kann er entdeckt. Sie alle wollen, daß es mit den Gottesdiensten im Tempel weitergeht, daß die Priester ausgebildet und bezahlt werden können, die

Gebäude erhalten bleiben und auch den Armen besser gegeben werden kann

Mancher reiche Mann ist auch unter den Spendern. Sie haben viel und sie geben viel. Sie wollen ihren Reichtum nicht nur für sich haben, sondern wenigstens etwas davon den anderen abgeben. Jesus mag sich wohl über diese reichen Leute gefreut haben. zumindest haben andere aus seinem Volk nicht ohne Stolz von denen gesprochen, die viel gegeben haben. Wer viel hat, soll auch mehr zu den Unkosten beitragen als die anderen. So dachte man schon damals und so stellte man es in der Tat auch mit Freude und voller Anerkennung fest.

 

Dann aber kommt eine Witwe, die durch ihre dürftige Kleidung unter all den reichen Leuten richtig auffällt. Man merkt sofort, daß sie arm ist. Sie hat keine Angehörigen mehr und ist auf die Unterstützung anderer Leute angewiesen. Sie kann sich selber kein Geld verdienen und ist jedem schutzlos ausgeliefert.

Die Witwe schämt sich fast, als sie an einen der Opferstöcke herantritt. Sie hat nicht viel Geld dabei, gerade so viel, wie die Priester noch als Spende für den Tempel gelten lassen. Sie hat sich das Geld von ihrer wenigen Witwenunterstützung abgespart. Es ist alles, was sie noch hat, und sie weiß nicht, wann sie wieder einmal etwas kriegen wird. Aber sie möchte doch auch etwas für den Tempel geben, möchte doch auch mit zur Gemeinde gehören und Gott eine Freude bereiten. So nennt sie des Priester schnell die Summe und legt das Geld in den Kasten: zwei halbe Pfennige sind es. Aber das ist alles‚ was sie hat.

Für Jesus aber hat diese Spende eine besondere Bedeutung. Er verläßt die Schatzkammer und ruft seine Jünger herbei, um ihnen etwas Wichtiges zu sagen. Er beschreibt ihnen zunächst, was er beobachtet hat und was wahrscheinlieh nur die wenigsten bemerkt haben. Dann sagt er: „Ich sage euch: diese Witwe hat mehr eingelegt als alle anderen. Diese haben doch nur von ihrem Überfluß etwas abgegeben, aber sie haben immer noch genügend für sich behalten. Die Witwe aber hat alles gegeben, wovon sie lebt. Diese Frau gefällt Gott. Wenn' einer so denkt, dann ist das Gott recht!“

So haben es die Jünger noch gar nicht betrachtet Sie haben immer gemeint: Die Reichen geben aber viel! Doch Jesus macht ihnen nun deutlich: Eigentlich haben die Reichen nur wenig abgegeben von dem, was sie haben. Die Witwe aber hatte gegeben, was sie hatte, Sie hat im Grunde mehr gegeben als die Reichen. Sie hat damit Gott ihr ganzes Leben hingegeben. Er soll nun für sie sorgen, so wie er für die Blumen auf dem Feld und für die Vögel unter dem Himmel sogt. Solchem hingebenden Glauben stimmt Jesus zu. Wo solcher Glaube ist, da ist der wahre Tempel Gottes.

Diese Frau lebt nicht aus ihrer Erfahrung, denn in der Vergangenheit hat sie nur Schlimmes erlebt: Gott hat ihr dem Mann und den Verdienst der Familie genommen. Nun aber lebt sie von der Hoffnung, von dem Vertrauen auf die Versprechungen Gottes. Dafür hat sie mehr für den Glauben getan als all die anderen mit ihren Geldbeträgen.

 

Gespräch:

Jesus lenkt unseren Blick weg von dem Geld auf die Menschen, die das Geld geben. Und da kann Vieles doch wenig sein und Wenig kann sehr viel sein. Die reichen Leute haben natürlich auch etwas gegeben, sie haben schon ein Opfer gebracht. Auch im alten Israel gab es fromme Leute. Es war nicht umsonst, was im Tempel geschah.

Aber Jesus lobt an der Witwe ihr Vertrauen‚ das sie dazu bringt, alles zu geben. Sie weist damit auf das Opfer hin, das Jesus am Kreuz gebracht hat. Die Jünger und alle Christen nach ihnen sollen eine ähnliche Hingabe zeigen. Dadurch können wir Gott danken für seinen Sohn, den er für die Menschen geopfert hat.

Oft aber sagen wir: „Ich habe keine Zeit!“ Keine Zeit für die Geschwister, für die Oma, für die Eltern, auch keine Zeit für Gott. Und entsprechend sagen wir auch: „Ich habe kein Geld, jedenfalls nicht für die Kirche!“ Dabei haben wir alle viel Zeit und manchmal auch viel Geld. Es kommt nur darauf an, wofür wir es einsetzen, was uns wichtig erscheint und wem wir den Vorzug geben. Dia arme Witwe will uns dafür den richtigen Weg zeigen.

 

 

Das kanaanäische Weib (Mt 15,21-28):

Hinführung:

In einem Heim leben nur Kinder, die nie wieder gesund werden. Sie sind so alt wie ihr und sehen so aus wie ihr und können auch zum Teil so laufen wie ihr - und doch sind sie krank. Sie haben eine schlimme Krankheit, die man ihnen aber äußerlich gar nicht ansieht.

Da ist ein Junge, der bekommt schlimme Anfälle, bei denen sich die Muskeln verkrampfen und zucken; er beißt sich dann, bis er blutet. Man kann ihm nicht helfen, sondern man muß warten, bis es vorübergeht. Der Junge kann nicht sprechen, sitzt meist zusammengekauert in einer Ecke und spielt mit einem Schuhriemen.

Manche dieser Kinder haben schon ganze Möbelstücke demoliert oder den Fußboden aufgerissen. Einer wollte immer aus dem Fenster springen. Jeden Morgen müssen sie alle angezogen werden, viele muß man beim Essen füttern und ein ganzer Teil wird abends gewindelt wie kleine Babies.

Diese Kinder können nichts dafür, daß sie so sind. Sie sind äußerlich gesehen schon groß, aber geistig sind sie noch wie ein kleines Kind. Wir sagen: „Sie sind geisteskrank!“ Früher sagte man: „Es steckt ein böser Geist in ihnen!“Aber heute wissen wir, daß es sich um eine schwere Krankheit handelt, für die der Betreffende nichts kann.

Heute will ich euch von einer Frau erzählen, die so ein geisteskrankes Kind hat und die Jesus bittet, daß er es wieder gesund macht. Sie bittet Jesus dabei so eindrücklich, wie ein Kind, das etwas von seinen Eltern erreichen will.

 

 

Erzählung:

Die Pharisäer, die besonders frommen Leute in Palästina, wollen sich nicht von Jesus helfen lassen. Sie sehen in ihm einen gefährlichen Konkurrenten. Ihre Feindschaft wird für Jesus immer gefährlicher. Noch ist es aber nicht Zeit, daß er sein Leben lassen soll. Deshalb weicht er für einige Zeit nach dem Norden aus, in die Gegend von Tyrus und Sidon, in das Land der Heiden.

Diese Geschichte fängt also eigentlich sehr traurig an: Jesus geht fort! Und die Leute in seinem Volk haben ihn fortgehen lassen. Sie haben nicht gesagt: „Bleibe bei uns!“ Und manche haben vielleicht auch gewünscht, daß er nie mehr wiederkommen möchte. Sie mochten ihn eben nicht; und was er ihnen sagte, ärgerte sie.

Da geht Jesus nun mit seinen Jüngern über die Grenze hinüber in ein anderes Land, in dem auch andere Menschen wohnen. Die kennen ihn nicht und wissen wahrscheinlich auch nichts von ihm. Hier kann er unerkannt bleiben und seine Ruhe haben. Ruhe und Stille braucht er auch jetzt, um mit seinem Vater im Himmel reden zu können.

Die Juden bezeichneten die Heiden als unrein und sagten „Hunde“ zu ihnen und behandelten sie auch wie Hunde. Wenn der Messias kommen sollte, würde es den Heiden übel ergehen, sagten sie. Deshalb wollten auch die Heiden mit den Juden nichts zu tun haben. Hier wird Jesus also Ruhe haben.

Unter den Juden haben ja auch nur wenige seinem Wort geglaubt. Die meisten wollten nur große Taten von Jesus sehen, Wunder und Krankenheilungen. Aber was er ihnen von Gott erzählte, war bald wieder vergessen. Jesus wußte, daß er zuerst einmal zu seinem eigenen Volk gesandt war. Aber jetzt wollte er auch einmal allein sein und ging deshalb ins Ausland.

Er will wieder zurückkehren zu seinen Volk n ganz gewiß. Er wird nicht aufhören zu predigen und wird die Menschen seines Volkes einladen, wie ein guter Hausvater seine Kinder zu Tische ruft, um sie alle zu sättigen. Ob sie dann wohl kommen werden und sich von Jesus durch sein Wort helfen lassen? Seine Jünger gehen mit ihm. Aber ob sie begreifen können, wie schwer der Weg Jesu ist? Es ist der Weg des Leidens, den Jesus geht, weil niemand erkennt, wie lieb er die Menschen hat. Es ist, als wären die Augen der Menschen blind und ihre Ohren taub.

Doch im fremden Land läßt Gott nun etwas geschehen, was Jesus und uns alle überrascht. Als sie durch ein Dorf gehen, läuft ihnen plötzlich eine Frau nach. Was ist das für eine Frau, daß sie so etwas tut? Was soll man bloß von ihr denken? Sie kommt herbeigestürzt wie eine, die gejagt wird und Rettung sucht.

Ihre Augen sind voller Angst, ihr Gesicht ist vom Schmerz verzerrt, sie hat die Arme zu Jesus hin erhoben und schreit ihm nach: „Herr‚ du Sohn Davids‚ erbarme dich über mich! Meine Tochter wird von einem bösen Geist übel geplagt!“ So sieht eine Mutter aus, der das Herz zerbrechen will, weil ihr Kind entsetzlich leiden muß. Wahrscheinlich hat sie schon alles versucht bei den Ärzten und Zauberern und hat auch Opfergaben in ihrem heidnischen Tempel gebracht. Aber es war alles umsonst!

 

Und dann hat sie von Jesus gehört, von seinen Wundertaten. Sie hat nicht daran gezweifelt, daß er der Messias ist, der die Kranken gesund macht. Ach, die Menschen in Galiläa haben es gut, sie haben Jesus bei sich.

Doch da kommt die Nachricht: Jesus ist hier in der Gegend! Jesus ist ihre letzte Hoffnung. Ihre Not ist stärker als alle Bedenken. Mögen die anderen den Messias der Juden verachten, s i e will ihn um Hilfe anflehen. Eine größere Not kann es für eine Mutter nicht geben. Angst und Verzweiflung haben sie gepackt und drohen sie zu verschlingen. Aus der tiefsten Herzensnot kommt dieser Ruf: „Jesus, erbarm dich über mich!“

Doch Jesus schweigt und geht weiter, als hätte er die Frau gar nicht bemerkt. Er dreht sich nicht um und antwortet auch nicht ein einziges Wort. Wie schrecklich! Den Jüngern wird es langsam peinlich. Schon bleiben die Leute stehen und sehen zu. Warum hört Jesus nicht auf das Rufen der Frau?

Sie ahnen nicht, daß Jesus eine ganz andere Stimme hört: Sie flüstert ihm zu: „Jetzt hättest du eine gute Gelegenheit, die Heiden zu gewinnen. Laß doch Israel im Stich. Dieses Volk will ja doch nichts von dir wissen und wird dich doch nur ans Kreuz bringen. Aber die Menschen hier werden dich gern annehmen, wenn du dich von Israel trennst!“

Das ist die Stimme des Versuchers, der Jesus von seinem Weg abbringen will. Deshalb geht Jesus weiter. Kehr um, du arme Frau! Jesus wird dir nicht helfen; er geht fort und schweigt. Doch die Frau kommt näher und ruft wieder: „Herr, du Sohn Davids, erbarme dich mein!“ Doch Jesus geht weiter.

Die Jünger werden langsam ungeduldig. Wer soll denn dieses entsetzliche Schreien aushalten! Hier muß etwas geschehen. Sie sagen: „Hilf ihr doch und schick sie weg, sonst gibt sie doch keine Ruhe!“. „Nein", sagt Jesus, „ich habe mit dieser Frau nichts zu schaffen, denn sie ist eine Heidin. Mein Vater hat mich nur zu den Menschen seines Volkes gesandt! Erst muß ich dort mein Werk vollenden, eher darf ich nicht zu den Heiden gehen! Wenn ich aber zuerst zu den Heiden gehe, dann wird mein Volk erst recht nicht auf mich hören!“

Wird diese Frau nun ihre Angst behalten? Wird sie enttäuscht umkehren? Aber wohin soll sie sich wenden? Um sie herum sind nur Schrecken, Angst und Not. Nur noch zu Jesus hin! Das ist ihr einziger Gedanke. Sie eilt ihm nach und wirft sich vor ihm nieder, sie legt sich ihm in den Weg und bittet: „Herr, hilf mir!“ Will sie Jesus zur Hilfe zwingen? Aber Jesus sagt ihr ganz unwillig: „Es ist nicht fein, wenn man den Kindern das Brot nimmt und wirft es vor die Hunde!“

Jetzt hat er die Frau auch noch beleidigt und sie mit dem Schimpfwort der Juden für die Heiden bezeichnet. Nun wird sie doch endlich abziehen. Ja, die Frau ist schwer getroffen. Es ist ihr, als müsse sie sich in einen tiefen Abgrund fallenlassen, wo man nichts mehr sehen und begreifen kann, wo man nur noch vertrauen kann, daß Jesus allein alles tut.

 

Die Frau antwortet Jesus: „Ja Herr, du hast recht! Und doch essen die Hunde von den Brotkrumen, die von ihrer Herren Tische fallen!“ Da ist es ja wieder, dieses Bild von dem Hausvater, der seine Kinder zu Tisch einlädt. Die Kinder Gottes lassen in der Tat manches

vom Tisch fallen und werfen es weg. Mehr aber als den Abfall will die Frau gar nicht, nur das, was übrigbleibt. Aber das ist schon so viel, daß es für sie reicht. Sie weiß, daß sie kein Recht auf Hilfe hat, wie die Kinder Israel. Aber wenn sie schon ein Hund ist, dann will sie auch das bekommen, was die Hunde erhalten.

Wer so zu Jesus kommt, der geht nicht verloren. Jesus freut es sich, daß er einen Menschen gefunden hat, der so beten kann. Gott hat ein großes Wunder an dieser heidnischen Frau getan: Er hat ihr seinen Geist gegeben. Ihr Glaube ist für Jesus das Zeichen von Gott, daß er ihr helfen darf ‚weil Gott selber diese Frau an Kindes Statt angenommen hat. Die Schranke, die ihn von ihr trennte, ist beseitigt.

Jesus sagt zu dieser Frau: „Weib, dein Glaube ist groß! Dir geschehe, wie du willst!“ Nun vertreibt sein Wort alle Finsternis. Die bösen Mächte müssen fliehen. Friede kehrt ein, wo zuvor Angst, Not und Verzweiflung die Menschenherzen quälten. Was die Ärzte nicht gekonnt haben, das hat Jesus dieser Frau geschenkt. Sie geht wieder nach Hause im Vertrauen auf Jesu Wort. Und sie findet tatsächlich ihr Kind erlöst von allen Plagen: die Tochter ist wieder gesund.

Meint ihr nicht auch, daß diese Mutter ihrem Kind erzählen mußte von dem, der ihren Haus Heil und Leben schenkte? Wir aber sehen an dieser Geschichte: Gottes Gnade ist so reich, daß er Israel seine Verheißung hält und die Heiden auch erlöst. Von seinem Brot werden die Kinder und die Hunde satt!

Jesus aber geht wieder zu seinem Volk. Dort soll er ja wirken. Die Hilfe für die heidnische Frau war nur ein einmaliges Zeichen.

 

Kaufmann - Bilder „ Wort im Bild“, Nr. 9 und 10:

(I) Es ist eigentlich ein schreckliches Bild. Diese Frau steckt tief in Not und Angst, sie ist von satanischen Schlangen fest umschlossen. Man körnte denken, daß sie in einen mächtigen Strudel hineingeraten ist. Wird sie darin untergehen wie ein Ertrinkender in den Meeresfluten? Alle Verkehrtheiten des menschlichen Lebens können mit diesem Strudel gemeint sein: Krankheit, Sünde, Schuld, Angst, Verzweiflung. Aus der Geschichte hier hörten wir die besondere Not: Die Tochter ist krank.

Die Mutter leidet mit. Sie nimmt auf sich, was der Tochter begegnet ist. Auch sie droht unterzugehen, denn sie wird von einem bösen Geist übel geplagt. Aber sie will sich nicht von den Schlangen einschließen lassen. Nur ein Ausweg bleibt ihr noch: Sie streckt ihre Arme weit über den Teufelskreis hinaus und schreit um Hilfe. Wenn doch jetzt jemand käme und ihr helfen könnte!

Aber das ist gerade das Erschütternde an diesem Bild: Die den Hilfeschrei gehört haben, gehen weg. Sie sind nur noch ganz wenig zu sehen und werden bald ganz verschwunden sein. Wie kann man nur so hartherzig und lieblos sein?!

Nun wissen. wir ja, daß es Jesus mit seinen Jüngern ist, die da weggehen. Erst hört er gar nicht auf die Frau und dann weist er sie ab. Wenn aber Jesus nicht hilft, dann ist sie verloren. Deshalb nimmt die Frau ihre vorgestreckten Arme nicht zurück. Täte sie das, würden die finsteren Gewalten ganz über ihr zusammenschlagen. So aber bleibt sie dicht an Jesus. Sie gibt ihm sogar recht und sagt: „Ja, Herr!“ Hier geschieht schon das Wunder des Glaubens. Glauben heißt ja: zu allem Ja sagen, was der Herr tut, auch wenn wir ihn nicht verstehen. „Dennoch bleibe ich stets an dir!“ - „Ich lasse dich nicht, du segnest mich denn!“ - „Von Gott will ich nicht lassen!“

Es geht hier also um den Glauben. Wenn man gesund ist, dann ist es leicht, an Gott zu glauben. Wenn Gott uns aber Krankheit und Unglück schickt? Dann zeigt sich erst, was wahrer Glaube ist. Die Frau hält sich durch ihr Gebet den Ausweg aus dem Teufelskreis offen.

Viele Menschen sehen Gott wie einen Automaten an: oben steckt man das Geld hinein und unten kommt das Gewünschte heraus. Man betet - aber wehe, wenn der Wunsch nicht erfüllt wird; dann gibt es angeblich keinen Gott mehr. Gott k a n n jeden Wunsch erfüllen. Aber er tut es nicht, denn er weiß‚ was für uns Menschen gut ist. Oft läßt er uns auch mehrmals bitten, um zu sehen, ob unser Bitten echt ist, ob wir alles in seine Hände legen und auf ihn vertrauen.

 

(II) Von dem Schrecklichen des ersten Bildes ist kaum noch etwas zu sehen. Die Frau ist aus der Umkreisung heraus, denn sie wurde durch ihren großen Glauben herausgerissen. Die Mächte, die sie bedroht haben, müssen fliehen. Nun aber ist sie wirklich eingeschlossen. Fast könnte man meinen, sie sei da hineingesprungen. Aber nun ist sie in den Bereich des hellen Lichtes gelangt. Das Licht aber hat eine Gestalt, die nur auf Jesus hindeuten kann. Jesus nimmt die Frau, die er zunächst abgewiesen hat, nun ganz bei sich auf. Er neigt sich erbarmend zu ihr herab und schließt sie in Liebe ein. Nun ist sie „in Jesus“ geborgen und gerettet.

 

Sie hat unbeirrbar auf die Macht und das Erbarmen Jesu vertraut und Jesus nicht losgelassen. Sie hat Jesus beim Wort genommen, auch wenn es ein hartes und verletzendes Wort war. Mit leeren Händen kniet sie vor Jesus (sie hätte sich selber nicht erlösen können). Aber der Herr füllt diese Glaubenshände mit reichem Segen. Wer sich so wie diese Frau bei Jesus geborgen weiß, der kann sicher sein, daß auch seine äußere Not in Ordnung kommt.

Wo richten wir heute Schranken gegenüber anderen Menschen auf?

 

Der sinkende Petrus (Mt 14, 22 -33):           

Hinführung:

Wer schon einmal am Meer war, der ist vielleicht auch einmal mit einem kleinen Schiff auf das Meer hinausgefahren. Manchmal kann es dann auch in der Ostsee ganz schön schaukeln, weil die Wellen so ein kleines Schiff ganz schön hin und her schaukeln. Dann sehen alle gespannt auf den Kapitän, wie der wohl mit dieser Gefahr fertig wird.

Im Bus oder im Zug vertrauen wir auch unser Leben allein einem Manne an: dem Busfahrer oder Lokführer. Er ist dafür verantwortlich, daß alles gut geht und den Fahrgästen nichts passiert. Oft ist uns das so selbstverständlich, daß wir gar nicht mehr darauf achten. Erst wenn etwas passiert ist, fragen alle: Wer ist daran schuld?

Mit Gott aber machen wir es oft genauso: Uns ist alles selbstverständlich, wir erwarten seine Hilfe und nehmen sie hin. Aber wenn er nicht mehr da ist, dann beschweren wir uns. Wenn es uns aber gut geht und wir „Glück“ gehabt haben, dann ist nicht mehr die Rede von Gott.

Viele sind noch bereit, an Naturwunder zu glauben. Aber wenn Gott einmal etwas Außergewöhnliches tut, dann vermuten sie Zauberei. Aber Gott hat andere Maßstäbe, er ist nicht an Gesetze gebunden und handelt, wie er will. Deshalb kann er auch helfen, wenn menschlich gesehen die Lage aussichtslos ist. - Zielangabe: Wir wollen heute hören, wie Jesus seinen Junger Petrus aus einer verzweifelten Lage rettete.

Erzählung:

Jesus hat oft unter freiem Himmel zu den Menschen gesprochen. Eines Tages war er am Ostufer des Sees Genezareth gewesen. Viele tausend Menschen waren beim ihm und hörten ihn. Darüber war es Abend geworden. Nun müssen Jesus und seien Jünger noch im Dunkeln zurück über den See nach Kapernaum, wo sie wohnen. Jesus treibt seine Jünger an, daß sie ins Boot steigen und allein zurückfahren: „Fahrt voraus!“ sagt er, „ich komme schon nach!“

Die Jünger wollen erst nicht allein los. Doch Jesus sagt ihnen: „Ich will erst noch zum Abschluß das Volk segnen und sie entlassen!“ Da gehorchen sie ihm rudern los.

Doch also sie ein Stück weg sind‚ geht Jesus auf einen Berg und betet zu Gott. Er möchte einmal mit Gott allein sein. Aber er hat sich auch bewußt von seinen Jüngern getrennt, um ihnen zeigen zu können, welche Macht er hat.

Eigentlich hätten die Jünger bald am anderen Ufer des Sees sein müssen. Auch bei ungünstigen Windverhältnissen hat man das in 6 - 8 Stunden schaffen können. Doch als sie mitten auf dem See sind, bricht ein gewaltiger Sturm los, der von den Bergen herab wie so oft über sie hereinbricht.

Die Wellen werfen das Boot hin und her. Die Jünger ziehen schnell das eine Segel ein. Sie müssen das ins Boot gespritzte Wasser wieder herausschöpfen. Doch immer wieder überspülen die Wellen das Boot, die Jünger können sich kaum helfen. Sie schreien sich voller Angst zu, was der andere tun soll. Sie sind aufgeregt und wissen nicht mehr, was sie noch tun sollen. „Wenn nur Jesus bei uns wäre!“ denken sie.

Damals, als wir auch in Seenot waren, hat er uns wenigstens beruhigt und dann war der See ja auch plötzlich ganz ruhig geworden.

Aber jetzt waren sie allein und mußten allein mit allem fertigwerden. Warum hat er sie allein gelassen? Nur einmal hatten sie sich bisher von ihm getrennt, als er sie in alle Richtungen fortgeschickt hatte, damit sie von ihm erzählen. Was soll das nur bedeuten?

Es muß so zwischen 3 und 6 Uhr morgens gewesen sein und sie kämpfen immer noch mit den Wellen, da taucht auf einmal ganz in ihrer Nähe eine Gestalt auf dem Wasser auf. Sie scheint auf den Wellen zu gehen und der Sturm kann ihr nichts anhaben. „Da, ein Gespenst!“ schreit einer. Alle sehen hin. „Wahrhaftig: eine Geistergestalt!“ Jetzt ist es aus, denken sie. Jetzt sind wir ganz verloren, denn jetzt wird uns dieser böse Geist ganz in die Tiefe stoßen. Vor lauter Angst und Entsetzen schreien sie erneut auf.

Doch da hören sie eine vertraute Stimme: „Seid getrost, ich bin es: Fürchtet euch nicht!“ Jesus ist auf dem Wasser zu ihnen gekommen. Er findet sie, wo immer sie auch sind. Er zeigt den Jüngern schon hier, daß er bei ihnen ist, auch wenn sie ihn nicht sehen können. Er bereitet sie schon jetzt auf die Zeit nach einem Tod und seiner Auferstehung vor.

Petrus hat sich als erster von dem großen Schreck erholt. Er will sicher gehen und nicht Opfer einer Täuschung werden. Er will sich nicht auf bloße Gefühle verlassen, denn vielleicht sind ihre Nerven alle nur durch die großen Strapazen überreizt und sie meinen, schon Gespenster zu sehen.

Vielleicht hat er auch Angst, Jesus könnte an ihnen vorübergehen und sie entweder nicht in ihrer Not bemerken oder ihnen nicht helfen. Jesus tadelt seine Jünger nicht wegen solcher Gedanken, sondern er spricht zu ihnen und tröstet sie. Weil er da ist, hört auch ihre Furcht auf. Der Sturm tobt zwar noch weiter, äußerlich ist gar nichts anders. Aber jetzt wissen die Jünger: „Jesus ist da, jetzt kann uns nichts mehr passieren!“

Petrus ruft in seiner großen Freude: „Herr, bist du es, so heiß mich zu dir kommen auf dem Wasser!“ Er vertraut auf Jesus und weiß, daß ihm dann alles möglich ist, wenn Jesus es zu ihm sagt. Petrus ist nicht vorwitzig, sondern vertraut auf das Wort Jesu. Und er möchte noch einmal die Stimme des Meisters hören, um ganz sicher zu sein, daß er es ist.

Jesus sagt zu ihm: „Komm her!“ Auf sein Wort hin tritt Petrus aus dem Boot und geht auf dem Wasser zu Jesus hin. Er erhält Anteil an der Macht Jesu und soll sich neben Jesus stellen dürfen. Und Jesus freut sich über das Vertrauen und den Glauben den Petrus zu ihm hat. Petrus hat den Sturm ganz vergessen und sieht nur noch Jesus.

Doch plötzlich fällt ihm alles wieder ein. Er sieht eine große Welle auf sich zukommen. Einen Augenblick sieht er von Jesus weg und schon ist es passiert: Petrus bekommt Angst und beginnt zu sinken. Sein Glaube ist doch nicht so gro0, wie er erst gedacht hat. Die Furcht, die er erst schon überwunden glaubte, überfällt ihn noch einmal.

Doch auch im Augenblick des Zweifels kann er Jesus noch um Rettung anrufen: „Herr, hilf mir!“ schreit er zu ihm hinüber. Jetzt erst ist er zum ganzen Glauben gelangt. Denn jetzt erst erkennt er ganz seine ausweglose Lage und verläßt sich nur auf Jesus, jetzt kann nur e r ihn noch retten, ihm das Leben neu schenken.      

Jesus streckt seine Hand aus. Zum Glück war Petrus schon fast bei ihm. Jesus hält ihn fest und sagt: „Du Ungläubiger, warum zweifelst du?“

Jesus weiß, daß Petrus einen starken Glauben hat, so daß er auch auf dem Wasser zu Jesus hingehen kann. Und doch tadelt er ihn leicht, wie er für einen Augenblick wankend geworden ist, so wie das bei uns Menschen doch gar manchmal geschieht.

Es fehlt dem Petrus nicht an Selbstvertrauen, aber an Gottvertrauen. Erst in seinem Hilferuf bricht der wahre Glaube hervor, wie Jesu ihn erwartet,

Jesus und Petrus treten nun in das Schiff und der Sturm legt sich auf einmal, die Gefahr ist vorüber. Die anderen Jünger aber fallen vor Jesus nieder und rufen aus: „Du bist wahrlich Gottes Sohn!“ Sie fallen vor ihm nieder wie vor einem König, weil sie an seinem Wort und an seiner Tat erkannt haben, daß er von Gott kommt. Kurz darauf kommen sie in Kapernaum am Ufer an und gehen an Land.

 

Vergleich:

In einer buddhistischen Legende heißt es ähnlich: Ein Schüler Buddhas kam eines Abends an einen Fluß. Der Fährmann war schon weggegangen. Doch im freudigen Gedanken an Buddha versunken trat er auf den Fluß. Seine Füße sanken im Wasser nicht ein, er ging wie auf festem Boden. Als er aber in der Mitte angelangt war, sah er die Wellen. Da wurden seine freudigen Gedanken an Buddha schwächer und seine Füße begannen einzusinken. Doch er erweckte wieder stärkere freudige Gedanken an Buddha in sich und ging weiter auf der Oberfläche des Wassers.

 

Der Mönch tritt aufs Wasser kraft eigener Versenkung -Petrus aber tut es auf das Wort des Herrn hin.

Der Mönch sinkt, weil die Konzentration nachläßt - Petrus sinkt, weil er am Wort des Herrn zweifelt.

Der Mönch rettet sich durch eigenes Sich-aufraffen - Petrus aber wird in letzter Not vom Herrn gerettet.

Am Ende der Legende steht das Lob menschlicher Frömmigkeit - am Ende des neutestamentlichen Berichts steht das Bekenntnis zum Sohn Gottes.

Hier wird uns Christus als der Auferstandene bezeugt (wahrscheinlich handelt es sich um eine Erkenntnis noch dem Tode Jesu, die hier in das Leben Jesu zurückverlegt wurde). Es geht um den Glauben und die Nachfolge: Der bedrohten Gemeinde wird gesagt, daß Christus ihrem Kleinglauben immer wieder zu Hilfe kommt (Wenn Wind und Wellen und die Angst groß sind, dann ist Christus klein wenn Wind und Wellen und die Angst klein sind, dann ist Christus groß).

 

Bildbetrachtung: Kaufmann Nr. 7: „Petrus auf dem Meer“

 

Wir sind alle unterwegs. Aber auf dem Meer des Lebens gibt es Stürme, in denen wir untergehen können. Wir haben Angst vor dem Ungewissen, vor Unglück, Gefahr, Schuld, Haß. Wir versinken in qualvolle Verzweiflung unter der Gewalt des Bösen, das hier in Form von Schlangen dargestellt ist (1.Mose 3). Wer nur auf seine Glaubenskraft vertraut, wird scheitern, denn Zweifel und Angst sind mächtiger.

Kein Mensch geht den Weg zu Jesus über unbekannte und gefährliche Tiefen aus eigener Kraft bis zu Ende. Nur Jesus kann helfen. Aber er ist nahe und läßt uns nicht in Zweifel und Unglauben versinken, wenn wir ihn in der Not anrufen. Aber wir müssen diese Hand auch ergreifen, es gibt keine automatische Rettung, sie wird nur angeboten. Auch heute gibt es Wundertaten Gottes (Kind aus dem dritten Stockwerk gestürzt, Auto überschlagen, aber nichts passiert). Doch dann haben wir nicht „Schwein“ gehabt, sondern wir wollen Gott dafür danken und sagen: „Gott sei Dank!“

 

 

 

Altes Testament

 

 

Die erste Schöpfungserzählung (1. Mose 1,1 - 2,4a)

 

Einstieg:

Menschen haben Angst! Auch heute finden wir noch Formen des Aberglaubens: Talisman bei Sportlern und Autofahrern, schwarze Katze, Glückszahl….… Das hat seinen Grund im Sicherheitsbedürfnis der Marschen. Sie sind in Unruhe und Angst und fühlen sich abhängig von den Dingen der Welt, die sie nicht in den Griff kriegen können. Sie sollen zwar die Herren der Welt sein, spüren aber ihre Abhängigkeit.

Das war schon immer so. Deshalb wollten die Menschen früherer Zeiten die bedrohlichen Dinge in den Griff kriegen. So stellt er sich vor, hinter den Dingen ihrer Umwelt seien Götter verborgen, die man gut stimmen müsse. Weil sie unsicher waren, wie man mit ihnen dran ist, brachten sie ihnen Opfer (sogar Menschenopfer), um ihre Unruhe los zu werden.

Mitten unter den mächtigen Völkern der Ägypter, Assyrer und Babylonier lebte aber ein Volk, das ganz anders darüber dachte. Das Volk Israel glaubte an den lebendigen Gott, dessen Wirken sie an vielen Beispielen in der Geschichte erfahren hatten: Er hatte schon die Vorväter ins Land Kanaan geführt, er hatte sie beim Auszug aus Ägypter gerettet, er hatte am Sinai einen Bund mit ihnen geschlossen.

Aber nun war dieses Volk in die Gefangenschaft mächtiger Heiden geraten, der König von Babylon hatte über das Gottesvolk gesiegt. Er ließ viele Israeliten als Gefangene in sein Land bringen. Sie bekamen Häuser und Felder, sie durften arbeiten, es ging ihnen nicht schlecht.

Und doch waren sie traurig. Sie hatten keinen Tempel mehr, in dem sie zu Gott beten konnten. In der Fremde mußten sie unter Menschen mit einer fremden Sprache und einem fremden Namen leben. Sie hörten, wie die Leute in Babylon sagten: „Die Sonne, der Mord und die Sterne, das sind unsere Götter. Sie bestimmen den Gang der Weltgeschichte und das Leben des einzelnen Menschen!

Die israelitischer Kinder fragte ihre Eltern: „Haben diese Götter der Babyloniern nicht geholfen? Sind diese Götter nicht mächtiger als unser Gott? Sie haben doch gesiegt und nicht unser Gott!?“ Da wurden die Eltern noch trauriger, weil sie merkten: Die Kinder stehen in der Gefahr, den Glauben an den allmächtigen und lebendigen Gott zu verlieren.

Sie gingen zum Priester und fragten ihn um Rat. Und er erzählte ihnen eine Geschichte, die zeigen sollte, daß Sonne, Mond und Sterne keine Götter sind, sondern nur Geschöpfe Gottes. Dadurch wollte er den Menschen seines Volkes die Angst nehmen, wollte ihnen zeigen, wie sie die Probleme ihres Lebers bewältigen können. Indem er auf den Anfang zurückgreift und vor Augen stellt, wie alles geworden ist, hilft er dazu, mit der Angst der Gegenwart fertigzuwerden.

Er hat sich diese Geschichte ausgedacht. Aber er hat dazu die damaligen Erkenntnisse der Babylonier verwendet, die ja damals die höchste Kultur und Wissenschaft hatten. Sie sagten so: Die Erde schwimmt als eine flache Scheibe im Meer. Im Osten ist der Berg des Sonnenaufgangs und im Westen der Berg des Sonnenuntergangs. Die halten die Enden der Erde, damit sie fest steht Über der Erde wölbt sich in mehreren Schichten der Himmel wie eine Glocke. Diese schützt die Erde vor den Fluten des Himmelsozeans, der die Erde von allen Seiten umgibt. Die Erde ist nur eine kleine Luftblase in diesem riesigen Meer und ist ständig vom Einbruch des Wassers bedroht. Am Himmel aber ziehen die Gestirne ihre Bahn.

All diese Vorstellungen hat der Priester in seine Geschichte eingebaut. Aber er verwendet sie, um den Glauber Israels an den einen Gott auszudrücken, der das Volk in der Geschichte geführt hat, der aber auch die ganze Welt geschaffen hat und darum der Herr der Welt und aller Völker ist. So wurde das Glaubensbekenntnis Israels erweitert und den neuen Verhältnissen angepaßt. Wir lesen dieses Bekenntnis gemeinsam: 5. Mose 26,5-9.

 

Erzählung

(verbunden mit einem Flanellbild, bei dem Wasser und Himmelsglocke nach und nach mit Pflanzen, Tieren und Menschen gefüllt werden):

Unsre Welt ist nicht immer so gewesen, wie wir sie jetzt sehen. Nicht immer gab es die Berge, Täler, Flüsse, Meere, Blumen, Bäume, Tiere und Menschen wie heute. Nur einer war immer da: Gott, der das alles erst geschaffen hat. Die Bibel sagt uns: Dieser Gott wollte eine schöne Welt schaffen und einen Menschen, der sich daran freut, die darin leben und mit ihm reden, wie die Kinder mit ihrem Vater. So heißt es dann am Anfang unser Bibel: „Am Anfang schuf Gott Himmel und Erde!“

Wenn ein Mensch ein Haus bauen will, braucht er dazu Geld, Material, Handwerkszeug, Arbeiter und Maschinen. Er macht einen Plan und reicht ihn zur Genehmigung ein. Aber Gott braucht das alles nicht: Er befiehlt und so geschieht es, ohne Werkzeug, ohne Material, aus eigener Kraft und aus eigenem Willen

Ein Bauherr macht sein Haus erst im Rohbau fertig und baut es daran immer schöner aus, bis alles fertig ist und er einziehen kann. So ähnlich ist es aber auch mit der Welt gewesen. Zuerst war die Erde wüst und ohne Leben; Sie war leer und finster und alles war von einer großen Wasserflut bedeckt. Doch Gott war schon dabei, über diesen Wasserfluten. Er beginnt sein Schöpfungswerk, als es ihm gefällt.

Gott rief das Licht: „Es werde Licht!“ - und das Licht kam in die Welt. Die Finsternis kann nicht mehr dorthin dringen, wo das Licht ist. Gott hat Finsternis und Licht ihren Platz gegeben und keiner darf seine Grenze überschreiten: Wenn das Licht „Dienst“ hat, ist es Tag. Und wenn die Finsternis „Dienst“ hat, ist es Nacht. Das ist das erste Werk Gottes, dann ist ein erster Schritt zur Ordnung getan, der erste Bauabschnitt beendet.

Wenn ihr an einem schönen Tag nach oben schaut, seht ihr den blauen Himmel über euch. Gott hat unsre Erde nämlich von einem Lufthimmel umgeben, der aussieht wie ein blaues Gewölbe. Im zweiten Bauabschnitt hat er die Wolken an den Himmel gesetzt und ab und zu regnet es aus ihnen.

Es gibt aber zweierlei Himmel. Das eine ist der Wolkenhimmel, den wir sehen und durch den man mit Flugzeugen und Raumschiffen fahren können. Aber den anderen Himmel kann man nicht sehen. Das ist der Himmel Gottes, in dem er mit all seinen Engeln ist. Wir wissen nicht

genau, wo dieser Himmel ist; aber wir wissen genau, daß Gott da ist und uns doch ganz nahe ist.

Doch noch lange ist die Welt nicht so, wie Gott sie haben möchte. Auf Gottes Befehl wird deshalb der Erdboden sichtbar: Das Wasser sammelt sich in den Meeren und eine öde und kahle Festlandmasse taucht auf. Doch bald wächst auf ihr Gras und Kraut, und später auch Blumen. Langsam wachsen sie aus der Erde hervor, so wie ihr es im Frühjahr im Garten beobachten könnt.

Wenn man im Sommer einmal ganz früh aus dem Fenster hinausschaut, dann kann man sich vorstellen, daß die Welt so aussah, als Gott den dritten Bauabschnitt vollendet hatte. Aber dann soll es ja erst so richtig hell werden, wenn nämlich die Sonne aufgeht. Gott hat also die Sonne und den Mond geschaffen. Selbst bei Nacht wird es jetzt etwas hell sein. Und sie ziehen so regelmäßig ihre Bahn, daß wir sogar unsere Uhren und Kalender danach richten.

 

Wir singen: „Weißt du wieviel Sternlein stehen“, Vers 1

 

Das Haus der Schöpfung ist nun schon schön ausgebaut. Aber eins fehlt noch: die Bewohner. Zuerst werden die Tiere in der Luft und im Wasser geschaffen. Gott segnet sie und gibt ihnen den Auftrag, sie zu vermehren. Die Vögel bauen also ihr Nest und legen ihre Eier und brüten sie aus, bis die jungen Vögel ausschlüpfen und sie sie dann großziehen können. Sie alle aber gehören mit in den großen Lobgesang auf den Schöpfer.

Wir singen: „Weißt du, wieviel Mücklein spielen“, Vers 2.

 

Im sechsten Bauabschnitt geht es dann weiter mit den Landtieren. Nun wird es erst richtig lebendig auf der Erde, denn nun erst sind alle Kriechtiere und Säugetiere da, erst die Würmer und Insekten, die ganze Vielfalt aller Lebewesen. Alles ist auch gut geordnet und ausgeschmückt, an allem hat Gott seine Freude.

Nur eins fehlt noch. Gott möchte nicht allein sein, sondern ein Geschöpf haben, mit dem er reden kann, das ihm danken kann, das sich mit ihm an all dem Schönen freuen kann und in ihm den rechten Vater und der Schöpfer all dieser Dinge erkennt.

Diesmal teilt er seiner Plan seinen Engeln mit, denn nun kommt etwas ganz besonders Wichtiges: „Laßt uns Menschen machen, ein Bild, das und gleich sei!“ Der Mensch, die Krone der Schöpfung, soll ein Spiegel Gottes sein.

So wie man manchen von euch ansieht, zu welchen Eltern er gehört, so soll man auch dem Menschen ansehen können, daß er Gottes Kind ist. Ein Kind darf ja auch mit seinem Vater reden und ihn um alles bitten. Und der Vater meint es gut mit ihm und gibt ihm alles, was es braucht.

Aber der Mensch erhält euch eine Aufgabe. Gott ist wie ein König, der den Menschen zum Statthalter über seine Erde einsetzt. Alle Geschöpfe sollen dem Menschen gehorchen. Es darf also nicht umgekehrt kommen, daß ein Mensch ein Geschöpf anbetet oder ihm mehr gehorcht als Gott. Gott hat uns lieb und will unser Vater sein. Er kennt uns alle und sorgt für uns.

Wir singen: „Weißt du, wieviel Kinder frühe....“, Vers 3

Zum Schluß aber ruht Gott von all seinen Werken, nicht weil er nun müde war, sondern weil nun sein Werk vollendet ist. Den letzten Abschnitt segnet er und macht ihn zu einer Ruhezeit auch für die Menschen. Deshalb feiern wir heute noch den Sonntag als den Ruhetag Gottes. An diesem Tag denken wir an die zwei größten Wunder Gottes: die Erschaffung der Welt und die Auferstehung Jesu Christi.

 

 

 

Die andre Schöpfungserzählung: 1.Mose 1,1 - 2,4a

 

Einstieg:

Karte des Vorderen Orients zeigen oder zeichnen: Die Kinder benennen Meere, Flüsse und Länder. Die einzelnen Völker werden mit grüner Farbe eingekreist. Israel aber wird gelb umrandet: die anderen Völker sind Heiden, Israel aber ist von Gott zu seinem Volk erwählt worden.

Die Frage taucht in Israel auf: Warum hat Gott uns erwählt? Wo hat die Erwählung begonnen? Gehören nur w i r unserem Gott? Priester und Propheten haben von Gott her eine Antwort auf diese Fragen erhalten. Sie sagen: „Die Geschichte Gottes fängt nicht mit Abraham an, sondern es geht ihr eine Geschichte voraus, die alle Menschen angeht!“ Erst als das Volk schon einige Zeit im Lande Kanaan wohnte, machte man sich Gedanken über diese Fragen.

Und dann hat man die Geschichten erzählt, die heute am Anfang der Bibel stehen und in denen man ausgedrückt hat, wie man sich damals den Anfang der Welt und der Geschichte Gottes mit der Welt vorstellte. So erhielt also das Glaubensbekenntnis Israels eine Ergänzung und konnte nun auch eine Antwort geben auf die Frage nach dem Anfang der Welt.

Die heidnischen Völker in der Umgebung Israels haben natürlich auch ihre eigene Antwort auf diese Frage gegeben. Die Babylonier und Ägypter hatten ja eine hohe Kultur und Wissenschaft und hatten berühmte Gelehrte. Die hatten eine bestimmte Vorstellung von dem Zusam­menhang zwischen Erde, Himmel und Sternen. Sie sagten so:

Die Erde schwimmt als eine flache Scheibe im Meer. Im Osten ist der Berg des Sonnenaufgangs und im Westen der Berg des Sonnenuntergangs. Diese halten die Enden der Erde, damit sie fest steht. Über der Erde wölbt sich in mehreren Schichten übereinander der Himmel wie eine Glocke, die die Erde beschützt vor den Wasserfluten des Himmelsozeans, der die Erde von allen Seiten umgibt. Die Erde ist gewissermaßen eine Luftblase in einem großen Meer und ständig von einem Einbruch des Wassers bedroht.

Die Völker rund um Israel beteten deshalb zu vielen Göttern, damit das nicht passiere. Sie hatten Angst vor ihnen und vor bösen Geistern. Jede Stadt und jeder Staat hatte einen eigenen Gott. Man betete zu Gestirngöttern und Fruchtbarkeitsgöttern und versuchte sie gnädig zu stimmen. Israel dagegen hatte nur e i n e n Gott, und der hatte nach dem Glauben Israels auch die ganze Welt geschaffen. Er ist auch unser Gott.

 

Ein Rasenstück zeigt uns, wie wunderbar Gott diese Welt geschaffen hat. In einem Würfel Rasen von 10 Zentimeter Kantenlänge finden sich in Mitteleuropa durchschnittlich: 2 Regenwürmer, 50 Borstenwürmer, 100 andere Gliedertiere, 500 Räder- und Bohrtierchen, 1.000 Springschwänze, 2.000 Milben, 30,000 Fadenwürmer, 100 Millionen Mikroben.

In bester Ackererde sind sogar in jedem Gramm bis zu 100 Millionen Tierchen enthalten. Wozu das alles? Diese Tierchen zerlegen die abgestorbenen Pflanzen in ihre Bestandteile, so daß daraus wieder neue Pflanzen wachsen können und der Boden gut gedüngt ist. Doch es waren Jahrmillionen nötig, um eine furchtbare Bodenschicht von etwa 50 Zentimeter Tiefe für uns zu bereiten. Doch Gott hat die Welt für uns so wunderbar geschaffen, damit sie uns zur Wohnung werden kann.

Gottes Wunder finden sich überall in der Natur. Wir sehen sie in dem abendlichen Sternenhimmel in den Bergen und Wäldern, in dem Verwandlungswunder einer Schmetterlingspuppe, in der geheimnisvollen Ordnung eines Bienenstocks, in dem Wechsel der Jahreszeiten, in den Zugvögeln usw.

 

Zielangabe: Wir wollen heute hören, wie die Menschen des Alten Testaments ihren Glauben an Gott, den der Schöpfer und Erhalter der ganzen Welt ist, in einer Geschichte ausdrückten.

 

Erzählung:

Als Gott der Herr Himmel und Erde machte, da war die Erde noch ganz kahl und leer. Es waren noch keine Sträucher da und keine Pflanzen, keine Bäume und keine Kräuter. Es war wie in der Steppe und Wüste, denn es hatte noch nicht geregnet und es auch noch kein Mensch da, der das Land bearbeitete.

Da steigt auf einmal ein feuchter Nebel aus der Erde auf und befeuchtet das Land - der erste Schritt für das Leben auf der Erde ist getan. Dann nimmt Gott etwas von der feuchten Ackererde und formt daraus einen Menschen. Er bläst ihm den Atem des Lebens ein und so wird der Mensch ein lebendiges Wesen.

Nun pflanzt Gott für den Menschen einen wunderschönen Garten. Er liegt im Osten der Erde und wird „Eden“ genannt, und das bedeutet „Garten der Wonne“; wir nennen ihn auch „das Paradies“. Einen Garten konnten sich damals nur reiche Könige anlegen lassen und keiner aus dem gewöhnlichen Volk durfte hinein. Gott aber hat dem Menschen einen Garten gegeben, der schöner ist als alle Gärten der Könige auf Erden.

 

Der Mensch aber wird von Gott in den schönen Garten gesetzt und darf ihn betrachten und in Besitz nehmen. Er hat viele schöne Bäume und überreichlich viel Wasser. Der Mensch aber erhält den Auftrag, diesen Garten zu pflegen und zu erhalten, ihn zu bebauen und zu bewahren.

Der Mensch darf überall zugreifen und von den Früchten essen. Er darf sich an den schönen Blumen erfreuen und an dem Gesang der Vögel. Aber die größte Freude für den Menschen ist doch: Gott, der Herr, ist ihm ganz nahe, so wie euch Vater und Mutter ganz nahe sind. Der Mensch freut sich schon, wenn er von weitem das Geräusch der Schritte Gottes hört. Am schönsten ist es, wenn er mit ihm spricht und er alles erzählen kann, was er erlebt hat und wie er sich freut über alles.

Doch der Mensch hat ja auch seine Arbeit: er soll den Garten in Ordnung halten. Aber das macht ihm keine besondere Mühe und Plage. Er seufzt nicht darüber, daß er einen so großen Garten zu besorgen hat. Er darf ja auch alles so einrichten, wie es ihm gefällt. Jeden Morgen freut er sich neu auf seine Arbeit. Niemals ist er krank und niemals tut ihm etwas weh.

 

Gott gibt dem Menschen aber auch einen Befehl, ein Gebot. Er sagt: „Du darfst von allen Bäumen im Garten essen. Aber von dem Baum der Erkenntnis des Guten und Bösen darfst du nicht essen. Wenn du von ihm ißt, wirst du des Todes sterben!“ Der Mensch wundert sich über den komischen Namen des Baumes, denn er weiß ja noch gar nicht, was gut und böse ist, so wie ein kleines Kind das auch noch nicht weiß. Aber es gibt ja genug zu essen in diesem Garten, und der Mensch vertraut auf Gott, daß der es schon richtig mit ihm macht und nur sein Bestes will.

Gott erkennt aber auch: „Es ist recht gut, daß der Mensch allein ist. Ich will ihm eine Gehilfin machen, die um ihn sei!“ Gott merkt, daß es dem Menschen trotz allem noch langweilig in dem Garten ist und daß er einen Partner braucht, mit dem er immer zusammen sein kann.

So nimmt Gott wieder etwas Erde und macht daraus Tiere und Vögel und bringt sie zu dem Menschen, um zu sehen, was er wohl dazu sagt. Der Mensch darf ihnen allen Namen geben. Aber er findet kein Tier, das ihm so recht paßt. Die Tiere sind eben doch zu verschieden von ihm, keins kann ihm ein gleichwertiger Partner sein. Gott muß sich schon etwas anderes einfallen lassen.

Gott läßt den Menschen in einen tiefen Schlaf fallen, damit er nichts merkt von dem großen Wunder, das Gott mit ihm vorhat und damit es ihm nicht weh tut. Denn Gott nimmt ihm nun eine Rippe aus dem Körper, verschließt die Stelle wieder sorgfältig mit Fleisch und baut aus der Rippe eine Frau. Als der Mann aufwacht, ruft er voller Freude aus: „Das ist doch Bein von meinem Bein und Fleisch von meinem Fleisch. Sie ist vom Mann genommen. Und darum wird ein Vater und Mutter verlassen und seinem Weib anhängen und sie werden sein e i n Fleisch!“

Endlich ist eine Gefährtin für den Mann gefunden. Sie arbeiten miteinander, helfen einander, freuen sich miteinander und beten miteinander. Niemals gibt es Streit. Und jeder tut dem anderen zulieb, was er nur kann. Sie haben auch keine Geheimnisse voreinander und vertrauen sich ganz und gar. So macht es ihnen auch nichts aus, daß sie keine Kleider anhaben. Gott hat sie so geschaffen, also ist es gut so: sie waren nackt und schämten sich nicht.

 

Antwortgespräch:

Diese Geschichte wurde Menschen erzählte, die an Gott glauben. Sie setzt also den Glauben an den Schöpfer schon voraus. Der Erzähler glaubt selbstverständlich an Gott und seine Zuhörer auch. Der Text will also nicht erst den Glauben begründen, sondern nur den Glauben unterstützen. Wer aber nicht glaubt, kann ihn nicht verstehen.

Wir suchen alle Verse heraus, die mit „Gott der Herr“ anfangen. So findet man das in der Geschichte enthaltene Glaubensbekenntnis heraus. Dann stellt man alle Verse zusammen, in denen von Menschen die Rede ist, denn der Text erzählt von Gott und Mensch.

 

Wir sehen uns einzelne Verse genauer an:

(7) „Erschaffung des Menschen“: Der Mensch ist aus Materie gemacht. Sein rein materieller Wert ist gering und nach seinem Tode bleibt nicht mehr viel von ihm übrig. Aber dennoch hat der Mensch einen hohen Wert, denn Gott hat ihm seinen Hauch gegeben und ihn zum lebendigen Weser gemacht, das in Beziehung zu Gott steht. Doch der Erzähler sagt auch hier nur, was er glaubt, denn er war ja selber nicht dabei:

 

(15) „Die Arbeit des Menschen“: Der Mensch soll das Antlitz der Erde verändern und aufbauen, er soll arbeiten und alles einrichten. Er darf sich nicht auf die faule Haut legen (also kein „Paradies“ oder gar Schlaraffenland), sondern er soll arbeiten und alles einrichten.

 

(16 bis 17) „Das Gebot Gottes“: Hier wird aber auch ein Verbot ausgesprochen: Gott gibt dem Menschen die Freiheit und die Möglichkeit zum Gehorsam. Das ist zwar ein gefährliches Geschenk. Aber hier zeigt sich eben der Unterschied zum Tier.

 

(22) „Erschaffung der Frau“: Das Bild ist so naiv, daß man sofort merkt: Es ist im übertragenen Sinn gemeint. In Psalm 139 dagegen heißt es richtig: „Du hast mich wunderbar bereitet von Mutterleib an!“ Doch hier soll gesagt werden: Alle menschliche Gemeinschaft hat ihren Ursprung in der Ehe, und Mann und Frau gehören eng zusammen. Ohne Ehe und Familie gibt es auch keinen Staat.

 

Gebote:

Die Eltern geben euch Taschengeld. Damit könnt ihr im Prinzip tun, was ihr wollt (jedenfalls ist das das Wesen des Taschengeldes). Und doch könnt ihr euch denken, wofür das Geld nicht da sein soll. Besonders jüngere Kinder würden es ja wahllos und sinnlos ausgeben. Die Eltern müssen also doch noch etwas kontrollieren. Aber sie tun das aus Fürsorge für ihr Kind und weil sie dafür verantwortlich sind. Sie geben den Kindern also alles, was diese zum Leben brauchen. Aber sie müssen auch bestimmte Grenzen setzen.

So ist das auch im Verhältnis zwischen Gott und den Menschen. Gott bringt den Menschen großes Vertrauen entgegen. Er läßt ihnen seinen Willen und gibt ihnen viel Verantwortung. Die ganze Welt hat er den Menschen anvertraut. Wir machen uns das deutlich an einer Kollage (Arbeitsleben, Kunst, Sport, Freizeit; Katastrophen, Unglücksfälle, Leid). Der Mensch darf sehr viel. Er darf alles, was er vor Gott verantworten kann.

Die Gefahr ist natürlich gegeben, daß der Mensch in Maßlosigkeit verfällt und die ihm anvertrauten Mittel mißbraucht und die persönlichen Leistungsgrenzen überschätzt. Deshalb gibt ihm Gott eine Hilfe, indem er dem Menschen auch Grenzen setzt durch seine Gebote.

 

 

Wir Menschen ahmen in unseren technischen Erfindungen oft Gottes Schöpfung nach. Die Flugzeuge sind zum Beispiel teilweise nach dem Vorbild der Vögel gebaut (z.B. aerodynamische Form). Aber wir haben Schwierigkeiten mit unseren Werken, sie haben Fehler und Unzulänglichkeiten. Die Grenzen unsrer Macht sind uns immer sichtbar, wenn wir ehrlich bleiben.

           

Gegenüberstellung von Kapitel 1 und 2 in Stichworten:

 

Himmel und Erde                                          Erde und Himmel

Licht

Tag und Nacht

„Feste“           

Meer und Land          

 Mensch (Mann)

„Garten“

Pflanzen                                                          Pflanzen

Sonne und Mond

Tiere                                                              Tiere

Mensch (Mann und Frau)                           Frau

 

In der zweiten Erzählung fehlen entscheidende Dinge, besonders auffällig ist die Zweiteilung der Schaffung des Menschen. Unterschiedlich ist auch die Stellung des Menschen: Er ist „Krone der Schöpfung“ oder „Das Maß aller Dinge“.

An folgenden Figuren wird das deutlich:

 

Kapitel 1: Priesterschrift, etwa 500 vCh verfaßt.

Strenger Aufbau, es wird doziert in trockener Feierlichkeit, Priesterlehre

Sechs Abschnitte, genaue Reihenfolge der Werke.

Von Gott her entworfen. Reihenfolge Himmel - Erde..

Der Mensch ist das letzte Werk der Selbstverherrlichung Gottes.

Der Mensch steht an der Spitze einer Pyramide als der Mensch-für-Gott.

 

Die Welt ist vor dem Menschen geschaffen, aber sie bleibt die fremde und. ferne We1t, so wie auch Gott der fremde Gott bleibt, der hier vor allem als der Allmächtige, Schöpfer des Himmels und der Erde beschrieben wird. Die Schöpfung wird von außen beschrieben

in der Form des damals modernen Weltbildes

Das Wasser ist die feindliche Macht (Gesichtswinkel des Menschen an der Meeresküste bzw. im Überschwemmungsgebiet des Zweistromlandes).

 

Kapitel 2: Jahwistisches Erzählwerk, etwa 1 000 vCh verfaßt.

Erzählstil, farbige und bewegte Darstellung des Geschehens.

Bildhaft und scheinbar kindlich, in der Wahl der Worte sorgloser.

Der Einsatzpunkt ist beim Menschen, der aber in einem Verhältnis zu Gott steht

Systematik fehlt. Reihenfolge Erde - Himmel.

Die nahe Welt des Menschen wird um den zuerst geschaffenen Menschen herum aufgebaut. Der Mensch ist der Mittelpunkt eines Kreises. Gott ist der nahe Herr, der „Gott-für -den-Menschen“, der mit ihm im Paradies zusammenlebt und dem Geschöpf seine väterliche Liebe erzeigt. Mehr das Vatersein des Ersten Artikels betont.

Mann und Frau werden nacheinander geschaffen.

Bericht über den Garten und Verbot Gottes.

Verhältnis zu den Tieren und zum anderen Geschlecht.

Wasser ist das belebende und lebensspendende Element.

Gesichtswinkel des Menschen in der Steppe, kontinentaler Lebenskreis, Weltbild des Fellachen, der nicht weit über seine begrenzte Welt hinaussieht, kanaanäische und altisraelitische Überlieferung. Der Blick geht schon zu Kapitel 3, in dem aus der Schöpfung wieder das Chaos wird.

 

Die Berichte stammen eben vor verschiedenen Verfassern, die zu unterschiedlichen Zeiten gelebt haben und deshalb eine unterschiedliche Welt- und Menschenerkenntnis hatten. Dennoch hat man beide Geschichten nebeneinander stehen lassen, weil sie sich einig sind in der Aussage: Gott ist der Schöpfer. Diese Aussage wird von jeder Geschichte aber dann konkretisiert mit den Begriffen und Mitteln ihrer Zeit. Beide Geschichten sind in der Form ihrer Aussage überholt. Ihre Aussage selbst aber ist unüberholbar.

Die Bibel läßt verschiedene Glaubensstimmen gelten. In alten Märchen findet man ja auch manchmal verschiedene Stilformen aus verschiedenen Zeiten ineinandergefügt - und doch wirkt der Bau als Ganzes einheitlich. Das Wort Gottes legt sich nicht auf ein bestimmtes

Weltbild fest, sondern jedes Weltbild ist geeignet, Gefäß zu werden für die Botschaft von Gott dem Schöpfer und Herrn der Welt.

Im 20. Jahrhundert würde eine Schöpfungserzählung anders aussehen. Aber auch eine moderne Zusammenstellung wird in einigen Jahrzehnten in der Form veralten, weil neue Erkenntnisse dazukommen. Bleiben wird aber das Bekenntnis: „Ich glaube an Gott den Vater!“         

 

Kaufmann- Bilder zur Urgeschichte:

 (1) In Mittelpunkt steht der Mensch. Aber er ist allseitig von Gott umschlossen (Ps 139). Der Mensch steht nicht irgendwo am Rande, sondern auf der Bühne; er ist nicht unbeteiligter Zuschauer, sondern er steht im Scheinwerferlicht. Um ihn geht es in erster Linie bei der Schöpfungserzählung, nicht um naturwissenschaftliche Fragen.

Doch der Mensch ist in seinem ganzen Leben von Worten umgeben. Zunächst einmal vom Wort Gottes, aber auch von vielen menschlichen Ausrufezeichen. und Befehlen. Wer befiehlt uns das, was hier steht? Eltern, Lehrer, Polizisten, Ärzte, Schaffner, Angestellte, usw.

Warum reden sie so? Sie sorgen für unser Leben und unsre Sicherheit, sie wollen uns nur beschützen. Diese Befehle entspringen ihrer Fürsorge.

Natürlich empfinden wir es manchmal furchtbar, wenn uns die Mutter immer wieder erinnert: „Sei pünktlich usw.!“ Aber sie tut es ja nicht, um uns zu ärgern, sondern sie will nur unser Bestes.

Wenn die kleine Schwester mit der Schere spielt, nimmt die Mutter sie ihr weg. Sie sagt: „Du sollst nicht mit der Schere spielen!“ Das Kind weint dann; aber die Mutter kümmert sich nicht darum. Wenn das Kind wieder zur Schere greift, wiederholt die Mutter das Verbot und setzt es notfalls mit Gewalt durch. Sie will das Kind ja nur vor Schaden bewahren, denn es weiß ja noch nicht‚ wie gefährlich das ist.

Die Menschen, die uns Befehle geben und uns ihre Fürsorge zuwenden, nennen wir „Herren“. Ein „Herr“ ist also nicht ein Ausbeuter, sondern einer, der für uns sorgt. Aber er sorgt auch für uns, indem er uns Befehle gibt. Wir können nicht dagegen an und können nicht einfach aus dieser Ordnung ausbrechen, ohne uns Schaden zuzufügen. Gott liebt uns aber auch in seinen Befehlen, so wie die Mutter uns liebt, wenn sie Befehle gibt.

Dieses Dreieck „Herr - Befehl - Fürsorge“ wollen wir uns gut einprägen, denn des gehört alles miteinander zusammen. Das Symbol-Zeichen für „Gott“ - das Dreieck - will uns daran erinnern:

Ein Herr ist man nicht von Beruf, sondern nur in der jeweiligen Funktion: eine junge Schaffnerin ist Herr für uns; aber nach dem Dienst steht sie selber unter anderen Herrn. Ein zwölfjähriges Mädchen kann Herr sein über das zweijährige Schwesterchen, aber nur solange, bis die Mutter wieder kommt.

Wenn Gott also solche Herren über uns eingesetzt hat, sollen wir ihnen auch gehorchen. Natürlich gibt es auch Ausbeuter‚ die nur für sich selber sorgen. Aber ein richtiger Herr sorgt für

seine Leute. Deshalb sollten wir uns nicht über seine Befehle ärgern, auch wenn wir nicht erfreut sind darüber, sondern wir sollten wissen: die Befehle geschehen nur aus Fürsorge.

 

(2) Hier wird dasselbe noch einmal anders gezeigt: Die Zehn Gebote Gottes stehen um uns herum, die wir im Mittelpunkt stehen. Aber um den äußeren Kreis herum steht nun: „Ich bin der Herr, dein Gott!“ Dieses Wort, das er schon dem Volk Israel gesagt hat, gilt auch uns.

Doch viele Menschen sagen: „Wo ist denn Gott? Man kann ihn doch nicht sehen; deshalb kann man sich ihm auch nicht anvertrauen oder auf seine Befehle hören!?“ Auf dem Bild ist das so angedeutet: Der Satz vom Herrsein Gottes steht außerhalb der Horizontlinie, es ist nicht so einsichtig wie die Befehle der Menschen. Wir können ihn nicht beweisen. Aber Gott spricht so zu uns und will, daß wir ihm gehorchen. Wenn wir auf sein Wort hören, verstehen wir auch, was er von uns will. Alle diese Gebote gehen auf Gott zurück. Wer diesen Satz hört: „Ich bin der Herr dein Gott!“ der weiß genau, wer damit gemeint ist - auch der Atheist! Jedem Menschen ist das Wissen von Gott ins Herz gegeben.

Wo können wir ihn antreffen? In Psalm 139 steht: „Von allen Seiten umgibst du mich!“ Gott ist da, wo wir sein Wort hören und seine Hilfe erfahren.

Gott ist der Herr aller Herren in der Welt. Er ist der absolute Herr und niemanden verantwortlich: Niemand kann ihm befehlen, während die Herren der Welt alle in einer Rangordnung stehen und jeder einem noch Höheren gehorchen muß oder doch auf ihn Rücksicht nehmen muß. Es gab natürlich auch Menschen, die sich zu absoluten Herren machten (zum Beispiel Hitler). Aber sie haben dann auch ein entsprechendes Ende genommen. Gott aber ist die letzte Instanz, der Herr aller Herren.

Wo ich auf der Erde einem irdischen Herrn begegne, erkennen ich in ihm das Abbild des absoluten Herrn, der den irdischen Herren seine Aufträge gibt. Wenn aber einer sein Herrenamt mißbraucht, wird Gott ihn dafür zur Rechenschaft ziehen, auch wenn er nicht an Gott glaubt. Wann das jedoch geschieht, das müssen wir Gott überlassen.

 

(3) „Tag und Nacht, Natur und Technik“ sind hier angedeutet. Mittendrin steht wieder der Mensch. Er fragt sich:

Wie bin ich in diese Welt hineingekommen?

Warum habe ich gerade diese Eltern?

Warum lebe ich gerade in dieser Zeit?

Warum gehöre ich gerade zum deutschen Volk?

Warum bin ich ein Junge oder ein Mädchen?

Das alles ist mir von Gott gegeben, genau wie die Dinge, die um mich herum sind. Ich habe dazu nichts beigetragen, sondern schon alles vorgefunden. Ich bringe nichts mit, nehme aber auch nichts mit. Alles ist Gabe; auch ich selbst bin Gabe. Ich kann also nicht damit machen, was ich will.

Aber die Technik machen die Menschen doch selbst! Das Auto ist nicht vom lieben Gott und die Fabrik haben die Maurer gebaut. Das nächste Bild soll diese Frage beantworten helfen: Neben der Gabe gibt es auch die Begabung.

 

(4) Die technische Welt kommt aus dem Gehirn des Menschen. Der Mensch ist selber Schöpfer und hat seine Gaben im Laufe der Jahrhunderte entfaltet. Aber er braucht dazu die Gaben Gottes. Gott entscheidet über unsere Begabung. Keiner kann sagen: „Mein Kind wird einmal Arzt!“

 

 (5) Der Mensch steht ganz groß in seiner Welt: Das hat er alles geschaffen. Er darf stolz darauf sein und wir dürfen auch die Leute loben, die etwas Schöpferisches leisten. Aber der Mensch auf dem Bild kehrt uns den Rücken zu. Wie sieht sein Gesicht wohl aus, was tun seine Hände? Strahlt er, wenn er die Welt sieht‚ oder beißt er die Zähne aufeinander? Faltet er die Hände zum Gebet oder ballt er sie zur Faust?

Die We1t der Industrie ist nicht eindeutig. Sie kann auch eine schwere Last bedeuten. Aber das weiß der junge Mensch noch nicht (etwa was Schichtarbeit bedeutet). Er sieht vorerst nur die Kraftlinien, die vom Gehirn des Menschen ausgehen und die Welt bewältigen helfen. Er darf auch zunächst ruhig so denken, denn in Psalm 8 heißt es ja: „Du hast ihn wenig geringer gemacht als Gott!“

 

 (6) Hier sind die wichtigsten Sätze zusammengestellt, die mit „Gott der Herr“ anfangen. So entsteht ein Glaubensbekenntnis, das dem 1. Artikel unsres Glaubensbekenntnisses entspricht. Glaube hat es zu tun mit „geloben“. Die „Verlobung“ ist ja auch kein „Fürwahrhalten“, sondern ein Versprechen, das Vertrauen erfordert. So ist das auch mit dem Glauben: Wenn ich erkannt habe‚ was Gott schon für mich getan hat, und ihn darum lobe, dann glaube ich. Glaube ist Lobgesang und Gebet; die betenden Hände deuten das an.

 

[Die nächsten beiden Bilder sind leider nicht mehr vorhanden]

 

(7) Ist es nicht ärgerlich, daß der Mensch sich so demütigt und erniedrigt? Er vermag doch so Gewaltiges zu leisten! Aber der uns so in den Mittelpunkt gestellt hat, ist unabhängig von unserem Denken. Wer sich aber von ihm und seinem Wort umfangen weiß, den treibt es dorthin, wo man spricht „Ich glaube“. Der Mensen lebt dort in der Mitte, wo er dorthin geht, wo man in der Gemeinde Gott lobt, wo das Geschöpf den Schöpfer lobt, indem er in die Kirche geht.

 

 (8) Gotteslob muß man singen, auch das Glaubensbekenntnis. So gibt es eine Reihe von Glaubensliedern, so wie dieses Lied Luthers. Es sagt uns, daß wir nicht allein an Gott glauben, sondern in einer Gemeinde gemeinsam Gott loben. In der Mitte stehen bedeutet: Ein Kind Gottes zu sein. Das will sich mancher nicht gefallen lassen, er will nicht in den Kinderschuhen steckenbleiben. Aber vielleicht werden gerade die Kinder Gottes mit ihren Aufgaben in der Welt fertig. Sie arbeiten nicht nur und herrschen über die Dinge der Welt, sondern sie loben und singen und danken auch und freuen sich über die Gaben, die sie empfangen haben. Sie wissen: „Das kommt alles von Gott!“ Johann Sebastian Bach hat über all seine Werke geschrieben: „SDG“ = soli Deo gloria = Gott allein die Ehre! Seine Musik hat ihm geholfen, Gott zu loben. Wir sind aufgefordert, es auch zu tun.

 

(9) Der Mensch kann Gott hören und ihn loben. Er kann sich aber auch die Ohren zuhalten. Er kommt aus dem Kreis nicht heraus, aber er wehrt sich und sagt: „Das stimmt ja alles nicht!“ Er will sein eigener Herr sein und sich nicht immer von Gott Vorschriften machen lassen. Die Gebote ärgern ihn. Es stört ihn, wenn einer sagt: „Ich bin der Herr, dein Gott!“ Es ist gar nicht selbstverständlich, daß wir sprechen können: „Ich glaube, ich vertraue!“ Gott aber läßt uns Freiheit und zwingt uns keine bestimmte Antwort auf. .Gott übt Geduld und wirbt unablässig um das Vertrauen der Menschen.

Das Bild zeigt die Situation, wie sie am Ende von Faust II beschrieben wird: Faust hält sich die Ohren zu, weil er das Läuten eines Glöckchens nicht hören kann; es verwundet ihn wie ein tückischer Schuß. Die Glocken erinnern daran, daß einer gesagt hat: „Ich bin der Herr, dein Gott!" Selbst der Atheist kommt von Gott nicht los, denn das Läuter regt ihn mehr auf als anderer Krach.          

 

(10) Der Mensch, der sich von Gott abwendet, verfällt in Angst und muß die Folgen tragen. Er wird auf einmal klein und sieht viele Fragen wie Pfeile auf sich gerichtet, er ist wie in einem Spinnennetz gefangen, das Gewissen quält ihn Tag und Nacht. Wieder zeigt das Gespräch zwischen Faust und Frau Sorge diese Situation: Faust erkennt nicht einmal mehr Mephisto und daß dieser ihm sein Grab ausschaufelt. Wo ist da Gott? Gott schweigt! Der äußere Kreis ist verschwunden. Weil die Menschen aber schon immer so fragten, gingen sie auch schon früher zum Priester und baten um eine Antwort. Dieser erzählte ihnen dann eine Geschichte, die im Grunde die Geschichte eines jeden Menschen ist, und sagte: „Wenn ihr die verstanden habt, dann habt ihr auch eine Antwort auf eure Fragen, wo denn nun das Böse in der Welt herkommt: Es kommt nämlich aus euch selbst.

 

 

Der Sündenfall (1. Mose 3)

 

Erzählung:

Plötzlich taucht in dem Garten eine Schlage auf. Sie ist in Palästina das einzige lebensbedrohende Tier. Von ihr wird gesagt: „Sie war klüger als alle anderen Tiere!“ Sie war nicht unbedingt böse. Aber sie deutet hier doch auf eine Macht gegen Gott hin. In dieser Erzählung wird sogar gesagt, daß die Schlange reden kann. In Wirklichkeit kann die Schlange das natürlich nicht, aber es wird hier ja auch nicht erzählt, wie es wirklich war, sondern nur eine Geschichte erzählt.

Mit einer scheinbar uninteressierten und ganz allgemeinen Frage leitet sie ein Streitgespräch über das Gebot Gottes ein: „Sollte Gott gesagt haben, ihr sollt nicht essen von allen Bäumen im Garten?“ Die Schlange übertreibt bewußt, um Gott damit ins Unrecht zu setzen. Denn Gott hatte ja gerade den Genuß der Früchte erlaubt. Nur der eine Baum war ausgenommen.

Es tut der Frau zunächst einmal gut, Gott verteidigen zu dürfen und gegen die Schlange erst einmal Recht zu haben: „Wir dürfen essen von den Früchten der Bäume im Garten! Nur von den Früchten in der Mitte des Gartens hat Gott gesagt: Eßt nicht davon! Rührt sie auch nicht an, sonst werdet ihr sterben!“

Die Frau übertreibt das Gebot Gottes sogar noch. Gott hatte ja gar nicht gesagt daß man die Früchte des Baumes nicht anrühren dürfe. Die Frau gibt sich damit selbst ein Gesetz. Man hat den Eindruck, sie wolle damit einen Riß verdecken, den ihr Gehorsam Gott gegenüber schon hat.

Die Frau hat sich damit aber auf das Gespräch eingelassen; das war bereits bedenklich. Sie denkt über Gott und sein Gebot nach. Und dabei wird sie unsicher. Die Schlange aber weiß: Wenn ich nur an einer Stelle in das Herz des Menschen Eingang gefunden habe, denn habe ich gewonnen!

Jetzt wird die Schlange immer sicherer. Sie läßt die Maske fallen und bezichtigt Gott unverhüllt der Lüge: „Ihr werdet keineswegs des Todes sterben, sondern Gott weiß: An dem Tag, an dem ihr davon eßt, werden eure Augen aufgetan und ihr werdet sein wie Gott und wissen, was gut und böse ist°!“

Jetzt wäre es höchste Zeit gewesen, der Schlange den Rücken zu kehren. Aber die Frau kann schon nicht mehr fortgehen. Die Schlange weiß zu viel Interessantes zu erzählen. Die Frau denkt nicht mehr an die vielen guten Gaben Gottes. Sie denkt nur an das, was Gott ihr nach den Worten der Schlange nicht gönnen will. Jetzt wird sie auf den Baum erst richtig aufmerksam und sieht, wie „lieblich“ er ist. Immer verlockender erscheint ihr die Frucht des Baumes. Wie köstlich muß sie schmecken. Wie wunderbar, daß sie klug macht.

Die Schlange hat den Zweifel in das Herz der Frau gestreut. Aber die ungehorsame Tat ist das Werk der Frau: Sie streckt die Hand aus, nimmt und ißt. Dann gibt sie dem Mann auch davon und er ißt auch. Die Frau, die eine Gehilfin für den Mann sein sollte, wird nun eine Helferin zur Sünde. Denn diesen Ungehorsam gegen Gott nennt man „Sünde“.

In sehr knappen und dürren Worten wird hier das Erschreckliche geschildert: „Sie nahm von der Frucht und aß‚ und gab ihrem Mann, der bei ihr war, auch davon, und er aß!“ Die Menschen sind in Sünde gefallen; und deshalb nennen wir diese Geschichte die Geschichte vom „Sündenfall“.

Die Schlange behält zunächst recht: Durch den Genuß der verbotenen Frucht werden die beiden Menschen wissend. Sie erkennen zum Beispiel ihre Verschiedenartigkeit, daß sie nämlich Mann und Frau sind. Sie erkennen auch auf einmal, daß sie nackt sind, und schämen sich.

Mit der Übertretung des göttlichen Gebots ist auch eine Veränderung des menschlichen Wesens eingetreten. Ihre Augen werden aufgetan und sie erleben eine große Ernüchterung. Alles um sie herum ist zerstört: Ihre Gemeinschaft untereinander ist gestört, denn statt Freude kommt Scham, statt Wissen ein schlechtes Gewissen.

Und auch die Gemeinschaft mit Gott ist zerstört, denn nun haben sie Angst vor ihm und wollen vor ihm fliehen. Sie nehmen sich Blätter von einem Feigenbaum und flechten sich daraus Schürzen. Sie wissen nun, daß sie böse sind; deshalb schämen sie sich und versuchen nicht nur ihr Äußeres, sondern auch ihr Inneres damit zu verdecken.

Aber Gott zieht sie dennoch zur Rechenschaft. Man kann Gott nicht entfliehen. Sehr kindlich wird erzählt, wie Gott in der Abendkühle im Garten spazierengeht und die beiden Menschen sich vor ihm zu verstecken suchen. Sonst war das immer die schönste Stunde des Tages, wenn sie sich mit Gott unterhalten konnten. Aber nun ist das alles anders: Als sie die Schritte Gottes hören, verschwinden sie schnell ins Gebüsch.

Aber Gott ruft den Menschen: „Adam, wo bist du?“ Jetzt muß er heraus aus dem Versteck.

Gott zeigt ihm, daß ihm nichts verborgen bleiben kann. Er fragt: „Hast du nicht von der verbotenen Frucht gegessen?“

Adam versucht sich herauszureden: „Die Frau, die du mir gegeben hast, gab mir die Frucht von dem Baum, und ich aß!“ Erst soll die Frau schuld gewesen sein, und dann schließlich sogar Gott selber, der ihm die Frau gegeben hat. Dabei hat Adam genauso Schuld, denn er hätte ja nicht von der angebotene Frucht zu essen brauchen.

Die Frau wieder schiebt die Schuld auf die Schlange: „Die Schlange betrog mich, so daß ich aß!“ Statt eines Schuldbekenntnisses und einer Bitte um Vergebung erleben wir hier eine lächerliche Ausrede und wie einer die Schuld auf den anderen schiebt. Beide wollen aus Feigheit die Schuld nicht eingestehen und wollen sie abschieben durch den Verrat an dem anderen.

Doch Gott vernichtet die Menschen nun nicht, sondern er läßt sie mit ihrer Schuld weiterleben. Aber es ist anders geworden in ihrer Welt. Im Folgenden werden nun bestimmte Erscheinungen im menschlichen Leben erklärt. Das Leben geht zwar äußerlich weiter, aber es ist verletzt. Gott verstand unter „Leben“ ein Leben in Gemeinschaft mit ihm, die Schlange aber meint nur das zeitliche Leben, das wie das Leben der Tiere ist. Diesem Leben aber wird nun durch den Tod ein Ende gesetzt.

Zunächst trifft Gottes Urteil die Schlange. Seitdem ist die Schlange ein Tier, das dem Menschen gefährlich wird, besonders in den heißen Ländern. Aber sie muß von jetzt an auch auf dem Bauch kriechen. Natürlich ist die Schlange schon immer auf dem Bauche gekrochen und es sah so aus, als fresse sie Erde. Aber die Menschen haben sich das dann so erklärt: Das ist die Strafe Gottes für den Ungehorsam der Schlange.

Die Strafe für die Frau ist, daß sie nur mit Schmerzen ein Kind auf die Welt bringen kann. Und sie wird sich immer dem Mann unterordnen müssen (wie das damals üblich war). Die Strafe für den Mann handelt von den Schwierigkeiten im Leben des Mannes. Es gibt keine Einheit mehr zwischen Mann und Erde. Auf der Erde liegt ein Fluch. Die Arbeit wird oft mühsam und vergeblich sein, es gibt einen ständigen Kampf mit ihr, damit sie etwas zu Essen hervorbringt. Am Ende dieses Kampfes aber steht der Tod, durch den der Mensch wieder zur Erde wird.

Aber auch jetzt bittet der Mensch nicht um Gnade. Trotzig nennt er seine Frau „Eva“. Das bedeutet: Die, die das Leben hervorbringt! Sie wird ungeachtet der Strafe doch die Kette der Geschlechter in Gang setzen. Das bedeutet aber auch: Gott bricht nicht mit dem Menschen.

Gott aber macht ihnen dann noch Kleider aus Fellen, damit sie sich nicht voreinander schämen müssen. Gott ist eben doch der Schöpfer und Erhalter. Hier ist die frohe Botschaft in dieser Geschichte: Gott vergibt!

Die Menschen aber müssen den Garten verlassen und außerhalb ihren Lebensunterhalt suchen. Der Zugang zu dem Garten wird von dem Beauftragten Gottes mit einem Flammenschwert bewacht. Damit endet dieses Sündenbekenntnis vom Anfang der Bibel. Der Mensch hat viel verloren. Aber er trägt allein die Schuld, denn er hat auf die Stimme des Verführers gehört und sich gegen Gott empört.

 

Flanellbild:

Um eine stilisierte Weltkugel herum hängen wir ungeordnet Zeitungsbilder, die Gegensätze in unserem Leben darstellen: Naturaufnahme, Mondlandung, Zeltlager, Kranke, Urlaub, armselige Häuser, prächtige Bauwerke, moderne Flugzeuge, glückliche Familie, Krieg, Heimatlosigkeit.

Eigentlich könnten die Menschen doch glücklich in unserer Welt leben. Aber in der Welt geschehen auch schlimme Dinge: Krieg, Überfall, Hunger, Katastrophen (als Schlagzeilen über die Bilder heften). In unserer Welt gibt es glückliche und unglückliche Menschen. Auch in unsrem kleinen privaten Bereich ist das so.

In den ersten beiden Kapiteln der Bibel haben wir gelesen, daß Gott die Welt gut geschaffen hat. Er sagte „Ja“ zu seiner Schöpfung und urteilte immer wieder: „Siehe, es war sehr gut!“ Aber der Mensch kann in dieser Welt nicht sorglos und glücklich leben, ständig ist sein Leben bedroht von Sorge, Angst und Tod.

Das wußten natürlich auch die Menschen, die die biblischen Geschichten aufgeschrieben haben. Sie konnten ihre Welt nicht mehr für gut halten, dafür war zu vieles verkehrt und in Unordnung geraten. Sie versuchten, eine Ursache dafür zu finden, Hintergründe und Auswirkungen zu erfassen, um alles besser verstehen zu können.

Mit ihrer Erzählung wollten sie deutlich machen, auf welche Art das Böse immer wieder in die Welt hineinkommt. Es geht hier also nicht um die ersten Menschen, um ein einmaliges historisches Geschehen. Adam ist vielmehr der Vertreter der gesamten Menschheit. An ihm wird etwas deutlich, was sich in der Menschheit immer wiederholt:

1.Der Mensch fühlt sich in seiner Freiheit durch Gottes Gebot beengt

2.Der Mensch antwortet auf Gottes Fürsorge mit Ungehorsam und Neid

3.Der Mensch läßt sich zu einem Handeln gegen Gottes Gebot hinreißen

4.Die Schuld aber belastet die Verbindung zu Gott und den Mitmenschen

5. Nur Gott als der Schöpfer und Erhalter kann alles wieder gut machen.

Es wird auch die Frage gestellt: Wer ist daran schuld? Möglichkeiten:

1.Gott  - aber er ist kein Tyrann, er läßt dem Menschen Freiheit

2. Schlange - sie ist nur Symbol für das Innere des Menschen

3. Mensch - der Mensch allein ist verantwortlich für seine Tat.

Auf dem Flanellbild wird die Weltkugel durch den Menschen ersetzt, weil er für das alles verantwortlich ist. Über dem Bild wird die Schriftleiste angebracht: „Ich bin der Herr, dein Gott!“Der Mensch ist Gott verantwortlich! Wie könnte das „Bauen und Bewahren“ heute aussehen.

 

 

Kaufmann - Bilder: „Der Mensch in der Mitte“, Nr. 11

 [Die nächsten Bilder stehen leider nicht zur Verfügung]

 

(11) Warum läßt der Erzähler hier eine Schlange auftreten? Die Schlange ist das gefürchtetste Tier in Palästina. Aber wer redet denn eigentlich so wie hier die Schlange? Diese Stimme kommt doch aus uns selber. Auf dem Bild wird das dadurch deutlich, daß die Schlange aus der Frau herauszukommen scheint und doch ihr gegenübersteht.

Wir hören eben nicht nur: „Ich bin der Herr, dein Gott!“, sondern auch: „Sollte Gott gesagt haben?“ So ist es auch mit den Verboten der Mutter. Da fragen wir uns auch: „Hat sie es ernstgemeint?“ Und schon findet in uns ein Zwiegespräch statt, obwohl ja gar kein anderer da ist. Aber jeder Mensch ist in sich zwiespältig und hat diese zwei Stimmen in sich.

Wenn die Mutter dann fragt: „Warum hast du das getan“, dann antworten wir: „Ich weiß es nicht. Ich wollte es nicht, aber ich habe es doch getan!“ Diese Erfahrung, die wir heute noch machen, ist am Anfang der Bibel in der Erzählung vom Sündenfall niedergelegt.

Das erste ist immer der Zweifel an Gott. Entweder fragt man sich: „Wo ist denn Gott?“ oder man fragt: „Was hat Gottes Gebot mit dem lieben Gott zu tun?“ Mit dem Zweifel hat man sich bereits gegen Gott entschieden. Man wird dann Gottes Gebot als Einengung und Beschneidung der Freiheit verstehen. Aber in Wahrheit setzt Gott großes Vertrauen in uns und möchte uns vor allen schädlichen Einflüssen bewahren.

 

(12) Der letzte Grund für den Zweifel liegt in dem Bestreben des Menschen, zu sein wie Gott. Das Reden der Schlange gewinnt dadurch immer mehr Kraft. Der Mensch wird groß und denkt, er sei wie Gott. Er steht nicht mehr in der Mitte‚ sondern er meint, er wachse über sich hinaus. Auf das Wort: „Ich bin der Herr, dein Gott!“ hört er nicht mehr. Der Mensch bringt es dabei weit, aber das ist nur die eine Seite der Sache.

 Hier ist also nicht mehr von „bauen, bewahren und pflanzen“ die Rede. Der Mensch ist natürlich groß und leistet viel. Aber er ist kein Riese und er kann nicht nach dem Übermäßigen streben. Er kann auch nicht sagen wie Ilja Ehrenburg: „Wir schaffen selbst als Herrgott!“

Der Mensch kann sich nicht selbst behaupten und er findet auch. nicht die Unendlichkeit.

Die Versprechungen der Schlange sind nur leere Worte. Gott aber hält sein Versprechen.

 

 (13) Gott reagiert auf das Handeln der Menschen. Wie ein Scheinwerfer trifft den Menschen die Frage Gottes und durchleuchtet ihn. Plötzlich ist der Mensch nackt und bloßgestellt vor Gott und muß sich schämen. Alle Ausflüchte, alle Versuche der Selbstentschuldigung helfen nicht. Die Menschen erkennen ihren Ungehorsam. Aber Gott fragt sie nicht, um sie zu vernichten. Er straft, wie ein Vater sein ungehorsames Kind strafen muß, das von ihm ertappt wurde. Gott ruft die Menschen mit dieser Frage zu sich zurück. Er ist barmherzig und läßt die Menschen weiterleben, obwohl sie die Todesstrafe verdient hätten; ein Kind bleibt ja das Kind seiner Eltern, wenn es einmal böse gewesen ist. Der Mensch ist Gott nicht gleichgültig geworden, sondern er will ihm zum Heil verhelfen.

Gott läßt uns nicht aus der Mitte herausfallen. Auch in Schuld, Leid und Tod bleiben wir doch umschlossen von seinem Wort und von seiner Güte. Der Mensch darf sein Leben weitergeben an seine Kinder! Doch wie leben nun diese Kinder miteinander?

 

Antwortgespräch:

Wir hören manchmal Äußerungen von Leuten, deren Vertrauen zu Gott zerstört ist: „Gott hat uns das Beste geraubt, er gönnt uns nichts, anderen geht es besser als mir!“ Doch hier in dieser Geschichte sehen wir: Nicht die Schlange, sondern der Mensch ist die eigentlich aktive Person: Natürlich kann man hier immer noch einwenden: „Warum hat Gott das Böse überhaupt zugelassen? Kommt es etwa letztlich von ihm?“ Aber auf diese Frage erhalten wir keine Antwort; über das Woher wird nicht nachgedacht, es wird nur festgestellt.

Aber warum hat Gott nicht das Schuldigwerden verhindert? Der Mensch soll Freiheit haben und entscheiden können. Dann muß ihm auch Möglichkeit des Nein gegeben sein. Gott läßt ihn diesen Weg gehen, damit er selber zur Einsicht kommt.

Sünde ist eigentlich, daß der Mensch sich Gott nicht mehr bedingungslos anvertrauen kann. Er kann nicht glauben, daß Gott ihm die Wahrheit sagt und deshalb sucht er selber nach der Wahrheit. Er kann auch nicht glauben, daß Gott es gut mit ihm meint. Lieber nimmt er sich selber, was ihm als gut erscheint, auch wenn er darüber zum Raubtier wird.

Sünde heißt also nicht: Wir sind alle unanständig und gehörten eigentlich ins Gefängnis. Es geht nicht in erster Linie um bestimmte Taten oder Einzelverfehlungen. Es geht um die verkehrte Grundeinstellung zu Gott: um die Eigenmächtigkeit des Menschen, seine Trennung von Gott, sein Herrsein wollen. Jede einzelne Sünde ist immer die Folge der wurzelhaften Trennung von Gott.

Nicht die Umgebung ist schuld, nicht die Kameraden, die Eltern, die Verhältnisse‚ und erst recht nicht Gott, der uns angeblich so böse geschaffen hat. Wir reden uns immer damit heraus: „Alle sind sie schuld, nur ich selbst nicht, ich bin unschuldig!“

Natürlich begegnet uns der Versucher nicht mehr in der Gestalt der Schlange. Er kommt viel eher in der Gestalt des „guten Freundes“ oder als die Stimme des eigenen Herzens. Da heißt es dann auch: „Du könntest es viel schöner haben, wenn du nicht immer gehorchen müßtest.

Du kannst doch tun, was dir paßt und gefällt. Du brauchst doch nicht auf deine Eltern oder auf Gott zu hören!“ Nur eins können    tun, um uns vor dieser Stimme zu retten: Uns ganz fest

An Gottes Gebot halten und ihm vertrauen und nicht erst auf die Stimme des Versuchers hören.

Sünde ist auch nicht der Verstoß gegen ein einzelnes Gebot. Meist sieht man ja nur in einem Verstoß gegen das sechste Gebot eine Sünde. Wenn etwa ein unverheiratetes Mädchen ein Kind erwartet, dann bezeichnet man sie als „Sünderin“. Aber die anderen, die so lieblos über sie reden, sind genauso Sünder, denn sie vergehen sich gegen das achte Gebot.

 

Spielszene:

Wir spielen die Gerichtsverhandlung gegen Adam und Eva. Wir sind die Richter und verhandeln in Abwesenheit der Angeklagten (drei leere Stühle vorne aufstellen). Wir überlegen uns zunächst, wie es bei einer Gerichtsverhandlung zugeht: Die Angeklagten werden hereingeführt, die Richter erscheinen, Ankläger und Verteidiger nehmen Platz, Zeugen werden aufgerufen. Keiner von uns aber möchte der Angeklagte sein, über den hier zu Gericht gesessen wird. Manchmal muß dann auch in Abwesenheit der Angeklagten verhandelt werden

und sie            können dann auch in Abwesenheit verurteilt werden. Einen solchen Gerichtshof wollen wir nun auch bilden und schlagen dazu als Akten die Bibel auf.

 

1. Die Zeugen berichten:

Der Hergang der Tat wird nach 1.Mose 3,1-6 geschildert. Wo war der Tatort (vgl. 2,8)?

Wer war alles mitbeteiligt?

Was hatte Gott den Menschen geschenkt?

Leben (Vers 7), Garten (Vers 8), Bäume (Vers 9), Gebot (Vers 16), Frau (Vers 22).

Gott war mit den Menschen durch ein stabiles Band des Gehorsams verbinden

Welche drei Versprechen hat die Schlange der Eva gemacht? (Vers 5)

Augen werden aufgetan, Sein wie Gott. Wissen, was gut und böse ist.

