Taunus

 

Rundfahrten  im  Taunus

 

Rheingau:

Wiesbaden, Römer, Mainz-Kastell, Umgebung von Wiesbaden, Walluf, Eltville, Kiedrich, Kloster Eberbach, Hattenheim, Hallgarten, Rheingauer Gebück, Oestreich, Mittelheim, Winkel, Schloß Vollrads, Schloß Johannisberg, Marienthal, Geisenheim, Eibingen (St. Hildegard), Rüdesheim (mit Niederwalddenkmal), Rheinsteig,  Assmannshausen, Lorch, Wispertal.

 

Vordertaunus:

Bad Homburg, Oberursel, Falkenstein, Kronberg, Königstein, Schloßborn

Schwalbach,  Bad Soden, Kelkheim (Rote Mühle, Süntelbuchen, Gimbacher Hof, Gundelhard), Schneidhain, Rettershof, Eppstein, Langenhain, Hofheim

 

Hochtaunus:

Altkönig, Sandplacken, Großer Feldberg, Feldbergkastell, Oberreifenberg, Schmitten, Pferdskopf,  Neu - Anspach, Hessenpark, Saalburg, Lochmühle, Wehr­heim, Pfaffenwiesbach, Kapersburg, Friedrichsthal -  Holzbachtal, Langenhain- Ziegenberg,  Gaulskopf, Usatal, Winterstein, Friedrichsdorf..

 

Hintertaunus:

1. Am Ende der Autobahn A 66 Richtung Bad Schwalbach fahren – Rauenthal,  Martinsthal - Schlangenbad (abbiegen nach links) - Wambach – Abstecher nach links nach Langenseifen - Kemel.

Hier befand sich in der Frühphase des Limes zunächst eine kleine Holzschanze dicht an der Grenzlinie selbst, die dann nach der Mitte des 2. Jahrhunderts durch das Numeruskastell ersetzt wurde. Dieses lag an der Aulbachquelle im Bereich des heutigen Ortskerns (die in einer Karte eingezeichnete Stelle ist völlig falsch). Die Küche lag in der vorderen Hälfte des Kastells, das dem östlich vom Ort Kemel vorbeiführenden Limes zugewandt war.

In Heidenrod links nach Egenroth und  Kloster Gronau. Dann weiter nach  Nieder­meiligen, an Münchenrod vorbei nördlich nach Nastätten.

Das ist eine Stadt im al­ten Einrichgau (heute nur als „Einrich“ bezeichnet). Die Pfarrkirche ist von 1250 mit romanischem Westturm und spätgotischem Helm. Das Langhaus ist barock, der Chor von 1479. Das Rathaus ist von 1609, der Schlernsche Hof von 1692.

Im 18. Jahrhundert siedelte sich in Dachsenhausen (nordwestlich von Nastätten) eine Korbflechterfamilie aus dem Hunsrück an. Sie gab im Lauf der Jahre ihr Wissen an die einheimischen Bauern weiter und so sind in der Region die Dachsenhäuser bis heute als die „Mannemächer“ (Manne = Korb, Mächer = Macher) bekannt. Eine weitere ortsspezifische Besonderheit ist der seit 1573 nachweisbare Familienname „Opel“. Rund 1000 Personen haben diesen Namen seither getragen, darunter auch die Vorfahren des Auto-Pioniers Adam Opel. Sehenswert im Ort ist auch die spätklassizistische evangelische Pfarrkirche von 1834/35.

 

 Noch weiter nördlich nach Miehlen

In Miehlen wurde ein Schinderhannes - Museum eingerichtet. Johann Wilhelm Bückler, genannt Schinderhannes, geboren am 25. Mai 1783 in Miehlen, ge­storben am 21. N ovember1803 (hingerichtet), war Tierkörperverwerter, Scharfrichter und Räuberhauptmann in den Rhein­landen.

Über Hunzel wieder auf die Bäderstraße und auf dieser nach rechts südöstlich nach Pohl und  Holzhausen.

 

(2.) Westlicher Hintertaunus:

Achtung: Diese Tour kann man nicht machen am Sonntag nach Pfingsten, weil dann der Radfahrersonntag „Fahr zur Aar“ ist.

Hinter Wambach biegt man dann rechts ab zur B 275 und nimmt am Kreisel die dritte Abfahrt (nicht die vierte, weil die um die Stadt herumführt) und kommt nach einer steilen Abfahrt mit Spitzkehre hinein nach Bad Schwalbach.

Von der Adolfstraße aus kann man noch zwei Abstecher machen:

Man biegt nach links in die Martin - Luther-Straße ein und kommt zum Waldfriedhof und zu einer Jupitergigantensäule

Wieder zurück auf der Adolfstraße fährt man ein Stück weiter und dann links in die Heimbacher Straße und dann gleich rechts in die Straße nach Lindschied zum Jagdschloß „Villa Lilly“

Man muß aber wieder zurück nach Bad Schwalbach fahren, weil die Straße nach Heimbach gesperrt ist. Die Adolfstraße geht über in die Bahnhofstraße und dann links auf die B 54 fahren nach Adolfseck und Hohenstein und weiter nach Michel­bach.

Der nächste Ort ist Hausen. Dort geht es links ab nach Eissighofen, dann rechts nach Dörsdorf und Katzenelnbogen. Von Katzenelnbogen fährt man nach Osten Richtung Aartal. Etwas vor Zollhaus geht es links ab zur Burg Hohlenfels. Die B 274 führt wieder auf die B 54 und nach links geht es nach Hahnstätten

Wieder ein Stück nach Süden geht es links ab nach Burgschwalbach. Von dort fährt man südöstlich nach Panrod, dann südlich über Hennethal, Strinz Margarethä und östlich nach Niederlibbach und Oberlibbach zur B 417 und dann nach Süden zum Kastell Zugmantel. Auf dieses wird durch keinen Wegweiser hingewiesen. Man sieht aber links an der Straße einen römischen Wachturm und biegt 300 Meter links gegenüber der Waffelfabrik Loser auf den Parkplatz Zugmantel ein.

Vom Kastell fährt man Richtung Westen nach Orlen und dann nach Süden nach Wehen. Im Ort geht es erst links und dann gleich wieder rechts und dann stößt man schon auf das Schloß in der Gerichtsstraße 6. Südlich des Schlosses geht es ein Stück nach Osten und dann rechts auf die Platter Straße.

Am Ende der Bebauung im  Südosten von  Wehen geht rechts die Obere Waldstraße ab. In diese fährt man hinein, soweit es geht. Dann noch ein Stück weiter gehen und am zweiten Weg  links ab (breiter Forstweg), an dessen Südseite bald darauf das kleine Kastell Heidekringen liegt.

Auf der B 417 fährt man dann nach Wiesbaden. Wenn man in Richtung Frankfurt weiter fahren will folgt man nicht den Schildern zur Autobahn, denn die führen zum Schiersteiner Kreuz, sondern fährt in die Innenstadt und in Erbenheim auf die Autobahn.

 

(3.) Dasdorf - Idstein - Bad Camberg- Niederselters.

(4.) Hünfeld  -  Weiltal - Weilmünster (nicht am ersten Sonntag im August)

(5.) Usingen - Hundstadt - Grävenwiesbach –- Waldsolms.

 

Lahn:

Allgemein, Gießen,  Wettenberg, Dünsberg, Biebertal (Krofdorf-Gleiberg), Wetzlar, Waldgirmes, Dillenburg, Herborn,  Haiger, Ehringshausen , Edingen, Greifenstein, Oberbiel, Kloster Altenberg, Weilburg,Nauborn, Braunfels, Philippstein, Vilmar, Runkel, Dehrn, Dietkirchen, Limburg, Diez, Hadamar, Westerburg, Birlenbach, Balduinstein,  Habenscheid, Geilnau, Laurenburg, Arnstein , Obernhof, Bergnassau, Nassau, Dausenau, Bad Ems, Lahnstein, Ehrenbreitstein.

 

 

 

Allgemeines

 

Die Taunuslandschaft:

Wer öfters im Taunus wandert, weiß, daß in niederen Lagen Laubwald dominiert, während die höheren Regionen von Nadelwald überzogen sind. Das war nicht immer so. Aus­schließ­lich Laubwald, vornehmlich Rotbuchen und Traubeneichen, bedeckten die Hänge. Erst als man Ende des 18. Jahrhunderts dazu überging, die raschwüchsigere und ertragreichere Fichte und später dazu die Kiefer anzupflanzen, erhielt der Taunuswald sein jetziges Aussehen.

 

Die Gebirgsbildung des Taunus vollzog sich im Tertiär vor etwa 65 Millionen Jahren. Das Oberflächenrelief formte sich während der Eis‑ und Nacheiszeit im Quartär vor etwa zwei Millionen Jahren. Es entstanden drei Landschaften mit unterschiedlichem Charakter‑

Der Hochtaunus wird bestimmt durch den Taunuskamm, der über Vorder‑ und Hintertaunus herausragt. Die höchsten Erhebungen sind der Große Feldberg (879 m), der Kleine Feldberg (825 m) und der Altkönig (798 m).

Der Hintertaunus hat die flächenmäßig größte Ausdehnung. Er öffnet sich in nördlicher Richtung zur Lahn hin mit allmählich abnehmenden Höhen. Seine Oberflächenform stellt sich als gewellte Hügellandschaft mit zahlreichen Tälern dar.

Der Vordertaunus bildet den Übergang von der landwirtschaftlich genutzten Mainebene zum Hochtaunus. Er verläuft zunächst in sanften, dann steiler werdenden Anstiegen. Wir befinden uns hier am Nordhang des Taunuskammes in 460 m Höhe. In nördlicher Richtung öffnet sich das zum Hintertaunus gehörende Usinger Becken.

 

Wie entstand der Taunus?

An dieser Stelle befand sich vor ca. 410 Millionen Jahren ein flaches Meer. Hier begann mit der Devonzeit die Entstehungsgeschichte des Taunus. Den Grund der Meeressenke bildeten weiche Tonschiefer, die in Jahrmil­lionen zu Gesteinen umgewandelt wurden. An den Küsten lagerten sich Sande ab, aus denen der Feldbergkamm mit Glimmer­sandstein im Westen und Taunusquarzit im Osten entstand.

Begleitet von starker Vulkantätigkeit und Materialablagerung begann sich vor ca. 350 Mil­lionen Jahren der Meeresboden zu heben. Das verfestigte Gestein wurde bei gleichzeitiger Faltung bis zu einer Höhe von 2.000 Metern herausgehoben. Im Verlauf des Erdmittelalters vor ca. 300‑150 Millionen Jahren führten Verwitterung und Erosion zum fast vollstän­digen Abtrag.

Im Tertiär, vor ca. 65 Millionen Jahren, hoben sich erneut die Rumpfflächen des Taunus bis auf die heutige Höhe von 450-­550 Meter. Einzelne Gebirgspartien wie der Taunuskamm wurden stärker herausgehoben.

Die Eiszeit, die vor 20.000‑15.000 Jahren zu Ende ging, schuf letzte Modellierungen der Taunuslandschaft. Starke Temperatur­schwankungen und die Schneeschmelze be­wirkten eine intensive mechanische Verwit­terung. Große Gesteinsmassen wurden ins Tal befördert.

 

Gliederung des Taunus

Der Taunus ist ein Teil des Rheinischen Schiefergebirges, das von den Flüssen Sieg, Mosel, Ahr, Nahe, Lahn, Rhein und Main in ziemlich gleichgerichtete Blöcke zerlegt wird. Das Oberflächen­bild des Taunus umfaßt alle Wesensmerkmale eines Mittelge­birgsreliefs. Es sind sechs Hauptelemente, die den Taunus glie­dern: der von Südwesten nach Nordosten verlaufende Taunus­kamm, die im rechten Winkel dazu verlaufenden Querstörungen, die Hochflächen, die Becken und Senken, die Vorbergzone im Süden und die Main‑Taunus‑Ebene.

1. Der Taunuskamm wurde in früheren Jahrhunderten kurz „die Höhe“ genannt (Homburg vor der Höhe). Er hebt sich als Härtlingszug deutlich über den Vordertaunus heraus und über­ragt auch die Hintertaunuslandschaft. Die Kammzone ist weit­gehend aus widerstandsfähigen Glimmersandsteinen und grau­grünen Quarziten aufgebaut. Diese Gesteinsformationen bilden im Rheintal zwischen Bingen und Aßmannshausen die früher so gefürchteten Barrierriffe und Hungersteine. Von dort setzt sich der markante Bergrücken zunächst in zwei Strängen nach Nord­osten fort. Im Großen Feldberg (879 m) erreicht der Taunus­kamm seine höchste Erhebung. Über den Roßkopf (632 m) und den Winterstein (482 m) senkt sich die Kammlinie bis zum Johannisberg (269 m) allmählich ab und taucht bei Bad Nauheim jäh unter die Wetterau.

2. Ebenso wie die Kammzone weisen auch die rechtwinklig an ihr nach Nordwesten angeschweißten Bergkämme einen hohen Bewaldungsgrad auf. Im Westen überragt der Kemeler Rücken von der Hohen Wurzel (618 m) bis nach Bad Ems die Hochflä­chen des westlichen Hintertaunus. Die Langhals‑Pferdskopf­scholle (Klingenberg 596 m, Pferdskopf 663 m) wurzelt im Feldbergmassiv (Emstalverwerfung). Sie wird durch das Weiltal in der Länge zweigeteilt. Die Täler im Bereich dieser Querverwerfungen, die der Aar, der Ems und der Weil, sind streckenweise sehr steilwandig in die Grauwacken eingesägt. Beim Wechsel zu weicheren Schieferge­steinen weiten sich die Talschaften.

3. Die größten Gebietsausdehnungen nehmen die zur Lahn hin sanft abdachenden Hochflächen ein. Sie sind durch Bach­täler nur schwach zergliedert und geben schon aus großer Entfernung den Blick auf die Höhe des Westerwaldes frei. Die Hochflächen liegen zwischen 350 und 450 Meter Höhe. Ziemlich geschlossene Verebnungen im Bereich des westlichen Hinter­taunus befinden sich im Gebiet von Nastätten und im östlichen Hintertaunus in der Gegend von Merzhausen und Gräven­wiesbach. Die wie ein Pultdach leicht schräg gestellten Hoch­flächen tragen die Rodungsinseln der Dörfer und der stark mit dem Wald verzahnten Feldfluren. An den Rändern sind die Hochflächen von den Flüssen und Bächen stärker zu einem abwechslungsreichen Mittelgebirgsrelief modelliert.

4. Der Taunus wird im Süden und Osten begrenzt von den großen Senkungsfeldern des Oberrheingrabens und der Wetter­au. Doch auch innerhalb des Taunus sind die Oberflächenformen durch Einbruchsbecken und Einbiegungen mitgeprägt. Die Idsteiner Senke (Goldener Grund) trennt den westlichen von dem östlichen Hintertaunus und weitet sich nach Norden im Limburger Becken aus, mit dem sie in tektonisch enger Verbin­dung steht. Dagegen handelt es sich bei dem Usinger Becken lediglich um eine Einbiegung. Im Osten greift die von der Land­schaftsform her zur Wetterau zählende Mörler Bucht weit in den Gebirgskörper des Taunus ein. Bei den tektonischen Bewe­gungen entstanden Spalten, die teilweise von jungen magmati­schen Massen ausgefüllt sind. Zum Teil sind sie auch mit Schwer­spat und Gangquarz zugewachsen (Eschbacher Klippen).

5. Die dem Taunuskamm südlich vorgelagerte, zum Teil mit ihm eng verzahnte, etwas tiefer gelegene Vorbergzone besteht aus einer Reihe von Einzelerhebungen. Diese zum Teil deutlich vonein­ander abgegrenzten Schollen und Buchten entstanden beim Einbruch des Oberrheingrabens, für den der Block des Taunus­gebirges eine Art Widerlager bildete. Seit der mittleren Tertiärzeit vor 40 ‑ 20 Millionen Jahren sind zwischen den Schollen (z.B. Staufen, Rossert) die Homburger und die Kelkheimer Bucht abgesunken. Die an den Verwerfungslinien in halber Höhe steckengebliebenen Bergblöcke tragen die mittelalterlichen Burgen Königstein, Kronberg, Falkenstein, Epp­stein etc. Im Rheingau schmiegen sich die hier spitz auslaufenden Vorberg­schollen dicht an den Taunuskamm an.

6. An diese tektonisch zerrüttete Vorbergzone, die weitgehend noch bewaldet oder durch Villenbebauung geprägt ist, schließt sich das Main‑Taunus‑Vorland an. Im Untergrund tauchen streckenweise die Kalke des Mainzer Tertiärbeckens auf. An­sonsten sind die bis auf 100 ‑ 200 m abgesunkenen Partien mit den Abtragungsmaterialien des benachbarten Taunus, mit Main­schotter und mit Löß bedeckt. Diese Main‑Taunus‑Ebene, die zwischen 5 ‑ 10 km breit ist und sich im Rheingau auf 1 ‑ 3 km verengt, wird als offenes Kulturland überwiegend agrarisch genutzt (Getreide‑ und Zuckerrübenanbau, intensiv betriebene Obstkulturen und Weinbau).

 

Die Gesteinsablagerung in der Devonzeit

Die wichtigste Entstehungsepoche der Taunuslandschaft beginnt mit der Devonzeit (vor 410 ‑ 350 Mio. Jahren). Damals befand sich auch in unserem Raum eine weit über den Bereich des heutigen Taunus hinausgreifende, von Südwesten nach Nordosten gerichtete Meeressenke. Dieser Sedimentationstrog nahm die Schotter und Sande der von Norden und Süden ein­strömenden Flüsse auf (varistische Geosynklinale).

Die ersten Ablagerungen in dem Devonmeer trafen auf ältere Serezitgneise und Phylithe aus der Silurzeit, die im Vordertaunus bei Kronberg und Mammolshain zu Tage treten. Die untersten Schichten des Devons bestehen aus den violett bis rotbraun ge­färbten „Bunten Schiefern“ und sind stark tonhaltig (Wasser­stauer). Im Hochtaunus treten sie im Heidetränktal zwischen Sandplacken und Oberursel, am Roten Kreuz bei Oberreifenberg und in größeren Vorkommen bei Ehlhalten und Oberjosbach auf. Darüber lagerten sich als nächste Formation glimmerreiche, ver­kieselte Sande (Hermeskeilschichten). Sie stammen aus einer Pha­se zunehmender Versandung im Randbereich des Devonmeeres. Die Farbe dieser Glimmersandsteine ist gelb bis rötlichbraun; sie sind grobkörnig und spröde und eignen sich gut als Baustein.

Über dem Glimmersandstein lagert der bekannte Taunus­quarzit. Der Raum des heutigen Taunuskamms wurde am nördlichen Rande des Devonmeeres lange Zeit als Küstenzone der sogenannten „alemanischen Insel“ mit starken Sandab­lagerungen bedeckt. Das daraus entstandene grauweiße, kieselreiche Gestein hat eine außerordentliche Härte und Widerstandsfähigkeit, was zur Herauspräparierung der Kamm­linie wesentlich beitrug. Der Quarzit bildet den größten Teil des nach Süden stark abfallenden Taunusgebirgszugs, der, wie Goethe von Frankfurt aus bemerkte, „von Kindheit auf so fern und so ernsthaft vor ihm gestanden hat“. Das Quarzitmaterial, das auch beim Wegebau für den Taunus‑Lehrpfad eingesetzt wurde, wird in großen Steinbrüchen bei Köppern und Ober­rosbach nicht nur zu Bauzwecken abgebaut.

Gegen Ende der Unterdevonzeit lagerten sich tonhaltigere Gesteinsfolgen ab. Es handelt sich dabei um die blau‑ schwarzen, harten und gut spaltbaren Dachschiefer, wie sie bei Kaub an­stehen. Die größte Ausdehnung im Bereich der Hochflächen nehmen mineralarme Schiefer ein. Sie sind in küstennahen Schelfzonen entstanden. Sofern auch Sandbeimengungen größeren Ausmaßes in den Tonen abgelagert wurden, kam es zur Entstehung der Grau­wacken, die als härtere Felspartien oft Talverengungen hervorrufen (Loreley).

In der Epoche des Mitteldevon begann die große Meeressenke durch tektonische Unruhen erschüttert zu werden. Die ersten Spuren einer Hebung des ganzen Raumes waren begleitet von einem heftigen Vulkanismus, der zum Ausfließen untermeerischer Ergußdecken (grüngraue Diabase) geführt hat und Eisenerz entstehen ließ.

In dem warmen Mitteldevonmeer kam es vor allem zur Ablagerung von Kalkschalentieren und wärmebedingt zur Korallenbildung und damit zum Entstehen von Kalkgestein. Dieses steht heute am Rande des Limburger Beckens, im süd­lichen Westerwald und nördlichen Taunus an. Sofern es durch die Hitze der Vulkane angeschmolzen wurde, hat es sich zu Marmor umgeformt. Der in großen Massen niedergegangene Aschenregen von stärkeren Vulkanexplosionen führte zur Ent­stehung der Keratophyre, der Porphyroidtuffe und der Schal­steine, in denen sehr schöne Fossilien zu finden sind.

Die Lebewelt in der Devonzeit war weitgehend noch an das Wasser gebunden. Im Schiefer des Taunus finden sich ausge­dehnte Anschwemmungen von Brachiopoden (Armfüßer). Diese zweilappigen Meeresbewohner besetzten im Erdaltertum viel­fach die ökologischen Nischen, die heute die Muscheln ein­nehmen. Trotz äußerlicher Ähnlichkeit sind sie mit den Muscheln jedoch nicht verwandt. Darüber hinaus wurde eine Reihe von Fossilien gefunden, die zu den Stachelhäutern zu zählen sind, wie Seesterne und Seelilien (Steinkaut bei Westerfeld).

 

Die Entstehung der Oberflächenformen

Bereits am Ende der Devonzeit und vollends in der anschlie­ßenden Karbonzeit (vor 350 ‑ 310 Mio. Jahren) begann sich das gesamte Gebiet der devonischen Meeresmulde (vom französi­schen Zentralmassiv bis über die Sudeten hinaus) allmählich zu heben. Damit verschwanden auch die Wasser im Gebiet des heutigen Rheinischen Schiefergebirges und des Taunus. Dabei wirksam werdende tektonische Kräfte führten zu einer Faltung der im ehemaligen devonischen Meerestrog abgelagerten und noch plastischen, nicht ganz zu Stein verfestigten Sedimente.

Das sich zunehmend verfestigende und verschiefernde Ge­stein des gesamten ehemaligen Meeresraumes wurde schlie1ich zu dem sogenannten varistischen Gebirge herausgehoben, das ca. 2000 m Höhe erreicht haben dürfte. Dabei kam es auch im Hintertaunus zu Fältelungen und Überschiebungen, z. B. von älteren „Bunten Schiefern“ über den jüngeren Taunusquarzit (Brunhildisfelsen auf dem Großen Feldberg).

Mit der Heraushebung des varistischen Gebirges setzte sofort die Abtragung ein. Sie führte im Verlauf des Erdmittelalters (Trias, Jura und Kreidezeit) zu einer weitgehenden Einrumpfung des Gebirges. Auf diesen abgetragenen und in ein sehr tiefes Niveau herunterverlegten Rumpfflächen pendelten träge die Flüsse und die Bäche, die oft ihren Lauf änderten und die Erhebungen mehr und mehr einebneten. Dieser Vorgang der Verebnung erreichte einen Höhepunkt in der Tertiärzeit, die vor ca. 65 Mio. Jahren die Kreidezeit ablöste in die Erdneuzeit einläutete. Damals herrschten vornehmlich flächenhaft wirkende Erosionskräfte in einem Randtropen‑Klima (Flächenspülzone).

Die Tertiärzeit ist jedoch auch jene Epoche in der Erdgeschich­te, in der sich eine zweite große weltumspannende, die alpine Gebirgsbildung vollzogen hat. Mit der Alpenfaltung kam es auch im Rheinischen Schiefergebirge zu erneuten Hebungen. Die im Erdmittelalter eingeebneten Rumpfflächen des Taunus gelangten durch schubweises Aufsteigen seit ca. 40 Mio. Jahren in ein höheres Niveau (450 ‑ 550 m). Einzelne Gesteinspartien, so z. B. die des Taunuskamms, wurden stärker herausgehoben. Auch die Querverwerfungen (Langhals/Pferdskopfscholle, Kemeler Rücken) schufen deutlich herausragende Bergrücken.

In den durch Zerrungen (Druckentlastung) entstandenen Klüften bildeten sich Quarzgänge. Auch größere Spalten sind durch die milchig‑weißen Quarzfüllungen „zugewachsen“, wobei in Hohlräumen schön ausgebildete Kristalle entstanden (Quarzwerk bei Usingen). Solche harten, widerstandsfähigen Quarzgänge bilden heute aus dem weicheren Schiefer der Um­gebung herauspräparierte Felsgruppen (Eschbacher Klippen). Ähnliche Formen finden sich bei Hundstadt, Steinfischbach und Georgenborn (Schlangenbad).

Die tektonischen Bewegungen haben sich landschaftsformend dort am stärksten ausgewirkt, wo in der Tertiärzeit Schollen abgesunken sind. Dieses ist besonders im Vordertaunus der Fall. Durch mehrere Staffelbrüche (Homburger und Kelkheimer Bucht) und durch das Absinken des Oberrheingrabens bildeten sich hier tiefe Verwerfungslinien, an denen Mineral‑ und Thermalwässer bis an die Oberfläche zirkulieren. So konnte am Südrand des Taunus eine bedeutende Bäderkette (Wiesbaden, Bad Soden, Bad Homburg, Bad Nauheim) entstehen.

Auch das Limburger Becken brach ein, und seine breite, nach Süden gerichtete Fortsetzung in der Idsteiner Senke (Goldener Grund) weist ebenfalls Verwerfungen und Bruchlinien auf (Bad Camberg, Nieder‑ und Oberselters). In der Niedernhäuser Gemar­kung wurde sogar der massive Taunuskamm zerrüttet, so daß hier die Bahn und die Autostraßen gute Überquerungsfurchen gefunden haben. Das Usinger Becken stellt eine mehr ovale Einbiegung in die Hochflächen dar.

Die letzten entscheidenden Modellierungen erfuhr die Taunus­landschaft in der Eiszeit. In der damaligen Kältesteppe (Tundren­zone) kam es zu einer sehr intensiven mechanischen Verwitte­rung des weitgehend vegetationslosen Gesteinskörpers. Starke Temperaturschwankungen und Spaltenfrost trugen dazu bei, daß insbesondere in der Kammregion des Taunus Scherbenfelder entstanden. Große Gesteinstrümmer sind zur Zeit der Schnee­schmelze auf gefrorenem Untergrund und bei starker Durch­nässung des Oberbodens mit „Schlammgletschern“ zu Tal ge­fördert worden.

 

Die Böden und Lagerstätten

Die stärksten Hebungs‑ bzw. Senkungsvorgänge ereigneten sich im Taunusvorland. In der Tertiärzeit war das heutige Main-­Taunus‑Gebiet im Bereich des „Mainzer Beckens“ soweit einge­sunken, daß es lange Zeit von einem Meer ausgefüllt werden konnte. In diesem wärmeren Wassertrog lagerten sich mächtige Schichten von Kalkschalentierchen ab (Hydrobien‑ und Corbi­culakalke, Zementwerke bei Wiesbaden und Mainz). Gegen Ende des Tertiärs kam es zu erneuten Hebungen. Die bis in den Raum der Wetterau reichenden Meeresbecken ver­landeten (lokale Braunkohlebildungen), und im Gebiet des heutigen Vogelsbergs brachen an Spalten mächtige Lavaergüsse aus.

In den Eiszeiten, die vor 20.000 ‑ 15.000 Jahren zu Ende gegangen sind, kam es aber auch zu starken Lößaufwehungen, die insbesondere in der Wetterau, im Limburger Becken, im Goldenen Grund und in Teilen des Usinger Beckens hervor­ragende Ackerböden bilden. Im Gebiet der mineralarmen Ton­schiefer des Hintertaunus sind mittlere Bodenqualitäten nur im Bereich der Gehängelehme an den unteren Bergflanken anzu­treffen. Da, wo die Bodenkrume dünner ist, handelt es sich überwiegend um Grenzertragsböden niedrigerer Bodengüte.

Ebenso arm wie die meisten seiner Böden ist auch der Unter­grund des Taunus. Wir finden heute nur wenige Gewerbe auf der Rohstoffbasis nutzbarer Lagerstätten und mineralisch wert­voller Substanzen. Im Hochtaunuskreis sei lediglich erinnert an die Köpperner Quarzitwerke, die größten ihrer Art in Europa, und an das Quarzwerk bei Usingen, wo das reine Kieselmaterial als Grundstoff für feuerfeste und optisch höchstwertige Gläser gewonnen wird.

Im Mittelalter wurden insbesondere Schürfungen nach Braun­eisenstein und im Lahngebiet auch nach erzreicherem Roteisen­stein erfolgreich durchgeführt. Auch nach Zinn, Blei und Silber wurde gegraben. Seit dem Jahre 772 sind Eisenverhüttungen im Weiltal bekannt.

Die Nutzung der heimischen Gesteine blieb jedoch in erster Linie auf die Gewinnung von Baumaterial beschränkt. Für die Stall‑ und Sockelbauten sowie für den Wegebau wurden gerne Grauwacken und Glimmersandsteine verwendet. Die meisten Gemeinden verfügten über einen oder mehrere Steinbrüche. Der Schiefer bei Kaub am Rhein und bei Aumenau an der Lahn eignete sich gut zur Dachbedeckung. An einigen Stellen waren die Schiefer auch zu einem tiefgründigen Kaolin verwittert, die Rohstoffbasis für das frühere lokale Töpfereigewerbe (Köppern, Seulberg).

Als Wasserspeicher hat der Hintertaunus keine Bedeutung. Im östlichen Hintertaunus muß heute das Wasser über die Frank­furter Versorgungsleitungen vom Vogelsberg her sichergestellt werden. Die mittleren Niederschläge liegen im Taunus zwischen 700 und 750 mm. Das ist ein durchaus erträglicher Wert, wenn man bedenkt, daß im Rhein‑Main‑Gebiet nur 500 ‑ 600 mm Niederschläge im Jahr fallen. Aber lediglich im Bereich der harten und durch die tektonischen Bewegungen im Tertiär zerbroche­nen und deshalb klüftereichen Glimmersandsteine und Quarzite des Taunuskamms sind größere Wasservorräte vorhanden. Als Anzeichen dafür muß die Vielzahl der Quellen und die Ver­sumpfung und Moorbildung im Einzugsbereich der Bäche unter­halb des Taunuskamms gewertet werden. Die von Bad Homburg und Oberursel vorgetriebenen und weit ausgedehnten Wasser­stollen haben jedoch bereits die natürlichen Wasservorräte weit­gehend aufgebraucht, Trockenschäden sind zu befürchten.

 

 

Der Naturpark Hochtaunus

Naturparke sind bevorzugte, in sich geschlossene, weithin durch ihre besondere Schönheit bekannte und daher schützens­werte, großräumige Landschaften, die für die gesamte Landes­kultur von entscheidender und übergebietlicher Bedeutung sind. Durch die Pflege ihrer Naturschönheiten eignen sie sich in her­vorragender Weise für die Erholung, wofür geeignete Maßnah­men zur Vermeidung und Beseitigung von Verunstaltungen not­wendig oder wünschenswert sind. Dies stellt sinngemäß das Naturparkprogramm der Bundesrepublik Deutschland von 1959 fest.

Da der Taunus alle diese Voraussetzungen erfüllt, gründeten die damaligen Landkreise Usingen und Obertaunus 1962 den Zweckverband Naturpark Hochtaunus. Im Laufe der Jahre kamen weitere Flächen hinzu. So umfaßt der Naturpark Hochtaunus heute eine Fläche von 120.165 Hektar in den Landkreisen Hoch­taunus, Lahn‑Dill, Gießen, Limburg‑Weilburg, Main‑Taunus und Wetterau. Darüber hinaus sind die Stadt Frankfurt am Main und der Umlandverband Frankfurt Mitglieder des Zweckverbandes.

Hessens zweitgrößter Naturpark, der Naturpark Hochtaunus, liegt zwischen dem Ballungsraum Rhein‑Main, den Städten Gießen und Wetzlar sowie dem Mittelzentrum Limburg. Seine westliche Grenze verläuft im Bereich der Idsteiner Senke und des Goldenen Grundes, einige Kilometer östlich der Autobahn Köln ‑ Wiesbaden. Im Osten grenzt der Naturpark in der Wetterau an die von Süd nach Nord verlaufende Autobahn Frankfurt ‑ Kassel bzw. Dortmund. Die nördlichen sowie südlichen Begrenzungen bilden überwiegend das Lahntal bzw. die Mainebene, letztere im Übergang zu den südlichen Ausläufern des Taunus zwischen Frankfurt am Main und Wiesbaden. Kein anderer hessischer Naturpark liegt in der Nachbarschaft so zahlreicher Großstädte wie der Naturpark Hochtaunus. über drei Millionen Menschen können dieses Erholungsgebiet mit dem Auto oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln in nur einer halben Stunde erreichen.

Der Naturpark Hochtaunus hält ein umfangreiches und viel­fältig strukturiertes Angebot für die Erholungssuchenden bereit. Mehr als 140 Rundwanderwege mit einer Gesamtlange von über 700 km erwarten die Besucher. Von den Haltestellen der Busse und Bahnen und den angeschlossenen Parkplätzen gehen über 60 Rundwegesysteme aus, die in dem Wanderführer des Natur­parks Hochtaunus detailliert beschrieben und kartenmäßig dar­gestellt sind. Ein Rucksackwanderweg, mit dem Emblem des Naturparks markiert, führt den passionierten Wanderer über 130 km durch alle Landschaftstypen der deutschen Mittelge­birge. Für die nicht so wanderbegeisterten Gäste sind über 60 ha Liegewiesen, zum Teil mit Grillplätzen sowie verschiedene Rast­plätze ein lohnendes Ziel. Schutzhütten und Quellfassungen sind gern besuchte Zielpunkte. Im Winter werden im Naturpark über 130 km Skiwanderwege (Loipen) gespurt.

Der Taunusklub, der dem Naturpark nahestehende, gebiets­betreuende Wanderverein, markiert die zahlreichen Ziel‑ und Fernwege. Besonders hervorzuheben sind der Lahn‑Höhenweg, der Limesweg und der Taunushöhenweg. Die europäischen Fernwanderwege Nr. 1 Nordsee ‑ Mittelmeer und Nr. 3 Atlantik ‑Böhmerwald kreuzen sich im Herzen des Naturparks am Fuchs­tanz zwischen Altkönig und den Gipfeln des Großen und Kleinen Feldbergs.

Das Erlebnis der Natur ist die Hauptattraktion des Naturparks Hochtaunus. Besondere Anziehungspunkte für die Besucher sind der Große Feldberg als höchste Erhebung des Taunus (879 m ü. NN) sowie der Pferdskopf (668 m) mit seinem Aussichtsturm. Der Limes, der den Naturpark in Ost‑West‑Richtung parallel zum Hochtaunuskamm durchquert, ist, wie auch verschiedene Ringwälle aus vorgeschichtlicher Zeit, ein lohnendes Ausflugsziel. Einige weitere, besonders reizvolle Sehenswürdigkeiten seien noch erwähnt, so die Saalburg, der Hessenpark, die Gemeinde Weilrod mit der Burg Altweilnau, Schloß Neuweilnau und mit dem ältesten Pfarrhaus in Rod a.d. Weil, die Burgen und Schlösser Braunfels, Weilburg, Runkel, Kronberg im Taunus, Königstein im Taunus, Eppstein und Oberreifenberg.

 

 

Der Taunus ‑ Lehrpfad und seine Zielsetzung

Die Saalburg und der Hessenpark gehören zu den beliebtesten Ausflugszielen im Taunus. Jährlich kommen aus dem gesamten Bundesgebiet und dem Ausland etwa 200.000 Besucher zur Saalburg und 250.000 zum Hessenpark, darunter viele Schul­klassen und Reisegruppen. Beide Ausflugsziele liegen nur drei Kilometer voneinander entfernt. Deshalb entstand schon frühzeitig die Idee, Saalburg und Hessenpark mit einem Lehrpfad zu verbinden, um die Museumsbesucher zu einem Spaziergang durch die Natur zu animieren, bei dem gleichzeitig Wissenswertes über den Wald und die heimische Landschaft, deren Entstehung, über vielfältige Nutzungsformen der Vergangenheit sowie über aktuelle Themen vermittelt wird.

Im Mai 1980 wurde der Taunus‑Lehrpfad mit seinen Informa­tionstafeln vom Umlandverband Frankfurt (UVF) fertiggestellt und der Öffentlichkeit übergeben. Im Jahre 1999 wurden die Tafeln vom UVF vollständig überarbeitet, um die modernen Formen der Illustrationen voll und ganz auszuschöpfen, Er wurde als Rundweg angelegt, so daß die Besucher, die zum Ausgangs­punkt ihrer Wanderung zurückkommen wollen, eine attraktive und abwechslungsreiche Streckenführung vorfinden. Diejenigen, die jedoch nur von der Saalburg zum Hessenpark oder in die andere Richtung wandern wollen, können sich nach den thematischen Schwerpunkten für einen der beiden parallel zueinander verlaufenden Wege entscheiden. Meist sind es Reisegruppen oder Schulklassen, deren Bus sie dann am Ziel­punkt der Wanderung wieder erwartet.

Die Wanderzeit für den einfachen Weg beträgt im Durch­schnitt etwa 45 Minuten, entsprechend werden für den Rund­weg etwa eineinhalb Stunden benötigt, ohne die Zeit zum Lesen der Tafeln oder zum Verweilen an reizvollen Ausblicken. Die vielen Wanderer und zahlreichen Schulklassen, die den Lehrpfad benutzen, zeigen, daß es richtig war, ihn hier anzulegen.

Die drei Einrichtungen wollen dem Besucher das Leben und die Lebensbedingungen im Taunus und darüber hinaus deren historische Bezüge näherbringen:

  • Im Saalburg‑Museum begegnet man der regionalen Ge­schichte in Prähistorie und Römerzeit.
  • Im Freilichtmuseum Hessenpark werden Leben, Arbeitswelt und Kultur im ländlichen Raum vom Mittelalter und der Früh­neuzeit bis ins 20. Jahrhundert wieder lebendig.
  • Der Lehrpfad verbindet beide und präsentiert dem Wanderer die Taunuslandschaft mit ihren typischen Eigenarten, in ihrer vielfältigen Gestalt und mit den unterschiedlichen Nutzungs­formen verschiedener Zeitepochen. Die Themen werden dort aufgegriffen, wo sie in der Landschaft erlebbar werden.

 

 

 

 

Rheingau

 

 

Wiesbaden

Die Beinamen „Nizza des Nordens“ oder „Tor zum Rheingau“ charakterisieren die begünstigte Lage zwischen Taunus und Rhein sowie das Flair Wiesbadens treffend. Schon vor 2000 Jahren, als die Römer heiße Quellen entdeckten, begann der Aufstieg der hessischen Landeshauptstadt Heute ist das 271.000 Einwohner zählende Wiesbaden eine gelungene Komposition aus moderner Kongreßstadt mit dem Charme und der klassizistischen Bausubstanz eines ehemaligen Weltkurorts.

 

Geschichte:

 Wiesbaden ist einer der ältesten Kurorte. Schon Plinius, der römische Geschichtsschreiber, gedenkt seiner heißen Quellen: „Sunt et Mattiaci in Germania fontes calidi traps Rhenum, quorum haustus triduo fervet“ „Auch zu Mattiacum  in Deutschland gibt es warme Quellen, die, geschöpft, drei Tage lang warm bleiben“). Mutmaßlich gaben diese warmen Quellen Veranlassung zur Errichtung eines römischen Kastells. Auf der Höhe des sogenannten Heidenberges (an der Stelle des Städtischen Krankenhauses) fand man im Jahre 1838 Mauerreste desselben (ein Reliefmodell des Kastells im Museum). Römische Denkmäler finden sich noch in der sogenannte Heidenmauer (etwa 200 Meter  lang, 4 - 5 Meter hoch und 2,7 Meter dick), am alten Friedhof, mitten in der Stadt. Beim Durchbruch der Coulinstraße durch Heidenmauer und Friedhof wurde 1902 - 1903 durch Stadtbaumeister Genzeter das „Römertor“ errichtet, das in seiner Art als römischer Brückenbau eine Sehenswürdigkeit bildet. Ferner wurden Spuren römischer Bäder im „Schützenhof“, besonders aber am Kranz- und Kochbrunnenplatz (Römer­bad) festgestellt. Von den im Jahre 1903 freigelegten Teilen der ausgedehnten Thermenanlagen steht ein Modell im Museum.

Im Mittelalter war Wiesbaden kaiserliche Stadt, um 1250 kam es an Nassau, wiewohl es noch nicht Hauptstadt wurde. Erst im Jahre 1744 wurde der Sitz der Regierung von Usingen hierher verlegt, und im Jahre 1816 wurde Wiesbaden Haupt- und Residenzstadt des Herzogtums Nassau.

Von diesem Zeitpunkte an beginnt der eigentliche Aufschwung der Kurstadt. Die noch übriggebliebenen Befestigungen wurden beseitigt und die Stadt nach allen Richtungen hin erweitert und verschönert. Schon in den Jahren 1808 -  1810 war ein großes Kurhaus entstanden, das einen Mittelpunkt des Kurlebens bildet. Der Besuch Wiesbadens wurde auch durch die im Jahre 1839 eröffnete Taunusbahn (Frankfurt – Kastel - Wiesbaden) wesentlich begünstigt. Im Jahre 1839 starb Herzog Wilhelm I., ihm folgte sein Sohn Adolph, der letzte nassauische Landesfürst. Unter ihm erstanden zahlreiche schöne Bauten, wie das Paulinenschlößchen, die griechische Kapelle, die Landesbank, die englische Kirche, das Waterloo-Denkmal und andere. Die Stadt wurde durch Anlage neuer Straßen erheblich erweitert, und für den Kurverkehr entstanden hübsche Anlagen und Promenaden.

Im Jahre 1866 fiel Wiesbaden an Preußen. Mit dem Beginn des Jahres 1873 gingen die Kur­einrichtungen vom Staat an die Stadtgemeinde über. Das Hazardspiel, das hier früher viel betrieben wurde, hörte auf. Die Stadt richtete eine besondere Kurverwaltung ein, an deren Spitze Kurdirektor Ferdinand Heyl trat. Von der Zeit an ist ein stetig zunehmender Aufschwung Wiesbadens zu verzeichnen.

Das Kurhaus genügte dem großen Zuspruch der Fremden nicht mehr, und so entstand 1904 - 1906 der jetzige großartige Neubau nach den Plänen des Professors von Thiersch  (München). Ebenso ist 1910 - 1913 im Mittelpunkte der Stadt ein neues städtisches Badehaus mit Inhalatorium, das Kaiser - Friedrich - Bad, errichtet worden, ein Musterbad, das in der Großzügigkeit seiner Anlage und Einrichtung einzig in der Welt dasteht. Wiesbaden ist ein beliebter Aufenthalt von Pensionären, die hier billig und gesund wohnen.

Wiesbaden hat eine lange Tradition als Kurstadt. Kaiser Wilhelm II. ernannte Wiesbaden zum „Weltkurbad“. Im 19. Jahrhundert pflegte Wiesbaden zu günstigen Jahreszeiten mehr Gäste als Einwohner zu haben. Hier weilten so illustre Gäste wie Dostojewski, Brahms, Wagner, Tur­genjew, Balzac und Goethe. Letzterer regte zum Museumsbau an, der jedoch erst im Ersten Weltkrieg entstand. In der Hungerzeit spöttelten die Wiesbadener über das davor in Stein gehauene Abbild Goethes als Jupiter mit Adler: „Adlerhamsterer, Geflügelschieber!”

Wegen des Fremdenverkehrs ergingen einschränkende Verordnungen an die Bewohner, die sogar die französische Besatzung bewogen, abzuziehen: Es durfte in der Kurgegend kein Krach mehr gemacht, im Parkweiher sommers nicht mehr gebadet und gewaschen werden. Vielleicht wirkt diese Disziplinierung heute noch nach und verleiht der hessischen Landeshauptstadt zumindest im Kurviertel jenen ihr nachgesagten Hauch von Vornehmheit - auch wenn die Weltkurstadt ihre Lebenskraft inzwischen aus anderen als den Wasserquellen bezieht.

Die Bauweise der Stadt läßt trotz der Kriegszerstörungen noch erkennen, wann der große Wohlstand einsetzte: in der Zeit des Klassizismus, zur Zeit des Gründer- und Jugendstils. Der russische Hochadel kam in Scharen, die Aristokratie ganz Europas, reisefreudige englische Snobs. Schon vor dem Ersten Weltkrieg wohnten in Wiesbaden 48 Millionäre. Jeder wollte den anderen übertrumpfen. Ließen sich die Fürsten vierspännig über die Wilhelmstraße kutschieren, mußte der niedere Adel sechsspännig wetteifern.

 

Herrschaftlich blickt Herzog Adolph von Nassau über sein Land. Mit geschwellter Brust, den Säbel fest in der Hand, thront der letzte Herzog zu Nassau auf der Biebricher Höhe über Wiesbaden - in Form einer Bronzestatue. Im Jahre 1905 starb Adolph von Nassau und Großherzog von Luxemburg. Heute erinnern nicht nur das prunkvolle Denkmal an der Biebricher Straße und eine nach ihm benannte Straße im Herzen der Stadt an den charismatischen „Landesvater“. Außerdem haben ihm die Wiesbadener eine eindrucksvolle Griechische Kapelle und das erste Bankinstitut des Landes, die „Nassauische Sparkasse”, zu verdanken.

Geboren am 24. Juli 1817 im Schloß Biebrich, war Adolph nach dem frühen Tod seines Vaters Wilhelm schon 1839 zum Regenten des 1806 gegründeten Herzogtums geworden. Als Jungspund von 22 Jahren mußte er sich mit Politik und Staatsgeschäften befassen, obwohl er, wie sein Biograph Pierre Even schreibt, „dem Studium der Akten, soweit möglich, auswich”. Viel lieber ritt er hoch zu Roß durch seine enormen Jagdgründe - sie nahmen beinahe ein Drittel des gesamten Landes ein. Als passionierter Jäger ging er mindestens ein Mal pro Woche auf die Pirsch.

Zudem glänzte Adolph neben seinen Reitkünsten oft durch Abwesenheit. So auch am 4. März 1848: Auf dem Platz vor dem Wiesbadener Schloß kam es zur ersten revolutionären Massenaktion auf deutschem Boden während der Märzrevolution. 40.000 Menschen legten „Neun Forderungen der Nassauer“ vor, die auch Pressefreiheit, allgemeine Volksbewaffnung und ein neues Wahlgesetzes umfaßten. Der konservative Adolph gab bei seiner Rückkehr den Forderungen nach, das Volk bejubelte den nachgiebigen Herrscher.

Unter Jubel war Adolph auch vier Jahre zuvor mit seiner frisch angetrauten Frau Elisabeth, einer Nichte des russischen Zaren Nikolaus I., in Wiesbaden eingezogen. Nur wenige Monate später starben Mutter und Neugeborenes im Wochenbett. Der damals 28 Jahre alte Herzog soll wie zerschmettert gewesen sein, berichtet Even. „Mir wurde mit einem Schlag das Paradies zerstört” soll Adolph damals geklagt haben. Als würdige Grabstätte für die Großherzogin und die nur wenige Tage alt gewordene Tochter ließ er die Griechische Kapelle mit den prächtigen goldenen Kuppeln im russisch - byzantinischen Stil auf dem Neroberg bauen.

Erst 1851 heiratete er wieder, und zwar die Prinzessin Adelheid Marie, Tochter des Prinzen Friedrich - August zu Anhalt - Dessau. Im darauffolgenden Jahr gebar sie ihm den ersehnten Thronfolger, der allerdings nie über Nassau herrschen sollte. Denn Adolph regierte nur bis 1866 über sein Land. Denn in dem Krieg zwischen Osterreich und Preußen um die Vorherrschaft in Deutschland schlug sich der Nassauer auf die Seite der Habsburger. Österreich unterlag, und Preußen nahm Nassau ein. Der Herzog ohne Thron sagte damals resigniert: „Noch nie ist ein regierender nassauischer Fürst 50 Jahre alt geworden, ich bin der erste, aber mit dem Regieren ist es jetzt vorbei.”

In den darauffolgenden Jahren blieb Adolph politisch weitgehend unbedeutend. Erst 1890 ereilte ihn als 73-Jähriger unerwartet der Ruf des Luxemburgischen Fürstenhauses. Eine Reihe von Todesfällen in der luxemburgischen Erbfolge hatten ihn zum legitimen Thronfolger werden lassen.

Auch als Großherzog von Luxemburg frönte er seiner liebsten Beschäftigung: Jagen. Sogar ein Rollstuhl, an den er nach einem Jagdunfall zeitweilig gefesselt war, hielt ihn nicht davon ab. Noch 80-jährig fuhr er auf Skiern Hänge hinab. Kurz vor seinem Tod soll er zwischen heftigen Schwächeanfällen seine geliebten Havanna - Zigarren genüßlich in einer langen Pfeife geraucht haben. Am 17. November 1905 starb „Seine Königliche Hoheit Adolph, Großherzog von Luxemburg, Herzog von Nassau”. Seine Nachkommen regieren bis heute den kleinen Staat.

 

 

Rundgang:

Von der Anschlußstelle Wiesbaden - Erbenheim fährt man in die Stadt, links ab geht es auf der B 54 durch die Unterführung zum Hauptbahnhof. Kurz vorher nach rechts abbiegen in die Friedrich - Ebert-Straße, dort sind rechts genügend Parkplätze (vier Stunden für 2 bis 2,50 Euro).

 

Hauptbahnhof:

Der Hauptbahnhof ist einer der schönsten und besteingerichteten Bahnhöfe Deutschlands, in Formen des Barock- und Renaissancestils in rotem Sandstein erbaut und 1906 eröffnet. Er liegt an dem prächtigen, mit gärtnerischen Anlagen geschmückten Bahnhofsplatz, Haltestelle fast aller Omnibuslinien. Man hat hier einen schönen Ausblick auf die Stadt und die umgebenden Taunushöhen. Über die Friedrich - Ebert - Anlage geht man nach Norden.

 

Neues Museum:

Noch vor der Kreuzung mit der Rheinstraße steht rechts das neue Museum, ein Bau von riesigen Abmessungen, in der Mitte von einer Kuppel gekrönt. Den Eingang ziert ein Goethedenkmal in Marmor, geschaffen von Prof. H. Hahn, München. Das Gebäude wurde 1914 - 1915 von Professor Fischer (München) errichtet. Das Museum enthielt früher die Städtische Gemäldegalerie, das Landesmuseum für nassauische Altertümer und das Naturhistorisches Museum. Heute wird die rechte Gebäudehälfte aufgebaut, die linke ist schon fertiggestellt.

Wenn man nach links in die Rheinstraße blickt, sieht man das frühere Hauptpostamt, einen stattlichen Bau mit damals ganz neuzeitlich eingerichteter Schalterhalle.

 

Wilhelmstraße:

Man kommt in die Wilhelmstraße, die Wiesbadner Einkaufstraße, mit großen Hotels, Bankgebäuden, Kunstläden, Kaffeehäusern usw. Die Platanenallee zieht sich bis zur Taunusstraße hin. Zahlreiche Bänke und Stühle sowie die blumengeschmückten Vorgärtchen vor den Kaffeehäusern laden zum Verweilen ein, um das rege Leben in dieser vornehmen Promenadenstraße an sich vorüberziehen zu lassen.

Das Haus Wilhelmstraße 5 an der Ecke Luisenstraße (Nordseite) ist die bekannte  Confiserie und Chocolaterie „Kunder“. Gegenüber sollte das Stadtmuseum wieder erstehen, daneben steht der Neubau der Dresdner Bank. Schräg gegenüber ist der mächtige Bau des 1812 erbauten erbprinzlich - nassauisches Palais, das später Altes Museums war und dann Städtisches Verwaltungsgebäude.

Von rechts mündet die Frankfurter Straße in die Wilhelmstraße. In ihr erhebt sich die Englische Kirche in einfach gotischem Stil mit hübschem Turm. Nicht weit davon, auf dem Bismarckplatz hinter der Englischen Kirche, steht das Bismarckdenkmal. Das Denkmal hat eine Höhe von 7,16 Meter und ist von Professor Herter in Berlin entworfen. Rechts am Sockel die Figur der Nasso­via, einen Lorbeerkranz dem Fürsten reichend, links ein Knabe als Vertreter der deutschen Jugend, in einer Sammlung von Gedenksprüchen Bismarcks lesend.

Links in der Wilhelm - Straße steht das ehemalige Erbprinzenpalais. Rechts beginnen die Anlagen am „Warmen Damm“, die von einem Weiher mit Springbrunnen unterbrochen werden. Man geht in die Anlagen hinein. Rechts steht eine Syenitsäule aus dem Palast Karls des Großen zu Ingelheim. Am Ufer des Weihers ist das Gedenkkreuz für einen Wohnsitzlosen, der dort 2010 von Jugendlichen erschlagen wurde. Ein Stück steht rechts das schönste Denkmal der Stadt, das überlebensgroße Standbild Kaiser Wilhelms I. Es wurde nach dem Entwurf von Schilling (Dres­den) von der Meisterhand des Bildhauers Raffaelo Celai geschaffen.

 

Staatstheater:

Bald steht man vor dem Staatstheater. Davor  erhebt sich das Schillerdenkmal, von Joseph Uphues in Berlin in weißem Marmor ausgeführt. Am Sockel sind das Trauerspiel durch eine sitzende Frauengestalt, Schauspiel und Lustspiel durch zwei Köpfe an den Seiten versinnbildlicht. Rechts sieht man den modernen Anbau.

Den Auftrag zu dem alten Theater gab Kaiser Wilhelm II., damals zugleich hessischer Landesherr. In Entwurf und Ausführung ist es das Meisterwerk der Wiener Bauräte Fellner und Helmer. Diese bauten im russischen Odessa fast das gleiche Haus einen Rang höher. Dieser vielleicht schönste Musentempel Deutschlands offenbart nicht nur den höchsten Geschmack und vornehmste, nirgends überladene Pracht, sondern erscheint auch in seinen Einrichtungen gera­de­zu als mustergültig. Überall von den prächtigen Säulenhallen, Terrassen und Balustraden bis zur mächtigen, weithin ragenden Kuppel erfreut das Auge edle Harmonie, kräftiges Vortreten der Formen und geschickte Verteilung des Schmuckes.

Hervorragend schön und äußerst wirkungsvoll in Zusammenstellung und Form ist die Giebelgruppe über der Türhalle der Südfront, die von der Gestalt eines fackeltragenden Genius gekrönte wird. In dem dorischen Feld steht als Hauptfigur die Dichtkunst. Neben ihr versinnbildlicht eine edle weibliche Figur die Trauer und ein schellentragender Jüngling den Scherz. Ein sich küssendes Paar, das von Amor belauscht wird, und die Parze Atropos, die den Lebensfaden eines Greises durchschneidet, deuten auf das aufflammende und das erlöschende Leben hin. An der Südschauseite sind ferner bemerkenswert die einfassenden Gruppen Musik und Poesie, sowie die vier Nischenfiguren Tanz, Musik, Gesang und Drama.

Man geht links um das Theater herum. Vier wirkungsvolle Panthergruppen krönen die beiden Längsschauseiten, während eine fünfte die Nordtürhalle überragt, deren figuralen Schmuck zwei Kentaurengruppen und vier sitzende Frauengestalten vervollständigen.

Man geht weiter um das Haus herum. Auf der anderen Seite der Wilhelmstraße ist der Kaiser -Friedrich - Platz mit dem Denkmal für Kaiser Friedrich III. von Joseph Uphues in Berlin. Den Platz begrenzen die Hotels und Badehäuser, „Vier Jahreszeiten“ (links) und „Nassauer Hof“ (rechts).

Man geht weiter um das Theater herum und kommt zur südlichen Kolonnade von 1836 und geht weiter nach rechts auf das Kurhaus zu. In der Mitte der Kolonnade ist der Eingang zum Staatstheater. Die Vorhalle mit ihrem schönen bildnerischen Schmuck, ferner die zwischen den Vorhallensäulen sich öffnenden, dem ganzen Bau erhöhten Reiz und Gefälligkeit gebenden Lauben. Der 1894 eröffnete  Theatertempel hat ein sehenswertes Foyer und wurde 1902 um ein Foyer im Rokoko - Stil erweitert. Auch im Inneren  herrscht überall wohltuende Übereinstimmung, größte Zweckmäßigkeit, vornehme Pracht.

Der 1.400 Plätze enthaltende Zuschauerraum mit den reich verschalten Logenbrüstungen hat eine prunkvolle Kaiserloge. Wilhelm II., war einer der größten Freunde der Kurstadt, dem das Theater nicht nur die Kaiserloge bereithielt, sondern einen eigenen Zugang dazu. Er begründete nicht nur die Wiesbadener Maifestspiele, sondern auch eine örtliche Sektdynastie: Nachdem ihm im Theaterfoyer die zigarrenrauchende Gattin des Kellereibesitzers aufgefallen war, wurden sämtliche Offizierskasinos mit dieser Sektmarke beliefert. Die  Decke ist durch einen prachtvollen Kronleuchter durchbrochen. Sie zeigt auch die Medaillons der in Wiesbaden tätig gewesenen Komponisten.

An der Ostseite des Theaters wurde in den Jahren 1901 und 1902 von dem damaligen Stadtbaurat Genzmer ein Kuppelbau im Stile des Hauptgebäudes angebaut, der außer dem mit Marmorsäulen und Deckengemälden aufs prächtigste ausgestatteten Wandelgang Wirtschaftsräume enthielt. Heute befindet sich hier der moderne Anbau.

Am 18. März 1923 brach nach einer „Rienzi“  - Aufführung im Staatstheater ein Brand aus, dem das ganze Bühnenhaus nebst anliegenden Kulissen- und Garderoberäumen zum Opfer fiel. Bei der Wiederherstellung wurde das Theater mit den neuesten Einrichtungen der Bühnentechnik und Feuersicherungsmaßnahmen versehen. Die Wiedereröffnung erfolgte am 20. Dezember 1923. Der Komplex hat drei voneinander unabhängige Bühnen.

 

Kurhaus:

Der weite Kurhausplatz ist ein mit dem herrlicher Blumengarten, in dem zwei kaskadenartige Springbrunnen ihre Wasser sprudeln lassen, zu beiden Seiten eingefaßt von einer Reihe hoher Platanen, die über hundert Jahre alt sind. Ehe man das Kurhaus betrachtet, kann man rechts davon noch einen Blick in den Kurpark werfen. Gleiche rechts stehen noch Säulen und andere Baureste des alten Kurhauses von 1810, nach Plänen des Stadtplaners Christian Zais. Es wurde von Goethe gerühmt, der 1814 und 1815 als Kurgast hier war. Die damalige Spielbank gab Dostojewski als „Roulettenbank“ die Anregung zu seinem Roman „Der Spieler“.  Nicht nur der russische Schriftsteiler Dostojewski (1821 - 1881) und Richard Wagner sollen hier ihr ganzes Geld verspielt haben.

Dahinter dehnt sich der weite Kurpark aus. Eine lange Veranda und ein breiter Promenadeplatz, reich mit Kandelabern geschmückt, mit zwei Musikpavillons, bilden hier den Vereinigungspunkt der Kurgäste. Der Weiher des Kurparks hat einen 30 Meter hohen Springbrunnen. Die Fortsetzung des Kurparkes bilden die sehenswerten „Kuranlagen“, die  bis zur Dietenmühle reichen.

In den Anlagen steht das Gustav - Freytag - Denkmal, von einer halbrunden Nische umgeben, deren Endpunkte lesende Putten zieren. Das Denkmal wurde 1905 enthüllt anläßlich des 100jährigen Geburtstages des Dichters; zu Füßen sprudelt ein Brunnen. In den Anlagen steht  auch das Denkmal des früheren Kurdirektors Ferdinand Heyl. Vor der Die­ten­mühle, an der Blumenwiese, ist ein großer freier Platz für Tennisspiele. Hier gibt es eine Gastwirtschaft. Im Winter ist hier auch eine Eisbahn.

Das neue Kurhaus hat einen mächtigen Portikus. Über seiner von sechs Säulen getragenen Vorhalle erinnert die Aufschrift „Aquis Mattiacis“ (den Wassern der Mattia­ker)  in goldenen Lettern an einen Germanenstamm, der hier lebte (entdeckt wurden die heilenden Wasser allerdings erst von den Römern). Darüber ist im Giebelfeld das Stadtwappen zu sehen.

Das neue Kurhaus wurde 1906 - 1907 nach Plänen des Professor von Thiersch errichtet. Es ist ein Kuppelbau mit Seitenflügeln. Der in hellenischen Formen errichtete Flachbau wurde von der Stadt Wiesbaden mit einem Kostenaufwand von damals 6 Millionen Mark errichtet und stellt sich als eines der bedeutendsten neuzeitlichen Bauwerke dar.

Der massige Glaskuppelbau birgt unter sich den Mittelraum der sogenannten „Wandelhalle“ (Thermenhalle). Diese Halle durchschneidet den ganzen Bau von West nach Ost und teilt ihn in zwei gleiche Hälften. In der mittleren Rotunde stehen in den vier Nischen überlebensgroße Figuren aus der griechischen Göttersageaus karrarischem Marmor, eine Stiftung kunstsinniger Männer der Stadt Wiesbaden. Das Kuppelgewölbe wird von 20 überlebensgroßen Gra­zien­gestalten und von vier farbenprächtigen Mosaikmedaillons von Julius Diez aus München (Apollo, Neptun, Venus, Diana) belebt. Im Hintergrund ist ein farbiges Glasfenster.

Den Hauptteil der Südhälfte bildet der große Konzertsaal.  Er faßt etwa 1.500 Sitzplätze, eine kostbar ausgestattete Kaiserloge, ein hinter Goldbronzegitter eingebautes Orgelwerk und den Tritt für das berühmte Wiesbadener Kurorchester. Die flachgewölbte Saaldecke ist mit orientalischem Prunk in Goldkassetten aufgelöst und wird seitlich von Marmorsäulen gestützt. Sämtliche Wände sind mit poliertem Mahagoni getäfelt. Über dem Orchestertritt ist in Flachrelief der Sonnengott zu sehen, im mittleren Deckenfeld der Tritonenfries und über der Fürstenloge Apollo mit den Musen.

An die Längsseiten des Saales gliedern sich je drei in verschiedenen Stilarten ausgestattete Lese-, Spiel- und Konversationszimmer an, die nach dem Garten hin zu riesigen Glasrundbauen ausgestaltet sind (mit Terrasse). Wenn man den Gang hineingeht zum Südgiebel trifft man am Ende auf den Muschelsaal. Er ist von Fritz Erler (München) äußerst eigenartig geziert mit farbigen Fresken, die vier Jahreszeiten und Gehäuse der Meerestiefe darstellend. Dem Kaiser zuliebe blieb der heute als Kuriosum bestaunte Muschelsaal in der ersten Zeit verschlossen, weil der Raum nicht dem Geschmack seiner Majestät entsprach.

In der Nordhälfte des Kurhauses ist der kleine Konzertsaal (heute Christian - Zais - Saal), eine getreue kleine Nachbildung des alten Kursaals. Ferner befinden sich hier der mit kostbarem hellgelbem Kirschbaumholz getäfelte Weinsaal, der an Wänden und Decke mit buntem Kachelwerk getäfelte Biersaal, endlich mehrere kleinere, ebenfalls verschiedenartig ausgestattete Wirtschaftszimmer und die Küchenräume. Im ehemaligen Weinsaal ist das Spielcasino untergebracht.

Im oberen Stockwerk befinden sich unter anderem die Verwaltungsräume, im Kellergeschoß sind außer einem großen Raum, der als Gaststätte bei großen festlichen Veranstaltungen benutzt wird, die technischen Einrichtungen zur Erwärmung, Beleuchtung usw. eingebaut. Von der Sonnenberger Straße aus führt ein besonderer Eingang zu dem mit lustiger Wandbemalung versehenen ehemaligen „Rheinischen Weinstübchen“ Darüber sin d im ersten Stock verschiedene Gesellschaftsräume für besondere Festlichkeiten. Links am Kurhaus vorbei kommt man zur alten Kolonnade mit dem Automatenspiel des Spiel - Casinos.

 

Kranzplatz:

Nach Westen geht es in die Taunusstraße, die zum Kranzplatz führt. Links am Kranz - Platz in der Georg - August - Zinn Straße  1  erstreckt sich die Hessische Staatskanzlei in dem ehemaligen Hotel „Rose“. Weiter unten im Haus Kranzplatz 12 ist das Hotel „Schwarzer Bock“, das seit 1450 besteht und ein altes Bad mit Holzvertäfelung aus dem Schloß Ingelheim hat.

Am Kranzplatz ist eine offene Quelle, aus der das warme Wasser sprudelt, und der Kochbrunnen, der Hauptquelle des Badeortes. In einem runden Steinbecken, über dem sich ein mit hübschen Malereien ausgestatteter Tempel erhebt, entquellen der Erde 15 Ströme heißen Wassers mit 67 Grad dem ständig dampfenden Kochbrunnen. Und von den frei zugänglichen Brunnen machen die eingefleischten Wiesbadener bis auf den heutigen Tag mit Trinkbechern und Thermosflaschen eifrig Gebrauch.

Das Heilwasser hat pharmakologische Wirksamkeit. Aufgrund seiner Zusammensetzung ist es aber nicht wie Trinkwasser zum täglichen Genuß und nicht zur Anwendung über längere Zeit ohne ärztliche Verordnung bestimmt. Die empfohlene Tagesdosis beträgt nicht mehr als ein Liter. Die Anziehungskraft der Quellen soll früher noch größer  gewesen sein: Sogar für lahme Gäule gab es für 18 Kreuzer das lindernde Bad am Kranzplatz, dem damals wegen seiner Form so genannten Rindsfußplatz.

Die heißen Quellen versorgen die verschiedenen Badehäuser. Für Rheuma. Stoffwechsel- und Atemwegserkrankungen sind die Quellen die richtige Therapie. Schon der Römer Livius berichtete von ihm. In Bleirohren, die in einem Mainzer Museum zu besichtigen sind, leiteten schon die Römer das wohltuende Naß zu den Badehäusern entlang der jetzigen Wiesbadener Flanier- und Einkaufsstraße „Langgasse” (Verlängerung des Kranzplatzes). An der gleichen Achse findet heute noch die Anwendung in den Hotels und Bädern statt.

 In der Lehrstraße nordwestlich vom Kranzplatz  befindet sich die zweite evangelische Kirche, die sogenannte Bergkirche, nach Plänen des Baumeisters Otzen (Berlin) von Griesebach (Berlin) in gotischem Stil 1877 bis 1879 erbaut, mit schlankem, über den achteckigen Mittelraum der mittleren Anlage sich erhebendem, 62 Meter hohem Turm.

 

Kaiser - Friedrich - Therme:

Man geht aber zunächst nicht durch die Langgasse, sondern vom westlichen Ende des Kranzplatzes aufwärts in die Saalgasse, die sich in der Coulin - Straße fortsetzt. Hier liegt links (westlich der Langgasse)  in lupenreinem Jugendstil der Prachtbau der 1913 eröffneten Kaiser -Friedrich - Therme mit eigener Thermalquelle. Auch heute präsentiert sich das luxuriöse Bad als eines der schönsten Thermen Deutschlands. Schon in der Eingangshalle finden sich kunstvolle ornamentale Fliesen an den Wänden sowie ein repräsentatives Deckengewölbe, dessen Fresken Jugend, Schönheit und Reinheit durch die hiesigen Quellen verheißen. Dort speien steinerne Löwen unter Rundbögen das Wasser ins 22 Grad kühle Schwimmbecken. Eine erfrischende Wohltat, wenn man eben aus dem Irisch - Römischen Schwitzbad mit den altväterlichen Holzthronen kommt. Auch die Haupthalle mit kaltem Schwimmbecken und kleinem Heißwasserpool sowie das russische Dampfbad sind vom historischen Bad geblieben.

Mit der Sanierung vor einigen Jahren kamen Annehmlichkeiten wie zwei zusätzliche warme Thermalbecken, Biosauna und Steinofenbad sowie die Wasserfalldusche mit tropischem Eisregen hinzu. Ganz entspannt geht es in Tepidarium, Sanarium und dem großzügigen Ruheraum zu. Wem das nicht genug an Wellness - Wonnen ist, der kann im Untergeschoß Aroma ­Massa­gen, Ganzkörperpackungen oder ein orientalisches Rasulbad gegen Aufpreis buchen. Wer Hunger oder Durst bekommt, stärkt sich an einer „Quellenbar“ (Kaiser-Friedrich Therme, Langgasse 38-40, 5183 Wiesbaden, geöffnet von 10 - 22 Uhr. Dienstag ist Damentag. Eintritt für zwei Stunden  12 Euro. Hier wird textilfreies Baden bevorzugt).

 

Kastell:

Von der Coulin - Straße aus kann man noch einen Abstecher nach Nordwesten machen. Über die Adlerstraße kommt man nach links in die Kastellstraße, wo das römische Kastell lag. In Höhe der Schwalbacher Straße (nicht: Kleine Schwalbacher Straße, sondern die große Verbindungsstraße nach Norden) lag nördlich der Heidenmauer das Kastell auf dem sogenannten Heidenberg. Das Nordtor lag an der Kreuzung Schwalbacher Straße/ Kastellstraße. Das Osttor lag etwas westlich der Kreuzung Schachtstraße  / Adlerstraße. Straßen führten nach Süden in Richtung Schwalbacher Straße, nach Südosten in Richtung Stadtschloß und nach Ostnordost nördlich vom Kochbrunnen vorbei.

Das Erdkastell war geringfügig weiter südlich. Die Zivilsiedlung der Römer lag im Zuge der Langgasse und der südlichen Fortsetzung Kirchgasse bis zum Mauritiusplatz. Die Bebauungsgrenze verlief etwa längs der Schwalbacher Straße, beginnend in Höhe der Faulbrunnenstraße (im Süden), des Schulbergs und Hirschgrabens bis zum Kochbrunnen; die Grenze zog von dort nach Südosten bis zur Mühlgasse; der südliche Abschluß verlief südlich der Mauergasse. Die Siedlung hatte keinen Bezug auf die vom Kastell ausgehenden Straßen, vielmehr scheint die Hauptachse etwa auf der Linie Mauritiusplatz – Langgasse verlaufen zu sein.

Noch weiter nördlich der Kastellstraße ist der alte Friedhof mit alten Grabsteinen. Auf diesem Friedhof haben unter anderem ihre letzte Ruhestätte gefunden Freiherr von Wolzogen, ein Schwager des deutschen Dichters Schiller, ferner der in den Befreiungskriegen zu Anfang des vorigen Jahrhunderts stark in den Vordergrund getretene russische General von Witzingerode und der preußische Staatsmann und Gesandte Justus Genner, die verstorben sind, während sie am Platz als Kurgäste weilten.

 

Römertor und Heidenmauer:

Die „Heidenmauer“ ist das einzige heute noch sichtbare römische Monument. Sie verläuft auf etwa 520 Meter Länge nachweisbar zwischen Marktkirche (dort mittelalterlicher Turm) und Mühlgasse auf die Kreuzung Langgasse / Römertor, knickt schwach ab und  geht in die Straße Schulberg (nördlicher Zweig) bis zum Hirschgraben. Ihr etwa drei Meter breites, schwach eingetieftes Fundament ruht auf einem Rost von Holzpfählen von durchschnittlich 0,15 Meter Durchmesser und 0,8 Meter Länge. Auf dem durch Abtreppungen sich dem abfallenden Gelände anpassenden Fundamentsockel erhebt sich das etwa 2,5 - 2,6 Meter breite aufgehende Gußmauerwerk.

Die Mauer besaß ursprünglich einmal mindestens vier Türme, von denen noch einer erhalten ist. Er springt halbkreisförmig mit einem Innenradius von 2,17 Meter vor die mit ihm im Verband stehende Mauer vor. In unmittelbarer Nähe und in der Mauer selbst wurden Ziegel mit Stempeln der Martenses, Vindices, Secundani und Portissenses gefunden, Einheiten des spätantiken Heeres, die zum Kommandobezirk von Mainz gehörten. In der Kaiserzeit wurde ein Stück herausgebrochen und dort das „Römertor“ errichtet, weil eine „Mauer“ ja ein Tor haben muß. Am „Römertor“ und dem Hang darunter stehen auch einige römische Steine, die zum Beispiel zum  Mitharaskult gehören. 

Die Deutung der Heidenmauer ist umstritten: Früher nahm man an, daß es sich um eine Befestigungsmauer handelte, die im Zusam­men­hang mit der Erweiterung des Brückenkopfes von Mainz unter Kaiser Valentinian (364 - 375) gestanden hätte. Eine Mauer wäre aber mitten durch den römischen Vicus gegangen und hätte falsch zum Kastell gestanden. Die „Mauer“ zeigt keine erkennbaren Ecken oder Abschlüsse, und sonst konnte nirgends eine Fortsetzung einer Befestigung nachgewiesen werden. E. Ritterling vermutete daher, daß es sich um eine Sperrmauer (clausura) gehandelt habe. Die Geländeverhältnisse hätten jedoch eine Umgehung unschwer erlaubt. Deshalb neigte man in der neueren Forschung zu der Auffassung, daß die Heidenmauer Teil eines großen Befestigungswerkes war, das nicht mehr vollständig ausgeführt werden konnte.           

Nach neuesten Forschungen soll die „Mauer“ aber ein Aquädukt gewesen sein. Es wurde zwischen 240 und 260 nCh erbaut und war Teil einer Wasserleitung (Aquädukt), die die Römerstadt Aquae Mattiacorum mit dem  - für die Thermalquellen-Nutzung dringend benötigtem - Frischwasser aus dem Taunus versorgt hat. Weder der fortifikatorische Nutzen noch der Zusammenhang mit Kaiser Valentinian I. sind archäologisch bzw. in der Stadtentwicklung nachweisbar. Nach den Untersuchungen des Lokalhistorikers Martin Lauth führte die Wasserleitung das Trinkwaser aus dem Taunus sogar bis nahegelegene Mainz - Kastel.

 

Synagoge:

Ein Stück weiter in der Coulin - Straße geht die Schützenhofstraße ab mit dem Städtischen Badhaus „Schützenhof“ mit eigener Quelle. Jetzt ist hier das Forschungsinstitut für Bäderkunde und Stoffwechsel untergebracht. Noch ein Stück weiter steht die Gedenkstätte für die frühere Synagoge. Nach sechs Jahren Bauzeit wurde 1869 am Michelsberg die von dem Architekten Philipp Hoffmann entworfene Synagoge fertiggestellt.  Sie war  ein prachtvoller, im Innern mit Stuckornamenten verzierter und reich vergoldeter maurischer Kuppelbau. Das weithin sichtbare jüdische Gotteshaus galt mit der 35 Meter hohen und mit goldenen Sternen überzogenen Hauptkuppel als eines der schönsten und repräsentativsten Gebäude der Stadt. Die Synagoge war Ausdruck der gesellschaftlichen Integration der Juden Wiesbadens und zeugte von deren Stolz und Selbstbewußtsein.

In Wiesbaden lebten bis 1933 etwa 3.000 jüdische Bürger und Bürgerinnen. Das Bauwerk war religiöses Zentrum und Schule der Reformgemeinde. Das vielfältige jüdische Leben Wiesbadens spiegelten auch die 1897 gegründete Synagoge der altisraelitischen Gemeinde und die 1938 zerstörten Synagogen in den Vororten Biebrich, Bierstadt und Schierstein wider. In der Reichspogromnacht vom 9. auf den 10. November 1938 wurde die Synagoge am Michelsberg mehrfach in Brand gesetzt. Das bis auf die Außenmauern ausgebrannte Gotteshaus wurde 1939 abgebrochen.

Die Gedenkstätte markiert die Umrisse der früheren Synagoge, über die heute die breite Straße geht. An der rechten Mauer sind die Namen jüdischer Bürger aus Wiesbaden angebracht. An der linken Mauer ist eine Informationstafel und ein Monitor, auf dem man das Schicksal einiger Juden lesen kann. Das Band mit den in Stein gemeißelten 1.507 Namen beurkundet das Leben und Sterben der Wiesbadener Juden. Es gibt ihnen ihre Namen zurück.

 

Wagemannstraße:

Man geht dann in spitzem Winkel  die Straße Michelsberg hinab und kommt in die Marktstraße. Rechts im Haus Nummer  34 ist das bekannte Café Maldana. Beim Haus Marktstraße 26 stand bis 1836 ein Uhrturm.

Links geht es in die Wage­mannstraße, die früher verrufene, jetzt sich zur teuren Nostalgiezeile sanierenden Parallele zur Langgasse. In der Nummer 5, in einem der wenigen noch vorhandenen fratzengeschmückten Barockhäuser, wohnte die italienischen Familie Cetto. Das Kurleben verhalf dem seit der Reformation verbannten Katholizismus zur Wiederkehr. Entsprechend dem Glauben des Nassauer Herrscherhauses hatte die Bevölkerung protestantisch zu sein. Bestraft wurde, wer sich heimlich in die ausnahmsweise für die Fremden in den Hotels gelesenen Messen einschlich. Die Wende ging von der Familie Cetto aus. Josefa Cetto stiftete für die neue katholische Bonif­atiuskirche auf dem Luisenplatz (in der Verlängerung der Wagemannstraße) nach dem Einsturz ihrer Vorgängerin 70.000 Goldmark für die Türme.

Die nächste Gasse links ist die Grabenstraße. Im Weinhaus hatte der Dichter Franz Abt offenbar nicht viel Geld. Da fiel ihm das Lied ein „Keinen Tropfen im Becher”. In der Grabenstraße 28 war auch der Bäckerbrunnen, wo die Fuhrleute das Wasser holten, um es für fünf Pfennig pro Faß die kleineren, nicht an Thermen angeschlossenen Hotels zu beliefern.

 

Marktplatz:

Am unteren Ende der Marktstraße kommt man auf den Marktplatz. Hier steht rechts das Alte Rathaus. Ganz alte Gebäude sind rar in Wiesbaden. Dazu gehört das Untergeschoß des Alten Rathauses am Marktplatz aus dem Jahre 1609,  wohl das älteste Gebäude Wiesbadens.  Das Obergeschoß wurde 1828 neu gestaltet, hier ist auch der Ratskeller untergebracht. Ein historischer Stadtbrunnen aus dem Jahre 1467 zwischen Schloß und Rathaus zeigt auf schlanker Säule den Nassauischen Löwen mit dem Wiesbadener Stadtwappen.

 

Schloß:

Weiter geht es zum Schloßplatz mit dem ehemals Herzoglichen Schloß, in den Jahren 1837 -  1840 unter Herzog Wilhelm von Nassau nach den Plänen von Baudirektor Moller von Darm­stadt an der Stelle einer mittelalterlichen Burg von Richard Goerz erbaut. Es entstand ein vornehm zurückhaltender spätklassizistischen Bau mit dem außergewöhnlichen Eingang an der Ecke zum Marktplatz.

Im Treppenhaus stehen acht lebensgroße Standbilder von Schwanthaler; die Repräsentationssäle und den Tanzsaal schmücken gute Freskogemälde von L. Bosse in Düsseldorf. Im Speisesaal finden sich die beiden besten Arbeiten L. Schwanthalers, seine beiden spanischen Tänzerinnen. Im Konzertsaal sind ebenfalls Bosse’sche Fresken. Das Schloß führt über dem Haupteingang das alte nassauische Wappen.

Auf den Schloßplatz  kam es am 4. März 1848 zur ersten revolutionären Massenaktion auf deutschem Boden während der Märzrevolution. Rund 40.000 Menschen legten „Neun Forderungen der Nassauer“ vor, die auch Pressefreiheit, allgemeine Volksbewaffnung und ein neues Wahlgesetzes umfaßten. Der konservative Herzog Adolph gab bei seiner Rückkehr den Forderungen nach, das Volk bejubelte den nachgiebigen Herrscher.

Bis 1866 wurde das Schloß von Herzog Adolf bewohnt. Bis 1918 war es Ma  - Residenz des Deutschen Kaisers. Seit 1946 ist es Sitz des Hessischen Landtags. Im Schloß der nassauischen Herzöge herrscht heute Demokratie; hier berät der Hessische Landtag. An dem Gebäude nach Nordosten zu steht auch der Name „Hessischer Landtag“. Hier gibt es jeden ersten Samstag im Monat um 10 Uhr eine Führung.

Hier neben dem Schloß war das Kavalierhaus und daran anschließend die „Wilhelms - Heil­anstalt“, so genannt nach ihrem Stifter Kaiser Wilhelm I., der in dieser Stiftung seinem Dank für den guten Erfolg seiner Kuren am Platze Ausdruck zu geben wünschte. Die Anstalt war ursprünglich bestimmt, kranken Soldaten jeden Grades aus der deutschen Armee dienstbar zu sein.

 

Marktkirche:

Dem Schlosse schräg gegenüber erhebt sich die evangelische Marktkirche. Sie wurde in den Jahren 1853 - 1860 an der Stelle einer früheren im Jahr 1850 durch Brand zerstörten Mauritiuskirche  erbaut von Oberbaurat Boos auf einem vom Großherzog gestifteten Grundstück. Unge­wöhnlich für Hessen ist das Baumaterial der dreischiffigen Basilika: roter Backstein und gebrannter Ton, im „kombiniert romanisch-gotischen Stil, unter Läuterung der Detailformen im Sinne antiker Bildung“. Ebenso ungewöhnlich sind die vier hohen Ecktürme zusätzlich zum 92 Meter hohen Hauptturm.

Im Innern der 1862 fertiggestellten Basilika sitzt der Besucher unter einer hohen, als Sternenhimmel ausgemalten Decke. Im Innern fünf mächtige Standbilder aus weißem Marmor, darstellend Christus und die vier Evangelisten, von E. Hopfgarten. Die Kirche hat eine prachtvolle Orgel von Walcker in Ludwigsburg und ein schönes Glockengeläute von Hamm in Frankenthal. Das Innere der Kirche wurde im Jahre 1900 wiederhergestellt und mit Wandmalereien geziert (ab 14 Uhr geöffnet).

Vor der Kirche steht das von Kaiser Wilhelm II. der Stadt geschenkten Denkmal des Befreiers der Niederlande, des nassau - oranischen Fürsten Wilhelm I., des Schweizers. Das Denkmal von Professor Walter Schott ist eine Nachbildung des gleichen Denkmals auf der Schloßterrasse in Berlin.

 

Neues Rathaus: 

Gegenüber dem Schloß das prachtvolle Neue Rathaus, durch Hauberrisser in München erbaut, eines der herrlichsten Bauwerke Wiesbadens. Die beiden großen Säle, Festsaal und Stadtverordneten - Sitzungssaal, mit Holzdecken teils in englischem Trägersystem, teils mit Bogenformen ausgebildet, der Dachstuhl in Eisen. Im Juli 1884 begonnen, wurde es 1888 vollendet. Im Sitzungssaale der Stadtverordneten zwei große Gemälde: „Wiesbadener Badeleben zur Römerzeit“ und „Wiesbadener Blumenkorso zu Ehren Kaiser Wilhelms I.“ von Adalbert von Rößler. Im Rathause der Ratskeller, ein mit humoristischen Wandbildern von den Wiesbadener Künstlern Kögler und Schlitt und Sinnsprüchen geschmückter Wein- und Bierkeller in deutscher Renaissance unter Anlehnung an französische und italienische Einzelmotive. Sehenswert ist auch das „Ratsstüble“ neben dem Ratskeller, unter anderen Denkwürdigkeiten ein Bild Wiesbadens aus den siebziger Jahren und Bildnisse Altwiesbadener Bürger enthaltend. Man beachte auch die humorvollen Glasmalereien in den Fenstern. Das Erdgeschoß des Rathauses ist durchgängig in Tonnen- bzw. Kreuzgewölben durchgeführt.

