Frankfurt

 

Inhalt:

001  Kurzer Rundgang

006  Allgemeines

011  Geschichte

029  Personen

035  Goethe

056  Innenstadt

120  Westen: Höchst

140  Norden: Nordend, Ginnheim, Rödelheim, Bockenheim,  Westendsynagoge

157  Eschersheim, Preungesheim, Eckenheim, Hauptfriedhof, Philantropin

168  Heddernheim, Praunheim, Niederursel

173  Nördlichste Dörfer: Nieder-Erlenbach, Nieder-Eschbach, Kalbach, usw.

183  Osten: Bergen-Enkheim, Bornheim, Ostend, Fechenheim

206  Süden: Sachsenhausen, Niederrad, Schwanheim

241  Gewässer

 

 

Kurzer Rundgang

 

Hauptwache:

Die Hauptwache ist ein anmutiges Barockgebäude im Herzen der Innenstadt. Sie wurde 1729 als Wachlokal der Stadtwache und Gefängnis für Prominente erbaut. Der Wiederaufbau erfolgte 1951 bzw. 1968, heute beherbergt das Gebäude ein Café. Unter dem Platz ist ein dreigeschossiger Tiefbahnhof mit Geschäfts-, S-Bahn- und U-Bahn-Ebene, der 1968 in Betrieb genommen wurde.

Die Katharinenkirche an der Südseite der Hauptwache wurde zwischen 1678 und 1681 erbaut; in diesem protestantischen Gotteshaus wurde Goethe getauft und konfirmiert. Bemerkenswert ist das Turmportal mit der In­schrift darüber. Außen am Chor befindet sich ein Steinrelief „Maria mit dem Kinde in der Mondsichel“, an der Nordseite steht die Grabplatte des Hein­rich Volrat von Stolberg-Königstein (gestorben 1641) mit 32 Familienwappen.

 

Goethehaus:

Zum Goethehaus kommt man, wenn man in Richtung Kaiserstraße geht. Nach rechts blickt man zum Roßmarkt (einst Pferdemarkt) mit dem Gutenbergdenkmal; es zeigt Gutenberg mit seinen beiden Gehilfen Fust und Schöffer. Nach links biegt man ab in die Straße „Am Salz­haus“, von der rechts der „Große Hirschgraben“ abbiegt, in dem das Goethehaus steht (Nr. 23), das Geburtshaus des bedeutendsten deutschen Dichters (1749‑1832). Ursprünglich standen hier zwei Häuser aus spätgotischer Zeit Ende des 16. Jahrhunderts, die 1755 umgebaut wurden von Goethes Vater, dem wohlhabenden Kaiserlichen Rat Johan Caspar Goethe. Das Gebäude wurde durch Bomben zerstört, aber in ursprünglicher Form rekonstruiert. Die Einrichtung ist teilweise noch original von der Ratsherrenfamilie, denn sie war ausgelagert. Über dem Eingang ist ein Stein mit dem Wappen der Familie Goethe und Textor (Goethes Mutter) zu sehen. Im Hause wird alle drei Jahre der Goethepreis verliehen (50.000 DM). Am Hirschgraben hielt einst der Rat der Freien Stadt Hirsche. Die Straßen mit der Bezeichnung „-graben“ sind etwa identisch mit der Grenze der Altstadt nach der ersten („staufischen“) Stadterweiterung.

 

Karmeliterkloster:

Über die Berliner Straße kommt man zum Karmeliterkloster, das ab 1246 erbaut wurde. Der Kirchenbau erfolgte von 1310 bis 1510, im Jahre 1474 wurde die Kirche spätgotisch umgebaut, die Annakapelle wurde1494 geweiht. Die Klostergebäude wurden 1460 bis 1520 spätgotisch erneuert. Im gotischen Kreuzgang sind Reste von Fresken (1514-23) zu sehen mit dem Zyklus „Geburt und Leiden Christi“ von Jörg Rathgeb, die nach Kriegsschäden konserviert wurden. Das Kloster wurde 1806 aufgehoben.

 

Paulskirche:

Durch die Bethmannstraße mit dem Bethmannhof  (ältestes privates, überwiegend noch im Besitz der Gründerfamilie befindliches Frankfurter Bankhaus), kommt man zur Paulskirche. In diesem klassizistischen Rundbau (Baubeginn 1789, Ende 1833) tagte 1848/49 die Nationalversammlung, das erste deutsche Parlament. Im Jahre 1944 ist sie ausgebrannt und 1948 wieder aufgebaut. Heute  ist die Paulskirche eine bedeutende Feier‑ und Ausstellungsstätte.

 

Liebfrauenkirche:

Über die „Neue Kräme“ in Richtung Norden kommt man zum Liebfrauenberg mit den spät­barocken Patrizierhäuser „Zum Grimmvogel“ und  „Zum Paradies“. Dieses war im 14. Jahrhundert im Besitz des Siegfried von Marburg zum Paradies; als Adelssitz wurde  1775 ein barocker Neubau errichtet.

Die Liebfrauenkirche wurde im Jahre 1308 gestiftet und im 15. Jahrhundert erweitert. Im Jahre 1944 ist die Kirche ausgebrannt und wurde wieder aufgebaut. Der Turm wurde auf der Stadtmauer (Staufenmauer) errichtet. Bemerkenswert ist das innere Südportal. Verbunden mit der Kirche ist das einzige Kloster der Stadt (Kapuziner). Vor der Kirche steht der Liebfrauenbrunnen mit zwei Flußgöttern und einem Obelisk (um 1770).

 

Staufenmauer:

Durch die Töngesgasse geht es zur Staufenmauer, ein Rest der Stadtbefestigung aus dem 12. Jahrhundert. Durch die Lange Straße mit dem Hospital zum Heiligen Geist kommt man zum Allerheiligen Tor Straße, das allerdings nicht mehr steht. Dort ist  das ehemalige Dominikanerkloster von 1233, wo Meister Ekkehard ge­lebt haben soll und in dem heute ein evangelisches Gemeindezentrum untergebracht ist.

 

Judengasse:

Gegenüber steht das Verwaltungsgebäude der Stadtwerke. Hier befindet sich im  Keller das jüdische Museum „Judengasse“, dahinter der alte Ju­denfriedhof mit alten Grabsteinen mit jüdischen Schriftzeichen (die ältesten Steine aus dem 13. Jahrhundert), ein Mahnmal aus Grabsteinen und eine Friedhofsmauer mit Gedenksteinen für die ermordeten Frankfurter Juden.

 

Ober­mainbrücke:

Nach Süden geht es zur Ober­mainbrücke mit dem klassizistischen Säu­lenportikus, den Resten der einstigen Stadtbibliothek von 1825. Er steht in dem fünf Kilometer langen Anlagenring. Er war ur­sprünglich der Gürtel vor den Bastio­nen und Wällen, die um 1630 als dritter Entwicklungsabschnitt um die Altstadt gelegt wurden. Die Befestigungen wurden 1805 geschleift und durch Guiollett in Anlagen umgewandelt.

 

Sachsenhausen:

In Sachsenhausen steht jenseits der Brücke gleich links das Deutschordenshaus auf gotischen Grundmauern (1709-15) und die Deutschordenkirche (1309 geweiht, gotisch mit Barocktürmchen, im Innern kunstvolle Schnitzereien). Das Deutsch­ordenhaus wurde im Krieg zerstört, ist aber wieder aufgebaut und heute Zentrum des katholischen Gemeindelebens. Rechts am Mainufer steht die Dreikönigskirche

 

Alte Brücke:

Nach der Sage soll Kaiser Karl der Große auf der Flucht vor den Sachsen an den Main ge­kommen sein, aber wegen Nebel nicht die Furt über den Fluß gefunden haben. Aber eine weiße Hirschkuh hat ihn den Weg durch den Nebel gezeigt, so daß er sich in Sicherheit bringen konnte. Seitdem soll der Ort den Namen „Frankfurt“ erhalten haben. Die Brücke wurde nach 1200 erstmals erwähnt. Einst war sie mit zwei Mühlen verbunden, deren eine sich an der Stelle befand, wo heute noch eine Treppe hinab zur Maininsel führt. Die erste Brücke wurde 1914-26 durch einen Neubau ersetzt.

Auf der Brücke steht ein kunstvolles, schmiedeeisernes Kruzifix mit dem „Brickegickel“ (= Brückenhahn, 1967, eine Nachbildung). Damit hat es folgende Bewandtnis: Beim Bau der Alten Brücke Anfang des 14. Jahr­hunderts hatte der Baumeister ‑ sein Na­me ist nicht überlie­fert ‑ ein nicht gerin­ges Problem mit dem Zeitplan. Das Bauwerk wür­de ‑ das schien unab­wendbar ‑ erst mit reichlich Verspätung vollendet werden kön­nen. Den absehbaren Ärger mit den Stadt­oberen wollte sich der Brückenbauer erspa­ren, und so ging er ei­nen Pakt mit dem Teu­fel ein.

Der versprach ihm, die Brücke quasi über Nacht fertig zu stel­len, verlangte freilich als Gegenleistung die Seele des ersten Lebewesens, das von Hibbdebach nach Dribbdebach oder umge­kehrt marschieren würde. Nach altem Brauch wäre dies der Meis­ter höchst selbst gewesen, jedoch ersann der gute Mann eine List: Er trieb beim Jungferngang einen altersschwachen Hahn vor sich her ‑ und mit dessen Seele mußte der Teufel vorlieb nehmen. So war es, oder so ähnlich.

Jedenfalls erklärt die Geschichte am besten die Existenz des „Bri­ckegickels“, der vermutlich seit Beginn des 15. Jahrhunderts auf einer Stange über dem Brückengeländer thront. Allein: Der Gickel von heute ist nicht 700, er ist gera­de mal sieben Jahre alt. Und vermutlich ist er bereits der fünfte Nachfolger seines Urahnen. Der erste Hahn ist der Überlieferung zu Folge im Jahr 1434 in den Main geplumpst und ward nicht mehr gesehen. Seine Nachfolger wurden während des Dreißigjährigen Krieg entweder zur Zielscheibe für die Flinten der Schweden oder versanken samt der Brücke in den Fluten des Mains. Als Einzige hat die wahrscheinlich vierte Gickel‑Fassung von 1750 die Kriegswirren - wenn auch leicht ramponiert ‑ überstanden. Der Hahn kann heute im Historischen Museum bestaunt werden.

Nummer fünf schließlich wurde 1992 Opfer eines schnöden Diebstahls. Zwei Jahre mußte die Brücke danach ohne ihr Wahrzeichen auskommen, bis sich ein Mann namens Helmut Gärtner, scheidender Ortsvorsteher, erbarmte und Geld für Hahn Nummer sechs spendete. Der Bildhauer Edwin Hueller arbeitete ohne Entgelt, und so konnte der jüngste Sproß aus der Gickel‑Dynastie im September 1994 der Brücke übergeben werde: Er ist aus Bronze und mit Gold überzogen ‑ und wie es scheint gegen Diebstahl gesichert. Auf der Alten Brücke steht seit neuestem eine Nachbildung des alten Brückenhauses, heute eine Kunsthalle.

 

Museumsufer:

Am Main findet auf Sachsenhäuser Seite nicht nur der Flohmarkt statt, sondern hier ist auch der Hauptteil der Frankfurter Museen zu finden, das „Museumsufer“:  Städel’sches Kunstinstitut und Städtische Galerie, Museum für Kunst­handwerk, Deutsches Architekturmuseum, Deutsches Filmmuseum, Liebighaus, Museum für Völkerkunde, Jüdisches Museum, Museum für Kommunikation (Postmuseum). Weitere Museen in Frankfurt sind Naturmuseum Senckenberg, Historisches Museum und Münzkabinett, Kommunale Galerie im Leinwandhaus, Holzhausen‑Schlößchen, Kindermuseum, Struwwelpeter‑ Museum, Heinrich‑Hoffmann-Museum, Stoltze‑Museum, Frankfurter Brauerei‑Museum, Ikonen‑Museum, Museum für Moderne Kunst.

 

Dom:

Am Main entlang nach Westen kommt man zur Straße „Zum Pfarrturm“, durch die man zum Dom geht. Vor dem Dom ist der archäologische Garten.

Nur wenige Schritte entfernt vom Dom steht das Leinwandhaus. An der Fassade erinnert eine Frankfurter Normal‑Elle an die ursprüngliche Bestimmung dieses Gebäudes. Ende des 14. Jahrhunderts errich­tet, diente es lange Zeit dem Mes­sehandel mit Stoffen, war später abwechselnd Schuldgefängnis, Zollverwaltung und Gericht und brannte 1944 ab. Im Jahre 1983 fast original­getreu wieder aufgebaut, gehört es heute mit seinem markanten Giebeldach zu den schönsten Ge­bäuden in der Stadt und bietet Raum für die Kommunale Galerie, die vorwiegend Werke Frankfurter Künstler ausstellt und das Fotografie-Forum der Stadt Frankfurt.

In Richtung Römerberg kommt man auf der Nordseite zum „Steinernen Haus“ am Alten Markt. Es wurde im Jahre 1464 nach Art einer oberitalienischen­ Stadtburg errichtet wurde. Einst war es Sitz der aus dem Rheinland stammenden jetzt erloschenen Kaufmannsfamilie von Melem. Im Jahre 1962 wurde es verändert wieder aufgebaut und dient heute dem Frankfurter Kunstverein für seine Ausstellungen. Frank­furter Bürger riefen ihn 1829 ins Leben. damit er „anregend auf den Kunstsinn und ermunternd auf die Künstler wirken“ solle. Zu sehen sind hier Einzelausstellungen und in den letzten Jahren zunehmend Foto‑Ausstellungen. Häufig bietet der Kunstverein zwei oder mehrere Ausstellungen zugleich oder aufeinanderfolgende gleicher Thema­tik, um Vergleiche zu ermöglichen

 

Römerberg:

Der Römerberg markiert den historischen Mittelpunkt der Stadt, er war Kristallisationspunkt Frankfurter Geschichte. Sein östlicher Teil wurde bereits etwa 475 vCh von den Kelten bewohnt. Später besiedelten ihn die Römer, Ale­mannen und Franken. Oberhalb des Römerbergs, auf dem Domhügel, stand einst die karolingische Kaiserpfalz; mit ihr begann im 3. Jahrhundert die Besiedelung jenes Orts, der Frankfurt genannt wird. Um die Pfalzanlage herum ließen sich Bauern und Handwerker nieder, die in Diensten des Kaiserhofes standen. Aus der Siedlung am Rande der Pfalz war dann allmählich eine Bürgergemeinde entstanden, und der Platz am Fuße des Domhügels, der Römerberg, wurde zum Zentrum der heranwachsenden Stadt.

Die ersten Bauten stammen aus dem 8. Jahrhundert und werden den Karolingern zugeschrieben. Die Staufer errichteten vier Jahrhunderte später eine Königsburg. Der heutige Römerberg diente ihnen als öffentlicher Versamm­lungsort, Gerichts‑ und Turnierplatz. Seinen heutigen Namen erhielt der Römerberg erst zu Beginn des 15. Jahrhunderts, als das Haus „Zum Römer“ auf der West­seite zum Rathaus wurde. Vordem hieß der Römerberg schlicht „auf dem Berge“, doch wurde nunmehr der Name „Römerberg“ heimisch. Für den öst­lichen Hügel hatte sich auch der Name „Samstagsberg“ eingebürgert, nach dem Markt, der dort allwö­chentlich am Samstag abgehalten wurde.

Über die Jahrhunderte hinweg hatte der Platz immer wieder sein Aus­sehen verändert, jedes Zeitalter hatte ihm etwas hinzugefügt. Über viele Generationen hinweg erst war der Römer­berg geworden, wie ihn Foto­grafien und Zeichnungen aus der Vorkriegszeit zeigen. Mit dem historischen Wiederaufbau der sechs Gebäude auf der östlichen Seite des Platzes, zusammen mit dem stattlichen Fachwerkbau des Hauses „Schwarzer Stern“ hinter der Nikolaikirche, hat sich der Römerberg seinem früheren Erscheinungs­bild aus der Vorkriegszeit wieder angenä­hert. Frankfurts Altstadtzentrum bietet sich nun wieder als rundum geschlossener Platz dar, die dreif­ache Staffelgiebelreihe des Römers hat wieder ihr ebenso charakteristi­sches Pendant in der sechsgiebeli­gen Reihe der Bürgerhäuser auf der gegenüberliegenden Seite.

Der Römerberg hat auch Kuriositäten zu bieten, die nicht gleich auf den ersten Blick ins Auge springen. Mit­ten auf dem Platz, östlich vom Gerechtigkeitsbrunnen, beschreibt die dreifache Reihe größerer Pflas­tersteine einen weiten Kreisbogen. Der Kreis markiert den Umfang eines mittelalterlichen Rundturms, dessen Fundament bei Grabungen entdeckt worden war. Das Turmfragment aus dem 13. Jahrhundert hat einen äußeren Durchmesser von fast zweiund­zwanzig Metern, und die Mauers­tärke beträgt mehr als sechs Meter. Einige Schritte weiter, knapp drei Meter vor der Nordwestecke der Nikolaikirche, ist eine Metallscheibe in das Pflaster eingelassen. Die Scheibe kennzeichnet den „Viertürmepunkt“, von dem aus vier Frankfurter Kirchtürme zu sehen sind: die Türme der Nikolaikirche, des Doms, der Liebfrauenkirche und der Pauls­kirche.

An der Ostseite des Römerbergs wurde die historische Häuserzeile rekonstruiert (siehe Ordner „Frankfurt, Innenstadt“). Die östliche Seite des Römer­bergs wird durch originalgetreu rekonstruierte Gebäude begrenzt. Die vor einigen Jahren wieder aufgebauten Häuser mit Namen wie „Großer Engel“, „Goldener Greif“ und „Schwarzer Stern“ beherbergen Geschäfte, Wohnungen und Restaurants. Südlich davon steht das Haus „Zum Schwarzen Bären“.

Daneben steht die neue „Schirn Kunsthalle Frankfurt“ ‑ ein alter Name, ein neuer Inhalt. „Schirne“ nannte man früher in Frank­furt die kleinen offenen Metzger­laden in der Altstadt. An ihre Stelle ist seit Februar 1986 das multifunk­tionale Kulturzentrum getreten, dessen Herzstück die große zentra­le Ausstellungshalle bildet. Hier konnten seither bereits bedeutende Präsentationen gezeigt werden. Neben der langgestreckten Galerie und anschließenden Kabinetten umfaßt die Schirn noch Räume für die Junge Deutsche Philharmonie, die Jugendmusikschule und die Informations‑ und Hausnotruf‑Zen­trale des „Frankfurter Verbandes für Alten und Behindertenhilfe“.

Auf seiner Westseite des Römerbergs steht der Römer, das traditionsreiche Wahrzeichen Frankfurts.  Zu Beginn des 15. Jahrhunderts hatte der Frankfur­ter Rat das Gebäude für die Stadt erworben und zum Rathaus um­bauen lassen.  Direkt südlich vom Frankfurter Rö­mer, Limpurgergasse 2, funkeln heimische Tropfen im Glas: Pro­dukte vom Weingut der Stadt Frankfurt, ge­pflückt am Lohrberg und in Hochheim.

Auf der Südseite des Platzes befindet sich die ehemalige Rats­kapelle, die im 13. Jahrhundert erbaute Nikolaikirche (1264 erwähnt) mit ihrem 40stimmigen Glockenspiel. Der schlanke frühgotische Bau war ursprünglich königliche Hofkapelle und ab dem 14 Jahrhundert des städtischen Rates Die Empore vor dem Kirchendach wurde1467 angebaut. Bemerkenswert sind die Tympanons mit dem Heiligem Nikolaus in der Westwand und Südwand und die kunstvolle Grabplatte des Reichsschultheißen Siegfried von Marburg zum Paradies (gestorben 1386) im Innern; er vollendete die Entwicklung Frankfurts zur Freien Reichsstadt. Ergreifend im Innern ist die Sandsteinfigur, die Christus als Schmerzensmann zeigt. Vom Turm des heute evangelischen Gotteshauses ertönt um 9.05, 12.05 und 17.05 Uhr ein Glockenspiel.

Hinter der Kirche steht das Historische Museum mit Münzkabi­nett und Kindermuseum. Rechts davon steht das „Haus Wert­heim“, 1383 erwähnt, ein Fachwerkbau der Spätrenaissance um 1600. Es ist das einzig erhalte mittelalterliches Fachwerkhaus in Frankfurt und überstand - wie auch die Nikolaikirche - die Bomben von 1944.

Zum Main hin wird der Römerberg durch den Rententurm (1455) abgeschlossen  Der Turm bildet eine Einheit mit dem an der Stelle der staufischen Reichsburg aus dem 12. Jahrhundert errichteten Bernusbau (1717) und Burnitzbau (1842). Der Saalhofbau mit der Saalhofkapelle (um 1175) ist das älteste erhaltene Bauwerk Frankfurts, er gehörte zur ehemals staufischen Reichsburg. Bemerkenswert sind die Kapitelle in der Kapelle.

 

Eiserner Steg:

Am Eiserner Steg von 1868 befinden sich Hochwassermarken und die Darstellung eines Schweins, das die Juden verspotten sollte. Am Mainufer rechts liegt die St. Leonhardskirche, eine schön erhaltene fünfschiff­ige Hallenkirche mit spätromanischen Türmen aus dem 13. Jahrhundert (Leonhard ist der Schutzpatron der Viehherden). Bemerkenswert ist das Tympanon vom Engelbertusportal (um 1220). Im Inneren Kapitelle, hängendes Gewölbe, ein Schluß­stein im Salvatorchörlein (um 1510). Der Baugrund war ein Geschenk des Kaisers Friedrich II. (Hohenstaufe) an die ihm treue Stadt.

Man kann hier noch ein Stück am Main entlang gehen und dann zur Hauptwache zurückkehren bzw. vom Römerberg mit der U 4 zur Konstablerwache fahren und dort in die U 7 umsteigen. Man kann aber auch noch einen zweiten Teil des Rundgangs anschließen, der allerdings relativ weit ist.