 

Tafelbild:

 

Gottes Gaben:   Der Herr                                          Teufelsgeschenke:

                                               G                                

Leben                                     E                                

Garten                                   H                                 Sein wie Gott             

Bäume                                   O                                 Augen werden aufgetan

Gebot                                     R                                 Wissen, was gut und böse ist

Frau                                        S

                                               A

                                              M

                                   ------------------

                                               Eva

                                 Adam

 

In das Verhältnis zwischen Gott und den Menschen ist ein Riß gekommen und dann hat sich ein dicker Keil dazwischen geschoben (Keil noch einzeichnen)

 

 

2. Die Ankläger erheben Anklage:

In welcher Reihenfolge soll gegen die Angeklagten verhandelt werden

Diskussion: Schlange, Eva, Adam. Anklagen an die Tafel schreiben!

 

a. Anklage gegen die Schlange:       

Sie hat Eva verführt

Sie verdreht Gottes Wort (Vers 1)

Sie nennt Gott einen Lügner (Vers 4)

Sie lügt selber (Vers 4 und 19)

Sie hat sich gegen Gott empört

b. Anklage gegen Eva:                      

            Sie läßt sich zur Empörung gegen Gott verführen

Sie bleibt stehen und hört auf die Schlange (Vers 1)

Sie denkt falsch über Gott und übertreibt (Vers 3)

Sie hat Adam verführt, sie ist Helferin der Schlange

 

c. Anklage gegen Adam (= der Mensch):

Hat Eva nicht gewarnt

Hat sich verführen lassen

 

3. Die Verteidigung hat das Wort:

Die Verteidiger haben es schwer. Für die Schlange gibt es keine Entschuldigung, keine „mildernden Umstände“. Zugunsten von Eva könnte man anführen, die Schlange habe es so raffiniert angestellt, sie sei listig gewesen und habe gelogen.

Aber Eva hat doch Gottes Wort gekannt? Sie hat also keine Ausrede. Wie steht es mit Adam? Die Verteidigung steht auf schwachen Füßen.

 

4. Der Gerichtshof zieht sich zur Beratung zurück.

Ein Urteil darf nicht leichtfertig gefällt werden, denn es geht um Menschen, wie wir es sind. Doch die Verfehlungen sind groß. Gegen die Schlange gibt es nur das Todesurteil wegen Empörung gegenüber Gott. Aber die Menschen haben doch das Gleiche getan? Auch gegen sie muß eigentlich das Todesurteil ergehen. 

 

5. Das Urteil wird verkündet

Die Anwesenden erheben sich, das Urteil wird verkündet durch die Verlesung des Tafel­anschriebs. Dort sind die Anklagepunkte gegen die einzelnen Angeklagten und die drei Urteile aufgeführt

 

6. Du sitzt auf der Anklagebank:

Die Verhandlung ist aus und wir können gehen. Doch während wir schon dem Ausgang zustreben, ertönt plötzlich der Ruf „Halt!“. Wir haben den Prozeß in der Abwesenheit der Angeklagten geführt.

Aber nun kommt jeder von uns auf die Anklagebank und muß bekenn n: „Ich bin Adam!“.Wir haben zwar nicht das Gebot aus 1. Mose 2, 16 übertreten, aber doch sehr oft eins der Zehn Gebote (aufsagen). Wir haben heute über uns selber ein Urteil gefällt.

Was hier am Anfang der Bibel in einer eindrücklichen Geschichte geschildert wird, geschieht heute in anderer Form auch noch. Diese Geschichte will uns nicht ein bestimmtes Ereignis aus der Vergangenheit berichten, sondern will uns zeigen: „So sind wir alle, in der einen oder anderen Form!“

Doch auch in dieser Geschichte hören wir am Schluß etwas von der Gnade Gottes. Zwar werden die Menschen bestraft und aus dem Garten vertrieben. Aber Gott sorgt dennoch für sie. Sie müssen zwar hart arbeiten und haben manche Last zu tragen, aber sie dürfen doch weiter leben undweiter mit Gott zu tun haben.

 

 

Kain und Abel (1. Mose 4 )

Hinführung: Wir überlegen uns, warum es zu Kriegen in der Welt kommt. Eigentlich sind sie unvernünftig. Aber es meint eben doch jeder, er könne Macht gewinnen über seinen Nachbarn und könne seinen Reichtum an Bodenschätzen und Industrieanlagen für sich ausbeuten (konkrete Beispiele!). Der letzte Beweggrund für einen Krieg sind also Neid und Haß.

Damit es also nicht zum Krieg kommt, müssen wir schon diese Vorstufen des Krieges bekämpfen. Deshalb hat Gott auch nicht nur das 5.Gehot gegeben, sondern Jesus hat es so ausgelegt: „Wer Zorn auf seinen Mitmenschen hat, der ist ein Totschläger!“ Denn was zwischen den Völkern im Großen geschieht, das ereignet sich ja genauso im privaten Zusammenleben der Menschen. Auch da will uns Gottes Gebot davor bewahren, daß einer dem anderen weh tut.

 

Erzählung:

In Israel fragte einmal ein Junge seinen Vater: „Wie ist das denn mit den Kenitern. Die ziehen doch immer hier mit ihren Herden vorbei, aber nirgends haben sie ein Dorf, in dem sie wohnen. Sie haben auch den gleichen Gott wie wir, aber sie gehören doch nicht zum Gottesvolk. Sie haben doch auch zunächst am Wüstenzug des Volkes Israel teilgenommen, aber sie haben doch nicht zur Ruhe im gelobten Land gefunden. Und außerdem haben sie doch alle so ein seltsames Zeichen an der Stirn, das sie sofort als Keniter deutlich erkennbar macht!“ Aber kein Israelit durfte ihnen etwas antun.

So fragten damals viele Kinder in Israel. Und die Väter erzählten ihnen dann die Geschichte, die die Keniter selber über die Entstehung ihres Volkes erzählen. Aber sie erzählten sie gleich so, daß dabei auch etwas Allgemeingültiges über das Wesen des Menschen deutlich wurde. So erzählte der Vater:

Es waren einmal zwei Brüder, Kain und Abel. Nehmen wir einmal an, sie seien die Söhne Adams und Evas gewesen. Die Eltern freuen sich über die Kinder, denn sie sind das genaue Ebenbild ihrer Eltern. Aber bald müssen die Eltern merken, daß die Kinder auch auf einem anderen Gebiet ihnen gleichen: Die Brüder Kain und Abel haben genauso das Böse im Herzen wie die Eltern.

Zunächst sieht alles noch friedlich aus. Die Söhne wachsen heran. Sie lernen von ihren Eltern das Beten und wie man Gott Opfer bringt: Sie bauen einen Altar, zünden ein Feuer darauf an, schlachten ein Tier und verbrennen es. Oder sie nehmen als Opfergaben die besten Früchte des Feldes.

Beide Brüder erlernen auch einen Beruf. Kain wird Bauer. Er geht mit den Kühen morgens aufs Feld, bestellt den Acker, bekämpft das Unkraut und erntet im Herbst alles wieder ab. Aber. Abel wird ein Hirte. Er kümmert sich um die Viehherden und ist oft tagelang außerhalb, um die Herden zusammenzuhalten. Oft zog er auch los, um ein wildes Tier zu jagen oder zu fangen.

Jäger bzw. Hirte und Bauer, das sind die Ur-Berufe der Menschheit. Beide bekommen sie etwas zu spüren von der Not und Mühsal der Arbeit. Aber sie wußten auch, daß sie den Ertrag ihrer Arbeit nur der Güte und dem Segen Gottes zu verdanken hatten. Deshalb gehört auch der erste Ertrag der menschlichen Arbeit allein Gott: Er wird ihm geopfert.

Aber die unterschiedliche Kultur bringt natürlich auch verschiedene Opferformen mit sich: Kain opfert Getreidegarben, Abel die erstgeborenen Tiere seiner Herde. Alle Tiere und Feldfrüchte sind ja nur Leihgaben Gottes. Beide Brüder sind sie also fromm und bringen Gott ein Opfer. Sie möchten Gott damit danken und ihn bitten, daß er ihre Arbeit auch weiterhin segnet. Die Brüder sind sich untereinander einig: Abel zog in der Trockenzeit mit seinen Herden auf die abgeernteten Felder Kains; und der war froh über den Dung, die die Tiere auf seinen Felder hinterließen.

Doch eines Tages beim Opfer geschieht das Unerwartete: Gott sieht Abel und sein Opfer gnädig an, aber das Opfer Kains verwirft er. Wir wissen nicht, woran die beiden Brüder merken konnten, ob ihr Opfer angenommen war oder nicht. Jedenfalls hängt es nicht damit zusammen, daß Abel nun ein besserer Mensch und frommer gewesen sei als sein Bruder. Es liegt nur bei Gott, ob er ein Opfer annimmt oder verwirft. Kain kann es aber nicht ertragen, daß Gott so unabhängig handelt und allein der Herr seiner Entschlüsse ist. Seine Sünde ist, daß er dem Bruder die Gnade Gottes mißgönnt

Kain schaut hinüber zu seinem Bruder. Wie froh und friedlich sein Gesicht aussieht! Aber Kains Opfer will Gott nicht haben. Dabei ist er, Kain, doch der erstgeborene Sohn und hätte doch mehr Rechte als sein Bruder. In seinem Herzen steigt ein bitterer Zorn auf. Sein Gesicht ist verkrampft und verbissen, seine Lippen zusammengepreßt. Wütend springt er auf und, hebt die Faust gegen Gott. Nein, wenn Gott den Bruder vorzieht, dann will er von Gott nichts wissen. Er hat also keinen Zorn auf den Bruder, sondern auf Gott.

Kain mag seinen Bruder Abel gar nicht mehr ansehen. Immer, wenn er ihm begegnet, muß er denken: „Den hat Gott lieber als mich. Wenn er nicht wäre, hätte Gott mein Opfer sicher angenommen!“ In seinem Herzen setzen sich Neid und Zorn fest; er neidet seinem Bruder die Gnade, die ihm von Gott zuteil geworden ist.

Der Zorn Kains ist nicht typisch verbrecherisch, sondern typisch menschlich. Deshalb läßt Gott den Kain auch nicht laufen, sondern er warnt ihn und sucht ihn zu gewinnen. Er spricht mit ihm wie ein Vater und versucht ihn zu gewinnen. Er fragt Kian: „Warum ergrimmst du und warum verziehst du das Gesicht? Wenn du dich weiterhin fromm verhältst, dann bist du angenehm. Bist du aber nicht fromm, dann ruht die Sünde vor der Tür und nach dir hat sie Verlangen!“ Gott will den Kain also warnen vor der Sünde, die wie ein Raubtier sprungbereit vor der Tür liegt und nur darauf wartet, daß man sie bei sich einläßt.

Aber das Böse m u ß n i c h t über den Menschen herrschen. Der Mensch kann über sie herrschen, sie ist keine Schicksalsmacht. Gott bittet Kain doch nur, dem Bruder die Gnade zu gönnen. Es wird nicht erzählt, wie Kain auf die Anrede Gottes geantwortet hat. Es kommt nur auf die entscheidende Tat an.

Eines Tages sagt Kain zu seinem Bruder Abel: „Laß uns aufs Feld gehen!“ Aber er führt etwas Böses im Sinn. Als sie so auf dem Weg dahingehen, hebt Kain plötzlich einen großen Stein auf und haut ihn seinem Bruder auf den Kopf. Der sinkt zu Boden, und Kain schlägt in blinder Wut solange auf den Bruder ein, bis er sich nicht mehr rührt. Es ist zum ersten Brudermord gekommen.

Die Wurzel zu dieser furchtbaren Tat liegt in der Empörung gegen Gott. Aber Gott, den eigentlichen Schuldigen, kann Kain nicht von seinem Thron zerren. Dort kann er es nicht ändern, daß der gnädige Blick nicht auf ihn gefallen ist. Aber hier unten kann er es ändern. Kain sieht in seinem Bruder den Nebenbuhler, der ihm den Platz am Herzen Gottes streitig macht. Kain verfällt dem Wahn, daß der Platz frei würde, wenn der Bruder beseitigt ist. Als ob Gott seine Liebe nicht für alle bereit hätte! Gott hat ja nicht den Kain verworfen, sondern nur sein Opfer. Aber Gott hat den Kain weiterhin lieb und kümmert sich ja auch um ihn.

 

Das zeigt sich auch jetzt wieder: Gott schweigt nicht zum Mord, sondern zieht Kain zur Verantwortung. Er gibt ihm Gelegenheit zu einem Schuldbekenntnis und gibt ihm eine Chance zur Umkehr Er fragt ihn: „Wo ist dein Bruder Abel?“ So wie er schon der Adam gefragt hatte: „Wo bist du?“ so fragt er hier nach dem Mitmenschen. Hier ist nicht nur der leibliche Bruder

gemeint, sondern jeder Mensch, dem wir begegnen, auch der, dem wir nicht Bruder sein wollen. Mehr fragt Gott uns nicht: Wie wir zu ihm stehen und wie wir zu unserem Mitmenschen stehen. Und Gottes Wort will uns helfen, auf diese entscheidenden Fragen eine Antwort zu finden.

Kain erhält noch einmal die Gelegenheit zur Umkehr. Aber Kain ist viel tiefer verhärtet als Adam und Eva. Er lügt und rechtfertigt sich mit einer frechen Artwort: „Soll ich meines Bruders Hüter sein? Soll ich etwa noch den Hirten hüten?“ Der Bruder ist ihm einerlei. Sobald er im Weg ist, wird er beseitigt. Sobald das Verhältnis zum Bruder gestört ist, kann auch das zu Gott nicht gut sein (und umgedreht).

Kain lehnt jede Verantwortung für den Bruder ab. Aber darin zeigt sich die ganze Mordgesinnung des Menschen. Er sieht in dem anderen Menschen nicht mehr den Bruder, für den er verantwortlich ist, sondern den Konkurrenten, den er beseitigen muß. „Was geht mich der andere an?“ So sprechen die Kainsmenschen zu allen Zeiten.

Wenn Kain wenigstens jetzt die Wahrheit gesagt hätte! Er kann doch vor Gott nichts verbergen! Wenn es auch kein Mensch gesehen hat - das Blut Abels, das auf die Erde geflossen ist, schreit anklagend zu Gott. Das Blut ist der Sitz des Lebens. Aber nur Gott hat das Recht, das Leben zu geben oder es auch wieder zu nehmen. Deshalb ruft das Blut nun vom Ackerland aus zu Gott.

Gott müßte nun den Brudermörder vernichten. Aber er spricht ein anderes Urteil über ihn: „Verflucht seist du auf der Erde, die das Blut deines Bruders getrunken hat. Sie wird in Zukunft nichts mehr für dich wachsen lassen. Du kannst nicht mehr Bauer sein, sondern du wirst unstet und flüchtig sein auf Erden und immer von einem Ort zum anderen ziehen müssen!“ Diesmal wird aber nicht der Acker verflucht, sondern der Mensch muß jetzt vom Acker weggehen.

Das bedeutete für den damaligen Menschen den Untergang. Nur in seiner Familie war er geschützt; außerhalb seines Stammes war er rechtlos und vogelfrei. Aber er ist auch aus der Gemeinschaft Gottes ausgeschlossen. Das war damals die fürchterlichste Strafe, die einen Menschen treffen konnte. Kain hat nicht nur Ruhe und Seßhaftigkeit verloren, sondern auch die Gemeinschaft mit Gott.

Aber Kain bittet immer noch nicht um Gnade. Er kommt bei ihm nur zu einem dumpfen Aufstöhnen unter der Schwere der Strafe. Er erkennt auf einmal das ganze Ausmaß der Strafe: „Meine Sünde ist größer, als daß sie mir vergeben werden kann. Du treibst mich heute aus dem Land und ich muß mich vor dir verbergen und jeder, der mich findet, wird mich totschlagen!“

Doch es ist nicht zu begreifen: Gott will den Kain beschützen. Er übernimmt selber die Stelle des nahen Verwandten und verpflichtet sich zur Blutrache. Er sagt: „Nein, wenn einer Kain totschlägt, dann soll das siebenfach gerächt werden!“ Damit ist ein Schutzwall um jeden Menschen errichtet, der einen erneuten Mord verhindern will. Das Gesetz der Blutrache ist aufgehoben, Gott selber sorgt mit seinem Gesetz dafür, daß nicht einer der anderen umbringen darf.

Damit aber jeder merkt, daß Kain von Gott geschützt ist, macht Gott ein Schutzzeichen an seine Stirn. Kain gehört weiter zu Gott und steht unter seinem Schutz. Gott hat sogar den Brudermörder noch lieb. So hat Gott das letzte Wort behalten: Er wird dafür sorgen, daß der Totschlag nicht ewig weitergeht! Freilich: Kain muß seine Strafe tragen. Er muß in die Fremde und wird nie wieder ins Kulturland zurückkehren. Aber Gott ist auch in der Fremde bei ihm. Gott gibt ihn nicht auf.

 

Wir haben hier einen Kriminalfall erlebt, wie er eigentlich typisch ist. Es wurde uns deutlich, wie auf den ersten Ungehorsam des Menschen gegenüber Gott auch gleich der Bruch mit dem Bruder auf dem Fuß folgen muß. Es ist fast wie in einem Drama der alten Griechen. Aber Kain soll nun nicht einfach von der Bühne verschwinden und uns in dem gefährlichen Irrtum lassen, daß wir mit diesem finsteren Gesellen nichts zu tun haben. In der Gestalt Kains wird uns selber ein Spiegel vorgehalten. Nicht daß es so etwas gibt, soll uns beunruhigen, sondern daß wir alle selber so sind. Die Gestalt Kains trägt mein Antlitz und wir sind alle nicht besser als Kain.

Vom Neuen Testament her darf unsere Geschichte allerdings auch noch einen letzten Akt haben. Wir dürfen wissen: „Das Blut Jesu Christi redet lauter als das Blut Abels. Es hat auch den Brudermörder erlöst und durch Christus sind auch wir von aller unsrer Schuld losgesprochen.

 

Antwortgespräch:

Wir tragen ungefähr zehn Vornamen aus der Klasse zusammen und schreiben sie an die Tafel. Darunter sind auch einige biblische Vornamen, die durch weitere ergänzt werden. Wir stellen dabei fest: „Keiner heißt Kain!“ Und wenn wir alle Standesämter der Welt durchsuchen könnten: diesen Namen würden wir nicht finden.

Warum heißt keiner „Kain“? Weil man da immer an den Mord denken müßte, den der Kain verübte. Wir lesen die Geschichte und merken dabei an, was uns an Kain nicht gefällt oder was Gott dem Mörder an Schwerem auferlegt hat (Gott nicht gnädig, ergrimmte, erschlug, log Gott an, redete frech, Gott verfluchte ihn, brotlos, heimatlos, ruhelos ,glaubt nicht an Vergebung, verbirgt sich vor Gott). Deshalb will keiner „Kain“ heißen. Selbst in dem Roman von John Steinbeck „Jenseits von Eden“ heißt der Darsteller des Kain nur „Kai“.

 

In 1 .Joh 3,15 steht: „Wer seinen Bruder haßt, ist ein Totschläger!“ Wer also nur einen anderen Menschen haßt, der ist so wie Kain. Der Haß ist nur die Vorstufe zum Mord. Kain lebt also heute noch mitten unter uns und mitten in uns. Im Himmel sind wir alle als Kain aufgeschrieben. Wir sind auch als Adam aufgeschrieben, denn dieser Name hängt ganz eng mit Kain zusammen. Wir sind alle nur Adams­kinder und Kainskinder.

Aber in 1.Joh 3,1 steht: Wir sind auch Gotteskinder! Die beiden schrecklichen Namen, die im Himmel mit brandroter Schrift angeschrieben waren, sind durchgestrichen und darunter steht in leuchtenden Farben „Gotteskinder“.

Wir können ja alle beim Standesamt gegen Bezahlung eine Änderung unseres Namens vornehmen lassen. Aber im Himmel geht das nicht. Nur Christus konnte den Fluch über uns tragen und hat den Kainsnamen mit seinem Blut ausgestrichen. Wer zu Christus gehört, für den gilt wirklich: „Keiner heißt Kain!“

Ausgangspunkt für die Trennung unter den Menschen ist immer die Trennung von Gott. Wer ohne Beziehung zu Gott lebt, wer Gott los ist, der wird gottlos und hat auch keine rechte Beziehung mehr zu seinem Mitmenschen. Weil die Vertikale zerbrochen ist, zerbricht auch die Horizontale. Der Übermensch wird zum Untermenschen. Von Kains Tat geht eine Linie durch die Menschheitsgeschichte bis zu den Weltkriegen der Gegenwart, den Massenmorden mit Hilfe höchst entwickelter technischer Mittel, bis zum Atomkrieg und Bakterienkrieg der Zukunft.

Kains Antwort ist auch heute noch unsere Ausrede und Selbstanklage. Bis in das Zusammenleben einer Schulklasse hinein finden wir dieses Verhalten: Fast die ganze Klasse hatte die Hausaufgaben nicht gemacht, weil alle am Nachmittag vorher im Schwimmbad waren. Nur zwei Jungen waren fleißig und hatten alles. Der Lehrer stellte sie den anderen als gutes Beispiel hin. Aber eine Strafarbeit wäre ihnen lieber gewesen. Sie ärgerten sich über die Streber, obwohl die doch gar nichts Unrechtes getan hatten. Sie behandelten die beiden, als gehörten sie nicht mehr zu ihnen.

Nicht erst durch einen, Mord wird die Gemeinschaft gestört, sondern auch wenn man sagt: „Der kann mir gestohlen bleiben!“ Deshalb baut Gott eine unsichtbare Mauer um unsere Mitmenschen und macht uns für sie verantwortlich. Wenn wir uns also in der einen oder anderen Form an unsrem Nächsten vergreifen, dann geht das auch gegen Gott. Wir brauchen nicht stolz zu sein, wenn wir noch keinen Mord begangen haben. Bei Kain hat es auch damit angefangen, daß er sagte: „Ich kann den nicht mehr sehen!“ Gott will uns warnen und mahnt uns deshalb, schon den Anfängen zu wehren.

 

Kaufmann-Bilder „Der Mensch in der Mitte“:

(14) Kain droht seinem Bruder. Er kann es nicht mit ansehen, daß Gottes Wohlgefallen auf Abel und seinem Opfer ruht. Er lehnt den Bruder grundlos ab, weil er mehr Erfolg hat. Kain droht aber auch Gott, der alles so eingerichtet. Denn was hat Abel getan, daß Kain ihn hassen müßte? Alles, was Menschen einander zuleide tun, hat seine Ursache in der Auflehnung gegen Gott. Trennung von Gott ist Trennung vom Nächsten und umgekehrt; die soziale Frage ist nicht zu trennen von der Gottesfrage. So eng hat Gott uns miteinander verbunden, daß Haß gegen den Bruder auch Haß gegen Gott selbst ist. Kain ist ganz umfangen von der Schlange, so wie zwischen Adam und Eva etwas dazwischengekommen ist.

 

(15) Wieder taucht die Frage Gottes auf. Der Mensch versucht, aus dem Kreis zu fliehen; aber das ist unmöglich. Fliehen wollen und doch nicht fliehen können: das ist die Hölle (vgl. Ps 139; Schiller „Die Räuber“, Pastor-Moser-Szene; Shakespeare „Hamlet“: Claudius kann nicht beten). Wer es mit Gott zu tun bekommt, soll wissen: Dieser Gott kann einen jagen, bis man nicht mehr kann.

Die Frage nach dem Bruder hat Kain wie ein Scheinwerfer erfaßt Aber wohin soll er fliehen? Er ist ja umschlossen von dem „Ich bin der Herr, dein Gott!“ Gott zieht ihn zur Verantwortung und fordert Antwort von ihm. Kain wird es nun schwerer haben als alle anderen Menschen. Aber Gott gebietet doch der hemmungslosen Rache Einhalt. Die Menschen sollen sich nicht gegenseitig ausrotten, denn Gott ist allein der Herr, der über Leben und Tod gebietet.

 

(16) In der Geschichte von Kain und Abel hören wir unsere Geschichte. Ja, die Geschichte unseres Aufstiegs kennen wir. Aber der Abstieg geht genauso stufenweise vor sich. Auf welcher Stufe haben wir schon gestanden? Ist uns etwa Neid, Haß, Heuchelei und Lüge unbekannt? In der Bergpredigt lernen wir, daß auch das schon Mord ist (Mt 5,22).

Am Ende des Abstiegs steht die Verzweiflung. Gibt es dann noch einen Ausweg? Ja, wir bleiben immer noch in der Mitte. Wir müssen nicht untergehen wie in einem heimtückischen Moor.

Gott sieht uns auf dem Weg zum Abgrund. Auch der Abgrund ist noch von ihm umschlossen, auch wenn die Schlange die ganze linke Seite zu beherrschen scheint. Über alle Abgründe hinweg recht Gott dem Menschen wieder die Hand und zieht ihn wieder heraus. Es ist die Hand des Gekreuzigten, der uns wieder Leben geben kann. Wir brauchen diese Hand nur zu ergreifen, nur zu glauben, daß sie uns retten kann. „Erhalt uns, Herr, bei deinem Wort!“

 

Nachbemerkung:

Man darf nicht fragen, woher jemand hätte kommen können, der Kain totschlägt, wo doch nach der biblischen Erzählung nur seine Eltern leben. Ebensowenig kann man fragen, woher Kain seine Frau nahm, wo es mit dem Menschengeschlecht doch weiterging. Es wird uns hier auf den ersten Blättern der Bibel ja keine vollständige Menschheitsgeschichte geboten, sondern es werden uns nur Beispiele gezeigt, wie es im Leben eines Menschen zugeht.

 

 

 

Die Sintflut (1. Mose 6 - 9)

 

Hinführung:

Wir nennen Gott einen „lieben Gott“, weil er ja unser Vater ist, der uns liebhat. Wir merken das daran, daß er in allem für uns sorgt und weil er Jesus Christus zu uns geschickt hat. Aber ein Vater ist nicht immer nur lieb zu den Kindern. Wenn sie böse sind, dann wird ein rechter Vater sie auch strafen.

So hat auch Gott den Adam und den Kain strafen müssen. Aber er straft nicht immer gleich sofort: Er warnt und wartet und hat Geduld mit den Menschenkindern, so wie ein irdischer Vater oder ein Lehrer auch.

Aber wenn wir seine Geduld mißbrauchen, dann wird er uns richten. Er ist nicht nur der „liebe“ Gott, sondern auch ein strenger Richter. Deshalb sagt Luther auch am Anfang jeder Erklärung zu den Geboten: „Wir sollen Gott fürchten und lieben!“

Manche Leute meinen, es wäre besser gewesen, wenn Gott den Kain auch gleich zum Tode verurteilt hätte und mit ihm alle, die es so machen wie er. Dann sähe es vielleicht besser aus auf der Erde. Dann gäbe es nicht mehr soviel Krieg und Totschlag und all das, was das Leben so traurig macht. So hat sich auch Goethe geäußert: „Ich sehe die Zeit kommen, wo Gott keine Freude mehr an der Menschheit hat und er abermals alles zusammenschlagen muß zu einer verjüngten Schöpfung!“ Aber Gott tut es nicht. Er hat es bisher nicht getan. Dafür können wir nicht genug dankbar sein. Aber die Frage bleibt: Warum geht Gott nicht gegen so viele Übertreter seiner Gebote vor?

In den Erzählungen (Sagen) am Anfang der Bibel hören wir, wie die Sünde der Menschen immer mehr anwächst. Die ungeheure Schuld der Menschen wird sichtbar. Es handelt sich dabei nicht bloß um einzelne Akte, sondern das Innere des Herzens ist nicht in Ordnung. Die Menschen tun, was sie wollen, ohne nach Gott zu fragen.

Gott reut es schon, daß er die Menschen geschaffen hat. Der Erzähler scheut sich nicht, so menschlich von Gott zu reden. Und doch spricht er nicht nur von Schuld und Strafe, sondern als Drittes auch von der Gnade Gottes, die er ohne eine Vorleistung einem Menschen zuwendet. Gott macht nicht Schluß mit der Menschheit, sondern wendet ihr seine unbegreifliche Gnade zu.

Auch die Israeliten haben ihre Priester und Propheten gefragt, warum Gott nicht Gericht hält über die Welt und warum er nicht einfach die Menschen ausrottet. Gott hatte doch die Welt gut geschaffen: Warum paßt er nun nicht auf, daß sie auch gut bleibt?

Die Antwort der Menschen von damals ist in einer Beispielgeschichte erhalten, die wir heute in unserer Bibel finden. Dabei hat man eine alte Sage benutzt, um Antwort auf diese Frage zu geben und etwas über das Wesen Gottes auszusagen.

An sich ist diese Geschichte zweifach erzählt, von einem Priester und einem Propheten. Beide weichen in Einzelheiten etwas voneinander ab, aber im Grunde meinen sie doch das Gleiche.

Wenn wir allerdings heute die Bibel aufschlagen, können wir nicht mehr so ohne weiteres merken, was nun der Priester und was der Prophet gesagt hat. Aber die theologische Wissenschaft hat das erforscht, welcher Satz von wem stammt. So wollen wir heute diese Geschichte mit verteilten Rollen lesen, so wie etwa Priester und Prophet gemeinsam eine Antwort auf die Frage geben wollten, warum Gott auch die bösen Menschen weiterleben läßt.

 

Erzählung bzw. Lesung:

(6,1) Priester: Die Menschen auf der Erde wurden immer mehr: Sie waren kluge und geschickte Leute, tüchtige Viehzüchter, Schmiede, Künstler. Sie bauten sich feste Städte und richteten sich das Leben so bequem wie möglich ein. Aber sie waren gottlos und voller Rachsucht gegenüber ihren Mitmenschen. Einer schlug den andern tot und Gott war ihnen gleichgültig. Sie hatten ja genug zu essen und zu trinken, da brauchten sie keinen Gott. Sie nahmen die Gaben der Schöpfung gerne hin, aber um der Schöpfer kümmerten sie sich nicht.

(6,4) Wo es ging, hat einer den anderen übervorteilt. Gott wollte allen gleichmäßig viel geben. Aber nun unterdrückter die Starken die Schwachen und beuteten sie aus. Doch wer so etwas tut, der stellt sich damit gegen Gott selber.

 

(6,5) Prophet (ruft dazwischen): Aber schuld daran sind die Menschen. Sie sollten über die Erde herrschen und sie bewahren, damit alles gut bleibt. Aber sie haben alles verdorben. Das Dichten und Trachten des menschlichen Herzens ist böse von Jugend an. Ihr Denken und Tun ist nicht mehr von Gott bestimmt, sondern es kommt aus ihrem eigenen Herzen. Was aber aus ihnen selber kommt, das kann nur böse sein. In allem steckt dieses Gift und reißt sie wie eine Lawine mit in die Tiefe.

 

(6,8) Priester: Da war aber doch ein Mann, der noch auf Gott vertraute. Bei allem, was er tat, überlegte er sich zuerst: Ich will erst einmal hören, was Gott wohl dazu meint. Dieser Mann hieß Noah. Er war Gott ganz zugewandt. Er war für Gott recht und Gott hatte ihn lieb. Wenigstens dieser eine Mensch sagt „Ja“ zu Gottes Willen und ist ihm gehorsam.

(6,11) Deshalb läßt Gott ihr nun auch wissen: Die Menschen haben die ganze Welt, die ich geschaffen habe, verdorben. Der Mensch sollte das Ebenbild Gottes sein, ein Herrscher, aber auch ein Bruder. Aber nun ist alles verdorben. Was aber schon verdorben ist, das soll nun ganz verderbt werden. Alles soll untergehen, das ganze Weltall soll zusammenstürzen. Auch die Tiere sollen mit daran glauben müssen. Und das ist alles Schuld der Menschen. Sie hatten die Verantwortung für die ganze Schöpfung. Nun muß mit ihnen auch alles andere untergehen.

 

Prophet (ruft leidenschaftlich dazwischen): Ihr dürft nicht denken, daß Gott das einfach so dahingesagt hat. Nein, Gott ist traurig darüber, daß die Menschen die .Welt so verdorben haben. Er hat ja doch die Menschen lieb. Er will ja nicht aus einer Laune heraus die Menschen vernichten, sondern sein Zorn über die Sünde führt ihn zu diesem Todesurteil. Aber er trägt auch Leid um den Menschen und ist bekümmert in seinem Herzen.

 

(6,14) Priester: Aber zu Noah sagt Gott: „Mache du dir eine Art Hausboot aus Tannenholz mit lauter Kammern drin. Außen und innen mußt du es gut mit Teer verstreichen. Ich will dir auch sagen, wie groß diese Arche sein soll: 300 Ellen lang und 50 Ellen breit und 30 Ellen hoch. Oben drauf muß es ein Dach haben und an der Seite eine Tür. Drei Stockwerke sollen es insgesamt werden!“ Noah hat sich sicher gewundert über diesen seltsamen Befehl. Noah soll auf dem trockenen Land eine Arche bauen.

Als er damit anfängt, kommen die Nachbarn alle und fragen neugierig, was er denn vorhat. „Ich will ein Schiff bauen!“artwortet Noah. Da können sie sich vor Lachen kaum noch halten und denken: Noah ist ja nun wohl total verrückt geworden!

Aber Noah läßt sich nicht beirren. Im blinden Vertrauen auf Gott tut er alles, was der ihm gebietet, so seltsam es ihm auch erscheinen mag. Er fragt auch nicht näher, warum das Schiff unbedingt so aussehen soll. Er weiß: Gott hat sein Geschick jetzt in die Hand genommen, da brauche ich nicht weiter zu fragen. Noah wird aber dadurch auch auf die Probe gestellt, ob er Gott auch gehorcht. Gott allein handelt und Noah empfängt nur.

(7,17) Erst als das Boot fertig ist, sagt Gott zu Noah: „Ich will eine große Flut auf die Erde kommen lassen und will alles, was auf der Erde lebt, verderben lassen. Aber mit dir will ich einen Bund schließen: Du sollst in die Arche gehen mit deiner Frau und deiner drei Söhnen und ihren Frauen. Und von allen Tieren sollst du je ein männliches und ein weibliches Tier mit hineinnehmen. Die sollen mit dir am Leben bleiben. Auch zu essen mußt du etwas mitnehmen, damit ihr und die Tiere Nahrung habt!“ Noah tut alles, wie Gott es ihm befohlen hat.

 

(7,1) Prophet: Ja, Noah und alle, die zu ihm in die Arche hineingingen, sollen gerettet werden. Aber nur Gott allein kann sie retten aus der Gericht. Gott selber schließt hinter Noah die Tür zu, als er mit seiner Familie und den Tieren in die Arche hineingegangen ist.

(7,11) Die anderen aber müssen draußen bleiben. Jetzt ist es zu spät, als ihnen plötzlich die Erkenntnis kommt. Denn nun bricht ein furchtbares Unwetter über die Erde los. Es ist schon schlimm, wenn in Palästina zu Beginn der Regenzeit das Wasser nur so vom Himmel stürzt und die ausgetrockneten Bäche in unvorstellbarer Schnelle erwachsen. Und nun regnet es vierzig Tage und vierzig Nächte ununterbrochen. Alles Land wird überschwemmt und alles geht unter. Nur die Arche wird emporgehoben und schwimmt über dem Wasser.

 

Priester (unterbricht): Das ist ja noch gar nichts, was du sagst. Es war ja alles noch viel schlim­mer: Oben im Himmelsgewölbe öffneten sich die Fenster und der ganze Himmelsozean brach herein. Und von unten brachen die Quellen auf und ergossen ihr Wasser über die Erde. Und das nicht nur 40 Tage lang, sondern 150 Tage. Das ganze Schöpfungswerk drohte wieder im Chaos zu versinken.

(7,20) Schließlich steht auch der höchste Berg unter Wasser. Der Wasserspiegel ist noch 15 Ellen höher als die höchsten Bergspitzen, so daß die Arche des Noah über alle Berge hinfahren kann. Alles wird zerstört. Nur der, den Gott selber rettet, kann gerettet werden, sonst niemand.

Auch Noah weiß: Er ist ganz der Führung Gottes preisgegeben. Das Schiff hat kein Steuer und keinen Steuermann. Nur Gott wird es lenken. Er wird es schon den rechten Weg durch die Fluten führen, damit es nicht an den Bergen zerschellt oder von den Wogen zerschmettert wird. Vielleicht werden die Menschen in der Arche doch manchmal verzagt gefragt haben: Ob das wohl ein gutes Ende nehmen wird? Hat Gott uns vielleicht vergessen? 

(8,1) Nein, Gott vergißt die nicht, die ihm ihr Leben anvertraut haben. Gott denkt an Noah. Und nach 150 Tagen verschließt er die Himmelsfenster wieder und verstopft die Quellen und läßt einen Wind über die Erde wehen, so daß die Wasser wieder zurückgehen. Langsam versickert das Wasser wieder. Und eines Tages merken die Menschen in dem Schiff: Sie sind auf Grund gelaufen! Die Arche hat sich auf dem Berg Ararat festgesetzt, dem höchsten der damals bekannten Berge.

(8,4) Aber nur langsam verzieht sich das Wasser. Noah weiß nicht, wie es draußen aussieht, denn die Arche hat ja keine Seitenfenster. Aber Gott wird schon wissen, wann es Zeit ist, aus dem Kasten herauszugehen.

 

(8,8) Prophet: Nach 40 Tagen lädt Noah eine Taube aus der Dachluke herausfliegen. Doch die Taube kommt wieder zurück, weil sie noch kein festes Land gefunden hat. Noah holt sie wieder in die Arche hinein. Nach sieben Tagen läßt er sie noch einmal fliegen. Diesmal bringt sie einen Ölzweig mit und verheißt damit die gute Botschaft: Die Bäume sehen schon aus dem Wasser heraus, die Erde beginnt wieder zu grünen. Aber Noah wartet noch einmal sieben Tage, ehe er die Taube noch einmal fliegen läßt. Diesmal kommt sie nicht wieder zurück, denn sie hat wohl einen Fleck gefunden, wo sie sich niederlassen kann. Da nimmt Noah das Dach -der Arche ab und sieht, daß die Erde trocken ist.

 

(8,16) Priester: Aber Noah geht erst aus dem Schiff, als er von Gott den Befehl dazu erhält. Da ziehen Noah und seine Frau, seine Söhne und deren Frauen aus der Arche heraus. Und mit ihnen all die Tiere, die die große Flut überlebt hatten. Sie freuen sich, daß sie nach der langen Gefangenschaft wieder im Freien sind und sie zerstreuen sich, ein jedes an den Ort, wo es sich am wohlsten fühlt.

 

(8,20) Prophet: Noah aber hat noch etwas Wichtigeres zu tun. Er ruft: „Wir wollen Gott danken, daß er uns am Leben erhalten hat!“ Und er baut einen Altar und brachte Dankopfer dar. Noah weiß genau: Eigentlich hätte er es genauso wie die anderen verdient.

Allein durch Gottes Güte ist er gerettet worden. Nicht einmal sein Opfer hätte Gott versöhnen können. Gott selber will weiter mit dem Menschen zu tun haben.

(8,21) Er weiß aber auch: Die aus der Flut heraus geretteten Menschen sind auch nicht besser als die, die nun umgekommen sind. Auch jetzt gilt noch: „Das Dichten und Trachten des menschlichen Herzens ist böse vor Jugend auf!“. Doch Gott will die Menschen nun nicht mehr so verderben wie in der Sintflut. Selbst das Böse im Menschen soll nicht mehr imstande sein, den gnädigen Willen Gottes umzustoßen.

Mit der Errettung Noahs ist die Welt nicht besser geworden. Aber die Menschheit besteht bis heute weiter, auch wenn sie nicht mehr auf Gott hört. Denn Gott hat sich gesagt: „Ich will hinfort nicht mehr die Erde verfluchen um der Menschen willen, die Welt soll nicht mehr um der Schuld der Menschen willen verderben

Die ganze Menschheit hat also nun das Geschick Kains erfahren: Gottes Gericht, aber schließlich doch noch Gottes Gnade. Gott hält schon Gericht über den, der Böses tut. Aber seine Gnade steht auch über dem, der ihm gehorcht. Und je größer der Abfall des Menschen von Gott ist, desto größer wird seine Gnade.

 

(9,1) Priester: Gott segnete den Noah und seine Söhne und sagt wieder zu ihnen: „Seid fruchtbar und mehret euch und füllet die Erde!“ Damit ist die Rettung erst richtig zum           Abschluß gekommen. Aber es ist nicht wieder sowie wie in dem Garten, den Gott zuerst den Menschen gegeben hatte.

(9,2) Gott schafft nun neue Ordnungen für das Leben nach der Sintflut. Im Verhältnis des Menschen zu den Tiere-tritt eine Wandlung ein: Gott gibt den Menschen nun auch die Tiere zur Nahrung. Sie werden nun in Furcht und Schrecken vor dem Menschen sein, die gute Herrschaft des Menschen über die Kreatur wird zur Gewaltherrschaft. Es wird keinen Frieden mehr in der Welt geben.

(9,4) Nur das Blut der Tiere darf der Mensch nicht essen, denn es ist der Sitz des Lebens und das Leben gehört Gott, und der Mensch darf sich nicht die Lebenskraft der Tiere aneignen.

(9,5) Auf der anderen Seite wird das Leben des Menschen besonders geschützt.

Gott will, daß  kein Menschenblut mehr vergossen wird. Kains Brudermord soll nicht allgemein werden. Die Menschen sind Brüder und Gottes Ebenbild, an dem sich niemand vergreifen darf. Nicht einmal ein Tier darf den Menschen töten, ohne dafür mit dem Tod bestraft zu werden. Auch das Leben des Menschen gehört Gott, und wer es angreift, der greift Gott an. (9,6) Der Wächter über dieses Gebot Gottes wird der Mensch selber sein. Deshalb sorgen auch heute noch die Polizei und die Gerichte dafür, daß kein Mörder ohne Strafe davonkommt. Wer Menschenblut vergießt, dessen Blut soll durch Menschen wieder vergossen werden, war der Rechtssatz der Alten.

(9,9) Dann schließt Gott einen Bund mit Noah. Doch er diktiert den Menschen nicht seine Friedensbedingungen, sondern verpflichtet sich freiwillig zu einem Bündnis, in dem allein Noah der Beschenkte ist: Gott will in Zukunft nicht wieder die Menschen und Tiere vernichten, auch wenn sie böse sind.

(9,12) Zum Zeichen seines Bundes will Gott den Regenbogen an den Himmel setzen. Der Regenbogen ist der weggestellte Kriegsbogen Gottes. Er ist nicht nur zeitweise weggestellt, sondern für immer.

Zum Zeichen seines Bundes will Gott den Regenbogen an den Himmel setzen. Der Regenbogen ist der weggestellte Kriegsbogen Gottes. Gott will ihn nicht nur zeitweise wegstellen, sondern für immer. Er will nicht mehr Krieg gegen die Menschen führen. Immer wenn er

den Regenbogen sieht, will er sich an seinen Bund mit Noah erinnern. Und auch die Menschen sollen dann wissen, wenn sie den Regenbogen sehen: Gott ist uns gut!

 

Antwortgespräch:

Gott schließt einen Bund mit Noah (1. Mose 9,9): Noah ist nicht besser als alle anderen Menschen (vgl. 8,21). Bei dem Priester wird zwar seine allgemeine Frömmigkeit und Tadellosigkeit erwähnt, man kann auch darauf verweisen, daß Noah doch Gott gehorsam war und dem absurden Befehl zum Bau der Arche folgte. Aber letztlich wird er doch auf Grund der freien Gnadenwahl Gottes bewahrt.

Die Grunderfahrung jener Menschen wird besonders deutlich in den Selbstgesprächen Gottes (6,5-8 Prolog, 8,21-22 Epilog). Aber der gleiche Befund, der zunächst Gottes Strafgericht begründete, führt am Ende zur Gnade und Nachsicht Gottes. Die Menschen bleiben schlecht. Wenn Gott Gerechtigkeit walten lassen wollte, dann müßte er sie auch weiterhin strafen. Aber seine Gnade ist mächtiger als seine Gerechtigkeit bzw. Gottes Gerechtigkeit schließt die Gnade mit ein. In Ps 103,8 ist das so formuliert: „Gott ist barmherzig und gnädig, geduldig und von großer Güte!“

Wir müssen uns davor hüten‚ Gott nur als den überstrengen und furchtbaren Richter zu sehen. Er ist aber auch nicht ein nachsichtiger Verwalter der billigen Gnade. Seine Barmherzigkeit ist nur stärker als seine Gerechtigkeit, er bleibt den Menschen trotz ihrer fortdauernden Verkehrtheit zugewandt. Er verpflichtet sich freiwillig zu einem Bündnis, in dem Noah allein der Beschenkte ist: Gott will in Zukunft nicht wieder Menschen und Tiere vernichten‚ auch wenn sie böse sind.

Die Menschheit wird hier als eine Gemeinschaft angesehen und beurteilt. Aber in dieser total verkehrten Menschheit findet Gott noch einen Ansatzpunkt in Noah, der der Gnade Gottes mit seinem Gehorsam entspricht. Hier leuchtet erstmals der Gedanke eines „heiligen Restes“ auf, der dann später bei den Propheten eine so große Rolle spielt.

Wir denken hier allerdings auch an den ewigen Bund, den Gott uns in Jesus Christus geschenkt hat. Wir brauchen keine Arche und keinen Regenbogen mehr, sondern wir haben das Kreuz als unser Bundeszeichen, mit dem wir durch die Taufe verbunden wurden. Dadurch allein kann es zur Tilgung der Sünde und zur Erneuerung des Menschen kommen. Davon aber kann erst das Neue Testament sprechen (1. Petr. 3,21 und 2. Petr. 3).

So können auch Geschichten, die nicht so passiert sind, doch „wahr“ sein. Sie machen anschaulich, was man sich sonst nicht vorstellen kann.

 

 

Die Völkertafel (1. Mose 10)

Auch heute noch träumen die Menschen davon, eine Welt zu schaffen, in der es nur gute Menschen gibt. Es soll einmal eine Zeit kommen, in der alle Klassengegensätze und sonstigen Unterschiede aufgehoben sind, und dann sei es auch nicht mehr nötig, daß noch ein Mensch den anderen bekämpft. Alle politischen Heilslehren aus Vergangenheit und Gegenwart verkünden das.

In der Bibel wird diene Frage nüchterner beurteilt. Da heißes: „Das Dichten und Trachten des menschlichen Herzens ist böse von Jugend auf!“ Das Böse wird sich niemals aus den Menschen ausrotten lassen. Auch wenn man die bösen Menschen umbringt, wird das Böse doch noch in anderen wieder auftauchen. Es ist nun einmal - wie es uns die Bibel sagt - in die Welt hineingekommen, nun kann es nur noch von Gott selber überwunden werden.

Wir werden immer auf die Vergebung Gottes und die Erlösung durch Jesus Christus angewiesen sein. Wir können uns nicht selber von unsrem bösen Herzen befreien, auch wenn uns andere Menschen noch so große Versprechungen machen. Wir müssen mit Bösem in uns leben. Aber Gott will uns dabei helfen.

Mit dieser Einsicht kommen wir weiter als all die Menschen, die uns eine schöne neue Welt ohne Haß und Leid versprechen. Denn wenn diese merken, daß ihr Weg sich nicht gehen 1äßt, dann greifen sie zur Gewalt. Sie wollen ihre Ziele dann mit Gewalt durchsetzen, machen sich dabei aber erst recht schuldig. Und anstatt es besser zu machen, wird es nur noch schlimmer. Da. ist es schon besser, wir hören auf Gott und betrachten unseren Zustand ehrlich und nüchtern und versuchen, das Böse in uns so gut es geht mit Gottes Hilfe einzudämmen.

 

Es sieht so aus, als habe sich der Segen über Noah und seine Familie sehr sichtbar ausgewirkt: die Menschen sind wieder sehr zahlreich geworden und haben sich in viele Völker aufgeteilt. Aber das muß nicht unbedingt heißen, daß sie sich untereinander uneinig sind. In 1.Mose 11 jedenfalls sieht es so aus, als sei die Menschheit eine große Einheit, die sich gemeinsam an ein großes Werk macht.

In „Völkertafel“ von 1. Mose 10 werden uns die im 7. Jahrhundert in Israel bekannten Völker aufgezählt. Israel ist darin ein Volk neben anderen Völkern. Es nimmt nicht einmal einen besonderen Platz ein. Im Gegenteil: Israel selber wird gar nicht genannt. Erst aus 1.Mose 11, 10-26 können wir entnehmen: „Arpackschad“ ist ein Stammvater Abrahams und damit auch ein Stammvater Israels.

Alle anderen Völker im Umkreis Israels führen ihre Herkunft auf eine Gottheit zurück, um damit zu zeigen, daß sie ein göttliches Volk sind. Das Volk Israel dagegen muß sich sagen lassen, daß es ein unscheinbares Volk unter vielen Völkern ist und seine Herkunft in keiner Weise auf Gott zurückgeführt werden kann. Was Israel mit Gott erlebt, das geht nicht auf' eine ferne Vergangenheit zurück, sondern hat sich in der Geschichte des Volkes ereignet.

 

Wir wollen als nächstes eine Geschichte hören, in der deutlich wird: Nicht nur der Einzelmensch wird schuldig, sondern auch die Menschheit insgesamt. Sie schließt sich zu großen Gemeinschaften zusammen, um ohne Gott etwas zu erreichen. Je mehr sich die menschlichen Gemeinschaften erweitern und immer neue Räume umspannen, desto mehr wächst auch die Sünde der Menschen, so ist die Aussage der Erzählung.

 

 

Der Turmbau zu Babel (1. Mose 11,1-9)

 

Hinführung:

Wenn wir unsere Tageszeitungen lesen, dann berichten sie und nicht nur von erfreulichen Dingen, sondern sie sind voll von schlechten Nachrichten. Überall hören wir davon, daß sich die Völker nicht einigen können und daß Krieg in der Welt herrscht. Wir lesen solche Nachrichter mit großer Besorgnis, denn uns betrifft es ja auch und es kann uns vielleicht sehr bald noch sehr viel mehr betreffen. Denken wir nur daran, was unsere Großeltern unter der Uneinigkeit der Völker zu leiden hatten, die zu zwei Weltkriegen geführt hat. Millionen Männer, Frauen und Kinder mußten damals sterben. Und auch danach hat es weiter Kriege gegeben, wenn nicht bei uns, so doch bei anderen.

Auch die Israeliten hatten unter der Uneinigkeit der Völker zu leiden. Sie erlebten die Uneinigkeit im eigenen Volk, denn das große Reich des Königs David war geteilt worden. Die Kriege zwischen den Ägyptern und Assyrern bzw. später den Babyloniern zogen ihr Land stark in Mitleidenschaft. Deshalb fragten sie sich: „Woher kommt die Uneinigkeit der Völker?“

Wir hatten schon herausgestellt: Die Uneinigkeit und der Haß kommen aus dem Streben nach Gebietserweiterung, Neid auf die wirtschaftlichen Erfolge des anderen Landes, aus dem Streben nach der Weltherrschaft. Um also künftig Haß und Krieg zu vermeiden, müßte man auf Gebietserweiterungen und Weltherrschaftspläne verzichten. Es hat ja auch Einrichtungen gegeben, die sich diesem Ziel widmeten. Aber der Völkerbund konnte den Zweiten Weltkrieg nicht verhindern und auch heute kann die UNO nur notdürftig die Völker zusammenhalten und Kriege kaum verhindern. Diese Uneinigkeit der Völker ist Anzeichen für eine sehr tiefliegende Krankheit.

In unserer Bibel steht ein Versuch, eine Antwort auf die Frage zu finden: „Woher kommt die Uneinigkeit der Völker?“ Der prophetische Erzähler von 1.Mose 11 hat dazu eine alte Sage verwendet, die man sich in Palästina erzählte. Aber er hat damit wiederum nicht eine interessante Begebenheit weitersagen wollen, sondern er will uns etwas sagen über das Wesen des Menschen.

Wir stellen uns vor: Da ziehen zwei Kaufleute durch das Zweistromland zwischen Euphrat und Tigris. Es ist sehr heiß und sie sind froh, wenn der Tag bald zu Ende ist. Ihre Kamele mit den schweren Lasten brauchen auch Ruhe. Sie halten Ausschau nach einem geeigneten Lagerplatz. Da sehen sie vor sich einen kleinen Hügel, an dem sie gut ihr Lager aufschlagen könnten. Doch als sie näher kommen und ihre Zelte aufbauen, da merken sie: Das ist ja gar keine natürliche Erhebung, sondern das ist ja ein riesiger Schutthaufen. Überall liegen noch gebrannte Steine herum und Scherben von Ziegeln. Und wenn man genau hinsieht, dann meint man sogar noch Reste von Mauern und Häusern erkennen zu können: Sie sind an einem der vielen Ruinenhügel angekommen, deren es viele im Zweistromland gibt.

Als sie am Abend noch etwas zusammensitzen, fragt der eine: „Wie kommt es wohl, daß hier ein großer Schuttberg liegt?“ Der andere weiß zu antworten: „Da erzählt man sich eine alte Sage von einer großen Stadt und einem hohen. Turm. Ich will einmal versuchen, ob ich sie noch zusammenkriege. Jedenfalls sind das hier die Überreste, mehr ist nicht von all dem geblieben. Einst stand hier die große Stadt Babel, die sich selbst als „Tor Gottes“ bezeichnete. Aber nun ist sie in Nichts zerfallen.

 

Wir wissen heute genauer Bescheid über die Stadt Babel. Zwischen 1899 und 1917 hat der deutsche Gelehrte Koldewey die Stadt Babylon, wie sie zur Zeit Nebukad­nezars II. (634-561 vCh) aussah, wieder ausgegraben. Heute noch können wir im vorderasiatischen Museum in Berlin die ganze Pracht der Prozessionsstraße aus Babel mit dem Ischtartor sehen. Die Wände der Straße sind aus blauen und gelben Glasziegeln, in die Darstellungen von gewaltigen Tierfiguren eingelegt sind. Auch in Palästina hat man von dieser Stadt und ihren Prachtbauten erfahren.

 

Babylon war mehr als siebenmal so groß wie Jerusalem. Seine Festungsmauer war mindestens 15 Kilometer lang. Sie bestand aus zwei parallel verlaufenden Lehmmauern von je 7 Meter Dicke. Dazwischen war ein 12 Meter breiter Zwischenraum, der aufgefüllt war und als Straße diente. Notfalls konnte der Zwischenraum auch mit Wasser überflutet werden und er gab dann einen zusätzlichen Schutz.

Das Wichtigste an diese, für die damalige Zeit ungeheuer großen, Stadt wer der riesige Stufenturm, die sogenannte „Ziggurat“. Dieser Turm stand inmitten eines riesigen Tempelbezirks (456 x 412 Meter). Die unterste Stufe hatte eine Seitenlänge von rund 90 Metern. Darüber erhoben sich dann 6 oder 7 weitere Stufen, die jeweils etwas kleiner waren als die vorhergehende, so daß der ganze Turm etwa 90 Meter hoch war. Er war ganz massiv und bestand in seinem Kern aus an der Sonne getrockneten Ziegeln und aus gebrannten Ziegeln als erster Schutzschicht.

Den Zugang zu den oberen Stufen vermittelten drei Treppen: eine stand im rechten Winkel zur Fassade und führte bis auf die zweite Stufe. Die beiden anderen lehnten sich an die Fassade an und führten nur bis zur ersten Stufe, die etwa 30 Meter hoch war. Sicherlich waren auch die anderen Stufen durch Treppen miteinander verbunden.

Die oberste Stufe war ein Tempel von etwa 6 Meter Höhe. In ihm soll ein großes Bett gewesen sein und davor ein goldener Tisch. Hier soll einmal eine Frau übernachtet haben, die der Gott Marduk (der Stadtgott von Babylon) sich selbst ausgesucht hatte. Hier hatte also der Gott seine Wohnung. Hier kehrte er zunächst ein, wenn er die Menschen besuchte. Und. dann sollte er die vielen Stufen hinuntersteigen und in den unteren Tempel am Fuß des Turmes kommen. Der Turm sollte also eine Verbindung zwischen der göttlichen und der menschlichen Welt herstellen und war eine Art „Himmelsleiter“, durch die die Gottheit genötigt werden sollte zu den Menschen herunterzukommen.

Man hat ja an vielen Orten geglaubt, die Götter wohnten auf einem Berg und stiegen vom Himmel herab auf die Berge, um den Menschen zu begegnen. Der Turm von Babel ist aber die Nachbildung eines Berges. Da man in der babylonischen Tiefebene keine Berge hatte, hat man sich einfach einen gebaut, um mit der Gottheit in Verbindung zu kommen.

 

Voller Stolz schauten die babylonischen Herrscher auf ihre Tempeltürme. Für Israel aber waren sie das Zeichen für die menschliche Selbstvergottung und für den Übermut der Menschen.

In Jerusalem hatte man ja nur den Tempel, der so groß war wie eine gewöhnliche Stadtkirche. Die anderen Völker waren überhaupt viel mächtiger und hatten viel größere Städte und Bauten. Warum hatte Gott da gerade das kleine Volk Israel erwählt, daß es sein Volk sein sollte?

So fragte man sich doch in Israel. Warum hat er nicht die Ägypter mit ihren großen Pyramiden erwählt oder die Babylonier mit ihrem Turm? Um Antwort auf diese Frage zu geben, erzählte ein Prophet dem Volk Israel, was die großen Türme im Zweistromland zu bedeuten haben und was es mit dem Turm von Babel für eine Bewandtnis hat. Diese Sage hat dann der Kaufmann seinem Kollegen am Abend an dem Hügel erzählt.

 

Erzählung:

Vor alten Zeiten lebten alle Menschen zusammen wie ein einziger großer Nomadenstamm. Sie zogen alle umher von einem Weideplatz zum anderen. Sie lebten beieinander in ihren Zelten und hatten alle nur eine Sprache und alle Worte hatten nur eine einheitliche Bedeutung.

Eines Tages aber brechen sie ihre Zelte im Gebirge des Ostens ab und ziehen nach Westen. Dort finden sie eine große fruchtbare Ebene, das Land „Sinear“, das „Zweistromland“ im heutigen Irak. Weil es so ein furchtbares Land war, wollten sie auch dort wohnen bleiben. Und nicht mehr in Zelten, sondern in festen Häusern.

Aber in der Ebene gibt es keine Steine zum Hausbau. Doch die Leute wissen sich zu helfen! Sie sprechen: „Laßt uns Ziegel streichen und hart brennen!“ Sie graben Lehm aus, formen daraus Steine und lassen sie an der Sonne trocknen. Schon haben sie Steine für ihre Häuser. Aber einer kommt auf eine noch bessere Idee: Wenn man die Steine im Brennofen brennt, dann werden sie viel fester. Mit den gebrannten Backsteinen aber kann man auch noch festere Häuser bauen. Und wieder einer entdeckt im Boden an einer Stelle „Erdharz“, eine ölige Masse, die beim Erhitzen zu Teer wird. Damit kann man aber gut die Steine miteinander verbinden und hat so einen festen Mörtel für die festen Häuser.

Wir können schon verstehen, daß diese Leute stolz waren auf ihre Erfindung. Mit ihrer Tat beginnt der Fortschritt. Das entspricht ja auch ganz den Willen des Schöpfers: Wir sollen ja alle unseren Geist und unsere Erfindungsgabe einsetzen. Aber diese Menschen stehen nicht im Dienst Gottes, sondern sie sind auf ihren eigenen Ruhm bedacht.

Sie sagen: Wir schaffen alles, wenn wir nur zusammenhalten. Wir brauchen uns nur gemeinsam anzustrengen, dann wird uns alles gelingen. Keine Macht der Welt ist stärker als wir. Wir werden uns eine große feste Stadt bauen, aus der uns niemand verjagen kann. Von hier aus regieren wir die Welt. Noch in den fernsten Zeiten wird man von uns reden! Nun sind wir so groß wie Gott!

Aber die Stadt allein genügt ihnen noch nicht. Sie wollen einen Mittelpunkt haben, der alles andere überbietet. Gemeinschaft gibt es nur, wenn ein Glaube oder eine Weltanschauung die Menschen verbindet. Sie wollen der Abhängigkeit von Gott entfliehen, sie möchten sich über die Vergänglichkeit hinwegtäuschen.

Sie sagen: „Auf, wir wollen einen Turm bauen mitten in der Stadt, der bis an den Himmel reicht. Damit wollen wir uns einen Namen machen in der ganzen Welt, damit man überall von uns erzählt!“ So waren ja auch die Pyramiden in Ägypten gedacht oder wenn eine Stadt nach dem Namen eines Herrschers benannt wurde (Alexandria, Konstantinopel), dann wollte man den Namen dieses Herrschers unsterblich machen.

Diese Menschen wollen also nicht mehr Gottes Werke loben, sondern ihre eigenen Leistungen. Sie halten sich selbst für groß und brauchen Gott nicht mehr: Sie wollen ihn nicht mehr fürchten und lieben und verlieren ihn aus den Augen.

Nach der Meinung dieser Menschen besteht die Welt aus drei Stockwerken: unten ist die Totenwelt, in der Mitte wohnen die Menschen und oben ist der Wohnort Gottes. Der Ungehorsam dieser Menschen besteht nun darin, daß sie die Grenze nach oben durchstoßen wollen, daß sie in den Bereich Gottes eindringen wollen. Ein überwältigender Fortschritt unterstützt sie bei ihrem Vorhaben.

Viele tausend Arbeiter stehen an dem großen Fluß Euphrat und formen Backsteine und brennen Ziegel. Sie brauchen ja unheimlich viel davon für ihren Turm, dessen unterstes Stockwerk 90 Meter lang und 90Meter breit ist und der 90 Meter hoch werden soll. Ein richtiger Berg entsteht.

Und oben drauf ein Tempel für den Gott Marduk, den sie zum Stadtgott ihrer Stadt Babel machen. Gott, den Schöpfer Himmels und der Erde haben sie vergessen. Nun machen sie sich auch noch einen eigenen Gott. So weit ist es mit den Menschen gekommen Mit Adam und Eva hat das Böse angefangen. Jetzt aber hat es seine letzte Steigerung erfahren.

Aber diese Menschen hier bilden sich sogar ein: Nun haben wir von uns aus eine Verbindung mit der Welt Gottes hergestellt. Jetzt heben wir eine Treppe gebaut, auf der Gott zu uns her­niedersteigen kann. Ja, er m u ß sogar zu uns herabsteigen, wenn wir es wollen und auf uns hören. Gott soll tun, was sie wollen: Sie werden sein wie Gott!

Wie wird Gott sich nun verhalten? Gott kommt wirklich zu den Menschen, um den Turm und die Stadt zu besehen. Die Menschen dachten, sie hätten einen Turm bis in den Himmel gebaut. Aber in Wirklichkeit ist er so klein, daß Gott erst herabkommen muß, um ihn überhaupt zu sehen. Von seiner Sicht her ist das unten alles wie ein Ameisenhaufen mit einem winzigen Bauwerk in der Mitte. Damit ist der Größenwahn der Menschen enthüllt, ihr Werk ist lächerlich geworden.

Gott kommt nicht, um den Menschen ihren Willen zu erfüllen, sondern zunächst, weil er ihr Werk ansehen will. Aber wenn Gott kommt und muß so etwas sehen wie den Hochmut der Menschen, dann kommt er auch zum Gericht. Kein Mensch kann ihn zwingen Im Gegenteil: Gott wird sie alle richten und verurteilen Nicht die Menschen können sich Gott nähern, sondern er muß schon zu ihnen kommen.

Aber letztlich will Gott auch dann noch das Gute für die Menschen. Er kann ja besser beurteilen, wie das alles einmal enden wird: Die Menschen haben versucht, Gott für ihre Ziele einzuspannen. Wenn ihnen das aber gelingt, werden sie immer neue Dinge in Angriff nehmen und ihre Kräfte in immer neuen Bauten verzehren, weil sie sich so stark fühlen. Gott will das Schlimmste verhüten!

Deshalb beschließt Gott: „So will ich ihre Sprache verwirren, daß keiner mehr die Sprache des anderen versteht!“ Das Volk Israel wird über diese Erzählung sicher sehr nachgedacht haben. Es wußte ja von den großen Türmen der Babylonier und sah in ihnen ein Zeichen des Hochmuts der Babylonier. Und es erklärte sich den Namen der Stadt „Babel“ auf seine eigene Weise: „Babel“ heißt „Verwirrung“ meinten sie, weil dort die Sprache der Menschen verwirrt wurde. Aber an sich heißt „bab-ili“ jedoch „Gottestor“.

Da sind die Menschen ja noch einmal gut weggekommen. Aber nun verstehen sie sich nicht mehr untereinander. Sie können auch nicht mehr zusammen arbeiten, weil keiner den anderen versteht. Und so bleiben sie auch nicht mehr zusammen, sondern zerstreuen sich in alle Länder. Ihr großer Turm und ihre herrliche Stadt verfielen und wurden vom Staub der Jahrhunderte begraben. Erst in unserer Zeit hat man die Stadt Babel mit ihrem Turm wieder ausgegraben.

Ja, die Leute von Babel haben sich in der Tat einen Namen gemacht. Noch heute spricht man von ihnen, aber in schlechten Sinn. Sie sind das Beispiel dafür, wohin der Größenwahn der Menschen führt. Erst hatten sie Angst vor der Zerstreuung und dann wurden sie erst recht zerstreut und ihre Macht war dahin. Denn wenn man sich nicht mehr verstehen kann, dann wird man sich auch immer fremder. Und daraus entstehen dann Streit und Zank und schließlich Krieg.

 

Antwortgespräch:

Ein Pfarrer erzählte ein Erlebnis, das er als Kind an der Ostsee hatte. Er war mit vielen anderen Kindern in einem Kinderheim untergebracht. Tagsüber gingen sie immer an den Strand und bauten sich zu zweit oder zu dritt eine Sandburg, mit einem hohen Wall außen herum und einem Türmchen in der Mitte.

Eines Tages aber beschlossen alle Kinder: „Wir wollen alle zusammen eine große Burg bauen. Und wenn sie fertig ist, dann feiern wir ein Fest darin!“ Sie wollten es ganz allein schaffen und kein Erwachsener sollte dabei helfen. Eine ganze Weile ging es auch gut und alle schafften fleißig. Aber dann tat einem der Rücken weh und er meinte, die Burg sei nun groß und schön genug und er wollte aufhören. Andere stimmten ihm zu, andere aber wollten sie noch größer und den Turm höher. So wollte jeder etwas anderes und sie waren sich nicht mehr einig. Schließlich ging jeder für sich davon und tat für sich etwas. Es konnte kein Fest in der Burg gefeiert werden, denn sie lag nun halbfertig und verlassen da. Der Nachmittag war verdorben. Und erst als sie am Abend wieder alle um den Abendbrottisch saßen, war alles wieder gut.

Aber so wie bei den Kindern geht es bei den Erwachsenen ja auch. Sie können sich auch nicht einigen und es gibt Streit in der Welt. In der Bibel heißt es: der Streit kommt daher, daß die Menschen nicht mehr auf Gott hören. Wenn wir Gotte nicht mehr die Ehre geben, wird es immer schlimmer auf der Erde werden. Es ist ein bedenkliches Zeichen, daß man heute Städte plant, in denen eine Kirche nicht mehr vorgesehen ist.

Natürlich hat Gott nichts dagegen, wenn wir technische Leistungen vollbringen. Wir können auch ruhig Denkmäler errichten, um an bestimmte Ereignisse in der Geschichte zu erinnern, etwa Dinge, die uns heute noch ein Ansporn sein sollen oder Dinge, vor deren wir gewarnt werden wollen (Buchenwalddenkmal).

Nur sind diese technischen Leistungen (etwa Mondflug) nicht zur Ehre der Menschen da. Wir sollten nie vergessen, wenn wir die Kräfte für diese Leistungen verdanken: Wir dürfen auch nie vergessen, daß Gott immer über uns steht. Im Neuen Testament heißt es: „Irret euch nicht, Gott läßt sich nicht spotten!“ Aber voller Dankbarkeit dürfen wir all das genießen, was Gott uns an Mitteln und Vermögen gegeben hat.

 

Bildbetrachtung: Cornelis Antonisz (1547):

Es geht nicht so sehr um die grandiose Anlage des Baues, sondern der Maler interessiert sich für den Augenblick, in dem die Zerstörung erfolgte, und für das Entsetzen unter den Menschen. Der Fluch des unsichtbaren Gottes aus den Wolken, von den Trompeten der Engel verkündet, zerschmettert den mächtigen Bau.

 

Bildbetrachtung: Pieter Breugel (1563):

Sein Vorbild waren wohl das Gemälde von Anthonisz und das Kolosseum in Rom, das er 1553 besuchte. In einer weiten Landschaft erhebt sich der Turm in ungeheurer Monumentalität zu schwindelnder Höhe bis weit über die Wolken. Das ganze System von Bogen, Gewölben und Widerlagern liegt offen zutage. Dadurch soll der Eindruck erweckt werden, daß ein solcher Bau ausführbar ist. Aber Stadt und Landschaft und Hafen sind winzig klein. In ihr wimmeln ratlos Menschen umher, die keine inneren Proportionen mehr haben zu der Größe des von ihnen errichteten Bauwerks.

 

Skizze:

Pyramiden für Ägypten, Stufentürme für Mesopotamier, dazwischen der kleine Tempel in Jerusalem. Darüber der Regenbogen, der allen Völkern gilt. Wo stellen wir das Kreuz hin? Es hat zwar in Jerusalem gestanden, aber es gilt aller Welt. Es gehört in die Mitte und reicht über alles andere hinweg.

 

Ausblick:

In der ganzen Urgeschichte laufen eigentlich zwei Linien nebeneinander: Einmal das gnädige Handeln Gottes, auf der anderen Seite sein Gericht über die Menschen: Gott hat dem Menschen die gute Schöpfung übergeben. Aber die Menschen haben das Böse in diese Welt Gottes hineinkommen lassen. Dennoch werden sie nicht vertilgt, sondern dürfen anderswo weiterleben.

Schon in Kain und Abel steigerte sich das Böse. Gott bestraft den Kain, aber er macht auch das Schutzzeichen an ihn. Als die Menschheit groß und mächtig wird, wächst auch die Sünde mit. Gott muß die Menschheit vernichten. Nur Noah mit seiner Familie wird gerettet und ein Bund mit wird geschlossen. Aber kaum ist die Menschheit wieder erstarkt, da meint sie, sich gegen Gott wenden zu können. Gott aber vernichtet ihr Bauwerk und es ist schlimmer mit ihnen als vorher.

Immer entspricht einer Unheilstat der Menschheit doch eine Heilstat Gottes. Unter allem Gericht zeigt sich doch noch die Gnade. Gott bringt wieder in Ordnung, was die Menschen in Unordnung brachten. Doch in der Geschichte vom Turmbau hören wir jetzt nur noch vom Gericht. Sollte           das das letzte Wort Gottes an seine Schöpfung sein?

Die Menschen in Israel werden sich auch öfter gefragt haben: Gott hatte doch einen Bund mit Noah geschlossen, daß er die Erde nicht mehr verderben wolle. Nun aber hat er die Menschen verstoßen und in alle Winde zerstreut? Ja, das stimmt schon. Aber aus all diesen Menschen

hat er sich einen Mann erwählt, den er zum Gehorsam ruft, den er aber auch zu einem großen Volk machen wollte: den Abraham. Mit Kapitel 12 beginnen die Abraham-Erzählungen.

Mit diesem Mann geht nun die Geschichte Gottes mit den Menschen weiter. Diesem Abraham verspricht Gott, daß er ihm einen großen Namen machen wird und er wird zu einem großen Volk werden. Aber dieses Volk wird nur etwas sein, wenn es auf Gott hört und sich von ihm stark machen läßt. Wir können alle nur bestehen, wenn wir Gott fürchten und lieben.

 

 

Kaufmann - Bilder:

(17) Wie kam es, daß ausgerechnet das kleinste unter den Völkern der Welt zum Volk Gottes wurde? Auf diese Frage wollen die ersten Kapitel der Bibel Antwort geben. Es geht also gar nicht so sehr um eine Lehre über die Entstehung der Welt und der Menschen, sondern um

den Anfang der Geschichte Gottes mit seinem Volk. Diese beginnt dort, wo der Raum für die Geschichte Gottes mit seinem Volk geschaffen wird. So zeigen die Erzählungen am Anfang der Bibel, wie der weite Raum aussieht, in dem die Geschichte Gottes mit seinem Volk geschieht.

Umgedreht wird aber auch deutlich, daß die Geschichte Gottes mit seinem Volk weltgeschichtliche Bedeutung hat. Gott hat sein Volk aus den Völkern erwählt, damit alle von ihm erschaffenen Menschen zu ihm zurückkehren können. Daran wird man messen, ob jene Geschichten die „Wahrheit“ sagen: ob sie deutlich machen, daß Israels Erwählung das Heil für alle Menschen in sich birgt.

In der Mitte ist der Mensch dann, wenn er wie Abraham spricht: „Herr, ich warte auf dein Heil!“ Der Erzähler der Geschichten am Anfang der Bibel war so ein Mann. Aber wir haben auch Abraham zum Vater, denn Abraham ist der Vater aller glaubenden Menschen. Warten wir auch auf das Heil so wie Abraham? Oder worauf warten wir sonst in unseren Leben? Auf irgendetwas muß man doch warten, wenn man eine Zukunft haben will. Aber hat dieses Warten denn einen. Sinn?

Gott will mit der Menschheit zu einer neuen Gemeinschaft kommen. Mit diesem Abraham geht die Heilsgeschichte Gottes mit der Menschheit weiter. Wer so glaubt wie Abraham, der steht unter dem Segen Gottes, den er für die ganze Welt bereithält. Mit ihm schließt Gott eine feste Freundschaft. Durch diese Freundschaft aber will er alle Völker zu einer neuen Gemeinschaft zusammenbringen.

Weil Gott mit der ganzen Menschheit nicht mehr voran kam, hat er sich den Abraham und sein Volk erwählt und führt nun seine Geschichte weiter mit einem Mann bzw. einer Reihe von Männern.

 

(18) Aus diesem Volk Abrahams geht Jesus hervor, der in besonderer Weise die Gnade Gottes zeigt. Die Geschichte Gottes mit der Menschheit und mit dem Volk Gottes hat ein Ziel, nämlich Jesus Christus. Er ist gekommen, zu suchen und selig zu machen, was verloren ist. Er ruft alle Völker zu Gott zurück. Er schafft eine neue Gemeinschaft zwischen Gott und den Menschen und unter den Menschen. Er will alle Völker zum Gottesvolk machen. Der Grund unserer Hoffnung ist Christus. Er ist der Mensch in der Mitte. Ihm ist der Gehorsam gelungen. Deshalb steht er nun stellvertretend für uns in der Mitte.

Die beiden Mitmenschen vor dem Kreuz sind gefragt, ob sie das glauben. Gott hat sie in seiner Barmherzigkeit und Liebe wieder bekleidet. Wer aber Christus „angezogen“ hat, der lebt wirklich in der Mitte und gehört diesem Herrn im Leben und im Sterben. Jesus ist für uns die helle Tür zu Gott, er ist der Weg, die Wahrheit und das Leben.

Das Ziel der Heilsgeschichte Gottes ist zunächst die Kirche Jesu Christi, die vom heiligen Geist regiert wird. An Pfingsten hatte die Sprachverwirrung ein Ende. Sie wollen sich nicht selbst einen Namen machen, sondern Gott die Ehre geben. Heute gehören Menschen aus allen Völkern zur Kirche undversuchen, wie Brüder miteinander zu leben. Hier sind Menschen, die eins sind im Glauben an Jesus und die geneinsam das Vaterunser beten, wenn auch in verschiedenen Sprachen. An Pfingsten wird der Bau Wirklichkeit, dessen Spitze Christus wirklich bis in den Himmel reicht. Die Rettung der Menschheit aber ge­schieht nicht dadurch, daß w i r Gott gleich werden, sondern daß G o t t uns gleich wird.

 

 

Zerstörte Gemeinschaft heute:

Täglich lesen wir von kriegerischen Auseinandersetzurgen, Rassendiskriminierung, Terror, Neid, Nichtverstandenwerden, Vertrauensbruch, üble Nachreden, Ausgeschlossensein (Bildbeispiele!).

Gemeinschaft wird zerstört, wenn wir Vorurteile haben, nicht miteinander reden, den andere- mißbrauchen und mißtrauen, nur an uns selbst denken. Mit Jesus hat eine neue Gemeinschaft begonnen. Wir können mithelfen, daß sie weiter wächst. Wenn wir andere hassen, dann haben wir Gott vergessen und nehmen Jesus Christus nicht ernst. Wenn wir aber andere verstehen, unsere Vorurteile einschränken, niemand aus der Gemeinschaft ausschließen, dann nehmen wir Jesus ernst und bauen Gemeinschaft wie er.

 

 

Vätererzählungen 1. Mose 12 - 36

 

 

Orientierungshilfe: A. Gott gibt Abraham schwere Befehle und ein festes Versprechen

 

Abrahams Berufung (1. Mose 12,1-9):

Einstieg:

Wer von euch war in den Ferien verreist? Fahrt ihr gern weg? Gibt es auch jemand unter euch, der gern für immer von daheim weg will?            Was würdet ihr etwa sagen, wenn eine Tante aus Amerika käme und beim Abschied zu euch sagte: „Dich nehme ich mit!“ Da würdet ihr wohl nicht mitgehen.

Es ist schon schwer genug, wenn die Eltern ihr Kind für längere Zeit ins Krankenhaus schicken müssen. Oder wenn ein Kind zur Kur oder zu Ferienspielen muß. Da meinen es ja die Eltern nur gut. Und man weiß genau: „Ich komme ja bald wieder heim!“Das ist gerade noch zu ertragen.

Aber wenn man für immer vor zu Hause weg muß, dann ist das doch schlimm. Viele Menschen in der Welt mußten und müssen auch noch heute aus ihrem Land fliehen oder werden vertrie­ben (Beispiele!). Dann muß man alles zurücklassen: Das Haus, die Betten, die Spielsachen, vielleicht auch die Verwandten und Freunde. Ihr würdet da nur mitgehen, wenn die Eltern es sagen. Nur wenn sie es sagen, wird man es tun, denn die Eltern werden schon wissen, weshalb das alles notwendig ist. Aber freiwillig geht man eben nicht von zu Hause weg.

Manchmal kann es freilich sein, daß man auch innerhalb eines Ortes oder eines Kreises umziehen muß. Da kann man manchmal nicht alles mitnehmen, weil es nicht in die neue Wohnung paßt (Möbelstück, Haustier). Das ist dann auch schwer. Aber Kinder vertrauen sich da doch den Eltern an. Sie kennen schon die neue Wohnung, die neue Arbeitsstelle, die neue Schule. Nur wenn man einen hat, der einen führt, dann geht man mit.

Ich will aber heute von einem Mann aus der Bibel erzählen, bei dem war das ganz anders. Das ist der Vater Abraham, der zum Stammvater des Volkes Israel wurde. Gott hat ihn aus der vielen Menschen ausgewählt, um etwas Neues beginnen zu können. Hier trennen sich Weltgeschichte und Heilsgeschichte. Von nun an geht es in der Bibel nur noch um die Geschichte des Gottesvolkes; aber verborgen geht es doch weiter um das Ganze.

 

Erzählung:

Abrahams Familie wohnte in der Stadt Ur im Zweistromland, im heutigen Irak. Die Stadt war ein bedeutendes Handelszentrum und ein Mittelpunkt des religiösen Lebens. In den Häusern hatten die Menschen in einer Nische in der Wan d eine kleine Götterfigur stehen, ein Abbild der großen Götterfiguren in den Tempeln. In Ur verehrte man besonders den Mondgott Nannar. Für ihn hatte man einen künstlichen Berg aufgeschüttet und darauf einen Tempel gebaut. Eine große Freitreppe führte direkt zu ihm hinauf. Es war so ein hoher Turm wie der in Babel.

Abraham betete zunächst auch zu diesem Gott. Von dem wahren Gott der Welt wußte er ja noch nichts. Er war ein reicher Mann und es ging ihm gut. Er hatte ein großes Stück Land und viele Viehherden, dazu viele Männer und Frauen, die ihm bei der Arbeit halfen. Alles hätte in Ruhe und Frieden so weitergehen können.

Da erreicht ihn eines Tages der Befehl Gottes: „Geh aus deinem Vaterland und vor deiner Verwandtschaft und aus deines Vaters Haus in ein Land, das ich dir zeigen will!“ Abraham erschrickt. Was wird da von ihm verlangt? Er ist doch schon alt! Mit 75 Jahren soll er noch alles aufgeben und auswandern und noch einmal neu anfangen? Seine Verwandten, Freunde und Nachbarn soll er zurücklassen und in ein ihm fremdes Land gehen? Er weiß ja noch nicht einmal, welches Land es sein wird! Er soll alles aufgeben, was ihm zur Sicherheit dient und was der Mensch zum Leben braucht? Er hat keine Kinder. Aber die Verwandtschaft wird ihr schützen und in seinen alten Tagen erhalten. All das soll nun nicht mehr sein?

Aber Abraham ist bereit, diesem Ruf Gottes zu folgen. Er wird vielleicht tausende von Kilometern wandern müssen und jahrelang unterwegs sein. Jeder Tag neu wird er nach dem täglichen Brot für Mensch und Familie suchen müssen. Wenn er jetzt geht, dann wird er immer wieder neu aufbrechen müssen. Er wird immer ein Fremdling bleiben und herausgenommen sein aus der Gemeinschaft der Völker. Aber er wird der Weg nicht ins Ungewisse gehen, sondern es wird ein Weg mit Gott sein.

Gott macht ihm ein Versprechen: „Ich will dich zum großen Volk machen. Ich will dich segnen und dir einen großen Namen machen, und du sollst ein Segen sein!“ Gott befiehlt also nicht nur, sondern er will auch dem Abraham Gutes tun. Schritt für Schritt wird Gott ihm sagen, wohin sein Weg gehen soll. Und das Ende wird sein: Abraham wird viele Nachkommen haben und sein Name wird bei allen Menschen bekannt sein. Er wird nicht irgendwo einsam in der Fremde sterben, sondern viele Menschen werden ihn als ihr Vorbild verehren.

Andererseits muß sich Abraham fragen: Wie soll das möglich sein? Er ist alt und hat kein Kind? Wie soll er jemals Nachkommen haben und wie soll ihnen ein großes Land gehören? An sich müßte Abraham sagen: „Das ist doch unmöglich!“ Aber er tut es nicht, sondern er gehorcht wortlos. Er hat gut hingehört, als Gott zu ihm sprach. Er verläßt sich auf das, was Gott ihm gesagt hat.

So zieht Abraham aus seiner Heimat, wie Gott ihm gesagt hatte. Mit ihm ziehen seine Frau Sara und sein Neffe Lot, der Sohn seines Bruders. Dazu kommen noch all die Arbeiter und Arbeiterinnen, die ihm gehören, und das Vieh, auch einige Sachen, die man mitnehmen kann. Für Abraham ist die Zukunft gar nicht mehr so ungewiß. Er hat ja die Zusage Gottes; und Gottes Wort ist niemals leeres Gerede.

So brechen sie auf. Jetzt erst erfährt Abraham, daß das Land Kanaan ihr Ziel sein soll. Doch zunächst ziehen sie in den Norden, nach Haran, wo sie wohl längere Zeit geblieben sind, denn später hat man gemeint, Abraham sei aus Haran gekommen. Dann ziehen wie weiter in den Süden und kommen in das Land Kanaan.

Doch zunächst ist die Enttäuschung groß: Das Land ist schon besetzt, da wohnen doch schon die Kanaanäer! Sollte sich Abraham getäuscht haben? Ist das doch nicht das versprochene Land? Doch wie zum Trotz sagt Gott zu ihm: „Dieses Land will ich dir und deinen Nachkom­men geben!“ Da muß Abraham es lernen, gegen alle Erfahrung alles auf Gottes Wort zu setzen und ihm allein zu vertrauen. Gottes Wort soll für ihr wirklicher sein als all das, was er jetzt sehen und wahrnehmen kann. Das Wort Gottes tröstet ihn. Praktisch bleibt zwar alles beim Alten: die Kanaanäer sind weiter im Land und Abraham ist ein Fremder unter ihnen. Und doch darf Abraham dort schon einen Altar bauen. Als sie in der Stadt Sichem ankommen, gehen sie zu dem Heiligtum der Einheimischen, einem besonderer Baum auf einer Anhöhe vor der Stadt. Dort errichtet Abraham seinem Gott einen Altar, um der Anspruch dieses Gottes auf dieses Land anzumelden. Aber Abraham wird weiter im Wartestand bleiben müssen.

Zunächst muß er weiter durch das Land ziehen. Urd wo er hinkommt, da baut er einer Altar. So geschieht es bei der Stadt Bethel und auf dem Weg in den Süden des Landes. So durchzieht er das ganze Land und nimmt es sozusagen symbolisch schon in Besitz. Wichtig ist ihm, daß überall Gottesdienst gehalten werden kann. Noch sind nicht die Leute da, die Gott an diesen Heiligtümern anbeten könnten. Aber Abraham vertraut darauf, daß Gott sein Wort wahr machen wird.

 

Antwortgespräch:

Spiele, die mit „rufen“ und „gerufenwerden“ zu tun haben:

1. Mein rechter Platz ist leer, ich wünsch mir.  ...her

2. Die Postkutsche fährt von A-Stadt nach B-Stadt, einer muß sie fangen

3. Tellerdrehen, aufgerufen werden Kinder mit Blumenamen (o.ä.)

 

Rufen und hören sind wichtig in unserem Leben, in der Familie und in der Schule. Oft ist es nicht leicht, aus den vielen Stimmen die richtige herauszuhören bzw. überhaupt die Stimme der Eltern oder Lehrer zu beachten. Manchmal wollen wir ja auch nicht hören.

Auch auf Gott sollen wir hören. Wir wissen von Jesus, der auf Gott gehört hat. Heute haben wir von Abraham erfahren, der auf Gott gehört hat. Es fällt ihm nicht schwer, Gott zu gehorchen, er tut es gern und freudig. Er weiß: Hinter allem ist der lebendige Gott, der die Menschen liebt. Er ruft sie und wartet darauf, daß sie hören, weil er ihnen helfen will.

So erlangt Abraham schließlich mehr, als er vorher hatte. Zunächst sah es so aus, als hätte er nur zuhause Sicherheit. Wir wollen ja auch bei allem sichergehen. Da hat sich einer einen „Spickzettel“ angefertigt und dann wird ein anderes Thema gestellt - da verliert er doch gleich seine Sicherheit. Oder ein Unfall oder die Enttäuschung über einen Menschen verändern die Situation sofort. Immer wieder wollen wir uns vor solchen Wechselfällen schützen. Wir können ja auch aus Zeitungen einmal herausschneiden und auf einer Wandzeitung zusammenstellen, was uns Sicherheit geben soll. Aber letztlich kann uns nur Gott Sicherheit geben.

Das hat Abraham erkannt, weil er genau auf Gott hörte und danach handelte. So können auch wir singen: „Du hast uns Herr gerufen...“

 

Karl Kaufmann: Der Herr hat mich den Weg geführt

(1) Abraham wird von Gott gerufen (1.Mose 12,1-3):

Am Beginn der Vätergeschichten steht Gott als der Handelnde. Er spricht zu Abraham und hebt ihn so aus der Menge der Menschen heraus. Er gerät in das Kraftfeld des Wortes Gottes. Dadurch wird er auf einen Weg gestellt, den die Vernunft niemals hätte gehen können. Dieser Weg führt in die entgegengesetzte Richtung wie der Weg der Menge. Es ist der Weg des Glaubens, zu dem ein großes Vertrauen allein auf das Wort Gottes gehört.

Abrahams Gesicht zeigt, was es bedeutet, so von Gott ergriffen zu sein. In tiefem Erschrecken richtet sich der Blick in weite Ferne. Und doch gibt es für Abraham nichts zu sehen, er ist allein auf Gottes Verheißung angewiesen. Seine rechte Hand greift nach dem Herzen, weil er erschrickt über das Wort des heiligen Gottes. Er ist von Gott erwählt, obwohl er doch nicht besonders gut war. Aber jetzt ist etwas mit ihm geschehen, wovor nur er selber betroffen ist. Er bricht zu neuen Ufern auf.

 

(2) Abraham folgt Gottes Ruf (1.Mose 12,4-6):

Abrahams Aufbruch ist nicht selbstverständlich, Gottes Wort wirkt nicht automatisch. Abraham griff sicher nicht leichtfertig zum Wanderstab und löste sich nicht sorglos aus seinem Vaterland. Aber er kann seine Hoffnung auf etwas Neues setzen, auf das Wort Gottes. Aber der Weg führt aus dem Sichtbaren ins Unsichtbare, aus dem Lichten ins Dunkle. Und doch ist Abraham mit den Seinen auf dem Weg ins Licht. Im Augenblick wandern sie noch im finstern Tal, aber sie gehen dem Tag entgegen. Sie lassen vieles zurück, auch den Götzen, dem sie bisher gedient haben. Jetzt gibt es nur noch einen Gott für sie; der wird ihnen eine neue Zukunft geben.

 

(3) Abraham ruft den Namen Gottes an (1.Mose 12,7-9):

Gott hat den Menschen geschaffen, damit sein Name durch den Menschen verherrlicht werde. Abraham antwortet Gott im Gebet und ist dadurch mit Gott verbunden. In diesen Bund sind auch die Menschen mit hineingenommen, die zu seinem Hause gehören. Er steht für sie vor Gott ein und spricht zu ihren im Namen Gottes. Indem er den Namen Gottes anruft, macht er sich selber fest im Glauben.

 

(4) Abraham bekommt Angst und flieht (1. Mose 12,10-20; 20,1-13):

Glaube ist kein Zustand, in dem man sich befindet. Es gibt keinen Glauben ohne Anfechtungen. Doch gerade durch die Versuchungen will er den Menschen wieder in das Kraftfeld seines Wortes ziehen. Abraham schaut nun voller Angst und Verzweiflung in die dunkle Zukunft. Voller Angst flieht er mit seiner Frau. Gottes Hand ist nicht mehr zu erkennen (oder: nur schwer zu erkennen). Indem er selber handelt, will er seine Zukunft sichern. Aber er verläßt auch das Land der Verheißung und löst sich durch eine Lüge von seiner Frau. Er hat sich selber von der Hand Gottes gelöst. Doch diese Hand führt ihn weiter und rettet Sara.

 

 

Abraham und Lot (Überblick über 1.Mose 12 - 14):

Das Land, das Gott dem Abraham gegeben hat, gibt ihm keine Nahrung. Wieder eine Enttäuschung. Als Fremder ohne Beziehungen wird er verhungern müssen. Da weicht er lieber nach Ägypten aus. Aber dort kann er Gott keinen Altar errichten, der Glaube zerbricht. Abraham muß seine Freiheit aufgeben und bekommt Angst. Damit Sara nicht im Harem des Pharao landet, soll sie sich als seine Schwester ausgeben, damit ihm um ihretwillen niemand etwas antut. Die Verheißung Gottes hat er vergessen, nur sein Bedürfnis nach Sicherheit steht noch

vor ihm. Für Sara aber besteht die Gefahr, daß der Pharao sie zu einer seiner Frauen erklärt. Wie soll sie da noch die Ahnfrau der Nachkommen Abrahams werden? Die Erfüllung der Verheißung ist gefährdet, weil ihr Träger kein Heiliger, sondern ein Sünder ist. Er ist auf eigenen Wegen gegangen, so daß nun die Erfüllung menschlich gesehen unmöglich erscheint. Doch Gott macht die Erfüllung möglich, selbst wenn wir Menschen sie durch unser Verhalten unmöglich machen: Die Plagen machen den Pharao darauf aufmerksam, daß hier etwas nicht stimmt. Er läßt die beiden außer Landes bringen, damit er nicht mehr im Machtbereich ihres Gottes ist. So kommen sie wieder nach Kanaan.

 

Antwortgespräch:

Streitsituationen kennen wir aus unserem Leben (Wer darf Stürmer spielen, wer darf im Doppelstockbett oben schlafen, wer erhält die größte Apfelsine, wer darf mit auf die Auslandsreise). Für Abraham und Lot könnte der Streit um die besten Weideplätze gerade im fremden Land sehr gefährlich werden. Weil Abraham das erkennt, macht er der Vorschlag der Trennung und überläßt Lot die Wahl, obwohl er als der Ältere das Vorrecht gehabt hätte. Lot wählt, wie jeder gewählt hätte, aber in Wahrheit hat er sein Verderben erwählt. Abraham war nicht „dumm“, sondern er vertraute weiter auf Gottes Verheißung. Während Lot ins Unglück rennt, tut sich vor Abraham das Land auf. Gott erneuert sogar die Verheißung. Lot dagegen lebt nun bei Leuten, die böse sind. Unmittelbar neben dem glaubenden Abraham ist er blind und taub für Gottes Führung. Er will die Gelegenheit ergreifen und greift daneben.