 

Neuer Marktplatz:

Hinter dem Rathaus ist der neue Marktplatz mit dem erwähnenswerten Marktkeller und einer Zeitsäule. Der große, mit Figuren geschmückte Säulenaufbau mit den beiden Brunnen dient zur Ventilation der Keller. Die Unterkellerung wurde in den Jahren 1900 - 1901 von Professor Genz­mer ausgeführt. Westlich schließt sich das Dern’sche Gelände an.

 

Bonifatiuskirche:

An der Südwestseite des Marktplatzes ist der Schillerplatz mit dem Justizministerium, erbaut 1838 - 1842 als Ministerialgebäude der Herzoglich - nassauischen Regierung, der Herzog Friedrich - August - Saal, rechts die Synagoge. Links durch die Straße „Kirchreulchen“ kommt man auf die  die katholische Bonifatiuskirche, 1843 - 1849 von Oberbaurat Hoffmann in einem Gemisch von Gotik und romanischem Stil erbaut. Zwei wertvolle Altargemälde „Madonna mit dem Kinde“ von v. Steinle, links ein Heiliger Bonifatius von Rethel. Ein reicher Hoch­altar mit 16 Figuren von Hopf­garten, Vogel und Hoffmann erhebt sich im Chor des Mittelschiffes. Bemerkenswert sind noch die kunstvoll gemalten Glasfenster, der linke äußerste Seitenaltar und die mächtige Josephsglocke. Die Kirche war 1876 von der Regierung den Altkatholiken zum Gebrauch überwiesen worden, wurde aber 1886 den Katholiken zurückgegeben.

Auf dem Luisenplatz vor der Kirche erinnert ein 1865 errichteter Obelisk aus Sandstein an die bei Waterloo gefallenen nassauischen Krieger. Am Platze stehen das Staatliche Real- und das Humanistische Gymnasium. Am linken Ende der Luisenstraße ist das Kleine Haus des Staatstheaters (früher Residenztheater), dessen Zuschauerraum, in moderner Stilart amphitheatralisch bis zur Galerie aufsteigend, 780 Personen faßt.

An der Südseite des Luisenplatzes führt die mit einer doppelten Reihe von Bäumen bepflanzte Rheinstraße entlang, deren Abschluß im Westen die prächtige Ringkirche bildet, von Baurat Otzen aus gelblichem Sandstein 1892 - 1894 erbaut, mit gekuppelten Türmen an der Schauseite. Zu beiden Seiten des Haupteingangs befinden sich zwei überlebensgroße, in Sandstein ausgeführte Figuren: Gustav Adolf und Wilhelm von Oranien, geschaffen von Rittweger in Frankfurt.

In der Rheinstraße, zwischen Kirchgasse und Schwalbacher Straße, das Gebäude der Landesbibliothek; erbaut 1911 - 1913, mit Gutenbergstandbild (von Bierbrauer) am Eingang. Die Bibliothek enthält mehr als 30.000 Bände, außerdem wertvolle alte Handschriften mit Initialen und Miniaturen aus dem 12. und 13. Jahrhundert.

 

 

Die  Römer in Wiesbaden

 

Kastelle::

Bei Bauarbeiten im Bereich der Mauritiusstraße, Hochstätte, oberen Kirchgasse und des Mauritiusplatzes konnte 1895 und 1896 ein größerer Aufschluß untersucht werden. Dabei kamen in einer Moorschicht, deren Fundgut mit dem Zerstörungshorizont der Jahre 69 / 70 nCh abschließt, keramische Funde zutage, die bis in die Zeit des Kaisers Augustus zurückreichen. Da kein Anlaß besteht, hier eine Ansiedlung einheimischer Bevölkerung anzunehmen, ist die Deutung als Importgut nicht möglich. Aber auch die Existenz einer römischen Zivilsiedlung rechts des Rheins ohne militärischen Schutz ist in dieser Zeit nicht denkbar, so daß man eine erste militärische Anlage in Wiesbaden in augusteischer Zeit voraussetzen muß.

Es ist nicht zu entscheiden, ob es sich bei den ältesten Funden aus der Moorschicht um die Hinterlassenschaft des zu postulierenden Militärpostens handelt oder ob hier im Schutz eines Lagers etwa auf dem Heidenberg eine Lagersiedlung bestand. Die dürftigen Grabungsbefunde lassen keine Schlüsse zu, die militärischen Ausrüstungsgegenstände, die man zunächst als Hinweis auf ein Lager werten möchte, reichen allein nicht für einen Beweis aus.

Andererseits läßt sich kein Nachweis für ein Kastell augusteischer Zeit auf dem Heidenberg erbringen. Dort konnte Emil Ritterling bei Ausgrabungen 1904 / 1905 drei zu verschiedenen Wehranlagen gehörende Lagergräben nachweisen, die alle dem Steinkastell vorausgingen. Zwar gelang es nicht, den Umfang eines dieser Lager festzustellen, doch konnte durch Überschneidungen deren relative Chronologie geklärt werden.

 

Von dem ältesten Lager (A) wurde ein Grabenstück mit einer Toranlage mit vorgelagertem Schutzgraben (tutulus) erfaßt. Das zeitlich folgende Lager (B) ist mit Sicherheit in die vorflavische Zeit zu datieren, für das Lager C fehlen nähere zeitliche Anhaltspunkte. Die Funde vom Heidenberg zeigen eindeutig, daß dort spätestens seit claudischer Zeit Kastelle bestanden. Daß das älteste in augusteischer Zeit errichtet wurde, ist möglich und aufgrund der Lage nicht unwahrscheinlich, ein sicherer Beweis läßt sich jedoch nicht führen.

Die im gesamten Bereich Rätiens, Ober- und Niedergermaniens erkennbaren schweren Zerstörungen in den Wirren 69 / 70 nCh hinterließen auch in Wiesbaden deutliche Spuren: Die Lagersiedlung wurde im Verlauf der Kämpfe vernichtet. Die Funde lassen darauf schließen, daß Wiesbaden seit der Zeit des Augustus militärisch besetzt war. Es ist anzunehmen, daß im Laufe der Reorganisationsmaßnahmen des Kaisers Vespasian auch hier wieder ein Kastell errichtet wurde; vielleicht ist es aber auch mit dem zeitlich nicht näher einzuordnenden Lager C identisch.

Als letztes Kastell in Wiesbaden wurde in den achtziger Jahren wohl im Anschluß an den Chattenkrieg Domitians auf dem Heidenberg ein von Gräben umwehrtes Steinkastell von 2,2 Hektar Fläche errichtet. Durch Grabungen, die sich allerdings auf die Hauptgebäude konzentrierten, konnte ein großer Teil der Innenbebauung untersucht werden, so vor allem das Stabsgebäude (principia), das Kommandantenhaus (praetorium), das Lazarett (valetudinarium) und zwei Speicher (horrea).

In spättrajanischer oder frühhadrianischer Zeit - spätestens 122 nCh - wurde das Kastell im Zuge der Vorverlegung der Auxiliartruppen an den Limes geräumt, das Areal aber nicht in die Zivilsiedlung einbezogen. Man kann vermuten, daß es auch weiter der militärischen Verwaltung unterstellt blieb, da das Kommandantenhaus zu einem allerdings nicht bekannten Zeitpunkt in eine Truppenwerkstatt (fabrica) umgebaut wurde.

 

Die Kastelle waren jedoch nicht auf den Heidenberg beschränkt. In der Friedrichstraße konnte ein Nord - Süd verlaufender Spitzgraben festgestellt werden, der zu einem Lager gehörte, das sich wahrscheinlich in westlicher Richtung erstreckte. Weiter vermutete Ritterling ein Lager im Bereich der Dotzheimer Straße, da dort zahlreiches Fundmaterial der frühen Kaiserzeit, darunter militärische Ausrüstungsgegenstände, zutage gekommen war, eine Annahme, die sich bisher jedoch nicht hat erhärten läßt.

Einige Grabsteine vorflavischer Zeit - die ältesten rechts des Rheins - geben Hinweise auf die in den Erdkastellen stationierten Einheiten. Die Inschriften nennen die Namen dreier während des aktiven Dienstes gestorbener Auxiliarsoldaten. Sie gehörten der Cohors V Dalmata­rum (CIL XIII 7581), der Cohors I Pannoniorum (CIL XIII 7582) und der Cohors III Thracum (CIL XIII 7585) an. In welcher Reihenfolge und für welche Zeitdauer diese Verbände hier lagen, ist ungeklärt.

Die erste Besatzung des Steinkastells war wohl die Cohors II Raetorum. Dafür sprechen die Grabsteine zweier Angehöriger dieser Truppe, die während ihrer Dienstzeit verstarben (CIL XIII 7583. 7584). Für einen weiteren Soldaten dieser Einheit wurde ein aus dem Jahr 116 nCh datiertes Militärdiplom ausgestellt (CIL XVI 62), das im Bereich des Steinkastells gefunden wurde. Als die 2. Räterkohorte etwa um 90 nCh nach Butzbach verlegt wurde, folgte ihr die Cohors III Dalmatarum, wie Ziegel, die Stempel dieser Truppe tragen, zeigen. Diese Einheit blieb hier wahrscheinlich nur für kurze Zeit in Garnison.

 

Thermen:

Für die frühe militärische Besetzung Wiesbadens war wohl nicht allein die Überwachung der Taunusübergänge und der Schutz des Mainzer Brückenkopfes ausschlaggebend, auch die Nutzung der Thermalquellen dürfte von Bedeutung gewesen sein. Wie sich aus frühen Ziegelstempeln der 22. Legion erschließen läßt, existierten in Stein erbaute Badegebäude bereits um die Mitte des 1. Jahrhunderts nCh. Plinius spricht in seiner Naturalis historia (31,20), die im Jahr 77 nCh vollendet wurde, von den heißen Quellen. Der Dichter Martial (Ep. 14,27) erwähnt die Verwendung des Wiesbadener Quellsinters als Haarfärbemittel.

Von den drei bekannten Thermenkomplexen ist das Bad am Kranzplatz, welches das Wasser des Kochbrunnens nutzte, am besten erforscht. Beim Bau wurden Ziegel mit Stempeln der Legionen I, XIV und XXI aus domitianischer Zeit verwendet. Charakteristisch für dieses Gebäude sind die beiden großen Becken, die ähnlich auch bei anderen Heilthermen begegnen, und von denen eines an den Seitenwänden Einzelzellen mit Wannen aufweist.

Im Zusammenhang mit diesen Thermen steht wohl auch ein mehrräumiger großer Bau in unmittelbarer Nachbarschaft, der als Herberge (mansio) gedeutet wird. Auch die Adlerquelle zwischen Langgasse und Coulinstraße wurde genutzt. In ihrer Nachbarschaft wurden die Fundamente eines Rundbaus von etwa 14 Meter Durchmesser ausgegraben, dessen Innenraum einen auf 5 parallelen Mauerzügen ruhenden Estrich aufwies. Möglicherweise handelt es sich um ein Schwitzbad (laconicum). Drei anschließende langgestreckte rechteckige Gebäude und ein kleiner Bau mit einer Apsis dürften zu dem gleichen Baukomplex gehören.

Nur sehr wenig ist über die Thermen im Bereich der Schützenhofstraße bekannt (östlich der Coulinstraße). Eine bleierne Rohrleitung mit Stempeln der Legio XIV Gemina Martia Victrix führte das Wasser aus einer gefaßten Quelle zu dem Badegebäude, über das nur spärliche Angaben vorliegen, die lediglich erkennen lassen, daß es sich nicht um ein Kastellbad des üblichen Schemas gehandelt haben kann. Diese Thermenanlagen waren vom Heer für den Gebrauch der Truppe errichtet worden; Wiesbaden wurde das Kurbad der Mainzer Legionen und der ihr unterstellten Verbände.

Grabsteine von Soldaten, deren Einheiten niemals in Wiesbaden stationiert waren, so der Reiter der Ala Scubulorum und der Ala I Flavia (CIL XIII 7580. 7579) zeigen dies. Das eindrucksvollste Zeugnis des Kurbetriebes aber ist eine Inschrift, in der die Gemahlin des Mainzer Legionslegaten T. Porcius Rufianus als Dank für die Heilung ihrer Tochter der Diana Mattiaca eine Statue widmete (CIL XIII 7565).

 

Zivilsiedlung;
Im Schutz der Kastelle entwickelte sich eine Zivilsiedlung, deren Umfang sich aus zahlreichen Aufschlüssen in der heutigen Stadt in groben Umrissen erschließen läßt. Die Bebauungs­grenze verlief etwa längs der Schwalbacher Straße, beginnend in Höhe der Faul­brunnenstraße, des Schulbergs und Hirschgrabens bis zum Kochbrunnen; die Grenze zog von dort nach Südosten bis zur Mühlgasse; der südliche Abschluß verlief südlich der Maurergasse. Die Siedlung hatte keinen Bezug auf die vom Kastell ausgehenden Straßen, vielmehr scheint die Hauptachse etwa auf der Linie Mauritiusplatz – Langgasse verlaufen zu sein. Entscheidende Grundlage für die Entwicklung des Ortes waren die Thermen, denen der Platz auch seinen Namen „Aquae Mattiacae“ oder „Aquae Mattiacorum“ verdankte.

Vor 122 nCh, dem Datum eines in Kastel gefundenen Meilensteins, dessen Entfernungsangabe sich auf Wiesbaden bezieht (CIL XIII 9124, vgl. 9125), wurde die Ansiedlung Vorort der civitas Mattiacorum. Wie eine Weiheinschrift aus dem Jahr 194 nCh erkennen läßt, auf der die vicani Aquenses erwähnt werden (CIL XIII 7566a), hatte der Ort selbst die Rechtsstellung eines Vicus.

Die Gräberfelder, die wenig erforscht wurden, liegen am Rande der Siedlung im Bereich der vom Steinkastell nach Süden, Osten und Südosten ausgehenden Fernstraßen.

 

Abgesehen von der Bedeutung, die Wiesbaden als Kurort und Verwaltungszentrum zukam, gibt es kaum Hinweise auf das wirtschaftliche Leben. Erwähnt wird auf einer Inschrift von 212 nCh eine schola dernegotiatores civitatis Mattiacorum, ein Versammlungshaus der Kaufmannschaft (CIL XIII 7587). Eine weitere Inschrift nennt einen negotiator artiscretariae, einen Händler mit keramischen Erzeugnissen (CIL XIII 7588).

Einziger durch Grabungen nachgewiesener Kultbau ist ein Mithräum, das 1902 am Ost-Hang des Schulbergs in der Coulinstraße freigelegt wurde. Das teilweise in den Hang gebaute Heiligtum besaß eine dem Kultraum vorgelagerte Halle, von der sieben Stufen zu dem höhlenartigen Kultraum (spelaeum) mit vertieftem Mittelgang führte, der seitlich von Bänken begleitet wurde . Eine Grube im Mittelgang war zur Aufnahme des Opferblutes bestimmt. Eine seitlich von Nischen begleitete Bank trug das Kultbild, von dem jedoch nichts erhalten ist. Außergewöhnlich ist ein kleiner, von außen zugänglicher Raum hinter dem Kultbild. Das auf einem Privatgrundstück zu Beginn des 3. Jahrhunderts erbaute Heiligtum wurde um 360 beim Bau der Heidenmauer abgerissen.

Auch Jupiter Dolichenus besaß ein Heiligtum, das, wie eine Inschrift lehrt (CIL XIII 7566a), im Jahr 194 von den vicani Aquenses, den Bürgern Wiesbadens, wieder instand gesetzt wurde. Ebenfalls inschriftlich erschließen läßt sich ein Tempel der keltischen Göttin Sirona (CIL XIII 7570). Auf einen Kultbau weisen auch Kapitelle mit Götterdarstellungen, die in der Langgasse und als Spolien in der Heidenmauer gefunden wurden. Auf Weiheinschriften ist die Verehrung des Apollo Toutiorix (CIL XIII 7564) und der Diana Mattiaca (CIL XIII 7565) bezeugt. Der Kaiserkult, der für den Vorort einer Civitas zu erwarten ist, wird durch eine aus Kastel stammende Inschrift eines sevir Augustalis belegt (CIL XIII 7271).

Die Entwicklung der Siedlung hatte, wie ein Zerstörungshorizont zeigt, bei den Wirren 69 / 70 einen erheblichen Rückschlag erlitten. Schwere Zerstörungen trafen den Vicus auch im Verlauf jener Kämpfe, die um das Jahr 260 zum endgültigen Fall des Limes führten: Starke Brandschichten dieser Zeit wurden an mehreren Stellen der Stadt angetroffen. Das Ende bedeutete es jedoch noch nicht, wenn auch zunächst vielleicht eine Unterbrechung eintrat, die bis etwa 280 / 290 gedauert haben könnte. Münzfunde, darunter einige Horte, beweisen ein Fortleben der Siedlung bis in das beginnende 4. Jahrhundert, die sich nun allerdings auf den südlichen Teil des früheren Vicus zwischen Friedrichstraße und Mauritiusplatz beschränkte.

 

Museum:

Friedrich - Ebert - Allee 2, Kreuzung Rheinstraße. Öffnungszeiten: Di – So 10 – 16, Di auch 17 – 21 Uhr. Traditionsreichster Teil des in drei Abteilungen gegliederten Museums ist die „Sammlung Nassauischer Altertümer“. Bereits 1825 konnte das Museum eröffnet werden, das auf Initiative des seit 1812 bestehenden „Vereins für Nassauische Altertumskunde“ gegründet wurde. In den folgenden Jahrzehnten nahm die Sammlung beträchtlich an Umfang zu, teils durch Ausgrabungen in Wiesbaden und seiner weiteren Umgebung, teils durch Ankäufe. Auf diesen Wegen gelangten zahlreiche Fundstücke aus Frankfurt - Heddernheim und Mainz hierher. Im letzten Drittel des 19. und im 1. Viertel dieses Jahrhunderts leiteten zwei bedeutende Gelehrte das Museum, deren Namen untrennbar mit der römischen Archäologie unseres Raumes verbunden sind: Karl August von Cohausen und Emil Ritterling. Nach dem 2. Weltkrieg waren die Ausstellungsräume über lange Zeit nicht verfügbar und erst seit 1955 gelang es dem damaligen Direktor, H. Schoppa, in Zusammenarbeit mit dem jetzigen Leiter, H.-E. Mandera, die Schausammlung in der nun bestehenden übersichtlichen Form erneut aufzubauen.

 

Nördlich von Wiesbaden liegen mehrere Gutshöfe, einer davon in ungewöhnlich hoher Lage auf dem Neroberg und noch höher ein kleinerer landwirtschaftlicher Betrieb, wohl mit Vieh- und Milchwirtschaft. Ein weiterer Gutshof liegt südwestlich des Bahnhofs Wiesbaden - Ost.

Gegenüber dem Haupteingang der Kalle AG in der Rheingaustraße stand ein Wehrturm (burgus) mit 3,70 Meter breiter Fundamentmauer und seitlichen Zungenmauern, die zum Fluß führten und die sichere Anlandung von Schiffen ermöglichten und dem römischen Heer jederzeit den Zugang zum rechtsrheinischen Gebiet ermöglichte.

 

Erforschung von Militär und Ackerbau:

Im Jahr 2009 befaßten sich sechs Forscher unter Leitung von Vera Rupp mit dem Thema „Militär und Ackerbau“. Erforscht wird unter anderem die römische Militärgeschichte des Wiesbadener Raumes. Schon vor einiger Zeit wurden zwischen Wiesbaden, Hofheim und dem Main Spuren im Ackergelände gesichtet, die sich auf Luftbildern als Umrisse von römischen Marsch- oder Übungslagern deuten lassen. Eine exakte zeitliche Bestimmung dieser Lager war bislang nicht möglich. Bisherige Studien zur römischen Periode im Wiesbadener Umland lassen darauf schließen, daß es sich um frührömische Übungslager des 1. Jahrhunderts nach Christus oder Befestigungen der Mainzer Legionsbesatzung handeln könnte.

Auch die römische Landwirtschaft steht im Fokus der Untersuchung. „Man wollte herausfinden, ob die Landwirtschaft in der Region Mainz / Wiesbaden schon früher als in anderen römischen Teilen entwickelt war. Die Doktorandin Anne Wieland richtet einen besonderen Blick auf die ländliche Besiedlung der römischen Gebietskörperschaft „civitas Mattiacorum“, wie die Region zu antiken Zeiten hieß. Hierbei geht Wieland über 100 Fundstellen von römischen Landgütern nach. Daneben interessiert die Forscher, welche Bedeutung der Main in der Antike als Transportweg hatte. Derzeit suchen die Forscher nach Hinweisen auf alte Hafenanlagen an den Ufern.

 

Römerlager in Mainz - Kastel:                                                                               

Im Jahr 2009 gruben der Archäologe Claus Bergmann und seine Mitarbeiter vom hessischen Amt für Denkmalpflege im Wiesbadener Stadtteil Mainz - Kastel. Ihre Ausgrabungsstätte ist so groß wie ein Fußballfeld. Die Archäologen sind sich sicher, mitten in einem römischen Militärlager aus dem 2. Jahrhundert nach Christus zu stehen. Lediglich verschiedene Farben der freigelegten Lehm- und Sandschichten zeichnen ein Bild der vergangenen zweitausend Jahre.

Teilweise sind die dunklen Ränder des Grabens messerscharf zu erkennen. Rund 180.000 Euro kostet das Projekt. Die Ausgrabungsstelle soll erst dokumentiert und dann wieder zugeschüttet werden, bevor sich dort ein landwirtschaftlicher Betrieb ansiedelt.

Bei der 60 mal 75 Meter großen Anlage mit vier Toren und vier Ecktürmen handelt sich aller Wahrscheinlichkeit nach um ein Kastell, das zwischen den Jahren 150 und 200 nach Christus entstand. Es gehörte zur Vorfeldverteidigung des großen Legionslagers auf der anderen Rheinseite in Mainz. Eingerahmt wurde das „Castellum Romanum“ von einem etwa zwei Meter tiefen Spitzgraben. Die Wissenschaftler gehen davon aus, daß das Lager von den römischen Soldaten nur für kurze Zeit - maximal drei Monate - genutzt wurde. Es ist zu einer Zeit entstanden, in der es friedlich zuging.

Die Lage im damaligen Hinterland abseits des Rheins spreche dafür, daß es lediglich als Übungslager gedient habe. Die Anordnung der Tore lasse darauf schließen, daß römische Legionäre aus dem besetzten Großbritannien dort stationiert waren. Etwa 120 Soldaten haben hier wahrscheinlich für den Ernstfall geprobt.

Neben den Überresten der damals bis zu sieben Meter hohen Türme entdeckten die Arbeiter im Erdboden auch steinerne Schleudergeschosse und römische Scherben. Alles was wertvoll war, haben die Soldaten nach ihrem Abzug mitgenommen. Kurz nach der Auflösung des Lagers ist alles wieder zugeschüttet worden. Die Grabung ist der Vorläufer der umfangreichen Erkundung eines römischen Gutshofs, der unter einem angrenzenden Gewerbegebiet versteckt liegt.

Kastel ist der einzige Ort in Hessen, von dem mit Sicherheit feststeht, daß er noch heute seinen römischen Namen trägt. Stets war das römische „Castellum Mattiacorum“ auf den Rheinübergang bei Mainz bezogen. Dieser geht auf die Zeit des Kaisers Augustus zurück. Als Drusus 10 vCh in diesem Raum die Feldzüge zur Eroberung Germaniens eröffnete, bauten die Mainzer Legionen eine Schiffsbrücke, und zwar ungefähr an der Stelle der späteren römischen Steinbrücke. Dieser rechtsrheinische Brückenkopf ist gewiß nicht ohne militärischen Schutz geblieben. Das älteste Kastell dürfte aus dieser Zeit stammen. Es muß ein Holzbau gewesen sein, von dem aber bisher keine Spuren beobachtet worden sind. Nur wenige Münz- und Keramikfunde deuten auf seine Existenz hin. Sicherlich ist das Brückenkopfkastell während des 1. Jahrhundert nCh aufrechterhalten und mehrmals umgebaut worden, es wurde wohl auch im Vierkaiserjahr 69 zerstört.

Dank der Ausgrabung von J. Grimm 1881 kennt man ein kleines Steinkastell von 71 mal 98 Meter (0,7 Hektar). Es ist wohl gleichzeitig mit der römischen Steinbrücke um 71 nCh entstanden. Seine Besatzung ist unbekannt; sie hatte die Stärke der kleinen Numeri am Limes. Das Kastell liegt genau in der Brückenachse. Auch setzt die wichtigste römische Verkehrsverbindung nach Nordosten in die Wetterau, die Steinerne Straße oder Elisabethenstraße, die Brücken- und Kastellachse noch über zwei Kilometer fort.

Neben dem Steinkastell entstand sogleich ein Lagerdorf (vicus), und zwar unmittelbar nordöstlich an der Steinernen Straße.

Dieser Ortsteil erhielt später, als der Vicus größer geworden war, die Bezeichnung vicus vetus (Altstadt). Aus seinem Bereich kennt man Handwerksbetriebe (Töpferöfen). Da der Vicus an einer sehr verkehrsgünstigen Stelle lag, wuchs er während der friedlichen Jahrzehnte des 2. Jahrhundt seine ursprünglichen Grenzen. Er bekam einen prächtigen, großen Thermenbau, der an den Aquädukt des Vicus angeschlossen war. Dieser führte das Wasser von Norden von der Gegend des Ochsenbrunnens am Hang des Petersbergs, in den Vicus.

Nordwestlich vom Vicus entstand in Richtung Wiesbaden ein neuer Ortsteil, der nach einer rührigen, dort ansässigen Kaufmannsfamilie, den Melonii, als „vicus novus Meloniorum“ bezeichnet wurde; eine Stifterinschrift dieser Familie ist erhalten.

Wie lange das kleine Steinkastell bestehen blieb, ist ungewiß. Vielleicht ist es schon Anfang des 2. Jahrhunderts aufgegeben worden, als die Civitas Mattiacorum entstand, in deren Gebiet der Vicus lag. Der während des 2. Jahrhunderets unbefestigte Vicus ist wohl zu Beginn des 3. Jahrhunderts ummauert worden. Kurze Stücke der Wehrmauer sind beobachtet worden, eines davon im Zuge der heutigen Rathausstraße. Aus der 1. Hälfte des 3. Jahrhunderts stammen einige eigentümliche Funde. An zwei Stellen des Vicus fand man zahlreiche Gußformen zum Fälschen von Denaren (Silbermünzen). Sie sind ein Zeugnis der schweren Krise des Römerreichs in dieser Zeit.

Aus dem Vicus gibt es einige bemerkenswerte Inschriften. Eine von ihnen bezieht sich auf einen Tempel, der an der „echten Straße nach Nida“ (platea dextra euntibus Nidam) lag. Aus einem Heiligtum der Mater Magna, das Mons Vaticanus genannt wird, kennt man zwei Inschriften von Anhängern dieses orientalischen Kults, die sich als „hastiferi sive pastores“ (Lanzenträger oder auch Hirten) bezeichnen und wohl bestimmte Aufgaben im Kult wahrnahmen.

Schließlich seien zwei Meilensteine erwähnt, die 1896 bei Kanalisationsarbeiten vor dem Haus Große Kirchstraße 4 noch aufrecht stehend neben der römischen Straße gefunden worden sind. Sie geben die Entfernung nach Wiesbaden mit 6 Meilen (9 Kilometer) an. Wie alle rechtsrheinischen Römerorte, so ist auch Kastel Mitte des 3. Jahrhunderts von den Germanen zerstört worden. Um 300 nCh erhielt Castellum Mattiacorum aber noch einmal seine alte Bedeutung als Brückenkopfbefestigung. Die römische Rheinbrücke ist damals wiederhergestellt worden und benötigte am rechten Rheinufer eine militärische Sicherung. Das Bleimedaillon von Lyon (um 300 nCh) zeigt jedenfalls einen römischen Wehrbau mit der Inschrift „CASTEL“. Er ist vielleicht mit der schon erwähnten Vicusmauer identisch, die in dieser Zeit erneuert und verstärkt worden sein mag. Das weitere Schicksal der Brückenkopffestung ist unbekannt. Aus ihrem Bereich stammt ein Schatzfund aus dem Anfang des 5. Jahrhundert, der späteste Römerfund Hessens.

 

Rheinbrücke:

Die Rheinbrücke zwischen Mainz und Kastel gehörte zu den größten Leistungen der römischen Ingenieurtechnik unseres Raumes. Sie lief rund 30 Meter oberhalb der heutigen Brücke über den Strom auf das Steiukastell zu, das unter der Kirche und südöstlich davon stand. Im 19. Jahrhundert waren die Stümpfe der meisten Steinpfeiler noch vorhanden. Seit 1853 wurden sie nach und nach beseitigt, weil sie die Schiffahrt gefährdeten; dabei kamen zahlreiche römische Fundstücke zutage. Als 1880 – 1882 die Fahrrinnne gründlich bereinigt wurde, verschwanden auch die letzten noch vorhandenen Pfeiler. Allerdings hat man sie dabei recht genau aufgemessen und untersucht. Die Brücke war rund 600 Meter lang und besaß mindestens 21 Steinpfeiler, von denen die 9 inmitten des Stroms gelegenen am besten erhalten waren. Von 5 weiteren Pfeilern hat man Spuren beobachtet. Es zeigte sich, daß die Abstände der Pfeiler nicht gleichmäßig waren. Der größte Abstand (über 34 Meter, von Achse zu Achse gemessen) befand sich in der Strommitte. Zum Ufer hin nahmen die Abstände ab, bis zu 21–24 Meter.

Die Pfeiler waren im Grundriß fünfeckig, 18 Meter lang und 7 Meter breit. Der rechteckige Teil des Pfeilers, der die Fahrbahn trug, war 12 Meter lang. Als Fundament für die Pfeiler diente ein Rost aus mächtigen, eingerammten Eichenpfählen zusammen mit einem Kastenwerk aus horizontalen Balken, das mit Steinen und Ton vollgestampft war. Über diesem Fundament erhob sich das Quaderwerk der Steinpfeiler. Vom Oberbau der Brücke fand man nichts. Wegen der erheblichen freien Spannweiten (in der Brückenmitte bis 27 Meter) ist mit einer Holzkonstruktion zu rechnen. Sie wird ähnlich ausgesehen haben wie bei der berühmten Donaubrücke, die der Architekt Apollodor von Damaskus auf Anordnung Kaiser Trajans erbaute. Von dieser Brücke besitzen wir ein antikes Relief auf der Trajanssäule in Rom. Die Mainzer Brücke ist in stark abgekürzter Form auf einem Bleimedaillon abgebildet, das bei Lyon gefunden worden ist. Auch hier ist nicht eine Steinbogenbrücke dargestellt, man erkennt vielmehr eine hölzerne Fahrbahn über Steinpfeilern.

Der Bau der Mainzer Brücke wird durch Inschriften der Legion XIV gemina Martia victrix, die an den Arbeiten beteiligt war, und aufgrund der Jahrringanalyse der Pfahlgründungen in die Zeit Kaiser Vespasians datiert. Er erfolgte wohl schon um 71 nCh. Sicherlich steht er im Zusammenhang mit der erheblichen Vergrößerung des rechtsrheinischen Machtbereichs der Römer unter diesem Kaiser.

Der festen Brücke ging zweifellos eine römische Schiffsbrücke voran, die seit der Zeit des Kaisers Augustus bestanden haben wird. Es gibt einige Funde aus der Umgebung der späteren Brücke, die sich auf die ältere Schiffsbrücke beziehen lassen.

Die Abmessungen der Pfeiler lassen auf eine Fahrbahnbreite von rund 12 Meter schließen. Damit war die Brücke für den damaligen Verkehr vierspurig ausgebaut. Sie erlaubte den raschen Übergang der zwei Legionen - rund 12.000 Mann - die unter Kaiser Vespasian im Mainzer Legionslager stationiert waren, zusammen mit allem fahrbaren Gerät. In den später folgenden Jahrzehnten des Friedens verband sie die rechtsrheinischen Besitzungen Roms mit der Provinzhauptstadt und erleichterte so den Verkehr und die Wirtschaft in diesem Teil der Provinz.

Mehr als einmal mußte die Brücke in der langen Spanne ihres Bestehens repariert werden. Darauf deuten die nachträglich in die Pfahlgründungen eingeschlagenen Pfähle sowie spätere Inschriften hin. Winterlicher Eisgang, aber auch kriegerische Ereignisse der späteren Zeit werden die Reparaturen nötig gemacht haben. So wird die hölzerne Fahrbahn beim Fall des Limes um 260 zerstört worden sein, doch war sie um 330 nCh wieder intakt, wie das in dieser Zeit gefertigte Medaillon von Lyon zeigt.

Noch um 406 nCh scheint die Brücke benutzbar gewesen zu sein, nachdem sie Mitte des 4. Jahrhundert wieder zerstört worden war. Im Jahre 406 stürmten Vandalen, Alanen und Sueben über die pons ingeniosa, jedenfalls berichtet das die Chronik des Fredegar (II 60). Bald darauf wird sie zerstört worden sein oder wegen Vernachlässigung und aus Mangel an technischen Kenntnissen verfallen sein.

Unter Karl dem Großen erlebte sie eine kurze Wiederherstellung. Die steinernen Pfeiler müssen damals noch gut instand gewesen sein. Als nach zehnjähriger Bauzeit die Pfeiler und die hölzerne Fahrbahn wiederhergerichtet waren, vernichtete im Mai 813 ein gewaltiger Brand in wenigen Stunden das Werk. Es wird der Verdacht überliefert, die brotlos gewordenen Fährleute hätten Feuer gelegt. Mehr als 1000 Jahre dauerte es, bis bei Mainz wieder eine feste Rheinbrücke entstand

 

Triumphbogen:

„... Ein dritter Bogen, und zwar der größte von allen, solle errichtet werden am Rhein in der Umgebung jenes Grabmals, das für Drusus, den Bruder unseres Princeps Tiberius Caesar Augustus, das Heer in seiner Trauer begonnen und später mit Erlaubnis des Gottes Augustus vollendet habe, und auf diesem Bogen solle eine Statue des Germanicus Caesar aufgestellt werden, wie er die den Germanen wieder abgenommenen Feldzeichen [des Varus] empfange ...“.

Die Errichtung dieses Bogens gehörte zu den Ehrungen, die der römische Senat für Ger­ma­ni­cus beschloß, nachdem dieser im Jahre 19 nCh unerwartet verstorben war. Als Sohn des römischen Feldherrn Drusus und zugleich Adoptivsohn und designierter Nachfolger des Kaisers Tiberius hatte er in drei erfolgreichen Feldzügen gegen die Germanen in den Jahren 14 - 16 nCh die schmachvolle Niederlage des Varus (9 nCh ) gerächt und im Jahre 17 in Rom einen Triumph „de Germanis“ abgehalten.

Von den drei Ehrenbögen, die der Senat beschloß, sollte einer in Rom selbst, der zweite in Syrien, wo Germanicus verstorben war, und der dritte „apud ripam Rheni“ am Rhein in der Umgebung des Ortes, in dem auch das Drususmonument stand, also bei Mainz errichtet werden.

Als man im September 1986 in der Großen Kirchenstraße 5 - 13 im Wiesbadener Stadtteil Mainz - Kastel bei Ausschachtungsarbeiten für einen Neubau auf ein mächtiges Fundament stieß, wurden Bedeutung und Deutung des nördlich der Alpen einmaligen Befundes den Archäologen des Landesamtes für Denkmalpflege Hessen und den von ihnen herangezogenen Fachleuten aus ganz Deutschland schnell klar. Es mußte sich um die Überreste eines römischen Ehrenbogens mit drei Durchgängen handeln.

Nach der Freilegung der in der Baugrube des Hauses liegenden zwei Drittel des Monumentes konnte auch das letzte, unter der Straße liegende Drittel ausgegraben werden. Der Bauherr wollte sogar noch auf das Erdgeschoß seines Hauses verzichten, um eine hallenartige Überbauung mit Sicht auf das Fundament von der Straße aus zu ermöglichen. Es kam aber im Januar 1987 nur zu einer kosten sparenden Lösung mit einem relativ niedrigen Kellerraum unter Straße und Haus, in dem das vollständig freigelegte Fundament nun über einen eigenen Zugang von der Straße her zugänglich ist.

Das Bauwerk war ungewöhnlich solide fundamentiert. Der Bauvorgang war etwa folgender: Auf eine tief liegende natürliche Kiesschicht wurde in eine unbefestigte Baugrube eine ausgleichende Platte aus opus caementitium (römischer Zement) gelegt, die eine Mächtigkeit bis zu 2,50 Meter hat. Mit 20,60 mal 12,60 Metern ist sie erheblich größer als das eigentliche Fundament. Auf diese Platte legte man einen rechteckigen, ungefähr 18 Meter langen und 9 Meter breiten Rahmen aus 0,55 Meter hohen Quadern aus rotem Sandstein, die untereinander mit Eisenklammern in Bleiverguß verbunden waren. Der Rahmen wurde mit opus caementitium gefüllt und waagerecht abgeglichen. Auf der Oberseite der Quader wurde mit ungefähr 0,25 m Rücksprung hinter den Außenkanten mit einer Versatzlinie die Position der zweiten Quaderlage markiert. Diese Linie bildet ein Rechteck von 60 mal 30 römischen Fuß und stellt das Grundmaß des Bauwerks dar. Entlang der Linie legte man einen zweiten ebenso hohen, verklammerten Quaderrahmen mit zwei Querreihen.

Auf der zweiten Lage findet sich wieder eine rechteckige Versatzlinie für den dritten, gleich hohen Quaderrahmen, diesmal aus weißem Sandstein, mit wohl drei Querriegeln und verklammert. Dieser wurde mit etwas dünneren großen, nicht verklammerten Platten belegt, die das Laufniveau in den Durchgängen und vor den Langseiten darstellen.

Auf einer Reihe von Quadern in allen drei Lagen fanden sich Baumarken der 14. Legion. Diese liefern einen ersten Hinweis auf die Entstehungszeit des Ehrenbogens, denn die legio XIIII Gemina war seit 13 vCh. bis 43 nCh und noch einmal, mit dem zusätzlichen Beinamen „Martia Victrix“ geehrt, von 70 nCh. bis 92 / 102 nCh. in Mainz stationiert. Innerhalb dieser beiden Zeiträume muß der Bogen entstanden sein, wahrscheinlich ist eine Zeit um 20 nCh .Vom aufgehenden Mauerwerk fanden sich nur Fragmente der aus Kalkstein gearbeiteten Bau - Ornamentik und Reliefdekoration, die zumeist in kleine und kleinste Teile zerschlagen war. Insgesamt betrug die Breite des Bauwerks etwa 17 Meter, seine Höhe ungefähr 13 Meter oder etwas darüber.

Der Mitteldurchgang war etwa 5 Meter breit und 8 Meter hoch, die seitlichen Durchgänge etwa 2 Meter breit und wohl nicht gewölbt, sondern flach eingedeckt. Der Bogen war vermutlich bekrönt mit einer großformatigen Figurengruppe aus Metall, vielleicht Ger­manicus zu Pferd mit Statuen von Germanen zu beiden Seiten, die ihrem Besieger die Adler des Varus reichen.

Die museale Gestaltung des Kellerraumes mit dem Fundament des Ehrenbogens und die Einbeziehung des Straßenraumes mit in der Pflasterung angegebenen römischen Fundamenten lassen hier an einem herausragenden Beispiel Geschichte lebendig werden.

 

 

 

Die Umgebung Wiesbadens

 

Biebrich - Frauenstein - Freudenberg - Schierstein

Am Autobahnkreuz Wiesbaden-Erbenheim fährt man auf der B 45 in Richtung Süden über das Kreuz Mainz-Kastel bis kurz vor die Theodor - Heuss - Brücke. Dort biegt man rechts ab Richtung Innenstadt, biegt aber dann links ab nach Amöneburg. In der Biebericher Straße (Durchgangsstraße) steht ein prunkvolles Denkmal für Adolph von Nassau. Er thront in Form einer Bronzestatue mit geschwellter Brust, den Säbel fest in der Hand. Dann kommt man nach Biebrich.

 

Biebrich:

Westlich vom Schloß in der Rheingaustraße gegenüber dem Haupteingang der Kalle AG (Uferstraße) stand ein Wehrturm (burgus) mit 3,70 Meter breiter Fundamentmauer und seitlichen Zungenmauern, die zum Fluß führten und die sichere Anlandung von Schiffen ermöglichten und dem römischen Heer jederzeit den Zugang zum rechtsrheinischen Gebiet ermöglichte.

Durch die B 42 vom Flußlauf getrennt liegt der imposante weiß-rote Barockbau des Schlosses Biebrich leicht erhöht über dem Rhein. Die hufeisenförmige Anlage mit rundem Mittelbau entstand in den Jahren 1700 bis 1750, ab 1744 bis 1866 hielten hier die Herzöge von Nassau Hof. Heute wird das Schloß - durchaus angemessen - als Repräsentationsbau für den hessischen Ministerpräsidenten und als Sitz des hessischen Landesamtes für Denkmalpflege genutzt. Der englisch angelegte Schloßpark mit altem Baumbestand steht Besuchern offen. Top-Ereignis im Park ist das Internationale Reit- und Fahrturnier an Pfingsten.

Wer kennt sie nicht, die wirkungsvolle, dem Rhein zugewandte Sandsteinfassade des Biebricher Schlosses, einst Residenz der Fürsten von Nassau - Usingen, der späteren Herzöge von Nassau? Als Georg August Samuel als 22-Jähriger im Jahr 1677 den Thron des kleinen Fürstentums Nassau - Idstein bestieg, tat er, was alle Fürsten gerne taten: Er plante den Bau eines ihm zur Ehre gereichenden neuen Schlosses. In Biebrich, das damals noch nicht zu Wiesbaden gehörte, sollte es stehen, erste Pläne dazu gab es schon vor seinem Amtsantritt.

Die gefielen dem neuen Herrscher aber nicht. Der deutsche Barock stand in seiner Hochblüte, mit aller Pracht und Herrlichkeit. Zum damals modischen Stil paßten am Ende des kriegerischen 17. Jahrhunderts aber nicht mehr die kleinen Butzenscheiben, mit denen das Schloß noch geplant war. Und eine Orangerie, die der hohe Herr als Kind seiner Zeit natürlich auch haben wollte, wäre mit Butzenscheiben schon gar nicht möglich gewesen. Also bestand August Samuel darauf, daß er große, einteilige Fenster für seine Bauten brauchte.

Und schon hatte er ein faszinierendes Problem: In seinem durch die vielen nassauischen Teilungen winzigen Fürstentum gab es keine Glasmanufaktur, die ihm die großen Scheiben herstellen konnte. Sie über die Grenzen hinweg zu importieren war wegen der Zölle nicht nur teuer, sondern wegen des zerbrechlichen Guts natürlich auch gefährlich.

Wie der Nassauer dieses Problem mit einer eigenen Glashütte beheben wollte, beschreibt der Historiker, Glasforscher und frühere Direktor des Spessart - Museums in Lohr am Main, Werner Loibl, in einem Beitrag zum 113. Band der Nassauischen Annalen. Lange Zeit war in Vergessenheit geraten, daß es Anfang des 18. Jahrhunderts überhaupt eine Glashütte in Wiesbaden gegeben hatte. Erst 1995 wurden im Fürstlich Ysenburgschen Archiv zu Büdingen Dokumente und Unterlagen entdeckt, deren Auswertung allerdings mehr Fragen aufwarfen als klärten, wie Loibl in seinem fast 50 Seiten starken Aufsatz schreibt.

Er hat ein wenig Licht in das unbekannte Stück Wiesbadener Stadtgeschichte gebracht. Danach wurde die Glashütte auf dem Gelände des 1560 aufgehobenen Klarissinenklosters im heutigen Wiesbadener Stadtteil Klarenthal errichtet, offensichtlich fast ausschließlich für die Bauten des nassau - idsteinschen Hofes .

Unerfahren, wie die Nassauer nun einmal mit der Produktion von Glas waren, arbeitete die Glashütte in der Zeit ihrer kurzen Existenz von 1706 bis 1723 allerdings nie auch nur halbwegs zufriedenstellend: Zahlreiche Pächter gaben sich hier die Klinke in die Hand, der erste Brennofen war schon nach sechs Wochen defekt, die Gläser waren teilweise so schlecht, daß sie für den Verkauf nicht in Frage kamen. Entsprechend überlebte die Anlage ihren Förderer und größten Auftraggeber nur um zwei Jahre: Im  Jahre 1721 starb Georg August Samuel, 1723 wurde die Glashütte als unrühmliches Kapitel der fürstlichen Regierungszeit nach einem Brand geschlossen. Auch der Forscher Loibl konnte heute kaum mehr nachvollziehen, wieviel Geld das Haus Nassau - Idstein in den Versuch gesteckt hat, bei der Glasproduktion unabhängig von Importen zu werden.

Gedacht war die Glashütte im Übrigen ursprünglich auch für den Bau eines Spiegelkabinetts im Biebricher Schloß. Wirklich hochwertige Spiegel wurden hier aber wohl gar nicht produziert, weil es dem Fürsten nicht gelang, Spiegelmacher nach Wiesbaden zu locken. Das Biebricher Schloß wurde dann schließlich auch ohne Glas aus der Klarenthaler Manufaktur fertiggestellt, von dem Betrieb selbst findet sich heute auf dem Gelände des ehemaligen Klosters höchsten noch einmal ein Splitter.

Schon im 1700 begann es mit einem Gartenhaus. Das Schloß wurde 1706 im Barockstil vollendet und bildet einen weitumfassenden Bau in Hufeisenform. Wenn die Nassauer nicht im Stadtschloß waren, dann residierten sie in Biebrich. Der Mittelpunkt der Hauptfront nach dem Rhein wie nach dem Park zu wird durch einen stattlichen Rundbau hervorgehoben, der den mit acht ionischen Säulen geschmückten Marmorsaal enthält. Auf dem Söller des Rundbaues, von dem man eine herrliche Aussicht genießt, stehen 16 Standbilder altgriechischer Gottheiten. Unter dem Saal befindet sich die Schloßkapelle. Der Mitteltrakt mit der großen Rotunde und Freitreppe zum Rhein wird  heute für Repräsentationszwecke genutzt, die übrigen Räumlichkeiten als Büros.

 

Auch der 35 Hektar große Park entwickelte sich vom anfänglichen Ziergarten über die barocke Anlage schließlich mit beginnendem 19. Jahrhundert unter Friedrich Ludwig von Sckell zum Landschaftsgarten. Über 100 Jahre, nach Auflösung des Herzogtums Nassau 1866, war das Parkgelände mehr oder weniger sich selbst überlassen geblieben. Es wird nun erhalten und behutsam regeneriert. Früher vorhandene Elemente wie Wasserfall, Orangerie, Obstgarten sollen langfristig wiederhergestellt werden. Bewahren überkommener Gartenkunst und Naturschutz sind damit sinnvoll unter einen Hut gebracht. Der Grundriß zeigt zu beiden Seiten einen Bachlauf an mit parallelen Wegen dazu. Sie wurden vom Asphaltbelag befreit und renaturiert. Dazwischen sind baumbestandene kleine Hügel, ein See, dann die große „blickwährende” Wiese mit riesigen Bäumen an der „Dicken Allee”. Geschwungene Wege durchziehen die kunstvoll natürliche Landschaft.

Der Schloßpark ist heute in Volkspark, am See ist die Ludwigsburg. Im Norden liegt die Mos­burg, 1806 von Herzog Friedrich August erbaut, eine künstliche Ruine, vermutlich an der Stelle einer mittelalterlichen Burg der Grafen von Nassau und des frühen Königshofs „Bisburg”. An ihrem Eingang stehen Steinbildwerke, Grabmäler aus der Kirche des Klosters Eberbach im Rheingau. Von dem Turm hat man eine hübsche Aussicht.

 

Über die Rathausstraße östlich des Schlosses geht es nach Norden. Zwei gärtnerisch sehr schön angelegte freie Plätze, auf einem ein hübscher Brunnen, den Rhein darstellend, auf dem anderen das früher am Rheinufer befindliche Kriegerdenkmal, bieten angenehme Abwechslung. Man kommt in die Biebricher Straße und über die Autobahn.

Links liegt die Biebricher Gartenstadt, die sogenannten Richard - Wagner - Anlagen. Rechts liegt die Sektkellerei Henkel. Man biegt nach rechts in die Rudolf - Vogt - Straße. Nördlich davon steht der Wasserturm des Biebricher Wasserwerks. Von diesem aus hat man eine großartige Aussicht nach dem Rheingau, dem Rhein und Main, sowie den die beiden Flußläufe umsäumenden Gebirgszügen.

In der Nähe des Wasserturmes, auf der entgegengesetzten Seite der Biebricher Allee steht das Nassauische Landesdenkmal des verstorbenen Großherzogs Adolf von Luxemburg und ehemaligen Herzogs von Nassau, mit gärtnerischen Anlagen umgeben (Station „Landesdenkmal“ der Eisenbahn Wiesbaden - Bad Schwalbach, Rudolf - Wagner  - Anlage ?).

Die Biebricher Allee führt als eine prächtige, in schönen Landhäusern besäumte Kastanienallee zum Bahnhof Wiesbaden.

 

Evangelische Hauptkirche (Am Schloßpark 96): Ersterwähnung 1085, Zerstörung im Dreißigjährigen Krieg, Neuaufbau 1716, Renovierung 1882 mit Einbau von drei neuer Glocken und neuer Orgel.

Oranier - Gedächtnis-Kirche (Adolf - Todt - Straße 9): Erbaut 1905 im neugotischen Stil als Sandsteingebäude.

 

Frauenstein:

Erfreulicherweise läßt sich immer wieder beobachten, wie einst selbständige Vororte von Großstädten, die im Laufe der Zeit eingemeindet wurden, ihr eigenes Gesicht bewahren konnten. Beispielsweise Wiesbaden - Frauenstein, schön gelegen im Tal, ein tief in bäuerlicher Tradition (vornehmlich Wein- und Obstanbau) wurzelnder Ort. Ab Mitte April breitet sich ein Kirschblütenschleier über seine Umgebung. Ein Erlebnis auch für den Wanderer, der sich davon einhüllen lassen kann.

Auf der Autobahn fährt man bis zur Abfahrt Wiesbaden  - Frauenstein. Am Ortseingang liegt rechts das Weingut Gorother Hof (mit Informationstafeln). Im Ort steht links die  katholische  Pfarrkirche Sankt Georg Kirche.  Vor steht die dominierende „Blutlinde”, ein zwischen 700 und 1000 Jahre altes Naturdenkmal,  unter dem früher Gericht gehalten wurde. Heute ist es mit allen Mitteln der modernen Baumchirurgie saniert, konserviert, gestützt und umzäunt. Kaum jemand würde sich früher getraut haben, auch nur ein Zweiglein abzubrechen, denn die Linde hätte „bluten” können. Der Grund: Hier soll der vermeintliche wieder eingefangene Entführer eines Burgfräuleins aus der Burg auf dem Felsen nebenan von ihrem Vater hingerichtet worden sein. Die Geliebte entsagte der Welt in einem Kloster, aber nicht ohne zuvor an der Richtstätte diesen Baum gepflanzt zu haben.

 

Rechts stehen die Burgschenke und die Burg. Die Burg aus dem 13. Jahrhundert ist das älteste Bauwerk in Wiesbaden. Die dendrochronolo­gische Analyse eines im Turm verarbeiteten Holzstücks ergab, daß der Wehrturm im Jahr 1152 erbaut wurde. Der Erbauer war wohl ein Mitglied des Rittergeschlechts von „Vrowenstein“. Der Wehrturm auf damals mainzerischem Besitz sollte vermutlich den Rheingau vor Übergriffen der Nassauer Grafen schützen.

Die Burg Frauenstein wurde im Jahr 1184 von Bodo von Idstein (später „Bodo von Vrouwen­steyn“ genannt) auf einem steilen Felskegel erbaut, dessen Ostseite mit der Hangseite des Berges dahinter verbunden ist. Zu dieser Seite hin schützte ein Halsgraben vor Überfällen. Auf den beiden Seiten des Turms schloß sich eine hohe Mauer an, die bis ins Tal hinunter führte. Der Turm selbst ist quadratisch, weist aber nach Süden einen dreieckigen „Bug” aus, an dem feindliche Pfeile abprallen sollten.

Bereits wenige Jahre nach dem Bau erwarb der Erzbischof von Mainz Teile der Burg zum Schutz seiner rechtsrheinischen Besitzungen im Rheingau. Die Burg Frauenstein wurde dann von Burggrafen verwaltet, die der Erzbischof von Mainz einsetzte. Bis 1803 war sie daher von Mainzer Beamten bewohnt. Danach verfiel sie.

Der „Burgverein Frauenstein e.V.” (unter seinem Vorsitzenden Adolf Lupp) kaufte die Burg 1996 vom Land mit dem Ziel, sie wieder instand zu setzen. Zunächst wurde sie durch eine neue Treppe zugänglich gemacht und ein Dach zum Schutze vor Regen angebracht. Eine Voruntersuchung im Jahr 2000 ergab: Der Turm war weiterhin unzugänglich und sein inneres Mauerwerk einsturzgefährdet. Von den Holzbalken waren nur noch die Balkenlöcher in den Wänden vorhanden, von der einstigen Wendeltreppe nur noch Teile, und das Untergeschoß war verschüttet. Nach einer Flurkarte von 1723 krönte den Turm einmal ein hölzerner Dachaufbau. Die Burg hatte daher früher die doppelte Höhe. Reste der steinernen Kamine, von denen zwei Geschosse beheizt wurden, weisen den Turm also als seltenes und frühes Beispiel eines steinernen Wehr- und Wohnturmes aus.

Da das Ursprungsmauerwerk zu 80 Prozent erhalten war und sich aufgrund der Balkenlöcher auch die fehlenden Holzteile nahezu lückenlos rekonstruieren ließen, wurde das Turminnere mit allen hölzernen Geschoß decken und der halb gewendelten Treppe wieder hergestellt. Auch der Eingang konnte restauriert werden, da man Laibungssteine für den Torsturz und an den Seiten einer Maueröffnung die Balkenlöcher für die Torverriegelung fand. In einer aufwendigen Aktion konnte dann auch die neue Dachhaube aufgesetzt werden.

Der Verein mit 130 Mitgliedern erhielt schließlich für 1061 Mark - eine Mark pro Quadratmeter - den Zuschlag. Nach einer Zeichnung aus dem Jahr 1753 wurde sie im Wesentlichen originalgetreu saniert. Er ist 40 Meter hoch und drei Stockwerke. Der Originaleingang und die Außentreppe wurden wieder hergestellt, im Inneren zwei verfaulte Stockwerke aus Holz samt der gewendelten Steintreppe rekonstruiert, der gammelige Kamin hergerichtet und die Außenmauern verputzt. Es ist geplant, das neue Dach mit Schiefer zu bedecken, die Mauern von Bewuchs zu befreien und eine verbindende Holzsteige vom zweiten zum neuen dritten Stockwerk zu bauen.

Die Burg ist nun in allen Geschossen wieder voll begehbar und ein einzigartiges Dokument aus dem 12. Jahrhundert. Sie ist bis Ende Oktober zur Besichtigung jeden Sonn- und Feiertag von 14 - 16 Uhr geöffnet – unter der kundigen Führung eines „Burgvogtes”. Kostenfreie Parkplätze gibt es genug, und Frauenstein ist an das Busnetz angeschlossen.

 

Über dem Ort steht der aussichtsreiche Spitze Stein mit Quarzbrüchen, am Hang südöstlich der Nürnberger Hof. Am Ortsausgang rechts führt eine Straße zum Goethestein. Man fährt weiter in Richtung Dotzheim. Kurz vor dem Ort geht es rechts ab zum Schloß Freudenberg. Parken kann man entlang der Schloßmauer. Beide Eingänge am Anfang und Ende der Mauer sind möglich (der südliche ist näher am Schloß).

 

Von Frauenstein fährt man der K 646 nach Osten Richtung Dotzheim. An der Alfred - Delp - Straße (Nordseite) kann man einen Abstecher machen zum Schelmengrund:  in der Neugasse links ab und kommt durch eine Waldschlucht zur Feldhöhe mit prachtvollem Ausblick auf den Rhein und Mainz. Von hier durch Feld und Wald zum Forsthaus Frauenstein. Kurz vor Dotzheim ist links die Abzweigung Erlenkönigweg zum Forsthaus Rheinblick (Wirtschaft mit schattigem Garten). Nach rechts geht es zum Schloß Freudenberg.

 

Freudenberg:

Schloß Freudenberg wurde 1904 als schmucker Liebessitz für einen englischen Maler und dessen Geliebte erbaut. Seit 1990 war es im Besitz der Stadt, aber abrißreif.  Heutiger Schloßherr ist Matthias Schenk, Vorsitzender der Gesellschaft Natur & Kunst, die das Erfahrungsfeld der Sinne und des Denkens als bleibende Stätte der Wahrnehmung aufgebaut und entwickelt hat. Es sind Stationen im Schloß und draußen im Park, wo Groß und Klein seine Sinne wiederentdecken, entdecken oder schärfen kann. Dem Alter sind keine Grenzen gesetzt, die Neugierde allein zählt. Das Erfahrungsfeld der Sinne ist ein Ort, wo plötzlich die Alltagshektik vergessen ist. „Die Verlangsamkeit, man hat plötzlich Zeit und Muße - ich stelle es immer wieder bei den Gästen und mir fest“, sagt Mathias Schenk.

 Wenn Beatrice und Matthias Schenk in ihrem Garten beim Kaffee sitzen, geht es um sie herum zu wie im Taubenschlag. Ständig laufen oder und rennen Gruppen von Kindern oder Erwachsenen an ihnen vorbei und streunen durch die Anlage. Das aber macht den Schenks, er 53, sie 52 Jahre alt, nichts aus. Im Gegenteil: Daß pro Tag etwa 400 Menschen fast jeden Winkel ihres Anwesens durchstreifen, gehört zum Konzept. Das Paar hat vor 15 Jahren auf Schloß Freudenberg im Wiesbadener Stadtteil Dotzheim das erste „Erfahrungsfeld der Sinne“ im Sinne des Pädagogen und Künstlers Hugo Kükelhaus aufgebaut.

Kükelhaus ist 1984 im Alter von 84 Jahren gestorben. Beatrice und Matthias Schenk hatten ihn bei Seminaren in der Schweiz kennengelernt und fühlten sich von seinen pädagogischen und künstlerischen Ansätzen gleich angezogen. Daß sie heute seine Arbeit weiterführen können, sehen sie als eine Verpflichtung an, der sie mit viel Begeisterung nach kommen.

Hugo Kükelhaus (1900 - 1984) sah den modernen Menschen durch die Überbetonung des Intellekts gegenüber den leiblichen und seelischen Kräften verarmen und aus dem Lot geraten. Er prangerte die eintönig werdende Umwelt an, die den Sinnen nichts mehr zu tun gibt. Erst mit seiner Entwicklung zur Entfaltung der Sinne erhörten mehr Menschen Kükelhaus’ Mahnrufe.

Schenk will seinen Gästen nicht mit dem pädagogisch erhobenen Zeigefinger den Weg durchs Erfahrungsfeld weisen; er will sie dazu ermutigen, Vertrauen in ihre Fähigkeiten zu haben. „Wir sind hier auf dem Freudenberg und nicht im Jammertal“, lacht Schenk und das sollen die Besucher spüren. Erst kürzlich lauschte Schenk zufällig einem Eltern - Gespräch: „Schau mal an, unsere zappelige Marie bekommen wir ja gar nicht mehr weg von dem Spielgerät!“ Die Eltern sehen ihre Kinder plötzlich wieder aus einem ganz anderen Blickwinkel. Die Kinder übrigens umgekehrt genauso. Denn wie oft sehen Töchter oder Söhne ihre Eltern beim Stelzenlaufen oder wild schaukeln?

Was in Museen oft so schwierig ist, Besucher nach einer Führung zum Selberschauen zu animieren, ist beim Erfahrungsfeld der Sinne kein Problem. „Unsere Führungen sollen Einfühlung und Einstimmung geben und nachher zum Selberausprobieren anspornen nach dem Motto: Tür geöffnet, jetzt mach selber, erklärt Schenk sein Philosophie. Gerade bei Führungen für Kinder stelle er immer wieder fest, wie liebevoll sie mit dem Schloß umgingen. Sie sähen die Verwundungen, die Narben, sie würden neugierige Fragen nach der Geschichte des Hauses stellen.

„Bei uns kann und soll man alles selbst erkunden und erleben, es gibt keine vorgeschriebenen Pfade“, erklärt Beatrice Schenk, die ursprünglich aus der Physiotherapie kommt. „Es kommt uns darauf an, alle Sinne anzusprechen“, so Matthias Schenk. „Lebensstoff statt Lernstoff“ nennt das Paar sein Konzept.

 

Im Jahre 1993 lud der ehemalige Oberbürgermeister Wiesbadens, Achim Exner, den  „Wanderzirkusdirektor“ Matthias Schenk ein, in der „Bruchbude“ am Freudenberg festes Quartier zu beziehen. Als das Paar das Schloß 1993 bezog, sah es um das denkmalgeschützte Gebäude nicht besonders rosig aus. Die Stadt setzte viel Hoffnung in den ehemaligen Zirkusdirektor Schenk. „Die Pläne kamen zum richtigen Zeitpunkt“, erinnert sich Matthias Schenk. Mittlerweile waren er und seine Frau Eltern von zwei Kindern geworden, die bald zur Schule gehen sollten. Dafür wäre das unstete Leben in einem Wanderzirkus nicht geeignet gewesen. Seitdem hat sich aus einer Baustelle eine beliebt Freizeiteinrichtung entwickelt. „Sanierung ist Heilung durch Kunst“", so steht es am Eingang zur Schlußballe geschrieben Diesem Motto folgen das Ehepaar Schenk und die mittlerweile 100 Mitarbeiter jeden Tag.

Die beiden Kinder der Schenks haben der Aufbau und Betrieb des Erfahrungsfelde von Anfang an mitbekommen. Sie waren drei und fünf Jahre alt, als sie in das Gemäuer einzogen. „Das war oft spannend und manchmal gruselig für sie“, erinnert  sich die Mutter. Doch auch sie haben da; „Abenteuer Leben“ in allen Zügen ausgekostet. „Wir betrachten das Erfahrungsfeld als ein Erbe unseres Lehrers“, betont Matthias Schenk.

 Im Februar 2002 wurde ein Vertrag unterzeichnet mit der „Gesellschaft Natur und Kunst“. Der Verein zahlt künftig jährlich einen Euro Pacht an die Stadt und verpflichtet sich im Gegenzug, das fast 100 Jahre alte, denkmalgeschützte Palais im Stadtteil Freudenberg zu sanieren - und den dazugehörigen 14 Hektar großen Park zu hegen und pflegen. Die Stadt geht davon aus, daß es dem Verein gelingen werde, innerhalb von 25 Pachtjahren das marode Schloß zu sanieren.

Man hat seit 1993 - ohne vertragliche Sicherung - rund 500.000 Mark abschnittsweise in denkmalgeschützte Bauteile und 730.000 Mark in Instandsetzungsarbeiten des historischen Palais investiert, die Eigenleistungen der 40 Mitglieder des Vereins mit eingerechnet.

 

Im Park findet man einen Spielplatz, eine Steinschaukel, einen Summstein und vieles andere mehr. Ein Barfuß - Pfad soll den Tastsinn wecken, ein riesiger Holzstapel zum Klettern einladen. Im Schloß selber (Eintritt 8 €) findet man Spiele mit Kugeln, Schüsseln zum Erzeugen von Tönen, Balancierscheiben, Schreibgeräte, Orgelpfeifen, Riechflaschen, Flüssigkeitsscheiben, einen Bienenstock, optische Verwirrspiele und manchmal auch ein prasselndes Feuer im Foyer und anderes. Im Keller werden unter anderem gezeigt ein Schattenspiel, Trommeln, Dunkellabyrinth, Fühlkrüge, Wasserprisma und Gong. Im Erdgeschoß ist eine Gaststätte mit Terrasse und Dunkelbar. Öffnungszeiten: Di - Fr 9 - 18 Uhr, Sa und So 12  - 15 Uhr (Telefon 0611/9410725).

Das Schloß - Team bietet zudem eine ganze Reihe wiederkehrender Veranstaltungen an. So gehören Bienenseminare, das Nacht - Mahl in völliger Dunkelheit. die Feuerwerkstatt, das Erlernen traditioneller Filztechnik oder Konzerte mit klingenden Steinen zum Dauerangebot auf dem Freudenberg. „In dieser Hinsicht sind wir in gewisser Weise konservativ - unsere Gäste erwarten die Zuverlässigkeit und kommen oft gezielt zu ganz bestimmten Angeboten“, sagt Matthias Schenk.

Das Erfahrungsfeld der Sinne im Freudenberger Schloß zu Wiesbaden hat jetzt eine neue Station: Drei große, hohle Holzstelen - versehen mit je einer auf dieselbe Tonhöhe gestimmten Saite und untereinander mechanisch verbunden - ermöglichen den Besuchern, sich mit dem Phänomen des Dreiklangs auseinander zu setzen. Nach zwei Jahren Arbeit haben der Wiesbadener Musiker Axel Schweppe und sein Konstrukteur Thomas Freund ihr „harmonikales Sinn - Spiel“ nun zum Gebrauch freigegeben.

„Rückblickend gesehen geht es bei meinen Arbeiten oft um die Verbindung aus Hörbarem und Sichtbarem. Darum, Strukturen zu analysieren und zu übertragen“, so Axel Schweppe. Mit dem Dreiklang ist ihm nun eine Installation gelungen, anhand derer die Mathematik der Intervalle erfahrbar ist. Entweder experimentell über das Hören, indem die Stelen voneinander entfernt oder aufeinander zu bewegt werden, um die Schwingung der Saiten zu verändern. Oder, indem mittels einer Skala bestimmte Zahlenwerte eingestellt und so die Intervalle vorher bestimmt werden. „Wir wollen an den Wänden des Raumes noch einfache Intervallproportionen, wie etwa die Quart oder die Quint, darstellen. Für Besucher, die die Zahlenverhältnisse nicht auswendig kennen“, sagt Schweppe. Wird der Dreiklang entsprechend ausgerichtet und die Saiten gleichzeitig von drei Personen angeschlagen, so läßt sich die Entstehung eines Akkords darstellen.  Doch damit erschöpft sich die Anwendung des Dreiklangs keineswegs: Er bietet einen Einstieg in die Wissenschaft der Harmonik, die in allen Lebensbereichen die harmonische oder disharmonische Wirkung von Proportionen untersucht.

Der Wiener Harmonik-Professor Werner Schulze hat den Mitarbeitern des Erfahrungsfeldes folgendes Erklärungsmodell an die Hand gegeben. Im Mittelalter wurden zur Justierung der Katapulte die beiden Zugseile angezupft, denn wenn sie beide im selben Ton schwangen, flog das Geschoß geradeaus.

Auch Axel Schweppe will die heute vergessene Wissenschaft der Harmonik praktisch nutzen und aus dem Dreiklang ein Werkzeug für Architekten entwickeln: „So können sie bei der Ausarbeitung von Plänen am Klang feststellen, ob die geplanten Raumproportionen ein harmonisches Wohnen zulassen.“

 

Schierstein:

Von Freudenberg aus fährt man die Straße weiter, auf der man gekommen ist. Am Ortseingang von Schierstein geht es rechts zur Schönstattkapelle. Am Ende der Freudenbergstraße kann man noch einmal nach rechts abfahren in die Söhnlein­straße zu der Storchenstation. Im Naturschutzgebiet südlich der Söhnleinstraße, in der Mitte der Kläranlage, ist das größte Storchenreservat Hessens und ein Tierparadies überhaupt. Der Feldstecher holt nicht nur Störche herbei, sondern auch ein Heer von Fasanen, Hasen, Kaninchen, mit Glück gelegentlich auch einen Fuchs, Enten, Haubentaucher, Graureiher und Milane vor das Auge. Die Fasane picken scharenweise unbehelligt auf den Wiesen. Die Störche sind entgegen ihrer Natur ganzjährig heimisch geworden und vermehren sich fröhlich.

Sie leben im weiträumigen offenen Gelände des Wasserwerks, das die südlichen Teile der Landeshauptstadt versorgt. Weil das Flußwasser diesseits durch den Mainzufluß zu verschmutzt ist, wird es von der gegenüberliegenden Mainzer Seite angesogen, gefiltert und in langgestreckten Becken „gelagert”. Schließlich wird es in die buckligen Hochbrunnen gepumpt, die von Deckeln gekennzeichnet sind, und sickert dann mehrere Wochen durch das Erdreich zu den Ent­nahmestellen unten am Rheinufer.

An diesen Becken haben die Störche ihr eigenes Reich hoch auf eingerammten Baumstämmen. Nicht nur von Fröschen ernähren sie sich, lieber noch von Mäusen, Regenwürmern, Hamstern, Insekten oder in Notzeiten von dem, womit ihnen die „Storchengemeinschaft Wiesbaden-Schierstein” den Tisch deckt.

Einst gehörte der Storch ohnehin zu den Rheinwiesen, bis der letzte 1945 abgeknallt wurde. Dann bedurfte es der Spende eines Wiesbadener Hautarztes und der Initiative der „Storchenväter”, damit in nunmehr über zehn Jahren aus rund 200 Eiern mehr als 100 flugtüchtige Vögel heranwuchsen. Zuerst wunderte man sich, warum kein Nachwuchs kommen wollte: Das erste „Pärchen” bestand aus zwei Hähnen.

Ein Aushang vor der Storchenwiese fordert zur Übernahme einer „Storchenpatenschaft” für 250 Mark auf. Die Storchengemeinschaft braucht das Geld zur Vermehrung der Vögel in Hessen. Schiersteiner Störche sind schon in Lampertheim angesiedelt worden, und in Obersuhl werden sie „ausgewildert”, um ihnen das normale Zugleben wieder schmackhaft zu machen. In der kleinen Gruppe bei ausreichendem Futter haben sie gar kein Bedürfnis, sich nach Süden fortzubewegen.

 

Der Yachthafen Schierstein ist nach einer halben Stunde erreicht. Der Weg führt noch bis zur Hafenspitze und Bogenbrücke, die ein Wiesbadener Zementwerk stiftete, um die vielseitigen Eigenschaften von Spannbeton zu demonstrieren. Dann geht es am Uferpfad zurück. Angler warten dort auf den Biß des Weißfischs. Sie wollen ihn nicht zum Verzehr, sondern nur des Fangs wegen, um ihn dann wieder auszusetzen. Es gibt Spaziergänger, die sich nicht nur darüber wundern, sogar ärgern.

Nostalgisch mutet ein rostiges Schild an: „Baden verboten laut Polizeiverordnung”. Toll war das doch nach dem Krieg - das einzige Schwimmbad in Wiesbaden war beschlagnahmt - als, ungeachtet der Strudel und Schnellen in Schierstein, von Ufer zu Ufer geschwommen wurde. Die Strömung war so reißend, daß man auf der anderen Seite weit zurücklaufen mußte, um wieder an der Ausgangstelle anzulanden.

 

Die Jupitergigantensäule in Schierstein wurde im Oktober 1889 auf dem ehemaligen Gelände eines römischen Gutshofes in einem sieben Meter tiefen trichterförmigen Schacht aufgedeckt. Die Schachtöffnung war mit fünf aufeinander geschichteten Quarzitblöcken gesichert, der Schacht selbst abwechselnd mit Erd- und Kalksteinschichten verfüllt. In fünf Metern Tiefe kam der Götterstein zutage, er war auf den Kopf gestellt und sorgsam mit Steinen und Schieferplatten in der Grube befestigt, so daß er nicht wegkippen konnte. Unter dem Steinquader fanden sich die übrigen Säulenbestandteile.

Das Weihedenkmal wurde unter dem Konsulat des Gratus und des Seleucus gesetzt, am Tag vor den Kalenden des März, das heißt am 28. Februar 221 nach Christus. Auf der Vorderseite des Viergöttersteins sieht man eine siebenzeilige Inschrift, die in Übersetzung folgendermaßen lautet: „Jupiter dein Besten und Größten hat Vic(cius) Seneca, Reiter der 22. Legion mit dem Beinamen Primigenia Antoniniana Pia Fidelius, seinem Gelübde entsprechend auf seinem Grund und Boden dieses Weihedenkmal gesetzt.“

Der Säulenschaft zeigt das typische Schuppenmuster, dem im Übrigen eine keltische Formensprache zugesprochen wird, da die heilige Eiche als baumförmiges Götterbild auch den mächtigsten Gott, und damit Jupiter symbolisierte. Die Schuppen stilisieren die Baumrinde. Das Kapitell besteht aus einem doppelten Blattkranz, der einen bäuchlings liegenden, schlangenleibigen Giganten trägt, über den das Pferd des Gottes mit Verve hinweg springt. Der relativ schlechte Erhaltungszustand der Säulenbekrönung machte unvermeidliche Ergänzungen notwendig. Die Schiersteiner „Jupitergigantensäule“ ist eine Nachbildung. Das Original wird im Landesmuseum in Wiesbaden aufbewahrt.

Diesen in Gruben, Schächten und Brunnen versenkten, oft fast vollkommen erhaltenen Denkmälern verdankt man wichtige historisch - archäologische Quellen zur Geschichte. Denn die Jupitersäulen sind unter anderem beste Beispiele für die Verquickung römischer und ein­hei­misch - keltischer Religiosität und damit Teil des „Romanisierungsprozesses“, der alle kulturellen Bereiche erfaßte. Mit dem „Jupiter Optimo Maximo“, dem Besten und Größten, konnte

durchaus auch eine hohe keltische Gottheit gemeint sein, beispielsweise der Radgott. Auch die Darstellung eines Giganten bezwingenden, reitenden Gottes war in der keltischen Welt gleichermaßen verwurzelt.

Der römische Gott Jupiter trat nicht nur in Funktion des Lichtbringers, des Blitzgottes, des Gewitters- und Regengottes auf, sondern wurde als alles schauender Himmelsgott und Beschützer von Recht und Treue auch in feierlichen Schwüren angerufen. Der Schwur beim „Iuppiter lapis“ (ursprünglich wohl ein Stein - Fetisch) galt als der heiligste und bindendste seiner Zeit. Meist befanden sich seine Kultstätten auf Hügeln und Bergen, im Besonderen das Heiligtum des besten und größten Jupiters, des „Iuppiter optimus maximus“, das auf dem Kapitol in Rom stand. Als politischer Schirmherr des römischen Staates wurde Jupiter zusammen mit Juno (deren Name eine weibliche Form von Jupiter ist) und Minerva in der gesamten römischen Welt verehrt.

Als idealisierte Gestalt tritt Jupiter meist unbekleidet mit langem Haar und Vollbart auf. Er thront oder steht in Herrscherpose da und ist als Ausdruck seiner Würde zumeist mit einem Langzepter versehen und zum Zeichen seiner Macht mit dem Blitzbündel bewaffnet. Denn seine Waffe ist der Blitz. Zudem begleitet ihn ein Adler.

Die antike Glaubensvorstellung, Jupiter sei der Garant der göttlichen Weltordnung, gründete sich auf die mythologische Sage, er habe im Kampfverband mit den übrigen Göttern und mit Unterstützung des sterblichen Herkules die Giganten besiegt. Die Giganten sollten der Erde verhaftete Mischwesen  sein, bestehend aus menschlichen Körpern mit Schlangenbeinen, bewaffnet mit Felsbrocken, Baumstämmen und Keulen. Sie hatten vergeblich versucht den Himmel zu stürmen. Die erfolgreiche Niederwerfung der Giganten war in der Antike das Symbol für den Sieg von Ordnung und Kultur über das Chaos und die ungebändigten Mächte der Finsternis (G. Seitz)

Das typische Monument der Jupiterverehrung waren die auch in den germanischen Provinzen verbreiteten Jupitersäulen. Eine Menge von Fundstellen beweisen noch heute, daß diese Gattung der Weihedenkmäler erstaunlich häufig aufgestellt wurde. Gerade die Aufstellungsorte der Kultsäulen und die Inschriften auf diesen Weihedenkmälern geben oftmals klare Auskunft über die Stifter, über den Anlaß der Errichtung und der Weihung - und über deren Datierung. Die Einzelstifter oder Personengruppen (wie Gemeinden, Familien oder Ehepaare) lösten zumeist ein Gelübde an den höchsten Staats- und Himmelsgott ein, indem sie auf eigenem Grund und Boden eine weithin sichtbare Jupitersäule errichteten.

Viele dieser Monumente wurden in den gewerblich genutzten „Vorstadtsiedlungen“ der germanischen Provinzhauptstädte Köln und Mainz errichtet, wie etwa die große Mainzer Jupitersäule am Rheinhafen oder die Säulen in Wiesbaden - Schierstein und in Frankfurt am Main  - Heddern­heim, dem Verwaltungsort der „Civitas Taunensium“. Auf dem Gebiet der Römerstadt „Nida“ sind allein 30 dieser Jupitersäulen entdeckt worden. Die Weihedenkmale findet m an aber auch nahe den  römischen Einzelgehöften. Die große Anzahl heiliger Säulen zeigt, wie prägend sie für das Stadt- und Landschaftsbild gewesen sein müssen.

In Hessen haben die Weihedenkmäler für Jupiter fast einen einheitlichen Aufbau: Auf einer Fundamentierung und einem stufenförmigen Unterbau steht ein Steinquader, der auf jeder Seite mit einer stehenden Götterfigur in Flachrelief verziert ist. Dieser so genannte „Viergötterstein“ ist meist mit Juno, Minerva, Herkules und Merkur geschmückt. Darüber sitzt der Zwischensockel („Wochengötterstein“), der seinen Namen der Abbildung der Planetengötter verdankt, die je einen Wochentag benennen: Sol für Sonntag, Saturn für Sonnabend, Luna für Montag, Mars für Dienstag, Merkur für Mittwoch, Jupiter für Donnerstag und Venus für Freitag.

Erst jetzt erhebt sich über einem Gesims die eigentliche, mit Schuppenmustern versehene Säule, deren Kapitell durch ein plastisches Kultbild gekrönt wird: entweder durch den Blitze schleudernden Jupiter auf einem Pferd, der über einen am Boden liegenden Giganten hinwegsetzt, oder auch Jupiter stehend, thronend oder als wagenlenkender Triumphator. Für den Untergang dieser Säulenmonumente werden die in die römischen Provinzgebiete eindringenden Germanen verantwortlich gemacht, bisweilen wird aber auch fanatischen Christen die Zerstörung angelastet.

Sehr aufschlußreich sind die Fundumstände der Denkmalrelikte, die oft aus Verlochungen stammen, eingemauert oder sogar umgearbeitet wurden. Gerade die dekorativen Viergöttersteine wurden vielfach in Kirchen entdeckt. Es wird daher zu Recht vermutet, daß die Stifter oft selbst die Weihedenkmäler vergruben, um sie vor Schändungen oder auch vor profaner Weiterverwendung zu schützen.

Nach der Mitte des 3. Jahrhunderts nach Christus wurde die gesamte Region von ihren Bewohnern systematisch aufgegeben. Vieles spricht dafür, daß die nachrückenden Germanen daraufhin die ursprünglich farbig bemalten Sakraldenkmäler beseitigten oder zerstörten. Womöglich ging aber auch von der römischen Provinzverwaltung in Mainz vor dem Abzug eine geplante Entweihung und Räumaktion aus.

Außerdem gibt es in Schierstein auf einer Anhöhe der „Nürnberger Hof“, bekannt als Goethes Lieblingsaufenthalt.

Im Ort fährt man nach links durch den Ort und in Höhe des Hafens wieder nach links auf die Autobahn 643 und von dort auf die A 66 in Richtung Frankfurt. Die Rückfahrt erfolgt dann über die Gorother Straße nach Norden zur A 66.

Klarenthal - Fasanerie - Platte - Eiserne Hand

Von der A 66 fährt man entweder an der Anschlußstelle Erbenheim auf die B 455 in die Berliner Straße und nach links auf den Gustav - Stresemann-Ring. Dies ist die B 54, die südliche Umfahrung von Wiesbaden. Am Sedanplatz führt sie in die Seerosenstraße und zum Dürerplatz. Dort biegt man links ab in die Lahnstraße und nach Klarenthal.

 

Klarenthal:

Als Erstes trifft man am Ende der Lahnstraße auf die Wirtschaft Klostermühle. Ein Stück weiter geht es nach rechts in den Ortsteil Alt -  Klarenthal, wo rechts die Reste des Klosters stehen. Es war ein ehemals adliges Nonnenstift, der heiligen Klara geweiht. Es wurde von Kaiser Adolf von Nassau und seiner Gemahlin Imagina, Gräfin von Limburg, errichtet Ende des 13. Jahrhunderts. Es ist jetzt verfallen, ebenso die Kirche. In den Ruinen des Kreuzganges ist ein Betsaal hergerichtet. Ein Stück weiter auf der Straße nach Schlangenbad kommt man zum Eis -Haus. Dort geht es rechts ab zur Fasanerie.

 

Fasanerie (Tierpark):

Fürst Karl von den Herzögen von Nassau - Usingen gab dem Gelände anno 1750 seinen Namen. Um die Mägen seiner Familie regelmäßig zu füllen und seiner Begeisterung für die Jagd zu frönen, ließ er dort ein Jagdschloß errichten - und Fasane als Objekte der Begierde züchten.

Der sehenswerte Naturpark, der eine ganze Reihe alter und seltener Koniferen.

Dem Förderverein der Fasanerie wurde die Renovierung des denkmalgeschützten, aber seit Jahren verlassenen Hofgutes am Eingang des Tierparks erlaubt. Die bestehende Gastwirtschaft im Jagdschloß soll renoviert werden. In das Hofgut, zu dem auch das Jagdschloß gehört, soll neben Stallungen auch eine Tierparkschule eingerichtet werden, in der Schulklassen die Natur kennenlernen können („Schau-Bauernhof”).

Nach Übergang des Gebäudes in den Besitz der Stadt  ist die Fasanerie für den freien Verkehr geöffnet. Heute besuchen rund 300.000 Besucher aus Wiesbaden und der Region jedes Jahr das rund 25 Hektar große Freizeitgelände mit seinen etwa 250 Tieren. Vor allem für den Nachwuchs soll sich der Besuch bald noch mehr lohnen. Fasanerie - Leiterin Tierparkleiterin Ute Kilian hat Schüler der Wiesbadener Blücherschule Mitte Juli eigene Modelle entwickeln lassen, wie sie sich eine kinderfreundliche Umgestaltung des Tierparks vorstellen können. Ein Landschaftsarchitekt erstellte daraus Pläne. So soll etwa das veraltete Wasserspiel nicht nur modernisiert, sondern vor allem größer werden. Nahe dem Eingang soll eine große Liegefläche für Picknicks geschaffen werden. Außerdem soll es zukünftig im gesamten Park Spielstationen geben.

Den Park quer durchschreitend, gelangt man zum „Schützenhaus“, dem Heim der Wiesbadener Schützengesellschaft, mit umfangreichen, geschmackvoll ausgestatteten Wirtschaftsräumlichkeiten und großem Garten.

Weiter auf der Straße kommt man zum Holzhackerhäuschen, dort geradeaus, vorbei an der Gaststätte „Fischzucht“ und an der Platter Straße nach links zum „Jagdschloß Platte“.

 

Jagdschloß Platte:

Das Jagdschloß Platte  in  500 Meter Höhe wurde im Auftrag des naturbegeisterten Herzog Wilhelm von Nassau 1822 bis 1824 durch Hofbaumeister Friedrich Ludwig Schrumpf als Jagdschloß nach Versailler Vorbild erbaut. Herzog Wilhelm von Nassau - Weilburg hatte 1823 den Hofbaumeister damit beauftragt, im Taunuswald bei Wiesbaden ein Jagdschloß zu errichten. Im Jahre 1826 war das klassizistische Gebäude mit seinem quadratischen Grundriß fertig. Schon auf dem ersten Dach gab es eine Aussichtsplattform.      