 

Erweiterter Rundgang:

Am Main entlang kommt man am Jüdischen Museum vorbei zur Untermainbrücke, geht in die Neue Mainzer Gasse und kommt zum Willy-Brandt-Platz, dem Theaterplatz mit Schauspiel und Oper und dem früheren Hochhaus der Europäischen Zentralbank. Durch den Anlagenring mit den Denkmälern für Goethe (1884, mit Figuren aus seinen Werken auf dem Sockel), Schiller (1864), Heine,  Beethoven, Guiollett (Schöpfer der Anlagen) kommt man am Marshalbrunnen vorbei zur Alten Oper mit Neurenaissance‑Fassade von 1873 bis 1880. Im Giebelfeld stehen die Worte „Dem Wahren, Schönen, Guten“. Im Krieg ausgebrannt wurde die Alte Oper zum Teil von Bürgerspenden als Konzerthaus wieder aufgebaut. Davor steht der Lucae‑Brunnen.

 

Vom Opernplatz geht man entweder durch die Hochstraße (rechts das Stadtbad Mitte, links das Nebbiensche Gartenhäuschen, um 1810) zum Eschenheimer Turm oder über Frank­furts Schlemmerparadies Große Bockenheimer Straße („Freßgaß“) zur Börse. Ihre Ursprünge gehen bis auf das Jahr 1585 zurück, das heutige Haus wurde 1879 eröffnet. Besichtigung während der Börsenzeiten (Besucher­galerie) montags bis freitags 11.00 und 12.15 Uhr. Das nächste Ziel ist der Eschenheimer Turm, das markanteste der erhaltenen Tore (1428 oder 1462-68) der alten Stadtbefestigung. In die Wetterfahne ist eine „9“ hineingeschossen, von einem Angeklagten, der sich dadurch freikaufen konnte.

Von hier kann man schon zurück zur Hauptwache gehen. Durch die Große Eschenheimer Straße kommt man zum Portal zum Ehrenhof des Palais Thurn und Taxis, in französischem Frühbarock erbaut von 1727 bis1741: Kurzfristig 1737 bis 1748 Residenz des „Reichspostmeisters“  Das Tor führte einst zum „Bundespalais“ (1816 bis 1866 residierte hier der Deutsche Bundestag)..

Man kann aber auch durch die Bleichstraße zum Petersfriedhof mit der Peterskirche gehen. Seit 1826 ist hier allerdings kein Friedhof mehr, aber eine Reihe Gräber ist noch erhalten: die Grabplatte des be­kannten Malers, Kupferstechers und Verlegers Merian (gestorben 1687), eine Kreuzigungsgruppe von Backoffen und die Grabstätte der Familie Bethmann und der Eltern Goethes.

Durch die Alte Gasse kommt man zur Konstabler Wache und zur Zeil. Diese war einst Viehmarkt, an der nördlichen Häuserzeile standen einst Hotels, Schmieden und Adelspaläste, heute Großkaufhäuser. Über die Zeil geht es nach Westen zurück zur Hauptwache.

 

 

Allgemein

Aus den Trümmern der im Zweiten Weltkrieg fast völlig zerstörten traditionsreichen Messestadt ist eine Großstadt mit zwei Gesichtern gewachsen. Da ist zum einen das Banken-Frankfurt mit seiner glänzenden Hochhauskulisse, Sitz der wichtigsten deutschen Börse, deutscher Großbanken sowie der Europäischen Zentralbank. Und zum anderen das alte Frankfurt, an einigen Ecken, noch zu spüren, unter anderem in den Vorstädten. Wie aus Trotz gegen eine Übermacht der Moderne wurden am Römerberg noch in den achtziger Jahren des 20. Jahrhunderts Fachwerkhäuser nach alten Plänen wieder aufgebaut. Dies spiegelt das Hin- und Hergerissensein der Frankfurter zwischen Weltstadtbürger und Kleinstädter wider. Im Übrigen ist Frankfurt mit über 700.000 Einwohnern Deutschlands fünftgrößte Stadt. Und keine andere lebt so sehr von der Dienstleistung: 87 Prozent der Arbeitsplätze liegen in diesem Sektor.

 

Wissenswertes über Frankfurt:

In Urkunden taucht der Name Frankfurt zuerst im Jahre 794 auf, als Karl der Große hier seinen Reichstag abhielt. Grabungsfunde im Dom ergaben, daß zwischen 650 und 720 nach Christi Geburt ein Merowinger‑Fürst sein Töchter­chen in Frankfurt zu Grabe trug ‑ in einer Kirche, die rund 100 Jahre älter als das Gotteshaus, in dem Karl der Große 794 seine Kirchensynode in Frankfurt abhielt. Seither gilt diese Synode als Geburtsjahr des Ortes an der Furt der Franken im Main.

Im Jahre 876 wurde Frankfurt Hauptstadt des Ostfränkischen Reiches. Mehrere Jahrhunderte war es Wahl- und Krönungsstätte der deutschen Könige, die gleichzeitig Kaiser waren. Im Jahre 1152 wurde der erste König in Frankfurt gewählt (Friedrich I., Barbarossa). Im Jahre 1356 bestimmte Kaiser Karl IV. Frankfurt durch ein Reichs­grundgesetz, die sogenannte „Goldene Bulle“, zur ständigen Wohlstadt für die deutschen Königswahlen.

Von 1815 bis 1866 war Frankfurt Sitz des deutschen Bundestages, 1848 fand hier erste deutsche Nationalversammlung statt.

 

Ortsbezeichnungen und Straßennamen:

Vor 100 Jahren glaubte man tat­sächlich, die Anhöhe, auf der sich der Poelzig‑Bau, das IG‑Farben­-Hochhaus, erhebt, sei einmal ein feuer­speiender Berg gewesen. Als „Affenstein­-Vulkan“ findet er sich in der Literatur. Sei­nen Namen leitet man von einem „Ave­-Stein“ her, einem Marien‑Bildstock, der dort oben gestanden haben soll. Gräbt man hier oder im benachbarten Grüne­burgpark, so stößt man tatsächlich auf Basaltlava, nicht aber auf einen Vulkan­schlot. Vielmehr floß die Basaltschmelze im entfernten Vogelsberg während der Tertiärzeit vor Millionen Jahren aus, und die flüssige Lava streckte ihre glühenden Zungen bis nach Frankfurt.

So entstand auch der Basalt von Boc­kenheim, auf den noch die „Basaltstraße“ hinweist. Schon die Römer bauten davon ab, und noch vor 100 Jahren waren sieben Basaltsteinbrüche in Betrieb. Sie lieferten Quadersteine, Treppenstufen, Mühl‑ und Pflastersteine, Brunnen‑ und Gesimsstei­ne, Tröge, Säulen und Faßlager. Aus der „Großen Steinkaute“ zwischen Basalt‑ und Marburger Straße war nach dem Abbau ein Teich entstanden, den man aber wie­der verfüllte. Noch heute steht Basalt bei der Mühlgasse, in  d er Kurfürstenstraße und am Westbahnhof im Untergrund an. Kleinere Basalt‑Steinbrüche waren bei Bonames, Kalbach und Eschersheim in Betrieb.

Auch beim Park Louisa gibt es Vogels­berg‑Lava. In der „Schwarzen Steinkaut“ wurde der Basalt zwischen dem „Schwarz­steinkautweg“ und der „Mörfelder Landstra­ße“ gebrochen. Während das Gestein der vielen „normalen“ Frankfurter Steinbrü­che ganz hell war wie der Kalkstein der „weißen Steinkaut“ bei der Körner‑Eiche im Stadtwald, war es hier blauschwarz.

Von den vielen alten Lehm‑ und Ton­gruben zeugen Straßennamen wie „Lettig­kautweg“ und „Lehmkautstraße“, und im Höchster „Ziegelfeld“ wurde Lehm von den Römern in einer Zen­tralziegelei verarbei­tet. Transportgünstig an Main und Nidda gelegen, war der Betrieb geeignet, das ganze obergermanische Heer mit Ziegel­steinen zu versorgen.

Am „Sandberg“ Sachsenhausens wurde natürlich Sand gegraben, und die Straße „Zum Bergwerk“ in Kalbach weist auf eine nahe gelegene Braunkohlengrube hin, die ab etwa 1816 in Betrieb war, ähnlich wie eine Anlage bei Ginnheim, deren Schäch­te beim heutigen Sankt‑ Markus‑Kranken­haus in die Tiefe reichten. Hier wurde zwischen 1881 und 1884 aus zwei Flözen Kohle hoch gebracht und zu Hausbrand genutzt.

 

Viele Namen erinnern an Quellen und Brunnen, die ja lebenswichtig waren, heu­te aber meist vergessen sind. So wird Bornheim auf mehrere kleine Quellen zu­rück geführt, die am Hang im Untergrund austraten. Ob sich Seckbach von jenem Sickwasser ableitete, das vom Lohr­berg herabkam, erscheint jedoch recht fraglich. Der Berger „Rebenborn“ entsprang im Wes­ten des heutigen Stadtteils Bergen im freien Feld und gab einer Straße den Na­men, wie auch der „Römerbrunnen“ in Har­heim und viele andere. So geht die Straße „Am Weimarfloß“ auf den Ginnheimer „Wei­marbrunnen“ zurück, der sein Wasser ehe­mals zur Nidda fließen ließ. Der „Revers­brunnenweg“ in Sachsenhausen soll auf den „Bärsborn“ zurückgehen. Der speiste die künstlich angelegten Fischteiche des Seehofs. Im Jahre 1842 kaufte die Stadt diesen Hof mitsamt einer Mühle, um das reichlich fließende Quellwasser zu nutzen. Auch der „Bergesgrundweg“, vielleicht ursprüng­lich „Börnchesgrundweg“ mag auf Quellen beim Seehof hinweisen.

 

Die „Pfingstbrunnenstraße“ erinnert an eine Quelle, die am Fuße des „Johannis­berges“ entsprang und deren Wasser nach den Dammwiesen abfloß, und „Am Leonhardsbrunn“ geht auf einen Brunnen zu­rück, der jetzt am Westrand des Palmen­gartens zu suchen ist. Der „Volgers­brun­nenweg“ ist nach einem Brunnen am „Rie­derspieß“ im Riederwald benannt, der wie­derum den Namen des Geologen Otto Volger trägt. Dieser war Dozent am Museum Senckenberg und gründete 1859 das Freie Deutsche Hochstift zur Pflege von Wissenschaft und Volksbildung. Persön­lich setzte er sich für den Erhalt von Goe­thes Vaterhaus ein und war bestrebt, alle in Frankfurt vorkommenden Gesteine, Mineralien und Fossilien im Museum zu präsentieren.

Andere Frankfurter Straßennamen zeu­gen von jenen Bächen, die ehemals im Stadtgebiet flossen, dann aber zur Fül­lung des die Stadt umgebenden Stadtgra­bens herangezogen wurden. Später ver­bannte man sie, weil sie oben störten, in Kanäle. Entlang der „Elkenbachstraße“ floß der gleichnamige Bach. Seine Quelle war das Gebiet Hallgarten‑/ Rotlint‑/ Böttgerstraße; ein Zufluß kam vermut­lich auch aus dem Günthersburgpark. Dort war auch die Quelle eines anderen Gewässers, das im Verlauf der heutigen Saalburgallee Richtung Ostpark floß. Beide erklären, warum die Günthersburg, die in der Mitte des heutigen Parks lag, auch „Bornburg“ hieß. Der Elkenbach mün­dete beim Bethmannpark in den Stadt­graben.

 

Die „Leerbachstraße“ geht auf den „Löhe- oder Leierbach“ zurück. Seine Quelle ist unterhalb des Grüneburgweges zu lokalisieren. Auch dieses Flüßchen mußte zur Speisung des Stadtgrabens, unweit der Stelle der Alten Oper, herhalten. Der „Marbachweg“ ist benannt nach jenem Bach, der eine alte Gemarkungsgrenze markierte. Seine Quelle lag bei den heutigen Rundfunkgebäuden an der Bertramstraße, das Wasser füllte den Wehrgraben des Kühhornshofes, benannt nach Berhard Kuhorn aus dem 16. Jahrhundert. Ab dem Dornbusch folgte der Marbach dem nach ihm benannten Weg, danach der Wilhelm‑Epstein‑Straße bis zur Niddaaue.

Die ehemaligen Seitenarme des Mains hinterließen im Stadtgebiet vielerorts Torfmoor, so das viel genannte Braubachmoor, das sich unter anderem bei Bau des Museums für Moderne Kunst wieder in Erinnerung brachte. In Bohrungen am Danziger Platz fand sich der Torf des „Metzgerbruchs, an der Hanauer Landstraße der des „Riederbruchs“ und in der „Mühlbruchstraße“ das Torfmoor des gleichnamigen Bruchs. Zwischen Messegelände und Opelkreisel stößt man auf torfige Rinnen des ehemaligen „Dammgrabens“. Dieser stand über das „Gele Loch“ sowie das Gebiet der heutigen Varrentrappstraße in Verbindung mit den Wassergraben, welche die Kettenhöfe am Kettenhofweg umgaben. Von diesen Höfen aus zog der Flußarm zum ehemaligen „Rüstersee“ etwa bei der heutigen „Rüsterstraße“. Er wird um 1700 als fischreiches, aber unheimliches Gewässer geschildert, das längst zugeschüttet ist.

 

Wasserhäuschen:                                                                                                    

Wenn Andrea Hüller gegen sechs Uhr morgens ihren fast 100 Jahre alten Kiosk im Frankfurter Osthafen öffnet, hat sie schon jede Menge Arbeit hinter sich. Brötchen schmieren, Kaffee kochen, die ersten Würstchen warm machen und die süßen Stückchen vom Bäcker ins Körb­chen räumen. „Je nach Jahreszeit stehe ich zwischen halb drei und vier Uhr morgens auf im Sommer fällt das frühe Aufstehen natürlich leichter. Da ich meine Arbeit sehr mag, komme ich aber ganz gut aus dem Bett“, erzählt Hüller, die das wohl älteste der rund 300 Frankfurter Wasserhäuschen betreibt.

Der Imbiß, der laut Recherchen der 43-Jährigen im September 1912 seine Konzession erhielt, strahlt einen ganz eigenen Charme aus. Am westlichen Ende des Osthafens gelegen, macht ihn die isolierte Lage sowohl für Andrea Hüller als auch für ihre Kunden zu etwas Besonderem. Die gelernte pharmazeutisch-technische Assistentin sagt: „Es gibt hier fast kein Durchgangspublikum, die meisten meiner Kunden sind Stammkunden. Ich betreibe sozusagen einen Kiosk mit Familienanschluß und weiß einfach, wer seinen Kaffee wie trinkt und wer welche Zigarettenmarke raucht.“ Da müßten „die Jungs“, wie Hüller ihre Kunden fast liebevoll nennt, gar nicht viel sagen. Nur wenige Frauen sind unter ihren Kunden, denn „weibliche Lastwagenfahrer sind noch relativ selten.“

Übernommen hat Hüller den Kiosk mit der offiziellen Bezeichnung „Jöst Nummer 1“ im Juli 1995 gemeinsam mit ihrem inzwischen verstorbenen Mann. „Das war für uns etwas völlig Neues und Fremdes, aber wir haben uns ganz spontan dazu entschieden. Über 100 Ecken hörten wir, daß die Vorbesitzer sich zur Ruhe setzen wollten“, erinnert sie sich. Wenn sie ihren Imbiß auch selbst meist nur „das Häuschen“ nennt, so verbirgt sich hinter „Jöst Nummer 1“ doch eine kleine Geschichte der Wasserhäuschen in Frankfurt. „Die meisten Frankfurter Trinkhallen gehörten seit Anfang des 20. Jahrhunderts der Firma Jöst, bis sie dann in den 70er Jahren an die Henninger Brauerei verkauft wurden“, erzählt Hüller. Zur Versorgung der Arbeiter im vor dem Ersten Weltkrieg entstandenen Osthafen eröffnete Jöst den kleinen Kiosk am Fuße der Honsellbrücke. Und obwohl nachträglich neben anderen kleinen Veränderungen ein Lagerraum angebaut wurde, ahnt man das stolze Alter des „Häuschens“ auf den ersten Blick. Entsprechend sorgsam hegt und pflegt die aus Bad Sooden-Allendorf stammende Hüller ihren Kiosk. „Ich putze jeden Tag nach Feierabend durch“, sagt sie stolz. Was in ihrem „Häuschen“ noch original ist, kann sie aber nicht genau sagen. Hinter den Kacheln in der kleinen Kochnische befänden sich zwar noch die Originalwände, aber davon abgesehen sei „immer mal wieder ein Regalbrett“ hinzugekommen.

Ob sie ihren Job, der ihr „jeden Tag ähnliche Handgriffe und dennoch sehr viel Abwechs­lung“ bringt, bis zur Rente ausüben wird, kann Andrea Hüller nicht absehen. „Die ersten Zipperlein machen sich bemerkbar, denn die Arbeit ist körperlich anstrengend und ich stehe den ganzen Tag“, sagt sie. In der Tat: Einen Stuhl oder Hocker sucht man in dem kleinen Verkaufsraum vergeblich. Auch Reichtümer könne man mit dem „Häuschen“ nicht anhäufen.

Die Kunden aber müssen auf fast nichts verzichten. Von Schokoriegeln über Zeitungen und Zigaretten bis hin zu Donuts, Croissants und Plunderstückchen ist alles im Angebot, was das Herz begehrt. Beliefert wird Hüller von Bäcker und Metzger, fast alles andere kauft sie selbst ein. Und auch das geht manchmal ganz schön auf den Rücken, denn: „Wenn ich einkaufe, dann richtig.“ (18.07.2009)

 

Grüngürtel:                                                                                                                         

Rund 65 Kilometer lang schlängelt sich der Grüngürtel-Rundwanderweg rund um Frankfurt. Ein Drittel des Frankfurter Stadtgebiets ist dauerhaft geschützt und zieht sich wie ein Band um die Kernstadt: Der Grün-Gürtel ist mit einer Fläche von 8.000 Hektar das wichtigste Naherholungsgebiet der Bewohner und bedeutsam als grüne Lunge für die Stadt.

Ein erster Höhepunkt ist der Stadtgarten am Ostbahnhof, eines der größten „Urban Gardening“-Projekte Frankfurts. Die „urbanste Etappe" führt vom Ostbahnhof in den Ostpark, wo es am schmuck angelegten Bürgergarten zu Bernsteins „Elfmeterpunkt auf der Erdachse“ geht. Das Objekt des Karikaturisten F. W. Bernstein ist Bestandteil der „Komischen Kunst im Grüngürtel“, der man auf dem Rundweg überall begegnet.

Die Wandertrecke bewegt sich weiter entlang des Erlenbruchs zum nächsten Werk aus der Reihe „Komische Kunst im Grüngürtel“, nämlich F. K. Waechters „Dicke Raupe“ auf dem Ast eines Baums.

Im Fechenheimer Wald ist eine Stempelstelle, an der man den Buchstaben an die entsprechende Stelle der Wanderkarten einprägen kann. Für das System, das das Umweltamt der Stadt Frankfurt eigens ausgetüftelt hatte, gibt es reichlich Lob. Die Umsetzung des Abstempelns der Wanderpässe bereitet oft Schwierigkeiten. „Entweder müssen die Gastronomen an der Strecke mitspielen und die Karten abstempeln oder man findet Stempelkissen und Stempel an einer Kette hängend vor, aber die Idee mit den Präge-Buchstaben ist einfach genial. Eine innovative Grüngürtelerfindung!“

Gerhard Weinrich vom Mainäppelhaus berichtet über die vielseitigen Tätigkeiten und die pädagogischen Kurse des Vereins. Kindern die Natur nah zu bringen sowie Schutz und Erhalt der wertvollen Streuobstwiesen seien die erklärten Ziele des Mainäppelhauses, das eine hervorragende Zusammenarbeit mit der Stadt Frankfurt pflegt.

Im Jahr 2014 belegte die abwechslungsreiche Strecke bei der Fachzeitschrift „Wandermagazin“ den ersten Platz in der Kategorie „Routen“ (mehrere Tagesetappen). Bei den Routen stand in diesem Jahr das Wandern durch oder um Metropolregionen im Fokus. Nominiert waren bundesweit fünf Routen: neben dem Grün-Gürtel, der 66-Seen-Weg rund um Berlin, der Rößleweg rund um Stuttgart, der Kölnpfad um die Domstadt am Rhein und die Runde um Magdeburg waren die Mitbewerber. Nach eingehender Begutachtung vor Ort durch die vierköpfige Fachjury belegt der Grün-Gürtel-Wanderweg Platz eins, gefolgt vom 66-Seen-Weg und dem Kölnpfad auf den Plätzen zwei und drei.

Der rund 65 Kilometer lange Grün-Gürtel-Wanderweg ist das Musterbeispiel für einen stadtnahen Wanderweg mit höchstem Unterhaltungswert. Auf die Wanderer warteten abwechs­lungs­reiche Landschaften, die durch Wiesen, Weinberge, Streuobst, Flußauen, Sanddünen oder dichten Wald führen. Auch die Komische Kunst wie das „Ich-Denkmal“ oder eine Fähre böten ein erstaunliches Erlebnispotential. Beeindruckend seien auch jene Punkte entlang des Weges, an denen sich die Natur einstiger zivilisatorischer Fesseln entledigen durfte, wie der alte Flugplatz bei Bonames oder die Nidda hinter dem Höchster Wehr. Traumhafte Sonnenaufgänge vom Lohrberg, sehenswerte Sonnenuntergänge von der Deutschherrnbrücke und der wundervolle Bohlenweg durch die Schwanheimer Dünen - das ist schon großes Kino. Ein kleiner Abschnitt in Oberrad ist auf eine noch schönere Strecke verlegt worden. Damit bleibt die Stadt kontinuierlich am Ball, um den Bürgern einen attraktiven Wanderweg zur Naherholung zu bieten.

Man kann den Grüngürtel an drei Tagen komplett zu Fuß erkunden, aber auch kleinere, lokale Wanderwege führen hindurch. Alle Wege sind in der Grün-Gürtel-Freizeitkarte eingetragen, die Interessierte beim Frankfurter Umweltamt bestellen können. Zusätzlich ist der Weg mit dem weißen Grün-Gürtel-Logo beschildert. Entlang des Weges stehen neun Stempelstellen, mit denen der „Wanderpaß“ gefüllt werden kann. Wer einen vollen Paß vorlegt, erhält einen GrünGürtel-Tier-Anstecker (21.08.2014).