 

Man kann den Text auch bis Vers 8 erzählen und dann Schlußvarianten ausdenken lassen:

Abraham könnte sagen: „Sei doch vernünftig! Schließlich bin ich der ältere und mir ist zugesagt worden, daß meine Nachkommen dieses Land bekommen sollen. Was helfen mir die Berge und ihre trockenen Weiden? Wasser brauche ich und gute Weidegründe. Erstens steht mir also das Land zu und zweitens weiß man nicht, was dir passiert, wenn du hier bleibst! Dir hat Gott doch nichts gesagt. Also - laß mir das gute Land!“

Lot könnte sagen: „Was, Brüder! Jeder ist sich selbst der Nächste! „Frieden?“ Hast du mich aus der Heimat mitgenommen und ich bin nicht zur Ruhe gekommen, dann will ich hier wenigstens einigermaßen erträglich leben! Ich pfeife auf der Frieden, wenn ich bloß genug Weiden für meine Herden habe!“

 

Kaufmann -Bilder:

(5) Abraham trennt sich von Lot (1. Mose 13,1-13):

In einer kritischen Lage überläßt Abraham sich ganz der Führung Gottes. Er ist frei von Angst um seinen weiteren Weg und wird dadurch zum Friedensstifter. Er läßt Lot wählen und handelt nicht mehr eigenmächtig. Er tut die Hände auf und wartet darauf, was Gott hineinlegen wird. Lot aber wählt die Stadt, deren Bewohner böse sind und die Gott vernichten wird.

 

Gott verheißt Abraham einen Sohn (1. Mose 15,1-6)

Einstieg:

Manchmal können Eltern oder andere Erwachsene ihr gegebenes Versprechen nicht halten. Da haben sie etwa dem Kind gesagt: „Du darfst zur Tante aufs Land fahren!“Aber dann ist in dem Dorf Typhus ausgebrochen oder sonst eine ansteckende Krankheit, so daß niemand dorthin darf. Dann weint das Kind. Aber die Eltern meinen es doch nur gut. Sie können das Versprechen zunächst nicht einhalten. Aber die Kinder werden sich fragen: Werden sie das Versprechen überhaupt noch einhalten?

So mußte sich auch Abraham fragen. Immer wieder stand er nur mit leeren Händen da: Nur Worte und Versprechungen! Aber weil er zu Gott betete und mit ihm in Verbindung blieb wurde ihm immer sicherer: „Gott ist mit mir!“ Aber so einfach war das für ihn nicht, zu dieser Sicherheit zu kommen.

 

Erzählung:

Abends konnte Abraham oft nicht einschlafen. Er dachte an das Versprechen Gottes: „Aus dir wird ein großes Volk werden!" Aber wie sollte das nur geschehen. Er und seine Frau wurden doch immer älter. Immer wieder wurde er von bösen Zweifeln hin und her gerissen. Sollte er überhaupt noch daran glauben?

Da hört er, wie Gott zu ihm spricht „Fürchte dich nicht, Abraham. Ich bin dein Schild und dein sehr großer Lohn!“ Da vergeht auf einmal alle Angst und aller Zweifel: Wie mit einem Schild wird Gott ihn vor allen Angriffen decken. Er wird nicht allein sein im fremden Land, sondern unter dem Schutz Gottes stehen. Sein Lohn wird sogar sehr groß sein. Er wird ihn sich nicht verdienen können, aber Gott wird ihn beschenken.

Aber Abraham fragt dennoch: „Herr, mein Gott, was willst du mir noch alles geben? Ich habe doch nur einen Wunsch: einen eigenen Sohn, der mein Haus einst erben soll. Aber nun werde ich sterben ohne Kinder und mein Knecht Elieser wird alles haben, was ich besitze!“ Offenbar hat er schon ein entsprechendes Testament vermacht, daß er seinem Arbeiter alles vermachen will. Vielleicht will er ihn auch adoptieren. Das bedeutet aber: Er rechnet nicht mehr mit einem Sohn!

Der Widerspruch zwischen Verheißung und Wirklichkeit ist ja auch krasser nicht denkbar. Kinderlosigkeit galten als eine schlimme Schande und als Strafe für eine böse Tat. Abraham scheint nicht mehr so recht an Gott zu glauben. Dennoch widderholt Gott seine Versprechen auch gegen den Tatbestand, der vor aller Augen ist. Er sagt: „Nicht Elieser wird dein Erbe sein, sondern ein Sohn, den du selbst erzeugen wirst, wird dich beerben!“

Nun steht Abraham vor der Frage, ob er gegen alle menschliche Einsicht dem Worte Gottes traut. Gott traut es ihm zu, daß er glauben wird. Um ihm dabei zu helfen, befiehlt er dem Abraham, doch nach draußen vor sein Zelt zu gehen. Gott sagt: „Sieh den Himmel an und zähle die Sterne. Kannst du sie zählen? So zahlreich wie die Sterne am Himmel sollen deine Nachkommen sein!“

Für Abraham wurde die Sache zwar nun anschaulich, aber nicht leichter zu glauben, eher noch schwerer. Und doch heißt es von Abraham: „Abraham glaubte dem Herrn, und das wurde ihm zur Gerechtigkeit gerechnet!" Abraham konnte nirgendwo anders eine Garantie suchen als bei Gott selber. Er nahm das ernst, was Gott ihm über die Zukunft seiner Familie gesagt hatte. Er vertraut auf Gott und geht auf Gottes Pläne ein. Deswegen ist er ein Gerechter, einer der richtig ist, so wie Gott ihn haben will, immer wieder, wenn Abraham wieder verzagen wollte, dann schaute er zum Sternenhimmel und wußte dann: „Gott ist bei mir, und was er mit mir macht, das ist richtig!“ An ihn wird er sich halten, weil er zuverlässig ist.

Jetzt erst stellt Gott sieh dem Abraham richtig vor: „Ich bin der Herr, der dich aus Ur herausgeführt hat und der dir dieses Land zum Besitz geben wird!“ Jetzt geht es nicht mehr nur um die Nachkommen, sondern auch um das Land, das sie besitzen sollen.

Jetzt kann sich Abraham nicht mehr zurückhalten. Er bittet Gott um ein Zeichen, das die Worte bestätigen soll: „Woran soll ich merken, daß ich es besitzen werden?“ Gott geht auch auf diesen Wunsch ein. Zunächst befiehlt er, allerhand Opfertiere zu besorgen, zu schlachten und die Hälften einander gegenüber zu legen. So machte man es damals, wenn man einen Vertrag abschließen wollte. Beide Partner gingen dann durch die Gasse zwischen den Fleischstücken hindurch und brachten dadurch zum Ausdruck: Wenn wir den Vertrag brechen, dann soll es uns so gehen wie diesen Tieren!

Doch da kommen große Raubvögel und wollen das Fleisch fressen. Abraham nimmt den Kampf gegen sie auf, denn sie würden ja den Vertragsabschluß verhindern. Er kann die Vögel verscheuchen, es kann alles wie geplant weitergehen.

Als es Abend wird, überkammt Abraham ein tiefer Schlaf. Er ist gar nicht beteiligt an dem nur folgenden Bundesschluß, sondern er bleibt ganz untätig. Gott allein geht durch die Gasse zwischen den Fleischstücken: eine Rauchwolke und eine Feuerflamme bewegen sich hin

und her. Gott übernimmt also allein die Garantie für den Bund, er allein schenkt ihn dem Abraham, der in diesen Bund mit hineingenommen wird und nichts zu seinem Abschluß beitragen kann. Abraham erlebt das alles wie ein Träumender. Was da geschieht, liegt jenseits dessen, was Abraham begreifen kann. Aber Gottes Worte sind nun erst recht bestätigt: „Deinen Nachkommen will ich dies Land geben!“

 

Antwortgespräch:

Auch wir dürfen wissen: Gott hält sein Versprechen? Wenn wir den Sternenhimmel ansehen, können auch wir daran denken. Wir haben allerdings noch ein anderes Zeichen von Gott bekommen: Das Kreuz Jesu Christi. Durch den Tod Jesu hat Gott das wahre Opfer gebracht und einen Bund mit allen Menschen geschlossen. Durch unsre Taufe gehören wir in diesen Bund hinein.

 

Kaufmann-Bild Nr. 6:

Abraham verstummt vor dem Unmöglichen. Er öffnet die Hand und bleibt ganz Empfangender. Er empfängt nur Gottes Versprechen, das genügt ihm. Mit der anderen Hand zeigt er auf Sara, der auch geholfen werden soll.

 

Werner Göritz (geboren1901, Neubuch bei Berlin): Abraham unter dem Sternenhimmel, entstanden 1952: Das Haupt der ehrwürdigen Gestalt ist umwallt von langem Haar und Bart. Das Gewand fließt in breiten Falten von den Schultern herab. Die großen ausdrucksvollen. Hände sind gefaltet. Das Gesicht und die ganze Gestalt sind nach oben gerichtet, einem Ziel zu, das zunächst unsichtbar bleibt für uns. Starke irrere Sammlung, Konzentration und Hingabe prägt sich in dieser Persönlichkeit aus. Trotz seines reichen Besitzes an Vieh, Silber und Gold ist er einsam. Der zugesagte Sohn bleibt aus. Aber Gott erneuert die Verheißung. Diesen Augenblick hält das Bild fest. Abraham ist versunken in das Nachdenken über die Macht und Größe Gottes. Er weiß wieder um Gottes Gnade und Treue. Er weiß jetzt wieder, daß Gott seine Sache führt. Er ist ganz auf Gott gerichtet. Weit offen sind seine großen Augen, als schaute er überwältigt den Herrn in seiner Herrlichkeit. Er zeigt eine Haltung des bedingungslosen Vertrauens.

 

Besuch bei Abraham und Abrahams Fürbitte (1.Mose 16 - 20):

Als nach zehn Jahren im Lande Kanaan immer noch kein Sohn da ist, wollen Abraham und Sara dem Wort Gottes nachhelfen. Es war damals üblich, daß eine kinderlose Frau ihre Sklavin dem Manne geben konnte, damit er mit ihr ein Kind habe. Das Kind galt dann als Kind der Herrin und als rechtmäßiger Sproß des Mannes.

So geschieht es auch bei Abraham und Sara. Aber es liegt kein Segen über diesem Weg. Aus Eintracht wird Zwietracht und aus dem Miteinander ein Widereinander. Hagar wird überheblich und will sich auf die gleiche Stufe stellen wie die Herrin (sie wurde auch mehr als eine Sklavin, durfte zum Beispiel nicht mehr verkauft werden, aber doch nicht so viel wie die Herrin selbst). Sara aber macht Abraham verantwortlich, obwohl sie doch selbst den Ausweg vorgeschlagen hatte. Abraham läßt auch gar keinen Zweifel aufkommen, daß Sara seine Hauptfrau ist und Hagar ihr zu gehorchen habe.

Da flieht Hagar in die Wüste nach ihrer ägyptischen Heimat zu. Aber Gott holt sie ein und befiehlt ihr, wieder zurückzukehren und sich Sara zu unterwerfen. Allerdings hat Gott auch für ihren Sohn eine Zukunft bereit: Er wird der Stammvater der Ismaeliter werden.

Abraham darf nicht nach den gleichen Gesetzen wie die anderer Menschen leben. Gott hat ihn herausgerufen, da hat er nur auf dies eine Wort zu hören. Alle anderen Wege sind eigene Wege und nicht Gottes Wege.

Dann bekommt Abraham überraschend Besuch. Wenn Besuch kommt, freut man sich an sich. Wenn er überraschend kommt ist es manchmal schwierig mit dem Bewirten. Aber man tut dann doch alles, um dem Besuch etwas vorsetzen zu können. Zu Abraham kam der Besuch zur Zeit der Mittagsruhe. An dem heißen Mittag sitzt er vor seinem Zelt in der Nähe von Hebron.

Plötzlich kommen drei Männer. Abraham läuft ihnen entgegen und verneigt sich tief nach dem Brauch des Landes. Er lädt sie ein und bietet ihnen eine bescheidene Erquickung an: Wasser zum Füße waschen und ein Bissen Brot zur Stärkung. Mit Eile und Hast wird nun hinter den Kulissen der Haushalt Abrahams in Bewegung gebracht. Er läuft zu Sara und sagt: „Schnell, knete drei Maß Mehl und mache Kuchen!“ Er selbst läuft auf die Weide und sucht ein junges Rind aus, das er schlachten und zubereiten läßt.

Dann bewirtet er die drei unter dem Baum. Nach dem Essen fragen die Männer: „Wo ist Sara, deine Frau?“ Nur ein hochstehender Gast darf nach der Frau fragen. Abraham wundert sich, woher sie den Namen wissen. Er deutet auf das Zelt.

Aber die Fremden wissen noch mehr, sie kennen genau den wunden Punkt bei Abraham. Einer sagt: „In einem Jahr werde ich wiederkommen, da wird deine Frau einen Sohn haben!“ Jetzt wird also ein genauer Zeitpunkt angegeben, an dem die Verheißung erfüllt sein soll. Für Abraham kann nun kein Zweifel mehr sein, wer bei ihm eingekehrt ist: Gott selber ist in Gestalt dieser Männer zu ihm gekommen.

Sara hatte alles im Zelt mitgehört (als Frau durfte sie nicht am Gespräch der Männer teilnehmen). Aber als sie das alles nun hört, da muß sie doch lachen. Sie ist längst über das Alter hinaus, in dem man noch ein Kind haben könnte.

Doch der Fremde sagt: „Warum lachst du? Ist denn für Gott etwas zu wunderbar, daß er es nicht tun könnte?“ Er wiederholt noch einmal die Zusage Gottes. Sara wird geholt. Sie leugnet, gelacht zu haben. Doch das Leugnen hilft ihr nichts. Aber bald wird ihr spöttisches Lachen umschlagen in das dankbare Jauchzen eines Menschen, der sich über ein Wunder Gottes freut.

Abraham begleitete seine drei Gäste noch ein Stück. Vor sich sehen sie die Städte Sodom und Gomorrha, in denen viele böse Menschen wohnen, aber auch Abrahams Neffe Lot mit seiner Familie. Die Männer aber sagen: „Gott wird diese Städte vernichten!“

Da erschrickt Abraham aber doch. Manchmal hört man von einem Unwetter oder Unglück, das sich anderswo ereignet hat. Meist berührt das nicht weiter. Aber wenn man weiß: Dort in der Gegend sind Verwandte, dann macht man sich doch Sorgen. Kann man da etwas für sie tun? Man kann nur beten!

Als er allein ist, fällt er auf die Knie und betet zu Gott. Er fragt: Sollen die guten Menschen mit für die bösen leiden? Es könnten ja 50 Gerechte in der Stadt sein, an denen Gott Gefallen haben könnte. Gott läßt sich auf ein Gespräch ein (der ursprüngliche Text lautet: Gott bleibt vor Abraham stehen. Aber später hat man das umgedreht, damit es nicht so klingt, als ob Gott wie ein Diener vor Abraham stehe). Er sagt Abraham auch zu: „Finde ich 50 Gerechte, so will ich die Stadt nicht verderben!“

Da beginnt Abraham zu handeln mit Gott. Jedesmal geht er mit der Zahl der Gerechten noch etwas herunter und fragt: „Wie ist es, wenn es nur 10 Leute sind?“ In der damaligen Zeit des kollektiven Denkens war es etwas Neues, daß eine kleine Zahl Unschuldiger wichtiger sein sollte als die vielen Schuldigen. Ebenso war es ungewöhnlich, daß sich einer für andere einsetzte als für seine Verwandten (Es ging ja nicht nur um Lot, sondern auch um die Gottlosen). (Beim Erzählen werden immer mehr Punkte von der Flanellwand abgenommen, bis nur noch 10 übrigbleiben. Schließlich sagt Gott auch zu, er werde die Stadt nicht vernichten, wenn sich nur zehn gute Menschen in ihr finden.

Abraham hat durch sein langes Handeln erreicht, daß in der Stadt alle Menschen gerettet werden sollen, wenn nur zehn Gerechte in ihr zu finden sind. Soviel ist zu erreichen, wenn einer sich nur immer wieder für die anderen einsetzt. Abraham hat den Mut dazu, weil er Gott kennt, der ja gerne Gnade vor Recht ergehen lassen möchte. Gott erkennt den Einsatz für andere an. Die Menschen sollen nicht nur Marionetten sein, sondern sie sollen das Freisein wagen, auch Gott gegenüber. Daraus sollten auch wir den Mut nehmen, so zu bitten wie Abraham, nicht nur für uns, sondern auch für andere.

 

Kaufmannbild, Nr.7:

Abraham erkennt, daß Gott Gericht halten wird. Aber er erkennt auch, daß er jetzt für die Stadt verantwortlich ist und eine Aufgabe für sie hat. Mit seiner Fürbitte tritt er zwischen Gott und die Stadt. Er möchte Gottes Gericht aufhalten, aber er ist sich auch seiner Unwürdigkeit vor Gott bewußt. Gott räumt den zudringlichen Beter nicht aus dem Wege, sondern freut sich über ihn. In ihm ist Jesus Christus vorgebildet, der der einzige Gerechte war und Gottes Gericht über die Welt aufgehalten hat durch seinen Tod am Kreuz.

Abraham hat allerdings Gottes Gericht nicht aufhalten können. Doch das lag nicht an ihm oder an Gott, sondern an der Bosheit der Einwohner Sodoms. Gott schickt zwei Boten in die Stadt. Am Stadttor sind einige Leute versammelt, unter ihnen auch Lot. Er steht sofort auf und bietet den Fremden das Gastrecht an. Sie gehen auch nach einigem Sträuben mit ihm. Doch da kommen die anderen Einwohner und verlangen: „Gib die Männer heraus, damit wir mit ihnen machen, was wir wollen!“ (Sie wollen sie sexuell mißbrauchen, denn es sind schöne junge Männer. Lot bietet de n Leuten an ihrer Stelle als letzten Ausweg seine Töchter an). Aber für Lot ist das Gastrecht heilig. Doch da bedrohen sie ihn selber, er muß sich in das Haus zurückziehen, die Gäste helfen ihm noch, indem sie die Angreifer blenden. Die Fremden drängen nun, daß Lot und seine Familie die Stadt verlassen, denn sie wird vernichtet werden. Kaum haben sie die Stadt verlassen, da fällt Schwefel und Feuer vom Himmel und vernichtet die böse Stadt. Nur die Gerechten, Lot und seine Familie, wurden gerettet. Nur Lots Frau dreht sich auf der Flucht herum, obwohl Gott es verboten hatte, und erstarrt zur Salzsäule.

 

Isaaks Geburt (1.Mose 21, 1 - 7):

Einstieg:

Wein ein Kind auf die Welt kommt, dann freut sich die ganze Familie. Die älteren Geschwister erzählen es gleich weiter. Dann kommt Besuch, der das Kind sehen will. Das Kind erhält einen Namen, vielleichteinen Namen, den es schon einmal in der Familie gab, oder den Namen des Paten oder auch einen Namen aus der Bibel. Manche Namen haben auch eine bestimmte Bedeutung (Ursula = Bächen, usw.).

Abraham heißt „Vater der Menge“. Aber vorerst war doch von der Menge noch nichts zu sehen: Nicht einmal einer einzigen Sohn hatte er. Aber weil Gott es ihm versprochen hatte, glaubte er auch ganz fest daran und wurde froh. Am glücklichsten aber würde er sein, wenn er merkte, daß Gott sein Versprechen einlöste. Nur ein Jahr sollte es noch dauern, hatten doch die Gottesboten gesagt. Heute will ich erzählen, wie alles eintraf.

 

Erzählung:

Tatsächlich, nach einem Jahr trifft alles so ein, wie Gott es gesagt hatte. Abraham und Sara bekommen ein Kind, obwohl sie doch schon sehr alt sind. Sie haben 25 Jahre darauf warten müssen, aber nun ist es soweit. Es ist ein Junge. Und die Freude ist natürlich groß. Es ist ein richtiges Wunder Gottes.

Auch die Verwandten kommen und freuen sich mit. Sie fragen auch: „Wie soll denn das Kind heißen?“ Da sagt Abraham: „Er soll Isaak heißen!“ Dieser Name bedeutet: „Man wird lachen!“ Sara sagt: „Ja, man wird lachen über mich, weil ich noch im hohen Alter ein Kind bekommen habe. Die werden vielleicht reden, wenn sie sich die Neuigkeit erzählen, weil Sara noch einem Kind zu trinken gibt!“

Vor einem Jahr hatte sie ja selber noch gelacht, als sie die Ankündigung der Gottesboten mithörte. Nun aber hat sie gut lachen, denn es ist alles eingetroffen und sie dürfen ein Kind haben. Jetzt ist es nicht mehr ein spöttisches Lachen, sondern ein Lachen der Freude. Was kümmert sie da noch das Gelächter der Nachbarn?!

Jetzt weiß Abraham wieder: Gott ist mir freundlich! Er wird auch meinem Sohn freundlich sein. Gott will ja allen Menschen freundlich sein. So wie Eitern ihr Kind anlächeln, so ist Gott freundlich zu seinen Menschenkindern.

Abraham tut nun auch alles, wie Gott es haben will. Nach einer Woche veranstaltet er ein Fest, bei dem der Sohn feierlich seinen Namen erhält (sinngemäße Umschreibung für Beschneidung). Und dann macht er wieder ein Fest, als das Kind kein Baby mehr ist, sondern schon ein Kleinkind (Umschreibung für Entwöhnung).

Aber gerade bei diesem Fest ärgert sich Sara, daß da auch noch Ismael ist, der Sohn der Magd Hagar. Sie verlangt von Abraham, daß er sie mit dem Kind wegjagt. Abraham will es nicht, weil es ja doch immerhin sein Sohn ist. Aber er muß es tun, denn nur Isaak soll der Träger der Verheißung Gottes sein. So muß Abraham herausgeben, was er sich selbst genommen hat. Aber auch das andere Kind soll gesegnet sein und zum Stammvater eines Volkes werden.

Als Hagar in der Wüste fast am Verdursten ist, da sagt Gott zu ihr: „Kümmere dich um das Kind, laß es nicht hilflos in der Wüste liegen, denn ich will ihn zu einem großen Volk machen!“ Da entdeckt sie plötzlich in der Nähe einen Brunnen und ist gerettet mit ihrem Kind. Der Name „Ismael“ (= Gott hört) hat sich bewahrheitet, Gottes Segen bleibt bei ihm.

 

Antwortgespräch:

Vor einigen Jahren hätte jeder gelacht, wenn man gesagt hätte, daß Menschen einmal auf dem Mord sein werden. Heute ist das für uns schon Vergangenheit. Genauso sagen wir manchmal in Hinsicht auf Gott: „Das ist doch urmöglich!“ Aber bei Gott sind alle Dinge möglich. Er kann nicht nur alten Leuten noch ein Kind geben, sondern er kann auch uns helfen in unsre- Nöten.

 

Isaaks Opferung (1. Mose 22 - 24):

Einstieg:

Jeder hat etwas, das ihm besonders lieb ist. Jeder kann sich das ja einmal für sich selber überlegen. Stellt euch vor, ihr solltet nur zum Beispiel euer kleines Geschwisterehen hergeben, daß zum Beispiel eine Tante es mit zu sich nehmen möchte. Woran unser Herz besonders hängt, das ist das Liebste, das würden wir nur schwer hergeben können. Nur die Eltern können so etwas von uns fordern - oder eben Gott. Gott hat ja auch das Liebste geopfert, nämlich seinen Sohn.

 

Erzählung:

Es war es für Abraham nicht leicht: Plötzlich soll er seinen einzigen Sohn wieder opfern. .

Die genauen Vorbereitungen, das knappe Gespräch, sind doch beklemmend. Mit grausamer Genauigkeit werden die Einzelheiten im Zeitlupentempo geschildert, es bleibt dem Leser nichts erspart.

Abraham lügt nicht, er sagt schon die Wahrheit, die ihm selbst noch nicht bewußt ist, denn Gott findet ja ein Opfer. Aber Gott fordert den Träger der Verheißung auf, ganz zu opfern (Brandopfer = Ganzopfer). Abraham meinte schon den Sohn fest in der Hand zu haben. Und nun verlangt ausgerechnet Gott von ihm, all das wieder aufzugeben. Gott scheint sich doch hier zu widersprechen. Er will das wieder einreißen, was er selbst mühsam aufgebaut hat. Schon die Geschichte von Isaaks Geburt war wundersam. Aber was jetzt kommen soll, ist noch unglaublicher.

Abraham kann auch mit niemand über das Vorhaben sprechen. Den Knechten gegenüber gebraucht er eine Ausrede. Aber er vertraut wohl darauf, daß Gott noch ein zweites Mal hilft. Er kann zwar Gottes Pläne nicht durchschauen. Aber er weiß doch, daß Isaak eine Gabe ist, auf die er keinen Anspruch hat. Gott ist frei im Geben und im Nehmen. Gottes Wort kann auch einmal gegen Gottes Wort stehen, so daß Gott Sinnloses verlangt (Parallele: Jesus am Kreuz).

Aber Abraham soll hier zeigen, ob er Gott noch genau so lieb hat, nachdem der Sohn nun geboren ist. Er wird gefragt, ob Gott ihm lieber ist als Isaak. Das werden wir auch immer gefragt (vgl. erstes Gebot).

Wir können Gott nur bitten, uns im Glauben an Gott stark werden zu lassen. Seitdem Gott seinen Sohn, zum Sühneopfer gegeben hat, sind alle anderen Opfer nicht mehr nötig, keine Tieropfer und erst recht keine Menschenopfer. Christus war das Lamm Gottes, das die Sünde der Welt getragen hat an das Kreuz. Dadurch haben wir erkannt, daß Gott nicht ein grausamer Gott ist, sondern wirklich ein „lieber Gott“.

 

Kaufmann - Bilder Nummer 8 bis 11:

(8) Isaak ist geboren (1.Mose 21,1-8):

Nun hat Gott seine Hand aufgetan. Ein erster Stern der Verheißung Gottes ist über dem Leben Abrahams und Saras aufgegangen. Von den Eltern wird das Kind als Gabe Gottes und als sichtbares Zeichen seiner Güte und Treue empfangen. Nun schließen sich die Hände zum Dankgebet.

(9) Gott fordert Isaak zurück (1. Mose 22):

In Isaak ist alles verbürgt, was Gott versprochen hat. Nun fordert Gott diese Gabe zurück. Als Abraham die Heimat verließ, sollte er sich vor seiner Vergangenheit lösen. Nun soll er sich von seiner Zukunft lösen. Damit wird er in die Gottverlassenheit geführt, denn er kann ja nicht wissen, daß Gott nur seinen Glauben prüfen will.ird er Rechte und Ansprüche geltend machen? Das ist die Glaubensprobe, vor der er steht.

(10) Abraham auf dem Weg zur Opferstätte (1.Mose 22,8):

 Abraham geht einen schweren Weg, nicht nur auf dem Berg Morija, sondern zugleich auf dem Gipfel des Glaubens. Auf diesem Weg muß er vieles überwinden, was sich ihm entgegenstellt. Doch er ist entschlossen, alles zu tun, was Gott von ihm fordert. Die Kraft dazu gibt ihm Gottes Wort. Fest hält er den Pilgerstab (Symbol für Gottes Wort) in der Hand. Er steht als Schutz vor ihm und vor Isaak. Noch beugt er sich schützend über Isaak. Und doch ist er auf dem Weg, ihn hinzugeben. Aber er ist nicht bereit, die Hoffnung des Glaubens loszulassen.

(11) Das Opfer (1. Mose 22,13):

Gott nimmt das Opfer nicht an. Isaak empfängt sein Leben neu. Über beiden geht das Licht der Treue und Barmherzigkeit Gottes auf. In tiefer Dankbarkeit erhebt Abraham Augen und Hände. Sein Pilgerstab ruht in seinen Armen: Gottes Wort, sein „Stecken und Stab“, hat ihn geleitet und gehalten. Zwischen Abraham und Isaak steht der Opferaltar. Gott hat sich ein anderes Opfer ausgewählt. So wird er einst auch alle Finsternis des Todes wegnehmen durch das Opfer seines eigenen Sohnes.

 

Rembrandt: Isaaks Opferung (Radierung, 1655):

Abraham trifft die letzten Vorbereitungen: Holz, Opferaltar, Becken und das große Schlachtmesser sind zu sehen. Isaak ist nicht gefesselt, weil er ja sagt zur Forderung Gottes und zur Handlungsweise des Vaters. Isaak hat die Kleider abgelegt und kniet über dem Opferstein. Seine Hand ruht im Schoß. Den Kopf hat er vertrauensvoll in die breite, ihn fest und liebevoll umfassende Hand des Vaters gelegt. So ist er bereit, das Opferlamm zu werden.

Abraham ist als kräftiger Mann mit weißem Haupthaar und Bart dargestellt. In den schweren Entscheidungen seines Lebens ist er gefestigt und gewachsen. Er hat den Mantel abgelegt, die Ärmel seines Gewandes sind emporgeschoben. Breit und fest steht er da, in nicht wankender Entschlossenheit. Der Arm zittert nicht. Er hat das Opfer im Herzen vollbracht, darum kann er es auch jetzt äußerlich vollziehen.

Da ertönt das göttliche Halt. Ein Engel ist herbeigestürmt, um das Schreckliche zu verhindern. Die Haare wehen zurück. Mit festem Griff hindert er die Hände Abrahams am weiteren Tun. Bergend und tröstend ist er über Abraham. Die finsteren Wolken weichen zurück. Das helle Licht der Klarheit Gottes flutet über Vater und Sohn.

Nur mühsam findet sich Abraham zurecht. Sein Gesicht ist todernst. Die Züge um der Mund sind schmerzgeprägt. Aus seiner Augen blickt erlittenes Leid. Zugleich hört er auf das, was Gott ihm erneut zu sagen hat. Wir können hier ablesen, was es heißt: Gott fürchten. Abraham erkennt an, daß der Mensch ganz und gar Gott gehört. Deswegen Gott ihm das Leben seines Sohnes. Das Opfer wird dennoch durchgeführt, aber ein Tier dazu verwandt (später: Jesus).

 

Grundstückskauf:

Als Sara stirbt, kann Abraham wenigstens ein Stückchen Land als echten Besitz erwerben. Aus dem Fremdling wird einer, der wenigstens ein Grab zur Heimat hat. Damit ist die Landverheißung zu einem vorläufigen Ziel gekommen. Dennoch ist Abraham am Ende

seines Lebens noch weit von dem entfernt, was ihm angekündigt worden war. Aber wenigstens im Tode hatten Abraham und Sara noch etwas Handgreifliches, das ihnen zeigte: Wir sind Erben der Verheißung, wir sind keine Fremden mehr.

Der Grundstückskauf geht ganz orientalisch vor sich: Abraham gibt erst später an, was er wirklich haben will. Erst im dritten Anlauf, nachdem seine Bitte wiederum höflich übergangen worden war, erreicht er sein Ziel: Er kann Land erwerben und bezahlen. Der Verkäufer nennt die Summe nur beiläufig, obwohl sie doch die Hauptsache ist. Er spielt die Höhe der Summe zur Kleinigkeit herab. Abraham feilscht nicht um den Preis, er muß froh sein, überhaupt etwas erwerben zu können. Zum Schluß wird mit allen Formalitäten (Zeugen, Kaufvertrag, Grundstücksbeschreibung) der Kauf perfekt gemacht.

Erst später ist aus Abrahams Nachkommen das Volk der Juden geworden. Aus ihm kam Jesus, der Retter aller Menschen. Auch das versprochene Land hat Israel in Besitz nehmen können (bis heute). Von alledem hat Abraham in seinem Leben nichts sehen können. Nach unseren Maßstäben war er ein Narr, der keine Erfolge hatte. Aber Gottes Maßstäbe sind eben andere. Abraham blieb nur das Grab in der Höhle Machpela in Hebron (wahrscheinlich unter der Moschee von Hebron, wo sich eine Höhle befindet), wo er später neben seiner Frau beigesetzt wurde (1 .Mose 25,1-11).

 

„Der Gesamteindruck ist der eines Mannes, der lassen muß. Er muß sein Vaterhaus lassen, er muß seine Ansprüche lassen, er muß seine Versuche der Lebenssicherung lassen, er muß seinen Sohn lassen. Er bekommt ja alles wieder und bekommt es überreichlich wieder; aber damit ändert sich der Eindruck nicht: Abraham ist der Mann, der lassen muß! Wollte man mit unseren abendländischen Begriffen etwas über das Lebenswerk dieses Mannes sagen, über seine Leistung, seinen Beitrag für irgend etwas, sein Streben und Mühen, sein Wirken und Schaffen, so steht man einfach mit leeren Händen da. Abraham ist der, der hergeben muß. Man darf nicht dabei vergessen, daß diese Darstellung Abrahams einem Volk gegeben wurde, das auf der Höhe seiner politischen Bedeutung stand. Ein Volk, das sehr wohl zielbewußte Aktivität, große Leistungen, echtes Führertum kannte und anerkannte, das voll Hoffnung in seine Zukunft sah. Diesem Volk haben die Erzähler der Vätergeschichte einen solchen Vater vor Augen gestellt! Daß Abraham als der gezeichnet wird, der hergeben muß, ist ein indirektes Zeugnis für die majestätische Wirklichkeit des Gottes, der in einem solchen Leben seine Taten tut und auf ihm die Geschichte seines Volkes gründet (Claus Westermann).

 

Dietrich Bonhoeffer:

„Nicht alle unsere Wünsche, aber alle seine Verheißungen erfüllt Gott!“ (eventuell als Wandspruch aufhängen).

 

 

Orientierungshilfe B: Gott steht zu seinem Versprechen, auch wenn Jakob versucht, nach seinem eigenen Willen zu leben

 

Rebekka wird Isaaks Frau (1. Mose 24)

Der von Gott reich gesegnete Abraham war alt geworden. Seine Frau Sara war schon gestorben. Mit großer Sorge dachte Abraham daran: „Ich muß ja auch bald sterben, und dann ist mein Sohn Isaak allein!“ Er war schon ein junger Mann, kümmerte sich um die Viehherden und arbeitete tüchtig mit. Aber verheiratet war er noch nicht.

Eines Tages ließ er seiner treuen Verwalter Elieser kommen und sagte zu ihm: „Mein Sohn Isaak soll eine Frau haben. Aber sie soll nicht hier aus dem Lande sein, denn die Leute hier glauben nicht an Gott. Schwöre mir, daß du das niemals zulassen wirst. Ziehe vielmehr in meine alte Heimat nach Haran zu meinen Verwandten und suche dort eine Frau für ihn aus. Aber Isaak soll nicht mitgehen, sondern hier in dem Land bleiben, das Gott uns versprochen hat. Er darf nicht um einer Frau willen zu den Verwandten zurückkehren, sondern du mußt die Frau gleich sofort hierher bringen!“

Elieser wurde ganz schön aufgeregt bei diesem Auftrag. Er fragt: „Wenn die Frau sich aber nun weigert mit mir zu ziehen in ein fremdes Land zu fremden Leuten? Ich kann sie doch nicht zwingen. Soll ich dann deinen Sohn in das Land bringen, aus dem du ausgezogen bist?“ Abraham aber ist im Glauben gewiß, daß Gott seine Verheißung auch zu Ende führen wird.

Deshalb sagt er: „Nur ja nicht, hüte dich, meinen Sohn wieder dahin zu bringen. Gott wird seiner Engel vor dir her senden, daß du dort eine Frau für meinen Sohn findest. adern das Mädchen dir aber nicht folger will, dann ist dein Auftrag erledigt. Nur bringe meinen Sohn nicht wieder dorthin!“ Das schwört Elieser seinem Herrn.

Elieser sucht zehn Kamele aus, belädt sie mit Geschenken aus dem Schatz Abrahams und macht sich mit einigen Männern auf den tausend Kilometer langen Weg nach Haran. Es ist ein langer und beschwerlicher Weg. Endlich kommen sie vor die Stadt Haran, wo Abrahams Bruder Nahor mit seiner Familie wohnt. An einem Brunnen läßt Elieser die Kamele sich lagern.

Wie soll er es nur anstellen, die richtige Frau zu finden? Er will nicht einfach die schönste oder die reichste Frau aussuchen, sondern die herausfinden, die Gott für Isaak bestimmt hat. So betet er zu Gott, daß der ihr das Richtige finden läßt: Herr, laß meiner Plan gelingen. Gib mir ein Zeichen, damit ich deinen Willen erkennen kann. Ich will es so machen: Gegen Abend werden die Frauen aus der Stadt kommen, um Wasser aus dem Brunnen zu schöpfen. Ich werde zu einer sagen: Gib mir etwas Wasser! Wenn sie dann sagt: Hier hast du etwas zu trinken und deinen Kamelen will ich auch geben!“ - das soll dann die Frau sein, die du für Isaak bestimmt hast!“ Elieser will also nicht eigenmächtig handeln, sondern unterwirft sich ganz der Entscheidung Gottes. Aber hilfsbereit soll die Frau sein und sich auch um die Tiere kümmern.

Kaum hat er sein Gebet beendet und blickt wieder hoch, da kommt ein junges Mädchen mit einem Krug auf dem Kopf. Sie steigt hinunter zur Quelle und kommt wieder mit dem gefüllten Krug zurück. Da spricht Elieser zu ihr: „Gib mir zu trinken!“ Schnell nimmt sie den Krug vom Kopf in die Hand und sagt: „Trinke, mein Herr!“Elieser nimmt einen Schluck.

Sie aber sagt: „Ich will auch für deine Kamele Wasser schöpfen und sie tränken, bis alle genug getrunken haben!“ Schon gießt sie das restliche Wasser in die Tränke und eilt davon, um neues Wasser vor der Quelle zu holen.

Immer wieder läuft sie zum Brunnen, um den Tieren das erquickende Naß zu reichen. Elieser erlebt es staunend und voller Freude. Vor seinen Augen vollzieht sich das Wunder, um das er Gott gebeten hatte. Das Mädchen ist nicht nur schön, sondern auch hilfsbereit.

So wagt Elieser es, nun weiter zu handeln. Er fragt sie: „Wie heißt du, wer ist dein Vater? Ist genug Platz bei euch zuhause, daß wir alle dort unterkommen können?“ Als Gastgeschenk überreicht er ihr dabei einen goldener Stirnreif und zwei goldene Armreifen.

Sie artwortet: „Ich bin Rebekka, die Tochter Bethuels, der ein Sohn Nahors ist. Wir haben viel Stroh und Futter und Raum genug euch alle zu beherbergen!“ So erfährt Elieser mehr, als er zu erhoffen gewagt hatte. Er hat eine Frau aus der Familie des Bruders seines Herr gefunden. Er erkennt: „Der Herr hat mich den Weg geführt!“ Er fällt auf die Knie und dankt Gott: „Gelobt sei der Herr, der Gott Abrahams, der seine Barmherzigkeit und Treue von meinem Herrn nicht hat weichen lassen .Denn er hat mich geradewegs zum Haus des Bruders meines Herrn geführt!“

Rebekka läuft schnell nach Hause und erzählt dort alles. Als ihr Bruder Laban das alles hört und die kostbaren Geschenke sieht, geht er hinaus an den Brunnen und spricht: „Komm herein, du Gesegneter des Herrn! Warum stehst du draußen? Wir habe alles im Haus vorbereitet und für die 'Kamele auch Raum gemacht!“ So kommt Elieser in das Haus Nahors.

Laban versorgt erst das Vieh, nimmt das Zaumzeug ab und bringt Heu und Stroh herbei. Dann wird Wasser herbeigeschafft, damit sich die Gäste nach der langen Reise die Füße waschen können. Auch Essen wird ihnen gebracht.

Doch Elieser sagt: „Ich will nicht essen, ehe ich rieht meinen Auftrag erledigt habe!“ Da erzählt er von Abraham, wie es ihm geht und welchen Auftrag er ihm mitgegeben hat. Bis in alle Einzelheiten erzählt er, was ihm widerfahren ist, jedes Wort ist ihm wichtig. In allem hat er Gottes Führung erlebt und erkannt. Seine Rede mündet in die Brautwerbung: „Der Herr hat mich der rechten Weg geführt, damit ich für Isaak die Tochter des Bruders meines Herrn zur Frau nehme. Sagt mir, ob ihr an meinem Herrn Freundschaft und Treue beweisen wollt. Wenn aber nicht, so sagt mir's auch, damit ich woanders hin gehe!"

Nahor und Laban antworten: „Gott hat es gefügt, wir können nur zustimmen .Nimm Rebekka und ziehe hin, sie soll Isaaks Frau werden!“ Da beugt sich Elieser bis zum Boden und dankt Gott. Rebekka gibt er Schmuckstücke und Kleider, auch ihr Bruder und die Mutter bekommen kostbare Geschenke. Dann essen sie alle zusammen. Elieser und seine Leute übernachten.

Am Morgen aber drängt Elieser gleich: „Laßt mich zu meinem Herrn ziehen!“ Doch der Bruder und die Mutter des Mädchens bitten: „Laß sie doch noch einige Tage bei uns bleiben, danach wird sie mit dir gehen!“ Doch Elieser läßt sich auf nichts ein. Er sagt: „Haltet mich nichts auf, denn der Herr hat Grade zu meiner Reise gegeben. Laßt mich, daß ich zu meinem Herrn ziehe!“

Schließlich wird Rebekka selber gefragt. Sie sagt: „Ich will gleich mit ihm ziehen!“Da wird schnell gepackt, Rebekka nimmt einige ihrer Mägde mit, dann geht die Reise los. Elieser freut sich, eine Frau für seinen jungen Herrn gefunden zu haben. So wunderbar hatte Gott alles geführt.

Isaak ist gerade auf dem Feld, als sich eine Kamelkarawane nähert. Er wollte an sich beten, aber nun geht er der Karawane entgegen, denn er hat Elieser erkannt. Als Rebekka den Mann kommen sieht, fragt sie: „Wer ist das?" Elieser antwortet: „Das ist mein Herr!“

Da verhüllt sie schnell das Gesicht, wie es damals für eine Frau üblich war. Elieser erzählt, wie alles gekommen ist. Dann nimmt Isaak seine künftige Frau und führt sie in das Zelt seiner verstorbenen Mutter. Sie heiraten und er gewirrt sie lieb. So wurde er getröstet über den Tod seiner Mutter.

 

Esaus und Jakobs Geburt (1. Mose 25,20-28. 29-34)

Auch Rebekka bekommt rätselhafterweise kein Kind. Vierzig Jahre war Isaak alt, als er Rebekka heiratete. Aber ein Kind blieb aus. Gott hatte doch versprochen, ein großes Volk aus ihnen zu machen.

Aber wo blieb nun der Nachkomme? Isaak bat Gott immer wieder, ihnen doch ein Kind zu schenken, so wie er ihm schon die Frau geschenkt hatte. Was Gott gibt, das gibt er nur aus freien Stücken, es muß immer wieder erbeten werden, die Verheißung vererbt sich nicht automatisch. Gott sucht sich sogar aus, wer die Verheißung weitertragen soll. Und oftmals ist das einer, der nach menschlichen Maßstäben gar nicht dafür in Frage kommt.

Eines Tages merkt Rebekka aber doch, daß sie ein Kind erwartet. Nach einiger Zeit stellt sie fest, daß es sogar zwei Kinder sein müssen, Zwillinge, die sich in ihrem Bauch miteinander stoßen. Schon im Mutterleib können sich die Brüder nicht miteinander vertragen. Rebekka ist darüber bedrückt. Sie denkt: „Wozu soll ich Kinder haben, wenn die sich doch nur streiten?“ Sie fragt Gott deswegen. Der sagt ihr: „Zwei Völker sind in deinem Leibe. Aus den beiden Kindern werden zwei Völker werden. Aber sie werden im Streit miteinander liegen. Ein Volk wird dem anderen überlegen sein. Aber der Ältere wird dem Jüngeren dienen!“

Das war aber seltsam. An sich erbte immer der Älteste alles vom Vater. Er durfte über die anderer Geschwister bestimmen, er bekam das gesamte Erbe. Dieses sollte er zusammenhalten und achten und ehren. Wer das nicht tat, der verachtete damit auch Gott.

Als es soweit ist, stellt sich tatsächlich heraus, daß Isaak und Rebekka Zwillinge erhalten. Der Erste, der geboren wurde, hatte eine rotbraune Hautfarbe und war dicht behaart und seine Haut war rauh wie ein Fell. Sicher würde er ein kräftiger und wilder Kerl werden. Man gibt ihm den Namen „Esau“.

Der Zweite hielt mit seiner Hand die Ferse Esaus fest, als sie geboren wurden. Offenbar wollte er schon damals seinem Bruder den Vorrang streitig machen. Man nennt ihn „Jakob“, was so viel bedeutet wie „Betrüger“. Isaak war 60 Jahre alt, als die beiden geboren wurden.

Als sie heranwachsen, leben sie sich vollends auseinander. Esau wird ein Jäger und streift auf dem Feld umher. Jakob aber ist ein gesitteter Mann, der zu Hause bleibt und ein ordentliches und anständiges Leben führt. So wie es unter der Jägern und Hirten allerhand Kämpfe gab, so blieb auch das Verhältnis dieser beiden Brüder untereinander gespannt.

Auch die Eltern nehmen Partei. Isaak hat Esau lieb, weil er selber gern von dem erlegten Wild ißt. Rebekka aber hat Jakob lieb. So hat jeder seinen Lieblingssohn, der Konflikt ist schon vorprogrammiert. So möchten die Menschen immer wieder ihren eigenen Weg gehen. Aber Gott wird ihn durchkreuzen.

Jakob war oft bei der Mutter. Eines Tages ist er in der Küche und hilft beim Kochen einer Linsensuppe. Da kommt Esau vom Feld zurück. Er ist müde und hat einen Riesenhunger. Er geht in die Küche und sieht: Da wird etwas gekocht. Er sagt: „Laß mich schlingen von dem Roten da, von dem Roten da!“Er sieht gar nicht richtig, was es ist, er hält es wohl für eine Blutsuppe, er will nur haben.

Jakob nutzt die Gelegenheit. Er sagt:“Du kriegst etwas, aber du mußt mir dafür dein Erstgeburtsrecht verkaufen Ich möchte in Zukunft als der Älteste gelten und den Hof erben und den anderen befehlen können. Jakob hat schon lange auf diesen Augenblick gewartet. Sicher hatte ihm die Mutter von dem Wort Gottes erzählt, daß er einmal über seinen Bruder herrschen wird. Jetzt wittert er seine Chance, die Gelegenheit ist günstig.

Esau sagt: „Was soll mir denn die Erstgeburt, wenn ich jetzt vor Hunger doch sterbe. Wenn ich tot bin, habe ich doch nichts davon, daß ich als Erster geboren wurde. Es ist doch ganz gleich, ob die paar Jahre des Lebens mein Bruder oder ich mehr zu sagen haben Was soll mir denn die Erstgeburt? In der Tat kann man das Erstgeburtsrecht nicht als das eigentllche Lebensziel verstehen, der Verzicht kann nicht verurteilt werden. Der Tod macht ja in der Tat alles gleich.

Dennoch hat er töricht gehandelt. Das begehrenswerte rote Essen ist gar keine besondere Delikatesse, sondern nur eine alltägliche Linsensuppe. Aber noch schlimmer ist, daß Esau den Segen Gottes verachtet, der mit dem Erstgeburtsrecht verbunden ist. So klein die Linsen gegenüber dem Erstgeburtsrecht sind, so klein ist dieses Recht dem Segen gegenüber. Esau hat in der irdischen Welt das Törichte gewählt, nun kann er auch nicht mehr in der göttlichen Welt die Gnade und den Segen erringen. Wie soll einer, dem der Genuß für den Magen über alles geht, höchste Ziele erreichen können?

So hat Esau auch Gott verachtet. Er ist im Grunde wie ein moderner Mensch, für den nichts über den Tod hinaus gilt. Jakob aber traut ihm nicht so recht. E sagt: „Schwöre mir erst, daß du mir das Erstgeburtsrecht verkaufen willst!“ Da schwört Esau bei Gott, daß er es tun will. Seine Glaubenslosigkeit wird damit vollends deutlich. Er ist ein durch und durch weltlicher Mensch, dem nur der Genuß des Augenblicks wichtig ist.

Jakob gibt ihm nun Brot und die Suppe und Esau schlingt alles hinunter. Als er fertig ist, geht er wortlos davor. Das Erstgeburtsrecht geht ihn nichts mehr an, es kümmert ihn auch nicht.

Gott billigt das unbrüderliche Verhalten Jakobs nicht. Aber er bedient sich doch des menschlichen Handelns. Jakobs fragwürdiges Verhalten dient dazu, daß Gott wieder einen Schritt vorankommt.

 

 

Jakob gewinnt mit List den Segen des Vaters (1.Mose 27)

Hinführung:

Wer noch Geschwister hat, der weiß genau, daß ein Kind nicht wie das andere ist. Sie unterscheiden sich nicht nur im Alter, sondern in vielen Dingen. Das weiß die Mutter am besten. Sie kann aber nicht einfach dem Älteren oder dem Jüngeren alle Arbeit zuteilen, da muß sie gerecht sein.

In Israel aber war es so, daß der älteste Sohn fast die gleichen Rechte hatte wie der Vater. Er würde einmal den Hof erben und hatte deshalb mehr zu sagen. Der Besitz und die Stellung galt als Geschenk Gottes. Wer dieses Geschenk verachtete, der verachtete damit auch Gott. Dann riskierte er, daß Gott ihm alles wieder wegnahm. Von einem solchen Fall wollen wir heute hören.

 

Erzählung;

Isaak war alt geworden und konnte sich immer weniger um den Hof und die Herden kümmern. Immer öfter rief er seiner Lieblingssohn Esau zu sich und erklärte ihm noch einmal alles, wie er es mit der Arbeit machen sollte. Schließlich wurde Isaak sogar ganz blind und mußte immer im Bett liegen. Da blieb ihm nur noch eine Aufgabe, nämlich seinen erstgeborenen Sohn zu segnen und ihn damit zum Träger der Verheißung Gottes zu machen.

Rebekka aber sah all das mit großer Sorge. Gott hatte ihr doch gesagt, daß Jakob den Segen des Vaters empfangen werde. Aber immer bestellte Isaak den Esau zu sich, an Jakob schien er gar nicht zu denken. Wie sollte Jakob jemals der Erbe werden, wenn Esau der Lieblingssohn des Vaters war?

Eires Tages sagt Isaak zu Esau: „Ich bin alt geworden und weiß, daß ich sterben werde. So gehe nun aufs Feld und jage mir ein Tier und mache mir ein Essen, wie ich es gern habe. Dann wollen wir miteinander essen und ich will dich segnen, ehe ich sterbe!“ Esau geht auch gleich los, um ein Tier zu erlegen.

Rebekka aber hat alles mit angehört. Sie begreift sofort: Er will sich körperlich stärken, damit auch die Übertragung des Segens gut gelingen kann. Er will ein Festmahl machen, um die Freude und die Feierlichkeit der Handlung noch zu erhöhen. Da beschließt Rebekka, schnell zu handeln. Gott hatte doch dem Jüngeren den Segen versprochen. Nun soll ihm auch das zukommen, was ihm auf Grund des Gottesspruches auch zusteht. Um dieses Ziel zu erreichen, ist ihr jedes Mittel recht. Sie meint es ja schließlich gut mit i h r e m Lieblingssohn.

Sie ruft Jakob und sagt zu Ihm: „Ich habe zugehört, wie dein Vater mit Esau gesprochen hat. Er hat ihn auf die Jagd geschickt und will ihn nachher segnen. Jetzt mußt du gut auf mich hören und nur das tun, was ich dir sage: Gehe sofort zu unserer Herde und schlachte dort zwei Ziegenböcklein, damit ich deinem Vater ein Essen davon mache, wie er es gern hat. Das bringst du ihm dann hinein, damit er d i c h segnet!“

Rebekka will Gottes Ehre retten. Bald wird Esau zurück sein und dann steht doch die Verheißung Gottes für Jakob auf dem Spiel. War es da nicht ihre Pflicht, möglichst schnell zu handeln? Aber wer hatte ihr denn befohlen, Gott behilflich zu sein? Gott konnte doch auf andere Art und Weise noch im letzten Augenblick sein Wort wahr machen. Rebekka kann nicht warten, sie handelt eigenmächtig und zieht Jakob da mit hinein.

Jakob aber hat mit Recht Bedenken. Er sagt: „Mein Bruder Esau hat aber doch eine rauhe Haut und ist dicht behaart. Wenn mich nun der Vater betastet, dann wird er doch merken, daß ich nicht Esau bin, denn ich habe eine glatte Haut. Ich würde dann vor ihm dastehen wie ein Betrüger und erhielte vielleicht einen Fluch statt des Se­gens!“ Er fürchtet sich also nicht, zum Betrüger zu werden, sondern dabei ertappt zu werden. Es berührt ihn nicht, daß er Schuld auf sich lädt, sondern er hat nur Angst vor der Strafe.

Rebekka aber zerstreut alle Einwände und Bedenken. Sie sagt schnell: „Dann soll der Fluch mich treffen!“ In ihrem leidenschaftlichen Eifer ist sie sogar bereit, den Fluch auf sich zu nehmen. Sie ist zunächst einmal die Verantwortliche und Schuldige. Aber wenn Jakob ihr gehorcht und ihren Plan durchführt, wird er ebenso verantwortlich und schuldig (Eine Parallele finden wir in der Passionsgeschichte Jesu, als das Volk ruft: Sein Blut komme über uns und unsre Kinder!) Rebekka sagt nur zu Jakob: „Gehorche nur meinen Worten, gehe und hole mir die Böcke!“

Jakob tut alles, Rebekka macht das Essen. Sie holt Esaus Festkleider und zieht sie Jakob an. Urd sie hat noch eine Idee: Sie nimmt die Ziegenfelle und wickelt sie Jakob um die Hände und den Hals. Nun wird er so rauh erscheinen wie sein Bruder Esau. Sie gibt ihm den Braten und das Brot und schickt ihn hinein zum Vater.

 

Jakob spricht mit klopfendem Herzen: „Mein Vater!“ Isaak artwortet: „Hier bin ich. Wer bist du, mein Sohn?“ Eine geheime Unruhe ist in ihm, er könnte den Falschen segnen. Schließlich war er selber ja auch nicht der erste Sohn gewesen und hatte doch den Segen Gottes erhalten, während Ismael verjagt wurde. Er weiß genau, daß Gott frei ist in seiner Wahl und den segnen kann, den er will.

Doch Jakob antwortet schnell: „Ich bin Esau, dein erstgeborener Sohn. Ich habe getan, wie du mir gesagt hast. Komm und setz dich und iß von dem Braten und segne mich dann!“ Aber Isaak ist weiter mißtrauisch: „Mein Sohn, wie hast du das Wild nur so schnell gefunden?“ Jakob weiß sich zu helfen: „Der Herr, dein Gott, hat es mir beschert!“ Nun hat er auch noch Gott mit in seine Lüge hineingezogen.

Isaak aber spricht weiter: „Tritt nahe heran, mein Sohn, ich will dich betasten, ob du mein Sohn Esau bist oder nicht!“Jakob tritt heran und läßt sich betasten. Isaak schüttelt mit dem Kopf und sagt: „Die Stimme ist Jakobs Stimme, aber die Hände sind Esaus Hände!“

Ganz nah ist er also der Wahrheit. Aber als Blinder entscheidet er sich letztlich für den Tastsinn, der ihn ja sonst niemals trügt. Jakob aber wird immer mehr in die Lüge hineingezogen. Dreimal belügt er seinen Vater und läßt sich auch nicht durch die mißtrauischen Fragen des Vaters von seinem bösen Weg zurückrufen. Isaak aber entschließt sich, den Segen weiterzugeben.

Noch einmal fragt er: „Bist du auch Esau, mein Sohn?“ Jakob antwortet noch einmal: „Ja, ich bin es!“ Da fordert ihn Isaak auf: „Bringe mir von dem Wild und etwas zu Trinken!“ Als sie essen und trinken, sagt Isaak noch einmal: „Komm und küsse mich, mein Sohn!“ Da riecht Isaak den Geruch der Kleider, den Duft von Feld und Wald und ist sich sicher, Esau vor sich zu haben.

Nun hält er frohen Herzens die Hände über Jakob und spricht den Segen über ihm: „Dein Geruch ist wie der Geruch des Feldes, das der Herr gesegnet hat. Gott gebe dir fruchtbaren Boden und Korn und Wein in Fülle. Völker sollen dir dienen. Du wirst auch Herr sein über deine Brüder. Verflucht sei, wer dir flucht, und gesegnet sei, wer dich segnet“"

Isaak hat wohl den Segen Abrahams eigenmächtig etwas verändert. Es ist keine Rede davon, daß aus Jakob ein großes Volk werden wird. Es wird mehr von dem fruchtbaren Land geredet, von seinem Reichtum und seinen Erträgen. Es wird auch nicht gesagt, der Sohn solle den Segen unter die Völker bringen, sondern er soll Herrscher über sie werden. Deshalb wird Isaak den Segen noch einmal wiederholen, so wie er ihn von seinem Vater erhalten hat.

Die Wirkung des Segens liegt natürlich bei Gott. Aber es ist auch eine aktive Weitergabe durch einen Menschen nötig. In der Regel wird der Segen an den Erben weiter­gegeben und umfaßt meist ein langes Leben und zahlreiche Nachkommen. Allerdings hat der Segen doch immer die Form einer Bitte an Gott, er ist nicht eine Art Zauber. Und er kann nur einmal vergeben werden, jeder Mensch hat nur einen solchen Segen zu vergeben.

Kaum ist Jakob wieder hinausgegangen, da kommt Esau vor der Jagd. Er macht auch ein Essen und trägt es zum Vater hinein. Er sagt: „Iß von meinem Braten und segne mich!“ Isaak richtet sich auf: „Wer bist du?“ Esau antwortet erstaunt: „Ich bin Esau, dein erstgeborener Sohr!“ Da erschrickt Esau über alle Maßen und sagt: „Es war doch schon einer da, der Jäger. Wo ist der denn jetzt? Ich habe mit ihm gegessen und habe ihn gesegnet. Er wird auch gesegnet bleiben!“

Da schreit Esau laut auf und ruft: „Segne mich auch, Vater!“ Isaak erkennt: „Dein Bruder ist gekommen mit List und hat deinen Segen weggenommen!“ Da sagt Esau bitter: „Er heißt mit Recht ‚Jakob‘ - der Betrüger. Erst hat er mir das Erstgeburtsrecht genommen und nun auch noch den Segen. Hast du denn wirklich nur einen Segen?“ Doch Isaak kann ihm nur sagen: „Du wirst in einem öden und trocknen Land leben. Du wirst deinem Bruder dienen müssen und dich mit Hilfe deines Schwertes ernähren!" Dieser zweite Segen ist fast das Gegenteil vor dem, was Jakob erhalten hat. Isaak kann seinen Lieblingssohn nicht durch einen annähend gleichwertiger Segen entschädigen.

Esau denkt bei sich: „Mein Vater wird bald sterben. Dann ist die Zeit zur Rache gekommen, da werde ich meinen Bruder umbringen!“ Rebekka hört davon und läßt sogleich Jakob rufen. „Flieh zu meinem Bruder Laban nach Haran und bleibe eine Weile dort, bis sich der Zorn deines Bruders gelegt hat. Ich werde dir dann Bescheid geben, wenn er wieder ruhiger geworden ist. Weshalb sollte ich euch beide verlieren an einem Tag, wenn ihr euch gegenseitig umbringt!“

Isaak aber sagt sie: „Jakob soll doch einmal keine Einheimische zur Frau nehmen, sondern sich eine Frau aus unserer Verwandtschaft suchen. Da wollen wir ihn lieber nach Haran zu unseren Verwandten schicken!“

Isaak ist das zufrieden und wiederholt noch einmal ausdrücklich den Segen für Jakob. Jetzt weiß er ja, daß es Jakob ist. Er verwendet jetzt jedoch die Worte, die sein Vater Abraham schon zu ihm gesagt hatte. Er spricht ihn auch in Form einer Bitte an Gott, daß der den Jakob segnen möge und zu einem großen Volk machen möge.

Doch zunächst kommt Jakob in keiner Weise in den Genuß des erschlichenen Segens. Zunächst einmal ist er keinen Augenblick mehr seines Lebens sicher. Er muß seine Eltern verlassen und wird sie nie wiedersehen. Ganz allein muß er sich auf den 800 Kilometer langen Weg machen und sein Erbe zunächst einmal im Stich lassen. Dennoch bleibt er Träger des Segens. Isaak beugt sich unter den Willen Gottes, daß Jakob der Träger des Segens sein soll. Aber schwer wird es in Zukunft für die ganze Familie sein.

 

Artwortgespräch:

Mit der Geburt der beiden Söhne war die Verheißung an Isaak erfüllt worden. Gott erwählt aber selbst der Verheißungsträger aus. Er läßt sich dabei nicht an die Sitten der Menschen binden, sondern wirkt nach seinem Plan. Da ist es auch nicht nötig, daß Rebekka noch nachhelfen will. Gott hätte schon einen Weg gefunden. Offenbar haben Rebekka und Jakob nicht so recht an die Verheißung Gottes geglaubt. Sie berufen sich in ihrem Handeln ja auch nicht auf den Gottesspruch, sondern scheint sehr eigenmächtig zu handeln. Hätten sie wirklich an das Gotteswort geglaubt, dann wäre ihr Handeln nicht zum Betrug ausgeartet. Gott läßt den Menschen ihren Willen. Aber er sagt nicht „Ja“ zu dem bösen Tun der Menschen. Er heißt Isaaks Vorliebe für Esau nicht gut. Er muß Jakob segnen und so Gottes Plan durchführen. Rebekka muß teuer für den Betrug bezahlen und Jakob kostet es 20 Jahre seines Lebens. Gott läßt sich keine Vorschriften machen. Er hält, was er verspricht, man muß nur warten können. Das gilt auch für uns

 

 

Jakob schaut die Himmelsleiter (1. Mose 28,10-22)

 

Einstieg:

Wenn ein Kind zur Kur verschickt werden soll, dann freut es sich oft gar nicht darüber. In dem Heim ist es zwar sehr schön, aber man hat doch Heimweh, weil man so lange von Vater und Mutter fort ist.

Für Jakob wurde es noch viel schwerer. Über einen Morat mußte er wandern. Dabei wußte er nicht, wie er vor den Verwandten aufgenommen würde. Er hatte keine Ahnung, wann er in die Heimat würde zurückkehren können.

Eben noch schien er am Ziel seiner Wünsche zu sein. Er hatte den Segen des Vaters empfangen. Aber nun muß er in die Fremde. Nun scheint alles umsonst gewesen zu sein. Er scheint ganz allein zu sein. Aber er steht dennoch unter Gottes Schutz.

 

Erzählung:

Wie ein armer Mann zieht Jakob von Beerseba aus. Er hat kein Gepäck dabei, keinen Helfer. Er marschiert, was er kann, um möglichst weit zu kommen. So sehr fürchtet er immer noch die Rache seines Bruders Esau. Er macht erst halt, als die Sonne untergeht und es schnell Nacht wird,

Er sucht einen großen Stein, legt sich hin und legt den Kopf auf den Stein. Bald ist er eingeschlafen. In der Nacht aber hat er einen seltsamen Traum: Er sieht eine Treppe von schier unendlicher Höhe von der Erde bis an den Himmel reichen. Auf der Treppe steigen Gestalten auf und nieder. Jakob weiß gleich, daß das die „Engel“ Gottes sind, seine Boten und Diener.

Oben auf der Treppe aber steht Gott selber. Jakob kann ihn nicht richtig erkennen, aber er weiß genau: Das kann nur Gott selber sein. Sicherlich wird der ihm etwas zu sagen haben. Da muß er gut aufpassen, denn auf das Wort Gottes kommt es an. Er hat eben immer wieder andere Wege, um sich den Menschen mitzuteilen.

Gott spricht zu ihm: „Ich bin der Herr, der Gott Abrahams und Isaaks. Das Land, auf dem du liegst, will ich dir und deinen Nachkommen geben. Deine Familie soll zahlreich werden wie der Staub auf der Erde, und durch deine Nachkommen sollen alle Menschen auf der Erde gesegnet werden. Ich bin mit dir und will dich behüten, wo du auch hinziehst, und ich will dich wieder herbringen in dies Land. Ich will dich nicht verlassen, bis ich alles getan habe, was ich dir zugesagt habe!“

Das ist er wieder, der Segen Abrahams, den Jakob nur selber von Gott hören darf. Als Jakob am Morgen aufwacht, sagt er: „Tatsächlich, der Herr ist an dieser Stätte, und ich wußte es nicht!“ Doch er freut sich nicht darüber, sondern die Gegenwart Gottes erfüllt ihr mit Furcht. Doch diese Furcht ist umschlossen von der Gewißheit, daß Gott den Segen über ihm erneuert hat. Gott hat ihm gesagt: „Ich will dich nicht verlassen, was nun auch kommen mag!“

Wir wundem uns vielleicht, daß Jakob sein Unrecht nicht eingesteht. Aber so ist der Mensch eben: er hat Vorbehalte und will sich vor Gott retten. Aber Gott kommt dennoch auf ihn zu und läßt sich nicht davon abbringen, den Menschen auf seinen Weg zu bringen. Er stellt den Menschen so daß er ihm nicht mehr entweichen kann. Nun ist Jakob ganz in Gottes Hand und kann es nur noch m i t ihm versuchen.

Jakob ist sich genau bewußt, was ihm hier widerfahren ist. Er sagt: „Wie heilig ist diese Stätte! Hier ist nichts anderes als Gottes Haus, und hier ist die Pforte des Himmels!“ Er nimmt den Stein, auf dem er die Nacht über mit seinem Kopf gelegen hatte, und richtet ihn auf. So hat er einen Gedenkstein, den er nach der damaligen Sitte mit Öl übergießt, damit er zum Denkmal wird. Er nennt der Ort „Beth-el“, was so viel bedeutet wie „Haus Gottes.“

Aber unmittelbar darauf erleben wir Jakob wieder so, wie er immer gewesen ist. Der Mann, der den Himmel offen gesehen hat, will mit Gott einen kleinen Handel beschließen.

Und das alles nennt er dann noch ein „Gelübde“ .Er sagt: „Wenn Gott mit mir ist und mich behütet auf meinem Wege, mir Brot zum essen gibt, und Kleider zum anziehen und mich wieder im Frieden zu meinem Vater zurückkehren läßt, dann soll er mein Gott sein!“

Er stellt also Bedingungen sehr greifbarer Art. Er ist nicht über Nacht aus einem Betrüger zu einem Mann Gottes geworden, sondern er tut erste zaghafte Schritte auf dem Weg zum Glauben. Er verschreibt sich Gott nur mit Vorbehalt, nicht mit dem kühnen Absprung des Glaubens wie Abraham. Aber er sagt auch: „An diesem Stein will ich ein Gotteshaus bauen, wenn ich zurückkehre. Dort sollen dann Gott Opfer gebracht werden, und zwar immer der Zehnte Teil aller Dinge, die Gott geschenkt hat!“

 

Bildbetrachtung: Kaufmann, Nr. 12:

Jakobs Weg geht durch Tiefen der Schuld, durch Irrungen und Verzweiflung. Als heimatloser Flüchtling liegt er auf fremder Erde. Über ihm stehen Berge der Schuld; dunkel und drohend verbauen sie jegliche Aussicht. Aber Gott versagt sich dem Schuldiggewordenen nicht. Gottes Barmherzigkeit ist größer als Jakobs Schuld. Durch die Treppe stellt er eine Verbindung zwischen Himmel und Erde her, zwischen sieh selbst und Jakob. Auch wenn alle Menschen ihn verlassen haben, so läßt Gott ihn doch nicht allein, sondern ist bei ihm mit seinem helfenden Wort. So ist auch Gott bei uns. Wenn die Eltern einmal nicht da sind, bleibt doch Gott bei uns. Gott bindet sich nicht an einen bestimmten Ort, an das „Gotteshaus“, sondern er geht mit uns, wo immer wir auch hingehen.

 

Jakob und Rahel (1. Mose 29 - 31):

Erzählung:

Gott hatte Jakob versprochen: „Ich bin mit dir!“ Aber zunächst wurde von der Verwirklichung dieser Zusage nicht viel sichtbar. Er muß im Grunde fliehen und wird nachher selber betrogen. Aber dennoch ist auch Gottes Segen in alles Geschehen mit hinein verflochten. Gottes Gnade ist keine billige Gnade. Jakob muß die Folgen seines Tuns tragen.

Zunächst wandert er nach Osten in Richtung Haran, von wo einst seine Mutter gekommen war. Eines Tages kommt er zu einem Brunnen auf einem Feld, bei dem immer drei Schafherden getränkt werden. Über der Öffnung des Brunnen liegt ein großer Stein, der nur von mehreren Hirten gemeinsam weggewälzt werden kann. Man wartet damit aber, bis alle Herden beisammen sind, damit nicht ein Teilhaber an dem Brunnen sich Vorteile verschaffen kann.

Jakob fragt die Hirten: „Woher seid Ihr?“ Sie antworten: „Wir sind aus Haran!“ Da weiß Jakob, daß er am Ziel seiner Reise angekommen ist. Deshalb fragt er weiter: „Kennt ihr auch Laban?“ Sie artworten: „Ja, den kennen wir gut. Da kommt gerade seine Tochter Rahel mit der Schafen!“

Jakob will die Hirten dazu bringen, daß sie ihre Schafe gegen die gewohnte Ordnung vorzeitig tränken, um nachher mit Rahel allein sein zu können. Aber sie lassen sich nicht überreden. Da überlegt er sich etwas anderes, womit er dem Mädchen imponieren könnte: mit übermenschlicher Kraft packt er den großen Stein und wälzt ihn allein von der Brunnenöffnung. Dann tränkt er Rahels Schafe. Mit seiner Tat will er sich ins rechte Licht setzen. Aber er handelt wiederaus eigener Kraft, um sein Ziel zu erreichen. Er hat noch nichts dazugelernt.

Dann tritt er auf Rahel zu, umarmt sie stürmisch und küßt sie. Erst danach erklärt er ihr, was ihn zu einer solchen Begrüßung veranlaßt: „Ich bin ein Verwandter von dir. Ich bin der Sohn Rebekkas, der Schwester deines Vaters!“Da läuft Rahel schnell zu ihrem Vater und erzählt ihm alles. Laban kommt Jakob entgegen, umarmt ihr und führt ihr in sein Haus.

Jakob hat sich natürlich gleich in die schöne Rahel verliebt. Die möchte er gern als Frau haben. Aber als er das Laban sagt, verlangt der: „Du bist ein Fremder und hast kein Vermögen. Wenn ich dir meine Tochter mitgebe, dann verliere ich eine Arbeits­kraft. Dafür mußt du mir erst einen Ausgleich geben. Du sollst sieben Jahre lang ohne Entlohnung meine Herden weiden. Dann soll dir Rahel gehören!“ Jakob ist damit einverstanden und tritt in die Dienste Labans.

Und die sieben Jahre kommen ihm vor, als seien es nur sieben Tage. Als die Zeit um ist, sagt Jakob zu Laban: „Gib mir jetzt Rahel zur Frau!“ Laban macht auch ein großes Fest und lädt viele Leute dazu ein. Sie feiern erst groß. Die Braut ist noch nicht mit dabei. Erst am Abend wird die Braut tief verschleiert in die Wohnung des Bräutigams geleitet. Jakob ist glücklich, weil er sein Ziel erreicht zu haben meint. Doch am Morgen ist er maßlos enttäuscht: Als er sich seine Frau bei Licht ansieht, ist es nicht Rahel, sondern ihre ältere Schwester Lea. Die hat er doch gar nicht haben wollen, die war doch gar nicht schön und hatte matte große Augen wie eine Kuh. Aber was soll er machen? Die Hochzeit ist gültig-

Er geht zu Laban und stellt ihn zur Rede. Doch der sagt: „Bei uns ist es nicht üblich, daß man die Jüngere weggibt vor der Älteren!“ Da denkt Jakob daran, daß er ja selbst als der Jüngere seinen älteren Bruder betrogen hat. Nun läßt Gott ihn selbst erfahren, wie es ist, wenn man betrogen wird.

Jakob kann nun nur noch eins erreichen: Er feiert wie üblich eine Woche Hochzeit mit Lea. Dann gibt ihm Laban auch noch Rahel als Frau. Aber er muß sich zu weiteren sieben Jahren Arbeit bei Laban verpflichten. Er hat damit seinen Willen durchgesetzt - aber für welchen Preis! Er wird für weitere sieben Jahre abhängig sein. Aber damit erntet er nur, was er gesät hat und muß die Folgen seines eigenmächtigen Handelns tragen. Der Betrüger wird zum Knecht eines Betrügers!

Aber Jakob hat immer noch nicht gelernt, der Willen Gottes mit ihm zu erkennen. Lea bleibt ungeliebt und wird von ihm zurückgesetzt, ja sie ist ihm geradezu verhaßt. Gott aber bekehrt sich zu der Verachteten und schenkt ihr reichen Kindersegen. Nach und nach bekommt sie vier Söhre, während Rahel kinderlos bleibt.

Das macht Rahel eifersüchtig. Sie sagt zu Jakob: „Ich möchte auch ein Kind haben!“ In Wirklichkeit meint sie damit natürlich Gott, der ihr auch ein Kind schenken soll. Doch zunächst sucht man einen Ausweg, wie schon bei Abraham: Die persönliche Magd Rahels soll ein Kind auf die Welt bringen, das dann als Kind ihrer Herrin gelten soll. Daraufhin sorgt Lea dafür, daß auch ihre Leibmagd Kinder von Jakob kriegt. So gibt es Eifersucht und Kampf in der Familie, es geht sehr menschlich zu, aber Gott wird letztlich doch seinen Plan zum Ziel führen.

Schließlich, als keiner mehr damit rechnete, bekommt auch Rahel noch einen Sohn, den sie Josef nennt. Nur wenn Gott es will, kann geholfen werden. Rahel bekommt dann sogar noch einen Sohn, den Benjamin (bei dessen Geburt sie allerdings stirbt). Insgesamt hat Jakob zwölf Söhne von seinen verschiedenen Frauen.

Aber auch Jakobs Schafe und Ziegen vermehrten sich und seine Herder wurden immer größer. Er wurde ein reicher Mann, für den viele andere Leute arbeiteten. Darauf wurden nun aber Laban und seine Söhne neidisch. So war es für Jakob besser, nach 20 Jahren wieder in seine Heimat zurückzukehren .Er holt seine Familie und sein Vieh zusammen und macht sich mit ihren ziemlich plötzlich aus dem Staub.

Laban aber verfolgt sie. Böses darf er ihnen nicht tun, das hat Gott ihm verboten. .Aber er macht Jakob Vorwürfe: „Warum hast du mir nichts gesagt. Nicht einmal ver­abschieden konnte ich mich von meinen Kindern und Enkeln!“ Aber sie einigen sich dann doch friedlich. Jakob verspricht, die Töchter gut zu behandeln und keine weiteren Frauen zu nehmen. Und sie richten ein Denkmal aus Steinen, das an den Frieden zwischen ihnen erinnern soll: Keiner soll an dem Malzeichen vorbeigehen, um den anderen in böser Absicht zu überfallen. So kann Laban am nächsten Morgen beruhigt wieder in seine Heimat ziehen, nachdem er sich vor seinen Kindern und Enkeln verabschiedet hat.

 

Jakobs Kampf am Jabbok (1.Mose 32,23-33):

Aber nun kommt eine neue Gefahr auf Jakob zu: Wie wird die Begegnung mit seinem Bruder Esau verlaufen? Seine Boten berichten ihm: Dein Bruder kommt dir mit 400 Mann entgegen. Jakob teilt seine Herden, damit bei einem Kampf wenigstens eine Gruppe sich noch retten kann. Er betet zu Gott: „Ich habe deine Treue ja eigentlich nicht verdient. Aber du hast mir doch immer geholfen. Ich hatte nicht mehr als einen Stab, als ich über den Jordan ging. Und jetzt habe ich zwei große Herden. Errette mich doch jetzt auch aus der Hand meines Bruders, denn ich fürchte mich vor ihm!“

Er sucht sich auch besonders schöne Tiere aus, die er seinem Bruder als Versöhnungsgeschenke geben wollte. Sie stellte er an die Spitze des Zuges, der nun Esau entgegenging.

Jakob spürt, daß die Entscheidung immer näher kommt. Gott treibt ihn immer mehr in die Enge und in Angst. Jakob wird immer mehr seiner Schuld ins Angesicht sehen müssen. Der eigenmächtige und selbstherrliche Jakob wird dabei ein anderer werden.

In der Nacht bringt er zunächst einmal seine Familie und sein Vieh an einer Furt über den Fluß Jabbok. Er selbst aber bleibt noch am anderen Ufer. Es ist alles dunkel, seine Angst wird immer noch größer. Da kommt ein Mann auf ihn zu und fängt an, mit ihm zu ringen. Sie kämpfen stumm und verbissen, bis die Morgenröte schon heraufzieht. Jakob merkt: Das ist kein Mensch, den hätte er vielleicht noch bezwingen können. Der andere ist ein Bote Gottes. Oder ist er vielleicht sogar Gott selber? Auf jeden Fall ist er mit seinem Leben und seiner ganzen Existenz auf Gedeih und Verderb diesem Gott ausgeliefert. Nicht Esau ist sein Gegner, sondern Gott selber, von ihm geht die größere Gefahr aus.

Aber der Fremde kann Jakob auch nicht voll in seine Gewalt bekommen. Da schlägt er mit übermenschlicher Kraft auf die Hüfte Jakobs und schlägt den Oberschenkel aus seinem Gelenk. Jakob schreit auf vor Schmerz, er kann sich nicht mehr bewegen.

Der andere sagt: „Laß mich los, denn die Morgenröte bricht an!“ Aber Jakob klammert sich ganz fest an ihn und will ihn nicht gehenlassen. Er hat erkennt, daß Gott selber mit ihm gerungen hat. Er darf nicht weiter sein Feind bleiben, sonst wird Jakob ganz verloren sein. In seiner Todesangst hat er erkannt: Es gibt nur noch e i n e Möglichkeit zu leben, nämlich daß der andere sich über ihn erbarmt. Jetzt erst ist Jakob ganz klein und will darauf verzichten, sich selbst zu helfen.

Er sagt zu dem anderen: „Ich lasse dich nicht, wenn du mich nicht segnest!“ Der andere fragt zurück: „Wie heißt du?“ Jetzt muß Jakob bekennen, wer er wirklich ist. Sein Name zeigt sein ganzes Wesen, daß er nämlich ein Betrüger ist. Er sagt: „Ich heiße Jakob!“ Doch der andere sagt zu ihm: „Du sollst nicht mehr Jakob, der Betrüger, heißen, sondern ‚Israel‘, der Gottesstreiter. Denn du hast mit Gott und mit Menschen gekämpft und bist Sieger geblieben!“

Als Jakob seine Schuld eingesteht, wird er vor Gott erdgültig in Dienst genommen. Er hat sich Gott auf Grade und Ungnade ausgeliefert und hat die Gnade erlangt. Gott ist zwar manchmal zornig. Aber wenn man sich auf seine Liebe und Gnade beruft, kann man auch den Zorn Gottes besiegen. Man muß nur seine Schuld eingestehen und das Vertrauen auf die eigene Kraft aufgeben.

Jakob möchte gern den Namen des anderen wissen. Aber der wird ihm nicht gesagt, denn ein Mensch soll keine Macht über Gott erhalten (und das geschah nach damaliger Anschauung, wenn man den Namen eines anderen kannte).

Doch die Sache mit dem Namen ist auch nicht so wichtig. Denn zum Schluß segnet der andere den Jakob. Damit ist alles wieder gut. An die Stelle des erschlichenen Segens tritt der geschenkte Segen. Diese Nacht war nicht die letzte für Jakob. Er sieht die Sonne aufgehen und mit dem neuen Tag wird ihm auch das Leben neu ge­schenkt. Die Schuld ist von Gott durchgestrichen. Nur die verrenkte Hüfte erinnert ihn noch an das Vergangene.

Nach der Versöhnung mit Gott kann nun auch das Verhältnis zum Bruder in Ordnung kommen. Jakob geht als ein anderer Mensch der Entscheidung entgegen: Jakob begegnet seinem Bruder ehrerbietig, verneigt sich siebenmal vor ihm wie vor einem König. Er stellt keine Ansprüche und erkennt seine Schuld an. Esau freut sich, als er den Bruder wieder sieht. Nicht nur Gott ist freundlich zu Jakob, sondern auch der Bruder, für den die Vergangenheit ausgelöscht ist. Die Geschenke will Esau zunächst nicht annehmen. Aber Jakob drängt sie ihm auf und sagt: „Gott hat mich doch so reich beschenkt, da sollst du auch etwas davon abhaben!“So haben sich die Brüder wieder versöhnt.

 

Bildbetrachtung: Kaufmann 13 und 14:

Die Vergangenheit ist nicht leicht zu bewältigen, weil ja das Alte überwunden werden muß. Jakob kann nicht über die Fluten, die ihm den Weg versperren. Da ist zu vieles, was querliegt und ein Weiterschreiten verhindert. Erst Gott kann den Weg freimachen. An Jakob ist ein unfaßbares Wunder geschehen. Ein neuer Name ist ihm Garant für den Segen Gottes.

Durch den neuen Namen eröffnet sich für Jakob das Tor zur Zukunft. Gottes Wort hat ihn zu einem neuen Menschen gemacht. Die Fluten sind überschritten, das Alte ist vergangen, es ist alles neu geworden. Aber er geht seinen Weg als ein von Gott Verwundeter. Allerdings kann man nicht mehr (wie auf dem erster Bild) die verdeckte Stelle sehen. Jakob schreitet durch das große Tor als ein Sünder, der Vergebung empfangen hat durch Gottes Gnade und Barmherzigkeit. Für uns geht die Sonne auf, wenn wir an den gekreuzigten und auferstandenen Jesus glauben. Dieser Glaube ist der Sieg, der die Welt überwunden hat.

 

 

Zum Ganzen:

Nicht die geliebte Rahel ist es, die zur Stammutter des Messias wird, sondern die verachtete Lea. Gott führt souverän seine Absichten durch und geht dabei oft Wege, die anders sind als die Menschen es denken und wollen. Als Rahel schließlich nach langem Warten doch selbst ein Kind bekommt, sollte gerade der Lebensweg Josefs für den Vater besonders schmerzlich werden. Und doch ist auch in diesem Geschehen verborgen der Segen Gottes wirksam: Trotz aller Not bringt das Leben Josefs doch Gottes Segen und Rettung über das Volk. Fluch und Segen liegen oft ineinander. Die fluchhafte Kette, die sich von Betrug zu Betrug spannt, ist ja in nicht zu übersehender Weise deutlich: Jakobs Betrug an Esau, Labans Betrug an Jakob, Jakobs Betrug an Laban (geschenkte Tiere statt schwarzer) und schließlich der Betrug Rahels an Laban (Flucht, Diebstahl des Hausgötzen). Gott aber baut die Absichten der Menschen, auch Sünde und Betrug, in seinen Plan ein. Am Ende geht doch alles so aus, wie er es gewollt hatte. Gott hat dem Volk in Gestalt des Jakob gezeigt: Ich bin für euch da! Aber ihr sollt auch für andere da sein.

 

 

Josephserzählungen

 

Orientierungshilfe C: An Jakob und seiner Familie erkennen wir, daß Gott der Vater die Menschen lieb hat. Er führt die Seinen.         (1. Mose 37-50)

 

Josef und seine Brüder (1. Mose 37, 1-11)

 

Hinführung:

Haben die Eltern alle Kinder gleich lieb?

Werden nicht oft die jüngsten Kinder verzogen?

Müssen die älterer Kinder mit den kleinen ins Bett gehen?

Werden in der Schule bestimmte Kinder bevorzugt? (Noten)

Wie reagiert ihr darauf? Darf das sein?

 

Jakob war ein reicher Bauer. Wo er wohnte, gab es gutes Land und gute Viehweiden. Er hatte große Ställe mit Schafen, Ziegen, Kamelen und Rindern. Da brauchte er viele Leute, die ihm bei der Landwirtschaft halfen. Er hatte eine ganze Reihe Männer und Frauen, die ihm helfen mußten. Er hatte sie gekauft und sie mußten ihr ganzes Leben nur bei ihm bleiben und für ihn arbeiten. Das gab es eben damals, daß man auch Menschen kaufen konnte.

Vor allem aber hatte Jakob auch zwölf Söhne, die ihm bei der Arbeit halfen. Sie trieben immer das Vieh auf die Weide und hüteten es. Auch die kleineren Kinder wurden schon zu bestimmten Arbeiten angestellt.

Der jüngste hieß Benjamin und der zweitjüngste hieß Josef. Und dieser war der Lieblingssohn seines Vaters. Er kriegte immer die leichtesten und schönsten Arbeiten. Und wenn er einmal nicht wollte, dann brauchte er auch nichts zu machen.

Meistens trug er den Brüdern das Essen hinaus auf die Weide. Einen Korb mit Essen und eine Kanne mit Milch konnte er schor tragen, er war ja immerhin schon fast 17 Jahre alt. Er ging auch ganz gern hinaus aufs Feld, weil es da doch allerhand zu sehen gab und man so schön auf dem Weg trödeln konnte.

Die Brüder sahen ihn gar nicht gern kommen. Er erzählte nämlich zuhause immer alles, was die Brüder anstellten. Wenn sie sich einmal mit Dreck bewarfen, erfuhr es sofort der Vater. Wenn ihnen einmal ein Schaf ausgerissen war und sie es lange suchen mußten, dann wurde es ihnen bestimmt am Abend vom Vater vorgehalten. Josef erzählte alles und vergaß nichts. Kein Wunder, wenn die Brüder ihn gar nicht mehr leiden konnten.

Eines Tages kommt Josef wieder aufs Feld in einem schönen bunten Rock. „Den hat ihm der Vater geschenkt“, denken die Brüder gleich. „Wir müssen hier immer in unsrer Arbeitssachen herumlaufen und der kriegt so einen feinen Rock nach der neuesten Mode. Uns gibt der Vater niemals einen solchen Rock, damit wir auch einmal zum

Tanz gehen könnten!“ Josef ärgert seine Brüder auch noch, indem er ihnen sagt: „Seht mal, welch einen schönen Rock ich gekriegt habe. So einen habt ihr aber nicht!“ und er dreht sich dann herausfordernd vor ihren, damit sie ihn auch richtig bewundern sollen.

Am nächsten Morgen gar erzählt Josef einen Traum, der die Brüder völlig in Wut bringt. Man meinte ja damals, Träume würden künftige Dinge voraussagen, sie gingen auf jeden Fall in Erfüllung. Durch die Träume wird aber auch auf den wahren Hintergrund des Familienkonflikts aufmerksam gemacht: Es geht nicht nur um die bösen Pläne der Menschen, sondern um d n PlanGottes mit Josef, den er zum Ziel führt.

Josef erzählt: „Heute nacht hatte ich aber einen schönen Traum. Wir banden Garben auf dem Feld. Aber meine Garbe richtete sich schön gerade auf, sie war der König. Eure Garben aber verneigten sich vor meiner Garbe!“

Die Brüder kochten vor Wut und schriee ihn an: „Du willst wohl unser König werden? Du willst wohl über alle herrschen? Ausgerechnet du, der Zweitkleinste!“ Jetzt haßten ihn die Brüder sogar, wegen des Traumes und wegen der Reden, die er geführt hatte. Sie wollten ihn gar nicht mehr bei sich haben. Er sollte nicht mehr ihr Bruder sein. Aber es sollte noch schlimmer kommen.

Eines Tages kommt Josef wieder angerannt und ruft: „Ich hatte wieder so einen schönen Traum: die Sonne, der Mond und die Sterne verneigten sich vor mir. Elf Sterne waren es, ich konnte sie genau zählen!“ Da tadelte ihn sogar sein Vater und sagte: „Soll etwa ich und deine Mutter sich auch vor dir verneigen? Sollen wir alle vor dir niederfallen?“ Dennoch ging dem Vater jener Traum nicht wieder aus dem Kopf: Hatte Gott etwa mit seinem Sohn doch etwas Besonderes vor?

 

Bildbetrachtung: Josef inmitten seiner Brüder auf dem Feld. Die Brüder verneigen sich vor einem König.

 

Kaufmann-Bild Nr.15:

Der Plan Gottes steht gleich am Anfang der Josefserzählung in den Träumen Josefs über der ganzen Familie. Doch die Zeichen sind so urglaublich, daß sie den Widerspruch aller Beteiligter hervorrufen. Die Brüder sind zum Angriff angetreten. In ihren Gesichtern spiegeln sich Zorn, Spott und drohendes Unheil. Auch Jakob lehnt sich gegen diese Ansage auf; aber ihn bewegt die Frage, was Gott wohl mit der Seinen zu tun gedenkt.

 

Spiel: Mit Halmasteinen bilden wir einen Kreis (verschiedene Farben):

Vater und Mutter, elf Söhne, Josef steht außerhalb (andere Farbe)

Woran liegt es, wenn einer draußen steht?

Was können wir tun, um ihr wieder hereinzuholen? (etwa beim Spielen).

Jemand einfach auszustoßen ist keine Lösung.

 

Verkauf Josefs (1.Mose 37,12-36):

Eines Tages wird Josef wieder losgeschickt, um nach seinen Brüdern zu sehen. Sie sollen bei Sichem sein. Aber dort findet er sie nicht. Ein Mann hat sie aber gesehen und sagt ihm: „Sie wollten nach Dothan!“ Endlich sieht er sie in der Ferne mit der Herde.

Als die Brüder Josef bemerken, sagen sie: „Seht, da kommt der Träumer!“ Und einer hat auch gleich den Vorschlag: „Laßt uns ihn töten. Die Gelegenheit ist günstig. Niemand ist in der Nähe und wir sind weit von Zuhause weg. Wir können ja dann sagen, ein wildes Tier habe ihn gefressen. Dann wollen wir einmal sehen, was aus seinen Träumen wird!“ So böse denken die Brüder schon.

Ruben aber, der Älteste unter ihnen, will das verhindern. Das will er dem Vater doch nicht antun, obwohl er einen Denkzettel verdient hätte. Aber immerhin ist Josef doch ihr Bruder. Doch eine schlimme Strafe soll er auf jeden Fall erhalten.

Ruben schlägt vor: „Ihr dürft ihn nicht töten, ihr dürft kein Blut vergießen. Aber werft ihn doch hier in diesen ausgetrockneten Brunnen!“ Ruben hoffte, er könnte ihn dann nachher wieder herausholen und wieder zum Vater bringen.

Josef kommt heran und grüßt seine Brüder freundlich. Die aber stürzen sich auf ihn, schlagen ihn, reißen ihm den bunten Rock vom Leib und werfen ihn in die Grube. Dann setzen sie sich seelenruhig hin und wollen das aufessen, was er mitgebracht hat.

Da taucht eine Karamelkarawane hinter dem Hügel auf. Sie bringen Salben und Gewürze von Syrien nach Ägypten. Da hat Juda einen Plan. Er sagt: „Was wollen wir uns an unserem Bruder vergreifen? Wir verkaufen ihn lieber an diese Kaufleute, da kriegen wir sogar noch Geld dafür!“ Die anderen sind einverstanden.

Als die Kaufleute herangekommen sind, hält Juda sie an und fragt: „Könnt ihr noch einen jungen Mann gebrauchen? Wir verkaufen ihn euch! Er ist hier überflüssig!“ Der Anführer der Kaufleute antwortet: „Wir handeln an sich nur mit Salben und Gewürzen Aber so etwas können wir auch einmal mitgehen lassen. Ist er der auch gesund und kräftig, damit wir ihn wieder loskriegen?“ Josef wird aus dem Brunnen herausgeholt. Der Kaufmann sagt: „Ihr habt ihn ja ziemlich zusammengeschlagen. Aber 20 Silberstücke will ich für ihn bezahlen!“ So nehmen sie ihn mit nach Ägypten.

Ruben war bei dem Handel nicht dabeigewesen. Als er zurückkommt, ist die Grube leer. Die Brüder sind weitergezogen. Ruben zerreißt sein Kleid vor Trauer. So ist sein Plan doch mißlungen, der Bruder tot? Er geht zu den anderen und sagt: „Der Junge ist fort! Was soll ich nur machen? Wie kann ich jetzt unserem Vater noch unter die Augen treten?“

Doch die anderen wissen sich zu helfen. Sie schlachten einen Ziegenbock und tauchen Josefs bunten Rock in das Blut. Dann schicken sie der Rock zu ihrem Vater und lassen ihm ausrichten: „Den haben wir gefunden. Sieh nach, ob es der Rock deines Sohnes ist!“ Sie sagen nicht: „Der Rock unsres Bruders“, sondern sie sagen: „der Rock deines Sohnes“, so als ob er nicht ihr Bruder wäre. Jakob erkennt der bunter Rock sofort und sagt: „Es ist der Rock meines Sohnes. Ein böses Tier hat ihn gefressen, ein wildes Tier hat Josef zerrissen!“ Und Jakob zerreißt auch sein Kleid zum Zeichen der Trauer. Er zieht Trauerkleider an und trauert lange um seinen Sohn, den er tot glaubt.

Alle seine Söhne und Töchter kommen zu ihm und wollen ihn trösten. Jetzt tut ihnen der Vater doch wieder leid, weil er nun nie mehr fröhlich ist. Aber er will sich nicht trösten lassen und sagt immerzu nur: „Ich werde meinen Schmerz mit ins Grab nehmen müssen. Erst wenn ich tot bin, werde ich meinen Sohn wieder sehen!“ So weinte Jakob lange um seinen Sohn Josef.