Das Äußere des Schlosses bietet wenig Bemerkenswertes. Zwei Riesenhirsche (nach den Entwürfen von Bauch) seitwärts des Eingangs, die viel angestaunt wurden, sind mit vielen anderen Kunstgegenständen von dem früheren Eigentümer des Jagdschlosses, dem heute in Luxemburg regierenden ehemals herzoglichen Nassauischen Hause, nach Schloß Hohenburg verbracht worden.

Der klassizistische Bau hatte eine prunkvolle Inneneinrichtung. Im Innern ist ein  schönes Treppenhaus. Der Bau diente der herzoglichen Familie als Herbstwohnsitz während der Jagdsaison. In früheren Zeiten beherbergte das Jagdschloß illustre Gäste wie den russischen Zaren Alexander II., Zarin Maria Alexandrowna und Kaiserin Eugenie von Frankreich.  Von dem heutigen Bestand kann noch auf öffentliche Beachtung Anspruch erheben neben anderen Wandgemälden ein Jagdaufritt von Kehrer Von der Plattform auf dem Dache des Schlosses prachtvolle Fernsicht.

Im Jahre 1913 verkaufte die großherzogliche Finanzkammer das Schloß an die Stadt. Im Jahre 1941 (andere Angabe: 1945) wurde es durch Bomben bis auf die bis auf die dreistöckigen Außenmauern zerstört. Die einsturzgefährdete Ruine war dem Verfall preisgegeben, bis sich 1987 Wiesbadener zur Initiative „Jagdschloß Platte“ zusammenschlossen, um das klassizistische Bauwerk zu retten. Sie sammelten Spenden und sicherten die Ruine, in der mittlerweile im Sommer Feste ausgerichtet werden. Es gibt viel Platz für Veranstaltungen unter freiem Himmel und im ehemaligen Gutshof hat sich ein Cafe - Restaurant etabliert.

Eine gläserne Krone will der Wiesbadener Architekt Hans - Peter Gresser dem Jagdschloß Platte in Wiesbaden aufsetzen. Mit dieser Überdachung will er die Ruine vor weiterem Verfall bewahren, ohne ihre ursprüngliche Architektur durch „ängstliche Rekonstruktion nachzuahmen“. Die Ruine wird mit einer filigranen Glaskonstruktion abgedeckt: Umgekehrte Pyramiden, die so konstruiert sind, daß sogar die ehemaligen Dreiecksgiebel an dem alten Schloßgemäuer angedeutet werden. Das Bestechende: Alt und Neu werden nicht vermischt. Es bleibt klar erkennbar, was Ruine ist und was zu ihrem Schutz neu hinzugefügt wurde. Zusätzlicher Ganzpunkt: Eine begehbare Glasfuge wird künftigen Besuchern einen spektakulären Blick über die Taunushänge hinweg auf die hessische Landeshauptstadt erlauben. Nach der Glas - Überdachung sollen Fenster eingesetzt, Lüftung und Heizung installiert und die gegenläufigen Treppen der Rotunde ausgebessert werden. Voraussichtlich ab 2004 können auch im Winter Feste auf Jagdschloß Platte gefeiert werden.

Mit diesem Modell hat Gresser im Auftrag der Initiative „Jagdschloß Platte“ seinen ursprünglichen Entwurf noch einmal überarbeitet. Zunächst hatte er ein Glasdach in der Form der ursprünglichen Überdachung empfohlen. Daß er nun von einer solchen Nachahmungsarchitektur Abschied nimmt, ist dem Landeskonservator Gerd Weiss zuzuschreiben, der eine striktere Trennung von Ruine und modernen Bauelementen empfohlen hatte.

Der Blick von der Aussichtsplattform des Jagdschlosses ist traumhaft: Über Wiesbaden, Mainz und das Rheintal hinweg kann man bis zum pfälzischen Donnersberg sehen. Auch die Sicht von der Plattform knapp unter dem Dach nach oben ist weitgehend frei.

Seit Frühjahr 2007 kann das Jagdschloß Platte für Feste aller Art gebucht werden. 250 Quadratmeter im Erdgeschoß und 370 Quadratmeter im Obergeschoß laden Familien zu Hochzeiten und anderen Feiern und Firmen zu Events mit bis zu 600 Teilnehmern ein. Ein dunkler Holzfußboden kontrastiert dabei ebenso wie moderne Lichttechnik und eingebaut Metalltreppen auf interessante Weise mit Resten alter Säulen und Mauerstümpfen. Fenster, Fußbodenheizung, eine großzügige Küche, ein Aufzug und sanitäre Einrichtungen bieten modernen Komfort. Eine Terrasse mit anschließender Wiese lädt zum Entspannen an frischer Luft ein.

Die Nutzung muß bezahlt werden. Die Wiesbadener Kurbetriebe als Betreiber des Jagdschlosses haben zwei Tarife im Angebot: Privatleute zahlen für eine Feier mit bis zu 120 Teilnehmern rund 1.500 Euro pro Tag plus 200 Euro für die Reinigung plus Mehrwertsteuer. Bei Firmen und Privatleuten mit mehr als 120 Gästen sind 2.750 Euro plus 400 Euro Reinigungsgeld und die Mehrwertsteuer fällig. Bis zu 300 Stühle und 30 Stehtische sind im Preis enthalten. Neben dem Schlosse ein neu umgebauter Gasthof mit großem Garten. (Auch als Sommerfrische gern besucht.)

 

Chausseehaus

Die Anfahrt erfolgt von der Autobahnabfahrt Frauenstein und über den Ort Frauenstein und in Georgenborn  dann nach rechts zum Chausseehaus. Zunächst kommt man zu der Eisenbahnstation Chausseehaus mit einer Gastwirtschaft. Das Chausseehaus war Waldstation an der für die Kurgäste 1883 in Betrieb genommene Aartalbahn zwischen Wiesbaden und Bad Schwalbach, heute eine nur im Sommer verkehrende Museumsbahn. Der Name stammt aus der Zeit, als die Reisenden noch Wegegeld an der 1764 ausgebauten Bäderstraße zur Lahn bezahlen mußten und unter den Nassauern obendrein Zoll. Das Zollgebäude stand allerdings einige hundert Meter oberhalb des Bahnhofs. Um es zu erreichen, muß man vom Gasthaus wieder ein kleines Stück rückwärts und dann geradeaus Richtung Bad Schwal­bach fahren. Dort nimmt das „Forsthaus Chausseehaus“ den Platz das „echten” Chausseehauses ein. Von hier fährt man dann weiter nach Bad Schwalbach und auf eine Taunustour.

 

Eiserne Hand

Die Eiserne Hand ist ein kleiner Waldbahnhof an der früheren Aartalbahn, mit der die Kurgäste zwischen Wiesbaden und Bad Schwalbach reisten. Heute ist die gesamte Strecke bis Hohenstein unter Denkmalschutz gestellt. Wer die Wanderung an der „Eisernen Hand” beginnt, konnte früher die Museumsbahn ab Wiesbaden - Dotzheim (Richtung Hohenstein) benutzen, die aber nur jeden ersten Sonntag im Monat und an Feiertagen  verkehrte.

Die Eiserne Hand liegt 426 Meter hoch, sie ist zu Fuß von Wiesbaden der Aarstraße folgend, in zwei Stunden zu erreichen, mit neu erbauter, wunderbar im Walde gelegener Wirtschaft. Sie ist Ausgangspunkt zahlreicher, von hier leicht und mühelos ausführbarer Wanderungen, da die umliegenden Höhen nur geringe Höhenunterschiede gegen die Eiserne Hand aufweisen. Etwas weiter südlich geht nach rechts die Kaiser -Wilhelm - Straße zum Schläferkopf ab.

 

Schläferskopf:

Nach Süden fährt man zum Schläferskopf, 452 Meter hoch. Diese Höhe erkor der Verschönerungsverein Wiesbaden im Jahre 1902, darauf den bergfriedähnlichen, 30 Meter hohen Kaiser-Wilhelm - Aussichtsturm (nicht mehr zugänglich) mit Gaststätte zu erbauen. Hier hat man eine großartige Rundschau über die Rhein- und Mainebene und die Taunusberge. Der lohnende Spaziergang ist aufwärts am Vormittag, abwärts gegen Abend am schönsten. Nördlich liegt der Schläferskopfstollen.

Man muß aber auf der gleichen Straße wieder zurück nach Norden fahren und über die B 54 nach Wiesbaden. Am Holzhackerhäuschen (einer Gaststätte) kann man wieder rechts abfahren über die Fasanerie

 

 

Neroberg und Nerobergbahn

Nach dem Stadtrundgang fährt man über die Taunusstraße, ohne sich von dem Wegweiser Neroberg ablenken zu lassen, denn der führt auf den Berg hinauf, nicht zur Talstation der Nerobergbahn. Dazu muß man weiter geradeaus auf der nördlichen Nerotalstraße (rechts) oder der südlichen Nerotalstraße (links) bis zur Nerobergbahn fahren. Im Nerotal stehen die Denkmäler für den Landesgeologen Koch, den Vater der ersten Pläne für die Erschließung der Waldungen der Umgebung, und für Franz von Bodenstedt, den Dichter der „Lieder des Mirza Schaffy“.

Die Neroberg - Parkanlagen gehören zu den ältesten Grünanlagen der Stadt und stellen die direkte Verlängerung eines aus dem Taunus hineinreichenden Grünzuges dar, der die Innenstadt mit Frischluft versorgt. Das Tal des Schwarzbachs wurde vorher hauptsächlich landwirtschaftlich genutzt sowie als Mühltal (Gipsmühle) genutzt. Im Jahr 1896 kaufte die Stadt die Grundstücke und schloß einen Vertrag mit dem Handelsgärtner Paul Schetter zur Gestaltung der Parkanlagen. In den Jahren 1897 und 1898 wurde es im Stil des englischen Landschaftsparks umgestaltet und so artenreich bepflanzt, daß man vom „botanischen Garten“ sprach.

Das Erscheinungsbild ist heute geprägt vom Bach, zwei Teichen und den Wiesen- und Rasenflächen und dem artenreichen Baum- und Strauchbestand. Die Villen mit ihrem Grünbestand lassen den Park noch als größer erscheinen. Die geschwungenen Wege verbinden Stadt und Landschaft. Im hinteren Nerotal befinden sich die Leichtweißhöhle und der Eisweiher. Das

Eingangsrondell hat ein repräsentatives Staudenbeet mit Dauer- und Wechselbepflanzung und ein Kriegerdenkmal von 1873, das 1909 neu gestaltet wurde. Ein Obelisk wurde 1979 zum Andenken an den Gartengestalter Paul Schetter  aufgestellt. Das Bismarckdenkmal von 1898 wurde 1966  vom ehemaligen Bismarckplatz in das Nerotal versetzt. Im Jahre 1898 wurde das „Schweizer Häuschen“ in Form eines Fachwerkhauses errichtet.

 

Die Talstation der Wiesbadener Nerobergbahn befindet sich am Ende der Straße Nerotal. Die Bahn fährt alle 15 Minuten. Im April und im September von 11 bis 19 Uhr, sonn- und feiertags von 10 bis 19 Uhr. Zwischen Mai und August fährt sie täglich zwischen 9.30 und 19 Uhr. Die Einzelfahrt kostet für Erwachsene für die Berg- und Talfahrt 3,50 Euro. Außerdem gelten Monats- und Jahreskarten für die Stadtbusse im Tarifgebiet Mainz und Wiesbaden.                        

Die Bahn ist ein liebenswertes Relikt der Vergangenheit. Seit 1888 fährt sie mit gemächlichen sechs Stundenkilometern auf den Wiesbadener Neroberg - umweltfreundlich angetrieben von der enormen Kraft des Wassers. Nur dreieinhalb Minuten! Dann sind die 483 Meter von der Talstation zum Gipfel des Wiesbadener Hausbergs zurückgelegt. Dann sind 83 Höhenmeter überwunden.

Die Betriebseröffnung war am 25.  September 1888. Die Spurweite beträgt 1000 Millimeter, die Gleislänge 438 Meter, der Höhenunterschied 83 Meter, die maximale Steigung 25 Prozent, der Seildurchmesser 29 Millimeter, die Seiltragkraft 74.550 Meter.

Die älteste deutsche Zahnstangen-Standseilbahn wird nach wie vor mit Wasserballast angetrieben. Und das funktioniert so: Der talwärts fahrende Wagen wird an der Bergstation mit bis zu 7.000 Liter Wasser gefüllt und zieht an einem 28 Millimeter dicken Stahlseil über eine Umlenkrolle den aufwärts fahrenden Waggon nach oben. Unten wird das Wasser abgelassen und wieder bergauf gepumpt.

Dieses Verfahren absolut narrensicher, versichert Betriebsleiter Kurt Herrmann. Mit  dem seltenen Wasserballastantrieb ist die Wiesbadener Nerobergbahn eines der sichersten Verkehrsmittel Deutschlands. Seit sie den Betrieb aufnahm, hat sie Millionen Menschen unfallfrei auf den Hausberg der Landeshauptstadt und wieder hinunter befördert.

Schlimmstenfalls bleiben die Waggons mitten auf der Strecke stehen und müssen im Handbetrieb angeschoben werden. Das passiert höchstens dann, wenn die (von der Zahl der Fahrgäste abhängige) Wassermenge zu knapp bemessen wurde. Wie etwa vor ein paar Jahren, als 50 gewichtige schwäbische Bauersfrauen die Arithmetik der Bahn durcheinander brachten. Zwar waren genau der Vorschrift entsprechend für 50 Fahrgäste die Waggontanks randvoll mit Wasser gefüllt worden. Doch reichte das Gewicht nicht aus, um den Talwagen mit seiner Fracht nach oben zu befördern. Bahnmeister Christ mußte mit der Eisenstange nachhelfen, bevor die Schwerkraft siegte.

Dabei ist die Nerobergbahn nicht nur eine technische Rarität. Ihre weitgehend originalen Wagen und die verschnörkelten Kassenhäuschen machen sie zu einem Kulturdenkmal der wilhelminischen Epoche. „20 Wasser“ schnarrt das faustgroße Funkgerät an Stephan Klischats Brust. Zugführer sind übrigens Busfahrer der Stadtwerke, denen viel an diesem sommerlichen Schienen  - Job gelegen ist - trotz der eher eintönigen Auf- und Abfahrt. Grund: Die Fahrgäste seien im Gegensatz zu vielen Stadtbus - Passagieren stets gutgelaunt. Rund 275.000 Fahrgäste werden im Jahr gezählt - Tendenz: steigend. Vor allem bei schönem Wetter stehen die Wiesbadener und ihre Kur- und Ausflugsgäste an der Station am Ende des Nerotals Schlange. Denn der Wiesbadener Hausberg bietet ein eindrucksvolles Panorama über die Dächer der Stadt hinweg bis zum Odenwald.

Als gelernter Nerobergbahnfahrer weiß er jetzt, daß sein Kollege an der Talstation 20 Passagiere im Wagen hat. Entsprechend bemißt Stephan Klischat die Wassermenge, die er in den Tank rauschen läßt. 2,5 Tonnen sind das Mindeste, sieben Tonnen das Maximum - da­zwischen versucht man möglichst genau auszutarieren, damit die Bahn an den flacheren Abschnitten nicht hängenbleibt und an den steileren nicht zu schnell wird. Stephan Klischat schließt das Ventil, drückt das Hupsignal, wartet auf die Antwort von unten und dreht die Bremse auf. Der Wagen ruckt an. 452 Meter Drahtseil spannen sich, und 83 Meter tiefer setzt sich auch der zweite Wagen in Bewegung.

Standseilbahnen wie die Nerobergbahn entstanden im 19. Jahrhundert, wo immer steile Gefälle zu überwinden waren. Meist fuhren sie mit Dampfkraft, daneben etablierte sich aber die Wasserballast-Technik - beispielsweise in Heidelberg und Karlsruhe. Doch viele von ihnen wurden früher oder später auf Elektroantrieb umgestellt: Das ersparte Zwangspausen in der frostigen Jahreszeit und verringerte den Verschleiß, den der tonnenschwere Ballast an Bremsen und Achslagern verursachte.

Stephan Klischat grüßt seinen Kollegen im entgegenkommenden Wagen zu. Auf halber Höhe teilt sich der Schienenstrang. so daß Berg- und Talverkehr einander passieren können. Die Ausflügler auf dem Weg nach oben winken fröhlich herüber. Stephan Klischat schätzt an seinem Job, daß die Fahrgäste meistens guter Dinge und sehr interessiert sind. „Die wollen immer dasselbe wissen: Wie funktioniert das? Und was passiert, wenn das Seil reißt?“ Solche Sorgen kann er beschwichtigen, denn die Sicherheit hängt nicht vom Seil ab. Als Bremse dienen Zahnräder, die in eine Zahnstange zwischen den Schienen greifen und automatisch blockieren, wenn der Wagen die Soll -  Geschwindigkeit von 7,3 Stundenkilometern um mehr als 30 Prozent überschreitet.

Das Tempo reguliert der Fahrer ausschließlich mit der Bremskurbel. Als sich die Talstation nähert, ist eine halbe Umdrehung nach rechts fällig: „Es ist wichtig, daß der untere Fahrer langsam einfährt. Sonst rammt der obere Wagen die Wand“, erklärt Stephan Klischat. Er muß sorgfältig am Wasserrohr andocken, daß dadurch wieder Wasser aufgenommen werden kann.

Kaum hat der Fahrer den Wagen sanft zum Stehen gebracht, öffnet ein Schieber den Wassertank. und tausende Liter ergießen sich ins Auffangbecken. Wenn das 200 - Kubikmeter-Reser­voir der Talstation voll ist, wird das Wasser hoch auf den Berg gepumpt. „Ein geschlossenes System“. sagt Betriebsleiter Peter Rauch. Über 212.000 Passagiere machen im Jahr den Drei-Minuten-Trip gemacht. An eine Stillegung ist nicht gedacht - schließlich sei Europas zweitälteste Wasserballastbahn ein „Aushängeschild“ Wiesbadens.

Die Nerobergbahn verbindet den Landschaftspark Unteres Nerobergtal mit dem Neroberg. An der Bergstation geht man nach rechts etwas bergab zum Rundblick auf die Stadt mit dem Kriegerdenkmal. Das Ehrenmal wurde im Jahr 1930 von Gersdorf errichtet zum Gedenken an die Gefallenen des 80. Füsilier-Regiments. Der Entwurf stammt vom Architekten Edmund Fabry und dem Bildhauer Arnold Heusler. Vom angrenzenden „Löwenplatz“ hat man einen prächtigen Ausblick auf die Stadt.

 

Weinberge:

Unterhalb der Mauer sieht man die Weinberge. Der Wiesbadener Weinberg hat eine lange Tradition. Grafen Philip von Nassau - Weilburg ließ bereits im Jahr 1525 hier Weinreben anbauen. Nachher war  in königlich - preußischem Besitz. Die Preußen veräußerten den Wiesbadener Neroberg an die Stadt, weil sie Geld für den Kauf der renommierten Rauen­thaler Weinlage „Baiken“ benötigten. So ging der 4,86 Hektar große Weinberg 1900 in den Besitz der Stadt Wiesbaden über und wird heute durch die Hessischen Staatsweingüter verwaltet. Mittlerweile beackern insgesamt sieben Mitarbeiter des städtischen Weinguts alles in allem acht Hektar, darunter auch Flächen in den Stadtteilen Frauenstein und Schierstein.

Der „Neroberger“  gedeiht denk der Südhanglage ausgezeichnet. Kaiser Wilhelm II. bekam den Nerobergwein als Ehrentrunk bei der Einweihung des Wiesbadener Kurhauses gereicht. Eine Flasche Neroberger Riesling Trockenbeerenauslese, Jahrgang 1893, erzielte auf einer Weinversteigerung im Jahr 1988 den Rekordpreis von umgerechnet 17.500 Euro. Der Weinberg zählt zwar nicht zu den vielbesungenen klassischen Weinlagen an den Uferhängen des Rheins, aber er bringt doch beachtliche Kreszenzen hervor. Der städtische Weinberg ist mit Riesling - Reben bestockt und liefert jährlich 70.000 Flaschen Wein und Sekt, die vor allem in der Landeshauptstadt getrunken werden.

Jahrelang mußte die Landeshauptstadt mehrere 100.000 Mark „zubuttern“. Doch der Imagegewinn war ihr diese Zuschüsse aus der Stadtkasse wert. Der Wiesbadener Tropfen wird bei Repräsentationsterminen der Stadt ausgeschenkt, von Wiesbadener Firmen als Gastgeschenk geschätzt und sogar in der gehobenen Gastronomie zum Menü empfohlen.

Der Neroberg bietet Kulisse für Aktionen wie „Kunst am Weinberg“, lädt zu besonderen Wanderungen ein und bietet Anlaß für Feste und Matineen. Die besondere Qualität der von feiner Frucht und Mineralität geprägten Neroberger Weine wird bereits dadurch dokumentiert, daß viele Jahrgänge des 19. Jahrhunderts bis in das Jahr 1899 in der Kloster Eberbacher Schatzkammer liegen und den Staatsweingütern im Jahre 1986 mit einem Weltrekordpreis von 35.000 DM für eine 1893er Neroberger Trockenbeerenauslese beschert haben.

 

Neroberg:

Der Neroberg mit 245 Meter Höhe gilt als Hausberg von Wiesbaden. Sein Name war ursprünglich „Neresberg“ und war vom benachbarten Neresbach (schwarzer Bach)  abgeleitet. Man sagt aber auch, der Name komme von „Versberg, Ersberg oder Arsberg“ =  Berg, der nach rückwärts liegt. Die Kuppe wurde 1851  im Zusammenhang mit der Entwicklung Wiesbadens zur Weltkulturstadt als kleiner Bergpark gestaltet.

Der Neroberg-Tempel, ein kleiner runder Säulentempel, wurde 1851 nach Plänen von Landbaumeister Philipp Hoffmann erbaut. Der Monopteros - Bautypus ist ein wichtiges Versatzstück der Gartenkunst im Sinne der Naturromantik des späten 18. Jahrhunderts. Für die römisch  -dorischen Säulenschäfte wurden Kandelaberpostamente verwendet, die seit etwa 1822 in der Wilhelmstraße gestanden hatten,

Auf der Höhe steht ein Aussichtturm mit einem kleinen Restaurant (kein Café).  Der Turm ist der bescheidene Rest des zwischen 1888 und 1900 mit erheblichen Kosten errichteten Nero­berg­hotels, einem ehemals äußerst beliebten Ausflugsziel. Das große Hotel und  Fremdenheim (auch Pension) war ein prachtvolles Gebäude von Baurat Genzmer, mit ausreichenden Veranden und schönem Saal. Das Hotel mußte nach Bränden in den Jahren 1986 und 1989 wegen Einsturzgefahr abgerissen werden. Die sogenannte „Erlebnismulde“ auf der Bergspitze wurde von dem Wiesbadener Landschaftsarchitekten Marten & Porlein entworfen. Sie wird für kulturelle Veranstaltungen genutzt. Dahinter ist ein Spielplatz. Vom Neroberg aus lassen sich zahlreiche Waldspaziergänge machen, die alle durch Wegweiser bezeichnet sind.

Nach rechts  steigt man dann ab zum Opel-Bad (mit Restaurant und Drei - Lilien - Saal). Das Bad wurde 1933 bis 1934 nach den Plänen des Architekten Franz Schuster und des Gartenarchitekten Wilhelm Hirsch im Bauhausstil erbaut. Es ist eine Stiftung des damals in Wiesbaden ansässigen Großindustriellen Wilhelm von Opel. Wegen seiner einmaligen Lage zählt es zu den schönsten Freibädern in Deutschland. Noch weiter nach unten geht es zur griechischen Kapelle.

 

Russische Kapelle („griechische Kapelle“):

Die Russische Kapelle mit ihren fünf weithin leuchtenden vergoldeten Kuppeln ist eines der bedeutendsten Wahrzeichen der Stadt. Sie  wurde in den Jahren 1849 bis 1855 errichtet als Grabkapelle für die im Alter von 19 Jahren bei der Geburt ihres ersten Kindes verstorbene Gemahlin Herzog Adolphs von Nassau, Elisabeth Michaelowna, Enkelin von Katharina der Großen,  Tochter des russischen Großfürstenpaares Michael Pawlowitsch und Helene.

Die Pläne für Kapelle in byzantinisch - russischem Stil und den Friedhof stammen von Landbaumeister Philipp Hoffmann. Der Herzog schickte seinen Baumeister extra nach Rußland,  um die dortige Architektur zu studieren. Im Dezember 1848 wurde der Vertrag mit dem Bildhauer Emil Alexander Hopfgarten über die Erstellung einer lebensgroßen Grabfigur der verstorbenen Herzogin geschlossen. Hoffmann reist nach Italien, um in Carrara Marmor für die Innenausstattung zu beschaffen

Im August 1852 war das Richtfest der Kirche. Ende 1852 waren die wesentlichen Maurerarbeiten abgeschlossen. Am 1. Dezember 1853 ordnet Herzog Adolf die Umgestaltung des für den Sarkophag vorgesehenen Platzes an. Am 25. Mai 1855 war die offizielle Einweihung der Kirche. Die Baukosten in Höhe von 454.000 Gulden wurden aus den Zinsen der Mitgift der Herzogin Elisabeth bestritten. Der russische Zarenhof hatte vorher auf die Rückgabe der drei Millionen Rubel Mitgift verzichtet.  Den vom Herzog gewünschten Sandstein lieferten Steinbrüche der Umgebung.

Der Grundriß bildet ein griechisches Kreuz. Fünf reichvergoldete Kuppeln, die mittelste davon die mächtigere (57 Meter hoch), alle fünf mit Doppelkreuzen verziert, von vergoldeten Ketten gehalten, glänzen im Sonnenschein weit ins Land hinein und sind bis in die Pfalz sichtbar. Das Innere ist zu allen Tageszeiten zugänglich. Der Wärter wohnt in dem kleinen russischen Haus hinter der Kirche.  Das Innere ist mit orientalischer Pracht geschmückt. Die Wände und Säulen bestehen nur aus Marmor. Gegen Osten, in einem kleinen Chor, steht der von Giuseppe Magnani in Carrara ausgeführte Altar.

Die Gemälde der Ikonostase  (Bilderwand) werden vom russischen Hofmaler Timofei Neff angefertigt. Die Bilderwand ist nur den Popen und Dienern zugänglich und nur sichtbar während des Gottesdienstes mit dem Allerheiligsten. In der übrigen Zeit ist dieser Chor oder die Altarnische abgeschlossen von der Kirche durch eine reichvergoldete und holzgeschnitzte Türe, die geschmückt ist mit zahlreichen in Rußland auf Goldgrund gemalten Heiligen. Zu beiden Seiten des Altars in den acht Nischen treffliche Ölgemälde auf Goldgrund: Christus, Madonna, Erzengel Gabriel und Michael, Katharina und Helena, St. Elisabeth und St. Nikolaus.

Links vom Altar in einem eigens dazu angebauten Rundbau steht der Prunksarg mit der schla­fen­den Figur der verstorbenen Herzogin. Das Bildwerk, von oben beleuchtet, macht einen wunderbaren Eindruck; ein Erzeugnis höchster Vollendung in der Kunst, in eigentümlich  zauberhafter Beleuchtung aufgestellt, scheint es zu leben. An den Ecken des Prunksarges sind sinnbildliche Figuren: Glaube, Liebe, Hoffnung und Unsterblichkeit, an den Längsseiten die zwölf Apostel angebracht. Das Marmorbild ist ein Meisterwerk Hopfgartens. Der ganze Bau aber ist das Werk des nassauischen Oberbaurates Hoffmann, nach russischen Skizzen ausgeführt.

Die griechische Kapelle war ehedem Eigentum des herzoglich Nassauischen bzw. großherzoglich Luxemburgischen Fürstenhauses, wechselte kurz vor dem Ersten Weltkrieg den Besitzer und ging an die russische Regierung über. Die in der Kapelle vorhandenen Kunstschätze sind allen Gegenbemühungen zum Trotz aus dem Kriege unversehrt hervorgegangen.

Schon bald entwickelte sich die Kirche zu einem Anziehungspunkt für Reisende. Auch  die Zahl der russischen Gläubigen nahm stetig zu. Viele von ihnen ließen sich dauerhaft in Wiesbaden nieder. Die Geschichte dieser Gemeinde ist ein getreues Abbild der politischen Entwicklung: Der Glanz des europäischen Hochadels findet sich ebenso wie das Elend der Emigranten und Kriegsgegner. All dies spiegelt sich auch in den Grabmälern des russischen Friedhofs, eines der ältesten in Westeuropa.

Hinter der Kirche ist das Haus des Geistlichen und ein Wachlokal, die im September 1854 zeitgleich mit der Kirche fertiggestellt wurden. Dahinter liegt der russische Friedhof mit einem Totenkapellchen. Auf ihm sind zahlreiche bedeutende Persönlichkeiten aus ganz Europa beigesetzt, darunter der Maler Alexej von Jawelensky. An der Mauer informieren große Tafeln an die Geschichte der Russen in Wiesbaden:

 

1755

Ein Schiersteiner ist Gründungsmitglied der Universität Moskau

1812

Karl Freiherr vom Stein wird Berater  Zar Alexanders I.

1811 - 18 14

Wiesbaden wird zum Sammelplatz von Truppen gegen Napoleon, darunter befinden sich 5.000 Kosaken

Seit 1814

Kaufleute, höhere Militärs und Politiker kommen verstärkt zur Kur und zum Vergnügen nach Wiesbaden

1814

 

Großfürstin Katharina, Schwester Zar Alexanders I., weilt zur Kur in der Stadt

 

1829

Herzog Wilhelm von Nassau heiratet in zweiter Ehe Prinzessin Pauline von Württemberg, Schwägerin von Großfürst Michail Pawlowitsch, dem Bruder Zar Nikolaus 1, von Rußland

 

1837

Heirat der Schwester Herzog Adolfs, Prinzessin Therese, mit Prinz Peter von Oldenburg, Sohn der russischen Großfürstin Katharina Pawlowna

 

Sommer 1840  

Zar Nikolaus I. und seine Gemahlin statten der Residenz Herzog Adolfs in Biebrich einen Besuch ab

 

3. September 1843

Verlobung Herzog Adolfs von Nassau mit Großfürstin Elisabeth Michailowna in Petersburg. Seit dieser Zeit wirbt deren Mutter Jelena beim russischen Adel für Wiesbaden als Reiseziel

Januar 1844

Erneute Reise Herzog Adolfs nach Rußland

1844

Unterzeichnung des Ehevertrages. Er sieht eine Mitgift von 1 Million Silberrubel vor  (am 9. Januar)

1844

Glanzvolle Hochzeit des Paares in St. Petersburg (am 31. Januar)

1844

Feierlicher Einzug Herzog Adolfs und seiner Frau  in Wiesbaden (26.3.)

1844

Eine russische Hauskapelle wird in der Rheinstraße  35-37 geweiht (07. 11.)

27. 01. 1845

Dem Herzogspaar wird ein Mädchen geboren, das wenig später stirbt

1845

Elisabeth stirbt am 28. Januar

4. 02. 1845

Die Herzogin und ihre kleine Tochter  werden in der Mauritiuskirche vorläufig beigesetzt.

1855

Nach dem Brand der Mauritiuskirche werden die Särge in die Bonifatius­kirche überführt.

25. 05.1855

Einweihung der Russischen Kirche und endgültige Beisetzung Elisabeths und ihres Kindes

1860

Kaiserin Alexandra Feodorowna, die Witwe Nikolaus I., kommt zur Kur nach Wiesbaden

1866

Herzog Adolf dankt ab, Wiesbaden wird preußisch

1868

Prinz Nikolaus von Nassau, der Halbbruder Herzog Adolfs, heiratet in morganatischer Ehe Natalie Puschkin (1836 - 1913),  die Tochter des russischen Dichters, die zu einer Gräfin Merenberg erhoben wird

1896

Zar Nikolaus II.  besichtigt mit seiner Familie die russische Kirche (18.10.)

04. 11. 1903

Zar Nikolaus II. trifft in Wiesbaden mit dem Großherzog von Hessen und Kaiser Wilhelm II. zusammen

Anfang 1914

Großherzogin Marie Adelheid von Luxemburg veräußert den gesamten Besitz am Neroberg für 400.000 Mark an den Kaiserl.-Russischen Staatsfiskus

1914

Deutschland und Rußland werden Kriegsgegner. Die Russische Kirche wird konfisziert und bleibt zunächst unzugänglich. Der Gottesdienst wird verboten. Bankguthaben und Wertpapierdepots der Gemeinde werden beschlagnahmt. Die Wahrung russischer Interessen übernimmt das königlich spanische Konsulat in Frankfurt

1918 - 1922

Nach der Oktoberrevolution werden viele russische Emigranten hier ansässig

 

Nach 1933

Der Grundbesitz der russisch - orthodoxen Gemeinde wird zu herrenlosem Eigentum erklärt, das sich der preußische Staat aneignet

 

1945 - 1973

Kommissarische Verwaltung des Kirchengrundbesitzes

1946

Die russische Gemeinde wächst durch „Displaced Persons“ (Osteuropäer, die nicht wieder in ihre Heimat zurückkehren wollen)  auf bis zu 3.000 Personen an

 

Nach 1970

Die Gemeinde schrumpft auf 25 bis 30 zumeist ältere Gläubige

 

Viele Künstler, darunter die Dichter Iwan Turgenjew und Nikolai Gogol, der Komponist Alexander Borodin und der Zarenerzieher und Gründer der nationalen russischen Romantik, Wassili Zhukovskij, haben Wiesbaden besucht. Turgenjew hat seine Erlebnisse in der Novelle „Frühlingsfluten“ verarbeite. Fjodor M. Dostojewski, den es zwischen 1862 und 1871 immer wieder in die Kurstadt zog, berichtet über Wiesbaden in seinem Roman „Der Spieler“. Er logierte im Hotel Victoria in der Wilhelmstraße, nahe der Spielbank, die ihm so oft zum Verhängnis wurde.

Der erste russische Literatur - Nobelpreisträger Iwan Bunin verbrachte im Sommer 1921 einige Wochen in Wiesbaden. Er lebte nahe der Russischen Kirche im Hotel auf dem Neroberg. Im selben Jahr wählte der Maler Alexej von Jawlensky Wiesbaden zu seinem Wohnsitz. Im Hotel Oranien stieg Vladimir Nabokov ab, der als Kind mit seiner Mutter die Kurstadt besuchte. Der Komponist Igor Strawinsky war 1925, 1929 und 1933 in Wiesbaden; im Winter 1930 dirigierte er das zweite Zykluskonzert mit eigenen Werken.

 

Nördlich des Nerobergs

Mit dem Auto fährt man den Cansteinsberg (nördliche Fortsetzung der Wilhelmstraße) hinauf.

Rechts oben ist die „Schöne Aussicht“. An dem alten jüdischen Friedhof  vorbei geht es links in die Straße „Neuberg“. Dann auf der Rosselstraße und Händelstraße auf breitem Promenadenweg mit prächtiger Aussicht auf den Tränkweg. Rechts steht an der Kreuzung mit der

Idsteiner Straße die stattliche Trauereiche. Hier ist auch der Hof Geisberg. Es geht aber auf dem Tränkweg nach links. Hier muß man das Auto stehen lassen.

Es geht rechts nach Norden das Dambachtal hinauf. Vor dem Teich macht man einen Abstecher nach links. Auf der linken Seite des Wegs liegt ein römischer Gutshof. Noch höher liegt ein kleinerer landwirtschaftlicher Betrieb aus römischer Zeit, wohl mit Vieh- und Milchwirtschaft. Nördlich von Wiesbaden liegen mehrere Gutshöfe in ungewöhnlich hoher Lage auf dem Neroberg (Ein weiterer Gutshof liegt südwestlich des Bahnhofs Wiesbaden - Ost).

Dann geht es weiter das Dambachtal hinauf zur Melibokus - Eiche. Hier  kann man schon links abbiegen, am  Karl - Kleins - Born vorbei, südlich um den Aussichtspunkte Speierskopf herum und rechts wieder hinauf zur Leichtweißshöhle. Man kann aber auch erst links gehen und dann rechts hinauf zur Kaiser - Friedrich - Eiche (Schutzhütte). Dort geht es links und noch einmal links am Naturschutzgebiet Rabengrund vorbei. An einem Teich vorbei kommt man auf den Weg, der von der Talstation der Nerobergbahn zur Leichtweißhöhle führt. Diese findet man jetzt, indem man noch ein Stück nach rechts geht.

Die Leichtweißhöhle ist eine Felsengrotte mit unterirdischem Gang, Schutzhalle und Anlagen. Die Höhle führt ihren Namen nach einem Manne Leichtweiß, bei dem es sich übrigens nicht um einen „Räuber“ handelt, sondern um einen Wilderer, das bedauerliche Opfer fürstlicher Jagdwillkür sowie der Verhältnisse, unter denen er lebte. Sie enthält noch den großen steinernen Tisch und die Bank, Bilder des Leichtweiß und seiner Frau. Zehn Minuten östlich ist das Felsenmeer mit der Heemskerk - Ruhe.

Von der Höhle geht man dann auf dem Weg vom Nerotal nach Nordwesten Richtung Platter Straße. Davon geht rechts ein geschwungener Weg ab, der in mäßiger Steigung zu den Herreneichen mit einer Schutzhütte südlich des Münzbergs führt. An der Platter Straße (B 54) ist dann der Himmelsborn. Man geht die Platter Straße  hinunter. Rechts liegt das Freizeitgelände „Unter den Eichen“ mit über 100 Jahre alten Waldriesen. Hier befinden sich die große Gastwirtschaft und das Café Ritter und das Kaffeehaus Orient. In der Nähe der Wirtschaft ist der der Auguste - Viktoria - Tempel mit schönem Blick auf die umgebenden Wälder. Das Luft- und Sonnenbad „Unter den Eichen“ ist im Sommer 1921 eröffnet worden und gilt als eine der schönsten Einrichtungen für diese immer mehr Beachtung findende Kurform. Das Bad nimmt eine Fläche von 30.000 Quadratmeter ein, liegt malerisch versteckt im Walde. Das Unterholz, durch Ziersträucher ergänzt, bildet lauschige Ruheplätze.

Auf der östlichen Seite der Platter Straße liegt der Nordfriedhof mit prachtvollen Grabdenkmälern. Im oberen Teil des neuen Friedhofes befindet sich das Kolumbarium (Urnenhaus). Auf diesem Friedhof finden wir Grabdenkmäler der Tonmeister Franz Abt, Möhring, Herzogenberg, Keler Bela  sowie Friedrich von Bodenstedt (des Dichters des Mirza-Schaffy). Hinter dem Nordfriedhof liegt der neue israelitische Friedhof.

Es geht noch ein Stück weiter nach Süden auf der Platter Straße, dann biegt man nach links ab in die Straße „Wolkenbruch“, die zur Talstation der Nerobergbahn führt. Links weiter auf der Weinbergstraße und der Kleine Weinbergstraße geht es nach links auf den Christian - Spiel­mann-Weg unterhalb der russischen Kirche. Von dort geht es links und rechts in den Tränk­weg.

Mit dem Auto fährt man dann den gleichen Weg zurück bis zur Platter Straße.

Dort geht es links hinunter zum Alten Friedhof, auf dem unter anderem ein Mausoleum der 1856 verstorbenen Herzogin Pauline und ein Kriegerdenkmal für die 1870 /  1871 Gefallenen stehen. Heute ist hier ein Park. Südlich des Friedhofs  steht die große Maria - Hilf - Kirche. Sie 1893 bis 1895 von Dombaumeister Meckel erbaut, eine Zierde des nördlichen Stadtteils. Man kann dann noch durch die Kastellstraße und die Schwalbacher Straße fahren, das Gelände des früheren römischen Kastells.

 

Sonnenberg

Vom Kurhaus durch den schönen Kurpark und die stattlichen neuen Parkanlagen kommt man zur Dietenmühle (Café - Restaurant mit großem Garten). Das ehemalige Sanatorium ist jetzt städtisches Altersheim. Von der Dietenmühle kommt man  in weiteren 15 Minuten den Rambach entlang nach Sonnenberg. (Man kann auch durch die Kuranlagen über Wilhelmshöhe gehen. Oberhalb der Wilhelmshöhe ist ein Friedhof mit Ruine einer alten Kirche).

Vor dem Orte rechts aufsteigend geht  man an der prächtig gelegenen katholischen Kirche vorbei in zehn Minuten zur Ruine Sonnenberg (Wirtschaft auf der Burg). Man steigt von der Haltestelle, durch einen uralten Torweg schreitend, in wenigen Minuten zur Ruine auf. Die Burg wurde 1200 erbaut. Von 1292 -  1298 war sie Sitz des deutschen Kaisers Adolf von Nassau. Im Jahre 1689 wurde sie zerstört, wurde sie später wiederhergestellt. Vom Turm, wo im Burgstübchen ein Heimatmuseum untergebracht ist, bietet sich eine großartige Rundsicht nach dem Rheingau, Donnersberg, Hunsrück und Taunus.

 

Wiesbaden-Sonnenberg ist ohne Zweifel ein Platz an der Sonne. Und zwar nicht nur, weil der Ortsname von einer auffällig von der Sonne beschienenen, nach Süden geneigten Berge herrührt, wie Geologe Witigo Stengel - Rutkowski in der Festschrift erläutert. Der nordöstliche Stadtteil Wiesbadens im engen Rambachtal ist dank seiner luftigen Hanglagen auch eine der attraktivsten Wohngegenden in der Landeshauptstadt. Wer hier Grund erwerben will, muß mehr als 1.000 Mark (bis satte 2.300 Mark) pro Quadratmeter hinlegen. Darunter geht nichts. Zumindest nicht in den Siedlungen Eigenheim oder Heidestock und schon gar nicht in der Höhensiedlung am Birnbaum - auch „Millionärshügel“ genannt - wo sich eine prächtige Villa an die andere reiht.

Zum noblen Wohngebiet wuchs der heutige 8.000 - Seelen - Stadtteil erst nach dem Zweiten Weltkrieg, als „zugereiste Besserverdienende“ die Hügel rechts und links des Rambachtals für sich entdeckten. Die meisten echten Sonnenberger sowie die Durchschnittsverdiener lebten und leben noch heute im Tal selbst - im oder um den alten Ortskern unterhalb der um 1200 von den Nassauer Grafen erbauten Burg.

Diese wurde auf besagtem nach Süden geneigten Berge errichtet, der das enge Tal zerteilt und als festungsbewehrte strategische Sperre das nassauische Wiesbaden vor Übergriffen durch das feindliche Eppstein und die Mainzer Erzbischöfe schützen sollte. Mit dem Burgenbau beginnt die Geschichte des vom Rambach durchflossenen Tals, wie Sonnenberg anfangs schlicht genannt wurde. Zu Füßen der in der Wildnis erbauten Feste ließen sich Handwerker, Metzger, Bäcker und sonstige für den Unterhalt der Burgmannen nötigen Berufsgruppen samt Familien nieder.

Die Siedlung wurde im 14. Jahrhundert durch eine Mauer mit fünf  Türmen in den Burgbereich integriert. Wann genau, weiß niemand. Wahrscheinlich ist, daß der Mauerbau unter Graf Gerlach begann, dessen rührige Gattin Irmgard von Hohenlohe - Weikersheim König Karl IV. von Böhmen bewegte, dem Flecken Sonnenberg im Jahr 1351 das Stadtrecht zu verleihen. Die vor 650 Jahren in Prag ausgestellte Originalurkunde kann im Wiesbadener Stadtarchiv bewundert werden.

Daß die Sonnenberger 2001 offiziell ihr 875jähriges Bestehen feiern, beruht auf der umstrittenen Tatsache, daß 1126 ein „Wulframus de Sunneberc“ eine Schenkungsurkunde an das Kloster Bleidenstadt als Zeuge mit unterzeichnete. Wie dem auch sei, eine richtige Stadt ist Sonnenberg trotz Stadtrecht nie geworden. Während das benachbarte Wiesbaden dank der Thermalquellen aufblühte, kämpften die Bauern in Sonnenberg mit den Böden. Das Rambachtal, vor Jahrmillionen durch die von den Kontinentalverschiebungen ausgelöste Taunusgebirgsfaltung entstanden, erwies sich als unfruchtbar. Magere Hänge und harte Böden brachten den Landwirten den Spottnamen „Steinbauern“ ein. Viele verdienten sich als Waldarbeiter oder Eislieferanten für die Badehäuser Wiesbadens ein Zubrot.

Ohne fruchtbares Hinterland konnte das abseits der Fernhandelsrouten gelegene Sonnenberg nicht gedeihen. Das erkannten auch die Nassauer Grafen, die im 16. Jahrhundert die Burg dem Verfall preisgaben. Damals lebten etwa 250 Menschen im Ort. Wirre Zeiten folgten: Pest, Reformation, Dreißiogjähriger30jähriger Krieg, Brandschatzung, Plünderungen und Hexenverfolgung. Die Burg hat die konflikt- und epidemiereiche Ära als Ruine überlebt, wie auch Teile der Stadtmauer mitsamt dreier Türme und manches Fachwerkhaus im alten Stadtkern. Die Relikte des Mittelalters machten Sonnenberg im 18. Jahrhundert zum beliebten Ausflugsziel für Kurgäste Wiesbadens. Nur knapp drei Kilometer vom Rathaus der Kurstadt gelegen, lockte die Ruine so prominente Gäste wie Goethe an. Nach Wiesbaden eingemeindet wurde Sonnenberg in beiderseitigem Einvernehmen 1926.

Von der vor knapp 800 Jahren errichteten Wehrburg sind nach den Bombardements im Krieg heute noch der fünfgeschossige Bergfried sowie die Unterburg mit Kappellenturm und Burgkapelle von 1384 erhalten. In dem mit einer Aussichts - Plattform versehenen Bergfried hat der Heimatverein Sonnenberg ein Heimatmuseum eingerichtet.

 

Der  Baubeginn der Burg Sonnenberg (Am Schloßberg)  war 1200, der Bergfried war 1208 fertiggestellt.  In den Jahren 1221 - 1242 erfolgte der Ausbau der Oberburg, die 1283 zerstört wurde. Im Jahre 1298 erfolgte eine Erweiterung mit Anlage der Unterburg, 1384 der Kapellenbau.

Die Evangelische Talkirche (Talstraße 15) wurde erbaut um 1429 als Burgkapelle. Im Jahre  1883 wurde sie  renoviert und 1991 - 1994 einer Innenrenovierung unterzogen. Im Jahre 2000 wurde die Rassmann - Orgel restauriert.

 

Im Rambachtal talaufwärts weiter fahrend kommt man nach der am Eingang des malerischen Goldsteintales gelegenen Wirtschaft Stickelmühle. Links geht es in das Goldsteintal. Dort sind  das Sichterhaus, Hubertushütte und Schützenhaus Sonnenberg und Golfsteinsichtertal. Man geht im Tal rechts abwärts, bis links am Eishaus ein Weg (bezeichnet blauer Strich) aufwärts zum Wald führt. Am Fuß des Kellerskopfs ist der Kellerskopfstollen mit Wasserwerk und großem Teich. Abwärts durch Feld und Wiesen zum gegenüberliegenden Wald. Nun entweder rechts abwärts zum nahen Forsthaus und von dort der Bezeichnung gelber Strich nach links aufwärts zum Kellerskopf oder etwas näher auf der Straße aufwärts am Teich vorbei, bis rechts ein Pfad in den Wald einbiegt, der zu der gelben Bezeichnung bringt, die nur etwa 100 Meter vom Waldsaume entfernt sich im Walde hinzieht, und auf ihr aufwärts zum 475 Meter hohen Kellerskopf mit herrlicher Fernsicht vom Aussichtsturm,.  Dort sind auch eine Schutzhalle und eine  Wirtschaft.

 

Durch das Rambachtal geht es nach Rambach mit Resten einer frühmittelalterlichen Befestigung und eines römischen Kastells („Burg“) westlich des Ortes. Ein Abstecher führt nach Heßloch. Von Sonnenberg geht es  östlich über den Bingert (Aussicht) nach Heßloch. Weiter dann  durch Wald (Zeichen blauer Strich) zu dem Unteren Krater auf dem Erbsenacker, der als Basaltbruch benutzt wurde, und in weiteren zehn Minuten zum Oberen Krater, einer etwa 30 Meter tiefen, senkrecht abfallenden Öffnung mit seltenen  Pflanzen und Steinen.

 

Bierstadt (östlich von Wiesbaden):

An der Bierstadter Straße ist der Bierstadter Felsenkeller (Brauereiausschank). Auf der Höhe von der Fahrstraße rechts abbiegend steht die Bierstadter Warte mit Wirtschaft.  Sie war  ehemals Wachtturm für die Burgen der nassauischen Grafen in Wiesbaden und Sonnenberg. Von der Höhe bietet sich wohl die umfassendste Aussicht in nächster Nähe der Stadt auf die Rheinebene.

Die Evangelische Kirche (Venatorstraße 10) wurde  um 1060 erbaut als romanische Saalkirche, das romanische Fugennetz ist noch vorhanden. Sie ist die älteste Kirche in Wiesbaden. Der gotische Turm ist um 1280 entstanden. Die Kirche enthält einen Tafelaltar und eine Marienfigur. Ein Barockumbau einschließlich Barockgestühl erfolgte 1733.

Der Frankenhof (Raiffeisenstraße 1) wurde erbaut vor 400 Jahren in Sichtfachwerk, die Sanierung und Restaurierung erfolgte 1991 -  1999. Er  enthält Bildtafeln über die Sanierung und Restaurierung sowie über Wohnen und Arbeiten im Frankenhof.

 

Erbenheim

In Erbenheim fährt man von der Autobahn ab, wird erst noch einmal an die Autobahn herangeführt und biegt dann nach rechts ab in Richtung Erbenheim. Auf der B 455 geht es weiter, aber nicht in Richtung Königstein, sondern bald nach rechts ab in den Ort. An der ersten Ampel geht es rechts in die Berliner Straße. Unter der Bahn geht es hindurch, dann an der Ampel links und dann sieht man schon rechts die „Humor - Kirche“, das „Harlekinmuseum. Der Parkplatz ist davor. Geöffnet ist allerdings nur im Sommer an Sonntagen von 11 bis 17 Uhr (Telefon 0611/74001). Die Weiterfahrt führt wieder zur Berliner Straße, jetzt aber links ab und dann rechts in Richtung Friedhof und weiter zur Autobahnauffahrt in Richtung Frankfurt. Außerdem gibt es den Flugplatz an der Stelle einer früheren Pferderennbahn.

 

Naurod

Das alte  Backhaus ist wieder hergerichtet und wird genutzt. In der Nähe ist das Geburtshaus des Lehrers und Heimatdichters Rudolf Dietz, geboren 1863.

 

 

Walluf

Von der Autobahnabfahrt Wiesbaden - Frauenstein kommt  man nach Walluf und Nieder­walluf. Am Ortseingang steht auf der Straße eine alte Presse als „Tor zum Rheingau“. Ein kleines Stück weiter steht links ein grünes Schild „Ruine der Johanniskirche, Ruine der Turmburg“. Das Auto an der Hauptstraße parken und zu Fuß etwa 200 Meter nach links gehen. Dort stehen rechts die Ruinen: Die Johannis­kirche ist aus dem 16. Jahrhundert und daneben die ausgegrabenen Reste einer frühromanischen Burg.

 

Die Johanniskirche in Niederwalluf:

Die jetzt sichtbare Ruine der letzten Johanniskirche ist der Bau von 1508 (Jahreszahl auf einem Stein über dem Westportal). Im Dreißigjährigen Krieg wurde die Kirche verwüstet, das Pfarrhaus niedergebrannt. Nach dem Krieg wurde das Gebäude wieder restauriert und war bis 1719 die Pfarrkirche von Niederwalluf. Dann wurde die ehemalige Adelheid­kapelle zur neuen Kirche und bildet noch heute den Chor der jetzigen Kirche „St. Johannes der Täufer“ Der Abbruch erfolgte 1807. Die Ausgrabungen erbrachten den Grundriß eines Vorgängerbaus, eine Saalkirche (10 mal 6,20 Meter) mit fast quadratischem Chor (4,20 mal 4,50 Meter), an die nachträglich ein 2,50 Meter breites Seitenschiff angebaut wurde.

 

Die Turmburg:

Der Stumpf der Turmburg wurde erst 1930 als altes Bauwerk erkannt. In den Wintern 1931 bis 1933 wurden Ausgrabungen durchgeführt. Bei einer Mauerstärke von 2,20 Metern entfallen von  den 112 Quadratmetern Grundfläche nur 33 Prozent auf die Innenfläche (37 Quadratmeter). Die Ecken - eine Ostecke ist noch vorhanden - waren mit roten Sandsteinquadern verblendet. Der oberste erhaltene Quader an der Ostecke weist einen Randschlag mit Spiegel auf, der als Hinweis auf eine sailerzeitliche Datierung gilt. Der Turm war mit einer echteckigen Wehrmauer in unterschiedlichen Abständen und einem Graben umgeben. In einer weiteren Bauphase wurde die Turmanlage nach Westen durch ein Gebäude erweitert. Sie ist eine Anlage des 11. Jahrhunderts und war von weiteren Häusern umgeben.

 

Kirche in Ober- Walluf:

In der Kirche in Ober - Walluf wird einmal im Jahr das „Büßergewand“ der Heiligen Elisabeth gezeigt, das sonst in einem Altarschrein verborgen ist. Das Gewand ist tatsächlich aus dem 13. Jahrhundert, aber ob es „echt“ ist, läßt sich nicht erweisen, es ist nur „in einem erweiterten Sinn echt“. Als Elisabeth gestorben war, hat man sie vier Tage aufgebahrt. Bei dieser Gelegenheit wurden schon die ersten Reliquien gestohlen: Haare, Fingernägel und die Brustspitzen (!).

 

Sonstiges:

Sehenswert sind in Walluf auch das Rathaus und die barocken Adelshöfe. Der Ort wurde aufgegeben, als sich die Bewohner auf die heutige Stelle hinter die dichte dornige Schutzhecke zurückzogen, das einstige Rheingauer „Gebück”.

 

Wenn man bei den Ruinen ein Stück weiter geht und nach links abbiegt, kommt man zum Damm, der in Richtung Wiesbaden - Schierstein führt. Dieser Damm umschließt ein Wasser- und Naturschutzgebiet (siehe Schierstein).

Gleich hinter Niederwalluf stehen viele großen Herrschaftssitze und Landhäuser: Rheinfried, Rheinberg usw.

 

 

Eltville

Das „alta villa“ der Römer, die „Stadt der Rosen und des Weins“, das spätere Eltville, war über 150 Jahre Sommerresidenz der Mainzer Kurfürsten. Herausragend sind die ehemalige erzbischöflichen Burg, das Schloß des Grafen Eltz, der Hof des Freiherrn Langwerth von Simmern und viele schöne alte Landhäuser am Rhein und rückwärts nach dem Taunus zu. An der Erbacher Straße steht  der Neubau der Sektkellerei Matheus Müller und die 1928 eröffnete Stadthalle mit großem Sportplatz.

Der Ruf Eltvilles als Rosenstadt nahm erst Ende des 19. Jahrhunderts seinen Anfang. Im milden, sonnigen Klima des Rheingaus mit seinen idealen Bodenverhältnissen konnte auch die Königin der Blumen gedeihen. Man gründete eine Rosenschule. Eltviller Rosen waren selbst am Zarenhof in Sankt Petersburg begehrt. Vor einigen Jahrzehnten ist die Stadt dazu übergegangen, die Rosen statt auf Feldern nunmehr in den städtischen Anlagen und in der Kurfürstlichen Burg zu züchten. Inzwischen verwandeln 22.000 Stöcke in 350 Arten mit ihren Blüten den Altstadtbereich, die Rheinpromenade, den Burggraben am Kurfürstlichen Schloß in ein Gesamtkunstwerk. Die an der historischen Burg- und früheren Stadtmauer rankenden Kletterrosen dürften einmalig sein. Sie haben nicht unerheblich zur Verleihung des exklusiven Prädikats „Rosenstadt” beigetragen.

 

Man fährt zum Parkplatz am westlichen Ende der Stadt am Rhein (der Weg ist anzeigt). Schöne alte Gärten findet man schon bei den Villen am Rheinufer. Von dort geht man nach Osten den Rhein entlang. Dabei kommt man zu folgenden Sehenswürdigkeiten:

  • Sebastiansturm von 1332, Teil der Stadtbefestigung
  • Gasthaus Krone (Eckhaus)
  • Martinstor, das einzige erhaltene Stadttor
  • Eltzer Hof, an der Ecke Rosengasse, Westseite
  • Haus „Die Rose“ an der Ecke Rosengasse, Ostseite, erstmals 1480 erwähnt als Gasthof „Zur güldenen Rose“, bewacht von der Figur des heiligen Florian.
  • Kurfürstliche Burg.

Ehe man die Burg besucht, macht man noch einen Abstecher am Rhein entlang zur Burg Craß östlich der kurfürstlichen Burg.

 

Burg Craß:

„Das Gebäude ist ohne besondere kulturhistorische, bauliche oder funktionstechnische Qualitäten.“ Zu diesem Verdikt kam eine in den achtziger Jahren angefertigte Standortanalyse über die sogenannte Burg Craß, an deren Stelle ein Hotel mit etwa 180 Betten gebaut werden sollte. Die Wahl dieses Ortes für ein solches Projekt war verständlich, steht die kleine, aus zwei Hauptgebäuden und Resten mehrerer Wirtschaftsbauten bestehende Anlage doch an einem der malerischsten Punkte im Rheingau: Inmitten eines kleinen Weinbergs am Rheinufer, nur etwa 70 Meter von der Mündung des Sülzbachs in den Rhein gelegen, wird das Hauptgebäude der Burg Craß nur durch den ehemaligen Treidelweg vom Rhein getrennt. Im Westen erhebt sich hinter der Stadtmauer die benachbarte Kurfürstliche Burg mit ihrer eindrucksvollen Silhouette. Ein scheinbar idealer Bauplatz für ein modernes Luxushotel.

Bei genauerem Hinsehen hätten die Gutachter bereits damals erkennen können, daß es sich um sehr alte Gebäude mit hohem Denkmalwert handelt. Zwar wirkt die Anlage mit ihren zurückhaltenden Proportionen, hohen Stufen‑ und Schildgiebeln sowie einem zinnenbekrönten Treppenturm wie ein einheitlich geplantes, neugotisches Schlößchen, jedoch deuten die Befunde mehrerer Umbauphasen, die großen Mauerstärken und die an mehreren Stellen unter dem dicken Zementputz hervorscheinenden Spolien auf ein über Jahrhunderte gewachsenes Bau­ensemble. Auch hatte Dehio bereits vermutet, daß es sich um eines der ältesten Gebäude von Eltville handeln müsse. Das Hotel wurde nie gebaut. Burg Craß blieb unbewohnt und ohne Funktion.

Eine erste Analyse des Grundrisses und des Aufrisses legte die Vermutung nahe, daß es sich im Kern um einen ursprünglich dreigeschossigen, romanischen Wohnturm handelt. Wahrscheinlich waren um diesen weitere Wirtschafts‑ und Kleinbauten innerhalb einer Umfriedung gruppiert. An die Ostseite des Turms wurde später ein hochromanischer, zweigeschossiger Saalgeschoßbau. Diese anfängliche Einordnung konnte im Sanierungsverlauf durch weitere Untersuchungen bestätigt werden. Ein vermauertes Holzfragment im Ostgiebel des Wohnturms wurde dendrochronologisch auf 1076 (± 8 Jahre) datiert, so daß die Erbauungszeit gesichert ist.

An mehreren Bereichen des Wohnturms zeigten sich teilweise großflächige Reste des ursprünglichen Außen- und Innenputzes, der mit seinen Quaderritzungen („pietra rasa“) über hammergerecht zugehauenen Bruchsteinen Ähnlichkeiten mit den an der Stiftskirche in Bad Hersfeld erhaltenen Putzpartien (Bau V, zwischen 1037 / 1938 und 1114) aufweist. Ein kleines, romanisches Biforenfenster im Westgiebel des Wohnturms befindet sich nicht mehr in seiner ursprünglichen Lage, die Übereinstimmung mit anderen verbauten Steinvarietäten belegt jedoch, daß es nicht von einem anderen Bauwerk stammt.

Im jüngeren Saalgeschoßbau fanden sich unter modernen Bretterverkleidungen qualitativ äußerst hochwertige romanische Mauerpartien mit opus‑spicatum ‑ Einschüssen. Die während der Sanierung an der Nordfassade aufgetauchten Reste eines Kaminrisalits lassen Ähnlichkeiten mit hochromanischen Bauten in Aachen, Klosterplatz 1 (etwa 1222), und Karden, Klosterkirchplatz 40 (Mitte 13. Jahrhundert), erkennen.

Neben den romanischen Bauphasen haben auch die später in den Gebäuden lebenden Familien (Frey von Dehrn; von Creiffenclau; de Grunne u.v.m.) ihre Spuren hinterlassen. So konnten durch weitere dendrochronologische Untersuchungen ein fast vollständig erhaltener Dachstuhl von 1340 / 1941 und eine tief greifende Renaissance  ‑ Umbauphase von 1562 nachgewiesen werden, außerdem mehrere künstlerisch gestaltete Umbauphasen bis ins ausgehende 19. Jahrhundert.

Bei Aushubarbeiten für neue Kanäle fanden sich in Füllschichten des Erdgeschosses Reste von gotischen Fußbodenkacheln und Scherben von Gebrauchskeramik, die einen kleinen Eindruck vom Leben innerhalb des Gebäudes geben. Insgesamt wurde bereits vor Beginn der Sanierung und später auch im Bauverlauf der hohe Wert der Bausubstanz belegt. Es zeigte sich, daß die so genannte Burg Craß nicht nur „kulturhistorische Qualitäten“ besitzt, sondern daß sie einer der ältesten Profanbauten im gesamten Rheingau ist.

Erst 1995, nachdem die Gebäude mehr und mehr überwuchert und verwahrlost waren, kam wieder Bewegung in das Projekt. Mit der Entscheidung, die Anlage der Eltviller Sektkellerei „Schloß Vaux“ zu übergeben, erhielt ein Bauherr den Zuschlag, der eine substanzschonende Restaurierung zusagte. Die kulturell sehr engagierte Leitung der Kellerei suchte von vornherein ein denkmalgerechtes Nutzungskonzept. Während der Sanierung zeigte sich, daß trotz denkmalpflegerischer Einschränkungen eine derartige Anlage schonend instand gesetzt werden kann, ohne eine spätere Nutzung zu verhindern.

So fand sich der Betreiber bereit, die Putzbefunde weitgehend zu erhalten, den gotischen Dachstuhl zu restaurieren und tief greifende Substanzveränderungen zu unterlassen. Auch wurden viele historische Baudetails (Gewände, Fenster, Türen und so weiter) repariert und wieder verwendet.

Im Gegenzug wurden einige neue Anbauten genehmigt, die jedoch so zurückhaltend gestaltet sind, daß sie den Eindruck der Anlage nicht stören. Außerdem gab sich die Denkmalpflege damit zufrieden, daß der noch feste Außenputz erhalten blieb und lediglich überstrichen wurde. Damit ist zwar eine endgültige Klärung der romanischen Fenstersituation zur Zeit nicht möglich, allerdings bleiben die Befunde unter dem Putz unversehrt erhalten und können bei einer späteren Restaurierung untersucht werden.

 

Kurfürstliche Burg:

Dann geht man wieder zurück zur Burg mit den Kletterrosen an der Mauer und der großen Presse von 1727 vor dem Eingang. Die Burg der Erzbischöfe von Mainz wurde 1330 begonnenen  und als Wasserburg erbaut. Im Dreißigjährigen Krieg wurde sie zerstört. Erhalten sind Hauptturm, die Ruine des Palas, einige Mauerstücke mit Wehrgang und das Burgtor. Man kommt in den Burghof mit dem tiefen Brunnen. Im Inneren sind ein Kamin zu sehen und eine Druckerpresse. In der Burg ist auch eine Gutenberg – Gedenkstätte,  denn in diesem Gemäuer erhielt  Johannes Gutenberg, der Erfinder der Buchdruckerkunst mit beweglieben Lettern, 1465 die einzige Ehrung seines Lebens.  Am Ausgang nach Norden befindet sich rechts eine Gedenktafel für Gutenberg.

Weiter geht es durch die Burggasse. Nach links macht man einen Abstecher in die Burghofstraße mit dem Hof der Gensfleisch von Gutenberg von 1681. Rechts kommt dann das Gelbe Haus mit einer alten Presse. Man geht durch den Hof und durch das Turmgäßchen zum östlichen Turm der Stadtbefestigung (heute Archiv).

Dann geht man nach links in die Rheingausstraße. Rechts steht das Haus des Musikverlegers Schott. In der Rheingaustraße 54 steht ein alter Adelshof. Links kommt dann der Lichtenstein’sche Hof. Dann geht es links in die Kirchgasse. Rechts steht der alte Patrizierhof Bechter­münz von 1467 (Druckerei der Brüder Bechtermünz?), heute ein Weingut. Links ist das Weingut des Barons Langwerth von 1422 mit Brunnen und Presse im Hof. Man geht links um die Kirche herum durch die Ellenbogengasse. An der Ecke Rosenstraße steht die alte Schule, im Jahre  1480 als Haus des Kaplans erbaut.

Die Katholische Pfarrkirche St. Peter und Paul ist ein einschiffiger Saal, der in der Mitte des 14. Jahrhunderts. begonnen  wurde, Seitenschiffe und Turm entstanden 1419 bis 1434.  Die Kirche enthält eine Mondsichelmadonna vom Anfang des 16. Jahrhunderts und spätgotische Wandmalerei.

Durch die Rosengasse kommt man zum kleinen Markplatz mit dem Rathaus und einem Brunnen. Nach links geht es dann zum Martinstor und wieder zum Rhein. es gibt noch zahlreiche Fachwerkhäuser aus dem 16. - 18. Jahrhundert und zahlreiche Adelshöfe, darunter der  Stockheimer Hof von  (vor 1550) in der Kirchgasse 6 (Ecke  Rheingauer Straße).

 

Schloß Reinhartshausen:

Am westlichen Ende von Eltville direkt an der Durchgangsstraße steht links inmitten der Weinberge das Schloß Reinhartshausen, das 1855 an die Prinzessin Marianne von Preußen überging.

Sie war eine niederländische Prinzessin, die unglücklich mit Prinz Albert von Preußen verheiratet war  und durch die Welt zog, bis sie nach Schloß Reinhartshausen kam. Dort lebte sie dann in wilder Ehe mit einem von Rossum, ihrem Fuhrmann. Ihr Sohn starb 1861 im Alter von zwölf Jahren. Über seiner Grabstätte ließ sie die Kirche erbauen, eine evangelische Kirche in sonst katholischen Rheingau. Weil der Lebensgefährte  aber nicht in der Kirche begraben werden durfte, ließ sie sich auch auf dem Friedhof neben ihm begraben.

Früher galt das Schloß Reinhartshausen im Rheingau als kleine, exklusive Welt für sich abgehoben und wie ein Satellit, der über Erbach kreist. Von diesem Image möchten sich die neuen Herren des einstigen Preußen ‑ Palais schleunigst ein für allemal verabschieden. Thomas Bonan­ni ist Geschäftsführer des renommierten Hotels mit 54 Zimmern und 14 Veranstaltungsräumen, in dem vor einiger Zeit die europäischen Außenminister tagten und mit dem bei Gourmets hochgeschätzten Feinschmecker ‑ Restaurant „Marcobrunn“, in dem der bekannte Küchenchef Alfred Friedrich den Kochlöffel schwingt  (An der Straße nach Hattenbach erscheint bereits um 1200. die Weinlage Marcobrunn).

Schloß Reinhartshausen gehörte den Prinzen von Preußen, bevor es der Lebensmittelgrossist Willi Leibbrand übernahm, für 100 Millionen Mark sanierte und zu einem Fünf ‑ Sterne ‑ Hotel samt Gourmet - Restaurant umwandelte. Wegen horrender Steuernachforderungen mußten sich die Erben des 1993 verstorbenen Bad Homburger Filialisten von Schloß und Weingut trennen. Sie verkauften es den Freunden von Schloß Reinhartshausen, einer privaten Investorengruppe unter Führung des Unternehmers Dieter Bock.

Das neue Management bestand auf wirtschaftlicher Effizienz, die unter anderem durch Personalabbau erreicht wurde: Früher arbeiteten 200 Mitarbeiter im Hotel, heute sind es noch 75, im Weingut schrumpfte das Team von 45 auf 30 Mitarbeiter.

Seit November des Jahres 2001 arbeitet Schloß Reinhartshausen mit der Hotelgruppe Kempinski zusammen. Eine glückliche Fügung nicht nur für die Luxus - Herberge im Rheingau, die von deren Erfahrung bei Verkauf und Marketing Vorteile hat, sondern auch für das Weingut, das sich damit einen neuen Absatzmarkt sicherte: 70.000 Flaschen Wein und Sekt aus dem Schloßkeller ordert Kempinski jährlich für seine Häuser in aller Welt.

Das Weingut Reinhartshausen zählt zu den angesehensten im Rheingau. Überwiegend Riesling und zunehmend Spätburgunder gedeihen auf den 80 Hektar umfassenden Rebflächen, zu denen auch die Rheininsel Mariannenaue (gegenüber von Erbach) gehört. Die soll mehr denn je dem sanften Tourismus geöffnet werden. Schon jetzt werden Hotelgäste und Weinfreunde mit dem alten Lotsenboot „Preußens Gloria“ zu Inselspaziergang und Weinprobe übergesetzt.

Andreas Blaurock, Geschäftsführer des Winzerbetriebs im Schloß, will künftig die Produktion des Rotweins von derzeit sieben auf 15 bis 18 Prozent ausweiten. Grund: Spätburgunder habe bessere Marktchancen als Riesling, weil er länger lagerfähig sei. Hinzu kommt Andreas Blaurocks Abneigung gegen die „Erste ‑ Gewächs ‑ Philosophie“: Nach deren Regeln müssen nämlich Weine, die auf Top ‑ Lagen gedeihen, trocken ausgebaut werden, Beerenauslesen und Eiswein („unsere Premium ‑ Qualität“) können hingegen wegen ihrer Restsüße diese Vorgabe nicht erfüllen.

Nach solchen Kriterien wäre der bis zu 140 Jahre alte kostbare Riesling aus der Schatzkammer des Schloßkellers kein erstes Gewächs, verdeutlicht der Winzerchef das Dilemma. Es werden  rund 420.000 Liter Wein jährlich in den schloßeigenen Wingerten produziert. Zehn Prozent davon werden nach Japan exportiert. Auch die europäischen Nachbarn gehören zu den Abnehmern, darunter auch das niederländische Königshaus. Sogar zur Prinzenhochzeit sind einige Flaschen nach Amsterdam geschickt worden.

 

Weingut Baron Knyphausen:

Schon fast in Erbach liegt das Weingut mit Hotel. Nachdem das Kloster Erbach 1803 aufgehoben wurde, wurde es 1818 von der Familie gekauft. Vor dem Herrenhaus steht heute ein Weintotem aus neuerer Zeit.

 

Erbach:

Der nächste Ort nach Eltville ist Erbach mit der evangelischen und katholischen Kirche und schönen alten Fachwerkhäusern. Am westlichen Ortsrand steht Schloß Reichartshaussen.

 

 

 

Kiedrich

Das „gotische Weindorf” hat eine vermutlich mehr als 1000-jährige Geschichte (erstmals 1069 erwähnt). Der Titel kommt nicht nur von den gotischen Bauten, sondern auch von einer weiteren Besonderheit: Jeden Sonntag und an besonderen kirchlichen Feiertagen intonieren etwa 30 Knaben und 24 Männer nach soge­nannten Hufnagelnoten Gesänge aus dem Hoch- und Spätmittelalter in lateinischer Sprache. Der Vortrag folgt Originalabschriften aus die­ser Zeit. Die älteste stammt aus dem 12. Jahrhundert und ist - wie alle anderen, nach denen gesungen wird - im kleinen Chormuseum ausgestellt.

Kiedrich gilt als letzte Pflegestätte des „germanischen Choraldia­lekts“, der sich vom romanischen der Edition Vaticana durch größere Intervalle und eine Erweiterung der Melodien unterscheidet. Seit dem Jahre 1333 läßt sich eine ungebrochene Chortradition nachweisen, an der auch festgehalten wurde, als man seit Ende des 18. Jahrhun­derts dazu überging, im Erzbistum Mainz „deutsch“ zu singen. Zunächst waren die Lieder den „Altaristen“ vorbehalten. Aber seit dem 17. Jahrhundert wurden diese nach und nach auch von Laien - Män­nern und Knaben - abgelöst. Im 19. Jahrhundert gingen dann daraus die „Kiedricher Chorbuben“ hervor.

Maßgeblicher Anteil daran gebührt dem englischen Baronet John Sutton (1820 - 1873). Der Gentleman hatte auf einer obligatori­schen Bildungsreise entlang des Rheins 1857 das „Schatzkästlein“ Kiedrich entdeckt. Regelrecht verliebt in das Städtchen. machte es sich Sutton ideell und materiell zur Lebensaufgabe, Bausubstanz und Chorgesang im ursprünglichen gotischen Stil zu bewahren. Wenn auch eine gehörige Portion Rheinromantik mitschwang, widerstand Sutton dem historisierenden Zeitgeist und konzentrierte sich ganz auf Restaurierung und Rekonstruktion.

Selbst Orgelspieler, ließ er zunächst die Kirchenorgel instandsetzen, die barocken Elemente ent­fernen und einen gotischen Prospekt malen. Außerdem veranlaßte Sutton die Erneuerung der wein­pokalförmigen Kanzel. Neben der Neuverglasung der Fenster im Chorraum krönte er diesen mit einem Dachreiter und setzte einen neuen Turmhelm mit den charakteristi­schen Ecktürmen an der mittleren Spitze. Bei den Instandsetzungsarbeiten fanden sich Bruchstücke, nach de­nen der Lettner wieder aufgerichtet werden konnte.

Kiedrich war schon 1250 selbständige Pfarrei. Durch die zahlreichen St. Valentinus - Wall­fahrten erlangte der Ort bald große Bedeutung. Die gotische Pfarrkirche St. Dionysius und Valentinus (Marktstraße) ent­stand in vier Bauabschnitten im 14. und 15. Jahrhundert und gilt als die reizvollste der mittelrheinischen Kirchen dieser Zeit.

Ihr Neubau wurde erforderlich, nachdem der Vorgängerbau zu klein geworden war und die benachbarte, 50 Jahre zuvor been­dete Michaeliskapelle den Pilgerstrom zu einer Valentinus-Reliquie nicht mehr aufnehmen konnte. Auf viele Wallfahrer läßt auch eine Kanzel an der Außenseite der Michaeliskapelle schließen, wo überdies das schönste Ausstattungsdetail,  ein filigraner Altar-Chor, zu bewundern ist.

Als Erbauungsjahr wird auch 1493 angegeben, sie ist jedenfalls aus der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts. Das goti­sche Langhaus besitzt eine kostbare Innenausstattung im spätgoti­schen Stil. Sehr gut erhalten ist das gesamte reichgeschnitzte Laiengestühl, das auf 1510 datiert wird. Unter dem Lettner steht die Kiedricher Madonna von 1330. Die Orgel stammt aus dem 16. Jahrhundert (um 1500), die älteste spielbare Orgel Deutschlands. Zwei Glocken aus den Jahren 1389 und 1513 rufen zum Got­tesdienst. Die Kirche hat heute den Rang einer Basilika.

 

Die „Kiedricher Chorbuben“ singen jeden Sonntag während des Hochamtes von 10.15 Uhr an, zudem an den Vorabenden hoher christlicher Feiertage. Die St.-Valentinus-Kirche kann nach Ende des Hochamtes, also nach 11.15 Uhr, besichtigt werden. Zu diesem Zeit­punkt werden auch regelmäßig Führungen angeboten (sonst Voran­meldung über das Pfarramt: Rufnummer 0 61 23/24 21). Das Chor­museum hat sonntags von 11.30 bis 12.30 Uhr geöffnet oder nach Voranmeldung unter Rufnummer 0 61 23/28 10.

Nur noch in Kiedrich findet sich ein geschlossener Pfarrbezirk wie früher allent­halben üblich, inzwischen ist er  aber gänzlich aus den Ortskernen ver­schwunden. Der Vergleich mit dem heiligen Hain einer griechischen Tempelanlage scheint nicht zu hoch gegriffen, um das von einer Mauer gefaßte Ensemble von St.- Valentinus - Kirche, gotische 1444 vollendete To­tenkapelle St. Michael mit Karner (Beinhaus), Pfarrhaus von 1626 und Küsterhaus, dem einstigen Schulhaus (erbaut im 18. Jahrhundert, Fachwerkbau auf mittelalterlichem Keller, heute Katholisches Pfarrheim) und das (später erbaute) Chorgebäude mit Museum bilden einen überaus stimmungsvollen Raum. Für das stilistische Vermögen der spätmittelalterlichen Baumeister spricht die proportionale Ausrichtung der beiden Gotteshäuser: sie läßt sich am besten von den Weinbergen aus nachempfinden. Wer dem Mühlbergweg hinauf in die Wingerte folgt, kann den Pfarrbezirk gut überblicken.

 

Reizvolle Stra­ßenbilder mit zahlreichen ehemaligen Adelshöfen und Fachwerkhäusern.

haben sich in dem bedeutenden Weinörtchen erhalten. Gegenüber vom Pfarrbezirk steht das schönste Profan - Gebäude, das steinerne Renaissance  - Rathaus von 1585 mit einem ungewöhnlichen Schorn­steinkopf am Nordgiebel. Der Marktbrunnen ist erbaut 1541 von Moritz Lechler. Der älteste Marktbrunnen im Rheingau wurde 1998 restauriert

 

Der Weg führt weiter leicht bergan zum „Weinberg der Ehe“. Seit Mitte der siebziger Jahre dürfen in Kiedrich Getraute drei Reben pflanzen. Alle zwei Jahre werden die bislang etwa 1000 Paare von der Gemeinde eingeladen und mit Riesling aus dem „Ehe  - Anbauge­biet“ verköstigt. Am Ende des Wingertweges schließlich stößt man auf den etwa 20 Meter hohen Turm der Ruine Scharfenstein, einer mainzischen Schutzburg aus dem frühen 13. Jahrhundert

(den Schlüssel für den Turm der Ruine Scharfenstein gibt es werktags im Rathaus).  Der Ausblick ist nun ein anderer: Fast unwirklich glitzert das silberne Band des Rheins in einigen Kilometern Entfernung. Der abseitigen Lage verdankt Kiedrich auch, daß es niemals ernsthaft zerstört wurde.

 

Alljährlich am letzten Juni-Wochenende findet in fast familiärer Gemüt­lichkeit das traditionelle Rieslingfest mit Weinprobierständen aller namhaften Weinbaubetriebe statt.

Im Peterstal hinter dem Dorf ist die Kiedricher Virchowquelle.

 

Wenn man schon einmal in Kiedrich ist, kann man weiter fahren  bis Hausen vor der Höhe:

Man biegt man schon vor Hausen nach links ab (noch vor der für Autos gesperrten Zufahrt zum Hof Mappen) und fährt zum Naturparkplatz „Förster - Bitter - Eiche“.  Von dort ist noch ein Stück zu laufen bis zu den Resten des „Gebücks“ und zur Mapper Schanze(in Richtung Hof Mappen).

Hausen v.d. Höhe selber kann man im Feldflora - Reservat erfahren, welche wichtigen Kulturpflanzen die Bauern vor 200 Jahren anbauten und welche Wildkräuter früher auf den Äckern standen und wie man seltene Wildkräuter wieder vermehren kann.

 

 

Kloster Eberbach

Der Titel „Kulturdenkmal von europäischem Rang“ soll kein Superlativ sein. Die Bedeu­tung ist europäisch zu sehen, denn der Zisterzi­enserorden war über die Ländergrenzen hinweg in ganz Europa verbreitet. So findet man rund 600 Klosteranlagen in Europa, die sich alle glei­chen. Die Mutterklöster (Citeaux, La Ferté, Pon­tigny, Clairvaux, Morimond) sind verändert oder teilweise zerstört.

Es gibt drei Gründe, die die europäische Bedeutung recht­fertigen: die frühe Entstehungszeit im Jahre 1136 (gegründet zu Lebzeiten des Bernhard von Clairvaux),  der fast unberührte Originalzustand und die Qualität der Einzelbauwerke sowie  die Ge­schlossenheit der Gesamtanlage.

Viele der Bauten stellen überzeugende Beispiele der Architekturgeschichte dar, so zum Beispiel: die in karger Strenge und monumentaler Schlicht­heit gegliederte Kirche; der quadratische Kapi­telsaal mit seinem prachtvollen Sterngewölbe über achteckigem Mittelpfeiler mit den gotischen Deckenmalereien. Das zweischiffige, kreuzrip­pengewölbte Mönchsdormitorium zählt zu den wirkungsvollsten mittelalterlichen Raum­schöp­fungen in Europa.

 

Geschichte:

Eberbach selbst ist ebenso wie Himmerod in der Eifel eine unmittelbare Filiale des Mutterklosters in Clairvaux. Der Orden unter der Führung des Abtes Bernhard von Clairvaux war eine 1098 gegründete Reformbewegung auf Grundlage der Mönchsregeln des Heiligen Benedikt. Die Zisterzienser lebten getreu ihres asketischen Grundsatzes „ora et labora“ (Bete und arbeite). Nur wenige Stunden Schlaf unterbrachen den Rhythmus von Chordienst und harter Arbeit. Die Mönche lebten weitestgehend schweigend unter kargen Bedingungen. Entsprechend den Grundsätzen der Zisterzienser ist die Klosteranlage neben dem Gottesdienst ganz auf Gemeinschaftsleben und wirtschaftliche Betätigung eingerichtet.

 

4Möglich wurde seine Gründung durch eine Stiftung des Mainzer Erzbischofs Adalbert I.

Augustiner- und Benediktinermönche führten für wenige Jahre ihr asketisches Leben in dem entlegenen Tal, bevor die Zisterzienser hier im frühen 12. Jahrhundert den Grundstein für eine blühende Klosterkultur legten.  Schon um 1116 wurde ein Augustiner-Chorherrenstiftes gegründet,  1131 dann ein Benediktinerklosters. Sie wurden aber wegen mangelnder Disziplin ausgewiesen.

Im Februar 1136 ließen sich zwölf Zisterzienser Abt Ruthard von Burgund im Tal des Kissel­baches nieder. In Kürze hatten die Zisterzienser die Hänge oberhalb vom Rhein und im Kis­sel­bachtal gerodet und ihnen das Gepräge der Weinberge gegeben. Bald waren sie übersät von den Wein­stöcken und Riesling - Trauben des Klosters.  Kloster Eberbach entstand und erfreute sich eines raschen Aufstiegs. Bereits 1142 lebten und arbeiteten über 60 Mönche. Fünfzig Jahre nach der Gründung konnte1186 die Klosterkirche geweiht werden. Weitere 34 Jahre später waren die Bauarbeiten an der ursprünglich romanischen Klosteranlage abgeschlossen.

Das Kloster hatte im 12. und 13. Jahrhundert seine Blütezeit mit 200 bis 300 Laienbrüdern. Mit 200 Wirtschaftshöfen, Kellereien und Weinumschlagplätzen war das Kloster umgeben. Und sogar über eigene Schiffe verfügten die frommen Brüder, mit denen sie ihre Weinfässer rheinabwärts in die Flußmetropolen verschifften.