Für die vorbildliche Markierung des Grüngürtel-Wanderwegs ist Ingolf Grabow ehrenamtlich zuständig. Er kontrolliert jährlich die Markierung und braucht dafür immer vier Tage.

Wander- und Freizeitkarten des Frankfurter Grüngürtels können am Umwelttelefon unter    0 69/2 12-3 94 01 sowie per E-Mail an umwelttelefon@stadt-frankfurt.de bestellt werden oder bei der Bürgerberatung, Am Römerberg 32, abgeholt werden.

Manuel Andrack schildert seine Frankfurter Wandererlebnisse in seinem Blog im Internet unter andrackblog.de. www.umweltamt.stadt-frankfurt.de.

 

 

Geschichte

 

um 4000 vCh

Steinzeitsiedlungen (Osthafen, Praunheim)

um 500 vCh

Kelten besiedeln das Gebiet

um 83 nCh

Eroberung durch die Römer (Kaiser Domitian)

um 260 nCh

Die Römer geben das Gebiet (Nida) wieder auf

bis 500 nCh

Völkerwanderung und Besiedlung durch die Alemannen

ab 500

Eingliederung in das Frankenreich (Merowinger)

754     

Der Leichenzug des Bonifatius

794

Der Name Frankfurt wird zum ersten Mal erwähnt: Kaiser Karl beruft ein Konzil in seine Pfalz

Um 850

Bau der Salvatorkirche, der Vorläuferin des Doms

941

Versöhnung Ottos des Großen mit seinem Bruder Heinrich

Um 1150

Bau der Staufenmauer

1152   

Erste Frankfurter Kaiserwahl in Frankfurt: Friedrich Barbarossa

1333

Die große Stadterweiterung

1349

Gegenkönig Günther von Schwarzburg stirbt in Frankfurt

1356

Karl IV. erläßt die Goldene Bulle

1372

Freie Reichsstadt und Erwerb des Stadtwaldes

1389

Niederlage in der Schlacht bei Kronberg

1400 – 1425

Bau des Eschenheimer Turmes

1405

Das Haus „Zum Römer“ wird Rathaus

1415 – 1514

Bau des Domturmes

1462

Die Juden beziehen die Judengasse

1552

Belagerung durch protestantische Fürsten

1554

Niederländische Reformierte ziehen ein

1562   

Erste Frankfurter Kaiserkrönung: Kaiser Maximilian II.

                                              

 

Zehn Militärlager in Heddernheim und Praunheim

Im Norden von Frankfurt, rund 6 Kilometer nördlich des Mains, zwischen den Vororten Heddernheim und Praunheim, erstreckt sich das römische Gebiet mit seinen vielfältigen militärischen Lagern, dem später ummauerten „vicus Nida“ und den Gräberfeldern. Bei dem Gelände handelt es sich um eine Zunge der Mittelterrasse, die sich nördlich der ehemals windungsreichen Nidda um 10 bis 15 Meter über dem Fluß erhebt, jedoch keine ebenmäßige Fläche bietet. Der höchste Punkt liegt in der Nähe des W-Tores des Alenkastells (A). Die Gesamtlänge des von den Römern in Anspruch genommenen Platzes beträgt in der Richtung Südwest-Nordost rund 2,6 Kilometer. Heute ist das Gebiet vor allem durch die Nordweststadt nahezu vollkommen überbaut und die Nidda begradigt, so daß man Pläne in der älteren Literatur (Wolff 1915) ansehen muß, um von der antiken Topographie eine Vorstellung zu bekommen.

Mindestens zehn Lager im Areal von Heddernheim und Praunheim bezeugen, daß dieser Platz ein strategisch wichtiger Punkt für die Eroberung der Wetterau war. Die meisten der Lager waren nur kurzfristig belegt und hinterließen kaum Scherbenmaterial, so daß die genaue Aufschlüsselung ihres Neben- und Nacheinanders nicht möglich ist. Die Ausgrabungen der älteren wie der neueren Forscher waren zudem aus verschiedenen Gründen eingeschränkt, und es konnten nur wenige Lager ihrem Umfang nach, keines davon in seiner gesamten Fläche, untersucht werden. Bis auf das Lager B dürften jedoch alle in die Okkupationszeit gehören und sich auf die Kriegszüge in vespasianischer und domitianischer Zeit beziehen, zumal die meisten ein Areal einnehmen, durch das später römische Straßen liefen. Anhaltspunkte für ein Marschlager aus augusteischer Zeit gibt es nicht.

Georg Wolff war vor dem Ersten Weltkrieg der maßgebende Forscher für die militärischen Bauten in Heddernheim und Praunheim. Das Lager B wurde 1933-1936 ausgegraben. Es ist ein symmetrischer Annex (Anbau) an der Ostseite des Alenkastells (A). Ein Spitzgraben umschloß ein Areal von 80 mal 292 Meter; beide Graben-Enden im Norden und Süden knickten beim Einlaufen in den äußeren Kastellgraben des Alenkastells stumpfwinklig ab, so daß ihre Rücksichtnahme auf das bestehende Alenkastell außer Zweifel steht. An der Ost-Seite, am Ende der Straße, die als Verlängerung der via principalis des Alenkastells angelegt war, befand sich das einzige Tor: ein Holzbau mit zwei Durchgängen. Von den Innenbauten wurden im Nord-Teil mehrere Reihen großer Pfosten festgestellt, die als 45 - 50 Meter langer Magazinbau interpretiert werden. Der Süd-Teil wurde nicht untersucht. Die von Wolff erwähnten Funde zeigen an, daß dieses Lager wahrscheinlich parallel zur letzten Phase des Alenkastells bestanden hat und jedenfalls gleichzeitig mit diesem (nach 103 nCh) aufgegeben wurde. Demnach ist das Lager B das jüngste aller Lager ohne steinerne Umwehrung von Heddernheim-Praunheim.

 

Untersuchungen von 1901 - 1908 förderten das Lager C nördlich des Alenkastells (A) zutage. An eine 420 Meter lange Südseite schloß sich rechtwinklig die 280 Meter lange West-Seite mit einem Tor bei 180 Meter nördlich der Südwest-Ecke. Die Merkwürdigkeit dieser Anlage besteht darin, daß sich an der Innenseite des West-Tores ein weiterer, kleinerer Spitzgraben anschloß und durch seinen schrägen Verlauf zur Südost-Ecke nunmehr ein dreieckiges Lager von etwa 4 Hektar bildete. Die erfolglose Suche nach dem ursprünglichen Rechteck und die unsymmetrische West-Seite gaben bald zu der Vermutung Anlaß, daß hier ein provisorisches bzw. reduziertes Lager vorliege, in dem eine Truppe nur kurzfristig untergebracht war. Die Befestigung selbst war nicht besonders stark. Das 8,60 Meter B-Tor im Westen hatte einen vorgelegten Spitzgraben (tutulus) von 16,50 Meter Länge. Da dieses dreieckige (oder auch ursprünglich rechteckige?) Lager auf die Trassenführung der römische Straßen nach Okarben, zur Saalburg und nach Nordwesten noch gar keinen Bezug nimmt, diese vielmehr alle drei durch sein Areal hindurchgeführt hätten, dürfte es in der frühesten Zeit der Okkupation entstanden sein. Seine Südwest-Ecke wurde denn auch vom Straßenbett der Saalburgstraße und sein West-Tor vom flavisch-trajanischen Gräberfeld an der Feldbergstraße überlagert. Der auch in neuerer Zeit mehrfach geschnittene südliche Spitzgraben enthielt keine Funde.

 

Das seit 1910 erforschte Lager D zeigte sich infolge seiner Unregelmäßigkeiten nicht weniger problematisch als das soeben besprochene, und wahrscheinlich besteht sogar ein Zusammenhang zwischen beiden. Westlich des Alenkastells (A) wurden vom Lager D die West-Seite, die Südwest-Ecke und ein Stück der Südseite mit Tor ermittelt. Während der südliche Graben (Länge 130 Meter) dann im äußeren Kastellgraben des Alenkastells verschwand, wurde die West-Seite (Länge fast 500 Meter) mit Unterbrechungen bis zu ihrer Einmündung in den westlichen Graben der Anlage C verfolgt. Die Unregelmäßigkeiten bestehen in einem richtungsändernden leichten Knick der West-Seite und in der Einmündung in ein anderes Grabensystem. Wolff zog die Schlußfolgerung, daß das Lager D zum Zwecke der Erbauung des Alenkastells und gewissermaßen um dieses herum errichtet war. Jedenfalls muß Lager D einerseits zeitlich vor dem Alenkastell bestanden haben, dessen erster Ausbau schon unter Kaiser Vespasian erfolgte, und andererseits etwas später als Lager C angelegt worden sein, in dessen West-Graben es einmündet. An dieser Stelle ist eine schnelle Abfolge der Lager augenscheinlich. Von Wallpalisade oder Torbau wurden keine Spuren gefunden. Die Toröffnung an der Süd-Seite war 6,50 Meter breit.

Im Zusammenhang mit dem Lager C hat Wolff zwei Spitzgrabenprofile erwähnt, die er ein Stück nordöstlich von diesem in zwei Ziegeleien beobachtet hatte (E), vielleicht ein weiteres Lager.

Gündel fand 1925-1926 die Nordwest-Ecke des kleinen Lagers F auf dem Gelände des christlichen Friedhofs in Heddernheim. Nach Gündels Berechnung handelt es sich um eine fast quadratische Umwehrung von 100 - 110 Meter Seitenlänge. Die Scherben aus Spitzgraben und Palisadengräbchen wurden bei ihrer Auffindung als domitianisch angesprochen; die Errichtung des Lagers ist jedenfalls in flavische Zeit zu setzen.

Während der Baumaßnahmen in der Nordwest-Stadt in den sechziger Jahren konnte ein west-ost fluchtender Spitzgraben über 260 Meter verfolgt werden; wahrscheinlich die Nord-Seite eines großen Lagers G. Er quert die heutige Ernst-Kahn-Straße in ihrem nördlichen Teil und verläuft fast parallel zur späteren nördlichen Vicus-Umwehrung in etwa 80 Meter Entfernung von dieser. Die westliche Begrenzung ist mutmaßlich ein Spitzgraben, der in der Baugrube Ernst-Kahn-Straße 16 beobachtet wurde. Der zugehörige Spitzgraben im Süden könnte der sein, der 1961 gefunden wurde: In 160 Meter Entfernung zum nördlichen Graben verläuft er in gleicher West-Ost-Richtung durch den nördlichen Teil des Hauses Ernst-Kahn-Straße 118. Die Begrenzung der Ost-Seite ist unbekannt. Das so umrissene Lager hätte, wenn die Rekonstruktion stimmt, mehr als 4 Hektar Fläche umfaßt. Es könnte nur in frühflavischer Zeit bestanden haben, nämlich noch ehe das Lagerdorf, die ältere Straße nach Mainz und die Saalburgstraße errichtet wurden. Auch die Überschneidung mit dem Erdlager D spricht für kurzfristiges Bestehen. Tor-Anlagen oder sonstige Spuren der Umwehrung wurden nicht bekannt.

 

Die Profile von zwei zusammengehörigen Spitzgräben wurden 1929 in einem Wasserleitungsgraben des Grünen Weges (heute Bernadottestraße) gefunden; die Stelle befindet sich etwas östlich der Straßenflucht „Am Alten Schloß“ und rund 200 Meter entfernt von der Nordwest-Ecke der Vicusbefestigung (H). Wahrscheinlich dehnte sich das Lager noch nördlich der Bernadottestraße aus. Hierzu ist unter Vorbehalt ein wahrscheinlich in gleicher Richtung (Nordwest-Südost) laufender Graben zu zählen, der Im Weimel 14 beobachtet wurde. Er lag so dicht neben der Vicusbefestigung, daß ein zweiter Spitzgraben in dieser untergegangen wäre. Die Entfernung beider Fluchten beträgt rund 140 Meter. In beiden Fällen wurden Scherben des 1. Jahrhunderts notiert.

In der Baugrube der Häuser In der Römerstadt 182–188, etwa 102 Meter westlich der Vicus­befestigung, wurde 1963 ein Nord-Süd verlaufender Spitzgraben über 14 Meter verfolgt (J).

Im Jahre 1929 wurde in der Baugrube des Hauses Alt-Praunheim 53 die Süd-Ecke eines Spitzgrabens registriert (K), der keinerlei Funde enthielt.

Das Praunheimer Lager L konnte 1905 in Ziegeleigruben nördlich der Heerstraße (früher Elisabethenstraße) - heute der Bereich zwischen Schönberger Weg und Stierstädter Straße und westlich etwas darüber hinaus wenigstens in seinen Ausmaßen (270 mal 340 m) vollständig erfaßt werden. Da das Lager dem Straßenzug der römischen Straße nach Hofheim und Mainz parallel angelegt war, konnte es nur gleichzeitig mit dieser Straße oder später errichtet worden sein. Wahrscheinlich ist diese wichtige Straße von den Römern schon in flavischer Zeit benutzt worden. Aus dem Praunheimer Lager gibt es keine datierenden Funde.

 

Alenkastell

Wohl als einziges der römischen Militärlager von Heddernheim-Praunheim wurde das Alenkastell A von vornherein als langfristiges Standquartier für eine Truppe erbaut. Wegen seines späteren Ausbaus in Stein wird in den Publikationen allgemein die Bezeichnung „Steinkastell“ verwendet. Wolff entdeckte das Kastell 1896 und hat in den folgenden Jahren vor allem seinen Umfang, die Umwehrung und einen Teil des Stabsgebäudes (principia) untersucht. Ausgrabungen von Gündel in den zwanziger Jahren betrafen Bauten der späteren Vicuszeit innerhalb des Kastellgeländes. Erst U. Fischer führte 1957-1959 und 1963 im nördlichen Teil des Alenkastells systematische Flächengrabungen durch. Inzwischen ist das gesamte Areal überbaut und im Gelände nicht mehr kenntlich.

Offenbar genauso wie bei dem Steinkastell in Hofheim haben nacheinander drei Kastellbauten bzw. -umbauten an der Stelle des Heddernheimer Alenkastells gestanden. Nach Umfang und Grundriß wahrscheinlich übereinstimmend mit dem späteren Steinkastell hatten die beiden früheren an Toren und Umwehrung Holztürme (ausgegraben quadratische Ecktürme von sieben Meter Seitenlänge) und eine Mauer aus Rasensoden. Beide Holz-Erde-Kastelle waren schon von den zwei Spitzgräben geschützt, die später auch zum Steinkastell gehörten. Der innere der Wallgräben mußte vor den Toren mittels Brücken überquert werden.

Das erste der Holz-Erde-Kastelle wurde noch unter Kaiser Vespasian (etwa 75-79 nCh) errichtet, das zweite wahrscheinlich zwischen dem Chattenkrieg Domitians (83-85 nCh) und dem Saturninusaufstand (88-89 nCh) und das Steinkastell daran anschließend; dessen Ende hängt mit der Verlegung der Garnison an den Limes zusammen und ist in die Jahre zwischen 103-111 nCh zu setzen. Diese Abfolge war aus den übereinander gelagerten Spuren der Mannschaftsbaracken abzulesen, die klar drei Bauphasen erkennen ließen. Die Baracken des zweiten Kastells sind durch Feuer zugrundegegangen.

Das Steinkastell ist in seinem Grundriß am besten ermittelt worden. Es bildete ein abgerundetes Rechteck (186 mal 282 Meter) mit 30 Türmen und vier von Türmen flankierten Toren, das Ausfallstor (porta praetoria) nach Süden zur Nidda hin orientiert. Das Nord-Tor hatte nur einen Durchgang, die übrigen waren durch Pfeiler in zwei Durchgänge geteilt. Die Kastellmauer aus Basaltbruchsteinen war nach außen mit Sandsteinquadern verblendet.

Die Kenntnis von der Innenbebauung ist unvollständig. In älterer Zeit wurde der westliche Teil des Stabsgebäudes (principia) ausgegraben, das sich im Zentrum des Kastells nördlich der Ost-West-Achse (via principalis) wie üblich um einen Hof gruppierte; auch hier existierte ein Vorgängerbau in Holz. Die Grabungsschnitte von Fischer waren im rückwärtigen Teil des Lagers (retentura), zwischen Nord-Tor und Stabsgebäude, angelegt und erfaßten außer den erwarteten Mannschaftsbaracken hinter der Umwehrung Teile von Werkstätten (wahrscheinlich einer Schmiede) und Teile einer Anlage, die wohl als Barackenhof mit großem Wasserbecken (Tiefe 1,50 Meter in römischer Zeit) zu ergänzen ist. Bronzebeschläge von Pferdegeschirr aus den Schichten des Wasserbeckens deuten auf die Verwendung desselben als Tränke bzw. auf die Reiterbesatzung des Kastells. Der Barackenhof überlagerte nördlich des Stabsgebäudes die Hauptstraße zum Nord-Tor (via decumana) und ist in die letzte Phase des Kastells datiert.

Als Besatzung des rund 5 Hektar umfassenden Alenkastells kommt in erster Linie die Ala I Flavia gemina, also eine Reitereinheit, in Betracht, von der eine Weih- und eine Grabinschrift sowie weitere Fragmente von Reitergrabsteinen gefunden wurden. Ferner sind vor allem durch Grabinschriften die Cohors IV Vindelicorum und die Cohors XXXII voluntariorum civium Romanorum für Heddernheim belegt. Da die neuere Forschung der Meinung ist, daß die genannte Reitereinheit nicht 1.000, sondern 500 Mann umfaßte, werden wohl zwei der Truppenkörper gemeinsam im Kastell untergebracht worden sein. Außerdem kann während der Kastellzeit ein Truppenwechsel stattgefunden haben. Es ist im Übrigen nicht erwiesen, daß im östlich anschließenden Lager B auch Truppen untergebracht waren; möglicherweise diente dieser Annex nur als Schutz für Magazinbauten.

Die Verbindungen der Heddernheimer Garnison zu ihren Nachbarkastellen waren selbstverständlich durch die vom römischen Militär angelegten Straßen gewährleistet. In den Richtungen nach Mainz und Okarben gab es hierbei Straßenverlegungen gegenüber den anfangs benutzten Straßen, und allmählich entwickelte sich der Platz unmittelbar vor dem West-Tor des Alenkastells (porta principalis dextra) zum wichtigsten Verkehrsknotenpunkt. Von hier aus liefen erstens die Straße nach Westen über Hofheim und Kastel nach Mainz (wobei es auf Heddernheimer und Praunheimer Boden eine ältere, dem Gelände angepaßte nördliche Straßenführung und eine jüngere, das Gefälle in Kauf nehmende gab) und zweitens die Straßen nach Norden, die – nach und nach entstanden – schließlich eine dreifache Gabelung vor dem Nord-Tor der späteren Vicus-Umwehrung bildeten; geradeaus führte eine zum Saalburgkastell, in Nord-Ost-Richtung eine über Okarben zur Mitte der Wetterau und in Nord-West-Richtung eine, deren Endziel noch unsicher ist. Einen Weg zur Wetterau gab es auch zum Ost-Tor des Alenkastells bzw. des Lagers B hinaus und einen weiteren zum Süd-Tor hinaus über die Nidda nach Frankfurt. Daneben wurde sicher die schiffbare Nidda genutzt, allerdings vornehmlich für Warentransporte.

Dem Alenkastell zuzurechnen sind zwei steinerne Kastellbäder, das ältere etwa 100 Meter westlich des Kastells und 70 Meter südlich der älteren Straße nach Mainz (heute West-Teil des christlichen Friedhofs), das jüngere 60 Meter südlich des Kastells und etwa 30 Meter östlich der nach Süden führenden Kastellstraße (heute die Grundstücke der Häuser An der Ringmauer 108–118). Die Datierung beider Anlagen beruht auf Ziegelstempeln, von denen im westlichen Kastellbad nur solche der 14. Legion, im Süden solche der 14. und 22. Legion gefunden wurden; danach muß das westliche Bad um 90 nCh vom südlichen Bad abgelöst worden sein. Ursächlich mag dies mit einer Zerstörung während der 2. Chattenkriege 89/90 zusammenhängen, da am westlichen Bad Brandschutt wie bei den zweiten Mannschaftsbaracken beobachtet wurde. Von beiden Kastellbädern ist die Gesamtanlage nicht mehr zu rekonstruieren.

 

Nida, Hauptort der Civitas Taunensium

Im heutigen Gelände sind nur noch an zwei Stellen die Überreste der römischen Siedlung zu sehen:

1. ein Stück des Walles der Ost-Umwehrung vor dem Haus Am Forum 29

2. zwei Töpferöfen von der Töpfersiedlung vor dem Nord-Tor (sie wurden 1972 gefunden und an Ort und Stelle konserviert; das einsehbare Schutzhaus steht am Erich-Ollenhauer-Ring, südlich der Titusstraße, Führungen nur nach Vereinbarung).

Zur Geschichte: Westlich des Alenkastells, entlang den beiden Straßen nach Mainz und der Saalburgstraße, entwickelte sich zunächst ein Lagerdorf. Seine Fachwerkhäuser erstreckten sich nach Westen über die Grenze der späteren Vicus-Umwehrung hinaus, an der älteren Straße sogar bis zur Fundstelle der römische Villa in Praunheim – 350 Meter entfernt von der Stadtmauer – und dem dort beginnenden älteren Praunheimer Gräberfeld.

Novus vicus hieß der Teil der Siedlung, der an der späteren, südlichen Straße nach Mainz (platea novi via.) noch vor dem Abzug des Militärs erbaut wurde. Von der älteren Straße nach Westen ist der antike Name platea praetoria überliefert, der sich allerdings auf das spätere Unterkunftshaus (praetorium) der Stadt Nida bezieht. Für die Ausdehnung des Lagerdorfes behielt die ältere Straße ihre Bedeutung, obwohl dort Brandschichten aus der Kastellzeit die Vernichtung auch von Lagerdorfbauten anzeigen.

Ein exakter Plan mit allen Bauten des Lagerdorfes wird sich nicht rekonstruieren lassen. Einmal haben die nachfolgenden Bauten des Vicus vielfach die Spuren der älteren zerstört, zum anderen ist die Unvollkommenheit der Berichterstattung - auch für den Vicus Nida - hauptsächlich durch die hektische Bebauung des Geländes in den sechziger Jahren (Bau der neuen Nordwest-Stadt) begründet.