 

Kaufmann-Bilder Nr.16 - 19:

Josef wird von seinen Brüdern in die Grube gestürzt Josef ist den Plänen der Brüder wehrlos ausgeliefert. Sie stoßen den von sich, dem die besondere Liebe des Vaters gilt. Sie wollen sehen, was aus seinen Träumen wird. Die Pläne der Menschen erheben sich gegen Gottes Plan. Gott duldet den Angriff gegen seinen guten und gnädigen Willen.

 

Kaufman-Bild Nr.17: Josef wird von seinen Brüdern verkauft

Die „Lösung“ scheint ganz im Sinne der Brüder zu liegen: Sie körnen den Bruder für immer loswerden, ohne sich die Hände mit Blut zu beflecken. Er soll aus ihrer Gemeinschaft ausgestoßen werden, damit er im fremden Land ohne Schutz seiner Familie und ohne den Schutz Gottes dem Verderben preisgegeben ist. Josefs angstvoller Blick geht ins Leere. Die Brüder bleiben „Sieger“; aber ihr Sieg ist ein Sieg der Finsternis, die sie umschlungen hat.

 

Nr.18: Ruben kommt zu spät

In äußerster Lebensgefahr wird Josef bewahrt. Und die bewahrenden Kräfte kommen aus dem Brüderkreis selbst. Ruben handelt im Blick auf den Vater. Aber er setzt sich nicht mit der ganzen Person ein. Nun muß erfahren, daß er gescheitert ist. Vergebens streckt er die Hand über den Brunnen. Auch er ist schuldig. Er bleibt einsam und ohne Trost. Die Brüder schweigen, sie halten die Klage keiner Antwort wert.

 

Nr.19: Jakob wird durch die Lüge seiner Söhne ins Elend gestürzt In der Trennung vom Bruder liegt zugleich die Frage nach dem Vater. Als Gefangene des Bösen müssen die Brüder tun, was ihrer eingegeben wird (durch die Schlange über ihren Köpfen als Symbol für das Böse). Mit Lügen treten sie vor den Vater, keiner kann den Lauf des Bösen hemmen. Nun verströmen sie selber das Böse (Körper ge­schwungen). Sie ertragen ruhig, wie ihr Vater zusammenbricht. Er ist völlig von Finsternis eingeschlossen

 

 

Josef bei Potiphar (1.Mose 39,1-18):

Mühsam ist der Weg einer Karawane. Noch mühsamer ist er für den, der ihn als Sklave gehen muß. Zwar gab man Josef alles, was er brauchte: Essen und Trinken und ein Nachtlager. Aber man verwendete nur soviel Sorgfalt darauf, wie man das bei einer verderblichen Ware tut, damit man sie noch an den Mann bringen kann. Ja, Josef, der Sohn eines reichen Bauern, war zum Sklaven geworden, zu einer Ware, nie man verkaufen und kaufen konnten. Der verwöhnte Junge war aus dem behüteten Elternhaus herausgerissen worden. Zuerst in den dunklen Brunnen und dann unter all diese vielen fremden Menschen. Sein Vater wußte nicht, wo er war, sonst hätte

er ihn sicher freigekauft. Was würden ihm die Brüder wohl sagen, wie würden sie sich herausreden?

Endlich kommen sie nach einem langen Zug durch die Wüste ins fruchtbare Ägypten. Josef sieht Tempel und Paläste. Er erkennt: Hier kennt keiner den allmächtigen Gott. Die Leute beten Bilder und Götzen an. Und von der Kaufleuten erfährt er: Der mächtigste Mann im Lande ist der Pharao. Er hat ein Schloß und viele Diener. Darunter sind sogar ein eigener Hofbäcker und ein Mundschenk, der ihm immer den Wein besorgt und einschenkt.

Auch eine eigene Leibwache hat der Pharao. Deren Oberst heißt Potiphar. Er braucht immer wieder neue Sklaven. Als die Karawane draußen vorbeikommt, entdeckt Potiphar den Josef und fragt gleich, ob er ihn haben kann. Die Kaufleute sind froh, ihn loszuwerden. Dreißig Silberstücke kriegen sie für ihn, den üblichen Preis für einen Sklaven.

Jetzt muß Josef tüchtig arbeiten. Aber er tat es gern. Er ist nicht mehr das verwöhnte Vatersöhnchen, sondern ein tüchtiger Arbeiter. Bald merkt auch Potiphar: Auf diesen Josef kann ich mich verlassen! Da macht er ihn zu seinem privaten Diener, der sich nur um sein persönliches Wohl kümmern soll. Potiphar sagt ihm ausdrücklich: „Du sollst über meinen ganzen Reichtum und mein Haus wachen. Du sollst bestimmen, was im Haus getan wird. Ich weiß genau, du wirst mich nicht betrügen, dir kann ich alles anvertrauen!“

Josef erledigte alle Geschäfte zur Zufriedenheit des Potiphar. Nur mit seiner Prau ging es nicht so gut. Josef war jung und schön und gefiel der Frau. Immer wieder ließ sie ihn kommen und wollte etwas geholt haben. Josef mußte ihr gehorchen, sie war ja seine Herrin. Aber wohl war ihm nicht dabei.

Und eines Tages sagt die Frau seines Herrn zu ihm: „Küsse mich!“ Josef erschrickt. Er sagt: „Das darf ich doch nicht. Du bist doch die Frau meines Herrn. Urd ich habe dich doch auch nicht lieb!“

Von jetzt ab betet Josef noch mehr zu Gott, daß diese Frau ihm nicht schaden kann. Er möchte seinen Herrn Potiphar nicht betrügen. Er möchte aber auch Gott dem Herrn gehorsam sein.

Eires Tages, als sonst niemand mit im Haus war, faßt die Frau Josef am Kleid und will ihn mit in ihr Zimmer ziehen. Josef aber reißt sich los und läuft davor. Sie aber hält seine Jacke fest, läßt sie nicht los .Er schlüpft schnell aus der Jacke heraus und ist davon.

Die Frau aber fängt an zu schreien: „Hilfe, so kommt doch. Der fremde Sklave ist frech gegen mich geworden. Er wollte mich überfallen und mir weh tun. Als ich um Hilfe rief, ist er geflohen; aber er ließ seine Jacke zurück. Hier habt ihr den Beweis!“

Als Potiphar heimkommt, ist er sehr betrübt, als er das hört. Er kann sich gar nicht denken, daß Josef so etwas getan haben soll. Aber er muß ja seiner Frau mehr glauben als dem Sklaven, sie ja auch den Beweis in der Hand. Die anderen Diener wissen davon. Da kann er sich keinen Skandal leisten.

Potiphar läßt Josef ins Gefängnis werfen. Jetzt sieht es so aus, als müsse Josef seinen Gehorsam gegenüber Gott schwer büßen. Aber Gott ist weiter mit Josef, auch wenn ihm kein Leid erspart wird.

 

Überlegung: Josef kommt wieder in einen Kreis von Menschen, nämlich in die Familie Potiphars und seiner Diener. Am Ende aber steht Josef doch wieder allein da. Wird er wieder reue Menschen finden, die ihn in ihren Kreis hinein nehmen (mit Haimasteinen darstellen, Fragezeichen dazu).

 

Josef im Gefängnis (1. Mose 39,20 - 40,23)

Ein Gefangener hat es schlechter als ein Sklave. Dieser hat immerhin einen Geldwert, ist ein Besitzstück, das man erhalten will. Ein Gefangener aber ist im Gefängnis, damit man ihr bestraft, er bringt keinen Nutzen. Wer kümmert sich schon um ihn? Wer sollte schon seine Hand schützend zwischen ihn und die Aufseher halten?

Wenn man allerdings reiche und angesehene Verwandte hatte‚ ließ sich doch manche Erleichterung erreichen.

Das traf auf den Hofbäcker und den Mundschenk des Königs zu, die gleichzeitig mit Josef ins Gefängnis gekommen waren. Ihre Verwandten gaben den Aufsehern Geld. Da waren sie freundlich zu dem Bäcker und dem Mundschenk. Es war ja auch noch nicht heraus, was aus ihnen werden würde. Vielleicht würden sie ja wieder freikommen; und da war es nicht gut, es mit ihren zu verderben und sie sich zum Feind zu machen.

Aber Josef ist ein rechtloser Ausländer, und ein Sklave dazu. Aber er wird dennoch erstaunlich freundlich behandelt. Josef ist nämlich immer freundlich und hilfsbereit, ein junger Mann, wie man ihn sich wünscht. Alle haben ihn lieb.

Auch der Gefängnisdirektor kann gar nicht verstehen, weshalb Josef ins Gefängnis gekommen ist, was er verbrochen haben soll. Er gibt ihm sogar mit der Zeit eine Vertrauensstellung, und macht ihr sozusagen zu seiner rechten Hand. Josef führt die ganze Verwaltung des Gefängnisses. Er braucht sich um nichts mehr zu kümmern und kann sich ganz auf Josef verlassen.

Er hat auch eine gute Art, mit allen Leuten umzugehen. In diesem Staatsgefängnis kommen ja alle möglichen Typen zusammen: die harten Kerle von der Wachmannschaft und die feiner Herrn, die irgendwie in Ungnade gefallen sind. Aber Josef wird mit allen fertig, ist zu allen freundlich und behandelt alle gerecht.

Besonders hat er sich um die beiden hohen Gefangenen, den Bäcker und den Mund­schenk zu kümmern. Diese werden von der Ungewißheit über ihr künftiges Schicksal gequält. Bis in ihre Träume hinein werden sie von dem Gedanken gequält: „Was wird aus uns?“ Und Träume spielen eine große Rolle in Ägypten.

Doch im Gefängnis stehen ihnen keine Traumdeuter zur Verfügung. Immer wieder erzählen sie sich ihre Träume. Aber sie können sich nicht denken, was sie bedeuten sollen. Als Josef hereinkommt, fragt er: „Was ist denn los. Weshalb seid ihr so traurig?“ Sie artworten: „Wir hatten beide einen Traum in dieser Nacht, aber wir haben niemand, der ihn uns deute kann!" Sicherlich hoffen sie, daß Josef einen Traumdeuter herbeischaffen könnte.

Doch Josef artwortet: „Traumdeutungen sind doch allein Gottes Sache. Aber erzählt mir doch einmal eure Träume!“ Das lassen sich die beiden nicht zweimal sagen. Endlich ist einer da, der sie anhört und der ihren vielleicht helfen kann. Zuerst erzählt der Mundschenk seinen Traum: „Ich sah einer Weinstock vor mir mit drei Ranken. Daraus kamen Blüten hervor und die Trauben reiften. Und ich hatte den Becher des Pharao in der Hand. Ich nahm die Trauben in die Hand und zerdrückte sie in den Becher und gab ihn dem Pharao in die Hand!“

Einen solchen Traum kann ihm Josef deuten. Man braucht dazu nicht eine Unmenge an Wahrsagern, sondern allein ein festes Vertrauen auf Gott, wie Josef es hat. Er sagt zu dem Mundschenk: „Die drei Ranken bedeuten drei Tage. Nach drei Tagen wird der Pharao dich wieder in dein Amt einsetzen und du wirst ihm wieder der Becher bei Tisch reichen. Denke doch dann bitte auch an mich und erzähle dem Pharao von mir, damit ich wieder aus diesem Gefängnis herauskomme. Ich bin nämlich aus dem Lande der Hebräer heimlich gestohlen worden. Aber ich habe hier nichts getan weswegen sie mich ins Gefängnis hätten werfen dürfen!“

Nach dieser erfreulichen Deutung will auch der Bäcker seinen Traum erzählen und ausgelegt haben. So erzählt er: „Ich hatte drei Körbe mit feinem Backwerk auf dem Kopf. Im obersten Korb war allerhand Backwerk für den Pharao. Aber die Vögel kamen und fraßen aus dem Korb alles auf!“ Doch diesmal kann Josef nur eine schlimme Deutung geben: „Die drei Körbe bedeuten drei Tage. Nach drei Tagen wird der Pharao dich holen lassen und an den Galgen hängen lassen; und die Vögel werden dein Fleisch fressen!“

Nach drei Tagen hat der Pharao Geburtstag und macht ein großes Gastmahl. Dazu fehlt ihm sein Mundschenk. Da läßt er ihn aus dem Gefängnis holen und setzt ihn wieder in sein Amt ein. Aber den Bäcker läßt er aufhängen, so wie es Josef vorausgesagt hatte.

Der Mundschenk aber hat Josef bald wieder vergessen. Er findet sich bald wieder in die gewohnten Aufgaben. Die Zeit im Gefängnis will er möglichst bald wieder vergessen; und dazu gehört eben auch Josef.

 

Kaufmann-Bild Nr.20: Josef widersteht den Versuchungen

Josef könnte seine Lage verbessern, wenn er der Frau zu Willen wäre. Aber er überläßt sich der Führung Gottes und widersteht der Versuchung, selber seinem Glück nachhelfen zu wollen. Mit einer Hand bittet ihn die Frau, mit der anderen greift sie gewaltsam nach ihm. Josef aber wehrt mit der Hand ab und zeigt mit ihr auf den, dem er seine Stellung in diesem Haus verdankt. Er will weiterhin sich nur vor Gott beschenken lassen.

 

Überlegung: Josef war im Gefängnis nicht allein, sondern Gott war mit ihm (er findet Gnade beim Gefängnisvorsteher, der macht ihn zum Aufseher, er kann anderen helfen, Gott segnet seine Arbeit) (zu den Figuren wird die Hand Gottes hinzugefügt). Josef ist nicht allein, aber die Menschen vergessen ihn.

 

Josef deutet die Träume Pharaos (1. Mose 41)

Zwei Jahre sind inzwischen ins Land gegangen. Josef sitzt immer noch im Gefängnis. Da hat eines Tages der Pharao einen Traum. Sofort läßt er seine Traumdeuter holen Die lesen in ihren geheimnisvollen Schriften und beraten und grübeln über den Sinn des Traums. Aber ihre Erklärungen befriedigen den König nicht. Da hätten sie besser überhaupt nichts gesagt. Der König wird immer mißmutiger, weil niemand ihm den Traum richtig deuten kann.

Da fällt dem Mundschenk ein, daß ihm ja damals im Gefängnis einer den Traum gedeutet hat, der dann auch eingetroffen ist. Er sagt es dem Pharao. Der ruft sofort: „Laßt mir den Man kommen!“ Josef kriegt einen Schreck, als er abgeholt wird. „Was soll das bedeuten? Was haben sie mit ihm vor?“ Man bringt ihn vor den Pharao.

Der Pharao spricht freundlich zu ihm: „Man hat mir gesagt, du brauchtest nur einen Traum zu hören, so kannst du ihn deuten!“ Doch Josef weiß genau, daß das nicht so ist: Wenn Gott ihm nicht die Deutung eines Traums eingibt, kann er nichts tun!

So antwortet er wahrheitsgemäß dem Pharao: „Das steht nicht bei mir, ob ich Träume deuten kann. Gott muß mir das schenken. Aber Gott wird dem Pharao Gutes verkünden, Josef hatte höflich geantwortet, wie das am ägyptischen Hof üblich war. Er wußte ja noch gar nicht, ob Gott wirklich Gutes vorhatte. Dennoch sollte Josef Recht behalten, denn Gott hatte Gutes vor mit Josef und seiner Familie, mit den Ägyptern und ihrem König, mit allen Menschen.

Der Pharao erzählt: „Ich träumte, ich stand am Ufer des Nil. Da stiegen sieben schöne und fette Kühe aus dem Wasser und gingen auf der Weide im Gras. Danach kamen sieben andere häßliche und magere Kühe aus dem Wasser. Solche häßlichen Kühe habe ich in ganz Ägyptenland noch nicht gesehen. Diese häßlichen Kühe fraßen die sieben fetten Kühe auf. Aber man merkte ihren nicht an, daß sie diese gefressen hatten. Sie blieben häßlich und dürr. Danach hatte ich noch einen Traum: Sieben volle und dicke Ähren wuchsen auf e i n e m Halm. Aber es gingen auch sieben dürre Ähren auf, die waren vom Ostwind versengt. Die sieben dürren Ähren verschlangen die dicken und vollen Ähren!“

Josef karr ihm antworten und ihm die Träume deuten. Er sagt zu ihm: „Beide Träume bedeuten dasselbe. Die sieben fetten Kühe und die sieben vollen Ähren bedeuten sieben fruchtbare Jahre. Danach aber kommen sieben Hungerjahre, die den Reichtum der guten Jahre verschlingen werden. Gott will dem Pharao durch den Traum zeigen, was er vorhat. Daß es zwei Träume waren deutet an, daß er es gewiß und in allernächster Zeit tun wird!“

Da erschrickt der Pharao aber doch sehr. Er ruft: „Was soll ich nur machen, wenn eine solche schlimme Hungersnot kommt?“ Doch auch hier weiß Josef Rat: „Sieh dich nach einem weisen und verständigen Mann um und gib ihm unbeschränkte Vollmacht über ganz Ägypten. Er soll wiederum Amtleute einsetzen, die in den sieben guten Jahren jeweils ein Fünftel der Ernte einsammeln und in den Kornhäusern des Königs aufheben. Dann wird für die Hungerjahre vorgesorgt sein!“

Der Pharao sieht Josef an: Er ist noch ein junger Mann von vielleicht dreißig Jahren. Aber er ist bescheiden und sicher in seinem Auftreten. So hatte ihn bisher noch kein Minister beraten. So sagt er zu Josef: „Du bist der richtige Mann. Ich setze dich ein zum Minister über ganz Ägypten!“ Er gibt Josef seinen Siegelring und eine Kette und läßt ihn in kostbare Kleider kleiden und gibt ihm seinen zweiten Wagen.

Josef überwachte selbst, daß auch das Korn tatsächlich eingesammelt und sicher aufbewahrt wurde. Neue Kornhäuser wurden angelegt. Der Pharao hat es nicht bereuen müssen, ihn zum obersten Minister gemacht zu haben. Er wurde zum Segen für das ganze Land. Denn als die Hungerjahre kamen, hatten alle Ägypter gut zu essen. Ja, selbst aus den Nachbarländern kamen viele Hilfesuchende, um Getreide in Ägypten zu kaufen.

 

 

Nr.21: Josef im Gefängnis:

Gott liefert den, der sich an sein Wort gehalten hat, der Gemeinheit anderer Menschen aus. Aber wer bei den Menschen in Ungnade gefallen ist, hat noch nicht Gottes Gnade verloren. Der Herr war mit ihm!

Das Licht der Gnade Gottes fällt auf Josefs Gesicht, auch hinter den Gefängnisgittern. Gott ist mit ihm auch durch die Träume. Kerkermauern können Gottes Pläne nicht verhindern. Alle Linien führen nach oben und deuten auf die kommenden Ereignisse hin.

 

Erste Reise der Söhne Jakobs nach Ägypten (1. Mose 42)

Einstieg:

Wir merken, daß es in manchen Familien nicht schön ist. Da verstehen sich Vater und Mutter nicht, die Eltern müssen immerzu über ihre Kinder schimpfen oder s'ie kümmern sich nicht um die Kinrder usw. Aber froh können wir nur sein, wenn wir uns geborgen wissen wir eine richtige Familie und gute Freunde haben. Es ist schön

in einer Familie (oder auch Schulklasse und Gruppe), in der alles in Ordnung ist.

In der Josefserzählung aber erleben wir, wie Neid und Haß sich eingeschlichen haben und ständig wachsen und das Zusammenleben völlig vergiften. Keiner in dieser Familie kann mehr seines Lebens froh werden. Haß und Schuld haben das Miteinander dieser Familie so zerstört, daß von Menschen her kein Ausweg mehr zu sehen ist. Gott aber möchte die Menschen aus ihrer Schuld lösen, so daß sie sich wieder frei und offen zueinander verhalten und fähig werden zur Liebe.

Als die Brüder keine Möglichkeit mehr haben, das Geschehene wieder gut zu machen, ist Gott doch noch da und hilft ihnen. Gott ist auch bei Josef und hilft ihm. Er ist auch bei uns und hilft uns. Gott ist nicht nur bei den Guten, sondern auch bei den Verlorenen. Ihnen geht er nach und will sie zurechtbringen.

Gott hilft dem Josef: Er leistet gute Arbeit bei Potiphar und enttäuscht ihn nicht, er schweigt zu den Lügen der Frau des Potiphar, er deutet Träume und hilft dadurch einzelnen Menschen, aber auch dem ganzen Volk der Ägypter. Und das ist nicht so, weil Josef ein besonders guter Mensch wäre, sondern weil Gott ihn brauchte, um anderer Menschen zu helfen.

Den Brüdern hilft Gott, indem er ihre Schuld wegnimmt. Die Schuld kann aber nur genommen werden, wenn sie anstatt einer Lüge die Wahrheit sagen. Sie müßten noch einmal Gelegenheit bekommen, sich zu bewähren und es besser zu machen

 

Erzählung:

Jakob und seine Söhne leider schlimmen Hunger. Menschen und Tiere haben kaum noch Nahrung. Da hört Jakob, daß es in Ägypten noch Getreide zu kaufen gibt. Da ruft er seine Söhne und sagt: „Geht hin nach Ägypten und kauft Getreide, daß wir leben und nicht sterben!“ Die Brüder ziehen los. Nur Benjamin darf nicht mit. Der Vater hat Angst, es könnte auch ihm etwas passieren. Ob er seinen Söhnen immer noch nicht richtig traut? •

In Ägypten gibt es nur einen, der das Getreide verkauft. Und das ist Josef. Die zehn Brüder kommen zu ihm und werfen sich vor ihm auf die Knie und bitten ihn: „Gib uns Brot, sonst verhungern wir!“ Sie erkennen Josef nicht, weil er aussieht wie ein Ägypter, und weil sie ja nicht im geringsten damit rechnen können, daß er noch lebt und nun eine solche Stellung hat.

Josef aber erkennt sie sofort. Doch er läßt sich nichts anmerken, sondern schreit sie an.“Woher kommt ihr?“ Sie antworten: „Aus dem Lande Kanaan, um Getreide zu kaufen!“ Josef aber beschuldigt sie: „Ihr seid Kundschafter! Ihr wollt nur ausspionieren, wie man in das Land hineinkommen kann!“ Doch die Brüder widersprechen heftig: „Nein, nein, wir wollen nur Getreide kaufen. Wir sind alle Brüder und redliche Leute. Unser Jüngster ist noch bei dem Vater im Lande Kanaan. Und der eine ist nicht mehr vorhanden!“

Doch Josef behauptet weiter, sie seien Spione. Er sagt: „Ich will nachprüfen, ob ihr die Wahrheit sagt. Holt mir euren jüngsten Bruder her! Einer geht nach Hause, die anderen bleiben meine Gefangenen!“ So wandern sie alle ins Gefängnis. Nach drei Tagen aber sagt Josef: „Ich will euch doch mit Getreide nach Hause ziehen lassen. Aber einer vor euch muß hier bleiben im Gefängnis. Bringt mir erst euren jüngsten Bruder, dann werde ich sehen, daß ihr keine Spione seid!“

Die Brüder sehen sich an und sprechen untereinander: „Das ist die Strafe für das, was wir an unserem Bruder Josef getan haben. Wir haben seine Angst gesehen, aber haben sie nicht beachtet. Deswegen kommt jetzt dieses Schreckliche über uns!“

Sie wissen nicht, daß Josef sie versteht, denn er hat mit ihnen durch einen Dolmetscher gesprochen. Jetzt aber kann er nicht mehr an sich halten, er wendet sich ab und weint. Er sieht: Die Brüder haben sich schon geändert, sie sehen ihre Schuld ein!

Als er sich ihrer wieder zuwendet, sagt er zu Simon: „Du bleibst hier. Die anderen können gehen!“ Simon wird gefesselt, die anderen erhalten ihre Getreidesäcke. Doch Josef hat befohlen, ihnen das Geld wieder oben auf die Säcke zu legen. Sie laden die Säcke auf ihre Esel und ziehen davon. Als sie in einer Herberge angekommen sind, öffnet einer seinen Sack, um dem Esel Futter zu geben. Da sieht er das Geld. Sofort ruft er die anderen: „Mein Geld ist wieder da, hier im Sack liegt es!“

Da durchfährt die Brüder ein Schreck. Ihr Herz rutscht in die Hose. Sie sprechen: „Warum hat Gott uns das angetan? Jetzt wird man uns doch als Betrüger hinstellen!“ Urd als sie alles zu Hause ihrem Vater erzählen, da jammert der auch: „Ihr beraubt mich meiner Kinder! Josef ist nicht mehr da, Simeon ist nicht mehr da! Urd nun wollt ihr auch roch Benjamin haben! Das geht über meine Kraft!“

Da spricht Ruben: „Wenn ich ihn dir nicht wiederbringe, so kannst du meine zwei Söhne töten. Gib ihn mir nur, ich werde ihn dir wiederbringen!“ Doch Jakob ist nicht damit einverstanden. Er sagt: „Sein Bruder ist schon tot und er allein ist übriggeblieben. Benjamin soll nicht mit euch ziehen. Wenn ihm ein Unfall auf dem Weg begegnete, würde ich sofort vor Herzeleid sterben!“

 

Kaufmann-Bild Nr. 23:

Gott hatte zunächst geschwiegen. Aber nun nimmt er die Brüder in die Schule. Der Hunger zwingt sie „hinab“ auf einen Weg, den zunächst ihr Bruder gehen mußte. Einst hatte sie Haß und Lüge verblendet, jetzt gehen sie selber wie Blinde, denn sie erkennen Josef nicht. Welchem Ziel sie entgegengehen, bleibt ihnen völlig verborgen.

Josef aber weiß, wie man mit Menschen vom Schlag seiner Brüder umgehen muß. Er übt Seelsorge an ihnen, indem er sie schockt und erschüttert. In Josefs Handeln tritt ihnen die Gerechtigkeit Gottes entgegen, die zunächst straft, aber in Wirklichkeit ja doch nur helfen will. Gott meint es auch mit den Brüdern gut.

 

 

 

Zweite Reise nach Ägypten (1. Mose 43)

Die Hungersnot dauert immer noch an. Eires Tages sind alle Vorräte aufgezehrt. Jakob will seine Söhne wieder nach Ägypten schicken. Doch Juda sagt ihm: „Der Mann hat uns hart eingeschärft, ohne unseren Bruder Benjamin dürften wir ihm nicht wieder unter die Augen kommen. Wenn du ihn uns mitgibst, wollen wir auch das Getreide einkaufen! Gibst du ihn nicht mit, gehen wir auch nicht. Ich will für ihn bürgen. Wenn ich ihn dir nicht wiederbringe, will ich mein ganzes Leben lang die Schuld tragen!“ Juda ist ein anderer geworden, um nichts in der Welt will er seinen Bruder Benjamin hergeben.

Da bleibt Jakob nichts anderes mehr übrig, zu schwer müssen sie auch schon hungern. Er sagt: „Nehmt noch Geschenke für den Mann mit, von den Früchten unseres Landes: Honig, Nüsse, Mandeln und so etwas. Und Geld nehmt auch mit: das Geld, das oben auf den Säcken lag und auch Geld für das neue Getreide. Wir können Gott nur bitten, daß er euch alle wieder heimziehen läßt. Solange aber bin ich wie einer, der aller seiner Kinder beraubt ist!“

So ziehen sie mit Benjamin nach Ägypten .Als Josef sie kommen sieht, läßt er sie in sein Haus führen. Sie haben Angst: Wird man sie jetzt überfallen und zu Sklaven machen? Schnell erzählen sie dem Hausverwalter: „Als wir das letzte Mal hier waren, lag das Geld wieder in unseren Getreidesäcken. Da ist sicher ein Irrtum geschehen. Wir bringen es wieder mit und auch das neue Geld dazu!“

Der Mann aber artwortet: „Fürchtet euch nur nicht und seid guten Muts. Ich habe euer Geld schon erhalten. Sicher hat euch euer Gott einen Schatz in eure Säcke getan!“ Er bringt ihnen Simon heraus. Sie erhalten Wasser, damit sie sich die Füße nach der langen Reise waschen können. Die Esel erhalten Futter. Die Brüder richten die Geschenke her, damit sie sie übergeben können, wenn Josef zum Mittagessen kommt; denn sie hatten gehört, daß er mit ihnen zu Mittag essen will.

Als Josef kommt, fallen sie vor ihm nieder und übergeben die Geschenke. Er spricht freundlich mit ihnen und fragt: „Wie geht es eurem Vater? Lebt er noch? Ist das dort euer Bruder, von dem ihr erzählt habt?“ Zu Benjamin sagt er: „Gott sei dir gnädig, mein Sohn!“ Dann läuft er hinaus und sucht sich eine stille Ecke, wo er weinen kann, so gerührt ist er vor Freude. Doch darr wäscht er sich das Gesicht wieder ab und befielt: „Tragt das Essen auf“"

Er setzt die Brüder nach dem Alter an den Tisch, worüber sie sich sehr wundern. Dann beginnt das Essen. Sie essen und trinken und werden fröhlich. Benjamin erhält sogar fünfmal mehr als die anderen aufgetragen. Doch dann befiehlt Josef seinem Hausverwalter: „Fülle diesen Männern die Säcke mit Getreide. Lege aber auch das Geld wieder oben auf die Säcke. Und dem Jüngsten leg meinen silbernen Becher mit in den Sack!“

Die Brüder sind kaum vor der Stadt, da schickt ihnen Josef seine Leute hinterher. Sie stellen sie zur Rede: „Warum habt ihr Gutes mit Bösem vergolten? Warum habt ihr der silbernen Becher gestohlen aus dem immer unser Herr trinkt? Ihr habt übel getan!“ Doch die Brüder weisen den Verdacht entrüstet von sich: „So etwas machen wir doch nicht! Wir haben doch extra das Geld wieder mitgebracht! Bei wem der Becher gefunden wird, der soll des Todes sein und wir alle wollen Sklaven deines Herrn werden!“

Der Hausverwalter sagt: „So soll es sein: Bei wem der Becher gefunden wird, der soll Sklave werden, ihr aber sollt frei sein!“ (Er schwächt also ab!). Die Säcke werden untersucht. Bei Benjamin wird der Becher gefunden. Da zerreißen die Brüder vor Schmerz ihre Kleider. Aber sie lassen Benjamin nicht allein, sondern gehen mit ihm zurück zu Josef.

Josef verlangt, daß Benjamin als Sklave bei ihm bleibt. Doch Judas schildert ihm, wie dann der Vater an gebrochenem Herzen sterben würde: „Benjamin ist der einzige Sohn, den er vor seiner zweiten Frau hat, die er so besonders lieb gehabt hat und die bei seiner Geburt gestorben ist. Das können wir unserem Vater nicht antun, daß er auch noch Benjamin verliert. Laß mich hierblieben als Sklave und den Jungen wieder mit nach Hause ziehen!“

 

Josef gibt sich seinen Brüdern zu erkennen (1. Mose 45):

Da kann sich Josef nicht länger zurückhalten. Er schickt alle Ägypter hinaus, weint laut und spricht: „Ich bin doch Josef, eurer Bruder? Lebt der Vater noch? Die Brüder sind so erschrocken, daß sie keinen Ton herausbringen. Er aber sagt: „Kommt doch her. Ich bin Josef, den ihr nach Ägypten verkauft habt. Macht euch aber keine Sorgen mehr, daß ich euch zürnen könnte. Gott hat mich hierher gebracht, damit euer Leben gerettet wird. Nicht ihr habt mich nach Ägypten gebracht, sondern Gott, damit hier die Kornhäuser angelegt werden. Noch fünf Jahre wird die Hungersnot dauern. Deshalb geht schnell zum Vater und holt ihn hierher mit der ganzen Familie und dem Vieh!“ Dabei fällt er dem Benjamin um den Hals und drückt ihn und weint.

Und Benjamin muß auch weinen. Dann drückt er auch alle seine anderen Brüder. Die Freude ist groß. Jetzt sind sie wieder beisammen, nur der Vater fehlt noch. Josef gibt ihnen neue Reisewagen, große Vorräte und jedem ein Festkleid. Benjamin aber erhält 300 Silberstücke und 5 Festkleider. Josef ermahnt die Brüder noch einmal: „Zankt nicht auf dem Weg!“ Darr ziehen sie heim zu Jakob.

Voller Freude erzählen sie ihrem Vater: „Josef lebt noch und ist Herr über ganz Ägypten!“ Aber Jakob bleibt ungerührt, denn er glaubt ihnen nicht. Da. erzählen sie ihm noch einmal alles, vor allem das, was Josef gesagt hat. Und als Jakob die vielen Wagen mit Lebensmitteln und Geschenken sieht, da wird Jakob doch lebendig und sagt: „Hauptsache Josef lebt noch .Ich will hin und ihn sehen, ehe ich sterbe!“

 

Kaufmann-Bild, Nr. 24:

Nun werden Gottes Plan und Wille offenbar: Gott selbst hat Josef nach Ägypten geführt, um das Leben seiner Familie zu erhalten. Hinter den Träumen Josefs stand und steht Gottes Hand. Aus dieser Hand regnen Ströme der Liebe. Josef aber steht unter Gott. Deshalb können auch aus seinen Händen Ströme der Liebe fließen.

 

Kaufmann-Bild Nr. 25:

Jakob tritt wieder in den Mittelpunkt der Josefserzählung. Am Ende seines Lebens gibt er sich wieder völlig in Gottes Hand. Im Glauben wagt er den Aufbruch aus dem verheißenen Land und zieht nach Ägypten.

Damit geht er scheinbar in die Dunkelheit. Das Ende des Weges darf er nicht mehr sehen. Aber er darf Josef wiedersehen! Dieses Zeichen der Treue Gottes genügt ihm. Josef schämt sich seines alter Vaters nicht, sondern empfängt ihn im fremden Land als treuer Sohn.

Josef stand auf allen seinen Wegen unter Gottes Hand. Diesen Glauber behält er auch, als er zu hohem Ansehen gelangte.

Im Licht der Güte und Treue Gottes stehen aber auch die Brüder. Gerade am gnädigen Handeln Gottes erkennen sie ihre eigene Schuld. Gottes Güte hat sie zur Umkehr geleitet.

 

Jakobs Wiedersehen mit Joseph (1. Mose 46 - 50)

Jakob zieht mit seiner ganzen großen Familie und allem Vieh nach Ägypten. Im Lande Gosen trifft er mit Joseph zusammen. Der fällt ihm um den Hals und weint lange vor Freude. Jakob aber sagt: „Ich will nun gerne sterben, nachdem ich dich gesehen habe, daß du noch lebst!“ Der Pharao erlaubt ihren, im Lande Gosen wohnen zu bleiben. Sie werden alle dem Pharao vorgestellt und Jakob segnet den Pharao. Joseph versorgt seine Familie mit allem, was sie braucht.

Als Jakob den Tod kommen fühlt, läßt er Joseph rufen und ihn schwören, daß man ihn nicht in Ägypten begräbt. Er will im Lande Kanaan begraben werden, das Gott ihm und seinen Nachkommen als Wohnsitz versprochen hat. Joseph verspricht es ihm.     

Dann segnet Jakob seine Söhne und die beiden Söhne Josephs und nimmt sie damit in seine Familie auf. .Er sagt: „Gott wird mit euch sein und wird euch zurückbringen in das Land eurer Väter!“ Dann stirbt er. Er wird einbalsamiert und in sein Heimatland gebracht und bei seinen Vorfahren begraben.

Doch nun machen sich Josephs Brüder wieder Sorgen. Der Vater, der ihren Kreis zusammengehalten hat, ist gestorben. Wird Joseph jetzt doch noch Rache nehmen für das alte Unrecht? Vorsichtig lassen sie durch Benjamin um Vergebung bitten. Sie behaupten auch, der sterbende Vater habe diese Bitte ausgesprochen und verweisen auf den gemeinsamen Glauben.

Doch Josef beruhigt sie: „Fürchtet euch nicht! Gott allein darf strafen, und ich stehe nicht an Gottes Stelle, sondern unter ihm. Ihr gedachtet es böse zu machen, aber Gott gedachte es gut zu machen. Er hat das getan, was jetzt alle sehen können, nämlich ein großes Volk am Leben zu erhalten!“

Damit haben wir den Höhepunkt der Josephserzählung erreicht, ihre wichtigste Aussage: Die Menschen können manchmal Böses tun; aber Gott baut das in seine Plane ein und führt es zu eines guten Ende. Die Israeliten werden zu einem großen Volk in Ägypten. Joseph wiederholt ihnen die Verheißung: Gott wird euch wieder aus diesem Land herausführen. Urd wenn es soweit ist, dann nehmt auch meinen Sarg mit in unser Land, damit ich wieder zu Hause bin!“

 

Kaufmann-Bild Nr. 26:

Gottes Weg mit Jakob ist zum Ziel gekommen. Auf dem Weg nach Ägypten wird noch einmal die Verheißung erneuert, daß sie zu einem großen Volk werden und wieder in ihr angestammtes Land zurückkehren werden Jakob gibt die Verheißung Gottes an seine Kinder weiter und stirbt im Glauben an Gottes Allmacht und Treue. Bis zuletzt übt er sein Amt aus, in das Gott ihn eingesetzt hat. Gottes Hand ist über ihm, im Leben und im Sterben.

 

 

Mose und der Auszug aus Ägypten

 

Orientierungshilfe 1: Gott ruft im Alten Bund die Väter des Glaubens und sein Volk zu sich. Auf dieses Zeugnis des alten Bundes hören wir Christen.

 

A. Gott hat das Volk Israel in der Knechtschaft nicht vergessen.

 

Einstieg:

Wir betrachten Bilder aus dem alten Ägypten,

Geschichtsbuch der Schule oder Grollenberg: Kleiner Bildatlas zur Bibel.

 

Vorgeschichte zu den Mose-Erzählungen lesen mit verteilten Rollen:

Gespräch zwischen Vater und Sohn.

Sohn: Vater, warum feiern wir das Passahfest?

Vater :Zur Erinnerung daran, daß Gott unsere Vorfahren in Ägypten beschützt hat.

Sohn: Ja, waren denn unsere Vorfahren in Ägypten?

Vater : Nicht alle. Die Meisten kamen aus dem Land östlich des Jordan. Aber ein oder zwei Stämme kamen auch aus Ägypten, wo sie in den schlechten Zeiten als Gastarbeiter gearbeitet haben und dann schließlich in die Sklaverei gerieten. Aber Gott hat sie wieder daraus befreit. Er hat die Ägypter vernichtet, die sie verfolgten. Er hat ihnen die Zehn Gebote gegeben und hat sie dann in dieses Land geführt. Dort erzählten sie dann den anderen Stämmen von den großen Taten ihres Gottes!

Sohn: Und die schlossen sich dann wohl auch unserem Glauben an?

Vater: Ja, so war es. Und so entstand das Volk Israel. Die Verheißung Gottes an unseren Erzvater Abraham hat sich also erfüllt: Er hat die Nachkommen Abrahams zum großen Volk gemacht, das zwar in die Gefangenschaft mußte, aber doch zum Segen für alle Völker wurde!

Sohn: Hat nicht auch Mose etwas damit zu tun, von dem du doch schon erzählt

hast?

Vater: Ja, Mose war der Führer des Volkes beim Auszug aus Ägypten. Er hatte von Gott den besonderen Auftrag dazu erhalten und war der Vermittler zwischen Gott und Volk!

Sohn: Aber wie sind denn unsere Vorfahren nach Ägypten gekommen?

Vater: Nun, unsre Erzväter Abraham, Isaak und Jakob lebten ja schon im Land Kanaan. Aber dann kam eine große Hungersrot und sie wanderten nach Ägypten aus. Man erzählt sich doch bei uns noch abends am Lagerfeuer die Geschichten von Joseph, der in Ägypten ein großer Mann geworden sein soll. Was da Wahres dran ist, weiß ich nicht so genau. Aber eins steht fest: ein Teil unserer Vorfahren war in Ägypten. Sie mußten dort niedere Dienste tun und wurden „Hebräer“ genannt.

Sohn: Dann gab es dort wohl auch noch Hebräer aus anderen Völkern?

Vater: Ja, die gab es. Aber nur mit unserem Volk hatte Gott etwas vor. Es war auserwählt, um Gottes Ruhm vor aller Welt zu verkündigen. Deshalb erzählen wir diese alten Geschichten ja noch: nicht um der Nachwelt die Geschichte unseres Volkes zu erhalten, sondern um Gottes Taten zu verherrlichen!

Sohn: Warum haben denn die Ägypter diese Hebräer so ausgebeutet? Warum mußten sie denn all diese Städte bauen und dabei von Jahr zu Jahr mehr schuften?

Vater: Nun, sie waren schon in Ägypten zu einer starken Volksgruppe geworden. Der Segen Gottes begann sich schon sichtbar auszuwirken. Deshalb

sahen die Ägypter in ihnen eine Gefahr für den Staat. In einem Krieg könnten sie sich vielleicht auf die Seite der Feinde schlagen. Deshalb ersann der ägyptische Pharao immer neue Druckmittel, um ihre Zahl einzudämmen: Zuerst mehr Arbeit, und dann sollen die neugeborenen Kinder in den Nil geworfen werden. So erzählen es jedenfalls immer die Alten. Aber ob es wirklich bis in alle Einzelheiten so gewesen ist, möchte ich noch bezweifeln. Die erzählen ja manchmal viel. Und jeder macht noch etwas dazu. Wahrscheinlich ist Mose erst als Erwachsener von Gott in seine Aufgabe berufen worden. Aber später hat man dann erzählt, schon bei seiner Geburt sei es wunderbar zugegangen: Gott habe ihn schon von Anfang an erwählt und auf seine Aufgabe vorbereitet! Doch jetzt will ich dir erst einmal diese Geschichte erzählen.

 

Geburt des Mose (2. Mose 1 ,6-14.22; 2,1-15):

Vor über 3.000 Jahren lebte in Ägypten der Pharao Ramses II. Er wollte sich neue und schöne Städte bauen lassen, besonders am Unterlauf des Flusses Nil. Die eine Stadt sollte seiner Namen tragen, also Ramses heißen, die andere Pithom nach dem Gott Atum.

Die im Lande lebenden Hebräer waren ihm dafür gerade recht. Sie wurden sowieso schon zu viele. Jetzt sollen sie erst einmal tüchtig arbeiten und gar keine Zeit mehr haben, noch Kinder großzuziehen. Aus Ton mußten sie Ziegeln formen und nachher brennen, damit man sie zum Hausbau verwenden konnte. Auch auf dem Feld wurde ihnen harte Arbeit auferlegt.

Immer mehr machte der König den Hebräern das Leben sauer mit schwerer Arbeit. Er haßte sie. Wo er nur konnte, quälte er sie. Aber als alles nichts half, griff er zum äußersten Mittel: zum offenen Mord! Er befahl den Leuten seines Volkes: „Nehmt alle neugeborenen Jungen der Hebräer und werft sie in den Nil!“ Wenn keine Männer mehr da sind, hört auch das Volk auf zu existieren, denn die Frauen würden sich dann in das ägyptische Volk einfügen und zu Ägyptern werden.

In dieser Zeit kommt der kleine Mose zur Welt. Man hätte meinen sollen, daß sich die Eltern über das Kind gefreut hätten. Sie hatten schon eine Tochter und einen Sohn. Auch über das jüngste Kind werden sie sehr froh gewesen sein.

Doch da ist ja der Befehl des Pharao. Die Mutter sieht ihr Kind an: Es ist ein schönes und feines Kind. Soll dieses Kind auch sterben? Sollte es wirklich keine Chance haben Wie sollte Gott der Tod dieses Kindes wollen, dem er doch selbst das Leben geschenkt hat?! Dies Kind muß gerettet werden!

Die Eltern wagen ein Letztes: Vielleicht wird Gott das Kind retten. Vielleicht hat er es anders beschlossen als der Pharao. Zunächst versteckt die Mutter das Kind. Bei jedem Schritt im Haus hat sie Angst: Kann man den Leuten im Haus trauen? Wird es sich nicht durch sein Schreien verraten? Nur heimlich kann sie sich an ihrem Kind freuen.

Nach drei Monaten aber ist das nicht mehr möglich: Das Kind ist zu groß und schreit zu laut. Jetzt können es auch die Leute draußen auf der Straße hören. Da macht die Mutter ein Kästchen aus Schilfrohr, streicht es mit Erdharz an und legt das Kind hinein. Noch ein Deckel drauf, niemand kann das Kind sehen.

Die Mutter nimmt ihre große Tochter Mirjam an die Hand und das Kästchen unter den Arm und sie gehen hinunter zum Nil. Dort setzen sie das Kästchen im Schilf aufs Wasser. Es ist dicht, kein Wasser kommt nach innen.

Jetzt kann die Mutter ihr Kind nur noch dem Schutz Gottes anvertrauen. Er hat doch immer noch Möglichkeiten, wo wir Menschen nicht mehr weiter wissen. Er allein kann noch helfen. Die Mutter geht wieder heim. Die Tochter aber versteckt sich in der Nähe, um zu beobachten, was mit dem Kind geschieht.

Da kommt die Tochter des Pharao mit ihren Dienerinnen an den Nil. Hat die Mutter des Mose diese Stelle bewußt gewählt, an der die Königstochter immer badet? Hat sie vielleicht auch gehofft, man werde nicht erkennen, daß es sich um ein hebräisches Kind handelt? Doch die Prinzessin erkennt sofort: Das ist kein ägyptisches Kind. Eine Dienerin muß das Kästchen holen. Sie öffnen den Deckel: Es ist ein hebräischer Junge, der jetzt laut schreit.

Wird sie nun dem grausamen Befehl ihres Vaters gehorchen? Wird sie das Kind wieder in den Nil werfen? Doch diese Pharaonentochter ist anders als ihr Vater. Sie handelt wie ein Mensch und läßt nicht das Böse noch schlimmer werden. Sie sagt zu ihren Dienerinnen: „Das Kind nehmen wir mit nach Hause!“

Da tritt Mirjam hervor und sagt zur Prinzessin: „Soll ich dir eine von den hebräischen Müttern holen, damit sie dir das Kind großzieht?“ Die artwortet: „Ja, tu das. Bis ich den Jungen selbst versorgen kann, soll sie es für mich übernehmen. Ich will es ihr auch gut bezahlen!“ Wir können uns vorstellen, wie sehr Mirjam sich freute: Sie holt die eigene Mutter, die jetzt doch ihr Kind großziehen kann, bis es an den Königshof kommen soll.

Hier zeigt sich, wie Gott tatsächlich der Allmächtige ist. Er macht sogar Menschen aus der nächsten Umgebung des Pharao zu seinen Werkzeugen‚ seine eigene Tochter führt den Willen Gottes aus. Allerdings handelt Gott nicht mit allen Kindern so. Viele andere werden ja weiterhin umgebracht. Mose ist eben ein besonderes Kind. Seine Rettung zeigt, daß Gott sein Volk nicht vergessen hat. Er durchkreuzt schon jetzt die Machtpolitik des Königs.

Jetzt kann die Mutter das Kind in der Sprache seines Volkes großziehen. Von der Mutter lernt es das Beten und die Geschichten von dem Bund, den Gott mit den Vätern des Volkes geschlossen hat. Aber Mose lernt auch gleich die Not seines Volkes kennen, eine Erfahrung, die ja nachher für ihn so wichtig werden sollte.

Als junger Mann kommt er dann an den Hof des Königs. Die Tochter des Pharao gibt ihm der Namen „Mose“': Das bedeutet auf ägyptisch nur „Sohn“. Aber die Israeliten haben den Namen später gedeutet als „Ich habe ihn aus dem Wasser gezogen“. Da denkt man doch schon an die spätere Aufgabe des Mose, sein Volk aus Ägypten herauszuführen.

Für diese Aufgabe wird er nun ausgerechnet am Hof des Pharao ausgebildet. Er lernt Schreiben, Rechnen, Lesen‚ Erdkunde, Heilkurde, Sternenkunde, Baukunst und anderes - eben alle Weisheit der Ägypter. Am Königshof findet er Geborgenheit und Sicherheit und viele Möglichkeiten zum Aufstieg, jedenfalls so lange, wie er sich dem Pharao fügt. Er wird so klug wie die klügsten Ägypter, er wird ein richtiger Ägypter. Aber wird er das wirklich? Gehört er wirklich zu denen?

Mose wird oft auf die Felder geschickt, um nachzusehen, ob die Hebräer auch tüchtig arbeiten. Da sieht er erst so richtig die Not seines Volkes. Er hat nicht vergessen, daß er ja zu ihnen gehört. Und er empfindet das Unrecht, als wäre es ihm selbst angetan.

Eines Tages sieht er, wie ein ägyptischer Aufseher einen Hebräer totschlägt. Mose kann sich nicht mehr zurückhalten, zu sehr kocht die Wut in ihm. Er sieht sich erst um, ob auch niemand da ist. Dann nimmt er einen Knüppel und schlägt den Ägypter tot .Schnell verscharrt er ihn im Sand und geht weiter.

Niemand hat ihn gesehen, jedenfalls keiner von den Ägyptern. Aber Gott weiß doch, was gewesen ist. Er ist nicht einverstanden mit diesem Mord. Mose wollte sich selber helfen und konnte nicht warten, bis Gott ihm den Auftrag gibt. Mose wird noch viel lernen müssen, ehe er ein richtiges Werkzeug Gottes ist.

Am nächsten Tag will Mose Frieden stiften zwischen zwei Hebräern, die sich ernsthaft miteinander raufen. Er hält den einen fest und fragt ihn: „Warum schlägst du ihn denn?“ Doch der andere will sich nichts sagen lassen und antwortet frech: „Hast du mir etwa etwas zu sagen? Willst du mich wohl auch erschlagen wie jenen Ägypter?“

Da erschrickt Mose, weil er merkt: Die Sache mit dem Ägypter ist bekannt geworden. Da wird sie auch der Pharao erfahren. Mose muß fliehen. Er geht in das Land Midian östlich von Ägypten. Nun hat er seine Heimat und seine Stellung am Königshof verloren. Wird er nun noch seinem Volk helfen können, wo er soweit vor ihm fort ist? Durch sein eigenmächtiges Handeln scheint er alles zerstört zu haben. Er wird ein Hirte in Midian. Er heiratet und bekommt Kinder. Er hat eine neue Heimat gefunden. Ob er wohl sein Volk in Ägypten vergißt? Gott jedenfalls hat sein Volk nicht vergessen, er hat weder sein Volk noch den Mose abgebucht.

 

Fragen:

Warum handelt Gott nicht schneller?

Wie hätte er helfen körnen (Tod des Pharao, Revolution, Krieg von außen).

Warum beginnt Gott so unscheinbar mit der Geburt eines Kindes?

Wurde Mose durch einer Zufall gerettet oder durch ein Eingreifen Gottes?

Hatte die Mutter Glück oder hat sie klug berechnet?

Hilft Gott in jedem Fall, hilft er allen, hilft er heute?

Darf man einen bösen Staat bzw. Herrscher mit Gewalt bekämpfen?

Können wir die Erziehung zum Haß mitmachen?

 

Kaufmann-Bild Nr.1:

Die Gestalt des Pharao beherrscht den oberen Teil des Bildes. Unter seiner Füßen die unterdrückten und gebeugten Israeliten. Der Lebensraum des Volkes verengt sich immer mehr, es scheint im Dunkel unterzugehen. Aber in dieser Not hat sich bereits ein Tor aufgetan, ein Ausweg ins Freie: Eine Mutter mit ihrem Kind auf dem Arm schreitet hindurch. Mit ihnen beginnt Gott sein Rettungswerk: Er schenkt und bewahrt ein Kind. Das Tor auf dem Bild ist auch wie ein Tunnel, der vor der Gewalt des Pharao schützt.

Weder der Pharao noch das seufzende Volk ahnen etwas von dem verborgenen Han­deln Gottes. Was bedeutet schon ein Kind in der Politik eines Weltreichs!? Aber wenn Gott es will, kann er durch dieses Kind das Tor zur Zukunft für viele auftun.

Welch ein Gegensatz ist in diesem Bild: Die gewaltige Gestalt des Pharao über dem Ganzen. Urd darunter das Kind in den bergender Armen seiner Mutter. Ihre segnende Hand ist Zeichen der segnenden und bewahrenden Hand Gottes. Diese Mutter wagt alles mit Gott, das ist ihr Glaube.

Wir werden hier an die Weihnachtserzählung erinnert, besonders an die grausige Geschichte vom Kindermord in Bethlehem: Auch dort geschieht die Geburt in einer besonderer Notlage und unter einer drohenden königlichen Verfügung. Auch dort wird ein Kind gerettet durch eine Flucht nach Ägypten (!) (aber das Papyruskästchen ist nicht mit der Krippe zu vergleichen).

Im Neuen Testament hören wir von einem spürbaren Eingreifen Gottes. Schon in den ersten Kapiteln wird deutlich, daß der Heiland aller Menschen geboren ist (Hirten, Engelsgesang, Weise). Mose ist aber nur der Retter seines Volkes aus der Not in Ägypten. Jesus dagegen ist der Retter aller Menschen in aller Not.

 

Kaufmann-Bild Nr. 2:

Immer noch sehen wir das Volk unter den Füßen des Pharao. Sein Gegenspieler ist von ihm getrennt. Aber auch die Verbindung zum Volk Israel ist abgerissen, ein „Blitz“ ist dazwischengefahren.

Mose hat auf eigene Faust etwas tun wollen. Gott aber hat sein eigenmächtiges Unternehmen scheitern lassen. Mose wird für lange Zeit in Gottes Schule genommen: In der Einsamkeit und Stille muß er auf die Stunde Gottes warten. Er wird zum brauchbaren Werkzeug, indem er als Hirte das Hören lernt. Einst wird er Hirte seines Volkes werden. Viele wurden erst ein Werkzeug in Gottes Hand, nachdem sie zuvor „in die Wüste“ geführt worden sind (Jakob, David, Petrus, Paulus, Luther).

 

Wertung:

Der geschichtliche Hintergrund jener biblischen Erzählungen ist uns zwar bekannt. Aber dennoch haben wir es nicht mit einem Bericht von einem tatsächlichen Geschehen zu tun. Es handelt sich vielmehr um eine fromme Erzählung, die eine Glaubensaussage deutlich machen soll. Zunächst kannte man nur den Bekenntnissatz: „Gott hat seinem Volk durch Mose geholfen?“ Aber dann hat man sich auch gefragt:

„Wie hat er denn geholfen?“ Man wollte sich nicht nur mit solch einem nüchternen Satz zufriedengeben, sondern auch Einzelheiten wissen, man wollte nicht Begriffe hören, sondern Geschichten. Aber diese Einzelheiten wußte man nachher nicht mehr.

Da hat man einfach aus vielen Nachrichten und Vermutungen sich manches zusammengereimt. So entstand ein sehr farbiges Gemälde von der Jugend des Mose. Aber es ist eben ein Gemälde, das die Gedanken des Künstlers zum Thema wiedergibt, es ist keine Fotografie. So wie sich um das Leben anderer berühmter Männer manche Geschichten und Anekdoten ranken, so hat man sich auch über Mose manche Geschichte ausgedacht.

Deswegen handelt es sich aber nicht um Lügen. Nur dürfen wir bei diesen Geschichten nicht fragen: „Ist das wirklich so passiert?“ Wir werden diesen Erzählungen nur gerecht, wenn wir fragen: Was wollten die Erzähler mit diesen Geschichten über Gott und sein Handeln an den Menschen aussagen? Sie wollten unterstreichen: Die Führergestalt des Mose war von Anfang an von Gott auserwählt!

 

Berufung des Mose (2. Mose 3,1-12a.15 und 4, 10-18)

Schwer und hart war die Arbeit, die das Volk Israel in Ägypten tun mußte. Sie konnten alle nicht mehr. Oftmals brach einer zusammen, weil er keine Kraft mehr hatte. Aber dann trieb ihn die Peitsche des Aufsehers wieder zur Arbeit. Schwer seufzten die Israeliten unter der Last. Ihre Gebete waren nur noch ein Schreien und Klagen zu Gott. Mancher dachte wohl auch schon: Der allmächtige Gott hat uns wohl vergessen?! Gott aber dachte an alles, was er einst dem Abraham versprochen hatte. Er sah auch die Not der Israeliten und griff ein.

Im Lande Midian wohnt ein Mann mit Namen Mose. Er ist Hirte bei seinem Schwiegervater. Jeden Morgen treibt er die Schafe und Ziegen auf die Weideplätze in die Steppe. Oft muß er weit wandern, ehe er wieder eine Wiese für die Tiere gefunden hat.

Eines Tages gerät er sogar mit den Tieren in die Wüste wo kein Baum und Strauch mehr wächst, kaum noch einmal ein Büschel Gras, nur Sand und Steine überall. Mose kennt sich hier nicht aus. Es ist die Gegend hinter dem Gottesberg, zu dem die Midianiter immer einmal im Jahr ihre große Wallfahrt machen, um dort einen festlichen Gottesdienst zu halten.

Plötzlich bleibt Mose stehen: Ist das ein Steppenbrand? ist es nur eine Einbildung? Vor ihm steht ein brennender Dornbusch. Viele Flammen zucken um seine stacheligen Zweige. Aber er verbrennt nicht. Das trockene Holz ist nicht einmal angesengt. Erst war alles so wie immer. Aber jetzt traut Mose seiner Augen nicht mehr. Wie kann denn hier plötzlich Feuer entstehen? Das gibt es doch nicht! Oder sieht es nur so aus, als ob der Busch nicht verbrennt?

Mose kann nicht anders, er läßt seine Herde stehen und läuft auf den brennenden Busch zu. Gar zu gern möchte er wissen, was diese Erscheinung bedeutet. Noch ahnt er nicht, daß Gott ihn damit auf etwas aufmerksam machen will, daß er ihm etwas zu sagen hat.

Dann eine Stimme „Mose, Mose!“ Jemand ruft ihn. Das kann nur ein Bote Gottes sein. Oder ist es Gott selber? Mose antwortet schnell: „Hier bin ich!“ Er weiß sofort: Hier ist Gott ganz in der Nähe, Gott selber spricht mit ihm. Auf den brennenden Busch kommt es hier gar nicht an, sondern es geht um das, was Gott zu sagen hat.

Die Stimme spricht wieder: „Geh nicht weiter! Zieh deine Schuhe aus! Wo du stehst, da ist heiliges Land, das darf man nur mit bloßen Füßen betreten. Ich bin Gott, der Herr. Ich bin der Gott, der mit Abraham und Isaak und Jakob war. Ich bin der Gott, zu dem auch dein Vater betet!“

Mose hält sich schnell sein Obergewand vor das Gesicht. Er weiß: Wer Gott sieht, muß sterben, weil man den Lichtglanz nicht aushalten kann, der von Gott ausgeht. Irgendwie urheimlich ist es doch, dem allmächtigen Gott gegenüber zu stehen. Schließlich hat Mose ja auch manches getan, was gegen den Willen Gottes war.

Doch Gott spricht weiter: „Ich habe das Elend meines Volkes in Ägypten gesehen, ich habe sein Geschrei gehört. Es tut mir so leid. Weil es mein Volk ist, will ich ihm helfen. Ich habe schon damit begonnen: Ich bin hierher gekommen, um sie aus den Händen der Ägypter zu erretten. Ich will sie herausführen aus dem Land der Ägypter

in ein gutes und weites Land, in das Land Kanaan. Dort fließen Milch und Honig, weil die Kühe immer genügend Futter finden und weil es dort viel Honig von wilden Bienen gibt. Und du, Mose sollst dabei helfen. Ich will dich zum Pharao senden und du sollst zu ihm sagen: Laß mein Volk ziehen!“

Jetzt erschrickt Mose noch mehr: Ausgerechnet er soll zum Pharao gehen?! Er ist doch denkbar ungeeignet dafür: In Ägypten wird er wegen Mord gesucht .Und er ist ja auch ein Mörder, er hat einen Ägypter im Zorn erschlagen, wenn auch im berechtigter Zorn. Er ist ja schon einmal gescheitert mit seinem Befreiungsversuch. Er ist doch nur eine Null gegenüber dem Pharao! Erst hatte er verlangt, der Retter seines Volkes zu werden. Aber jetzt, wo es ihm befohlen wird, will er sich weigern. Aber diese Schule hat er erst durchmachen müssen: Er wird erst dann von Gott berufen, wenn es Zeit dafür ist, nicht früher und nicht später Jetzt ist alles anders.

Gewiß ist Mose an sich untauglich für diese Aufgabe. Aber jetzt sagt Gott zu ihm: „Ich will mit dir sein!“ Das ändert alles. Wenn Gott es will, wird Mose auch sein Volk aus Ägypten führen können. Einst werden sie alle zusammen an diesen Berg zurückkehren und Gott dort opfern.

Aber was würden wohl seine Landsleute zu ihm sagen, wenn er zu ihnen käme? Sie werden doch fragen: „Was ist das denn für ein Gott, der dich geschickt hat? Wie heißt er dem?“

Da sagt Gott zu ihm: „Ich bin der Herr! Ich bin derselbe Gott, der euch schon immer geholfen hat. Ich war schon mit Abraham, Isaak und Jakob, euren Vorfahren. Der Gott, der immer schon bei euch war, der bin ich und der werde ich auch bleiben. Und wer mich als seinen Herrn annimmt, dem helfe ich auch. Wenn sie dich fragen, sollst du ihnen sagen: Der Gott Abrahams und Isaaks und Jakobs hat mich zu euch gesandt! Ich bin da und habe auch die Kraft zu helfen!“

Aber Mose ist immer noch nicht einverstanden, er hat immer noch Angst. Er sagt: „Mein Herr, ich kann nicht gut reden, ich habe eine schwere Zunge, ich tauge nicht für diese Aufgabe. Niemand wird mich verstehen. Es ist besser, du suchst dir einen anderen!“

Gott aber hält ihm entgegen: „Wer hat dem Menschen denn den Mund und die Zunge gegeben? Bin ich es nicht, der dich geschaffen hat? Ich weiß schon, daß dir das Reden schwer fällt. Aber ich will dir schon beibringen, was du sagen sollst! Jeden Tag neu werde ich dir sagen, was du weitersagen sollst!“

Doch Mose ist immer noch aufsässig und artwortet: „Sende, wen du senden willst!“ Da wird Gott aber sehr zornig. Mose hat ja immer noch Angst und vertraut nicht auf Gott. Doch Gott will ihm trotzdem helfen, damit er seine Angst überwindet. Er sagt: „Dein Bruder Aaron kann doch gut reden. Er wird dir aus Ägypten entgegenkommen. Er wird sich sicher freuen, dich wieder zu sehen. Urd du sagst ihm dann, was du auszurichten hast. Er wird dann alles in schöne Sätze fassen und dem Volk sagen. So wie du meine Worte weitersagst, so wird er deine Worte weitersagen!“

Jetzt kann Mose sich nicht mehr wehren. Er wird den Auftrag Gottes ausführen. Gott gibt ihm sogar noch einen Stab mit, durch den er Wunderzeichen tun soll. Mose geht wieder weg von dem Busch am Gottesberg, er zieht seine Sandalen wieder an und führt die Herde nach Hause. Er bittet auch gleich seinen Schwiegervater, ihn nach Ägypten ziehen zu lassen und Frau und Kinder mitnehmen zu dürfen. Von seinem Auftrag sagt er nichts. Der Schwiegervater ist auch einverstanden, Mose zieht nach Ägypten.

 

Antwortgespräch:

Wenn man Schlosser oder Verkäuferin werden möchte, dann kann man damit nicht gleich anfangen, sondern man muß erst zu einem Meister in die Lehre gehen. Mose hat von Gott seinen Beruf bekommen. Aber auch er muß erst für seinen Beruf unterwiesen werden. Die Vorschule dafür war die Unterweisung bei der Mutter und am Königshof. Aber dann muß er zum Meister selber gehen: zu Gott. Dort wird er für seinen Beruf geschult, erhält seinen Arbeitsauftrag und das nötige Handwerkszeug wird ihm übergeben.

Aber sein eigenmächtiger Versuch, gegen die Unterdrückung seiner Landsleute einzuschreiten, war gescheitert. Vielleicht war in Midian die Erinnerung an Ägypten längst verblaßt, die hochfliegenden Pläne zur Befreiung seiner Brüder längst verflogen. Und vielleicht hatte sich auch das aufbrausende Temperamert des jungen Mannes, der vor einem Totschlag nicht zurückschreckte, längst beruhigt. Er hatte gelernt, daß man zu allererst seine alltägliche Pflicht zu tun hat und auf vieles verzichten muß, was darüber hinausgeht.

Vielleicht war er auch der Meinung: Gott braucht mich nicht mehr. Er wird mich auf diese Art und Weise sicher für meine Untat strafen. Doch gerade als Mose es nicht mehr erwartet, greift Gott ein.

 

Welche Voraussetzungen muß ein kirchlicher Mitarbeiter (z.B. ein Pfarrer) für sein Amt mitbringen?

1. Er muß Glauben haben (Mose hat das bei der Mutter gelernt)

2. Er muß eine Ausbildung haben (hat er bei den Ägyptern gelernt)

3. Er muß Einsatzwillen und handwerkliches Können haben.

Nicht zu haben braucht er reiche und vornehme Eltern. Und nicht zu sein braucht er:

Ein Alleskönner und Alleswisser und ohne Fehler, auch nicht ein besonderer „Heiliger“ oder Frommer

Wie merkt man, daß man berufen ist? Alle sind berufen durch die Taufe. Wie redet Gott zu uns? Durch Predigt, Bibel, Buch, (Natur?). Damals: Dornbusch, Engel, Anruf, Name, Zeichen, usw.

 

 

Argumente Gottes

Argumente des Mose

Wer bin ich schon?

Ich bin mit dir!

Wer bist du?

Ich bin der Herr!

Wenn sie mir nicht glauben?

Sie werden hören bei dem Zeichen!

Ich kann nicht reden!

Ich will dich lehren!

Ich will nicht! 

Gehe!

 

Jahwist und Elohist:

Beim Elohisten tritt Mose mehr in den Vordergrund und ist aktiver. Beim Jahwisten ist er das Werkzeug Gottes, Gott handelt durch ihn. Dennoch bleibt Gott immer der Han­delnde. Mose soll nur wie ein Prophet den Heilswillen Gottes verkündigen, nach dem Jahwisten führt er dieser Willen aber auch aus.

Beim Jahwisten ist Gott der urmittelbar Handelnde und der Befreier aus der Sklaverei. Beim Elohisten geschieht das durch den Mittler Mose. Das ältere Verständnis für Gottes Handeln findet sich beim Jahwisten (Vergleich mit 5. Mose 26). Beim Elohisten muß zu den erst noch der Gottesname „Jahwe“ offenbart werden und mit dem Vätergott gleichgesetzt werden.

           

Wir vergleichen zwei Glaubensbekenntnisse:

Mose 26,5- 9:

(1) Ein umherirrender Aramäer war mein Vater. Er zog hinab mit wenigen Leuten nach Ägypten. Er blieb dort als Fremdling und wurde dort zu einem großen, starken und zahlreichen Volk.

(2) Aber die Ägypter mißhandelten uns. Sie bedrückten uns und legten uns harte Arbeit auf.

(3) Da schrien wir zu Gott, dem Gott unserer Väter. Und Gott erhörte unser Schreien und sah unser Elend, unsere Mühsal und Bedrückung

(4) Und Gott führte uns heraus aus Ägypten mit starker Hand und ausgerecktem Arm, unter großen Schrecknissen, unter Zeichen und Wundern.

(5) Urd er brachte uns an diesen Ort und gab uns dieses Land, ein Land, das von Milch und Honig fließt.

 

2. Mose 3 (Jahwist):

(1) Mose hütete die Kleinviehherde seines Schwiegervaters, des Priesters von Midian. Und er trieb das Kleinvieh bis hinter die Wüste.

(2) Da erschien ihm der Bote Gottes in einer Feuerflamme mitten im Dornbusch. Und er sah hin, und siehe: Der Dornbusch brannte im Feuer, aber er wurde nicht verzehrt.

(3) Da sagte sich Mose: Ich will doch vom Weg abgehen und mir diese gewaltige Erscheinung ansehen, warum der Dornbusch nicht verbrennt.

(4) Gott sah, daß Mose vom Weg abging, um es sich anzusehen.

(5) Und er sagte: „Tritt hier nicht näher heran. Ziehe deine Sandalen ab von deinen Füßen; denn der Ort, auf dem du stehst, - heiliger Boden ist er.

(6) Gott sagte: Ich habe das Elend meines Volkes, das in Ägyptenland ist, genau gesehen. Sein Schreien wegen seiner Unterdrücker habe ich gehört. Ich kenne seine Schmerzen.

(7) Ich bin herabgekommen, um es aus der Gewalt der Ägypter zu erretten und es aus jenem Lande heraufzuführen in ein gutes und weites Land, in ein Land, das von Milch und Honig fließt.

(8) Gehe hin und versammle die Ältesten Israels und sage zu ihnen: „Gott, der Gott eurer Väter, ist mir erschienen und hat gesagt: Ich habe euch genau beobachtet und das, was euch in Ägypten angetan wird.

(8) Und ich habe beschlossen: Ich will euch aus dem Elend in Ägypten heraufführen in ein Land, das von Milch und Honig fließt.

Antwortgespräch:

Habt ihr schon einmal ein Glaubensbekenntnis gehört? (in der Kirche). Was gehört denn unbedingt zu einem Glaubensbekenntnis? (Handelnde Person, das Geschehen selbst, die Person, an der etwas geschieht: Beispiel: Gott handelt an Menschen).

Welche wichtige Erfahrung wird in dem ersten Glaubensbekenntnis festgehalten? Wer spricht dieses Glaubensbekenntnis? (Israel).

Neben kurzen Glaubensbekenntnissen gibt es aber auch längere Erzählungen, die ebenso ein Glaubensbekenntnis darstellen.

Wir vergleichen Satz 2 und 3 des Glaubensbekenntnisses mit Satz 6 und 8 der Erzählung. Besonders die Verben zeigen die Übereinstimmung (hören, sehen), aber auch die Objekte (Schreien, Elend). Die gemeinsame Aussage ist: Gott nimmt Anteil an der Situation seines Volkes; er schafft einen Ausweg aus der hoffnungslosen Lage des Volkes Gottes. Der Mensch braucht nur noch eins zu tun: Auf Gottes Handeln mit einem Glaubensbekenntnis antworten.

Welche benachteiligten Menschen sieht Gott heute? Das Problem der unterdrückten und benachteiligten Menschen ist aus Schule und Zeitung bekannt). Wir suchen aus Zeitschriften passende Bilder zu den Themen: Gott sieht die Not, er hört das Schreien, er kennt die Schmerzen, er beachtet die Menschen, er errettet Menschen aus der Not, er führt Menschen in ein gutes Land.

 

Kaufmann-Bild, Nr. 3

Wenn plötzlich ein helles Licht eingeschaltet wird, versuchen wir uns davor zu schützen, indem wir die Hand vor das Gesicht halten. Zu helles Licht blendet, wir können es nicht ertragen. Je größer und stärker das Licht ist, umso weniger können wir hineinsehen. Wenn wir uns ans Dunkle gewöhnt haben, dann erschrecken wir, wenn es plötzlich hell wird. Das erleben wir besonders, wenn ein greller Blitz im Dunkel der Nacht aufleuchtet.

So hält auch Mose seine Hand schützend und abwehrend vors Gesicht. Er kann die Nähe Gottes nicht ertragen. Er kann Gott nicht begegnen, wie man einem guten Bekannten begegnet. Vor der Heiligkeit Gottes kann der Mensch nur erschrecken.

Mose war ein Flüchtling ohne Zukunft. Jetzt aber wird er von Gott berufen. Das ist das eigentliche Wunder in dieser Geschichte (nicht der brennende Busch). Nun erhält sein Leben eine neue Richtung. Alles was er jetzt tut, geschieht zur Ehre dessen der letzte Autorität ist.

Das Dreieck ist das Zeichen für Gott. Dieser Mensch bekommt es mit Gott zu tun, und davor erschrickt er. Gott ist uns Menschen so fremd, so groß und unerklärlich. Er wohnt in einem Licht, da niemand zukommen kann (1.Tim 6,16).

Mose aber will diesem Gott gehorsam sein und das tun, wozu er ihn beruft. Dieser Gehorsam wirkt sich entscheidend für das Leben und die Geschichte von Tausenden von Menschen aus. Er ist in eine schwere Verantwortung gestellt. Leichtfertig kann er den Auftrag nicht übernehmen. Seine vorgehaltene Hand weist auch darauf hin, daß er Gott eine ganze Reihe von Einwänden entgegenhält

 

 

B. Gott bricht Pharaos Macht und verschont das Volk Israel

(2. Mose 5, 7-10 und 12,1-14.31)

 

Lied: Befiehl du deine Wege             EKG 294, 2-4

Er hält die Welt in seiner Hand         GldW 3

 

 

Mose und Aaron vor dem Pharao (2. Mose 5 im Überblick)

Mose und Aaron treten in den Palast des Königs von Ägypten. Mose war es nicht so einerlei, vor den König treten zu müssen. Der Pharao wird wohl auch erstaunt gewesen sein, als die beiden armen Leute aus dem verachteten Volk der Hebräer zu ihm kommen.

Doch die beiden sind gar nicht schüchtern; mit Entschiedenheit sprechen sie: „Wir kommen im Auftrag des Herrn, unseres Gottes. Und dieser spricht zu dir: „Laß mein Volk ziehen, daß es mir ein Fest halte in der Wüste!“

Erstaunt sieht der Pharao die beiden Männer an. Woher nehmen sie nur der Mut, so mit ihm zu reden? Oder hat er nicht richtig gehört oder sie nicht richtig verstanden? Die tun ja gerade so, als sei ihr Gott mächtiger als er, der Pharao. Er ist doch selber ein Gott. So sagen es alle Ägypter, und so glaubt er es auch!

Pharao lacht nur spöttisch und sagt: „Was ist das denn für ein Herr, auf den ich hören müßte? Den kenne ich ja noch gar nicht. Aber ich denke gar nicht daran, euch wegziehen zu lassen. Hier bin i c h der Herr, und ihr habt zu tun, was ich will!“

Doch die beiden Männer bleiben tapfer bei ihrem Wunsch: „Unser Gott ist uns erschienen und hat uns gesagt, wir sollten ihm in der Wüste opfern. Wenn wir es nicht tun, wird er schweres Unheil über uns kommen lassen! Laß uns deshalb in die Wüste ziehen!“

Doch da wird der Pharao ernstlich böse: „Ich weiß schon, was ihr wollt: Ihr wöllt nur faulenzen. Ihr habt wohl noch nicht genug Arbeit? Aber ich werde euch schon zeigen, was Arbeit ist. Fort mit euch, an die Arbeit!“ Mose und Aaron sind schnell wieder draußen.

Der Pharao aber läßt alle Aufseher kommen, die ägyptischen und auch die israelitischen. Er sagt zu ihnen: „Bis jetzt wurde den Israeliten das Stroh für die Ziegel geliefert. Aber die sind so ein richtiges Gesindel, denen wird es zu wohl, jetzt wollen sie sogar noch Feste feiern. Vor nun an gibt es kein Stroh mehr. Sie sollen es sich selbst zusammensuchen. Aber sie müssen genausoviel Ziegel herstellen wie bisher in der gleichen Zeit. Die sind doch nur faul. Aber jetzt sollen sie nicht mehr zur Ruhe kommen. Dann werden sie keine Zeit mehr haben, auch noch zu schreien: Wir wollen ein Fest feiern und unsrem Gott opfern!“

Die Israeliten hatten gedacht: Jetzt hört das Elend auf, wenn Mose und Aaron zum Pharao gehen. Sie brauchen nur mit ihm zu sprechen und dann geht alles schon in Ordnung. Aber Gott hat einen anderen Weg vor, so einfach ist das nicht, wie die Israeliten sich das so denken.

Der Pharao kennt diesen Gott der Hebräer ja noch nicht. Und wenn man noch nicht erfahren hat, wer Gott ist, dann will man ihm auch nicht gehorchen. Aber auch die Israeliten wissen ja noch wenig von ihrem Gott. Pharaos Macht ist ihnen viel bedrohlicher, denn der rückt ihnen auf den Leib, der unterdrückt sie, ihn fürchten sie. Gott erscheint ihnen fern und machtlos. Aber nun werden sie dastehen und zuschauen, wie Gott handelt. Vorerst aber kriegen sie noch die Macht des Pharao zu spüren.

Die Aufseher schreien: „Geht selber hin und sucht euch Stroh! Aber wehe euch, wenn ihr nicht soviel abliefert wie bisher! Hier ist der Stock, den kriegt ihr zu spüren, wenn ihr faul seid!“ Doch die Arbeit war einfach nicht zu schaffen. Keinen Abend hatten sie die vorgeschriebene Zahl an Ziegeln erreicht, obwohl sie sich abhetzen bis zum Umfallen.

Die Israeliten haben für jede Arbeitsgruppe einen eigenen Leiter. Dieser ist den Ägyptern für die geleistete Arbeit verantwortlich. Diese Männer schicken die Israeliten nun zum Pharao, damit der ihnen wieder das Arbeitssoll herabsetzt. Doch der brüllt sie nur an: „Faulenzer seid ihr, Faulenzer! Marsch wieder an die Arbeit!“

Da gehen die Israeliten zu Mose und Aaron und machen ihnen Vorwürfe: „Warum seid ihr nur hergekommen? Ihr seid schuld, daß es uns so schlecht geht. Gott soll euch strafen, daß ihr uns in eine so schlimme Lage gebracht habt. Nun hat der Pharao erst einen Grund, es noch schlimmer mit uns zu treiben!“

Mose weiß nicht mehr aus noch ein. So schnell ist der Glaube des Volkes wieder dahin! Und er selber ist sich auch nicht sicher, ob er Gott richtig verstanden hat. Da betet er zu Gott: „Herr, warum tust du so Böses an deinem Volk? Warum hast du mich hierher geschickt? Seit ich beim Pharao war, wird das Volk noch schlimmer behandelt. Du hast dein Volk nicht errettet!“

Gott aber antwortet ihm: „Ich weiß, der Pharao hat ein hartes Herz. Aber ich werde mit euch sein. Durch meine starke Hand wird er gezwungen werden, euch ziehen zu lassen. Ja, er wird euch noch aus dem Land treiben und froh sein, daß ihr fort seid. Ich werde euch in das Land bringen, das ich Abraham versprochen habe. Dann sollt ihr alle sehen; Ich bin der Herr!“

 

Wir stellen in einer Tafelanschrift gegenüber:

 

Pharao

 

ISRAEL

Gottes Gebot

Wer ist der Herr, daß ich ihm gehorchen müßte?

Ich bin der Herr, dein Gott. Du sollst nicht andere Götter haben neben mir

 

Bildbetrachtung: Kaufmann-Bild, Nr.4:

Der Pharao bäumt sich gegen den Herrschaftsanspruch Gottes auf. Wer der Herr ist, das ist für ihn keine Frage. Er tritt das Volk mit Füßen und will nicht erkennen, daß es Gottes Eigentum ist.

Gotte aber sieht das Volk. Sein Auge spiegelt sich auf dem Volk.

Er hat ein Auge auf das Volk geworfen, und dabei bleibt es. Aus dem Volk wächst die Gestalt des Mose hervor. Er steht als Mittler zwischen Volk und Gott. Gleichzeitig aber ist er auch der Botschafter Gottes vor dem Pharao.

Sein erstes Auftreten ist aber ein Mißerfolg. Der Pharao ist nur erst recht zum Angriff entschlossen. Der Weg der Beauftragten Gottes ist kein Weg der schnellen und sichtbaren Erfolge. Gott nimmt nicht einfach die Not weg. Er hat sich seine Stunde vorbehalten; niemand wird diese Stunde beschleunigen oder aufhalten.

 

Die ägyptischen Plagen (2. Mose 7-10 im Überblick)

Wie wird Gott der Pharao in die Knie zwingen? Die Israeliten konnten es sich nur so denken, daß schlimme Katastrophen über das Land Ägypten kamen, unter denen Menschen und Tiere zu leiden haben. Sandstürme, die den Himmel verdunkeln, Stechmückenplage, furchtbare Krankheiten, das gab es zu allen Zeiten in Ägypten und gibt es zum Teil noch heute.

Aber die Israeliten sagen: „Daß sie jetzt so massiv und furchtbar auftreten, das ist ein Zeichen unseres Gottes. Er will zeigen, wer der Herr ist. So kommen nacheinander die folgenden „ägyptischen Plagen“: Das Wasser wird zu Blut, die Fische sterben, niemand kann mehr trinken. Frösche kriechen in Häuser, Schlafkammer, Backöfen, Teigschüsseln. Mücken setzen sich auf Menschen und Vieh und stechen und plagen sie. Stechfliegen, die noch bösartiger stechen, kommen über das Land.

Eine Viehpest rafft Pferde, Esel, Kamele, Ochsen, Schafe hinweg. Blattern befallen die Menschen, platzen auf und bilden Geschwüre. Hagel vernichtet Menschen, Vieh und Getreide auf den Feldern.

Große Heuschreckenschwärme fressen alles Grüne auf den Feldern auf. Finsternis kommt drei Tage über das Land, verbunden mit Sandsturm.

Jedesmal verspricht der Pharao zunächst, er will das Volk Israel ziehen lassen. Aber sowie die Plage nachläßt, wird er wieder anderen Sinnes und widerruft alles. Da muß eine neue, noch schlimmere Plage kommen. Der Pharao scheint immer mehr die Macht Gottes zu erkennen. Aber schließlich bedroht er doch wieder den Mose mit

Dem Tod.

Mehrfach wird gesagt, die Israeliten seien vor den Plagen verschont geblieben. Sie wohnen am Unterlauf des Nil und erleben keine Unwetter oder Ungezieferplagen oder Krankheiten. Sie sollen dadurch erkennen: Gott ist uns gegenüber barmherzig! Urd der Pharao soll auch merken, woran es liegt, daß auf einmal so viele Plagen kommen: Nur weil er die Israeliten nicht ziehen läßt, kommt das alles über das Land der Ägypter!

Doch zuletzt wirft er den Mose hinaus und droht ihm: „Wenn du es noch einmal wagst, mir unter die Augen zu treten, dann mußt du sterben!“ Mose geht auch und sagt nur: „Gut, ich werde dir nicht mehr vor die Augen kommen!“

Der Pharao ist zufrieden. Er denkt: „Jetzt wehrt er sich nicht mehr. Nur gut, daß ich nicht nachgegeben habe. Ich bin eben doch der Mächtigste. Ich bin der Herr!“

 

Kaufmann-Bild Nr.5: Die Sprache der Katastrophen

Der Pharao ist in den Bereich des Zornes Gottes geraten und darin gefangen. Sein Volk schreit auf, aber nicht zu Gott, sondern zu ihm. Doch ihm sind die Hände gebunden. Sein schielender Blick nach oben läßt erkennen, daß er die Zusammenhänge ahnt. Sein verschlagener Gesichtsausdruck deutet auf Pläne, die er schmiedet, um sich doch noch zu behaupten. Bei ihm ist noch kein Wunder geschehen. Das

Wort Gottes, das Mose ihm ausrichtete, hat er als unwirklich in den Wird geschlagen. Nun reden gewaltige Ereignisse ihre harte Sprache.

 

Aufbruch aus Ägypten (2. Mose 12, 1.3-14.21-23.29-31)

Der Pharao ist sehr verwundert, als Mose und Aaron eines Tages doch wieder vor ihm stehen. Die beider fragen gar nicht mehr lange, ob sie nun gehen dürfen. Aaron sagt nur: „So spricht Gott, der Herr: Um Mitternacht will ich durch das Land Ägypten gehen. Und dann sollen von den Kindern alle Jungen sterben, die die ältesten sind. Alle Erstgeborener müssen sterben, dein Sohn und der Sohn deiner Magd. Dazu alle Erstgeburt des Viehs, alle Schafe und Ziegenböckchen, die zuerst geboren sind!“ Ehe der Pharao antworten kann oder sie festnehmen lassen kann, sind die zwei Männer aber schon fort.

Sie gehen zu ihrem Volk, denn ihm haben sie auch eine Botschaft Gottes auszurichten. Sie sagen: „Heute nacht noch will euch der Herr aus Ägypten herausführen. Vorher müßt ihr aber noch Folgendes tun: Jeder Vater sucht ein Lamm aus seiner Herde aus. Es soll gerade ein Jahr alt sein und darf keinen Fehler haben. Schlachtet es heute abend und bratet es am Feuer, aber in einem Stück, nicht zerteilt!“

Mose fährt fort: „Dann holt so viele Leute zusammen, die gerade so ein Lamm essen können. Wenn eure Familie nicht groß genug ist, dann nehmt noch jemand von den Nachbarn dazu. Wenn ihr es dennoch nicht aufessen könnt, dann müßt ihr das übrige Fleisch verbrennen, auf­heben dürft ihr nichts. Eßt das Lamm zusammen mit ungesäuertem Weißbrot und mit bitteren Kräutern, damit ihr immer daran denkt, wie bitter schwer ihr es in Ägypten gehabt habt!“

Und schließlich sagt Mose noch: „Bindet euch die Kleider mit einem Gürtel hoch, damit ihr sofort loswandern könnt. Zieht eure Wanderschuhe an und stellt den Wanderstab griffbereit hin. Das Wichtigste aber ist das Blut des Lammes: Streicht damit die Türpfosten und den Querbalken über der Tür, so daß man es vor außen gleich sieht. Wenn ich vorübergehe und das Blut sehe, dann werde ich eure Kinder nicht sterben lassen!“

Die Israeliten tun alles, was Gott ihnen befohlen hat. Als es dunkel wird, setzen sie sich an den Tisch. Keiner geht mehr aus seiner Haustür hinaus. Sie reden wenig, es ist ihnen bange.

Um Mitternacht geht Gott der Herr durch Ägypten. Überall sterben die ältesten Söhne, der Sohn des Pharao und der Sohn seiner Magd, dazu alle ältesten Tiere. Nur wo die Türpfosten mit dem Blut des Lammes bestrichen sind, geht er vorüber; dort muß niemand sterben, weil dort das Opferlamm schon gestorben ist.

Es ist eine furchtbare Nacht. Überall schreien und klagen die Menschen. Es gibt im ganzen Land kein Haus, in dem nicht ein Toter liegt. Da muß auch der Pharao erkennen: „Gott der Herr ist mächtiger als ich!“

Er läßt Mose und Aaron noch in der Nacht rufen und sagt ihnen: „Macht euch auf und zieht davon .Nehmt alles mit, auch eure Schafe und Rinder. Wir wollen euch sogar noch von unserem Vieh geben, wenn ihr nur geht!“

So schnell ging nun alles, daß die israelitischen Frauen den Brotteig nicht mehr säuern können. Sie nehmen ihn in der Backschüsseln mit und backen unterwegs ungesäuertes Brot in großen dünnen Scheiben.

Noch heute feiern die Juden in jedem Jahr das „Passahfest“, an dem sie daran denken, wie Gott sie in Ägypten verschont hat („Passah“ heißt: „verschonen, vorübergehen“). Dazu essen sie noch heute ungesäuertes Brot, das wie Oblaten aussieht. Wir kennen das auch von unserem Abend mahl, bei dem wir ja auch daran denken, daß Jesus sich als ein Lamm für uns alle am Kreuz geopfert hat.

Schon Israel konnte damals erkennen: Gott will uns auf jeden Fall retten! Er eröffnet uns immer wieder einen Weg zur Rettung. Er verkehrt das Schreien Israels in das Schreien der Ägypter, er räumt alles aus dem Weg, was sich ihm in den Weg stellt.

Das ist die Botschaft dieser Erzählungen. Die ägyptischen Plagen hat es zwar in ähnlicher Form gegeben, aber sie sind nicht wirklich so Schlag auf Schlag passiert. Damit soll nur die Macht Gottes und die Ohnmacht des Pharao gezeigt werden. Und es soll erklärt werden, wie es zu dem Fest der Juden kam, das sie bis heute feiern, und wie die Bräuche an diesem Festtag entstanden sein sollen.

 

 

C. Gott schenkt seinem Volk die Freiheit

 

Rettung am Meer (2. Mose 13,17-14,31.16,1-17,7)

Gott der Herr hatte sein Volk verschont. Jetzt führt er es in die Wüste. Es ist eine beschwerliche Reise. Zunächst geht es nach Osten. Aber wo wird man einen Übergang über den Meeresarm finden, der sich dort erstreckt? Immer mehr wird das Volk nach Südosten abgedrängt, nirgendwo ist eine geeignete Stelle zum Übergang.

Aber Gott ist dennoch bei ihnen. Den Israeliten kommt es so vor, als ginge er direkt vor ihnen her: tagsüber verhüllt wie von einer Wolke und nachts wie in einer Feuersäule. Der Weg, der Gott sie führt, erscheint ihnen rätselhaft. Aber sie achten' doch auf ihn und schauen zu ihm auf, er ist in ihrer Nähe.

Doch inzwischen ärgert sich der Pharao schon wieder, daß er die Israeliten hat fortziehen lassen. Er ruft seine Berater zusammen und sagt: „Warum haben wir das getan? Jetzt werden sie uns nicht mehr dienen!“ Es wird beschlossen, die Israeliten zu verfolgen. Der Pharao wird wohl nicht selber bei der Verfolgung dabeigewesen sein.

Aber er wird doch eine ansehnliche Streitwagenabteilurg losgeschickt haben.

Als die Israeliten sich gerade lagern wollen, um sich einmal auszuruhen, da ertönen gellende Schreie: „Die Ägypter! Da hinten die Staubwolke, sie kommt näher und näher!“ Sofort ist wieder alle Zuversicht dahin. Nun sehen sie nur noch auf die Feinde und nicht mehr auf Gott, und da kommt gleich die Angst. Sie sind ja machtlos; was können sie schon gegen das wohlgerüstete Heer des Pharao?

Aber Gott ist bei ihnen, deshalb werden sie nicht untergehen. Deswegen sagt Mose zu ihnen: „Fürchtet euch nicht, steht fest und seht zu, was Gott jetzt tun wird. Gott wird euch helfen. So wie ihr die Ägypter jetzt seht, so werdet ihr sie nicht wiedersehen. Gott wird für euch streiten. Ihr aber könnt gar nichts dazu tun, ihr könnt nur stille sein.

Inzwischen ist es Nacht geworden. Die Wolke tritt zwischen die Israeliten und die Ägypter. Die Feuersäule ist in dieser Nacht nicht zu sehen. Es ist unheimlich dunkel. Keiner wagt, etwa durch das Dunkel zwischen den beiden Lagern hindurch zuschreiten.

Am Morgen aber erschreckt Gott die Ägypter aus der Wolke heraus. Es ist, als ob er sie aus der Wolken- und Feuersäule anblickt, so daß sie ganz verwirrt werden. Plötzlich ist auch das Feuer wieder da. Die Ägypter wissen gar nicht, was sie tun sollen. Sie rufen: „Laßt uns fliehen vor Israel, denn ihr Gott streitet für sie gegen uns!“ Doch sie laufen nach der falschen Richtung, mitten ins Meer hinein. Gott der Herr schüttelt sie ins Wasser und sie müssen alle umkommen. Israel konnte gar nicht so schnell begreifen, was geschehen war: sie sehen nur, wie die toter Ägypter vom Meer ans Ufer gespült werden. Es erkennt sofort: Das war eine Machttat unseres Gottes.

Nur schweigend und erschrocken können sie das alles über sich ergehen lassen.

Sie geloben Gott Treue und Gehorsam und sind auch mit Mose völlig einverstanden Was Gott für sie getan hat, hat sie zum Glauben geführt. Nur mit großer Dankbarkeit können sie aufschauen zu ihrem Gott.

Miriam aber, die Schwester des Mose, nimmt eire Pauke in die Hand, die anderen Frauen folgen ihr und tanzen und singen das Siegeslied:

„Laßt uns dem Herrn singen, denn er hat eine herrliche Tat getan.

Roß und Mann hat er ins Meer gestürzt“

 

Überlegung:

Im Sprichwort heißt es: „Hilf dir selbst, so hilft dir Gott!“ Aber stimmt das wirklich? Können wir uns immer selbst helfen? Gewiß körnen wir in mancher Hinsicht unsere Lage verbessen. Wenn wir krank sind, nehmen wir Medizin; wenn wir in Not sind, suchen wir irgendeinen Ausweg.

Die Israeliten aber sollen nur warten und zusehen. Das war sicher nicht leicht, wo die Gefahr doch so nahe war. Aber Gott gegenüber lohnen sich Geduld und Warten. Glau­be ist nicht Faulheit, sondern im Gegenteil höchste Aktivität.

Zu Gott darf man kommen mit seiner Not. Diese Erfahrung hat Israel nie wieder vergessen. Für alle Zeiten ist die Tatsache der Rettung am Meer in das Glaubensbekenntnis Israels aufgenommen worden. Israel hat nicht gesagt: Wir hatten eben Glück und das Schicksal hat die Ägypter getroffen! Sie sagen vielmehr: Hier hat Gott uns gerettet! Sie vergessen auch den Dank nicht.