Das Gold des Rheingaus - den Wein  - wußten die arbeitsamen Mönche nicht nur zu entdecken, sondern auch zu mehren. Aus der ursprünglichen Absicht, eigenen Meßwein zu erzeugen, entwickelte sich der Wein rasch zu einem erstrangigen Handelsgut. In seiner Blütezeit verwaltete das Kloster 205 Außenstationen, Gutshöfe und Kellereien von Köln bis Worms und betrieb gar eigene Schiffe auf dem Rhein.

Zeigten die Zisterzienser sich als „Goldgräber“ äußerst erfolgreich, so bewiesen sie gleichsam als „Juweliere“ ihr besonderes Können. Aus dem edlen Rohstoff, der Rebe, gewannen die Eberbacher Mönche funkelnde, genußreiche Kreszenzen. In der klösterlichen Weinwirtschaft verband sich der Fleiß der Ordensbrüder mit einem seinerzeit unbekannten systematischen Qualitätsstreben: Durch Kauf und Tausch erschlossen die Zisterzienser beste Weinbergslagen, die Einhaltung von Lesebestimmungen garantierte die Güte der Trauben und die Weinbehandlung in den Eberbacher Kellern erfolgte nach Methoden, wie sie bis in unsere Zeit angewandt werden.

Paradoxerweise näherten die Zisterzienser sich immer mehr den Zuständen, die sie eigentlich hatten bekämpfen wollen. Nicht nur, daß sie als eigentlich von der Welt zurückgezogene Geistliche eine sehr weltliche Herrschaft über andere ausübten. Sie waren auch längst nicht mehr, wie einst gefordert arm. Im Gegenteil: Ihre breite gesellschaftliche Anerkennung verschaffte ihnen viele Spenden und Schenkungen. Die meisten Klöster verfügten außerdem über enormen Grundbesitz. Diese Ländereien wurden äußerst effektiv bewirtschaftet. Ländliche Großbetriebe (die Grangien) produzierten fleißig Obst, Gemüse, Fleisch und Getreide, das in den umliegenden Städten in den ebenfalls zum Kloster gehörigen Stadthöfen verkauft werden konnte.

 

Auf einen guten Tropfen haben sich die Mönche der Zister­zienser wohl verstanden. Zur Blütezeit des Klosters Eberbach floß dort der Wein in Strömen. Aber die guten Trop­fen liefen weniger in die Kehlen der frommen Brüder als in die Fässer, die zum Verkauf und Export bestimmt waren. In Eberbach war es in erster Linie der Wein, der den Wohlstand der Abtei begründete. Der auf den klösterlichen Weingütern gekelterte Wein wurde in Reichardshausen gesammelt und von dort nach Köln gebracht. Die Abtei besaß zu diesem Zweck drei eigene Schiffe, die einmal im Jahr den Kölner Stadthof ansteuerten, wo der Wein gelagert und weiterverkauft wurde. Eberbach war lange von den Abgaben an den zahlreichen Zollstellen auf dem Rhein befreit, was die Einnahmen zusätzlich steigerte, mußte dieses Privileg im späten Mittelalter aber schließlich teuer erkaufen.

Wie wichtig der Wein für Eberbach war, zeigte sich auch im Bau des berühmten „Großen Fasses“, das 1500 vollendet wurde .Achteinhalb Meter lang und fast drei Meter hoch vermochte das Faß 70.000 Liter Wein zu fassen.

Aber  ein Vierteljahrhundert später mußten die Mönche den Wein wieder herausrücken: Während der Bauernkriege statte­ten aufgebrachte Bauern auch den Mönchen einen Besuch ab, nicht nur um dieses Faß zu leeren, sondern auch alle Ochsen, Kühe und Hühner des Klosters zu vertilgen.

Die Wein- und Kellereitradition wurde seit dem 12. Jahrhundert nie unterbrochen. Im 17. Jahrhundert wurde das Kloster durch seinen Weinbau sehr berühmt und beeinflußte maßgeblich die Entwicklung des Rheingauer Weinbaues.

Die Mönche verfügten über ein einzigartiges Vertriebssystem, das sich auf Grangien genannte Gutshöfe stützte. Gegen Ende des 12. Jahrhunderts besaß das Kloster bereits deren neun sowie zwei Kellereien und einen Stadthof in Köln. Im Laufe der Zeit wuchs das Eberbacher Wirtschaftsimperium auf mehr als 200 Außenstellen an, die im Gebiet zwischen Worms und Köln angesiedelt waren. Ge­liefert wurde im Faß und per Schiff, der heute noch vorhandene Holzkran in Oest­rich ‑ Winkel diente zum Verladen. Um das Jahr 1500 erstreckte sich der Gesamtbe­sitz der Eberbacher Zisterzienser auf rund 9.500 Hektar, und obwohl der Wein­bau nur drei Prozent der gesamten Wirt­schaftsfläche des Klosters ausmachte, er­löste man, je nach Jahrgang, bis zu drei Viertel der Gesamteinnahmen daraus: Trotz der um vieles niedrigeren Ernte­mengen stand das Rheingauer Weinklo­ster als hoch profitabler Betrieb da.

Im Jahre 1803 wurde das Kloster aufgehoben. Damals umfaßte der Weinbergsbesitz der Eberbacher Mönche noch satte 800 Hektar. Dreiviertel fielen mithin der Säkularisation zum Opfer.

Als im Dreißigjährigen Krieg die Schweden in den Rheingau einfielen und die Mönche nach Köln fliehen mußten, plünderten sie nicht nur die Bibliothek, sondern auch den Weinkeller des Klosters. Immerhin blieben die Klostergebäude unversehrt. Sie sind es im Wesentlichen bis heute.

Mit der Säkularisation von 1803  wurde die Auflösung des Klosters verfügt, Eberbach fiel nach dem Reichsdeputationshauptschluß an den Fürsten von Nassau - Usingen, der die abgeschiedene Anlage als Irrenanstalt und Frauengefängnis nutzte. Der Kreuzgang wurde teilweise abgerissen, um mit den Steinen eine künstliche Ruine im Park des Biebricher Schlosses zu errichten.

Die beispielgebende Weinbautradition, die unter den Kreuzgewölben ihren Anfang nahm, hat im Zeichen des Adlers bis heute ihre Fortsetzung gefunden. Alle weltlichen Nachfolger - zunächst der Herzog von Nassau, ab 1866 der preußische Staat und seit 1945 das Land Hessen - wahrten das Eberbacher Erbe. Ja, sie bauten es aus. Bereits kurz nach der Übernahme durch das Fürstentum Nassau  - Usingen wurde die zukunftsweisende Verkaufsstruktur der öffentlichen Weinversteigerungen eingeführt. Die Frühjahrs- und Herbstauktionen der Hessischen Staatsweingüter zählen bis heute zu den Glanzlichtern eines jeden Weinjahres. In der Preußen - Ära setzten die staatlichen Domänen in Form von Musterbetrieben die Maßstäbe bei der Lösung von Weinbauproblemen und der Erzeugung von Spitzenweinen. Diesem Anspruch haben sich die Hessischen Staatsweingüter bis heute und auch für die Zukunft verpflichtet.

Seit 1918 ist das Kloster nur noch staatliche Weinbaudomäne und  Kern der  Hessischen Staatsweingüter. Auf seinen knapp 200 Hektar Weinbergen werden alljährlich tonnenweise Trauben gelesen und zu einer runden Million Flaschen Wein gekeltert.

Seit 1945 ist das Kloster im Besitz des Landes Hessen. Es wird heute genutzt für die Lagerung von Wein, für weinwirtschaftliche und kulturelle Veranstaltungen und zur Repräsentation der Hessischen Landesregierung. Eberbach zählt zu den ältesten Weinklöstern Europas. Hausherr war bis Ende 1997 die Hessische Verwal­tung der Staatsweingüter, heute ist es die Stif­tung Kloster Eberbach, die etwa ein Drittel aller Räumlichkeiten nutzt. Ein Drittel des Kulturdenk­mals ist zu besichtigen. Seit Mitte der siebziger Jah­re stand jedoch ein Drittel aller Gebäude unge­nutzt leer.

Vor Beginn der Sanierung seit 1982 mußte für die leerstehenden Bauten eine angemessene Nutzung gesucht werden. Bauwerke sind nicht reproduzierbar, sie existieren als Originale wei­ter, oder sie existieren gar nicht. Dennoch bildet neue Nutzung eine unverzichtbare Vorausset­zung für die Erhaltung eines Baudenkmals, denn Nutzlosigkeit bedeutet in der Regel das Ende der Bauunterhaltung und damit die Aufgabe der Bausubstanz, den Beginn des Bauverfalls.

Das Kloster Eberbach hat seit 1983 nach lan­ger „Durststrecke“ eingeschränkter Bauunter­haltung eine gründliche Restaurierung erfahren. Wie konnte es zu einem so großen Reparatur­stau kommen, daß eine Sanierung in Höhe von etwa 120 Millionen Mark und 20 Jahre Bauzeit notwen­dig wurden? Im Wesentlichen hatte der Verfall des Klosters folgende Ursachen: über Jahr­zehnte zu geringe Bauunterhaltungsmittel, kei­ne hauseigenen Handwerker, seit Öffnung des Klosters ständiger Anstieg der Besucher, vor 20 Jahren etwa 25.000, im Jahre 1998 rund 250.000 Besucher, lieblose Behandlung der Materie, Diebstahl von Bodenfliesen, Ritzzeichen in Putz und Steinen ‑ kurzum Vandalismus.

 

Rundgang:

Wer heute nach Eberbach kommt, erblickt jedoch vor allem die Zeugnisse der im Lauf der nachfolgenden Jahrhunderte vorgenommenen Umbauarbeiten in gotischem Stil. Das Kloster ist aber vor allem wegen seiner Bauten einen Besuch wert.

 

Pfortenhaus:

Im Eingangsgebäude ist eine vielbesuchte Wirtschaft.

 

Weinkeller:

Gegen Ende des 15. Jahrhunderts wurde der romanische Speisesaal der Laienbrüder („Fraternei“) umgewandelt, und zwar in einen Weinkeller, der heute noch zu sehen ist. Er trägt auch die Bezeichnung „Cabinetkeller“. Hier ist die Decke von einem schwarzen Alkoholpilz überwuchert, ein Wunschkind jedes Winzers, denn er zeigt ideale Bedingungen von Temperatur und Feuchtigkeit an. Die Bezeichnung „Kabi­nett” stammt wohl aus den Kellern der Zisterzienser. In den „cabernet keller”, später auch „cabinett keller”, werden bei be­sonderen Anlässen die Besucher von Kloster Eberbach zur Weinprobe gebeten. An jedem Sommerwochenende werden Weinproben im Keller angeboten und während der Besichtigungszeiten können Weine im Verkaufsraum erworben werden. Noch heute hat das Kloster nicht nur in Kennerkreisen einen Ruf wegen seiner Weinverstei­gerungen, Verkaufsmessen und dem Rheingauer Weinseminar.

 

Kirche:

Die streng differenzierte Ordnung der Zisterzienser spiegelt sich in der Anordnung der Baugruppen wieder: Im Süden erhebt sich be­herrschend die Kirche, ehemals St. Maria geweiht, heute museal genutzt. Das geistige Zentrum des Klosters ragt auch unter den Gebäuden mächtig empor. Den Grundriß der Basilika bildet das lateinische Kreuz, das Gottgefälligkeit symbolisierte.  Das nahezu 80 Meter lange Kirchenschiff der streng romanischen Kirche hat nüchterne Bogen, die klaren Formen stehen für die kompromißlose harte Frömmigkeit der Zisterzien­ser. Ungewöhnlich für romanische Kirchen ist jedoch der Sonnenlichteinfall.

Doch auch die spartanischen Zisterzienser - Mönche gingen mit der Zeit. Anfang des 14. Jahr­hunderts wurde die typisch mystische Lichtführung der Romanik durch den Bau von neun gotischen Kapellen zerstört. Sie wirken nicht mehr so schwer und düster, son­dern streben etwas feiner, etwas steiler in die Höhe. Spitze, dünne Grate, schmale Spitzbogen bestimmen das Bild. Auch hier dominiert Schlichtheit, denn als Gebetsstätte sollten weder Skulpturen, noch Fenster oder Farben vom Zwiegespräch mit Gott ablenken.

Die Grabplatten aus Sandstein aus dem Kapitelsaal stehen im Nordseitenschiff der Basilika und sind ein historisches Dokument, das nicht nur die Herrschaft der Äbte chronologisch wiedergibt, sondern auch die zeittypische Darstellung der Geistlichen mit Stab, Brustkreuz und Ring veranschaulicht.

Aufmerksamkeit verdient auch der Chorraum mit dem reduziert erhaltenen Hochgrab für Erzbischof Gerlach von Nassau und der im 18. Jahrhundert hinzugefügten Grabplatte des Erzbischofs Adolf II. von Nassau. In der Gegenüberstellung wird ein Mentalitätswandel sichtbar. Auf dem Gesicht des Mainzer Erzbischofs ist ein jenseits gerichteter Blick zu erkennen; das Paradies sollte für die Entbehrungen im Diesseits entschädigen. Im Kontrast dazu steht die Darstellung von Adolf II. von Nassau: Hundert Jahre später dominiert hier Realistik statt Mystik.

Die Kirche ist wegen ihrer überragenden Akustik heute Schauplatz vieler Konzerte, etwa während des „Rheingau Musik Festivals“.

Nordwestlich schließt sich die nur den Mönchen vorbehaltene Klausur mit dem Kreuzgang an.

 

Konversenbau:

Der Konversenbau (Laienrefektorium) ist durch die „Klostergasse” von der Klausur getrennt. Typisch für ein Zisterzienserkloster ist die strikte Trennung der Ordens- und Laienbrüder durch die Klostergasse. Weil der häufige Chordienst die Mönche zwang, ihrer Arbeit nicht allzu weit vom Kloster nachzugehen, lebten und arbeiteten auch Laienbrüder mit geringeren geistlichen Pflichten im Kloster. Die verdingten sich vor allem im Weinbau, der dem Kloster neben Spenden durch Stifter den Reichtum brachte.

Die Laienbrüder waren die Arbeiter des Klosters. Sie kamen in der Regel aus bäuerlichen Familien und leisteten bei ihrer Aufnahme einen Eid, der sie lebenslang an das Kloster band und ihnen im Gegenzug Sicherheit und Versorgung garantierte. Sie waren den Mönchen, die meist dem gebildeten städtischen Bürgertum entstammten, untergeordnet und konnten selbst nie Geistliche werden. Während die Mönche einen Großteil ihrer Zeit den Gottesdiensten und dem Gebet widmeten, führten die Konversen als Hirten, Winzer, Fischer und Handwerker aller Art den Wirtschaftsbetrieb des Klosters. Sie durften keine Bücher besitzen und kein Weißbrot essen, trugen als Erkennungszeichen Bärte und lebten innerhalb des Klosters strikt getrennt von den Mönchen. Sie aßen, schliefen und beteten für sich.

Man schätzt, daß zur Blütezeit Eberbachs Anfang des 13. Jahrhunderts etwa 200 Mönche und nahezu doppelt so viele Laienbrüder das Kloster bevölkerten. Bis auf den Lettner, der die Kirche teilte, sind heute noch alle baulichen Zeichen der Trennung zu besichtigen. Immer wieder kam es vor, daß die Konversen gegen ihre Benachteiligung aufbegehrten. I m Jahre 1261 ermordete einer von ihnen gar den Eberbacher Abt.

 

Laiendormitorium:

Das Laiendormitorium gilt als größter mittelalterlicher Profanraum nördlich der Alpen mit einer Länge von 85 Meter und 13 Meter Breite. Eindrucksvoll ist die Architektur. Denn der Schlafsaal wirkt durch eine optische Täuschung länger als er in Wirklichkeit ist. Um die Differenz von 45 Zentimetern in der Höhe der darunter liegende Räume auszugleichen, wurde die Höhe der Säulenstümpfe variiert. Der 72 Meter lange Saal des Mönchsdormitoriums ist einer der größten Säle des europäischen Mittelalters außerhalb der Kirchen. Weil um 1500 weniger Mönche im Kloster Eberbach lebten, wurde der große Schlafsaal Bis ins 16. Jahrhundert schliefen bis zu 100 Mönche in dem riesigen Saal auf Pritschen, bevor sie bei einem Umbau Einzelzellen erhielten. Die wurden jedoch 1930 entfernt und dem Raum sein ursprüngliches Erscheinungsbild zurückgegeben.

Das Schlafgemach der Mönche, mit den gotischen Spitzbögen fungierte in der Verfilmung von Umberto Ecos „Im Namen der Rose“ als Kulisse für das Skriptorium. Düstere Kapellen, Kreuzgänge und Kirchenschiffe scheinen gerade der passende Hintergrund für einen mittelalterlichen Kriminalroman zu sein. So wundert es nicht, daß die Klosterge­bäude auch als Kulissen für die Verfilmung des Romans „Der Name der Rose” von Umberto Eco hergehalten haben. Dabei gab es bei den Zisterziensern wohl wenig Mönche, die in den langen Gängen philosophierend auf und ab gingen.

 

Refektorium:

Ein wahres Schmuckstück ist das Refektorium der Mönche. Der barocke Speisesaal mit seiner prächtigen Stuckdecke von 1738 läßt vom Reformgedanken der Zisterziensermönche nicht mehr viel erahnen. Prunk und Schmuck charakterisieren den Raum. Ein Blickfang ist der handgearbeitete Bibliotheksschrank der Spätrenaissance mit dem „redenden Wappen“ des Klosters. Gerne wird der schmucke Raum für offizielle Empfänge genutzt. Im  Speisesaal der Laienbrüder sind heute historische Kelterpressen zu bestaunen.

 

Kapitelsaal:

Geradezu zart wirkt im Gegensatz zum ausladenden Mönchsdormitorium der Kapitelsaal, der zu den schönsten hochgotischen Räumen gezählt wird. Aus einer einzigen dün­nen Stütze streben die Bogen zu einem bizarren Muster über die Decke. Diese eindrucksvollen Bauten regen die Phantasie an. Kühle Dunkelheit umgab die Leser im Kapitelsaal. Dort versammelten sich die Zisterziensermönche täglich, um ein Kapitel aus den Benediktinerregeln und den Ordensstatuten zu lesen. Dies war der einzige Raum, in dem sie sprechen durften. Dort wurden auch die Äbte bestattet. Doch die empfindlichen Grabplatten aus Sandstein stehen mittlerweile in der Basilika. Im Kapitelsaal ist die Architektur des frühen zwölften Jahrhunderts original erhalten geblieben. Der Raum ist damit ein wahres Kleinod. Die achteckige Säule und Rankenmalereien kamen erst im frühen 14. und 16. Jahrhundert hinzu, denn Zierde lenkte vom Gebet ab. Dem Kapitelsaal gegenüber liegt die Bibliothek mit dem spätgotischen Fachwerk

 

Abteimuseum:

Im Abteimuseum sind indessen prächtige Meßgewänder ausgestellt. Hier wird das Klosterleben im Barock noch einmal näher vorgestellt und kann das berühmte Eberbacher Fenster mit Flechtbandornamentik bestaunt werden. Es existierte bereits, als 1186 die Basilika eingeweiht wurde. Die Botschaft der an keltische Runen erinnernden Symbole ist bis heute nicht geklärt.

Wirtschaftsbauten:

Vor dem eigentlichen Klosterbezirk liegen die Wirtschaftsbauten, ein langgestrecktes ehemaliges Scheunen- und Mühlengebäude, die ehemalige Stal­lung, der Schlosserbau und weiter nördlich das ehemalige Back- und Brauhaus. Jenseits des Baches im Osten schließt der Hospitalbau an, der der Armen‑ und Krankenpflege diente (aus der Über­gangszeit von der Romanik zur Gotik), der später zum Kel­terhaus wurde. Die etwa 1100 Meter lange, fünf Meter hohe Klostermauer ist vollständig erhalten. Hinter dem Kloster Eberbach ist die Kisselsmühle, wo man auf Kamelen reiten kann und wo es auch Lamas und Alpaccas gibt.

 

Der Steinberg:

In unmittelbarer Nachbarschaft des Klos­ters liegt der Steinberg. „Der Name des Herrn sei gepriesen, und es blühe der Steinberg.“ Ein Eintrag im Herbstbericht anno 1762 kündet von der Wertschätzung, welche die Zisterzienser ihrem „Hausberg“ entgegenbrachten.

Eine in Deutschland einzigartige mittelalterliche über 3000 Meter lange Bruchsteinmauer schützt die­sen Weinberg vor Kaltluft. Einst als Sicherung vor Traubendieben errichtet, bietet die Mauer heute Schutz vor Kaltlufteinbrüchen und sorgt damit für ein mildes Mikroklima im Steinberg. Auf Auktionen erzielen Steinberger Gewächse immer wieder Rekordergebnisse,

denn die Rieslingweine von dort  suchen in Rasse und Frucht ihresgleichen.

 

Klosterrundweg:

Der 2015 eröffnete Klosterrundweg folgt überlieferten Grenzwegen des historischen Klosterbezirks, wie er nachweislich seit 1173 besteht, und unterscheidet sich damit von sonstigen „Themenwegen“ in touristisch erschlossenen Regionen wie dem Rheingau. Ziel dieses Projekts war es, das Kloster Eberbach als Zisterzienserkloster in seiner landschaftlichen Situation wieder in das Bewußtsein zu rücken. Denn das unmittelbar zum Kloster gehörige und von ihm bewirtschaftete Gelände hörte nicht an der Klostermauer auf, sondern umfaßte einen weiteren Bereich im Kisselbachtal zwischen den Gemarkungen von Eltville - Erbach und Hattenheim. Zahlreiche historische Spuren sind hier noch vorhanden.

 

Die Trassenverläufe der Wege um das Kloster Eberbach haben bereits seit Jahrhunderten Bestand, Grenzsteine des 18. Jahrhunderts markieren noch heute den Verlauf. Sechs Hinweistafeln erläutern an ausgewählten Stationen des Klosterrundwegs die Prägung der Landschaft durch die wirtschaftlichen Aktivitäten des Klosters. Anhand eines Planes von 1753 kann man die frühere Landnutzung und ihre Veränderungen erkennen. Hier gab es Waldwirtschaft und Ackergelände, Schafweiden und Wiesen. Die alten Wege sind zum Teil noch als Hohlwege erkennbar.

Vom erhöhten Blickpunkt am Waldrand hat man einen wunderbaren Überblick über die gesamte Klosteranlage mit ihrer eindrucksvollen Dachlandschaft. Über einen Holzsteg gelangt man über den Kisselbach am Hof Gaisgarten. Das aus der ersten Bauphase stammende Stauwehr im Wald, zu dem noch Reste von Wassergräben hinführen, zeugt von der hochentwickelten Wasserbautechnik der Zisterziensermönche. Von der alten Steinbrücke im unteren Tal, das heute einen auwaldartigen Charakter trägt, eröffneten sich früher freie Blicke auf das Kloster. Der wieder hergestellte Weg über die Brücke führte ursprünglich zur ersten, unterhalb des heutigen Portals gelegenen Klosterpforte  (etwa drei Kilometer Länge).

 

Dicht bei Kloster Eberbach liegt weithin sichtbar am Abhange die große Landes-Heil- und Pflegeanstalt „Eichberg“ mit dem dazugehörigen „Wacholder-Hof“.

 

 

Einführung des Riesling, der  klassischen Rebsorte Deutschlands:

Die Anfänge des Rieslings liegen im Dunkeln. Das fängt schon beim Namen an, der von dem mittelhochdeutschen „rus“ (= dunkles Holz) abgeleitet sein könnte, aber ebenso von „reißen“, was in diesem Fall ein Hinweis auf die „rassige Säure“ als herausragende Charaktereigenschaft dieser Rebe wäre.

Ob es sich bei der von Plinius dem Älteren (23  - 79) beschriebenen „ammineischen Rebe“ um Riesling gehandelt hat, muß ebenso offenbleiben wie die Vermutung, daß Ludwig der Deutsche (840 - 876) diese Rebsorte erstmals am Rhein habe anpflanzen lassen. Möglicherweise läßt sich der Riesling auf eine heimische Wildrebe (Vitis vinifera sylvestris) zurückführen, doch auch dafür fehlen Belege.

Die erste schriftliche Erwähnung fand der Riesling 1477 im Elsaß bei einem Besuch Herzog Renés II. von Lothringen. Und die Mainzer Klarissen waren 1672 gar so weit gegangen, alle roten Weinstöcke auszuhauen und diese durch „gutes Rißling - Holz zu ersetzen“. Auch 720 hatte der Kellermeister der Reichsabtei Fulda, Odo Staab, verfügt: „In dem ganzen Rheingau darf keine andere Traubensorte zur Verfertigung der Weine gepflanzt werden als nur Rieslinge.“ Nicht anders wollte es 1744 der Fürstbischof von Speyer, Franz Christoph Kardinal von Hutten. Am 8. Mai 1787 verfügte der Trierer Kurfürst-Erzbischof Clemens Wenzeslaus, „alle minderwertigen Rebsorten auszuhauen und durch Riesling zu ersetzen“. Er stand damit nicht allein.

Diese Verfügungen waren umso folgenreicher, als an Rhein und Mosel der Weinbau überwiegend in geistlicher Hand war. So waren beispielsweise in und um Boppard über siebenmal mehr Wein­stöcke in klösterlichem als in adligem Besitz. Allein das Kanonikerstift St. Paul in Boppard besaß hei seiner Auflösung 1802 über 100.000 Weinstöcke. Die klösterliche Wein­bautradition am Rhein reicht bis in das Mittelalter zurück. Die ersten zwölf Mönche des Zi­s­terzienserklosters Eberbach im Rheingau kamen 1136 aus dem in der Champagne gelegenen Clairvaux. Und natürlich brachten sie ihre Kenntnisse im Weinbau mit.

Daß es Mönche waren, die den  Weinbau zur Mode machten, hatte nur bedingt damit zu;

tun, daß sie selbst gern Wein tranken. Zwar hielt der heilige Benedikt es persönlich mit den alten ägyptischen Mönchsvätern, die glaubten, daß „der Wein nicht zu den Mönchen passe“. Doch: „Da die Mönche unserer Tage sich davon nicht überzeugen lassen, wollen wir uns wenigstens dazu verstehen, nicht bis zur vollen Befriedigung zu trinken“. Der Mönch sollte nach dem Willen des Ordensgründers darauf achten, „daß keine volle Sättigung oder Trunkenheit vorkomme“. Für den Bedarf der Mönche allein hätte es so riesiger Weinberge demnach nicht bedurft. Es waren wirtschaftliche Gründe, die Bischöfe und Äbte dazu veranlaßten im großen Stil Weinbau zu betreiben.

Dies sei am Beispiel des Zisterzienserklosters Eberbach im Rheingau dargestellt. Zwar waren nur 2,8 Prozent des klösterlichen Grund und Bodens mit Weinstöcken bepflanzt, doch wurden aus diesen mehr als 40 Prozent der gesamten Einnahmen der Abtei erwirtschaftet. Über 60 Prozent des erzeugten Weins waren nicht für die Mönche, sondern für den Verkauf bestimmt. Gekeltert und ausgebaut wurde der Wein im Kloster selbst, auch als in späterer Zeit die Weinberge verpachtet waren.

Zum einen, weil die meisten Pächter sich große Keltern gar nicht hätten leisten können, zum anderen nag es sein, daß die Mönche diese schwierige Arbeit lieber vor Ort überwachen wollten. Im ehemaligen Laienrefektorium ist heute eine ganze Reihe historischer Keltern ausgestellt, die einen Eindruck von der einstigen Arbeitsweise vermitteln Die älteste stammt aus dem Jahr 1668. Zwar wurde die Abtei in der Säkularisation aufgelöst, doch sind die Gebäude in seltener Vollständigkeit erhalten geblieben. Auch Wein wird nach wie vor angebaut - Eberbach ist hessisches Staatsweingut.

Mit Lastkähnen wurde der Wein auf dem Rhein verschifft. Ein wichtiger Abnehmer war die Großstadt Köln, wo der Eberbacher Wein im Stadthof der Abtei verkauft wurde. Von Köln aus wurden auch die norddeutschen Hansestädte mit „Rheinwein“ versorgt, der dort beliebter war als jeder andere Tropfen - trotz der gesalzenen Preise, für die nicht nur die zum Teil erheblichen Gewinnspannen der Zwischenhändler verantwortlich waren, sondern auch die zahlreichen Zölle.

Die so charakteristischen terrassierten Hänge entlang von Rhein, Neckar oder Mosel gehen zwar auch auf königliche oder adlige Güter zurück. Aber selbst an dieser Innovation - im frühen Mittelalter wurde Wein nur in der Ebene angebaut - waren Mönche an führender Stelle beteiligt.

Und so erstaunt es kaum, daß die laut eigener Aussage „älteste Riesling - Domäne der Welt“, das Schloßgut Johannisberg im Rheingau, monastische Wurzeln hat. Das im 12. Jahrhundert gegründete Benediktinerkloster war seit 1716 im Besitz der mächtigen Fürstäbte von Fulda

In einer großangelegten Aktion ließ Fürstabt Konstantin von Buttlar 1720 dort 294.000 Riesling - Stöcke anpflanzen.

In seinem „Kräuterbuch“ hielt der Arzt und Botaniker Hieronymus Bock 1577 fest:  „Rieslinge wachsen an der Mosel, am Rhein und im Wormser Gau“. Doch auf diese Regionen ist die Rebsorte längst nicht mehr beschränkt. Riesling gibt es in allen deutschen Weinbaugebieten, und trotz des Rotwein - Booms der vergangenen Jahre ist Riesling mit 21.722 Hektar die meistangebaute Rebsorte in Deutschland geblieben - von der Mosel bis an die Saale, vom Rhein bis an den Neckar. Bei den Mitgliedern des Verbands Deutscher Prädikatsweingüter (VDP) macht der Riesling-Anteil sogar 55 Prozent der bebauten Fläche aus. Darüber hinaus wird Riesling traditionell in Elsaß und in der Wachau angebaut. Doch hat die Rebe auch schon längst den Sprung auf andere Kontinente geschafft: Riesling gibt es in Kalifornien, in Südafrika. in Neuseeland und Australien (bereits seit 1838!) und auch in Chile und in Argentinien.

Seine  größte Blütezeit hatte der Riesling an der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert. Kaum ein Nobelhotel in Europa konnte es sich damals erlauben, seinen Gästen eine Weinkarte ohne deutschen Riesling vorzusetzen. Mit dem Ersten Weltkrieg ging dieser Boom zu Ende. Stattdessen setzten viele Winzer in der Folge nicht mehr auf Qualität, sondern einzig auf Quantität. Diese Entwicklung wiederholte sich nach dem Zweiten Weltkrieg, und die Technisierung des Weinbaus tat das Übrige dazu: „Jetzt wurde zu immer günstigeren Preisen produziert, was der Markt bereit war aufzunehmen. Und das waren nach  entbehrungsreichen Jahren vor allem süße und billige Weine, die mit der Tradition großer, edelsüßer Rieslinge ... nur das Attribut süß gemeinsam hatten. Fortan galt „süß“ als Synonym für „billig, einfach, deutsch“. Erst Ende der achtziger Jahre gab es wieder „einen spürbaren Aufbruch in Richtung Qualität, der bis heute anhält und der in den vergangenen Jahren erstklassige Rieslinge hervorgebracht hat“ (Uwe A. Oster).

 

Herstellung und Vermarktung:

Im Weinberg ist man von der (mit deut­scher Gründlichkeit) eine Zeitlang prakti­zierten Begründung einer jeden Rebzeile abgekommen. Vor allem in trockenen Jah­ren gerieten die Reben infolge Nährstoffkonkurrenz unter Streß, was mitunter zu „Böcksern“ im Jungwein führte (womit Geruch nach Schwefel, Hefe, gar faulen Eiern oder Mist gemeint ist).

Bereits beim Keltern achtet man heute auf schonenden Umgang mit den Trau­ben. Sie werden ungemahlen und mit nur geringem Druck gepreßt, denn man fand heraus, daß bei dem früher üblichen rau­heren Umgang mit dem Lesegut die Wei­ne häufig fatale Bitterstoffe aufwiesen. Auf gekühlte Gärführung unter Luftabschluß achtet man zudem, denn die Oxy­dation des Mostes ist heute unerwünscht.

Heute braucht man ein Vertriebssystem, das den Erfordernissen des sich immer mehr füllenden Weinmarktes gerecht wird. Man baute folgerichtig eine aus acht Verkaufsstellen und 21 Vertretern bestehende Organisation auf, deren Er­folg auch von verkaufsfördernden Etiket­ten und Flaschenformen abhängig ist.

Während das Kloster die Schatzkam­mer, Weinverkauf und einen Faßkeller beherbergt und der Ausbau der Rotweine in Assmannshausen erfolgt, birgt die Hauptkellerei in Eltville das Flaschenla­ger, die Fässer und Tanks, in denen die Weißweine heranreifen.  Hier liegt Wein im Gesamtwert von 20 bis 25 Millionen Mark. Diese Weine, durchweg edelsü­ße Spitzengewächse, werden nur zu Ver­steigerungen aufgeboten. Den bislang höchsten Preis erzielte mit 35.000 Mark ein 1893er Neroberg.

 

Kellerei der Hessischen Staatsweingüter

Bei der Grundsteinlegung  für  die Kellerei der Hessischen Staatsweingüter  im Dezember 2006 gähnte noch ein riesiges Loch im ehemaligen Weinberg.  Was von dem Bauwerk heute  aus der Erde ragt, ist ein schlichter, transparenter Flachbau, wo künftig die Trauben angeliefert werden sollen. Beim Wandern durch die riesigen unterirdischen Räume fällt sofort auf, daß Schächte sehr viel Tageslicht nach unten leiten. Man wollte eine Kellerei bauen, in der m an den Mitarbeitern die Chance gibt, den Himmel zu sehen, wenngleich Kellermeister ihrer Berufsbezeichnung nach das ja eigentlich nicht gewohnt sind.

Die neue Einrichtung umfaßt enorme Tanks aus blitzendem, rostfreien Stahl, moderne Kühl- und Lüftungseinrichtungen, eine Anordnung von Traubenannahme, Kelter- und Lagereinrichtungen, die übereinanderliegen und Pumpen überflüssig machen, und jede Menge Platz etwa auch für klassische Holzfässer und Flaschen. Das Lager allein reicht für gut 1,3 Millionen Flaschen - in dem Raum könnten umgerechnet auch zehn Volleyballfelder untergebracht werden - alles kein Vergleich zur alten Kellerei in Eltville.

Der Neubau bildet mit drei alten Gebäuden - darunter einer historischen Schmiede – ein Gesamtwerk. Andere Nutzgebäude wurden abgerissen. Insgesamt ist die Bebauung weniger wuchtig als zuvor. Der Neubau hat dem Landschaftsbild keine Verschlechterung, sondern eine Verbesserung gebracht hat. Gegen den Neubau hatte es in der Region zunächst heftige Kritik gegeben. Manche Winzer sahen darin eine Förderung  staatlicher Konkurrenz, andere Kritiker befürchteten einen Eingriff in das Landschaftsbild. Die Einweihung der Kellerei ist für Ende Mai 2008 vorgesehen - dann sollen auch die Rebstöcke auf dem Kellerdach gepflanzt sein.

Hessens Vorzeige - Kellerei ist tief in einen Weinberg gegraben und bietet den Kellermeistern dennoch ungewohntes Tageslicht. Rund 110 Meter lang, 70 Meter breit und bis zu 14 Meter hoch ist der Betonbau, der auf bis zu vier Etagen hohe modernste Kellertechnik meist aus Edelstahl bietet Eltville.  Am äußeren Bild hat sich we­nig geändert: Die neuen Räume für Tanks und Flaschenlager werden in den Hang gegraben, überirdisch kommt nur ein Flachbau hinzu, an dem die Trauben an­geliefert werden. Der für 15 Millionen Eu­ro geplante Neubau soll das landeseigene Weingut mit moderner Technik und kur­zen Wegen zwischen Traubenannahme, Kelter, Gärtanks und Abfüllanlage profi­tabel machen. Die Kellereitechnik am al­ten Sitz gilt als veraltet und ineffizient.

Mit den Staatsweingütern Kloster Eberbach betreibt das Land Hessen das größte Weingut Deutschlands. Sechs Domänen mit drei Kellereien und insgesamt 200 Hektar Weinbaufläche umfaßt der Landesbetrieb. Die Güter verteilen sich von Assmannshausen im Westen des Rheingaus über Rüdesheim, Steinberg, Rauenthal bis Hochheim und die Domäne in Bensheim an der Hessischen Bergstraße. Hauptsitz der Hessischen Staatsweingüter ist die Stadt Eltville im Rheingau.

Rasch erwärmbare Phyllitschiefer verleihen dem „Assmannshäuser Höllenberg“ dezente Säure. Ein „Neppenheimer Centgericht“ erhält seine reiche Geschmacksstruktur auf tiefgründigen Lößböden. Dank verschiedenster geologischer Voraussetzungen vermag kaum ein Weingut die gebietstypischen Charaktere seiner Gewächse eindrucksvoller zu demonstrieren als die Hessischen Staatsweingüter. Nach einheitlichen Regeln des Qualitätsweinbaus erzeugen die sechs Domänen von Assmannshausen bis zur Hessischen Bergstraße Weine, deren Identität eindeutig ihre Herkunft widerspiegeln.

Weinkenner sprechen von „Terroir“ und meinen damit jenes einzigartige Zusammenspiel von Boden, Lage und Mikroklima, das dem Wein seine unverwechselbare Persönlichkeit verleiht. Das ganze Potential der Weinberge entfaltet sich jedoch erst durch die Hand des Winzers in Verbindung mit geeigneten Rebsorten. In den Toplagen der Staatsweingüter wächst überwiegend Riesling. Die edelste der Weißweinsorten ermöglicht durch lange Reifezeit bis hin zur Edelfäule das Erzeugen von trockenen und edelsüßen Spitzenweinen.

Ihre legendäre Rotweintradition pflegen die Staatsweingüter mit dem Anbau Blauer Spätburgundertrauben in den Steillagen von Assmannshausen. Der Aristokrat unter den Rotweinen besticht mit seinen terroirbetonten Aromen selbst die Gaumen international verwöhnter Weingenießer. Die Intuition des Winzers macht den Dialog von Terroir und Trauben perfekt. Erst im Gleichgewicht von natürlichen Ausgangsstoffen und persönlichem Fachwissen entstehen jene großen Weine, denen Gütebezeichnungen wie „Erstes Gewächs“ oder „Selection“ zustehen.

Der Weg zu den Sternen führt immer in den Keller. Das wußten schon die Weinpioniere von Kloster Eberbach. Für ihre kostbarsten Kreszenzen richteten die Zisterzienser eigens eine Weinschatzkammer ein. Auf einer Rechnung eines Eltviller Zimmermanns aus dem Jahr 1730 findet ein „cabernedt keller“ erstmals Erwähnung. In dem Gewölbe lagerten Weine vom Status einer Riserva aus den besten Jahrgängen und wertvollsten Lagen der klösterlichen Weinberge.

Zwischen 6 und 28 Jahren ruhten die erlesenen Weine im Schatzkeller der Fraternei. Bot man sie nach langer Lagerdauer zum Kauf an, so erzielten die vinologischen Kostbarkeiten mit dem Zusatzprädikat „Cabinet“ auf dem Weinmarkt Spitzenpreise. Als Beispiel für den Wertzuwachs sei ein 1748er Rheingauer Riesling angeführt. Lag der ursprüngliche Herbstpreis eines solchen Stückfasses bei rund 300 Gulden, so brachte es nach mehrjähriger Lagerung im Cabinet 700 bis 1000 Gulden.

Der Cabinet-Keller von Kloster Eberbach gilt damit als Geburtsstätte für die Prädikatsstufe „Kabinett“. Auf den Etiketten deutscher Weinflaschen dokumentiert diese Bezeichnung bis in unsere Zeit eine besondere Qualität und verheißt dem Genießer einen feingliedrigen, eleganten Wein mit meist geringem Alkoholgehalt.

Nach jahrhundertealtem Brauch pflegen die Staatsweingüter Kloster Eberbach heute wieder die historische Cabinet - Tradition der Abtei. So verzeichnen die Kellerbücher nicht nur Flaschenweine in den Schatzkammern des Gutes. Wie zu den Zeiten des aktiven Klosterlebens reifen im Cabinet - Keller von Kloster Eberbach auch  wertvollste Weine in edlen Eichenfässern.

In den Rieslingdomänen Steinberg, Hochheim, Rauenthal, Wiesbaden  Neroberg brilliert die anspruchsvollste der weißen Rebsorten. Zu der Staatsromane Steinberg, die insgesamt knapp 50 Hektar Rebfläche bewirtschaftet, gehören weitere renommierte Lagen wie der Hatten­heimer Engelmannsberg, der Erbacher Siegelsberg oder der legendäre Erbacher Marcobrunn.

„Baiken, Gehrn und Wülfen“ heißen die Weinbergslagen, deren Namen bei Rieslingkennern spontane Begeisterung auslösen. In bester Halbhöhenlage erzeugt die Staatsromane Rauen­thal Spitzenweine von eleganter Würze und terroirbetonter Finesse. Die edlen Tropfen mögen schon ehedem in den preußischen Amtsstuben Begehrlichkeit geweckt haben. Im Jahre 1900 erwarb der Königlich Preußische Staat die hochwertigen Lagen im Rauenthaler Berg. Durch planmäßiges Abrunden  und großzügige Investitionen wurde dieser junge Außenbetrieb der Hessischen Staatsweingüter zu einem über 50 Hektar großen, prosperierenden Weingut ausgebaut.

Als jüngster Zugang ist hier der 4 Hektar große Wiesbadener Neroberg zu verzeichnen, der zugleich die Wiederaufnahme einer alten Tradition darstellt. Wurde die Monopol -  Lage im Jahre 1900 vom Preußischen Dominialweingut an die Stadt Wiesbaden verkauft, ist nun der Hausweinberg der Landeshauptstadt wieder in den Schoß der Hessischen Staatsweingüter zurückgekehrt. Die besondere Qualität der von feiner Frucht und Mineralität geprägten Nero­berger Weine wird bereits dadurch dokumentiert, daß viele Jahrgänge des 19. Jahrhunderts bis in das Jahr 1899 in der Kloster Eberbacher Schatzkammer liegen und den Staatsweingütern im Jahre 1986 mit einem Weltrekordpreis von 35.000 DM für eine 1893er Neroberger Trockenbeerenauslese beschert haben.

In Hochheim am Main befindet sich die kleine aber feine Staatsdomäne Hochheim. Während ihrer fast 800-jährigen Geschichte ging die Domäne 1273 in den Besitz des Mainzer Domkapitels über. Aus jener Ära stammen die Weingärten „Domdechaney“: Sie bezeichnen die be­kannteste Hochheimer Lage und die zugleich größte zusammenhängende Rebfläche des 17 Hektar großen Staatsweingutes. Auf den tonreichen Mergelböden der Lagen Domdechaney und Kirchenstück wachsen stoffige, körperreiche Weine von bester Qualität.

 

Die Weine der Steillagen von Assmannshausen und Rüdesheim: Im Mündungsdreieck der Nahe, just dort, wo Vater Rhein sich anschickt, das Mittelgebirge wieder gen Norden hin zu durchschneiden, wandelt sich das Landschaftsbild. Das breite Flußtal verjüngt sich. Unmittelbar vom Ufer aus steigen die Weinberge steil an. Stützmauern und Treppen formen eine kunstvoll pittoreske Terrassenlandschaft. Die gebändigten Berghänge lassen erahnen, wieviel Mühe der Weinbau hier macht. Das Ergebnis lohnt den Aufwand. In den Steillagen von Rüdesheim und Assmannshausen ernten die Hessischen Staatsweingüter einzigartige Weine.

Entlang der Rheinfront, vom westlichen Rand der Stadt Rüdesheim bis zu der erhabenen Burgruine Ehrenfels, erstrecken sich die Renommierlagen des sogenannten „Rüdesheimer Berges“. Auf „Rottland“, „Roseneck“ und „Schloßberg“ verteilt sich das Gros der 23 Hektar großen Rebfläche, welche die Staatsromane Rüdesheim bewirtschaftet. In den bis zu 75 Prozent steilen Südhängen gedeihen unter intensiver Sonneneinstrahlung aus gesprochen fruchtige Weine mit harmonischer Rieslingsäure.

 

 

Hattenheim

Der nächste Ort ist Hattenheim, das unter den Weinorten des Rheingaus die größte Anmut ausstrahlt. Man fährt vor der Rechtskurve nach links in die Schlossergasse und parkt am Kronenschlößchen oder eine Straße (weiter unter der Bundesstraße hindurch) am Rhein. Dann geht man über die Hauptstraße nach links zur Kirche. Die Pfarrkirche mit der Kreu­zigungsgruppe davor lohnt den Besuch (sie ist aber in der Regel verschlossen). Wenn man an der Kirche noch ein Stück die Straße hochgeht und dann rechts weitergeht kommt man zu der im 12. Jahrhundert erbauten Burg, dem ältesten Bauwerk des Weinorts mit dem hohen Schornstein (Eingang von Norden).

Auf der Weiterfahrt beachtet man die schönen Fachwerkhäuser, vor allem in der Rechts -Links - Kurve mit dem für die Region einzigartigem Sgra­fitto ‑ Putz. Über spektakuläre Steilhänge verfügt Hattenheim zwar nicht, aber Lagen wie Engelmannsberg, Nußbrunnen und Wissel­brunnen genie­ßen zu Recht ihr hohes Renommee. Am Ortsausgang nach dem Bahnhof liegt links das Domänenweingut Schloß Schönborn. Seit 1349 ist die Weinbautradi­tion belegt, allein im Rheingau besitzt das Haus rund 50 Hektar Weinberge, die Mos­te werden im über 500 Jahre alten Hatten­heimer Keller ausgebaut. Die Lage Pfaffenberg, die dieses Weingut alleine besitzt, ist ausgezeichnet.

 

 

Hallgarten

Von Hattenheim fährt man weiter auf der L 3320 (Hauptstraße) und biegt hinter dem Ort nach rechts ab nach Hallgarten. Zuerst fährt man geradeaus weiter in den Ort. Das über 800 Jahre alte, gemütliche Weindorf Hallgarten liegt zwischen den Weinbergen am Fuß der Hallgartener Zange. Die katholische Pfarrkirche Mariä Himmelfahrt ist zum Teil romanisch aus dem 12. Jahrhundert, zum Teil aus dem 15. Jahrhundert.

Man sollte es nicht versäumen, sich im Inneren die „Hallgartener Madonna” anzusehen, die rechts vom Chorraum an der Wand zu sehen ist. Es ist eine Muttergottesfigur mit Kind, eine der zartesten und edelsten mittelrheini­schen Tonplastiken. Sie ist etwa 1415 bis1420 von einem unbekannten Meister aus Terrakotta geschaffen. Maria sitzt auf der Mondsichel und trägt in der rechten Hand einen Weinkrug („Scherbe“), das Jesuskind auf ihrem Arm hält eine Traube in der Hand. Auf dem Kirchhof soll sich Grabmal des hier gestorbenen bekannten Revolutionärs aus dem Jahre 1848, Adam von Itzstein, befinden, doch an der Mauer sind heute nur noch Pfarrergräber.

Die zahlreichen Fachwerkhäuser des Ortes stammen aus dem 16. bis 19. Jahrhundert. Oberhalb der Kirche ist das Rathaus, östlich der Kirche sind schöne alte Häuser. Rückwärts fährt man nicht wieder die enge Hattenheimer Straße hinunter, sondern etwas mehr rechts über den Hallgartener Platz und dann auf dem Oestricher Weg bergab und nach links auf den Sterzel­pfad, der gerade aus auf die Rebhangstraße führt. Diese geht zum über Hallgarten gelegenen Ortsteil Rebhang.

Vor diesem biegt man links ab in den Unkenbaumweg. Bis hierher stehen immer die Weg­weiser „Hallgarter Zange“. Aber wenn man dann auf dem Parkplatz ganz oben im Wald angekommen ist, wird man zunächst ratlos. Man fährt auf die rechte Schleife und parkt dort.

Der Parkplatz „Kreistanne“ wurde nach der Kreistanne benannt, die dem Bürgermeister der Gemeinde Hallgarten gewidmet war, Jakob Kreis (1881 - 1908). Die Tanne existiert nicht mehr, aber am Rande des Platzes wurde 2008 eine neue Tanne gepflanzt.

Dann entdeckt man auch rechts einen großen Wegweiser „Kloster Eberbach“. Aber weshalb dort nicht „Hallgarter Zange“ steht, wird einem klar wenn man den Weg nach links weiter geht und nach einem kleinen Anstieg am Ende auf den 580 Meter hohen Berg kommt: Das burg­ähnliche große Gebäude ist heute verschlossen, die ehemalige Gaststätte gibt es nicht mehr und auch der Turm ist nicht zu besteigen. Der Turm wurde 1909 erbaut durch den Rhein- und Taunusklub Wiesbaden nach Plänen des Baumeisters Schiemann. Heute ist allerdings an dem Turm ein Kletterpark

Die prachtvolle Aussicht auf das ganze Rheintal, den Hunsrück und Taunus kann nicht genießen, denn wegen der Bäume gibt es keine Aussicht mehr, die wie folgt beschrieben wurde: „Es gibt viele Standorte, den Garten Eden namens Rheingau in seiner Schönheit zu übersehen. aber keinen zweiten, der ihn in seiner ganzen Ausdehnung vor dem Betrachter ausbreitet, wie der Blick vom Aussichtsturm der Hallgarter Zange. Der Radius spannt sich zwischen Wiesbaden und Rüdesheim diesseits und über Rheinhessen jenseits des Stromes. In der Ferne sind bei klarer Sicht Odenwald und Hunsrück erkennbar. Wie eingesprenkelt ins endlose Rebenmeer wirken Klosteranlagen und Weinorte.“

Von dem Parkplatz geht nach Westen der Rheinhöhenweg ab, der über die Hohe Straße zum Grauen Stein führt. Man geht aber den anderen Arm des Rheinhöhenwegs nach Norden auf dem Förster - Hans - Roth - Weg und mit dem Wanderzeichen des blauen Andreaskreuzes. Links liegt die Kalte Herberge, mit 619 Metern die höchste Erhebung des Rhein - Taunus. Nach etwa einem Kilometer kommt man zum Kasimirkreuz, einer Wegspinne mit Wegweisern. Man geht halblinks hinab zur Mapper Schanze. Dieser Weg ist jedenfalls der kürzeste zu diesem Bauwerk (siehe dazu eigene Datei „Rheingauer Gebück“).

 

Gebück

Der Rheingau - dieser in vielerlei Hinsicht gesegnete Landstrich zwischen Rheinstrom und Taunushöhen  - war bis Anfang des 19. Jahrhunderts im Besitz der Mainzer Erzbischöfe. Vor allem den unermüdlichen Rodungs- und Kultivierungsarbeiten der zahlreichen Klöster ist es zu verdanken, daß die Rebenanbaufläche schon damals die gleiche Ausdehnung wie heute hatte. Solches Land, das riesige Mengen Wein als wichtigstes Handels- und Exportgut erzeugte, rief bald neidische Nachbarn auf den Plan.

Zum Schutz vor Übergriffen verfielen die Mainzer Erzbischöfe auf eine Idee, deren Realisierung heute geradezu unglaublich anmutet: Ein vier Quadratmeilen großes Areal wurde auf einer Länge von 36 Kilometern gesichert mit einer natürlichen Mauer. Ausgehend von Lorch am Rhein, am Wispertal entlang, hinauf zum Taunuskamm bis vor Schlangenbad und wieder hinunter zum Rhein bei Niederwalluf in der Nähe Wiesbadens zog sich ein schier undurchdringlicher. etwa hundert Meter breiter Streifen vollkommen ineinander verwachsener Hainbuchen und Roteichen,  der  „Rheingauer Gebück“ genannt wurde.

Um diesen grünen Wall zu ziehen, wurden die Äste der Bäume zum Boden hin gebogen oder „gebückt“, ohne daß sie abbrechen durften. Zwischen den gebeugten Zweigen und dem aus aufgeplatzten Rinden vermehrt entwachsenden Geäst schlängelte sich ein dschungelartiges Rankenwerk aus Heckenkirschen. Stechpalmen, Schlehen. Weißdorn. wilden Rosen. Himbeeren und Brombeeren. Über den reinen Verteidigungsnutzen hinaus diente das gewaltige Gestrüpp den Acker- und Weinbauern im Nebeneffekt als Klimarregulator und Schutzschild vor Erosion.  Außerdem muß die große faunistische Vielfalt, wie sie das geschlossene Biotop einer Hecke hervorbringt, in den angrenzenden Fluren die natürliche Schädlingsbekämpfung geregelt haben. Das Rheingauer Gebück, um 1100 bereits vorhanden, wurde so zum undurchdringlichen Hag, der den Rheingau in einer Breite von 50 Schritten  schützte.

 

Nur an wenigen Stellen wurde für den kleinen Grenzverkehr der Bauern. Kaufleute und Reisenden die Dornröschenhecke passierbar gemacht. So entstanden 16 kleine, gemauerte Befestigungsanlagen, von denen jedoch keine Spur mehr vorhanden ist. Diese Durchlässe zu umgehen und sich auf eigene Faust durch den Verhau zu schlagen, war übrigens selbst den ortskundigen Anwohnern bei Todesstrafe verboten. Auch kleinste Eingriffe - wie zum Beispiel das Abschneiden von Zweigen oder das Sammeln von Holz - waren den Rheingauern verboten.

 

Diese merkwürdige, in der Geschichte des Mittelalters fast einzige Befestigungslage hat den Rheingau bis zum Dreißigjährigen Kriege vor feindlichen Einfällen bewahrt.  Spätestens seit dem Durchbruch des Feldherrn Bernhard von Weimar im Jahre 1631 war der Verhau militärisch sinnlos geworden, nach Einführung der Schußwaffen und Sprengmittel wurde er bedeutungslos. Seit 1770 wurden die Bäume gerodet oder konnten sich frei entfalten.

Lediglich die Mapper Schanze nördlich der Hallgarter Zange ist von den Bauwerken noch erhalten.  Von dem massiven Bau mit dem Schlußstein aus dem Jahre 1494 steht noch der spätgotische Torbogen, darüber der Stumpf eines Turmaufsatzes. Damit die Erinnerung an dieses einmalige Heckenkunstwerk nicht gänzlich verblaßt, hat das Forstamt Eltville nahe der Mapper Schanze eine kleine Demonstrationszeile gepflanzt. Die Markierung des Gebück ‑  Wanderwegs ist geplant.

Von  den Baumveteranen des „Gebücks“ stehen nur noch wenige: Zwei Gebückbäume im Adelheidtal  in Schlangenbad und Reste bei Hausen vor der Höhe. Wenn man von Kiedrich kommt, biegt man vor dem Ort nach links zum Naturparkplatz Förster - Bitter -  Eiche ab (noch vor der Fahrstraße zum Mapper Hof, die für den öffentlichen Verkehr gesperrt ist). Auf dem Wanderweg zur Mapper Schanze sind es dann etwa 500 Meter bis zu den Baumveteranen.

Wüßte man es nicht anders, hielte man die restlichen 50 bis 60 Eichen und Buchen für völlig mißgebildet. Auf zwei und mehr Stelzen stehen grotesk verkrüppelte Stämme, die selbst wiederum in vier oder fünf „Ableger“ zerfallen. Der kürzere Weg zur Mapper Schanze geht aber vom Parkplatz „Kreistanne“ an der Hallgarter Zange aus (siehe Datei „Hallgarten“).

Auf der alten Trasse des Gebücks will jetzt der Naturpark Rhein ‑ Taunus einen Wanderweg anlegen und ein paar Stationen Informationstafeln markieren, die von Verteidigungsgeschichte des Rheins berichten. Etwa in Martinsthal von jener unrühmlichen Begebenheit im Jahre 1631, als es den Schweden gelang, das Gebück mit einer List zu überwinden. Sie ließen Weinkrüge unter den Wächtern kreisen und warteten, bis die in einen tiefen Schlaf gefallen waren, um dann in Rheingau einzudringen. Sie hatten für diesen Trick einen der üblicherweise gut bewachten Durchgänge ausgewählt, die ins Gebück geschlagen worden waren, um den florierenden Weinhandel nicht zu hindern und den Fuß‑ und Wagenverkehr zu ermöglichen.

 

 

Oestrich - Winkel

Zwar waren die Nachbargemeinden schon einmal im Mittelalter vereint, zu einer Stadt wuchsen Oestrich und Winkel erst bei der kommunalen Gebietsreform 1972 zusammen. Damit hat sich, wenn man so will, das „malerische Bild” verdoppelt und, nimmt man das dazwischen liegende Mittelheim hinzu, verdreifacht. Wie in Oestrich spiegeln auch die Bauwerke von Winkel und Mittelheim eine große Vergangenheit wider.

Bei der Einfahrt nach Oestrich muß man nach links abbiegen und dann (nicht auf die Bundesstraße) wieder nach rechts auf die Nebenstraße. Man muß aber gleich aufpassen, daß man nicht zu weiter nach rechts auf die Wartespuren für die Fähren gerät, sondern auf den linken Spuren bleibt. Diese führen in den Ort. Man muß aber noch nach links abbiegen zu den Parkplätzen nördlich der Bundesstraße.

 

Oestrich liegt malerisch am Rhein. Den schönsten Blick hat man vom Rheinkran in Richtung Kirche. „Die Kirche, der hervorspringende Rheinkranen und im Hintergrund Schloß Johannisberg gewähren ein malerisches Bild”, so knapp wie atmosphärisch treffend umschrieb der berühmte „Baedecker” in einer seiner ersten Ausgaben von 1849 das Ortsbild von Oestrich.

Die katholische Pfarrkirche St. Marien von 1508 hat einen romanischen Turm und eine dreischiffige Halle und wurde 1894 erneuert. Im Inneren befinden sich ein spätgotischer Marienaltar und der Annenaltar (um 1720) Auf dem Kirchhof steht eine Kreuzigungsgruppe unter barockem Dach.

Zu dem historischen Weinverladekran von 1745 kommt man aber nur durch einen Fußgängertunnel unter der Bundesstraße hindurch. Er konnte glücklicherweise nach der Ausmusterung in den zwanziger Jahren als Technikdenkmal erhalten werden.

Seit nunmehr 370 Jahren ist das Gasthaus „Grüner Baum“ (Rheingaustraße 45) ein Ort der Gastlichkeit und des Genusses. Das kann man zwar nicht für die gesamte Zeit der Existenz des Grünen Baumes zu Oestrich belegen, aber die Familie Norbert Kilzer ist stolz und sich dessen bewußt, in einer langen Reihe von Gastronomen zu stehen, mit Norbert Kilzer nunmehr in der vierten Generation. Nach einer sehr aufwendigen Renovierung 1993 wurde der Grüne Baum“ wieder eröffnet. Das Augenmerk lag dabei stets in der Erhaltung des alten Gebäudes. Aber es wurde auch versucht, dies mit den notwendigen technischen Erneuerungen zu kombinieren. Das Haus bietet eine traditionelle ländliche Küche ohne jeden Schnick - Schnack.

Zwei Brückenfiguren (Madonnen)  zieren den Eingangsbereich des Grünen Baums zu Oestrich. Aus dem rheinfränkischen Baustil des Fachwerks läßt sich in etwa die Erbauungszeit des Gebäudes, wahrscheinlich Mitte des 17. Jahrhunderts, ableiten.

Oestrich wurde, wie viele andere Rheingauer Gemeinden im Jahre 1632 von schwedischen Truppen gebranntschatzt, wahrscheinlich auch der Grüne Baum. Bei der Renovierung 1993 aufgefallene Baumerkmale, lassen jedoch auf einen Vorgängerbau schließen. Bei späteren Umbauarbeiten wurde im Nebengebäude ein etwa 50 Zentimeter großer Steinzeugkrug gefunden. Das darauf befindliche Wappen des Herzogtums Jülich - Kleve - Berg ist mit 1613 datiert. Der Krug befindet sich heute als Leihgabe im Töpferei - Museum in Langerwehe bei Aachen. Er ist für die Forschung zur Töpfereigeschichte ein bemerkenswerter Baustein. Die zum Hause gehörende Barock - Madonna wurde mit finanzieller Hilfe des Landesamtes für Denkmalpflege in Wiesbaden, aufwendig restauriert sachkundige Sanierung nicht vorstellbar.

Man fährt auf der Nebenstraße weiter nach Mittelheim. In Mittelheim ist direkt bei der Basilika ein großer Parkplatz an der Nebenstraße.

 

Mittelheim ist bekannt für seine ehemalige Klosterkirche St. Aegidius aus der Zeit vor 1150. Neben Kloster Eberbach ist sie der einzige Sakralbau im Rheingau, der in seiner Grundsubstanz aus dem 12. Jahrhundert erhalten ist. Die katholische. Pfarrkirche war früher Augustinerinnen-Klosterkirche, eine dreischiffige, romanische. Pfeilerbasilika mit romanischen Türbeschlägen am Westportal. Der Bruchsteinbau mit seinem gedrungenen Turm auf der Vierung ist äußerlich ohne jeden Schmuck. Im Innenraum überraschen kostbare Flachschnitzereien von 1511 an der Kanzel sowie ein gotischer Taufstein (rechts) und eine Pietà aus dem 15. Jahrhundert (links). Im Ort ist sehenswert das spätgotische Alte Rat­haus von 1504 mit Arkaden.

 

Rundgang durch die Basilika in Mittelheim

(Die hochgestellten Zahlen im Text beziehen sich auf die Grundrißzeichnung)

Die Kirche hatte vor 1000 eine ottonische Vorgängerkirche im romanischen Stil, eine ein­schiffige romanische Kapelle, deren Fundamente noch vorhanden sind (vom Fußboden verdeckt, 1938 freigelegt). Nach 1108 gibt es eine „cella“, ein kleines Klösterchen bei der Kapelle mit Augustiner - Chorfrauen, gestiftet von Wulverich von Winkel zu Ehren des heiligen Ägidius. Um 1130 wurde die Basilika eingeweiht, Augustinerchorherren aus Kloster Eberbach zogen ein. Als Name erscheint „Winkel“ oder „Gottesthal“. Aber die Mönche verschwinden vor 1200 aus Winkel.

Vor 1213 erfolgt in Oestrich der Bau des Klosters Gottesthal, die Nonnen von Mittelheim übersiedelten dorthin. Etwa 1247 bis 1257 besiedeln die Nonnen Mittelheim noch einmal. Ab 1284 ist das Patronatsrecht des Klosters Gottesthal über die Pfarrei Mittelheim und die Basilika bezeugt. Im Jahre 1448 hat die Pflicht zur Erhaltung der Basilika das Kloster Gottesthal und das Mainzer St. Victor - Stift

Irgendwann wurde die Basilika im gotischen Stil verändert und schließlich im barocken Stil ausgestattet. Die barocke Ausgestaltung der Kirche und des Hochaltars erfolgte 1699 - 1720

durch die Familie Greiffenclau von Schloß Vollrads und das Mainzer Stift. In den Jahren 1903, 1938 und 1952 erfolgte die gründliche Renovierung und Herstellung der ursprünglichen romanischen Fassung. Im Jahre 1970 erfolgte die Errichtung des Vierungsaltars nach den Erfordernissen des Zweiten Vatikanischen Konzils und Einbau einer Heizung.

Die Heiligenfiguren stehen alle irgendwie in Beziehung zum täglichen Leben der Einwohner.

An der Westmauer - rechts und links über der Eingangstür - befinden sich die Statuen der heiligen Nothelfer Margarethe und Georg, beide als Drachentöter (das Böse in jeder Form besiegend) dargestellt. Sie sind beide aus der gleichen Zeit, etwa aus dem 17. Jahrhundert. An den Säulen im Kirchenschiff sind weniger wertvolle Statuen der Heiligen Aloysius, Josef, Antonius von Padua und Ägidius.

In der Vierung steht links die berühmte Statue des heiligen Urban, dargestellt als Papst mit der Traube („Weinheiliger“). Sie stammt vom Ende des 15. Jahrhunderts. Rechts ist die noch 100 Jahre ältere Statue des Kirchenpatrons Aegidius zu sehen, ebenfalls ein Weinheilger (am 1. September mit frischen Trauben geschmückt). Ihm gegenüber steht die barocke Figur des heiligen Apostels Johannes aus dem Anfang 18. Jahrhunderts. Schon am Kelch (er weist auf eine Legende hin) erkennt man in ihm ebenfalls einen Weinheiligen.

In den Seitenapsiden finden sich zwei Marienstatuen, links eine Pietà aus Terrakotta von 1420, rechts eine barocke Figur Königin und Mutter mit dem Jesuskind aus dem Anfang des 18. Jahrhunderts.

Außerordentlich wertvoll ist die holzgeschnitzte Kanze1 von 1511 von Meister Erhard Falkener aus Abensberg bei Regensburg. Die altdeutsche Inschrift auf den fünf geschnitzten Spruchbändern lautet (von links nach rechts): „Anno Domini dusend fünfhundert und eld jar St. egidius unser werder patron wir arm sunder ruffen dich an das du unß allzit bi wolt stan. bedenk das ent! wil du selig wem so du dich von dinen runden kern. hab got lieb vor alen dinge so mag dir sanct egidius den himmel bringen“.

Heute würde man etwa so sagen: Im Jahre des Herrn 1511. Wir armen Sünder rufen dich an, St.  Aegidius, unseren werter Patron, daß du uns alle Zeit beistehen wollest. Bedenke dein Ende! Willst du selig werden, mußt du dich von deinen Sünden abwenden. Liebe Gott vor allen anderen Dingen, so möge dir St. Aegidius den Himmel bringen“.

Die auffälligen Grabsteine an der Rückseite, im linken und rechten Querarm und in einer Nische in der Apsis, erinnern an Wohltäter der Kirche. Besonders häufig tauchen die Namen Greiffenclau und Oberstein auf. Es gibt Beziehungen zur Nibelungensage (Hagen und Volker von Alzey). Die meisten Grabsteine stammen aus dem 16. und 17. Jahrhundert.

Besondere Beachtung verdient die Taufkapelle, die wohl ein Teil des alten Kreuzganges ist. Der achteckige spätgotische Taufstein mit Maßwerkverzierung und Bemalung aus dem 15. Jahrhundert trägt das Wappen des Stifters, des Adelsgeschlechtes der „zum Fürstenberg“. Aus  gleicher Zeit dürfte die Figur des heiligen Täufers Johannes sein. Ebenfalls finden Sie ein geschnitztes Kreuz aus dem 17. Jahrhundert und ein Sandsteinkreuz, das als Wegekreuz an der Grenzstraße stand.

Hinter dem Hochaltar ist eine enge Tür, die einige Stufen nach unten führt. Mauerreste und eine romanische Säule mit Würfelkapitel deuten darauf hin, daß hier eine Reliquie verehrt wurde. Es ist nicht bekannt, welcher Art diese war.

Über der Sakristei befindet sich noch ein in gotischem Stil ausgestatteter Raum, der an einen klösterlichen Versammlungsraum denken läßt. Die Empore im südlichen Querschiff enthält noch einen kleinen Altar und Sitzbänke, die an eine Nutzung als Kapelle durch die Nonnen denken lassen. Über der südlichen Apsis ist noch ein zugemauertes Fenster zu erkennen, von dem aus die in Raum über der Sakristei versammelten Nonnen der Predigt folgen konnten.

Von der vielleicht vorhandenen gotischen Ausstattung der Basilika erkennt man noch Reste von Spitzgewölben in der Vierung über dem Zelebrationsaltar und außen über der Sakristei in einem gotischen Fenster. Das einzige erhaltene farbige Fenster in der nördlichen Apsis (Anna Selb­dritt) dürfte ebenfalls aus gotischer Zeit stammen (16. Jahrhundert).

Auf der Nebenstraße geht es weiter nach Winkel.

 

 

Winkel ist bekannt durch das „Graue Haus”. Es steht direkt an der Nebenstraße an der Ecke zur Grauen Straße.  Es wurde angeblich um 850 von Erzbischof Rhabanus Maurus erbaut und um 1150 unter Verwendung alter Bauteile erneuert. Es ist ein seltenes Beispiel eines mittelalterlichen Wohnhauses aus Stein, eines der ältesten noch bewohnten Steinhäuser Deutschlands. Heute ist in dem Haus ein Weingut untergebracht.

Am Grauen Haus kann man auch parken und zur prachtvollen Kirche St. Walburga gehen. Die Gemeinde konnte es sich leisten, ihre Pfarrkirche dem jeweiligen Stilempfinden anzupassen: der Turm romanisch, Langhaus und Chor spätgotisch und die Turmbekrönung barock (aber 1674 bis 1778 stark verändert). In der Kirche liegt Karoline von Günderrode begraben, jene unglückselige Dichterin, die sich nach der gescheiterten Liebe zu dem Germanisten Georg Friedrich Creuzer 1806 im Rhein erdolchte.

Vor der Kirche steht ein überlebensgroßes Denkmal für Rhabanus Maurus. Die Gemeinde setzte dem Kirchenfürsten und „Praeceptor Germaniens” 1906 diese Bronzeplastik. Im Jahr 850 soll Rhabanus bei einer Hungersnot 300 Bedürftige gespeist haben.

In der Rheingaustraße steht der sogenannte „Reitz‘'sche Hof“. Das in der Renaissance errichtete, später mehrmals umgebaute Gebäude, steht stellvertretend für die vielen stattlichen Gutshöfe von Oestrich - Winkel.

Wenn man dann auf der Nebenstraße weiter fährt, geht es rechts herum in Richtung des Wegweisers „Brentanohaus“. Dieses steht links an der Ecke zur Rheingaustraße, ist aber stark verfallen. Gegenüber steht die besser gepflegte Brentano - Scheune.

 

Bremtano -  Haus:

Die Rhein- Romantik gehört zu den zentralen Themen der deutschen Kunst- und Literaturgeschichte. Es waren Dichter wie die Geschwister Clemens Brentano und Bettina Brentano, die mit ihrer Begeisterung für den Mittelrhein die Kulturlandschaft zu einem prägenden Begriff machten. Diese Romantisierung („Vater Rhein“) sollte das Deutschlandbild im 19. Jahrhundert in ganz Europa bestimmen. Clemens Brentano ersann auch die Sage von der Zauberin Lore Ley, die er auf dem steilen Felsen bei St. Goarshausen ansiedelte. Der Sommersitz der Frankfurter Kaufmannsfamilie Brentano in Winkel war ein Treffpunkt der Romantiker. Im Landgut waren Goethe, Schlegel, die Brüder Grimm oder der Freiherr vom Stein zu Gast. Bettina Brentano hielt sich dort oft auf, während ihr Bruder Clemens wahrscheinlich nur einmal zugegen war.

Im Jahre 1804 erwarb die Frankfurter Kaufmannsfamilie von Brentano das 1751 erbaute, später nach ihr benannte Barockgebäude als Sommersitz. Dadurch entwickelte sich Winkel zu einem gesellschaftlichen Treffpunkt zahlreicher Geistesgrößen der Zeit. Das Brentanohaus war Treffpunkt der Romantiker. Hier begegneten sich Dichter, Schriftsteller, Maler, Rechtsgelehrte. Die kunstsinnigen Gastgeber Antonia und Franz Brentano, bei häufiger Anwesenheit Bettinas, begrüßten damals in ihrem Haus Christoph Martin Wieland, Achim von Arnim, Ludwig van Beethoven, den Schwager und Juristen Carl von Savigny sowie natürlich den Berühmtesten, Johann Wolfgang von Goethe.

Der Salon der Brentanos war Anlaufpunkt und Begegnungsort der gesamten Brentano-Familie und ihres Freundes- bzw. Bekanntenkreises, zu dem viele bekannte Persönlichkeiten aus Kunst, Wissenschaft und Politik zählten. „Morgens kommen wir alle unseren Gemächern im Saal  zusammen. Der Tag geht vorüber launigem Geschwätz, dazwischen kommen Bruchstücke von Gesang und Harpegge auf der Gitarre. Samstag waren die Brüder hier, bis zum Montag. Da haben wir Nächte am Rhein verschwärmt,“ beschreibt Bettine von Arnim Geselligkeit im Winkeler Brentano - Haus.

In Winkel war Goethe Anfang September 1814 über mehrere Wochen bei der Familie Brentano zu Gast. Goethe unterhielt enge Beziehungen zu „der geliebten wie verehrten Familie Brentano“. Er war freilich ein schwieriger Gast, wie die damalige Hausherrin Antonia Brentano in ihren Lebenserinnerungen notierte. Hier lebte der Dichterfürst bereits seine „Starallüren“ aus, geizig mit Worten, am Essen mäkelnd, aber dem Wein zusprechend. Ungeachtet seines immensen Weinkonsums, nach einem Bericht Antonias („von unserem Rheinwein konnte er ganz fürchterlich viel trinken“) waren diese Tage für Goethe außerordentlich fruchtbar. Er arbeitete hier am „Westöstlichen Divan“ und beschrieb in aufgeräumter Stimmung den Besuch beim „Sankt - Rochus - Fest zu Bingen”.

Im Sommer 1816 will Goethe wiederkommen und „bey Ihnen in Winkel am Rhein einkehren“, wie er den Brentanos schreibt. Doch unterwegs passiert ein Kutschenunfall, den der Geheimrat als schlechtes Vorzeichen deutet. Er bricht die Reise ab und kehrt nie wieder in den Rheingau zurück. Den Riesling seiner Gastgeber, den der Dichterfürst zu seinem Lieblingswein auserkor, und von dem er „fürchterlich viel trinken“ konnte, darf sich als einziger Rebsaft der Gegend bis heute „Goethewein“ nennen.

Die Einrichtung ist im Brentanohaus original erhalten und kann nach Voranmeldung bei den Hausherren - direkten Nachfahren der Brentanos - besichtigt werden. Die Baronin führt Gruppen durch den roten Salon mit den Familienporträts, durch den Saal und in die Goethe ‑ Zimmer. Literaturwissenschaftlich fundiert und mit Anekdoten angereichert, erzählt sie von Clemens, von Bettina und den vielen anderen wie von guten alten Bekannten. Sie lädt zu literarischen Spaziergängen oder zu Goethes Geburtstag („im Kerzenschein“), pflegt die Salonkultur mit sommerlichen Kulturabenden.

Die Familie hat auch ihre historischen Räume aus dem 18. Jahrhundert an verschiedenen Terminen im Jahr zur Besichtigung freigegeben. Des Dichters Schlaf‑ und das benachbarte Arbeitszimmer präsentieren sich dem Betrachter in zeitgenössischer Möblierung und Ambiente. Wenn man ‑ herrlich altertümlich ‑ die Glocke angeschlagen hat und eingelassen wird, eine Treppe hoch und links durch den Saal geht, sind da die Zimmer, eher Kabinette, von Johann Wolfgang mit dem Blick über den Weinhang hinunter zum Rhein.

Das Brentanohaus in Winkel ist jedoch mehr als nur Erinnerungsstätte an Goethe, der in dem Haus weilte, als „seine Vergötterung schon angefangen“ hatte. Udo Baron von Brentano - Nachfahr der weit verzweigten, ursprünglich aus Italien stammenden Familie - ist Winzer, ausgebildet im nahen Geisenheim. Natürlich zieht er „Goethe - Wein“ Riesling, auf Flaschen mit dem Wappen der Brentanos. Im verpachteten Gastronomiebetrieb im Innenhof fing Goethes Laubengang an. Und der Wein, von dem Goethe genoß, verkauft sich gut. „Alle europäischen Königshäuser haben unseren Wein im Keller“, verrät Udo von Brentano, ganz stolzer Winzer.

Vorträge und Besucher, die in den alten Räumen einen Hauch von Literaturgeschichte und Romantik erspüren wollen, sind die Standbeine, erzählt er. Das Haus steht nicht mal unter Denkmalschutz. Trotzdem behandelt es die Familie wie ein Denkmal, sagt der einzige Brentano, der in 200 Jahren in dem Haus geboren wurde.

„Wenn ich in das Haus komme, fliegt der ganze alte Klumpatsch raus“, erinnert sich Angela von Brentano, Pfarrerstochter mit schlesischen Ursprüngen, an ihre erste spontane Äußerung als künftige von Brentano hier. Die Germanistin, die sich die Romantiker gezwungenermaßen erst mal erarbeiten mußte, ließ den Worten glücklicherweise keine Taten folgen, sondern arrangierte sich mit dem Ballast der Literatur‑ und Familiengeschichte.

Das historische Gemäuer, in dem sich die Kinder längst an die Besuchergruppen gewöhnt haben, ist Lebensmittelpunkt. „Viel ist noch zu tun“, meint der Hausherr, denkt an die Erneuerung elektrischer Leitungen im historischen Ambiente. Aber das Dach ist neu eingedeckt. Das alte hielt beinahe 200 Jahre.

 

Seit langem mußte die Entwicklung der Stätte mit großer Sorge betrachtet werden, reichten doch die wirtschaftlichen Möglichkeiten der Familie Brentano in den letzten Jahren nicht mehr aus, um die Bewahrung dieses einmaligen Ortes gewährleisten. Im Jahr 2014 wollte die Familie das Haus verkaufen. Udo von Brentano hat gedroht, die Wiegestätte der deutschen Rhein - Romantik an Investoren aus China oder Rußland zu veräußern. Nach über dreijährigen Verhandlungen übernimmt das Land Hessen den einstigen Sommersitz der Frankfurter Familie Brentano im Rheingau. Rund. 1,2 Millionen Euro will das Land dem Baron zahlen. Dieser möchte, wie er sagt, das bedeutende kulturhistorische Denkmal für die Nachwelt erhalten. Der Sproß eines großen Kaufmannsgeschlechts ist aber durchaus geschäftssinnig. Aus steuerlichen Gründen will Brentano, der im Haus seiner Vorfahren bis vor kurzem ein Weingut betrieben hat, die Summe über 35 Jahre hinweg stückeln.

Die Vereinbarung sieht vor, daß nach der über zwei Millionen Euro teuren Sanierung das Haus künftig von der Stadt Oestrich - Winkel und dem Freien Deutschen Hochstift in Frankfurt geführt wird. Dort ist auch die deutsche Brentano - Forschung angesiedelt. Die Geschwister Clemens und Bettina Brentano - sie hat Goethe in einem einflußreichen Buch („Goethes Briefwechsel mit einem Kinde“) ein schwärmerisches Denkmal gesetzt - gehörten zu den führenden Dichtern der deutschen Romantik.

Was das Haus so einzigartig macht, ist vor allem auch das Mobiliar. Ein Großteil der Möbel stammt noch aus dem frühen 19. Jahrhundert, obwohl die Brentanos dort über mehrere Generationen hinweg gelebt haben. Vom Fenster der von Goethe benutzten Schreibstube aus geht der Blick nach Süden - über die Reblandschaft hinweg zum Rhein. Am prächtig erhaltenen Sekretär aus Kirschbaumholz saß Deutschlands größter Literat und verfaßte Gedichte, die später Teil seines berühmten „West-östlichen Divans“ wurden.

Goethe war 1814 bei den Brentanos mehrere Wochen lang zu Gast - ein Jahr später kam der 65 Jahre alte Geheimrat nochmals kurz zu Besuch. Seiner kunstsinnigen Gastgeberin Antonia Brentano schickte Goethe, der gerne morgens im Schlafrock durch den Weinlaubengang flanierte, zum Dank später eine mit persönlichen Versen versehene Radierung. Sie zeigt den Main in Goethes Heimatstadt Frankfurt. Auch dieses Bild ist im Haus aufbewahrt.

Die Brentanos. die nach dem Auszug ihrer inzwischen erwachsenen Kinder in ein Nebengebäude übersiedelten, betreiben das Haus seit längerem als privates Museum. Jährlich kommen um die 3000 Menschen, berichtet die heutige Hausherrin. Einen Teil der wertvollen Möbel und Gemälde hat Udo von Brentanos Großvater bereits vor dem Zweiten Weltkrieg an das Deutsche Hochstift verkauft. Dort ist man glücklich, daß das Haus jetzt wohl eine Zukunft hat. Man kann nicht in Frankfurt ein Romantik - Museum bauen und zugleich das Brentano - Haus schließen. In Frankfurt dürfte es noch ein Weilchen dauern, bis das geplante Museum steht. In Winkel könnte dagegen das Brentano-Haus der Öffentlichkeit schon bald wieder zugänglich sein.

Am 5. Dezember 2014 erfolgte nach langen Verhandlungen die Übernahme der Liegenschaft durch das Land Hessen. Unmittelbar im Anschluß an die Unterzeichnung des Kaufvertrages wurde das Brentanohaus einer gemeinnützigen Trägergesellschaft übertragen. Damit kann jetzt die große Aufgabe einer Grundinstandsetzung des Wohnhauses in Angriff genommen werden.

Für den ersten Bauabschnitt, der die Sicherung der äußeren Hülle des Gebäudes umfaßt, sind Bundes- und Landesmittel sowie Mittel der Deutschen Stiftung Denkmalschutz in Höhe von insgesamt etwa 600.000 Euro vorgesehen. Diese Maßnahme hat im Juli 2015 begonnen. Wesentlich wird es sein, die Restaurierungsarbeiten durchzuführen, ohne die besondere Authentizität des Orte zu gefährden. Bei dieser schwierigen Aufgabe werden das Freie Deutsche Hochstift, die Verwaltung Staatliche Schlösser und Gärten, das Landesamt für Denkmalpflege und die Stad Oestrich - Winkel in einer Baukommission eng zusammenarbeiten.

Während der erste Maßnahmenabschnitt in der Finanzierung gesichert ist, gilt dies für die Restaurierung des Inneren und des Mobiliar noch nicht. Eine Unterstützung durch den neu gegründeten Freundeskreis Brentanohaus wird notwendig sein, um Mittel für die Restaurierungsaufgaben einzuwerben. Es wird aber nicht nur um die finanzielle Hilfestellung gehen Gleich bedeutend ist aus dem Brentanohau durch die Förderung wissenschaftlicher und kultureller Veranstaltungen einen attraktiven kulturellen Anziehungspunkt für die Stadt und die Region zu machen.

 

 

Schloß Vollrads

Beherrschend überragt der fünfstöckige quadratische Wohnturm inmitten eines quadratischen Weihers, zu dem eine Zugbrücke hinführt, die Gebäude. Er diente den Grafen von Greiffenclau -deren Stammsitz das 1075 erbaute Graue Haus in Winkel war  - als Wohnsitz. Seinen Namen erhielt der malerische Schloßkern bereits 1218 nach Ritter Vollradus von Winkel. Er beerbte die Herren von Winkel, genannt Greiffenclau, und übernahm deren Namen. Die Herren von Vollrads tauchen 1268 erstmals urkundlich auf. Seit die Vollrads 1860 ausstarben ist das Schloß Wohnsitz der Grafen von Matuschka - Greiffenclau.

Ein Treppenturm wurde 1471 an der Südwestecke hinzugefügt. Südwestlich der Turmburg liegt das zweiflügelige Schloß aus dem Jahr 1680 (1684). Im Südflügel befindet sich der Speisesaal mit schöner Stuckdecke, einem Marmorkamin und Ledertapete. Der Wirtschaftshof wird von zweiflügeligen Wirtschaftsgebäuden (1665, 1707 und 1708) umrahmt. Ganz am Ende der verschachtelten Höfe steht in einem eigenen Garten­bezirk ein Kavaliershaus aus dem Jahr 1650. Hier wird ein Restaurant betrieben. „Lukullische Weinproben” und Gutsausschank werden angeboten. Große Weingüter gehören zum Besitz.

Graf von Matuschka  - Greiffenclau galt als begnadeter Marketing - Mann, dessen Initiative unter anderem die Einführung der schlanken, blau ‑ grünen Rheingauer Riesling ‑ Flasche zu verdan­ken war, die für eine neue Identität des gesamten Anbaugebietes sorgen sollte. Während der Graf auf Weinmessen und Veranstaltungen die Billig ‑ Vermarktung der Rheingau ‑ Weine geißelte, kam sein eigenes Gut irgendwann in den Ruf, zu stark auf Masse denn auf Klasse zu setzen und stetig am Markt vorbei zu produzieren.