Wahrscheinlich recht früh begannen Töpfer ihr Handwerk im Lagerdorf auszuüben. Öfen aus dem letzten Viertel des 1. Jahrhundert nCh sind vor allem im südlichen Teil des Vicus festgestellt worden. Besonderes Interesse verdient hierbei die Wetterauer Ware, deren rotüberzogene und rotgefleckte oder marmorierte Gefäße anfangs speziell für das Militär angefertigt wurden.

Mit dem Abzug der Garnison um 110 nCh änderte sich die Situation des Lagerdorfes gravierend. Offenbar Hand in Hand mit der Verlegung der Truppen an den Limes richteten die Römer nun auch die Zivilverwaltung ein. Bei der Aufteilung der nordmainischen Region in zwei Civitates wurde der Vicus von Heddernheim zum Hauptort des Ostens, der Civitas Taunen­sium, bestimmt. Hauptort der westlich angrenzenden Civitas mattiacorum wurde Wiesbaden (Aquae mattiacorum).

Das genaue Jahr für die Erhebung der Hauptorte kennen wir nicht, doch dürfte es in den letzten Regierungsjahren des Kaisers Trajan (vor 117 nCh) oder in den ersten des Kaisers Hadrian (117–120 nCh) gelegen haben. Wahrscheinlich hatte sich zu dieser Zeit auch schon der Ortsname Nida herausgebildet, der sich vom alten Flußnamen der Nidda herleitete. Belegt ist dieser Name auf einem Meilenstein in Friedberg („10 Leugen von Nida“), auf zwei Weihe-­Inschriften aus Kastel und seit 1961 auch durch eine Bauinschrift am Ort, eine Dendrophoren-Inschrift. Auf dieser werden der Vicus Nida und die Vicani Nidenses ausdrücklich genannt, außerdem die Dendrophoren des Ortes MED ... (Dieburg), Hauptort der südlich angrenzenden Civitas Auderiensium.

Die gänzlich neuen Funktionen, die nun dem Vicus Nida zufielen, veränderten ihn vor allem in baulicher Hinsicht: Nida wurde praktisch eine Stadt. Während die Hauptstraßen mit ihrem Treffpunkt vor dem ehemaligen Kastelltor beibehalten wurden und das spitzwinklige Dreieck zwischen den beiden westlichen Straßen als Marktplatz (forum) seine Bedeutung erhielt, fügte man nun weitere Straßen hinzu, um der wachsenden Bevölkerung Platz zu bieten, und bemühte sich um die Errichtung der notwendigen öffentlichen Gebäude.

Auch das Gelände des Alenkastells wurde allmählich bebaut. Die Straßen waren mit Kies befestigt und haben im Laufe der Zeit eine mehrfache Erneuerung erfahren (bei der platea praetoria waren die Kieslagen bis zu 0,70 Meter und bei der Saalburgstraße bis zu 1,50 Meter mächtig). Innerhalb der Stadt an den Hauptstraßen, die bis zu 10 Meter Breite hatten, gab es begleitende Abflußgräbchen, die jüngeren Nebenstraßen waren mit 4 Meter Breite ohne Abflußgräbchen angelegt.

Als Verwaltungszentrum der Civitas war Nida Sitz der Behörden. Auch hier war die oberste Behörde ein Ratsherrenkollegium (ordo decurionum), eine Art „kleiner Senat“, aus dessen Mitte jährlich zwei Bürgermeister (duoviri) gewählt wurden. Von Inschriften kennen wir den Namen eines duumvir aus Nida, Licinius Tugnatius Publius, und die Namen von sieben Decurionen: Dativius Victor, Caius Paternius Postuminus, Quietius Amandus, Caius Sedatius Stephanus, Stephanius Maximus, Tertinius Catullinus und ein gewisser Firmus. Außerdem wird ein Aedil genannt, der die Gewerbeaufsicht führte: Murius Victor.

Leider sind die vorauszusetzenden Verwaltungsgebäude (Rathaus usw.) nicht bekannt. Die Nord-Seite des dreieckigen Marktplatzes, die auf dem Plan von 1938 noch frei erscheint, ist nach der Mitte des 2. Jahrhunderts wahrscheinlich nur mit privaten Häusern bebaut gewesen. So kommt eigentlich nur das Gelände des Alenkastells in Frage, um derartige Bauten zu lokalisieren. In der Tat gab es an der Stelle der ehemaligen Principia ein späteres Gebäude, und nordwestlich davon wurden beim Straßenbau 1973 Reste von starken Mauern mit Apsiden beobachtet, möglicherweise sind auch einige Gebäude, die F. Gündel 1927 im Süd-West-Teil des Alenkastells ausgegraben und nicht mehr publiziert hat, hier hinzuzurechnen.

Eines der gut ausgegrabenen öffentlichen Gebäude ist das große Unterkunftshaus (praeto­rium), dem im Osten ein Hof mit Wandelhalle (palaestra) und die östlichen Thermen angeschlossen waren. Die Bedeutung, die diesem Komplex beigemessen wurde, erweist allein schon seine Lage direkt südlich der zentralen Straßenkreuzung (das ist heute West-Teil des christlichen Friedhofes und die Rosa-Luxemburg-Straße).

Hier konnten vor allem Bürger der Civitas oder Soldaten aus den Limeskastellen, die in Nida Geschäfte erledigen oder eines der vielen Heiligtümer besuchen wollten, bequem untergebracht werden. Das Hotel (43 x 70 Meter) hatte im Erdgeschoß einschließlich Eingangshalle und Flure 62 Räume, die um einen langgestreckten Säulenhof gruppiert waren; es war mutmaßlich zweigeschossig. Im Süden schloß sich ein großer Hof von trapezförmigem Grundriß an, der der Unterbringung von Wagen und Zugtieren diente (Stall in der Südwest-Ecke). Zur Straße hin war Praetorium und Palaestra ein einheitlicher überdachter Säulengang (porticus) vorgelagert.

Die östlichen Thermen von Nida (36 Meter Breite, 64 Meter Länge) waren großzügig ausgestattet. Schon die Eingangssituation im Norden fällt durch ihre säulengeschmückte Fassade - gefunden wurde der obere Teil einer 5 bis 6 Meter langen Rotsandsteinsäule mit einem Schaft von 49 Zentimetern Durchmesser - und eine geräumige Vorhalle (6 mal 24 Meter). Quadratische Ziegelplättchen, farbiger Wandverputz, Gesimsfragmente und profilierte Sandsteinstücke zeugen von der ehemaligen Einrichtung. Die üblichen Baderäume richten sich nach einem streng axial angelegten Mitteltrakt, der nacheinander einen Teil der Eingangshalle, einen Hof, das Kaltbad (frigidarium), den Warmluftraum (tepidarium) und das Warmbad (caldarium) enthält; es schließen sich an den Seiten die Umkleideräume, das Kaltwasserbecken, Latrinen mit Wasserspülung, das Schwitzbad (sudatorium) und die Warmwasserbecken an.

Diese Thermen waren allerdings so sehr auf das Praetorium bezogen, daß die Nidenser sich eine zweite und größere Badeanlage unmittelbar an der West-Seite des Marktplatzes erbauten, die W-Thermen. Hier war die Palaestra ein Innenhof (13,6 mal 20,4 Meter), und es gab neben dem Frigidarium jeweils zwei Räume für Tepidarium, Caldarium und Sudatorium. Insgesamt hatte die Anlage eine Ausdehnung von 45 mal 68 Meter und steht daher hinter den Thermen anderer Provinzstädte nicht zurück.

Von der einstigen Ausstattung waren nur wenige Einzelheiten erhalten: roter Außenputz – jedenfalls in der Sockelzone – und bemalter Verputz innen, profilierte Verputzleisten, weißtonige Bodenfliesen, Sandsteinsäulen. Der Boden der Palaestra bestand aus weißem Kalk‑ Estrich, in einer Ecke des Hofes fand sich der gemauerte Unterbau für einen runden Sockel (Durchmesser 1,35 Meter) bzw. eine Statue. Verschiedentlich wurde an- und umgebaut, doch bestanden die Thermen bis zum Ende von Nida.

Ein hölzernes Szenentheater im südlichen Areal von Nida ist in seiner Größenordnung das einzige seiner Art, das auf rechtsrheinischem Boden gefunden wurde. Es bot etwa 1.000 bis 1.500 Personen Platz. Sein gemauerter Zugang lag im Westen, die 16 Meter breite, halbrunde Zuschauerrampe (cacea) umschloß einen Zuschauerraum (orchestra) von 54 Meter Durchmesser; die hölzerne Bühne, von der noch 5 Schwellenbalken gefunden wurden, hatte eine Ausdehnung von 10 mal 26 Meter und eine Versenkung in ihrem Unterteil.

Einige Funde aus Heddernheim, wie zum Beispiel Fragmente von tönernen Masken oder die Terrakottafigur eines Soldaten mit Schauspielermaske im Arm, lassen sich leicht mit Aufführungen im Theater verbinden. Die Ausgräber datierten 1929 den Bau pauschal in die Kastellzeit von Nida. Da die Forschung aber heute den Abzug des Militärs früher ansetzt als damals, ist zu erwägen, ob das Holztheater nicht auch in die Frühzeit des neu errichteten Hauptortes der Civitas gehören könnte.

Sicher scheint nur, daß es nach der Mitte des 2. Jahrhunderts nicht mehr bestanden hat. Ob es für die Bewohner der Civitas Taunensium in ihrem Hauptort ein Amphitheater gab, ist nach wie vor ungeklärt. Im Nordwesten des Vicus hat sich bei den Beobachtungen der sechziger Jahre kein Hinweis darauf ergeben. Möglicherweise gab es aber eine Arena außerhalb der Stadtmauer, zum Beispiel in Praunheim, wo 1962 nahe dem alten Nidda-Ufer Strukturen gefunden wurden, die damit zusammenhängen könnten.

Die Stadthäuser von Nida waren von unter schiedlicher Form. Woelcke registrierte an der Süd-Seite der platea novi vici mindestens vier langgestreckte Hausbauten mit der schmalen Front zur Straße, die jedoch keineswegs streng in einer Flucht ausgerichtet waren. Ähnliche Beobachtungen machte Fischer auf der gegenüberliegenden Seite des Marktplatzes, wo die Steinkeller der städtischen Periode nördlich der platea praetoria ziemlich dicht gereiht, aber nicht immer exakt parallel zueinander lagen.

Vereinzelt gab es recht ansehnliche Hauskomplexe, von denen auf dem Plan von 1938 nur das Peristylhaus des Praetoriums eingetragen ist. Ähnliche Häuser wurden zum Beispiel am Ostrand der Stadt und im Norden des Vicus gefunden, von dem nördlichen war noch der Steinkeller mit seinem Bogeneingang recht gut erhalten.

Den kompletten Grundriß eines kleineren Hauses kennt man seit den Flächengrabungen von Fischer: Es lag nördlich des Alenkastells und war erbaut über den ehemaligen Spitzgräben des Kastells und mit seiner Vorhalle nach Norden zu einem Kiesweg geöffnet. Außer der wahrscheinlich geteilten Vorhalle besaß es sechs gleichmäßige Räume von je 16 Quadratmetern und einen Steinkeller im hintersten Teil. Der Keller enthielt überwiegend Schutt des 3. Jahrhunderts, doch dürfte das Haus (9,50 mal 17 Meter) schon im Laufe des 2. Jahrhundert entstanden sein.

Ein sehr interessantes städtisches Anwesen wurde um 1910 ausgegraben: Es handelt sich um die Bebauung der Straßenecke südlich der platea praetoria und westlich der kurzen Nord-Süd-Straße, die am West-Rand des Forums die beiden Hauptstraßen verbindet. Deutlich sind drei verschiedene Trakte zu unterscheiden: ein schmaler Bauteil (54 Meter Länge, 8 Meter Breite) entlang der platea praetoria enthielt wahrscheinlich verschiedene Läden, daran schlossen sich nach Süden ein Haus mit Eingang von der Seitenstraße bzw. mit Blick zum Forum und ein größerer Hof hinter diesem.

Der Hof (18 mal 23 Meter) enthielt unterkellerte Gebäude und gewerbliche Anlagen (Eisenverarbeitung) und stand wahrscheinlich in Beziehung zu den Läden an der Hauptstraße. Das Wohnhaus an der Ost-Seite (10 mal 20 Meter) zeichnet sich vor allem durch eine pfeiler- und säulengeschmückte Fassade und eine Toreinfahrt mit zwei verschiedenen Durchgängen (1,4 und 2 Meter Breite) aus. In einem seiner beiden Keller wurden Massen von Terra-Sigillata-Gefäßen gefunden. Starke Mauern lassen beim Wohnhaus wie beim Ladentrakt auf obere Stockwerke schließen; der Zusammenhang aller Bauteile und die exponierte Lage am Forum deuten auf einen vermögenden Besitzer.

Fraglos entwickelte sich Nida auch zum Handels- bzw. Einkaufszentrum der Civitas. Hafenanlagen an der Nidda mit Anlegerampen auf beiden Ufern und mehreren Lagerhallen auf der Stadtseite bezeugen dies ebenso wie Funde der verschiedensten Waren, die entweder durch Handel oder durch Eigenproduktion den Nidensern zum Verdienst verhalfen.

Welcher Wirtschaftszweig der Stadt am meisten einbrachte - möglich wäre zum Beispiel Handel mit Getreide, Wein, Öl, Parfümerien, Textilien oder Sklaven - wissen wir nicht. Für den Archäologen drängen sich drei Erwerbszweige durch gehäufte Bodenfunde ins Blickfeld: Töpfereien, Beinschnitzereien und metallverarbeitende Betriebe. Dies ist jedoch eine mehr zufällige Auswahl der einstigen Handelsgüter, da Keramik, Horn und Metalle im Boden am längsten überdauern.

Getöpfert wurde in Nida vom Bestehen des Lagerdorfes bis zum Ende der Stadt. Trotz unsystematischer Ausgrabungen sind mehr als 90 Töpferöfen bekannt geworden, schätzungsweise gab es mindestens 150. Ihre Verteilung läßt zwei Zentren erkennen: das frühere lag im Süden des Vicus, südlich einer Häuserzeile an der platea novi rici (Gebiet der heutigen Mithras­straße), und das spätere im Norden zu beiden Seiten der Saalburgstraße, außerhalb der Stadtumwehrung (heute südöstlich des Nordwest-Zentrums und der Rosa-Luxemburg-Straße). Daneben gab es vereinzelte Töpferöfen im Stadtgebiet, die zu verschiedenen Zeiten aufgegeben wurden.

Außer den einfachen Gefäßen aller Art sind es vor allem Tafelgeschirre, die in der gesamten Wetterau gekauft wurden. Die rotbemalte Wetterauer Ware mit ihren vielfältigen Zierelementen - darunter figürliche Bemalung! - wurde seit flavischer Zeit produziert und erreicht in der 1. Hälfte des 2. Jahrhundert ihren technischen Höhepunkt. Ihre hierzulande exotischen Gefäßformen verraten die Herkunft aus Ländern mit griechisch beeinflußter Kultur oder aus Italien selbst. Während jedoch ganz ähnliche Erzeugnisse auch von Fundstellen in anderen Provinzen - überwiegend von solchen, wo römisches Militär stationiert war - bekannt wurden, gibt es zum Beispiel die rotbemalten Lampen mit ihren Griffaufsätzen in Form von Weinblättern oder Büsten nur im Rheinmain-Gebiet. Ein Teil der Wetterauer Ware stammt aus den Töpfereien von Frankfurt-Nied, doch belegen Fehlbrände und Model, daß sie auch in Nida hergestellt wurde.

Nicht nur Töpfer, auch Bronze- und Silberschmiede haben sich in Nida Konkurrenz gemacht; wahrscheinlich waren die Werkstätten, deren Schmelztiegel, Gußformen und Werkzeuge gefunden wurden, jeweils mit Läden verbunden. Analysen zufolge handelte es sich meistens um Altmetall, das wieder eingeschmolzen wurde. Halbfabrikate und Gußformen belegen nur die Produktion kleinteiliger Bronzen wie Fibeln, Fingerringe, Armreifen u. ä.

Als Mittelpunkt religiöser Kulte hatte Nida mit Sicherheit eine stattliche Reihe von Tempeln aufzuweisen, jedoch sind nur vier der unterirdisch angelegten Mithräen und das Versammlungshaus der Dendrophoren im römischen Stadtplan festgelegt. Die Mithräen I und II, entdeckt im Jahre 1826, lagen im Nordwesten des Vicus an einer der später erbauten Ost-West verlaufenden Nebenstraßen. Das Mithräum III lag ebenfalls an einer Ost-West-laufenden Nebenstraße, aber im Süden des Vicus, westlich des Hofes des Praetoriums; es wurde vor 1894 ausgegraben. Von allen drei Heiligtümern sind die meisten Funde heute in den Museen von Wiesbaden und Frankfurt. Das Mithräum IV, das 1928 leer aufgefunden wurde, hatte seinen Platz südwestlich des ehemaligen Holztheaters, also noch weiter vom Stadtzentrum entfernt, und mußte dann sichtlich wegen des Baues der südlichen Stadtmauer aufgegeben werden. Ein fünftes Mithräum ist aufgrund weiterer Funde vorauszusetzen. Ebenso dürfen wir annehmen, daß ein Heiligtum für Jupiter Dolichenus existiert hat.

Das Versammlungshaus der Kultdiener der großen Göttermutter lag im Westen des Vicus, wahrscheinlich direkt an der platea praetoria. Ob hier auch ein Tempel für den Kult der Göttin Kybele gestanden hat, ist nicht bekannt, es ist aber wahrscheinlich. Gefunden wurde 1961 ein kleiner Keller (1,70 mal 2,40 Meter), von dem nur zwei Seiten gemauert waren. Die Füllung des Kellers enthielt außer der zerbrochenen Inschrifttafel einen einfachen Sandsteinaltar und eine Reihe von Kleinfunden, darunter eine Münze des Kaisers Gallienus mit dem Prägejahr 258 nCh.

Die Dendrophoreninschrift lautet in der Übersetzung wie folgt: „Zum Heil des Kaisers. Die Dendrophoren und Priester des Kaiserkultes mit Sitz in Med . . . und Nida haben das Versammlungshaus aus eigenen Mitteln errichtet. Das Grundstück wurde ihnen von den Bürgern von Nida zugewiesen.“ Die Dendrophoren von Nida, die zugleich den Kaiserkult betreuten, haben sich also mit ihren Kollegen von Med . . . (Dieburg) zusammengetan, um sich ein Versammlungshaus zu bauen. Die Bürger von Nida jedoch hatten das Recht, die Grundstücke zuzuweisen. So zeigt uns die Bauinschrift mehrere Aspekte des römischen Alltags einer kleinen Provinzstadt.

Der Friede in der obergermanischen Provinz war nicht von Dauer. Aus dem Jahr 162 nCh wird ein Überfall der Chatten gemeldet, und zwei Münzschätze von Nida, die um 139 nCh bzw. etwas später enden, mögen hiermit oder mit einem ähnlichen Ereignis aus diesen Jahren in Zusammenhang stehen. Kaiser Marc Aurel (161 – 180 nCh) hatte übrigens angeordnet, daß Städte, die eine Umwehrung bauen wollten, hierfür um Erlaubnis nachsuchen müßten. Gewiß war dies eine Maßnahme, um während der Markomannenkriege eine Panik in der Bevölkerung zu vermeiden. Nida bekam also erst zu Beginn des 3. Jahrhundert, als die Bedrohung durch Germaneneinfälle sehr viel akuter geworden war, eine Stadtbefestigung. Dieser fielen im Westen, Osten und Süden ganze Wohnviertel oder einzelne Bauten zum Opfer. Die ursprünglich weitgestreute Besiedlung des Vicus wird hierdurch noch augenfälliger. Nur die Töpfereien vor dem Nord-Tor blieben außerhalb der Umwehrung bestehen.

Die Befestigung bestand aus einem einheitlichen System: Von außen nach innen folgten ein Graben (etwa 7 Meter breit), ein Wallabsatz (1,10 Meter breit), eine Steinmauer (2 Meter breit), ein Wall (etwa 7 Meter Breite) und eine breite Grabenmulde, die als Materialgraben anzusehen ist. Außerdem wissen wir seit den Ausgrabungen von Fischer, daß zumindest an der Nord-Seite dem Ganzen noch ein breites Annäherungshindernis vorgesetzt war: in einem Streifen, 11bis 35 Meter von der Mauer entfernt, ordneten sich große Pfähle in 11 Reihen, abwechselnd längs- und quergestellt.

Die Stadtmauer selbst zeigte sich bei Ausgrabungen ausgeplündert von Steinen wie die meisten Bauten von Nida; sie bestand ursprünglich im Kern aus Basaltbruch und hatte nach außen eine Verblendung durch rotverfugte Sandsteinquader. Von ihren mächtigen Zinnendecksteinen wurden einige im Spitzgraben gefunden. Der Umriß der Befestigung war ein unregelmäßiges Vieleck mit mindestens sieben turmbewehrten Toren (fraglich ist ein zweites Tor an der Nord-Seite), außerdem waren Ecken mit Türmen verstärkt. Die Maße des ummauerten Areals betragen etwa 600 mal 900 Meter. In jedem Fall konnte das befestigte Nida noch Schutzsuchende aus dem Umland aufnehmen.

Im Zusammenhang mit den Maßnahmen zur Sicherung der Stadt steht wahrscheinlich ein Bau des 3. Jahrhundert, der den Archäologen noch einige Rätsel aufgibt: der vierschiffige Hallenbau südlich des Forums. Zwischen fünf etwa 60 Meter langen Mauern lagen 4 große Hallen (9,50 m bzw. 10,50 Meter breit), die in ihrem vorderen Teil Holzeinbauten und Holzkeller, in ihrem rückwärtigen Teil wahrscheinlich überwiegend Ställe enthielten. Da viele Funde eindeutig militärischen Charakter haben – u. a. wurden hier drei der berühmten Helme aus Nida-Heddernheim geborgen – ist es naheliegend, hier die Kaserne einer berittenen Truppe zu vermuten. Dem widersprechen allerdings Form und Größe des Gebäudes, das zumindest in seinem vorderen Teil ein Obergeschoß besaß. Möglicherweise wurden aber auch die ursprünglich für andere Zwecke erbauten Hallen in einer Notsitua­tion als Truppenunterkunft benutzt. Nida wurde jedenfalls erst 259/260 nCh aufgegeben, dies beweist nicht zuletzt die umfangreiche Reihe der Münzfunde (rund 3500 Stück), die mit 14 ausgegrabenen Münzen des Kaisers Gallienus endet.