Wir brauchen auch gar nicht herumzurätseln, wie so etwas möglich war, ob hier ein Erdbeben kam oder ein Vulkanausbruch oder sonst etwas. Entscheidend wichtig ist doch, daß Gott hier geholfen hat, daß das Volk Israel es zumindest so verstanden hat. Die Einzelheiten werden sogar unterschiedlich erzählt. Der eine spricht etwa davor, die Wagen der Ägypter seien im Sand steckengeblieben. Wieder ein anderer erzählt eine ganz wunderbare Geschichte, wonach das Wasser wegging, als die Israeliten hindurch wollten. Und als die Ägypter nachsetzten, sei das Wasser wiedergekommen und habe sie vernichtet. Man hat eben immer wieder von diesem großen Ereignis erzählt und zum Beispiel auch Lieder davon gemacht.

 

Kaufmann-Bild Nr. 6: Rettung im Gericht)

Hinter dem Geschehen am Meer steht der, der durch Mose geredet hat - zum Volk Israel und zum Pharao .Das Wort ist nicht ein leerer Schall, nicht Einbildung eines frommer Phantasten. Schrecken und Entsetzen liegt auf der Gesichtern aller, nicht nur bei derer, die umkommen. Auch die Überlebenden können nicht leichten Herzens sagen: Wir sind noch einmal davongekommen! Für sie ist die Rettung kein sachliches, sondern ein personales Geschehen. Hinter dem Vorgang der Rettung steht für sie ein Rettender, der zu ihnen spricht und dem sie antworten können.

Im Grunde handelt es sich um eine Gerichtsszene. Israel und Ägypter erfahren die Wirklichkeit des Wortes: „Ich bin der Herr!“ Vor ihm hat auch Israel keine Rechtsansprüche. Es wird nicht wegen seines untadeligen Verhaltens freigesprochen, sondern es wird begnadigt aus Gottes freiem Willen. Das Loblied nach der Rettung ist ein Loblied auf die Barmherzigkeit des Herrn.

 

Israels Zug durch die Wüste (2. Mose 16,1 - 17,7)

Gott hatte sein Volk vor den Feinden errettet. Doch so schnell, wie mancher der Israeliten gehofft hatte, brachte Gott sie nicht in das verheißene Land. Zunächst mußten sie durch die Wüste ziehen. Kein Haus, kein Feld . Nur Sonne, Sand und Steine. Manchmal kurzes Gras, manchmal einige Büsche. Von Zeit zu Zeit einmal eine Oase

mit einer Quelle, mit Gras und Bäumen. Aber auch dort konnte man nur trinken zu essen gab es nichts. Die Vorräte der Israeliten waren aber auch aufgezehrt. Nichts mehr da für die Kinder, die Alten, die Kranken, die Müden. Vom Morgen bis zum Abend sind sie unterwegs. Das hält ja kein Mensch aus! Sie schleppen sich von einem Rastplatz zum anderen, nur mit dem einen Gedanken: „Wo finden wir endlich Ruhe, wo gibt es etwas zu essen?“ Und die zweifelnde Frage wurde immer lauter. „Ist der Herr nun bei uns oder nicht?“

Da beginnen die ersten schon zu murren: „Ach wären wir doch bei den Fleischtöpfen Ägyptens geblieben. Dort hatten wir genug Brot. Jetzt aber habt ihr, Mose und Aaron, uns in die Wüste geführt, daß wir hier vor Hunger sterben!“ Sie schimpfen auf ihre beiden Führer. An Gott denken sie wohl nicht mehr. Er scheint nicht mit ihnen gezogen zu sein.

Mose aber vertraut weiter auf Gott. Der will ihnen auch helfen. Er sagt zu dem Volk: „Am Abend werdet ihr erkennen, daß Gott euch aus Ägyptenland geführt hat. Und am Morgen werdet ihr die Herrlichkeit des Herrn sehen. Gegen ihn habt ihr ja gemurrt, nicht gegen uns, denn wir tun doch nur, was Gott uns befiehlt. Aber ihr werdet schon sehen, daß er hier genauso bei uns ist, wie er es in Ägypten war!“ Im gleichen Augenblick erscheint über ihnen in der Wüste wieder die Wolke, die die Nähe Gottes ankündigt.

Am Abend kommt ein großer Vogelschwarm am Himmel herangezogen. Wachteln sind es, große Vögel mit viel Fleisch. Sie sind schon den ganzen Tag geflogen, um in wärmere Gegenden zu gelangen. Jetzt sind sie so müde, daß sie sich ausruhen müssen. Sie lassen sich im Sand nieder und sind so müde und matt, daß sie nicht mehr weiterfliegen können. Die Israeliten haben wenig Mühe, sie zu fangen. Nun hatten sie genug Fleisch, denn gebraten schmeckten sie wie Tauben.

Am Morgen aber, als der Nebel aufsteigt, da liegen überall kleine weiße Kügelchen auf dem Boden. Sie sind von den Sträuchern heruntergerollt, leicht zu zerdrücken und in der Wärme schnell schmelzend, aber wunderbar süß wie Honig. Es ist das „Manna“, wie es heute noch in jener Gegend heißt, und das aus dem Saft der Sträucher stammt. Die Israeliten wissen zuerst nicht, was das ist. Aber Mose sagt ihren: „Es ist das Brot, das der Herr euch zu essen gegeben hat. Sammelt es schnell in Tonkrüge, soviel wie jeder für einen Tag braucht, denn in der Sonne schmilzt es schnell!“

Jetzt sammeln sie jeden Morgen das Himmelsbrot ein und werden satt davon. Am sechsten Tag nehmen sie die doppelte Menge, damit sie am Feiertag nicht zu arbeiten brauchen.

Als sie weiterziehen, fehlt es wieder an Wasser. Wieder murrt das Volk gegen Mose. Es kommt zu einem richtigen Streit wie vor Gericht. Nur Gott kann Mose helfen und beweisen, daß es richtig war, Ägypten zu verlassen. Gott steht ihm auch bei.

Er sagt: „Nimm deinen Stab und schlage damit an den Felsen. Dann wird Wasser herausfließen und alle können trinken!“ Mose tut, wie Gott ihm befohlen hat. Als er an den Felsen schlägt, sprudelt helles, klares Wasser hervor wie eine Quelle. Wieder hat Gott für sein Volk gesorgt wie ein Vater für seine Kinder, er sorgt jeden Tag neu für sie.

 

 

D. Gott schließt mit dem Volk Israel einen Bund

(2. Mose 19,1-19 20,18-21;20,1-17;24,3.12-18)

 

Vorüberlegung:

Gott hat das Volk Israel aus Ägypten heraus und durch die Wüste geführt wie auf Adlersflügeln. So wie ein Adler gelegentlich seine Jungen auf dem Rücken nimmt, wenn sie noch zu schwach sind, so hat Gott des Volk getragen. Sie haben immer wieder seine väterliche Güte verspüren dürfen. Sie durften erfahren:

Nach der Passahnacht: Gott ist gnädig!

Nach der Rettung am Meer: Gott ist allmächtig!

Nach Hunger und Durst: Gott ist reich!

Aber sie haben immer noch nicht Gott vertraut. Sie haben gemurrt und Widerstand geleistet. Sie waren feige und ungeduldig. Sie werden erst noch viel lernen müssen über den Gott, der sie lieb hat und immer wieder viel Geduld mit ihnen aufbringen muß.

Sie werden es auch lernen müssen, erst einmal zu einem richtiger Volk zusammenzuwachsen. Sie werden Ordnungen brauchen, durch die sie miteinander und nach dem Willen Gottes leben können. Da brauchen zum Beispiel die Alten und Kranken und die Kinder besonderen Schutz. Sie brauchen Väter und Mütter, Lehrer, Rechtsanwälte, Krankenpfleger und viele andere Leute. Wenn Menschen zusammenleben, kommt es besonders auf die folgenden Punkte an:

1. Jeder soll wissen: Ich bin nicht allein!

2.Es muß Regelungen geben in Form von Gesetzen und Einrichtungen

3. Vertrauen zueinander und in die Führung sind wichtig

4. Jeder soll geachtet werden, so wie er ist

5. Guter Wille und gegenseitiges Verstehen sind nötig.

Gott könnte ihnen helfen zu so einem guten Zusammenleben untereinander und mit anderen zu kommen.

 

Bilder des Sinai zeigen

 

Die Gabe der Gebote

Drei Monate lang hat Gott der Herr schon sein Volk durch die Wüste geführt. Er hat ihnen zu essen und zu trinken gegeben und hat sie vor Feinden beschützt. Jetzt kommen sie an ein Gebirge aus rotem Granit. Ein Berg ragt besonders hoch auf: es ist der Gottesberg, der Sinai. Welche Erinnerungen steigen da in Mose auf! Ganz hier in der Nähe war Gott ihm einst erschienen. Hier hatte er ihm versprochen: „Ich will das Volk aus Ägypten herausführen. Ihr werdet einst hierherkommen und hier den Gottesdienst feiern!“ Mose weiß noch: Hier ist heiliges Land, hier ist Gott ganz in der Nähe!

Mose läßt das Volk bis an den hohen Berg herankommen. In der Ebene gegenüber schlagen sie ihre Zelte auf. Mose aber steigt auf den Gottesberg. Gott hat ihn zu sich gerufen, er will ihm etwas sagen, das er dem Volk ausrichten soll. Als er zurückkommt, strahlen seine Augen Er hat dem Volk etwas Großartiges auszurichten. Mose richtet dem Volk die Botschaft Gottes aus:

„Ihr habt gesehen, wie ich euch geführt und beschützt habe. Ich habe euch wie auf Adlersflügeln getragen. Ihr habt nichts für eure Befreiung tun können. Aber wenn ihr weiter auf meine Stimme hört und mir gehorcht, dann sollt ihr das Volk sein, das für immer zu mir gehört. Mir gehört die ganze Erde und ich habe Macht über alle Völker. Aber ihr vor allem sollt zu mir gehören, ihr sollt mein Volk sein! Ihr sollt allein zu meiner Verfügung stehen. Ihr sollt meine Liebe weitertragen zu allen Völkern und ihnen meine Worte ausrichten. Und ihr sollt mir sagen, welche Sorgen und Wünsche die Völker haben. So wie Mose jetzt zwischen mir und euch steht, so sollt ihr zwischen mir und. den Völkern stehen!“

Die Israeliten sind erstaunt, als Mose ihnen das sagt. Es gibt doch so viele reiche und mächtige Völker in der Welt. Und da soll Gott sich gerade das kleine und unscheinbare Israel heraussuchen: ein Volk von Flüchtlingen und nicht einmal besonders gut und fromm. Warum wählt er sich nicht lieber die Ägypter aus?

Mose ruft schnell die ältesten und klügsten Männer aus dem Volk zusammen. Doch sie brauchen nicht lange rachzudenken. Wie aus einem Munde rufen sie: „Wir wollen alles tun, wie es Gott gesagt hat. Wir wollen allein auf ihn hören und ihm allein gehorchen!“

Mose steigt zurück auf den Berg und überbringt Gott die Artwort. Da sagt Gott zu ihm: „Sie sollen alle meine Stimme hören können. Ich will zum Berg Sinai kommen und aus einer dicker Wolke mit dir reden. Sie sollen sich nur richtig darauf vorbereiten, dann dürfen sie auch noch näher an den Berg herankommen!“

Mose weiß: Man kann Gott nicht so ohne weiteres gegenübertreten. Er bleibt immer der heilige Gott, der über den Menschen steht. Deshalb müssen die Israeliten nun ihre Kleider im Bach waschen, um mit frischen Festkleidern Gott gegenübertreten zu können, Und Mose läßt einen Zaun bauen, wo der Gottesberg anfängt, damit niemand Gott zu nahe kommt. Schließlich sagt er noch: „Seid mit allen Gedanken bei Gott. Denkt an nichts anderes und tut nichts Böses!“

Nach drei Tagen ist es endlich so weit. Eine dicke Wolke legt sich um den Berg, so schwer und dunkel, wie sie noch nie eine gesehen hatten. Plötzlich zuckt ein mächtiger Blitz aus dieser Wolke und ein gewaltiger Donner hallt zwischen den Bergen wieder. Dazu ein mächtiger Schall wie von einer Posaune. Die Israeliten erschrecken. Sie zittern vor Ehrfurcht; sie merken: Gott will zu ihnen kommen!

Mose führt das Volk aus dem Lager dem Berg entgegen. Langsam kommen sie näher. Der Berg ist nun ganz in Rauch gehüllt. Feuer steigt von ihm auf wie aus einem Schmelzofen oder wie aus einem Vulkan. Der Ton der Posaune wird noch stärker. Der Berg erbebt und zittert: Gott ist ganz nahe!

Das Volk flieht entsetzt und sieht sich alles nur aus sicherer Entfernung an. Sie sagen zu Mose: „Du karrst ja mit uns reden und wir wollen dir auch gern gehorchen. Aber laß Gott nicht mit uns reden, damit wir nicht sterben!“

Mose aber artwortet: „Fürchtet euch nicht! Gott will euch nicht sterben lassen. Gott hat euch nur seine Macht gezeigt, damit ihr ihm nie wieder ungehorsam werdet!“ Dann steigt er hinauf auf den Berg, in das Dunkel, in dem Gott ist. Er ist ja der Verbindungsmann zwischen Gott und dem Volk. Heute darf er eine wichtige Botschaft Gottes hören. Gott spricht:

„Ich bin der Herr, dein Gott, der dich aus Ägypten und aus der Knechtschaft geführt hat!“ Mose hat längst begriffen, welch große Tat Gott vollbracht hat. Aber das Volk hatte längst vergessen, wie schlimm es in Ägypten gewesen war. Sie waren undankbar gewesen und hatten Gott noch Vorwürfe gemacht. Damit sie es in Zukunft leichter haben, Gottes Willen zu folgen, gibt er ihnen sehr leicht zu merkende Sätze mit auf den Weg. In diesen „Zehn Geboten“ hat Gott ein für allemal niedergeIegt, was er von den Menschen erwartet, die zu ihm gehören wollen. Gott spricht:

Du sollst nicht andere Götter haben!

Du sollst den Namen Gottes nicht mißbrauchen.

Du sollst den Feiertag heiligen!

Du sollst Vater und Mutter ehren

Du sollst nicht töten!

Du sollst nicht ehebrechen!

Du sollst nicht falsch Zeugnis reden!

Du sollst nicht begehren deines Mitmenschen Haus!

Du sollst nicht begehren, was deinem Mitmenschen gehört:

 

Ja, so muß das Volk leben, wenn es Gottes Volk sein will: Gott über alles lieben und die Menschen so lieben, wie man sich selbst liebt! Gott hat sie nicht befreit, damit sie tun und lassen können, was sie wollen, denn dann wären sie bald wieder unter die Herrschaft anderer Mächte geraten. Gott will sie beschützen und in seiner Nähe behalten. Deshalb sagt er ihren: „Wenn ihr erst einmal begriffen habt, daß ich zu euch gehöre und ihr zu mir, dann wollt ihr einfach keine anderen Götter mehr haben!“ Damit das Volk die Gebote nie wieder vergißt, meißelt Gott sie auf zwei Steintafeln und gibt diese Mose mit.

 

Zwischenüberlegung: Gebote und Bund

Wir zeichnen ein großes Haus als Symbol für die Welt, die Gott gehört. Wir schreiben das erste Gebot auf das Dach, damit jeder gleich sehen kann, wem das Haus gehört. Wer in dem Haus wohnt, darf dem Namen des Eigentümers keine Schande machen (wie schreiben noch das zweite Gebot auf das Dach). Unter das Dach schreiben wir, was Gott gibt, damit die Menschen miteinander leben können. Daneben schreiben wir, wie sich die Menschen verhalten müssen, damit ihnen das alles erhalten bleibt.

Gott gibt:                                            Gott erwartet:

Seinen Namen                                   Namen anrufen

Ruhetag                                             Feiertag heiligen

Eltern                                                 Vater und Mutter ehren

Leben                                                 Nicht töten

Ehe / Familie                                     Nicht ehebrechen

Eigentum/Freiheit                             Nicht stehlen

Ehre / guter Ruf                                 Nicht falsch Zeugnis reden

Eigentum                                           Nicht begehren

Wer unter dem Dach Gottes wohnen will, der muß auch so leben, wie es sich. in diesem Haus gehört. Er steht unter dem Schutz Gottes, aber er muß sich auch an seine Spielregeln halten. Das ist wie wenn zwei Menschen sich die Hand. reichen und sich versprechen: Wir halten zusammen!

Woher kennen wir solche Versprechungen? Eheschließung, Vertrag zwischen Staaten (zwischen gleichberechtigten oder auch zwischen unterschiedlich starken. Mancher kleine Staat wäre längst nicht mehr da, wenn er nicht einen starken Freund hätte).

Wir sprechen in. diesem Fall auch von einem „Bund“. Einen solchen Bund will Gott auch mit dem Volk Israel schließen. Er ist dabei eindeutig der stärkere Partner. Er schenkt dem Volk seinen Bund. Die Israeliten können sich nur in diesen Bund hineinnehmen lassen und damit Wohnrecht im Haus Gottes erlangen.

Die Bedeutung des Ehebundes unter den Menschen: Er beginnt mit dem Versprechen der Verlobung. Die Hochzeit ist die Schließung des Bundes auf Lebenszeit. Deshalb zieht man dazu Festkleider an und feiert ein Hochzeitsmahl. Das äußere Zeichen des Bundes ist der Ring. Wenn dieser Bund aber gebrochen wird (Ehebruch), dann ist das ein trauriges Ende des Ehebundes.

 

Die Besonderheit des Gottesbundes:

1. Die Partner sind ungleich: der Herr aller Welt - ein armes Hirtenvolk

2. Das Volk ist für Gott nicht besonders wertvoll, nichts Besonderes.

3. Der Bund kann höchstens von seiten des Volkes gebrochen werden.

 

Die Gebote:

Gott weiß, daß wir ihn nicht aus den Augen verlieren. Deshalb hat er uns die Gebote gegeben. So wie es für die Autofahrer Warnzeichen gibt, so sind die Gebote die Warnzeichen Gottes. Besonders das erste Gebot will uns daran erinnern, daß Gott der Höchste für uns sein will. Gerade weil wir Gott nicht sehen können, brauchen wir etwas Geschriebenes. Viele sagen jedoch: Wir glauben nur, was wir sehen. Gott gibt sich aber in seinem Wort zu erkennen. Was er sagt, geht uns auch heute immer noch an.

Wir unterstreichen im Bibeltext den Vorspruch zu den Geboten und die einzelnen Gebote (ohne die Ergänzungen).

Wir fragen: Was schützt Gott mit diesen Geboten?            

1. Sich selbst. 

2. Seinen Namen

3. Sonntag

4. Eltern

5. Leben                     

6. Ehe und Familie

7. Freiheit

8. Ehre

9. Haus

10. Eigentum

 

Wir schlagen im Gesangbuch den Katechismus auf. Den einzelnen Geboten ist jeweils noch eine Erklärung von Martin Luther beigefügt. Die Erklärung zum ersten Gebot haben wir schon kennengelernt. Doch heute werden wir bei mancher Geboten andere Dinge hervorheben als Luther. Die Gebote bleiben die gleichen, dach zu jeder Zeit muß man neu bedenken, was die Gebote unter der jeweils veränderter Verhältnissen uns zu sagen haben.

Sie betreffen unser Verhältnis zu Gott und unser Verhältnis zu den Mitmenschen. Die ersten drei Gebote haben mehr die Anliegen Gottes im Blick, die anderen Gebote mehr den Mitmenschen (aber immer handelt es sich um die Gebote). Wer Gott als seinen Gott anerkennt, der wird auch das Recht des anderen Menschen achten und bewähren. Der Glaube ist keine weltferne Idee. Die Gebote verweisen uns gerade auf die Welt. Sie stellen aber nicht eigentlich Gesetze dar, sondern sie stecken Grenzen ab; diese sollen die Freiheit und die Ehre Gottes und die Freiheit und die Ehre des Mitmenschen schützen.

An einem Beispiel, am fünften Gebot, wollen wir uns das einmal überlegen. Aus der Zeitung suchen wir uns Beispiele für Leben vernichtende Ereignisse und für Leben erhaltende Taten: Grenzstreitigkeiten - Verträge - Rassenhetze - Vorurteile abbauen - Volksgruppen benachteilige - gleiches Recht für alle gelten lassen - andere am Arbeitsplatz übervorteilen - anderen Chancen einräumen - die Schwächeren in der Schule auslachen - bei den Schularbeiten helfen - bei Eltern und Geschwistern den eigener Willen durchsetzen - aufeinander hören und die Kleineren dabei nicht unterdrücken.

Der Arzt Albert Schweitzer hat den Begriff „Ehrfurcht vor dem Leben“ geprägt. Er ging sogar so weit, daß er möglichst keine Ameise auf dem Weg zertreten wollte. Als Arzt im Urwald von Lambarene hat er sein eigenes Leben dafür eingesetzt, weil ihm das Leben der von anderen als „primitiv“ angesehenen Menschen soviel wert war. Schon als Kind hat er damit aufgehört, nach Vögeln zu schießen, als plötzlich die Glocken zu läuten begannen.

 

Gott will nicht, daß Menschen ein Schaden zugefügt wird. Verkehrszeichen, Polizisten, Lehrer, Erwachsene wollen verhindern, daß jemand zu Schaden kommt. Sie sind Gottes Helfer, damit das 5.Gebot eingehalten wird. Aber auch die Kinder können dazu helfen: Keiner ist zu klein, Gottes Helfer zu sein! Wir spielen, was sich auf einer Kreuzung ereignet (Verkehrsspiel oder mit Bauklötzen, Kegelpüppchen und Autos). Kinder spielen mit dem Ball, er rollt auf die Straße, Auto kommt, Kind verletzt, Fahrer verletzt, Fußgänger noch dazu angefahren.

Durch Unachtsamkeit oder Mutwillen werden Unfälle verursacht, kommen Menschen zu Schaden (Beispiele!). Wer aber anderen Menschen einen Schaden zufügt, verletzt Gottes Gebot. Deshalb will Gott uns durch das 5.Gebot warnen, zum Beispiel

auch: „Augen auf im Straßenverkehr!“

 

Bundesschluß

Wir wollen nun hören, wie Gott mit seinem Volk einen Bund schließt und wie das Volk freiwillig „Ja“ sagt zu diesem Bund: Als Mose vom Gottesberg zurückkehrt, erzählt er dem Volk alles, was Gott ihm gesagt hat. Vor allem zählt er ihnen die Gebote auf, die ja die Regeln für den Bund sein sollen, den Gott mit dem Volk schließen will. Doch das Volk ruft sofort wie aus einem Munde: „Wir wollen alles tun, was der Herr uns gesagt hat!“

Da schreibt Mose alle Gebote Gottes auf, damit sie niemals in Vergessenheit geraten. Am anderen Morgen baut er unten am Berg einer Altar. Um ihn herum errichtet er zwölf Steinsäulen, für jeden Stamm des Volkes eine Säule. Dann werden junge Rinder geschlachtet und das Blut in Schüsseln aufgefangen. Einen Teil des Blutes sprengt Mose auf den Altar. Dann verliest er noch einmal die Gebote und das Volk ruft: „Alles, was der Herr gesagt hat, wollen wir tun!“ Daraufhin sprengt Mose die andere Hälfte des Blutes über das Volk und sagt: „Seht, das ist das Blut des Bundes, den der Herr mit euch macht!“ Ein Bund muß mit Blut besiegelt werden, so dachte man damals. Aber nun ist auch die Blutsbrüderschaft geschlossen und Gott für alle Zeiten mit seinem Volk verbunden.

Fröhlich beginnen die Israeliten ein Fest zu feiern und essen dazu das Fleisch der geschlachteten Tiere. Heute ist ein besonderer Tag: Gott hat ihren seinen Bund geschenkt. Mose aber und Aaron und 70 Älteste des Volkes steigen ein Stück den Berg hinan, um nach dem ersten Bundesschluß auf der Erde gewissermaßen den zweiter Teil „im Himmel“ zu vollziehen.

Sie dürfen ganz nahe herankommen und dürfen Gott sehen. Das heißt: Sie können ihn nicht selber sehen, sondern sie sehen nur den Schemel, auf den er seine Füße stellt. Er ist blau wie ein glasierter Ziegel und klar wie der Himmel: Sie sehen den blauen Himmel, der aussieht wie der Schemel Gottes; sonst kann man ihn nur von unten sehen, sie aber dürfen ihn ganz aus der Nähe sehen.

Gott vernichtet sie nicht, weil sie so nahe herangekommen sind. Im Gegenteil: Er lädt sie noch ein zu seinem Bundesmahl. Als seine Gäste dürfen sie essen und trinken und gewissermaßen mit ihm an einem Tisch sitzen (so wie wir heute beim Abendmahl zusammen mit Gott essen dürfen, damit der Bund Gottes immer wieder erneuert wird). Es ist ein fröhliches Fest. Voller Freude gehen sie wieder hinab zu dem Volk. Mose aber bleibt noch auf dem Berg.

 

Kaufmann-Bilder Nr. 7 und 8:

Mose ist der Mittler zwischen Gott und dem Volk. Es gibt keine direkte Verbindung, sondern Gott spricht durch den Mund eines Menschen. Mose steht als Einziger „im Angesicht Gottes“. Alle anderen richten ihre Blicke auf Mose und werden dadurch in das gewaltige Geschehen mit hineingenommen. Sie stehen im Angesicht des Mose und bilden mit ihm eine Einheit. Er teilt ihnen aber auch Gottes Auftrag für die Welt mit: Der Erwählte wird zum Dienst in der Welt und für die Welt bestimmt. Durch dieses Volk soll die Welt erfahren, daß Gott der Herr der ganzen Welt ist.

Das Volk muß aber auch den Willen Gottes kennen, ehe es in seinen Dienst gestellt werden kann. Es soll auf die Rettung beim Auszug aus Ägypten nicht nur mit Lobgesängen artworten, sondern auch mit der Tat. Das Volk ist gefragt, ob es gehorsam sein will. Gott zwingt aber niemand, sondern will, daß jeder freiwillig zustimmt. Jeder steht nun vor der Entscheidung: Wem willst du gehören? Wie ein Spiegel wird uns das Gesetz vorgehalten, damit wir in ihm erkennen, wer wir sind und wem wir gehören.

 

Das Bundeserneuerungsfest in Sichem:

Der Bundesschluß am Sinai und die Gabe der Gebote wurden für die Israeliten genauso wichtig wie die Rettung beim Auszug aus Ägypten. Deshalb feierte man alle sieben Jahre ein Bundesfest in Sichern, als man schon längst in dem versprochenen Land lebte. In einem großen Zelt aus kostbaren Fellen war das Heiligtum. Die Säulen am Eingang waren aus wertvollem Holz, mit Geld und Edelsteinen geschmückt. Vor dem Zelt stand im Hof der Altar, dessen hochragende Ecken vergoldet waren.

Vor dem eigentlichen Fest versammelten sich die Gemeindeältesten vor dem Zelt. Ein festlich gekleideter Priester fragte sie: „Gott schließt einen Bund mit euch. Wollt ihr ihn auch wirklich einhalten?“ Die Ältesten fragten das Volk. Und dieses artwortete: „Alles, was Gott befiehlt, wollen wir tun!“ Vom Altar stiegen Flammen und Rauch auf, um an die herrliche Gegenwart Gottes am Sinai zu erinnern.

Der Bericht vom Bundesschluß am Sinai wurde verlesen. Dabei kamen auch die Gebote dran: In große Steintafeln hatte man sie geritzt, im heiligen Zelt wurden sie aufbewahrt. Der Priester fragte: „Wollt ihr diese Gebote halten?“ Und das Volk antwortete wieder: „Alles, was Gott geboten hat, wollen wir tun!“ Das war ein großes Versprechen. Mancher dachte daran, daß zuhause in der Ecke noch ein altes Götterbild stand: Man würde es doch lieber wegwerfen. Anderen fiel ein, daß sie doch lieber urrechtmäßig erworbenes Land wieder zurückgeben wollten oder überhöhte Zinsen ermäßigen wollten. Wer schon zu Gott gehören will, muß auch entsprechend handeln.

           

Gilt dieser Bund und gelten diese Gebote auch für uns Christen? Wir vergleichen zwei Bilder vom Sinai und Golgatha:

 

Am Sinai hat Gott einen Bund mit dem Volk des Alten Testaments geschlossen und Mose war der Mittler. Auf Golgatha aber hat er mit uns allen einen Bund geschlossen und Jesus war der Mittler.

Er hat uns die Botschaft gebracht, daß wir Gottes Kinder heißen und Gott mit „Vater“ anreden dürfen. Auch uns Christen gelten die Gebote. Und wir werden von Gott gestraft, wenn wir die Gebote nicht einhalten. Jesus Christus ist aber mehr als Mose, denn er hat uns den neuen Bund (das „Neue Testament“) gebracht.

 

Mosebund                                          Christusbund

Bundesvolk Israel                               Jünger aus aller Völkern

Mittler Mose                                       Mittler Jesus Christus

Alter Bund                                           Neuer Bund

               Opfer: Tiere                                           Opfer: Lamm Gottes

Zeichen: Gesetzestafeln                    Zeichen: Taufe

               Sonntag                                                  Sabbat            

                       

 

E. Das Volk Israel durchbricht Gottes Bund (2. Mose 32,1-8.15-24.30-34)

Es bestand für Israel kein Zwang, das Angebot Gottes anzunehmen. Aber das Volk hatte sich ja einmütig an Gott gebunden. Wenn nun einer ein Gebot übertritt, löst er sich nicht nur von Gott, sondern auch aus der Gemeinschaft des Volkes Israel. Wir denken wieder an das Haus und zeichnen einen nach außen gerichteter Pfeil in das Haus. Wer über die Grenzlinie geht, stellt sich außerhalb des Bundes. Der Bund aber bleibt weiter bestehen.

Was ist aber nun, wenn das ganze Volk aus den Grenzen des Bundes ausbrechen will? Dann kommt doch das ganze Haus ins Wanken, vor allem das Dach würde zusammenstürzen. Dann müßten wir einer Pfeil nach oben zeichnen, weil das ganze Volk sich gegen den Willen Gottes auflehnt.

Das geschah zum Beispiel, als die Israeliten schon im dem versprochenen Land lebte. Da hatte der König Jerobeam in Bethel einen Tempel gebaut und in ihm zwei Stierbilder aufgestellt. Seine Leute sollten nicht mehr nach Jerusalem in den Tempel gehen, sondern Gott in Bethel arbeiten. Man wollte Gott nicht durch einen anderen Gott ersetzen. Aber man wollte nicht mehr immer nur an einen ursichtbaren Gott glauben, sondern etwas Sichtbares vor sich haben. Man stellte sich vor: Wenn wir so ein Stierbild aufstellen, dann stellt Gott sich unsichtbar auf den Stier. Dann können wir ihn zwar nicht selber sehen, aber wir haben doch wenigstens den Stier vor Augen und wissen genau, wo Gott ist. Leicht konnte es dann aber so kommen, daß die Leute meinten, der Stier sei der eigentliche Gotte, ihm müsse man vertrauen und nicht dem unsichtbaren Gott.

 

Das Stierbild in Bethel erinnerte aber an einen Vorfall, der sich kurz nach dem

Bundesschluß am Sinai und der Gabe der Gebote ereignet hat. Eben noch hat das Volk Treue gelobt, aber bald ist alles wieder vergessen: Mose bleibt lange auf den Berg. Das Volk wartet urgeduldig auf ihn, daß er bald wieder herabkommt. Vierzig Tage blieb er nun schon aus. Man konnte nicht hören, was Gott der Herr sagte, und sehen konnte man ihn erst recht nicht. Urd nun war auch noch Mose fort, der doch der Mittler zwischen Gott und dem Volk sein wollte.

Einer sagt: „Wer weiß, was dem Mose geschehen ist!“ Ein anderer: „Der kommt bestimmt nicht wieder!“ Einige klagen: „Nun sind wir hier allein in der Wüste. Wer soll nur für uns sorgen?“ Schließlich beschließen sie: „Wir gehen zu Aaron, dem Bruder des Mose, der soll uns helfen!“

Sie fordern: „Mache uns einen Gott, den wir vor uns sehen können. Wir wollen auch solche Götter haben wie die Ägypter und die anderer Völker. Denn was diesem Mose widerfahren ist, wissen wir nicht. Jetzt müssen, wir uns selber helfen!“

Aaron erschrickt: Das dürfen wir doch nicht. Gott hat doch verboten, andere Götter anzubeten. Urd er hat auch verboten, ein Bild von ihm selber zu machen. Gott kann man nicht sehen, also darf man auch kein Bild von ihm machen. Aber Aaron ist nicht Mose. Er hat Angst vor dem Volk. Deshalb sagt er: „Bringt mir euren kostbaren Schmuck, die Ohrringe und Spangen, damit wir ein Gottesbild daraus machen!“ Vielleicht hofft er, daß sie dazu nicht bereit sind.

Doch das Volk ist zu jedem Opfer bereit. „Nur möglichst schnell ein Gottesbild haben“, denken sie. Aaron schmilzt das Gold ein und formt daraus einen jungen Stier mit kräftiger Schultern und starker Stirn. Die Vorbilder dazu hat er ja mehrfach bei anderer Völkern gesehen. Und das Volk jubelt und bestätigt: „Das ist wirklich ein richtiges Gottesbild. Das ist der Gott, der uns aus Ägypten herausgeführt hat. Endlich können wir ihn sehen!“ Und sicher haben sie dabei gar nicht mehr an den Gott vom Sinai gedacht, sondern gemeint, dieses Stierbild sei ihr eigentlicher Gott.

Als Aaron das hört, baut er einen Altar vor dem Stierbild und ließ ausrufen: „Morgen feiern wir ein Fest. Es war alles so wie früher beim Gottesdienst. Und doch war es ein falscher Gottesdienst. Das zeigte sich am nächsten Tag. Zunächst geht alles so wie üblich: Brandopfer und Gemeinschaftsopfer werden gebracht. Man schlachtet ein Rind und verbrennt es auf dem Altar vor dem Stierbild. Ein Gemeinschaftsmahl wird gehalten und das Fleisch der anderer Tiere gegessen. Doch dann geht es auf einmal weiter, wie es nur bei den Heiden üblich ist: Sie stehen auf, tanzen um das Stierbild herum und mache allerlei Unsinn.

Gott aber hat alles mit angesehen und ist sehr traurig über das Volk. Er sagt zu Mose: „Geh, steige hinab, denn dein Volk hat alles verdorben. Sie sind schell von dem Weg abgewichen, den ich ihnen geboten habe. Sie haben ein gegossenes Kalb gemacht und haben es angebetet und gesagt: „Das ist unser Gott!“

Gott sagt nicht mehr „mein Volk“, sondern er sagt: "Dein Volk, Mose!“Und er spricht natürlich auch nicht vor einem Stier, sondern verächtlich von einem Kalb, einem „Kälbchen“, so klein ist das Standbild in seinen Augen, so unbedeutend und machtlos.

Als Mose nahe zum Lager kommt, sieht er sogleich, was los ist. Voller Zorn zerbricht er die beiden Steintafeln, auf denen die Gebote Gottes stehen, weil das Volk den Bund mit Gott gebrochen hat Dann wirft er das „Kalb“ ins Feuer, zermalmt es zu Pulver und streut es aufs Wasser. Dieses Wasser mußten alle trinken, die um das Kalb getanzt hatten. Sie mußten ihre Schuld buchstäblich schlucken. Gott sollte nun entscheiden, ob sie von dem schrecklicher Trank sterben würden oder ob er ihren noch einmal das Leben schenkte.

Dann geht er zu Aaron und stellt ihr zur Rede: „Was hat dir das Volk getan, daß du eine so große Sünde über sie gebracht hast?“ Aaron aber will sich herausreden: „Sei nicht zornig auf mich! Du kennst das Volk doch, wie böse es ist. Sie kamen zu mir und sagten: Mache uns einen Gott, den wir sehen können! Sie gaben mir ihren Goldschmuck, ich warf ihr ins Feuer und da wurde das Kalb daraus!“ Das hört sich ja fast so an, als hätte Aaron nichts dazu gekonnt und als sei nur rein zufällig ein Kalb entstanden. Aber vor Gott kann man nichts verbergen.

Am nächsten Morgen spricht Mose zu dem Volk: „Ihr habt eine große Sünde getan. Jetzt will ich hinaufsteigen auf den Berg zu Gott. Vielleicht kann ich ihn noch einmal dazu bringen, daß er euch vergibt!“ Es wird ein schwerer Gang für Mose. Aber er bittet Gott doch inständig: „Sie haben ein großes Unrecht getan. Aber vergib ihnen doch ihre Sünde. Wenn du es aber nicht kannst, dann streiche mich aus dem Buch, das du geschrieben hast. Strafe doch mich und nicht das Volk!“

Gott aber artwortet: „Ich strafe nur den, der das Unrecht begangen hat. Du aber gehe wieder hinunter und führe das Volk dahin wo ich dir gesagt habe. Mein Engel soll vor euch hergehen. Und ich werde die Übeltäter schon bestrafen, wenn die Zeit gekommen ist!“ Mose soll auch zwei neue steinerne Tafeln zurechtmachen, auf die Gott roch einmal die Gebote schreiben will. Der Bund soll bestehenbleiben. Sie sollen weiter sein Volk bleiben und in das Land kommen, das er ihnen versprochen hat. So gut war Gott der Herr zu seinem Volk.

 

Auswertung:

„Wenn wir jetzt die Augen schließen und wollen uns Gott vorstellen, was seht ihr dann vor euch?“ Es werden sehr menschliche Vorstellungen sein, vielleicht auch schon mehr geistige Vorstellungen und vieles, was von Gemälden oder den Reden Erwachsener herkommt. Wir wollen sortieren, was uns nicht als brauchbar erscheint. Besonders wenn man Gott nicht richtig ernst nimmt, können sich falsche Vorstellungen einschleichen. Aber es fällt uns auch schwer, daß man sich Gott nicht an einem bestimmter Ort vorstellen kann. Sondern daß er „überall“ ist.

Deswegen hat man zu allen Zeiten versucht, Gott mit einem sichtbarer Gegenstand in Verbindung zu bringen und ihn darauf festzulegen. Deswegen ließ der Apostel der Deutschen, Winfried Bonifatius, die Eiche des germanischen Gottes Donar fällen, damit den Leuten die Angst vor ihren falschen Göttern genommen werden sollte.

Deswegen meinen aber auch manche katholische Christen, sie könnten zu einer Marienfigur beten. Sie haben zwar auch gelernt: Man kann nicht Maria anbeten, sondern nur Gott. Aber mancher meint doch, Maria könne ihm helfen, bei Gott etwas zu erreichen. Das Gebet fällt ihm auch leichter, weil er die Figur vor sich sieht, während man ja Gott nicht sehen kann.

Sehr schnell vertraut man eben den Geschöpfen und nicht dem Schöpfer. Sehr schnell hängt man sein Herz an etwas Sichtbares, anstatt allein dem unsichtbaren Gott zu vertrauen. Dazu gehören auch die Dinge, die angeblich Glück oder Unglück bringen sollen: Hufeisen, Kreuz, Glücksschwein, Maskottchen, Amulett, Glückstaler, Kuckucksruf, Regenbogen, Kartenlegen, Bleigießen, schwarze Katze, alte Frau, Gesundbeter, vierblättriges Kleeblatt, Schornsteinfeger, usw.

Martin Luther hat in einer Auslegung des ersten Gebotes gesagt: „Woran du dein Herz hängst, das ist dein Gott!“ Wir bauen uns keine goldenen Kälber mehr, aber wir haben andere Dinge, an die wir unser Herz hängen und die wir auf ein Podest stellen und vielfach auch anbeten: Lottoschein, Kleid, Fernsehgerät, Auto, usw.

Dabei gibt es nur ein wahres Bild Gottes, das er uns vor Augen stellt: Jesus Christus,

der das einzige Bild Gottes ist. Er hat uns mit Gott versöhnt, indem er die Strafe für Israel und für unsre Schuld getragen hat. Ihm allein dürfen wir vertrauen.

Wenn wir Gott auch nicht sehen können, so spricht er doch zu uns:

Er hat zu den Menschen gesprochen in Jesus Christus (Hebr 1,1)

Er hat zu uns gesprochen in der Taufe (Gal 3, 26-27)

Er spricht zu uns in der Bibel und im Gottesdienst (Lied, Gebet, Predigt).

 

Kaufmann-Bild Nr. 9 Grundlose Begeisterung:

Unmittelbar auf das feierliche Versprechen, Gott zu gehorchen, erfolgt der Bruch des Versprechens. Israel kann offenbar nicht gehorsam sein. Das Fallen ist auf dem Bild deutlich zu sehen: Keiner hat noch Grund unter den Füßen. Es sieht so aus, als würden sie in einen Strudel hinabgerissen.

Die zertrümmerten Gesetzestafeln zeigen der Grund dafür. Gottes heiliges Gebot wurde schnell vergessen. In den Gesichtern der Menschen spiegelt sich aber keineswegs die Katastrophe. Es hat vielmehr der Anschein, als befänden sie sich in heller Begeisterung.

Doch das eigene Machwerk hat sich zwischen Gott und das Volk geschoben. Über ihnen steht nur das Selbstgeschaffene. Die Begeisterung der Tanzenden ist grundlos. Sie taumeln blindlings dahin und befinden sich in einem Rauschzustand. Aber das Kalb sieht sie wie ein Totenkopf an. Mit Gott rechnen sie nicht mehr.

Gott aber sieht weiter auf sein Volk. Er läßt es nicht aus dem Auge. Er bleibt der Handelnde, was immer in diesem Volk auch vor sich gehen mag. Er zerschlägt im Zorn das Bild, das sich das Volk gemacht hat. Gottes Güte rettet immer wieder und stellt die gegebene Rechtsordnung wieder her.

 

Nr.10: Des Frommen Klage und Anklage gegen Gott

Mose steht allein und ohnmächtig zwischen Gott und Volk. Wo immer das Volk auf seiner Wanderung in Bedrängnis gerät, lehnt es sich gegen Mose auf, will ihm den Rücken kehren und ihn verlassen. In solcher Not schreit Mose zu Gott. Sein Schreien ist Klage und Anklage zugleich. Hier wird deutlich, was es heißt, von Gott berufen zu sein. Er muß den Weg gehen, auf dem es Kämpfe und Niederlagen, Zweifel und Anfechtungen geben muß. Mose ringt mit Gott: „Du hast dein Volk nicht errettet!“ Mit verzweifelten Worten bittet er Gott, sterben zu dürfen. Mose ist ein „leidender Gottesknecht“. Dennoch ereignet sich immer wieder das Wunder der Rettung und Bewahrung.

 

Nr.11: Berufung auf Gottes Barmherzigkeit

Dunkle Mächte des Urglaubens haben Ihren Rachen aufgetan, um das Volk zu ver­schlingen. Kurz vor dem Ziel wendet sich das Volk ab und tritt den Rückweg an. Mose und seine wenigen Getreuen können diese Bewegung nach rückwärts nicht aufhalten. Vergessen scheint alles, was Gott bisher an diesem Volk getan hat. Mose aber tritt stellvertretend für das Volk ein. Seine Hände halten sich fest an den Zusagen Gottes. Einige andere halten auch noch mit fest. Aber wenn das wenigstens noch geschieht, gilt die Verheißung Gottes. Die eigenen leidvollen Wege des Volkes durch die Wüste bleiben dennoch die Wege Gottes mit seinem Volk.

 

Nr.12: Das Zeichen der Barmherzigkeit Gottes

[Die Erzählung von der ehernen Schlange ist hier nicht behandelt]

Mose steht zwischen dem schreienden Volk und dem verborgenen Gott. Wieder wartet das Volk auf Rettung vor drohendem Untergang. Mose soll wieder für die Urgehorsamen vor Gott eintreten. Gott handelt auch, aber nicht automatisch für das ganze Volk. Seine bewahrende Tat ist mit einer Forderung an den einzelnen verbunden. Das Zeichen der ehernen Schlange ist nicht schon die Hilfe selbst, aber in ihm ist die Hilfe Gottes verborgen. Wer das Zeichen ansieht, bleibt trotz des Schlangenbisses am Leben. So ist der einzelne nach seinem Glauben gefragt und die Möglichkeit einer Scheidung innerhalb des Gottesvolkes angedeutet. Mose weist auf das aufgerichtete Zeichen hin, das ist seine Aufgabe. Für uns aber ist Jesus das aufgerichtete Zeichen, durch das Gott der zerschlagenen Welt helfen will. In diesen Geschichten geht es nicht um die heldenhafte Biographie des Mose. Hauptperson ist der verborgene Gott (Auge) und die Barmherzigkeit des lebendigen Gottes, der auch heute wirkt.

 

Die Einnahme des gelobten Landes

Mose hat es nicht mehr erlebt, noch mit in das von Gott versprochene Land kommen zu können. Von einem hohen Berg aus konnte er es schon sehen, aber dann starb er. Der Führer bei der Einnahme des Landes war Josua. Er war es auch, der den Bund vom Sinai auf die anderen Stämme des späteren Volkes Israel übertrug, die nicht am Sinai mit dabeigewesen waren, sondern aus dem Osten eingewandert waren. Mit ihnen waren sie in der Stadt Sichem zusammengetroffen. Hier rief sie Josua alle zu einer großen Versammlung zusammen, zu einem „Landtag“.

Er schilderte noch einmal, was Gott alles für sie getan hatte, wie er sie aus Ägypten herausgeführt hatte, wie er sie am Meer errettet hatte, wie er sie in der Wüste erhalten hatte und wie er ihnen schließlich am Sinai erschienen und einen Bund mit ihnen geschlossen hatte. Dann stellte er sie vor die Entscheidung: „Wollt ihr den Göttern eurer Vorfahren dienen oder schließt ihr euch dem Gott vom Sinai an?!“ Und dann fügt er entschlossen hinzu: „Ich aber und mein Haus wollen dem Herrn dienen!“ Damit will er sagen: Er und seine Familie wollen dem wahren Gott dienen.

Später feierte man noch alle sieben Jahre ein Bundesfest in Sichem. In einem großen Zelt aus kostbaren Fellen war das Heiligtum. Die Säulen am Eingang waren aus wertvollem Holz, mit Geld und Edelsteinen geschmückt. Vor dem Zelt stand im Hof der Altar, dessen hochragende Ecken vergoldet waren.

Vor dem eigentlichen Fest versammelten sich die Gemeindeältesten vor dem Zelt. Ein festlich gekleideter Priester fragte sie: „Gott schließt einen Bund mit euch. Wollt ihr ihn auch wirklich einhalten?“ Die Ältesten fragten das Volk. Und dieses artwortete: „Alles, was Gott befiehlt, wollen wir tun!“ Vom Altar stiegen Flammen und Rauch auf, um an die herrliche Gegenwart Gottes am Sinai zu erinnern.

Der Bericht vom Bundesschluß am Sinai wurde verlesen. Dabei kamen auch die Gebote dran: In große Steintafeln hatte man sie geritzt, im heiligen Zelt wurden sie aufbewahrt. Der Priester fragte: „Wollt ihr diese Gebote halten?“ Und das Volk antwortete wieder: „Alles, was Gott geboten hat, wollen wir tun!“ Das war ein großes Versprechen. Mancher dachte daran, daß zuhause in der Ecke noch ein altes Götterbild stand: Man würde es doch lieber wegwerfen.

Anderen fiel ein, daß sie doch lieber unrechtmäßig erworbenes Land wieder zurückgeben wollten oder überhöhte Zinsen ermäßigen wollten. Wer schon zu Gott gehören will, muß auch entsprechend handeln.

So erinnerte man sich immer wieder an den Bund, den Gott mit seinem Volk am Berg Sinai geschlossen hatte, den man in Sichem erneuert hatte und der immer wieder von Seiten des Volkes bestätigt und ins Leben umgesetzt werden mußte.

Sie konnten dann das Land einnehmen, nicht unbedingt mit großen Schlachten und Eroberungen, wie das später in der Bibel geschildert wurde, sondern mehr inForm einer friedlichen Einwanderung. Sie wählten sogenannte „Richter“, die das Volk leiteten. Sie hatten Priester, die die Gottesdienste leiteten und auf das heilige Zelt aufpaßten, in dem die Bundeslade mit den Zehn Geboten aufbewahrt wurde. Und es gab unter ihnen Propheten, die immer zum rechten Glauben an Gott mahnten.

 

 

 

Könige und Propheten

 

Ruth

Das Volk Israel hatte in späterer Zeit gute und schlechte Könige, solche die Gott gehorchten und solche die ihm nicht gehorchten. Einen König liebten die Menschen besonders, auch wenn er schon lange tot war und sie ihn nur vom Erzählen kannten. Das war der König David. Unter seiner Regierung war es dem Volk gut gegangen. Man sagte damals: „Jetzt merken wir, daß Gott uns ganz nahe ist!“

Als aber nachher schlechte Könige das Volk regierten, da sagten sie: „Gott ist ganz fern um uns, er kümmert sich nicht um uns!“ Aber da kam einer, der ganz andere Erfahrungen mit Gott gemacht hatte. Er wußte, daß Gott den Weg der Menschen mitgeht, auch wenn sie es gar nicht oder nicht gleich merken.

Er sagte zu dem Leuten des Volkes Israel: „Ich will euch eine Geschichte erzählen. Ihr wißt doch, daß der König David eine Urgroßmutter hatte, die nicht aus unserem Volk stammte. Sie kam aus Moab, dem Land auf der anderen Seite des Toten Meeres. Ich will euch erzählen, wie Gott sie in unser Volk geführt hat. Aber sie hat auch nicht gleich gemerkt, daß Gott mit ihr auf dem Wege war!“

Als das Volk Israel noch keine Könige hatte, sondern von den Richtern geführt wurde, da kam eine große Hungersnot über das Land. Mehrere Jahre hatte es kaum geregnet, und auf den Feldern war kaum etwas gewachsen. Viele Menschen hatten nichts mehr zu essen.

Einem Mann in Bethlehem mit Namen Elimelech ging es besonders schlimm. Auf seinen Feldern war fast nichts gewachsen. Was sollte da im Winter werden? Aber bei den Moabitern sollte es noch genug Korn geben. Da überließ er seinen Acker den Verwandten und zog mit seiner Familie ins Land der Moabiter. Mit ihm gingen seine Frau Naemi und seine großen Söhne Machlos und Chiljon. Aber damit waren sie aus der Geborgenheit ihrer Verwandtschaft und ihres Dorfes herausgetreten. Auch das Land ihrer Väter und ihres Gottes hatten sie verlassen. Ob das wohl gut geht?

Aber zunächst geht es Elimelech im Lande der Moabiter durchaus gut. Die Söhne heiraten Frauen aus dem Volk der Moabiter und sind glücklich mit ihnen. Die eine hieß Orpa, die andere hieß Ruth. Naemi hätte sicher gern andere Schwiegertöchter gehabt. Keine Fremden, sondern Frauen aus ihrem eigenen Volk. Nur gut, daß die Verwandten in Bethlehem nicht erfuhren, wer ihre Söhne da geheiratet hatten. Aber sie erzählte den beiden Frauen immer wieder einmal von dem Gott Israels, der seinem Volk immer wieder geholfen hatte und ein guter und barmherziger Gott war.

Doch dann stirbt Elimelech und nachher auch die beiden Söhne, ohne daß sie Kinder hinter­lassen. Plötzlich steht Naemi allein mit ihren Schwiegertöchtern da, ohne den Schutz eines Mannes. Im Ausland ist das alles noch einmal doppelt schwer. Sie hatten ja keinen eigenen Besitz, waren auf die Duldung und den Schutz der Einheimischen angewiesen. Orpa und Ruth hatten wenigstens noch ihre Eltern, bei denen sie Schutz suchen konnten. Aber Naemi war ganz allein. Sie war die Letzte ihrer Familie, nie würde sie ein Enkelkind auf dem Schoß halten, einsam würde sie im fremden Land sterben.

Aber eines Tages hört sie, daß es daheim in ihrem Volk wieder besser geht. Gott kümmert sich wieder um sein Volk, es gibt wieder etwas zu essen dort. Da will Naemi wieder heimkehren, um in der Verwandtschaft ihres Mannes einen gewissen Halt und Schutz zu finden. So macht sie sich eines Tages auf in ihre Heimat.

 

 

 

Ihre Schwiegertöchter gehen mit ihr. Aber als sie schon ein ganzes Stück gegangen sind, da bleibt Naemi stehen und sagt: „Nun kehrt um und geht heim in euer Elternhaus. Gott der Herr wird euch barmherzig sein, so wie ihr barmherzig zu mir gewesen seid. Ich will Gott bitten, daß er euch wieder einen Mann gibt, der für euch sorgt. In Bethlehem würde ja keiner eine Frau aus einem fremden Volk heiraten!“

Doch die beiden Frauen wollen zunächst nicht gehen. Naemi stellt ihnen sachlich und nüchtern ihr Schicksal vor Augen, wenn sie mit nach Bethlehem gehen. An sich gab es ja die Vorschrift, daß die Witwe von einem Verwandter ihres verstorbenen Mannes geheiratet werden mußte, vom Bruder oder einem Onkel oder Vater. Wenn der schon eine Frau hat, nimmt er eben noch eine dazu. Das durfte man damals. Er erhielt ja auch dem Acker des verstorbenen Mannes, damit er die Frau ernähren kann. Dadurch wird die Witwe von der Armut erlöst. Deshalb nannte man den Mann, der sie heiraten mußte, auch den „Löser“. Wer den Grundbesitz des Verstorbenen haben wollte, mußte auch die Witwe mitnehmen und versorgen.

Nun hatte aber Naemi keine anderen Söhne. Und die entfernteren Verwandten konnten die Witwe heiraten, sie mußten es aber nicht. Sie brauchten nur zum Zeichen ihres Verzichtes einen Schuh auszuziehen und waren alle Verpflichtungen los, erhielten dann allerdings auch nicht den Acker. Naemi kann also den Frauen nicht versprechen, daß sie wieder einen Mann finden werden, der sie versorgt. Und was wird sein, wenn sie selbst einmal stirbt? Dann werden sie ganz allein und noch dazu ohne Besitz dastehen. Was das bedeutet, das hat Naemi ja am eigenen Leib erfahren.

Sie umarmt die beiden Frauen noch einmal. Dann geht Orpa wieder heim. Sie weint, denn sie hat Naemi sehr lieb. Aber es bleibt nichts anderes übrig, als doch in der Heimat zu bleiben. Ruth aber bleibt bei Naemi. Doch die Schwiegermutter fordert sie auf: „Geh du auch wieder zu deinem Volk und zu deinem Gott. Kehre um!“

Doch Ruth antwortet: „Rede mir nicht davon, daß ich dich verlassen soll. Wo du hingehst, da will ich auch hingehen. Wo du bleibst, da bleibe ich auch. Dein Volk ist jetzt mein Volk und dein Gott ist mein Gott. Wo du stirbst, da will ich auch sterben und begraben werden. Nur der Tod kann uns noch auseinanderbringen!“

Da merkt Naemi, daß Ruth es ganz fest im Sinn hat, bei ihr zu bleiben. Sie will sich aus ihrem Volk lösen und in Naemis Volk eintreten. Sie bindet sich auch an der Gott des Volkes Israel. Sie ruft ihn zum Zeugen und Richter an, wenn sie ihr Versprechen nicht einhält: „Gott tue mir, was er will, wenn ich mein Versprechen nicht halte!“Menschlich gesehen geht sie ins Nichts, in Wirklichkeit aber wendet sie sich Gott zu und stellt sich unter seinen Schutz. Schweigend gehen die beiden Frauen miteinander nach Bethlehem. Sie sind dorthin zurückgekehrt, wo sie eigentlich hingehören.

Als sie nach Bethlehem kommen, laufen die Leute aufgeregt aus ihren Häusern zusammen. Sie fragen aufgeregt: „Ist das nicht Naemi, die vor so vielen Jahren von uns fort ins Land der Moabiter gezogen ist?“ Und dann fragen sie: „Wo ist dein Mann?“ Da sieht Naemi traurig zu Boden und spricht: „Nennt mich nicht mehr Naemi, die Liebliche, sondern nennt mich lieber Mara, die Bittere, und die Traurige. Denn Gott der Herr hat mir viel Bitteres angetan, er hat gegen mich ausgesagt. Mit Mann und Söhnen bin ich ausgezogen, aber ganz allein hat mich der Herr zurückgebracht!“ Ihre Schwiegertochter Ruth erwähnt sie gar nicht, denn die wird ihr nicht helfen können, weil sie sich selber ja auch nicht helfen kann.

Das Haus steht noch. Aber es ist leer, kein Korn ist in der Vorratskammer. Den Acker hat ein anderer bestellt, die Ernte dieses Jahres steht ihm allein zu. Was soll nun aus den beiden Frauen werden? Die Leute in Bethlehem wissen es nicht. Aber Gott weiß schon, wie er ihnen helfen will. Und nun ist es doch gut, daß Naemi ihre Schwiegertochter Ruth bei sich hat. Die wird ihr jetzt noch viel helfen können.

In Bethlehem beginnt gerade die Gersten-Ernte, es ist gerade April. Ruth geht Ährenlesen, d.h. sie sammelt die liegengebliebenen Ähren auf den schon abgeernteten Feldern auf. Das war keine schöne Arbeit, denn oft wurden die Ährenleserinnen beschimpft und belästigt. Aber was bleibt Ruth denn anderes übrig.

Sie geht vor die Stadt und fragt bei den Arbeitern' auf dem einem Feld, ob sie noch die Ähren lesen darf, wo man die Garben schon weggetragen hat. Sie darf es tun und beginnt sogleich mit der Arbeit. Bald kommt auch der Bauer, um nach dem Rechten zu sehen. Er grüßt die Schnitter: „Der Herr sei mit euch!“ und fragt sie: „Zu wem gehört diese fremde Frau da?“ Der oberste Schnitter antwortet: „Das ist die Frau aus dem Moabiterland, die mit Naemi hergekommen ist. Sie hat höflich gefragt und ist seit dem Morgen fleißig an der Arbeit!“

Der Bauer hat schon davon gehört. Er weiß auch, daß sie bei ihrer Schwiegermutter geblieben ist und gesagt hat: „Dein Volk ist mein Volk, und dein Gott ist mein Gott!“ Er geht zu ihr hin und sagt: „Du brauchst auf keinen anderen Acker zu gehen. Du brauchst auch nicht zu warten, bis das Feld abgeerntet ist. Arbeite nur mit den anderen Frauen zusammen. Und wenn du Durst hast, so gehe hin zu unserem Krug und hole dir Wasser!“

Ruth hat erstaunt zugehört. Sie verbeugt sich tief und sagt: „Wie kommt es, daß du so gut zu mir bist? Ich bin doch nur eine fremde Frau und gehöre gar nicht zu euch!“ Aber der Bauer sagt zu ihr: „Ich habe gehört, wie gut du zu Naemi gewesen bist. Gott der Herr soll dir's lohnen, daß du dein Volk und deine Heimat verlassen hast und zu uns gekommen bist. Er wird dir zeigen, wie gut er es mit dir meint!“

Als die Zeit zum Mittagessen gekommen ist, da darf Ruth mit den anderen essen. Der Bauer gibt ihr sogar so viel, daß sie es gar nicht aufessen kann und noch etwas für Naemi übrigbehält. Als sie aufstehen, sagt der Bauer zu den Schnittern: „Laßt nur ruhig einmal ein paar Ähren fallen, damit sie genug zum Auflesen hat!“

Nun geht es natürlich schnell voran mit dem Lesen. Am Abend hat Ruth etwa 40 Pfund Körner, die sie in ihrem weiten Rock schüttet und nach Hause trägt. Naemi traut ihren Augen nicht, als sie diesen Segen sieht. Sogar Mittagbrot hat Ruth noch mitgebracht! Naemi kann nur rufen: „Wo hast du heute gearbeitet? Wer ist so gut zu dir gewesen?“

Ruth antwortet: „Der Mann heißt Boas. Er war sehr feindlich zu mir!“ Naemi schweigt einen Augenblick. Dann sagt sie: „Der Herr segne Boas. Er ist mit uns entfernt verwandt. Er ist einer von unseren möglichen Lösern! Nun merke ich, daß Gott der Herr es doch gut mit uns meint!“

So hatte es Ruth noch gar nicht gesehen. Ihr war nicht in den Sinn gekommen, daß Boas vielleicht ein weitergehendes Interesse an ihr haben könnte. Mit ehrerbietiger Zurückhaltung ist sie ihm begegnet, so wie es einer fremden und jüngeren Frau einem reichen Herrn gegenüber geziemt. So bleibt sie bis zum Abschluß der Ernte bei den Leuten des Boas und bringt viel Brotkorn mit heim.

Als aber die Ernte zu Ende geht, möchte Naemi die Entwicklung etwas vorantreiben. Sie hofft im Stillen, daß Boas die Ruth heiraten wird. Aber ob er wohl von alleine darauf kommen wird? Naemi beschließt, hier etwas nachzuhelfen. Wenn es Gottes Wille ist, dann wird es ihr gelingen, dann wird die Familie ihres Mannes doch nicht aussterben. Boas ist jedenfalls reich genug, um beide Frauen zu versorgen.

Aber sie will nicht hingehen und mit ihm reden. Sie will es geschickter anfangen. Nach der Ernte beginnt man auf dem Feld mit dem Dreschen und danach mit dem Worfeln, d.h. man wirft das Getreide mit der Schaufel hoch, damit der Wind die Spreu wegweht und die schwereren Körner auf den Boden fallen.

Gegen Abend und in der Nacht war die beste Zeit dafür, denn da kam meist ein kräftiger Westwind auf. Auch der Bauer blieb meist mit draußen, um die Aufsicht über die Arbeiter zu führen, damit sie nichts stehlen.

Dies scheint Naemi eine gute Gelegenheit zu bieten. Ruth soll sich wie für eine Hochzeit vorbereiten, sich waschen und salben und ein Feiergewand anziehen. Wenn Boas dann gut gegessen und getrunken hat und sich zum Schlaf hinlegt, dann soll sie sich Boas gewissermaßen

zur Frau anbieten. Vielleicht wird er sich so leichter bewegen lassen, seine Löserecht auszuüben. Aber die Sache ist nicht ungefährlich für Ruth. Sie setzt ja ihren guten Ruf als Frau aufs Spiel. Was ist, wenn Boas sie mit Schimpf und Schande davonjagt? Was ist, wenn er sich zwar jetzt mit ihr einläßt, aber nachher keine Rechtsfolgerungen daraus zieht?

Aber Ruth gehorcht aus Anhänglichkeit an die Familie ihres verstorbenen Mannes. Sie beobachtet, wo sich Boas abends zum Schlaf hinlegt. Dann geht sie hin und legt sich zu seinen Füßen nieder, um anzudeuten: Sie bittet ihn und möchte sich unter seinen Schutz begeben.

Boas fragt: „Wer bist du?“ Sie antwortet: „Ich bin Ruth, deine Magd. Ich gehöre zu dir. Denn du bist unser Verwandter, unser Löser!“ Boas weiß, was das heißen soll: Sie bietet sich ihm als Frau an! Wie wird er sich entscheiden? Was wird er tun?

Boas sagt freundlich: „Gott segne dich! Fürchte dich nicht! Ich will dich gern zur Frau nehmen und für dich und Naemi sorgen. Wir wissen alle in der Stadt, was du für eine gute und tüchtige Frau bist. Aber es ist noch ein näherer Verwandter da. Mit dem muß ich erst noch reden. Warte bis morgen!“ Er hat Ruth liebgewonnen. Aber er möchte, daß alles auch nach Recht und Gesetz in Ordnung geht. Er läßt sich nicht überrumpeln, sondern handelt besonnen und umsichtig, damit niemand etwas Nachteiliges sagen kann.

Ruth muß sieh allem fügen. Sie kann sich nicht den Mann aussuchen, den sie gerne hätte. Sie gehört mit zum Besitz: Wer den Acker kauft, wird sie als Frau auch mitkaufen. Sie hat sieh Boas ja auch nicht genähert, weil sie unbedingt ihn zum Mann haben wollte, sondern weil sie der Familie ihres ersten Mannes dienen wollte. Aber recht wäre es ihr schon, wenn Boas sie heiratete und nicht ein anderer.

Boas versichert ihr auch, wenn der andere auf sein Recht verzichtet, dann werde er sie lösen. Er gibt ihr noch einen Sack voll Gerste mit. Daran wird auch Naemi sehen können, daß er es ernst meint. Aber nicht der schlaue Plan der Naemi kommt zum Ziel, sondern Gottes Wille, und zwar erst dann, wenn es Zeit ist.

Schon am nächsten Tag leitet Boas alle nötigen Schritte für die Verhandlung ein. Der Ort dafür ist der freie Platz am Stadttor, wo man die Angelegenheiten der Gemeinschaft zu besprechen pflegte und wo auch Gericht gehalten wurde. Die nötigen zehn Männer sind als Zeugen da, auch jener andere Verwandte, der sozusagen das „Vorkaufsrecht“ hat. Er soll sich jetzt äußern.

Boas beginnt die Verhandlung mit dem Grundstück: „Naemi möchte den Anteil an dem Acker ihrer Familie verkaufen. Willst du ihn nicht haben, du hast das erste Recht daran!“ Der Verwandte ist auch an dem Grundstücksanteil interessiert. Doch Boas sagt zu ihm: „Dann mußt du aber auch Ruth heiraten und sie und ihre Schwiegermutter versorgen!“

Dazu ist aber der andere nicht bereit. Vielleicht will er das Erbteil seiner bisherigen Kinder nicht schmälern. Wenn Ruth nämlich ein Kind bekäme, dann würde es den Namen ihres ersten Mannes erhalten und auch einmal der Grundstückanteil wieder erben. Da zieht jener andere Verwandte lieber seinen Schuh aus und gibt ihn Boas. Damit sagt er: „Ich verzichte auf mein Recht. Nun bist du der Nächste, der es ausüben kann!“

Nun ist der Weg frei für Boas. Er ruft die Anwesenden zu Zeugen an und sagt: „Ich werde den Acker kaufen und Ruth zur Frau nehmen. Unsere Kinder sollen nach ihrem ersten Mann heißer und auch den Acker erben. Dafür sollt ihr alle Zeugen sein!“

Die anderen nicken dazu und sagen: „Wir sind deine Zeugen! Gott möge Ruth segnen und ihr viele Kinder schenken, damit eine große Familie daraus wird, die gerühmt wird in Bethlehem!“ Damit wird Ruth in das Gottesvolk aufgenommen und dort ein gleichberechtigtes Glied sein.

Boas nahm Ruth zur Frau. Sie kriegten ein Kind, dem sie der Namen „Obed Elimelech“ gaben. Naemi zog ihn auf. Sie freute sich, daß sie nun doch nicht die Letzte ihrer Familie war. Die Nachbarn und Verwandten sagen: „Gelobt sei Gott der Herr! Nun hat er dir doch einen Enkel geschenkt, der deinen Namen trägt. Der wird dich auch versorgen, wenn du alt bist und dir nicht mehr selber helfen kannst!“

Seine Familie ist nachher auch berühmt geworden. Aus ihr stammt der große König David. Und der wiederum ist ein Vorfahre Jesu, der ja dann „Davidssohn“ genannt wird. Eine fremde rechtlose Frau gehört zu seinen Vorfahren; aber sie ist würdig gewesen, zum Gottesvolk zu gehören. So zeigt sich, daß Gott denen, die ihn lieben und seine Gebote halten, viel Segen gibt, auch seinen Nachkommen bis in viele Generationen.

 

 

Könige

 

 

A. Geburt und Berufung Samuels   (1. Sam 1 - 3):

 

Kapitel 1: Gott erhört

Einstieg: Wenn Kinder etwas wollen, dann können sie ihre Eltern herzlich bitten. Und wenn die Eltern können, erfüllen sie die Bitte. Ihr dürft dankbar sein, daß ihr die Eltern habt; sie freuen sich, wenn ihr ihnen gehorcht. Es gibt aber auch Familien, die haben keine Kinder. Manchmal holen sich dann ein Kind aus dem Heim, das keine Eltern mehr hat oder um das sich die Eltern nicht kümmern. Aber schöner ist es natürlich, wenn man eigene Kinder hat. Heute sollt ihr nun von einem Ehepaar hören, das sich sehr ein Kind gewünscht hat und Gott immer wieder gebeten hat, daß er ihren doch ein Kind schenkt.

 

Erzählung: Auf dem Gebirge Ephraim lebten Elkana und Hanna, ein Ehepaar, das gut und fromm war. Nur einen Kummer gab es bei ihnen: Sie hatten kein Kind. Allerdings hatte Elka­na nach der Sitte der damalige Zeit noch eine zweite Frau, und die hatte Kinder. Das mach­te die Sache noch schlimmer. Es galt damals als eine Schande, wenn eine Frau nicht vor Gott gewürdigt wurde, die Gemeinde Gottes zu vergrößern und fortzusetzen.

Es würde ja nicht jeder Israelit den Tag erleben können, an dem Gott seine Herrlichkeit zeigen würde. Er mußte damit rechnen, schon zu sterben, ohne das Heil Gottes gesehen zu haben. Deshalb war es so wichtig, Söhne zu haben, durch die man noch Anteil haben konnte an der Geschichte des Gottesvolkes. Einst sollte aus diesem Volk ja der Messias hervorgehen. Gott hatte also noch viel vor mit diesem Volk.

Jedes Jahr einmal wurde das Problem dieser Familie besonders deutlich. Dann zog man in das Heiligtum nach Silo, um dort Gott ein Opfer zu bringen. Dort stand die Stiftshütte, ein Holzbau mit darübergebreiteten kostbaren Teppichen. Nach Osten zu war sie nur durch einen Vorhang von dem Vorhof getrennt, der seinerseits durch Vorhänge von der Außerwelt abgeschlossen war. Im Vorhof stand der Brandopferaltar. Dort durften sich die Gemeindeglieder aufhalten, aber an den Altar durften sie nicht herantreten. Im Inneren der Stiftshütte waren zwei Räume, das Heilige und das Allerheiligste. Im „Heiligen“ standen der goldene Räucheralter, der Schaubrottisch und der goldene Leuchter. Hier durften nur die Priester hinein. Im „Allerheiligsten“ befand sich die Bundeslade mit den beiden Tafeln, auf denen die Gebote Gottes standen. Hier durfte nur einmal im Jahr der Hohepriester hinein.

Jeder fromme Israelit zog einmal im Jahr zu einem der Heiligtümer im Land. Das in Silo war das bedeutendste, weil sich dort ja die Bundeslade befand. Man kam dorthin, um Gott wie einen Körnig zu verehren, indem man sich vor ihm auf den Boden warf und ihn anbetete.

Dazu gehörte aber auch ein Opfer, das man Gott zur Verfügung stellte: Ein Tier wurde geschlachtet, sein Blut vergossen und das Fleisch in einer gemeinsamen Mahlzeit verzehrt. Gott war dabei der Gastgeber: Man stellte ihm zwar das Tier zur Verfügung, aber er ließ die Opfernden an der Mahlzeit mit teilnehmen. Man stellte sich also vor, Gott sei unsichtbar mit dabei und gebe an die Menschen nur das weiter, was ihm eigentlich gehört.

Doch als Elkana das Opfer verteilt, da wird das Problem wieder deutlich: Seiner Nebenfrau und ihren Kindern muß er mehrere Stücke an Fleisch geben, aber Hanna kann er nur e i n Stück geben. Er gibt ihr ein besonders großes Stück. Aber er ist doch traurig. Er hat Hanna besonders lieb. Aber sie hat eben keine Kinder.

 

Doch dieses Jahr will Hanna nichts von dem Opferfleisch essen. Sie sitzt da und weint. Elkana fragt sie: „Warum weinst du? Warum ißt du nichts? Warum bist du so traurig? Bin ich dir nicht mehr wert als zehn Söhne?“ Hanna kann es gar nicht erwarten, bis die Opfermahlzeit zu Ende ist. Elkana hat zwar viel Verständnis für sie und will sie trösten. Aber jetzt will sie sich an einen Stärkeren wenden.

Sie geht zur Tür der Stiftshütte, wo der Priester Eli sitzt. Sie betet und weint und verspricht: „Gott, wenn du mich nicht vergessen hast und mir einen Sohn geben wirst, dann soll er ein Priester werden!“ Sie schüttet ihr Herz aus und bittet darum, daß Gott sie nicht übersieht. Es geht ihr nicht einmal so sehr um ihr persönliches Glück, sondern sie will den Sohn ja ganz in den Dienst Gottes stellen. Vielleicht - so denkt sie - wird Gott dann mein Gebet eher erhören. So betet sie leise vor sich hin. Es kommt aus ihrem Herzen, ihre Lippen bewegen sich, aber man hört nichts.

Der Priester Eli hat sie die ganze Zeit über beobachtet. Er ist für die Ordnung am Heiligtum verantwortlich. Nun meint er, Hanna sei betrunken, weil sie so seltsam die Lippen bewegt, ohne etwas zu sagen. Er sagt: „Wie lange willst du so betrunken sein?“

Hanna aber antwortet: „Nein, mein Herr, ich habe nicht getrunken, sondern ich habe Gott mein Herz ausgeschüttet und alles gesagt, was mich bedrückt!“ Nun merkt Eli, daß er sich geirrt hat und diese Frau ihr Gebet aufrichtig gemeint hat. Er will auch keine Einzelheiten wissen, denn was man Gott anvertraut, ist nicht für Menschen bestimmt. Er sagt nur zu ihr: „Der Gott Israels wird dir die Bitte erfüllen, die du an ihn gerichtet hast!“ Damit hat er nur einen Wunsch ausgesprochen; aber man hat das Gefühl, als dürfe er die Erfüllung des Wunsches sicher in Aussicht stellen. Da geht Hanna wieder zu den anderen, ißt auch etwas und ist nicht mehr so traurig wie vorher.

Am nächsten Morgen ziehen sie alle wieder nach Hause. Gott hat sie nicht vergessen, er dachte an sie. Gott gab Hanna ein Kind. Als die Zeit vorüber ist, bekommt Hanna einen Sohn, dem sie den Namen „Samuel“ gibt. Der Name bedeutet: „Der Erbetene“, aber auch: „Der, über dem der Name Gottes genannt ist!“ Damit bezeugt Hanna ihre Dankbarkeit gegenüber Gott. Immer wenn sie den kleinen Samuel rufen wird, dann wird sie daran denken, daß er ihr von Gott geschenkt worden ist.

Im nächsten Jahr zieht Elkana allein zum Heiligtum in Silo, weil Samuel noch zu klein ist, um die Reise mitmachen zu können. Hanna aber sagt: „Wenn der Junge größer ist, will ich ihn ins Heiligtum bringen, damit er immer dort bleibt!“ Und Elkana antwortet ihr: „Tue, wie es dir gefällt!“ Er billigt also das, was seine Frau versprochen hat, und verspricht, das Versprechen seiner Frau richtig zu erfüllen.

Als Samuel drei Jahre alt ist, geht Hanna mit nach Silo und nimmt auch Samuel mit. Sie opfert ein Tier und bringt dann den Jungen zu Eli. Sie sagt: „ Ich bin die Frau, die vor Jahren hier gebetet hat. Ich bin dir damals aufgefallen, weil du meintest, ich sei betrunken. Ich bat Gott damals um einen Jungen. Hier ist er: Gott hat meine Bitte erhört. Darum gebe ich ihn dem Herrn wieder. Er soll ihm dienen sein Leben lang!“ Sie beten noch alle miteinander, dann ziehen Hanna und ihre Familie wieder heim. Samuel bleibt bei dem Priester Eli.

 

Kapitel 2: Gott schweigt.

Der Priester Eli hatte zwei Söhne, die einmal seine Nachfolger werden sollten. Aber die beiden waren freche Kerle, die nur an sich selber dachten .Es gab ja genaue Bestimmungen, wie ein Gottesdienst ablaufen sollte. Besonders mit dem Opfer war alles genau geregelt. Es war genau festgelegt, welche Teile des Opfertieres zu verbrennen waren, welche also allein für Gott bestimmt waren.

Es war festgelegt, welche Teile dem Priester zum Lebensunterhalt zustanden und welche der opfernden Familie für ihre Opfermahlzeit zur Verfügung gestellt wurden. Die Aufgabe der Priester war es, die Leute über diese Bestimmungen zu belehren und darauf zu achten, daß auch alles ordentlich eingehalten wurde.

Aber die Söhne Elis hielten sich nicht en die Ordnungen. Völlig willkürlich nehmen sie sich von dem Opferfleisch, was ihnen paßt. Wenn einer Fleisch für das Opfer kochte, dann kam der Diener der Priester und stieß einfach mit der großen Gabel in den Topf und holte sich heraus, was er gerade erwischte. Oder er kam schon vorher und sagte: „Der Priester will kein gekochtes Fleisch, sondern rohes. Gib her, sonst nehme ich es mir mit Gewalt!“ Und wenn einer sagte: „Laß doch erst das Fett heraustropfen, wie es Vorschrift ist!“ dann hörte man nicht auf ihn. So taten die Söhre Elis eine große Sünde, denn sie verachteten das Opfer des Herrn.

Hanna aber hatte Gott gegeben, was ihm gehört, sogar ihren lang erbetenen Sohn. Aber diese Priester nehmen Gott frech weg, was ihm gehört. Samuel aber machte dabei nicht mit. Er lernte von Eli, was es für einen Priester an der Stiftshütte alles zu tun gab. Er lernte die Gebete seines Volkes und die Bestimmungen über die Opfer. Er trug auch schon ein Kleid, wie es damals die Priester trugen. So wurde er schon ganz darauf vorbereitet, einmal ein richtiger Priester zu werden. Gott bereitet in der Stille schon einen Menschen vor, der ihm einmal ganz dienen soll. Während es mit Eli und seiner Familie immer mehr bergab geht, hat Gott schon einen Ausweg gefunden, indem er den Samuel heranwachsen läßt.

Seine Eltern hat Samuel nur einmal im Jahr gesehen, wenn sie zum Opfer nach Silo kamen. Dann brachte die Mutter immer ein neues Obergewand mit. So sorgte sie für ihn und brachte ihren Stolz zum Ausdruck, daß ihr Sohn ein Priester wurde. Eli war immer gerührt, wenn

er das sah. Da hatten die Eltern ihren einzigen Sohn weggegeben, damit er Gott diene. Nun waren sie doch wieder allein zu Hause. So sagt Eli zu den beiden: „Gott schenke euch weitere Kinder, an denen ihr euch zu Hause erfreuen könnt!“ Gott erhörte diese Bitte und schenkte Elkana und Hanna noch drei Söhne und zwei Töchter.

Der Priester Eli erfuhr mit der Zeit auch, wie es seine Söhne trieben. In seinen jüngeren Jahren hatte er alles so ernst wie Samuel gehalten. Aber jetzt war er alt und hatte mehr Furcht vor seinen Söhnen als vor Gott. Er wehrte seinen Söhnen nicht ihr böses Tun. Da würde schon Gott selber etwas tun müssen. Eli stellt seine Söhne noch einmal zur Rede. Aber sie hören nicht auf ihn. Da bleibt nichts anderes mehr übrig, als daß Gott sie umkommen läßt. Er kann nicht zulassen, daß sein Volk weiterhin so vor innen heraus gefährdet wird; denn die Feinde von außen sind nicht so gefährlich wie diese nichtswürdigen Priester.

Gott hat ja auch schon alles zur Rettung vorbereitet. Samuel diente Gott treu und zuverlässig. Alle konnten sehen, wie ernst er es rahm. Je älter er wurde, desto mehr wurde er angesehen bei den Menschen. Aber auch Gott hatte sein Gefallen an ihm. Aber es konnte noch keiner sagen, was Gott in Wahrheit mit Samuel vorhatte.

Aber eines ist klar: Die Familie Elis wird untergehen. Ein Bote Gottes sagt ihm: „Deine Söhne werden an einem Tag sterben. Keiner aus deiner Familie wird ein hohes Alter erreichen und ein weiser Mann werden. Du bist als Priester und als Vater mit schuld daran, daß alles so gekommen ist!

 

 

 

 

 

Kapitel 3: Gott redet

Das war eine schlimme Zeit für das Volk Israel, als Samuel am Heiligtum in Silo heranwuchs. Gott redete kaum noch zu seinem Volk durch Propheten oder andere Gottesmänner. Es war als habe Gott sein Volk ganz vergessen.

Eli war alt und blind geworden. Er kann seinen Nachtdienst am Eingang zur Bundeslade nicht mehr versehen. Dafür schläft Samuel jetzt in der Stiftshütte. Eli hat ihm das Wächteramt im Haus des Herrn anvertraut. Auf Samuel kann er sich verlassen, ganz im Gegensatz zu seinen Söhnen. Vor allem mußte Samuel dafür sorgen, daß immer genug Öl in den Schalen des siebenarmigen Leuchters war, er durfte nicht verlöschen. In der Regel mußte man morgens und abends nachfüllen. Die Lampen brennen aber noch, es ist noch nicht Morgen. In dieser Stunde nimmt Gott wieder die Verbindung zu seinem Volk Israel auf, er beendet sein langes Schweigen.

Plötzlich hört Samuel eine Stimme: „Samuel, Samuel“ Er ruft: „Siehe, hier bin ich!“ Er denkt, Eli habe ihn gerufen. Schnell läuft er hinaus zu ihm und wiederholt: „Hier bin ich! Du hast mich gerufen!“ Eli aber antwortet: „Ich habe nicht gerufen. Geh wieder hin und lege dich schlafen!“ Das tut Samuel auch.

Da ruft es wieder: „Samuel!“ Wieder läuft er zu Eli. Aber der sagt wieder: „Ich habe dich nicht gerufen!“ Da geht Samuel wieder und legt sich schlafen. Er weiß noch nicht, daß auch Gott einen Menschen rufen kann. Samuel hat zwar bei Eli alles gelehrt, was ein Priester so wissen muß. Er beherrscht den Gang des Gottesdienstes perfekt. Aber es fehlt der lebendige Mittelpunkt, daß Gottes Wort lebendig ist und auch in der Gegenwart wirksam erfahren werden kann, das hatte er bei Eli nie erfahren.

Eli aber kennt das noch von früher her. Als Samuel zum dritten Mal kommt und sagt: „Du hast mich gerufen?“ da weiß Eli, daß Gott den Jungen gerufen hat. Er hat nicht geträumt, sondern es hat der zu ihm gesprochen, der so lange in Israel geschwiegen hatte. Da sagt er zu Samuel, was er tun muß, wenn er noch einmal gerufen wird.

Samuel legt sich wieder schlafen. Da kommt Gott selber heran und ruft wie vorher: „Samuel, Samuel!“ Nun aber antwortet der Junge: „Rede, denn dein Knecht hört!“ Es ist eine schlimme Botschaft, die Samuel nun hören muß: „Ich werde etwas tun“, sagt Gott, „von dem jedem beide Ohren gellen werden. Jetzt will ich mit dem beginnen, was ich Eli und seiner Familie angedroht habe. Er hat gewußt, wie seine Söhne mich verhöhnten und ist ihnen nicht entgegengetreten. Die Schuld seiner Familie kann nicht mehr gesühnt werden, durch keine Opfer! Ich werde ihn bestrafen und seine Söhne müssen sterben!“

Samuel bleibt noch still auf seinem Lager liegen, bis es Morgen ist. Dann steht er auf und öffnet die Türen zum Gotteshaus. Aber er fürchtet sich, seinem Lehrer Eli zu sagen, was er von Gott erfahren hat. Eli aber fragt ihn und läßt nicht locker: „Was ist das für ein Wort, das Gott dir gesagt hat. Gott wird dich bestrafen, wenn du mir etwas von dem verschweigst, was Gott dir gesagt hat. Ein Prophet muß alles sagen, was Gott ihm aufgetragen hat!“

Da sagt Samuel alles, was er erfahren hat. Eli trägt es mit Fassung: „Er ist der Herr, er tue, wie es ihm gefällt!“ Es ehrt den alten Eli, daß er immer noch Gott gehorsam blieb. Er redet sich nicht heraus, sondern beugt sich dem Urteilsspruch Gottes.

Mit Samuel spricht aber auch weiterhin. Samuel bleibt nicht nur Priester am Heiligtum in Silo, sondern er wird ein Prophet über das ganze Volk Israel. Gott gibt den Worten Samuels Kraft und verschafft ihm Gehör. Durch Samuel steht Gott wieder in Verbindung mit seinem Volk. Mit ihm hat er etwas Neues begonnen. Deshalb ist es nur recht, wenn zwei Bücher der Bibel nach Samuel benannt sind.

 

Gespräch:

Gott kann Unmögliches möglich machen - auch heute noch. Nur läßt Gott sich nicht vorschreiben, wie alles geschehen soll. Oft werden wir ungeduldig, obwohl Gott doch gesagt hat, daß er uns helfen will. Gott will aber, daß wir auf ihn hören, so wie der junge Samuel nachher auf ihn gehört hat.

Gott schickt uns Pfarrer, Lehrer und andere Menschen, die uns sein Wort sagen. Wir lernen im Religionsunterricht oder in der Christenlehre, darauf zu hören und in rechter Weise zu antworten. Eure Eltern haben euch zur Taufe gebracht und Gott dabei gedankt, daß sie euch haben dürfen. Sie haben ihm versprochen, euch im Glauben unterweisen zu lassen. Er will, daß alle Menschen es erfahren, wie gut er es mit ihnen meint, wie er für sie sorgt und sie immer wieder zu sich ruft.

Gott braucht aber auch Boten, die sein Wort den anderen weitersagen. Samuel mußte jedes Wort weitersagen, das er gehört hatte. Das war schwer für ihn, schon bei seinem ersten Auftrag, als er seinem Lehrer Eli die Strafe Gottes ankündigen mußte. Auch wir müssen uns eben oft nach dem Willen anderer richten (Eltern, Lehrer). Auch Gott will etwas von uns und läßt nicht zu, daß wir unsere eigenen Wege gehen oder uns vor etwas drücken. Er kennt den richtigen Weg für uns.

Samuel hat sich schon als Kind gemüht, auf Gott zu hören und ihm zu gehorchen. Wir haben es leichter mit dem, was wir weiterzusagen haben. Wir dürfen Freude bereiten, dürfen den Menschen etwas Schönes erzählen. Vielleicht will einer von euch später einmal im Kindergottesdienst mithelfen, diese gute Botschaft Gottes weiterzusagen oder das sogar zu seinem Lebensberuf machen und Religionsunterricht erteilen. Auch für uns kann es heißen: „Rede, Herr, dein Knecht hört!“

 

B. Das Schicksal der Bundeslade (1. Sam 4 - 6 ):

Zusammen mit den Israeliten war auch der Volksstamm der Philister nach Palästina gekommen (der Name „Palästina“ kommt ja von „Philister“ und wurde dem Land im Jahre 135 nach Christus durch die Römer gegeben). Sie stammten aus Europa und waren über den Balkan und Kreta in das Küstengebiet südlich von Jaffa eingewandert. Sie breiteten sich nach Osten aus und stießen dabei mit den Israeliten zusammen. Lange Zeit haben die beiden Völker um die Vorherrschaft im Lande gekämpft. In den Simsonerzählungen (Richter 13 -16) wird von diesen ersten Kämpfen berichtet. Nun kommt es zu dem Versuch, eine Entscheidung in diesem Kampf herbeizuführen. Eine wichtige Rolle spielt dabei die Bundeslade. Diese bestand aus einem Holzkasten, der an Stangen getragen werden konnte.

Oben darauf saßen geflügelte Engelwesen, die Cheruben. Man stellte sich vor, diese Lade sei der Thron Gottes. So wie andere Völker das Bild ihres Gottes vor sich herführten, so hatte Israel die Lade. Nur konnte man eben den Gott Israels nicht im Bild sehen, sondern er sollte nur unsicht­bar auf der Lade über den Cheruben thronen. Die Lade war also ein Symbol für die Gegenwart Gottes in seinem Volk.

In späteren Zeiten war die Lade nur noch der Behälter für die Gesetzestafeln. Aber im Gesetz des Mose sprach ja auch Gott selbst zu seinem Volk. So war er nun praktisch in seinem Wort gegenwärtig. Später erkannte man, daß Gott ganz unabhängig von der Lade ist. Diese verlor damit ihre Bedeutung und ist wahrscheinlich bei der Eroberung Jerusalems zerstört worden. Aber das Gesetz wurde weiterhin verlesen. Gott läßt sich eben nicht an einen Ort binden, sondern seine Gegenwart und Führung ist im ganzen Leber zu spüren. Doch zunächst hatte man eine fast heidnische Vorstellung von der Bundeslade. Israel benutzte sie als Zaubermittel und war der Meinung, daß bereits ihre Anwesenheit die Gegenwert und Hilfe Gottes garantiere. Doch sie ist nur ein äußeres Zeichen für die ständige Gegenwart Gottes. Aber Gott ist nicht an ein solches äußeres Zeichen gebunden, er liefert sich nicht der Verfügungsgewalt der Menschen aus.

Das müssen sogar die Feinde Israels verspüren. Sie wollten die Lade in ihre Gewalt kriegen. Aber diese ist auch nicht nur ein belangloser Gegenstand für den Gottesdienst, sondern in ihrer Nähe kommt man schon in den spürbaren Wirkungskreis Gottes. Die Philister sollen ihren Sieg über Israel nicht als einen Sieg über Gott verstehen. Auch wenn sie die Bundeslade in ihre Gewalt bekommen sollten, gibt Gott die Verbindung zu seinem Volk nicht auf. Gott ist der ganz Andere, der sich nicht in die Gewalt der Menschen begibt. Er führt und leitet sein Volk nach seinen Plänen. Aber auch die Heider müssen ihm dazu als Werkzeug dienen. Ihnen gegenüber ist er genauso unabhängig wie gegenüber seinem Volk.

Die Philister sammeln sich bei Aphek am Nordrand ihres Gebietes, 17 Kilometer nördlich von Jaffa. Sie können die Krieger des Stammes Ephraim in einem ersten Angriff arg schlagen. Da beschließen die Ältesten, die Bundeslade aus Silo zu holen und damit den Kampf zu einer Sache aller Stämme zu machen.

Mit Jubel wird die Lade begrüßt. Auch die Philister erschrecken zunächst, als sie von der Ankunft der Lade erfahren. Aber in einer zweiten Schlacht können sie die Israeliten entscheidend schlagen, so daß sich ihr Heer vollständig auflöst und sogar die heilige Lade in die Hände der Gegner fällt. Die beiden Söhne Elis kommen um. Als ein Bote ihm die Nachricht bringt und vom Verlust der Lade berichtet, fällt er rückwärts vom Stuhl und bricht sich den Hals und stirbt. Auch Silo wird von den Philistern zerstört.

Die Philister nehmen die Lade mit in ihr Land. Aber wo sie sie auch aufstellen, überall verbreitet sie Furcht und Schrecken. Schlimme Krankheiten brechen aus und keiner will die Lade haben. Schließlich laden die Philister die Lade auf eine Wagen, der von zwei Kühen gezogen wird. Sie packen noch kostbare Geschenke dazu und lassen die Kühe laufen. Sie ziehen geradewegs nach Beth-Schemesch. Dort sind Leute auf dem Acker, die sich natürlich freuen, als die Lade wieder da ist. Sie zerkleinern den Wagen, schlachten die Kühe und opfern ihrem Gott. Die Lade haben sie zunächst auf einem Stein abgestellt. Endgültig kommt die Bundeslade dann nach Kirjath-Jearim. Dort ist sie immer noch in der Nähe der Philister, die sie somit unter einer gewissen Bewachung halten können. Eine große Rolle hat die Lade dann zunächst nicht mehr gespielt. Erst als der Kernig David die Philister entscheidend geschlagen hatte, da machte er die Bundeslade sofort wieder zum Mittelpunkt des Gottesdienstes in Israel.

 

C. Der Beginn des Königtums: Aufstieg und Fall Sauls (l. Sam 7 - 31)

 

Samuel als Richter (1. Sam 7):

Nach dem Tode Elis und den schweren Ereignissen im Zusammenhang mit der Bundeslade herrschten die Philister 20 Jahre lang uneingeschränkt über das Volk Israel. Nun spielte Samuel die führende Rolle im Volk. Unter seinem Einfluß und auf Grund der äußeren Bedrängnis erkennt das Volk seinen falschen Weg. Sie besinnen sich wieder auf Gott und stellen den alten Gottesdienst wieder her. Sie warfen die Figuren der heidnischen Götter weg. Die Sitte, solche Götterfiguren aufzustellen, hatten sie den einheimischen Leuten abgeguckt, die alle in ihrer Stube ein Schnitzbild des Gottes ihrer Stadt oder ihres Gebiets hatten. Aber nun wurde den Israeliten wieder klar, daß sie nur einen Gott haben und nicht anderen Göttern dienen dürfen.

Da ruft Samuel das Volk zu einem Landtag in Mizpa zusammen. Sie bekennen vor Gott, daß sie falsch gehandelt haben. Samuel bittet für das schuldig gewordene Volk. Er handelt damit wie die Richter der früherer Zeit: Er gewinnt das Volk für Gott zurück und bittet für das Volk, so daß die äußere und innere Not beseitigt wird. So ist Samuel der letzte Richter, den Gott seinem Volk geschenkt hat.