Und nach dem Freitod des Schloßherrn Erwein Graf Matuschka ‑ Greiffenclau im Jahre 1997 schien das hochverschuldete Traditions ‑ Weingut Schloß Vollrads am Ende. Seitdem das Weingut aber der Nassauischen Sparkasse gehört, ist Ruhe eingekehrt. Der gelernte Winzer und Weinbauexperte Rowald Hepp hat den Betrieb in Schloß Vollrads 1999 in schwerer Zeit über­nommen. Er will sich ausschließlich auf jene Weinsorte konzentrieren, die am besten zu Klima und Boden des Rheingaus paßt und mit der sich dort einfach die qualitativ besten Ergebnisse erzielen lassen: den fruchtigen, mit feiner Säure veredelten Riesling.

Wo Matuschka ‑ Greiffenclau zuletzt jährlich bis zu 800.000 Flaschen aus den Reben preßte, beschränkt Hepp sich auf 500.000. Mehr als  fünf Jahrzehnte alte Riesling ‑ Reben, die nicht mehr das Maximum der Fruchtmenge erbringen können, werden dennoch stehen gelassen und gepflegt, weil ihre Wurzeln viel tiefer gründen als bei jungen Pflanzen. Dadurch werden sie unempfindlicher gegen Trockenheit und können selbst in Rekordsommern wie dem von 2003 noch viele geschmacksbildende Mineralien aus tiefen Bodenschichten ziehen. 

Die Reben werden zudem so beschnitten, daß sie nur wenige Trauben tragen. Bei der Lese gehen die Vollrads ‑ Leute zum Teil fünf bis siebenmal durch die Hänge, um möglichst jede Beere im optimalen Reifezustand zu erwischen. Das geht aber nur durch eine aufwendige Lese von Hand.

Derzeit wird der Gewinn noch fast vollständig in Erhalt und Sanierung der denkmalgeschützten Gebäude im Schloß gesteckt. Der wuchtige Schloßturm soll zur urigen „Schatzkammer“ mit alten und edlen Vollrads ‑ Weinen ausgebaut werden. Hepp beschäftigt 25 feste Arbeitskräfte und rund 50 Saisonarbeiter auf dem Gut, mehr als es bei seiner Einstellung 1999 waren.

In der Nähe sind das Franziskanerkloster Marienthal und die künstliche Ruine Burg Schwarzen­stein.

 

 

Schloß Johannisberg

An der östlichen Zufahrtsstraße stehen auf der rechten Seite drei Mädchen aus Sandstein, die im Jahre 1950 an die Kreuzung gestellt wurden. Links steht der „Johannisberger Erntebringer“, der den Weinlehrpfad erläutert.

Es heißt zwar, die Römer hätten den Wein an den Rhein ge­bracht. Wenn der Einzelfund eines römischen Winzermes­sers bei Rüdesheim dies allerdings belegen soll, können es nur spärliche Anfänge gewesen sein. Historisch greifbar wurde der Weinbau im Rheingau erst in der Karolingerzeit, genau 817, drei Jahre nach dem Tod Karls des Großen, als sein Sohn Ludwig der Fromme zwei Hufen Weinberge „ultra Renum“ (über dem Rhein) auf dem heutigen Johannisberg beurkundete.

Die Sage, daß Kaiser Karl von seiner Pfalz in Ingelheim immer wieder die frühe Schneeschmelze auf den jenseitigen Hängen des Rheins beobachtete und daraufhin Reben aus Burgund mit großem Erfolg anbauen ließ, steht in zeitlichem Einklang. Daß der wärmespeichernde Boden des Rheini­schen Schiefergebirges ebenso am vorzüglichen Gedeihen des Weines beteiligt ist, erschloß sich erst später.

Wohl durch Rabanus Maurus, der als Erzbischof von Mainz im Jahre 850 in Win­kel weilte, erhielt der Berg den Namen „Bischofsberg“. Auf ihm errichteten Mainzer Benediktiner 1088 das erste Kloster im Rheingau. Die Klosterkirche aus dem 12. Jahrhundert wurde dem heiligen Johannes dem. Täufer ge­weiht und gab damit Berg, Kloster und Gemeinde den neuen Namen „Johan­nisberg”.

Das heutige Schloß, 104 Meter über dem Rhein, entstand im ersten Drittel des 18. Jahrhunderts als Sommersitz der Fürstäbte von Fulda. Es wurde 1759 von dem Fürstabt von Fulda, Adalbert von Waldersdorf, erbaut an Stelle eines 1106 gegründeten Benediktinerklosters. Im Dreißigjährigen Krieg kam es als Pfandobjekt in die Hände des Reichspfennigmeisters Bley­mann. Im Jahre 1716 erwarb es der Fürstabt von Fulda, der die Klostergebäude - mit Aus­nahme der Kirche und des alten Weinkellers - in den Jahren 1718 - 1725 nach Plänen von Gallasini durch ein Sommerschloß ersetzen und die Kirche barockisieren ließ. Mit großem Eifer erneuerten dann die Fürstäbte die vernachlässigten Weinberge und der Weinbau auf dem Johannisberg lebte wieder auf.

Goethe erlebt 1815 die Übergabe des stattlichen Gebäudes an den Habsburger Kaiser, an dessen rechtliche Nachfahren noch heute der zehnte Teil der Weinernte geht, deren Riesling zu den Spitzener­zeugnissen des deutschen Weinbaues zäh­len. „Der Johannisberg herrscht über al­les“, stellte der trinkfeste Rheinweinlieb­haber Goethe zufrieden fest.

Nach der Säkularisation ging die Anlage mit den arrondierenden Weinbergen 1816 als Geschenk an den Staatskanzler Cle­mens von Metternich - Winneberg über. Er ließ das Schloß vom Darmstädter Hofbaumeister Georg Moller klassizis­tisch in den Jahren 1826 bis 1836 verändern.

Das Schloß brannte 1942 aus. Der Wiederaufbau be­gann 1954. Die steileren Barockdächer bekam Johan­nisberg beim Wiederaufbau nach dem Zweiten Weltkrieg zurück. Das Schloß ist gehört seit Jahren der Familie des Lebensmittelkonzerns Oetker. Diese hat das Schloß der letzten Gräfin Metternich abgekauft, die 2006 starb und nur noch Verwandte in Spanien hat (ihre Mutter war Spanierin).

Beim Wiederaufbau nach dem Krieg hat man in das Schloß über zwei Stockwerke einen Festsaal eingebaut, der für das Rheingau - Musikfestival genutzt wird. Es ist aber nicht sicher, ob das so bleibt, denn man spricht davon, daß das Schloß zu einem Hotel umgebaut werden soll.

Den hauseigenen Wein genießt man gleich vor Ort in der angeschlossenen Guts­schänke. Im milden Klima gedeihen hier Mandeln, Fei­gen, Zitronen und Atlaszedern.

Die dreiflügelige, zweigeschossige Anlage hat einen nach Norden offenen Ehrenhof, der aber nicht zugänglich ist. Am Obergeschoß des Mittelbaues sind beiderseits klassizistische Balkonvorbauten auf schönen Konsolesteinen und mit gußeisernem Gelän­der angebracht, ähnlich wie an der Aussichtsterrasse südlich vor dem Schloß. Den Innenhof ziert ein reizvoller klassizistischer Wandbrunnen.

 

Man geht zuerst in den rechten Teil des Schlosses. Rechts steht das Denkmal des Spätlesereiters. Im Jahr 1775 verspätet sich der Kurier, der in Fulda die Erlaubnis zum offiziellen Beginn der Weinlese einholen mußte, um einige Wochen. Als er wieder in Johannisberg eintrifft, sind die Trauen bereits an den Rebstöcken verfault. Dem beherzten Kellermeister ist es zu verdanken, daß sie trotzdem geerntet werden und als Spätlese einen neuen Weinstil kreieren, der ab diesem Zeitpunkt auf dem Johannisberg zur Regel wird. Zwar berichten Chronisten schon 1730, daß manche Winzer gern eine kleine Fäulnis abwarten, um zur größeren Süßigkeit der Trauben zu gelangen, dennoch bleibt 1775 das Datum, das den Beginn einer planmäßig späten Lese von edelfaulen Trauben markiert.

Es folgt das Weinkabinett und die Schloßschänke. Die Weinberge, die den berühmten Wein liefern, umfassen 15 Hektar. In der „Bibliotheca subterranea“ werden die größten Schätze der langen Weinbautradition aufbewahrt. Dazu gehört auch der älteste erhaltene Johannisberger Riesling von 1748. Zwar gelten die Johannisberger Rieslinge als besonders langlebig, doch ob dieser älteste Jahrgang noch trinkbar ist? Immerhin berichtet der englische „Weinpapst“ Hugh Johnson, daß er einmal einen Johannisberger Riesling des Jahrgangs 1870 getrunken habe, „der nach einem ganzen Jahrhundert noch voller Kraft war und Spuren seines ursprünglichen Aromas ahnen ließ“.

Dann kommt man zur Schloßterrasse. Nach der grandiosen Sicht über „des Rheins gestreckte Hügel” und „weingeschmückte Landesbreiten” (Goethe) geht man von der Schloßterrasse zurück und um das Schloß herum zur Kirche.

Erhalten blieb von der Abtei nur die im 12. Jahrhundert auf einem romanischen Gründungsbau errichtete dreischiffige Pfeilerbasilika in streng romanischen Formen. Das Kloster bestand von 1082 bis 1563 und wurde in den Bauernkriegen verwüstet. Vor der Kirche ist das Grab der Familie Metternich.

An dieser Seite des Schlosses beginnen auch der Labonteweg und der Querflötenweg. Es gibt einen sechs Kilometer lange Rundwanderung durch die Weinberge und -lagen. Zwanzig Informati­onstafeln (die ersten stehen schon auf dem Schloßgelände) unterwegs geben lehrreiche Aus­kunft auf dem „Johannisberger Wein ‑ Wan­derweg“ zur Geschi­ch­te des Schlosses, der Kirche, des Weines. Südlich des Schlosses verläuft der 50. Breitengrad.

Die Abfahrt vom Schloß erfolgt auf der anderen Seite

 

 

Marienthal

Dorf Johannisberg hat ein Rathaus aus dem 17. Jahrhundert und ein Haus, dessen Eigentümer 2008 mit dem höchsten hessischen Denkmalschutzpreis gewürdigt wurden. Das Bürgerhaus in Johannisberg besteht aus einem massiven Kernbau mittelalterlichen Ursprungs. Es wurde nach der Zerstörung durch einen Brand um 1560 wieder errichtet und erweitert. Vor der Sanierung durch Birgitta und Caspar Sölling gefährdeten stark geschädigte Holzbalken die Statik des Gebäudes. An den Fachwerk - Außenwänden wurden Zierformen rekonstruiert und Lehmausfachungen repariert. Im Inneren wurde eine 1636 bemalte Wand freigelegt und in ihrer ursprünglichen Farbigkeit wieder hergestellt.

Rechts bei einer Kirche geht es ab Richtung Kloster Marienthal. Man kommt vorbei an der (künstlichen) Ruine Schwarzenstein. Rechts geht es zum Schloß Hansenberg, heute ein Elite - Internat. Weiter geht es zum Kloster Marienthal, ein vielbesuchter Wallfahrtsort. Die Kloster- und Wallfahrtskirche Marienthal ist in einem Waldtal nördlich der gleichnamigen Stadt gelegen. Die Wurzeln liegen in einem wundertätigen Gna­denbild der Muttergottes, für das 1313 eine Marienkapelle gestiftet wurde; die Marienthaler Wunderchronik berichtet davon. Die Kirche wurde zur bedeutenden Wallfahrtsstätte. Hier existierte schon im 15. Jahrhundert eine der ältesten Klosterdruckereien.

Von 1566 bis 1587 lebten Augustiner - Chorherren in Marienthal, 1612 bis 1773 war das Kloster von Jesuiten bewohnt. Nach dem Auszug der letz­ten Jesuiten - Mönche begannen die Gebäude mehr und mehr zu verfallen, bis 1857 / 1858 der Limburger Bischof die Renovierung veranlaßte. Die Jesuiten kehrten kurzzeitig zurück, bevor 1872 die Franziskaner einzogen, die bis heute in Ma­rienthal leben. Im Herbst 2009 feiert das Kloster seine 700-Jahr-Feier.

Etwas abgelegen liegt die Ketteler - Kapelle.

Am Bach stehen mehrere alte, einstige Mühlen. Man kommt nach Stephanshausen mit der katholischen Barockkirche, idyllisch am Rande einer riesigen Lichtung von zwei Kilometer Länge und einem Kilometer Breite gelegen.

 

 

Geisenheim

Der Ort ist alter Mainzer Besitz merkantilen Charakters, wichtiger Umschlagplatz und Zollstätte mit Sitz zahlreicher Adelsgeschlechter. Noch heute spiegelt sich der frühere Wohlstand im Ortsbild. Wenn man von Osten kommt biegt man am Wegweiser „Stadtmitte“ nach rechts ab, fährt ein Stück nach rechts in der Chau­vigny­straße und dann links (Wegweiser „Evangelische Kirche“) die Trinostraße hoch und kreuzt die Bahnstrecke.

Nördlich gegenüber dem Geisen­heimer Bahnhof in der Bahnhofstraße thront das „Schloß Kosakenberg“, das Palais der Reichsgrafen von Ingelheim mit seiner kunstvoll gestalteten barocken Vorhalle an der Südseite des Westflügels. Hier förderten im 19. Jahrhundert die „Ingelheimer“ die Kultur in hohem Maße. Und dazu gehörte das Theater zu Geisenheim, an dessen Aufführungen sich Eduard von Lade (der Stifter der Geisenheimer Forschungsanstalt für Wein-, Obst- und Gartenbau) allzugern erinnerte und sie zu den Glanzpunkten der ingel­heimischen Winterveranstaltungen zählte.

Eine Straße weiter nördlich in der Straße „Im Kosakenberg“, liegt der ehemals Zwierlein‘sche Landsitz. Er gehörte in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts dem Onkel der Dichterin Adelheid von Stolterfoth, der sie im Jahre 1844 im Alter von 78 Jahren heiratete. Der Dichter Friedrich von Matthisson nannte den Landsitz den ‚,Parnaß der Rheinphilomele“, den Musenberg der rheinischen Nachtigall. Und der mit der Dichterin befreundete Ferdinand Freiligrath schwärmte ihr vor: ‚,... Sie selbst, Ihr herrlicher Garten, Ihre Dichterkneipe - ich bin noch ganz voll davon.“

Aus den Weingütern dieser beiden Musentempel entstand das neue „Weingut Freiherr von Zwierlein“. Da der traditionsreiche Name Ingelheim nicht mehr zur Verfügung stand, nannte man das Schloß nach der gleichnamigen Weinbergslage, an dessen Fuß es liegt.

Die Zusammenlegung der beiden Weingüter ist nicht überraschend, denn schon in der Vergangenheit hatten der Graf von Ingelheim und der Freiherr von Zwierlein ihre Weingüter von einem gemeinsamen Amtskellner (Administrator) führen lassen. Heute bearbeitet das Weingut „Schloß Kosakenberg“ eine Rebfläche von 8 Hektar in den Spitzenlagen Geisenheims, Winkels und Assmannshausens.

 

Dann fährt man die Trinostraße wieder hinunter und nach rechts in die Winkeler Straße. Dort steht links die evangelische Kirche und ein Stück weiter rechts das „Schloß Schönborn“. Es hat einen achteckigem Treppenturm, einem Erker aus Fachwerk und vier Ecktürmchen. In dem Bauwerk drückt sich auch die Abkehr von dem mittelalterli­chen befestigten Adelssitz in Form der althergebrachten Burg und die Hinwendung zur neuen Spiel- und Stilart eines Renais­sance - Herrenhauses aus. Das Schlößchen wurde im 19. Jahrhundert in wesentlichen Teilen überarbeitet.

Es wurde um 1550 erbaut durch die Herren von Stockheim (Wappen über dem Eingang) und wurde deshalb zunächst „Stockheimer Hof“ genannt. Das Geschlecht bekleidete mehrfach das Amt des Vitztums (Vertreter des Landgrafen im Rheingau).

Geisenheim war nicht nur Residenz der Rheingaugrafen, sondern auch der Mainzer Kurfürsten. Hier entwarf 1647 der Kurfürst und Erzbischof von Mainz, Erzkanzler Johann Philipp von Schönborn, das „Instrumentum Pacis“ (Werk des Friedens), das im Dreißigjährigen Krieg zum Westfälischen Frieden führte. Der Friedensvertrag selbst wurde ein Jahr später in Münster und Osnabrück unterzeichnet.

In die Geschichte ist Johann Philipp zudem als einer der profiliertesten Vertreter der Rheingaufürsten eingegangen. Insbesondere schreiben ihm die Historiker das hohe Verdienst zu, der Hexenjagd der damaligen Zeit im Bereich seiner Gaugraf­schaft ein Ende gemacht zu haben.

Dazu ist überliefert, daß der Schönborner in dem Geisenhei­mer Schloß zusammen mit dem Philosophen Gottfried Wilhelm Leibniz und anderen Gelehrten an seinem Hof Vorschläge konzipierte, wie die katholische und die evangelische Kirche zu vereinigen seien. Neben Leibniz gehör­ten zwei Franzosen, der Schriftsteller Voltaire sowie der Kardi­nal und Staatsmann Jules Mazarin, zu den bekanntesten Gästen des Schlosses Schönborn.

Seit 1651 / 1652 bis heute im Besitz der Grafen von Schönborn (- Wiesentheid). Von 1690 bis 1720 hatte Erzbischof Lothar Franz von Schönborn das Schloß zu seinem Stammsitz auserkoren. Erzbischof Johan Philipp von Schönborn, der maßgeblichen Sommersitz und wallfahrtete von hier aus oft barfuß nach Nothgottes. Im Inneren gibt es wertvolle Täfelungen und geschnitzte Türen mit der Jahreszahl 1683. Verwaltet wird das Renaissance - Schlöß­chen derzeit von dem Domänenweingut Schloß Schönborn in Hattenheim.

 

Man fährt dann weiter nach Westen und kommt etwas nach Süden auf die Rüdesheimer Straße. Am Lindenplatz steht die stadtbeherrschenden katholische Pfarrkirche Heilig Kreuz, die auch „Rheingauer Dom“ genannt wird. Sie ist ein spätgotisches Meisterwerk aus der Zeit um 1515 mit harmonisch eingefügter neugotischer Doppelturmfassade. Bei der Stadtkirche steht die 700-jährige Linde. Von der Pfarrkirche hat man nach links ein hübscher Blick auf den Scharlachkopf, Rochusberg über Bingen mit neuerbauter Kapelle und das am Fuße liegende Bingen, dann rechts Rüdesheim mit dem Niederwald.

Um die Kirche sind die alten Adelspalais, die großen Handels- und Weingüter gruppiert.

Das Rathaus ist von 1682. Etwas unterhalb der Kirche steht das katholische Pfarrhaus, ein siebenachsiger Fachwerkbau mit schiefergedecktem Walmdach von 1656.

Gegenüber steht eine Hinweistafel auf den Architekten und Baumeister Philipp Hoffmann (1806 - 1889) aus Geisenheim. Er erbaute in Wiesbaden die Bonifatiuskirche und die griechische Kapelle und in Geisenheim den Mittelbau und die neugotische Doppelturmfassade, er machte den Entwurf zum (neuen) Rathaus und baute das Kloster Marienthal wieder auf.

 

Man fährt die Rüdesheimer Straße weiter und kommt zum Palais Ostein (Rüdesheimer Straße 34). Das ist ein 1766 bis 1771 erbauter Adelssitz des Grafen Johann Friedrich Maximilian von Ostein in Geisenheim. Die Entwürfe für das Schloß stammen von Johann Valentin Thoman. Die Innenausstattung erfolgte durch den Kurmainzer Hofstukkateur Johann Peter Jäger und dem Maler Christian Georg Schütz d. Ä. Das Palais hatte einen Spiegelsaal, ein Philosophenzimmer und einen Gartensaal. Der Garten­pavillon des Kronberger Hofes wurde um 1720 –1730 angebaut. Es war die Sommerresidenz des letzten Grafen von Ostein. Der Ostflügel mit dem sich anschließenden Eberbacher Hof und dem Kronberger Hof wurde im 20. Jahrhundert von der katholischen St. Ursula - Schule als Internat genutzt, steht aber aus Brandschutz­gründen seit 2006 weitgehend leer.

Im weiteren Verlauf der Rüdesheimer Straße liegt links das Schloß Monrepos aus den Jahren 1860 bis 1863. Es ist ein repräsentatives Gebäude in einem großen Park. Erbauer war Eduard von Lade, der Gründer der Forschungsanstalt. Es wurde im Zweiten Weltkrieg zerstört und danach umgestaltet. Heute ist der Park Monrepos ein Bestandteil der Parkanlagen der Forschungsanstalt Geisenheim (Von-Lade-Straße 1, Kreisstraße nach Marienthal) und ganzjährig kostenfrei zugänglich. Er zeigt Gartenkunst der fünfziger und sechziger Jahre mit Betonelementen und Natursteinarbeiten. Auf der Straße geht es dann weiter nach Rüdesheim.

 

 

Abtei  St. Hildegard

Wenn man von Osten kommt, weist am Beginn von Eibingen der Wegweiser  „Abtei St. Hildegard“ schon am sogenannten „Europadreieck“ nach rechts. Man darf aber nicht nach rechts abbiegen in die Rüdesheimer Straße, sondern nach Norden unter der Eisenbahn hindurch. Man fährt die Taunusstraße hoch und dann links in die Hugo - Asbach - Straße und dann wieder rechts in die Theodor- Heuß - Straße. An der Marienthaler Straße geht es links in die Eibinger Straße, die zur Wallfahrtskirche Eibingen führt. In dieser Pfarr- und Wallfahrtskirche (nicht Klosterkirche). werden die Reliquien der Heiligen Hildegard von Bingen aufbewahrt, die der Stadt Rüdesheim eng verbunden war.

Bekannter ist aber die Abtei St. Hildegard. Zu ihr kommt man, wenn man wieder zurück fährt zur Theodor - Heuß - Straße und auf dieser nach Norden über die Anerstsaße in die Noth­gottes­straße. Vor dem Ortsteil Windeck geht nach links der Klosterweg ab, der zur Abtei führt.

Die Kirche steht auf den Grundmauern des im Jahr 1165 von der Heiligen Hildegard gegründeten Klosters. Die Abtei ist nach der heiligen Hildegard benannt, die zu den größten Frauen des 12. Jahrhunderts gehört. Sie hinterließ drei theologische Werke sowie Arbeiten zur Natur- und Heilkunde, in denen das Wissen ihrer Zeit gepaart ist mit der ihr eigenen ganzheitlichen Schau des Menschen. 

Im Dreißigjährigen Krieg wurde die Abtei zerstört. Im Jahre 1802 wurde das Kloster durch die Säkularisation aufgehoben und Teile des Klostergebäudes abgerissen. Bendiktinerinnen aus der Abtei St. Gabriel sind es, die 1904 in Eibingen einziehen und die Abtei St. Hildegard gründen. Die Abteikirche wurde im Stil einer romanischen Basilika neu erbaut.

Die monumentale neoromanische Klosteranlage der Abtei St. Hildegard, die in den Jahren 1900 bis 1904 erbaut wurde, gilt als einmaliges Gesamtkunstwerk der Beuroner Kunstschule. Nicht nur die Abteikirche, sondern auch Bibliothek und Kapitelsaal sind Juwelen dieser sehr eigenständigen, von der ägyptischen Kunst und dem Jugendstil inspirierten Malschule des ausgehenden 19. und beginnenden 20. Jahrhunderts.

Die Malereien im Innenraum verraten eine enge Beziehung zur Liturgie. Aus der Apsis des Kirchenschiffes schaut dem Betrachter ein überdimensionaler Christus entgegen, dessen ausgebreitete Arme alle Besucher zu umfassen scheinen. In den 83 Jahren standen der Gemeinschaft nur drei Abtissinen vor - ein Zeichen für die Kontinuität des Klosters.

Wer sich einen Eindruck vom geistlichen Leben im Kloster verschaffen möchte, sollte einmal die Vesper um 17.30 Uhr besuchen: Psalmen in lateinischer Sprache gesungen geben eine Ahnung von dem, was Schwestern meinen mit dem Leben, bei dem Gott im Zentrum steht.

„Ora et labora“ - bete und arbeite hat der Gründer des Ordens als Leitlinie gesetzt. Die Nonnen wollen ein Leben führen, bei dem Gott im Zentrum steht. Was das bedeutet, kann ein Außenstehender kaum erfassen. Deswegen macht die Klostergemeinschaft auch keine Werbung für sich. „Sie können für ein solches Leben nicht werben“, meint eine Schwester, „die Wege zum Klosterleben sind so verschieden wie die Menschen selbst.”

Wie sich modernes Klosterleben gestaltet erfährt man aus dem Mund von Schwester Philippa.

Der Alltag der Benediktinerinnen ist vor allem durch das Gebet strukturiert. Fünfmal täglich treffen sich die 55 Ordensschwestern zum gemeinsamen Gebet. „Die Gebetszeiten erinnern uns daran, alles unter den Augen von Gott zu tun“, so Schwester Philippa, die selbst seit 20 Jahren in der Abtei lebt und in der Krankenhausseelsorge tätig ist.

Das Fundament des Klosterlebens bilden die Ordensregeln des Heiligen Benedikt, die in 73 Kapiteln zusammengefaßt sind. Schon die Gründerin der Benediktinerinnenabtei, Hildegard von Bingen, lebte nach den Regeln des Heiligen Benedikt, eines Sohnes reicher römischer Eltern, der in die Einsamkeit ging und um den sich bald weitere Männer scharten. „Die Regeln sind so verfaßt, daß sie der Zeit angepaßt werden können. Weltweit werden die Regeln auch verschieden gelebt“, erzählte Schwester Philippa. Für die Benediktinerinnen gelten drei Gelübde: Stabilität der Gemeinschaft vor Ort, Gehorsam und die Richtschnur ihres Lebens ist das Evangelium.

Viele verschiedene Nationalitäten, Altersgruppen und Bildungsschichten sind in der Abtei vertreten. Sie alle eint die Gottsuche in der Gemeinschaft. „Klosterleben ohne Gott ist undenkbar“, so Schwester Philippa.

Die Mahlzeiten werden schweigend eingenommen. „Ohne Schweigen ist geistliches Leben undenkbar, denn sonst kann man Gott nicht hören“, erzählte die Ordensschwester. Zwischen den Gebeten und Gottesdienstzeiten findet die Arbeit statt. Der Abend steht zur individuellen Gestaltung frei, doch ab 19.30 Uhr beginnt das Hohe Silencium. das Schweigen bis zum nächsten Morgen.

Wirtschaftlich ist die Abtei autark von Zuwendungen durch die Kirche. „Wir leben von dem, was die Landschaft hergibt und die Zeit erfordert“, so Schwester Philippa, die ergänzt: „Wir leben hauptsächlich vom Wein“. Acht Hektar bewirtschaften die Ordensschwestern. haben zwei Keltermeisterinnen in ihren Reihen, doch keinen Koch, seit der letzte in Ruhestand ging. „Wir sind 55 Frauen und keine ist in der Lage, für 100 Personen zu kochen“, schmunzelt Schwester Philippa. „Noch haben wir keine Lösung des Problems, aber wir wissen auch noch nicht, was wir wollen“, lacht sie und ihre blauen Augen lachen leuchtend mit.

Die noch recht junge Abtei St. Hildegard lebt auch von Gästen, Menschen, die auf der Suche sind nach Ruhe. Besinnung oder das Klosterleben kennenlernen wollen. Außerdem gibt es einen Klosterladen, in dem auch Produkte aus der Keramik- und Goldschmiedewerkstatt verkauft.

Auch wenn durch seelsorgerliche Tätigkeiten und Kontakt zu Gästen Bezug zur Außenwelt besteht, leben die Ordensschwestern recht abgeschirmt. „Seit ich hier lebe, habe ich drei Ereignisse im Fernsehen gesehen: Den Mauerfall. die Ereignisse vom 11. September und die Papstwahl“, erinnert sich die Benediktinerin. Informationen über das Weltgeschehen erhalten die Ordensfrauen vor allem durch die Tischlektüre am Mittag und auch der vierwöchige Jahresurlaub führt außerhalb der heimischen Klostermauern entweder zu Verwandten oder in andere Klöster.

Die Benediktinerinnen sind zu Recht stolz auf die geradlinige Art ihrer Weine, die auf fünf Hektar Rebfläche heranreifen. Sie werden vielfach prämiert. Rieslinge sind es vor allem, ergänzt durch ein wenig Spätburgunder von einer Parzelle in Assmannshausen. Gut die Hälfte der Weine wird im Klosterladen von Privatleuten erstanden.

 

Zum ersten Mal in ihrer Geschichte nahmen 2015 die Schwestern der Abtei St. Hildegard

am Tag des offenen Denkmals teil und öffneten die Klausurtüren ihres Klosters für Besucher öffnen. Zwischen 11 und 17.30 Uhr konmnten Interessierte die „regulären Räume“ des Klosters besichtigen. Das sind: Kreuzgänge, Nonnenchor, Kapitelsaal, Refektorium, Bibliothek und Konventzimmer. Auch eine typische klösterliche Zelle war zu sehen sein.  Jeder einzelne Raum wurde auf Info - Tafeln in seiner Funktion und Nutzung erklärt; zusätzlich standen in jedem Raum Schwestern für Fragen und Gespräche zur Verfügung

Die 50 Schwestern der Abtei -  die jüngste ist 33, die älteste 94 Jahre alt - haben in den vergangene Jahren viel für die Erhaltung der monumentalen Klosteranlage und für deren zeitgemäße Nutzung getan. Allein 8.000 Quadratmeter Dachfläche wurden sukzessive mit Naturschiefer neu eingedeckt; den Abschluß bildeten im vergangenen Jahr die 38 Meter hohen Türme sowie das Süddach der Kirche - eine Maßnahme, die erstmals sowohl durch das Bundesamt wie auch durch das Landesamt für Denkmalpflege gefördert wurde.

Abgeschlossen ist inzwischen auch der Umbau (im Altbau) bzw. Neubau des Gästehauses, des Klosterladens und der Kunstwerkstätten, die eine äußerst gelungene Synthese aus Altem und Neuem darstellen. Für die nächsten Jahre planen die Ordensfrauen vor allem eine energetische Sanierung des Gebäudes. Zu diesem Zweck müssen mehr als 150 Fenster erneuert bzw. restauriert und ein modernes Heizsystem installiert werden. Fest im Blick haben die Schwestern auch den Einbau eines Personen- und Lastenaufzugs, der die vier Etagen des Gebäudes miteinander verbindet und das oft mühsame Leben in einem Denkmal deutlich erleichtern dürfte.

Weinliebhaber können vorher in die Weinhandlung hereinschauen, Kunstinteressierte werden von selbst auf die Buch- und Kunsthandlung am Eingang aufmerksam. Die Benediktinerinnen sind zu Recht stolz auf die geradlinige Art ihrer Weine, die auf fünf Hektar Rebfläche heranreifen. Sie werden vielfach prämiert. Rieslinge sind es vor allem, ergänzt durch ein wenig Spätburgunder von einer Parzelle in Assmannshausen. Gut die Hälfte der Weine werden im Klosterladen von Privatleuten erstanden.

Abtei St. Hildegard,  65385 Rüdesheim  - Eibingen .  Geöffnet: 11-17.30 Uhr, erläuterter Rundweg „Suchspiel für Kinder“, 18 Uhr Vespergottesdienst. Info: 06722 - 499143

 

Kloster Nothgottes

Nördlich des Rüdesheimer Stadtteils Windeck und oberhalb der Abtei St. Hildegard  liegt das ehemalige Kloster Nothgottes. Von der Abtei St. Hildegard fährt man wieder zurück auf die Nothgottesstraße und nun nach links durch den Ortsteil Windeck, an dessen Ende es rechts abgeht auf einer schlechten Straße zum ehemaligen Kloster Nothgottes.

Im Jahre 1390 wurde laut Urkunden an der Stelle des heutigen Klosters Nothgottes eine Wallfahrtskirche geweiht. Sie wurde gebaut von den Rittern Brömser aus Rüdesheim. Seit 1620 war hier ein Kapuzinerkloster. Der Klosterbau ist von 1622 - 1627. Im Jahre 1813 wurde das Kloster aufgehoben und verfiel. Seit 1903 begann man mit den Restaurierungen und konnte 1932 die dreischiffige, gotische Hallenkirche neu weihen.  Das Gnadenbild ist heute  in der Pfarrkirche in Rüdesheim. Die Klostergebäude dienen heute als Müttererholungsheim

Eine Holzhalle westlich der Kirche, die 1704 für einen Außenaltar errichtet worden war, ge­staltete man Anfang des 19. Jahrhunderts als Gartenhaus um. Am Rande des Klostergartens steht ein interessantes Bienenhaus mit Schnitzereien aus der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Nördlich liegt die 1716 begonnene Marienkapelle, südlich etwas erhöht im Wald  die gleichartige Antoniuskapelle von 1728.

Der Rückweg führt wieder nach Eibingen über die Theodor - Heuß - Straße und dann rechts in die Alberti Straße und auf die B 42 in die Stadt Rüdesheim.

 

 

Rüdesheim

Im Jahre 1090 wurde Rüdesheim erstmals urkundlich erwähnt, bestand als Siedlung jedoch schon in vorgeschichtlicher Zeit. Hier ist der Endpunkt des sogenannten „Kaufmannsweges”, der zur Vermeidung der Stromschnellen am „Binger Loch” über den Niederwald nach Lorch führte. Im Jahre 1818 erhielt Rüdesheim den Status einer Stadt und entwickelte sich im 19. und 20. Jahrhundert zum beliebten Fremdenverkehrsort. Seit dem Brand der dem Rhein zuge­wandten Stadtfront in der Mitte des 19. Jahrhundert wurden hier zahlreiche, repräsenta­tive Hotelbauten errichtet.

 

Wenn man von Osten nach Rüdesheim hineinfährt, macht die Straße einen Links- und einen Rechtsknick. Danach steht links der Adlerturm, ein alter Befestigungsturm der südlichen Stadtmauer. An dem Turm ist eine Gedenktafel für Goethe angebracht. Hier ist Goethes Ausspruch zitiert: „Der steile Fußpfad nach Rüdesheim führt durch die herrlichsten Weinberge!“ Wenn man etwas weiter fährt, kommt man zur Brömserburg auf der rechten Seite.

Einen Zugang zur Talstation der Seilbahn findet man nicht über die Amselstraße  - wie das Navigationssystem angibt. Man muß die Straße weiter fahren und östlich der Brömserburg in die Niederstraße fahren. Dort ist ein Parkplatz, wo aber die Stunde einen Euro kostet und der Automat nur Münzen annimmt. Man kann aber etwas weiter oben in der Straße noch kostenlos parken. Aber auch westlich der Brömserburg sind allerhand Parkplätze. Zu Fuß geht man die Oberstraße hoch bis zur Talstation der Seilbahn, die seit 1954 die Zahnradbahn ersetzt.

 

Brömserburg:

Eine Vorgängeranlage der Niederburg könnte im 10. oder 11. Jahrhundert bestanden haben. Es wird auch eine aus dem  13. Jahrhundert stammende ursprüngliche Wasserburg vermutet. Der doch sonst allseitig beschlagene Goethe hielt sie fälschlich für Römerreste. Wahrscheinlich entstand der wuchtige Bau im 12. Jahrhundert. Sie war eine Burg der Mainzer Ministerialen, Stammsitz der Ritter von Rüdesheim, und gehörte dann dem Grafen von Ingelheim.

Der schmucklose, mächtige Bau-  Kubus besteht aus vielfach ausgebessertem Bruch­steinmaterial. Außen und im Hof blieben einige kleine romanische Rund­bogenfenster erhalten. Die Gebäude bestehen aus Keller und drei Geschossen. Die beiden Türme überragen sie kaum. Im Hof ist noch ein gemauerter Zieh­brunnen zu sehen. Die Burg ist heute teilweise wiederhergestellt und auch bewohnt

Heute ist hier das Rheingau- und Weinmuseum eingerichtet. Im Weinbaumuseum kann man sich gewissermaßen das kulturgeschichtliche Rüst­zeug über 2000 Jahre Rheingau - Rebentradition holen. Das hi­storische Ambiente bildet den passenden Rahmen für Gläser, Flaschen, Arbeitsgeräte, Pressen, Fässer und seit neue­stem eine komplett eingerichtete Küferwerkstatt. Außerdem wird anhand eines römischen Rebschnittmessers belegt, wie der „Wein” an den Rhein kam und daß sich der Anbau dann seit Karl dem Großen durchgehend verfolgen läßt  (das  Messer ist aber auch der einzige Nachweis, daß schon die Römer den Weinbau im Rheingau kannten).

 

Oberburg:

Die sogenannte Boosenburg entstand vermutlich gegen Ende des 12., Anfang des 13. Jahrhunderts. Zeitweise mainzisches Lehen gelangte sie in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts in den Besitz der Boos von Waldeck. Seit 1830 „Weingut Sturm“, wurde die „Boosenburg” sechs Jahre später bis auf den Hauptturm zerstört. Der fast quadratische Bergfried ist im unteren Bereich bis zu 10 Meter stark und 38 Meter hoch. Ursprünglich war er umgeben von Wohnbauten aus dem 15. und 16. Jahrhundert und ei­nem breiten Graben. Heute stehen  hier ein Wohnhaus von 1836 (Ph. Hoffmann) und einige neuere Wirtschaftsbauten.

 

Vorderburg:

Die Burg unweit des Marktes wurde vermutlich von dem „Kind von Rüdesheim“ (ausgestorben 1368) im 12. Jahrhundert erbaut. von ihr blieb leider nur der quadratische romanische Bergfried erhalten.

 

Adelshöfe:

In der Stadt gibt es noch zahlreiche bedeutende Adelshöfe, so zum Beispiel der Bröms­erhof in der Ober­straße 29 mit Freskenmalereien. Er war der ehemalige Sitz der Brömser von Rüdesheim, die 1668 ausstarben. Die ausgedehnte Anlage stammt aus dem 16. - 17. Jahrhundert. Der in der hinteren nordwestlichen Ecke eingebaute, rechteckige Kernbau entstand bereits im 15. Jahrhundert. Im Brömserhof ist „Siegfried's Mechanisches Musik­kabinett” eingerichtet, das erste deutsche Museum für automatische Musikin­strumente.

 

Drosselgasse:

In ihr schallen Schunkelmusik und stimmungsvolle Trinklieder herüber. Vielleicht war die Drosselgasse zur Zeit des geheimen Rates Goethe ein romantischer stiller Steig. Überseetouristen, vor allem aus Amerika und Japan, drängen sich heute in Scharen in der handtuchschmalen schattendunklen Gasse (drei Meter  breit) vorbei an Boutiquen mit Mozartkugeln und Liebfraumilch, Steiff - Bären und Kunsthandwerkpuppen, Currywurstbuden und Souvenirladen, die Männerunterhosen mit allerlei anzüglichen Sinnsprüchen feil bieten. Weiter oben sind an manchen Tagen auf jeweils zehn Schritt Entfernung flotte Weisen zu hören: vom Alleinunterhalter mit seichter Schlagerparade bis zur Blaskapelle, die für Seniorenbusgruppen zum Tanz aufspielt, ist die ganze Bandbreite so genannter deutscher Gemütlichkeit vertreten.

 

 

Weingüter in Rüdesheim:

Weingut des Bistums Limburg in Rüdesheim:

Das Bistum Limburg ist jung und zudem ein Kind der französischen Revoluti­on. Nach dem Zusammenbruch der welt­lichen und kirchlichen Machtstrukturen als Folge der Revolution wurden 1803 Tei­le der alten Kurfürstentümer Mainz und Trier den nassauischen Herzogtümern zugeschlagen, die sich wiederum 1806 zum Herzogtum Nassau vereinigten. Das Herzogtum strebte ein eigenes Bistum an. Dieses wurde 1827 aus Teilen der Bistümer Mainz, Trier und Köln gebildet. Das Bistum hat drei Dome in Limburg, Wetzlar und Frankfurt. Der Limburger Dom ist geographischer Mittelpunkt des Bistums mit seinen rund 682.000 Katholiken. Das Bistum umfaßt sehr unterschiedliche Regionen. Im Süden liegt das Rhein - Main  - Gebiet mit der Finanzmetropole Frankfurt. Aber auch der Rheingau und ländliche Gebiete in Westerwald und Taunus, an Dill und Eder, gehören dazu.

Das Weingut des Bistums Limburg in Rüdesheim hat Rebstöcke auf dem Bischofsberg, aber auch an der „Johannisberger Hölle”. Die Riesling - Angebote von dieser teuflisch klingenden Lage weist die Weinliste als mild aus, die vom Bischofsberg sind trocken. Auf rund acht Hektar - auch in Assmannshausen und Geisenheim - baut das bischöfliche Weingut Reben an und wird damit einer viele Jahrhunderte alten Tradition gerecht. Die Ursprünge des kirchlichen Weingutes verlieren sich im Dunkel der Geschichte, heißt es in einer Chronik. Möglicherweise entstamme es einer Stiftung aus der Zeit der Kreuzzüge. Erstmals erwähnt wurde es im 11. Jahrhundert.

Das Bistum sehe sich neben der kirchlichen Weinbau - Tradition auch dem Denkmalschutz verpflichtet, begründet Geschäftsführer Jürgen Groh das Engagement für das Weingut, das eine Handvoll Mitarbeiter beschäftigt. Der Haupt - Weinkeller ist immerhin Teil eines rund 300 Jahre alten Eibinger Pfarrhauses, das früher zu einem Kloster gehörte.

Aber auch die Bibel liefert Bezüge zum Wein. Das Johannes - Evangelium zitiert Jesus mit den Worten: „Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben.” Die Weine entsprechen laut Groh im Übrigen auch den Bestimmungen der Meßweinverordnung „Und gut gegessen und getrunken wurde in der Kirche schon immer”, meint der Geschäftsführer.

Das Weingut setzt auf Qualität und erntet deshalb nur 50 statt erlaubter 80 Hektoliter pro Hektar. Gelesen wird per Hand, moderne Glasstöpsel verschließen die Flaschen statt traditioneller Korken. Rund 40.000Liter werden pro Jahr gekeltert. Die Preise reichen von knapp sechs Euro für einen Johannisberger Riesling bis zu 143 Euro für eine halbe Flasche Riesling Trockenbeerenauslese „Rüdesheimer Klosterlay” von 1999.

Großartige Gewinne strebt das Bistum mit seinen vielfach ausgezeichneten Riesling- und Spätburgunderweinen nicht an. In diesem Jahr hofft Groh auf eine „schwarze Null”, in den Vorjahren gab es Defizite. Etwa 80 Prozent der Weine werden an Privatkunden verkauft - im Wesentlichen an Kirchenmitglieder. 20 Prozent gehen ans Gewerbe.

Der enorme Gewölbekeller des alten Gebäudes ist voller klassischer Eichenfässer. Jedes Jahr wird für etwa 3.000 Euro ein neues gekauft - es hält dann bei guter Pflege bis zu 50 Jahre. Aber auch moderne Edelstahltanks und Flaschenregale finden sich in dem Arbeitsraum, der zudem eine Besonderheit aufweist: Einen Brunnen, gekrönt von einer Figur des Heiligen Georg zu Pferd. Der Brunnen verleiht dem Gewölbe nicht nur ein ungewöhnliches Flair, etwa wenn sich bis zu 50 Menschen zu Weinproben einfinden, sondern wird auch praktisch genutzt. Sein Wasser kühlt die doppelwandigen Stahltanks, womit der Gärprozeß gesteuert werden kann.

Das Bistum, erst 1827 aus Teilen der Bistümer Mainz, Trier und Köln geschaffen, übernahm das Weingut 1984 und betreibt es als rechtlich unselbständige Stiftung. Das Gebäude gehört der Pfarrei, die früher auch das Weingut betrieben hatte. So eindrucksvoll der Keller auch ist, er beschränkt wie auch die anderen bescheidenen Räume des Weingutes dessen Kapazitäten. Eine Ausweitung der Produktion wäre nach Darstellung Grohs nicht möglich. Umso wichtiger ist die Qualität der Weine, deren Charaktere von klassisch trocken bis zu edelsüß reichen. Das Bemühen um Qualität wurde allein 2005 bei der Weinprämierung mit zwölf goldenen und zwei silbernen Preismünzen gewürdigt.

 

Weingut Friedrich Fendel besteht seit 1510:

Die Gebrüder Hetzert setzen in erster Linie auf Fachhandel und Gastronomie (60 Prozent), sodann auf Export (30 Prozent), vor allem nach Nordamerika und erst dann auf Privatkunden. Den Direktverkauf der Weine hat der Pächter der hauseigenen Gaststätte übernommen. Er kann mit dem ältesten deutschen Markenwein überhaupt aufwarten: „fum Allerhinnerschde“, vom Allerhintersten, wo bekanntlich die Winzer ihre besten Weine aufzubewahren pflegen. Die Idee entstand im Jahre 1903 in zwar froher, aber auch geistesgegenwärtiger Runde, denn sich die Marke schützen zu lassen, das versäumte man nicht.

 

Weingut Georg Breuer:

Daß das Weingut Georg Breuer der führende Rüdesheimer Betrieb ist, wird niemand, der sich auskennt, bestreiten wollen. Legen doch die Durchschnittserträge bei nur 25 bis 45 Hektoliter pro Hektar. Nur aus solch geringen Erträgen können die großen Weine entstehen, mit denen sich dann auch hohe Erlöse erzielen lassen. Das Weingut besitzt 26 Hektar Rebfläche und teilt seine Weine nach vorbildlich klaren Kriterien ein: die Weißweine in vier Qualitätsstufen, sodann Spätburgunder Rotweine, Sekte und Brände, Edelsüße nicht zu vergessen.

 

Weingüter: Bischöfliches Weingut, Weingut des Bistums Limburg, Marienthaler Straße 3, Telefon 06722/910560, Weingut Georg Breuer, Grabenstraße 8, Telefon 06722/1027 oder 47225, Weingut Friedrich Fendel Erben, Marienthaler Straße 46, Telefon 0 6722/90570, Klosterweingut Abtei Sankt Hildegard, Klosterweg 1, Telefon 06722/49 9130, Internet: www.abtei-st-hildegard. de. Breuers Rüdesheimer Schloß, Steingasse 10/ Drosselgasse, Telefon 06722/90500.

 

 

Niederwalddenkmal

Der Fußweg geht im Zickzack und ist sehr umständlich. Bequemer ist die Seilbahn, auf der eine Rundfahrt pro Person 10 Euro kostet. Die Talstation der Kabinenseilbahn Rüdesheim befindet sich in der Fußgängerzone Oberstraße. Die Bahn fährt im Mai von 9.30 bis 16 Uhr, von Juni bis September bis 17 Uhr und im Oktober bis 16.30 Uhr. Von der Bergstation kommt man erst zu einem Säulentempel mit schöner Aussicht. Der im Zweiten Weltkrieg zerstörte Monopteros wurde wieder aufgebaut. Von hier aus bietet sich eines der schönsten Panoramen im romantischen Mittelrheintal. Bereits Goethe bewunderte die Aussicht und beschrieb sie ergriffen in einem seiner Briefe ans eine Frau Christiane.

Dann kommt das Niederwalddenkmal. Der Regierung in Berlin mußte nach der Reichsgründung 1871 daran gelegen sein, der äußeren möglichst schnell auch eine „innere“ Reichsgründung folgen zu lassen. Das Denkmal sollte den Sieg über Frankreich 1870 / 1871 und die Einigung des Deutschen Reichs verherrlichen. Die Einheit kam mit dem Sieg über den damaligen Erbfeind Frankreich.

Mit Monumenten wie der Germania von Rüdesheim wollte das aus zahllosen Einzelstaaten neugegründete Deutsche Reich seine Identität festigen. Denn viele Menschen fühlten sich noch immer in erster Linie als Preußen, Sachsen, Bayern oder Württemberger, und nicht als Deutsche. „Aus Preußen, Bayern und Hessen sollten Deutsche werden“, erläutert der Mainzer Historiker Ralph Erbar die Symbolik des Denkmals.  Allenthalben entstanden deshalb nach 1871 Ehrenmale für die Gefallenen, Denkmäler, Türme und Brunnen. Auch die Siegessäule in Berlin (1873), das Hermannsdenkmal im Teutoburger Wald (1875), die Reiterstandbilder Wilhelms I. in Berlin und Koblenz, der Kyffhäuser oder später das Völkerschlachtdenkmal in Leipzig (1913) gehören zu diesen Denkmälern.

Nachdem mehrere Ausschreibungen zu keinem zufriedenstellenden Entwurf geführt hatten, wurden schließlich der Dresdner Bildhauer Johannes Schilling und der ebenfalls aus Dresden stammende Architekt Karl Weißbach mit der Gestaltung des Denkmals beauftragt. Architekt war Karl Weißbach aus Dresden, der Aufbau des Denkmals entworfen hat. Die Germania und die Reliefs sind von Professor J. Schilling in Dresden geformt und von Ferdinand von Miller in München gegossen. Den Sockel fertigte die Firma Philipp Holzmann aus Frankfurt.

Kaiser Wilhelm I. reiste persönlich nach Rüdesheim, um der Grundsteinlegung am 16. September 1877 beizuwohnen. Er legte den Grundstein zu diesem pompösen „Nationaldenkmal”, das an die beiden deutschen Siege über Frankreich im letzten Jahrhundert erinnern sollte: Befreiungskriege gegen Napoleon und Krieg von 1870 /  1871 mit anschließender Reichsgründung im Spiegelsaal von Versailles.

Nach einer Bauzeit von sechs Jahren wurde das Niederwalddenkmal am 28. September 1883 in einer feierlichen Zeremonie enthüllt. Wiederum war der Kaiser an den Rhein gekommen. Bismarck dagegen blieb der Veranstaltung demonstrativ fern, so wie er auch schon bei der Grundsteinlegung gefehlt hatte. Das Denkmal mißfiel ihm, die Germania fand er zu groß, den Kaiser und sich selbst zu klein.

Seit 1883 strömte das Publikum in Scharen zum Denkmal, zumal seit 1884 / 1886 von Rüdesheim und Assmannshausen zwei Zahnradbahnen zur Germania fuhren. Nach der Abdankung von Kaiser Wilhelm II. und der Ausrufung der Republik galt die Germania nicht mehr als zeitgemäß. Die Nationalsozialisten benutzen den geschichtsträchtigen Ort am 28. August 1933 für eine Groß­kundgebung unter dem Motto „Heimkehr des Saarlandes“ mit Adolf Hitler als Hauptredner. Die Zahnradbahn wurde nach einem Luftangriff auf Rüdesheim im November 1944 abgebaut. Im April 1954 nahm die Seilbahn den Betrieb auf.

 

Schon von der Rheinebene aus ist der Koloß nicht zu übersehen: Die Figur steht auf einem 12, 5 Meter hohen Sockel und dieser auf einem gleich hohen und sechs Meter breiten Untersockel. Ins­gesamt ist das Denkmal fast 40 Meter hoch.

Der Untersockel trägt in seiner oberen Hälfte links die Gestalt des Krieges, rechts jene des Friedens, je sechs Meter hoch. Der Krieg ist als Jüngling dargestellt, mit gezogenem Schwert (andere Deutung: Erzengels Michael, in der einen Hand das zu Boden gesenkte Schwert, in der anderen die Fanfare, die zum Kampfe rufende Kriegstrompete am Mund). Die Gestalt des Friedens ist in ein faltenreiches Gewand gehüllt und hält den Friedenszweig und das Füllhorn voller Früchte, auf dem Kopf einen Blütenkranz, auf dem Rücken Flügel aus Schwanenfedern

Auf der unteren Hälfte des Sockels zeigen sich das Eiserne Kreuz, Kränze, die Wappen der größeren deutschen Staaten und auf einem vorspringenden kleinen Sockel der Reichsadler, rund  2, 25 Meter hoch. Die untere Hälfte des Sockels zeigt auf einem vortretenden kleineren Sockel die nebeneinander ruhenden sinnbildlichen Gestalten des Rheines und der Mosel, den ersteren als Greis, letztere als blühendes, jugendliches Weib gebildet.

Seitlich sind außerdem die Namen der Städte angebracht, die während des Feldzugs belagert oder eingenommen worden waren. Auf der rechten Seitenfläche sind weitere Städte deutscher Siege genannt: „Straßburg, Metz, Le Bourget, Amiens, Orleans, Le Mans, St. Quentin, Paris“. Darunter ist ein Relief, den Auszug der Krieger darstellend. Links: „Weißenburg, Wörth, Spichern, Courcelles, Mars-la-Tour, Gravelotte, Beaumont, Sedan“. Darunter ist ein Relief, die Heimkehr der Sieger darstellend - jetzt übrigens in einheitlichen Uniformen.

Zwischen beiden dehnt sich das Hauptrelief auf der Vorderseite des Denkmals mit etwa 200 Gestalten. In der Mitte steht der Kaiser Wilhelm I. hoch zu Roß, rechts und links die Könige von Bayern und Sachsen. Insgesamt 133 Personen sind nahezu in Lebensgröße dargestellt, viele von ihnen als Porträt. So erkennt man rechts neben Wilhelm I. den Kanzler Bismarck, in der Hand die Reichsgründungsurkunde, den preußischen Generalfeldmarschall Helmuth Graf von Moltke, Prinz Karl Friedrich, Kronprinz Albert von Sachsen und den preußischen General Edwin Freiherr von Manteuffel. Links neben dem Kaiser stehen sein Sohn, Kronprinz Friedrich Wilhelm, der preußische General Julius von Hartmann, der bayerische General Ludwig Freiherr von und zu der Tann, daneben ein hessischer Jäger und ein preußischer Kanonier.

Unterhalb des Hauptreliefs prangt der Text des Liedes „Die Wacht am Rhein“, das Max Schneckenburger 1840 verfaßt und Karl Wilhelm 1854 vertont hatte, als Frankreich den Rhein als seine Ostgrenze festlegen wollte. „Du Rhein bleibst deutsch wie meine Brust“, sangen daraufhin die Deutschen. Der Refrain lautet: „Lieb‘ Vaterland, magst ruhig sein: Fest steht und treu die Wacht, die Wacht am Rhein!“

Die Worte klingen heute ähnlich pathetisch wie die Inschrift auf dem Sockel darüber: „Zum Andenken an die einmuethige siegreiche Erhebung des deutschen Volkes und an die Wiederaufrichtung des Deutschen Reiches 1870 - 1 871.“ Von einer „einmüthigen siegreichen Erhebung des deutschen Volkes“ für seine Einheit, wie die Denkmalsinschrift behauptet, konnte trotzdem keine Rede sein. Die Einheit war von oben verordnet. Beim Spenden für das Nationaldenkmal hielt sich die Bevölkerung zurück. Laut Endabrechnung - die Baukosten waren von 250.000 auf 1,2 Millionen Reichsmark explodiert - stiftete das Volk 500.000 Reichsmark, den Großteil mußte der Staat aufbringen.

Auf einem 25 Meter hohen gewaltigen Unterbau erhebt sich die Figur der „Germania“, die hier nicht als Wacht am Rhein dargestellt ist: Sie hält in der Linken das mit dem Lorbeer des Friedens geschmückte Schwert gesenkt und mit der Rechten die mit dem Eichenkranz geschmückte Kaiserkrone, als Sinnbild der Einigung Deutschlands, empor. Die faltenreiche Gewandung wird von einem Gürtel zusammengehalten.

Es war in der Tat eine gigantische Figur, die die Erzgießerei Ferdinand von Miller in München aus 1500 Zentnern Metall erschaffen hatte: Fast zwölfeinhalb Meter mißt die Germania vom eichenlaubumkränzten Scheitel bis zur Sohle, die Reichskrone in der erhobenen rechten, ein nach unten gesenktes Schwert in der linken Hand. Nimmt man das 13,37 Meter hohe Postament hinzu, ergibt sich eine Gesamthöhe von 38,18 Meter.

 

Trotz des unverhohlenen Triumphes über den großen Sieg, der in all dem zum Ausdruck kam, war das Niederwalddenkmal nicht dazu gedacht, das unterlegene Frankreich zu demütigen. Bewußt hatte man beim Gießen der Germania auf die Verwendung geschmolzener französischer Kanonenrohre verzichtet, und auch die gegen Frankreich gerichtete vierte Strophe der „Wacht am Rhein“ findet sich nicht auf dem Postament. Auch daß die Germania provokativ gen Frankreich blickt, ist ein weitverbreiteter Irrtum: Tatsächlich schweift ihr Blick nach links in den Rheingau, über die Stadt Rüdesheim und die Rüdesheimer Aue, vielleicht auch noch über Bingen auf dem gegenüberliegenden Rheinufer.

Allein die dem Hauptrelief vorgelagerte Allegorie, in der Vater Rhein seiner Tochter, der Mosel, das Signalhorn übergibt und so deutlich macht, daß nicht länger er, sondern die Mosel über die Deutschen wacht, enthält eine Spitze gegen den „Erbfeind“ im Westen: Die Grenze hat sich verschoben, das Elsaß ist jetzt deutsches Staatsgebiet.

Beunruhigt hat das Denkmal nach dem Zweiten Weltkrieg die französischen Besatzer auf der anderen Rhein­seite. „Der Germane” recke drohend „seine erhobene Faust gen Frankreich”, beklagten sie sich bei ihren US-Kollegen und forderten den Abriß des Denkmals. Die schauten sich die Sache genauer an und kamen zu dem Schluß: Erstens handele es sich um eine Dame, wogegen die Franzosen ja wohl nichts haben dürften, zwei­tens halte sie in der erhobenen Rechten die deutsche Kaiserkrone, und drittens blicke sie nicht nach Paris, sondern nach Süden, mehr auf Mainz zu. Außerdem habe sie einen Friedensengel zur Seite. Die Germania durfte stehenbleiben – sehr zur Freude der Legionen amerikanischer Touristen.

 

Das Denkmal ist auch heute noch Publikumsmagnet, zwei Millionen kommen jährlich. Zwar gehört es nicht mehr zum obligatorischen Ausflugsziel jeder Schulklasse - mit dem Gruppenfoto vor dem Monument  - dafür sind Stimmen aus aller Welt rund ums Denkmal zu hören.

Derlei Pathos ist heute nicht mehr zeitgemäß, doch der phantastische Rundblick von den Terrassen um das Denkmal hinab auf den silbern schimmernden Rhein mit seinen Inseln ist zeitlos. Unten Rüdesheim, Bingen mit Hafen, Burg Klopp und der bekannten Rochuskapelle. Bingerbrück etwas weiter rechts - dazwischen die Nahe - Mündung, dahinter das hügelige Rheinhessen und der Donnersberg am Horizont. Erst die weite Rheinebene, dann die Nahemündung. Das braune Nahewasser mag sich erst gar nicht mit dem graubraunen Rhein mischen.

Schließlich das enge Tal. Dazu gehören der Mäuseturm  und  steil unten die Felsbarrieren des Binger Lochs, die schon 1830  und  1974 endgültig soweit gesprengt wurden, daß keine Lotsen mehr notwendig waren. Ein wahrer Genuß ist schließlich der Blick flußabwärts auf Ass­manns­hausen und die bewaldeten Hänge des Hunsrück.

Die Germania erfreut sich als ein Symbol der Rhein - Romantik ungebrochener Beliebtheit. Sie ist angeblich nach dem Kölner Dom der zweitgrößte Touristenmagnet in Deutschland. Drei Millionen Touristen besuchen jährlich den Weinort Rüdesheim. Davon stattet jeder zweite zu Fuß. per Seilbahn oder Auto auch der Germania oben auf dem Niederwald einen Besuch ab.

„Die Hälfte der Besucher sind Ausländer“, sagt Vorstand Rolf Wölfert von der Rüdesheim Tourist AG. Er zählt am Denkmal viele Niederländer und Skandinavier, aber auch Amerikaner, Chinesen und Japaner. Nach einem Pflichtblick auf die Bronzedame kehren die meisten Touristen ihr indes wenig charmant den Rücken zu: Sie genießen den grandiosen Ausblick über Rüdesheim und seine Weinberge, den Rhein und die Nahe-Mündung in Bingen.

 

Mit schwerem Gerät wurden im Juni 2011 zwei Seitenreliefs und eine Nebenfigur  abgebaut, um sie in der Werkstatt restaurieren zu können. Die zwölf Meter hohe „Germania“ selbst wie auch die übrigen Metallfiguren und -platten sollen an Ort und Stelle restauriert werden. Die Bronzefigur ist unter anderem durch Granatsplitter im Zweiten Weltkrieg und Witterungseinflüsse beschädigt worden. Die zur Stabilisierung eingezogenen Eisenprofile sind verrostet und sollen aufwendig durch Faßstücke aus Bronze ersetzt werden. Auch der Sandstein des 26 Meter hohen Sockels hat nach Angaben der Restauratoren mit den Jahren gelitten und weist schädliche Gipskrusten auf. Weitere Schäden gehen auf die falsche Beseitigung von Graffiti - Schmierereien zurück.

Für die Sanierung des Denkmals aus der Kaiserzeit und des umliegenden Parks geben Bund und Land Hessen bis zum Jahr 2014 zusammen 7,5 Millionen Euro aus. Das Gelände gehört zum Unesco - Welterbe Oberes Mittelrheintal. Die Schönheitskur wird maßgeblich dazu beitragen, daß der Publikumsmagnet in Kürze wieder im alten Glanz erstrahlt.

In der Stadt regt sich unterdessen Kritik gegen das geplante moderne Besucherzentrum am Denkmal. So hat der Haupt- und Finanzausschuß der Kommune zunächst einmal die Weiterleitung von Bundesmitteln an die hessische Schlösser- und Gärtenverwaltung gestoppt. Man habe sich nicht richtig informiert gefühlt, sagte der Ausschußvorsitzende. Wenn dies nachgeholt werde, stehe dem Bau des Zentrums aber nichts mehr im Wege. Keinesfalls gebe es in Rüdesheim eine politische Mehrheit gegen den Bau.

 

Weingüter in Rüdesheim:

Schwester Andrea und Schwester Thekla von der Abtei St. Hildegard haben ihre Ausbildung zu Winzerinnen mit Erfolg abgeschlossen und kümmern sich gemeinsam mit Kellermeister Arnulf Steinheimer um die Weine. Sie werden ausschließlich in Edelstahl ausgebaut, nach sorgfältiger Klärung der Moste und langsamer Vergärung mittels Reinzuchthefen. So entstehen reintonige Gewächse, wie zum Beispiel 2000er Riesling Kabinett trocken aus dem Rüdesheimer Klosterberg, dessen Fruchtnoten an grüne Äpfel erinnern (6,50 Euro). Den 98er aus der gleichen Lage zeichnet dagegen eine leichte, delikate Firne aus, man schmeckt Beerenfrüchte, ein gereifter, klassischer Riesling also mit Eibinger Terroir-Note (7,50 Euro).

Die tritt auch bei den Gewächsen des bischöflichen Weingutes auf, welches aus dem renommierten Pfarrweingut hervorgegangen ist, das auf einer mehr als 800-jährigen Geschichte gründet. Im Jahre 1984 übernahm das Bistum Limburg den Betrieb, dessen Keller sich im Eibinger Pfarrhaus befindet. Die 99er Spätlese trocken aus der Lage Bischofsberg kommt als leckerer Wein mit zart goldgelber Farbe und feiner Apfelfrucht daher.

 

Wanderung zum Jagdschloß:

Zwischen dem Niederwalddenkmal und Assmannshausen liegt das 320 Hektar große Naturschutzgebiet  N i e d e r w a l d. Ende des 18. Jahrhunderts ließ hier Graf Karl Maximilian von Ostein einen Park im englischen Stil anlegen mit einigen effektvollen Überraschungen für seine Gäste. Er wollte die Gartenanlagen des Rokoko auf dem Niederwald imitieren und er legte mit Eremitage, Rossel, Rittersaal und der Zauberhöhle den Grundstein für den damals schönsten Naturpark am Rhein. Innerhalb des Parks entstanden im Laufe der Zeit einige kleinere Bauwerke als Ausrüstungsgegenstände des Parks und an besonderen Punkten wurden außergewöhnliche Aussichten in das Rheintal inszeniert.

Es gibt (abgesehen von der Fahrstraße) drei Wege durch den Wald, von denen aber zwei einen gemeinsamen Beginn haben. Hier darf man sich nicht verwirren lassen, wenn Wegweiser einmal schräg angebracht sind, es geht immer geradeaus, bis zu der Stelle, wo sich wirklich der kurze Weg zum Jagdschloß nach rechts und der Weg zur Rossel nach links trennen.

Auf diesem Weg kommt man an der  A d l e r w a r t e vorbei. Falken, Eulen und Adler sind hier zu besichtigen. Wer Glück hat, kann die Greifvögel meist nachmittags um die Germania kreisen sehen, eine Vorführung für Besucher gibt es jedoch nicht. Der Eintritt beträgt 3,50 Euro pro Person.

Die nächste Station ist die  E r e m i t a g e. Diese  ließ Graf Karl Maximilian von Ostein 1774 nach dem Vorbild deutscher und französischer Parkanlagen hier errichten. Zu ihr gehörten eine Kapelle mit einem kleinen Zimmer und Küche. Hier wohnte wirklich ein Eremit, der von der gräflichen Verwaltung unter anderem Kleidung und Schuhe erhielt. Weil bis etwa 30 die Eichen-Schälwald - Bewirt­schaftung anhielt, blieb der Blick auf die Nahemündung und bis  zum Donners­berg immer frei. Heute ist hier nur noch eine Bretterbude als Unterstand. Danach trennen sich die Wege: rechts geht es direkt zum Jagdschloß. Empfehlenswert ist aber der Weg nach links zur Rossel

Die „R o s s e l“ ist eine kleine künstliche Burgruine auf einem Felssporn, auch 1774 entstanden. Den Romantikern galt der Blick vom Turm als einer der schönsten im Rheintal. Bewußt hatte der Erbauer diese Stelle gewählt, um zu den „romantischsten Orten” am Rheinknie schauen zu können: zur gegenüberlie­genden Kreuzbachklamm und dem mitten im Rhein „an­kernden” Mäuseturm, damals noch von wilden Stromschnel­len umtost. Darüber liegt Burg Ehrenfels, eine Mainzer Zollburg, die 1211 erbaut und1689 zerstört wurde. Die Rossel war ein Bauwerk für das Vorhaben, aus dem Niederwald einen „Märchenwald” zu machen.

Man geht um die Rossel herum und weiter zum R i t t e r s a a l. Ursprünglich hieß der Felskopf „die Klippe“. Hier ließ Graf von Ostein 1791 einen kleinen Bau mit gotischen Fenstern und Kreuzgewölbe, errichten, der jedoch 1876 abgerissen wurde.  Unten liegt das Binger Loch. Die Ausflugsdampfer verkehren bereits seit 1827 zwischen Mainz und Köln.

Zum Rittersaal mußte man ein wenig nach unten gehen. Diesen Weg geht man nun wieder zurück und ist ein Stück weiter bei der Z a u b e r h ö h l e. Man sieht zuerst den Rundbau mit Kuppel, dahinter ist die eigentliche „Höhle“. Diese ist ein künstlicher Tunnelgang von 60 Meter Länge, an dessen Wänden Kristalle funkelten. Graf von Ostein ließ sie zwischen 1789 und 1796 erbauen, um seine Gäste zu überraschen. Die Gäste des Grafen mußten vom nahen Jagdschloß kommend den mit Dornen und Gestrüpp überwucherten finsteren Höhlengang durchqueren, durch eine Tür in den ebenfalls dunklen Rundbau treten, während Graf von Ostein nach und nach die drei Fenster öffnete und seine überraschten Gäste mit dem freien Blick flußabwärts bezauberte: Den Blick auf Klemensaue und Kapelle, die Burgen Rheinstein und Reichenstein und den nahegelegenen Rittersaal. Der Zauber, dem die Gäste in diesem Augenblick erlagen, gab der Höhle den Namen „Zauberhöhle“. Man geht aber, weil man vom Rittersaal kommt, den Weg umgedreht, sollte aber eine Taschenlampe benutzen.

Nun ist es noch ein Katzensprung zum ehemaligen J a g d s c h l o ß. Heute ist darin ein Hotel mit Restaurant untergebracht,  täglich geöffnet von 11.30 bis 21 Uhr. Man geht geradeaus an der rechten Seite vorbei und dann links weiter. Dabei kommt man auch am Wildgehege und einem schönen Grillplatz auf der großen Waldwiese vorbei.

Der dritte Weg schließlich durch den  Niederwald  ist der Rheinsteig. Er führt nicht an Adlerwarte und Eremitage vorbei, sondern steigt weit den Hang hinab, um dann wieder zur Rossel aufzusteigen. Auf diesem Weg gibt es einige reizvolle Ausblicke. Auf dem vorher beschriebenen Weg geht es zum Jagdschloß.

Der Weg führt vom Jagdschloß zur Bergstation des Sessellifts hinunter in den Weinort Ass­mannshausen. Zunächst geht es noch flach, dann immer steiler bis zwischen die Häuser von Assmannshausen, einem Stadtteil von Rüdesheim. Der Weg von der Seilbahn zum Rhein führt an den schönsten Häusern vorbei.

Von Assmannshausen kann man mit dem Schiff zurück nach Rüdesheim fahren.  Man kann aber auch am Gasthaus „Alte Bauernschänke“ über eine Treppe in den Höllenberg einsteigen und weiter auf dem Rheinsteig wandern. Es gibt aber auch die Möglichkeit, vom Jagdschloß auf einem Weg in Richtung Aulhausen zu gehen und von dort ohne steilen Abstieg und Aufstieg in den Höllenberg.

 

 

Rheinsteig von Rüdesheim bis Lorch:

Bequem ist der Fahrt mit der Schwebebahn zum Niederwalddenkmal. Diese nimmt ihre Fahrt allerdings erst um 9.30 Uhr auf. Am Denkmal hält man sich links, wo das blau- weiße Zeichen nach unten weist. Nach steilem Abstieg und steilen Aufstieg zur Rossel geht man dann weiter zum Jagdschloß. Im Internet ist allerdings der direkte Weg durch  den Niederwald eingezeichnet, in der Natur ist aber der Weg weiter nach unten ausgeschildert. Umgedreht ist im Internet der Weg mit dem Abstieg nach Assmannshausen angegeben, in der Natur aber ist ein Weg vom Jagdschloß in Richtung auf das Staatsweingut und dann in den Höllenberg hinein ausgeschildert.

Wenn man nach Assmannshausen hinabfährt, muß man dann erst wieder auf einem Nebeneinstieg in den Rheinsteig einsteigen. Links neben dem Gasthof „Alte Bauernschänke“ geht es über eine Treppe auf eine Fahrtstraße in den Höllenberg. Dann muß man aber am zweiten Weg rechts abbiegen und wieder links gehen zu einem Aussichtspavillon.

Am Ende der Weinbergsgemarkung beginnt ein Felsenpfad am Bacharacher Kopf, auf dem die Route zeigt, daß sie zu Recht den Namen „Steig“ hat. Der Weg schmiegt sich eng an den Hang, zum Teil auf einer alten Mauer. Er ist allerdings nicht sehr lang. Der Pfad mündet bald in den Panoramaweg. Das Speisbachtal muß umgangen werden. Wo der Weg auf einen Querweg stößt, geht man links weiter.

Über die  Paul Claus - Hütte  geht es zu Georgs - Ruh und dem danebenliegenden Aussichtspunkt „Drei - Burgen - Blick“. An der Einmündung des Bodentals geht es wieder bergab bis zu einem kleinen See und im großen Bogen wieder zum Rhein. Hier steht auch der Wegweiser zum schön gelegenen Campingplatz Suleika.

Hier befindet man sich im Bereich des „Freistaat Flaschenhals“. Den riefen die Lorcher nach dem Ende des Ersten Weltkrieges kurzerhand aus. Lorch war die „Hauptstadt“ des Freistaates, der von 1919 - 1923 existierte. Damals hatten die Franzosen einen Brückenkopf gegenüber von Mainz besetzt und die Amerikaner einen gegenüber von Koblenz: Weil man die Abgrenzungen mit einem Zirkel geschlagen hatte, blieb in der Mitte ein unbesetztes Gebiet in Form eines „Flaschenhalses“.

Es hatte nur durch das Wispertal eine Verbindung zum freien Deutsch­land, und durch den Schmuggel, bei dem man hinter der Rheininsel Güter anlandete. Man druckte eigenes Notgeld. Im Wispertal steht eine Hinweistafel „Freistaat Flaschenhals 1919 - 1923“. An dieser engsten Stelle des Flaschenhalses gab es keine Straße, so daß die Güter mühsam über Waldweg aus dem nicht besetzten Deutschland herbeigeschafft wurden. In Limburg hatte man ein Gemeindebüro, von dem aus die Verwaltung gesteuert wurde. Aber 1923 machten die Franzosen dem allem ein Ende, indem sie das Gebiet besetzten und den Bürgermeister und seine Beamten verhafteten. Heute gibt es eine Interessengemeinschaft, die vor allem Weinvermarkten will. Sie stellt einen „Reisepaß“ zu zwölf Gaststäten im Gebiet aus und hat auch in den Hauptstädten der Bundesländer Gaststäten als „Botschaften“.

Auf dem Weg nach Lorch ist noch der Bachergrund zu umgehen. Man sieht den Ort schon liegen, aber es ist immer noch ein ganzes Stück.

 

Auf der anderen Rheinseite (vom Rheinsteig aus zu sehen):

Die Einkehrgaststätte  „S c h w e i z e r h a u s” gegenüber Assmannshausen ist der ehemalige Jagdsitz von Prinz Friedrich Wilhelm von Preußen nahe der von ihm wieder aufgebauten Burg Rheinstein. Ei­nen schöneren Platz für sein Jagdhaus hätte Prinz Friedrich Wilhelm von Preußen nicht finden können.

Burg  R h e i n s t e i n: Die um 1260 erbaute gotische Hangburg wurde nach 1825 als erste Burg am Rhein (romantisch, neugotisch) durch den Prinzen Friedrich Wilhelm von Preußen wieder aufgebaut. Im Zickzack hinunter zur Zugbrücke und nach Entrichtung des „Zolls“ (Eintritt) darf man nach Belieben durch die neugotische Kapelle, Höfe und Räume streifen, Glasmalereien aus vier Jahrhunderten, Rüstungen, eine Steinschleuder oder die Sammlung antiker Möbel in Augenschein nehmen. Von Wehrgängen und den höchsten Zinnen der ursprünglich im 13. Jahrhundert als Mainzer Zollfeste erbauten Rheinstein genießt man dabei herrliche Blicke ins Rheintal.

 

Das M o r g e n b a c h t a l im Binger Wald, wie der östliche, zum Rhein steil abfallende Teil des Hunsrücks genannt wird, gilt als das schönste weit und breit. Besonders im unteren Abschnitt wird der Morgenbach zum Wildwasser, das sich im tiefen, engen Waldtal seinen Weg bahnt. Am oberen Rand ragen Schiefer - Quarzit - Felsen empor, teilweise ausgewiesen für Kletterübungen des Deutschen Alpenvereins. In diesem Naturschutzgebiet ist sogar Damwild angesiedelt, das sich gelegentlich dem Wanderer zeigt.

 

Burg  R e i c h e n s t e i n überragt mit ihrem düsteren, langgestreckten Mauerwerk den Ort. Sie ist eine der größten und stärksten Festungen am Rhein, eine Wohnanlage ohne Bergfried, heute Hotel, Restaurant und Museum. Neben Waffen, Rüs­tungen und Jagdtrophäen birgt sie eine Sammlung von etwa 300 gußeisernen Ofenplatten aus mehreren Jahrhunderten. Der Rittersaal ist zugleich Ahnengalerie. Die Anfänge der Burg sollen bis ins 11. Jahrhundert zurückreichen. Einen un­rühmlichen Namen hat sie sich als Raubritternest im 13. Jahrhundert gemacht. Kaiser Rudolph von Habsburg konnte es erst nach vierjähriger Belagerung 1282 aushungern.  Der Burgherr und seine Kumpanen wurden an der Cle­mens­kapelle enthauptet. Mehrmals zerstört, aber wegen ihrer stra­tegischen Bedeutung immer wieder aufgebaut, verfiel Rei­chenstein, durch verbesserte Waffen bedeutungslos gewor­den. Die Adels- und Industriellenfamilie Kirsch - Puricelli ließ das Gemäuer - bemerkenswert originalgetreu - im Jahre 1899 im neugotischen Stil wieder aufbauen.

 

In  T r e c h t i n g s ­h a u s e n ist sehenswert die katholische Pfarrkirche St. Clemens (1823 -1825) mit zwei spätgotische Plasti­ken und die Friedhofskapelle (Klemenskapelle) am südlichen Ende des Ortes  ist die ehemalige Pfarrkirche aus dem Ende des 12. Jahrhunderts, eine kleine spätromanische Pfeilerbasilika mit einem schönen Chorgestühl im Inneren. Die Ortsbefestigung mit Tor und zwei Türmen ist erhalten. Über der Mitte des Ortes lag die trutzige Falkenburg, auch ein Raubritternest, aber die niedrigen Mauern sind heute kaum noch aus der Ferne auszumachen. Weiter nördlich  liegt neben dem Steinbruch die Ruine Sooneck, einst die gefürchtetste Raubritterburg am Rhein. Es folgen Niederheimbach mit Burg Hohneck (oder Heimburg) und Rheindiebach mit den Trümmern der  Burg Fürstenberg.

 

 

 

Assmannshausen

Der Ort wurde  1108 erstmals erwähnt und war bis in das 14. Jahrhundert von Rüdesheim abhängig. Die 1829 wieder entdeckten Thermalquellen wur­den schon 1489 durch den Erzbischof von Mainz genutzt. Bedeutende Bauten sind die  Pfarrkirche Heiligkreuz und das  Gasthaus „Alte Bauernschänke“ aus dem 15. Jahrhundert. Das Gasthaus „Krone“ ist vielbesungen. Hier traf sich einst ein Künstlerkreis, zu dem Dichter wie Freiligrath, Rosegger, Scheffel, Kerner, Fallersleben und Geibel gehörten.

Im Mündungsdreieck der Nahe,  wo der Rhein das Mittelgebirge gen Norden durchschneidet, wandelt sich das Landschaftsbild. Das breite Flußtal verjüngt sich. Unmittelbar vom Ufer aus steigen die Weinberge steil an. Stützmauern und Treppen formen eine kunstvoll pittoreske Terrassenlandschaft. Die gebändigten Berghänge lassen erahnen, wieviel Mühe der Weinbau hier macht. Das Ergebnis lohnt den Aufwand.

Entlang der Rheinfront, vom westlichen Rand der Stadt Rüdesheim bis zu der erhabenen Burgruine Ehrenfels, erstrecken sich die bekannten Weinlagen des sogenannten „Rüdesheimer Berges“. Auf „Rottland“, „Roseneck“ und „Schloßberg“ verteilt sich das Gros der 23 Hektar großen Rebfläche. Diese Lagen bewirtschaftet die Staatsdomäne Rüdesheim. In den bis zu 75 Prozent steilen Südhängen gedeihen unter intensiver Sonneneinstrahlung aus gesprochen fruchtige Weine mit harmonischer Rieslingsäure.

Die Staatsdomäne Assmannshausen dagegen hat sich einzig und allein dem Spätburgunder verschrieben. Auf den Südwesthängen des „Höllenberg“ wächst der Edelmann unter den Rotweinen, der in seiner Qualität von keinem anderen deutschen Rotwein erreicht wird. Wen wundert es, daß bei so etwas Feinem wieder die Eberbacher Mönche ihre Hand im Spiel hatten. Die erste Nachricht über den Anbau des „Klebrot“, ein im Rheingau gebräuchliches Synonym für die Rebsorte Spätburgunder, meldete das Nonnenkloster Marienhausen, welches der Abtei Eberbach unterstellt war. So geschehen anno 1507, währenddessen Rebstöcke auf den Hängen des Höllenberg schon nachweislich seit Beginn des 12. Jahrhunderts angebaut wurden.

Die Rotweinbereitung der Domäne Assmannshausen erfolgt im traditionellen Stil. Voraussetzung eines edlen Spätburgunders sind vollreife, gesunde Trauben, die auf der 23 Hektar großen Rebfläche ausschließlich in Steillagen gewonnen werden. Das Lesegut wird in der gutseigenen Kellerei äußerst schonend weiterverarbeitet. In Eichenholzfässern reifen die Rotweine anschließend zu geschmacklicher Harmonie und Bekömmlichkeit heran. Ergebnis sorgfältiger Weinerzeugung ist ein rubinroter, bukettbetonter „Assmannshäuser“. Die Zunge des kultivierten Bacchanten schmeckt feine, bittere Mandeln und samtene Frucht.

 

 

Lorch

An der Uferfront steht das bekannte Hilchenhaus, eines der ersten, seit 1646 erbauten Renaissancegebäude Deutschlands. Der be­rühmteste Sohn der Stadt, Hans von Hilchen, Ritter und kai­serlicher Feldmarschall, plante das Haus als seinen Alterssitz.

Das 450 Jahre alte Hilchenhaus in Lorch bleibt weiter ein Sanierungsfall. Öffentliche Gelder bewahrten den Renaissancebau vor dem Einsturz. Doch die Zukunft ist ungewiß: Der Besitzer ist zahlungsunfähig. Wohl aus den letzten Kriegstagen stammen die Einschußlöcher im Sandsteinsockel - doch die und ein Brand im Jahr 1945 haben dem prachtvollen Renaissancebau am Ufer des Rheins nichts anhaben können. Der Zerfall setzte erst richtig ein, als der nach Ansicht von Denkmalschützern wichtigste Bau am Mittelrhein neuen, glanzvolleren Zeiten entgegensehen sollte. Ein Vier - Sterne  - Hotel mit Tagungsräumen hatte am Rande des historischen Ortskerns von Lorch entstehen sollen.              

Doch der Besitzer entkernte nur das Gebäude, die Fenster waren herausgerissen worden, und im Dach klaffte ein riesiges Loch. Hinzu kam, daß die Bauarbeiter noch am letzten Tag vor Bekanntwerden der Insolvenz eine Zwischendecke entfernt hatten und damit der Statik des Hauses fast den Todesstoß versetzt hätten.

Stadt, Kreis und Land hatten lange miteinander und teilweiser auch gegeneinander darum gestritten, wer jetzt dafür zuständig sei, das Haus vor dem endgültigen Verfall zu retten. Der Kreis hatte jedoch der Lorcher Bürgerinitiative „Rettet das Hilchenhaus“ nachgegeben und 250.00 Euro bereitgestellt. Für 100.000 Euro wurden die Fenster mit Brettern vernagelt, das Dach behelfsmäßig, aber dauerhaft abgedichtet. Stahlstreben ersetzen jetzt die fehlende Decke zwischen dem ersten und dem zweiten Stock. Auch der Erker an der Rheinseite droht nicht mehr abzukippen.

 

In der gotischen St.-Martins-Kirche aus dem 13. Jahrhundert fand das lebens­große Grabmal des Hans von Hilchen einen würdigen Platz. Das Gotteshaus ist berühmt durch den gewaltigen Schnitzaltar von 1483. Meister Hans von Worms hat ihn als größten und vielleicht auch ersten unbemalten Schnitzaltar gestaltet. Er ragt mit seinen in mehreren Geschossen übereinander angeordneten Heiligen­figuren und dem Gesprenge 15 Meter bis in die Spitze des Chores. Diese kostbare sakrale Skulptur ist in der Zeit zwischen Ostern und Oktober samstags zwischen 14 und 17 Uhr und sonntags zwischen 11 und 17 Uhr für Besucher geöffnet. In der Kirche ist eine Orgel mit einem „Rieslingregister“: Wenn man die Taste drückt, ertönt Vogelgezwitscher und es öffnet sich eine Tür und dahinter stehen zwei Gläser und eine Flasche Wein.