Die Gräberfelder von Nida verteilen sich hauptsächlich entlang den fünf Ausfallstraßen im Westen und im Norden des Vicus; ein kleineres Gräberfeld ist außerdem nördlich der Nordwest-Ecke der Stadtmauer beobachtet worden. Entsprechend der Reihenfolge im Straßenbau lagen die ältesten Gräber und die Soldatenbestattungen an der älteren Wegführung nach Mainz (älteres Praunheimer Gräberfeld). Aber auch die Belegung des Gräberfeldes an der Straße in Nord-West-Richtung begann schon im 1. Jahrhundert. An der römischen Straße nach Okarben gab es außer Bestattungen nahe der Straßengabelung ein ummauertes Gräberfeld, das ein Stück entfernt angelegt war (heute Bereich der Tiberiusstraße) und Gräber des 2. und 3. Jahrhundert enthielt. Am schlechtesten informiert sind wir über die Gräber entlang der römischen Saalburgstraße. An Grabsteinen sind insgesamt nur zwei Dutzend bekannt geworden, darunter Familiengrabsteine und Teile von Pfeilergrabmälern. Ein besonderer Fund wurde 1965 im Gräberfeld an der Okarbener Straße geborgen: das Grab eines Malers. Neben der üblichen Grabkeramik war hier eine Malerausstattung (großer Doppelhenkelkrug und 29 Farbtöpfe) mitgegeben worden; Analysen der noch erhaltenen Farben (Pigmente) ergaben, daß dem Maler vier künstliche Grundfarben (Eisenrot, Kupferblau, Blei-weiß und Bleirot) zur Verfügung standen.

 

Zentren des Handels, Handwerks und vielfältigen Gewerbes waren die stadt- und dorfartigen Siedlungen, die vici; die landwirtschaftliche Produktion war dagegen den Gutshöfen (villae rusticae) vorbehalten. Neben den vom Militär geprägten Kastelldörfern und kleinen, dorfartigen Ansiedlungen kam in unserer Region vor allem dem römischen Nida große Bedeutung zu. Als Hauptort der Civitas Taunensium war der Ort seit Beginn des zweiten Jahrhunderts nCh Mittelpunkt des kommunalpolitischen, kulturellen und religiösen Lebens. Wie in ähnlichen Fällen entwickelte sich auch Nida aus einem Kastellvicus und wuchs nach Abkommandierung der Garnison um 110 nCh zu einer blühenden Kleinstadt heran. Nida wurde so zum Verwaltungszentrum der Wetterau. Die öffentlichen Ämter waren meist mit einem hohen privaten finanziellen Aufwand verbunden, so daß sie in der Regel von der Oberschicht der Civitas besetzt waren.

Die Stadthäuser in Nida waren weitgehend nach dem gleichen Schema wie die der Kastellvici gebaut. Einige Parzellen mit Wohnbebauung konnten ausgegraben werden. Im Vorderteil der langgestreckten Gebäude befanden sich Tavernen, verschiedenste Läden und kleine Werkstätten. Darunter lagen meist Keller mit dem Lichtschacht zur Straße hin, die genügend Lagermöglichkeit boten. Im hinteren Gebäudeteil und in der ersten Etage wohnten die Geschäftsinhaber; sicherlich gab es auch eine große Zahl an Mietwohnungen.

In den römischen Siedlungen lebte ein vielschichtiges Völkergemisch ganz unterschiedlicher Kultur und Religion. Wie sich die Bevölkerung zusammensetzte, wissen wir nicht genau. Aus Nida sind Einwohner italischer, gallischer, germanischer und sogar nordafrikanischer Abstammung durch Inschriften bekannt.

Durch ihre Lage an der Nidda mit dem wichtigen Hafen erlebte die Stadt im Verlauf des 2. Jahrhunderts nCh eine wirtschaftliche Blüte. Anziehungspunkte waren vor allem die regelmäßig abgehaltenen Märkte und Jahrmärkte, zu denen aus der Umgebung Kaufleute, Handwerker, Landwirte und sicher auch Soldaten in die Stadt strömten.

Gigantensäule:

Im Dezember 2003 konnte das Frank­furter Denkmalamt in einem Brun­nen gleich zwei vollständige Jupiter-Giganten­säulen bergen. Die­ser Befund kann als Sensation bezeichnet werden, da nicht nur die einzelnen Elemente der Säulen voll­ständig vorhanden sind, sondern auch die Qualität der Stein­metz­­ar­beiten herausragend ist. Gleichzeitig wirft der Fund ein bezeichnendes Licht auf die Vorgänge in der römi­schen Stadt im 3. Jahrhundert nach Christus.

Als öffentlicher religiöser und auch durchaus kostspieliger Ausdruck einer in der Regel privaten Stiftung belegen die Inschriften neben dem Namen des Stifters häu­fig auch seine soziale Stellung und das Datum der Auf­stellung, was diesen Steindenkmälern besonderen Wert verleiht. Während auf einer der Säulen lediglich die Weiheformeln für Jupiter und seine Frau Juno eingemeißelt wur­den, kann aufgrund der umfangreicheren Inschrift der anderen Säule hier das Aufstellungsjahr 228 nach Christus genannt werden. Die Restaurierung und die wissen­schaftliche Aufarbeitung der Neufunde stehen jetzt an erster Stelle

 

Domhügel mit archäologischem Garten:

Das Gebiet zwischen Römer (Rathaus) und Dom im Zentrum der Altstadt Frankfurts bildete die Keimzelle der heutigen Stadt. Wer vor dem Turm des Dorns steht, wird unschwer erkennen, daß das Gelände sowohl nach Süden um Main als auch nach Norden zur Braubachstraße hin abfällt. Der Dom steht auf dem Rücken eines flachen Hügels, der im Osten an der Fahrgasse beginnt und im Westen ungefähr bis zum Gerechtigkeitsbrunnen vor dem Römer reicht. Im Altertum bildete die Anhöhe eine Insel, die im Süden vom Main, im Norden durch einen bis zu 90 Meter breiten Altarm des Flusses, die Braubach („Bruchbach“), begrenzt war. Im Osten (jenseits der Fahrgasse) dehnte sich das sumpfige Fischerfeld aus. Ein schmaler Seitenarm der Braubach zog zwischen Römer und Gerechtigkeitsbrunnen nach Süden zum Fahrtor und mündete dort in den Main. Er grenzte die kleine Insel im Westen ab.

Die heutige Oberfläche des Römerbergs läßt den Verlauf des ehemaligen Gewässers noch ein wenig erkennen. Auf der Höhe der Dominsel lagen breite Kalkfelsen dicht unter dem Wasserspiegel des Mains. Sie erlaubten das Überschreiten des Flusses und bildeten die Furt, nach der die Stadt im frühen Mittelalter ihren Namen erhielt. Diese Furt und der Schutz, den die Insellage bot, schufen günstige Voraussetzungen für die Besiedlung des Domhügels in mehreren Epochen der vorgeschichtlichen Zeit. Sie haben auch die Römer veranlaßt, hier schon im 1. Jahrhundert nCh einen Militärposten zu errichten. Die ersten Spuren römische Bautätigkeit fand A. Hammeran 1889. Weitere Funde machte Ch. L. Thomas 1895–1897. Sie bildeten die Grundlage für die Annahme eines Kastells Frankfurt a. M. und die Veröffentlichung der Ausgrabungen und Funde durch G. Wolff im Limeswerk ORL (1915).

Drei Jahrzehnte später wurde die Altstadt durch den furchtbaren Bombenangriff im März 1944 vollständig zerstört. Das aber bot die Möglichkeit neuer archäologischer Ausgrabungen. Sie wurden mit Unterbrechungen in den Jahren 1953–1973 vom Museum für Vor- und Frühgeschichte ausgeführt (H. J. Hundt, U. Fischer, O. Stamm). Diese Untersuchungen waren technisch äußerst schwierig, weil die Menschen der mittelalterlichen und neuzeitlichen Stadt die antiken Baureste und Bodenschichten durch unzählige Eingriffe - Fundamente, Keller, Ver- und Entsorgungsleitungen - gestört, ja geradezu zerfetzt hatten. So brachten die Ergebnisse der neuen Ausgrabungen zwar außerordentliche Fortschritte unserer Kenntnis der Anfänge Frankfurts im frühen Mittelalter durch die Entdeckung der karolingischen Pfalz. Für die römische Epoche blieben indessen manche Fragen offen, sie werden sich vielleicht nie beantworten lassen.

Die gründliche Bearbeitung der römischen Ausgrabungsfunde ergab, daß einige Keramik­scherben aus der Spätzeit der Regierung des Kaisers Augustus stammen dürften. Obgleich keine Baureste aus dieser Zeit entdeckt worden sind, könnte der Fund von einem kleinen Militärposten aus der Zeit der ersten römischen Okkupation unter Augustus herrühren. Im Jahre 16 nCh räumten die Römer das Untermaingebiet. Auf dem Domhügel siedelten sich nun Germanen an. Dort kam germanische Keramik des 1. Jahrhundert nCh zutage, die dem rhein-weser-­germanischen Formenkreis angehört. Man nimmt an, daß sie in den Händen einer chattischen Bevölkerung war.

In den siebziger Jahren des 1. Jahrhundert nCh kam der Frankfurter Raum während der Regierung Kaiser Vespasians wieder in den römischen Machtbereich. Auf dem Domhügel wurde eine römische Truppenabteilung stationiert. Sie errichtete einen kleinen Thermenbau, von dem aber nur der runde Schwitzraum und der Abwasserkanal 2 erhalten blieben. Der Boden des Kanals war mit Ziegeln der 14. Legion ausgelegt. Von den übrigen Bauwerken der Einheit – etwa den Unterkünften – wurde nichts gefunden.

Wahrscheinlich ist das Kastell, das man voraussetzen möchte, während des Saturninusauf­stan­des im Winter 88 / 89 zerstört worden, ebenso der Thermenbau 3. Jedenfalls entstand bald nach dem Aufstand ein neues Badegebäude 4. Die sieben Ziegel mit Truppenstempeln aus dem Bad zeigen, daß es ein militärisches Bauwerk war. Es hatte ungefähr die gleiche Größe wie die Kastellbäder der kleinen Numeruskastelle im Odenwald. Die Besatzung des Domhügels war daher eine kleine Einheit, deren Stärke wie bei den Numeri am Odenwaldlimes etwa 150 Mann betragen haben wird.

Das zugehörige Kastell kann 0,6 Hektar Fläche besessen haben; es wurde im Bereich des Doms auf der Ost-Hälfte des Domhügels vermutet, konnte dort aber nicht nachgewiesen werden. Aus der Zeit nach 89 stammt auch Bau 5, der unvollständig erhalten war und daher schwer zu deuten ist. Außerdem wird Bau 6 in die Jahre bald nach 89 datiert. Er wird als Wasserverteilungsbecken gedeutet; solche Bauwerke bildeten die Endpunkte von Wasserleitungen. Oft waren die Verteilungsbecken mit architektonischem Zierat versehen und den Nymphen geweiht, so daß man Bau 6 auch als Nymphäum bezeichnet hat.

Nach der Gründung der Civitas Taunensium unter Kaiser Trajan ging der Frankfurter Raum in die Zivilverwaltung der Civitas über. Der Militärstützpunkt auf der Dominsel verlor seine Be­deutung und wurde aufgegeben. Immerhin hatten die römischen Militärs den Stützpunkt mehrere Jahrzehnte lang zur Sicherung der Furt und zur Überwachung der germanischen Bevölkerung aufrechterhalten. Die geringe Stärke der Besatzung weist allerdings darauf hin, daß der spätere Stadtkern von Frankfurt damals nicht zu den bedeutenderen Plätzen wie etwa Frankfurt-Heddernheim oder Friedberg gezählt wurde.

Auf den Militärstützpunkt folgte eine zivile Besiedlung. Zu ihr gehören die Baureste 7–10. Die Umfassungsmauer 9–10 entspricht den üblichen Hofmauern der römischen Gutshöfe. Bau 8 war ein Wohnhaus und kann das Herrenhaus eines römischen Gutshofs (villa rustica) gewesen sein. Seine Mauern enthielten Abbruchschutt aus den Militärbauten, darunter zahlreiche gestempelte Ziegel. Der Nord-Ost-Teil war als Badetrakt ausgebaut. Die kurzen Mauerstümpfe, die erhalten blieben, geben jedoch kein klares Bild der ursprünglichen Raumaufteilung. Einige Mauerfugen und übereinanderliegende Fußbodenestriche rühren von einem Umbau her, der gegen Ende des 2. Jahrhundert stattgefunden haben könnte. Bei dieser Gelegenheit ist die Süd-Front des Gebäudes zurückgesetzt worden. Bei Bau 7 war der westlichen Teil mit Hypokausten versehen, er war demnach wohl auch ein Wohnhaus. Die Deutung der Baureste als römischer Gutshof ist naheliegend, sie ist wegen der starken Zerstörung aber nicht letztlich beweisbar. Die Nähe des Flusses und der Furt können der Niederlassung besondere Funktionen gebracht haben, etwa als Stapelplatz für die nähere Umgebung.

 

Der Fall des Limes 259/60 hat der römischen Niederlassung auf dem Domhügel ein Ende bereitet. Die Römer zogen sich auf den Rhein zurück. Auf dem Domhügel tritt etwa einige Jahrzehnte nach dem Limesfall handgemachte Keramik alamannischen Charakters auf. Zusammen mit den alamannischen Gefäßscherben kamen Funde römische Herkunft zutage, Scherben von spätrömischen Terra Sigillata, anderer Keramik und Glasgefäßen, aber auch Münzen, deren späteste unter Constantius II. zwischen 351 und 361 geprägt worden ist. Sie deuten auf wirtschaftliche Beziehungen zwischen den Alamannen und dem nahen Römerreich hin. Wie auf dem Ebel sind auch auf dem Domhügel die noch aufrechtstehenden römischen Ruinen weiterbenutzt worden. In Gebäude 8 beobachtete man nachträglich eingezogene, aber schmale Grundmauern, die in gleicher Technik wie auf dem Ebel ausgeführt waren. In der ehemaligen Wobelinsgasse wurde eine kleine Grubenhütte ausgegraben (Bau 11), deren Wände aus lehmgebundenen Bruchsteinen bestanden.

Im Gegensatz zu den meisten alamannischen Siedlungsplätzen des Umlandes läßt sich auf dem Frankfurter Domhügel eine kontinuierliche Besiedlung bis in die Zeit der fränkischen Landnahme um 500 nachweisen. Teile der Gebäude 7 und 8 scheinen noch in die baulichen Strukturen des merowingischen Königshofs einbezogen worden zu sein. Dieser war der Vorgänger der karolingischen Pfalz, von der die Entwicklung zur mittelalterlichen Stadt Frankfurt ihren Ausgang nahm.

Unmittelbar vor dem Dom liegen im „Historischen Garten“ einige römische Gebäudereste frei und können besichtigt werden. Deutlich erkennbar ist vor allem der runde Schwitzraum des ersten Militärbades Bau 3. Vom anderen Thermengebäude 4 sind kurze Mauerstümpfe zu sehen. Die übersichtlichen Erläuterungstafeln erleichtern das Verständnis der zunächst verwirrend anmutenden Mauerreste. 

 

Weitere Funde:

Güntersburgpark: Etwa 100 Meter westlich des Güntersburgparks, wo die Böttgerstraße in die Hartmann-Ibach-Straße mündet, lag ein römischer Gutshof.

Praunheim: Im Ort gab es ein römisches Gräberfeld aus der Niederlassung Nida (nördlich und südlich der früheren Elisabethenstraße, heute Heerstraße). An der Stelle des Dorfes Praunheim entwickelte sich auch an der Römerstraße nach Westen das vicus canabarum, des Weinkellerdorf. Eine villa rustica mit großem Wirtschaftsgebäude und Weinkeller wurde auf der Praunheimer Seite gegenüber dem nördlichen Westtor von Nida aufgedeckt.

Zwischen Ludwig-Landmann-Straße und der Nidda, südlich der Praunheimer Hohl (in Höhe der Ebelfeldschule) war eine römische Ansiedlung, die im 4. Jahrhundert von den Alamannen genutzt wurde.

Höchst: Beim Haus Bolongaro-Straße 152 wurden zwei Verteidigungsgräben gefunden, auch westlich der Justinuskirche. Kurz vor der Niddabrücke, in der Straße „Im Ziegelfeld“, war eine römische Ziegelei, von der man die Produkte gut über die Nidda transportieren konnte.

 

Urkunden staufischer Herrscher

Zur Römerzeit war Frankfurt eine Ansied­lung, zur Zeit der Karolinger ein Königshof. In den Jahren nach 1138 aber, als die staufischen Herrscher regierten, entwickel­te sich die Bürgerstadt. Sehen kann man von damals nur noch Urkunden. Als Buch erschienen sind 35 und spannend zu lesen. Tief unter der Berliner Straße, im Herzen der Stadt, la­gert Frankfurts älteste Überlieferung. Die wertvollsten Dokumente bewahren die Archiva­re oben drüber, weggeschlos­sen in der so genannten Pri­vilegienkammer des Karme­literklosters.

Von der Bedeu­tung her auf dem ersten Rang, graphisch auf das Feins­te verziert ist das Messe‑Privi­leg, ganze viereinhalb Zeilen lang. Friedrich, von Gottes Gnade der Römer Kaiser hat es im Juli 1240 gegeben: „Es ist Unser Wunsch ( ... ) daß Wir alle, die zur Messe nach Frankfurt kommen, auch Einzelpersonen, in Unseren und des Reiches beson­deren Schutz nehmen (... ).“. Das Originalper­gament ist nur achteinhalb Zentimeter hoch und 21,5 Zentimeter breit. Und unten dran hängt das Siegel des Kaisers aus Wachs.

Es handele sich bei derlei Dokumenten im Original um mehrfach verschlüs­selte Botschaften. Zum Einen handgeschrie­ben, zum Zweiten in einem umgangssprach­lichen Lateinisch abgefaßt. Erstmals sind sie jetzt ins Deutsche übersetzt, kommen­tiert und politisch eingeordnet ‑ das Ver­dienst der Historikerin Ingrid Bartholomäi, die seit 1994 ehrenamtlich für die „Gesellschaft für Frankfurter Geschichte“ an der Arbeit ist.

So wird nun zum Hausge­brauch überliefert, in welchen Worten Friedrich II. durch die Gunst göttlicher Gnade der Rö­mer König 1219 am Platz der heutigen St. Leonhardskirche auf Ersuchen aller Unserer treuen Bürger von Frankfurt und auch für Unser Seelenheil diesen Bürgern ein Grundstück zum Bau­en schenkte und bestimmte: Auf dieser Hofstatt soll eine Kapelle gebaut werden. Es läßt sich nach­vollziehen, wie die Bürger sich Recht für Recht erkauft, erstritten, erkämpft haben. Auch der Autorin war es ein Anliegen, zu zeigen, was alles nötig war, um die Stadt eine Stadt werden zu lassen. Denn die Verlei­hung eines Stadtrechtes hat es hier nicht ge­geben.

 

Fettmilchaufstand 1614

Die Unruhen nahmen ihren Anfang am 9. Juni 1612, als Bürger und Zunftmeister vor der Wahl des neuen Kaisers Matthias vom Rat die früher bei solchen Gelegenheiten übliche öffentliche Verlesung der Privilegien der Stadt verlangten. Zuletzt war dies 36 Jahre zuvor, anläßlich der Wahl Rudolfs II. geschehen. Der Rat lehnte das Verlangen der Bürger ab, so daß Gerüchte aufkamen, er wolle ihnen das Wissen um kaiserlich verbriefte Abgabenbefreiungen vorenthalten.

Darüber hinaus forderten die Bürger ein verstärktes Mitspracherecht der Zünfte im Stadtregiment. Außer einer stärkeren Repräsentation verlangten die Zunftmeister 1612 die Einrichtung eines öffentlichen Kornmarkts in Frankfurt, um niedrigere Getreidepreise durchsetzen zu können, sowie eine Senkung der von den Frankfurter Juden angeblich geforderten Wucherzinsen von 12 auf 8 oder 6 Prozent (tatsächlich nahmen jüdische und nichtjüdische Bankiers in Frankfurt etwa die gleichen Zinssätze). Auch die Zahl der Bewohner der Judengasse sollte begrenzt werden. Alle Juden, die nicht mindestens 15.000 Taler Vermögen besaßen, sollten vertrieben werden.

Als die enorme Verschuldung Frankfurts (9½ Tonnen Goldgulden) öffentlich wurde, stürmte eine Menge am 6. Mai 1613 den Römer, das Frankfurter Rathaus, und erzwang die Herausgabe der Schlüssel zur Stadtkasse an den Neuner-Ausschuß der Zünfte. In den folgenden Monaten konnte der Rat nur so viel Geld ausgeben, wie der Ausschuß ihm bewilligte. Da der Rat aber weiterhin keine Belege für den Verbleib der 9½ Tonnen Goldgulden beibringen konnte, setzte sich unter den Zünften der radikale Flügel unter Vinzenz Fettmilch durch.

Am 5. Mai 1614 ließ er die Stadttore von seinen Anhängern besetzen, den alten Rat für abgesetzt erklären und seine Mitglieder im Römer verhaften und auf der Zunftstube festsetzen.

Alle Ratsherren wurden ihrer Ämter enthoben und ein neuer Rat eingesetzt.

Am 26. Juli erschien ein kaiserlicher Herold in der Stadt, der die Wiedereinsetzung des Rats forderte. Als dem nicht Folge geleistet wurde, ließ der Kaiser am 22. August jedem Frankfurter die Reichsacht androhen, der nicht bereit war, sich durch Eid seinem Befehl zu unterwerfen.