Einmal im Jahr reist er zu den verschiedenen Heiligtümern des Landes, wo dann ein Fest mit einer größeren Menge des Volkes gefeiert wird. Dabei hat Samuel gepredigt und vor allem auf das erste Gebot hingewiesen: „Ich bin der Herr, dein Gott, du sollst nicht andere Götter haben neben mir!“Gott hat ein Anrecht auf sein Volk und kann Gehorsam von ihm verlangen.

In besonderen Streitfällen hat Samuel auch wie ein üblicher Richter eine Entscheidung gefällt. So sorgte Gott trotz der unglücklichen Lage für sein Volk. Wenn es auf den Boten Gottes hört, wird sich auch seine Lage bessern.

Doch zunächst einmal ziehen die Philister heran, als sie von der Versammlung in Mizpa hören. Sie sind ja immer noch die eigentliche Herren des Landes und schöpfen sofort Verdacht, als sich so viele Israeliten an einem Ort versammeln. Als sie mit einer Streitmacht heranrücken, bekommen es die Israeliten mit der Angst zu tun. Sie bitten Samuel, daß er besonders ausdauernd zu Gott fleht.

Und Gott hilft ihnen auch. Sie brauchen gar nichts selber zu tun: Gott erschreckt die Philister mit einem gewaltigen Donner und jagt sie auseinander. Israel braucht nur noch die fliehenden Philister zu verfolgen und der Sieg vollständig zu machen Zur Erinnerung an diesem Tag errichtete Samuel einen Gedenkstein und gab ihm den Namen „Eben-Ezer“; das bedeutet „Stein der Hilfe“. Samuel sagte dazu: „Bis hierher hat der Herr uns geholfen!“

Allerdings war das noch nicht die Entscheidungsschlacht mit den Philistern, sondern nur ein Gefecht in dem jahrelangen Krieg mit den Philistern. Aber immerhin kann Israel einige Städte zurückerobern und hat wieder etwas Luft, solange Samuel Richter ist. Der zieht weiter im Lan­de umher und belehrt und richtet das Volk. Seine Wohnung hat er in Rama, wo er auch einen Altar und ein Heiligtum für den Gott Israels baute.

 

Das Volk Israel will einen König (1. Sam 8):

Als Samuel alt ist, versucht er seine Söhne zu seinen Nachfolgern zu machen, er möchte sein Amt erblich machen. Aber die Söhne Samuels versagen gerade an dem Punkt, der für das Richteramt entscheidend ist: Sie lassen sich durch Bestechungsgelder dazu verleiten, das Richteramt parteiisch auszuüben. So ist das Volk auch von innen bedroht, denn das ist ja gegen Gottes Gebot. So wiederholt sich beim Richter Samuel, was schon bei Eli geschehen war. Auch Samuel weiß wohl von der Schuld seiner Söhne, aber er wehrt ihnen nicht.

Zu Elis Zeiten hatte Gott längst einer Retter ausgewählt, nämlich den Samuel. Diesmal aber läuft die Sache anders. Diesmal will das Volk nicht wieder warten, bis der Helfer Gottes in Erscheinung tritt, es hat einen anderen Vorschlag. Eines Tages kommen die Führer des Volkes, die Ältesten nach Rama zu Samuel und sagen: „Du bist alt geworden und deine Söhne wandeln nicht auf deinen Wegen. So setzte nun einen König über uns ein, wie ihn die umliegenden Völker auch haben!“ Sie meinen, einen Weg gefunden zu haben, wie sie sich selber helfen können.

Man muß aber bedenken, daß das Volk Israel durch die Fremdherrschaft der Philister in seinem Bestand gefährdet war. Durch die Erfolge der Philister wurden auch andere Völker angeregt, weitere Teile des israelitischen Gebetes unter ihre Oberherrschaft zu bringen; vor allem die Ammoniter versuchten das. All diese Völker waren militärisch überlegen und politisch straff organisiert, weil sie einen König an ihrer Spitze hatten.

Bisher war es so gewesen: Wenn der Druck auf das Volk Israel zu stark wurde, dann gab Gott einem Mann in Israel seine Kraft, damit er das Volk vor den Feinden errette. Der rief dann alle waffenfähiger Männer zusammen und befreite Israel wieder. Nach dem Kampf aber ging jeder Krieger wieder seiner Alltagsbeschäftigung nach. Auch ihr Führer, der „Richter“ genannt wurde, machte es nicht anders.

Lange Zeit hatte man sich so der Feinde erwehren können. Darin erkannte man das Wirken Gottes, der unmittelbar über sein Volk herrschte und es in Kriegsgefahr bewahrte. Gott war also der eigentliche König. Darin unterschied sich das Volk Israel von allen anderen Völkern. Die Richter hatten nur für eine begrenzte Zeit das Heer zu organisieren und zu führen, danach waren sie wieder gewöhnliche Leute.

Schon dem Richter Gideon aber hatte man den Königstitel angeboten. Aber er lehnte ab: „Der Herr soll Herrscher über uns sein!“ Aber es         kam die Stunde, wo dieser lose Zusammenhalt nach Bedarf nicht mehr genügte. In der Zeit der Richter hatte schon einmal ein Abimelech auf eigene Faust und ohne einen Auftrag von Gott versucht, König zu werden (Ri 9). Doch sein „Gangsterkönigtum“ war zwar nur von kurzer Dauer, aber man blieb von nun an mißtrauisch gegenüber ähnlichen Versuchen. Jeder, der nach dem Königsamt strebte, mußte mit Gegnern und Kritikern rechnen.

Andererseits stöhnte Israel unter der Oberherrschaft der Philister. Diese beherrschten den ganzen Westteil des Landes und hatten dort überall Besatzungsposten eingerichtet. Sie hatten die Ausübung des Schmiedehandwerks verboten, damit die Israeliten keine neue Waffen herstellen konnten. Selbst ihre Ackerbaugeräte mußten sie bei den Philistern schmieden oder schärfen lassen. So hatten die Philister eine überlegene Waffen- und Werkzeugtechnik und konnten das Volk Israel umso besser unterdrücken.

Nur am Jordan und im Land östlich davon war ihre Herrschaft nicht so umfassend. Da war es noch einmal möglich, einige Männer zu sammeln und auch Waffen herzustellen, um einen Überraschungsschlag gegen die Philister führen zu können. Aber die Entscheidungsschlacht konnte nicht geführt werden. .Dazu sollte ein starker König helfen. Aber das bedeutete natürlich ein Mangel an Vertrauen in die Hilfe Gottes.

 

Samuel sieht diese Bitte als eine böse Sache an. Aber als er sich an Gott wendet, erhält er eine merkwürdige Antwort: „Erfülle den Wunsch des Volkes und sei nicht betrübt. Nicht dich wollen sie nicht mehr haben, sondern mich wollen sie nicht mehr als König über sich haben. Sie tun sowie sie schon immer getan haben, seit ich sie aus Ägypten herausgeführt habe. Aber sie sollen dennoch ihrer König haben. Nur sollen sie auch wissen, was das heißt, einen König über sich zu haben. Gehe hin und sage ihnen die Rechte, die ein König üblicherweise gegenüber seinem Volk hat!“

Gott geht also auf den Wunsch des Volkes ein. Er erklärt nicht seinen Rücktritt, sondern er wird trotz eines Königs seinem Plan und Ziel treu bleiben. Gott bleibt der Handelnde und macht den künftigen König zu etwas ganz anderem, als es die Heidenvölker haben: Der König Israels wird zum Urbild eines künftigen Messiaskönigs werden, der einmal alle Menschen erlösen soll.

Aber Gott läßt auch das Volk warnen, damit es weiß, was es da auf sich nimmt. Es begibt sich auf einen gefährlichen Weg, Gott ganz zu vergessen und das erste Gebot nicht zu beachten. Neu wird auch sein, daß der König sich alles nehmen kann, was er haben will. Söhne und

Töchter werden dem König dienen müssen, sie werden seine Kriege führen und seine Äcker bearbeiten müssen, sie werden für ihn kochen und backen müssen. Er kann ihnen ihre Äcker und Weinberge wegnehmen und das Vieh und die Angestellten in seinen Dienst nehmen. Außerdem darf er noch Steuern nehmen.

Samuel muß dem Volk auch sagen: „Und wenn ihr euch dann über euren König beschweren wollt, dann wird Gott euch nicht hören!“ Das Volk aber sagt: „Das ist uns egal: Wir wollen einen König!“ Samuel sagt das alles noch einmal Gott wieder. Aber Gott antwortet ihm: „Mache ihnen einen König!“

 

Antwortgespräch:

Wir betrachten eine Karte Palästinas: Stämme, umliegende Völker, Jerusalem, usw.

Die Situation war also für die Israeliten schwierig genug. An sich hatten die Ältesten recht, wenn sie sich Gedanken um die Zukunft des Volkes machten sie waren ja dafür besonders verantwortlich. Unter Samuels Leitung hatten sie sich geborgen und sicher gefühlt. Aber nun war er alt, seine Söhne hatten versagt. Die heimliche Hoffnung Samuels, selber eine Herrscherfamilie zu begründen, war zerronnen. Was soll nun werden?

Samuel ist gar nicht erfreut über den Wunsch des Volkes. Ihm wird deutlich: Sie erwarten in dieser Stunde mehr von einem Menschen als von Gott. Sie wollen einen König, dessen Herrschaft erblich ist. Aber können die Söhne des Königs nicht genauso versagen wie die Söhne Elis oder Samuels? Noch bedenklicher ist die Berufung auf die anderen Völker. Sie stellen sich ihnen gleich und geben damit ihre besondere Stellung im Kreis der Völker preis. Durch den Bundesschluß mit Gott hatten sie doch eine Sonderstellung. Wird dieser Bund jetzt nicht gebrochen? Warum will man Gott nicht mehr König über das Volk sein lassen? Wo soll der Man sein, der ein Mensch nach dem Herzen Gottes ist? Jetzt wollen sie nicht mehr dem unsichtbaren Gott vertrauen und warten, bis er den Retter schickt, sondern sie wollen ein ständig greifbares Zeichen haben in Form des sichtbaren Königs.

Gott läßt ihnen die Freiheit, die sie begehren. Sie werden nun einen König haben, der im Krieg sichtbar vor ihnen herzieht. Er wird auch vielleicht die äußere Freiheit gegenüber den Nachbarvölkern herstellen und sichern können. Aber dieser Sieg wird teuer erkauft sein mit der Abhängigkeit des Volkes vom König. Doch zunächst ist der Konflikt zwischen dem alten Glauben und der neuen geschichtlichen Entwicklung ausgeglichen. Aber traurig ist doch, daß das Volk zwar die Last des Königtums tragen will, nicht aber die von Gott auferlegten Lasten. So schieben sie zwar Gott beiseite. Aber eins hat doch kein späterer König in Israel gewagt: Sie haben zwar viel von den Königen der anderen Völker übernommen, aber sie haben sich nicht als Gott verehren lassen wie diese.

 

Saul wird König in Israel (1. Sam 9, 4-10):

Das Volk hatte offenbar nicht solche Bedenken wie Samuel. Voller Freude erzählte man, wie der erste König gefunden wurde. Da war ein Mann mit Namen Saul, jung und schön einen Kopf größer als die anderen im Volk, ein Mann aus dem Holz, aus dem man Könige schnitzt. Sein Vater schickte ihn eines Tages los, um die entlaufenen Eselinnen zu suchen. Sie durchstreifen das ganze Gebiet des Stammes Benjamin, können aber nichts finden. Saul will schon umkehren, damit sich der Vater nicht um ihn Sorgen macht.

Da sagt sein Knecht: „In der Stadt ist doch ein Seher, der alles weiß, den könnten wir doch nach den Eselinnen fragen!“ Als sie in die Stadt kommen, kommt ihnen Samuel entgegen, der draußen auf einem Hügel eire Opfermahlzeit halten will. Da sagt Gott zu Samuel: „Das ist der Mann, der über mein Volk herrschen soll!“ Von einem König ist nicht die Rede. Er ist nur der von Gott ausgewählte „Fürst“. Das Entscheidende geht von Gott aus. Er bestimmt auch Samuel dazu, den neuen Mann in sein Amt einzusetzen. Dieser wird es wohl auch nicht ohne Wohlwollen mit dem jungen Mann getan haben.

Zunächst kann er Saul beruhigen, daß die Eselinnen gefunden sind. Er macht auch eine dunkle Andeutung, Saul gehöre doch alles in Israel. Der kann sich das gar nicht erklären und sagt „Ich komme doch aus dem Stamm Benjamin, einem der kleinsten Stämme in Israel. Und meine Familie ist eine der geringsten in meinem Stamm!“ Er kann das nicht verstehen. Aber Samuel weiß schon mehr. Er behandelt Saul als den, der von Gott auserwählt ist.

Samuel lädt Saul und seinen Knecht zu der Opfermahlzeit ein. Er hat schon Ehrenplätze reservieren lassen und auch ein besonders gutes Stück Fleisch zurücklegen lassen. Dann essen sie zusammen und Saul übernachtet im Gästezimmer bei Samuel. Am Morgen leitet er ihn wie einen Ehrengast bis zur Grenze der Stadt.

Doch dort schickt Samuel den Knecht etwas voraus. Saul soll stehen bleiben. Samuel nimmt einen Krug mit Öl und gießt ihn Saul über das Haupt und küßt ihn und sagt: „Der Herr hat dich zum Fürsten über sein Volk gesalbt!“

Eine solche Salbung war eine Weihe durch Gott, die das ganze Leben über bestehenblieb. Hier soll einer zum Herrscher eingesetzt werden, der nicht durch die Erbfolge sein Amt antritt, sondern neu berufen wird. Gott hat also doch noch gewollt, daß es einen König geben soll.

Samuel teilt Saul auch noch einige Zeichen mit, an derer er erkennen soll, daß Samuel recht gesprochen hat und Gottes Absichten verkündet: Er wird die Eselinnen wieder finden, drei Männer werden ihm Geschenke überreichen, eine Schar von Propheten wird ihm begegnen und auch Saul zum prophetischen Reden mitreißen, weil er ja nun auch den Geist Gottes in sich trägt.

Samuel sagt noch: „Gott ist mit dir!“ Und als Saul sich von Samuel entfernt, da gibt ihm Gott ein anderes Herz, er wird von Gott recht auf sein neues Amt vorbereitet. Aber zunächst muß er noch warten. Als er nach Hause kommt, erzählt er auch nichts von der Salbung. Er sagt nur: „Der Seher Samuel hat uns gesagt, wo die Eselinnen zu finden sind!“ Bei Saul fängt alles so an wie bei den Richtern, er wird von Gott berufen und beauftragt und muß auf seine Stunde warten. Erst durch den Willen des Volkes wird er zum „König“, zum weltlichen Herrscher.

Der Name „König“ taucht nämlich wieder auf, als Samuel das Volk in Mizpa zusammenkommenläßt, um einen König zu bestimmen. Sie wählen ihn nicht, sondern Samuel wirft das Los. Dadurch soll Gott zeigen können, wen er sich zum König auserwählt hat. Zuerst wird der Stamm Benjamin ausgelost, dann die Familie Sauls, schließlich Saul selber. So wird öffentlich bestätigt, was vorher schon heimlich geschehen ist: die Salbung Sauls zum König durch Samuel.

Doch da erst merken sie, daß Saul ja gar nicht in der Nähe ist. Sie müssen ihn erst im Lager suchen. Schließlich finden sie ihn bei den Gepäckwagen. Dort hatte er sich vor lauter Bescheidenheit hin zurückgezogen. Nun aber wird er dem versammelten Volk vorgestellt. Er macht einen überwältigenden Eindruck: Jeder Zoll ein König! Samuel sagt: „Da seht ihr, wen der Herr erwählt hat!“ Da jubelt das Volk und ruft: „Es lebe der König!“

Damit ist Saul auch der König des Volkes geworden. Der von Gott ausgewählte und schon gesalbte König wird nun auch öffentlich vom Volk gewählt. Dann zieht Saul mit einigen Männern, die ihm anhängen, nach Gibea.

Aber es sind auch einige Zweifler da, die sagen: „Was soll der uns helfen?“ Die Kritik an der Neueinrichtung des Königtums wird gleich zu Anfang schon laut. Jene Zweifler sind ja nicht gegen Saul aus persönlichen Gründen, sondern aus Glaubensgründen. Aber Saul tut so, als habe er diese Stimmen nicht gehört.

In Gibea beginnt Saul, seine Burg zu bauen und ein ständiges Heer aufzustellen. Sicher hatte er keinen ausgesprochen Königshof (wenn auch immerhin zwei Frauen), sondern im Grunde war er nicht mehr als ein wohlhabender Bauer mit einer Burg als Amtssitz. Aber wieder muß er warten, bis er sein Amt nichtig übernehmen kann.

 

Sauls Sieg über die Ammoniter (1. Sam 11):

Immer noch stehen die Israeliten unter der Oberherrschaft der Philister. Sie haben keine Waffen und sind machtlos. Das verlockt die Nachbarvölker, einzelne Gebiete des Volkes Israel an sich zu reißen. Die Ammoniter versuchen das, indem sie die Stadt Jabesch angreifen. Die Bewohner der Stadt wissen, daß ihre Lage aussichtslos ist. Deshalb bitten sie um die Gewährung eines Bundes, bei dem sie sich aber in ein Abhängigkeitsverhältnis zu dem Stärkeren begeben. Die Ammoniter aber fordern bedingungslose Unterwerfung. Damit aber würde ganz Israel gedemütigt, das doch in besonderer Weise das Volk Gottes ist.

 

Die Einwohner von Jabesch bitten um sieben Tage Zeit, damit sie Boten in das ganze Gebiet der Stämme Israels schicken können, um Hilfe zu holen. Großzügig wird ihnen diese Bitte gewährt, denn der Ammoniterfürst ist sicher, daß keine Hilfe kommen wird.

Als die Boten nach Gibea kommen und die Nachricht bekanntgeben, fängt das ganze Volk zu klagen an. Als Saul vom Feld heimkommt und das Klagen und seine Ursache hört, da kommt der Geist Gottes über ihn und er wird zornig: Er tötet ein Paar Rinder, zerstückt sie und schickt die Stücke in das ganze Gebiet Israels und läßt sagen: „Wer nicht mit Saul und Samuel auszieht, mit dessen Rindern soll man ebenso tun!“

Saul wird nicht getrieben von seiner menschlichen Leidenschaft oder vor der Erbitterung über die Not seines Volkes, sondern vom Geist Gottes. Es geschieht ihm so ähnlich wie den Richtern, die von Gott berufen wurden. Auch das Volk folgt nicht einer nationalen Begeisterung, sondern der Schrecken Gottes fällt über sie her und macht aus ihnen mutige Leute. Sie ziehen nach Jabesch und können mit vereinter Kraft die Ammoniter schlagen.

Der Sieg wird im Heiligtum in Gilgal gefeiert. Sie wollen Gott danken, weil er sein Volk aus der Not befreit hat. Sie bestätigen noch einmal, daß Saul ihr König ist. Weil allen Stämmen eine dauernde Gefahr droht, soll auch auf Dauer der König über alle herrschen. Dadurch ist Saul etwas anderes als ein Richter. Zunächst rettet Gott nicht anders als durch einen Richter auch.

Aber die Versuchung ist größer geworden, das Königtum als eine eigene Größe zu sehen und gegen Gott geltend zu machen. Dennoch bleibt Gott hier der Handelnde. Das Volk kann nur nachvollziehen, was Gott bereits eingeleitet und vorgezeichnet hat. Gott nutzt das Königtum für die Durchführung seines Willens mit Israel. Aber die Frage bleibt, ob das Königtum in Israel ähnliche Wege gehen wird wie die Könige der umliegenden Völker. Die Frage ist noch lange nicht beantwortet: „Wo ist denn der König in Israel?“ Saul ist zwar da. Aber bleibt nicht doch Gott der wahre König?

 

Krieg gegen die Philister (1. Sam 13 - 15):

Die Philister waren immer noch an Zahl und Bewaffnung überlegen. Aber es war doch nicht alles beim alten geblieben. Die Lähmung des Volkes Israel war geschwunden und der Mut gewachsen. Zunächst einmal bildete Saul ein ständiges Heer von 3.000 Mann, mit dem er immerhin einzelne Philisterposten überfallen konnte. Bei den Kriegsvorbereitungen war es offenbar so schnell vorangegangen, daß Sauls Sohn Jonathan mit tausend Mann erfolgreich der Philisterposten in Gibea überfallen konnte.

Damit war der Kampf eröffnet. Die Philister sammelten nun schnell alle im Westjordanland verfügbarer Kräfte. Doch wiederum gelingt Saul und vor allem Jonathan ein überraschender Überfall, der den zunächst sehr ängstlichen Israeliten neuen Mut gibt. Schließlich gelingt es ihnen, alle Philisterposten aus ihrem Bereich zu vertreiben. Aber ein endgültiger Sieg über die Philister war das noch lange nicht. Saul konnte zwar die umliegenden Völker niederhalten, aber nur das zentrale Hochland war fest in seiner Hand.

Wahrscheinlich hatte Saul auch gehofft, der Anfänger einer langen Reihe von Königen sein zu können. Er hatte drei Söhne und zwei Töchter. Aber keiner sollte sein Nachfolger sein. Das hatte Gott schon beschlossen, als Saul vor dem ersten Kampf gegen die Philister nicht warten konnte, bis Samuel ins Lager kam. Aus Angst vor den Philistern hatte Saul selber schon mit dem Opfer begonnen, ohne auf den Priester Samuel zu warten. Da hatte ihm Samuel gesagt: „Du hast töricht gehandelt und nicht gehalten das Gebot des Herrn. Nun wird dein Königtum nicht bestehen.

Der Herr hat sich einen Mann gesucht nach seinem Herzen und zum Fürsten über sein Volk bestellt!“ Das wird vollends deutlich beim Kampf gegen die Amalekiter. Diese waren ein Beduinenstamm im Süden Israels. Sie waren sozusagen der Erbfeind Israels, denn sie hatten schon beim Auszug aus Ägypten den Israeliten den Weg verlegen wollen. Deshalb geht es nun nicht um einen üblichen politischen Krieg, sondern um einen „heiligen Krieg“. Dabei handelt es sich um einen Krieg zwischen Gott und den Amalekiter, und Saul erhält ausdrücklich von Gott den Befehl, diesen Krieg zu führen.

Deshalb muß alles auch bedingungslos nach den Weisungen Gottes gehen. Alle Beute ist ohne Ausnahme Gott zu übergeben, denn es ist ja seine Beute, d.h. es wird getötet und damit dem Gericht Gottes ausgeliefert.

Saul sammelt sein Heer und fordert die Keniter auf, das Gebiet der Amalekiter zu verlassen. Die Keniter sind ein Volksstamm, der immer in guter Freundschaft mit der Israeliten gelebt hat; deshalb werden sie verschont. Der Kampf ist bald entschieden. Der König der Amalekiter fällt lebend in die Hand Sauls. Aber Saul läßt ihn am Leben, tötet nur die anderen Krieger und das Vieh, das sowieso nichts taugt.

Ob er damit seinen Großmut zeigen wollte? Ob er sich damit die Gunst seines Volkes sichern wollte? Wollte er so sein wie die Nachbarkönige? Warum hat er nicht den Amalekitern gegenüber die ganze Macht Gottes erwiesen? Wollte er sich vielleicht selbst bereichern und dadurch Gottes Ehre schmälern, dem er doch der Sieg verdankte?

Gott er zeigt, daß e r der Herr ist. Er hat die Macht, Menschen zu seinen Werkzeugen einzusetzen und auch wieder abzusetzen. Nun reut es ihn, daß er Saul zum König gemacht hat. Als Samuel das hört, wird es ihm brennend heiß ums Herz, er wird sogar zornig. Er ist nicht damit einverstanden, daß Saul nicht der rechte Mann sein soll, er kann diese Wendung bei Gott nicht begreifen. Aber am nächsten Morgen macht er sich doch auf zu Saul, der schon dabei ist, seinen Sieg auszukosten: Schon hat er auf dem Berge Karmel sein Siegeszeichen aufgerichtet. Nun will er in das Heiligtum nach Gilgal, um dort die Dankesfeier zu halten und das Beutevieh als Opfer darzubringen.

Als Samuel zu ihm kommt, sagt Saul: „Gesegnet seist du, ich habe das Wort des Herrn erfüllt!“ Er will sich also rechtfertigen, bevor er gefragt wurde. Samuel fragt nur kurz: „Und was ist das für ein Blöken von Schafen und Brüllen von Rindern, das ich höre?“ Doch Saul weiß zu erwidern: „Die hat man von den Amalekitern hergebracht. Das Volk hat sie verschont, um sie unserem Gott zu opfern. An den anderen wurde der Bann vollstreckt!“ Will er die Schuld auf das Volk abschieben? Oder hat er sich nicht gegen das Volk durchsetzen können? Auf jeden Fall war Saul ungehorsam gegenüber Gottes Befehl. Das ist das Schlimmste, was man einem König in Israel vorwerfen kann. Zwischen dem „Bann“ und dem „Opfer“ bestand schon ein Unterschied. Beim Bann wurde alles restlos vernichtet, beim Opfer aber konnte sich der Mensch an der Opfermahlzeit beteiligen und mußte nur bestimmte Stücke des Tieres verbrennen. Saul tut so, als würde sich Gott doch auch über das Opfer freuen.

Aber Samuel läßt sich auf gar keine Diskussion ein. Er sagt: „Meinst du, daß Gott mehr an solchen Opfern Gefallen hat als am Gehorsam des Menschen? Gehorsam ist besser als Opfer und Zuhören besser als das Fett der Tiere! Urgehorsam und Eigenwille sind genauso schlimm wie Zauberei und Götzendienst!“

Das Opfer hat also keinen Wert in sich, sondern nur, weil der Opfernde sich damit zu Gott als seinem Herrn bekehrt. Saul aber hat Gottes Befehl nur teilweise ausgeführt. Er hat eigenmächtig gehandelt und sich damit selbst an Gottes Stelle gesetzt. Es kommt aber nicht auf menschliche Überlegungen an, auch wenn sie noch so fromm sind, sondern auf den bedingungslosen Gehorsam gegenüber dem Befehl Gottes.

Samuel sagt: „Weil du das Wort des Herrn verworfen hast, wirst du selber verworfen werden. Weil du nicht auf Gottes Wort geachtet hast, wird er nicht mehr auf dich achten. Du kannst nicht mehr König sein in Israel!“

Saul wird von diesen Worten wirklich getroffen. Er erkennt seine Schuld an, aber er gibt auch immer noch dem Volk einer Teil der Schuld. Dabei war er doch der Verantwortliche und hätte alles verhindern können. Bei Gott spielt es keine Rolle, ob der König selber ungehorsam ist oder den Ungehorsam zuläßt.

Doch was geschehen ist, kann nicht wieder rückgängig gemacht werden. Samuel sagt zu ihm: „Ich will dir nicht helfen, noch einmal umzukehren. Der Herr hat dich verworfen, du kannst nicht mehr König sein!“ Damit will er gehen. Aber Saul hält ihn am Zipfel seines Rockes fest Doch Samuel geht davon, so daß der Zipfel abreißt. Da sagt Samuel: „Der Herr hat heute das Königtum von dir gerissen und einem anderen gegeben, der besser ist als du!“

Da verlegt sich Saul aufs Bitten. Vor allem möchte er, daß sein Ansehen vor dem Volk gewahrt wird. Deshalb sagt er: „Gehe doch mit mir gemeinsam zum Gebet und ehre mich so vor den Ältesten und vor dem Volk!“

Da geht Samuel doch mit. Aber nun holt er das nach, was Saul versäumt hat: Er haut den König der Amalekiter in Stücke, weil der mit seinen Soldaten ja auch Menschen umgebracht hat.

Danach geht Samuel nach Rama und Saul mit seinen Leuten nach Gibea. Die beiden Männer, die doch eigentlich zusammengehört hätten, bleiben von nun an getrennt und haben sich nicht wiedergesehen. Samuel trauert um Saul, er hat Mitleid mit ihm, aber er bleibt Gott gegenüber gehorsam und nimmt keine Verbindung zu dem verworfenen Saul mehr auf.

 

Antwortgespräch:

Hier wird mit harter Eindringlichkeit gezeigt, daß Gott der Herr ist. Er sucht sich die Werkzeuge aus, durch die er handelt. Der Mensch kann sich noch frei entscheiden. Aber wenn einer nicht hört, wird er unbrauchbar und weggelegt. Wenn einer nicht so handelt, daß dabei das Herrsein Gottes deutlich wird, dann sucht er sich ein anderes Werkzeug. So baut Gott noch das Versagen der Menschen in seine Pläne ein. Saul bleibt noch weiter der Gesalbte des Herrn und auch der König Israels, aber er ist nicht mehr der Mann nach Gottes Herzen.

Viel später kam das Volk in Babylon in die Gefangenschaft. Die Israeliten überlegten, wie das alles hatte kommen können. Sie klagen über den Irrweg voller Schuld, den ihre Vorfahren gegangen sind, der aber auch ihre Schuld war. Sie haben sich alle lieber an die sichtbare Macht als an Gottes unsichtbares Wort gehalten.

Nun fragen sie: „Wann hat das denn alles angefangen?“ Die Antwort war: „Schon die Anfänge des Königtums zeigen, wohin das alles führen wird. An sich gab es das schon, solange Israel existiert, seit dem Auszug aus Ägypten. Aber ein besonders schwerwiegender Schritt war die Einführung des Königtums. Damals ist Israel so geworden wie alle Völker!“

Teilweise wird allerdings auch das Neue am Königtum als Geschenk Gottes verstanden und die Anpassung an die neue Situation bejaht. Der Verfasser der Erzählungen betrachtet Saul mit einem gewissen Wohlwollen, auch wenn er das tragische Ende nicht verschweigen kann. Aber letztlich ist Saul doch nicht das Werkzeug Gottes, sondern mehr wie die Könige der anderer Völker auch. Deshalb überwiegen die Warnungen vor dem Königtum.

 

 

Und es wird deutlich gemacht: König im Gottesvolk kann nur sein, wen Gott ganz König sein läßt. Aber schon der erste König kann vor diesem Maßstab nicht bestehen, weil er ungehorsam ist. Obwohl er von Gott eingesetzt war, konnte er sein Amt nicht behalten und keine Königsreihe (Dynastie) begründen.

So bleibt die Frage offen: „Wer ist der König, der Gottes Volk recht regiert?“ Diese Frage zieht sich nur durch die ganze Geschichte der Könige Israels. Bei Sauls Nachfolger wird sie in besonderer Weise gestellt, aber auch noch nicht beantwortet. Aber in der Gefangenschaft in Babylon wurde deutlich, daß im Grunde kein Mensch dieses Bild eines vollkommenen Königs erfüllen kann.

Nun kam die Hoffnung auf einen vollkommenen König zum Vorschein, die Hoffnung auf den Messias, der sein Volk nach dem Willen Gottes regieren würde. An das alte Königtum wurde die Verheißung geknüpft, daß einmal der wahre König kommen würde. Die Könige Israels haben nur eine Linie eröffnet, haben das Königtum an einen Nachfolger weitergegeben; aber am Ende dieser Linie steht der einzig ganz Gehorsame, steht Jesus Christus. Er ist die Antwort auf die Frage nach dem wahren König für alle Menschen. Aber auch das durch ihn aufgerichtete Gottesreich wartet noch auf seine Vollendung.

 

 

 

D. Der Aufstieg Davids - Der Abstieg Sauls            (1. Sam 16 - 31)

 

David wird zum König gesalbt (Kapitel 16):

Wenn man ein gebrauchtes Auto kaufen will, dann muß man vorher alles genau prüfen. Sieht man nur auf die Farbe und prüft man nur die Bequemlichkeit der Sitze? Oder läßt man vom Fachmann erst Motor und Getriebe, Lenkung und Bremsen prüfen? Als Laie sieht man mehr auf das Äußere, der Fachmann aber sieht das Innere an. Aber so ähnlich ergeht es uns doch meist auch bei der Beurteilung eines Menschen. Wir lassen uns von unwichtigen Äußerlichkeiten beeindrucken. Gott aber legt einen anderen Maßstab an.

Das wird deutlich, als Gott sich einen neuen König für Israel aussucht. Der Prophet Samuel trauert immer noch um Saul, den Gott doch schon längst nicht mehr haben will. Er kann sich das Bild dieses prächtigen Königs nicht aus dem Herzen reißen und will Gottes Entscheidung noch nicht zustimmen. Als Mensch trauert er um Saul. Aber Gott gibt ihm den Auftrag, das Gericht über Saul auszusprechen; da kann er sich nicht länger sträuben.

Gott sagt zu Samuel: „Wie lange tut dir Saul noch leid, den ich verworfen habe? Fülle dein Horn mit Salböl und gehe nach Bethlehem zu dem Bauern Isai, den man auch „Jesse“ nennt; unter seinen Söhnen habe ich einen zum König ausgewählt!“ Gott überwindet die Trauer Samuels, indem er ihm einen neuen Auftrag gibt: Er soll einen neuen Mann zum König salben. Gott läßt also seinem Volk das Königtum, aber es geht an einen anderen über. Allerdings wird auch Saul noch eine Zeitlang in seinem Amt bleiben, aber das Urteil ist im geheimen schon gesprochen, Gott hat sich schon ein neues Werkzeug ausgewählt.

Samuel erschrickt über den Auftrag: „Wie karr ich da hingehen? Saul wird es erfahren und mich töten. Er wird nicht dulden, daß noch zu seinen Lebzeiten ein neuer König gesalbt wird!“ Samuel weiß genau, daß er auf dem Weg nach Bethlehem in Gibea vorbei muß, wo Saul seinen Königshof hat. Wenn er nun mit dem Salbhorn kommt, wird sich der König schon denken können, was Samuel vorhat.

 

Aber Gott geht auf diese Einwände Samuels nicht ein. Er gibt ihm nur einen neuen Auftrag, den er ausführen muß, ohne sich Gedanken über den weiteren Fortgang zu machen. Durch seine neue Aufgabe wird Samuel aber auch unverdächtig nach Bethlehem kommen können. Gott sagt: „Nimm eine junge Kuh mit dir und bringe sie in Bethlehem als Opfer. Lade dazu den Isai und seine Söhne ein. Dann will ich dich wissen lassen, wer der Erwählte ist!“

Als Samuel nach Bethlehem kommt, sind die Ältesten dort entsetzt. Sie denken: „Wenn der Prophet kommt, bedeutet das nichts Gutes, meist hat er nur Unheil anzukündigen. Vielleicht wissen sie etwas von dem Zerwürfnis zwischen Saul und Samuel und fürchten Sauls Rache. Daß Samuel aus ihrer Mitte den neuen König bestellen könnte, kommt ihnen nicht in den Sinn.

Samuel aber sagt zu den Ältesten: „Mein Kommen bedeutet Heil für euch. Ich bin gekommen, um dem Herrn zu opfern. Bereitet euch deshalb entsprechend darauf vor!“ Den Isai und seine Söhne lädt er besonders ein, damit sie auch ja kommen.

Als sie nun kommen, sieht Samuel den Eliab an und denkt bei sich: „Das könnte der Gesalbte des Herrn sein!“ Er ist groß und stattlich wie Saul. Aber Gott sagt zu Samuel: „Der ist nicht der Richtige!“ Gott geht nicht nach der Gestalt und Veranlagung, nach Ausbildung und Verhalten. Er sagt zu Samuel: „Ich sehe nicht auf das, worauf ein Mensch sieht. Der Mensch sieht mit den Augen, Gott aber sieht mit dem Herzen!“ Es geht gar nicht einmal um die innere Beschaffenheit des in Frage kommenden Menschen. Gott sucht sich aus, was er und wen er braucht. Es geht nur darum, wen Gott für geeignet hält.

Nun ruft Isai nacheinander alle seine Söhne und läßt sie an Samuel vorübergehen. Er merkt: Samuel hat mit einem seiner Söhne etwas Besonderes vor. Aber immer sagt Gott: „Den habe ich nicht erwählt!“ Auch Samuel wird dadurch auf eine harte Probe gestellt, denn sein Weg scheint doch umsonst gewesen zu sein, wenn keiner der Söhne Isais der Richtige ist. Sieben Söhne hat er nun schon gesehen, aber immer muß er mit dem Kopf schütteln: „Der ist es nicht!“

Schließlich fragt er: „Sind das alle deine Söhne?“ Isai antwortet: „Es ist noch einer da, der jüngste. Der darf noch nicht am Gotte dienst teilnehmen, weil er noch zu klein ist. Er ist draußen auf den Wiesen und hütet die Schafe!“ Da sagt ihm Samuel: „Laß ihn holen. Denn wir können den Gottesdienst nicht eher beginnen, bis er da ist!“ So wird auch David, der jüngste Sohn, geholt.

Als er kommt, sagt Gott zu Samuel: „Auf, salbe ihn, denn der ist es!“ David ist ein hübscher Junge, bräunlich, mit schönen Augen und von guter Gestalt. Aber nicht deshalb hält Samuel ihn für den Richtigen, sondern weil Gott ihn dazu auserwählt hat.

Da nimmt Samuel sein Ölhorn und salbt David mitten unter seinen Brüdern. Er gießt etwas Öl auf Davids Kopf und macht somit deutlich: Mit diesem hat Gott noch etwas Besonderes vor. Der Geist Gottes wird mit ihm sei, von jetzt ab und auch weiterhin. Ein unbedeutender Hirtenbube wird einmal König über Israel sein. Aber das ist oft so, daß Gott einen zu seinem Werkzeug auserwählt, der in den Augen der Menschen nur gering und ungeeignet ist. Aber von nun an wird er der Erwählte Gottes bleiben, auch wenn er manches im Leben falsch machen wird. Es liegt nicht am Menschen, sondern an Gott und dem, was er will. Darauf kommt es an.

Doch dann geht alles sehr schnell. Samuel sagt nichts weiter. Das Opfer wird er noch gehalten haben. Dann geht er zurück nach Rama. David aber geht zurück zu seiner Herde. In Bethlehem sieht man in David auch weiterhin nur den Hirten. Niemand meint, aus dem kleinen Bethlehem könnte einmal etwas Entscheidendes kommen. Sauls ist für die Leute weiterhin der König. Aber Gott hat schon eingegriffen und den ausgewählt, aus dessen Familie einmal der Messias hervorgehen wird.

Der Geist des Herrn verläßt nun den König Saul und ein böser Geist kommt über ihn. Er ist mürrisch und wird vor Ängsten geplagt. Seine Ratgeber überlegen sich, was wohl zu machen sei. Schließlich will man die Musik als Heilmittel anwenden. Einem fällt ein, daß doch ein Sohn Isais so gut auf der Leier spielen kann, einem kleinen Tasteninstrument. Er ist außerdem tapfer und tüchtig zum Kampf, verständig in seinen Reden und schön gestaltet; und der Herr ist mit ihm. So wird David geholt. Saul will ja ein Heer aufbauen und kann einen tapferen Krieger auch gut gebrauchen. David gewinnt auch bald das Herz des Königs, sie verstehen sich menschlich zunächst ganz gut. Daß sie nachher in Gegensatz zueinander geraten, ist schicksalhaft von Gott so bestimmt. Aber zunächst macht Saul ihn zu seinem Waffenträger und bittet den Vater, daß der Sohn für ständig am Königshof bleiben darf. Isai erlaubt es auch. Und immer wenn die bösen Gedanken über Saul kommen, dann spielt David auf seiner Leier und es wird besser mit dem König.

David ist für längere Zeit nur der heimliche König Israels. Zunächst muß er dienen, erst seinem Vater und dann dem gegenwärtigen König. Aber Saul ist vor Gott nicht mehr länger König, seine Lebenslinie, die steil angestiegen war, senkt sich wieder, auch wenn ihn das Volk immer noch für den König hält.

Antwortgespräch:

So geht es mit uns doch auch, die wir von Gott getauft worden sind. Äußerlich sieht man uns nichts an, wir unterscheiden uns nicht von ungetauften Menschen. Und dennoch ist mit der Taufe etwas Entscheidendes geschehen. Gott sieht uns ganz anders an, weil er mit dem Herzen sieht: Er sieht uns als seine Kinder an! Einmal wird das auch allen anderen deutlich werden.

 

David kämpft gegen Goliath (1. Sam 17):

David wird bald Gelegenheit bekommen, zum ersten Mal als König zu handeln und sich als Retter seines Volkes zu erweisen. Die Philister wollen nämlich den Israeliten wieder einmal klar machen, wer die eigentlichen Herren im Lande sind. Sie waren tief in das Kernland der israelitischen Stämme vorgedrungen, selbstbewußte Krieger, hochgerüstet und weit überlegen, denn sie kannten das Geheimnis eines neuen, harten Werkstoffs, des Eisens, aus dem sie ihre Waffen schmiedeten. Dagegen sah Sauls Truppe erbärmlich aus: ein zusammengewürfelter Haufen von Schafhirten und Ziegenhirten, Olivenbauern und Weinbauern, ein paar Handwerkern und Händlern. Eine Miliz, im Kriegshandwerk wenig geübt. Ihre Bewaffnung setzte sich aus dem zusammen, was seit alters in den Hütten hing n Bronzeschwerter, Speere, Dolche und Schleudern, ein paar Jagdbogen. Amateure standen gegen Professionelle.

Hinter einem Berge, genau in der Mitte des Landes, haben sie ihre vielen Zelte aufgeschlagen. Hinter dem gegenüberliegenden Berg, im Eichengrund, haben sich Saul und seine Männer gelagert. Immerhin taugte die Stellung des Königs gut zur Verteidigung. Saul hatte seine Leute auf dem Kamm eines Bergs postiert. Den gegenüberliegenden Hang besetzten die Scharen des Gegners. Keiner wollte ins Tal dazwischen vorrücken, denn der Angreifer hätte sich um seinen Vorteil gebracht. Eine Pattsituation.

Zunächst kommt es noch nicht zu Kampfhandlungen. Jeden Morgen rücken die Heere aus, aber es kommt nicht zum Kampf. Die Heere stehen sich nur in der Ebene zwischen den beiden Bergen gegenüber. Jeden Morgen aber tritt einer aus den Reihen der Philister hervor und fordert einen Israeliten zum Kampf heraus. Er möchte einer Gegner haben, mit dem er kämpfen kann, um die Schlacht zu eröffnen.

Es ist der Goliath aus der Stadt Gath. Er soll etwas über drei Meter hoch gewesen sein, also ein richtiger Riese.

Er hatte alles an Bewaffnung, wovon die Israeliten nur träumen konnten: Helm und Panzer, Beinschienen und Schild, Lanze und Schwert, alles aus dem kostbaren Eisen gearbeitet! Über der Schulter trägt er einer großen Wurfspieß aus Holz mit einer eisernen Spitze. Diese Spitze ist besonders gefährlich, denn die Israeliten können und dürfen kein Eisen verwenden, sondern nur das nicht so feste Bronze-Erz. Vor dem Kämpfer geht dann noch ein Schildträger, der den Schutzschild vor ihm herträgt.

Jeden Morgen stellt er sich hin und ruft dem Heer Israels zu: „Erwählt einen unter euch, der mit 'mir kämpft .Erschlägt er mich, so wollen wir eure Knechte sein. Kann ich aber über ihn siegen, so sollt ihr unsere Knechte sein. Wo ist denn einer unter euch, ihr Feiglinge, der es mit mir aufnimmt? Ich kann nur lachen über euch, denn es ist ja keiner da!“

Damit aber hat er nicht nur das Heer Israels angegriffen und verhöhnt, sondern den Gott dieses Heeres verspottet. Wer Israel antastet, der tastet Gott an. Goliath tut so, als habe Israel keinen Gott, als sei es niemals durch einen Bundesschluß das Eigentum Gottes geworden. Doch solche Reden können nicht ungestraft weitergehen. Wer wird diesem Mann wohl entgegentreten können, um ihn zu strafen für seine frechen Reden?

Doch alle denken: Es ist zwecklos, dieser furchterregenden Gestalt entgegenzutreten. An sich wäre Saul der Mann gewesen, der es hätte tun müssen. Nun würde sich erweisen können, wer der rechte König Israels ist. Für solche Augenblicke der Not hatte man doch einen König haben wollen. Aber offenbar ist Saul nicht der Erwählte, denn er hat Angst, den Kampf aufzunehmen. So bleibt auf der Seite Israels alles still, niemand tritt vor, um dem Riesen das Maul zu stopfen.

In diesem Augenblick kommt David in das Lager Israels. Er ist noch zu jung für den Kriegs­dienst. Er kann die Schafe seines Vaters hüten und gelegentlich vor Saul auf der Leier spielen. Aber für den Kampf der Männer kommt er noch nicht in Frage. Er kommt auch nur zufällig ins Lager, um seinen Brüdern frisches Brot und Käse zu bringen.

David kommt gerade in dem Augenblick, als sich die Heere wieder aufstellen. Er kann nicht zu seiner Brüdern, sondern geht mit den Kriegern nach vorne. So erlebt er auch, wie Goliath aus den Reihen der Philister hervortritt und das Volk Israel wieder herausfordert. Erst haben die Israeliten laut das Kriegsgeschrei angestimmt, aber als sie den Riesen sehen, wenden sie sich zur Flucht.

David aber fragt die Männer: „Wer ist dieser Heide, der das Heer des lebendigen Gottes verhöhnt?“ Sie antworten: „Das ist der Goliath. Wir haben alle Angst vor ihm, auch der König. Er hat versprochen, den reich zu belohnen und ihm seine Tochter zur Frau zu geben, der den Riesen erschlägt!“

David ist keineswegs der nichtsahnende kleine Junge. Er läßt sich nicht von der Bewaffnung des Philisters beeindrucken, sondern er ist erschrocken darüber, daß er so ungestraft den Gott Israels verspotten und lästern darf. Von dem Lohn, den Saul ausgesetzt hat, hält er nichts. Hier geht es nicht um menschliche Tapferkeit, sondern hier geht es um die Auseinandersetzung zwischen Gott und den Heiden. Das will er den Männern sagen, indem er im Heer herumgeht und mit den Männern spricht. Sein ältester Bruder will ihn deswegen zurechtweisen: „Weshalb bist du hierher gekommen und hast die Schafe allein gelassen? Du bist nur neugierig und willst dem Kampf zu sehen!“

Auch Saul erfährt von David und läßt ihn holen. Auch hier sagt David wieder: „Der Heide darf Israels Gott nicht weiter verspotten, es muß etwas geschehen, so geht das nicht weiter!“

 

David sagt auch unverhüllt, daß er gegen den Philister kämpfen will: „Wegen dieses Mannes lasse keiner den Mut sinken. Ich will hingehen und mit ihm kämpfen!“ Saul aber widerspricht ihm: „Du kannst nicht mit ihm kämpfen. Du bist noch zu jung, er aber ist ein geübter Krieger von Jugend an!“ Auch für David wird der Kampf schwer sein. Aber er hat bereits Erfahrungen mit Gott gemacht. Bei alltäglichen Gelegenheiten hat Gott ihm geholfen. Nun kann er mit diesem Gott auch das    Größere und Schwerere wagen.

David sagt zu Saul: „Ich habe schon mit Löwen und Bären gekämpft, die ein Schaf aus der Herde holen wollten. Wenn einer auf mich losging, habe ich ihn am Bart ergriffen und erschlagen. Und diesem heidnischen Philister soll es ebenso ergehen, denn er hat das Heer des lebendigen Gottes verhöhnt. Der Herr, der mich vor dem Löwen und Bären errettet hat, der wird mich auch erretten von diesem Philister!“

David will damit nicht prahlen, sondern er weist darauf hin, daß Gott schon seine Sache selber führen wird. Seinen Sieg über die wilden Tiere schreibt er Gott zu. Nun zieht er auch im Vertrauen auf diesen gnädigen Gott in den schweren Kampf. Jetzt hat er für eine andere Herde einzutreten und ihr guter Hirte zu sein, als ein Werkzeug Gottes.

Saul merkt auch, daß hier nicht ein Halbstarker den Mund zu voll nimmt, sondern daß Gott einen Retter gesandt hat. So gibt er schließlich seine Zustimmung und spricht David den Segen Gottes zu: „Gehe hin, der Herr sei mit dir!“ Aber er will ihm wenigstens auch seine Rüstung und sein Schwert geben. Doch das ist alles zu groß und zu schwer für David. Das sind nicht die richtigen Waffen für ihn. Er kann dem Philister nicht mit den gleichen Waffen entgegentreten.

Zu Saul sagt er: „Ich kann damit nicht gehen, ich bin es nicht gewohnt!“ Er zieht die Rüstung Sauls wieder aus. Dann nimmt er wieder seinen Hirtenstab, sucht fünf glatte Steine aus dem Bach und tut sie in seine Hirtentasche, und seine Steinschleuder nimmt er in die Hand. So geht er dem Riesen entgegen. Er hat eine andere Rüstung als Saul. Dessen Rüstung war zu groß, er wird erst in sie hineinwachsen müssen. Er ist noch nicht der König Israels. Er kann sich auch nicht auf äußere Macht und Gewalt stützen, sondern nur auf Gott vertrauen.

 

Auch Goliath kommt immer näher heran. Sein Schildträger geht vor ihm. Als er aber David erblickt, da sieht er verächtlich auf ihr herab: Oh, einen Jungen stellt man ihm entgegen. Die wollen ihn und seine Kraft wohl verhöhnen? Er ruft: „Bin ich denn ein Hund, weil da einer mit einem Stecker zu mir kommst?“ Dann flucht er David im Namen seiner Götter und sagt: „Komm nur her, ich will dein Fleisch den Vögeln unter dem Himmel geben und den Tieren auf dem Felde!“

David bleibt ihm keine Antwort schuldig: „Du kommst zu mir mit Schwert, Lanze und Spieß. Ich aber komme im Namen des lebendigen Gottes, den du verhöhnt hast. Heute wird dich der Herr in meine Hand geben, daß ich dir den Kopf abhaue und deinen Leichnam den Tieren zum Fressen gebe. Dadurch soll alle Welt erkennen, daß Israel einen Gott hat!“

Gott hat David geschickt. Das werden auch die Israeliten merken können. Sie werden sehen, daß Gott nicht durch Schwert oder Spieß hilft. Er wird selber den Kampf führen, denn es ist sein Krieg, in dem Israel hier steht. Er wird die Philister in die Hand der Israeliten geben. Er ist stets gegenwärtig bei seinem Volk und steht ihm bei, wie und wo es ihm gefällt und wann er es für notwendig hält.

Und so läuft David schnell dem Philister entgegen. Er holt einen Stein aus der Tasche, legt ihn in die Schleuder und zieht ab. Der Stein trifft den Riesen an der Stirn, so daß er auf die Erde fällt und auf seinem Gesicht liegt. David läuft schnell hin, zieht das Schwert des Philisters und haut ihm den Kopf ab.

Ehe er noch einen Finger rühren konnte, erlitt er schon einen unehrenhaften Tod mit seinem eigenen Schwert. Als die Philister das sehen, fliehen sie voller Angst; die Israeliten verfolgen sie und machen reiche Beute.

David aber ordnet sich wieder Saul unter. Nur für einen Augenblick ist etwas von seiner wahren Bedeutung aufgeblitzt; dann aber wird er wieder auf ein bescheideneres Maß zurückgesetzt. Saul darf immer noch als König heimkehren, obwohl er doch total versagt hat. Er hat seinen Ruf noch nicht eingebüßt. David muß noch warten, aber seine Lebenslinie ist nun im Steigen begriffen.

 

Antwortgespräch:

Wir kennen auch Menschen, die so ein Großmaul sind wie Goliath. Die wollen alles können und jedem die Zähne einschlagen, der sich ihnen entgegenstellt. David aber will nicht so angeben. Er will nur nicht, daß sein Volk solche Angst hat. Er will nicht, daß man den Gott des Volkes so verspotten darf.

Hier geht es nicht den Sieg des Schwachen über den Starken. Keine Episode aus Davids Leben ist so sprichwörtlich geworden, hat die Bildwelt des Abendlands in einem solchen Maße beeinflußt wie diese berühmte biblische Szene. Aber nur weil David sein Vertrauen ganz auf Gott setzte, konnte er siegen. Ja, in Wirklichkeit hat ja nicht David gesiegt, sondern Gott. Er hat den „alt bösen Feind“ besiegt und nicht David. Deswegen kann David auch voll Vertrauen dem Feind entgegengehen. Er hört nicht auf die Einflüsterungen des Versuchers: „Verlaß dich bloß nicht auf Gott, der kümmert sich ja doch nicht um dich und wird dir auch nicht helfen können!“

Solche Reden kennen wir auch. Im Grunde aber verspottet man Gott damit. Wenn es nur um unsre Sache geht, können wir Beleidigungen schweigend hinnehmen. Aber ein Angriff auf Gott und den Glauben ist eine Beleidigung Gottes. Wer Christen verhöhnt und die Kirche schädigt und bekämpft, vergreift sich an der Ehre Gottes. Das können wir uns nicht schweigend gefallen lassen.

Viele lassen sich aber auch einschüchtern und weichen vor Angriffen zurück und wollen die Auseinandersetzung vermeiden. Gottes Ehre ist ihnen nicht so wichtig wie die eigene Ruhe und Sicherheit. Es ist ja bezeichnend, daß ein Junge nach vorne geschickt wird. Die Jungen sind auch heute manchmal mutiger und entschiedener als die Alten.

Keiner fängt aber mit einem Sieg über Goliath an. So wie bei David gibt es erst einmal kleine Bewährungsproben, in der eigenen Familie und am Arbeitsplatz. Wer in den kleinen Dingen nicht mit Gottes Hilfe rechnet und etwas wagt, wird in der großen bestimmt versagen. David aber schätzt das Kräfteverhältnis richtig ein: Wenn einen Gott auf seiner Seite hat, ist er immer in der Mehrzahl.

Ohne Gott aber wäre die Sache der Kirche tatsächlich aussichtslos. Aber man darf die Rechnung nicht ohne den Wirt machen. Gott bleibt im Spiel, wenn nicht die Kirche sich von sich aus von ihm trennt. Die Kirche darf aber nicht die gleichen Waffen benutzen wie ihre Gegner, also Fanatismus, Spott, mitleidiges Lächeln. Sie hat Wahrheit gegen Lüge, Gerechtigkeit gegen Ungerechtigkeit, Versöhnung gegen Haß, Glauben gegen Gleichgültigkeit zu stellen. Das sind die Waffen Christi. Er hat ja sein Leben hingegeben, damit Gott uns nicht im Stich läßt und dem Teufel so die Macht genommen wird.

 

David am Königshof (1.Sam 18 - 21):

Wenn wir Freunde haben, dann meinen die es gut mit uns. Feinde wollen Böses. Aber wer zu Gott gehört, darf nicht hassen, nicht bestimmte Menschen und nicht bestimmte Völker. David hat in seinem Leben beides erfahren, Freundschaft und Feindschaft, sogar von den Leuten der gleichen Familie. Eines Tages kommt David endgültig an den Hof Sauls und wird sein Waffenträger

Bald schließt er Freundschaft mit dem Sohn Sauls, mit Jonathan. Der Königssohn, der ja einmal der Erbe des Thrones sein könnte, zieht den Hirtenjungen an seine Seite. Wieder ist David eine Stufe höher gestiegen. Als äußeres Zeichen der Freundschaft verschenkt Jonathan seiner Waffenrock, seinen Mantel, sein Schwert, seinen Bogen und seinen Gürtel an David. Der hat damit schon alle Abzeichen eines Königs, denn ein Gewand bedeutete damals mehr als nur ein Kleidungsstück, es sagte etwas aus über den Träger.

Saul sieht auch mit Wohlwollen auf David. Er macht ihn zum Anführer einer Truppe und schickt ihn überall dorthin, wo er ihn brauchen kann. Überall handelt er klug und geschickt, denn Gott ist mit ihm.

Als er eines Tages von einem Kriegszug zurückkommt, da jubeln die Frauen der Stadt ihm zu: „Saul hat tausend erschlagen, aber David zehntausend!“ Eine unangenehme Situation in einer Gesellschaft, in der ein Stammesoberhaupt vor allem an seinen militärischen Fähigkeiten gemessen wurde. Als Saul davon hört, gerät er in Wut. Er ärgert sich und sagt: „Dem wird noch das Königtum zufallen!“

Von dem Tag an beobachtet er David mißtrauisch und ist gar nicht mehr begeistert von ihm.

Am nächsten Tag kommt wieder der böse Geist über ihn. David spielt gerade die Leier, wie er es jetzt täglich tut. Aber diesmal läßt Saul sich gar nicht beruhigen. Er hat seinen Wurfspieß in der Hand und fuchtelt ständig damit herum. Zweimal tut er so, als wolle er David an die

Nun fürchtet sich Saul vor David, denn er erkennt: Gott ist mit diesem David, da muß er ihn, den Saul, wohl verlassen haben. Saul duldet David nicht mehr am Königshof. Er schickt ihn fort, indem er ihn zum Anführer einer Tausendschaft macht. Aber dadurch wächst das Ansehen Davids nur noch mehr. Sie haben ihn alle lieb, während es Saul immer mehr vor David graut.

Schließlich denkt er sieh eine List aus: Er verspricht David seine älteste Tochter zur Frau und will ihn so zu seinem Schwiegersohn machen. Aber dafür soll er auch tüchtig gegen Sauls Feinde kämpfen und möglichst dabei umkommen; so hofft Saul. Aber als es dann ernst werden soll, da wird die Tochter Sauls doch einem anderen gegeben.

Inzwischen hat aber die andere Tochter Sauls, Michal, den David liebgewonnen. Saul ist das auch recht, wenn er nur David dadurch schaden kann. David hat Bedenken, wie er als armer Hirte der Schwiegersohn des Königs werden soll. Aber Saul sagt: „Du brauchst keine anderen Brautgeschenke mitzubringen als hundert tote Philister!“ Wieder hofft er, daß David bei den Kämpfen umkommt. Aber David erschlägt mit seinen Männern sogar 200 Philister und erhält so die Saultochter Michal zur Frau.

Jetzt merkt Saul wieder, daß Gott mit David ist. Sogar seine eigene Tochter hat ihn lieb. Da wird Saul der Feind Davids sein Leben lang. Aber nun büßt er das Vertrauen seiner Umgebung ein. Selbst im engsten Familienkreis trifft er auf Ablehnung. Jonathan hält auch zu David. Als der Vater davon spricht, er wolle David umbringen, da redet Jonathan für den Freund. Da schwört Saul: „So wahr der Herr lebt, David soll nicht sterben!“

 

Doch bald hat er es sich wieder anders überlegt. Wieder wirft er mit dem Speer nach David. Doch David weicht aus, der Speer fährt in die Wand. Da läßt Saul das Haus Davids umstellen, um ihn am Morgen töten zu lassen. Michal aber läßt ihn durchs Fenster fliehen und legt dafür eine große Puppe ins Bett. Als die Soldaten kommen und David holen wollen, finden sie nur die Puppe. Michal aber redet sich heraus: „Er hat mich bedroht und wollte mich töten, wenn ich ihr nicht lasse!“

David flieht zu Samuel, bleibt aber in Verbindung mit Jonathan. Die beiden machen schließlich aus, daß Jonathan prüfen soll, wie sein Vater über David denkt. Jonathan fragt: „David möchte gern nach Bethlehem, in seine Heimatstadt, und dort ein Opfer bringen. Deswegen ist er nicht an die Tafel des Königs gekommen. Laß ihn doch gehen!“ Aber Saul wird so wütend, daß er seinen Speer jetzt sogar nach Jonathan wirft. Da sieht Jonathan, daß sein Vater fest entschlossen ist, David zu töten.

Am nächsten Morgen geht Jonathan auf das Feld, wo sich David verborgen hält. Sie haben ihren Freundschaftsbund noch einmal bekräftigt. David hat vor allem versprochen, den Jonathan und seine Familie nicht umzubringen, wenn er einmal König werden sollte. Und Jonathan hatte ihm versprochen, alles zu berichten, was der Vater mit David vorhat. Das hält er nun ein. Er schießt Pfeile in die Richtung, in der sich David aufhält. Weil er den Pfeil aber ganz weit über David hinwegschießt, da weiß der, daß er fliehen muß. Die Beiden umarmen sich noch einmal kurz und weinen miteinander. Dann geht David fort.

Antwortgespräch:

Insgesamt gesehen steigt Davids Lebenslinie immer mehr aufwärts, während Saul immer mehr in Verzweiflung und Schuld versinkt. Er sieht seine Macht in Gefahr. So wie jeder Mensch möchte er aber oben bleiben. Doch dadurch gerät die Geschichte durcheinander; erst Gott muß sie wieder zurechtbringen. David dagegen erscheint als ein unbekümmerter junger Mann. Er lebt ja bei Saul in ständiger Lebensgefahr, aber nicht ein einziges Mal hat er die Hand gegen Saul erhoben um sich zu wehren. So hat David großen Erfolg und ist beliebt beim Volk. Damit er aber nicht zu übermütig wird, muß er nun erst wieder einmal fliehen.

 

David auf der Flucht und Sauls Erde (1..Sam 23-31):

David sammelt allerhand unzufriedene Leute um sich. Sie ziehen sich in die Höhle des Gebirges Juda zurück, um dort ein freies Leiser zu führen. Doch im Grunde wird David gehetzt wie ein aufgescheuchter Hase von den Hunden. Einmal hat er solchen Hunger, daß er sogar die Opferbrote in einem Heiligtum ißt. Dann wieder stellt er sich wahnsinnig, damit er nicht an Saul ausgeliefert wird. Seine Eltern bringt er ins Land Moab in Sicherheit, „bis ich erfahre, was Gott mit mir vorhat“, sagt er. Manchmal sieht es so aus, als habe Gott sein Ziel mit David aufgegeben.

Aber hier wird deutlich, daß er nur bei Gott Zuflucht hat und weiter der Erwählte bleibt. Er muß sich sogar in einer Wüste verbergen. Aber gerade dort kommt Jonathan zu ihm und stärkt sein Vertrauen zu Gott. Er sagt: „Fürchte dich nicht, meines Vaters Hand wird dich nicht erreichen. Du wirst König sein über Israel, und ich werde der Zweite nach dir sein! Auch mein Vater weiß das sehr wohl!“

Einmal kommt es zu einer unverhoffte Begegnung der beider Feinde in einer Höhle bei En-Gedi am Ufer des Toten Meers. Einen angenehmeren Rückzugsort kann man sich kaum vorstellen, hier ließ es sich schon damals gut leben: Ganze Wälder von Dattelpalmen und Akazien sorgen für Nahrung und Schatten. Im Schilf zwitschern Vögel, am Wasser laben sich Steinböcke und Wüstenleoparden. Nicht einmal bauen mußte man in diesem Paradies. Siedler zogen einfach in eine der Höhlen in den Felswänden der Wadis.

In einem dieser Verstecke (in der „Davidshöhle“) fand David Zuflucht. David hat sich im Dunkel der Höhle mit seinen Leuten verborgen. Da kommt Saul, um in der Höhle seine Blase und Darm zu entleeren (auch ein König muß das ja gelegentlich). Davids Männer sagen: „Das ist jetzt die Gelegenheit, hier ist er allein. Er hat uns verderben wollen. Jetzt haben wir ihr in der Hand. Er oder wir!“ David schleicht sich an Saul heran. Er nimmt sein Schwert, aber er schneidet nur einen Zipfel von Sauls Gewand ab. Saul ist immer noch der König, der Gesalbte des Herr. Da darf sieh David nicht an ihm vergreifen. Der Herr ist Richter und wird ihm schon zu seinem Recht verhelfen. Vielleicht kann er sich doch noch mit Saul versöhnen. Er kann sich die Herrschaft nicht mit Blut und Gewalt erwerben. Sie wird ihm später von selbst zufallen.

Als Saul wieder fort ist, ruft David ihm nach: „Mein Herr und König!“ Und als Saul sich umdreht, fällt David vor ihm nieder und sagt: „Warum hörst du auf das Geschwätz der Menschen, die dir sagen: „David sucht dein Unglück? Ich hatte dich heute in meiner Hand. Sieh hier den Zipfel deines Rocks, den ich dir abgeschnitten habe. Meine Hände sind rein. Aber du jagst mir nach, um mich zu töten. Der Herr wird Richter sein zwischen uns. Aber meine Hand soll dich nicht anrühren!“ Da antwortet Saul mit Worten, die fast wie ein Segen klingen: „Du bist gerechter als ich. Der Herr vergelte dir Gutes für das, was du heute an mir getan hast. Ich weiß, daß du König werden wirst und dein Königtum Bestand haben wird. Schwöre mir, daß du mein Geschlecht nicht ausrotten wirst, wenn du König wirst!“ Das tut David. Dann trennen sie sich wieder.

 

David nimmt seine Raubzüge wieder auf. Aber als es ihm im Lande Israel doch zu gefährlich wird, geht er zu den Philistern und wird ein Lehnsmann des Achis von Gath. Er kämpft gegen alle möglichen Völker. Aber wenn Achis ihn fragt, dann sagt er: „Ich war im Südland Judäas!“ Da ist Achis zufrieden, denn         er denkt: „Wenn er gegen sein eigenes Volk kämpft, dann wird er für immer hier bleiben müssen!“ Aber David hütet sich, gegen sein Volk zu kämpfen, denn dann würde er nie dort König werden können. Gefährlich wird es aber für ihn, als er in den Krieg gegen Saul ziehen soll. Aber Achis macht ihr dann doch nur zu seinem Leibwächter für die ganze Zeit.

Saul ist nun ganz von Feinden umringt: die Philister, David und die vielen Unzufriedenen, seine Familie, seine Vertrauten, die schweigenden Propheten und die verbitterten Priester. Er ist weder Herr der Lage noch seiner selbst. Er hat Gott als Herrn über sich verloren, Gott

ist sein Feind geworden.

Saul möchte gern durch ein Vorzeichen erfahren, wie die Schlacht ausgehen wird. Aber er bekommt keine Auskunft, weder durch einen Traum noch durch den Spruch eines Propheten. Aber er braucht einen Rat, er muß irgendwie handeln. Da begibt er sich zu einer Toten­be­schwö­rerin. Erst hatte er doch alle diese Frauen streng verfolgt und umbringen lassen. Aber im äußersten Winkel des Landes in Endor gibt es doch noch eine. Dorthin geht er heimlich in der Nacht.

Saul befiehlt ihr, den Gleist des toten Samuel zu beschwören: Er soll erscheinen und ihm Auskunft geben. Samuel erscheint auch in der Tat und fragt: „Warum störst du meine Ruhe?“ Saul antwortet: „Ich bin in großer Bedrängnis. Die Philister kämpfen gegen mich Und Gott ist von mir gewichen. Was soll ich tun?“ Samuel kann ihm nur das Gesicht Gottes ankündigen: „Gott wird dich in die Hände der Philister geben und schon morgen wirst du mit deinen Söhnen dort sein, wo ich schon bin!“ Da stürzt Saul zur Erde und wird fast ohnmächtig, weil er die ganze Zeit nichts gegessen hat. Seine Männer reden solange auf ihn ein, bis er dann endlich doch etwas ißt.

Inzwischen ziehen die Philister heran nach der Ebene Jesreel, wo der Entscheidungskampf stattfinden soll. David und seine Leute schicken sie fort, damit er ihnen nicht doch noch in den Rücken fallen kann. David bekämpft inzwischen die Amalekiter, die ins südliche Philisterland eingefallen waren und die Frauen der Krieger entführt hatten. Die Philister aber siegen über die Israeliten.

Die Söhne Sauls kommen um, wahrscheinlich ist er selber auch im Kampf gefallen. Andere wieder sagen, er habe sich selber in sein Schwert gestürzt, als die Sache aussichtslos war. Nachher behauptet noch ein Amalekiter, er habe Saul auf eigenen Wunsch umgebracht. Wahrscheinlich will er von David eine Belohnung dafür, daß er den angeblichen Feind Davids getötet hat. Aber David läßt ihn selber umbringen, weil er trotz allem noch über den Gesalbten des Herrn trauert. Noch mehr aber trauert er um seinen Freund Jonathan. Für beide singt er die Totenklage: „Es ist mir leid um dich, mein Bruder Jonathan, ich habe große Freude und Wonne dir gehabt. Wie sind die Helden gefallen und die Streitbaren umgebracht!“

 

 

E. David ist König über Israel (2. Sam 2 - 12)

 

Zwei Könige in Israel und Juda (2. Sam 2 - 4):         

Als die Israeliten in Babylon in der Gefangenschaft waren, da klagten sie: „Warum hat Gott uns nicht geholfen? Wir hatten doch einmal einen gehorsamen und gläubigen König, der alle Stämme des Volkes unter sich geeint hatte! Gott hatte doch dem König David sein Versprechen gegeben. Ist dieses Versprechen denn jetzt hinfällig geworden, gilt es nicht mehr?“ Da hat man die alten Geschichten von David gesammelt und zu einem einheitlichen Bild zusammengestellt, damit alle Israeliten am Beispiel Davids lernen konnten: „Haltet fest am Wort Gottes, denn es bringt den Segen und eine Hoffnung, die alles menschliche Handeln übersteigt!“

Wir kennen David ja schon als Führer einer Söldnertruppe im Süden des Landes, der sogar für die Philister tätig geworden ist. Einerseits schien er so etwas wie ein von Gott berufener Richter zu sein. Aber andererseits ist er auch aus dem Berufskriegertum hervorgegangen. Schon in seiner Partisanenzeit macht er sich durch Geschenke viele Freunde unter den Bewohnern Judas. Aber nie hat er versucht, König zu werden, solange Saul lebte. Er versteht die Kunst des Abwartens und geht nur jeweils auf das Ziel zu, das im Augenblick erreichbar ist.

Nun aber ist Saul gestorben und der Weg für David frei. Er nimmt seine Familie und alle seine Leute und zieht in die Stadt Hebron. Hier ist das Grab Abrahams, hier pflegen sich die Vertreter der Südstämme zu versammeln. Wir müssen ja bedenken: Die zwölf Stämme Israels hatten sich in zwei Staaten organisiert. Saul war an sich nur der König der zehn nördlichen Stämme, deren Staat den Namen „Israel“ trug. Die beiden südlichen Stämme Juda und Benjamin aber blieben an sich selbständig und bildeten den Staat „Juda“.

David kann sich denken, daß vor allem der große Stamm Juda selbständig bleiben will. Aber er ist ja ein bekannter Truppenführer und hat das Gotteswort erhalten, daß er zum „Fürsten“ über Israel erwählt ist. Nun schließen die Ältesten einen Vertrag mit David, in dem man sich gegenseitige Treue verspricht. Dann läßt erst David sich zum König über Juda salben und damit seinen bisherigen Aufstieg rechtfertigen

Im Norden aber macht Sauls Feldhauptmann Abner einen Sohn Sauls zum König. Er regiert auch zwei Jahre. Israel greift Juda an, wird aber geschlagen; der Stamm Benjamin kämpfte dabei auf Seiten der Nordstämme. Aber bald darauf geht Abner zu David über.

Er bespricht mit den Ältesten Israels: „Ihr habt doch schon längst verlangt, daß David König über euch sei. Auch hat David ja eine Zusage Gottes erhalten, daß er sein Volk Israel vor den Philistern erretten wird. So tut nun auch, was notwendig ist!“

Abner kommt zu David nach Hebron und bringt auch seine erste Frau Michal mit, die Tochter Sauls, so wie es David verlangt hat. Sie werden sich einig und Abner will wieder in seine Heimat ziehen. Da erfährt Joab, der Feldhauptmann Davids, daß Abner in der Stadt war. Er läßt Abner zurückholen und ersticht ihn im Tor von Hebron. Angeblich hätte Abner nur die Stadt ausspionieren wollen. David aber hat nichts davon gewußt und trauert um Abner; da merkt das Volk, daß er nicht der Anstifter zu dem Mord war.

Ebenso war David unschuldig am Tod des Sauls-Sohnes. Dieser wird von zwei seiner Leuten im Mittagsschlaf ermordet. Die beiden bringen seinen Kopf zu David und hoffen auf große Belohnung. Aber David läßt sie in Stücke hauen, weil sie einen gerechten Mann auf seinem Bett getötet haben. Aber nun ist der Weg frei für David, auch König über Israel zu werden.

 

David wird König über ganz Israel (2. Sam 5):

Nun kommen die Ältesten Israels zu David nach Hebron und schließen mit ihm einen Vertrag und salben ihn zum König auch über Israel. Nun wird es seine Aufgabe sein, ganz Israel tatsächlich zu einen. Zunächst braucht er eine richtige Hauptstadt, am besten im neutralen Gebiet zwischen beiden Staaten gelegen. Allerdings ist das eine Privatsache Davids. Er kann dazu nicht das Heer Israels zusammenrufen, sondern muß seine Privattruppe einsetzen. So gelingt es ihm, die Stadt Jerusalem zu erobern. Joab ist der erste, der über die Mauer steigt, und wird dafür zum Hauptmann gemacht.

David bezeichnet Jerusalem jetzt als „seine Stadt“. Ursprünglich gehörte sie den Jebusitern, jetzt aber ist sie „Davids Stadt“, denn er hat sie ganz allein für sich erobert. Er läßt die Stadt noch stärker befestigen und sich einen schönen Palast bauen durch Handwerker aus der befreundeten Stadt Tyrus. Auch nimmt er sich noch mehr Frauen, so wie das bei der anderen Herrschern jener Zeit üblich war. David entwickelt sich zu einem richtigen König, so wie die anderen Könige auch.

Seine nächste Aufgabe ist der Kampf gegen die Philister. In zwei Schlachten kann er sie entscheidend schlagen, so daß sie auf ihr Stammland beschränkt bleiben und nie mehr gefährlich für Israel werden können.

Zu einem einheitlichen Staat gehört auch ein zentrales Heiligtum. Der Sieg über die Philister gibt die Möglichkeit, die alte Bundeslade wieder hervorzuholen. Wie ein altes Gerät aus Omas Zeiten hatte sie die ganzen Jahre über wenig Beachtung gefunden. Jetzt auf einmal wird sie wieder gebraucht. Aus einem Dorf in Juda holt sie David persönlich in seine Stadt Jerusalem. Vor Freude tanzt er vor der Lade her. Er hat einen leinenen Priesterrock an und handelt hier wie ein Priester, er segnet das Volk und läßt Kuchen und Fleisch verteilen.

Die Lade wird erst einmal in einem Zelt untergestellt und von David dort auch ein Opfer dargebracht. So hatte das Volk wieder eine lebendige Beziehung zu Gott, der ja bei der Lade sich aufhalten sollte. Jerusalem wurde seitdem eine „heilige“ Stadt und eine Stadt von weltgeschichtlicher Bedeutung. Es entwickelte sich eine eigene Glaubenstradition vom „Berg Zion“. Nun meinte man, daß Gott auf dem Zion wohne, dem Hügel in Jerusalem, wo die Bundeslade abgestellt war.

Aber aus dieser Überführung der Lade ergibt sich auch ein Problem. Jerusalem war ja an sich eine heidnische Stadt. David übernimmt als Stadtkönig von Jerusalem nun auch die Aufgaben, die früher der heidnische Priester hatte.

Jetzt muß man sich mit dem Glauben der Einheimischen auseinandersetzen und den eigenen Glauben rein und echt erhalten. Man entdeckt auch neue Seiten an Gott und sagt nun: „Gott ist wie ein König über sein Volk. Er ist der Schöpfer und Erhalter seines Volkes. Er gibt Weisheit und Besonnenheit!“

Ein solcher Gott muß aber doch auch ein anständiges Haus haben, denkt David. Er bespricht das mit dem Propheten Nathan und sagt: „Ich wohne in einem Palast und die Lade Gottes wohnt unter Zeltdecken. Müßten wir nicht einen richtigen Tempel bauen, wie ihn die anderen Völker für ihre Götter auch haben?“

Der Prophet Nathan ist zunächst damit einverstanden. Aber in der Nacht spricht Gott im Traum zu ihm: „Sage David: Wie könntest du mir ein Haus bauen, in dem ich wohnen soll? Ich habe in keinem Haus gewohnt, seitdem ich euch aus Ägypten herausgeführt habe. Aber ich habe keinem der Richter einen Vorwurf gemacht: Warum baust du mir kein Haus? Du willst doch einer wie die Richter sein und keine Ausnahme machen! Ich habe doch alles für dich getan, auch ohne festes Haus. Du hast Ruhe vor deinen Feinden und einen großen Namen, deinem Volk geht es doch gut!“

Ja, so ist es wirklich. David hat vielleicht gedacht: „Wenn ich einen Tempel baue, dann wird die Bundeslade immer hier in Jerusalem bleiben. Dann haben wir einen Ort, wo wir immer zu Gott beten können. Dann wird er uns immer hören und immer helfen. Dann werden auch meine Söhne einmal Könige über Israel und Juda sein und es wird keinen Krieg mehr geben zwischen den beiden Staaten!“

Gott aber spricht weiter im Traum zu Nathan: „Sage David: Ich will dir ein Haus bauen! Aber das soll ein Haus von anderer Art sein. Ein Tempel in der Art der Heiden paßt nicht zu Gott. Ich will nicht zwischen den Mauern eines Tempels jederzeit für die Menschen verfügbar sein, sondern anders unter meinem Volk sein. Ich will einen Menschen in meinem Volk haben, der ganz nach meinem Willen handelt und mein Vertreter in seinem Volk ist. Und dieser eine soll mein Sohn sein. Ich will ihn zu meinem Sohn adoptieren, und auch alle seine Nachkommen nach ihm. Ich will dir ein ‚Haus‘ bauen, indem ich dein Königtum erblich mache. Ich will nicht mehr immer wieder einen anderen Richter berufen, sondern immer einen aus deiner Familie zu meinem König machen. Vielleicht werde ich einen von ihnen einmal strafen müssen. Aber meine Gnade soll nicht von ihm weichen, so wie sie von Saul gewichen ist. Dein Königtum soll ewig bestehen, solange die Erde besteht!“

An sich geht es dabei gar nicht so sehr darum, daß einer der Sohn Gottes wird, sondern wichtiger ist, daß Gott der Vater ist. Der König wird nicht zu Gott emporgehoben, sondern Gott nähert sich ihm in menschlicher Weise. Er wird zwar strafen müssen, zum Beispiel dadurch, daß das Volk in die Gefangenschaft kommt. Aber Gott verstößt sein Volk nicht, er bleibt auch im Strafen der Gott Israels. Das ist das große Geschenk, das David und dem Volk Israel gemacht wird. David hatte Gott ein Geschenk machen wollen und wurde selber reich beschenkt. So aber ist Gott.

 

Als Nathan am nächsten Morgen das alles zu David sagt, fällt der vor der Lade auf die Knie und dankt Gott. Er hat es doch eigentlich gar nicht verdient, daß Gott so an ihm gehandelt hat. Gott hat auch nicht an David so gehandelt, weil der es verdient hätte, sondern weil er nach seinem Wort und Herzen handelt. David bittet darum, daß Gott sein Wort nun auch bestehenlassen möge, denn es ist die Grundlage für das Königshaus Davids. Indem Gott das Versprochene auch tut, wird sein Name groß sein und seine Ehre allen deutlich werden. Zuletzt bittet David noch einmal um den Segen Gottes. Dieser Segen wird auch deutlich, indem David nun noch die übrigen Nachbarvölker unterwirft. Gott ist mit ihm, wo er auch hinzieht. Er kann das ganze Westjordanland in seine Gewalt bringen und für sein Volk ein einheitliches Staatsgebiet schaffen.

Die anderen Völker werden entweder ganz eingegliedert (Ammon) oder zu Provinzen, die von Statthaltern verwaltet werden (Edom, Aram=Syrien) oder sie werden tributpflichtig (Moab). So schafft David nach ägyptischem Vorbild ein Großkönigtum, in dem er die entscheidende Person ist. Er hält die beiden Staaten seines Volkes zusammen, aber auch die vielen abhängigen Staaten. Seine Beamten und sein ständiges Heer helfen ihm dabei. Würde das aber alles so bleiben, wenn David nicht mehr da war?

 

Antwortgespräch:

Wir wissen, daß noch viele Könige nach David kamen, aber keiner war so wie er. Schließlich haben mächtige Feinde im Osten das Volk besiegt. Nun gab es keinen König mehr in Israel. Aber Gottes Versprechen sollte doch für alle Zeiten gelten? Da begann Israel auf einen neuen König, den wahren König des Volkes, zu warten. In der Gefangenschaft in Babylon kam die Hoffnung auf, Gott werde den Messias senden, einen Gesalbter, der wie David ist. Wir wissen, daß dieser Messias in Jesus von Nazareth gekommen ist. Er stammt aus der Familie Davids und ist als Gottes Sohn der ewige König. Er hat nicht nur für David und sein Volk ein Haus gebaut, sondern für alle Menschen. Er ist auch unser Herr und erlaubt uns, daß wir zu Gott „Vater“ sagen dürfen. So haben auch wir einen König aus dem Hause Davids, der uns liebhat, so wie Gott schon den David liebgehabt hatte.

Es wird schon so sein, daß die Erzähler damals etwas übertrieben haben, als sie David als den idealen König schilderten. Es kann sein, daß der Riese Goliath von einem richtigen Krieger besiegt wurde und man diese Tat erst später dem jungen David zugesprochen hat. Anfangs war er mehr so etwas wie ein Räuberhauptmann. Durch eine geschickte Machtpolitik (Heirat, Anwerbung von Söldnern, Dienst bei den Philistern, Eroberung Jerusalems) hat er es zum König über beide Staaten Israel und Juda gebracht. Sein Reich war auch längst nicht so groß, wie es hier beschrieben ist. Eher wird hier der Wunschtraum der Israeliten beschrieben. Die wahren Herren waren die Ägypter im Süden und die Assyrer und Babylonier im Osten. Aber sie haben David gewähren lassen.

Historisch gesehen muß man allerdings sagen: David war Mitglied des Stammes Juda. Zu seiner Zeit lebte in der Küstenregion im Norden das Handelsvolk der Phönizier. Weiter nach Osten erstreckten sich die Fürstentümer der Aramäer. Am Meer im Süden siedelten die Philister und drangen ins Binnenland vor - wo ihnen König Saul vom Stamm Benjamin entgegentrat. Dabei kam es zum Kampf Davids gegen Goliath, der in der Bibel im Buch Samuel (1. Sam. 17) beschrieben wird.

Nachdem David König der Israeliten geworden war, die Stämme geeint und Jerusalem zu seiner Hauptstadt gemacht hatte, soll er seine Macht durch zahlreiche Feldzüge über die Nachbarstaaten ausgedehnt haben. Unter David und seinem Sohn Salomo, behauptet die Bibel, reichte der Einfluß der Könige Israels bis weit ins heutige Syrien. Ausgerechnet in dieser armseligen, karstigen Welt von Kanaan läßt die Bibel glanzvolle Monarchien erstehen. Wo in Wahrheit bärtige Hirten in Wollkutten lebten, erstreckte sich angeblich das Superreich von David.

Allen Erzählungen geht es aber nicht um Geschichtsschreibung, sondern um das Handeln Gottes an David und seinem Volk. Gott bleibt immer der König. Die Menschen können nichts erzwingen, sondern sie müssen warten, bis Gott die Zeit für gekommen hält. Und daß David auch sehr menschliche Seiten hat, das zeigt die folgende Erzählung von David und Bathseba.

 

Davids Ehebruch und Schuld (2. Sam 11-12):

David hat sich vieles bei den Königen der Nachbarvölker abgeguckt. Diese hatten ihre Götter und hielten Sklaven, etwas das es in Israel ja nicht geben durfte. Aber sie konnten auch einfach sich eine Frau holen lassen, die ihnen gefiel, auch wenn sie verheiratet war. Dann hat sie eben der König geheiratet und hatte so seinen Willen durchgesetzt. Die Könige hatten deshalb mehrere Frauen. Auch David machte dabei keine Ausnahme.

Nur in einem Punkt hätte er eine Ausnahme machen müssen. Er durfte nach der Sitte der damaligen Zeit zwar mehrere Frauen haben, aber er durfte keine Frau einem anderen Mann wegnehmen. Es gab ja das Gebot Gottes: „Du sollst nicht Ehebrecher!“ Das bedeutet doch: Niemand darf in die Ehe eines anderen Menschen einbrechen wie ein böser Wolf und ihm das wegnehmen, was ihm gehört. Gott hatte diese Gebote gegeben, damit alle Menschen geschützt werden, besonders auch die Ehe und Familie. Aber was ergibt sich nicht alles, wenn ein Mensch habgierig ist und immer noch nicht genug hat. „Je mehr er hat, je mehr er will“, sagt man. Das zeigt sich auch an David.

David herrscht so, wie wir uns das Leben eines Königs vorstellen. Er saß in seinem Palast und ließ es sich wohlgehen. Manchmal gab es noch Krieg. Aber David mußte nicht mehr mit den Soldaten in den Krieg ziehen. Dafür hatte er jetzt seinen Feldhauptmann Joab, auf den er sich in jeder Beziehung verlassen konnte.

Tagsüber hält sich David im Schatten seines Hauses auf. Aber am Abend, wenn von Westen ein frischer Wird vom Meer her kommt, geht er auf das Dach seines Palastes, um dort etwas Luft zu schnappen. Sein Palast ist höher als die umliegenden Häuser. So kann er auf die flacher Dächer der Nachbarn und in die Innenhöfe schauen. So kann er auch sehen, was die Leute so machen. Er schaut ihnen immer wieder gern zu.

Eines Abends entdeckt er eine wunderschöne Frau, die sich am Brunnen im Innenhof ihres Hauses wäscht. Sie weiß sicherlich nicht, daß der König ihr zuschaut. Oder hat sie es doch bemerkt und wollte sich absichtlich zeigen? David jedenfalls wird neugierig. Er schickt seine Diener hin, damit sie auskundschaften, wer die Frau ist. Sie berichten ihm: „Es ist Bathseba, die Frau deines Hauptmanns Uria!“ David möchte sie gern bei sich haben. Warum sollte er sich nicht holen, was er haben will, so tun das doch die anderen Könige auch!? Uria ist doch weit weg im Krieg, der wird nichts merken.

So läßt David seine schöne Nachbarin Bathseba in sein Haus holen. Sie bleibt einige Tage bei ihm und kehrt dann in ihr Haus zurück. Bald aber läßt sie dem König sagen: „Ich bekomme ein Kind, und du bist der Vater!“ Nun wird es schwierig für David. Jetzt werden die Leute erfahren, daß ihr König das sechste Gebot übertreten hat und die Ehe gebrochen hat.

David schickt einen Boten zu Joab, damit er Uria Urlaub gibt. Als Uria nach Jerusalem kommt, fragt David ihn nach dem Stand des Krieges und schickt ihn dann in sein Haus. Zusätzlich läßt er ihm noch ein schönes Geschenk nachtragen. David hat sich das gut gedacht: Wenn Uria zu seiner Frau geht, dann könnte er ja auch der Vater des Kindes sein!

Aber Uria geht in den Innenhof des Königshauses, wo sich auch die anderen Diener des Königs aufhalten, und setzt sich dort. Vielleicht haben Davids Leute doch etwas ausgeplaudert. Jedenfalls geht er nicht nach Hause. Da läßt David ihr fragen: „Du kommst von weit her und warst lange fort. Warum willst du jetzt nicht zu deiner Frau gehen?“ Uria antwortet: „Meine Kameraden liegen auf freiem Feld und auch die Bundeslade hat nur ein Zelt. Da will ich nicht in mein Haus gehen, um gemütlich zu essen und zu trinken. So wahr der Herr lebt: So etwas tue ich nicht!“

Am nächsten Tag lädt der König seinen Hauptmann Uria zu sich ein und ißt und trinkt mit ihm und macht ihn betrunken. Aber er geht wieder nicht in sein Haus, sondern schläft bei den Männern im Hof. Da schreibt David am nächsten Morgen einen Brief an den Feldhauptmann Joab und gibt ihm der Befehl: „Stelle Uria in die vorderste Linie, wo der Kampf am härtesten ist. Und dann zieht euch plötzlich von ihm zurück, damit er erschlagen wird und stirbt!“ Uria muß den Brief, der sein Todesurteil enthält, selber überbringen.

Joab ist dem König treu ergeben und befolgt den Befehl, ohne lange zu fragen. Und als die Belagerten aus der Stadt ausbrechen wollen und es zum Kampf kommt, wird auch Uria getroffen und stirbt. Joab aber läßt David spüren, daß er alles durchschaut hat und ihn nun in der Hand hat. Er trägt dem Boten auf: „Erzähle erst der ganzen Hergang der Schlacht, aber sage erst ganz zuletzt etwas von Uria!“ In der Tat wird David zornig, als er von dem Gefecht hört. Er sagt: „Warum seid ihr auch so nah an die Stadt herangegangen? Ihr wißt doch, daß von der Mauer geschossen wird?“ Angeblich liebt er seine Soldaten und ist wütend, weil Joab ihr Leben unvorsichtig aufs Spiel gesetzt hat. Aber als er hört: „Uria ist tot!“ da ist alles gut, da ist er ruhig. Er sagt noch zu dem Boten: „Sprich Joab Mut zu. Er soll nicht zu sehr trauern. Im Krieg kommt eben bald der und bald der um!“

Als Bathseba vom Tod ihres Mannes hört, hält sie sieben Tage lang die vorgeschriebene Totenklage. Sie fragt nicht nach der Ursache des Todes. Sie ahnt wohl, daß dies die Antwort Davids auf die Nachricht ist: „Ich bekomme ein Kind!“ Sowie die Trauerzeit vorbei ist, läßt David sie in seinen Palast holen und sie wird seine Frau. Nach einiger Zeit wird das Kind geboren.

Es sieht so aus, als habe David noch eine gute Tat getan, als er die Witwe zu sich nimmt. Aber er hat sie doch erst zur Witwe gemacht! Letztlich ist er doch am Tod Urias schuld. Um nicht als Ehebrecher erkannt zu werden, hat er noch größere Schuld auf sich geladen. Kann Gott das zulassen? Ist David noch der König Gottes? Wer wird ihm sagen, daß er eine böse Tat getan hat? Gott wird die Sünde Davids aufdecken müssen. Gott vergißt nicht, was geschehen ist: „Dem Herrn mißfiel die Tat, die David getan hatte!“ Es gibt viel Unrecht auf der Welt. Manchmal denken wir: Warum greift Gott da nicht ein, warum hilft er nicht den Schwachen? Aber Gott läßt kein Unrecht durchgehen, auch nicht bei einem König, auch nicht bei David, seinem Gesalbten.

Gott schickt den Propheten Nathan zum König. Nathan gehorcht auch wortlos dem Befehl Gottes, obwohl es sicher keine leichte Sache für ihn ist. Aber Gott hat ja mit Absicht dem König noch einen Propheten gegenüber gestellt, damit der König nicht machen kann, was er will. Er ist ja immer ein König unter dem wahren König, der Gott ist. Auch David soll das wieder deutlich werden.

Der König ist der oberste Richter im Land. Nathan scheint zunächst nur einen Rechtsfall mit ihm klären zu wollen. Er sagt zu David: „Ich will dir einmal eine Geschichte erzählen, und du sagst mir dann, wie du darüber denkst!“ David sagt: „Erzähle!“ Da beginnt Nathan mit seiner Geschichte:

„Zwei Männer leben in einer Stadt. Der eine ist reich, der andere ist arm. Der Reiche hat viele Schafe und Rinder. Der Arme aber hat nur ein einziges kleines Schaf, das er sich gekauft hat. Er zieht es auf wie sein eigenes Kind. Es ißt von seinem Bissen und trinkt von seinem Becher, es schläft in seinem Schoß. Da kommt zu dem Reichen ein Gast ins Haus. Aber es ist ihm zu schade, vor seinen vielen Schafen und Rindern eins wegzunehmen, um dem Gast ein gutes Essen vorsetzen zu können. Da nimmt er das Schaf des armen Mannes und bereitet es für seiner Gast zu!“

 

Da kann der König nicht mehr länger zuhören. Er läßt sich nur von seinem Gefühl leiten. Er wird zornig und ruft: „Der Mann, der das getan hat, muß sterben! Dazu soll er das Schaf vierfach bezahlen, weil er sein eigenes geschont hat!“ David ahnt nicht, daß er sich damit selber das Todesurteil gesprochen hat. Denn mit dem Schaf war Bathseba, die Frau des Uria, gemeint, und mit dem reichen Mann er selber.

Der Prophet sagt ihm ruhig, aber entschieden auf der Kopf zu: „Du bist der Mann!“ Damit ist Nathan sehr weit gegangen. Aber jetzt hat der König nur noch zwei Möglichkeiten: Entweder muß er den Propheten verurteilen oder seine eigene Schuld bekennen. Was wird David jetzt tun? Vorher hat er Boten hin und her geschickt, um die Sache aus der Welt zu schaffen. Aber jetzt hat Gott ihm einen Boten geschickt, der ihn zurechtweist. Jetzt muß er sich entscheiden: Soll er so handeln, wie andere Könige, oder soll er doch ein König nach dem Willen Gottes sein?