 

Lorch war die „Hauptstadt“ des Freistates Flaschenhals, der von 1919 - 1923 existierte. Damals hatten die Franzosen einen Brückenkopf gegenüber von Mainz besetzt und die Amerikaner einen gegenüber von Koblenz: Weil man die Abgrenzungen mit einem Zirkel geschlagen hatte, blieb in der Mitte ein unbesetztes Gebiet in Form eines „Flaschenhalses“. Es hatte nur durch das Wispertal eine Verbindung zum freien Deutschland, und durch den Schmuggel, bei dem man hinter der Rheininsel Güter anlandete. Man druckte eigenes Notgeld. Aber 1923 machten die Franzosen dem allem ein Ende, indem sie das Gebiet besetzten und den Bürgermeister und seine Beamten verhafteten. Heute gibt es eine Interessengemeinschaft, die vor allem Weinvermarkten will. Sie stellt einen „Reisepaß“ zu zwölf  Gaststäten im Gebiet aus und hat auch in den Hauptstädten der Bundesländer Gaststäten als „Botschaften“.

 

In Lorchhausen mit der Clemens - Kapelle führt ein Kreuzweg mit großen Stationen in die Weinberge.

 

 

Wispertal

Das Wispertal ist ein etwa 30 Kilometer langes Seitental des Rheines, das sich in vielen Windun­gen - oft tief eingeschnitten - von der Quelle zwischen Mappersheim und Kemel durch die Wälder des Taunus und Rheingaugebirges bis zur Mündung bei Lorch herabzieht. Seiner romantischen Schönheit verdankt es den Namen „Rheinische Schweiz“.

Im Wispertal steht eine Hinweistafel „Freistaat Flaschenhals 1919 - 1923“. An dieser engsten Stelle des Flaschenhalses gab es keine Straße, so daß die Güter mühsam über Waldweg aus dem nicht besetzten Deutschland herbeigeschafft wurden. In Limburg hatte man ein Gemeindebüro, von dem aus die Verwaltung gesteuert wurde (siehe auch Lorch).

 

Wanderung durchs Wispertal:

Der Wanderweg führt die ehemalige grüne Grenze des Rheingauer Gebücks entlang und erzählt vieles aus alter Geschichte. Start ist nahe der Kammerburg, oberhalb der Kammerburg liegt die Ruine Rheinberg Schon nach wenigen hundert Metern geht es steil berg­auf - und zwar wirklich steil. Die Gebückwanderung auf dieser Etappe ist nichts für Familien mit ganz kleinen Kindern und auch nichts für Spaziergänger. Hier heißt es trittsicher sein und eine gute Ausrüstung dabei haben.

Auf einem schmalen Pfad erklimmt man im Gänsemarsch die Burgruine Rheinberg. Zunächst sieht man nur Mauerreste, völlig überwuchert und eingewachsen. Nach wenigen Metern auf einem fast ebenen Pfad wächst auf einmal eine Steintreppe aus dem Boden. Wenige Schritte später sieht man dicke Mauern. Die Burgruine Rheinberg ist eine der ältesten Burgen im Wispertal, eine Mainzer Feste aus dem 12. Jahrhundert zur Sicherung der Rheingaugrenze.

Sie wurde 1165 erbaut. Im Jahre 1170 diente sie als kurmainzischer Lehen - Sitz der Rheingrafen. Die Burg sicherte einen Durchgang durch das Rheingauer Gebück, das dem Wanderweg dem Namen gibt.

Nachdem es 1279 zu einem Streit zwischen Erzbischof Wernher von Epp­stein und Siegfried von Rheinberg gekommen war, ließ der Erzbischof die Burg belagern und errichtete zwei Schanzen: die Blideneck im Norden und die Kammerburg im Süden der Rheinberg. Von hier aus bombardierten die Eppsteiner die Rheinberg mit Wurfgeschossen aus Steinkugeln und Brandsätzen. So wurde die Burg Rheinberg 1301 zerstört. Aber 36 Jahre später wurde sie wieder aufgebaut und wurde später kurpfälzisches Lehen. Ein Burggraben schützte die Burganlage nach Norden hin. Der gemauerte Brückenpfeiler ist heute noch zu sehen. Vorbei an einer Vorburg gelangte man in den Burghof und dann an einem Brunnen vorbei zur Burg. Die Burg Rheinberg lohnt den beschwerlichen Aufstieg, gerade weil sie so eingewachsen und scheinbar vergessen im Wald steht.

Der Wanderweg führt weiter zum Blideneck. Unglaublich, daß man Steinkugeln bereits vor über 800 Jahren so weit schleudern konnte! Es geht weiter nur bergauf, fast zwei Kilometer lang schlängelt sich der Pfad durch knorrige Eichen und Buchen über Wurzelstufen und Felsen nach oben. Dort stößt der Gebückweg auf einen Forstweg und für wenige hundert Meter kann man Luft holen und fast geradeaus durch den Wald laufen. Bis man plötzlich an einer Biegung aus dem Wald heraus tritt und auf wogende Felder und Wiesen schaut: Ein Kontrastprogramm von Weite und Wind und einem schönen Höhenpanorama!

 

Auf einem Feldweg hoch geht es Richtung Ransel. Das kleine Dorf wurde 1187 erstmals erwähnt und war damals noch mainzerisch. Hier scheint die Welt am Horizont zu Ende zu gehen. Aber nein! Man wandert, bis der Arzt kommt, nämlich das Modehaus Arz und das Landmuseum direkt daneben, das derselbe Herr Arz ins Leben gerufen hat und mit anderen Vereinsmitgliedern gemeinsam betreibt. Das Landmuseum ist aufgebaut ist wie ein großer Männerspielplatz. Hier gibt es alte Werkstätten und Maschinen, mehr als 600 verschiedene Landwerkzeuge! Und mit Glück darf man mit historischen Traktoren mal eine Runde drehen - und selbstgebrautes Bier gibt es auch noch!

 Hinter Ransel geht es am Feld entlang bergab durch Wiesen und Wald auf Forstwegen. Man kommt6 an einem alten Schieferbruch vorbei und genießt die erste wirkliche Strecke talwärts - Richtung Sauerthal, was gerade eben so zu Rheinland Pfalz gehört. In Richtung Sauertal kommt man zuerst an der Kreuzkapelle rechts vorbei.

Das Bergbaudörfchen liegt im engen Tal und lebte von Schiefer- und Wasserexport: Denn in Sauerthal sprudelt der Sauerbrunnen seit Jahrhunderten in der Ortsmitte vor sich hin und liefert fein mit Kohlensäure durchsetztes, eisenhaltiges Mineralwasser. Der Wanderer soll sich vom rostig - trüben Aussehen nicht abschrecken lassen: Das Wasser schmeckt frisch und wirklich gut - und diese Erfrischung braucht man wirklich, denn nach dem Friedhof von Sauerthal geht es wieder bergauf.

Unvermittelt steht man am Waldrand vor dem kleinen Friedhof des Dörfchens Sauer­tal. In der Nähe des Eingangs des kleinen Friedhofs des Dörfchens Sauer­tal hebt sich bescheiden ein Sandsteindenkmal von den übrigen ab. Es trägt die Inschrift: „Franz von Sickingen, Reichsgraf - seines Stammes der Letzte - Von einem Freunde vaterländischer Geschichte”. Und auf der Rückseite: „Er starb im Elend – 1834”, das heißt in der Nähe der Burg seiner Vorfahren, der Sauerburg, auf dem westlich gelegenen völlig verschuldeten Hof Sauerberg.

 

Über dem Ort liegt die fast nur noch in wenigen Ru­dimenten vorhandene Burgruine Waldeck

Wegen der Sicht ins Tal lohnt die kurze, aber beschwerliche Kraxel­partie hinauf. Der Weg neigt sich wieder abwärts, die Ruine bleibt in grüner Einsamkeit zurück. Die um 1300 erbaute Sauerburg war die Gegenburg zur Waldeck, eine der größten Anla­gen am Rhein. Sie kam 1672 in den Besitz der Reichsritter von Sickingen und wurde 1685 durch die Franzosen unter Ludwig XIV zerstört.

Die Ruine Waldeck und die Sauerburg stehen in engem historischen Zusam­menhang, könnten aber in ihrem Erhaltungszustand nicht unterschiedlicher sein. Die Sauerburg hat mächtige, hervorra­gend restaurierte (und privat bewohnte) Fachwerkaufbauten über den dunklen Bruchsteinmauern der Wehranlagen. Bei Anwesenheit des Besitzers – hauptsächlich am Wochenende – steht das Burgtor offen zu einem Blick in den Innenhof.

Vom Sauerbrunnen frisch gestärkt wagt man den letzten und schrecklich langen, steilen Aufstieg entlang der alten Grenze, wo früher das Gebück Freund von Feind trennte. Nach einer gemütlichen halben Stunde erreicht man die Clemenskapelle und wird mit einem Rheinblick erster Güte belohnt. Da liegt Lorchhausen, das Tor zum Rheingau und man sieht die steilen Hänge des rheinischen Schiefergebirges. Nun muß man sich nur noch links durch die Weinberge schlagen und kommt in Lorch an. Zum Abschluß der Wanderung auf dem Gebück warten Speis und Trank in den Lorcher Straußwirtschaften auf uns und der Rheingauer Riesling schmeckt nach den erlebnisreichen 16 Kilometern besonders gut.

 

Autotour:

Bei der Auffahrt durch das Wispertal kommt man zur Ruine Kammerburg oberhalb der Kam­merburger Mühle, die im 13. Jahrhundert von den Mainzer Erzbischöfen erbaut wurde. Oberhalb der Kammerburg liegt die Ruine Rheinberg. Weiter geht es zur bereits 1390 genannten Laukenmühle (Wirtschaft und Sommerfrische) mit der mainzischen Ruine Lauksburg, die seit 1573 verfällt.

Der nächste Ort ist Geroldstein mit Re­sten der Burgruine Haneck aus dem 12. Jahrhundert und darüber liegend Burg Schwarzenberg aus dem 12. Jahrhundert, von der Bergfried, Türme und Mauern erhal­ten. Von 1589 – 1634 wurde hier Holzkohle gewonnen und ein Hochofen betrieben. Die Erze kamen aus dem Aartal. In der Riesenmühle ist eine gute Wirtschaft. Das Wispertal führt dann weiter nach Ramschied, die Bundesstraße über Langenseifen nach Bad Schwalbach.

 

 

 

 

 

Vordertaunus

 

Bad Homburg

Geschichte

Der Frankfurter Archäobotaniker Arie J. Kalis und seine Mitarbeiterin Astrid Schweizer fanden in bis zu 1,82 Meter tiefer Erdschichten unter einem Spielplatz in der Altstadt Holzkohle aus der Bronzezeit, die darauf schließen läßt, daß um 1400 bis 1300 vCh Menschen auf dem Areal der heutigen Bad Homburger Altstadt lebten. Sie fanden fingernagelgroße Keramiksplitter, die Experten in die Eisenzeit um 800 vCh datieren. Sie fanden Schlamm, der bestätigt, daß das Untersuchungsgebiet dereinst häufig überschwemmt war.

Eines aber fanden sie nicht: Hinweise darauf, daß es um 782  nCh  herum eine Siedlung am Fuße jenes Hügels gegeben haben könnte, auf dem rund 400 Jahre später die Burg jenes Ritters von „Hohenberch“ stand, von der Bad Homburg seinen Namen ableitet. Noch nicht einmal Pollen von Getreide oder Hornmoosen, wie sie für das frühe Mittelalter typisch sind, waren in der ausgegrabenen Erde zu entdecken. Die These, daß Bad Homburg gut 1200 Jahre alt sei, ist falsch, die auf­wendigen Feierlichkeiten von 1982 waren ungerechtfertigt.

Bestätigt sieht sich hingegen der 59 Jahre alte Geschichtslehrer und Hobby-Archäologe Rüdiger Kurth, auf dessen Initiative hin das Seminar für Vor- und Frühgeschichte der Universität Frankfurt im Frühjahr mit den Ausgrabungen an zentraler Stelle der Altstadt begonnen hatte. Kurth war die 1200 - Jahre - These seit langem verdächtig. Sie ging zurück auf die Urkundensammlung „Lorscher Codex“, in der es heißt, ein Mann namens Scerphuin habe anno 782 dem südhessischen Kloster Lorsch Land in einem Dorf namens „Tidenheim“ vererbt. Dieses vermutete man am Ufer jenes Mußbachs, der heute in Rohren unter der Homburger Altstadt dahinplätschert. In jener Erbschaftsurkunde wird jedoch als Abt ein Mönch genannt, der 782 nachweislich längst tot war. Schon frühere Historiker hatten skeptisch vermerkt, daß die Landschaft um den Mußbach seinerzeit ein unwohnlicher Sumpf gewesen sei.

Der Leiter des Seminars für Vor- und Frühgeschichte an der Frankfurt Universität, Joachim Henning, denkt unterdessen bereits über einen internationalen Kongreß zur Analyse von Stadtgeschichte unter Einbeziehung archäologischer Methoden nach. Die in Bad Homburg angewandte Integration von Geo- und Geschichtswissenschaft sei beispielgebend.

 

Es gibt Spötter, die behaupten. Kaiser Wilhelm II. sei nur deshalb so oft nach Bad Homburg gekommen, weil er ein eigenes Bad besitzen wollte. Daß Preußen 1866 mit der Annexion Kurhessens, Frankfurts und Nassaus in hiesigen Landen noch nicht genug hatte und sich auch noch Bad Homburg von Hessen  - Darmstadt abtreten ließ, ha­ben alteingesessene „Homburger“ lange nicht verwunden. Immerhin konnte das Städtchen vor den Taunushöhen auf fast 250 Jahre Selb­stän­digkeit zurückblicken, die wenigen Monate unter der Kuratel Hessen - Darmstadts nach dem Ableben des letzten erbenlosen Hom­burger Landgrafen fielen da nicht weiter ins Gewicht. Aber jetzt kamen die Preußen, mit Macht und unübersehbar.

Vorbei war es nach dem Einzug der großen weiten Welt mit der Beschaulichkeit der kaum eine Handvoll Dörfer zählenden Minilandgrafschaft. Die gesellschaftliche Rangerhöhung des Ortes durch hohe und höchste Kreise aus Aristokratie und Finanzwelt zeichnete sich zwar schon zuvor ab, nach der Wiederentdeckung einer Heilquelle 1834 und der Eröffnung des Spielkasinos 1841. Doch erst die regelmäßigen Sommeraufenthalte der Hohenzollern samt vielköpfiger Begleitung haben den Ort regelrecht geadelt und ihn zum führenden Modebad Europas gemacht. Es errang einen Ruf, von dem Bad Homburg bis heute zehrt.

Warum es Kaiser Wilhelm II. mehr noch als seinen Großvater mit Vorliebe in den Vortaunus zog, hat schon zu manchen Spekulationen Anlaß gegeben. Überliefert ist, daß es weniger die Heilquellen waren, die ihn anlockten: zunächst, so meinte er, sei es die „gute Taunus­luft“, die eine spürbare Besserung seiner Schlafstörungen brachte. Eine gewisse romantisch verklärte Anhänglichkeit an die Homburger Landgrafen dürfte bei Wilhelms Hang zu Symbolik und geschicht­licher Überhöhung ebenfalls mitgespielt haben, will man seine Vorliebe  für die Vortaunusgemeinde erklären: Der Kleist'sche „Prinz von Hom­burg“. Landgraf Friedrich II., jener mit dem Silberbein, war es, dem der Große Kurfürst in der Schlacht bei Fehrbellin 1675 seinen Sieg trotz Unterlegenheit entscheidend mitzuverdanken hatte – das war damals  der Anfang von Preußens Aufstieg zu Glanz und Gloria.

Sich noch in später Dankespflicht fühlend stiftete Wilhelm II. 1906 dem Andenken Hessen - Hom­burgs einen zwölf Meter hohen Porphyr - Obelisken. Er steht genau auf der Hauptachse im Kurpark. der Brunnenallee, zwischen dem goldenen Siamesischen Tempel und dem nach Plänen Wilhelms gefaßten Elisabethenbrunnen. Zu Füßen des Obelisken liegen Krone, Zepter, Lorbeerblätter und ein ausgerolltes Pergament: „Lieber will ich mein Silbergeraete verkaufen, als diesen armen Leuten die Aufnahme versagen.“

Auch an dieser Parallele zwischen Preußen und Homburg wollte der Kaiser mit seinem Landgrafendenkmal erinnert wissen: Die großherzige Aufnahme hugenottischer Glaubensflüchtlinge hat beiden Ländern entscheidende Impulse für ihre merkantile und aufgeklärte Entwicklung gegeben. Nur von der hugenottischen Tugend der Selbstbescheidung hatten Homburgs Friedrich und Preußens Wilhelm nicht allzuviel gehört.

Das heute noch sehr beeindruckende Schloß muß nach seiner Vollendung 1695 die kleinen Häuschen der Hugenotten entlang der neu angelegten Dorotheen- und Louisenstraße (heute Fußgängerzone) schier erschlagen haben. Die späteren Bauten nach Entwürfen des Kaisers oder solchen, die er gebilligt hatte, lassen sich heute als der ferne Spiegel einer ganzen Epoche betrachten. Zu Beginn des Jahrhunderts haben der überdimensionierte Bahnhof im typisch wilhelminischen Neobarock, der Backsteinbau des Wilhelmsbades im Kurpark und der goldglänzende neuromanisch - byzantinische Innenraum der Erlöserkirche - der Kaiser verarbeitete hier die Eindrücke einer Orientreise - nicht gerade Begeisterungsstürme bei der Bevölkerung hervorgerufen.

Aber so war es schon immer. Die beeindruckende Symmetrie der Schloßanlage konnte nur durch den Abriß einer gotischen Kirche erreicht werden, die notwendige Erweiterung des Stadtkerns durch den Abriß der Stadtmauer. Und erst in jüngster Zeit machten die Erfordernisse modernster Hotellerie auch nicht vor einer altehrwürdigen Institution wie Ritters Parkhotel halt.

Kaiser Wilhelm II. zeigte sich übrigens selten mit ziviler Kopfbedeckung in der Öffentlichkeit. Er bevorzugte während seiner sommerlichen Aufenthalte in Bad Homburg die Kürassieruniform, auf dem Haupt oder unter dem Arm trug er die obligatorische Adler- oder Pickelhaube. Mehrere Bilder im Schloß zeigen den Kaiser in diesem martialischen Aufzug zur Abwechslung auch im Jägerwams. Eine Fotografie aus dem Jahr 1902 hält die Rückkehr von einer Jagdpartie fest. Die zahlreichen Geweihe im sogenannten Hirschgang stammen allerdings nicht allein aus den Wäldern um Bad Homburg. Sie wurden aus dem ganzen Reich zusammengetragen. „Schorfheide“ steht auf einigen der Zehn- und Zwölfender.

Die aus drei Jahrhunderten stammende Einrichtung im Schloß konnte bis auf die ausgelagerte und später verbrannte Bibliothek genauso erhalten werden, wie sie Kaiser Wilhelm bei seinem letzten Homburger Aufenthalt im Januar 1918 verlassen hat, inklusive einiger kulturhistorisch interessanter Raritäten, die das Kaiserpaar auf der Höhe der Zeit zeigen. Mehrere Schränke offenbaren ein überraschendes Innenleben – in dem einen konnte telefoniert werden, in den anderen – recht geräumigen – zog man sich für dringliche Geschäfte zurück. Sensationellerweise war darin ebenso für fließendes Wasser gesorgt wie an der eichenholzgefaßten Nickelbadewanne Wilhelms. Sage noch einer, der Kaiser habe kein eigenes Bad gehabt.

Zur Kaiserzeit war die Stadt am südlichen Taunusrand mondäner Treffpunkt für den europäischen Hochadel. Das Homburger Schloß, 1866 von der kinderlosen Landgrafenfamilie in den Besitz Preußens übergegangen, war kaiserliche Residenz. Regelmäßig flohen die Hohenzollern aus der Berliner Sommerhitze ins angenehme Klima am südlichen Taunusrand. Im Schloß richtete sich die Familie eine für damalige Zeiten ultramoderne Wohnung mit Wasserklosett und Telefonzelle für den heißen Draht nach Berlin ein. Die Sanierung der original erhaltenen Räume wird zwar 2012 nicht rechtzeitig zu den Jubiläumsfeiern fertig, aber dafür hat sich ein Vertreter des Hauses Hohenzollern angesagt, um an die Familientradition zu erinnern.

Die Verwandtschaft kam damals auch: Aus England und Rußland reisten Prinzen, Prinzessinnen und die Zarenfamilie an. Diese Gäste lockten wiederum andere betuchte Besucher in die Stadt. Für die russische Kirche legte Zar Nikolaus II. 1896 den Grundstein.

Rundgang:

Kurpark:

Wenn man von der Autobahn kommt fährt man in der ersten Linkskurve rechts ab in Richtung Seedamm - Freibad: Durch die Straße „Am Hohle Brunnen“ fährt man im Kreisverkehr geradeaus in die Friesenstraße und dann rechts in die „Kaiser - Friedrich - Promenade“. Dort kann man parken (oder auch im Parkhaus am Seedamm-Freibad). Im Seedammweg geht es nach links in den Park.

Zwölf Trink- und Badequellen sowie der berühmte Homburger Heil - Ton haben schon zur Belle Epoque allerlei prominente Gäste angezogen. Wilhelm II. überwachte mitten im Ersten Weltkrieg persönlich die Gestaltung der noch heute kostenlosen Trinkbrunnen seiner Sommerresidenz. Nach Kaiser Wilhelm ist auch das historische Badehaus benannt, das jüngst einer aufwendigen Restaurierung unterzogen wurde und erst kürzlich als „Kur-loyal Day Spat“ wieder eröffnet hat.

Rund 44 Hektar mißt das grüne Herz der Innenstadt. Daß es schlägt, haben die Bad Homburger, Kurgäste und Besucher von einst und heute den Spielbank - Vätern Francois und Louis Blanc und Landgraf Philipp von Hessen-Homburg zu verdanken. Sie schlossen 1840 einen Vertrag, der die Spielbänker verpflichtete, ein Kurhaus zu bauen und dazu einen öffentlichen, englischen Garten anzulegen.

Peter Joseph Lenné, Maximilian Friedrich Weyhe, Ferdinand Jühlke, Gustav Meyer und Philipp Siesmayer haben mit der Anlage ein denkmalgeschütztes Erbe hinterlassen. Die Lage des ausgedehnten Parks, zu dem seit Jahren ein Blindengarten gehört, ist ideal. Die Patienten der meisten Kurkliniken, Pensions- und Hotelgäste brauchen nur die Straßenseite zu wechseln, um unter alten Baumriesen und zwischen Blumenbeeten zu flanieren

Rund 2100 große Bäume und ungezählte Sträucher, darunter botanische Raritäten aus vielen Teilen der Welt, stehen in Deutschlands größtem Kurpark. Geschlitzblättrige Buchen befinden sich in Nachbarschaft zum Amberbaum und Schotenbaum. Ein Liebesperlenbaum steht in Sichtweite zu einem Urweltmammutbaum. Vor allem zur Zeit der Rhododendronblüte ist der Park ein Feuer­werk von Farben.

Im November 1912 erhielt Homburg mit Zustimmung von Kaiser Wilhelm II. den Titel „Bad“. Die schon viel früher bekannten Heilquellen in dem Mitte des 19. Jahrhunderts von Peter Joseph Lenne angelegten Kurpark sprudeln noch heute, jeder kann sie kostenlos probieren und sich auch so viel davon abzapfen wie er möchte. Nach dem ersten Schluck verzieht mancher das Gesicht, denn das Wasser schmeckt je nach Zusammensetzung salzig, metallisch, muffig oder faulig. Es soll bei Blutarmut oder Magen - Darm - Problemen helfen, Bäder im Solesprudel gelten als Mittel gegen Hautkrankheiten.

„Die Kur lebt - nur ganz anders als früher“, sagt Kurdirektor Ralf Wolter. Die Heilquellen, Wellness, die gute Taunusluft in Verbindung mit kulturellen Angeboten sollen künftig mehr zahlungskräftiges Publikum anlocken, auch aus China, Rußland oder Arabien. „Champagnerluft und Tradition“ - so wirbt die Stadt vor dem Toren Frankfurts für sich, neuerdings auch auf chinesisch.

Nach dem Niedergang des Kaiserreichs und der Revolution in Rußland waren die goldenen Zeiten vorbei, in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts kamen Krankenkassen - Patienten. Die Einsparungen der diversen Gesundheitsreformen seit 1989 hätten die Zahl der verordneten ambulanten Badekuren in Deutschland aber auf ein Viertel sinken lassen. Um den Kurbetrieb wirtschaftlich aufrecht zu erhalten, sind seitdem andere Ideen gefragt.

Bad Homburg besinnt sich auf seine Tradition und schlägt einen Bogen zurück. Heute ist es der Geldadel, den Kurdirektor Wolter im Blick hat: „Medical Wellness“ für Wohlhabende, die sich etwa nach einer Operation im nahen Frankfurt bei einer Reha - Kur in Bad Homburg erholen möchten und dort neben medizinischer Betreuung die Annehmlichkeiten eines Luxus - Urlaubs geboten bekommen.

 

Taunus - Therme:

Rechts liegt gleich die Taunus - Therme. Man bleibt aber auf dem Weg, der in den Park hineinführt. An der geteerten Straße geht man rechts und dann wieder nach links in den Kurpark. Hier steht links ein Denkmal von 1866, das Kaiser Wilhelm für die Landgrafen von Homburg hat setzen lassen.

 

Elisabethenquelle:

Ein Stück weiter befindet sich die Elisabethenquelle. Die eigentliche Quelle ist die tief liegende Brunnenfassung, über deren Eingang das Zitat von Justus von Liebig geschrieben ist: „Es möchte wohl schwer sein in Deutschland, ein Mineralwasser zu finden, welches gleichen Reichtum an wirksamen Bestandteilen wie der Homburger Elisabethenbrunnen darzubieten vermochte!“ Der Elisabethenbrunnen ist der bekannteste und auffälligste Brunnen, der Bad Homburgs einst weltweiten Ruf als Heilbad begründete. Hinter der Quelle liegt ein Blindengarten.

 

Brunnenallee:

Wie Perlen auf der Kette sind entlang der Brunnenallee zwölf Trink- und Badequellen aufgefädelt. Aus zum Teil aufwendig gestalteten Fassungen sprudeln die Wässerchen. Diese Quellen sowie der berühmte Homburger Heil-Ton haben schon zur „Belle Epoque“ allerlei prominente Gäste angezogen. Wilhelm II. überwachte mitten im Ersten Weltkrieg persönlich die Gestaltung der noch heute kostenlosen Trinkbrunnen seiner Sommerresidenz. Über den bekanntesten und auffälligen Elisabethenbrunnen, der Bad Homburgs einst weltweiten Ruf als Heilbad begründete, befand der Chemiker Justus von Liebig: „Es möchte wohl schwer sein in Deutschland, ein Mineralwasser zu finden, welches gleichen Reichtum an wirksamen Bestandteilen wie der Homburger Elisabethenbrunnen darzubieten vermochte!“

 

Golfplatz:

Links befinden sich das Restaurant „Zum Römerbrunnen“ und der Golfplatz, der der älteste Golfplatz Deutschlands ist (um 1880). Zeitzeugnisse des Nobelbads sind auch der Tennisplatz und der Golfplatz im Kurpark. Im Jahre 1876 führten englische Kurgäste in Deutschland das Tennisspiel ein - in Bad Homburg. Wenige Jahre später folgte das Golfspiel als Zeitvertreib. Der älteste Golfplatz Deutschlands ist inzwischen öffentlich.

 

Auguste - Viktoria – Quelle:

Rechts liegen der Landgrafenbrunnen und die Auguste - Viktoria - Quelle von 1906, ein Rundtempel mit Weihe - Inschriften. Sie ist benannt nach der Frau Kaiser Wilhelms II. und ist 53 Meter tief und hat eine Schüttung von vier Litern pro Sekunde. Dorthin führt der Dostojewskiweg. Der Dichter hielt sich zwischen 1863 und 1867 mehrfach in Bad Homburg auf und erhielt dort bleibende Eindrücke für seinen Roman „Der Spieler“. Der nächste Weg ist der Rhododen­dron­weg. Vor allem zur Zeit der Rhododendronblüte ist der Park ein Feuerwerk von Farben.

 

Spielbank:

Das nächste Gebäude ist die Spielbank im historischen Brunnensälchen. Ihre Ursprünge reichen zurück bis in das Jahr 1825. Die Kassen der Landgrafen waren wieder einmal leer, die Schulden wuchsen. So kam man auf die Idee, Geld mit einer Spielbank zu verdienen, was zunächst nicht so recht funktionierte. Erst als die Brüder Francois und Louis Blanc aus Frankreich das Heft in die Hand nahmen, rollte dann seit dem 23. Mai 1841 die Roulettekugel. Die traditionsreiche Spielbank wurde 1949 wieder eröffnet.

 

Englischer Garten:

Die Spielbank - Väter Francois und Louis Blanc und Landgraf Philipp von Hessen - Homburg schlossen 1840 einen Vertrag, der die Spielbänker verpflichtete, ein Kurhaus zu bauen und dazu einen öffentlichen, englischen Garten anzulegen. Peter Joseph Lenné, Maximilian Friedrich Weyhe, Ferdinand Jühlke, Gustav Meyer und Philipp Siesmayer haben mit der Anlage ein denkmalgeschütztes Erbe hinterlassen.

Rund 44 Hektar mißt das grüne Herz der Innenstadt. Rund 2100 große Bäume und ungezählte Sträucher, darunter botanische Raritäten aus vielen Teilen der Welt, stehen in Deutschlands größtem Kurpark. Geschlitzblättrige Buchen befinden sich in unmittelbarer Nachbarschaft zum Amberbaum und Schotenbaum. Ein Liebesperlenbaum steht in Sichtweite zu einem Urweltmammutbaum.

 

Kaiser - Wilhelms -  Bad:

Nach der Spielbank kommt man zur Kaiserquelle und etwas weiter hin rechts das Kaiser –Wilhelms - Bad. Das historische Badehaus verspricht „Genuß für alle Sinne“. Vier Stunden Verwöhnzeit schlagen allerdings mit 40 Euro zu Buche. Dafür ist die Benutzung hauseigener Handtücher gratis, und der Gast erhält einen Sarong übereicht, der während des Thermenbesuchs zusätzlich zur Badebekleidung getragen werden soll. Im Eintritt inbegriffen ist die Benutzung des Sole - Bassins sowie des „Odorium“ und „Caldarium“, wie die Warmlufträume mit und ohne Aromazusatz heißen. Das kleine Sandlichtbad mit Wüstendekor überwältigt allerdings ebensowenig wie die „Wave Dreams“, denn hier handelt sich schlicht um einen zusätzlichen Ruheraum, in dessen Mitte eine mit bunten Lichtern angestrahlte Wasserlache wabert. Auch der milde Dampf des Steinofenbades sowie das mit duftenden Tannenzweigen ausgelegte Kräuterdunstbad sind im teuren Basispreis inbegriffen. Piekfein in edlen Pastelltönen renoviert präsentiert sich heute das Bad. Es wurde einer aufwendigen Restaurierung unterzogen und als „Kur-loyal Day Spat“ wieder eröffnet.

Tennisplätze:

Wenn man die Straße überquert hat, kommt man zu den Tennisplätzen. Im Jahre 1876 führten englische Kurgäste in Deutschland das Tennisspiel ein - in Bad Homburg.

 

Siamesischer Tempel:

Man geht links herum und dann wieder rechts zu dem siamesischen Tempel. Zu den illustren Kurgästen, die vor dem Ersten Weltkrieg in Bad Homburg um Heilung für ihre Leiden nachsuchten, war auch König Chulalongkorn aus Siam (heute Thailand). Der König genas, und als sichtbares Zeichen seines Dankes schenkte er der Stadt einen Tempel im Kurpark (heute Thai Sala). Das kleine, grazile Gebäude aus Fernost steht seit 1914 im Park.

Hinter dem Tempel geht man ein Stück die Paul - Ehrlich - Straße entlang. Links liegt der Schwanenteich mit der großen Fontäne. Man geht aber nach rechts in den Jenny- Baumstock -Weg und in den Kaiser - Wilhelm - Jubiläumspark. Er wurde 1913  / 1914 zum Thronjubiläum angelegt, wie es ein Denkmal in Höhe des Spielplatzes aussagt.

 

Fußgängerzone:

Am Ende des Parks geht es nach links in die Castillo - Straße und die Obergasse. Dort kommt man in eine Fußgängerzone mit schönen Fachwerkhäusern. In der Rathausstraße steht links eines der ältesten Häuser Bad Homburgs. Dann kommen der Rathausturm und der Stumpfe Turm. Es folgt die Landgraf - Ludwig - Schule von 1869. Dann kommt links das Gasthaus „Zum Korkenzieher“ mit Gewölbekeller und rechts ein Stadttor auf der Ritter - von - Marx - Brücke.

 

Schloßpark:

Durch die Herrengasse geht es zum Schloß. Wenn man sich den Schloßpark ansehen will, muß man schon vor dem Schloß nach rechts in den Park gehen. Beeindruckende Bäume, ein großer Teich mit Insel, prächtig bestückte Blumenbeete in dem 17 Hektar großen Park verdrängen den Lärm und erlauben eine Reise in die Vergangenheit. Friedrich VI. Joseph und Elisabeth stellten 1825 für Leopold eine Gedächtnisurne im Tannenwald auf, den „Leopoldstein“, der heute im Schloßpark ist.

Im nordwestlich gelegenen Herrengarten stehen zwischen geometrisch angelegten Wegen Apfelbäume und erinnern an den Ökonomie- und Obstgarten der landgräflichen Schloßbewohner.

Südwestlich des Schlosses erstreckt sich stark abfallend der Landschaftsgarten. Am Ufer des Weihers, in dessen Mitte die nach dem Philosophen und Literaten Rousseau benannte Insel liegt, steht ein Ur - Mammut. Alte Zypressen und Korkenzieherweiden säumen die Wege zum ältesten Teil des Parks.

Ein Spaziergang durch den Park führt weiter in den Ende des 17. Jahrhunderts von Landgraf Friedrich II. (der mit dem silbernen Bein) im holländischen Stil angelegten barocken Teil der Gartenlandschaft vor der Ostfront des Königsflügels. Auffallend sind die ovalen oder rosettenförmigen Teppichbeete, in denen etwa 16.000 Pflanzen sitzen. Sie beschreiben den Park in der Zeit von 1880 bis 1920. Er hat eine Fülle botanischer Raritäten aufzuweisen: eine Eiche - Hain­buche - Mutation oder die gewaltigen Libanon-Zedern, die 1820 vor dem Königsflügel gepflanzt wurden - ein Geschenk des Duke of Cambridge zur Hochzeit seiner Schwester Elizabeth mit Landgraf Friedrich VI.

An dem Brunnen an der östlichen Parkmauer entlang der Löwengasse befand sich zur Landgrafenzeit ein Belvedere mit Grotte. Just an diesem Fleck soll Hölderlin gestanden haben, um übers freie Feld nach Frankfurt zu seiner (verbotenen) Liebe Susette Gontard zu blicken. In Homburg schrieb Hölderlin den zweiten Teil seines „Hyperion“, Gedichte und Teile von „Tod des Empe­dokles“.

 

Landgrafenschloß:

Der Zugang zum Landgrafenschloß ist nur von Norden möglich. Man kommt erst in einen Innenhof und dann in einen zweiten, in dem der Weiße Turm steht. Die Geschichte des Schlosses Hom­burg reicht bis ins Mittelalter zurück. Noch heute zeugt hiervon der Weiße Turm, der ehemalige Bergfried der mittelalterlichen Hohenburg.

Schon 1192 wird die alte Burg von Gottfried von Eppstein als Stammschloß seiner Vorfahren bezeichnet. Im 13. Jahrhundert kam die Burg zur Hälfte an den Grafen von Katzenelnbogen. Im Jahre 1294 erhielt Graf Eberhard I. vom englischen König Eduard I. die Burg zu Lehen. Im Jahre 1330 kaufte Gottfried V. von Eppstein den katzenelnbogischen Teil der Burg und gab ihn 1334 dem Kurfürsten Rudolf von der Pfalz zu Lehen. Der 50 Meter hohe Bergfried „Weißer Turm” ist letzter Zeuge der Eppsteinschen Burg aus der Zeit um 1180.

Im dritten Viertel des 14. Jahrhunderts entstand an der Stelle kleinerer Anlagen eine größere Burganlage unter Ritter Johann Brendel von Hoenberg. Davon blieben nur der tonnengewölbte Keller nördlich des Bergfrieds (der ehemalige Palas) und der heutige „Weiße Turm“ erhalten. Am Turm wurde ein 1723 an der Saalburg gefundener Dioritstein angebracht mit der Inschrift: „Der Kaiser Marcus Aurelius Antoninus, dem frommen glücklichen Augustus, obersten Priester, dem größten Britannischen, dem größten Parthischen, im fünfzehnten Jahre seiner Tribunsgewalt, als er dreimal Consul war, dem Vater des Vaterlandes, dem Proconsul, seiner Göttlichkeit  hat die ihm ergebene vierte Cohorte der Vindelicier, die die Antonianisiche genannt,  diesen Denkstein geweiht“.

 

Im Jahre 1486 verkaufte Gottfried X. von Epp­stein Homburg für 19.000 rheinische Gulden an den Grafen Philipp I. von Hanau -  Münzenberg. Im Jahre 1504 wurde Homburg vom Landgrafen Wilhelm II. von Hessen erobert. und 1521 offiziell an Hessen abgetreten. Nach dem Tod Philipps des Großmütigen erhielt 1567 sein jüngster Sohn Georg I. die Burg, der Gründer der Hessen  -Darm­städtischen Linie. Im Jahre 1622 kamen Schloß und Amt Homburg an Landgraf Friedrich I., den Gründer der Hessen - Homburgischen Linie.

Hätte Landgraf Ludwig V. von Hessen - Darmstadt besser mit Geld umgehen können, gäbe es das Homburger Schloß wahrscheinlich überhaupt nicht. Denn daß die kleine Stadt vor der Höhe des Taunus 1622 in den Rang einer eigenen Landgrafschaft erhoben wurde, lag nur daran, daß der Darmstädter Landgraf Ludwig die üppige Apanage nicht mehr bezahlen konnte, die sein Vorgänger, Landgraf Georg I. seinem jüngsten Sohn hinterlassen hatte: 15.000 Gulden im Jahr. Der Sohn, der von 1585 bis 1638 lebte, erhielt anstelle des Geldes die Stadt und das Amt Homburg und wurde zu Landgraf Friedrich I. von Hessen - Homburg. Er blieb indes ein Herrscher mit beschränkter Macht: Die landesherrliche Gewalt blieb noch lange Zeit beim Darm­städter Hof; erst 1768 erlangten die Homburger Grafen die Souveränität.

Auf eine standesgemäße Residenz mochten die neuen Herren von Homburg freilich trotzdem nicht verzichten. Sie zu errichten blieb dem jüngsten Sohn des ersten Landgrafen, Friedrich II., vorbehalten. Er wurde, da seine Brüder in der Erbfolge vor ihm standen, zunächst Offizier im Dienste des schwedischen Königs. Der rechte Unterschenkel mußte amputiert und durch eine Prothese mit silbernen Scharnieren ersetzt werden, die heute im Schloß ausgestellt ist. Das trug ihm den Beinamen „Landgraf mit dem silbernen Bein“ ein. Dennoch leistete er mit dem versilberten Holzbein („mit dem silbernen Bein“) dem Großen Kurfürsten Dienste als Kavallerie­general. In vielen Schlachten hat er sich als „Prinz von Homburg“ Ruhm erworben. Friedrich II. ist auch das historische Vorbild für den „Prinzen von Homburg“ in Heinrich von Kleists gleichnamigem Drama

 

Friedrich II. legte am 14. Mai 1680 den Grundstein zum Schloß. Im Jahre 1680 ließ er auf den Fundamenten einer aus dem 14. Jahrhundert stammenden mittelalterlichen Burg das Homburger Schloß bauen. Von der ursprünglichen Anlage übernahm er nur den knapp 48 Meter hohen Bergfried, den berühmten „Weißen Turm“. Im Jahre 1686 war das Schloß vollendet und wurde 1723 erweitert. Wenn das anspruchsvolle Bauvorhaben auch nie vollendet wurde, so bildet es mit seinen zwei Höfen doch eine der bedeutendsten und größten Palastanlagen des Frühbarocks in Hessen. Errichtet auf den Resten einer mittelalterlichen Burganlage, wurde es vielfach erweitert und umgestaltet - nicht immer mit Sachverstand, wie sich erst jetzt herausstellt.

Der untere Hof wird begrenzt durch die Schloßkirche, den Uhrturm-, den Hirschgang-  und den Englischen Flügel sowie den überdachten ehemaligen Durchgang zur lutherischen Schloßkirche. Den oberen Hof umschließen der Archiv-, der Königs-, der Hirschgang- und der Bibliotheksflügel. Auch die Verwaltung der Staatlichen Schlösser und Gärten in Hessen, in deren Obhut das Schloß sich heute befindet, ist in den Gebäuden untergebracht.

Der obere Hof ist nach Westen hin offen. Dort gewährt eine Terrasse einen schönen Blick auf den Taunus und den Schloßpark. Wer weiter blicken will, kann die 174 Stufen des „Weißen Turmes“ nach oben steigen  (er ist aber nicht immer geöffnet). Von dort hat man freie Sicht über Bad Homburg, die Wetterau und den Taunus, im Süden gar bis in den Odenwald hinein. Wenn man vom Turm zurückblickt, sieht man das Prunkportal des Landgrafen Friedrich II.

Dieses eindrucksvolle Panorama genossen nicht nur zahlreiche gekrönte Häupter, sondern auch einige berühmte deutsche Dichter und Denker: Neben Heinrich von Kleist auch Friedrich Hölderlin, der um 1804 einige Zeit als Hofbibliothekar in Homburg arbeitete (woran auch eine Dauerausstellung im Schloß erinnert), und Johann Wolfgang von Goethe. Der große Frankfurter lustwandelte 1772 mit der Hofdame Luise von Ziegler in den romantischen Parkanlagen. Deshalb heißt eine kleine, etwas versteckt im Boskett liegende Schmuckanlage heute auch „Goethes Ruh“.

 

Die um zwei Höfe gruppierten Ge­bäude haben barocke Prachtportale und eine Schloßkirche. Das Andenken Friedrich II. verewigt ein über dem Schloßtor in Stein gehauene Reiterfigur sein von Schlüter angefertigtes Brustbild ist über der Tür des rechten Flügels angebracht. Im nordöstlichen Flügel wurde 1697 die Schloßkirche mit der Fürstengruft darunter geweiht. Zahlreiche Ergänzungs- und Umbauten wurden im 19. Jahrhundert von Georg Moller vorgenommen. Nach dem Aussterben der Homburger Linie kam Homburg 1866 an Hessen - Darmstadt.

Das Homburger Schloß bietet Zeugnisse der Raumkunst vom Barock bis zur Kaiserzeit. Besonders eindrucksvoll präsentieren sich die durch Georg Moller um 1835 geschaffenen Repräsentationsräume im Königsflügel. Einen Höhepunkt klassizistischer Raumkunst stellt der im pompe­ja­nischen Stil ausgemalte Speisesaal im Englischen Flügel dar. Landgräfin Elisabeth, Tochter des englischen Königs Georg III., ließ sich hier 1829 ihren Witwensitz einrichten. Schon legendär ist der eigentümliche Sattelsitz Kaiser Wilhelms II., der für seine Arbeitszimmer üblich war. Die Beinprothese Friedrichs II. ist ein Meisterwerk historischer Orthopädie

Seine Blütezeit erlebte das Homburger Schloß im 19. Jahrhundert. Voraussetzung war, daß Landgraf Friedrich V. von Homburg als einziger der 1803 mediatisierten, also ihrer Hoheitsrechte entkleideten Fürsten 1815 sein an das Haus Darmstadt gefallenes Land zurückerhielt. Es wurde noch vermehrt durch das Amt Meisenheim am Glan, Teil des ehemaligen französischen Departements Sarre. Im Jahre 1818 heiratete Friedrichs Sohn, Landgraf Friedrich VI., die Prinzessin Elisabeth von Großbritannien und Irland, eine Tochter des englischen Königs Georg III. Die „englische Landgräfin“ brachte eine stattliche Mitgift in die Ehe ein, und schon bald begann das Paar, das Homburger Schloß zu einem herrschaftlichen Wohnsitz im Stil des deutschen Klassizismus um zubauen. Am deutlichsten zum Ausdruck kommt der Einfluß Elisabeths im „Englischen Flügel“, ihrem Witwensitz, den sie sich nach dem Tode ihres Mannes 1829 einrichten ließ und der nach langen Renovierungsarbeiten erst seit 1995 wieder für die Öffentlichkeit zugänglich ist.

Hier wohnte Kaiserin Viktoria, bis sie das Schloß Friedrichshof in Kornberg bezog. Kaiser Wilhelm stellte 12906 das Schloß dem Reichskanzler Bülow zur Erholung zur Verfügung.

 

Die  kleine, aber als souveräner Staat zum Deutschen Bund gehörende Landgrafschaft Homburg fiel nach dem Tod des letzten männlichen Erben 1866 abermals an die Grafen von Hessen-Darmstadt zurück. Die aber mußten das Land nach dem preußischen Sieg gegen Österreich noch im selben Jahr an Preußen abtreten, das Homburg nur zu gern in seine neue Provinz Hessen - Nassau eingliederte. Schon bald entdeckte das preußische Königshaus die Vorzüge eines geräumigen Schlosses in der Taunusstadt, die inzwischen dank ihrer Elisabethen - Heilquellen und eines mondänen Spielkasinos internationale Bekanntheit erlangt hatte (den Zusatz „Bad“ erhielt Homburg gleichwohl erst 1912).

Nach der Annexion Homburgs durch Preußen wählte König Wilhelm I. das Schloß als Sommersitz und ließ für sich und seine Gemahlin zwei neue Wohnungen schaffen - die einzigen kaiserzeitlichen Appartement- folgen, die in einem deutschen Schloß bis heute erhalten geblieben sind. Ein Zeugnis für den Fortschritt der Zeit um 1900 und die damalige Technikbegeisterung ist der Telefonschrank der Kaiserin.

Im Bad Homburger Schloß richtete sich die Kaiserfamilie eine für damalige Zeiten ultramoderne Wohnung mit Wasserklosett und Telefonzelle für den heißen Draht nach Berlin ein. Wilhelm II., hat größten Wert auf aktuelle technische Ausstattung gelegt. In den Kronleuchtern brannten vor 100 Jahren keine Kerzen, sondern Glühbirnen. Entlang des Stucks an der Decke gab es indirektes elektrisches Licht. Auch eine elektrische Klingel zur Küche war vorhanden.

 

Heute kämpft man  gegen schwere Umbauschäden vergangener Jahrhunderte. Im Königsflügel mit der einzigen original erhaltenen Wohnung der deutschen Kaiser drohten die Decken einzustürzen. Seit dem Ende der Monarchie in Deutschland vor einem knappen Jahrhundert ist das Schloß unbewohnt und unverändert.

Äußerlich sieht es noch heute fast so aus wie es Friedrich II., Landgraf von Hessen - Homburg und Held in Heinrich von Kleists Drama „Der Prinz von Homburg“, vor gut 300 Jahren erbauen ließ. Jetzt sind Polsterbezüge und Gardinen verschlissen, auf Tapeten und Stuck liegt eine dicke Staubschicht. Das Schloß ist einfach verwohnt.  Seit 100 Jahren sei in den Räumen nichts mehr getan worden.

Genau wie zu Kaiser Wilhelms Zeiten soll es wieder sein, wenn die Wohnung nach millio­nenteurer Sanierung in einigen Jahren wieder für Besucher geöffnet werden soll. Führungen bei Kerzenlicht wie in den vergangenen Jahren wird es dann aber nicht mehr geben. Kerzenschein ist sehr beliebt, aber ganz falsch. Vorerst kämpfen die Handwerker mit der Deckenstatik, für diese Arbeiten sind 1,6 Millionen Euro im Landeshaushalt bewilligt. Bei früheren Umbauten wurden unter anderem viel zu lange Holzbalken eingezogen, die nun die Decke zu stark schwingen lassen. Über zehn Meter lange Holzbalken im Speisesaal - das kann nicht gutgehen.

Der gesamte Königsflügel soll nun für Monate hinter einem Gerüst verschwinden. Die Möbel wurden zunächst beiseite geräumt - einige Zimmer wie das Schlafzimmer der Kaiserin muten wie Rumpelkammern an. Alles braucht dringend eine Auffrischung. Die  Möbel  sind in einem sehr schwierigen Zustand. Wer die Kosten dafür trägt, ist noch nicht klar.

Vom Sitz der Landgrafen in der Provinz wurde das Schloß Mitte des 19. Jahrhunderts zumindest zeitweise zum Zentrum des deutschen Kaiserreichs. Nachdem die Landgrafenlinie ausgestorben war, fiel das Anwesen 1866 an Preußen und war bis 1918 Sommerresidenz der preußischen Könige und deutschen Kaiser. Regelmäßig flohen die Hohenzollern aus der Berliner Sommerhitze ins angenehme Klima am südlichen Taunusrand. Die Verwandtschaft kam damals auch: Aus England und Rußland reisten Prinzen, Prinzessinnen und die Zarenfamilie an. Diese Gäste lockten wiederum andere betuchte Besucher in die Stadt. Für die russische Kirche im Kurpark legte Zar Nikolaus II. 1896 den Grundstein.

Der preußische König und spätere Kaiser Wilhelm I. kam hin und wieder selbst nach Homburg. Vor allein seine Schwiegertochter Victoria aber hielt sich dort gerne und oft auf. Möglicherweise lag das an den überall erkennbaren englischen Einflüssen, denn wie ihre Großtante Elisabeth stammte auch Victoria aus dem englischen Königshaus: Vicky, wie sie oft genannt wurde, war die älteste Tochter von Queen Victoria.

Damals konnte sie nicht ahnen, daß sie irgendwann für immer in den Taunus kommen würde. Doch nach dem Tod ihres Mannes, der nach nur 99 Tagen als Kaiser Friedrich III. einem Krebsleiden erlegen war, kam es zum Zerwürfnis mit ihrem ältesten Sohn, dem neuen Kaiser Wilhelm II. Victoria wäre gerne in der Umgebung von Berlin geblieben, am liebsten im Neuen Palais in Potsdam, wo sie mit ihrem Mann dreißig Jahre lang gelebt hatte. Wilhelm verweigerte seiner Mutter jedoch diesen Wunsch, da er selbst dort einziehen wollte. Victoria erwarb daraufhin nach längerer Suche die Villa Reiss in Kronberg und ließ sie zu Schloß Friedrichshof ausbauen, dem heutigen Kronberger Schloßhotel. Die Aussicht - im Taunus, also weit weg vom Berliner Hof - aber trotzdem noch in Preußen, in einem eigenen Haus leben zu können, tröstete sie bis zu einem gewissen Grade über den Verlust ihres alten Zuhauses hinweg.

Bis ihr neues Domizil bezugsfertig war, wohnte Victoria im „Englischen Flügel“ des Homburger Schlosses. Damit sie die Bauarbeiten besser beaufsichtigen konnte, wurde eigens für sie ein Reitweg durch den Wald von Oberstedten nach Kronberg angelegt, der heute „Kaiserin  - Friedrich - Weg“ heißt. An einer kleinen Brücke erkennt man noch immer die eingemeißelten Initialen V und F für Victoria und Friedrich sowie die Jahreszahl 1891.

 

 Schloß - Park:

Bereits Mitte des 15. Jahrhunderts wird an der mittelalterlichen Hohenburg ein Garten erwähnt. Mit dem Umbau zur landgräflichen Residenz ab 1679 erfolgte unter Friedrich II. die Anlage des repräsentativen barocken Obergartens im holländischen Stil vor der Ostfront des Königsflügels des Schlosses. Ende des 17. Jahrhunderts errichtete man an der nördlichen Grenze des Obergartens die Orangerie und angrenzende Gewächshäuser. Neben der Kultivierung von Kübelpflanzen nutzte man die Gebäude auch für die Seidenraupenzucht. Die mächtigen Zedern wurden 1822 gepflanzt. Sie stammen aus den Royal Botanic Gardens in Kiew und sind ein Geschenk König Georgs IV. an seine Schwester Landgräfin Elisabeth. Die Verzierung der Rasenparterres mit Teppichbeeten geht auf das späte 19. Jahrhundert zurück.

Zwar wurde der alte barocke Schloßpark schon um 1770 zu einem zwölf Hektar großen Landschaftspark nach englischem Muster umgestaltet. In dieser Zeit entstand auch der tiefer gelegene gestaltete Gartenbereich mit dem großen Teich, in den man durch das Boskett gelangt. Die Bepflanzung mit exotischen Hölzern stammt aber aus Elisabeths Zeit. Die mächtigen Libanonzedern im Obergarten zum Beispiel waren ein Geschenk des englischen Königs Georg IV. an seine Schwester Elisabeth. Ihren Höhepunkt erreichte die Gestaltung des Parks mit Terrassen, Alleen, Staudengärten und üppig bepflanzten Teppich­beeten auf den Rasenparterres aber erst später unter der Regie der preußischen Hofgartendirektion in Potsdam.

In den tiefer gelegenen, ab 1770 landschaftlich gestalteten Gartenbereich gelangt man durch das Boskett. Ein Spaziergang rund um den Schloßteich eröffnet Blicke in die Umgebung. Die im „Herrschaftlichen Obstgarten“ geernteten Früchte wurden zu Zeiten der Nutzung als Sommerresidenz an den kaiserlichen Hof nach Sanssouci geliefert. In Anlehnung an die lange Tradition des Obstanbaus im Schloßpark erfolgte 2003 die Neubepflanzung des „Herrschaftlichen Obstgartens“ nach historischen Inventarlisten.

Auffallend sind die ovalen oder rosettenförmigen Teppichbeete, in denen etwa 16.000 Pflanzen sitzen. Sie beschreiben den Park in der Zeit von 1880 bis 1920. Er hat eine Fülle botanischer Raritäten aufzuweisen: eine Eiche – Hainbuche - Mutation oder die gewaltigen Libanon - Zedern, die 1820 vor dem Königsflügel gepflanzt wurden - ein Geschenk des Duke of Cambridge zur Hochzeit seiner Schwester Elizabeth mit Landgraf Friedrich VI.

Beeindruckende Bäume, ein Teich mit Insel, prächtig bestückte Blumenbeete in dem 17 Hektar großen Park verdrängen den Lärm, erlauben eine Reise in die Vergangenheit, in die Geschichte der Landgrafen und Landgräfinnen und Dichter. Bad Homburgs Schloßpark ist ein „Platz von Liebesleid und Herzensfreud“. Dafür haben Goethe und Hölderlin gesorgt. So verfaßte Goethe nach einem Besuch in Homburg die Verse „An Lila“. Deshalb heißt ein lauschiges Plätzchen in einer Mulde eben „Goethes Ruh“. Hier stand einst ein Gartenhäuschen unter Schatten spendenden Gehölzen, mit kleinem Gartenvorplatz, in dessen Mitte eine Fontäne sprudelte. Später wurde daraus ein Steinbruch, Mitte der  neunziger Jahre wurde der ­ nach Gemälden aus Ende des 18. Jahrhunderts wiederhergestellt.

An dem Brunnen an der Parkmauer entlang der Löwengasse befand sich zur Landgrafenzeit ein Belvedere mit einer Grotte. Just an diesem Fleck soll Hölderlin gestanden haben, um übers freie Feld nach Frankfurt zu seiner (verbotenen) Liebe Susette Gontard zu blicken. In Homburg schrieb auch Hölderlin den zweiten Teil seines „Hyperion“, Gedichte und Teile von „Tod des  Empedok­les“.

Südwestlich des Schlosses erstreckt sich stark abfallend der Landschaftsgarten. Am Ufer des Weihers, in dessen Mitte die nach dem Philosophen und Literaten Rousseau benannte Insel liegt, steht ein Ur - Mammut. Alte Zypressen und Korkenzieherweiden säumen die Wege zum ältesten Teil des Parks. Im nordwestlich gelegenen Herrengarten stehen zwischen geometrisch angelegten Wegen Apfelbäume und erinnern damit an den Ökonomie- und Obstgarten der landgräflichen Schloßbewohner.

Als weit in die Landschaft ausgreifende Sichtachse verband die Tannenwaldallee den Homburger Schloßgarten mit weiteren Gärten. Landgraf Friedrich VI. ließ sie Anfang des 19. Jahrhunderts verlängern und zu Ehren seiner Frau „Elisabethenschneise“ nennen. Die Gartenlandschaft wird in Teilen wiederhergestellt.

 

Heiliges Grab:

Auf dem Reformierten Friedhof am Untertor in Bad Homburg, südlich der Saalburgstraße, steht seit 175 Jahren eine Nachbildung des Heiligen Grabes von Jerusalem. Nachbildungen des Heiligen Grabes waren in früheren Jahrhunderten nicht selten. Einige bauten sie für Reliquien, andere ließen sie als Andachtstätte für Daheimgebliebene errichten oder als Ersatz für Pilgerfahrten. Das große Interesse an den Orten Leidens Christi einerseits und die unsäglichen Beschwernisse und Behinderungen der Pilgerfahrt zur Grabeskirche in Jerusalem andererseits führten seit dem Mittel­alter zu architektonischen Nachbildungen des „Bethauses um die heilbringende Höhle“. Insbesondere die Kreuzfahrer wünschten auch in der Heimat das Heilige Grab durch architektonische Kopien sichtbar zu machen. Oftmals wurde es als persönliche Erinnerung gestiftet, etwa für die glückliche Heimkehr vom Kreuzzug. Eine Nachbildung ersetzte eine Wallfahrt, galt sie doch gleichsam als „Pilgerfahrt im Geiste“.

Vorher befand sich die Kapelle seit 1490 auf dem kleinen „Todtenhof“ neben der Marienkirche in Gelnhausen. Doch das Gebäude, das angeblich ein Ratsherr und Tuchhändler der Barbarossa-Stadt als Erinnerung an seine Pilgerreise hatte bauen lassen, war den Stadtoberen von Gelnhausen 1825 ein Dorn im Auge. Sie wollten die Leipziger Straße erweitern, deshalb mußte das Gemäuer weichen. Landgraf Friedrich Vl. von Hessen - Homburg indes wollte das Bauwerk für 500 Gulden kaufen und vor der Zerstörung retten.

Im Jahre 1824 hatten der Landgraf und seine Frau Elisabeth von einem mittelalterlichen Grabmal in Gelnhausen gehört, das eine Nachbildung des Heiligen Grabes von Jerusalem sei. Friedrich zeigte sich interessiert und generös und beschloß, die Kapelle für 500 Gulden Stück für Stück abtragen und in Bad Homburg originalgetreu wieder aufbauen zu lassen. Es wurde ein genaues Verzeichnis angelegt, jeder Stein numeriert und auf Wagen nach Homburg transportiert. Beim Aufbau entdeckte man auf dem Grundstein die Jahreszahl 1490. Der Bau stammte von einem Ratsherrn und Tuchmacher der Stadt, der ihn nach seiner Rückkehr aus dem Heiligen Land errichtet hatte. Stein um Stein wurde die Heiliggrab - Kopie abgetragen und nach Homburg verfrachtet. Sechs Wochen dauerte der Wiederaufbau. Doch trotz Skizzen, Bauplänen und großer Sorgfalt sah das Heilige Grab nach der Umsiedlung anders aus.

Die Restaurierung des Monumentes, zu der eine Friedhofsbegehung am „Tag des offenen Denkmals“ den Anstoß gegeben hatte, begann Anfang des Jahres 2003. In Bad Homburg sind Gemeinschaftsaktionen zum Erhalt bedeutender Kulturdenkmäler nichts Ungewöhnliches. Bei diesem Vorhaben, an dem das „Landesamt für Denkmalpflege Hessen“, die „Evangelische Kirche in Hessen und Nassau“, die Bad Homburger  Erlöserkirchengemeinde, die Stadt, der Lions - Club, sowie Architekten und Handwerker beteiligt waren, spielte gleichwohl eine Besonderheit hinein: Das historische Monument hat keinen  Eigentümer. Das „Heilige Grab“ steht zwar auf dem Friedhof, den die Erlöserkirchgemeinde pflegt, Pfarrer Alexander von Oettingen weiß aber aus dem Studium alter Schriftwechsel, daß die preußische Verwaltung im 19. Jahrhundert alle Verpflichtungen zur Unterhaltung stets weit von sich gewiesen hat. Pfarrer von Oettingen hat, stellvertretend für alle Helfer und Sponsoren, 2004 den Hessischen Denkmalschutzpreis erhalten.

 

Erlöserkirche:

Man verläßt das Schloß wieder auf dem Weg, den man gekommen ist, geht aber nun nach rechts durch die Orangeriegasse. An ihrem Ende sieht man rechts durch die Löwengasse die Evangelische Erlöserkirche von 1908, eine neuromanisch Kirche unter Jugendstilein­fluß, mit Marmor und Goldmosaiken ausgestattet, vor allem mit dem großen Christus - Mosaik. Die Orgel hat ein sogenanntes „Fernwerk“, bei dem der Ton von einer zweiten Orgel auf dem Dachboden (8 Register) über einen Kanal in den Bereich über dem Altar gelenkt wird.

Innensta4dt:

Man geht aber nach links zum Markt mit dem Laternenbrunnen und nach rechts in die Louisenstraße, die Einkaufsstraße Bad Homburgs. Man kommt an einem Kriegerdenkmal von 1871 vorbei und blickt zur Marienkirche. Rechts kommen dann das Kaiserliche Postamt und links das Kurhaus. An diesem geht man rechts vorbei wieder über die Kaiser - Friedrich - Promenade nach rechts in den Kurpark. Man kommt zu den Denkmälern der Kaiserin Friedrich und Kaiser Friedrichs III. Dort geht es erst links weiter und dann wieder nach rechts in den Kurpark. Man geht dann aber nicht in den Lindenweg, sondern etwas weiter links zum Restaurant „Am Römerbrunnen“. Dort steht links der „Samariterbrunnen“.

 

Russische Kirche:

In der Ferdinandstraße geht man nach links zur englischen Kirche und zur russischen Kirche. Am 31. Dezember 1872 rollte die Kugel in der Spielbank zum letzten Mal, die russischen Spieler und Gäste aber blieben in der Kurstadt, sie hatten Bad Homburg liebgewonnen. Um ihre Verbundenheit mit der Kurstadt auch äußerlich zu dokumentieren, ergriff der in Bad Homburg wohnende Wirkliche Geheime Staatsrat Alexander von Proworoff die Initiative, eine Kapelle im Kurpark errichten zu lassen. Er bemühte sich in St. Petersburg auch um die Beschaffung der Mittel für den Bau. Mit der Planung und Bauausführung wurde der Architekt Professor Louis Benois aus St. Petersburg (1856 - 1928) beauftragt. Der Entwurf ist dem altrussischen Baustil des 16. und 17. Jahrhunderts nachempfunden.

Am 16. Oktober 1896 erfolgte in Gegenwart des Zaren Nikolaus II. und seiner Gemahlin Alexandra die Grundsteinlegung, wobei der Zar selbst die beiden untersten Ziegelsteine kreuzweise über den Grundstein vermauerte. Das Grundstück für die Allerheiligen-Kirche wurde auf einem von der Stadt Bad Homburg zur Verfügung gestellten Grundstück im Kurpark errichtet. Der Kaiserliche Baurat Professor Louis Jacobi aus Homburg übernahm die örtliche Überwachung der Bauarbeiten und erstellte die Werkpläne für die Bauausführung.

Der Architekt entwarf einen im Innern pfeilerlosen, kuppelgewölbten Raum mit einer kleinen Vorhalle. Die lichte Höhe des Innenraumes beträgt 7,50 Meter, die Gesamthöhe des Gebäudes 16 und des vergoldeten Kreuzes 2,30 Meter. Auf schiefergedecktem Dach ruht der Zentraltambour mit der traditionellen, mit vergoldetem Kupfer belegten Zwiebelkuppel mit orthodoxem Kreuz.

Südöstlich ist dem Gebäude eine unterkellerte Sakristei angebaut, deren Dach von einem vergoldeten Kreuz gekrönt wird. Der Portikus ist von einem steilen Satteldach gedeckt, auf dem sich wiederum ein orthodoxes Kreuz befindet. Im Giebelfeld, über dem Eingang ist das „Nicht von Menschenhand geschaffene Christusbild“ oder „Mandylion“ dargestellt. Die ornamentalen, vergoldeten Dachfriese, sowie die bunten Majolikakacheln aus Mettlach, zeigen den Zeitgeschmack des ausgehenden 19. Jahrhunderts.

Der Innenraum mit der reich geschnitzten Ikonostase wurde im Laufe der Zeit mehrmals neu gestaltet. Eine figürliche Ausmalung, wie sie auch in den Originalplänen des Architekten vorgesehen war, wurde aber erst im Jahr 1981 realisiert, als der lkonenmaler Adam W. Russak (geboren  1921) mit der Ausmalung beauftragt wurde.

Im Jahre 1899 wurde die russisch - orthodoxe Kapelle geweiht. Auch heute noch zählt die Russische Kapelle zu den Sehenswürdigkeiten in der Kurstadt. Sie wird heute noch von der Russisch  - Orthodoxen Gemeinde als Gotteshaus genutzt. Entlang der Kaiser - Friedrich - Promenade kommt man wieder zum Parkplatz.

 

 

Radtour durch die Gartenlandschaft

Westlich des Homburger Schlosses sind zwischen 1770 und 1830 monumentale Gärten unter der Leitung des Landgrafen Friedrich V. (1748 - 1820) und seiner Frau Caroline (1748 – 1821) und dann unter Friedrich VI. und der englischen Königstochter Elisabeth entstanden. Den Gedanken der Aufklärung folgend und beeinflußt von Rousseau wurde der Schloßpark in einen Landschaftsgarten umgewandelt. Landgraf Friedrich und seine Gattin Caroline waren von einem romantischen Naturver­ständnis beseelt, das aus der kleinen Residenz Homburg ein gärtnerisches Gesamtkunstwerk machte.

Die Eheleute hatten fünf Söhne: Der älteste Sohn war Friedrich (später Landgraf Friedrich VI., 1769 - 1829), dann Louis, Ferdinand, Gustav und Philipp. Im Jahre 1818 heiratete Friedrich VI. die englische Königstochter Elisabeth (1770  - 1840), die auch wieder neue „Gärten“ schuf. Nicht weniger als zehn Flächen wurden im „englischen” Landschaftsstil ge­staltet oder umgewandelt - vom Schloßpark bis zum Großen Tannenwald. Die Bad Homburger Gartenlandschaft besteht aus Schloßpark, Tannenwaldallee, Prinzengärten (Englischer Garten,  Louisgarten, Ferdinandsgarten, Gustavsgarten, Philippsgarten), Kleiner Tannenwald, Großer Tannenwald mit gotischem Haus, Hirschgarten, Forstgarten und Elisabethenschneise.

Diese Gartenlandschaft wird auf der Radtour in umgekehrter Reihenfolge besucht. Wenn man westlich um das Schloß herumfährt, kommt man an der Straße nach Usingen (Saalburgstraße) vorbei und biegt ein kleines Stück weiter links in die nächste Straße (Am Heuchelbach) ein. Dort ist ein großer Parkplatz. Dann fährt man mit dem Rad wieder das Stück zurück bis zur Saalburgstraße. An ihrem Beginn befinden sich zwei Friedhöfe. Der linke ist der reformierte Friedhof mit der Nachbildung des Heiligen Grabes in Jerusalem (siehe Rundgang durch die Stadt).

Dann fährt man die Saalburgstraße hoch (ein Weg nördlich des Heuchelbaches bringt nichts). Man kommt in die Lindenallee und biegt am Landgraf - Friedrich - Platz (Schild Hirschgarten) nach links ab in den Güldensöllerweg. Man muß aber auf der aufwärts führenden Allee bleiben (nicht nach links in den Tannenwaldweg einbiegen).

 

Gestüt Erlenhof:

Nach links biegt man durch ein schmiedeeisernes Tor in das Gestüt Erlenhof ein, dessen Pferde mehrfach den Deutschen Derbysieger stellten. In dem parkähnlichen Gelände stehen mehrere schöne Fachwerkhäuser, die Ställe für die Tiere. Von den zentralen Gebäuden aus müßte auch noch ein Weg nach Westen und Süden direkt zum Hirschgarten gehen. Oder man fährt um das Zentrum des Gestüts herum und links hinunter (der Weg nach oben führt schon sehr ins Gebirge). Es geht stark bergab und man kommt wieder am Tannenwaldweg in Höhe des Forellenteichs heraus.

 

Großer Tannenwald:

Man biegt nach rechts ab und muß nun ständig aufsteigen. Wenn man sich schon kurz vor dem Gotischen Haus befindet, geht es rechts hoch, an der Forellenzucht vorbei und immer weiter bis zum Hirschgarten. Hier ist man dann im Großen Tannenwald, dem Endpunkt einer gestalteten Landschaft zwischen Schloß und Taunus.

Gotisierende Bauwerke in Landschaftparks waren in England und bald darauf auch auf dem Kontinent vor allem zu Beginn des 19. Jahrhunderts beliebt. Die Verbindung von Landschaft und gotischer Architektur entsprach dem romantischen Lebensgefühl. Grotten und Bauernhäuschen, verschlungene Pfade und Teichanlagen, Pavillons und Chinoiserien, Kaskaden und Jagdhäuser, Tiergärten, Fasanerien und Krausbäumchen waren ein Gegenbild des französischen Absolutismus. Die schwelgerisch und ungeometrisch entworfenen Anlagen lassen jene Pracht erahnen, die den „blos dem Patriotismus gewidmeten Wald“ und seinen Landuradel trennte von der armen Bauernbevölkerung, von den städtischen Handwerkern, den Waldarbeitern und den allzu republikanischen Gesinnungen einiger Dichter.

Der Große Tannenwald wurde ab 1771 von Landgraf Friedrich V. von Hessen - Homburg angelegt als „Lusthain“ im Geist der Empfindsamkeit des ausgehenden Rokoko bzw. frühen Klassizismus. In dieser Phase gewinnt der natürlich gewachsene einzelne Baum Bedeutung in der Gartenkunst. Der Taunus war bis in das 17. Jahrhundert ein reiner Laubwald. Der Große und Kleine Tannenwald trugen ihre Namen zu Unrecht: Sie waren stets durch Laubbäume geprägt und hatten in ihrer Blütezeit eher den Charakter von Lustgärten als von Wäldern. Mit dem Begriff „Tanne“ wurden Nadelgehölze damals allgemein bezeichnet und sie galten als exotisch. Kein Wunder, daß sich ein Johann Heinrich Merck in ein Feenreich versetzt fühlte, als er im „Großen Tannenwald“ mit Goethe und dem Homburger Landgrafenpaar wandelte.

Seit Friedrich V. Ludwig blieb dieser Waldpark im Gegensatz zu den gestalten Gärten mehr naturbelassen, wurde aber durch bauliche Elemente aufgewertet (Bauernhaus und „Tempel der stillen Tugend“ von 1783, später „Leopoldstempel“, heute nicht mehr vorhanden).

Der Obelisk am Ende der gleichnamigen Schneise wurde Landgraf und seiner Frau Caroline zur Goldenen Hochzeit 1818 von ihren Kindern gestiftet. Ihr Sohn Friedrich VI. Joseph und Elisabeth stellten 1825 für Leopold eine Gedächtnisurne, den „Leopoldstein“ (heute im Schloßpark) auf sowie die beiden Adelheidsteine, die an eine Verwandte der „englischen Landgräfin“ erinnern. Dazu der Obelisk und das Pferdegrab. Auch die archäologischen Reste und natürliche Besonderheiten wie den Goldgrubefelsen, die Luthereiche oder das Krausbäumchen (eigentümlich gewachsene Buche) wurden einbezogen.

Der Große Tannenwald war als annähernd gleichseiti­ges Dreieck angelegt, durchzogen von regelmäßigen, sich kreuzenden Wegen. Dazu gesellten sich scheinbar „gewachse­ne” Pfade, hinführend zu versteckten Ruhestätten, Holz- und Birkenhütten, „Eremitagen”, und den viel bestaunten Nadelgehölzen, in erster Linie als „Solitäre” gepflanzte Douglasien und Tannen. Selbst der natürliche Landbau fehl­te nicht. Ein Nutzgarten und vier Fischteiche versorgten den landgräflichen Hof. Vieles davon ist verloren. Dafür wirken die Bäume heute fast urtümlich, knorrige Eichen und hohe Buchen wechseln mit den dunkel dräuenden Na­delbäumen.

Der heutige Baumbestand weist Fichten, Douglasien, Buchen und Eichen auf. Der Große Tannenwald als überregional bedeutendes Belegstück für den „Einbruch des Natürlichen“ in die deutsche Gartenkunst des 18. Jahrhunderts vermittelt heute dem unvorbereiteten Besucher den Eindruck eines gewöhnlichen Waldstücks. Jedoch sind trotz der Vernachlässigung die Grundstrukturen der ursprünglichen Anlage vorhanden. Deren Herausarbeiten zum Beispiel durch Freilegen der zugewachsenen Wegeachsen und Wiedergewinnung der Gewässer wäre ein denkmalpflegerisches Ziel, dessen Verwirklichung sich lohnte.

 

Elisabethschneise:

Landgraf Friedrich VI. verlängerte die Tannenwaldallee mit der Elisabethschneise, an der seine Frau den Forstgarten mit Teich, Teehaus und Lindenallee anlegte und eine Baumschule errichtete.

Später wur­de dieser Weg als Elisabethenschneise auf den Taunuskamm verlängert. Auf ihr kann man noch einen Abstecher machen zum Peter - Schall - Haus und zu den Elisa­bethensteinen, einer Felsgruppe, von der ein Teil bei der Schaffung der Elisabethensteine weggesprengt wurde. Noch etwas oberhalb stand der Leopoldstein (heute im Schloßpark). Heute ist die Schneise allerdings oberhalb der Elisabethsteine nicht mehr zu erkennen. Heute versteht man unter „Elisabethschneise“ auch die gesamte westliche Gartenlandschaft von Bad Homburg mit 15 Anlagen, die sich wie auf einer Perlenschnur vom Schloß in den Taunus hineinziehen (siehe die Informationstafeln).

 

Waldlehrpfades:

Etwa 200 Meter oberhalb des Hirschgartens gegenüber der Buswendeschleife geht es rechts in den anfangs schnurgeraden Weg mit der Markierung rotes Kreuz. Die Tafeln eines Waldlehrpfades orientieren über die Zusam­mensetzung des Bad Homburger Stadtwaldes: „Nur” 40 Prozent der Bestände sind Fichten. Selbst dieser Anteil soll noch zurückgedrängt werden. Teilweise wurden die nach den großen Stürmen 1990 frei gewordenen Flächen sogar der na­türlichen Sukzession überlassen. Als erstes hat sich dort die Birke angesiedelt. Im Forstgarten sind noch das Teehäuschen und ein großer Teil der exotischen Gehölze vorhanden.

 

Hirschgarten:

Der Hirschgarten soll be­reits seit 1696 bestehen. Aber so richtig gibt es ihn erst seit 1822 als „Thiergarten. Hier verband Friedrich VI. Joseph das landschaftsgärtnerisch gestaltete Jagdgelände mit der Gartenlandschaft Homburg. Innerhalb der Einzäunung gibt es Schneisen und Achsen, Schatten- und Dickichtbereiche, sonnige Wiesenstücke, Bäume und Pflanzen. Dazu kamen die Wildscheuer und das Pürschhäuschen. Das Wild für den Garten machte der Vetter aus Darmstadt zum Geschenk.

Von 1840 bis 1873 pachten die Brüder Blanc (die Gründer der Spielbank) den Garten: Sie erneuerten 1858 das Pürschhäuschen und richten eine Gastwirtschaft ein. Das Jagdgelände wurde zum reinen Wildpark und wurde Ausflugsziel für die Bürger und Kurgäste. Er wurde aber auf rund ein Fünftel seiner Größe verkleinert. Das Pürschhäuschen wich nach 1960 dem heutigen Restaurant. Eine kleine Pforte führt zu Minigolf und Gaststätte, die Autozufahrt ist etwas weiter oben.

Das nächste Ziel ist das gotische Haus. Dazu kann man direkt die Elisabethschneide hinunterfahren. Man kann aber auch von den Elisabethsteinen nach links noch etwas aufwärts fahren und dann links über das Krausbäumchen zum Forellengut und auf der Obelisken­schneise nach Osten fahren. Auf dem König - Wilhelm - Weg geht es dann nach Süden zur Hölschersmühle und auf dem Mühlenweg östlich zur Hardertsmühle und Fischersmühle. Eine weitere Möglichkeit ist der Ferdi­nands­weg südlich der Elisabethenschneise. Schließlich kann man auch nach Norden fahren auf den König - Wilhelm - Weg (zwischen Hirschgarten und Elisabethensteinen), die Mittelschneise und den Lindenweg. 

 

Gotisches Haus:

Das Gotische Haus war das Jagd- und Lustschlößchen des Landgrafen von Hessen - Homburg.

Landgraf Friedrich VI. hatte im Großen Tannenwald sein bevorzugtes Jagdrevier. An seinem Rande ließ er zwischen 1823 und 1826 das Gotischen Haus errichten. Der Hessische Oberbaurat Moller konnte es zusammen mit der Landgräfin Elisabeth erst nach dem Tod des Landgrafen vollenden. Die Prinzessin aus dem englischen Königshaus hatte erst die benötigten Finanzmittel in die arme Residenz gebracht. Sie prägte auch mit ihrem künstlerischen Geschmack den Charakter des Gebäudes.

Das Lusthaus hatte in seiner baulichen und gartenarchitektonischen Wirkung sein Vorbild in Horace Walpoles neugotischem Landhaus Strawberry Hill von 1751. Als Mittlerin und Initiatorin hat Landgräfin Elisabeth Einfluß auf die Architektur des Gotischen Hauses genommen. Als Architekt gilt der Darmstädter Georg Moller, obwohl für ihn wobei für Moller lediglich ein unausgeführter Entwurf zur Ausstattung eines Saales überliefert ist.

Das Gotische Haus wurde nie vollendet. In romantischer Empfindsamkeit stellte die Landgräfin das Bauvorhaben ein, als mehrere Handwerker durch ein einstürzendes Gerüst zu Tode kamen. Das unfertige, ungenutzte Jagdschloß, am Waldrand gelegen, war von Anfang an in seiner Substanz gefährdet und bedurfte des Schutzes.

Dieser war spätestens vonnöten, als 1913 das Anwesen von der staatlichen Forstbehörde an einen Privatmann verkauft wurde. Keinem Geringeren als Wilhelm II. persönlich lag der Erhalt des Gotischen Hauses am Herzen. Er zeichnete den Kaufvertrag mit dem Zusatz ab: „Denkmalschutz grundbuchlich sichern“. Die Eintragung in das Grundbuch zugunsten des Denkmalschutzes war die einzige Rechtsgrundlage, mit der die Erhaltung des Gotischen Hauses bis 1974 durchgesetzt werden konnte. Vor allem in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg, den Jahren des Wiederaufbaues und des wirtschaftlichen Wohlstandes, wurde der Druck zur baulichen Veränderung bis hin zum Abbruch immer stärker.

In den ersten Nachkriegsjahren wurde zwar noch in der alten Form ein Ausflugscafé mit Gartenwirtschaft betrieben. Doch schon 1956 wurde es durch einen dunkelblauen Außenanstrich mit signalroten Tür- und Fenstergewänden zur Kneipe, über deren Zugang knapp zehn Jahre später der Name „Ponderosa“ um Gäste warb.

Dies war jedoch noch nicht die schlimmste Zeit für das Gotische Haus, sie kam erst 1967, als Spekulanten das Anwesen erwarben. Durch geschicktes Taktieren und Täuschung versuchte man, den Abbruch des historischen Gebäudes durchzusetzen. Mit der Unterstützung nur sehr weniger Bad Homburger Bürger kämpfte der damalige Landeskonservator von Hessen, Professor Kiesow - rechtlich abgesichert lediglich durch den kaiserlichen Grundbucheintrag  -  bis vor das Verwaltungsgericht für den Erhalt des Gotischen Hauses. Den Neubau von mehreren Hochhäusern mit bis zu sieben Geschossen in unmittelbarer Nachbarschaft zu dem historischen Gebäude konnte er jedoch nicht abwenden, denn der Rechtsbegriff des Umgebungsschutzes, wie er heute im § 16, Absatz 2 des Hessischen Denkmalschutzgesetzes formuliert ist, war aus der Grundbucheintragung nicht herauszulesen.

Am 9. und am 10. Dezember 1980 brannte durch vorsätzlich gelegte Feuer das Innere des längst zur Ruine gewordenen Jagdschlosses völlig aus. Durch das Löschwasser bildete sich in Kürze eine dicke Eisschicht rund um das Gebäude, so daß Streufahrzeuge zum Einsatz kommen mußten. Es wurde viel spekuliert, warum gerade jetzt, nachdem die Instandsetzung des Anwesens endlich in greifbare Nähe gerückt war, ein Brandstifter glaubte, auf seine Weise vollendete Tatsachen schaffen zu müssen.

Die eigentliche Wende kam erst, als eine Großbank das Gotische Haus aus der Konkursmasse der Immobilienspekulanten übernahm. In der Zeit zwischen 1981 und 1984 wurde das Gebäude instand gesetzt. Es beherbergt heute das Stadtarchiv und das Hutmuseum. Der „Homburg“, ein in aller Welt bekannter Hut, wurde 1882 kreiert. Der Prinz von Wales -  später König Eduard VII. von England - weilte in der Kurstadt und entdeckte bei der Hutmacherfamilie Möckel einen Hut, der ihm gefiel. Es war ein silbergrauer Filzhut mit einer leicht hochgezogenen Krempe und schwarzem Rand. Was dem modebetonten Prinzen gefiel, wollte bald die ganze Welt haben. Der „Homburg“ trat seinen Siegeszug an. Der Clou: In einen geteilten, bis an die Decke reichenden Chapeau claque kann man wie in einer kleinen Höhle hineingehen. Modell und Texttafeln in beiden Huthälften erklären, was der Mann von Welt mit einer lässigen Handbewegung ausführt: mit Hilfe des Klapp­mechanismus den zusammengedrückten Zylinder zur vollen Größe aufspringen lassen.

Als Besonderheit findet sich nördlich des gotischen Hauses das „Pferds Begräbnis“', das Grab des Leibpferdes des Landgrafen mit der Inschrift: „Hier liegt das schönste Pferd begraben - das alle Tugenden vereint - könnt man mit Tieren Freundschaft haben - so läge hier mein Freund“.

 

Tannenwaldallee:

Vom Gotischen Haus führt die Tannenwaldallee schnurgerade in die Stadt auf den nördlichen Eckpavillon des Schlosses zu. Der Große Tannenwald bildete den Endpunkt dieser Allee und gab ihr den Namen. Als bauliche Attraktion und als Fixpunkt entstand das Gotische Haus. Landgraf Friedrich V. ließ 1770 die Tannenwaldallee anlegen und mit Säulenpappeln bepflanzen. Im Jahre 1770 zunächst als Pfad angelegt und 1820 begradigt, wurde die Allee nie von Tannen gesäumt, sondern von Pappeln. Heute ist die Tannenwaldallee nur noch als Achse erkennbar, eine einheitliche Bepflanzung fehlt. Die Allee wird durch die Hohemarkstraße brutal unterbrochen, man kann sie nur zu Fuß überqueren.