Die Aufständischen, die sich lange der Unterstützung des Kaisers sicher gewähnt hatten, richteten ihre Wut nun gegen das schwächste Glied in der Kette ihrer vermeintlichen Gegner. Am 22. August 1614 zog eine Menge von Handwerksgesellen mit dem Ruf „Gebt uns Arbeit und Brot“ durch die Stadt. Fettmilch führte die Plünderung der Judengasse an. Vinzenz Fettmilch selbst scheint an der Plünderung nicht beteiligt gewesen zu sein. In seinem späteren Prozeß behauptete er, diese sei gegen seinen Willen erfolgt. Möglicherweise hatte er kurzfristig die Kontrolle über seine Anhänger verloren. Für Versuche Fettmilchs, die Ausschreitungen zu unterbinden, konnten aber keine überzeugenden Beweise beigebracht werden. Tatsache ist dagegen, daß er am nächsten Tag, dem 23. August, die Vertreibung aller Juden aus Frankfurt erzwang.

Die meisten von ihnen suchten in den kurmainzischen und hessischen Nachbarstädten Höchst und Hanau Zuflucht. Doch haben sich einige Juden noch etliche Tage in der Stadt aufgehalten, um zu sehen, wie sich alles entwickeln würde. Die Plünderung hat gedauert bin zum letzen August. Da ist den übriggebliebenen Juden der Befehl gegeben worden, daß sich überhaupt keiner mehr in der Stadt finden lassen soll. Ihr Hab und Gut ist zum größten Teil in den städtischen Brückenhof gekommen, aber auch anderswohin. Im August und September 1615 haben eine ganze Anzahl Juden angefangen, wieder nach Frankfurt in die angestammte Judengasse zu ziehen.

Am 28. Oktober 1614 verkündete ein kaiserlicher Herold am Römer, daß die Reichsacht über Fettmilch sowie über den Schreiner Konrad Gerngroß und den Schneider Konrad Schopp verhängt worden sei, die als Rädelsführer der Rebellion galten. In der Folge wurden noch vier weitere Frankfurter in die Acht erklärt, darunter der Sachsenhäuser Seidenfärber Georg Ebel.

Der Aufstand wurde schließlich mit Hilfe des Kaisers, der Landgrafschaft Hessen-Kassel und des Kurfürstentums Mainz niedergeschlagen.

Der Ratsherr Mattias Müller beantragte am 24. November 1614, Fettmilch zu verhaften. Erst am 27. November wagte es ein Frankfurter Schöffe, den bis dahin mächtigsten Mann der Stadt zu verhaften. Drei Tage später wurde er vom Schöffen Hans Martin Bauer nach einem Handgemenge festgenommen. Empörte Handwerksgesellen, darunter der Frankfurter Bürger und Buchdruckergeselle Hans Schlegel, befreiten ihn noch am selben Tag aus dem Bornheimer Turm.

Am 2. Dezember 1614 wurde Fettmilch beim Gutleuthof an den Schultheißen von Mainz ausgeliefert und nach Aschaffenburg gebracht. In einem langwierigen Prozeß, der sich fast das ganze Jahr 1615 hinzog, wurden Fettmilch und insgesamt 38 Mitangeklagte nicht direkt wegen der Ausschreitungen gegen die Juden verurteilt, sondern wegen Majestätsverbrechen, da sie die Befehle des Kaisers mißachtet hatten. In Aschaffenburg wurden sie festgehalten bis zum 28. Februar 1616.

An diesem Mittwoch sind die sieben Rädelsführer auf dem Frankfurter Roßmarkt mit dem Schwert vom Leben zum Tod hingerichtet worden, nämlich Vincenz Fettmilch, Konrad Gerngroß und Konrad Schopp samt ihren vier Mittätern, nämlich der Schwabe Georg Ebelt (ein Färber), Adolf Kanter (ein Wollherr), Hermann Geiß (ein Schneider) und Meister Stefan Wolf (ein Seiler).

Als dem Vincenz und seinen Kumpanen das Urteil vorgelesen wurde, hat auch Gott sein Gericht sehen lassen, denn als dem Gerngroß sein Urteil vorgelesen wurde, ist alsbald ein Ratsherr am Ort des Geschehens tot niedergefallen und am anderen Tag ist noch ein anderer gestorben. Die sieben erwähnten wurden auf dem Roßmarkt auf einer extra dazu gemachten Brücke gerichtet und die Ursache ihres Todes ist in öffentlichen Plakaten in der Stadt angeschlagen worden.

Vor der Enthauptung schlug man den vier Ersten zunächst zwei Finger von der rechten Hand

ab (die Schwurfinger). Fettmilch wurde darüber hinaus nach seiner Hinrichtung gevierteilt. Seine Leiche wurde gemeinsam mit denen der anderen Verurteilten am Galgen aufgehängt und die Köpfe an Eisenstangen auf der Südseite des rechtsmainischen Brückenturms ausgestellt. Die Köpfe von Fettmilch, Gerngroß, Schopp und Ebel wurden am Frankfurter Brückenturm aufgespießt, wo zur Zeit Goethes wenigstens noch einer von ihnen zu sehen war (Nach anderer Angabe wurde der Leib Fettmilchs gevierteilt und an vier Straßen aufgehängt). Fettmilchs Kumpane wurden unter dem Galgen begraben. Und es sind auch neun Bürger mit Ruthen aus der Stadt geprügelt und weitere acht aus der Stadt und des Landes verwiesen worden.

Um die Erinnerung auszulöschen wurde sein Haus „Zum Hasen“ dem Erdboden gleichgemacht. Frau, Kinder und Bruder mußten die Stadt verlassen. Im Jahre 1617 wurde an der Stelle des ehemaligen Hauses „Zum Hasen“ eine Schandsäule zum Gedächtnis an den Aufstand errichtet, die in deutscher und lateinischer Sprache seine Verbrechen festhielt.

Nach den Hinrichtungen, die sich mit dem Verlesen der Urteile über mehrere Stunden hinzogen, wurde ein kaiserliches Mandat bekannt gemacht, das die Wiedereinsetzung der im August 1614 verjagten Juden in ihre alten Rechte gebot. Noch am selben Tag wurden die Juden, die bis dahin überwiegend in Höchst und Hanau Zuflucht gefunden hatten, in einer feierlichen Prozession in die Judengasse zurückgeführt. An deren Tor wurde ein Reichsadler angebracht mit der Umschrift „Römisch kaiserlicher Majestät und des heiligen Reiches Schutz“.

Der Fettmilch-Aufstand des Jahres 1614 war eine von dem Lebkuchenbäcker Vinzenz Fettmilch angeführte judenfeindliche Revolte in der Freien Reichsstadt Frankfurt am Main. Der Aufstand der Zünfte richtete sich ursprünglich gegen die Mißwirtschaft des von Patriziern dominierten Rats der Stadt, artete aber in die Plünderung der Judengasse und die Vertreibung aller Frankfurter Juden aus (aus der Chronik von Konrad Appel, Hochstadt).

 

Wie Frankfurt von der französischen Besatzung profitierte 1759

Es ist der Neujahrstag 1759, als französische Truppen Frankfurt besetzen. Bereits seit 1756 währte die Auseinandersetzung zwischen Preußen und dem Reich, die später als der „Siebenjährige Krieg“ in die Geschichtsbücher eingehen sollte. Frankfurts Loyalität als Freie Reichsstadt galt selbstverständlich dem Kaiser, und so kam sie ihren militärischen Verpflichtungen ihm gegenüber auch nach - freilich ohne sich dabei durch übergroßen Enthusiasmus auszuzeichnen.

Ein Großteil der Bevölkerung war nämlich preußisch gesinnt, weswegen die Franzosen als kaiserliche Verbündete schon länger erwogen hatten, sich der strategisch bedeutenden Stadt am Main lieber vorsorglich zu bemächtigen. Und so geschah es. In der Empörung über diese Annexion - und als nichts anderes empfand man diesen „Freundschaftsbesuch“ - waren sich in Frankfurt alle vollkommen einig.

Schließlich mußte man nicht nur kostenlose Quartiere für die Soldaten bereitstellen: Nach der Schlacht bei Bergen vom 13. April 1759, in der die französischen Truppen die preußischen zurückschlugen, wurde Frankfurt zudem in ein riesiges Lazarett verwandelt - mit nicht unbeträchtlichen gesundheitlichen Folgen für die Einwohner.

Goethes Vater Johann Caspar, ein großer Bewunderer des Preußenkönigs Friedrich des Großen, traf die französische Besatzung ins Mark: Er mußte für zwei Jahre einige Zimmer seines Hauses ausgerechnet für den ranghöchsten französischen Offizier räumen, den Stadtkommandanten Graf Francois de Thoranc. Sohn Johann Wolfgang Goethe wußte die Kunstsinnigkeit Thorancs zu schätzen, nachzulesen in „Dichtung und Wahrheit“. Johann Wolfgang Goethe verdankte ihm die erste eindringliche Begegnung mit französischer Kultur. Durch die im Troß der Soldateska mitgereiste Schauspieltruppe lernte er die Tragödien von Corneille und Racine sowie die Komödien von Molière kennen.

Überhaupt hatte die bis zum Ende des Kriegs dauernde Okkupation für die Frankfurter nicht nur negative Auswirkungen - ganz im Gegenteil. Angeregt durch die oftmals deutlich weltläufigeren Besatzer wurde die städtische Infrastruktur enorm verbessert: So wurde etwa die Numerierung der Häuser eingeführt. Frankfurts Häuser waren vorher nur durch ihre Namen zu unterscheiden gewesen. Bei gleichen oder ähnlichen Bezeichnungen hatte das häufig zu Verwechslungen geführt und die Zustellung der Post massiv behindert. Aus dem gleichen

Grund wurden auch die Straßen beschildert.

Vor der französischen Besetzung waren zudem nur wenige Hauptstraßen befestigt gewesen: Nun intensivierte man nun auch die Bepflasterung der Wege, die zuvor den überwiegenden Teil des Jahres bessere Schlammlöcher gewesen waren und ein Vorwärtskommen sehr erschwert hatten.

Die wichtigste Neuerung war allerdings die Installation der ersten Stadtbeleuchtung in den

Jahren 1761 und 1762. Rüböllampen wurden an einem Seil aufgehängt, das von zwei Masten zu beiden Seiten der Straße gehalten wurde. Diese Lampen spendeten ein aus heutiger Sicht

spärliches Licht. Damals wurde es jedoch als ausgesprochen grell empfunden. Die bis 1783 in

Frankfurt und Sachsenhausen aufgestellten 604 Laternen sorgten jedenfalls für einen starken

Rückgang der Kriminalität, weil sie „lichtscheues Gesindel“ vertrieben. Für die Wartung der

Öllampen - also das An- und Ausmachen, Befüllen, Reinigen und Reparieren - waren städtische Lampenfüller zuständig.

Im Frankfurter Institut für Stadtgeschichte liegt heute noch ein Kalender, der die Brenndauer der Laternen exakt verzeichnet. Da die Straßenbeleuchtung eine teure Angelegenheit war, wurden dabei auch die Mondphasen berücksichtigt. Außerdem wurde flugs eine neue Steuer erhoben, das so genannte „Lichtergeld“. Und als besonders drakonische Strafe für die mutwillige Zerstörung der Beleuchtungskörper wurde „Spießrutenlaufen“ festgesetzt - eine Prügelstrafe mit oft tödlichem Ausgang.

 

 

 

Personen

 

Martin Luther:

Stärkung konnte er gebrauchen, der gute Luther. Körperliche wie seeli­sche. Es ging ihm nicht gut, als er in jenen April‑Tagen des Jahres 1521 in Frankfurt eintraf. Gegen Mittag des 14. April erreichte der Reformator aus Wit­tenberg den Kornmarkt und kehrte dort in der Herberge „Zum Strauß“ (heute Buchgasse 11) ein. Er war in das Gewand der Augustiner­mönche gehüllt und von einer jubelnden Menge begleitet. So jedenfalls steht es im Frankfurter Kirchenkalender.

Kaum hatte Luther sein Quartier bezo­gen, traf eine Lieferung Malvasierwein ein, die für den berühmten Gast bestimmt war Als Absenderin gab sich Katharina Froschin, die Witwe des Patriziers Gil­brecht Holzhausen, zu erkennen. Sie kam dann auch selbst, um den geweissagten Bringer einer neuen Zeit zu sehen. Eben­so erschienen Hamman von Holzhausen, Philipp Fürstenberger und Wilhelm Ne­sen, der Leiter der Gelehrtenschule.

Ja, die Frankfurter bewiesen schon zu Luthers Zeiten ihre Offenheit für neue Trends. Wo es was Neues gab, da wollte man nicht hintanstehen. So war die Reichs­stadt am Main eine der ersten, in der die Reformation in Gottesdiensten und Pfarreranstellungen in die Tat umgesetzt wurde. Schon 1522, ein Jahr nach Luthers denkwürdigem Auftritt beim Reichstag zu Worms, erlaubte der Rat der Stadt die ers­te evangelische Predigt. Sie wurde in der Barfüßerkirche (heute Katharinenkirche) gehalten. Drei Jahre später stellte die Stadt zwei evangelische Prädikanten ein, 1528 gab es (wiederum in der Barfüßerkir­che) das erste Abendmahl und 1531 wurde eine Abendmahlsordnung verabschiedet.

Zurück zu Luther. Der Aufenthalt im „Strauß“ und die aufmunternden Worte der Frankfurter Fans müssen dem ange­schlagenen Mann gut getan haben. In ei­nem Brief an seinen Vertrauten Spalatin, den Hofprediger am sächsischen Hof, schrieb er: „Wir wollen nach Worms kom­men allen Pforten der Hölle und Fürsten der Luft zum Trutz“. Dies tue er, „obwohl ihn der Satan doch mehr als eine Krank­heit zu hindern gesucht“. Wie wir heu­te wissen, waren die Mühen des Satans nicht von Erfolg gekrönt, Luther konnte am 15. April nach Worms weiterreisen und dort vor dem Kaiser den Satz: „Hier stehe ich, ich kann nicht anders“ ausspre­chen. Auf der Rückreise, am 27. April, stieg er erneut im „Strauß“ ab.

Die Aufgeschlossenheit Frankfurts brachte es mit sich, daß sich die Stars der Reformations‑Szene in den Mauern der Reichsstadt quasi die Klinke in die Hand gaben. So lag gegenüber der Gastwirtschaft „Zum Strauß“ eine Herberge namens „Zum Falken“. Lisa von Rückingen, der Witwe des Patriziers Hans Bromm, gehörte der Laden. Und dort beliebte Luthers Mitstreiter und Gegenspieler, Jean Calvin (1509‑1564), bei seinen Frank­furt‑Besuchen zu nächtigen. Calvin pflegte Kontakt zum Rat der Stadt, hat­te allerdings mit sei­nen Bemühungen, den „reformierten“ Glauben in Frank­furt durchzusetzen, nicht den gewünsch­ten Erfolg. Refor­mierte Gottesdienste calvinistischer Prä­gung waren bis ins 18. Jahrhundert hi­nein untersagt, nur in Bockenheim ‑ da­mals vor der Toren der Stadt ‑ gab es welche.

Sogar einen Refor­mator aus Schott­land, John Knox (1505‑1572), ver­schlug es nach Frank­furt. Er hatte 1554, als die ebenso katholische wie blutrünstige Maria Stuart den schottischen Thron bestieg, aus dem Kö­nigreich fliehen müs­sen und war in Genf gelandet. Dort erhielt er einen Brief aus Frankfurt mit der Bit­te, Pastor der engli­schen Flüchtlingsge­meinde zu werden. So wirkte Knox von November 1554 bis März 1555 als Pfarrer an der Weißfrauenkir­che (die Kirche wurde 1944 zerstört und in den 50er Jahren neu errichtet). Er wohnte im Haus des Patriziers Claus Bromm an der Zeil. Schon im März 1555 kehrte Knox freilich der Stadt wieder den Rücken, nachdem es in der Gemeinde Streit über die Gottes­dienst‑Liturgie gegeben hatte. Knox’ calvi­nistisch‑strenger Ansatz behagte seinen Landsleuten nicht, die es eher feierlich mochten. Knox hakte die Geschichte als „The Troubles at Frankfurt“ ab.

Die Flüchtlinge aus England blieben bis 1559, dem Jahr der Thronbesteigung von Elisabeth I. Als Dank an Frank­furt schenkten die Heimkehrer der Stadt einen Goldpokal („The English Monument“), der heute im Historischen Museum zu be­sichtigen ist.

Auch Martin Bucer, der „Vater der Konfirmation“, hinterließ seine Spuren in Frankfurt. Auf ihn geht die Übernahme der Straßburger Kir­chenordnung in Frankfurt zurück. Unter anderem 1536 weilte er in den Mau­ern der Stadt.

Zur gleichen Zeit hielt sich ein weiterer Wegberei­ter der Reformati­on, Philipp Me­lanchthon, in der Stadt auf. Der hatte in Wittenberg an der Seite Luthers Ablaßhandel und andere Mißstände der ka­tholischen Kirche angepran­gert. Für den Rat der Stadt Frankfurt war der humanisti­sche Professor als Berater in religiösen Fragen tätig. Drei­mal traf er sich in Frankfurt mit Calvin. Außerdem such­te er den Kontakt zum hu­manistisch orientierten Frankfurter Stadtadel. Er gründete die Lateinschule (das heutige Lessinggymna­sium) an der Fürstenberger­straße. Vor dem Eingang der Schule erinnert eine Skulptur an Melanchthon. Nach ihm ist zudem die evangelische Kirchenge­meinde in Fechenheim‑Süd benannt.

 

Heinrich Heine:

„Ihr Handelsherren. Behaltet euer Geld. Ein Denkmal hat sich Goethe selbst gesetzt.

In Windeln war er einst euch nah; doch jetzt trennt euch von Goethe eine ganze Welt.“

Also schrieb der Lyriker und umstrittene Deutschland-Kritiker Heinrich Heine (1797-1856) zur Diskussion um die Aufstellung eines Goethedenkmals in Frankfurt. Ein Vers, der auch ein Licht auf Heines ablehnende Haltung zu Denkmälern im Allgemeinen wirft, sein eigenes inbegriffen.

Das hat ihm aber nichts genützt: Ab 1908 wurde in Frankfurt auch über ein Heine-Denkmal diskutiert. Und damit ging der Knatsch los. Da kursierten alsbald Flugblätter folgenden Inhalts: „Bürger Frankfurts! Jüdischer Größenwahn will deutsch-christliches Empfinden in den Staub zwingen und unsere alte Kaiserstadt, von deren deutscher Vergangenheit noch tausend Erinnerungen reden, soll mit dem Bückeburg-Heine-Denkmal beehrt werden, das andere Städte mit Entrüstung abgewiesen haben...“.

In der Ablehnung des Monuments manifestierte sich auch der Antisemitismus der Kaiserzeit gegenüber dem Juden Heine, aber vor allem waren den „Patrioten“ Heines Angriffe auf Monarchie, Hohenzollern und Preußen ein Dorn im Auge. Da half es auch nichts, daß die Befürworter des Denkmals - unter ihnen der (jüdische) langjährige Intendant des Schauspiels, Emil Claar - taktischerweise nur „dem Dichter“ und nicht dem politischen Satiriker Heine huldigen wollten.

Warum gerade Frankfurt? Leitartikler fanden schnell die böse Antwort: Frankfurt am Main, die alte Krönungsstadt Kaiser deutscher Nation, wird  längst nicht mehr in statistischem Sinne als deutsche Stadt gerechnet. Sonst gilt sie als „neues Jerusalem“. Eine Manifestation des Judentums also, obwohl Heine sich auch als dessen Kritiker betätigt hat?

Nur dreimal war Heinrich Heine in Frankfurt. Doch die Aufenthalte haben Leben und Denken des berühmten Dichters wesentlich geprägt. Seine besondere Beziehung zu Frankfurt begann 1815. Da hatte der Vater den 18-Jährigen Harry - wie der jüdische Heinrich Heine vor seiner christlichen Taufe hieß - bei einem Bankier mit dem Namen Veitel Rindskopf in die Lehre gegeben. Dort hielt es Harry aber „höchstens drei Wochen” aus. Seine Karriere endete als kaufmännischer Lehrling bei einem Kolonialwarenhändler, wo er eigener Bekundung nach vier Wochen lang „studierte, wie Muskatnüsse aussehen“. Man attestierte ihm, daß er kein „Talent zum Erwerb“ habe. Als „ungeratener Junge“ kehrte er in seine Heimatstadt Düsseldorf zurück. Heine entschied sich letztlich für die Literatur. Daran sollte auch die anschließende Banklehre in Hamburg und das Jurastudium nichts ändern.

Schon beim ersten Mal in Frankfurt war er dem wortgewaltigen Publizisten Ludwig Börne kurz begegnet, den er 1827 bei seinem zweiten Besuch auf der Durchreise nach München traf. Zu diesem Zeitpunkt war Heine, der inzwischen Heinrich hieß, bereits mit seinen Gedichten und Reisebildern bekannt geworden. Börne sollte ein enger Freund werden - beide rechneten erst Jahre später gnadenlos in ihren Schriften miteinander ab.

Im Jahre 1831 kam Heinrich nochmals in die Handelsstadt Frankfurt, die er schon früher wegen ihres „Krämergeistes” verspottet hatte. Er war auf der Durchreise nach Paris, wo er bis zu seinem Tod wohnen sollte. Der scharfzüngige Heine machte seinem Ruf erneut alle Ehre. Zu den damals hochgelobten Promenaden auf den geschleiften Wallanlagen in Frankfurt meinte Heine ironisch: „Der Umgang um die Stadt ist jedenfalls interessanter als der Umgang in der Stadt.”

Er wohnte  im Gasthaus „Zum Schwan“ im Steinweg - eben dort, wo 40 Jahre später der Friedensschluß im deutsch-französischen Krieg unterzeichnet werden sollte. Fürderhin beschränkte sich Heines Beziehung zu Frankfurt auf den Briefwechsel mit seinem Freund Ludwig Börne.

Den Schlüssel für die Beziehung Heines zu Frankfurt liefert aber wohl dessen nicht einfaches Verhältnis zu seinem Judentum. In Frankfurt lernte er schon früh das jüdische Getto kennen - es war zum Zeitpunkt seiner Einrichtung im 15. Jahrhundert das erste in Deutschland. Den zwiespältigen Charakter des Gettos, das zur Zufluchtsstätte für Juden aus ganz Deutschland wurde, schildert Heine in seinem Roman „Der Rabbi von Bacharach”.