 

Nathan aber spricht weiter und sagt ihm das Gericht Gottes an: „Gott spricht: Ich habe dich zum König gesalbt und habe dich vor Saul gerettet. Ich habe dir Israel und Juda gegeben. Du hast viele Frauen. Und wenn dir das zu wenig ist, will ich dir noch dies und das dazu tun. Warum schickst du da einen Mann in den Tod, weil du seine Frau haben möchtest? Jetzt soll Unheil über deine Familie kommen. Einer aus deiner Familie wird dir noch einmal alle deine Frauen wegnehmen!“

Da sagt David: „Ich habe gesündigt gegen Gott!“ Seine Schuld ist ja noch weit größer als die des reichen Mannes in der Geschichte. Er hat einem Mann ein noch schlimmeres Unrecht zugefügt und hat deshalb sein Leben verwirkt. Aber er sieht seine Schuld wenigstens ein. Er bekennt sie und kann deshalb auch Vergebung erfahren.

Nathan sagt zu ihm: „Dann hat auch der Herr deine Sünde weggenommen, du wirst nicht sterben! Aber Strafe muß sein. Die Feinde Gottes sollen nicht spotten körnen. Deshalb soll dein Sohn sterben!“

Nathan geht. Aber das Kind wird schwerkrank. Wir können das schwer verstehen, daß ein Unschuldiger sterben soll. Aber einer muß eben die Strafe tragen. David hat das Kind lieb und möchte nicht, daß es stirbt. Tag und Nacht betet und fastet er, er ißt und trinkt nichts und seine Ältesten machen sich schon ernsthaft Sorgen um ihn. Als nach sieben Tagen das Kind stirbt, wollen sie es ihm gar nicht sagen. Aber er merkt, wie sie miteinander tuscheln und erfährt die Wahrheit.

Da steht er auf, wäscht sich und salbt sich, zieht andere Kleider an und geht in das Gotteshaus, um Gott anzubeten. David erkennt: Gott ist der Richter. Er will ein Opfer. Aber beugt sich dem Urteil Gottes. Wenn Gott das Opfer des Kindes annimmt, dann ist das auch ein Zeichen dafür, daß Gott ihm vergeben hat. Deswegen handelt David wieder normal. Sonst begann man erst mit dem Tod eines Menschen mit dem Fasten. Aber David sagt: „Jetzt ist es geschehen, ich kann doch nichts mehr daran ändern!“ Deshalb ist er ruhig und gefaßt, auch wenn es sicher schwer für ihn war. David merkt, daß Gott ihm wieder seine Gnade zugewendet hat.

Bathseba bringt noch ein Kind zur Welt. David nennt den Jungen „Salomo“. In diesem Namen ist das Wort für „Frieden“ (schalom) enthalten. Nun hat David wieder Frieden mit Gott. Der Junge wird von Nathan erzogen. Der gibt ihm den Namen „Jedidja“, was soviel heißt wie „Liebling Gottes“.

Von dem Kind heiß es ausdrücklich: „Der Herr liebte ihn!“ Hier wird schon etwas angedeutet von dem, was später geschehen wird. Die Frage ist doch: Welcher von der vielen Söhnen Davids wird einmal sein Nachfolger werden? Wer wird sitzen auf dem Thron Davids? Es kann nur einer sein, den der Herr liebt. Aber es wird ein langer Weg sein, bis Salomo der König werden kann.

 

 

Antwortgespräch:

Die Bibel schildert die Menschen so, wie sie sind. Auch David war kein Idealmensch. Auch ein von Gott erwählter Mensch ist ein Sünder, der nur durch Gott gerechtfertigt werden kann. Deshalb könnte der 51.Psalm tatsächlich von David stammen und in dieser Situation gebetet worden sein (Wird immer im Kindergottesdienst gesprochen). Ein König in Israel ist eben etwas anders als andere Könige, so wie wir etwas anderes sind als andere Menschen. Was sie vielleicht machen, ist uns noch lange nicht erlaubt. Das verbieten uns Gottes Gebote und solche Menschen wie der Prophet Nathan, der von Gott geschickt wurde.

Die Hofberichterstatter anderer Könige mußten immer ihren König wie einen Gott hinstellen. Alles Schlechte wurde so hingestellt, als sei es eine großherzige Tat gewesen. Normalerweise hätte man auch die Geschichte von David so verdrehen müssen, daß der König als ein Held dargestellt worden wäre. Dieser Geschichtsschreiber aber bezeugt mit seiner Darstellung den Glauben an der lebendigen Gott, vor dem sich niemand verbergen kann, der aber auch ein gnädiger und barmherziger Gott ist.

 

Etwas Ähnliches kann man von den Stifterfiguren im Naumburger Dom sagen. Sie stellen auch Menschen dar, wie sie sind, ohne Heilige aus ihnen zu machen. Die ganze Lebendigkeit und Weltlichkeit kommt bei der Darstellung der verschiedenen Charaktere zum Ausdruck. Neben der schönen Uta steht eine Eckehard, der sie sich auch mit Gewalt geholt haben könnte; aber wenn man beide von der Seite betrachtet, gehören sie doch wieder zusammen.

Dietmar hat ein Schild in der Hand, auf dem das Wort „getötet“ steht. Er hat die Hand an dem Schwert. Timo sieht heimtückisch aus, Zorn und Groll sprechen aus seinem Gesicht.

 Hier sind Menschen voller Leidenschaften und Untugenden dargestellt. Meist hängen wir uns die Uta ins Wohnzimmer, weil die anderen wohl zu sehr ein Spiegelbild von uns selber sind.

Wenn man allerdings im Dom zu diesen Figuren gehen will, muß man durch eine Tür, die gebildet wird durch das Kreuz Christi. Der ganze Westlettner stellt ja die Leidensgeschichte Jesu dar. Damit soll doch gesagt sein: Christus ist für diese Stifter gestorben, aber auch für jeden, der durch diese Tür hineingeht. Er läßt einen unschuldig leiden für die Schuld der anderen. Menschen mit all ihren Leidenschaften und Schwachheiten dürfen in die Kirche gehen. Aber wir können unsere Schuld nicht alleine abbüßen (David hat es vergeblich versucht), sondern ein anderer mußte für uns sterben.

 

David und Absalom (2. Samuel 13 - 24):

David war ein Mensch wie andere auch. Das wird in der Bibel nicht verschwiegen. Es wird zwar gesagt, wie ein idealer König sein sollte, aber dieses Idealbild ist zu groß, als daß es zu diesem Man passen könnte. Aber dadurch wurde auch verhindert, daß David wie ein Gott verehrt wurde, wie das bei den Königen der Umgebung üblich war. David war zwar ein Bandenführer und Ehebrecher und voller Schwächen gegenüber seinen Söhnen. Aber er war auch ein Mann nach dem Herzen Gottes: Er nahm der Sohn Jonathans an seinen Hof und nahm das Strafurteil Gottes an und versprach, sich zu ändern. So ließ er sich bei allen Fehlern doch vom Willen Gottes bestimmen. So wurde er zum Muster für alle späteren Könige in Israel.

Aber die Frage blieb doch: Würde Gott im Volk Israel einen Menschen finden, der der wahre König über das Volk sein würde? Würde einer ganz und ungeteilt den Willen Gottes tun können? Gott mußte diesen König ja nicht unbedingt aus dem Stamm Benjamin oder Juda nehmen. Er konnte sich ja einen ganz anderen „Fürst“ erwählen. Aber würde dann nicht das ganze Staatsgebilde aus Israel, Juda und Jerusalem auseinanderfallen und die unterworfenen Völker sich wieder selbständig machen? Es hing doch alles sehr an der Person Davids.

David hätte gern einen seiner Söhne zum Nachfolger gemacht, also ein ganzes Geschlecht von Königen gegründet („Dynastie“). Wäre das aber nach dem Willen Gottes? Indem die Stämme Israels sich das gefallen lassen? Sie waren es doch gewohnt, den König oder Führer aus ihrer Mitte zu wählen.

So ging es also um die Frage: „Wer wird sitzen auf dem Thron Davids?“ (1. Kön 1,27). Diese Frage wurde erst später entschieden. Aber sie ergab sich schon, als Davids erste Frau Michal ohne Kinder blieb. Dann kamen mehrere Söhne (und Töchter) von anderen Frauen dazu. Zuletzt noch das Kind der Bathseba, der Salomo. Welcher von den Söhnen würde dann wohl die Nachfolge Davids antreten? Würde einer unter ihnen sein, der ein Mann nach dem Herzen Gottes war?

Die Bibel stellt es eher so dar, wie es in einem Schlager heißt: „Von da an ging's bergab“ Oder so, wie es Friedrich Schiller in „Wallenstein“ ausdrückt: „Das ist der Fluch der bösen Tat, daß sie fortzeugend immer Böses muß gebären!“ So wird uns nun ein buntes Bild der Familie Davids geboten. Es zeigt Leidenschaft und Schuld, Rache und Brudermord, Aufruhr und Verfolgung. Wird dieses Königtum wohl zu halten sein?

Der erste Sohn Davids hieß Amnon, er war sozusagen der Kronprinz. Doch weil er seiner Halbschwester Thamar weh getan hatte, wurde er bei einem Festmahl von seinem Halbbruder Absalom (dem richtigen Bruder der Thamar) umgebracht.

Absalom mußte daraufhin zwar fliehen und sich drei Jahre verborgen halten. Aber mit der Zeit legte sich der Zorn seines Vaters wieder und er durfte an den Königshof zurückkehren. David aber will ihn nicht sehen, obwohl er eine wahrhaft königliche Erscheinung ist, ein schöner Mann, mit langem vollem Haar.

Erst nach zwei Jahren empfängt ihn David und verzeiht ihm damit. So wie David nach einer großen Schuld die Gnade Gottes hat erfahren dürfen, so begnadigt er nun auch Absalom.

Von da an tritt Absalom sehr selbstbewußt als Kronprinz auf. Zunächst besorgt er sich eine Leibwache von fünfzig Mann und einer Streitwagen mit Pferden. Dann versucht er, das Volk davon zu überzeugen, daß seine Herrschaft besser sein werde als die seines Vaters. Jeden Morgen geht er an das Tor der Königsburg und spricht mit den Leuten, die zum König wollen. Er fragt: „Wo kommst du her?“ Urd dann sagt er: „Deine Sache ist gut und recht. Aber du hast keinen beim König, der dich hört. Er gibt jetzt mehr auf seine Ratgeber als auf seinen eigener Verstand. Manche Leute zieht er, andere Dinge läßt er durchgehen und dann ist er wieder hart. Wenn ich doch schon Richter im Lande wäre, dann würde ich jedem zu seinem Recht verhelfen!“

Mancher fällt dann vor ihm nieder und will ihn als König verehren. Aber Absalom zieht ihn großzügig zu sich heran und küßt ihn. So macht er es mit allen Leuten, die zum König wollen, um dort ihr Recht zu erlangen. So gewirrt er sie mit der Zeit alle für sich, er „stiehlt das Herz der Männer Israels“. Dabei nutzt er auch die Spannungen zwischen den Staaten Israel und Juda aus. Weil David aus dem Stamm Juda war, mußten die Leute aus den anderen Stämmen befürchten, benachteiligt zu werden. Absalom aber zieht sie bewußt vor, um sie auf seine Seite zu bringen.

Nach vier Jahren wagt er den nächsten Schritt. Er geht zu seinem Vater und fragt ihn: „Vater, laß mich doch nach Hebron ziehen. Ich habe das Versprechen gegeben, daß ich dort ein Opfer bringen will!“ David erlaubt es, und der Weg ist frei für den bösen Plan Absaloms. Er läßt Boten zu den Stämmen Israel schicken, die überall verkünden: „Wenn ihr den Ton der Posaune hört, ist Absalom König in Hebron geworden!“Aus Jerusalem nimmt er 200 Männer mit. Außerdem läßt er Ahitophel, den Ratgeber Davids, aus seinem Ort holen.

Der Ort Hebron ist gut gewählt. Dort wurde Absalom geboren. Dort ist ein altes Heiligtum, in dem auch David gesalbt wurde. Hier kann auch der neue König gesalbt werden. Israel ist ja schon auf seiner Seite. Nun wird er auch noch Juda gewinnen. Immer mehr Leute sammeln sich um Absalom, die Verschwörung wird immer größer.

Als David davon hört, sagt er: „Laßt uns fliehen, denn nun wird Absalom nach Jerusalem kommen, um die Macht anzutreten. Wenn es aber zum Kampf kommt, wird nur die Stadt darunter zu leiden haben!“ Sie brechen gleich auf. Am letzten Haus Jerusalems läßt David alle an sich vorüberziehen, die ihm treu geblieben sind. Aber es sind im Grunde nur die Staatsbeamten und die Söldner aus fremden Ländern. So weit ist es also schon gekommen.

Zuletzt kommen auch die Priester und bringen die Bundeslade, damit sie nicht in die Hände Absaloms fällt. Sie meinen wohl auch: „Wenn die Lade dabei ist, wird Gott für David streiten!“ Aber der König sagt: „Finde ich Gnade vor Gott, dann wird er mich wieder zurückführen, so daß ich die Lade wieder sehen kann. Finde ich aber kein Gefallen an ihm, so mache er es mit mir, wie es ihm wohlgefällt. Bringt die Lade wieder zurück!“ Die Priester Zadok und Abjathar sollen mit in der Stadt bleiben und berichten, was dort geschieht.

Dann steigt David den Ölberg hinauf. Er hat sein Hauptverhüllt und ist barfuß und weint. Auch die Leute bei ihm verhüllen das Haupt und weinen. David weiß: Das alles liegt nicht nur an Absalom, sondern hier handelt auch Gott als Richter an ihm. Wie ein Bettler muß er nun seine Hauptstadt verlassen.

Doch der härteste Schlag kommt noch. Man meldet ihm: „Auch dein ehemaliger Ratgeber Ahitophel ist unter den Verschwörern!“ Da weiß David: Er wird gegen Absalom nichts ausrichten können. Was Ahitophel sagt, wird gemacht. Und er hat immer recht. Gegen diesen Mann wird e r nicht ankommen. So bleibt ihm nur der Hilferuf zu Gott: „Herr, laß doch den Rat Ahitophels nicht gelingen!“

Wie eine Antwort Gottes mag es ihm vorkommen, als ihm auf der Höhe sein Ratgeber Huschai begegnet. David sagt zu ihm: „Wenn du mit mir gingest, wärst du mir nur eine Last. Geh lieber in die Stadt und biete dich Absalom als Ratgeber an. So kannst du vielleicht den Rat Ahitophels zunichtemachen!“ David betet also nicht nur, sondern er handelt auch klug und überlegen. Gott handelt ja nicht durch Wunder, sondern durch Menschen.

Aber auch ein Feind hat sich aufgemacht, um David entgegenzutreten. Auf der anderen Seite des Ölbergs kommt Simei, einer aus der Familie Sauls. Er geht auf der anderen Seite des Tales, stößt Verwünschungen aus und wirft mit Steinen nach dem König.

Er flucht „Hinaus! Hinaus! Du Blutmensch! Weil du an Stelle Sauls König geworden bist, hat der Herr das Königtum von dir genommen und deinem Sohn Absalom gegeben! Nun steckst du im Unglück, weil du ein Blutmensch bist!“

Doch David erträgt das alles und nimmt es aus Gottes Hand. Er läßt nicht zu, daß man dem Mann das Maul stopft, sondern sagt: „Wenn schon mein Sohn mir nach dem Leben trachtet, wieviel mehr wird es da ein Nachkomme Sauls tun? Vielleicht sieht der Herr mich gnädig an in meinem Unglück und gibt mir Glück anstatt des Fluchs, der mich heute trifft!“

Unterdessen. hat Absalom die Stadt Jerusalem eingenommen. David ist nicht mehr da. Doch Ahitophel rät: „Gib mir 12.000 Mann, mit denen ich David sofort verfolgen kann. Ich will ihn überfallen, solange er noch müde und verzagt ist. Wenn wir überraschend kommen, werden seine Leute fliehen und ich kann ihn allein erschlagen. Nur einer soll sterben, aber das Volk soll verschont werden!“

Huschai aber gibt einen anderen Rat und sagt: „David ist ein starker Kriegsmann und gönnt seinen Leuten keine Nachtruhe. Er ist wie eine Bärin, der die Jungen geraubt sind. Es ist besser, erst das ganze Heer Israels zu sammeln, damit wir ihn sicher schlagen. Und wenn er sich in eine Stadt zurückzieht, können wir jene Stadt mit allen Mann zerstören!“

Absalom und seine Leute halten diesen Rat für besser. So hat Gott es verhindert, daß der Rat Ahitophels ausgeführt wurde und Unheil über Absalom gebracht wurde. Huschai schickt Boten zu David, damit er noch in der Nacht über den Jordanfluß geht. Das ist auch möglich. Ahitophel erkennt bald, daß sein Rat nicht befolgt wird und Absalom verloren ist. Er geht wieder nach Hause und erhängt sich.

 

David aber erreicht die befestigte Stadt Mahanaim im Ostjordanland. Dort ordnet er seine Truppen und setzt drei Hauptleute über sie ein. Er will selber auch mit in den Kampf ziehen. Aber die Soldaten bitten ihn: „Hinter dir sind sie doch her, sie wollen dich haben! Darum bleibe hier in der Stadt! Du kannst uns ja auch von hier aus helfen!“ Das sieht David ein. Er sagt aber: „Verfahrt mir sanft mit Absalom!“ Er ist eben doch sein Sohn und der Vater hat ihn auch jetzt noch lieb.

In einem dichten und unwegsamen Wald kommt es zur Schlacht. Das Heer Israels ist den geübten Berufskriegern Davids nicht gewachsen. Viele kommen schon allein durch den Wald um. Auch Absalom wird ein Opfer des Waldes: Als er mit seinem Maultier unter einer Eiche dahinjagt, bleibt er mit den Haaren in den Ästen hängen. Das Tier läuft unter ihm fort und er schwebt zwischen Himmel und Erde.

Ein Mann meldet es dem Feldhauptmann Joab. Der sagt: „Warum hast du ihr nicht gleich erschlagen? Ich hätte dir zehn Silberstücke und einen Gürtel dafür gegeben!“ Aber der Mann antwortet „Auch für tausend Silberstücke hätte ich nicht Hand an den Sohn des Königs gelegt. Denn wir waren doch alle dabei, als der König dir gebot: Gebt ja acht auf meinen Sohn!“ Da geht Joab selber hin und stößt Absalom drei Spieße ins Herz und seine zehn Waffenträger schlagen ihn vollends tot. Danach schichten sie einer großer Steinhaufen über ihm auf. So üben sie Gericht über Absalom, weil er die Hand gegen den König erhoben hat.

David wartet am Stadttor. Boten kommen und beglückwünschen ihn: „Der Herr hat dir Recht gegeben gegen deine Feinde!“ Aber David fragt nur: „Geht es Absalom gut?“ Doch der Bote sagt: „Möge es allen Feinden meines Königs so gehen wie dem Jüngling!“ Da weiß David, daß Absalom tot ist. Er geht in sein Zimmer und ruft: „O Absalom, mein Sohn! O wäre ich für dich gestorben!“

 

 

Da geht Joab hinein zum König und ruft ihn zur Ordnung: „Du trauerst mehr um deinen Sohn als um deine Soldaten, die dich liebhaben. Das ist nicht recht. Gehe hinaus zu den Leuten und sprich freundlich zu ihnen. Sonst werden sie dir noch heute Nacht alle davonlaufen!“ Da geht David auch zu seinen Soldaten, damit der Sieg nicht noch verspielt wird. Die Abgesandten Judas und Israels kommen, um David wieder zurückzuholen. Auch der Mann, der ihn verflucht hatte, ist als erster unter ihnen. Einer will ihn umbringen. Aber David sagt: „Heute darf keiner in Israel getötet werden, weil ich wieder König geworden bin!“

 

F. Salomo

 

Salomo wird König (1.Kön 1 - 11):

Nach den Tode Absaloms ist Adonia der nächstälteste Sohn Davids. Er versucht auch bald, König zu werden, indem er sich eine Leibwache zulegt und seine Brüder und die Großen Israels zu einem Opfermahl einlädt. Nur seinen Bruder Salomo, den Propheten Nathan und einige andere, die zu David halten, hat er nicht eingeladen. Als nun Nathan davon hört, schickt er Bathseba zum König, damit sie ihn an sein Versprechen erinnere, daß Salomo sein Nachfolger sein soll. Auch Nathan geht zu dem alt gewordenen König und fragt ihn „Hast du gesagt, daß Adonia sich zum König machen soll? Hast du deine Großen nicht wissen lassen, wer auf dem Thron meines Königs nach ihm sitzen soll?“

Da befiehlt David dem Priester Zadok und dem Propheten Nathan, seinen Sohn Salomo zum König zu salben, wie er es versprochen hatte. Sie setzen Salomo auf das Maultier des Königs und ziehen zu einer Quelle, wo Zadok sein Ölhorn nimmt und Salomo salbt. Dann wird er zum König über Israel ausgerufen und besteigt den Thron. Als Adonia davon hört, flieht er ins Heiligtum und hält sich an den Ecken des Altars fest, so daß ihn niemand mehr töten darf. Salomon aber verspricht ihm, daß er ihm nichts antun wird, wenn er sich still verhält. Da geht er wieder in sein Haus.

Eines Tages merkt David, daß er wird sterben müssen. Er sagt zu Salomo: „Ich gehe den Weg aller Welt. So sei getrost und sei ein Mann und diene dem Herrn, daß du lebst in seinen Wegen und hältst seine Gebote!“Das ist die Erfahrung, die David in seinem Leben hat machen können. Hätte Gott ihn nicht geführt, wäre er nicht so weit gekommen. Salomo soll es ihm nachmachen.

Als David gestorben ist, besteigt Salomo den Thron. Er schaltet zunächst alle Männer aus, die ihm gefährlich werden können: Seinen älteren Bruder läßt er unter dem Vorwand umbringen, er habe eine der Frauen seines Vaters haben wollen. Den Priester Abjathar läßt er in seinem Heimatort gefangensetzen. Urd schließlich läßt er auch noch der Feldhauptmann Joab umbringen, obwohl er sich an den Altar im Zelt Gottes geflüchtet hat. Es geht sehr menschlich zu bei der Regelung der Thronfolge Davids. Aber zuletzt kommt doch Gott zum Zug. Keiner kann sich selbst zum König machen. Nur wenn Gott ihn liebt wie den Salomo, kann er König werden und das Königtum festigen.

Salomo ist nicht aus dem Volk hervorgegangen, sondern er tritt als Königssohn die Nachfolge seines Vaters an. Dadurch ist bei ihm manches anders. Er lebt in Glanz und Reichtum, will ein richtiger König werden mit Palast und Dienerschaft. Dadurch entfremdet er sich immer mehr vom Volk, er wird zur „Majestät“ und geht mit den Leuten nur noch streng und förmlich um.

Er setzt zwölf Statthalter über ganz Israel ein. Je einer von ihnen muß dafür sorgen, daß der Königshof für einen Monat versorgt wird. Die Leute werden also allerhand Abgaben haben geben müssen. Aus freien Bauern werden Untertanen.

Für sein ständiges Heer schafft er Streitwagen an, baut Kasernen und Wagen- und Reiterstädte. Allerdings braucht er keine Kriege zu führen sondern wendet andere Mittel an: Er heiratet Töchter des Königs von Ägypten und des Königs von Ammon. Mit der Stadt Tyrus schließt er einen Handelsvertrag über Großbauten ab. Zum Königtum Saba nimmt er freundschaftliche Beziehungen auf.

Aber dadurch werden auch die ausländischen Einflüsse stärker. Immer mehr Frauen nimmt er in seinen Hofstaat auf. Aber für jede Ausländerin muß er ein eigenes Gotteshaus bauen. Für seine Großbauten läßt er ausländische Bauleute kommen, die natürlich in der Art der Fremden bauen. Der Handel blüht auf, durch Steuern und Zölle wird der König reich. Aber das Reich Salomos ist nicht mehr das alte Israel, das allein von Gott abhängt. Salomo hat viel von den Königen der Umgebung übernommen. Aber es gelingt ihm doch nicht, ein einheitliches Reich zu schaffen.

Durch die drückender Abgaben an den Königshof wird der Gegensatz zwischen Nord und Süd immer stärker. In Jerusalem und Umgebung entsteht eine Schicht von Großgrundbesitzern. Die Reichen werden immer reicher, die Bauern aber zu Pächtern und die Hirten zu Viehzüchtern der Reichen.

 

Auch in Glaubensdingen gibt es Spannungen. Auf dem Lande hält man am alten Glauben fest und protestiert gegen die Duldsamkeit des Königs gegenüber fremden Religionen und gegen die Verfälschung Gottes zu einem Staatsgott. Andererseits hat Salomo auch vieles von dem Gott Israels begriffen. Er hat Gott, den Herrn, lieb und richtet sich nach seinen Geboten und nach dem, was sein Vater ihm gesagt hatte. Und als er einmal bei der Stadt Gibeon ein Opfer gebracht hat, erscheint ihm Gott nachts im Traum und sagt: „Bitte, was ich dir geben soll!“ Was hätten wir uns wohl gewünscht, wenn wir einen Wunsch frei hätten?

Salomo bittet nicht um Macht und Reichtum, um Ansehen und Ehre bei den Menschen, um Glück und Zufriedenheit. Er sagt: „Du hast mich zum König gemacht. Aber ich bin noch jung und weiß manchmal nicht mehr aus noch ein. Gib mir ein gehorsames Herz, damit ich verstehe, was gut und böse ist und Richter über mein Volk sein kann!“

Salomo bittet also um die „Weisheit Gottes“. Von den Sprüchen der Weisheitslehrer in Ägypten hatte Salomo schon gehört. Sie wollten die jungen Leute zu Anständigkeit und gutem Benehmen erziehen, ihnen auch Klugheit und Verstand beibringen. Aber Salomo möchte, daß auch der Glaube an Gott dazukommt, ein Leben nach dem Worte Gottes und nach seinen Geboten. Das muß ihm von Gott geschenkt werden, das kann er sich nicht durch Lernen aneignen. Er hat sich schon mehrfach als Dichter versucht. Aber die Weisheit Gottes fehlt ihm noch. An ihm soll einmal nicht seine Kriegstüchtigkeit gerühmt werden wie sein Vater, sondern er möchte als ein Friedensherrscher in die Geschichte eingehen, als einer der sein Volk mit Weisheit und Liebe regiert.

Gott antwortet ihm: „Weil du weder um langes Leben noch um Reichtum noch der Tod deiner Feinde gebeten hast, so will ich deinen Wunsch erfüllen. Ich gebe dir ein weises und verständiges Herz, so daß einer wie du weder vorher gewesen ist noch später aufkommen wird. Ich will dir aber auch das geben, worum du nicht gebeten hast: Reichtum und Ehre, wie sie kein König zu deiner Zeit hat. Und wenn du nach meinen Geboten lebst, will ich dir auch ein langes Leben geben!“

Salomo wird bald Gelegenheit bekommen, seine Weisheit unter Beweis zu stellen. Zwei Frauen kommen zu ihm, damit er einen Streit zwischen ihnen schlichte. Sie haben beide fast zur gleichen Zeit im gleichen Haus ein Kind zur Welt gebracht. Aber die eine Mutter hat ihr Kind aus Versehen im Schlaf erdrückt. Doch sie hat der anderen ihr Kind heimlich weggenommen und ihr das tote Kind in den Arm gelegt.

Am Morgen bemerkt sie die Vertauschung. Nun streiten sich die Frauen, wem das noch lebende Kind gehören soll. Da läßt sich Salomo sein Schwert bringen und sagt: „Teilt das Kind in zwei Teile und gebt jeder Frau einen Teil!“ Doch da geht die eine Frau dazwischen und ruft: „Tötet es nicht, laßt es lebendig! Gebt es lieber der anderen Frau!“ Die andere aber sagt: „Es sei weder mein noch dein. Laßt es teilen!“

Da spricht der König Salomo: „Gebt das Kind der ersten, denn das ist die Mutter. Sie hat nicht gewollt, daß ihr Kind getötet wird, lieber soll es die andere Frau haben. Sie hat ihr Kind wirklich lieb und ist deshalb die echte Mutter!“ Als die Leute von diesem salomonischen Urteil hören, sprechen sie voll Ehrfurcht von dem König. Sie merken: In ihm ist die Weisheit Gottes, daß er ein solches Urteil sprechen konnte.

Die eigentliche Weisheit Salomos dürfte aber der Bau eines Tempels gewesen sein. Gewiß wollte Salomo dem Reich dadurch auch einen sichtbaren Mittelpunkt geben. Aber dadurch wurden auch all die kleinen Heiligtümer im Lande überflüssig. Gott sollte jetzt nur noch an einem Ort verehrt werden. „ E i n Gott, e i n Tempel“ sollte nun gelten, und natürlich auch:  e i n König.

Aber ein König braucht auch eine prächtige Hauptstadt und einen schönen Palast. Weil ihm der Palast Davids nicht mehr ausreicht, schließt Salomo einen Vertrag mit dem König von Tyrus: Er wird Wein und Öl nach Tyrus liefern, dafür dürfen seine Arbeiter im Libanongebirge Zedern und Zypressen fällen. Außerdem wird der König von Tyrus ihm Baumeister und Handwerker stellen, denn nur sie wissen, wie man so herrliche Gebäude baut. Steine sollen in der Nähe von Jerusalem gebrochen werden.

Die Davidsstadt ist Salomo zu klein geworden. Nach Osten und Westen kann sie aber nicht erweitert werden, weil dort tiefe Täler sind. So zieht Salomo auf die Höhe im Norden und läßt dort in großzügiger Anlage einen Palast und auch einen Tempel errichten, beide von einer gemeinsamen Mauer umgeben. Der Tempel wird zwar an einer alten heiligen Stätte der früheren Bewohner Jerusalems errichtet, aber er ist doch das Haus des Königs, ein Staatsheiligtum, in dem nur der König etwas zu sagen hat.

 

Der Tempel hat etwa die Größe einer heutigen Dorfkirche. Er ist 35 Meter lang, 10 Meter breit und 15 Meter hoch. Durch eine 5 Meter lange Vorhalle kommt man in der Hauptraum, das „Heilige“, wo der Räucheraltar steht, dazu der Leuchter und der Tisch mit den Schaubroter; hier bringen jeden Tag die Priester die Opfer dar. Dahinter ist das 10 Meter lange „Allerheiligste“, das etwas erhöht liegt; dieses darf nur der Oberpriester betreten.

Dorthin läßt Salomo die Bundeslade mit den Tafeln der zehn Gebote bringen. So ist der Tempel doch nicht nur ein „Haus des Königs“, sondern auch ein Haus des Volkes Israel, weil nun das alte Heiligtum des Volkes dort steht. Die Lade erhält im Tempel den Platz, wo bei den anderen Völkern das Götterbild stand. Israel hat kein Bild seines Gottes. Aber es nimmt an, daß Gott sich unsichtbar über der Lade aufhält. Wenn man ihr dort anruft, wird er es bestimmt hören.

David hatte den Tempel noch nicht bauen dürfen, aber Salomo darf es. Allerdings sagt Gott zu ihm: „Nur wenn du nach meinen Geboten lebst, will ich das Wort erfüllen, das ich deinem Vater David gegeben habe. Dann werde ich mitten in Israel meine Wohnung nehmen und mein Volk Israel nicht verlassen!“ Jetzt will sich also Gott nicht mehr an die Familie Davids binden, sondern an den Tempel. Aber er hofft auch, ein Volk zu finden, das an ihn glaubt und in dort verehrt. Durch den Tempel soll ja kein neuer Glaube entstehen, der Glaube an den Gott vom Berge Sinai wird nur weitergeführt.

Zum großen Einweihungsgottesdienst kommen alle Vertreter der zwölf Stämme Israels. Der König spricht den Spruch zur Einweihung. Er sagt: „Gott hat gesagt, er wolle im Dunkeln wohnen. So habe ich ihm nun dieses Haus gebaut als eine Wohnung, wo er für immer wohnen kann. Mein Vater durfte ein solches Haus noch nicht bauen. Aber sein Sohn, der sollte es bauen. Das alles ist nun in Erfüllung gegangen. Gott, du bist doch der Bauherr und Eigentümer, nimm nun auch dein Haus in Besitz!“

Dann wendet sich Salomo dem Volk zu, erhebt die Hände und beginnt zu beten: „Herr, Gott Israels, dir ist kein Gott gleich. Du erfüllst alles, was du versprichst. So mache nun auch das Wort wahr, das du schon meinem Vater David gesagt hast!“ Salomo möchte so gern, daß Gott auch das Geschenk annimmt, das er ihm hin gebaut hat.

Aber kann Gott denn überhaupt auf der Erde wohnen? Salomo spricht: „Der Himmel und aller Himmel Himmel können dich nicht fassen. Wie sollte es da ein Haus können, das ich dir gebaut habe? Aber höre doch jetzt das Gebet, das dein Knecht zu dir spricht an dieser Stelle. Höre auch die Gebete des Volkes. Wenn du es hörst in deiner eigentlichen Wohnung, im Himmel, dann erhöre es doch und sei uns ein gnädiger Gott. Wenn eine Not über das Volk kommt und es fleht zu dir, dann hilf ihm doch. Und selbst wenn sie eine Sünde getan haben, dann erbarme dich doch über sie!“

Dann steht er vom Altar auf und segnet das Volk mit den Worten: „Keine der Verheißungen Gottes ist unerfüllt geblieben. Gott hält, was er verspricht. Auch der Bau des Tempels war möglich. Aber auch ihr müßt nun ganz Gott gehorsam sein. Betet ihn nun wirklich im Tempel an. Seid rechtschaffen und lebt nach den Sitten Gottes und haltet seine Gebote!“ Dann werden Opfer dargebracht und 14 Tage lang gefeiert.

Gott bestätigt auch dem Salomo, daß er sein Gebet erhört hat. Er erscheint ihm im Traum und sagt ihm: „Meine Augen und mein Herz sollen immer im Tempel sein. Und wenn du dich an meine Gebote hältst, dann will ich dein Königtum über Israel bestätigen. Werdet ihr euch aber von mir abwenden, so werde ich Israel ausrotten und dieses Haus wieder zerstören. Glaube und Leben gehören zusammen. Wenn ich euch erwähle, dann will ich auch eine entsprechende Antwort hören!“

Auch der König von Tyrus bewundert den entstandenen Tempelbau. Und selbst die Königin von Saba in Arabien kommt zu Salomo, um selber nachzuprüfen, ob die Nachnichten über Salomo stimmen. Sie prüft seine Weisheit und lobt seinen Tempel und sagt: „Weil der Herr Israel liebhat, hat er dich zum König eingesetzt!“ Geschenke werden ausgetaucht. Salomo wird immer reicher. Der Segen Gottes wirkt sich sichtbar an ihm aus.

Aber Salomos Herz war nicht ungeteilt mit dem Herrn. Er hatte viele Frauen und hatte sie lieb. Vor allem hatte er Töchter praktisch aller Nachbarkönige geheiratet. Sie kamen in seinen Palast, aber er mußte ihnen auch ihren Glauben lassen. Ja, er baute sogar neue Tempel für sie in der Nähe Jerusalems. Und als er älter wird, interessiert er sich sogar selber für die fremden Götter. So wird er abhängig von seinen Frauen und ihren Göttern. Das aber wird der Anfang vom Ende des Gottesvolkes sein.

Gott sagt zu Salomo: Weil du meinen Bund und meine Gebote nicht gehalten hast, will ich das Königreich von dir reißen. Du sollst noch König bleiben, um deines Vaters David willen, Aber dein Sohn soll nur noch über e i n e n Stamm Israels regieren!!“ Noch zu Salomos Lebzeiten machen sich einige der unterworfenen Völker wieder selbständig und auch sein Nachfolger Jerobeam wird schon von dem Propheten Ahia von Silo zum König gesalbt. Als Salomo davon hört, will er Jerobeam umbringen; der flieht jedoch nach Ägypten, bis Salomo gestorben ist.

 

Salomo war also nicht der Nachkomme Davids, der die Herrschaft Gottes verwirklichte. Er hat zwar einen Tempel gebaut, aber auch durch seinen Ungehorsam das göttliche Gericht heraufbeschworen. Die Bedeutung des Tempels ist dadurch nicht hinfällig geworden, aber die Frage nach dem rechten Friedenskönig blieb offen. Das erkannte man, als das Volk längst in der Gefangenschaft war. Da wurde es von den anderen Völkern wegen seines Schicksals verspottet. Sie fragten sich: „Wie hatte das alles kommen können? Wir hatten doch einen weisen König? Wir hatten doch ein prachtvolles Gotteshaus? Doch dann wird ihnen deutlich: Das war die Strafe Gottes für den Ungehorsam Salomos und des Volkes Israel. Aber die Verheißungen Gottes gelten immer noch. Nur kann das israelitische Königtum nicht die Gottesherrschaft auf Erden verwirklichen. Da muß ein anderer Friedenskönig kommen. Mit Jesus Christus hat die Herrschaft Gottes dann begonnen.

 

Historisch gesehen sagt man:

Mehr noch bei seinem Nachfolger Salomo greift die Bibel in die Vollen. 700 Angetraute leben im Harem dieses Regenten. 300 weitere Frauen liebkost er auf unehelicher Basis. Sein Palast ist riesig und gemütlich mit Teppichen ausgelegt. Und

ehe Schatulle quillt über: Laut Bibel übertraf Salomo „an Reichtum alle Könige der Erde“.

Auch kulturpolitisch klotzt der Monarch. Mose, als Wüstennomade, hatte noch im „Offenbarungszelt“ dem Herrn geopfert. Salomo errichtet Gott nun ein Haus aus Stein. Es ist „ganz mit Gold überzogen“ und innen mit libanesischer Zeder ausgeschlagen. Im Allerheiligsten steht die Bundeslade.

Alle Versuche, dieses Heiligtum archäologisch nachzuweisen, sind allerdings gescheitert. „Wir haben nicht mal den Grundriß des Tempels“, gibt der Forscher Bloedhorn zu. Kein Zweifel, das Alte Testament fabuliert. Hütten werden zu Palästen hochstilisiert. Die Landnahme in Kanaan ist Unsinn.

 

Die Reichsteilung (2. Sam 11 und 12):

Unter den Arbeitern Salomos war auch einer mit Namen Jerobeam. Er gehörte zu den Nordstämmen und hatte keinen Vater mehr. Viel lieber wäre er bei seiner Mutter geblieben und hätte sie unterstützt. Aber nun muß er hier in Jerusalem für den König arbeiten und einen Teil der Stadtmauer mit bauen.

Jerobeam ist ein fleißiger und tüchtiger Arbeiter. Er fällt durch seine gute Arbeit auf und wird bald zum Aufseher über die anderen angestellt. Aber dennoch findet es Jerobeam nicht gut, daß der König seine Landsleute so hart arbeiten läßt. Er wendet sich deswegen an den König und droht ihm sogar und will ihn schlagen. Das kann sich der König natürlich nicht bieten lassen. Er will Jerobeam umbringen, doch der verläßt die Stadt.

Da tritt ihm auf freiem Feld der Prophet Ahia von Silo entgegen. Der nimmt seinen neuen Mantel und zerreißt ihn in zwölf Stücke und sagt: „Nimm dir zehn Stücke. Denn so spricht der Herr: Ich will Salomo das Reich entreißen und dir zehn Stämme geben. Nur einen Stamm sollen die Söhne Davids behalten, nämlich Juda und die Stadt Jerusalem. Um Davids willen soll diese alte Verbindung bestehenbleiben. Du aber, Jerobeam, wirst König werden über Israel. Wenn du ganz auf mich vertraust, dann sollen auch deine Nachkommen wieder Könige werden über die Stämme Israels. Dann will ich dir ein ewiges Reich bauen, so wie ich es David gebaut habe. Wenn du glaubst, soll dein Reich bestehenbleiben!“

 

 

Nun waren Israel und Juda niemals ein Reich, sondern sie waren nur für eine kurze Zeit durch die Person eines Königs und seines Sohnes miteinander verbunden gewesen. Aber diese Verbindung muß nicht für immer bestehen. Den Stämmen Israels haben sicher die Fronarbeiten im Süden des Landes nicht gefallen, sie wollten die harte Herrschaft Salomos wieder abschütteln. Dadurch kam es zur Trennung wieder in zwei Staaten.

Als Salomo stirbt, wird sein Sohn Rehabeam der König über Juda und Jerusalem. Daraufhin ziehen die Ältesten Israels nach Sichem, um Rehabeam auch zum König über Israel zu machen. Doch sie fordern von Rehabeam: „Dein Vater hat uns schwere Lasten auferlegt. Mache du die Laster leichter, dann sollst du unser König sein!“ Rehabeam ist zunächst bestürzt und bittet sich drei Tage Bedenkzeit aus. Er berät sich zunächst mit den Ratgebern seines Vaters. Sie sagen: „Gib ihnen heute nur nach, sie werden dir schon gehorchen, wenn du erst einmal König bist!“

Aber Rehabeam gefällt dieser Rat nicht. Er will doch genauso großartig leben und bauen wie sein Vater. So ruft er seine Freunde zusammen, die mit ihm aufgewachsen sind, und fragt sie um Rat. Diese reden ihm ein, er solle denen aus dem Norden sagen: „Hat mein Vater euer Joch schwer gemacht, so will ich es noch schwerer machen. Hat mein Vater euch mit Peitschen geschlagen, so will ich euch mit Skorpionen schlagen!“ Sie fühlen sich also als Herren über die anderen. Sie verstehen sich nicht mehr als Brüder unter Brüdern, sondern wollen von der Arbeit der unteren Schichten leben.

Als die Vertreter Israels aber diese Antwort Rehabeams hören, weigern sie sich, Rehabeam als König über Israel anzuerkennen. Sie gehen in ihre Zelte zurück und singen ein Lied, das ihren Willen deutlich macht: „Was haben wir Anteil an David? Wir haben kein Erbe an dem Sohn Isais. Auf, Israel, zu deinen Zelten! Nun sieh zu deinem Hause, David!“

Niemals soll wieder ein König aus der Familie Davids über die Stämme Israels herrschen. Rehabeam bleibt nichts anderes übrig, als schnell nach Jerusalem zu fliehen.

Den Vertretern Israels aber fällt ein, daß ja Jerobeam wieder aus Ägypten zurückgekehrt ist. Sie lassen ihn holen und machen Jerobeam zu ihrem König. So ist das Wort des Propheten Ahia in Erfüllung gegangen. Gott hat es so kommen lassen. Er hat dem Sohn Salomos gezeigt Wenn ihr nicht mit mir rechnet, dann verrechnet ihr euch. Ihr meint, ihr könntet alles allein, könntet tun und lassen, was ihr wollt. Aber da irrt ihr euch; „Ich bin der Herr!“

Rehabeam versucht noch einmal, mit Waffengewalt die Macht auch über die zehn Stämme im Norden anzutreten. Aber seine Leute folgen ihm nicht, sie erkennen: Gott hat es so gewollt. Von nun an gibt es zwei Könige und zwei Reiche.

Aber sie haben nur einen Gott. Und sie haben nur ein Heiligtum, die Bundeslade. Diese aber steht im Tempel in Jerusalem. Alle Israeliten ziehen nach dorthin, um zu beten - auch die aus dem Norden. Das aber paßt dem König Jerobeam nicht. Wenn meine Leute die prächtige Stadt Jerusalem sehen und ihren schönen Tempel, dann werden sie sich wieder dem König Judas zuwenden. So überlegt er ständig, was er wohl machen kann, damit die Israeliten nicht mehr nach Jerusalem gehen.

Aber er bespricht das nicht mit der Ältesten Israels, bespricht die Sache auch nicht mit dem Propheten Ahia von Silo. Vielmehr sieht er, wie die anderen Völker das machen. Einige haben Stierbilder, in denen sie ihre Götter verehren. Sie sagen: „Unser Gott steht auf dem Stier, wir können ihr nicht sehen, aber wo der Stier ist, da ist auch unser Gott!“

„So etwas müßte man auch haben!“ denkt Jerobeam. Warum soll Gott nur im Tempel von Jerusalem bei der Bundeslade zu finden sein!? Er läßt auch zwei Stiere herstellen, die mit Goldblech überzogen sind. Einen läßt er in einem Tempel in Dan ganz im Norden des Landes aufstellen, den anderen in einem Tempel in Bethel, ganz im Süden des Landes. So weit reicht sein Reich, kein Untertan soll über diese Grenze hinausgehen.

Er sagt seinem Volk: „Lange genug seid ihr nach Jerusalem gezogen, um dort anzubeten. Das hier sind deine Götter, Israel, die dich aus Ägypten heraufgeführt haben. Hier sollt ihr jetzt eure Gottesdienste halten und eure Opfer bringen, hier ist Gott jetzt zu finden!“ So soll also Israel nichts mehr gemeinsam haben mit Juda - auch ihren Gott sollen sie allein haben. Aber die Leute sind es zufrieden, sie haben jetzt nicht mehr so einen weiten Weg, wenn die großen Feste des Volkes gefeiert werden.

Damit aber ist der echte Glaube Israels verlassen.

Viele werden denken: Jetzt haben wir Götter wie die anderen Völker. Wir können etwas sehen, wir können Gott zum Diener unserer Wünsche machen. Sie wollten zwar an den Stierbildern den alten Gott verehren und anbeten. Aber bald läßt Jerobeam noch andere Heiligtümer auf bestimmten heiligen Bergen einrichten, wie das die Einheimischen taten Er setzt Priester ein, die nicht aus dem Stamm Levi stammen. Er führt auch ein neues großes Fest ein, um die Konkurrenz in Jerusalem endgültig auszuschalten.

Weil Jerobeam eigenmächtig gehandelt hat, wird auch seine Familie untergehen. Auch sein Volk wird er mit in das Unglück hineinreißen. Gott ist nicht untreu geworden. Vielmehr hat Israel ihm nicht mehr getraut und das erste und das zweite Gebot nicht mehr beachtet. Deswegen ist es bestraft worden. Es hat zwar noch eine ganze Reihe von Königen gegeben, in Israel und in Juda. Aber immer wird von ihnen gesagt, daß sie die „Sünde Jerobeams“ noch größer gemacht haben. Gott galt immer weniger in seinem Volk. Deswegen wurde das Nordreich Israel im Jahre 722 vernichtet, und auch Juda wurde im Jahre 585 erobert und Jerusalem zerstört. Das Volk wurde in die Gefangenschaft nach Babylon geführt und konnte dort über die Geschichte des Volkes nachdenken und sein Leben ändern.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Die Propheten

 

Ein Prophet ist ein Gesandter Gottes, der einen Auftrag Gottes auszuführen hat- Er ist kein Zukunftsdeuter, denn Zukunftsdeuter sind meist ohne Beziehung zu Gott. Die meisten Propheten wurden berufen, wenn auch meist nach einigem Sträuben: Samuel wird dreimal gerufen, dem Elisa wird der Mantel des Elia umgehängt, Moses sieht den brennenden Busch, Jesaja wird durch eine glühende Kohle rein gemacht und erhält seinen Auftrag im 6.Kapitel. Nicht alle Propheten haben wie die „Schriftpropheten“ auch Schriften hinterlassen.

 

 

G. Der Prophet Elia (1. Kön 17 - 21)

Einstieg:

Nach dem Zweiten Weltkrieg gab es in unserem Land eine schwere Hungersnot. Manche Mutter wußte nicht, wie sie ihre Kinder satt bekommen sollte. Heute denkt schon niemand mehr daran. Damals, in der schlimmen Not, haben viele Menschen wieder den Weg zu Gott gefunden. Sie haben das Beten wieder gelernt und haben Gott für alles gedankt, was sie trotz der Not noch erlangen konnten. Heute brauchen wir nicht mehr zu hungern. Dafür sollte wir Gott danken und ihm gehorsam sein. Aber viele Leute denken: „Uns geht es gut, da brauchen wir keinen Gott!“ Da wird Gott ihnen vielleicht zeigen müssen, daß er der Geber aller Gaben ist. So war es jedenfalls im Volk Israel, als man Gott immer mehr vergaß.

Nach der Trennung in zwei Reiche hatte es Israel weit schwerer als Juda. Dort hatte man wenigstens die Hauptstadt Jerusalem und den Tempel und nur Leute‚ aus der Familie Davids regierten. Im Nordreich aber wurde fast jeder zweite König ermordet, weil jeder neue Herrscher eine neue Königsfamilie begründen wollte. Einer von ihnen war der Feldhauptmann Omri gewesen, der den Berg Samaria gekauft hatte, auf dem er eine starke Burg und Festung anlegen ließ. In seiner neuen Hauptstadt ließ er auch ein eigenes Tempelheiligtum in der Art der Nachbarvölker errichten.

Sein Sohn Ahas versuchte, ein Verteidigungsbündnis gegen die immer stärker werdenden Assyrer zu schaffen. Er begnadigte seinen Erzfeind Benhadad von Damaskus und heiratete Isebel, die 'Tochter des Königs von Sidon. Isebel bringt mit ihrem Hofstaat auch ihre Götter mit, für die in Samaria ein eigener Tempel errichtet wird. Durch die Heirat kam das Gebiet des Berges Karmel wieder an Israel. Dort hatte einmal ein Altar für den Gott Israels gestanden. Aber er war ersetzt worden durch einen Altar für fremde Götter.

In dieser Zeit tritt in Israel der Prophet Elia auf. Er gehört zu den strenggläubigen Leuten im Land und will nicht dulden, daß auch noch andere Götter verehrt werden. Er betrachtet Israel und Juda als eine Einheit und macht deutlich, daß Gott vom ganzen Volk viel Vertrauen und Gehorsam fordert. Es kann niemals Gott und den Göttern seiner Umwelt gleichzeitig dienen, man kann nicht dem Anspruch Gottes entrinnen.

 

Erzählung: Bei der Witwe von Zarpath (Kapitel 17)

Plötzlich ist er da der Prophet Elia aus dem Land östlich des Jordans. Er geht zum König Ahab in den Palast und sagt ihm: „So wahr Gott lebt: Es soll diese Jahre weder Tau noch Regen kommen, bis ich es sage!“ Das ist ein mutiges Wort. Er muß ja damit rechnen, daß der König ihn dafür zur Verantwortung zieht. Er wird ihn für das von ihm angekündigte Urteil verantwortlich machen.

Aber Elia ist nur der Bote Gottes, er kann sich nicht aussuchen, was er zu sagen hat, er vermittelt nur zwischen Gott und dem König. Gott will seinem Volk auf anschauliche Weise deutlich machen, wem es seine Ernte verdankt. Manche meinten nämlich für die Fruchtbarkeit des Landes seien die Götter der Einheimischen zuständig. Da macht ihnen Gott deutlich, wer der Herr im Lande ist. Er ist nicht nur der Herr der Wüste, sondern auch des Kulturlandes. Das zeigt er, indem er dem Land den Regen verweigert. Da aber tritt der Prophet Elia dem König entgegen und verweist auf Gott. Er macht dem König deutlich: Auch du unterstehst der Herrschaft Gottes und bist ihm Rechenschaft schuldig.

Die Dürre kommt auch tatsächlich. Wir wissen auch aus anderen Berichten davon. Sie hat wahrscheinlich vom März des einen Jahres bis zu Herbst des nächsten Jahres gedauert (insgesamt zählte man das als drei Jahre). Aber Gott hat seinen Boten nicht vergessen. Er beschützt ihr auch in Not und Verfolgung. Allerdings schickt er ihn dazu in die Wüste, wo man erst recht keine Lebensmöglichkeit hat. Elia geht an den Bach Krith irgendwo östlich des Jordans. Aus dem Bach kann er trinken. Und auch seine Nahrung erhält er auf wundersame Weise: Wenn die Sonne aufgeht, ist Brot da, und wenn der Mond am Himmel steht, ist Fleisch da. Elia kommt es so vor, als hätten die Raben für ihn gesorgt. Aber vor allem merkt er: Gott ist bei mir, er sieht mich, er kann mich auch in auswegloser Situation retten

Aber eines Tages ist auch der Bach ausgetrocknet. Gott wird seinen Propheten auf andere Art und Weise erhalten müssen. Jetzt ist die Situation noch zugespitzt. Der Prophet hört wieder Gottes Stimme: „Wandere durch das ganze Land bis in die Stadt Zarpath in dem Land nördlich von Israel. Ich habe einer Witwe geboten, sie soll dich versorgen!“ Elia weiß genau, wie gefährlich es ist, durch den Machtbereich des Königs Ahab zu gehen, vielleicht sogar am Königshof vorbei. Und was soll er in einem fremden Land. Da wird doch auch eine Dürre sein; wird Gott ihm dort überhaupt helfen können. Und nun noch zu einer Witwe gehen, die doch sicher selbst nichts hat?!

Aber Elia gehorcht Gott und geht nach Zarpath. Am Stadttor trifft er auch tatsächlich eine Frau mit einem langen Schleier und in grauen Kleidern, eine Witwe. Sie ist eine arme Frau, schutzlos und rechtlos. Sie wird den Propheten nicht beschützen und erhalten können. Aber Elia hat ja einen anderen, der ihn beschützt: Gott wird ihm helfen, auch durch einen Menschen, den man als untauglich dafür ansieht.

Die Frau will etwas Holz aufsammeln und ein Feuer damit anzünden, damit sie für sich und Ihrer Sohn eine letzte Mahlzeit herrichten kann. Dann sind alle Vorräte aufgezehrt und sie werden sterben müssen. Elia sagt zu ihr: „Hole mir etwas Wasser in einem Gefäß, damit ich trinken kann!“ Und als sie geht, ruft er ihr noch nach: „Bring mir auch einen Bissen Brot mit!“

Doch da bleibt die Frau stehen und sagt: „So wahr der Herr, dein Gott, lebt: Ich habe nichts Gebackenes mehr. Nur noch eine Handvoll Mehl und etwas Öl im Krug. Damit wollte ich mir und meinem Sohn noch eine letzte Mahlzeit zubereiten, dann wollen wir uns hinlegen und sterben!“ So schlimm steht die Sache also. Wie soll da noch Hilfe möglich sein? W e r wird da noch helfen können?

Elia sagt zu der Frau: „Fürchte dich nicht, mache alles so, wie du es vorhast. Aber zuerst backe mir etwas davon und bringe es mir heraus. Danach kannst du auch dir und deinem Sohn etwas backen. Denn so spricht der Herr, der Gott Israels: Das Mehl im Topf soll nicht verzehrt werden, und dem Ölkrug soll nichts fehlen bis zu dem Tag, an dem Gott wieder regnen lassen wird!“

Ohne weiter zu fragen geht die Witwe nach Hause und tut, wie Elia ihr gesagt hat. Als sie Elia das Brot gegeben hat, findet sie wieder Mehl im Topf und Öl im Krug. Und so geht es nun alle Tage. Alle drei können sie davon leben. Wieder hat Gott seiner Propheten auf wunderbare Art und Weise erhalten.

Selbst im fremden Land ist er Herr auch über ausweglose Situationen. Eine fremde Frau hört auf sein Wort und vertraut ihm und kommt so zum Glauben. Gott ist nicht nur der Herr über die Kräfte der Natur, sondern er kann auch die Herzen der Menschen lenken.

Doch der wahre Höhepunkt der Geschichte Kommt erst noch: Eines Tages wird der Sohn der Witwe krank und stirbt. Nun soll doch alles vergeblich gewesen sein? Da hätte er doch gleich an Hunger sterben können! Seine Mutter wird böse auf Elia, weil sie denkt, er sei an allem schuld. Sie sagt: „Warum bist du hierher gekommen und hast die Aufmerksamkeit deines Gottes auf mich gelenkt. Ohne doch hätte er meine Sünde übersehen, weil ich doch nur eine unscheinbare Frau bin!“

Auch Elia versteht Gott nicht mehr und macht ihm Vorwürfe. Er versucht der Frau zu helfen, indem er sich dreimal auf den Jungen legt, um seine Lebenskraft auf ihn zu übertragen. Aber es nutzt alles nichts, Elia kann ihn nicht wieder zum Leben erwecken. Da bittet er Gott um Hilfe und fleht ihr an: „Laß doch wieder Leben in dieses Kind kommen!“ Da hört Gott auf Elia und das Kind wird wieder lebendig. Er bringt es seiner Mutter. Da erkennt sie, daß Gott ihr alle Schuld vergeben hat und sie auch in seine Gemeinschaft aufnehmen will. Sie bekennt sich zu Gott und sagt: „Nun erkenne ich, daß du ein Mann Gottes bist, und des Herrn Wort in deinem Munde ist Wahrheit!“

 

Antwortgespräch:

Elia hat trotz aller Not das Vertrauen auf Gott nicht verloren. Er hat sogar noch einen anderen Menschen zu Gott führen können. Auch wir dürfen unser Vertrauer zu Gott nicht verlieren, wenn unser Gebet einmal nicht gleich erhört wird. Es ist ja nicht alles gut, was wir von Gott erbitten. Wenn ein kleines Kind mit einer Rasierklinge spielt, wird die Mutter sie ihr schnell wegnehmen. Das Kind schreit dann vielleicht und will sich nicht beruhigen; aber es kriegt sie doch nicht, weil die Mutter besser weiß, was gut ist. So weiß auch Gott, was für uns richtig ist. Elia hat sich sicher auch gewünscht, endlich einmal frei von Gefahr leben zu können. Aber Gott macht ihm deutlich: Wenn ich dich in Not bringe, dann habe ich auch Wege zur Rettung. Auch ganz schwache und rechtlose Menschen können noch helfen. Bei Gott ist alles möglich!

 

Das Gottesurteil auf dem Karmel (Kapitel 18)

 

Einstieg:

An die Tafel werden eine Reihe von Namen kreuz und quer übereinander geschrieben: Ahab, Isebel, Zarpath, Krith, Elia, Baal. So verworren war es auch damals in Israel. Allerdings merkte man im Volk kaum etwas davon. Man lebte in einer guten und ruhigen Zeit. Ahab war ein kluger und tüchtiger König. Er hatte sich mit den Nachbarstaaten gut gestellt und nahm auch auf den Gott des Landes Kanaan Rücksicht. Überall standen noch die Altäre Baals im Lande!

Ein Beispiel dafür war das Gebirge Kamel (auf der Karte zeigen). Ursprünglich war das ein Gebiet der Phönizier gewesen. Sie hatten dort auch einen großen Altar für ihren Gott errichtet und Baal zum „Herrn des Karmel“ gemacht. Später ging das Gebiet an Israel verloren. Unter König David wurde ein Altar für den Gott Israels auf dem Karmel gebaut. Doch er zerfiel bald wieder, weil die Phönizier wieder den Karmel an sich hatten bringen können. Doch unter König Ahab gehörte er wieder zu Israel. So war es immer hin und her gegangen.

Da kam natürlich die Frage auf: Wer ist denn eigentlich der Herr des Karmel? Wer ist überhaupt der Herr? Haben nicht beide eine gewisse Macht, Gott und Baal? Gott hatte das Volk durch die Wüste geführt und ihm das Land Kanaan gegeben.

Aber ist es nicht Baal, der Sonne und Regen, Wind und Wolken schickt? War es da nicht besser, man diente und opferte zur Vorsicht allen beiden Göttern? Dann macht man doch bestimmt nichts verkehrt!

Nur wenige wußten, daß es nur ein Entweder - Oder geben kann. Zu ihnen gehörte auch der Prophet Elia. Er hat damit aber für die Menschen seiner Zeit etwas ganz Neues gesagt. Die Leute seines Volkes blieben zunächst untätig und warteten ab, wie der Kampf zwischen Gott und Baal ausgehen würde. Sie erkennen zunächst noch nicht die Notwendigkeit, sich radikal zu entscheiden. Auch der König Ahab bleibt neutral. Er will über den beiden Bevölkerungsteilen stehen und jedem gerecht werden. Elia aber will, daß der Karmel ganz zu Israel gehört und überhaupt in ganz Israel nur ein Gott verehrt wird, nämlich der Gott der Väter, dem er dient. Jetzt muß es zur Entscheidung kommen.

 

Erzählung:

König Ahab hat schwere Sorgen. Drei Jahre dauert nun schon die Dürre an, drei Jahre hat es nicht geregnet. Der Boden ist hart und rissig, auf den Feldern wächst seit langem nichts mehr. Selbst die Blätter an den Bäumen sind vertrocknet und von einer dicken Staubschicht bedeckt. Die Menschen sehen elend aus. Nur wenige können die hohen Preise zahlen, die für Mehl und Öl verlangt werden. Er hat schon alles Geld aus der Staatskasse ausgegeben, um im Ausland Getreide zu kaufen. Aber jetzt ist dieses Geld auch alle.

Voller Zorn denkt der König an Elia, den er für alles Unglück verantwortlich macht. Überall hat er den Unglückspropheten suchen lassen, um sich an ihm zu rächen. In allen umliegenden Ländern hat er seine Boten geschickt; sie durften nicht eher zurückkehren, bis sie unter Eid die Zusicherung erhielten, daß sich Elia nicht dort befindet. Aber nirgends war er zu finden gewesen.

Als die Hungersnot immer größer wird, gehen auch die Vorräte am königlichen Hof zu Ende. Wenn aber die Pferde und Maultiere des Königs umkommen, sind seine Streitwagen nutzlos, dann ist es aus mit seiner Macht. Aber er hat sich ja mit dem Gott, der Regen und Fruchtbarkeit geben soll, gutgestellt; da wird ihm dieser Gott ja nun helfen. So macht sich der König selber auf, um nach Weideland zu suchen.

Auch den Verwalter der königlichen Güter schickt er aus, in eine andere Richtung. Dieser Obadja hängt heimlich noch am alten Glauben und hat hundert Propheten vor den Nachstellungen der Königin Isebel versteckt und versorgt. Aber als er auf seiner Suche nach Wasser und Futter plötzlich auf Elia trifft, da erschrickt er doch sehr.

Gott hat zu Elia gesagt: „Gehe hin und zeige dich Ahab; denn ich will es regnen lassen auf die Erde!“ Elia ist auch gleich losgegangen. Aber Obadja kann nur erschrecken, denn er kann sich denken, was nun geschehen wird. Er fällt vor Elia nieder und ruft: „Bist du es wirklich Elia, mein Herr?“ Elia antwortet ihm: „Ja! Gehe hin und sage deinem Herrn: Elia ist da!“

Obadja erschrickt noch mehr. Wenn er das dem König meldet, dann wird er ihn und Elia umbringen lassen. Ahab wird seinen Zorn zunächst an dem Boten auslassen. Deshalb sagt Obadja: „Weißt du denn nicht, daß der König dich haßt? Überall hat er dich suchen lassen. Alle mußten schwören, daß sie nichts von Elia wissen. Und jetzt soll ich dich bei ihm melden? Vielleicht versteckt Gott dich wieder, wie er es schon die ganze Zeit getan hat! Wie stehe ich dann da?“

Obadja hat genau erkannt, daß die Dürre eine Strafe Gottes ist. Er hält sich auch weiterhin heimlich zu Gott und wagt sogar etwas. Aber so ganz traut er Gott doch nicht. Und so mutig wie Elia ist er auch nicht. Im Grunde ist ihm dieser Elia mit seinem rücksichtslosen Vertrauen auf Gott doch fremd und unheimlich.

Elia aber bekräftigt: „Ich werde mich noch heute dem König zeigen!“ Da merkt Obadja, daß ihm alles nichts hilft, dieser Elia läßt sich nicht zurückhalten. Da meldet er Elia beim König an. Ahab kommt sogar noch Elia entgegen und ruft: „Bist du es wirklich, der Israel ins Verderben stürzt?“ Doch Elia antwortet „Nicht ich bin es, der Israel ins Verderben stürzt, sondern ihr habt die Gebote des Herrn verlassen und habt anderen Göttern gedient. Aber jetzt wollen wir einmal sehen, wer der wahre Gott ist. Rufe die Leute auf dem Berg Karmel zusammen und laß auch die Propheten der anderen Götter kommen!“

Ahab wagt keine Widerrede und die Volksversammlung wird zusammengerufen. Da tritt Elia vor das Volk und ruft: „Wie lange hinkt ihr auf beiden Seiten? Wie lange wollt ihr noch auf zwei Krücken humpeln? Entweder ist Gott der Herr, dann müßt ihr auch ihn anbeten und ihm gehorchen. Wenn ihr aber Baal als euren Herrn anerkennt, dann müßt ihr ihm allein gehorchen. Beides verträgt sich nicht miteinander!“

Doch das Volk schweigt. Sie sind durchaus der Meinung, daß man beides miteinander vereinbaren kann. Da bietet Elia ein Gottesurteil an, um eine Entscheidung herbeizuführen. Wenn Elia siegt, werden sie aber auch nur ihm folgen müssen. Wenn sie dem Gottesurteil zustimmen, werden sie sich ihm auch unterwerfen müssen.

Elia spricht weiter: „Die Baalspriester sollen einen Stier schlachten und auf das Holz des Opferaltars legen, aber kein Feuer anzünden. Ich will auch einen Stier nehmen und ebenso alles zum Opfer vorbereiten. Dann sollen sie ihren Gott anrufen und ich will den Herrn anrufen. Welcher Gott dann mit Feuer antworten wird, der ist der wahre Gott!“ Da antwortet das Volk: „So ist es recht!“

Elia läßt die Baalspriester anfangen, denn sie sind in der Überzahl. Sie legen den Stier auf den Holzstoß, laufen um den Altar herum, tanzen und beugen die Knie, daß es wie ein Hinken aussieht. Und sie rufen vom Morgen bis zum Mittag: „Baal, erhöre uns! Baal, erhöre uns!“ Aber nichts rührt sich.

Da spottet Elia: „Ruft doch lauter! Wo ist denn euer Gott? Er schläft wohl. Vielleicht macht er auch einen Spaziergang oder er muß mal sein Geschäftchen verrichten und will gerade austreten!“ Da rufen sie immer lauter, geraten in Raserei, ritzen ihre Haut mit Schwertern und Spießes auf, wie sie es auch sonst zu tun pflegten. Die Selbstverletzung steigert die Raserei noch. Sie geraten in Verzückung bis fast an den Abend.

Doch nichts geschieht. Es kann ja auch nichts geschehen, denn einen Gott Baal gibt es ja gar nicht, da kann er auch nicht helfen, da kann man auch durch eigene Leistungen nicht die Auf­merksamkeit dieses Gottes erregen. Der Gott Israels jedenfalls läßt sich nicht herbeizwingen, sondern er kommt, wann es ihm gefällt.

Da sagt Elia zum Volk: „Kommt alle her zu mir!“ Er beginnt, den zerfallenen Altar des Herrn wieder aufzubauen. Zwölf Steine nimmt er dazu, für jeden Stamm Israels einen, weil nun stellvertretend für ganz Israel die Entscheidung fallen soll. Er zieht einen tiefen Graben um der Altar, legt der Stier auf das Holz und gießt Wasser über das Ganze (woher hatte er das wohl?). Dreimal müssen die Leute laufen und gießen, bis Altar und Holz und Opfertier naß sind und der Graben mit Wasser gefüllt ist. Damit will Elia deutlich machen: Menschliche Machenschaften können die Entscheidung nicht herbeirufen oder beeinflussen, alles ist allein Gottes Werk. Deshalb kann Israel nichts anderes tun als beten.

Als die Zeit zum üblichen Abendopfer gekommen ist, betet Elia: „Herr, laß heute deutlich werden, daß du der Gott in Israel bist und ich dein Knecht, der alles nach deinem Befehl getan hat. Erhöre mich, Herr, erhöre mich! Damit dieses Volk erkennt, daß du der wahre Gott bist!“ Da fällt Feuer vom Himmel herab, es blitzt, und das Opfertier und das Holz werden verzehrt und das Wasser im Graben aufgeleckt.

Da wirft sich das Volk auf die Erde nieder und ruft: „Der Herr ist Gott, der Herr ist Gott!“ Nun ist die Sache klar. Die Baalspriester aber werden getötet, wie es das Gesetz Israels vorschreibt, wenn jemand fremden Göttern dient.

Aber noch etwas geschieht an diesem Abend. Elia sagt zu Ahab: „Geh wieder in deine Königsburg und iß und trink, denn es rauscht, als wollte es sehr regnen!“ Elia aber geht unter­dessen auf den Gipfel des Karmel und beugt sich zur Erde. In tiefer Versunkenheit und Sammlung verharrt er im Gebet. Dann schickt er seinen Diener, um nach dem Meer zu sehen, ob schon eine Wolke zu sehen ist. Doch er kommt wieder und meldet: „Es ist nichts zu sehen!“ Doch Elia schickt ihn wieder los, so sicher ist er sich, daß sein Gebet erhört wird, insgesamt sieben Mal.

Dann aber sagt der Diener: „Eine kleine Wolke steigt auf vom Meer, so groß wie die Hand eines Mannes!“ Da befiehlt er ihm: „Gehe hin zu Ahab und sage ihm: Laß anspornen und fahre hinab in die Stadt Jesreel, damit der Regen dich nicht überrascht!“ Ehe man sich versieht ist der Himmel schwarz von Wolken, Sturm kommt auf, der Regen rauscht nieder. Die Menschen atmen erlöst auf. Elia aber bindet sein Gewand zusammen und läuft vor dem Wagen Ahabs her bis nach Jesreel. Nun war die Entscheidung gefallen, die für ganz Israel gelten sollte: Sie wollten wieder allein auf ihren Gott hören!

 

Antwortgespräch:

Gott will nicht, daß wir sagen: „Gott und Baal“, sondern nur: „Gott o d e r Baal“. Aber wir halten auch andere Mächte für einflußreich. Gott ist zuständig für Religionsunterricht und Gottesdienst. Aber sonst entscheiden Geld, Zensuren, usw. Die Chancen Gottes scheinen demgegenüber nur gering zu sein. Erst in einem Wettkampf muß Gott seine Überlegenheit beweisen. Es geht ihm so wie einem Kind, das mit seinem großen Bruder droht, wenn es angegriffen wird: Die anderen werden erst von ihm ablassen, wenn der Bruder wirklich da ist. Eigentlich könnten wir es aber schon vorher ohne Wettkampf wissen. Wir brauchen keine anderen Götter, weil unser Gott für alles sorgt, auch für die Gaben der Natur. Das erste Gebot will uns das einschärfen. Wir haben es gar nicht nötig, erst noch nach anderen Göttern Ausschau zu halten.

Anfangs gehörten nur Elia, Obadja und 100 versteckte Propheten zu Gott. Der König Ahab und das Volk ließen sich herüberziehen, die Baalspropheten wurden getötet. Wie steht es aber mit Isebel, der Königin, hat sie sich auch überzeugen lassen!

 

Elia am Horeb (Kapitel 19):

Als die Königin Isebel erfährt, was sich auf dem Karmel zugetragen hat, gerät sie in Wut. Noch ist sie ja Königin in Israel. So leicht läßt sie sich von Elia und seinem Gott nicht unterkriegen. Noch hat sie Macht, vor allem auch über ihren Mann. Sie sendet einen Boten zu Elia: „Die Götter mögen mich strafen, wenn ich nicht morgen um diese Zeit mit dir dasselbe tun, was du mit den Propheten Baals getan hast!“ Sie ist voller Wut, weil Elia das von der Königin unterhaltene Heiligtum zerstört und ihre Propheten getötet worden sind.

Als Elia das hört, läuft er um sein Leben. Er geht zunächst in den Süden des Landes, wo er seinen Diener zurückläßt. Zum ersten Mal tut er etwas, wozu er keinen ausdrücklichen Befehl Gottes hat. Dann geht er weiter in die Wüste, wo er seinen inneren Kampf auskämpfen und wieder zur Besinnung kommen will. Eben noch hat er den großartigen Sieg am Karmel erleben dürfen, nun aber bricht er völlig verzweifelt zusammen. Er ist am Ende seiner Kraft, seines Mutes und seines Glaubens. Soll nun alles so weitergehen wie vorher, war alles vergeblich, soll Isebel wieder von vorne anfangen können?

Elia setzt sich unter einen Wacholderstrauch und will sterben. Er spricht: „Es ist genug! So nimm nun, Herr, mein Leben hin! Ich tauge nichts, ich bin nicht besser als die Propheten vor mir!“ So schläft er unter dem Strauch ein.

Aber Gott ist noch lange nicht am Ende. Er stärkt seinen Boten leiblich und seelisch, ehe er ihm einen neuen Auftrag gibt. Plötzlich rührt jemand Elia an und sagt: „Iß und trink!“ Vor ihm stehen ein geröstetes Brot und ein Krug mit Wasser. Elia ißt und trinkt und schläft wieder ein. Noch einmal wird er geweckt: „Steh auf und iß! Du hast einen weiten Weg vor dir!“

Elia tut es und hat wieder Kraft, um vierzig Tage und vierzig Nächte zum Gottesberg Horeb zu wandern. Hier hatte sich Gott einst seinem Volk gezeigt, hier hatte er den Bund mit seinem Volk geschlossen. Vielleicht würde er auch jetzt an diesem Berg besonders nahe sein. Elia findet eine Höhle und legt sich dort schlafen.

Doch da spricht Gott zu ihm: „Was machst du hier, Elia?“ Der Prophet kann nur klagen: „Herr, ich habe mich mit Eifer für deine Sache eingesetzt. Aber das Volk Israel hat deinen Bund verlassen, deine Altäre niedergerissen und deine Propheten getötet. Ich allein bin übrig und nun trachten sie auch mir nach dem Leben!“ So glaubt Elia nicht mehr daran, daß Gott noch einen Ausweg weiß. Er nimmt an, nun sei das Volk endgültig verworfen und der völligen Vernichtung preisgegeben.

Aber woher will Elia denn so genau über Gott Bescheid wissen? Plötzlich kommt ein gewaltiger Sturm auf, der Berge zerreißt und Felsen spaltet. Gott zeigt seine Macht und seine Unnahbarkeit. Aber Gott ist nicht im Sturm. Es kommen ein Erdbeben und ein Feuer, aber Gott ist nicht darin.

Dann ist es auf einmal ganz still. Nur ein stilles sanftes Sausen, das Flüstern eines leisen Wehens ist zu bemerken. Da verhüllt Elia sein Angesicht, denn er merkt: Gott ist nahe! Gott ist nicht gleichzusetzen mit irgendwelchen Naturkräften, er ist der ganz Andere.

Aber Elia ist immer noch nicht überzeugt. Wieder klagt er. Aber Gott will das gar nicht hören. Er sagt: „Auf geh zurück! Es sind auch noch andere da, die meine Werkzeuge sein sollen. Salbe den Hasael von Damaskus zum König über Syrien und Jehu zum neuen König über Israel. Und salbe Elisa zu deinem Nachfolger als Prophet. Diese drei werden alle umbringen, die gegen Gott sind!“ So wird das Gericht über Israel kommen. Aber Gott hat in Israel noch mehr Leute, als der Prophet in seinem Kleinglauben meint. Gott wird sein Volk nicht ganz vernichten, wie das die Feldherren der damaligen Zeit meist mit der unterworfenen Völkern taten, sondern er will 7.000 Mann übriglassen, die nicht den Baal angebetet haben. Ein Rest wird bleiben als Zeichen der Hoffnung, daß es noch nicht alles aus ist.

 

Naboths Weinberg (Kapitel 21):

 

Einstieg:

Im Sommer habt ihr vielleicht auch schon einmal vor einem Kirschbaum naschen wollen, der in Nachbars Garten stand. Aber um den Garten ist ein Zaun. Er soll uns zeigen: Hier darfst du nicht hin. das gehört einem anderen, wenn du es nimmst, ist das Diebstahl. Manchmal ist aber auch kein Zaun da. Da steht etwa eine Schüssel mit Apfelsinen auf dem Tisch. Wir möchten sie gern essen, aber die Mutter hat es nicht erlaubt oder sie sind für jemand anders bestimmt. Da dürfen wir nichts davon nehmen.

Gott hat um das Gut unserer Mitmenschen einen unsichtbaren Zaun errichtet in Form seiner Gebote. Sie wollen uns davor bewahren, anderen Menschen einen Schaden zuzufügen. Im 9. und 10.Gebot ist besonders die Rede von dem Begehren des Besitzes des Nachbarn. Das können kleine oder größere Dinge sein.

Dazu gehört auch das Leben, das Luther in seiner Erklärung zum Gebot erwähnt. Wenn einer stirbt, dann vererbt er seinen Besitz an seine Nachkommen; der wird dann „das „Erbe“ genannt. In Israel wurde das Erbe sehr hoch eingeschätzt. Es durfte nicht verkauft werden, weil Gott ja jedem Israeliten sein Stück Land gegeben hatte. Was die Väter schon gehabt und bearbeitet hatten, konnte man nicht weggeben. Jeder Israelit achtete streng darauf. Bei den anderen Völkern war das nicht so. Vor allem der König konnte sich nehmen, was er wollte. Aber in Israel mußte auch der König das Erbe eines Mannes oder einer Familie achten. Einmal kam es aber doch zu einer Abweichung von dieser Regel.

 

Spiel um eine Tafel Schokolade.

Es werden Lose anfertigt, von denen die meisten mit einem schwarzer Kreuz gezeichnet sind. Wer ein weißes Los hat (ohne Kreuz), darf nach vorne kommen und eine Tafel Schokolade gerecht unter alle aufteilen (zunächst an der Tafel vormachen, Riegel anzeichnen, Fläche schraffieren). Die Kinder sollen ein Gesetz erfinden, das ihnen das Recht gibt, die Tafel allein zu essen, ohne der „Schwarzen“ etwas abgeben zu müssen.

Die anderen aber werden sagen: „Das ist doch ungerecht, das ist keine Lösung. Wenn die Minderheit auf ihrem Recht beharrt, dann fallen sie übereinander her und der Friede ist gestört. Gott aber sagt uns: „Du sollst nicht begehren...!“ Die weniger haben sollen nicht das

Gut der anderen begehren. Aber noch wichtiger ist, daß die Besitzenden mit der anderen teilen, so daß jeder gleich viel kriegt.

Damit wir nach der einen oder anderen Seite Verzicht üben können, hat Gott uns das 9. und 10. Gebot gegeben (Am Schluß der Stunde die Schokolade gerecht aufteilen).

 

Erzählung:

Im Sommer wohnt König Ahab meist in seinem Palast in Jesreel. Zwar ist er der König in Samaria. Diese Stadt hatte sein Vater Omri als neue Hauptstadt erbauen lassen. Dort aber wohnten meist Fremde aus anderen Völkern, über die Ahab ja auch König war Jesreel aber war eine israelitische Stadt, sozusagen seine zweite Hauptstadt. Weil er beiden Volksteilen gerecht werden wollte, wohnte Ahab bald in der einen, bald in der anderen Stadt.

Aber jedesmal wenn Ahab nach Jesreel kommt, ärgert er sich, wenn er aus dem Fenster sieht. Dann blickt er nämlich genau in den Weinberg eines Mannes namens Naboth. Er liegt mitten in seinen Gärten und würde gut zu seinem Besitz passen. Da könnte er alles gut abrunden und dort noch einen Gemüsegarten anlegen. Immer wieder muß der König an diesen Garten denken: Ob Naboth ihn wohl hergeben würde?

Eines Tages läßt es dem König keine Ruhe mehr. Er geht hinunter zu Naboth und sagt zu ihm: „Gib mir deinen Weinberg. Ich will einen Gemüsegarten daraus machen. Er liegt so nahe an meinem Palast, er paßt gut in das Ganze. Ich will dir auch einen besseren Weinberg dafür geben oder aber viel Geld, ganz wie du willst!“

An sich ist das ein durchaus vorteilhaftes Angebot. Auch der König Ahab verhält sich richtig. Er achtet das Eigentumsrecht seines Untertanen. Als König ist er ja der Wahrer des Rechts und hat Gerechtigkeit zu üben und jedem sein Recht zu verschaffen.

Naboth aber denkt: Einen besseren Weinberg will er mir geben? Kann es denn einen besseren oder schöneren Weinberg geben als der, den mir mein Vater übergeben hat? Er sagt: „Gott behüte mich davor, daß ich das Erbe meiner Väter weggeben sollte. Nein, das tue ich nicht, das wäre eine Sünde gegen Gott!“

Naboth hält sich an die alten Gesetze seines Volkes. Der Landbesitz ist der Familie und dem Einzelnen von Gott gegeben. Er darf ihn nur im alleräußersten Notfall an ein anderes Mitglied der Familie abgeben.

Das hat der König auch gewußt und hat sich diese Antwort schon denken können. Er darf keine Machtmittel anwenden wie andere Könige, sondern muß sich der Weigerung Naboths beugen. Naboth hat ja sogar bei Gott geschworen, den Weinberg nicht zu verkaufen. Ahab kocht zwar vor Wut. Sein Gesicht wird finster. Aber er sagt weiter nichts, sondern geht zornig nach Hause. Er nimmt die Ablehnung Ahabs ohne Widerrede hin, aber zuhause macht er aus seiner Verärgerung keinen Hehl. Wie ein trotziges Kind, das seinen Willen nicht bekommen hat, legt er sich ins Bett, wendet sein Gesicht zur Wand und ist für niemand zu sprechen. Dieser Naboth hat von Gott gesprochen. Wenn nur jenes Wort Gottes nicht wäre! Aber man kann es doch nicht einfach beiseite tun! So denkt der König.

Die Königin Isebel weiß erst gar nicht, was sie von dem Benehmen ihres Mannes halten soll. So hat sie ihren Mann noch nie gesehen. Ob er krank ist? Sie geht zu ihm hinein und fragt: „Was ist mit dir? Du ißt nicht, du trinkst nicht, du tust nichts mehr. Was fehlt dir eigentlich?

 

Ahab antwortet: „Ach, ich habe großen Ärger. Ich wollte Naboth seinen Weinberg abkaufen. Aber er gibt ihn nicht her!“ Da braust Isebel auf: „Bist du König in Israel oder nicht? Das wäre ja noch schöner, wenn du dich durch einen Untertanen einschüchtern lassen wolltest. Steh nur wieder auf und habe guten Mut, iß wieder etwas. Ich werde dir den Weinberg schon irgendwie verschaffen. Ich will dir einmal zeigen, wie man so etwas macht, wenn man König ist!“

Sie erzählt Ahab nichts von ihrem Vorhaben. Er läßt sie auch gewähren und widerspricht seiner sehr aktiven Frau nicht. Isebel hat einen Plan. Sie kennt das israelitische Recht, aber sie meint, es doch geschickt umgehen zu können. Als die wieder in Samaria sind, schreibt sie einen Brief an die Ältesten der Stadt Jesreel, unterschreibt ihn mit Ahabs Namen und drückt das Siegel des Königs darunter. Der König hat es nicht gemerkt, oder er hat es nicht merken wollen.

 

Die Königin schreibt „An die Ratsherren der Stadt Jesreel! Ich befehle, daß ein Volksfest veranstaltet wird. Naboth soll der Leiter der Veranstaltungen sein. Sucht aber auch zwei schlechte Kerle in der Stadt, die zu allem bereit sind. Denen gebt Geld und sagt ihnen, sie sollen am Festtag auftreten und schreien: Naboth hat Gott und den König beleidigt! Dann haltet Gericht über ihn und führt ihn aus der Stadt heraus und werft solange mit Steinen auf ihn, bis er tot ist!“ Was der König nicht gewagt hat, das tut jetzt seine Frau: Sie versucht, die Gebote Gottes beiseite zu schieben.

Die Ratsherren der Stadt machen, was ihnen im Brief befohlen wird. Es ist nicht ein Volksfest in unserem Sinne, das sie nun organisieren, sondern ein sogenanntes „Fasten“: Wenn das Volk von Tod bedroht oder heimgesucht wird, dann ruft man einen öffentlichen Bußtag aus. Dabei bringt das Volk zum Ausdruck, daß es sich unter die harte Hand Gottes beugen will. Dadurch war man eher bereit, Schuldige zu suchen und gegen sie vorzugehen.

Es verläuft alles programmgemäß, bestürzend programmgemäß. Naboth erhält einen Ehrenplatz in der großen Ratsversammlung, in der man den Schuldigen herausfinden will. Naboth denkt: „Der König zürnt mir nicht mehr wegen meiner Weigerung!“ Plötzlich aber treten zwei wüste Kerle auf und rufen: „Naboth hat Gott und den König beleidigt!“ Aufgeregt laufen die Leute zusammen. Sie wollen es erst gar nicht glauben. Naboth soll ein Gotteslästerer sein? Aber es sind zwei Zeugen da, die übereinstimmend aussagen; also mußte es stimmen.

Da man sowieso auf dem Platz am Stadttor versammelt ist, wo sonst Gericht gehalten wird, wird jetzt kurzer Prozeß gemacht: Naboth wird zum Tode verurteilt und von der aufgehetzten Menge aus der Stadt gejagt und mit Steinen totgeworfen.

Da geht Isebel und König und sagt: „Naboth ist tot. Jetzt gehört der Weinberg dir!“ Denn das war auch Gesetz: Wenn einer zum Tode verurteilt wurde, fiel sein Besitz an den König. Da macht sich auch der König gleich auf, um den Weinberg Naboths in Besitz zu nehmen; erst wenn er den Garten tatsächlich betreten hat, ist er öffentlich sein Besitz. Aber kann sich der König über den Weinberg freuen? Draußen vor der Stadt liegt ein Toter. Kann der König noch ruhig schlafen? Er hat selbst sein Leben verwirkt!

Wer aber soll einen König zur Rechenschaft ziehen? Wenn kein Mensch das kann, dann muß Gott eingreifen. Plötzlich steht ein Mann vor Ahab. Er kennt ihn gut: Es ist der Prophet Elia! Er ist gekommen, um dem König den Urteilsspruch des göttlichen Richters mitzuteilen. Jetzt ist Ahab der Angeklagte und Gott sein Richter. Er weiß der Schuldigen zu finden und seine Schuld aufzudecken. Ahab weiß auch sofort, worum es geht. Aber es geht an sich gar nicht um die einzelne Tat, sondern um seine grund­sätzlich verkehrte Haltung. Jetzt kann Ahab sich nicht mehr herausreden, als sei er unbeteiligt.

 

Ahab sagt: „Hast du mich gefunden, mein Feind?“ Elia antwortet: „Ja, ich habe dich gefunden. Ahab, du hast dich verkauft, du bist nicht mehr dein eigener Herr. Du hast getan, was Isebel will. Du hast gemordet und geraubtes Gut in Besitz genommen. Aber so spricht der Herr: „An dem Ort, wo die Hunde Naboths Blut geleckt haben, da werden Hunde auch dein Blut lecken. Über dich und deine Familie wird Unglück kommen. Alle werden ausgerottet werden, alt und jung. Du taugst nicht zum König meines Volkes. Auch deine Frau wird umkommen: Die Hunde sollen Isebel auf dem Acker vor Jesreel fressen!“

Diese Strafe hat zwar Ahab nicht mehr selber erlebt. Ahab erkennt ja auch seine Schuld und will sich ändern. Aber sein Sohn kam auf schreckliche Weise um, als ein neuer König die Macht ergriff: Sein Leichnam wurde auf Naboths Acker geworfen und die Hunde leckten sein Blut auf. So hat Gott doch noch Ahabs Justizmord an Naboth die Machenschaften Isebels und die Herrschaft der Königsfamilie Ahabs über Israel in rechter Weise bestraft.

 

 

 

 

Antwortgespräch:

Welche Gebote wurden in dieser Geschichte übertreten von wem?

9./10.: Ahab und Isebel begehren das Gut ihres Mitmenschen

8. : Naboth wird von falschen Zeugen verleumdet, Isebels Brief

7. : Ahab und Isebel stehlen, indem sie den Weinberg in Besitz nehmen

6. : So soll eine Ehe nicht aussehen wie bei Ahab und Isebel

5. : Naboth wird von den Ältesten, dem Königspaar, den Zeugen getötet

4. : Naboth ehrt seine Eltern, indem er das Erbgut nicht verkauft

3. : Gerichtsverhandlungen fanden meist am Feiertag statt

2. : Beim Namen Gottes wurde vor Gericht falsch geschworen

1. : Wenn alle anderen Gebote übertreten sind, ist auch das erste übertreten.

Das Erste Gebot ist das, von dem alles andere abhängt. Ein Unrecht zieht das andere nach sich. Unrecht gegen Menschen ist Unrecht gegenüber Gott.

 

Die Gebote stehen um das Volk Gottes herum, um es zu beschützen. Sie sind wie Warnschilder vor dem Abgrund, wo es nicht in die Freiheit, sondern ins Verderben geht. Der König und die Richter sollten darauf achten, daß die Gebote eingehalten werden. Ahab aber denkt: Ich kann mit Israel machen, was ich will. Mit Gott, das ist alles nur Geschwätz! Er muß aber erfahren: Gott zieht die Menschen zur Rechenschaft und führt in den Untergang, wer sein Wort nicht ernst nimmt.

 

Flanellbilder (oder Zeichnungen) von Karl Kaufmann:

(1) Naboth ist in seinem Weinberg, Ahab und Isebel sind draußen. Sie können nicht an den Weinberg heran, denn Naboths Besitz ist durch das Gebot Gottes geschützt (Ausrufezeichen und Gartenzaun). Auch der König hat kein Recht, die Gebote Gottes zu übertreten.

(2) Während der König niedergeschlagen fortgeht, beschließt Isebel zu handeln. Sie gehört nicht zum Volk Israel und kennt andere Gesetze. Sie ist allein und handelt auch allein. Das Warnzeichen steht noch da, denn Isebel kennt die Gebote Gottes natürlich auch. Aber sie befindet sich schon auf dem Weg zur Tat.

(3) König und Königin haben das Gebot und den Zaun weggenommen und den Weinberg in Besitz genommen, aber draußen liegt ein Toter. Die zwei Schuldigen scheinen gesiegt zu haben, aber im Grunde sind sie schon verurteilt.

(4) Das Warnzeichen ist wieder da! Gott läßt seine Gebote nicht fallen. Gott sendet seinen Propheten, damit er das Gebot wieder aufrichtet. Gottes Boten stehen immer auf Seiten derer, die Unrecht leiden, auch wenn sie selber dafür leiden müssen. Das Wort Gottes wird immer wieder aufgerichtet. Die Königin verliert schon ihre Krone, sie wird noch einmal schlimm umkommen.

 

 

 

H. Jeremia

 

A. Zeitgeschichte:

Es ist das Jahr 606 vor Christus. Die Bewohner von Jerusalem machen ernste und sorgenvolle Gesichter. Man sieht die Männer oft zusammenstehen und miteinander reden. „Was sind das für Zeiten!“ ruft einer aus, „in der ganzen Geschichte Israels gab es keine so bedrohliche Lage, wie wir sie jetzt haben!“ Ein anderer ergänzt: „Ja, man meint, es ballten sich ringsherum Gewitterwolken zusammen. Wann werden Blitz und Donner losgehen?"

Ein Alter, der viel vom Leben und der Geschichte des Landes weiß, fängt bedächtig an zu erzählen: „Früher waren bessere Zeiten. Unter der Regierung des Königs David wurde Israel groß und angesehen. Er hat fast alle umliegenden kleinen Staaten unterworfen. Damals wurde Jerusalem die Hauptstadt des Landes. Und auch ein Sohn Salomo hielt das Reich noch zusammen. Aber dann kam die unselige Teilung des Reiches. Das konnte ja nicht gut gehen, wenn ein Volk in zwei Staaten zerfiel. Über 300 Jahre ist das nun schon her!“

Ein anderer wieder meint: „Wären wir ein einziges Reich gewesen, dann hätte Assyrien nicht so leichtes Spiel gehabt. Der Nordstaat Israel wurde ganz erobert und in Provinzen aufgeteilt. Nur gut, daß Juda sieh unterwarf und dadurch bestehen blieb!“

Aus dem Zweistromland waren die Eroberer gekommen und hatten Palästina ihrem Weltreich einverleibt. Sie wußten, daß dieses Gebiet ihnen den Zugang nach Ägypten eröffnete. Palästina war schon immer das Schlachtfeld zwischen den Großmächten im Zweistromland und am Nil. Immer wieder mußten sich die Israeliten entscheiden, auf welcher Seite sie mitkämpfen wollten.

Der fromme König Josia hatte sich auf die Seite Assurs gestellt und gegen Ägypten gekämpft. Er hatte den alten Gottesdienst wieder hergestellt und alle Verehrung anderer Götter streng verboten. Nur noch im Tempel von Jerusalem durfte Gott verehrt werden, und sein Gesetz trat auch wieder in Geltung. Unter Josia erlebte Juda noch einmal eine Zeit der Blüte. Aber es war eine scheinbare Ruhe. Als sich Josia in der Ebene Jesreel (im ehemaliger Nordreich, das jetzt zu Assur gehörte) den Ägyptern entgegenstellte, hofft er auf die Hilfe Gottes als Belohnung für seine frommen Reformen. Aber er fällt in der Schlacht bei Megiddo und wird in Jerusalem begraben.

Inzwischen aber war .Ninive, die Hauptstadt der Assyrer, in die Hände der Babylonier gefallen. Eine neue Großmacht kam im Zweistromland auf. In der Schlacht von Karkemisch am Euphrat besiegte das babylonische Heer unter Führung des Kronprinzen Nebukadnezar die Ägypter.

Bei der fluchtartigen Rückkehr nach Ägypten nimmt der Pharao Necho den Jerusalemer König Joahas mit, den die freien Bürger Judas zum König eingesetzt hatten. Der Pharao macht einen anderen Sohn des Josia zum König. Er hat an sich den Namen Eljakim; aber der ägyptische König gibt ihm den Namen „Jojakim“, um seine Macht über ihn zu zeigen.