 

Prinzengärten:

Im unteren Teil der Tannenwaldallee schließen sich links und rechts die Prinzengärten an. Landgraf Fried­rich V. schenkte seinen fünf Söhnen Grundstücke entlang der Tannenwaldallee. So entstanden der spätere Englische Garten des ältesten Sohnes Friedrich (später Friedrich VI.), der Louisgarten, der Gustavsgarten, der Ferdinandsgarten und der Philippsgarten. Ferdinands- und Philippsgarten werden heute als Baumschule und Ackerland genutzt.

Zum Schutz der 838 (!) Pappeln an der Tannenwaldallee wurde eigens ein Wärter eingestellt werden - an der heutigen Hausnummer 76 stand daher seit 1775 das „Alleehaus“. Es ist etwas von der Straße zurückgesetzt, aber oberhalb der Hausnummer 76 zu finden (auf der westlichen Seite der Straße).

 

Kleinen Tannenwald:

Nach Westen zweigt die Kreuzallee ab, über die man zum Kleinen Tannenwald kommt. Im Jahre 1818 heiratete Friedrich VI. die englische Königstochter Elisabeth (1770 - 1840), eine mit den Ideen der englischen Gartenkunst eng vertraute und begabte Künstlerin. Landgräfin Elisabeth war als Engländerin mit den Parklandschaften ihrer Heimat vertraut und erweiterte die Gartenanlage des Schlosses bis weit in den Taunus hinein. 

Die besondere Liebe Elisabeths aber galt dem Kleinen Tannenwald, den sie von ihrer Schwiegermutter als Geschenk erhielt. Gemeinsam mit seiner Frau Caroline legte Friedrich V. südlich der Allee den Kleinen Tannenwald im englisch - chinesischen Stil an. Er hat im heutigen kleinen Tannenwald eigenhändig Nadelbäume (Fichten) gepflanzt.

Nach dem Tode seiner Eltern überließ Ludwig VI. den Kleinen Tannenwald seiner Frau zur freien Gestaltung und Nutzung auf Lebenszeit, der so zum wertvollsten Schmuckstück der gräflichen Gartenkunst wurde. Fünfstellige Summen wurden in den Jahren 1822 bis 1825 für Pflanzen und Stecklinge ausgegeben. Diese investierte die Landgräfin Elisabeth in den Kleinen Tannenwald, um aus ihm ein Schmuckstück landgräflicher Gartenlandschaft zu schaffen. Der Kleine Tannenwald galt als die „unstrittig schönste Partie um ganz Homburg“. Er wird gerühmt als „ein Zauberwald mit mächtigen Buchen, bizarren Baumstümpfen und einem dichten Teppich aus Efeu und Kräutern“.

Der „Wald“ war damals kunstvoll mit „unzähligen blühenden Gehölzen“ angelegt war. Es gab chinesische Tempelchen, ein kleines Teehaus, einen großen Teich mit Insel, darauf eine offene Kolonnade. Elisabeth errichtete am Rand des Kleinen Tannenwalds auch einen Musterbauernhof mit Schweizerei und Meierei und bezog dort eine eigene Wohnung.

Der Wald steht seit 1988 unter Denkmalschutz und konnte im Jahr 2000 mit Hilfe des Rotary­clubs von der Stadt erworben werden. Seitdem konnten einzelnen Elemente wie das Eingangstor, der Teich mit Insel, Brücke und Kolonnade wieder hergestellt werden. Aber im Grunde ist er heute nichts anderes als ein gewöhnlicher Wald mit einem großen Teich am Anfang. Auch von den Ruinen der Meierei (sie wurde 1892 auf Fundamenten von 1832 wieder erbaut) ist nichts mehr zu sehen, in dem Wald findet sich heute  nur ein etwas heruntergekommenes Privathaus jüngeren Datums.

 

Prinzengärten:

Man fährt vom Kleinen Tannenwald wieder zurück Richtung Tannenwaldallee. Heute beginnen hier die noch einigermaßen erhaltenen Prinzengärten. Die Söhne von Landgraf Friedrich V. sind allerdings nicht als Kinder, sondern erst nach seinem Tod als reife Männer zu den Grundstücken gekommen - und zwar über Landgraf Friedrich VI., ihren ältesten Bruder. Ferdinand etwa hat den „Ferdinandgarten“ am 24. April 1823 zu seinem 41. Geburtstag geschenkt bekommen.

An der Ecke Kreuzalle  / Tannenwaldallee liegt rechts der Gustavsgarten, der einer Klinik als Park dient. In ihm ließ 1899 Bankier Julius Wertheimer eine Villa errichten. Die jüdische Familie wurde von den Nazis enteignet. Im Jahre 1948 übernahm der Verein „Hirnverletztenheim“ den Garten, in dem jetzt eine neurologische Klinik ist. An dem großen Tor in der Tannenwaldallee kann man auf die offene Wiese sehen. Hier kann man noch die Weitläufigkeit des ursprünglichen englischen Landschaftsgartens erahnen - auch wenn viele Büsche überaltert sind. Aber den 1830 errichteten dorischen Tempel mit vier Säulen, der heute als Kapelle dient, kann man nicht sehen. Unterhalb dieses Gartens ist noch die Straße „Im Prinzengarten“ zu finden.

Auf der anderen Seite der Kreuzung ist heute auf der nördlichen Seite der Tannenwaldallee ein Garten angelegt, der etwas von der einstigen Gartenlandschaft vermitteln soll. Hier sind aus Buchsbaumhecken Tiere und andere Gegenstände geschnitten.

Daran schließt sich der Englische Garten an, der ursprünglich bis zum Schloßgarten reichte. Landgräfin Elisabeth entwarf den Plan für den Englischen Garten mit exotischen Bäumen, Laubengängen, Pavillons und blühenden Sträuchern. Er ist heute ist parzelliert und bebaut, seit 1966 wurde er für Bungalows aufgeteilt. Er halten blieb nur ein öffentlicher Spazierweg. Er führt oberhalb des Hauses Nummer 26 an einem Riesenlebensbaum vorbei zum 1871 errichteten Landgrafendenkmal. Der steinerne Stamm mit vier Löwen erinnert an das 1866 ausgestorbene Haus, dem Bad Homburg die Gartenlandschaft verdankt.

Gegenüber lag der Louisgarten, der im 19. Jahrhundert eine „Heil- und Kaltwasserbadeanstalt“ beherbergte.

 

Kirtorf

Wenn man westlich um das Schloß herumfährt ist die zweite Straße nach der links abbiegenden Saalburgalle der Gluckensteinweg. Hier steht in Höhe der Altkönigstraße auf der rechten Seite unterhalb der Glascontainer einer der wenigen Menhire in Hessen, der Gluckenstein. Er war ursprünglich ein über zwei Meter hoher, unbehauener Quarzitblock. Er wird bereit 1536 erwähnt als „Grenzstein am Hubeweg“ (heute Gluckensteinweg) zwischen den Gemarkungen Kirdorf und Homburg. Der Gluckensteinweg führt zum Vorort Kirtorf. An der Straße ist auch links ein jüdischer Friedhof.

Der Bad Homburger Stadtteil Kirdorf hat ein Freiland - Apfel­baum - Museum aufzuweisen. Nicht unbeteiligt an der Gesamtkonzeption des Kurparks war das benachbarte Dörfchen Kirdorf. Seine Gemarkung reichte bis ins heutige Quellenzentrum hinunter. Noch bis 1820 beacker­ten die Kirdorfer Bauern dort ihre Felder. Dieses Tal tauschte Homburg als Luxusbad der Kaiser und Könige weitsichtig gegen einen Landstreifen außerhalb ein. Er fiel wieder an die Stadt zurück, als Kirdorf 1901 eingemeindet wurde.

 

Dornholzhausen

Wo von der Landgraf - Friedrich - Straße im Westen von Bad-Homburg - Dornholzhausen die Straße „In den Braumannwiesen“ abzweigt, steht die Lutherlinde. Dort beginnt auch der Naturlehrpfad „Braumannwiesen“. Er führt zunächst in nordwestlicher Richtung bis zum Lindenweg, dann nach Süden und südlich der Bebauung und nördlich der Wiesen des Gestüts Erlenhof südöstlich und in Richtung Nordosten wieder zurück. Ausgelassen wird dabei der der Braumann­stollen etwas nordöstlich der Bebauung. Siehe Faltblatt „Naturlehrpfad Braumannswiesen“ des Zweckverbandes „Naturpark Hochtaunus“.

 

 Herzberg

Eine Anfahrt ist über die Straße von der Saalburg nach Südwesten möglich. Laut Auskunft der Stadtverwaltung Bad Homburg darf  man diese Straße auch mit dem Auto befahren, selbst wenn an  deren  Anfang ein Sperrschild steht, man muß die Gaststätte ja erreichen können.

 Tatsächlich ist der 591 Meter hohe Bad Homburger Hausberg auf dem Taunuskamm nordöstlich des Sandplacken, nördlich des Bleibiskopfs, mit der Berggaststätte und dem Aussichtsturm ein beliebtes Ziel für gemeinsame Unternehmungen von Eltern, Schülern und Lehrern. Vom Saalburg - Kastell wählt man den ruhigen Waldweg mit dem Dreieck  - Symbol statt der viel begangenen Fahrstraße für den Aufstieg. Zuerst geht es durch Laubwald über Stock und Stein, das Rauschen der Bundesstraße noch im Ohr, bis ein breiter Weg durch dunkle eintönige Fichtenkulturen führt. Kurz vor dem Ziel mündet der Weg in die Fahrstraße.

Oben besteigt man den steinernen, im Jahre 1910 / 1911 vom Taunusklub erbauten Aussichtsturm und blickt von der geschlossenen Plattform auf Bad Homburg und Oberursel herab. Im bewaldeten Osten sieht man die weißen Quarzitwerke bei Wehrheim. Im Treppenhaus stehen auf einer alten Schrifttafel die Namen der mit dem Bau des Turmes beauftragten Handwerker aus Anspach und Homburg. Den Rückweg geht man über die kürzere, bequeme Fahrstraße. Östlich des Herzbergs ist der Marmorstein.

Berggaststätte            Herzberg, Telefon 06172/1455951 . Öffnungszeiten Dienstag bis Donnerstag 10 bis 22 Uhr, Freitag und Samstag, 10 bis 23 Uhr, Sonn- und Feiertag 10 bis 21 Uhr.

 

Ober - Eschbach

Landwirte wünschen sich fürs wirtschaftliche Arbeiten große, freie Ackerflächen und wollen sich nicht mindestens zehn Meter breite, gestaltete Grünstreifen durch die Fluren pflanzen lassen. Bei der Bauernfamilie Maurer in Ober - Eschbach ist das anders. Sie haben ihren Hof westlich der Autobahn nördlich der Homburger Straße von Ober - Erlenbach nach Ober - Eschbach. Von der Homburger Straße biegt nach Norden als erste Straße die Straße „Bienäcker“ ab.

Maurers haben sich gleich mit ihrem gesamten Hof in den Regionalpark Rhein - Main eingebracht: als Lernbauernhof für Kinder aus dem verstädterten Ballungsgebiet, die eher die Nashörner im Frankfurter Zoo aus der Nähe kennen als Kühe und Schweine im Stall. Morgen für Morgen pilgern seit drei Jahren Schulklassen und Kindergartengruppen zum Maurerschen Hof am Ortsrand Ober - Eschbachs, streicheln die sieben Kühe samt dem Kälbchen im Stall, probieren sich im Melken, locken die Schafe auf der Weide, schmusen mit Katz und Hund, ernten Erbsen, Rüben oder Kartoffeln vom Lernacker und nehmen Basiswissen in Sachen Ackerbau und Viehzucht mit nach Hause.

Zwei Biologen, die sich als Halbtagskräfte eine ABM - Stelle auf dem Hof teilen, erarbeiten mit Gerhard Maurer Unterrichtsmaterial für die landentwohnten Kinder. Da werden dann Eier geholt, wird aus Körnern Mehl gemahlen, werden aus den frisch geholten Zutaten in der Versuchsküche Pfannkuchen gebacken. Ein andermal dreht sich alles um Getreide, um Arten der Tierhaltung oder um Methoden der Landwirtschaft im Wandel der Zeit.

Für den 53jährigen Gerhard Maurer hat sich mit der Idee des Lernbauernhofs entlang der Regionalparkroute eine ideale Alternative zur Hofaufgabe eröffnet. Seine Kinder ergreifen alle andere Berufe, er und seine Frau hätten den Hof nicht alleine weitergeführt. Unterstützt vom Landesamt für Landwirtschaft in Usingen, baute Maurer die Hälfte seines Kuhstalls zum Tagungs- und Spielraum um mit Küche, Toiletten und Schaufenstern direkt zu den Kühen und Schweinen. Ein Trägerverein hat die Lehrräume zunächst für fünf Jahre gemietet, sonstige Kosten werden über Eintritte der Kindergruppen und Sponsoren gedeckt. Mit dem Ausbau der Regionalparkrouten im Hochtaunuskreis soll ein Lehrpfad durch den Hof und das angrenzende Feld führen.     

Lernbauernhof Maurer, Bienäcker 4, 61325 Bad Homburg / Ober - Eschbach, Telefon und Fax: 06172142208 (www.lernbauerhof-rheinmain.de). Trägerverein: 069/95730276. Nach Voranmeldung sind auch private Ausflügler willkommen.

 

Falkenstein

 

Anfahrt:

Nach dem Königsteiner Kreisel geht es rechts vor der Tankstelle hoch, an der Taunusschule vorbei und dann einfach geradeaus nach Falkenstein. Oben in der Gegend des kleinen Kreisels sollte man parken. Das ist nicht ganz leicht, aber auch nicht unmöglich. Zur Burg kommt man südlich der Christkönigkirche über den Günter-Boller Weg. Alternativ kann man in Königstein parken und dem Drei-Burgen-Weg bis zum Dettweiler Tempel folgen. Es sind etwa 1,5 Kilometer bis dorthin.

 

Burgruine Falkenstein:

Die Falkensteiner waren immer Unruhestifter. Sie befehdeten 1365 Ulrich von Hanau. Die Reifenberger kämpften 1374 erfolgreich gegen Philipp von Falkenstein. Im Jahre 1377 raubten die Falkensteiner und Cronberger der Stadt Frankfurt 163 Kühe und anderes Vieh. Im Dreißigjährigen Krieg ließ General Graf Stolberg die Burg bei seinem Abzug zerstören, die Kaiserlichen bauten sie wieder auf, aber danach verfiel sie doch. Die großartige Sicht, auch vom Bergfried der Falkenstein, läßt nachvoll­ziehen, weshalb an dieser Stelle die Turmburg entstand. Der Blick reicht bis in die Rhein - Main - Ebene.

Der Burghain Falkenstein ist ein Berg, dessen Gebiet als Naturschutzgebiet klassifiziert ist. Dieses Naturschutzgebiet hat eine Größe von mehr als 35 Hektar und wurde im Jahr 1966 zum ersten und im Jahr 1974 zum zweiten Mal unter Schutz gestellt. Mit etwa 32 Hektar fällt der Großteil des Gebiets auf die Gemarkung von Falkenstein und etwa 4 Hektar auf die Gemarkung von Königstein. Das Gebiet umfasst den Burgberg der Burgruine Falkenstein bis zur Bebauungsgrenze.

 

Burgruine Nürung:

Zur großen Familie der rund 300 Burgen und Schlösser Hessens trat nach Abschluß archäo­lo­gischer Grabungen Ende 1991 eine weitere hinzu. Südlich der Burg Falkenstein in unmittelbarer Nähe konnte der Turmstumpf des Vorgängerbaus namens „Nürung“ freigelegt werden: ein Quadrat mit einer Mauerstärke von gut zweieinhalb Metern. Für den Zugang zur Burg Nürung achte man auf die Erdstufen rechts vom Eingang der Falkenstein. Ein Pfädchen führt vom Turmstumpf eines vermutlich 30 bis 40 Meter hohen Turms.

Heinrich vom Meyenburg, der sich im 11. Jahrhundert in der Wetterau niedergelassen hatte, baute eine Feste, die er Nürung nannte. Was im Vergleich zur weitläufigen und gut erhaltenen Burgruine Falkenstein eher unscheinbar wirkt, entpuppte sich in baugeschichtlicher Hinsicht als kleine Sensation. Die Nürung ist nach Art und Anlage vermutlich die einzige Hessens und somit eines der raren Beispiele, wie befestigte Adelssitze aussahen, bevor sie aus machtpolitischen und wehrtechnischen Gründen die uns heute vertrauten Formen und Größen annahmen.

Doch das Geschlecht starb 1169 im Mannesstamm aus. Die Tochter Jutta heiratete Werner II. von Boland. Dessen Enkel Philipp II. erbaute die neue Burg Falkenstein und nannte sich selbst danach. Für das Geschlecht derer von Falkenstein - Bolanden, dem Anfang des 13. Jahrhunderts die Grafschaft Nürung zufiel, war dann auch die Turmburg überholt, und man errichtete nebenan die erstmals 1330 erwähnte, mit Sicherheit aber ältere Burg Neu - Falkenstein, die 1688 zerstört wurde. Der kleine Ort zu Füßen behielt noch bis ins 18. Jahrhundert den Namen Nürung bei.

 

Dettweiler Tempel:

Vom Turmstumpf der Nürung geht es nach Süden weiter zur Felsnase mit dem Dettweiler Tempel, rund 200 Meter südlich der Burgruine Falkenstein, versteckt im dichten Laubwald. Er gehört zu einer Reihe von kleinen Tempelchen in dieser Gegend, die als Aussichtspunkte und Ehrenplätze in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts errichtet wurden. Aber der Dettweiler Tempel ist der einzige, der heute noch steht.

Zu Ehren von Dr. Dettweiler der „Dettweiler Tempel wurde 1896 vom sogenannten Taunus­klub und dem Heimatverein (damals Kur- und Verschönerungsverein) mit finanzieller Unterstützung der Falkensteiner Lungenheilanstalt errichtet. Dr. Dettweiler (1837 bis 1904) hat sich als Leiter der Falkensteiner Lungenheilanstalt einen Namen gemacht. Er ist der „Entdecker” der Freiluftliegekur als wichtiges Heilmittel der Tuberkulose. Nach ihm ist der Dettweiler-Marsch benannt: Jeweils hundert Meer laufen und dann fünf Kniebeugen

Das eiserne Äußere und die Verzierungen, die um den Tempel herum und am Dach zu sehen sind, machen den Dettweiler Tempel zu einem besonderen Ort – auch und gerade für Fotografen. Die Rundback im Inneren lädt dazu ein, den Ausblick eine Weile zu genießen. Direkt neben dem Tempel findet man die Aussichtsplattform, die ebenfalls von einem eisernen Geländer eingegrenzt ist. Der Tempel bietet einen fantastischen Blick auf die Rhein-Main-Ebene. Man kann die Frankfurter Skyline sehen und an klaren Tagen bis in die Wetterau, den Spessart und den Odenwald blicken.

Das Felsmassiv heißt auch „Teufelskanzel“. Es geht die Sage, daß der Teufel an dieser Stelle predigen wollte, aber ein Engel dies verhinderte.

Im Jahre 1996 wurde der Tempel nach 100-jährigem Bestehen durch den Heimatverein restauriert. Auch 2008 wurde der Tempel durch die Broermann-Stiftung erneut von Grund auf saniert.

 

Jüdischer Friedhof:

Östlich des Ortes liegt am Grenzweg der Friedhof. Der westliche Teil ist ein jüdischer Friedhof.

Der jüdische Friedhof im Königsteiner Stadtteil Falkenstein ist eine Spur des jüdischen Lebens in der Region. Er wurde Ende des 18. Jahrhunderts angelegt und diente der recht großen jüdischen Gemeinde in Falkenstein als Begräbnisstätte. Heute existieren noch etwa 50 Gräber, das älteste aus dem Jahr 1842.Etwas westlich des jüdischen Friedhofs geht ein Weg in südöstlicher Richtung zum Naturdenkmal Kocherfels. Als wollte der durch die Gesteinsformationen führende Weg dem Wanderer nichts vorenthalten, so schlängelt er sich durch die Monolithe aus rund 350 Millionen Jahre altem Quarzit.

 

 

 

Kronberg

In geschützter Lage am Südhang des Altkönig lockt der hübsche Luftkurort Kurgäste und Wochenendausflügler an. Lang den Berg hinauf zieht sich die Altstadt bis unter die Burg.

Die spätgotische Johanniskirche besitzt ein reich bemaltes Tonnengewölbe und zahlreiche Grabdenkmäler. Kronberg ist idealer Ausgangspunkt für Wanderungen zum Altkönig mit der Burgruine Falkenstein und zum Großen Feldberg.

Das Taunusstädtchen Kronberg trägt in seinem Wappen eine Krone. Es ist naheliegend, sie Kaiserin Friedrich zuzuschreiben, der Witwe des Hohenzollernkaisers Friedrich III., die Kronberg als Ruhesitz wählte und sich in dem von ihr erbauten Schloß Friedrichshof 1894 niederließ

Im Zeichen der Wappenkrone hatte zu der Zeit Kronberg allerdings schon mehr als 600 Jahre gestanden, ausgehend von der auf einem Felsen über dem Ort thronenden Burg Kronberg, die die Ritter von Eschborn im 13. Jahrhundert errichteten. Sie nannten sich von Kronberg nach der neuen Reichsburg und nahmen eine goldene Krone in ihr Wappen auf. Ihr imaginärer Glanz in Form von Architektur, Kultur und Natur ist nie verblaßt und strahlt heute mehr denn je. Die mächtige Anlage aus dem 13. - 16. Jahrhundert wird seit 1994 restauriert, das Burgmuseum neu eingerichtet. In den bereits fertiggestellten Räumen finden Theater- und Konzertveranstaltungen statt.

 

Rundgang:

Burg:

Der Bau der Burg um 1220 bis 1230 fällt mit der Gründung der Stadt zusammen. Sie wird 1230 als „Cronenberg“ erwähnt und erhielt 1330 Stadtrechte. Sie soll von der reichen Familie von Eschborn gebaut worden sein. Nach 1500 erfuhr sie einen starken Ausbau. Eberwein von Cronberg wurde 1299 Bischof von Worms, Walther von Cronberg 1527 erster Hoch- und Deutschmeister zu Mergentheim, Johan Schweikard von Cronberg 1604 Kurfürst von Mainz.

Am 8. Januar 1389 sagten die Kronberg der Stadt Frankfurt die Fehde an. Die Frankfurter verloren die Schlacht bei Eschborn gegen den Ruprecht (Pfalzgraf bei Rhein), Ulrich von Hanau und Johann Walter und Frank von Cronberg und mußten 73.000 Gulden für den Freikauf ihrer Gefangenen zahlen.

Weil man allein vom Rittersein nämlich nicht leben kann und die Herrschaft der Kronberger arg klein war, wurden einige Ritter „arbeitslos”. Sie traten dann ganz zivil als kurmainzische oder kurpfälzische Amtmänner ihren Dienst an. Daß sie ganz so „übler” Gesinnung tatsächlich nicht gewesen sein können, zeigt sich schon an der liebevollen Art, wie die Kronberg -Ritter die Wände ihres Kinderzimmers ausgemalt haben. Regelrechte Bildergeschichten mit Maus, Spinne, Iltis und Blumenranken zieren das Schlafgemach der kleinen Ritter. Und weil die Treppen in der Burg recht düster, eng und gefährlich sind, ist die Kinderzimmertür die einzige, die nicht auf Treppe oder Flur endet, sondern im Wohnzimmer der Eltern.

Ganz schön raffiniert die Bauweise der Küche: Es sind nicht nur alte Feuerstellen, Töpfe, Fleischhaken und Hobel zu bewundern, sondern auch eine praktische Fußbodenkonstruktion. Dank einer leichten Neigung lief das Abwasser bis zu einem kleinen Loch, durch das die Brühe abfließen konnte.

Nach dem Aussterben des Geschlechts 1692 im Mannesstamm (nach anderer Angabe 1704) fiel die Burg an den Erzbischof vom Mainz. Konfessionelle Streitigkeiten mit Preußen konnten erst 1768 durch Vergleich beigelegt werden.

Kaiser Wilhelm II., erwarb die Burg 1890 und machte sie 1891 seiner Mutter zum Geschenk. Nach ihrem Tod erbte ihre Tochter Margarethe, die Frau des Prinzen Karl von Hessen, Schloß Friedrichshof und die Burg.

Wer dann noch vom 42 Meter hohen Bergfried aus die herrliche Sicht weit in den Taunus genießt oder sich im Burghof eine Weile in die Sonne setzt, dort, wo Efeu, wilder Wein und Hortensien am alten Gemäuer hochranken, der mag sich wohl vorstellen, daß es sich leben ließ zu Zeiten von Hartmut und Walter von Cronberg.

Die Burg ist täglich, außer montags, von 9 bis 12 Uhr und von 14 bis 16.30 Uhr geöffnet, letzte Führung jeweils 30 Minuten vor Ende der Öffnungszeiten. (Wenn der Burgführer Urlaub macht, ist geschlossen. In den Wintermonaten ist sie geschlossen, aber der herrliche Fernblick kann hier dennoch genossen werden). Erwachsene zahlen 1,50 Mark Eintritt, Kinder von fünf bis 15 Jahren eine Mark.

 

Ortskern:

Man geht dann von der Burg aus die verwinkelte „Obere Höllgasse” hinunter zur Schirn und macht dann einen Rundgang durch die kleinen Gassen mit den vielen Fachwerkhäuschen bis zum alten Rathaus, der „Villa Bonn“. Beim Rundgang durch den alten Ortskern kann man die bunt bepflanzten Vorgärten und Fachwerkbalken bewundern. Oder rätseln, welche Geschäfte sich hinter den originellen Ladenschildern verbergen.

 

St. Johanneskirche:

Die St. Johanneskirche in der Friedrich - Ebert - Straße ist 1440 von den Kronbergern erbaut. Sie besticht durch das hölzerne, bemalte Tonnengewölbe ebenso wie durch den Reichtum der Epitaphien Kronberger und Reifenberger Ritter aus der Zeit um 1500. Im Jahre 1617 wurde sie von Meister Spangenberg ausgemalt. Sehenswert auch der Marienaltar. An der Außenwand ist ein Relief der Kaiserin Friedrich.

 

Streitkirche:

Räumlich etwas in den Schatten gestellt wird die St.- Johannis - Kirche durch die sich davor aufbauende „Streitkirche”, die nie ein Gotteshaus war. Die Kirche wurde 1737 - 1739 vom Mainzer Fürstbischof  in der kurzen kurmainzischen Zeit begonnen. Doch die  die schon früh reformierten Kronberger Bürger ließen keine katholische Kirche an dieser Stelle zu. Nach Protesten der durchweg evangelischen Bevölkerung wurde sie nie geweiht. Das Bauwerk dient bis heute profanen Zwecken. Der Apotheker Julius Neubrunn kaufte 1887 die Kirche und richtete dort seine Apotheke ein. Unter dem Dach brachte er seine Tauben unter, die Rezepte und Medikamente transportierten und nachher auch eine Kamera bei sich trugen und Aufnahmen von der Umgebung machten, die der Apotheker dann verkaufte .Heute stellt der attraktive Bau eine Art Dienstleistungszentrum mit exklusiven Boutiquen dar.

und ist ein Kunstmuseum der Kronberger Malerkolonie.

 

Ortskern:

Links und rechts der Friedrich - Ebert - Straße zweigen Gassen ab, die in die mittelalterliche Fachwerkwelt führen. Die Schutt-Treppe verbindet die Königssteiner Straße mit der tiefer gelegenen Eichenstraße. Zum Auffüllen des Abhangs wurde hier früher Schutt hinuntergekippt. Ganz in der Nähe befindet sich der letzte erhaltene Torturm der mittelalterlichen Stadtbefestigung. Zwischendrin bieten sich immer wieder wunderschöne Ausblicke auf die Burg und in die Taunuslandschaft. Mittelpunkt der Fußgängerzone ist indes die Schirn mit Brunnen. Rings um den Platz drängen sich kleinere Geschäfte. Das Eichentor ist das letzte von fünf Stadttoren..

Am Fuße der Burg, noch vor dem Hellhof, offeriert die Galerie Hanna, Friedrich-Ebert-Straße 26, Keramik aus der Werkstatt Margaretenhöhe und Geschenke aus fernen Ländern.

Zum Kronberger Weihnachtsmarkt am dritten Advent erwacht die Burg der Ritter von Cron­berg jedoch für ein Wochenende aus ihrem Winterschlaf. Dann wird hier ein Weihnachtsmarkt für Kinder aufgebaut - mit Ponyreiten, Flohmarkt und einer Ausstellung mit historischem Spielzeug.

 

Schloß Friedrichshof:

Die Anlage ist ein Teil des einst etwa 75 Hektar großen, zum Schloß Friedrichshof gehörenden Parkareals, in dessen Genuß der schattenspendenden Bäume eigentlich erst die folgenden Generationen gekommen sind. Kaiserin Friedrich starb bereits 1901 im Alter von 61 Jahren. Die gebürtige Engländerin, älteste Tochter Königin Viktorias, hat in den wenigen Jahren ihrer Kronberger Residenz viel für das Städtchen bewirkt, die Burg ebenso renoviert wie die Stadtkirche. Allenthalben trifft man auf ihren Namen und den der nachfolgenden Erben des Hauses Hessen.

Im ehemaligen Zuhause von Kaiserin Victoria in Kronberg regieren im Jahr 2013 die Handwerker. Seit Anfang des Jahres wird in dem altehrwürdigen Gebäude renoviert. Auf dem Programm stehen die Küche, die Empfangshalle, ein Flur, die Bibliothek sowie einige Gästezimmer. Hinzu kommen technische Erneuerungen. Doch insgesamt sind es 1.400 Quadratmeter, die von etwa 50 Handwerkern auf Vordermann gebracht werden.

Die Möbel aus den Räumen stapeln sich im Keller. In der Bibliothek, in denen die 5.000 Bücher der Kaiserin stehen, wird gerade der Teppich herausgerissen. Die neuen Zimmer im traditionell - englischen Look mit den Marmor - Bädern sind schon fast komplett eingerichtet. In der Küche, die komplett entkernt wurde, sieht allerdings noch gar nichts fertig aus. Hier wuseln Handwerker durcheinander.

Das Ziel dieses immensen Aufwands: Das historische Gebäude soll noch luxuriöser werden und damit in der Riege der internationalen Luxushotels weiter aufsteigen. Über die Kosten schweigt die Hessische Hausstiftung in Kronberg als Eigentümerin. Zu dieser Stiftung gehören auch das Hotel Hessischer Hof in Frankfurt und das Weingut Prinz von Hessen.

 

Gebaut wurde Das Haus Ende des 19. Jahrhunderts für die Kaiserin Victoria - Tochter der Queen und Witwe des im Jahr 1888 gestorbenen „99-Tage-Kaisers“ Friedrich III. Sie hatte sich nach dessen Tod in den Taunus zurückgezogen und war bis an ihr Lebensende geblieben. Der im neugotischen Tudorstil erbaute Witwensitz gilt als der jüngste Schloßbau Hessens.

Umgebaut wurde aber auch noch im 20. Jahrhundert immer wieder.

In dem Hotel mit der prachtvollen Einrichtung in dezenten Farben erinnert noch vieles an sie. Da sind die alten Gemälde, ihre Bücher sowie Türen, Fliesen, Lampen und Mobiliar aus der Kaiserzeit. In einem Gästezimmer steht sogar noch die Original - Heizung - das Haus war für damalige Verhältnisse hochmodern ausgestattet. Das dürfte einer der ersten Heizkörper in Deutschland gewesen sein.

Zu längeren Spaziergängen lädt der Forstlehrpfad im Stadtwald oder der Stadtpark mit „Schillerweiher” und Kinderspielplatz ein.

 

Malerkolonie:

Die Kronberger Malerkolonie gehörte zu einer der frühesten und bedeutendsten in Deutschland. Sie wurde 1858 durch die Maler Anton Burger und Jakob Fürchtegott Dielmann ins Leben gerufen. Malerkolonien waren eine kulturhistorische Besonderheit des 19. Jahrhunderts. Es war die Zeit rasanter und gravierender politischer, gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Veränderungen.

Das Berufsbild der Künstler wandelte sich ebenfalls. Zusehends übernahm das finanziell und politisch erstarkte Bürgertum die Rolle des wichtigsten Auftraggebers. Als Reaktion auf die Veränderungen des städtischen Umfeldes, auf der Suche nach Ursprünglichkeit und Natürlichkeit etablierten sich viele Malerkolonien vor den Toren großer Städte, in der Regel nicht weit entfernt von Akademien und Kunstschulen. Nach Kronberg zog es überwiegend Schüler des Städel'schen Kunstinstituts in Frankfurt.

Die Kronberger Malerkolonie entstand um 1858 in der Tradition der Landschaftsmaler in Barbizon - jener Künstlertruppe im Wald von Fontainebleau bei Paris, die seit den Jahren ab 1830 eine neue Landschaftsauffassung in die Kunst des 19. Jahrhunderts trug. Laut dem neuen Faltblatt zum Rundweg „Die Schwanheimer Alteichen“, das im Umweltamt (Telefon 212-3 9100) zu haben ist, aber auch am Rundweg ausliegt, reagierte sie als grüne Gegenbewegung auf eine durch die Industrialisierung sich stark verändernde städtische Umwelt. Dabei ging es „um eine möglichst naturgetreue Wiedergabe des meist ländlichen Sujets“. Die Künstler um Anton Burger, der seit 1858 in Kronberg lebte und zentrale Gestalt der Kolonie war, pflegten einen regen Austausch untereinander, von einem „Kronberger Stil“ könne jedoch nicht gesprochen werden, heißt es in dem Faltblatt. Zur Gruppe gehörte unter anderen Ludwig Christian Wagner, Karl Peter Burnitz, Adolf Hoeffler und später Fritz Wucherer. Informationen zur Kolonie gibt es beim Kronberger Museumsverein (Telefon 0 6173 / 92 94 90) oder im Haus Giersch (069 / 63304-128).

Die Ausbildung eines gemeinsamen Stils gab es in Kronberg nicht, Hauptthema aber war immer wieder die Landschafts- und Genremalerei. Die Bindung der einzelnen Künstler zu Kronberg weg sehr unterschiedlich. Einige ließen sich für den Rest ihres Lebens nieder, andere lebten nur für eine gewisse Zeit hier. Über fast fünf Jahrzehnte hinweg war Anton Burger die zentrale Gestalt der Kolonie. Er unterhielt eine Malschule; seine Arbeiten waren immer wieder Vorbild und Anregung für Schüler und Kollegen.

Viktoria von Preußen (Kaiserin Friedrich, Tochter der englischen Königin Victoria) war eine Malerin und lebte bis zu ihrem Tod  im  Jahre  1901auf Schloß Friedrichshof in Kronberg

In dieser Zeit schätzte sie den Austausch mit Künstlern der Malerkolonie sehr.

Ihre Anwesenheit sowie die idyllische Lage Kronbergs veranlaßten zahlreiche Frankfurter

Bürger dazu, sich hier an den schönsten Plätzen prachtvolle Landsitze zu errichten. Abgeschiedenheit und ländliche Idylle - ehedem Beweggründe für die Entstehung der Kronberger Malerkolonie - veränderten sich damit allerdings.

 

Was im Herbst 2001 als Versuchsballon gestartet wurde, soll nun zur allmonatlichen festen Größe im Angebot für Kunstinteressierte werden: Die Kunsthistorikerin und ehemalige Geschäftsstellenleiterin der Kronberger Museumsgesellschaft, Monika Öchsner - Pischel, führte am Sonntag 20 Teilnehmer quer durch die Stadt auf den Spuren der Kronberger Malerkolonie. Unter diesem Begriff faßt die Kunstgeschichte all jene Maler zusammen, die sich seit der Mitte des 19. Jahrhunderts aus der Städel’schen und anderen Kunstakademien entfernten, um an den Anhöhen des Taunus großformatigen Historienszenen ade zu sagen.

Sie zogen mit der Staffelei hinaus in die Natur; malten die Landschaft und den Alltag der bäuerlichen Bevölkerung. Anton Burger, Jakob Fürchtegott Dielmann und Philipp Rumpf gelten als Gründer der mehr als 20 Künstler umfassenden Malerkolonie, zu der auch Fritz Wucherer gehörte. Die Kunsthistorikerin weiß in fast jedem Winkel der Altstadt eine Geschichte über die Maler zu erzählen, die in den Gasthöfen „Zum Adler“ und  „Frankfurter Hof“ logierten, bis sie nach kurzer Zeit recht prächtige Villen entlang der Austraße kaufen konnten. Ihre Kunst war bei den wohlhabenden Frankfurtern sehr beliebt, die ab 1870 einen Villenkranz rund um Kronberg legten. Andächtig stehen die kunsthistorischen Wanderer auch vor den Herbergen von Norbert Schrödl in der Hainstraße, von Anton Burger, Philipp Rumpf und Adolf Schreyer in der Doppestraße.

Die Hanglage von Kronberg, die vielen Mauern, Treppen und die Burg haben die Maler immer wieder angezogen. Unzählige Kronberger Szenen, viele davon mit winterlichem Weiß garniert, zeugen von der damaligen Begeisterung für das Ambiente der Stadt. Neben vielen kunsthistorischen Bezügen - etwa der Tatsache, daß die Kronberger noch Anfang des 20. Jahrhunderts sehr traditionell malten - erfahren die Zuhörer Anekdotisches: Etwa über den „König von Kronberg“, Anton Burger der immer mit einem Schwarm junger Schülerinnen durch die Stadt gezogen sein soll.

Das Fritz - Best - Museum, benannt nach dem Meisterschüler am Frankfurter Städel und Mitbegründer der Kronberger Malerkolonie, liegt etwas abseits. Ein Plan zur Orientierung ist dennoch nicht nötig, denn verlaufen kann man sich in der kleinen Innenstadt Kronbergs kaum.

Einen repräsentativen Querschnitt von Werken der Kronberger Künstler findet man im Museum Kronberger Malerkolonie in Kronberg.

 

Östlich der Kronthaler Quellen an der Straße nach Bad Soden ist der Schafhof der Olympiasiegerin Anne - Katrin Linsenhoff.

 

Hünerberg:

Vom Parkplatz des Kronberger Freibades geht es leicht aufwärts (Taunusklub Wanderzeichen mit schwarzem Punkt) bis zu einem Schild, das auf den Forstmeister - Valentin - Pfad und damit zum Hünerberg führt. Nachdem die Alemannen im dritten Jahrhundert den Limes überrannten und die Römer heimwärts jagten, betraten im fünften Jahrhundert die Franken die Bühne der Geschichte. Sie siedelten am Rande des südlichen Taunus. So entstanden Reichsgüter, Königshöfe und Königsforste; der Kronberger Stadtteil Oberhöchstadt beispielsweise ist eine fränkische Gründung.

Das Plateau des 375 Meter hohen Hünerbergs befestigten die Franken mit einer ringförmigen Mauer aus Steinen und Holzbindern zu einer Fluchtburg, vielleicht? Sehr viel mehr wissen die Archäologen auch nicht. Im Mittelalter tilgten die Menschen aussagefähige Spuren, weil sie große Teile des Ringwalles als Steinbruch nutzten. Möglicherweise sind ja Steine der Hüner­burg ab dem Jahr 1220 für den Bau der stolzen Kronberger Burg verwertet worden.

Die Kappenbank lädt zum Verschnaufen und zum Genuß eines eindrucksvollen Panoramas ein: rechts die Burg Falkenstein, daneben die Burg Kronberg, die Schwalbacher Limesstadt, am Horizont die Jahrhunderthalle Höchst, bei gutem Wetter erspäht man  sogar den Melibo­cus und (leider bei jedem Wetter) links drei häßliche Wohnhochhäuser auf dem höchsten Hügel des feinen Stadtteils Schönberg. Die fantastisch geformten Felsen hier oben stammen aus dem unterdevonischen Erdaltertum, dem Paläozoikum, sind also schlappe 350 bis 400 Millionen Jahre alt. Tonschiefer, Grauwacken und Quarzit sind die bestimmenden Gesteine des Taunus. Auf den Höhen, also auch auf dem Hünerberg, fällt besonders der sehr harte, manchmal weiß blitzende Quarzit auf, der allen Erosionen widersteht.

Es geht wieder abwärts, dem schwarzen Punkt nach bis zum bemoosten Naturdenkmal Hauburgstein. Im Sommer kann man den bizarren Felsen gut besteigen. Nach 250 Metern biegt m an nach links ab und durchquert ein von zahlreichen Rinnsalen und Bächen durchzogene Feuchtgebiet.

In großen Teppichen grünt hier das junge Scharbockskraut. Die herzförmigen Blätter enthalten viel Vitamin C. Die jungen Blätter lassen sich mit Feldsalat vermischt zu einem leckeren Salat verarbeiten. Wenn das zu den Hahnenfußgewächsen zählende Krau blüht, ist es für die Küche aber nicht mehr verwertbar.

Weiter geht es auf dem Haderweg. Man passiert einen Wasserbehälter und stößt auf den Kaiserin - Friedrich - Weg, benannt nach der aus England stammenden Frau des nur 99 Tage regierenden Kaisers Friedrich III., die sich als Witwensitz Schloß Friedrichshof  auserwählt hatte.

Jetzt geht es nur noch bergab, erfrischt durch ein Schluck aus „Bartmanns Brünnchen“. Im Sommer eröffnet sich von der Gasthaus  - Terrasse ein weiter Blick über die Rhein – Main - Ebene mit den in den Smog ragenden Frankfurter Wolkenkratzern. Hier oben ist die Luft gut.

 

Königstein:

Der  heilklimatische Kurort gehört zu den son­nenreichsten in Deutschland. Königstein mit seinen angrenzenden Taunuswäldern ist ei­nes der beliebtesten Naherholungsziele der Frankfurter, und das seit über 100 Jahren. Begonnen haben diese Ausflüge lite­rarisch, als der Mundartdichter Malß seinen baumwollenen und wollenen Warenhändler Hampelmann auf „Die Land­partie nach Königstein” schickte.

Der zweite berühmte Lokaldichter, Friedrich Stoltze, festigte den Ruhm des um die Mitte des vorigen Jahrhunderts entstehenden heilklimati­schen Kurortes, der Burg und des alten Städtchens in Huldi­gungs- und Dankgedichten, besonders aber mit seinem Glanzstück „Die Flucht von Königstein”.

Was die Dankschreiben Stoltzes betrifft, nehmen sie vor­nehmlich Bezug auf die Heilung von Schlafstörungen, die Dr. Georg Pingler, der Begründer des Bades, durch Verord­nen von Laufen in frischer Luft und Kaltwasseranwendungen beheben konnte. Selbst Holzsägen gehörte zur Therapie.

Wen zöge es bei herrlich klarem Winterwetter mit strah­lend blauem Himmel und Sonnenschein nicht auch hinaus in die Natur? Ski- und Schlittenfahrer kennen ihre Pisten, Bah­nen und Rodelhänge, Wanderer und Spaziergänger weichen diesem Getümmel gerne aus und bewegen sich lieber in Randzonen, was nicht Flachland heißen muß. Mit dem Tau­nus vor der Haustür sind die Bürger im Rhein  - Main - Gebiet ganz schnell in 500 Meter Höhe.

 

Der Ort wird 215 als Kunigestein erwähnt und erhielt 1313 Stadtrechte. Von 1418 – 1535 gehörte Königstein den Herren von Eppstein. Im  Jahre 1793 nahm der französische General Custine Königstein ein und sprengte 1796 die Festung.

Der gotische Torbogen des  alten Rathauses  war ursprünglich der Zugang zur Burg. Der Fachwerkaufbau von 1673 auf diesem Burgtor diente der Stadtverwaltung bis 1909 als Rathaus und, birgt heute in seinen Räumen das Heimatmuseum. Die meisten Ausstellungsstücke stehen im Zusammenhang mit der Burg, ihrer bewegten Geschichte. Kernstück ist das Modell der Burg vor ihrer Zerstörung

Die  katholische Pfarrkirche St. Marien ist aus dem 18. Jahrhundert  mit einem  Turm von 1689 und prachtvollem Rokoko - Hochaltar und Kanzel.

 

Die Gründung der Burg wird der Sage nach mit dem Frankenkönig Chlodwig in Zusammenhang gebracht: Er habe mit dem Kreuzzeichen eine in Felsen eingeschlossene Jungfrau be­freit, an diesem „Kunegistein” im Jahre 496 im Tal eine Kapelle errichtet und auf dem Berg darüber die Burg. Es wird auch erzählt, im 5. oder 6. Jahrhundert sei die heilige Jungfrau auf dem Burgberg erschienen. Deshalb sei an dieser Stelle die Burg und im Tal die Kapelle gebaut worden.

Urkundlich erwähnt wird sie erstmals 1225 und ist vermutlich eine Gründung der Staufer. Von 1239 bis 1255 ist sie Besitz der Reichsministerialen von Münzenberg, von 1255 bis 1418 im Besitz der Herren von Falkenstein. Von 1418 bis 1535 war die Burg eine Residenz der Herren von Eppstein. Die Söhne Philipps von Falkenstein mußten die Burg an Ulrich von Hanau und die Stadt Frankfurt verpfänden. Erst nach 1385 konnten die Falkensteiner die Burg wieder freikaufen. Werner von Falkenstein, Erzbischof von Trier, ließ die Burg 1409 bis 1410 ausbauen und außergewöhnlich stark befestigen. Diese Burg ist die mächtigste Burgruine im Taunus,  zum Schutz der Reichsstraße Frankfurt - Köln erbaut.

Es folgten 1535 bis 1581 die Grafen von Stolberg. Von 1581 bis 1803 stand sie unter der Herrschaft von Kurmainz und war Landesfestung und Gefängnis für die Anhänger der französischen Revolution. Ab 1792 war die Burg stark umkämpft, bis sie 1796 durch die Franzosen gesprengt wurde. Der tiefe, mit Pulver gefüllte Brunnen vollendete schließlich das vorher begonnene Zerstö­rungswerk. Ab 1803 war die Festung im Besitz des Herzogtums von Nassau und1922 wurde sie dann von Großherzogin Hilda von Baden der Stadt Königstein geschenkt

Erhalten sind in der mittelalterlichen Kernburg Gebäude um den Hof, darunter Palas und quadratischer, 34 Meter hoher Bergfried. Im 16. Jahrhundert und nach 1664 wurde sie zur stärksten Taunusfestung mit Bastionen und Kasematten ausgebaut.

Öffnungszeiten: Burgruine Königstein, April bis Sept. 9 - 19 Uhr, Okt. 9.30 - 16 Uhr, Nov. bis Febr. 9.30 - 15, Samstag und Sonntag 9.30 - 16 Uhr, März 9.30 - 16.30 Uhr.

 

Es gibt Spötter, die halten Königstein für den westlichsten Vorort Frankfurts. Das hört man in der Taunusgemeinde natürlich nicht so gerne. Doch spätestens seitdem Medizinalrat Dr. Georg Pingler er­folgreich die sogenannte Kaltwasserkur 1851 eingeführt hatte, ent­deckte Frankfurt sein Kleinod vor der Haustüre. Viele der bei Dr. Pingler Kurenden oder einfach nur das „Reizklima“ im Schutze des Altkönigs Genießenden blieben gleich ganz da. Schmucke Hotels und die zahlreichen Villen mit schloßähnlichem Charakter der Frankfurter Großbürger verwandelten das ehedem ärmliche Mittel­gebirgsnest zu einer der ersten Adressen im weiteren Umland. Eine Entwicklung – man weiß es wohl – an der sich ungeachtet eines überstürzten prominenten Abgangs so schnell nichts ändert.

Ob Tagesausflügler. Kur- oder Dauergäste. Frankfurter zieht es nach Königstein. Nicht alle werden ihren Carl Malß oder Friedrich Stoltze im Kopf haben. Die beiden Frankfurter Lokalpoeten dürften aber un­terschwellig einiges dazu beigetragen haben, das Städtchen im Schutze des Altkönigs populär zu machen. Schon der Titel der Lo­kalposse „Landpartie nach Königstein“ von Carl Malß aus dem Jah­re 1832 wurde im übertragenen Sinne Programm. Gerne nahm man die Kerb zum Anlaß, in drei bis vier Stunden hinaufzusteigen.

Was Frankfurter Honoratioren einmal taten, den Fußmarsch zu ver­meiden, hat Friedrich Stoltze in seiner köstlichen Novelle „Der Schiff­bruch des Raddampfers Freie Stadt Frankfurt“ beschrieben, die von jener Fahrt in einem auf Räder gesetzten, von Pferden gezogenen Boot berichtet, die alle physikalischen Gesetze aufzuheben schien. Stoltze nannte es „es große. seit der Sindflut net widder dagewe­sene Ereignis, daß e Schiff em e Beerg enuff gefahrn is. un aach noch gege de Strom“.

Friedrich Stoltze wurde so etwas wie der heimliche Ehrenbürger Königsteins. Die gegenseitige Dankbarkeit war auf beiden Seiten groß. Der Dichter vergaß Dr. Pingler nie, daß er ihn von seinen Schlafstörungen und Nervenleiden befreite und die Stadt ihrem pro­minenten Gast gegenüber nicht die überschwenglichsten der je auf Königstein gemünzten Verse: „Und neu zu deinem Ruhme/ Soll es gesungen sein./ Des Taunus schönste Blume, O du. mein Königstein!“‑

 

Wanderungen:

Von Königstein aus zum Naturfreundehaus am Fuß des 570 Meter hohen  Steinkopfes. Dort wartet auf den Ausflügler eine rustikale Einkehr mitten im Wald.

 

Der Weg ins Reichenbachtal (nordwestlich) zieht am Fuße des 527 Meter hohen Speckkopfes entlang, das Reichenbachtal aufwärts, das typisch für den Vordertau­nus ist. Im Gegensatz zu den oft kilometerweiten Wiesentä­lern des flacheren Hintertaunus sind hier an den Steilhängen die Wiesen nur klein, in ihnen gedeiht jedoch vom Frühling bis zum Herbst eine artenreiche Flora. Das Tal wurde als Naturschutzgebiet ausgewiesen.

 

 

Schloßborn (westlich von Königstein)

Der Ort hieß ursprünglich „Brunnon“, später „Burne“. Die erste Kirche ist 1043 erwähnt und gehörte dem Stefansstift in Mainz. Im Jahre 1369 wurde die Befestigung erneuert und mit neun Türmen versehen. Im Jahre 1442 gelangte der Ort durch Kauf an die Eppsteiner, die eine Burg anlegten, die ihnen später als Jagdschloß diente. Seit der Übernahme durch die Epp­steiner hieß der Ort „Schloßborn’“. Die Burg stand an der Stelle, an der sich heute die „Wirtschaft zur Burg“ befindet. An den noch vorhandenen Turm schließt sich westlich ein Stück alte Ringmauer an. Das verließ des Turmes ist fünf Meter hoch. Im Scheitel des Gewölbes befindet sich eine viereckige Öffnung, oberhalb des Verließes eine rundbogige Tür.

 

 

Schwalbach

Von der A 66 fährt man an der Abfahrt Eschborn ab. Vor Eschborn geht es erst über die Landesstraße und dann links Richtung Schwalbach und dann Richtung Kronberg. Außerhalb von Schwalbach gibt es zwei Sehenswürdigkeiten auf dem alten Friedhof in Richtung Sulzbach. Die Anfahrt dorthin ist allerdings schwierig:

1. Man fährt an Schwalbach vorbei bis hinter das Ortseingangsschild von Kronberg. Dann geht es links auf die  L 3015 in Richtung Bad Soden. Rechts liegt der Schafhof, dann kommt gleich die Abzweigung nach Mammolshain. Dort fährt man rechts ab und stellt das Auto links fast am Waldrand ab. Von dort geht ein Weg durch den Wald zurück und auf einer Brücke über die Landstraße und dann am Waldrand weiter. Rechts ist der ehemalige Waldfriedhof. Zunächst trifft man dort auf die Alle für El Lissitzky, am Ende des Friedhofs dann der Viergötterstein.

2. Man fährt schon am Ende von Schwalbach nach links auf die Limesspange und dann nach rechts in die Wohnstadt Limes und fast am Ende des Ostring steht rechts ein Wegweiser „Waldfriedhof“. Davor ist ein Parkplatz. Wenn man von dort auf den Friedhof zugeht kommt man an eine Wegweiser: Nach links „300 Meter El Lissitzky Allee“, nach rechts „400 Meter Viergötterstein“ (zu diesem muß man vor den Kleingartenanlagen links abbiegen).

 

Waldfriedhof:

Die 6,5 Hektar große Anlage wurde während des Baus der Wohnstadt Limes angelegt und 1967 fertiggestellt. Da er als Teil des grünen Gürtels um die Wohnstadt konzipiert war, ordnete man den Friedhof mit deutlichem Abstand zu den Wohnungen an. Die Pläne des Landschaftsarchitekten Erich Hanke aus dem benachbarten Sulzbach sahen vor, viele der alten Bäume zu erhalten. Die darunter angeordneten Grabfelder sollten den Charakter eines Waldfriedhofes vermitteln. Die drei Skulpturen im Eingangsbereich schuf der Frankfurter Bildhauer Hugo Uhl. Sie versinnbildlichen den Ablauf des Lebens als „Werden, Sein und Vollenden“. Man erkennt die Symbole „Embryo“ für das Werden, „Unruhe“ für das Sein und „Kreuz“ für die Vollendung im Tod.

 

El Lissitzky - Allee:

Man muß innehalten für die beiden Sätze: „Jede Form ist das erstarrte Momentbild eines Prozesses. Also ist das Werk Haltestelle des Lesens und nicht erstarrtes Ziel.“ EI Lissitzky hat die Worte 1924 wie ein Fanal in riesigen Bleisatzlettern auf ein Plakat gedruckt. Heute prangen sie auf riesigen Betonplatten entlang der Regionalparkroute zwischen Schwalbach und Sulzbach. Für Lissitzky, den russischen Maler, Grafiker und Architekten, der sich in den zwanziger Jahren mit avantgardistischen Architekturprojekten, Fotoarbeiten und Plakatentwürfen weltweite  Anerkennung verschaffte, drückten die Sätze den Kern  allen Kunstschaffens aus. Kunst als steter Prozeß, das einzelne Werk ein Momentbild daraus.

Der Darmstädter Kunstprofessor Gerhard Schweizer hat Lissitzkys Worte in eine Stelen­allee umgesetzt und dafür den Originalschriftzug von 1924 detailgetreu auf seinen Betonstelen nachgebildet. Beim Durchschreiten der Allee fügen sich die Worte an bestimmten Punkten zum zusammenhängend lesbaren Ganzen: Gehen, innehalten, lesen. Gehen, innehalten, weiter­lesen! Die Betrachter vollziehen im Vorübergehen am eigenen Leibe nach, was nach Lissitzkys Worten das Wesen eines jeden Werks ist: das Momentbild eines Prozesses, Haltestelle und nicht erstarrtes Ziel. Für diese optische Meisterleistung hat Schweizer die natürliche Perspektive aufgehoben ‑ mit einem Trick, der bereits bei Gartenkünstlern des Barock populär war: Er variierte Höhe und Breite seiner Bildtafeln, so daß sie beim Durchschreiten der Allee immer gleich groß und breit erscheinen.

 

Viergötterstein:

Auf dem Gebiet eines römischen Gutshofs kam 1839 der Viergötterstein einer Jupitersäule aus dem 2. Jahrhundert nCh zutage. Der Gutshof war bereits 1906 bei einer Untersuchung stark zerstört. Die Fundangaben berichten von Mörtel, Mauersteinen, Dachziegeln und Schieferstücken. Heute ist von diesem Gutshof nicht mehr zu erkennen, er lag etwas weiter südöstlich. Nur der Viergötterstein ist noch zu sehen und eine Schautafel unterrichtet über die römische Landwirtschaft.

Jupitersäulen - große Monumente - die dem höchsten römischen Gott Jupiter geweiht waren, aber auch andere römische Gottheiten ansprachen, bestanden aus verschiedenen Teilen.

Als Basis diente ein Viergötterstein. Dessen Bildprogramm war nicht festgelegt, aber besonders beliebte Götter wie Juno (Schützerin der Stadt), Minerva (Beschützerin der Handwerker und Gewerbetreibenden), Herkules (Beschützer des Verkehrs, des Gewinns und des Hauses) und Merkur (Gott des Handels und Verkehrs) wurden bevorzugt.

Darüber folgte in der Regel ein Zwischensockel meist mit Darstellungen der Wochengötter Luna (Montag), Mars (Dienstag), Merkur (Mittwoch), Jupiter (Donnerstag), Venus (Freitag), Saturn (Samstag) und Sol (Sonntag). Auf diesem Stein stand eine Säule mit Schuppenmuster und auf dieser als Bekrönung eine Jupiterdarstellung. Vorkommen konnte zum Beispiel ein siegreicher, reitender Jupiter über einem schlangenbeinigen Giganten, ein thronender Jupiter oder eine Figurengruppe - Jupiter sitzend neben der Göttin Juno.

Die gesamte Komposition war, wie alle anderen römischen Weihesteine, mit einem feinen hellen Putz überzogen und farbig bemalt. Die Säulen standen im Freien innerhalb von Städten und Siedlungen, in und bei römischen Gutshöfen oder in Heiligtümern.

Der Stifterkreis der Säulen erschließt sich aus den Weihe - Inschriften. Es waren Privatleute, Ratsherren oder öffentliche Institutionen wie Gemeinden. Der hier zu sehende Viergötterstein ist ein Abguß. Das Original befindet sich im Museum in Wiesbaden.

In Schwalbach sind folgende Götter dargestellt:

Merkur: Götterbote und Schutzgott der Kaufleute, mit Flügelkappe und Mantel, in der Rechten ein Geldbeutel, in der Linken den Botenstab mit Schlangensymbol.

Herkules, Sohn des Jupiter und der Athene, Sinnbild der Kraft und des Heldentums, mit Löwenfell und Keule.

Minerva: Schutzgöttin der Städte und des Handwerks, mit Helm und langem Gewand, darüber ein Panzer mit Gürtel und Medusenhaupt, in der Rechten eine Lanze, in der Linken ein Schutzschild

Juno: Gattin des Jupiter, römische Hauptgöttin und Beschützerin Roms, mit langem Gewand, mit Altärchen, Opferschale und Weihrauchkästchen.

 

Schräg gegenüber dem Viergötterstein ist ein Aussichtspunkt mit einem schönen Blick auf Kronberg. Dort steht auch eine Informationstafel über die Kronberger Malerkolonie. Ausblicke auf Kronberg, die Burg und die Naturschönheiten des Umlandes waren häufig Themen, die von Künstlern der Kronberger Malerkolonie in unterschiedlicher Manier dargestellt wurden. Die im 19. Jahrhundert entstandenen Kunstwerke sind noch heute beredtes Beispiel einer Zeit, in der Kronberg und seine Umgebung ein kulturelles Zentrum der Region war.

Die Kronberger Malerkolonie gehörte zu einer der frühesten und bedeutendsten in Deutschland. Sie wurde 1858 durch die Maler Anton Burger und Jakob Fürchtegott Dielmann ins Leben gerufen.

Malerkolonien waren eine kulturhistorische Besonderheit des 19. Jahrhunderts. Es war die Zeit rasanter und gravierender politischer, gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Veränderungen. Das Berufsbild der Künstler wandelte sich ebenfalls. Zusehends übernahm das finanziell und politisch erstarkte Bürgertum die Rolle des wichtigsten Auftraggebers.  Als Reaktion auf die Veränderungen des städtischen Umfeldes, auf der Suche nach Ursprünglichkeit und Natürlichkeit etablierten sich viele Malerkolonien vor den Toren großer Städte, in der Regel nicht weit entfernt von Akademien und Kunstschulen. Nach Kronberg zog es über-

wiegend Schüler des Städelschen Kunstinstituts in Frankfurt.

Die Ausbildung eines gemeinsamen Stils gab es in Kronberg nicht, Hauptthema aber war immer wieder die Landschafts- und Genremalerei. Die Bindung der einzelnen Künstler zu Kronberg weg sehr unterschiedlich. Einige ließen sich für den Rest ihres Lebens nieder, andere lebten nur für eine gewisse Zeit hier.

Über fast fünf Jahrzehnte hinweg war Anton Burger die zentrale Gestalt der Kolonie. Er unterhielt eine Malschule; seine Arbeiten waren immer wieder Vorbild und Anregung für Schüler und Kollegen. Auch Viktoria von Preußen („Kaiserin Friedrich“, Tochter der englischen Königin Victoria) war eine Malerin und lebte  bis zu ihrem Tod im Jahre 1901 auf Schloß Friedrichshof in Kronberg. In dieser Zeit schätzte sie den Austausch mit Künstlern der Malerkolonie sehr.

Ihre Anwesenheit sowie die idyllische Lage Kronbergs veranlaßten zahlreiche Frankfurter

Bürger dazu, sich hier an den schönsten Plätzen prachtvolle Landsitze zu errichten. Abgeschiedenheit und ländliche Idylle - ehedem Beweggründe für die Entstehung der Kronberger Malerkolonie - veränderten sich damit allerdings. Einen repräsentativen Querschnitt von Werken der Kronberger Künstler findet man im Museum Kronberger Malerkolonie in Kronberg.

Auf der Limesspange geht es dann weiter Richtung Bad Soden und rechts ab entweder in die Hauptstraße oder - wenn man die Abzweigung verpaßt hat - in die Königsteiner Straße. Auf jeden Fall kommt man zum Bahnhof, der auf der rechten Seite liegt.

 

 

Bad Soden

Bereits seit 1701 sprudeln in Soden am südlichen Taunusabhang heilkräftige Quellen - zehn sind mittlerweile staatlich anerkannt und seit 1922 darf sich der in Wälder gebettete Ort „Bad“ nennen. Gleich vier Kurparks wetteifern um die Gunst des Gastes.

 

Bahnhofsgebäude:

Das Bad Sodener Bahnhofsgebäude wurde 1847 erbaut. Seitdem wurde es mehrmals erweitert, wobei 1914 der Uhrturm und ein Anbau hinzugefügt wurden. Seitdem hat sich das Gebäude kaum verändert. Es befindet sich in der Stadtmitte, in der Nähe der Königsteiner Straße. Heute halten hier Züge zweier Linien: die S-Bahn-Linie S 3 (nach Darmstadt über Frankfurt) und die Regionalbahnlinie RB 13 (nach Frankfurt-Höchst über Sulzbach).

Gleich nach dem Bahnhof biegt man nach rechts in die Kronberger Straße ein und dann wieder nach rechts in die Salinenstraße, wo man parken kann. Hier ist man dann auch gleich am Neuen Kurpark

 

Neuer Kurpark:

Der Neue Kurpark wurde 1961 angelegt hat eine Fläche von 43.884 Quadratmetern. Jedoch sind hier keine Kur- und Quellanlagen aufzufinden. Er erstreckt sich entlang der Straße bis zur Katholischen Kirche, aber auch noch weiter nach Nordosten. Am Rande der Parkanlage befinden sich zahlreiche Gründerzeitvillen sowie die ehemaligen Kurhotels.

Zu finden ist hier die katholische Kirche St. Katharina und die Kindergartenstätte St. Katharina (Salinenstraße). Sie wurde 1957 erbaut und wurde persönlich vom Geheimrat Max Baginski gesponsert. Am 1. Januar 2012 haben sich die Pfarrgemeinden von Bad Soden, Neuenhain, Altenhain und Sulzbach zur „St. Marien und St. Katharina Pfarrei“ zusammengeschlossen. Mit 8.394 Katholiken bildet diese Pfarrei die größte des Main - Taunus - Kreises.

 

Alter Kurpark:

Man geht dann nach Norden zur Kronberger Straße, ein Stück nach links und dann hinter der Minigolfanlage rechts in den Kurpark. Rechts weist ein Wegweiser zum Bürgerbüro. Dieses ist im denkmalgeschützten Paulinenschlößchen untergebracht. Dieses entstand 1847 auf Wunsch von Pauline von Nassau, da sie Bad Soden zu ihrer Sommer­residenz wählte. Nach ihrem Tod, wurde das Paulinenschlösschen als Hotel genutzt und ab 1909 als Rathaus der Stadt Bad Soden. Zum Gesamtkomplex gehören auch die Krug’sche Villa und die Parkvilla.

Links weist ein Wegweiser zum Badehaus. Der Alte Kurpark wurde ab 1823 im Stil eines englischen Landschaftsparks angelegt. Hier befinden sich Gingkos und andere exotischen Bäume sowie mehrere Brunnen. Links ist der Schwefelbrunnen und noch ein Stück weiter ein kleines Gebäude mit dem Trausaal. Auf dem Weg weiter nach oben kommt man zum Neuen Sprudel. Der Wilhelmsbrunnen ist seit 2001 außer Betrieb. Rechts sieht man dann die Konzertmuschel, wo regelmäßig Konzerte und Veranstaltungen (wie z. B. Public Viewing oder Gottesdienste) angeboten werden.

Das Altwerk der Sodener Saline bestand seit 1605, erbaut von Hans Geiss aus Frankfurt. Vier Gradierbauten standen hintereinander von jenseits der heutigen Königsteiner Straße kommend auf dem Weg zum Badehaus, ein fünfter auf dem jetzigen Badehausgelände. Die Salzgewinnung ging bis 1832.

Das Badehaus ist ein ehemaliges Kurgebäude. Es befindet sich auf dem ehemaligen Gelände der Saline. Das Gebäude wurde 1870 / 1871 erbaut und immer weiter um- bzw. ausgebaut. Im Krieg wurde es beschädigt, danach wieder um- und ausgebaut. Seit 1997 befinden sich hier das Stadtmuseum, das Archiv sowie die Stadtbibliothek.

Der Kurpark wird im Norden abgeschlossen durch das Kur- und Kongreßzentrum, wo sich einmal das 1971 abgerissene Kurhaus befand. Darüber führt die Paul - Reiss - Straße entlang. Auf dieser geht man nach rechts und dann noch einmal nach rechts in die Parkstraße.
Etwa in der Mitte zwischen Kongreßzentrum und Badehaus geht es nach links ab zum Burgbergturm. Dieser steht aber mehr nach der Schillerstraße zu und ist auch von dort zu erreichen. Der zehn Meter hohe Aussichtsturm wurde im Jahr 1900 vom Taunusclub errichtet.

Am unteren Ende der Parkstraße befindet sich links das Medico - Palais, einst das größte Inhalatorium Europas. Das Gebäude wurde 1912 auf Initiative der damaligen Ärzte in der Parkstraße gebaut. Heute befinden sich hier immer noch ein Inhalatorium sowie mehrere Arztpraxen.

Man fährt dann wieder zur Kronberger Straße, dann rechts in die Königsteiner Straße und die nächste Straße nach links in die Quellenparkstraße. Man fährt hinein bis zum Hundertwasserhaus, unter dem man parken kann.

 

Evangelische Kirche:

Die Evangelische Kirche befindet sich direkt nördlich des Quellenparks. Auf dem Platz der heutigen Kirche entstand 1482 / 1483 ein erster kirchlicher Bau in Form einer Kapelle auf dem Boden der Grafen von Solms - Rödelheim. Die Sakristei ist der älteste Teil des aktuellen Kirchenbaus und stammt aus dem Jahre 1510. Das restliche Kirchengebäude ohne Glockenturm wurde 1715 erbaut. Der Glockenturm wurde 1878 angebaut. In den Jahren 1995 / 1996 wurde die Kirche aufwendig saniert.  Ende 2011 und Anfang 2012 wurde der Dachstuhl umfangreich saniert Der Friedhof wurde 1840 verlegt.

Auf den Grundmauern der Kapelle von 1482 wurde vor 300 Jahren Bad Sodens evangelische Kirche gebaut. Seither kämpft die Gemeinde gegen den Verfall an. Das älteste Gebäude der Stadt Bad Soden ist über Jahrhunderte hinweg der Mittelpunkt des städtischen Zusammenlebens gewesen: die evangelische Kirche am Quellenpark. Vor 300 Jahren wurde das neue Kirchenschiff fertiggestellt, was 2016 mit einer 200 Seiten starken Jubiläumschronik und einem Festwochenende vom 3. bis 5. September gefeiert wird.

Dabei ist das Gotteshaus, dessen Baufälligkeit immer wieder beklagt wurde, in Wirklichkeit sogar viel älter: Schon 1482 gestattete der Mainzer Erzbischof Diether von Isenburg den Bau einer Kapelle, die nach den Recherchen von Stadtarchivarin Christiane Schalles 1510 um eine gotische Sakristei ergänzt wurde, die bis heute erhalten ist.

Bis zum heutigen Tag seien die Grundmauern des Kapellen - Chorraums teilweise erhalten, sagt Schalles. Dabei war die Kirche in den Wirren des Marktgrafenkrieges 1552 niedergebrannt und nach ihrem Wiederaufbau im Dreißigjährigen Krieg 1622 abermals stark beschädigt und nur notdürftig instand gesetzt worden. Anschaulich beschreibt der Frankfurter Rat, warum in nur einem Jahr Bauzeit 1715 ein neues Kirchenschiff errichtet wurde: „Die evangelisch - lutherische Kirche zu Soden ist ganz verfallen und baufällig. Außerdem ist es so eng, daß der Gottesdienst darinnen nicht wohl zu verrichten ist, und sich viele vor der Kirche bei Wind und Wetter gar übel behelfen müssen. Es ist unumgänglich nötig, selbige völlig zu reparieren und zu erweitern“.

Einen eigenen Pfarrer bekamen Bad Sodens Gläubige damit noch lange nicht. Der altersschwache Pfarrer Johannes Schott aus Sulzbach übernahm - wenn es seine Gesundheit zuließ - im Nachbarort mehr schlecht als recht die Gottesdienste. Erst 1728 wurde als Adjunkt dessen Schwiegersohn Pfarrer Decke eingeführt. Der Filialverband mit Sulzbach wird jedoch erst mehr als 100 Jahre später, nämlich im Jahre 1842 aufgelöst.

Da war die Kirche schon wieder baufällig geworden, der Jubel der Gemeindemitglieder fiel deshalb mager aus. Ein zeitgenössischer Chronist beschreibt die Mißstände folgendermaßen: „Aus den Begräbnisstätten, welche sich unter den Frauenstühlen auf der Seite der Kanzel fanden, wie  früheren Zeiten durch sonntägliches Räuchern begegnete.“

Größere Umbauarbeiten mit einem neuen Turm begannen 1874, es entstanden zusätzliche Plätze auf der Empore, Außenmauern am Kirchenschiff und am Altarraum wurden erhöht und die Vorderfront zur Straße neu gestaltet. Doch die Kirche steht noch immer auf wasserreichem Untergrund, was ihrer Bausubstanz stets schadete. Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts trat so starker Schwammbefall auf, das fast jedes Jahr das Kirchengestühl ausgetauscht werden mußte, da die mit dem Boden in Berührung stehenden Holzteile faulten. Lungenkranken Kurgästen rieten die Ärzte deshalb dringend vom Gottesdienstbesuch ab. Wieder mußten die Handwerker gerufen werden.

Das Aussehen der evangelischen Kirche hat sich in den mehr als 500 Jahren ihres Bestehens mehrfach geändert. Der einst ein Bausteinmauerwerk imitierende Putz wurde 1952 durch das heutige weiße Fassadenwerk ersetzt.

Seit seinem Bestehen wurde das Gotteshaus dreimal erweitert. Bei der letzten Generalsanierung 1995 / 1996 legten die Restauratoren im Innenraum unter einer Vielzahl von Farbschichten sogar die einst um 1720 aufgetragene Emporen - Bemalung frei und restaurierten sie. Zu sehen sind nun Bildtafeln mit Jesus Christus, den zwölf Aposteln, Paulus, sieben Propheten und der ersten Hohepriester des Alten Testaments.

 

Haus Reiss (Zum Quellenpark 8, gleich neben der Kirche):

 Das Haus Reiss ist eine Villa aus dem 19. Jahrhundert. Der Bau des Gebäudes begann 1839 im Auftrag vom Frankfurter Kaufmann Enoch Reiss. Kurze Zeit lebte auch Pauline von Nassau in dem Haus. Im Jahre 1941 wurde das Gebäude bei einem Luftangriff schwer zerstört, konnte aber nach kurzer Zeit wieder aufgebaut werden.

An Alt - Soden erinnert am Parkeingang auch Haus „Saxonia” mit dem Hinweis auf Richard Wagner. Daß er nach seiner Flucht als politisch Verfolgter hier am 12. / 13.August 1860 nach elfjähriger Verbannung nächtigte, soll aber nicht stimmen. Es soll das linke Nebenhaus gewesen sein, denn in Saxonia, wo seine erste Frau Minna sich zur Kur aufhielt, sei kein Platz gewesen. Eine entsprechende Tafel ist auch am Nebenhaus angebracht.

 

Hundertwasserhaus:

Ausgangspunkt war das das erste Bad Sodener Kurhaus, das Haus „Bockenheimer“, aus dem Jahre 1722. Es wurde 1813 in „Frankfurter Hof“ umbenannt, heute ist es ein Privathaus. Es steht mit seiner Front zum Quellenpark hin und hat heute die charakteristischen blauen Hundertwassersäulen. Es ist ein denkmalgeschütztes im Ensemble mit dem Neubau von 1990 bis 1993.

Das Hundertwasserhaus wurde von dem im Februar 2000 gestorbenen Friedensreich Hundertwasser entworfen. Der Wiener Künstler ist weltweit durch farbenfrohe Malerei bekannt. Seit 1983 gestaltete er auch Häuser architektonisch, die bekanntesten sind das „Hundertwasser-Wohnhaus“ und das „Kunst - Haus - Wien“ in Wien.

Das Wohnhaus, dessen Grundstein im November 1990 gelegt wurde, hat 17 völlig unterschiedliche Wohnungen von 120 bis 230 Quadratmeter. Das Haus besitzt einen neunstöckigen, 30 Meter hohen Turm. Die Räume sind großzügig gefaßt, gehen oftmals ineinander über und sind mit Parkettböden ausgestattet, die teilweise von Fliesen unterbrochen werden. Zusätzlich stehen noch 650 Quadratmeter Nutzfläche für Gewerberäume zur Verfügung.

Bauherr war der Diplomingenieur Wolfgang Wachendorf, Weggefährte des Architekturphilosophen Friedensreich Hundertwasser. Die Stadt stritt elf Jahre vergeblich mit dem Bauherrn um Bauänderungen und verklagte ihn auf 372.000 D-Mark Schadenersatz. Der Bauherr reichte eine Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht ein. Er bemerkt auf einer Tafel am Haus: „Bis heute blieb das Handeln der Stadt unentschuldigt!“.

 

Quellenpark:

Am Eingang des Quellenparks steht gleich die Solequelle. Im gründerzeitlichen Brunnentempel grüßt die Sodenia, Symbol für die Sodener Kur, deren Ankurbelung im vorigen Jahrhundert dem „Sanitätsrath” Thilenius und „Commerzienrath” Reiss zu verdanken ist.

Der Quellenpark wurde 1872 angelegt, nachdem die Stadt die notwendigen Grundstücke erworben hatte. Das Kernstück des Parks bildet der Solbrunnen, welcher früher zur Salzgewinnung genutzt wurde. Heute ist er als Kur- und Trinkbrunnen in Benutzung. Die Statue Sodenia ist heute ein Wahrzeichen der Stadt Bad Soden. Für den Quellenpark ist ein Becher vonnöten. Allein sechs von den 30 Sodener Mineralquellen sprudeln hier. Jede von anderem Geschmack und anderer Temperatur – mineralisch - salzig, säuerlich, still oder pitzelig.

Ein Stück weiter steht ein Säulendenkmal auch für „Sanitätsrath” Koehler, der für die Erbauung der ersten Trinkhalle sorgte. Man geht nach rechts vor der Balettschule her und weiter nach rechts an der Tanzschule und dem gläsernen Kurcafe vorbei und nach rechts in den Wilhelmspark.

 

Wilhelmspark:

Der Wilhelmspark wurde 1911 im Auftrag der Gemeinde von den Gartenarchitekten Gebrüder Siesmayer geschaffen. Bis 1924 hieß er „Kaiser- Wilhelms - Park“. Seit 1987 / 1988 heißt er wieder „Wilhelmspark“. Links steht ein Dreimärker. Dann kommt man zum Winklerbrunnen. Die Mineralquelle wurde 1808 bei Gründungsarbeiten für die Pension Swiss entdeckt und gefaßt. Sie gehört zur Gruppe der erdigen Kochsalzsäuerlinge und hat eine konstante Temperatur von 21 Grad. Ein Stück dahinter ist in einer Grotte der Glockenbrunnen, zu dem Treppchen hinab führen. Außerdem gibt es im Wilhelmspark noch den Champagnerbrunnen.

Ein Rest von Alt-Soden ist auch das Heimatmuseum (offen mittwochs, samstags, sonntags, 15 bis 18 Uhr), ein hübsches, bäuerliches Fachwerkanwesen in der Straße „Zum Quellenpark 42“ am Rand des Wilhelmsparks.

Durch den Park kommt man auf die andere Seite des Hundertwasserhauses. Im Parkhaus unter dem Hundertwasserhaus gibt es eine Einbahnstraßenregelung. Wenn man aber ganz vorne parkt, kann man auch direkt durch den einzigen Zugang hinausfahren. Man fährt nach rechts weiter in der Einbahnstraße „Zum Quellenpark“ bis zur Niederhofheimer Straße. Dort rechts weiter  durch zwei Verkehrskreisel immer in Richtung Kronberg. Dabei fährt man rechts am Wasserturm vorbei.

 

Wasserturm:

Der Bad Sodener Wasserturm ist heute ein denkmalgeschütztes Gebäude am Ortsausgang an der Niederhofheimer Straße. Der Turm wurde 1911 für die Sinai - Gärtnerei erbaut. Im Jahr 2000 wurde er von Grund auf saniert und wird heute als Aussichtsturm und als Ausstellungsraum für naturkundliche Themen verwendet.

 

Auf der B 8 fährt man dann weiter. Ehe diese auf die B 519 trifft muß man aber schon  rechts abbiegen Richtung Kronberg, aber dann nicht rechts weiter fahren, sondern über die B 8 hinweg in Richtung Rote Mühle (siehe Kelkheim). Wenn man die Abzweigung verpaßt hat, muß man nach links im Kreis herumfahren, die B 8 überqueren und gleich dann nach links abbiegen in den Mühlenweg zur Roten Mühle.

 

 

 

 

Kelkheim 

Rote Mühle (zwischen Schneidhain und  Kelkheim (Zufahrt von der B 8 gleich nordöstlich von Kelkheim - Hornau nach links in den Mühlenweg):

Die Rote Mühle wurde nicht - wie oft angenommen - an der Stelle errichtet, an der in alter Zeit der zum Kloster Retters gehörende Beidenauer Hof stand. Nach einer alten Urkunde hatte im Jahr 1146 Graf Gerhard von Nürings anläßlich der Gründung des Prämonstratenser-Klosters Retters seinen gesamten Besitz an Ländereien, Mühlen und Gebäuden in diesem Gebiet dem Kloster geschenkt. Die Ländereien erstreckten sich über die Wiesen- und Weideflächen zwischen Fischbach und Ruppertshain und das Braubachtal zwischen Hornau und Schneidhain.

Der Name Beidenau („Bidinowa“) wird zum ersten Mal in einem Schutzbrief im Jahr 1191 erwähnt, als Erzbischof Konrad von Mainz die Ordensleute des Klosters Retters und ihre Besitzungen unter seinen Schutz nimmt. Ein Dorf Beidenau soll es der Überlieferung nach nie gegeben haben, allerdings ist in einem Schriftstück von 1661 von einem Dorf bzw. einem Hof in Beidenau die Rede.

Der vormalige Klosterhof Beidenau lag in der Altenheimer Gemarkung nördlich von Hornau und etwas östlich der heutigen Roten Mühle in der Nähe der Rosenhek. Von der Wüstung ausgehend kann man heute noch den Viehtrieb von dem ehemaligen Schafhof zu den Wiesen im Beidenauer Grund und über den Roten Berg zu den Wiesen am Braubach erkennen.

Durch ein Dekret des Kurfürsten Friedrich V. von der Pfalz kam am 28. Oktober 1618 ein Vertrag zustande, der den aus Kassel stammenden Frankfurter Handelsleuten Kaspar und Hans Geiß den Bau einer Getreidemühle mit zwei Gängen im Beidenauer Grund genehmigte.

Den Abschluß dieses Vertrages kann man als die Geburtsstunde der Roten Mühle ansehen, die eine von zahlreichen Mühlen im Liederbachtal zwischen Königstein und Höchst war. Die Gebrüder Kaspar und Hans Geiß waren somit die Erbauer und die ersten Eigner der Roten Mühle, die nach ihrer Lage am Roten Berg benannt war.

Als im Jahr 1622, bei der Schlacht von Höchst, Truppen aus allen möglichen Ländern plündernd und marodierend durch die Taunusdörfer zogen, wurde die Rote Mühle auch nicht verschont, sie wurde geplündert und in Brand gesetzt. Danach blieb das Mühlengelände viele Jahrzehnte lang zerstört und wüst.

Im März 1685 verkaufte die Witwe des Mainzer Hofrat Johann Raymund Jäger „den Mühlplatz“ mit vier Morgen Wiesen und Äckern an einen Hornauer Bürger namens Philipp Sulzbach. Er baute eine neue Mühle, wie sie vor dem Dreißigjährigen Krieg auf dem Grundstück stand. Philipp Sulzbach starb bereits im Jahr 1691 und seine Witwe übergab die Mühle ihrem Schwiegersohn Georg Raab, der bis 1699 der Besitzer war. Sein Nachfolger war Hans Peter Schneider aus der Gegend von Epstein, ihm folgten sein Sohn und sein Enkel nach. Die Familie Schneider hielt sich bis 1785 insgesamt 86 Jahre lang auf der Roten Mühle auf.

Ungewollt war die Mühle auch eine so genannte „Kochemer Penne“, also eine Herberge für durchziehende Räuber und Diebe. Johannes Bückler - bekannt als „Schinderhannes“ - sagte im Jahr 1803 in einem aufsehenerregenden Prozeß aus, daß er sich zwei- oder dreimal ohne Einverständnis des Müllers David Willman, in der Mühle im Beidenauer Hof aufgehalten hatte.

Bis zum Ende des Ersten Weltkrieges wechselten sich noch mehrmals die Besitzer der Roten Mühle, bis ein Frankfurter Industrieller namens Küchler die Mühle kaufte und sie gründlich renovieren und verschönern lies. So wurden an der Südwestecke der Mühle in das Fachwerk geschnitzte Eckständer eingefügt, die von dem ehemaligen evangelischen Pfarrhaus in Neuen­hain stammen. Der Mühlenbetrieb wurde allerdings nicht wieder aufgenommen. In dieser Zeit ist vermutlich die Gaststätte in der Größe entstanden, wie man sie heute kennt.

Nach Küchlers Tod wechselte die Rote Mühle wiederum den Besitzer. Die Unternehmerfamilie Jösch aus Hornau kauften 1926 das Mühlenanwesen, verpachteten es aber für längere Zeit an eine Familie Gottschalk aus Altenhain.

Seit den zwanziger Jahren beherbergte der Mühlenhof eine vielbesuchte Gaststätte. Dann kam der Zweite Weltkrieg. Teile der Hofgebäude und vor allem die Scheune wurden durch Bomben und Tiefflieger beschädigt. Es wird vermutet, daß die Wehrmacht in der Mühle einen Stützpunkt und ein Depot eingerichtet hatte. Nach dem Krieg waren in der Mühle Ausgebombte, Vertriebene und Flüchtlinge untergebracht, bevor Johann und Barbara Jösch im Jahr 1948 die Gaststätte wieder eröffnen konnten.