„Es ist praktisch ein Versuch, seine jüdische Vergangenheit literarisch zu bewältigen”, sagt der Historiker Fritz Backhaus vom Jüdischen Museum in Frankfurt. Der Roman blieb für immer Fragment. Bezeichnenderweise stoppte Heine die Arbeit an der Novelle, als er sich taufen ließ.

In Paris setzte sich Heines Verbindung zu Frankfurt indirekt fort: Der Dichter hatte dort engen Kontakt zur jüdischen Bankiersfamilie Rothschild, die aus der Frankfurter Judengasse stammte. Die Stadt Frankfurt ließ sich trotz mancher Schmähung in ihrer Wertschätzung für den bis weit ins 20. Jahrhundert umstrittenen Dichters nicht beirren. Eine von der „Frankfurter Zeitung” initiierte Stiftung sorgte seit 1897 auf dem Montmartre-Friedhof in Paris für die Pflege von Heines Grab.

Als erste Stadt Deutschlands errichtete das auf seine liberale Tradition stolze Frankfurt auch ein Heine-Denkmal. Nach schier endlosem Hickhack war es am 13. Dezember 1913 – dem 116. Geburtstag des Dichters -  soweit: Nachdem man den bedeutenden Berliner Bildhauer Georg Kolbe beauftragt hatte, konnte das Werk vom Oberbürgermeister in Anwesenheit von 2000 Gästen in Friedberger Anlage feierlich enthüllt. Der Berliner Bildhauer Georg Kolbe schuf ein für die säbelrasselnde Zeit vor dem Ersten Weltkrieg ungewöhnlich anmutendes Ensemble aus zwei Bronzefiguren - einem schreitenden Jüngling und einem davor sitzenden Mädchen. Es sollte den Rhythmus von Heines Lyrik symbolisieren. Am Sockel prangt eine Gedenkkette für den „Dichter“ Heine.

Das Denkmalwurde durch Spenden Frankfurter Bürger finanziert. Es wurde aber im gesamten Deutschen Reich angefeindet. Drei Monate nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten wurde das Denkmal am 27. April 1933 gestürzt. Da Kolbes Kunst durchaus dem nationalsozialistischen Menschenbild entsprach, überlebte Werk die Nazizeit. Die Bronzefiguren überlebten als „Frühlingslied von Kolbe” im Garten des Städel - ohne die Heine-Plakette. Seit dem Jahr 1947 steht das Denkmal wieder mit dem Hinweis „Heinrich Heine” im Frankfurter Anlagenring an der Taunusanlage.

 

Arthur Schopenhauer:

Im Juli 1833 ist der Dr. phil. habil. Arthur Schopenhauer aus Berlin nach Frankfurt gezogen. Auf dem Deckel eines Rechnungsbuchs hat der damals 45 Jahre alte Privatgelehrte fest gehalten, warum: „Gesundes Klima. Schöne Gegend. Annehmlichkeiten großer Städte. Abwechs­lung großer Städte. Besseres Lesezimmer. Das Naturhistorische Museum. Besseres Schauspiel, Oper und Concerte. Mehr Engländer. Bessere Kaffeehäuser Kein schlechtes Wasser Die Senckenbergische Bibliothek. Keine Überschwemmungen. Weniger beobachtet. Die Freundlichkeit des Platzes und seiner ganzen Umgebung ( . .) Ein geschickter Zahnarzt und weniger schlechte Arzte. Keine so unerträgliche Hitze im Sommer.“

Arthur Schopenhauer war ein Einzelgänger, in Frankfurt galt er nach Einschätzung von Chronisten als „verkannter Nobody“. Wie er gestikulierend im Selbstgespräch mit seinem Pudel am Mainufer spazierte, hat unter anderem der Lokaldichter Friedrich Stoltze bespöttelt. Der Tagesablauf des Philosophen, der sich hier 1836 nach langem Schweigen mit seinem Werk „Über den Willen in der Natur“ wieder zu Wort meldete, war streng geregelt: Morgens die Arbeit am Schreibtisch, Flöte spielen regelmäßig vor dem Mittagessen.

Die Mahlzeiten hat Arthur Schopenhauer nach der Überlieferung seiner Biographen stets in Gasthäusern eingenommen. Aus dem „Englischen Hof“ am Roßmarkt hält sich bis heute die Anekdote, sein außerordentlicher Appetit habe manches Mal Aufmerksamkeit erregt. „Herr Doktor, Sie essen ja wirklich für zehn“, soll ein Tischnachbar zu ihm gesagt haben. „Ja, freilich“, habe er entgegnet, „aber ich denke auch für zehn!“

Mit 55 Jahren bezog der Philosoph, der bis dahin fast immer als möblierter Herr zur Untermiete gewohnt hatte, am Mainufer, an der Schönen Aussicht Nummer 17, eine eigene Wohnung, die er dann 16 Jahre lang behielt. Als das „Schopenhauer-Haus“ aber ist die Nachbar­adresse in die Geschichte eingegangen, das riesige Palais Schöne Aussicht 16, sein Sterbehaus. Zum Umzug hatte sich Junggeselle Arthur Schopenhauer entschlossen, weil es an der Nummer 17 dauernd Ärger wegen des Pudels gab, den er abgöttisch geliebt haben soll. Aber 15 Monate später, nach monatelangen Atmungsbeschwerden „mit starkem Herzklopfen im Gehen“ starb Schopenhauer am 21. September 1860 in der Schönen Aussicht Nummer 16 auf seinem Sofa.  

Der Philosoph Arthur Schopenhauer (1788-1860) lebte an der Schönen Aussicht am Kopf der Alten Brücke. Das vielbesungene, verlorene Schopenhauer-Haus wurde  1805 gebaut, brannte 1944 aus, stand über ein Jahrzehnt als Ruine herum und ist seit 1956 abgetragen. „Es war das größte klassizistische Bürgerhaus im Fischerfeldviertel und wurde deswegen geschätzt. Als die Stadtbibliothek als Hülle für das Literaturhaus wieder entstehen sollte, kam  die Frage auf, ob es nicht sinnvoll und wünschenswert ist, auch an den Wiederaufbau des Schopenhauerhauses zu denken.

Das Haus Schöne Aussicht 16, in dem Schopenhauer 1860 starb, war auch architektonisch etwas Besonderes war. Es stammte aus der Werkstatt der legendären Stadtbaumeister-Familie Hess. Vater Johann Georg Christian Hess hatte es gebaut - und zwar 18 Jahre bevor sein Sohn Johann Friedrich Christian Hess die klassizistische Stadtbibliothek mit dem Portikus errichtete.

Frankfurt wollte 1938 an der Schönen Aussicht 16 ein Schopenhauer-Museum aufmachen; der Weltkrieg kam aber dazwischen. „Altstadtvater“ Fried Lübbecke wohnte zu jener Zeit an der Adresse. Wie das hochherrschaftliche Gebäude mit seinem Säulen-Vestibül und der geschwungenen Freitreppe im Bombenhagel des 22. März 1944 „der Untergang ereilte“, hat Fried Lübbecke von der Alten Brücke aus beobachtet. Dorthin hatte er sich gerettet, zwischen allerlei Mobiliar. Das, überliefert Lübbecke (1883-1965) in einer Schrift „Abschied vom Schopenhauerhause“, hatten Mitbewohner „aus Schopenhauers Wohnung im Erdgeschoß hergeschleppt - Schopenhauers Sterbesofa, Schopenhauers Schreibtischstuhl. Die Gegenstände sind in einem kleinen Schopenhauer-Archiv unter dem Dach des Literaturhauses untergekommen.

Die Stadt will die Baulücke unbedingt beseitigen. Die Gelegenheit ist günstig, am Main einen weiteren Anziehungspunkt zu schaffen. Es treffen sich dort gerade einige Linien der Stadtentwicklung. Nicht nur, weil man über das heutige Bild der Altstadt spricht. Es ist das Literaturhaus, das die neue Hülle der alten Stadtbibliothek künftig füllen wird. Damit sieht sich das Schopenhauer-Archiv als Untermieter in der Bockenheimer Landstraße 102 zwar nicht hinauskomplimentiert. Doch auf längere Sicht wird die Institution an einem anderen Ort der Stadt eine neue Verbindung eingehen müssen.

Die heutige Adresse Schöne Aussicht 16 stimmt nicht ganz mit der Lage des Vorgänger-Baus überein. Doch brachliegende Nachbargrundstücke ließen genug Raum für einen Schopenhauer-Neubau.

 

Johann Christian Senckenberg:

Dramatischer kann der Tod eines Mäzens der Wissenschaft kaum sein: Als der Frankfurter Arzt Johann Christian Senckenberg im November 1772 die Baustelle des von ihm finanzierten „Anatomischen Theaters“ besichtigte, fiel er vom Gerüst und starb an den Folgen eines Schädelbruchs. So wurde er selbst der erste Mensch, dessen Leiche im noch unfertigen Bau des Hörsaals für Leichensektionen geöffnet wurde.  „Senckenbergs Lebenswerk wirkt bis heute fort“, berichtet Senckenberg-Biograph Thomas Bauer. Sein 223 Seiten starkes Buch erschien im Frankfurter Societäts-Verlag.

Eine Vielzahl wissenschaftlicher Einrichtungen in Frankfurt sind entweder direkt von Sen­ckenberg gegründet oder später nach ihm benannt worden. Dazu zählen ein Krankenhaus, der Botanische Garten, das Naturkundemuseum und die Universitäts-Bibliothek. Bauer findet: „Für Frankfurt ist Senckenberg bedeutender als Goethe.“

Der Arztsohn war ein Spätzünder. Erst mit 23 begann er in Halle das Medizinstudium, das er dann nicht beenden konnte, weil er sich mit Kollegen in theologische Auseinandersetzungen verstrickte. Senckenberg spürte als Arzt die Defizite der Medizin zu jener Zeit nicht nur in seiner täglichen Arbeit. Er erlitt sie auch in seiner eigenen Familie: Dreimal wurde er Witwer, seine beiden einzigen Kinder starben kurz nach der Geburt. Im Nachhinein betrachtet müßte man fast sagen „zum Glück”, denn so hatte er keine Erben und entschied sich 1763, sein gesamtes privates Vermögen in Höhe von 95.000 Gulden in eine Stiftung zu stecken. Das Geld hatte er größtenteils von seiner ersten Frau geerbt, einer reichen Juweliers-Tochter.  

Mit dem Kapitalstock finanzierte Senckenberg zum einen ein Hospital, in dem Arme kostenlos behandelt wurden. Zwei Drittel des Geldes sollten zur „Förderung der Heilkunde” verwendet werden. Zu diesem Zweck gründete er eine ganze Reihe wissenschaftlicher Forschungseinrichtungen, die bis heute bestehen: Ein medizinisches Institut, einen botanischen Garten, eine Bibliothek, eine naturhistorische Sammlung, ein chemisches Laboratorium und schließlich das Anatomische Theater, in dem er selbst den Tod fand.

Die Senckenbergischen Forschungsinstitute bildeten den Grundstock der 1914 gegründeten Frankfurter Universität. Daß die Hochschule nach Goethe und nicht nach Senckenberg benannt wurde, findet Bauer ein bißchen ungerecht. In Frankfurt wird der Name Senckenberg am meisten mit einer Institution in Verbindung gebracht, die nur mittelbar auf ihn zurückgeht: Das Senckenberg-Museum, Deutschlands größtes Naturkundemuseum, wurde erst nachträglich als Würdigung seiner Verdienste nach ihm benannt.

 

Rosa Luxemburg:

Aus dem Gefängnis in Wronke (Posen) schrieb Rosa Luxemburg am 1. Juni 1917 an Sonja Liebknecht: „Die Orchideen überhaupt kenne ich gut; in dem wundervol­len Gewächshaus in Frankfurt am Main ... habe ich sie damals nach meinem Prozeß, wo ich das Jahr ge­kriegt habe, mehrere Jahre fleißig studiert. Ich finde, sie haben in ihrer leichten Grazie und den phantasti­schen, unnatürlichen Formen etwas so Raffi­niertes, Dekadentes. Sie wirken auf mich wie die zierlichen gepuderten Marquisen des Rokoko. Ich bewundere sie mit einem inneren Widerstreben und einer gewissen Unruhe, wie meiner Natur überhaupt al­les Dekadente und Perverse zuwider ist.  Viel mehr Freude habe ich z. B. an dem ein­fachen Löwenzahn, der so viel Sonne in sei­ner Farbe hat und so ganz wie ich dem Son­nenschein sich voll und dankbar öffnet, beim geringsten Schatten aber wieder scheu verschließt.“

Außer Orchideen fand Rosalie Luxem­burg unter anderem auch das Weltbild des Frankfurter Staatsanwalts Hoffmann per­vers. Der klagte sie am 20. Februar 1914 vor der 2. Strafkammer des hiesigen Land­gerichts wegen der „Aufforderung zum Un­gehorsam gegen die Gesetze und gegen An­ordnungen der Obrigkeit“ an. Er sah die gesellschaftlichen und politischen Verhält­nisse unter Kaiser Wilhelm II. anders als die berühmte wie berüchtigte Sozialdemo­kratin, die sich in ihrer deutschen Wahl­heimat Rosa Luxemburg nannte. Sie führte mit ihrem Ehemann Gus­tav Lübeck eine Scheinehe, die die gebürtige Polin ein­ging, um die deut­sche Staatsbürger­schaft zu erlangen.

Am 26. September 1913 sprach die gebürtige Russisch‑Polin (1871) in der Basaltstraße 23 in Bockenheim. Der Reporter der Parteizeitung Volks­stimme notierte für die Ausgabe des nächs­ten Tages: „Zu einer überaus machtvollen und prächtigen Kundgebung gestaltete sich die Versammlung... mit der Genossin Dr. Luxemburg als Referentin. Kurz nach 7 Uhr schon setzte eine wahre Völkerwan­derung über den mit gärtnerischen Anla­gen geschmückten Hessenplatz nach dem Parteilokal, der Liederhalle, ein. Auch bürgerliche Frauenrechtlerinnen kamen, um im Saal rechtzeitig ein Plätzchen zu finden. Die Versammlung war aber auch sonst von bürgerlichen Elementen stark durchsetzt. Um 8 Uhr herrschte ein un­heimliches Gedränge im Saal, so daß auch die nur vereinzelt aufgestellten Tische ent­fernt werden mußten.

Kopf an Kopf steht die Menge; pyrami­denartig schiebt sie sich an den Seitenwän­den empor. Die zum Garten führenden Tü­ren und Fenster müssen auch noch geöff­net werden. Im Garten postieren sich die „Wetterfesten“, um die Rednerin zu hören. Nur mit Mühe gelingt es, der Referentin bei ihrer Ankunft gegen 9 Uhr eine Gasse zu bahnen.“

Zwei Stunden lang sprach Rosa Luxem­burg vom Gegensatz zwischen herrschen­der Klasse und Arbeiterklasse, von der Un­tragbarkeit des monarchischen Systems, von der heiligen, weil einzig menschenge­rechten Idee der sozialistischen Gesell­schaft und verdammte den Militarismus als Beweggrund der Politik. Im September 1913 war der Balkan längst Pulverfaß und Völkerkerker. In Nordafrika rasselten Europas Großmächte mit den Säbeln. Di­plomaten bemühten sich emsig, den Welt­krieg zu verhindern. In der Liederhalle sagte Rosa Luxemburg: „Wenn uns zuge­mutet wird, die Mordwaffe gegen unsere französischen oder anderen ausländischen Brüder zu erheben, so sagen wir: Nein, das tun wir nicht.“

Unter den Zuhörern in Bockenheim war der Schreiner Henrici, im Nebenerwerb ein freier Mitarbeiter der Polizei und des Regierungspräsidenten in Wiesbaden, wel­cher Preußens Innenminister zum obers­ten Dienstherrn hatte. Henrici machte sich am Abend des 26. Septembers 1913 zunächst Notizen, dann stenographierte er ganze Sätze mit. Darauf stützte sich der Prozeß, den Luxemburg‑Biographen den Zusatz „Frankfurter“ geben. Henrici war der erste Zeuge in der Verhandlung am 20. Februar 1914. Er sagte, er habe die inkri­minierten Sätze wörtlich aufgeschrieben. Er habe den Artikel in der „Frankfurter Warte“ geschrieben, den ein ihm Bekannter an Staatsanwalt Hoffmann geschickt und so den Prozeß in Gang gebracht habe. Henrici bekannte sich als Spitzel und Denun­ziant.

Im Plädoyer sagte Staatsanwalt Hoff­mann über den Liederhalle‑Abend, ein großer Teil der Anwesenden bestand aus „Reservisten und Landwehrmännern“, was er zuvor bloß für wahrscheinlich gehalten hatte. Woher er das wußte, sagte er nicht, jedoch, daß Rosa Luxemburg in ihrer Re­de den Offiziersmord, den Vorgesetzten­mord, überhaupt den „Mord an ihren bür­gerlichen Gegnern empfohlen“ habe. Ob es zur Tat kam oder nicht, „spielt aber bei der Schuldfrage gar keine Rolle. Notwendig aber ist ein Kontakt zwischen der Auffor­derung und den Aufgeforderten. Dieser Kontakt war vorhanden.“  Hoffmann for­derte ein Jahr Gefängnis und sofortige Ver­haftung wegen Fluchtgefahr.

Rosa Luxemburg konterte in einem el­lenlangen Schlußwort, die Sozialdemokra­tie wolle Kriege und Militarismus keines­wegs durch Tötung von Offizieren verhin­dern. Hinter Kriegen ‑ freilich nur solchen zur Verteidigung! ‑ müsse die Mehrheit der Bevölkerung stehen. Sei das nicht der Fall, seien sie abzulehnen, sei Verweige­rung der einzig gangbare Weg. Was Hoff­mann ihr vorwerfe, entspringe seiner So­zialisation und Geisteswelt, ergo „will mich der Staatsanwalt ... eigentlich für seine Gedanken nicht die meinigen abstra­fen.“ Das Gericht folgt dem Staatsanwalt.

Rosa Luxemburg („ein Sozialdemokrat flieht nicht“) blieb zunächst auf freiem Fuß. Erst am 15. Februar 1915 mußte sie in Berlin in Schutzhaft. Bis zum Ende des Ersten Weltkriegs blieb sie beinah unun­terbrochen in Haft. Im Mai 1919 wird sie zusammen mit Karl Liebknecht von Frei­korpssoldaten ermordet. Ihr Verteidiger Paul Levi schrieb am 26. Oktober 1929 in der Volksstimme: „So war dieser Prozeß vielleicht die erste deutsche Mobilmachungsmaßnahme auf morali­schem oder, besser gesagt, auf unmorali­schem Gebiet.... auch ... auf juristischem Gebiete.“

Eine Karikatur zu Rosa Luxemburgs Frankfurter Prozeß erschien am 25. Juli 1914 in der Sati­rezeitschrift „Der Wahre Jacob“ unter dem Titel „Der Milita­rismus auf der Ankla­gebank“.

 

Johann Wolfgang von Goethe:

Wer kennt es nicht, das Gedicht von Frankfurts größtem Sohn, der den Frühling besingt: „Vom Eise befreit sind Strom und Bäche, Durch des Frühlings holden, belebenden Blick, Im Tale grünet Hoffnungsglück; der alte Winter, in seiner Schwäche, zog sich in rauhe Berge zurück.“ Der Bürger  kann Goethes Osterspaziergang nachvollziehen. Ein Rucksack ist schnell gepackt, um auf Goethes Spuren den berühmten Osterspaziergang nachzuvollziehen, auch wenn er aus Kostengründen nicht  mehr  im Theater gespielt wird.

„Am 28ten August 1749, mittags mit dem Glockenschlag zwölf, kam ich in Frankfurt am Main auf die Welt. Die Konstellation war günstig....“. So schildert Johann Wolfgang Goethe die eigene Geburt in Dichtung und Wahrheit. Auch wenn Goethe später ein gespaltenes Verhältnis zu seiner Geburtsstadt entwickelte, war sie doch prägend für seine Kindheit und Jugend. Hier zog er durch die Straßen der Altstadt und erlebte die Vorbereitungen und Aufregung anläßlich der Königswahlen und Kaiserkrönungen, die später auch Eingang in sein Werk fanden.

In Frankfurt war es auch, wo er als junger Mann den Prozeß um Susanna Margareta Brandt miterlebte. Ihr Schicksal hat ihn tief bewegt. Jahre später setzte er der jungen Kindsmörderin mit dem Gretchen in seinem berühmtesten Werk, dem Faust, ein Denkmal. Häufig waren es „Frankfurter Erlebnisse“, die die Motive seiner Werke bestimmten. Ein wenig Atmosphäre aus dieser Zeit läßt sich auch heute noch bei einem Spaziergang durch Frankfurts Straßen oder am Main entlang einfangen.

Goethe-Liebhaber - und solche, die es werden wollen - beginnen ihre Besichtigung auf den Spuren des großen Sohns der Stadt am besten im Geburtshaus des Dichters. Am Großen Hirschgraben 23 - 25 läßt sich dem Werden des Johann Wolfgang Goethe trefflich nachspüren.

Sein Zimmer mußte der kleine Johann Wolfgang während der Besetzung Frankfurts durch französische Truppen (1759-1761) dem französische Befehlshaber Graf Thorane,  schlossen  Freundschaft, von ihm lernte der junge Goethe nicht nur ein wenig Französisch, er entdeckte auch das Mal- und Zeichentalent des jungen Bürgersohnes. Im Gemäldezimmer der zweiten Etage hängen Werke Frankfurter Künstler, die Goethes Vater besonders geschätzt und gesammelt hat. Porträts von Goethes Eltern bringen dem Betrachter Goethes Charakteristik näher:

„Vom Vater hab ich die Statur,

Des Lebens ernstes Führen,

Vom Mütterchen die Frohnatur

und Lust zu fabulieren.“

 

Gerbermühle

Nach dem Goethe-Haus ist die Gerbermühle am Main wohl der Ort in Frankfurt, der am stärksten mit Goethe verknüpft ist. Das 1311 zum ersten Mal erwähnte Hofgut hatte ursprünglich fünf Gebäude. Ab 1656 bestand auf dem Oberräder Ufergelände die Farbmühle, 30 Jahre später war der Name „Gerbermühle“ gebräuchlich. Die Gerbermühle gehörte zum erzbischöflich-mainzischen Hofgut des Münzenberger-Alt Stralenberger Lehens. Über 20 Pächter sind nachweisbar, bevor das Haus im Jahr 1688 von einem Rotgerber für sein Handwerk genutzt wurde. Daher der Name „Gerbermühle“, der bis heute erhalten geblieben ist. Ab 1755 ist belegt, daß dort draußen auch eine Gastwirtschaft betrieben wurde. Goethe kannte die Gerbermühle bereits von 1774, als sie eine Gaststätte war

Im Jahre 1785 hat eine Erbengemeinschaft, zu der auch Justinian von Holzhausen gehörte, die Mühle für 20 Jahre an den Frankfurter Bankier Johann Jacob von Willemer verpachtet, was bald in „auf Lebenszeit“ verlängert wurde. Dieser hat sie zu einem Sommersitz umgebaut und hier, weit vor den Toren der Stadt, die warme Jahreszeit mit seiner Familie verbracht.