Die Männer In Jerusalem sind voller Sorge: Wenn Nebukadnezar auf dem Weg nach Jerusalem ist, was wird dann aus uns? Kommt eine neue Unterdrückung und werden wir wieder mit Hunger und anderer Not zu rechnen haben. Wird Jojakim der richtige Mann sein, um uns durch diese schwierige Zeit hindurchzuführen? Die Männer dämpfen ihre Stimmen, denn Jojakim ist nicht beliebt beim Volk. Er läßt sich seinen Palast prächtig ausbauen, mit kostbarem Zedernholz getäfelt und mit Purpurstoff ausgeschlagen. Aber die Arbeiter bekommen nicht den Lohn ausgezahlt der ihnen zusteht. Einer flüstert: „Der wird uns nicht helfen. Der denkt nur an sich!“

Jojakim muß der neuen Herren, den Babyloniern, Tribut zahlen. Einige Jahre tut er das auch. Aber dann wird es ihm zuviel und er stellt die Zahlungen ein. Daraufhin schickt Nebukad­nezar, inzwischen König geworden, im Jahre 598 sein Heer gegen Jerusalem. Während der Belagerung stirbt Jojakim und sein Sohn Jojachin wird König. Aber bald erobern die Babylonier die Stadt und nehmen Jojachin, seine Familie und den Hofstaat mit nach Babylon. Auch einige Angehörige der Oberschicht im Lande und einige Handwerker und die Schätze des Tempels werden fortgeführt.

Neuer König in Jerusalem wird ein Onkel Jojachins, also auch ein Sohn Josias, dem der babylonische König den Namen „Zedekia“ gibt. Er regiert zehn Jahre. Dann versucht er auch, sich von den Babyloniern frei zu machen. Wieder ziehen babylonische Truppen vor die Stadt, belagern sie und hungern sie aus. Die erhoffte Hilfe aus Ägypten bleibt aus. Jerusalem wird nach heftigem Kampf im Jahre 587 erobert und völlig zerstört. Auch der Tempel sinkt in Schutt und Asche. Eine große Masse der Bevölkerung wurde nach Babylon umgesiedelt.

Nur die Landarbeiter und einige Verwaltungsleute, die Babylon freundlich gesinnt sind bleiben im Land, Juda wird babylonische Provinz und Gedalja in Mizpa zum Statthalter eingesetzt. Aber er wird nach einigen Monaten vor seinen Landsleuten umgebracht. Aus Angst vor neuen Strafen Babylons fliehen viele Judäer nach Ägypten.

In dieser Zeit lebt Jeremia, ein Mann Gottes. Er stammt aus dem Dorf Anathot, etwa 7 Kilometer nordöstlich von Jerusalem. Dort war sein Vater Priester und die Familie hatte dort einen Erbbesitz. Eines Tages verläßt er sein Dorf, um in der Hauptstadt das Wort Gottes auszurichten. Er soll dem Volk sagen, was Gottes Wille in diesen Zeiten ist. Die Leute in Jerusalem kennen ihn bald. Wird er den rechten Weg weisen?

 

 

B. Die Berufung Jeremias (Jer 1,4-9 und18-19)

Einstieg:

Manche Aufgaben übernehmen wir gerne, weil sie Spaß machen und weil man auch die Fähigkeiten hat, sie auszuführen. Andere aber sind uns unangenehm, da möchten wir uns gern davor drücken:      

1. Geh zu deiner Freundin und sag ihr, daß ihre Schwindeleien nicht schön sind.

2. Bringe Frau M. einen Blumenstrauß zum Geburtstag

3. Besuche Herrn Sch., der ein Bein gebrochen hat und erzähl ihm etwas

4. Lies einmal in der Woche der gelähmten Frau K. etwas vor

5. Hilf Jörg bei den Hausaufgaben, weil seine Versetzung gefährdet ist.

6. Sprich mit Karin und Jutta wegen ihrer ständigen Angeberei.

Es kann aber noch viel größerer und unangenehmere Aufgaben geben. Der Prophet Jeremia mußte in einer sehr schwierigen Situation reden und konnte nur auf wenig Verständnis hoffen. Er mußte sogar damit rechnen, daß man ihn deswegen verfolgen oder gar umbringen würde. Für seine Aufgabe war kein Ende abzusehen. Aber Gott sagt ihm seine Hilfe zu, die zu dem Auftrag passen wird. Wie Jeremia zum Boten Gottes wurde, wollen wir heute hören.

 

Erzählung:

Zur Zeit des Königs Josia, als die großen Reformen noch nicht eingeleitet waren, wird Jeremia in seinem Heimatdorf Anathot von Gott gerufen. Gott spricht zu Ihm: „Ich kannte dich schon, ehe du geboren wurdest. Damals habe ich dich schon zum Propheten geweiht. Niemand wird dir etwas antun können, wenn du nun mein Bote sein wirst. Ich habe dich zum Propheten bestellt für die Völker!“

Nun sieht Jeremia sein Leben auf einmal ganz neu. Gott hat ihr also schon lange als sein Werkzeug vorherbestimmt! Aber er hat Bedenken und wehrt sich: „Ach Herr, ich tauge nicht zum Prediger. Ich bin zu jung dafür. Ich habe keine Bücher, in denen ich nachschlagen kann. Da sind keine Nachbarn und Freunde, die mir raten können. Und die Leute werden sich von einem jungen Mann nichts sagen lassen. Bei denen zähle ich doch gar nicht!“

Aber Gott antwortet ihm „Sage nicht: Ich bin zu jung. Du sollst gehen, wohin ich dich sende, und alles predigen, was ich dir befehle. Fürchte dich nicht vor ihnen, denn ich bin bei dir und will dich erretten!“ Wie schon Mose hat sich Jeremia gegen den Auftrag gewehrt. Sein Einwand ist an sich keine leere Ausrede, denn in Israel dachte man hoch von der Erfahrung der Alten. Er ist ja tatsächlich kein talentierter Prediger, sondern ein schüchterner Mensch. Und dennoch läßt Gott seinen Einwand nicht gelten, sondern stellt einen Auftrag dagegen, der nicht an das Alter gebunden ist. Nun kann Jeremia nur noch gehorchen.

Aber Gott tut noch mehr, er läßt seine Boten nicht allein mit einem solchen Auftrag, sondern er hilft ihm auch: Gott streckt seine Hand aus und berührt Jeremias Mund. So kommt es Jeremia jedenfalls vor, und er hört die Stimme Gottes: „Ich lege meine Worte in deinen Mund. Ich setze euch heute über Völker und Königreiche, daß du ausreißen und einreißen, zerstören und verderben sollst und bauen und pflanzen!“ Jeremia braucht sich nicht zu sorgen, was er predigen soll. Sein Mund wird Gottes Mund, sein Wort wird die gleiche Wirksamkeit und Stärke haben wie Gottes Wort. Gott braucht ein Sprachrohr, und wählt sich Jeremias dafür aus.

Zu Völkern und Königreichen wird er reden. Aber Heil und. Unheil werde dabei ineinander­gehen. Wenn Gott straft und zerstört, baut er gleichzeitig auf und wendet den Menschen seine Liebe wieder zu. Mitten im Untergang schafft Gott neues Leben. Und Jeremia soll der Zeuge der Wundermacht Gottes sein. Er wird nicht allein stehen, sondern Gott hinter sich haben. Das macht er Jeremia deutlich, indem er ihm zwei Bilder zeigt.

Als erstes sieht Jeremia einen Mandelzweig, dessen Knospen gerade aufspringen wollen. Gott sagt dazu: „So wie der Baum wacht, damit er den richtigen Zeitpunkt für das Aufspringen nicht verpaßt, so wache ich über mein Wort. Mein Wort wird nicht leer zurückkommen, sondern es wird bestimmt eintreffen, was du als mein Beauftragter zu verkünden hast!“

Als zweites sieht Jeremia einen siedenden Topf, der von Norden her geneigt ist und deshalb zuerst nach Süden zu überlaufen wird. Gott sagt dazu: „Von Norden her wird das Unheil losbrechen über alle, die im Lande wohnen. Ich selbst werde die Könige des Nordens rufen, damit sie mein Gericht über mein böses Volk halten. Sie haben sich von Gott gelöst, nun werden sie meine Macht zu spüren kriegen!“

Das ist natürlich eine schreckliche Botschaft, die Jeremia da zu hören kriegt. Aber wenn Gott es befiehlt, wird er die Botschaft ausrichten müssen. Gott wartet auch nicht lange, sondern befiehlt: „Zieh dein Gewand etwas hoch und mache es mit dem Gürtel fest, damit du gut laufen kannst. Mache dich auf und predige ihnen alles, was ich dir gebiete. Sage ihnen alles und verschweige nichts. Verkürze und verheimliche nichts aus Angst vor den Leuten. Wenn du das tun solltest, wirst du es mit mir zu tun kriegen. Dann wirst du mehr vor mir erschrecken als vor den Menschen. Wer sich vor den Menschen fürchtet, wird Gott zu fürchten bekommen!“

Jeremia hat tatsächlich eine harte Botschaft auszurichten. Der König Josia ist gerade dabei, das Reich Davids wiederherzustellen. Und mitten hinein in diese Hochstimmung soll Jeremia sagen: „Das Unheil kommt vom Norden her!“ Aber Gott sagt zu ihm: „Ich will dich heute zur festen Stadt und zur eisernen Säule und zur erzenen Mauer machen. Du wirst gegen die Könige Judas stehen, gegen die Großen, die Priester und das ganze Volk. Aber wenn sie auch gegen dich streiten, so werden sie dir dennoch nichts anhaben können. Denn ich bin bei dir, daß ich dich errette!“

 

Antwortgespräch:

Wir sprechen über unsere Berufswünsche und stellen die Gründe für die Berufswahl zusammen: Fähigkeiten, Beruf des Vaters, Angebote, usw. Jeremia aber wählt sich den Beruf nicht, sondern Gott beruft ihn. Jeremia macht keine Einungsprüfung; da wäre er auch nur durchgefallen. Zu einer Berufsausbildung kommt es auch nicht. Dennoch kann Jeremia den Beruf ausüben, weil ihm Gott die Worte in den Mund legt. Er soll nur das sagen, was Gott ihm zu predigen aufgibt. Aber er soll alles sagen. Maßgebend ist die Berufung durch Gott. Da kommt es auf die privater Wünsche nicht mehr an.

Wir werden auch manchmal denken, wir seien gänzlich ungeeignet, ein Bote Gottes zu sein. Aber bei der Taufe hat er auch zu uns gesagt: „ Fürchte dich nicht, ich bin mit dir!“ Deshalb können wir auch alle von Gott erzählen und sein Zeuge in unserer Umwelt sein.

Anklage an das Volk (2,5-13): Israel hat den lebendigen Gott verlassen und sich den Göttern zugewandt. Seine Hauptsünde ist die Übertretung des ersten Gebots. Die Weichen wurden falsch gestellt von den Führern des Volkes, die ihre eigenen Gedanken für den Willen Gottes ausgaben. Dabei haben sie das Bild Gottes in solcher Weise verändert, daß Gott mit der Göttern der Heiden auf ein und dieselbe Stufe gestellt wurde. Bei der Heiden gibt es so etwas nicht, die blieben bei ihren Göttern, die doch gar keine Götter sind. Gott aber fragt sein Volk: „Merkt ihr denn nicht, daß die Verführung euch zum Verhängnis wird?

 

Die Tempelrede Jeremias (Jer 7,1 - 15)

Nach der Reform des Josia hat Jeremia zehn Jahre lang geschwiegen. Nun aber ist der fromme König im Kampf gegen die Ägypter gefallen. Den Tempel allerdings haben die Feinde verschont. Darin sieht das Volk eine Bestätigung seines Weges. Sie sagen: „Was kann uns schon passieren? Schaut euch diesen Bau doch einmal an! Er ist doch ein steinernes Symbol für die Größe und Macht Gottes!“

Als aber Jojakim die Regierung in Jerusalem übernimmt, redet Jeremia wieder im Auftrag Gottes. Als gerade wegen eines Festes besonders viele Leute in Jerusalem zusammengekommen sind, stellt sich Jeremia am Tor zwischen dem äußeren und inneren Vorhof des Tempels auf. Er spricht: „Bessert euer Leben und eure Taten. Dann will ich euch in eurem Lande leben lassen. Verlaßt euch nicht auf die Lügenworte, die euch immer wieder einhämmern: „Hier ist des Herrn Tempel, hier ist des Herrn Tempel, euch kann ja nichts passieren!“

Schafft wirklich Recht zwischen den Menschen und übt nicht Gewalt gegen Fremde, Witwen und Waisen. Lauft nicht anderen Göttern nach zu eurem Schaden. Wenn ihr euer Leben ändert, will ich euch wohnen lassen in dem Lande, das ich euren Vätern gegeben habe!“

So leuchtet Jeremia hinter die frommen Fassaden. Wenn man nur in den Tempel geht, kann man das nicht ungeschehen machen, was sonst im Leben nicht stimmt. Gott fällt auf das Theater nicht herein, das sie mit ihm machen wollen. Er fragt: „Wie sieht es bei euch daheim aus? Bringt das erst in Ordnung, und dann könnt ihr kommen! Der Tempel ist zwar eine Gabe Gottes an sein Volk, wo er sich anrufen und finden läßt.

Gott hat sich an diesen Ort gebunden, aber er ist nicht darin gefangen. Aber man kann nicht mit ihm umgehen wie man will. Vor allem aber kann man Gott außerhalb des heiligen Bezirks nicht aus seinem Leben ausklammern. Der rechte Gottesdienst muß auch draußen stattfinden, indem man mit dem Mitmenschen im Sinne der Gebote Gottes umgeht.

Die Gebote Gottes hält Jeremia dem Volk wie einer Spiegel vor: „Ihr seid Diebe, Mörder, Ehebrecher und schwört falsche Eide. Ihr lauft fremder Göttern nach und opfert dem Baal. Und dann kommt ihr und tretet vor mich in diesem Hause und sprecht: „Hier haben wir es gut, hier sind wir geborgen, hier kann uns keiner etwas tun!“ Aber dann tut ihr weiter eure Greuel. Haltet ihr denn mein Haus für eine Räuberhöhle? Ich sehe alles, was ihr macht. Mir bleibt nichts verborgen!“

Das Volk meint, alle seine Übertretungen im Tempel mit einigen Geldstücken aus der Welt schaffen zu können. Sie kaufen ein Opfertier und übergeben es dem Priester als Schuldopfer. Dadurch soll Gott zufriedengestellt werden. Sogar für ihre zukünftigen Sünden wollen sie auf diese Weise schon im Voraus bezahlen. Sie wollen einen Freibrief um neues Unrecht begehen zu können.

Jeremia aber macht ihnen den Ernst der Lage klar: „Geht doch nach Silo, wo das Hauptheiligtum des Volkes war. Dort ist alles zerstört wegen der Bosheit meines Volkes Israel. So wird es auch mit dem Tempel in Jerusalem gehen, wenn, ihr lauter solche Dinge treibt. Gott ist nicht an ein bestimmtes Gebäude gebunden und wird sich vielmehr von seinem Volk abwenden und es dem Verderben preisgeben!“

Damit aber hat es Jeremia ganz mit den Priestern und Propheten verdorben. Sie leben ja davon, daß viele Leute zum Tempel kommen und ihre Opfer bringen. Sie ergreifen Jeremia und sprechen: „Du mußt sterben, denn du hast Gott und den Tempel gelästert!“ Auch das Volk rottet sich gegen Jeremia zusammen.

Da kommen die Fürsten des Volkes und fragen, was los ist. Jeremia erklärt ihnen: „Der Herr hat mich gesandt, daß ich alle diese Worte gegen dieses Haus und diese Stadt rede!“ Da merken sie, daß er kein Aufrührer ist, sondern im Auftrag Gottes geredet hat. So wird Jeremia noch einmal freigelassen und sein Leben gerettet

 

Jeremia in der Töpferwerkstatt (Jer 18 - 20)

Eires Tages geht Jeremia in eine Töpferwerkstatt. Dort sieht er dem Töpfer bei der Arbeit zu. Er hat einen Klumpen nassen Tor vor sich auf der Töpferscheibe, die er mit dem Fuß anstößt, so daß sie sich schnell dreht. Mit der Hand formt er den Ton so, daß eine Schüssel oder ein Teller oder ein Milchkrug daraus entstehen.

Doch heute scheint der Meister einen schlechten Tag zu haben. Wenn er einen Topf betrachtet, ist er nicht damit zufrieden und knetet ihn noch einmal neu. Immer wieder mißrät ihm ein Werkstürk, bis er dann endlich einigermaßen zufrieden damit ist. Aber er gibt nicht auf, er wirft den Tor nicht einfach weg, sondern versucht es immer wieder neu. Er formt den Ton, wie es ihm gefällt: rund oder schmal, mit breitem oder schmalem Rand.

Er kann das machen, wie er will, er ist sehr beweglich in seinem Planen und Schaffen. Aber er treibt kein sinnloses Spiel, sondern er arbeitet und am Ende wird dann doch etwas daraus.

Als Jeremia so zusieht, weiß er plötzlich, was Gott ihm damit sagen will: So wie der Töpfer über den Ton, so hat Gott uneingeschränkte Macht über sein Volk. Es ist wie Ton in seiner Hand, er kann damit machen, was er will. Wenn es Gott ungehorsam ist, kann er es nicht mehr gebrauchen, sondern muß es vernichten, um dann aus dem Material etwas Neues zu schaffen.

Andererseits aber ist das Volk auch frei, sich echt zu entscheiden. Es kann auf Gott hören oder etwas tun, das Gott mißfällt. Der Ton kann das nicht, aber das Volk kann es, weil es ja aus lebendigen Menschen besteht. Wenn es seine Sünde einsieht und sich wieder zu Gott bekehrt, dann wird Gott es bewahren und seine Hand über ihm halten. Gott respektiert die Entscheidungen des Volkes und ändert seine Pläne nach diesen Entscheidungen. Gott handelt nicht willkürlich, sondern ist innerlich am Schicksal seines Volkes beteiligt. Seine Drohungen und Verheißungen sind noch nicht endgültige Worte, sondern durch sie will er seinen Bund mit dem Volk erhalten.

Nur eines vermag das Unheil noch abzuwenden, nämlich daß das Volk umkehrt und seine Taten bessert. Noch hält er sich zurück, weil er mit großer Geduld auf die Umkehr des Volkes wartet. Noch ist Zeit dazu. Wenn doch das Volk diese Gelegenheit ergreifen wollte! Aber Je­re­mia muß vermuten, daß das Volk diesem Ruf nicht Folge leisten wird, es hat schon immer nicht gehört. Gott will sein Handeln um der Menschen willen ändern. Aber die Worte des Propheten werden umsonst gesprochen sein, weil das Volk sich nicht ändern will.

Da kauft Jeremia einen Krug vom Töpfer. Unter den Ältesten und Priestern hat er noch einige Freunde. Die nimmt er mit, als er ins Tal „Hinnom“ im Süden der Stadt geht, in das „Würge­tal“. Dort ist ein schreck­licher Ort, denn hier hat man dem Gott Moloch richtige Kinderopfer gebracht. An diesem Ort der Missetat soll Jeremia Gottes Gericht aber die Missetat des Volkes ankündigen.

Jeremia sagt: „So spricht Gott, der Herr: Ich will solches Unheil über diese Stätte bringen, daß jedem die Ohren gellen sollen, der es hören wird. Ihr habt den wahren Gottesdienst mit dem Götzendienst vertauscht. Der wahre Gottesdienst und Gehorsam gegen Gott zeigt sich im Halten seiner Gebote. Es wird aber der Tag kommen, an dem Gott Gericht halten wird. Dann wird dieses „Würgetal“ sogar „Mordtal“ heißen, weil so viele aus dem Volk durchs Schwert umkommen werden. Es wird so viele Tote geben, daß man sie sogar an dem ehemals heiligen Ort begraben muß, wo die Kinder geopfert wurden!"

Dann zerbricht Jeremia der Krug in tausend Stücke, um anzudeuten: „So völlig werden auch die Stadt Jerusalem und der Tempel zerstört werden. Nichts wird wieder ganz werden. Trotz aller Beachtung der Reinheitsvorschriften der israelitischen Religion werden doch die Häuser in Jerusalem unrein werden, weil man Gott der Gehorsam verweigert hat.

Jeremia wiederholt seine Predigt noch einmal im Tempelvorhof. Da sieht sich der Oberpriester Paschur gezwungen einzugreifen, um die Ordnung und Ruhe am Heiligtum wiederherzu­stellen. Persönlich hat er nichts gegen Jeremia, aber als Amtsträger muß er gegen Jeremia vor­gehen. Wie kann dieser Mann es nur wagen, die Gültigkeit des Bundes zwischen Gott und seinem Volk anzuzweifeln? Wie kann er die Gottesdienste im Tempel als Götzendienst verunglimpfen? Wie kann er vom Untergang Jerusalems reden, wo doch der Tempel Gottes in ihr steht? Jeremia wird zuerst geschlagen und dann im Tempelgefängnis festgekettet.

 

Am nächsten Tag läßt Paschur ihn wieder frei. Aber er sagt: „Gott spricht: Ich will dich zum Schrecken machen für dich selbst und alle deine Freunde. Ich will ganz Juda in die Hand des Königs von Babel geben. Auch du wirst mit deiner Familie nach Babylon weggeführt werden

und dort sterben!“ Das ist ein schreckliches Wort über den Priester. Aber Gott macht seine Drohungen wahr.

Jeremia hat der Auftrag Gottes ausgeführt. Es ist ihm nicht leicht gefallen. Nun wendet er sich im Gebet an Gott und sagt: „Herr, du hast mich überredet, und ich habe mich überreden lassen. Du bist mir zu stark gewesen und hast gewonnen: Ich bin dein Prophet geworden. Aber jetzt lachen sie über mich und wollen sich an mir rächen, weil ich immer so schlimme Dinge anzusagen habe. Aber der Herr ist bei mir wie ein starker Held. Laß mich nun deine Vergeltung an ihren sehen, stehe zu deiner Verheißung, die du mir bei der Berufung gegeben hast! Singet dem Herrn, der das Leben der Armen aus den Händen der Boshaften errettet!“

 

Dieses Klagegebet Jeremias, in dem er aber doch seine innere Not überwindet, ist das letzte von sechs ähnlicher Gebeten (11,18-23; 12,1-6; 15,10-12.15-21; 17,12-18; 18,18-23; 20, 7-18). Sie sind Ausdruck der Gespräche, die Jeremia mit sich selbst und mit Gott führt. Das ist erstmalig bei den Propheten, daß einer über seine innere Schwierigkeiten und Anfechtungen spricht. Hier sind Mensch und Prophetenamt in eine unerträgliche Spannung zueinander geraten. Jeremia kann sich nicht so ohne Überlegungen dem Willen Gottes ergeben wie die Propheten vor ihm. Aber er tut es schließlich doch und trägt so die Leiden Gottes an dem urgehorsamen Volk mit.

Das Leiden Jesu allerdings ist noch einmal etwas anderes als das Leiden Jeremias. Dieser wird nur bis an die Grenze des Leides geführt. Er wird verspottet und geschlagen, dann aber auch wieder freigelassen. Jesus aber war gehorsam bis zum Tode am Kreuz. Jeremia wird zwar vor seinen Freuden verlassen, aber Gott ist bei ihm wie ein starker Held. Jeremia ist gehorsam, weil er vor Gott überredet worden ist, er wurde überwältigt und hat zunächst nicht freiwillig „Ja“ gesagt. Jesus aber hat zu dem Willen seines Vaters aus freien Stücken ja gesagt. Er hat das Leiden selbst auf sich genommen und geht selbst den Weg nach Jerusalem hinauf. Er leidet nicht um seiner eigener Sünde willen, sondern nimmt unsere Sünde auf sich. So deutet das Leiden Jeremias nur hin auf der, der um unserer Sünde willen zerschlagen ist. So ist Jeremia nicht mehr, aber auch nicht weniger als ein Vorläufer des leidenden Christus.

 

Jeremias Kampf gegen die falschen Propheten (Jer 27 - 29)

Wieder haben die Männer auf den Straßen Jerusalems sich etwas zu erzählen. Neun Jahre sind vergangen. Der König Nebukadnezar hat Ägypten besiegt, auch Juda mußte sich ihm unterwerfen. Weil der König Jojakim die Abgaben nicht mehr ablieferte, unternahm Nebukadnezar eine neue Strafexpedition. Danach waren viele Leute nach Babylon in die Gefangenschaft fortgeführt worden, in Jerusalem war Zedekia als König eingesetzt worden.

Aber seitdem sind schon wieder vier Jahre vergangen. In Jerusalem sind Gesandte der umliegenden Staaten eingetroffen, die auch von Babylon unterworfen worden sind. Was sie wohl in Jerusalem wollen? Die Männer vermuten: „Ob sie wohl einen Aufstand gegen die Babylonier vorbereiten?“ Das Volk ist erregt und begeistert, wird jetzt die Stunde der Befreiung kommen? Priester und Propheten unterstützen diese Volksstimmung.

 

Auch der Prophet Jeremia nimmt Stellung zu dieser alle bewegenden Frage. Gott hat ihm befohlen: „Mache dir ein Joch und lege es auf deinen Nacken. Und dann sage den Abgesandten: „Gott will, daß ihr euren Nacken unter das Joch Nebukadnezars beugt. Er ist der Herr der Welt und hat Nebukadnezar eine Zeitlang Macht über die Völker gegeben. Er herrscht nach dem Willen Gottes. Darum kann nur das Volk leben, das sich dem Willen Gottes unterwirft, auch wenn es dabei die Herrschaft des babylonischen Königs bejahen muß. Aber auch die Herrschaft Nebukadnezars wird begrenzt sein, er ist nur der Knecht Gottes!“ Jeremia spricht nicht so, weil er ein Vaterlandsverräter wäre. Er hat für den König Nebukadnezar nichts übrig. Er hat auch keine Angst vor ihm, denn er droht den Babyloniern ja auch. Es geht ihm auch nicht um die politische Vernunft, die sich sagen muß: Gegen die Großmacht haben wir doch überhaupt keine Chance (man kann das an der Landkarte darstellen mit unterschiedlich großen Pfeilen: auch wenn der kleine Pfeil Judas sich mit dem großen Pfeil Ägyptens verbündet, schaffen sie es noch nicht). Jeremia will nur Gott gehorsam sein, deshalb spricht und handelt er so.

Er legt sich tatsächlich das Joch um den Hals, so wie ein Zugochse, und geht damit zum König Zedekia und den Abgesandten. Alle Leute in der Stadt können ihn sehen, wie er da mit dem Joch herumläuft. Sie können sich auch denken, was er damit ausdrücken will, da braucht er gar nichts zu sagen.

Aber die anderen Propheten sagen: „Ihr werdet nicht untertan sein müssen dem König von Babel. Die Geräte aus dem Hause des Herrn werden nun bald wieder von Babel herkommen!“ Diese falschen Propheten sagen nur das, was dem Volk gefällt. Gott aber sagt über sie: „Ich habe sie nicht gesandt. Sie weissagen Lügen, wenn auch angeblich in meinem Namen. Hört nicht auf sie, sondern seid dem König von Babel untertan, so werdet ihr am Leben bleiben!“

Das Volk aber hört nicht auf Jeremia. Sie laufen lieber zu den anderen Propheten, die verheißungsvolle Versprechungen machen. Woher soll man auch wissen, wer von den Propheten recht hat? Als Jeremia mit seinem Joch einmal im Tempel ist, kommt der Priester Chananja und sagt: „So spricht Gott: Ich habe das Joch des Königs von Babel zerbrochen!“ Wenn zwei Jahre um sind, will ich die heiligen Geräte aus dem Tempel wieder hierherbringen. Auch alle Weggeführten sollen wieder zurückkehren!“

Jeremia kann zunächst nichts darauf antworten. Er sagt nur: „Der Herr möge erfüllen, was du da behauptest. Doch die Propheten vor mir haben manches Unheil vorhergesagt und es ist eingetroffen. Und auch wenn es nicht ganz so eingetreten ist, so hat doch das Unheilswort die Leute zur Umkehr gebracht. Wenn einer aber nur Gutes ansagt, dann wird man ja sehen, ob er recht behält. Ob ihn der Herr gesandt hat, wird man daran erkennen, daß sein Wort erfüllt wird!“

Da nimmt Chananja das Joch vom Nacken Jeremias und zerbricht es. Dabei sagt er zu dem Volk: „So wird Gott das Joch Nebukadnezars zerbrechen, ehe zwei Jahre um sind. Er wird es auch vom Nacken aller anderen Völker nehmen!“ Jeremia kann darauf nichts antworten. Er sieht aus wie der Blamierte. Aber offenbar hat er in diesem Augenblick kein Wort des Herrn zu sagen. Man wird abwarten müssen, wie alles ausgeht.

Erst nach einiger Zeit erhält Jeremia den Auftrag, sich ein eisernes Joch zu machen und sich umzuhängen. Dem Volk wird noch ein härteres Joch auferlegt werden. Jeremia geht zu Chananja und sagt ihm: „Du hast das hölzerne Joch zerbrochen, aber dafür ist nur ein eisernes an seine Stelle gekommen. Der Herr hat dich nicht gesandt, Chananja. Du machst, daß das Volk sich auf Lügen verläßt. Deshalb spricht der Herr: „Du sollst noch dieses Jahr sterben!“

Wie Jeremia es angesagt hat, geschieht es: Chananja stirbt plötzlich! Das macht einen tiefen Eindruck auf das Volk, das Ansehen Jeremias wird nicht wenig gestärkt. Sicher ist auch die Aufstandsbewegung abgeflaut, denn wir hören nichts davon, daß ein Unternehmen gegen Babel zustande gekommen wäre.

Auch an die Weggeführten in Babel schreibt Jeremia im gleichen Sinne. Dort klammert man sich an den Gedanken, in dem wechselhaften Spiel der Großmächte würden sie bald wieder in die Heimat zurückkönnen. Auch unter ihnen gibt es Leute, die eifrig verkünden, die Fremdherrschaft werde bald ein Ende haben, alles sei nur vorübergehend. Noch bestehen ja in Jerusalem der Tempel und das Königtum.

In diese Stimmung hinein platzt ein Brief Jeremias. Er muß gewirkt haben wie ein Brief, den man an einen Kranken im Krankenhaus schreibt und in dem man ihm mitteilt: „Du kommst noch lange nicht heim!“ Den Brief gibt Jeremia einer Gesandtschaft mit, die der König Zedekia nach Babylon schickte. Vielleicht haben die Babylonier etwas von der Aufstandsplänen erfahren und mußten nun durch eine Gesandtschaft beruhigt werden.

Jeremia schreibt in dem Brief: „Der Gott Israels ist es, der euch nach Babel hat führen lassen! Baut Häuser und pflanzt Gärten. Nehmt euch Frauen und heiratet und habt Kinder. Denn ihr werdet noch lange in der Gefangenschaft bleiben!“ Die Empfänger dieses Briefes werden sich wohl gewundert haben und gefragt haben: „Wie lange soll denn das noch dauern. Gott hat wohl vergessen, uns gnädig zu sein. Warum redet der denn so ganz anders als die anderen Propheten?“

Jeremia aber fährt fort: „Suchet der Stadt Bestes und betet für sie zum Herrn. Denn wenn es ihr gut geht, dann geht es auch euch gut!“ Dann kann man also auch im fremden Land zu Gott beten. Es ist nicht unrein, sondern auch ein Teil der Welt Gottes. Gott ist auch hier wirksam. Der Tempel ist gar nicht so wichtig, viel wichtiger ist sein Wort, das zum Beispiel durch den Brief Jeremias zu ihnen kommen kann.

Wiederum wendet sich Jeremia gegen die falschen Propheten: „Laßt euch durch die Propheten unter euch nicht betrügen. Erst wenn 70 Jahre um sind, will ich euch wieder in die Heimat bringen!“spricht der Herr. „Denn ich weiß wohl, was ich für Gedanken über euch habe: Gedanken des Friedens und nicht des Leides, daß ich euch gebe Zukunft und Hoffnung. Wenn ihr mich von ganzem Herzen suchet werdet, werde ich mich von euch finden lassen. Ich will eure Gefangenschaft wenden und euch sammeln aus aller Völkern und von allen Orten, wohin ich euch verstoßen habe. Ich will euch wieder an den Ort bringen, von wo ich euch habe wegführen lassen!“

Doch in Babylon hört man nicht auf Jeremia. Einer der falschen Propheten zeigt ihn sogar bei der Tempelbehörde in Jerusalem an, damit er zum Schweigen gebracht wird. Jeremia muß auch ihm das Gericht Gottes androhen, weil er sich dem Willen Gottes in den Weg stellen wollte.

           

Der neue Bund (Jer 31)

Bei den gefangenen Juden in Babylon erzählen die Eltern immer wieder ihren Kindern: In der Heimat, in Jerusalem, da ist es schön. Dort steht der Tempel, da ist man Gott ganz besonders nahe. Hier aber sind wir von Gott verlassen. Vielleicht sollen wir nicht mehr sein Volk sein, und er will nicht mehr unser Gott sein!

Da kommt eines Tages ein Brief Jeremias an die Vorsteher der Gefangenen in Babylon: „Merkt auf, ihr armen Gefangenen! Jetzt kommt eine ganz frohe Botschaft für euch, die vor einer neuer schönen Zeit redet. Gott der Herr läßt euch sagen: Ich will mit dem Hause Israel und dem Hause Juda einen neuen Bund machen. Den alten Bund vom Berge Sinai habt ihr ja gebrochen. An diesem Bund ist auch nichts mehr zu heilen. Gott hat es aufgegeben, diesen Bund noch einmal zu erneuern. An die Stelle seiner Gnade ist sein Zorn getreten!“

Von diesem Zorn haben die Juden ja schon einiges erfahren, als sie in die Gefangenschaft verschleppt wurden. Aber Jeremia schreibt weiter von dem neuen Bund: „Meine Liebe werde ich jedem einzelnen ins Herz geben. Jedermann wird spüren, wie lieb ich ihn habe. Und sie werden wissen, was mein Wille ist. Sie werden sich meine Gebote nicht mehr auf Denkzettel schreiben, sondern sie werden sie in ihrem Sinn und in ihrem Herzen haben. So werden sie wieder mein Volk sein und ich will ihr Gott sein. Jeder wird selbst erkennen, wie Gott für ihn sorgt. Selbst die Kleinen können das verstehen; sie werden von selber die liebhaben, die sie liebhaben, das braucht man ihnen nicht erst zu sagen“

Da merken die Gefangenen: Gott spricht ja noch mit uns, so wie ein Vater mit seinem Kind spricht. „Er hat uns noch lieb, obwohl wir ihm ungehorsam waren und obwohl wir nicht mehr in der Heimat wohnen. Jetzt will er sogar einer neuen Bund mit uns schließen. Den werden wir dann auch halten können, denn Gott selber wird uns immer wieder sagen, wie gut er mit uns ist und wie lieb er uns hat.

Als Christen wissen wir allerdings, daß dieses Wort erst durch Jesus voll eingelöst worden ist. In ihm hat Gott erst den neuen Bund richtig geschlossen. Er hat uns Gottes Liebe gezeigt und möchte, daß auch wir anderen Menschen nur mit Liebe begegnen.

 

J. Daniel

Einstieg:

Wir wollen ein Buch der Bibel kennenlernen, das in den Jahren 168 bis164 vor Christus entstanden ist, aber Dinge schildern will, die 400 Jähre früher geschehen sein sollen. Damals hatten die Babylonier das Land des Volkes Israel erobert und die führenden Leute des Volkes mit nach Babylon in die Gefangenschaft genommen.

Das Buch spielt also am Königshof in Babylon und schildert in Kapitel 1 bis 6 die Erlebnisse Daniels und seiner Freunde (Kap 3) und in Kapitel 7 - 12 die Nachtgesichte Daniels vom Ende der Gefangenschaft in Babylon und von der Aufrichtung des Gottesreiches.

Die geschichtlichen Daten sind nicht so ganz zuverlässig: Das babylonische Reich hatte nicht nur zwei Könige und Belsazar war nicht der Sohn Nebukadnezars. Die Reiche der Babylonier und Meder bestanden gleichzeitig nebeneinander, und nicht ein König Darius hat die Babylonier besiegt, sondern der Perserkönig Kyros.

Aber es kommt je auch nicht auf die geschichtlichen Einzelheiten an, sondern es handelt sich um ein Glaubensbuch. Es will zeigen, wie ein junger Mann unbeirrt am Glauben an Gott festhält. In der Zeit, als das Danielbuch entstand, war das nämlich gar nicht einfach. Damals hatten die Syrer das Land der Juden erobert und haben jede Form des jüdischen Glaubens brutal unterdrückt. Es kam zu Aufständen (den Makkabäerkriegen), aber immer wieder wurden viele wegen ihres Glaubens umgebracht. Da wollte das Danielbuch den gläubigen Menschen in der Verfolgung wieder Mut und Trost zusprechen. Es sagt: Die Macht der Reiche dieser Welt ist begrenzt, Gottes Reich kommt.

 

Daniel kommt an der Königshof in Babylon: Kap. 1

Als die Babylonier die Stadt Jerusalem eroberten, nahmen sie den König gefangen und nahmen auch die Heiligen Geräte aus dem Tempel mit und stellten sie im Tempel ihres Gottes auf. Außerdem mußten alle jungen Männer edler Herkunft mit nach Babylon. Sie sollten dort in Schrift und Sprache der Babylonier erzogen werden, ihre Sitten kennenlernen und schließlich Diener des Königs werden.

 

Nun hatten die Juden eine neue Regierung, die nicht an Gott glaubte. Sie mußten mit dieser neuen Situation fertig werden, als Gottes Gemeinde in einer gottfeindlichen Welt zu stehen. Zunächst konnten sie sich nicht wehren - nach geltendem Kriegsrecht konnte der Sieger unbeschränkt über die Unterworfenen verfügen.

Diese müssen sich auch gefallen lassen, daß man ihnen neue Namen gibt. Bisher hatten sie Namen, die auf ihren Gott hinwiesen (Daniel heißt zum Beispiel „Gott hat Recht geschafft“). Sie zeigten damit, wem sie gehören und wem sie gehorchen wollen. Nun aber erhalten sie Namen, in denen die Namen der babylonischen Götter enthalten sind. Ihre Träger sollen damit den Einwirkungen dieser Götter ausgesetzt werden. Die jungen Männer werden nicht nur aus ihrer Familiengemeinschaft herausgerissen, sondern auch aus der Glaubensgemeinschaft ihres Volkes.

Die neue Regierungsgewalt tritt auch mit neuen religiösen Ansprüchen an sie heran. Das wird auch deutlich, als den jungen Männern die Speisen gebracht werden, die der König für sie bestimmt hat. Daniel erschrickt, als er das sieht: Das Fleisch ist bestimmt nicht von Tieren, die nach den jüdischen Gesetzesvorschriften geschlachtet worden sind, vielleicht kommt es von Götzenopfern her. Der Wein war auf jeden Fall den babylonischen Göttern geweiht.

Wenn ein Jude aber nicht mehr das Gesetz einhielt, trennte er sich vom Volk Gottes. Vor allem die Einhaltung der Speisegebote, der Beschneidung und der Sabbatruhe waren Kernzeichen des Juden im Gegensatz zu den Andersgläubigen.

Daniel kann nicht anders als diese Speiser ablehnen, weil er sich sonst von seiner Gemeinde, seinem Volk und von seinem Gott trennen würde. Sein stures Festhalten am Alter ist also in Wirklichkeit ein Akt des Gehorsams gegenüber Gott. Ein Kompromiß kommt also nicht in Frage. Aber Daniel versucht doch geschickt, mit dem Vorgesetzten eine erträgliche Lösung zu finden.

Es klappt auch alles: Die junger Männer erhalten nur Gemüse zum Essen und gedeihen doch prächtiger als die anderer jungen Leute. Gott hatte das alles so gefügt. Er steht zu denen, die sich an sein Wort halten. Ja er gibt ihnen sogar Einsicht und Verstand, daß sie alle Schrift und Wissenschaft verstehen. Daniel kann sogar Träume und Erscheinungen jeder Art deuten. Die jungen jüdischen Männer waren zehnmal klüger und verständiger als alle gelehrten Leute im Babylonischen Reich. Die Zusammenarbeit mit den Mächten des heidnischen Staates war also möglich, auch wenn Religion und Staatsdienst eng miteinander verbunden waren.

 

Nebukadnezars Traum von den vier Weltreichen: Kap 2

Eines Tages hatte der König einen Traum, über den er sehr erschrak, so daß er aufwachte. Seine Traumdeuter aber konnten ihm den Traum nicht deuten, zumal der König ihnen den Traum gar nicht erzählte. Da sollten alle Weisen in Babylon getötet werden. Auch Daniel und seine Freunde suchte man. Diese aber beteten zu Gott, damit er ihnen den Traum offenbare. Das geschieht auch in der Nacht.

Daniel läßt sich zum König bringen. Er sagt ihm: „Das Geheimnis, nach dem der König fragt, kann kein Wahrsager kennen. Aber es ist ein Gott im Himmel, der kann Geheimnisse offenbarer. Er hat dir kundgetan, was einmal geschehen wird. Du hast ein großes Standbild gesehen, dessen Kopf aus Gold war, Brust und Arme aus Silber, der Bauch von Kupfer und die Beine von Eisen. Die Füße aber waren zum Teil aus Ton. Da fiel ein Stein vom Himmel und traf die Figur an der Ferse, so daß der Koloß auf tönernen Füßen umfiel und zu Staub zerfiel.

Daniel deutet diesen Traum so: „Das goldene Haupt bist du, Nebukadnezar. Aber nach dir werden weitere Reiche kommen, allerdings weniger mächtig als du. Beim letzten

wird schon Ton darunter gemischt sein. Zur Zeit jenes Reiches aber wird der Gott des Himmels sein Reich aufrichten, er wird alle Königreiche zermalmen, aber er selbst wird ewig bleiben!“

Daniel sagt mit Nachdruck, daß Gott ihm all das offenbart hat. Der König hat von den Wahrsagern etwas Unmögliches verlangt, denn niemand darf von einem anderen etwas verlangen, was nur Gott geben kann. Auf das babylonische Reich wird das der Meder folgen, dann das der Perser und schließlich das Reich Alexanders des Großen, das aber in vier Nachfolgereiche auseinanderfallen wird, von denen das syrische Reich eins ist. Doch auch dieses wird zerstört durch jenen Stein, der ohne menschliche Einwirkung auf die Weltmacht trifft und sie zerstört. Der Stein wächst sogar noch und füllt schließlich die ganze Welt aus, so daß das Gottesreich jede weltliche Herrschaft auslöscht.

Diese Gewißheit wird sicherlich ein starker Trost gewesen sein für die unter der Herrschaft der Syrer stöhnenden Juden. Auch wenn diese Weltmacht jetzt noch so glänzend und fest dasteht, sie steht doch auf tönernen Füßen.

Diese Botschaft wird in Daniel 7 aufgenommen und bildet einen wesentlichen Teil der Verkündigung des Neuen Testaments. In Dan 7,13 ist vom „Menschensohn“ die Rede, der ja dann auch in Jesus gekommen ist. Er hat ein Reich aufgerichtet, das ewig dauert.

 

Die drei Männer im Feuerofen: Kap 3

Vielleicht wurde Nebukadnezar durch seinen Traum angeregt, nun seinerseits ein Götterbild machen zu lassen. Dreißig Meter ist es hoch und aus reinem Gold gegossen. Das läßt er in einer Ebene bei Babylon aufstellen und alle Würdenträger und Amtleute seines Reiches sollen vor dem Standbild niederfallen und es anbeten.

Der König ist sich noch nicht sicher, ob seine Machtentfaltung auch genügend Eindruck gemacht hat und alle ihm gehorsam sind. Es war schon immer so, daß die Machthaber nicht nur eigene Götter machten, sondern sie befahlen auch die Verehrung der selbstgemachten Götter. Auch Nebukadnezar will durch das Bild seine Macht zur Schau stellen.

Er bezaubert die Massen durch Glanz und Pracht: Die Augen bekommen etwas zu sehen, die Ohren bekommen etwas zu hören (Musik gehört zu allen Religionen hinzu!). Und wenn das nicht wirken sollte, dann sind immer noch Drohungen da: Neben dem Bild steht noch der Ofen, in dem das Metall geschmolzen wurde, und wer sich nicht beugt, der kommt in den Ofen!

Aber der Erfolg ist so überwältigend, daß dem König die wenigen Ausnahmen zunächst entgehen, die sich in seiner unmittelbaren Nähe befinden. Die drei Freunde Daniels haben sich nicht verbeugt (und Daniel natürlich auch nicht, von ihm ist hier nicht die Rede, er hat später eine entsprechende Bewährung zu bestehen).

Der König könnte ja großzügig sein: Auf die drei Männer kommt es doch nicht an! Aber offenbar kommt es doch auf sie an, denn wenn nur drei Mann von der Staatsreligion abweichen, dann ist die Einheit des Reiches gefährdet. Andererseits hätten auch die drei Männer großzügig sein können, denn es wurde ja nur eine kleine Bewegung gefordert, kein ausdrückliches Bekenntnis. Aber hätten sie wohl ihren Glauben bewahren können, wenn sie in dieser „Äußerlichkeit“ nachgegeben hätten?

Die babylonischen Wahrsager zeigen die drei Männer an, die sich nicht mit verbeugt haben. Sie wiederholen zunächst den Befehl des Königs und klagen die drei Männer dann eines politischen Verbrechens an: „Sie haben auf dich, den König, keine Rücksicht genommen!“ Das war schon immer ein erfolgreicher Weg. Dann erst folgt die eigentliche Anklage auf religiösen Frevel.

Der König ist außer sich. Er kann sich gar nicht denken, daß sein Gebot vorsätzlich übertreten worden ist, daß also seine Macht eine Grenze gefunden hat. Schließlich sind es ja keine kleinen Leute, die nicht mitgemacht haben. Wenn die Großen Kritik am König üben, dann ist das besonders gefährlich.

Aber er will ihnen noch einmal eine Chance geben, ihrer Huldigungspflicht nachzukommen: Er nimmt ihren Glauben nicht ernst und rechnet auch nicht mit der Macht eines Gottes, dem diese drei Männer gehorchen. Die Drei könnten leicht nachholen, was sie in einem Augenblick der Unbesonnenheit und einer falschen Einschätzung der Machtverhältnisse unterlassen haben. Eine Wiederholung der Drohung soll ihnen die Entscheidung leichter machen.

Doch sie antworten: „Wir brauchen darauf gar nicht zu antworten. Wenn unser Gott will, kann er uns aus diesem Ofen und aus deiner Hand, o König, retten: Wenn aber nicht, so sollst du dennoch wissen, daß wir deinen Gott nicht ehren und das goldene Bild nicht anbeten!“

Sie bleiben nüchtern in ihrem Glauben. Die Entscheidung über ihre Zukunft liegt allein bei Gott. Sie warten nicht auf ein Wunder, sondern sie rechnen mit dem Tod. Sie sehen es nicht als einen Anspruch an, daß Gott sie retten muß. Ihr Tod wäre nicht ein Beweis gegen Gott und seine Macht, sondern nur ein Hinweis darauf, daß Gottes Plan mit ihnen anders war. Gott kann retten, aber ob er es tut?

Damit bat der König den Kampf verloren: Er kann ihnen zwar das Leben nehmen, nicht aber der Glauben an Gott. Sie wagen es, eine Minderheit von drei gegen Zehntausende zu sein. Ihre Furcht vor Gott ist größer als die Angst vor dem König und seinem Feuerofen. Sie wollen lieber sterben als Gottverleugner. (Hier eventuell unterbrechen mit der Frage: Wie wird es ausgehen?).

Bisher hatte der König immer noch Haltung bewahrt. Nun aber verändert sich sein Gesichtsausdruck, jetzt muß er seine Macht zeigen. Aber er zeigt sie in ganz unsinniger Weise: Er läßt der Ofen siebenmal stärker heizen als nötig, holt die stärksten Männer seines Heeres und läßt die drei Freunde mit Stricken binden, die doch im Feuer sofort verbrennen. Offensichtlich ist er sich seiner Sache doch nicht so sicher, wie er vorgibt. Er handelt auch schnell, als wollte er dem möglichen Eingreifen einer anderen Macht zuvorkommen.

Die drei Männer werden in den Ofen geworfen. Weil man das Feuer aber so stark geschürt hat, wurden die Soldaten von den Feuerflammen getötet, die diese Arbeit vornahmen. Der König aber war entsetzt: Die drei Männer waren zwar in den Ofen hinabgefallen, aber nun sah er vier Männer im Feuer umhergehen, und einer sah aus, als sei er ein Engel Gottes. Da ruft Nebukadnezar die Männer wieder heraus. Sie sind völlig unversehrt, nicht einmal ihr Haar ist versengt.

Unter dem Eindruck dieses Wunders gibt der König für einen Augenblick Gott die Ehre: „Gelobt sei Gott. Es gibt keinen anderen Gott als der, der so erretten kann!“ Er bedrohte nun jeden, der nicht diesen Gott verehrte. Aber im Grunde ist er für ihn nur ein Gott unter vielen anderen, wirklich bekehrt zu diesem Gott hat er sich nicht.

 

Antwortgespräch:

Ein entsprechendes Gegenstück gab es in unsrer Zeit: Im Frühjahr 1938 bekamen die Häftlinge des Konzentrationslagers Bucherwald der Befehl, beim Vorbeimarsch an der Hakenkreuzfahne ihre Mütze abzunehmen. Als einziger in der Marschkolonne behält der Pfarrer Paul Schneider die Mütze auf dem Kopf. Er wird von anderen angezeigt und zum Verhör vor die SS gebracht. Er weigert sich aber weiter. Da bekommt er 25 Stockhiebe und wird in den Bunker gebracht. Dieser Bunker hat er nicht mehr lebend verlassen: Nach über einem Jahr Haft im Bunker wurde er durch eine überstarke Herzspritze umgebracht.

 

Belsazers Gastmahl: Kap 5

Es geschieht immer wieder Unrecht in der Welt. Da brauchen wir nur einmal in die Zeitung zu sehen. Schon zur Zeit Daniels war das nicht anders. Belsazer wurde König in Babylon. Aber er war nicht anders als Nebukadnezar. Einmal machte er ein großes Mahl für seine 1000 Gewaltigen und säuft sich voll mit ihnen. In seiner Trunkenheit befiehlt er: „Her die goldenen und silbernen Gefäße, die Nebukadnezar aus dem Tempel in Jerusalem mitgenommen hat. Wir wollen daraus trinken!“

Der fromme Jude erschauderte bei dem Gedanken, daß die gottgeweihten Gefäße für ein Trinkgelage benutzt wurden. Aber genauso hatten sie es ja erlebt, als der Syrerkönig Antiochus IV. den Tempel schändete und die heiligen Geräte mitnahm. Gott wird einen solchen frevelhaften Übermut nicht ungestraft lassen.

Sie füllen die Kelche und Kannen mit Wein, der König und seine Weiber trinken daraus, und sie verhöhnen den Gott des Himmels und der Erden und loben ihre Götzen. Es ist ein Schauspiel, das einen nur erzittern lassen kann.

Doch was ist das? Alles verstummt! An der Wand gegenüber erscheinen Finger einer Men­schenhand. Sie schreiben an die Wand in dem königlichen Saal. Der König verfärbt sich, er wird weiß wie eine Wand, die Knie schlottern. Er schreit: „Holt mir die Weisen und Wahrsager, sie sollen mir sagen, was diese Schrift bedeutet. Wer mir die Schrift deuten kann, soll mit Purpur bekleidet werden und eine goldene Kette am Hals tragen und der dritthöchste Mann im Reich werden!“ Doch keiner kann die Schrift deuten. Lähmende Hilflosigkeit macht sich breit.

Da verliert der König völlig die Farbe. Seinen mächtigen Ratgebern wird angst und bange. Aber da kommt die Mutter des Königs, die an Daniel erinnert, der Träume deuten und dunkle Sprüche erraten kann. Daniel wird geholt. Auch ihm werden die gleichen Geschenke versprochen. Der König möchte unbedingt eine Lösung haben, weil er sich hier einer Macht ge­gen­übersieht, die sich seiner religiösen Kontrolle entzieht und also nicht zu beeinflussen ist.

Doch Daniel sagt: „Behalte deine Gaben, gib deine Geschenke einem anderen. Ich will dir dennoch sagen, was die Schrift bedeutet. Diese Schrift hat der Gott geschrieben, der dein Leben und alle deine Wege in der Hand hat. Sie ist zu lesen: Mene, mene, tekel, u-parsin!“

 An sich sind das nur Bezeichnungen für Münzen. Aber Daniel liest die Worte als Tätigkeitswörter und sagt: „Meine“ heißt: „Gott hat dein Königtum gezählt und beendet!“ „Tekel“ heißt: „Gott hat dich auf der Waage gewogen und zu leicht befunden!“ „Parsin“ heißt: „Gott hat dein Reich zerteilt und den Persern gegeben!“

Belsazer gibt Daniel noch die versprochenen Geschenke. Aber noch in der gleichen Nacht eroberten die Perser die Stadt und haben den König Belsazer umgebracht. Der deutsche Dichter Heinrich Heine hat eine Ballade darüber geschrieben, die am Schluß lautet: „Belsazer ward noch selbiger Nacht von seinen Knechten umgebracht!“

Es waren aber nicht seine eigenen Leute, sondern die Perser. Diese waren in Religionssachen duldsamer. Sie hatten ein so großes Reich, daß sie es nicht auch noch wegen der Religion mit den verschiedenen Völkern verderben wollten. Sie haben schließlich auch der Juden erlaubt, wieder in ihre Heimat zurückzukehren. Der persische König, der bei Daniel „Darius“ heißt, war also dem Daniel wohlgesonnen. Aber jetzt sind es andere, die den Daniel in große Schwierigkeiten bringen.

 

Daniel in der Löwengrube : Kap 6

In dem großen Reich der Perser werden viele Männer gebraucht, die den König von der lästigen Verwaltungsarbeit entlasten. Unter ihnen zeichnet sich besonders Daniel aus, so daß ihn Darius zum obersten Minister erheben will.

Das aber macht seine Kollegen neidisch. Der Konflikt ergibt sich also zunächst nicht aus religiösen Gründen, sondern aus kleinlicher menschlicher Mißgunst. Die Kollegen wollen Daniel am Zeug flicken, um selber umso glänzender dazustehen.

Sie sind sich im Klaren darüber, da sie Daniel nur dann zu Fall bringen können, wenn sie an die Wurzel seines Wesens rühren. So unterbreiten sie dem König den Vorschlag, er solle doch jeden Gottesdienst verbieten mit Ausnahme des Königskultes. Das würde allerdings bedeuten, daß auch die persische Religion verboten würde. Der König aber geht in die recht plump gestellte Falle.

Daniel erkennt, daß sich das Gebot gegen seine Religionsausübung richtet, hält aber an seiner Gebetspraxis fest: dreimal am Tag betet er zu Gott und wendet sich dabei in Richtung Jerusalem. Er will dabei nicht provozieren‚ wird aber natürlich gleich angezeigt. Der König möchte Daniel gern retten, sieht aber keine Möglichkeit dazu. Er gibt zwar Daniel noch den Wunsch mit, sein Gott möge ihm helfen‚ aber er rechnet keineswegs damit‚ daß dieser Wunsch in Erfüllung gehen könnte. Daniel aber geht die Befolgung des ersten Gebotes über alle anderen Befehle, er ist im Grunde viel „königlicher“ als Darius.

Daniel kommt in eine Art Zisterne, in der die Löwen gefangengehalten werden. Doch Gott hat seinen Engel gesandt, der den Löwen den Rachen zuhält. Dieses Bekenntnis ist der Anlaß, daß diese Szene so oft in der christlichen Kunst dargestellt wurde. Gerade Zeiten der Gefahr und Verfolgung hat sich die Gemeinde Gottes immer wieder an diese Botschaft gehalten, daß Gottes Macht unbegrenzt ist.

In der Löwengrube hat man schon in der Zeit der alten Kirche eine Art „Unterwelt“ gesehen. So wie Daniel erging es dem Volk Israel und ergeht es auch uns. Aber Daniel erlebt eine Art Auferstehung: unversehrt entsteigt er der Grube, ein Gottesurteil hat deutlich gemacht, daß er keine Schuld hatte. Dafür kommen nun seine Verleumder in die Grube und werden von den Löwen zerrissen.

 

Wir lesen die Geschichte von Klaus-Peter Hertzsch: „Die Geschichte von Daniel und den Löwen in der Grube (aus: Wie schön war die Stadt Ninive, Berlin 1968, S.71 - 83) und zeigen dazu die Dias von den entsprechenden Flanellbildern [Hier nicht wiedergegeben].

 

Bildbetrachtung:

Ein Junge, sein Name ist Daniel, ist in Hockstellung, zusammengekrümmt und in den Winkel gedrückt. Wann verhalten wir uns so? Vor einem stärkeren Angreifer - wenn wir ausgelacht werden. Wohin sieht Daniel? Nach vorn - auf etwas, das ihn erschreckt - oder?

Die Gefahr, vor der Daniel sich duckt, ist als brüllender Löwe dargestellt. Er hat ein aufgerissenes Maul, setzt zum Sprung an, seine Augen sehen auf das Opfer.

Was soll Daniel tun? Er ist wehrlos - er ist gefangen - gefangen in einem Käfig - es gibt keinen Weg, herauszukommen.

Weshalb sitzt Daniel hier? Er ist einer, der zu Gott gehört. Es ist Daniel - einer aus dem Volk der Juden - er sitzt hier, weil er zu Gott gehört. Er hat sich einsperren lassen, weil er nicht sagen wollte: Ich gehöre nicht zu Gott. So kann das sein - so alleingelassen.

Aber nun ist da noch etwas auf dem Bild, es ist etwas zwischen Daniel und dem, was ihm Angst macht, eine große Hand. Der Löwe kann sich nicht auf Daniel stürzen - es ist, als ob „Halt“ gerufen würde.

Plötzlich ist da etwas, was Daniel vertrauen läßt, vertrauen darauf, daß er doch nicht allein ist. Das weiß auch der Künstler, der dieses Bild gestaltete. Er heißt Horst Räcke und wohnt in Leipzig. Er hat die große Hand gemalt, die den Jungen Daniel schützt, die einen Weg zeigt, einen Weg heraus. Diese Hand ist ein Zeichen, ein Zeichen für Gott. Der Maler will damit sagen: Gott ist da, mitten im Alleinsein, und er weiß, wie es weitergehen soll. Er weiß einen Weg.

 

 

K. Jona

Einstieg:

Stellen wir uns vor, auf der Treppe unseres Rathauses stünde ein Mann und riefe „In 40 Tagen existiert unser Ort nicht mehr!“ Da würden doch die Leute sagen: „Der ist verrückt. Es ist doch kein Krieg. So ein Quatsch! Schafft den Mann in die Klappstühle!“ Und doch hat es einen Mann gegeben, der mußte so etwas ausrufen.

Das war der Prophet Jona, nach dem ein ganzes Buch unserer Bibel genannt ist. Er wird schon im Buch 2. Könige 14,25 erwähnt als der Sohn eines gewisser Amitthai, der die Wiedereroberung des Landes östlich des Jordanflusses durch die Israeliten vorausgesagt hat.

Das Jonabuch ist allerdings erst sehr viel später entstanden; etwa 300 Jahre nach dem wirklichen Jona. So ist dieses Buch also eine Dichtung, die nicht tatsächliche Ereignisse wiedergibt, sondern uns etwas über Gott sagen will.

Das Land der Juden war damals ein Teil des Perserreiches. Die Perser glaubten nicht an Gott, sie waren „Heiden“. Viele fromme Juden wollten deshalb nichts mit ihnen zu tun haben. Siewollten für sich bleiben und jene Heiden ihrem Schicksal überlassen. Gott würde nur seinem Volk helfen und die anderen vernichten; so war die Meinung vieler Juden.

Das Jonabuch aber will deutlich machen: Gott liebt auch die Menschen anderer Völker. Auch wenn man mit ihnen nicht gleicher Meinung ist, sollte man sich doch um sie kümmern und mit ihnen reden, denn auch sie sind Geschöpfe Gottes. So wollen wir jetzt die Geschichte von Jona hören.

 

Erzählung:

Jona war ein frommer Mann und wußte genau, daß Gott besonders sein jüdisches Volk liebt. Er hatte es gegen alle Feinde beschützt, er hatte ihm zu essen und zu trinken gegeben, sie waren sein Lieblingsvolk. Das Volk aber sollte Gott gehorsam sein, nicht lügen und stehlen und die Alten nicht verachten.

Eines Tages spricht Gott zu Jona: „Mache dich auf, gehe nach Ninive, der großen Stadt, und predige gegen sie; denn die Nachricht von ihrer Bosheit ist bis zu mir gedrungen!“ Ninive war die Hauptstadt des assyrischen Reiches, am Tigris-Fluß gelegen. Für damalige Begriffe war sie ungeheuer groß, etwa vier Kilometer lang und breit.

Groß und reich war die Stadt, aber um Gott kümmerte man sich dort nicht. Jona war froh, daß er nicht in diese Stadt hatte gehen müssen. Denn sicherlich würde Gott sie bald vernichten, so schlecht waren die Menschen dort. Aber sollte er sie nur verderben, das waren ja alles Fremde, die gingen Jona nichts an?

Aber nun soll er ausgerechnet in diese gottlose Stadt. Warum hatte Gott seine Meinung nur geändert? Wenn den Menschen dort das Wort Gottes gesagt würde, dann könnten sie vielleicht im letzten Augenblick noch ihr Leben ändern, und dann würde es nichts mit der Strafe Gottes. Das darf nicht sein, denkt Jona. Die haben ihre Strafe verdient, da sollen sie sie auch aushalten.

 

Jona will sich vor dem Auftrag Gottes drücken und beschließt deshalb in ein weit entferntes Land zu fliehen. Er geht hinunter ans Meer in die Stadt Japho (Jaffa, heute Teil von Tel Aviv), um dort vielleicht ein Schiff zu finden, das ihn weit fort bringt. Da wird Gott ihn nicht finden. Niemand wird nach Ninive gehen, die Leute dort werden weiterhin Böses tun und ihre gerechte Strafe erhalte. Jona findet auch ein Schiff, das nach Tarsis an der Ostküste Spaniens fährt. Er bezahlt das Fährgeld, steigt in das Schiff, und los geht die Fahrt. Er will Gott nicht gehorchen, er will ein freier Mensch sein, er will nach seinen eigenen Wünschen leben und handeln.

Gott läßt ihn zunächst auch fliehen. Jona legt sich in seiner Kajüte schlafen. Er will nichts mehr hören und sehen und nichts mehr denken - er will einfach abschalten. Gott aber hat längst zu handeln begonnen: Der Wind wird auf einmal zum Sturm, das Schiff wird hin und her geworfen, es wird immer gefährlicher. Lange wird sich das Schiff nicht mehr halten können.

Die Seeleute versuchen alles, um das Schiff zu retten: Sie werfen Säcke und Kisten über Bord, die ganze Ladung, damit das Schiff leichter wird und die Wellen nicht mehr so leicht ins Schiff schlagen können. Jona aber scheint das alles nicht zu rühren: Er schläft seeleeruhig unten im Schiff. Im Meer sieht er keine Gefahr. Viel gefährlicher scheint ihm Gott zu sein mit seinen seltsamen Aufträgen. Aber dem ist er ja nun entwischt, der wird nicht mehr an ihn herankommen. Doch da hat er sich getäuscht.

Der Kapitän steigt hinunter zu Jona und sagt zu ihm: „Wie kannst du bloß hier schlafen! Bete doch auch zu deinem Gott, so wie die anderen zu ihrem Gott beten! Vielleicht ist er stärker als unsere Götter und kann das Schiff retten!“

Die Leute aber sagen: „Kommt, wir wollen losen. Dann werden wir schon erfahren, wer daran schuld ist, daß es uns so übel ergeht!“ Sie hoffen, durch das Los würde ihr Gott ihnen ein Zeichen geben, wer der Schuldige ist. So wird also gelost. Und das Los trifft auf Jona.

Jetzt erst bemerken ihn die anderen auf dem Schiff so richtig. Sie fragen: „Erzähle uns doch, warum dein Gott dich so straft?“ Was bist du für ein Mann, welche Arbeit machst du, wo wohnst du?“ Da bekennt Jona: „Ich bin ein Hebräer und verehre den Gott des Himmels, der das Meer und das Trockene gemacht hat!“

Da können sich die anderen schon einen Reim darauf machen: Wenn dieser Gott das Meer gemacht hat, dann hat er auch das Unwetter geschickt. Und dann muß dieser Mann Jona die Ursache des Sturms sein. Er hat seinen Gott erzürnt und soll nun von ihm bestraft werden Nun müssen sie fürchten, daß sie mit untergehen werden. Sie machen Jona Vorwürfe: „Warum hast du das getan?“ Jona blieb ja gar nichts anderes übrig, als kurz zu erklären, weshalb Gott auf ihn zornig war.

Da sagt Jona: „Nehmt mich doch und werft mich ins Meer. Dann wird das Meer ruhig werden und von euch ablassen. Das Ungewitter ist ja nur wegen mir über euch gekommen!“ Jona hat erkannt, daß er Gott nicht ausweichen kann. Er beginnt, seinen Schritt zu bedauern, und bereut seine Tat. Nun will er sich opfern und die Strafe allein auf sich nehmen.

Die Seeleute versuchen noch einmal alles, um die von Jona angedeutete Möglichkeit zu vermeiden. Sie rudern mit allen Kräften, um ans Ufer zu kommen. Aber es nützt alles nichts, das Meer wütet nur noch mehr gegen sie. Da rufen sie den Gott Jonas an und sagen: „Laß uns nicht verderben um dieses Mannes willen. Und rechne es uns nicht an, wenn wir unschuldiges Blut vergießen. Denn du. Herr, tust, wie es dir gefällt!“ Dann nehmen sie Jona und werfen ihn ins Meer. Sofort legen sich die Wellen und das Wasser wird ruhig.

Da erschrecken die Seeleute und die anderen Fahrgäste auf dem Schiff. Sie opfern Gott und versprechen, auf ihn zu hören. Gott aber läßt ein großes Meerungeheuer kommen, das den Jona verschlingt. Alle denken natürlich: Nun ist Jona tot! Aber so einfach läßt sich Gott nicht von seinem Plan abbringen. Er hat mit Jona noch etwas vor. Die Geschichte erzählt, Jona sei nicht umgekommen, sondern habe im Bauch des Untieres sogar zu Gott gebetet. Jetzt lernt er das Beten wieder neu. Als es ihm ganz schlecht geht, da wird er gewissermaßen wieder neu geboren - zunächst mehr innerlich, dann aber auch so, daß das Tier ihn wieder ausspuckt: Auf einmal findet sich Jona wieder an der Küste bei Japho, von wo aus er vor Gott hatte fliehen wollen. Aber Jona ist nun ein anderer Mensch. Er weiß nun, daß er Gott nicht davonlaufen kann. Er weiß, daß er Gott gehorsam sein muß.

Gott spricht zum zweiten Mal zu Jona: „Mache dich auf und gehe in die große Stadt Ninive und predige ihr, was ich dir sage!“ Diesmal gehorcht Jona sofort und macht sich auf nach der großer Stadt Ninive. Er muß lange gehen, bis er in die Mitte der Stadt auf einen großen Platz kommt. Dort ruft er: „Es sind noch 40 Tage, dann wird Ninive untergehen!“

Da erschrecken die Leute von Ninive doch sehr. Sie wollen nicht mehr böse sein. Alle Feste werden abgesagt. Sie ziehen schwarze Kleider an und sind still und ernst. Auch der König in seinem Schloß erfährt, was Jona gesagt hat. Er zieht auch schwarze Kleider an und gibt den Befehl aus: „Alle Menschen sollen sich bessern und nichts Böses mehr tun. Sie sollen alle Gott um Verzeihung bitten. Vielleicht tut es ihm doch noch leid und er wird die Stadt nicht zerstören!“ Als Gott sieht, wie ernst es den Leuten in Ninive ist mit ihrer Umkehr, da tut es ihm doch leid, daß er ihnen eine solche schwere Strafe angedroht hat. Er beschließt, die Stadt nicht zu verderben.

Da aber wird Jona zornig. Er ärgert sich über Gott, der es sich doch noch anders überlegt hat.

Jona spricht zu Gott: „Ach Herr, das ist es ja, was ich schon fürchtete, als ich aus meinem Land fliehen wollte. Ich wußte ja, daß du gnädig, barmherzig, langmütig und von großer Güte bist und das Übel doch wieder bereust. So nimm lieber das Leben von mir, ich möchte sterben!“ Sicher fürchtet er, daß die Leute über ihn lachen werden: Erst kündet er ihnen die Strafe Gottes an, aber nachher passiert nichts. Das hält er nicht aus. Aber Gott sagt zu ihm: „Meinst du, daß du mit Recht zürnst?“

Jona geht aus der Stadt hinaus und baut sich vor der Stadt eine kleine Hütte, um zu sehen, was aus der Stadt wird. Er ärgert sich immer noch über Gott. Um ihm aber eine Freude zu machen, läßt Gott eine große Pflanze vor seiner Hütte emporwachsen, ein Rhizinusstrauch, der fast wie ein kleiner Baum aussieht. Jona freut sich sehr darüber, denn nun findet er etwas Schatten gegen die Sonne und kann sich unter den großen Blättern der Pflanze ausruhen.

Jona freut sich sehr über der Baum, weil er so schön in seinem Schatte sitzen kann. Er gewinnt den Baum lieb, obwohl es doch nur eine einfache Pflanze ist. Aber am nächsten Morgen schickt Gott einen Wurm; der frißt an der Wurzel der Pflanze, so daß die Blätter welk werden und abfallen. Nun hat Jona keinen Schatten mehr. Der heiße Ostwind setzt ihm mächtig zu. Die Sonne brennt so stark auf seinen Kopf, daß er fast ohnmächtig wird und es vor Hitze nicht mehr aushalten kann. Jona wird am Ende so matt, daß er sich sogar den Tod herbeiwünscht.

Gott fragt ihr wieder: „Meinst du, daß du mit Recht zürnst wegen dieser Pflanze? Jona antwortet: „Mit Recht bin ich erzürnt bis zu meinem Tod!“ es ist doch völlig willkürlich, daß Gott ihm den schönen Schattenbaum genommen hat. Dabei ist es doch nur eine ganz gewöhnliche Pflanze. Gott aber hat ein viel engeres Verhältnis zu den Leuten in Ninive. Er hat sie doch auch geschaffen, sie sind seine Geschöpfe.

Er möchte doch nicht, daß sie umgebracht werden müssen, er möchte nicht immer nur strafen, sondern helfen und heilen. Das muß Jona erst noch lernen: Gott ist doch anders, als er es bisher gemeint hat, als man es ihm bisher erzählt hat. Gott möchte erreichen, daß sich Jona mit ihm freut über die Umkehr der Niniviter.

Er sagt: „Jona, du hast Mitleid mit dieser Staude, um die du dich nicht gemüht hast und die du auch nicht aufgezogen hast. In einer Nacht ist sie gewachsen und in einer weiteren Nacht ist sie verdorben. Und da sollte ich nicht Mitleid haben mit der Stadt Ninive, in der 120 000 Menschen und viele Tiere wohnen? Ich habe sie so lieb wie du deinen Baum!“ Wir wissen nicht, was Jona auf die Frage Gottes geantwortet hat. Gott möchte aber, daß sich Jona mitfreut und Gottes Liebe versteht.

Antwortgespräch:

Wir sagen im Glaubensbekenntnis „Ich glaube an die Vergebung der Sünde!“ Aber wenn dann Gott wirklich einem Menschen gnädig ist, den wir für schlecht und böse gehalten haben, dann verstehen wir Gott nicht mehr. Wenn. einer sein ganzes Leben über Gott geleugnet hat und vielleicht noch die Christen verfolgt hat, dem soll Gott noch in Ewigkeit gnädig sein? Wenn wir so etwas erfahren, dann ärgern wir uns auch so über Gott wie Jona. Wenn solche Gedanken bei uns wach werden, dann fragt Gott uns auch: „Meinst du mit Recht zürnst? Ist es recht, wenn es nach deinem Willen gehen soll und nicht nach meinem?“

Gott gibt uns auch heute noch Aufträge. Er spricht uns durch Mitmenschen an, etwa durch Nöte, die wir bei anderen wahrnehmen. Aber manchmal sind uns auch die Aufträge zu schwer und wir fliehen vor Gott. Oder wir wollen nicht öffentlich zeigen, daß wir ja auch dazugehören. Wer aber dankbar ist, folgt dem Ruf Gottes, auch wenn er keinen Lohn erwarten kann. Und er hält sich an Gott, wenn er einmal in Not kommt.

Das eigentliche Wunder des Jonabuches ist nicht der Aufenthalt Jonas im Bauch des Seeungeheuers. So etwas ist nicht möglich, das ist mehr so etwas wie ein Märchen. Das eigentliche Wunder ist, daß Gott seinen Auftrag wiederholt und den Jona noch einmal auf den Weg schickt. Gott erweitert sogar der Auftrag und schreibt dem Jona genau vor, was er in Ninive sagen soll.

Wir sagen eher: „Wenn einer einmal etwas geklaut hat, dann werden wir ihm wohl nicht die Klassenkasse anvertrauen. Gott aber nimmt uns in seinen Dienst, auch wenn wir versagt haben. Er braucht Boten und sucht sich der, der er für den Geeignetsten hält. Er kommt auf alle Fälle zum Ziel. Das seltsame Verhalten des Jona hält ihn nicht ab. Er kommt zum Ziel, mit Jona und Ninive und auch mit uns. Nicht Jona ist die Hauptperson, sondern Gott selbst.

Jona hat viel mitmachen müssen, ehe es soweit war. Als es ganz schlimm steht, will er sogar sein Leben opfern, damit die anderen gerettet werden. Das weist uns hin auf Jesus, der die Strafe für alle Menschen getragen hat, um sie von dem Unheil zu erlösen.

Jesus aber hält seinem Volk die Leute von Ninive als leuchtendes Beispiel vor. Sie waren zwar schlecht, aber sie haben alle ihr Leben geändert. So sollte auch das Volk Jesu sich von Gott ändern lassen und auf den hören, der mehr ist als Jona und alle Propheten. Er hat sich für alle Menschen geopfert. Bei ihm sind Gericht und Vergebung nicht zwei Schritte, die aufeinander folgen. Das Kreuz Jesu vielmehr macht deutlich, daß das Gericht Gottes und sein Erbarmen zusammengehören.

 

 

L. Das Lob Gottes in der Schöpfung: Psalm 104

 

Hinführung:

Im dritten Vers des Liedes „Die güdne Sonne“ heißt es: „…Was wir nur haben“. Wir zählen auf, was wir so alles haben, und schreiben schon nach Gruppen geordnet an die Tafel:

Sachen                                                           Personen

Kleidung                                                         Eltern

Nahrung                     Leben ?                       Freunde.

Wohnung                                                       Verwandte

           

           

Woher haben wir das?

Fromme Antworten werden erst einmal abgebogen: Die Wohnung haben Menschen gebaut, vielleicht die Eltern oder Großeltern. Den Fernsehapparat haben die Eltern gekauft, usw. Aber wir müssen dennoch fragen: Wo kommt das denn letztlich her?

Gott hat der Menschen die Fähigkeiten gegeben, all diese Dinge herzustellen. Aber tausende von Händen haben an dem Fahrrad gearbeitet, ehe wir es kaufen konnten. Es gibt keinen Dank er Gott ohne den Dank an die Mitmenschen. Wer Gott für das Essen dankt, der sollte auch den Eltern danken und nicht über der „Fraß“ schimpfen (entsprechend Schulspeisung).

 

Kaufmann-Bilder aus: „Der Mensch in der Mitte“, Nr. 3 und 4: Sie sind wiedergegeben unter „Religionsunterricht, Schöpfung“.

Gott hat uns die Dinge um uns herum gegeben; er hat auch jedem eine Begabung mitgegeben, damit er solche Dinge herstellen kann. Wenn wir nach dem letzten Urheber aller Dinge fragen, dann hören wir hier die Antwort: „Ich bin der Herr, dein Gott. Ich bin der Geber aller Gaben. Er gibt uns alles, was wir zum Leben brauchen, auch die unsichtbaren Dinge.

Auch in der Technik begegnet uns Gott. Zunächst könnte man meinen, die Technik verstelle den Zugang zur Natur. Früher sahen sich die Menschen noch als Teil der Natur, und diese wiederum als das Gegenüber Gottes. Heute aber fühlen sich viele der Natur entfremdet. Doch die Technik ist nur vom Menschen gestaltete Natur. Man ist Gott nicht näher, wenn man sich in die Natur begibt. Auch in der Technik und ihren Wunderwerken ist Gott zu finden, auch sie gehört ihm, auch wenn der Mensch mehr an ihr beteiligt ist als an der Natur.

Vor vielen Jahren hat nun ein Mensch ein Gedicht gemacht, in dem er Gott für all die Gaben dankt, die er uns gegeben hat. Dieses Gedicht steht in unserer Bibel, im Alten Testament. Dort wird das Gedicht „Psalm“ genannt. Solche Psalmen beten wir noch heute im Gottesdienst. Früher wurden sie nur gesungen.

 

In dem 104.Psalm haben wir ein Bekenntnis zu Gott dem Schöpfer vor uns. Im Volk Israel hat man nicht von Anfang an gewußt, daß Gott der Schöpfer der Welt und der Geber aller guten Gaben ist. Anfangs sah man in ihm mehr einen Gott, der in der Geschichte seines Volkes wirkt. Beim Auszug aus Ägypten hatte er ihnen geholfen, hatten sie gemerkt, daß sie einen Gott haben. Aber später merkte man, daß der Retter vor den Ägyptern auch der ist, der Himmel und Erde geschaffen hat. Damit drang man vor bis zum äußersten Horizont des Wirkens Gottes: Schon am Anfang hat er mit der Rettung der Menschen begonnen.

So können wir auch nur Gott danken, daß er die Menschen geschaffen hat und auch uns geschaffen hat. Er hat nicht nur unser Leben gewollt, sondern er will es auch erhalten. Jeden Tag können wir ihm nur danken, daß wir etwas zu essen haben. Am Erntedankfest tun wir das ausdrücklich.

Was wir verzehren, muß Gott in jedem Jahr wieder wachsen lassen. Wir könnten uns ja einmal vorstellen, was wir alles schon im Leben verzehrt haben: Kartoffeln, Brot, Gemüse, Fleisch, Obst, usw. (Was hat es heute zu Mittag gegeben?). Bei einem alten Menschen käme da sicher ein ganz schöner Berg zusammen. Für all das sollten wir Gott danken.

Wie wolle nun jenes Gedicht aus der Bibel einmal hören und dabei darauf achten, wofür der Beter in diesem 104. Psalm alles dankt.

 

Erzählung:

(Vers 1-5): „Lobe der Herrn!“ so beginnt der Psalm. Es gibt soviel, wofür wir Gott loben und danken können: daß wir überhaupt leben dürfen, daß es auf der Erde so schön ist, daß die Erde schon seit Millionen von Jahren besteht.

Gott selber ist herrlich: Er ist prächtig geschmückt und hat ein helles Kleid an. Wir wissen nicht, ob Gott wirklich so aussieht. Aber der Beter dieses Psalms stellt ihn sich so vor. Vielleicht denkt er dabei an die schöre Natur und stellt sich vor, sie könnte das Kleid Göttes sein.

Gott hat den Himmel gemacht und die Wolken und den Wind. Man stellte sich damals vor, die Erde sei eine große Scheibe, über die Gott den Himmel gewölbt hat. Und drum herum, nach allen Seiten, ist das Wasser. Wenn es regnet, dann macht Gott die Fenster des Himmels auf. Und wo eine Quelle entspringt, da hat er halt auch ein Loch in den Boden gebohrt. Wie wissen heute, daß das alles etwas anders zusammenhängt. Aber wir wissen genauso wie die Menschen damals, daß Gott das alles gemacht hat.

Vor allem müssen wir dankbar sein für unsere Erde. Sie schwebt ja frei im Weltraum: Aber doch ist sie fest und sicher für uns. Wir brauchen keine Angst zu haben, daß wir vielleicht mit ihr abwärts fallen müßten. Aber sie wird an keiner Kette gehalten, so wie etwa bei einer Schaukel. Gott hat der Erde eine Kraft gegeben, daß sie sich in der Schwebe hält und niemals fallen oder zerschell en wird; in der Schule werdet .ihr noch mehr darüber hören.

(Vers 10-14): Wir wollen nun einmal in Gedanken einen Spaziergang machen durch die schöre Erdenwelt, zunächst hier bei uns in der Heimat. Wir wollen dazu einmal ganz früh aufstehen, ehe noch die anderer Leute munter sind.

Zuerst gehen wir durch Wälder und Berge. Eine Quelle kommt aus der Erde, ein kleiner Bach fließt davon, andere kommen dazu. Wo das Wasser hinkommt, da ist alles besonders grün und fruchtbar. Da - ein Reh! Es hat Durst und trinkt aus dem Bach. Auch die Bachstelzen, die auf den Steinen im Bach herumhüpfen, trinken ab und zu. Und wie um zu danken singen sie ein Lied. Schön ist das alles! So macht das Wasser, das Gott aus der Erde kommen läßt, vielen Tieren und Pflanzen eine große Freude.

Nun fängt es an zu regnen. Das ist zwar nicht schön 'auf einem Spaziergang. Aber das Land braucht den Regen. Es war langegenug trocken, und es wollte nichts so recht wachsen. Nun werden Gras und Getreide wieder sprießen. Und die Menschen werden dankbar sein für diese Gaben (Vers 13-14).

Aber der Regen ist schnell vorbei und die Sonne lacht wieder: Wir kommen in ein Dorf. Die Leute machen gerade die Fenster auf und kommen heraus zur Arbeit. Nach der Stille und Einsamkeit kommen wir wieder mitten ins Leben hinein. Wir haben so viel sehen dürfen, daß wir Gott nur von Herzen danken können.

(Vers.25-28.33): Nun machen wir eine weite Fahrt mit der Eisenbahn bis ans Meer. Auch hier ist alles voller Leben. Die vielen Fische im Wasser und die anderen Tiere. Oben auf dem Wasser fahren die Schiffe. Das Wasser trägt sie. Gott der Schöpfer hat das Meer gebändigt, es kann den Menschen nicht mehr gefährlich werden. Selbst die schweren Schiffe können sicher über das Meer fahren.

Wir steigen einmal in so ein großes Schiff und fahren weit weg aufs hohe Meer: Da können wir auch das größte aller Tiere sehen: den Wal, der einen gewaltigen Wasser­strahl aus seinem Nasenloch bläst und kein Tier zu fürchten braucht. Auch ihn hat Gott gemacht. Der Wal freut sich auch, daß er leben darf, und spielt im Wasser. Das ist sein Daseinszweck, erst in zweiter Linie soll er dem Menschen zur Nah­rung dienen. Man kann nur staunen, wie Gott alles gemacht hat und wie alle auf ihn als den Schöpfer ausgerichtet sind (Vers 25-26).

Alle Tiere leben davon, daß Gott sie geschaffen hat und noch erhält. Er gibt ihnen ihre Speise, wenn es Zeit ist. Sie müssen warten, bis Gott es ihnen gibt. So geht es auch uns Menschen. Im Frühjahr gibt es keine Kartoffeln und im Winter keine Äpfel zu ernten. Alles hat seine Zeit. Das ist die Ordnung, die Gott gegeben hat. Vorher war alles in Unordnung. .Aber Gott hat jedem seinen Ort zugewiesen und so die Schöpfung geordnet (Vers 27-28).

Aber Gott kann sich auch wieder von seiner Schöpfung abwenden. Dann geht ein Erschrecken durch die Geschöpfe, etwa wenn durch ein Erdbeben Tausende von Menschen umkommen. Dann sind wir genauso fassungslos wie der Psalmbeter, weil Gott auch wieder das Leben wegnehmen kann. Der Schöpfer hat die Macht, das Legen wieder zu nehmen, er könnte sogar wieder die ganze Erde zerstören (Vers 29-30).

Wir müssen wieder heim. Aber wir wollen nicht vergessen, Gott für alles zu danken, was er uns gegeben hat. Doch man wird sein Geschenk nur erkennen, wenn man selber bekennt: „Ich glaube, daß mich Gott geschaffen hat“. Man muß selber erst an Gott glauben, um seine Gaben erkennen zu können.

Aus der Natur läßt sich nicht beweisen, daß Gott der Schöpfer ist. Es gibt viele Naturwissenschaftler, die an sich eine gute Einsicht in die Naturzusammenhänge haben, und doch nicht an Gott glauben. Man muß Gott auf einem anderen Wege begegnet sein, um ihn aus der Wirklichkeit und aus dem Leben nicht mehr weg­denken zu können.

Wenn der Mensch aber Gott lobt für seine Gaben, dann hebt er sich damit aus aller übrigen Schöpfung heraus, dann erweist er sich als wirkliches Kind Gottes.

[Weitere Entwürfe zu Psalm 104 bei Familiengottesdiensten]

 

 

Ostern - Christus lebt: Ps 118, 15 - 17

 

Erzählung:

Es gibt Menschen, die können Ostern nicht fröhlich mitfeiern. Es kann daran liegen, daß sie krank sind und nicht rausgehen können. Es kann aber auch sein, daß sie nichts von Gott und von Jesus wissen wollen und deshalb auch nicht die Osterfreude erfahren können. Manchmal kann man ja helfen, zum Beispiel, indem man einen Kranken besucht. Aber manchmal können wir auch nicht zur Freude verhelfen, das kann nur Gott allein.

Das hat auch ein Mann gewußt, von dem uns in unserer Bibel ein Psalmgebet überliefert ist, das am Osterfest zum Gottesdienst gebetet wird. Er war im Krieg in eine hoffnungslose Situation geraten. Er hatte schon alle Hoffnungen fahren lassen und meinte, er würde umkommen. Doch da hatte Gott doch dem Volk Israel den Sieg gegeben und diesem Mann das Leben geschenkt.

Nun kommt er zum Laubhüttenfest in den Tempel, um Gott ein Brandopfer für die Rettung aus Todesgefahr zu bringen: Er will ein Tier schlachten lassen und auf dem Brandopferaltar verbrennen lassen. Einige andere haben sich ihm angeschlossen. Sie stehen vor dem „Tor der Gerechtigkeit“ und wollen eingelassen werden. Zunächst fordern sie die ganze Gemeinde auf, mit einzustimmen in den Lobpreis der Liebe Gottes. Dann tritt der Gerettete in den Vordergrund und berichtet von Gottes Rettungstat.

Die Gruppe macht das Danklied zu ihrem eigenen Bekenntnis. Damit erfüllt sie die Einlaßbedingungen, die von der Torwache genannt worden sind: Nur wer sich auf Gottes Hilfe verläßt, darf in den Tempel. Nun wird die Tür geöffnet, die Priester begrüßen die Einziehenden und fordern sie zum Reigentanz rund um den Altar auf. Das Opfertier wird auf den Altar gelegt in das brennende Feuer. Die Gruppe stimmt noch einmal in den Dank des Einzelnen ein:

Man singt mit Freuden vom Sieg

in den Hütten der Gerechten.

Die Rechte des Herrn behält den Sieg!

Die Rechte des Herrn ist erhöht,

die Rechte des Herrn behält den Sieg!

Ich werde nicht sterben, sondern leben

und des Herrn Werke verkündigen! (Vers 15-17).

 

So ein Danklied hört man immer gern. Es gibt aber auch schlechte und traurige Nachrichten, die einen Menschen fast zum Verzweifeln bringen können. Das war so, als Jesus am Kreuz gestorben war und die Jünger sich ängstlich und traurig in Jerusalem versteckt hielten. Sie hatten geglaubt: Gott und Jesus sind eins. Wer Jesu Wort hört, der hört Gott. Jesus wird mit unserem Leid, mit unserer Krankheit und mit allen finsteren Mächten in unserem Leben fertig. Aber nun war Jesus tot. Sollte der Tod etwa stärker sein als Gott? Dann wäre doch keiner da, der helfen könnte?

 

Wenn solche Fragen aufkommen, dann kann so ein Wort wie der Psalm 118 eine Hilfe sein. Nur die Rettungstat aus diesem Psalm ist für uns ein für allemal überboten durch die größere Tat: Durch das Sterben Jesu und sein Auferstehen hat Gott für uns den Sieg über den Tod und alle finsteren Mächte errungen. Weil Christus alle, die an ihn glauben, mit gerettet hat aus der Macht des Todes, deshalb kann auch die christliche Gemeinde eine Hoffnung haben, wie sie am Schluß des Dankliedes ausgesprochen sind: „Ich werde nicht sterben, sondern leben!“

Deshalb beten wir an Ostern diesen Psalm, in dem wir vor Gott und vor den Menschen von unserer Osterfreude erzählen. Jetzt kann alles wieder in Ordnung kommen. Jesus Christus wird auch mit allen schlimmen Sachen fertig, auch wenn er es manchmal ein bißchen anders macht, als wir es uns gedacht haben. Das ist die gute Nachricht, die wir auch heute zu sagen haben.

 

Predigt mit Bildbetrachtung:

Frans Masereel „Das Kind“, Holzschnitt 1920 [Das Bild findet sich unter Familiengottesdienste].

Im Hintergrund sehen wir - dicht gedrängt - Männer auf der Straße. Sie gehen mit weit ausholenden Schritten auf einem Bürgersteig. Die Füße sind fest auf dem Boden und lassen kaum Platz. Am linken Bildrand eine Hand, die zupacken kann, fast gewalttätig.

Im Vordergrund - im Rinnsteig - ein Kind. Das Kopfsteinpflaster wird von einem Gullydeckel unterbrochen. Die Bordsteinkante trennt nicht nur Gehweg und Straße, sondern auch die Menschen voneinander.

Die weiße Gestalt eines Kindes hebt sich fast abstoßend kraß vom schwarzen Hintergrund ab. Es ist wie aus dem Schlaf aufgeschreckt und nur mit einem Nachthemd bekleidet. Die Füße - in viel zu großen Schuhen - stehen unsicher und allein auf der Straße. Große Augen scheinen in die Weite zu sehen. Hilflos wie die Füße sind auch die hängenden Hände und die Haltung des Kopfes.

Auf dem Gehweg ist kein Platz mehr. Große und mächtige Männer stampfen vorüber. Ihre Köpfe passen nicht mehr auf das Bild (das ist die Perspektive des Kindes). Ihre Hände schwingen weit aus oder stecken tief vergraben in den Hosentaschen. Drei Gestalten hasten in Blickrichtung des Kindes, ein Mann eilt entgegengesetzt nach rechts. Im Hintergrund sieht man Sicherheit, Zielstrebigkeit, Aktivität, Gemeinsamkeit und gewohnheitsmäßigen Trott - im Vordergrund das genaue Gegenteil: Unsicherheit, Richtungslosigkeit, Einsamkeit, Irren im Alleingang.

Der Arm des Kindes hat die gleiche Haltung wie der des Mannes ganz rechts. Hat der Erwachsene doch auch etwas von den Sorgen d es Kindes? Oder soll das Kind aufgefordert werden, im gleichen Marschtritt mit zu marschieren? (Haltung wie beim Marschieren). Sollen das Kind und der Erwachsene nicht doch lieber Haltung bewahren und im Trott bleiben?

Die Vorübereilenden nehmen von dem Kind keine Notiz. Der Mann mit der Hand in der Hosentasche hat wohl ein Gesicht, an dem deutlich wird: Ich lasse mich durch nichts von meinem Ziel ablenken. Es ist genug, wenn man sich um sich selbst kümmert, nur nicht weich werden und an andere denken.

Warum bleibt er nicht einmal stehen und nimmt die Hände aus der Tasche, um sie dem Kind zu reichen? Er könnte Platz auf dem Gehweg schaffen, dem Kind eine Jacke überhängen, mit ihm gehen, Wärme geben und Vertrauen wecken.

Das Kind ist ein Bild des Menschen überhaupt. Wir sind voller Angst, hilflos, setzen nur tastend einen Fuß vor den anderen. Das Kind kann seine Angst noch zum Ausdruck bringen. Aber bei den Erwachsenen ist es vielfach nicht anders. Jesus aber stellt mich auf die Seite der Schwachen. Er ist selber ein schwacher Mensch geworden, um die Schwachen aus ihrer Schwachheit zu befreien.

Er erwartet, daß wir uns auch auf die Seite der Schwachen stellen und sie nicht durch unsere Stärke erdrücken, sondern ihnen helfen. So werden wir dem anderen ein Christus und können helfen, daß der andere wieder Hoffnung schöpft.

Wer aber Hoffnung haben kann, der besiegt mit Gottes Hilfe alle finsteren Mächte, der wird zum wahren Leben hinfinden. Jesus steht uns auch heute bei, weil er auferstanden ist. Er läßt uns nie verlorengehen.

Das werden wir auch erfahren, wenn der letzte Tag unseres Lebens kommt. Auch da wir der Auferstandene uns nahe sein, auch im Tod wird er uns nicht verlorengehen lassen. Jesus ist stärker als der Tod. Deshalb können wir schon heute froh sein.

 

 

 

           

 

 

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