Die Wasserkraft des Liederbaches treibt schon lange kein Mühlrad mehr an. Das Anwesen hat sich wegen seines einzig­artig gelegenen Biergartens zu einem at­traktiven Landgasthof entwickelt. Er ist täglich von 12 bis 24 Uhr geöffnet. Im Hochsommer bieten die Blätter mächtiger Linden und Ahornbäume sowie eindrucks­voll drehwüchsiger Speierlinge einen  Schutz vor der Sonne. Das offene Tal gewährt einen Blick auf die Ruine der Burg Königstein. Die Gäste aus der Umgebung kamen und kommen immer noch gerne in die Rote Mühle, nicht zuletzt wegen der einfachen, gemütlichen und freundlichen Atmosphäre, die dort herrschte und herrscht.

 

Süntelbuchen  (im Nordwesten des Stadtteils Hornau):

Nördlich von Kelkheim liegt eine große Sportanlage. Die Zufahrt erfolgt von der B 519 östlich von Kelkheim  -  Hornau nach links über Gagernring und Lessingstraße und dann rechts nach Norden über den Taunusclubweg.

Westlich davon stehen etwa zwei Dutzend der drei bis acht Meter hohen „Süntelbuchen“. Sie hießen so, weil sie im Süntel in der Grafschaft Schaumburg in größerer Zahl wachsen und dort auch er­forscht wurden. Diese Buchen haben ei­nen kurzen Stamm, ihre Äste wachsen schlangenförmig, unter­brechen ihre Wuchsrichtung jäh im rechten Winkel, bil­den Schlingen und lassen ihre äußeren Zweige zu einer Trauerkrone nach unten hängen. Voll belaubt, bilden sie zum Ver­gnügen der Kinder wundersame Baum­häuser.

Weiter nördlich ist eine Wochenendhaussiedlung. Kurz vor ihr sieht man mitten im Wald Abraumhügel und eingefallene Stollenzugänge. Bis Mitte des 19. Jahrhunderts wurde hier Eisenerz gewonnen. Es soll 22 Gruben hier gegeben haben, deren Erz in der Taunushütte zu Höchst und in der Rheinhütte Biebrich ausgeschmolzen wurde. Wer geduldig sucht, entdeckt in dem Unterholz hinter dem letzten Wochenendgrundstück noch Erz ‑ Aufschüttungen. Vor 150 Jahren hatte es sich vielleicht nicht mehr gelohnt, dieses Erz zu verladen.

Man fährt dann wieder zurück bis zum Gagernring und nun  rechts ein ganzes Stück nach Süden, dann rechts in die Pestalozzistraße, dann in der Bahnstraße nach rechts über die Schienen, doch dann gleich wieder links auf den Berliner Ring, von dem nach rechts der Gim­bacher Weg abzweigt.

 

Hof Gimbach und Gundelhard:

Ausgangspunkt der Besiedlung war die Taufkirche St. Johannes zu Gimbach. Sie wird 1287 erstmals erwähnt und war Johannes dem Täufer geweiht. Das Taufwasser holte man aus dem nahegelegenen „Johannesborn“. Im Jahre 1890 wurde auf seinem Gelände der sogenannte „Roteldis-Stein” gefunden, ein Grabstein aus der Zeit um 730, der be­weist, daß hier schon damals eine Siedlung mit Kirche bestand. Die Kapelle stand vor dem heutigen Hof auf der rechten Seite und wurde 1830 abgebrochen.  Noch ein Stück weiter davor steht  das Wohnhaus des Kaplans, das  nach 1540 verfallen ist. Links des heutigen Weges war die Eremitage mit Wohnhaus und Langhaus (1709 - 1821). Die Grundrisse der Kapelle und der Kaplanei wurden durch Platten aus Taunusquarzit sichtbar gemacht.

Der Eppsteiner Amtmann Jakob Lipp ließ 1708 /  1709 an der Stelle der alten Johanneskapelle eine neue Wallfahrtskirche erbauen. Papst Clemens XI. bewilligte den Pilgern nach Gimbach für den Sonntag nach Pfingsten einen vollkommenen Ablaß. Die Eremitage auf der anderen Seite des Weges diente schon 1716 zur besonderen Betreuung der Wallfahrer und der Versammlung der Eremiten der Erzdiözese Mainz. Der letzte Eremitenbruder verließ Gimbach im Jahre 1811. Die große Zahl der Pilger machte 1755 den Anbau eines Kommunikantenhauses notwendig.

Die Wallfahrten im Taunus dienten meist der Marienverehrung. Als ältestes Pilgerziel im Bistum Limburg gilt die Dreifaltigkeitswallfahrt zur Johanneskapelle in Gimbach. Die Legende erzählt, daß der Gimbacher Schäfer einen Baumstamm mit dem Bild der Dreifaltigkeit in einem Sturzbach treiben sah, diesen an Land zog und den Heiligenstock in der Gimbacher Kapelle aufstellte.

Die Verehrung des Dreifaltigkeitsbildes wurde 1335 in Rom genehmigt. Nach dem Bau einer neuen Kapelle im Jahre 1709 besichtigten alljährlich tausende Gläubige das 1717 neu gestiftete Gnadenbild. Im Jahre 1828 verbot die Nassauische Landesregierung alle Wallfahrten. Am 11. Juni 1830 erfolgte die Profanierung der Kapelle. Das Wallfahrtsbild wurde in die Pfarrkirche in Fischbach übertragen, wo es heute mit dem Roteldis  - Grabstein in einer Seitenkapelle steht. Heute wird die Tradition überwiegend von Wallfahrern aus Kostheim gepflegt, die in einer Prozession über den Hofheimer Kapellenberg und den Gundelhard über den Gimbacher Hof zur Dreifaltigkeitskirche in Fischbach pilgern.

 

Der herrschaftliche Hof Gimbach wurde erstmals 1534 als Besitz der Herren von Eppstein -Königstein erwähnt. Der Vierseithof war ab 1731 die Gaststätte für die Wallfahrer. Das Hofhaus mit der Toreinfahrt wurde kurz nach 1764 erbaut, die Wirtschaftsgebäude kamen zu Beginn des 19. Jahrhunderts hinzu. Vor dem Hof steht eine Friedenslinde aus dem Dreißigjährigen Krieg.

Der seit 1731 das Schankrecht besitzende Hof kann auf eine über 1000jährige Geschichte zurückblicken. Seit 1910 pflegt die Familie Puffer diese Tradition weiter. Die Gaststätte führt heimische Gerichte und eigenen Apfelwein (300 hofeigene Bäume). Man hält Hochlandrinder und Pensionspferde. Ponyreiten gibt es an den Wochenenden, bei Kindergeburtstagen, bei geführten Ausritten durch den Wald oder beim wöchentlichen Treffen der Ponybande (Mirjam Lachnicht, Telefon 0178/602071. E-Mail: info@hoppedihopp.de. Internet: www.hoppedihopp. de). Vom Hof hat man nach Osten eine gute Fernsicht. Hier beginnt auch der  Schinderhannes­steig der über Gundelhard, Walterstein, Martinswand und Eppstein nach Vockenhausen und weiter führt.

 

Vom Gimbacher Hof fährt man am besten erst wieder zurück in Richtung Stadt und biegt dann scharf rechts ab in die Gundelhardstraße. Am Waldrand weist ein Sperrschild darauf hin, daß man nur zwischen 11.30 und 14.30 Uhr mit dem Auto weiter fahren darf (wegen der Gaststätte). Links beginnt gleich ein Waldlehrpfad. Dann kommt das Forsthaus und nach einem Linksknick kommt man zu der Ausflugsgaststätte. Die „prächtige Rundumsicht“ kann man allerdings höchstens feststellen, wenn man hinter dem Gasthaus ein Stück den Waldrand entlang geht.

 

Vom Gundelhard muß man wieder zurückfahren in die Stadt und bis zur B 519. Auf dieser geht es nach rechts weiter nach Hofheim. Dort kann man entweder mit der abbiegenden Hauptstraße links um die Altstadt herumfahren in Richtung Bahnhof. Oder man fährt geradeaus in die „Niederhofheimer Straße“. Auf dieser wird man aber rechts an der Altstadt vorbei ganz weit um den Stadtkern geführt bis in den Kapellenstraße, ehe man wieder einmal nach links abbiegen kann. Die Altstadt ist nämlich eine Fußgängerzone. Dennoch könnte man diesen Weg in Richtung Kapellenstraße nehmen, wenn man noch auf den Kapellenberg hinauf will.

 

Schneidhain:

Auf den ersten Blick ist die Besonderheit am Kruzifix in der katholischen St. Johannes ‑ Kirche kaum zu er­kennen: Die Christusfigur hoch oben auf dem spanischen Feldaltar von 1718 hat Kugelgelenke in Achseln und Ellbogen. Das Kreuz ist sicherlich das Wertvollste in dieser Kirche. Das Alter der Figur schät­zen Fachleute auf rund 500 Jahre. Es handelt sich um das ein­zige Exemplar dieser Art in Hessen. Im süddeutschen Raum soll es noch einen klappbaren Christus geben ‑ und dann noch welche in Italien und Spanien.

Wie der klappbare Christus nach Schneidhain kam, gibt es nur Mutmaßun­gen. Vermutlich kommt die Figur aus Italien, denn dort stellten Künstler im Mittel­alter bewegliche Figuren her. Damals wur­de die Geschichte Christi gern in Bildern erzählt: Am Karfreitag nahm der Priester die Christusfigur vom Kreuz ab und legte sie in ein heiliges Grab. Dazu mußten die Arme an den Körper gelegt werden.

Am Ostersonntag, dem Tag der Auferstehung, war das Grab dann leer. Später wurde die Figur wieder am Kreuz befestigt. Das half den Gläubigen, die Geschichte zu ver­stehen, denn die meisten konnten die Bi­bel nicht lesen.

Um die Arme beweglich zu machen wur­den sie ausgehöhlt und Lederbänder einge­zogen. Der Künstler, der das Schneidhai­ner Kreuz schnitzte, höhlte die gesamte Fi­gur aus: Das war ebenfalls in Italien eine gängige Technik, damit das Holz bei größeren Witterungsschwankungen nicht reißt.

Das Kruzifix wurde in den achtziger Jahren vom Königsteiner Restaurator Kurt Knüttel überarbeitet. Er tränkte die innen liegen­den Lederbänder mit einem speziellen Lederpflegemittel, das das Offenbacher Ledermuseum ent­wickelt hatte. Es soll dafür sorgen, daß die Bänder sich nicht verhär­ten. Knüttel entdeckte bei seiner Arbeit, daß es unter der jetzigen, vermutlich barocken Farbschicht eine andere, weitaus älte­re mit einem dunkleren Körperton gibt.

Der Königsteiner Heimathistoriker und Autor Wolfgang Erdmann hat sich einge­hend mit der Geschichte des Kreuzes be­schäftigt, Er vermutet, daß es sich um je­nes Exemplar handelt, das um 1500 in der Königsteiner Burgkapelle stand und wahr­scheinlich vom Grafen Eberhard IV. ge­kauft wurde. Manche Figuren konnten sogar „bluten“: Im ausgehöhlten Rücken war ein Gefäß angebracht, das mit der Seitenwunde verbunden war.

 

 

Rettershof

Der Rettershof geht aus einem 1146 gegründeten Prämonstratenserkloster hervor und hat eine wechselvolle Geschichte hinter sich. Heute gehört er der Stadt Kelkheim und beherbergt auch ein Restaurant und einen modernen Reiterhof; ein Teil der Fläche wird aber auch noch landwirtschaftlich genutzt. Der Friedhof des Retterhofs gehörte der Familie von Richter-Rettershof, liegt im Wald und ist mit Findlingen gestaltet. Von 1944 bis 1990 fanden vier Beerdigungen der Familie statt, danach wurde der Friedhof nicht mehr genutzt.

 

Rettershof:

Wenn Steine sprechen könnten würden sie die lange Geschichte des Rettershofs in Kelkheim nahe der Bundesstraße 455 zwischen dem Kelkheimer Stadtteil Fischbach und dem König­steiner Stadtteil Schneidhain erzählen. Begonnen hat alles mit einem Prämonstratenser­kloster, das im Jahr 1145 (oder 1146) erstmals urkundlich erwähnt wird.

Die Parolen der Kreuzfahrer drangen seinerzeit auch zu Gerhard von Nürings, dem letzten Gaugrafen des Niddagaues. Der wäre freilich besser auf seiner Fal­kensteiner Burg geblieben, als sich einer abenteuerlichen Reise nach Jerusalem anzuschließen. Die meisten seiner Mit­streiter fielen, er selbst geriet bei Edessa in Gefangenschaft und konnte erst nach fast zwei Jahren mit viel Glück fliehen. Im Herbst 1146 hatte ihn dann die Hei­mat wieder, wo er auch umgehend sein Gelüb­de einlöste und zum Dank für seine Erret­tung das Kloster Retters stiftete. Der Name allerdings soll von „Rodung“ stammen.

Zunächst wurde Ret­ters einer Gemeinschaft von Augustinern übergeben. Mit dem Zuzug von Prämon­stratenser‑Nonnen nach etwa 20 Jahren wurde es vorübergehend als Doppelklo­ster geführt, aber nach 1222 lebten aus­schließlich Ordensfrauen dort. Seine Blütezeit erlebte das Kloster zwischen 1190 und 1360.

Hier schlüpften die unverheirateten Töchter des niederen Adels unter, so waren sie versorgt und konnten sich der Seelsorge, der Krankenpflege und der Armenfürsorge widmen. Dem Kloster bekam dies bestens. Die frommen Damen - zumeist Adelige aus gu­ten Familien der Region - führten es zu einem Aufschwung, der sich nicht zuletzt auch an dem enormen Wachstum der Be­sitzungen ablesen ließ.

In die Blütezeit des Klosters fällt auch die Geschichte der Christina von Retters, die als zehnjähri­ges Mädchen nach Retters kam und dort um 1292 im Alter von 22 Jahren starb. Ih­re ekstatischen Visionen machten sie so populär, daß sie noch über Jahrhunderte nach ihrem Tod als Selige verehrt wurde.

Der lange, aber stetige Niedergang des Klosters, an dessen Ende die völlige Verarmung der Gemeinschaft stand, begann mit einer Brandkatastrophe im Jahre 1374. Ein trauriges Häuflein von drei Nonnen bildete 1569 nur noch den Kon­vent.   Und der Widerstand war nur gering, als das Mainzer Erzstift 1581 das Kloster in ein weltliches Hofgut überführte. Im 16. Jahr­hundert lebten aber nur noch drei Nonnen dort, und das Kloster wurde vom lutherischen Landesherren Graf Ludwig von Stolberg ‑ Königstein aufgelöst und in ein gewöhnliches Hofgut umgewandelt.

Im Dreißigjährigen Krieg brannten die Klostergebäude ab und auch die kleine Klosterkirche, die an der Stelle des heuti­gen Reitplatzes gestanden haben soll, ver­wandelte sich in ein trauriges Häufchen Asche. Das Hofgut wurde Domänengut im Besitz häufig wechselnder Pächter.

Der reiche Englän­der Frederick Rodewald ließ im 19. Jahrhundert das Schloß­hotel im Tudorstil für seine Tochter Alice und den adligen Schwiegersohn bauen. Die repräsentative Architektur zeugt vom guten Geschmack des Bauherren und von dessen wohlgeordneten Vermögensverhältnissen. Schon beim Bau des Schlosses 1884 betrugen die Kosten annähernd 200.000 Mark. Im Jahre 1973 zog die Hare ‑ Krishna ‑   Sekte im Rettershof ein.

 

Im Jahr 1980 kaufte die Stadt Kelkheim das Anwesen mit allen Gebäuden, Inventar, Vieh, Wald, Ackerland, Wiesen und Weiden für 9,1 Millionen Mark von der letzten Eigen­tümerin Felicitas Bienzle geborene Rich­ter ‑ Rettershof. Seither verwaltet die eigens gegründete Gutsherrenverwaltung Rettershof GmbH das 110 Hektar große Anwesen mit Reitstall. Dazu gehört auch das Café Restaurant „Zum fröhlichen Landmann“ (montags und dienstags geschlossen), im Jahre 1938 von der Fa­milie Richter ‑ Rettershof erbaut, um Milch, Eier, Fleisch und Obst besser verwerten zu können. Weiterhin gehört dazu das Schloßhotel   mit 69 Betten in 35 Zimmern, das   ein Hotel mit Konferenzräumen und dem Restaurant „Le Duc“ beherbergt. Pläne, dort zusätzlich einen Golfplatz einzurichten, scheiterten am Votum der Bürger. Stattdessen sucht die Kommune nun einen Pächter, der die landwirtschaftlichen Flächen nutzt.

 

Die Säkularisierung scheint nachhaltig gelungen, und wer heute noch ein Quent­chen der einstigen Spiritualität des Ortes zu verspüren hofft, wird enttäuscht. Ma­donnengrotte, Wandkruzifixe, Muttergot­tesstatuen und dergleichen sind bloße De­koration. Einen starken Eindruck hinter­läßt Retters heute als ein repräsentatives Hofgut, ein Bauernhof wie aus dem Bilderbuch. Die Pferdeställe und Wirt­schaftsgebäude bilden ein properes Hofge­viert, dahinter dampft der Misthaufen. Das schmiede­eiserne Tor zum Hofeingang wurde im Winter 1931 / 1932 von einem arbeitslosen Eppsteiner Kunstschlosser im Tausch gegen Nahrungsmittel geschmiedet.

„Huhn, Geiß und Kuh, ein Haus da­zu, und Land ein Stück ‑ ist Hei­matglück“, so lautet eine der un­gezählten Botschaften, die die Wände des Rettershofes zieren. Munter rät, prophe­zeit und unkt es hier vom Fachwerk, bald jedes freie Fleckchen ist mit einem Sinn­spruch voll bäuerlicher Weisheit garniert. Und es wundert fast, daß Retters einst tatsächlich als Ort der Sinnfindung begründet wurde.

Auf den Hängen um das Gut breiten sich Weiden und Obstwiesen aus. Vieles dreht sich in Retters um die Reiterei. Deshalb sollte man einen Blick in die Reithalle werfen. Die liebens­werte alte Halbtonnenkonstruktion ist ganz aus Holz gebaut und innen duftet es nach Holz, Sägemehl und ein bißchen nach Pferd.

Im angrenzenden Wald versteckt sich der kleine Privat­friedhof der Familie Richter‑ Retters­hof, derjenigen Familie, die den Hof von 1924 bis 1979 be­sessen hat.

 

Ruppertshain:

Eine andere Form, Bäume wirtschaftlich zu nutzen, war der Niederwald. Bei dieser Art der Waldbewirtschaftung bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts wurde der gesamte Holzbewuchs einer Waldfläche alle 15 bis 30 Jahre abgeholzt. Die zur Regeneration fähigen Arten wie Hainbuchen und Eichen schlugen an den Stümpfen oder an den Wurzeln wieder aus. Dadurch entstand die typische Wuchsform. Spuren einer solchen historischen Waldnutzung zeigt der Niederwald südlich von Ruppertshain, einem Stadtteil von Kelkheim, aber auch das Riederwäldchen südwestlich von Hochstadt.

 

 

Eppstein

Klein - fein - Eppstein: Knapp 13000 Einwohner zählt das mittelalterliche Main - Taunus - Städt­chen mit seinen fünf Stadtteilen. Die Altstadt ist auf felsigem Untergrund gebaut, kuschelt sich in tiefe Täler und ist mit ihrer Burg, dem Museum, den mittelalterlichen Mahlzeiten und den Burgfestspielen zu allen Jahreszeiten einen Ausflug wert.

 

Geschichte:

Im Jahre 1535 starben die Herren von Eppstein aus und ihre Besitzungen kamen einschließlich Bremthal, Ehlhalten, Niederjosbach und Vockenhausen an Kurmainz. Die einstige Residenz Alt ‑ Eppstein wurde jedoch nur zur Hälfte kurmainzisch. Den anderen Teil hatten die Herren von Eppstein schon 1492 an den hessischen Landgrafen verkauft. So saß der hessische Amtmann in der westlichen Burghälfte und war für die lutherischen Bürger zuständig, ein kurmainzischer Verwaltungsbeamter agierte von der östlichen Burghälfte aus und hatte die katholischen Orte im Blick. Die staatlichen Verhältnisse blieben bis 1802 gespalten, als die geistlichen Staaten im Deutschen Reich aufgelöst wurden.

In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts entwickelte sich Eppstein zu einem Urlaubsort für erholungsbedürftige Großstädter. Um ihr idyllisch im Taunus gelegenes Städtchen für den Fremdenverkehr noch anziehender zu gestalten, ließen der Verschönerungsverein und andere Epp­steiner Institutionen auf den Anhöhen rundum kleine Aussichtstempel erbauen. Sie existieren bis heute, etwa der attraktive Kaisertempel.

 

Burg:

Von der B 455 nach rechts in die Burgstraße gelangt man in die mit Fachwerkhäusern besetzte Altstadt. Sie hat einen gotischen Zwinger mit Flankentürmen und Rundturm. Weiter gibt es die katholische Kirche (1765 – 1903). Am Werner-Platz, vor der gotischen Talkirche, die auch auf die Eppsteiner zurückgeht (1498, mit Bildnisgrabsteinen der Herren von. Eppstein) beginnt der Aufstieg zur Burg.

Die Burg wurde um 1100 als Stammsitz der Herren von Eppstein erbaut als große Rechteckanlage und im gotischen und barocken Baustil erweitert.  Urkundlich wird sie 1124 erwähnt, als Kaiser Heinrich V. die Hälfte der Burg dem Erzstift Mainz schenkte. Dem Geschlecht entsprossen im 13. Jahrhundert vier Erzbischöfe von Mainz.

Georg II. von Eppstein - Erzbischof von Mainz  - brachte nach dem Tod des Kaisers Rudolph seinen Vetter Adolf von Nassau auf den Thron. Weil dieser aber nicht das gefügige Werkzeug des Erzbischofs sein wollte, wurde Albrecht von Österreich als Gegenkaiser gewählt. Adolf von Nassau verlor in der Schlacht bei Göllheim am 2. Juli 1298 sein Leben. Als Albrecht aber in Aachen gekrönt war, kam es zum Zerwürfnis mit dem herrschsüchtigen Erbbischof, das mit der völligen Niederlage des stolzen Eppsteiners endete.

In der Reformationszeit kam Eppstein an Hessen, aber es hatte zwei Jahrhunderte mit Mainz um den Besitz zu kämpfen. Seit 1776 verfiel die Burg. Erhalten ist ein 26 Meter hoher Bergfried (14. Jahrhundert), ein dreistöckiger Palas, ein Küchenbau und der nördliche Teil des Mainzer Schlosses.

Die Burg überdauerte die Fährnisse der Zeit unbeschadet bis zum Jahr 1804, als sie teilweise abgebrochen wurde. Erst im Jahr 1823 wurde die Zerstörung gestoppt und seit 1929 befindet sich das Wahrzeichen im Besitz der Stadt, die seither viel Geld in den Wiederaufbau gesteckt hat.

Der Palas, einst repräsentatives Wohngebäude der herrschenden Adelsfamilie, präsentiert sich heute als Ruine. Im Jahre 1908 war die Burg Eppstein durch ihren damaligen Herren, den Herzog von Nassau, zum Abbruch freigegeben worden. Öfen und Gebälk sowie schöne Treppensteine wurden damals herausgeholt. Vom einst zweigeschossigen Palas blieb im Laufe der Zeit nur noch Reste des Mauerwerk zurück, in den unteren eineinhalb Geschossen türmt sich Abbruchschutt.

Auch am Gang um den Bergfried, den so genannten Altan, und am alten Toilettenturm nagt der Zahn der Zeit. Die Zwingermauer - auch Apothekengarten genannt - außerhalb der Kernburg muß stabilisiert werden, ebenso wie die Ringmauer zwischen dem inneren Tor und dem Palas. Renovierungsbedürftig ist schließlich auch die alte Türmerstube im Burgfried.

Der Burgverein mit seinen 716 Mitgliedern hat mit viel Liebe die alte Kemenate aufgemöbelt und die Stadt vermietet das Räumchen samt Küche für Privatfeiern. Wer seine Hochzeit stilvoll feiern will, hat in der Burganlage Gelegenheit dazu ‑ er muß nur Geduld mitbringen, denn die begehrten Wochenendtermine sind monatelang im voraus ausgebucht.

Der Burgverein lädt in unregelmäßigen Abständen zu mittelalterlichen Mahlzeiten ein. Vor dem Essen gibt Stadtarchivar Bertold Picard - Doktor der Geschichte, Heimatforscher mit Leib und Seele und Museumsleiter - Informationen zur Burg, zum mittelalterlichen Leben und macht eine Führung in der Burganlage. Wer will, kann auch einen Blick ins Stadtmuseum werfen. Das weitere Sanierungsprogramm für die Burg umfaßt fünf Schritte: Der Rest des Palas wird saniert, wobei vor allem Schutt abgetragen und die Mauern stabilisiert werden müssen.

Öffnungszeiten: Burgruine Eppstein, April bis Oktober 10–12 und 13–17 Uhr, Nov. bis März 11 -12 und 13 – 15 Uhr, Dienstag geschl.  Heimatmuseum in der Burgkapelle, April bis Oktober Samstag  14 – 17 Uhr, Sonn- und Feiertage 11 – 12 und 13 – 15 Uhr. 

Im Jahre 1998 war der Startschuß für das Museum gefallen; es enthält Exponate aus dem 10. bis 19. Jahrhundert und veranschaulicht die Alltags‑ und Lebenswelt der früheren Bewohner. Fundstücke wie Rüstungen, Bodenfliesen Waffen, Geschirr, Haushaltsgeräte und Ähnliches sollen nicht einfach nur in Vitrinen ausliegen: Mit Hilfe von Videoinstallationen, Modellen und modernen Schaukästen wird der stolze Geist „derer von Eppstein“ wiederbelebt.

 

Kaisertempel:

Schon von unten ist der prächtige Kaisertempel zu sehen. Hoch oben thront er, auf einem Fels­vorsprung des Staufen, von der Sonne angestrahlt. Die vier weißen Säulen und der dreieckige Giebel blitzen aus dem Dunkel der Bäume heraus. Der Weg dorthin ist steinig, auch mit dem Auto. Er führt vom Stadtrand über eine schmale, gewundene Straße, die am Ende nicht mehr als ein Schotterpfad ist. Am Parkplatz angelangt, fällt zunächst das große Gebäude auf, das ein Ausflugslokal beherbergt.

Recht unscheinbar liegt links davon das kleine Tempelchen. Durchschreitet man das Eisentor in der eher schmucklosen Rückwand, eröffnet sich ‑ an den mächtigen Säulen vorbei ‑ ein herrlicher Blick auf die Burgstadt und die umliegenden Taunushügel. Eine kleine Treppe führt auf ein etwas tiefer gelegenes Aussichtsplateau, wo man sich auf einer der zwei Bänke niederlassen kann.

Welch ein Panorama, welche Stille! Nur ganz von Ferne dringen die Geräusche der Stadt und der Bundesstraße nach oben herauf.

Anlaß für die Errichtung dieses Ehrenmals 1894 waren der Sieg im Deutsch - Französischen Krieg und die Reichsgründung 1871, thematisch also mit dem Niederwalddenkmal bei Rüdesheim vergleichbar. Von den Wänden grüßen hohe Herren: Kaiser Wilhelm I., Friedrich III., Kanzler Bismarck und Generalsfeldmarschall Moltke. Die Medaillon ‑ Reliefbildnisse und Büsten stiftete der Frankfurter Bankier Baron de Neufville, der in Eppstein ein großzügiges Landhaus besaß.

Gebaut wurde er in den Jahren 1897 bis 1894 auf Veranlassung des 1878 gegründeten Verschönerungsvereins, 3^.300 Goldmark haben sich die Stadt und der Verschönerungsverein den Bau kosten lassen.

Patriotische Eppsteiner Bürger hatten den Verein 1878 auf Initiative von Josef Heinrich Flach, dem Besitzer der Stanniolfabrik, ins Leben gerufen.  Hauptgrund dafür war der Wunsch, dem historisch bedeutsamen Sieg über den damaligen „Erbfeind“ mit einem kleinen Steintempel ein Denk­mal zu setzen. Ein weiteres Ziel der Vereinsgründer war es, die Naturschönheiten ihrer Heimat zu erschließen und somit den Fremdenverkehr zu fördern. Eine Widmungstafel im Inneren des Säulen ‑ Baus nennt den Stifter: „Den Einigern Deutschlands, gewidmet vom Verschönerungsverein Eppstein“.

Eingeweiht wurde der Kaisertempel am 2. September 1894, dem Jahrestag der Sedansschlacht von 1870. Mehr als 40 Vereine nahmen an der Feier teil. Aus nah und fern kamen zahlreiche Besucher zu dem Ereignis ‑ viele von ihnen, auch Frankfurter Bürger, hatten zur Finanzierung des Baus beigetragen.

Bau‑ und kunstgeschichtlich ist der Kaisertempel in weitem Umkreis einmalig. In klassizistischem Stil erbaut, ahmt er das Vorbild eines griechisch ‑ dorischen Tempels nach. Allerdings besteht er nur aus der Vorhalle eines antiken Gotteshauses, das eigentliche Heiligtum fehlt. Die vier weißen Säulen sind fast vier Meter hoch. Gekrönt werden sie von dorischen: Kapitellen aus rotem Sandstein.

Erst zu seinem hundertsten Geburtstag wurde der Kaisertempel von Grund auf saniert. Ursprünglich sollte er nur „herausgeputzt“ werden. Dann stellte sich jedoch heraus, daß das alte Gebäude schon recht baufällig war. Für die aufwendigen Arbeiten hatte der Verschönerungsverein, der sich heute vor allem um den Erhalt der alten Aussichtstempel in Eppstein kümmert, um Spenden den gebeten.

 

Wanderwege:

Es gibt in Eppstein einen Bergpark, angelegt von einem Industriellen, mit der Villa Anna und einem Taubenhaus. Am Kaisertempel beginnen mehrere Wanderwege, zum Beispiel zum Großen Mannstein (430 Meter), von dem aus man das Rhein - Main - Gebiet überschauen kann. Vom Mannstein geht es vorbei am 451 Meter hohen Staufen und dem „Mendelsohn - Gedenkstein“ wieder zu dem in den Jahren 1892 bis 1894 am Westhang des Staufen erbauten Kaisertempel.

 

Kletterwand:

Die Kletterwand am Walterstein liegt an der Straße nach Lorsbach, nach einer Linkskurve ist links ein Parkplatz, von dort geht man 25 Minuten zur Lorsbacher Wand. Der ehemalige Steinbruch im Wald zwischen Hofheim und Lorsbach ist ein beliebtes Ziel für Kletterer. Doch das Kraxeln in den Schieferfelsen ist nicht ungefährlich. Immer mehr Kletterer suchen die wenigen Ziele in Hessen auf, da die Sportart „in“ ist. 

In pädagogischen Programmen werde mit Jugendlichen und Erwachsenen geklettert, das dient der Persönlichkeitsentwicklung. Aber es ist etwas anderes, ob man nur in einer Halle übt, in trockener und sicherer Umgebung, oder ob man in die Natur geht. Das unterschätzen viele. Deshalb ist bundesweit ein Anstieg der Kletterunfälle an Felsen zu verzeichnen.

Das etwa 25 Meter hohe Fels ‑ Ensemble von Lorsbacher Wand und Walterstein im Schwarzbachtal zwischen Hofheim und Lorsbach gilt als eines der bedeutendsten Klettergebiete Südhessens. In dem ehemaligen Steinbruch wurde bis in die dreißiger Jahre des vergangenen Jahrhunderts der Taunusschiefer abgebaut. Bald danach entdeckten die Kletterer das Gebiet für ihren Sport.

Von 1988 an wurde der Felsen zwischen Anfang Februar und Ende Juni jeden Jahres gesperrt, um Tiere und Pflanzen zu schützen. Die Kletterer protestierten: Es lägen keine Gutachten vor. Gut zehn Jahre später wurde ein Kompromiß ausgehandelt. Nachdem die Untere Naturschutzbehörde, die für das Gebiet zuständig ist, ein Gutachten über die Folgen des Kletterns hatte erstellen lassen, gab sie die Wand vom 1. April bis 30. November frei. Die umliegenden natürlichen Felsen sind ganzjährig gesperrt. Tafeln informieren über das Naturdenkmal und das Schutzkonzept. Umlenkhaken, an denen sich die Kletterer abseilen können, wurden fest im Fels verankert, damit Kletterer die Felsköpfe nicht mehr betreten müssen. Sie können sich auf 36 Routen vergnügen, die alle mit neuen Sicherungshaken versehen sind. Von leicht (4) bis schwer (9) reichen die Schwierigkeitsgrade.

 

Berühmte Einwohner:

Große Söhne hat die Stadt hervorgebracht. Aus Vockenhausen stammt Reichsfreiherr Johann Adam von Ickstadt (1702 bis 1776), der sich als Jurist und Staatsmann in bayerischen Diensten einen Namen machte. In Eppstein wurde Theodor Fliedner (1800 bis 1864) als Sohn des Pfarrers geboren, der Gründer des Diakonissenmutterhauses in Kaiserwerth und einer der großen Namen der deutschen Kirchen‑ und Sozialgeschichte. Häuser und Straßen tragen heute die Namen der berühmten Männer.

 

 

Schinderhannes:

Johannes Bückler, den man den Schinderhannes nannte, wehrte sich energisch. Die Morde, die ihm vor Gericht vorgeworfen wurden, wies er weit von sich. Nur einmal, da habe er im Taunus bei Eppstein einen Boten niedergeschlagen. Das Teilgeständnis verblüffte sogar das Opfer. Der berüchtigte Schinderhannes sollte es gewesen sein, der ihm zwei Jahre zuvor auf dem Weg von Höchst aufgelauert hatte und an die Tasche wollte? Bote Johann Sauer erschien als Zeuge. Zur Verblüffung - diesmal des Täters - lebte Johann Sauer noch.

Nachdem ihm der Schinderhannes einen Holzknüppel über den Kopf geschlagen hatte und er eine Weile blutüberströmt im Wald danieder lag, fanden ihn Bewohner von Eppstein und brachten ihn nach Hause, wo er nach vielen Wochen Bettruhe wieder genesen konnte. Elf Jahre später - im Jahre 1813 - setzte Johann Sauer, von Beruf Zimmermann, an jene Stelle, wo ihn der Wegelagerer aufgespürt hatte, ein Holzkreuz zur Erinnerung daran, daß er dem Tod nur knapp entronnen war.

Weithin unbekannt ist das Vagabundenleben des populären Schinderhannes in und um Eppstein. Lange Zeit wurde es nur mündlich überliefert, bis der Eppsteiner Stadtarchivar Berthold Picard in den Akten blätterte und nach einiger Mühe Interessantes zutage förderte.

Es war eine wilde Zeit um 1800. Johannes Bückler war noch keine 20 Jahre alt. Als es dem verwegenen „Hannes dorch de Wald” - wie er sich auch nannte - 1801 im Hunsrück zu heiß wurde, setzte er sich mit seiner Geliebten in den Taunus ab. Schinderhannesstadt. Noch in den dreißiger Jahren führte der katholische Pfarrer Wilhelm Reuter im Stadtteil Vockenhausen Schinderhannes - Festspiele auf, um seinen Kirchenanbau zu finanzieren. Und in Ehlhalten spricht heute noch jeder von der Schinderhanneshöhle, die versteckt im Silberbachtal liegt.

Nur wenige Wanderer wissen heute noch, daß auf dem Staufen zwischen Kaisertempel und der Lorsbacher Gundelhard in der Nähe des Waltersteins das Schinderhannes- oder Sauerkreuz steht. Auf den Wanderkarten der drei Städte Eppstein, Kelkheim und Hofheim ist es nicht einmal eingezeichnet. Nachkommen des Johann Sauer haben an dieser Stelle inzwischen ein steinernes Kreuz errichtet.

 

 

Langenhain

Die freie Hochfläche überragt die mächtige Kuppel des Bahai Tempels, der einzige dieser Art in Europa. Der Kuppelbau wurde von dem Frankfurter Architekten Teuto Rocholl entworfen und gebaut. Er hat 27 Rippen und Hunderte von Waben. Sechs weitere „Häuser der Andacht“ sind über alle Kontinente verteilt. Die Baha - Religionen versucht, die Grundwahrheiten aller Religionen in sich zu vereinen. Sie entstand im 19. Jahrhundert und nennt sich nach dem im Iran geborenen Stifter Baha ullah (1817 - 1892) und zählt über 6 Millionen Anhänger. Das Verwaltungs- und Besucherzentrum gleich neben dem Tempel steht jedem offen.

 

 

Hofheim

Bodenfunde:

Besiedlungsspuren lassen sich bis in die Jungsteinzeit zurückverfolgen zur Michelsberger Kultur (4.5000 Jahre vCh). Etwa 2000 Jahre jünger sind die an einigen Stellen gut sichtbaren Hügel­gräber. Ein ausgedehntes Ringwallsystem umfaßt ein 1,3 Kilometer langes Oval von 46 Hektar Größe, das den Michelsbergern zugerechnet, wird; lange Zeit galt es als keltisch und nach „neueren Forschungen“ soll es aus dem Frühmittelalter sein.

 

Römische Funde wurden in zwei Siedlungen gemacht:

1. Auf der Anhöhe „Hochfeld“ südlich des Stadtkerns (südöstlich der Kreuzung B 519 mit der   L 3011): Die heutige Römerstraße durchschneidet das Erdlager. Etwa 90 Meter östlich davon war ein Steinkastell (im freien Feld, heute Kreishaus). Vorher waren Kelten und Germanen dort. In römischer Zeit gehörte das Lager zu Wiesbaden. Südlich des Erdlagers liegt das Gräberfeld Gotenstraße (zwei Straßen südlich der Römerstraße).

2.Auf den nördlich davon gelegenen Talhängen des Schwarzbachs östlich der Stadthalle. Die Siedlung gehörte damals zu Heddernheim.

3. Nachgewiesen wurde weiterhin eine römische Rundschanze, und auf dem Kapellenberg stand ein römischer Wachtturm.

 

Rundgang:

Parken kann man an der Südostseite der Altstadt beiderseits der Elisabethenstraße, zum Beispiel auch im Parkhaus Chinon-Center. Von dort geht man über den Kellereiplatz nach links zum alten Wasserschloß.

 

Altes Wasserschloß:

Nördlich davon ist das Haus der Jugend, vor dem auch ein Stadtplan steht.

Im Jahre 1352 verlieh Kaiser Karl IV. an Philipp von Falkenstein die Stadtrechte für Hofheim. Kurz danach begann der Bau der Stadtmauer und der für das Amt Hofheim benötigten Gebäude.

Dazu gehörten die von einem Weiher umgebene Burg (meist als Wasserschloß bezeichnet), die über die Brücke mit dem hinter der Stadtmauer liegenden Kellereihof verbundenden war. Sie war der Sitz des Amtmanns und des Kellers (Wirtschaftsverwalter des Amtes).

Mit der Erbauung des Wasserschlosses um 1354 - 1355 entstand die erste Brücke über den Burgweiher als Holzbrücke mit steinernen Brückenpfeilern. Sie wurde 1685 durch eine steinerne Bogenbrücke ersetzt. Nach 1914 verschwand eine Seite des steinernen Brückengeländers und es entstand eine Art natürliche Bühne, die 1952 für die 600 - Jahr - Feier der Stadt genutzt wurde. Eine weitere Aufschüttung des Platzes ließ die Brücke ganz verschwinden

 

Alte Kellerei:

Rechts vom Wasserschloß ist die alte Kellerei von 1720 mit dem Hexenturm an der rechten Seite.

In dem durch Mauern und Tore abgeschlossenen Kellereihof lagen Scheuern und Ställe für die Unterbringung der Naturalabgaben an den Landesherren. Das Erdgeschoß des heutigen Kellereigebäudes war der Marstall zum Einstellen der Pferde. Die südliche Außenmauer des Marstalls war Teil der Stadtmauer. Über dem Stall wurden Speicher für Getreide und Feldfrüchte gebaut.

In vielen Kriegen diente die Kellerei als Truppenunterkunft oder Lazarett. Während des Dreißigjährigen Krieges wurde die Kellerei 1640 von Kaiserlichen Truppen besetzt und von Weimarischen erobert Nach dem Krieg war die Burg stark beschädigt, der Marstall nur noch eine Ruine. Er wurde 1687 wieder aufgebaut.

In den Jahren 1717 bis 1719 ließ der Mainzer Kurfürst Lothar Franz von Schönborn den bisherigen Marstall und Speicher zum Amtsgebäude und Jagdschloß umbauen. In seiner äußeren Gestalt blieb dieser Umbau bis heute weitgehend erhalten. Innerhalb der Burg wurden für die Jagdbesuche des Kurfürsten Räume für die Bediensteten und der Pferdestall untergebracht. Sie sind bei späteren Umbauten abgebrochen worden. Vom ursprünglichen Bestand sind nur noch die Umfassungsmauern sowie zwei Keller und das Kel­ter­­haus erhalten geblieben. Der Burgweiher wurde um 1810 trocken gelegt.

Nach dem Ende des Kurfürstentums Mainz 1803 kam die Kellerei in den Besitz des Herzogtums Nassau. Das Amt Hofheim wurde mit Wirkung ab 1. Januar 1810.aufgelöst. Da die Kellerei für Verwaltungszwecke nicht mehr benötigt wurde, ist sie 1819 privatisiert worden. Die Stadt

Hof­­heim kaufte 1876 das Kellereigebäude und die Burg, um sie weiterhin für öffentliche Aufgaben zu nutzen.

Am Hexenturm sind zwei Gedenktafeln angebracht: „Zum Gedenken an die als Hexen gefolterten und Hingerichteten. Wo Gewalt herrscht, gedeiht kein Frieden, Heilung braucht Erinnerung.

Zwischen 1595 und 1602 wurden folgende Frauen durch das Kurmainzer Amt Hofheim als Hexen verbrannt“ (Es folgen die Namen und eine Erläuterung).

In der Bärengasse rechts von der Kellerei sieht man noch ein Teilstück einer Mauer, an die sich der Torbogen zur Bärengasse anschloß. Dieser wurde 1918 von der französischen Besatzungsmacht mit einem Lastwagen stark beschädigt und stürzte ein. Der andere Eingang war gegenüber von der Burgstraße her.

 

Weilersches Haus und Stadtmuseum:

Hinter der Kellerei ist das Stadtmuseum in der Burgstraße 11. Vermutlich zwischen 1805 und 1818 ließ der Kaufmann Johann Martin Weiler das Gebäude als Wohnhaus für seine große Familie bauen. Im Jahre 1829 verkauften es die Erben an die Stadt Hofheim, die darin Lehrerwohnungen und später zusätzliche Schulräume einrichtete. Im Jahre 1936 wurde es zum Heim der Hitlerjugend. Ab Juli 1945 bis August 1948 war das Gebäude auf Anordnung der amerikanischen Militärregierung Kreisgefängnis für den Main – Taunus - Kreis. Danach wurde es bis 1974 als Außenstelle der Stadtverwaltung genutzt, anschließend als Sitz der Kriminalpolizei und von 1986 bis 1988 als Hessentagsbüro. Nach dem Abriß der benachbarten ehemaligen Zehntscheune folgten der Umbau und Neubau zum Stadtmuseum, das im November 1993 eröffnet wurde.

Im Kellergewölbe mit externem Zugang befanden sich anfangs Lager- und Vorratsräume für die Nachbarschaft .Im Jahre 1934 wurde der Keller zum öffentlichen Luftschutzraum ausgebaut.

Von 1959 bis 1991 war das Gewölbe Domizil des Hofheimer Jazzclubs. Der expressionistische Maler Ludwig Meidner feierte darin am 18. April 1959 seinen 75. Geburtstag.

Man geht aber jetzt nicht die Burgstraße weiter, sondern ein Stück nach links in die Kirschgartenstraße und dann nach rechts an den Häusern an der Stadtmauer entlang in die Burggrabenstraße und zum Untertor.

 

Untertor und Stadtmauer:

Links vom Untertor markiert eine Tafel einen Teil der Stadtbefestigung, erbaut nach 1352. Hier stand auch über längere Zeiträume hinweg bis zur Verwüstung durch die Nationalsozialisten am 9. November 1938 Synagoge der jüdischen Gemeinde. Man geht noch ein Stück an der Stadtmauer entlang und dann nach rechts auf die Hauptstraße. Diese führt zum Rathaus.

Rathaus:

Das Haus ist von 1529 mit einer Fachwerkfassade von 1890, davor ist ein Brunnen. Nördlich schließt sich die Langgasse an. Links ist ein schönes Fachwerkhaus, recht ist die Katholische Kirche.

 

Katholische Pfarrkirche St. Peter und Paul:

Sie ist teilweise aus der Zeit vor dem Dreißigjährigen Krieg, sonst von 1642 mit spätgotischen Turm und Chor, der Holzaltar ist um 1750 entstanden.

Man geht die Langgasse weiter aufwärts und dann nach rechts in die Mauergasse, in der man links Reste der Stadtbefestigung aus der Zeit nach 1352 sieht. Am Ende der Mauergasse steht links eine Kreuzigungsdarstellung, gestiftet 1814 von Nikolaus Westenberger und seiner Frau Margaretha. Nach rechts geht es in die Hauptstraße. Man kommt an die Stelle, wo das Obertor stand. Etwas weiter unten steht rechts mit der Nummer 22 der historische Gasthof Landsberg.

 

Gasthof Landsberg:

Im 15. und 16. Jahrhundert war hier das Haus der Zünfte. Nach der Überlieferung war hier die Einkehr der Kurfürsten von Mainz. Im Jahre 1648 kam es hier zur einer Fürstenzusammenkunft und Friedensberatung zur Beendigung des Dreißigjährigen Krieges. Schräg gegenüber ist noch ein schönes Fachwerkhaus. Die Altstadt allgemein hat viele Fachwerk-Häuser und historische Keller. Zurück geht man durch die Pfarrgasse zur Elisabethenstraße.

 

 

Kapellenberg:

Der Kapellenberg ist einer der interessantesten Berge des Taunus. Seine prägnante Lage mit den steil abfallenden Seiten hebt ihn seit jeher im Landschaftsbild heraus. Auf dem Berg ist eine erstaunlich große Zahl von Bauwerken aus den unterschiedlichsten Zeithorizonten zu finden, die alle von ihrer Bedeutung für das lokale Gemein­wesen und auch auf Grund ihrer optischen Fernwirkung für die Region sehr bedeutsam sind beziehungsweise waren.

Die Siedlungsgeschichte des Kapellenbergs bei Hofheim am Taunus reicht bis in die Jungsteinzeit zurück. Eine umfangreiche Besiedlung bestand während der Epoche der Michelsberger Kultur, was durch die große, sich heute noch abzeichnende Ringwallanlage bezeugt wird. Aber auch schnurkeramische Grabanlagen oder die Überreste eines römischen Wachturms deuten die besondere Stellung an, die der Kapellenberg für die Besiedlung der Region bei Hofheim hatte. Ein weiteres bedeutendes Bauwerk ist die für den Kapellenberg namensgebende Kapelle aus dem 17. Jahrhundert im Süden des Plateaus.

Im Jahr 1880 dokumentierte der Archäologe Karl August von Cohausen erstmals den gut erkennbaren Nordbereich des Ringwalls. Er interpretierte ihn als reinen Abschnittswall. Erst 1895 entdeckte Christian Ludwig Thomas, daß der Wall die komplette Bergkuppe umschließt. Im Jahre 1896 untersuchte G. Wolff Rundschanze und Römerturm. Knapp 80 Jahre wurden dann auf dem Kapellenberg keine weiteren gezielten Forschungen durchgeführt, bis im Jahr 1975 unter der Leitung von Kubon eine der Grabanlagen geöffnet wurde und die Grabanlagen der schnurkeramischen Kultur zugeordnet wurden.

 

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, den Kapellenberg kennenzulernen. Alle wichtigen Punkte trifft man auf folgendem Weg: Wenn man auf der B 519 von Norden kommt, biegt man vor der Altstadt nicht mit der abbiegenden Hauptstraße nach links ab, sondern fährt gerade aus und dann rechts in die Oskar - Meyrer - Straße und dann die zweite Straße rechts in die Rossert Straße. Man kommt an der Evangelischen Johanneskirche vorbei (erbaut 1900 von Architekt Ludwig Hofmann) und dann etwas nach rechts die Kapellenstraße hinauf und noch einmal rechts bis zu ihrem Ende. Hier kann man parken.

Wenn man auf der B 519 von Süden kommt, macht man im Bereich des Bahnhofs einen Rechts-Linksbogen und fährt dann nach links in die Wilhelmstraße ein. Dann geht es rechts in die Co­hausen­straße und dann nach links in die Kurhausstraße. Von dieser biegt man rechts ab in die Kapellenstraße.

Wenn man wieder zurück fährt, muß man in beiden Fällen auf diesem Weg südlich um den Stadtkern zurückfahren. Dabei muß man darauf achten, daß man nach rechts in die Cohausen­straße abbiegt, sonst gerät man die Altstadt und muß nach rechts die ganze Hauptstraße hinunter fahren.

Am oberen Ende der Kapellenstraße geht der Dr.- Heimen - Weg ab. Diesen geht man ein Stück hinauf, an der Gabelung bleibt man links. Man kommt auf einen breiten Fahrweg, an dem schon ein großes Schild „Meisterturm“ steht. Hier geht man links weiter und kommt zum Cohausen -Tempel.

 

Cohausentempel:

Er wurde 1910 erbaut in Form eines Tempels zu Ehren des 1894 verstorbenen Karl August von Cohausen, der sich Ende des 19. Jahr­hunderts bei der Erforschung des Kapellenbergs verdient gemacht hat. Innen ist eine Gedenktafel für Herrmann Jughenn (1888 - 1967), den Vorsitzenden des Taunusclubs Hofheim.

Dahinter geht es etwas bergab. Am Weg geradeaus steht das historische Wasserwerk. Man folgt aber dem Wergweiser „Meisterturm“ steil nach rechts. Hier liegt links der „Grauer Stein“.

 

Grauer Stein:

Ein großer Quarzgeröllblock aus dem Bergschotter des Kapellenbergs. Es ist unsicher, ob er durch menschliche Einwirkung an seinen heutigen Platz gelangte. Er ist aber nicht als vorgeschichtliches Steinmal (Menhir) anzusehen.

Am nächsten Schild „Meisterturm“ geht man rechts hinauf. Man kommt zu einer Informationstafel, die auf den südlichen Ringwall hinweist.

 

Ringwall:

Am Südende des Kapellenbergs ist die Ringwallanlage nicht so stark wie an der Nordseite ausgebaut, denn wegen der steilen natürlichen Hänge genügte eine einfache Anschüttung als Schutz. Nur am Bergrücken ist dem Wall noch ein flacher Graben vorgelagert. Das Baumaterial stammt von der bergseitigen Terrasse. Ein Stück weiter oben steht im Wald links eine Hinweistafel auf den früheren Römerturm.

 

Römerturm:

Diese Turmstelle wurde 1887 von A. v. Cohausen entdeckt und 1896 von G. Wolff untersucht. Die Gesamtanlage ist nahezu kreisrund und besitzt rund 35 Meter Durchmesser und besteht aus zwei ehemals 4 bis 5 Meter breiten und bis 1,5 Meter tiefen Spitzgräben. Sie sind am Eingang spiralig, also versetzt zueinander angeordnet. Zwischen den Gräben befand sich ein flacher Wall.

Der etwa 150 Quadratmeter große Innenbereich war durch eine Holzwand geschützt, die etwa zwei Meter hinter dem Grabenrand verlief und durch im Abstand von zwei Metern stehende Pfosten gestützt und hatte einen Durchmesser von etwa 13 Metern.  Hierbei kann es sich nicht um eine Palisade gehandelt haben. Wahrscheinlicher ist eine Flecht- oder Bohlenwand mit davorliegendem Erddamm, wie man sie schon häufiger bei leichten Befestigungen der römischen Zeit fand.

Südwestlich der Mitte fand man die Eckpfostenlöcher eines Turmes von 3,5 Meter Seitenlänge. Ihre Tiefe von noch 2,2 Metern läßt auf eine beträchtliche Höhe des Bauwerks schließen. Seitlich davon befindliche Pfostenlöcher könnten von Stützbalken stammen. Nördlich des Turmes befand sich noch innerhalb des Rings das Wohngebäude der Besatzung.

Vom Turm aus bestand eine Sichtverbindung zum Kastell Hofheim. Die Mainebene ließ sich von dort aus gut überwachen. Aus örtlichen Funden ist zu schließen, daß die Turmbesatzung immer mehrere Tage dort stationiert war. Die Aufgabe des Postens war wahrscheinlich die Überwachung des Vordermaingebietes.

Über das Aussehen des Turms ist nichts bekannt. Aufgrund des deutlich höheren Alters ist er mit Sicherheit nicht mit den Limestürmen vergleichbar. Im nördlichen Hinterland des Limes existierten aber ähnliche Türme, die ebenfalls zur Signalübermittlung gedient haben dürften. Solche rückwärtigen Türme wurden nachgewiesen bei Wölfersheim - Wohnbach und am Johannisberg bei Bad Nauheim. Dazu gehört auch der vergrößerte Limeswachturm auf dem Gaulskopf bei Ziegenberg. Nach den Funden, wurde die Anlage etwa gleichzeitig mit dem römischen Erdkastell (um 40 nCh) auf dem Hochfeld erbaut.

In Fachkreisen ist man sich allerdings uneinig, wann der römische Wachturm errichtet und wie lange er genutzt wurde. Einige Experten gehen von einer Nutzung in den Jahren 40 bis 70 nCh aus, andere ordnen den Bau des Turms den Jahren 83 bis 86 nCh und dem Chattenkrieg des Domitian zu. Er ist jedenfalls im Zusammenhang mit den römischen Kastellen in Hofheim zu sehen.

 Jetzt kann man auch schon die Bergkapelle sehen.

 

Bergkapelle:

Die Bergkapelle verdankt ihre Entstehung einem Gelöbnis, das die Hofheimer Pfarrgemeinde im Pestjahr 1666 machte. Der damalige Pfarrer Johannes Gleidener zog mit der Gemeinde in einer

Prozession auf den Hofheimer „Rabberg“ (Räuberberg). Sie beteten um Befreiung von der Pest und versprachen, an dieser Stelle eine Marienkapelle zu bauen und alljährlich am ersten Sonntag im Juli eine Wallfahrt dorthin zu machen. .

Als Hofheim im Gegensatz zu umliegenden Siedlungen tatsächlich von der Pest verschont blieb, begann die Gemeinde am 12. Juli 1666 mit der Vorbereitung des Baugrundes. Im Juni des Jahres 1667 wurde das Fachwerk der ersten Kapelle aufgeschlagen, am 6. August 1667 folgte die Weihe der Fundamente durch Pfarrer Gleidener, am 15. August die Grundsteinlegung unter dem Altar.

Die Kapelle war damals 12 Meter lang, 6 Meter breit und 5,4 Meter hoch. Am 29. September 1667 weihte der Dekan des Landescapitels Castel, Pfarrer Hassel, die Kapelle zu Ehren der Jungfrau Maria und der Schutzheiligen Sebastian und Rochus.

Im Jahre 1668 folgte der Bau eines Vorhauses mit Glockenturm. In den Jahren 1668 bis 1670 wurden weitere Ausbauten und Ausschmückungen des Innenraums vorgenommen. Die Weihe des Hauptaltars fand 1682 statt, damit war die Kapelle vollendet. Die Baukosten wurden ausschließlich durch Spenden finanziert, wobei der aus einer wohlhabenden Familie stammende Pfarrer Gleidener einen großen Teil aus seinem Privatvermögen beitrug.

Aufgrund der steigenden Anzahl von Gläubigen und Pilgern erfolgte ab 1771 eine Neuerrichtung der Kapelle als Steinbau mit 12,6 Meter Breite, 27,9 Meter Länge und 13,2 Meter Höhe. Die alte Fachwerkkapelle wurde demontiert und in Kelkheim wieder aufgebaut.

Im Jahre 1784 ersetzte man die Kapelle durch ein neues, größeres Gotteshaus (Welche Angabe stimmt nun, 1771 oder 1784?). Es wurde jedoch bereits im Jahr 1795 in der Zeit des Ersten Koalitionskrieges von plündernden Soldaten zerstört und wurde danach nur notdürftig wieder instandgesetzt. Zwischenzeitlich wurde ein Abriß der Kapelle erwogen, durch die Initiative des Pfarrers Hilf aber eine völlige Sanierung eingeleitet. Diese war 1857 abgeschlossen.

 

Damals wurde das mit Notaltären ausgestattete Gotteshaus abgerissen und durch die heutige Kapelle ersetzt.

 Die Kapelle erhielt 1864 eine Orgel als Geschenk der Gemeinde St. Bartholomäus in Zeilsheim. Das heutige Instrument wurde dank einer privaten Spende aus Hofheim im Jahre 1986 eingebaut.

Die Fenster stammen aus der Zeit von Pfarrer Buus, der von 1901 bis 1925 in Hofheim wirkte und selber vier Fenster stiftete, deren Glasgemälde die Schutzpatrone der am Gelübde beteiligten Gemeinden darstellen. Das Fenster mit dem Heiligen Georg stiftete ein Hofheimer Landwirt. Pfarrer Buus ließ auch die Außenkanzel anfertigen.

In den letzten Jahren wurden umfangreiche Renovierungsarbeiten auch an der Kapelle selbst ausgeführt. Innen wurde sie 1966 renoviert. Seit 1982 wurde zunächst das Dach erneuert, dann das Mauerwerk trocken gelegt und damit das Eindringen von Nässe ins Kapelleninnere gestoppt. Die Außenrenovierung war 1988 mit dem Anstrich abgeschlossen. Danach begann die Restaurierung der Glasfenster, die Freilegung und Aufnahme der Reste aller Bilder vor dem Innenanstrich und der Einbau einer Luftentfeuchtungsanlage, um den Innenraum mit seiner teilweise wertvollen Einrichtung künftig dauerhaft vor Feuchtigkeit zu schützen. Im Jahr 2008 wurde eine komplette Dachsanierung vorgenommen.

Auf dem Dach befindet sich ein barock - klassizistischer Haubendachreiter mit Spitzhelmlaterne und an einem Eck der Eingangsfassade an der Giebelseite eine überdachte Freikanzel. Die Wände des Saalbaus besitzen je vier Bogenfenster.

 

Unter den Kunstwerken im Inneren der Kapelle befinden sich mehrere Holzfiguren. Die Kreuzigungsgruppe wurde 1776 von J. G. Biterich geschaffen. Leider war vor der Restaurierung von der ursprünglichen farblichen Gestaltung der Gruppe nichts mehr zu erkennen gewesen, da sie bei früheren Renovierungen radikal abgelaugt worden war.

Der Schmerzensmann (Christus an der Geißelsäule) stammt wahrscheinlich aus dem ersten Jahrzehnt des 18. Jahrhunderts. Man nimmt an, daß es sich wohl um einen sogenannten „Blauen Christus“ handelt, der besonders im süddeutschen Raum verbreitet war. Dieser Name leitet sich von der vormals üblichen blauen Fassung ab, die unter der heutigen rötlichen Farbe aber nur noch ganz schwach erkennbar ist.

Die zwei Skulpturen des Hl. Rochus und Hl. Sebastian stammen wohl ebenfalls aus dem ersten Jahrzehnt des 18. Jahrhunderts. Sie waren stark verwurmt, im Holz teilweise bis zur Morschheit geschädigt und haben ebenfalls durch die Feuchtigkeit sehr gelitten. Von der farblichen Urfassung hat man in Folge früherer Ablaugungen kaum noch etwas entdecken können, so daß die jetzige Gestaltung sich nach vergleichbaren historischen Mustern richtete.

Die Doppelmadonna stammt aus dem späten 18. Jahrhundert. Sie war ursprünglich eine Einzelfigur, die etwa um 1810 auf der Rückseite glatt geschliffen und sehr gelungen mit der zweiten Hälfte verkittet wurde. Nach längerer Auslagerung hängt nun auch das Bild „Der Maialtar“ von Ottilie Roederstein (1859 - 1937), einer bekannten Hofheimer Künstlerin, wieder in der Bergkapelle.

Zur gelobten Wallfahrt treffen sich auch heute noch am ersten Sonntag im Juli die Gemeinden Hofheim, Kriftel, Hattersheim, Frankfurt - Zeilsheim und Kelkheim - Münster. Der Weihetag der Kapelle wird mit einem Gottesdienst am Sonntag nach Mariä Aufnahme in den Himmel

(15. August) begangen.

 

Treppe und Kreuzweg:

Im Süden der Kapelle hat man nicht nur eine prächtige Aussicht auf die Stadt. Hier sieht man auch auf die Treppe mit den Kreuzwegstationen, die auf die Fahrstraße hinabführt (aber keine Fortsetzung nach weiter unten hat). Angesichts der wachsenden Zahl von Pilgern und der beschränkten Räumlichkeiten ging man schon früh davon aus, daß schon bald ein weiterer Neubau der Kapelle notwendig werden würde. Bereitwillig spendeten Geistliche (zum Beispiel Pfarrer Buus) und Bürger dafür. Mit dem Geld wurde der Kreuzweg mit seinen sieben Fußfällen eingerichtet. Anläßlich des 250jährigen Jubiläums der Bergkapelle wurde die Treppe zur Kapelle erbaut.

Die Komposition mit sieben Stationen ist typisch für den deutschen Raum. Die Kreuzwegstationen mit den Leidensstationen Jesu („Fußfälle Christi“) schuf der Aschaffenburger Bildhauer Antonius Wermerskirch. Die Tafeln, die 1701 und 1702 aufgestellt wurden, tragen Denksprüche und die Namen der Stifter. Im Jahre 1916 wurden die Stationen zum ersten Mal versetzt. Seit 1970 stehen die erhaltenen fünf Stationen in der Kapelle. Station IV und Station V sind dem Vandalismus zum Opfer gefallen.

Da die Treppenstufen durch Frost und Verwitterung eine immer ernstere Unfallgefahr darstellten, rief der Hofheimer Vereinsring zu einer großen Spendenaktion auf, mit deren Mitteln und einem Restbetrag der Pfarrgemeinde Ende 1989 die neue Treppe fertiggestellt wurde. Auf den Podesten stehen jetzt witterungsbeständige Abgüsse der vier noch vollständig erhaltenen Fußfälle.

 

Kopien der erhaltenen Fußfälle befinden sich an der Zugangstreppe zur Kapelle.

• Station I zeigt den von Henkersknechten niedergeworfenen und in Gegenwart von Hohepriestern mißhandelten Jesus. Der Oberteil dieses Fußfalls ist zerstört.

• Station II zeigt den mißhandelten Jesus vor den Richtern und den Hohepriestern.

• Auf Station III spricht Pilatus das Urteil über Jesus.

• Auf der Station IV war wahrscheinlich der unter der Last des Kreuzes zusammengebrochene Jesus dargestellt. Diese Station ist zerstört.

• Auch Station V ist zerstört. Wahrscheinlich zeigte sie den am Kalvarienberg angekommenen und zusammengesunkenen Jesus.

• Auf Station VI ist der auf das Kreuz fixierte Jesus dargestellt.

• Station VII zeigt das Aufstellen des Kreuzes.

 

Östlicher Ringwall:

Wenn man um die Kapelle herumgeht, trifft man auf eine Informationstafel über den östlichen Seitenwall. Er wurde 1895 von C. L. Thomas entdeckt. Ab hier ist die Wallstrecke, nach ihrer Unterbrechung durch die Kapellenterrasse etwa 650 Meter weit nach Norden bis zum ehemaligen Tor zu verfolgen. Sie verläuft als deutliche Anschüttung mit vorgelagerter Berme den Hang entlang und erreicht noch eine Fronthöhe bis 2,5 Meter. Das Baumaterial ist in den bergseitig sichtbaren Mulden abgegraben. Oberhalb ist eine ehemalige Siedlungsterrasse zu erkennen.

 

Römische Rundschanze:

Dann umrundet man die Kapelle weiter und geht zum „Jubiläumstempel“ westlich der Kapelle. Am 2. August 1864 wurde im Nassauer Herrschaftsgebiet das 25-jährige Regierungsjubiläum von Herzog Adolph gefeiert. Aus diesem Anlaß wurde wenige Meter neben der Kapelle ein hölzerner Jubiläumstempel errichtet. Die geringschätzige Meinung der Hofheimer Bürger über Herzog Adolph fand darin Ausdruck, daß die Kosten der Feierlichkeit zur Einweihung mehr als fünfmal höher lagen als die Baukosten des Tempels. Der Tempel mußte wegen Baufälligkeit 1974 abgebrochen werden und wurde 1986 neu aufgebaut.

 

Oben an der Fahrstraße steht eine Tafel für Josef Gleidner, zu dessen Zeit die Kapelle erbaut wurde und gegenüber eine Informationstafel für eine römische Rundschanze. Die kreisrunde Umgrabung wurde 1895 von C. L. Thomas entdeckt und 1896 von G. Wolff untersucht. Heute ist nur noch der links der Fahrstraße („Hohe Schneise“ bzw. „Königsteiner Weg“) befindliche Teil zu erkennen. Das Bild auf der Tafel ist etwas verwirrend, man müßte es um 90 Grad nach rechts drehen, wenn man von der Straße in den Wald sieht, damit man den Rundbogen vor sich hat.

Die Rundschanze besteht aus einem ehemals drei Meter breiten und ein Meter tiefen Spitzgraben von rund 60 Meter Durchmesser zum Zweck der Entwässerung. Außerhalb verlief eine Palisade. In der Mitte – heute unter der Straße – befand sich ein Rundbau von ungefähr fünf Meter Durchmesser und 0,9 Meter in den Boden eingelassen. Von hier hatte man zwar Sichtverbindung zum Kastell Hofheim, aber dafür war wohl eher der römische Wachtturm gedacht. Die heute noch sichtbaren radialen Gräben sind Reste der Ausgrabungsschnitte. Genaue Angaben über Zweck und ehemalige Bauzeit sind nicht möglich.

Das Erdreich hat im Bereich der Anlage eine ungewöhnliche dunkle Färbung, wie sie im Umfeld nicht wieder vorgefunden wurde. Fritz-Rudolf Herrmann vermutet, daß es sich um eine kultische Anlage möglicherweise keltischen Ursprungs handelte, mit einer Funktion ähnlich dem Henge-Monuments. Der frühere Name Rabberg des Kapellenbergs könnte für diese Theorie ein Indiz sein (sinngemäße Übersetzung Rab = dem Heiligen zugehörend). Christian Ludwig Thomas ordnete die Schanze dagegen einer Eremitage zu.

Hans Hennigner allerdings hat in seinem Büchlein über die „Hofheimer Ambet“ eine eigene Idee: Eine wehrtechnische Bedeutung könne die Anlage nicht gehabt haben, ebensowenig ist eine andere praktische Nutzung denkbar. Daher muß man in der Anlage wohl ein Heiligtum sehen. Er vermutet ein Heiligtum der „Großen Mutter“.

Hofheim wird seit alters her in Verbindung gebracht mit einer Frauengestalt mit dem Namen „Ambet“. Man hat allerdings zwei verschiedene Ansichten von ihr: Im Spott der Nachbarorte ist sie die „schlächt Ambett“, die alteingesessenen Hofheimer aber sagen „unsere liebe Mudder Ambee“. Sie war die Helferin in Kindsnöten und bei schwerer Krankheit und die Hüterin jener Gesetze, auf die die Gemeinschaft aufbaute, und sie bestrafte diejenigen, die die Normen mißachteten.

In ihrer großen Not durch die Pest wandten sich die Menschen wieder mehr den alten Gott­­heiten zu. Auch in Hofheim hat allem Anschein nach die Verteufelung des Berges und die Verspottung der Ambet nicht ausgereicht, die alten Gottheiten vollends zu verdrängen. Noch im 16. Jahrhundert deckten Frauen heimlich den Tisch für drei heilige Frauen, von denen eine immer „Ambet“ (oder „Aubet“ oder „Einbet“ heißt), die anderen heißen Coubet und Guerre. Sie legten drei Messer und Speise und Trank für die Frauen hin, etwa in den Rauhnächten und auch wenn ein Kind zur Welt kam.

Die Kirche führte einen erbitterten Kampf gegen die Verehrung der vorchristlichen Frauengestalten. Der damalige Pfarrer Johann Gleidner änderte spontan die bisherige Strategie der Verteufelung des Berges. So wurde im Jahre 1667 die Bergkapelle erstmals erbaut. Sie wurde der heiligen Maria und den Pestheiligen St. Rochus und St. Sebastian geweiht. Mit dem Bau der Bergkapelle zum Dank für die Abwendung der Pest eignete sich die Bevölkerung den gemiedenen „Raub­berg“ beziehungsweise „Räuberberg“ genannten Hausberg wieder an.

In Hofheim hat die vorgeschichtliche Herkunft der Ambet inzwischen eine öffentliche Würdigung erfahren: Vom Karnevalverein wurde gegenüber dem Bahnhof auf der ehemaligen Bleiche (einem alten Frauenarbeitsplatz) der Ambet ‑ Brunnen aufgestellt (östliches Ende der Bleichstraße, Nordseite, gegenüber dem Busbahnhof). Daneben befindet sich eine Bronzetafel mit folgendem Text: „Erbaut 1964 von der Karnevalgesellschaft 1900 e. V.“ Ambet ist seit 1960 die Zen­tralfigur der Hofheimer Fastnacht. Doch die römische Rundschanze mit der Göttin Ambet in Verbindung zu bringen, ist sehr gewagt. Es mag auf dem Berg so ein Heiligtum gegeben haben, aber dann hätte man die Kapelle direkt über dieses Heiligtum gebaut.

 

Meisterturm:

Links am Weg zum Meisterturm steht die Schiller - Eiche. Dann kommt man zu den zahlreichen Bauten der Gaststätte. Dahinter erhebt sich der Meisterturm. Im Jahre 1895 errichtete der Hofheimer Verkehrs- und Verschönerungsverein auf dem Kapellenberg einen hölzernen Aussichtsturm, benannt nach dem früheren Landrat Dr. Wilhelm von Meister. Ursprünglich war ein Steinturm geplant, dessen Kosten allerdings zu hoch gewesen wären. Am 13. Oktober 1895 wurde der 24 Meter hohe Turm zur Nutzung freigegeben. Daneben wurde eine Schutzhütte gebaut, in der an Sonn- und Feiertagen auch Gäste bewirtet wurden. In den ersten Wochen des Ersten Weltkriegs war am Meisterturm eine Fliegerwache eingerichtet. Aufgrund der unzureichenden Wartung während und nach dem Ersten Weltkrieg mußte der Turm 1921 abgerissen werden. Im Jahre 1928 wurde der heutige Stahlturm mit 172 Stufen errichtet und ab 1929 die Waldgaststätte ausgebaut. Im Zweiten Weltkrieg griff die französische Luftwaffe im Jahr 1940 den Turm an, die Bomben verfehlten aber ihr Ziel um rund 100 Meter. Der Turm steht in 306 Meter über dem Meer und ist 21,52 Meter hoch. Im Jahre 2015 war der Turm allerdings gesperrt.

Gleich hinter dem Turm liegen links Hügelgräber. Wenn man noch einmal eine Strecke läuft wie von der Kapelle zum Meisterturm kommt man zur Königsteiner Kreuzung.

 

Das Königsteiner Kreuz:

Das Königsteiner Kreuz aus rotem Sandstein wurde 1792 von Hofheimer Bürgern gestiftet und am früheren Königsteiner Weg aufgestellt. Heute verläuft der Königsteiner Weg etwa 50 Meter weiter westlich. Das Kreuz ist der Treffpunkt von Wallfahrern aus dem Königsteiner Gebiet und aus Hofheim, die von dort aus gemeinsam zur Kapelle pilgern.

 

Weitere Wanderung:

Vom Königsteiner Kreuz muß man noch einmal eine Strecke wie von der Kapelle zum Meisterturm laufen, dann erreicht man den nördlichen Ringwall. Noch ein Stück weiter liegen rechts und links im Wald Hügelgräber (noch weiter nördlich liegt das Gasthaus Gundelhard, siehe Kelkheim). Der „Historische Rundweg“ wendet sich hier nach Osten. Man kann aber auch eine Stück hinter dem Ringwall nach Westen gehen oder sich quer durch den Wald kämpfen. Dann kommt man auf einem breiten Weg, der im Zickzack parallel zum Hauptweg zurück nach Hofheim führt. Man kommt raus am Albersweg, der wiederum auf die Kapellenstraße stößt.

Man kann aber auch zum Beispiel am Meisterturm umkehren und an der Kapelle dann die Stufen hinuntergehen und dann links auf der Fahrstraße weiter. Diese trifft auf einen Weg, den man nach rechts hinunter geht zum Kreuzweg. Durch die Schneidhainer Straße und rechts in den Dr.-Rohmer - Weg kommt man dann wieder zum Dr.- Heimen - Weg.

Den kürzesten Weg zur Kapelle findet man, wenn man am nordöstlichen Ende der Altstadt (abbiegende Hauptstraße) den beiden runden Schildern „Meisterturm“ und „Bergkapelle“ die Straße „Zeil“ hinauf. Diese führt nach rechts in den „Hundshager Weg“ und nach links und oben noch einmal links zum verlängerten Kreuzweg, der wiederum auf die Fahrstraße zum Meisterturm führt.

 

 Ringwall:

Der Ringwall Kapellenberg ist eine jungsteinzeitliche Verteidigungsanlage und nach dem keltischen Heidetränk - Oppidum die zweitgrößte vorgeschichtliche Anlage im Taunus. Der Wall umschließt eine Fläche von 46 Hektar und diente einst der Verteidigung der innerhalb des Walls befindlichen Siedlung. Der Erhaltungszustand des Walls ist angesichts seines Alters bemerkenswert gut. Die Bodenhärte und die Bewaldung verhinderten oder verzögerten die Erosion.

Zum Bergsattel hin war die Befestigung am stärksten ausgebaut. Der Ringwall hat in Nord - Süd - Richtung eine Länge von etwa 1300 Meter und in Ost - West - Richtung eine Breite von bis zu 500 Meter. Der Gesamtumfang beträgt etwas mehr als drei Kilometer. Im Norden führt der Wall in leichtem Bogen quer über den Bergrücken, biegt dann im Osten und Westen scharf südlich ab. Beiderseits führen rechtwinklige Ecken den Wall an die Bergflanken, wo er bis zur Südspitze dem Geländeverlauf folgt. Im Bereich der Kapelle ist der Wall unterbrochen.

An der Nordseite hat der Wall dort, wo ihn die Königsteiner Straße durchbricht, eine Höhe von 2 Meter bei einer Basisbreite von 15 Meter. Der Graben ist dort etwa 1 Meter tief und 12 Meter breit. Im Nordbereich hat der Wall eine Höhe bis zu 4 Meter; durchschnittlich ist er etwa 3,5 Meter hoch. Dort ist dem Graben ein weiterer 6 Meter breiter und 0,6 Meter hoher Außenwall vorgelagert. An den Bergflanken ist der Wall deutlich schwächer ausgeprägt und eine innenseitige Erhebung kaum noch feststellbar. Die 2,5 Meter bis 3,0 Meter hohe Außenböschung ist aber gut wahrnehmbar. Fast überall befindet sich vor dem Hang ein kleiner Absatz, der auf einen verschwemmten Graben hinweist. Vermutet wird, daß sich im westlichen und östlichen Bereich des Nordwalls wie auch an der Südspitze Toranlagen befanden.

Der Ringwall umschließt den größten Teil des Bergrückens. Er ist im Nordbereich am ausge­prägtesten wahrzunehmen. Die jüngsten Forschungen zeigen, daß der aus der Zeit der jungsteinzeitlichen Michelsberger Kultur (4300 - 3500 vCh) stammende Ringwall ursprünglich aus einem reinen Palisadenwall bestand. Er folgte dabei einer natürlichen Senke. Die Wallanlage wurde um 4100 vCh als Palisade begonnen wurde und durchlief nach 3600 vCh ihre letzte, heute noch sichtbare Ausbauphase. Nachdem der Palisadenwall niedergebrannt war, wurde in einer zweiten Phase ein Erdwall aufgeschüttet. Auch dieser zeigt Brandspuren. In einer dritten Phase wurde der Erdwall nochmals erhöht.

Umfangreiche Pfeilspitzenfunde deuten auf kriegerische Auseinandersetzungen hin. Ob die Brände im Zusammenhang mit diesen Kämpfen stehen, ist unbekannt. Der Umfang der Anlage läßt darauf schließen, daß sie eines der großen politischen und wirtschaftlichen Zentren der damaligen Zeit im Rhein - Main - Gebiet war. Angenommen wird, daß die Besiedlung etwa 600 Jahre andauerte.

 

Besiedlung:

Auf der Grundlage der Befunde der Begehungen über mehrere Jahre und der Sammlungen des Vermessers der Denkmalpflege Frankfurt, Rolf Kubon, wird davon ausgegangen, daß sich entlang des Osthangs und in der Mitte der Plateaus die Wohnbehausungen befanden, während sich im westlichen Bereich Nutztierherden aufhielten. Es muß also dort eine Siedlung existiert haben, fraglich war jedoch, ob diese während der gesamten Existenz der Befestigung bestand oder nur in einem kürzeren Zeitraum. Auch war die Dichte der Besiedlung unklar. Diese Fragen wurden bereits 2013 und 2014 an einer Fläche in der Nähe des Meisterturmes angegangen und es deutet sich dort an, daß die Besiedlung dort nur etwa zwischen 3700 und 3600 vCh existierte. Diese Ergebnisse müssen nun an anderen Flächen überprüft werden.

Der Hang war vielleicht stärker in die Siedlungsaktivitäten eingebunden war, als es die langjährigen Oberflächenprospektionen hatten vermuten lassen. Aber Fundmaterial liegt im Wesentlichen nur vom Plateau vor. Vielleicht wurde aber die ehemalige Besiedlung des Hanges durch spätere Erosionsvorgänge und Verlagerungen überprägt.

Aus den insgesamt 55 Proben mit Kulturpflanzen vom Kapellenberg ließen sich bislang lediglich vier Getreide nachweisen: Gerste, Emmer, Einkorn und Nacktweizen. Dieses begrenzte Spektrum entspricht einem sich abzeichnenden allgemeinen Trend der michelsbergzeitlichen Landwirtschaft, der aber noch Rätsel aufgibt.

 

Die Grabhügel

Zwei Grabanlagen etwa in der Mitte des Ringwalls können aufgrund der Untersuchungen der schnurkeramischen Kultur zugeordnet werden. Dietwulf Baatz entdeckte 1963 die Grabhügel und Rolf Kubon untersuchte 1975 einen davon. Es waren keine Megalithgräber - volkstümlich auch Hünengräber genannt - sondern bestanden aus Erde, wahrscheinlich mit einem den Hügel­fuß umgebenden Steinwall. Da das verwendete Erdreich aus dem Bereich der Gesamtanlage entnommen worden war, enthält es eine auffällige Menge von Fundstücken, die der Michelsberger Kultur zuzuordnen sind. Die Grabhügel gehören aber der schnurkeramischen Kultur an. Man vermutet, daß der untersuchte Hügel ursprünglich einen Durchmesser von etwa 6 Meter hatte und bis zu 2 Meter hoch war. Heute ist er bis auf etwa 12 Meter Durchmesser und 0,5 Meter Höhe abgeschwemmt. Einzelne größere Geröllstücke könnten zur Umfassung des Hügelfußes gehört haben.

 

Erkundung der Bodendenkmale:

Die Befunde der Hauptanlage basierten bis 2008 weitgehend auf Lesefunden. Diese ließen schon frühzeitig darauf schließen, daß der Kapellenberg bereits zur Zeit der Michelsberger Kultur umfangreich besiedelt war. Auch eine Besiedlung in der hallstattzeitlichen Epoche erscheint aufgrund der Funde wahrscheinlich. Angenommen wurde auch, daß der Kapellenberg bereits in der La-Tène-Zeit eine Befestigung aufwies.

Bis 2008 ging man aufgrund des Umfangs, des Erhaltungszustandes und der Darstellung der Anlage davon aus, daß der Ringwall auf dem Kapellenberg im Frühmittelalter erneut befestigt wurde. So vermutete W. Görich eine merowingische Landfeste, also eine fränkische Großfeste im Zusammenhang mit der Reichsorganisation im 7. Jahrhundert nCh, ähnlich den Anlagen am Glauberg, am Christenberg und am Büraberg. Fritz-Rudolf Herrmann schloß sich dieser Vermutung aufgrund der Führung des Walls und einzelner Bauelemente an. Diese Annahmen erwiesen sich aber bei den späteren Erkundungen als falsch.

Der Kernbereich des Nordwalls wurde 2008 erforscht. Als Kooperationsprojekt des Instituts für Vor- und Frühgeschichte der Universität Mainz, des Landesamts für Denkmalpflege Hessen und des Römisch - Germanischen Zentralmuseums Mainz wurden im Juli 2008 Ausgrabungen an der Anlage als Lehrgrabung durchgeführt, maßgeblich finanziert durch die Stadt Hofheim. In ihrer Dissertation fand Nadine Richter heraus, daß es sich bei der Anlage um ein Bauwerk der Michels­berger Kultur handelt. Diese Erkenntnis widerlegte die bisherige Annahme einer frühmittelalterlichen Konstruktion. Vielmehr ist die Anlage in die Jungsteinzeit einzuordnen und demzufolge mehrere tausend Jahre älter als ursprünglich angenommen.

Im Jahr 2009 wurden die Grabungen fortgesetzt, bei denen unterhalb eines schnurkeramischen Grabhügels Überreste einer Behausung mit dem Grundriß von 6 mal 9 Meter gefunden wurden. Es gibt nur sieben vergleichbare Funde in Deutschland. Auch diese von Bettina Hünerfauth geleiteten Grabungen finanzierte weitgehend die Stadt Hofheim. Sie konzentrierten sich im Wesentlichen auf einen kleinen Vorwall im Nordbereich. Dort fanden sich auch Hinweise auf ein Palisadengräbchen, das wohl in einer späteren Bauphase zugeschüttet wurde.

Im Jahre 2012 ging es um den westlichen und den östlichen Seitenwall. Im Osten ließ sich von Süden nach Norden ließ sich eine Terrassierung nach etwa einem Drittel des nahezu ansonsten horizontalen Schicht­verlaufes erkennen. Im nördlichsten Drittel des Profils war eine deutliche Eintiefung in den Pseudo­gley zu beobachten, die mit leicht lehmigem, sandigem Material verfüllt war und sich von der Umgebung abhob. Es ist davon auszugehen, daß es sich bei dieser Struktur um ein ehemaliges Palisadengräbchen handelt. Die dazugehörige Palisade ließ sich als Brandschichtenband mit starkem Holzkohleanteil identifizieren. Demzufolge bildet die Terrassierung des anstehenden Bodens zusammen mit dem Palisadengräbchen und den verbrannten Palisadenresten die erste Phase der Befestigungsanlage. Bei der bis zu 30 Zentimeter tiefen Struktur würde es sich demnach um den Laufhorizont hinter der Palisade handeln.

In der darauffolgenden Befestigungsphase kam es zur Aufschüttung einer schläfrig - sandigen, kalkhaltigen und bis zu 40 Zentimeter starken Schicht, in der eine zweite Palisadenkonstruktion war. Nach dieser zweiten Palisadenphase wurde dann der Hauptwallkörper aufgeschüttet. Im Profil war diese Aufschüttung noch bis zu einem Meter stark erhalten.

 Es lassen sich drei Phasen des Wallaufbaus unterscheiden, von denen die ersten beiden eher Palisadenbefestigungen mit einer leichten, dahinter liegenden Aufschüttung waren. Erst die dritte Wallphase wird durch einen mächtigeren Erdwall repräsentiert (Hessen-Archäologie 2012, Seite 35).

 

 

 

 

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