 

Im Sommer 1814 und 1815 weilte er zur Kur in Wiesbaden und besuchte auch in Frankfurt befreundete Familien. Im Jahre 1815 wohnte er dort sogar mehrere Tage - zur Zeit seines 66. Geburtstages. Die fünf Wochen im Sommer des Jahres 1815 haben dann die Gerbermühle als eine der wenigen Goethestätten, die wir besitzen, gleichsam für alle Zeit geweiht. Dahin hatte sich Goethe, der längst in Weimar lebte, von den Willemers einladen lassen

Hier begegnete der 66-jährige Goethe der 29 Jahre alten  Frau Geheimrätin Marianne von Willemer, der  er im Willemer-Häus­chen begegnet war. Aus Zuneigung entwickelte sich tiefe Liebe. Hatem und Suleika, wie Goethe und Marianne Willemer sich in ihren Briefen nannten. So schrieb die Gerbermühle Literaturgeschichte, denn die „allerschönste Zeit“, als die der Dichter die Wochen bei Willemers später bezeichnete, ist vier Jahre später in die Gedichtsammlung „West-östlicher Divan“ eingegangen.

Auf der Gerbermühle wurden frohe Feste gefeiert. besonders am 28. August anläßlich Goethes Geburtstag. Marianne sang bei solchen Gelegenheiten mit ihrer prächtigen Stimme Goethelieder voller Hingebung. Daß Goethe nach langer Entfremdung von seiner Vaterstadt im Jahr 1814 in auffallend guter Stimmung in Frankfurt wohnte - angetan von der romantischen Gerbermühle und ihrer charmanten „Müllerin“ - war fast wie die Rückkehr eines verlorenen Sohnes. Des Dichters oft abfällige Bemerkungen aus seiner Jugendzeit über die Stadt am Main und ihre Bewohner wichen nun einer anerkennenden wohlwollenden Beurteilung.

Die Gerbermühle hat ihren Anteil an dieser Wandlung, die in dem Lob gipfelt: „Wenn mich jemand früge, wo ich mir den Platz meiner Wiege bequemer, meiner bürgerlichen Gesinnung gemäßer oder meiner poetischen Ansicht entsprechender denke, so könnte ich keine liebere Stadt als Frankfurt nennen.“ Das schrieb Goethe am 19. Oktober 1824 an eine ehemalige Frankfurter Bürgerin, an Bettina von Arnim, geborene Brentano. Der Dichter hat sich hier so wohl gefühlt, daß sein Wort aus dem Faust „hier bin ich Mensch, hier darf ich's sein“ hier seinen Ursprung gehabt haben könnte.

Das Anwesen ist 1830 nach Willemers Tod in Bedeutungslosigkeit verfallen. Erst im 20. Jahrhundert ist es als Ausflugslokal wieder entdeckt worden. Es war bei einem Bombenangriff 1944 zerstört worden. In den fünfziger Jahren wurde es wieder aufgebaut. In den letzten Jahren wurde es durch einen Hotelneubau ergänzt. An der östlichen Flanke ragten noch einige ausgebrannte Trümmer des Altbaus heraus. Dieser Teil sollte abgerissen werden. Eine Bauuntersuchung erbrachte, daß im Trümmerteil stattliche Reste der turmartigen gotischen Mühle steckten. Mittlerweile wurden diese Reste im Turmschaft zwischen dem Gebäude der Gerbermühle und dem Hotelneubau konserviert. Der Turmschaft wurde aufgestockt mit einer Passerelle zum Hotelneubau mit modernen Elementen (Fenster, Erker). Das Haus aus den fünfziger Jahren ist aufgefrischt worden, zum Beispiel mit grünen Fensterrahmen und mit einer lebhaften Dachlandschaft mit Gauben versehen worden.

Die Gerbermühle dient heute gastronomischen Zwecken. Im Inneren erinnert so gut wie nichts mehr an Goethes Aufenthalt. Weder die Stadt noch die zuständigen Instanzen haben sich ernstlich darum bemüht, das Haus als Gedenkstätte zu erhalten. Das heutige Gebäude ist nicht mehr die alte Gerbermühle mit dem Goethezimmer, das 1904 vom Pächter eingerichtet worden war. Aber als Goethestätte und Ausflugsziel übt es noch immer seinen Reiz aus.

Im Goethejahr 1999, dem 250. Geburtstag des Dichters, hat man hier am Mainufer drei Gingko­bäume gepflanzt. Durch den Gingkobaum am Petrihäuschen im Brentanopark wurde Goethe zu seinem Gedicht „Gingko biloba“ angeregt. Außerdem hat man drei Hinweise auf den Goethewanderweg mit einem Bild von ihm angebracht.

Für die Traditionsadresse Gerbermühle ist 2003 ein neuer volkstümlicher Entwurf vorhanden: Jochem Jourdan ist der Baukünstler, dem es zu gelingen scheint, alle Parteien in diesem komplizierten Streitfall hinter sich zu bringen. Er sieht die Rekonstruktion der historischen Raumfolgen vor, die sich um einen Mühlenhof gruppierten. Danach stünden künftig mindestens vier Gebäude um jenen Mühlenhof:

  • Einmal (zur Nutzung als Lokal) der Wehrturm aus dem 15. Jahrhundert, dessen Gestalt heute nicht mehr erkennbar ist
  • Das ursprünglich klassizistische in den fünfziger Jahren rekonstruierte Hauptgebäude, das Goethe erlebt hat
  • Als drittes Bauteil wird ein Neubau dort erwähnt, wo sich heute auf dem Grundstück eine Ansammlung von Hütten befindet. Jener Trakt würde einmal als Küche dienen, zum anderen bis zu 20 Gästezimmer aufnehmen. Letztlich habe Jochem Jourdan an der zur Stadt gerichteten Seite des Gebäudekomplexes „eine Art biedermeierlicher Wintergarten vorgeschlagen“.

Im Inneren der Gaststätte ist auf dem Fussboden eine Steinplatte eingelassen, die das Datum 28.8.1815 trägt zur Erinnerung an die Feier von Goethes Geburtstag im Jahr 1815. Draußen befindet sich ein mittelalterlicher Bildstock mit einer Pietà aus dem 16. Jahrhundert. Im benachbarten Turmschaft sind unter Glas auf dem Fussboden die Reste der ehemaligen Mühle, zum Beispiel des Mühlsteins konserviert worden. Im ersten Stock ist eine neuangefertigte Goethebüste aufgestellt worden, eine Herme auf einem vierkantigen, sich nach unten verjüngendem hohen Sockel.

 

Willemer-Häuschen:

Auf dem Sachsenhäuser Mühlberg am Hühnerweg, der heute eine bevorzugte Villengegend ist, hatte der Bankier Johann Jacob Willemer im Jahre 1809 ein kleines, kurz zuvor erbautes klassizistisches Gartenhaus erworben. Es war ursprünglich als Unterstand in seinen weitläufigen Weinbergen gedacht. Im Jahre 1810 ließ er ein turmartiges klassizistisches Gartenhäuschen erbauen, achteckig und mit geschiefertem Fachwerk, in ehemals aussichtsreicher Lage.

Goethe hat während seiner Aufenthalte im Rhein-Main-Gebiet im Sommer 1814 und 1815, als er zur Kur in Wiesbaden weilte, befreundete Familien im Rheingau und in Frankfurt besucht, so auch die Familie Willemer. Dabei lernte er die österreichische Schauspielerin Marianne Jung kennen. Marianne kam 1798 mit einer fahrenden Schauspieltruppe nach Frankfurt, wo sie am Nationaltheater in verschiedenen Rollen auftrat. Willemer, der zur Oberdirektion des Nationaltheaters gehörte, war von Marianne so fasziniert, daß der zweimalige Witwer die 16-Jährige im Jahre 1800 als Pflegetochter in sein Haus aufnahm und ihr zusammen mit seinen Kindern eine gute und vielseitige Ausbildung zuteil werden ließ. Im Jahre 1814 heiratete er sie.

Goethe bezeichnete die Wochen, die er im Herbst 1814 und 1815 zum letzten Male in der Heimat verbrachte, als die „allerschönste Zeit“. Für Marianne war die Begegnung mit Goethe der Höhepunkt ihres Lebens. Nicht nur die Aufenthalte in Willemers Stadthaus und die Tage auf der Gerbermühle, sondern vor allem die Stunden im Gartenhäuschen auf dem Mühlberg behielt Goethe in „beglückender Erinnerung“.

 

Das Willemer-Häuschen ist eine Stätte der Begegnung Goethes mit Marianne von Willemer. Es gehört zu den ruhigeren verborgenen Goethestätten. Die Stunden in diesem Gartenhäuschen behielt Goethe in beglückender Erinnerung. Am Willemer­häuschen war der Funke der Sympathie zwischen der 29jährigen jungen Frau und dem fünfundsechzigjährigen Dichter übergesprungen. Vorahnend hatte dieser schon bei seiner Ankunft im Rhein-Main-Gebiet gedichtet: „So sollst Du, muntrer Greis Dich nicht betrüben, sind gleich die Haare weiß, doch wirst Du lieben.“

Diesen Tag hat Goethe noch nach Jahren nicht ohne stille Feier vorübergehen lassen. So sandte er am 18. Oktober 1823 ein Lorbeer- und Myrthenreis an die ferne Freundin, begleitet von einem Vierzeiler:   Myrth‘ und Lorbeer hatten sich verbunden,

mögen sie vielleicht getrennt erscheinen.

Wollen sie, gedenkend seliger Stunden

hoffnungsvoll sich abermal vereinen.

Am 18. Oktober 1814 hatte er hier im Kreise der Willemers die Feier des ersten Jahrestages der Befreiungsschlacht bei Leipzig erlebt und mit Marianne die Leuchtfeuer auf den Bergen beobachtet. Was dort in der Nacht bleibt der Fantasie überlassen. Jedenfalls scheint die Bankiersgattin seit diesem Tag die Muse und Mit-Autorin Goethes.

Im Jahre 1815 wohnte Goethe vom 12. August bis 17. September. bei den Willemers, sowohl in der Gerbermühle als auch in der Stadtwohnung der Willemers „Zum Roten Männchen“. Als er am 18. September nach Heidelberg aufgebrochen war, reiste Marianne ihm nach. Sie erkundeten zusammen Heidelberg.

 

 

Schon kurz nach der Feier seines 66. Geburtstags im Jahr 1815 schickte Goethe ein Gingkoblatt auf die Gerbermühle als Sinnbild der ruhigen Freundschaft. Auch das berühmte Gedicht dazu entstand in jenen schweren Tagen des Rückzugs und der Trennung. Am 26.Oktober 1815 schreibt Goethe in Erinnerung an jenen gemeinsamen Aufenthalt im Gartenhäuschen aus Weimar folgendes: „Am 18. fuhr ich mit Freund Mayer auf unsere Hügel, um die Feuer, welche auf Thüringens Höhen, zwar nicht so reichlich und prächtig als am Main, aber doch ganz anständig und fröhlich brannten, im Ganzen zu überschauen; da vergegenwärtigte ich mir die Freunde und die über Frankfurts Panorama so zierlich aufpunktierten Flämmchen, und zwar um so mehr als es gerade Vollmond war, vor dessen Angesicht Liebende sich jedes Mal in unverbrüchlicher Neigung gestärkt fühlen sollen.“

Die Begegnung zwischen Goethe und Marianne war für beide ein beglückendes Erlebnis, das sich in Gedichten beider im Buch „Suleika“ des „West-östlichen Diwans“ widerspiegelte. Diese letzten Aufenthalte in der Stadt, in der er geboren wurde und aufwuchs, empfand Goethe als „allerschönste Zeit“. Eine ungebrochene Liebe wurde es vor allem deshalb, weil ein dichterischer Zauber sie verklärte. Einige Verse, die Goethe für Marianne geschrieben hatte, beantwortete diese mit so innigen kunstvollen eigenen Gedichten, daß Goethe diese später im west-östlichen Divan unter seine eigenen Schöpfungen mischte, um Marianne damit zu ehren.

Nach dem Tod von Goethes Frau Christiane 1816 bricht Goethe am 20. Juli zu seiner Dritten Rhein-Main-Reise auf. Da die Achse am Reisewagen brach, mußte er die Reise abbrechen. Auch 1817 reiste er nicht nach Frankfurt.

Im Jahre 1902 richtete das Freie Deutsche Hochstift das nun im städtischen Besitz befindliche Häuschen mit Möbeln und Erinnerungsgegenständen ein. Im Zweiten Weltkrieg wurde es durch Bomben zerstört. Der Bezirksverein Sachsenhausen, das Freie Deutsche Hochstift und die Stadt Frankfurt führten seit 1962 gemeinsam den Wiederaufbau durch. Am 18. Oktober 1964 anläßlich der 159. Wiederkehr der Begegnung Goethes mit Marianne von Willemer wurde es wieder der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.

Das Gartenhäuschen ist sonntags von 11 - 16 Uhr geöffnet, aber nur von Mitte April bis Mitte Oktober. In den beiden achteckigen Räumen im ersten und zweiten Stock befindet sich ein dunkelbrauner Waschtisch, der Marianne von Willemer gehörte. Die übrigen Möbel gehörten früher nicht zur Ausstattung des Häuschens und stammen aus dem 19. Jahrhundert. Außerdem kann man noch Photographien von Bildern und Handschriften betrachten, die sich auf Marianne, Goethe und das Häuschen beziehen, so zum Beispiel. eine Photographie der alten Frau von Willemer, zwei Frankfurter Ansichten mit eigenhändigen Versen von ihr und zwei Briefe Goethes an sie. Goethe soll beim Abschied von Marianne im Oktober 1814 an einen Pfosten des Häuschens folgendes geschrieben haben: „Ich besänft‘ge mein Herz; mit süßer Hoffnung ihm schmeichelnd, eng ist das Leben fürwahr, aber die Hoffnung ist weit.“

 

Goethetempel:

Der Goethetempel befindet sich ein paar Schritte hinter dem Willemerhäuschen innerhalb der Seniorenresidenz Mühlberg an der Begrenzungsmauer auf der zur Straße abgewandten Seite. Es handelt sich hier um einen Rundbau des Spätklassizismus um 1830 mit Säulenportal und flankierenden Treppenläufen. Der Tempel steht im ehemaligen Garten des Landguts Engelbach-Bansa, einst inmitten von Weingärten auf dem Mühlberg. Dieser am oberen Ende des Mittelwegs errichtete Freundschaftstempel erinnert an die Begegnung von Sophia Bansa-Streiberg mit Goethe anläßlich eines Besuches bei den Willemers in der Gerbermühle.

Goetheruhe:

Im Jahre 1861 hatte der Frankfurter Lokaldichter Karl Heinrich Ehrt die Anregung gegeben, an der Stelle, wo Goethe auf seinen Spaziergängen zur Gerbermühle und nach Offenbach rastete, für die Frankfurter Bürger ein Ruhe- und Aussichtsplätzchen zu errichten. (Andere allerdings sagen: „Natürlich kannte Goethe weder die kleine, nach ihm benannte Erhebung noch den Turm.“). Von der Forstbehörde wurden etliche Bänke und ein Steintisch dort aufgestellt. Die Stelle hieß damals „Hexeneck“.

„Dort oben am Weg an des Waldes Rand

winkt freundlich ein Plätzchen noch heute.

Schön ward es verherrlicht durch kunstreiche Hand.

Es sei von der Stadt ‚Goethes Ruhe‘ genannt

als Denkmal vergänglicher Freude.“

Ehrt hatte von der befreundeten Familie Dubois erfahren, daß der junge Goethe im Dubois‘chen Gartenhaus auf dem Sachsenhäuser Berg häufig zu Gast war und von dort aus gern zum Hexen­eck spazierte und die Aussicht auf Frankfurt genoß. Dieser Aussichtspunkt erfreute sich bei den Frankfurtern immer größerer Beliebtheit, so daß sich der Frankfurter Verschönerungsverein im Jahre 1871 entschloß, die Goethe-Ruh durch Aufwurf eines künstlichen, mit Felsblöcken malerisch bekleideten Hügels „als freien Aussichtspunkt zur Geltung zu brin­gen sowie durch einen auf der Höhe errichteten einfachen Tempel zu einem der köstlichsten Aussichtspunkte der näheren Umgebung umzuschaffen.“ Am 8. Mai 1871 wurde die neue Goethe-Ruhe eingeweiht.

Die Goetheruh erfuhr im Goethejahr 1999 - Goethes 250. Geburtstag - eine Neugestaltung. Der schottische Künstler Jan Hamilton Finlay wurde gebeten, ein Kunstwerk zu entwickeln. Von Finlay und dem englischen Steinmetz Nicholas Sloan wurde eine liegende kannelierte dorische Sandsteinsäule auf einer Plinthe und ohne Kapitell geschaffen. Auf ihr ist eine leicht veränderte Inschrift eines Zitats aus Goethes Faust II angebracht: „Arkadien, ein Königreich in Spartas Nachbarschaft“. In der Auseinandersetzung Finlays mit Goethe und dem Ort entstehen vielfältige neue und alte Bezüge zur Antike.

 

Goethe-Turm:

Im Jahre 1877 wurde durch den Frankfurter Verkehrs- und Verschönerungsverein auf der Goetheruhe ein 22 Meter hoher hölzerner Aussichtsturm erbaut, finanziert vom Verein selbst, von der Stadt (als Holzlieferant) und aus Spenden Frankfurter Bürger. Dieser war jedoch 1920 so baufällig, daß er abgerissen werden mußte.

Angesichts des bevorstehenden Goethejahres 1932 wünschte die Frankfurter Bürgerschaft - allen voran der Bezirksverein Sachsenhausen - die Errichtung eines neuen Turms. Dank einer großzügigen Stiftung Gustavs Gersts konnte 1931 ein neuer Goetheturm errichtet werden. Dazu wurden 171 Kubikmeter Holz aus dem Frankfurter Stadtwald verwendet: 120 - 160 Jahre alte Kiefern für die Eckpfeiler, Buchen- und Eichenhölzer für Belag und Verschalungen. Der neue Turm wurde 150 Meter neben der Stätte des alten errichtet.

Der Name des großzügigen Spenders von 32.000 Reichsmark wurde erst nach seinem Tode 1948 in der Emigration in New York bekannt: Großkaufmann Kommerzienrat Gustav Gerst, Sohn jüdischer Eltern, 1871 in Bamberg geboren, der nach seiner Heirat mit der Tochter des Warenhausbesitzers Tietz in Berlin 1919 nach Frankfurt gekommen war. Er verlor bald sein Herz an die Stadt am Main. Bis zu seiner Flucht in der NS-Zeit lebte der reiche Kaufmann in der Niederräder Landstraße 10.

Er knüpfte allerdings mehrere Bedingungen an seine Spende: Er wollte niemals genannt werden und  man sollte dafür sorgen, daß der neue Goetheturm 200 Jahre hält. Am 23. November 1931 wurde der neue Goetheturm mit einer äußerst schlichten Feier eingeweiht. Die Fertigstellung erfolgte nachzweijähriger Bauzeit. Mit regelmäßigem Nachziehen der Schrauben und Bolzen und mit einer Neuimprägnierung des Holzes alle 8 bis 10 Jahre sorgt das städtische Forstamt für die Erfüllung dieses Wunsches des Spenders und auch der vielen Frankfurter Spaziergänger.

Im September 1988 wurde der Goetheturm für einige Wochen geschlossen, da sich in insgesamt vier Baumstämmen von 10 bis 12 Meter Länge der Specht eingenistet hatte. Die beschädigten Baumstämme mußten ausgetauscht werden. Im April 1989 wurde der Turm mit Holzschutzmitteln imprägniert. Der Vereinsring Sachsenhausen veranstaltet hier alljährlich im Mai das Goetheturmfest. Unterhalb des Goetheturms befindet sich die Gaststätte „Goetheruh“ die etwa 1950 erbaut wurde und deren Innenräume nach Goethes Farbenlehre ausgemalt sind.

Der Goetheturm ist der höchste Punkt des Sachsenhäuser Berges am Rande des Frankfurter Stadtwaldes, 147 Meter über NN und 54 Meter über dem Main gelegen. Es handelt sich hier um den höchsten Holzturm Deutschlands. Er ist 43,3 Meter hoch und wurde auf einem soliden Betonfundament errichtet. Der Goetheturm ist 2014 wieder saniert worden.

Der Goetheturm ist von April bis Ende Oktober geöffnet, und zwar von 10 Uhr - 18.30 Uhr. Über 196 Stufen gelangt man nach oben. Diese sind alle liebevoll mit Teeröl imprägniert. Nach jedem Treppenabsatz gibt es Sitzgelegenheiten. Bereits nach 99 Stufen hat man einen schönen Blick auf Sachsenhausen und die ganze City (dabei fällt auf, wie klein sich der Dom in der Nachbarschaft der Hochhäuser ausnimmt). Ab der 100. Stufe wird es windig. Von ganz oben auf der 40 Quadratmeter großen Aussichts-Plattform hat man eine weite Rundsicht auf den Frankfurter Stadtwald und bei klarem Wetter auf den Taunus, Vogelsberg, Spessart und Odenwald.

 

Städelsches Kunstinstitut, Dürerstraße 2:

Im  Städel hängt das bekannte Bild „Goethe in der Campagna“. Goethes italienische Reise von 1786 bis 1788 war eine der wichtigsten Ereignisse in seinem Leben. Sie hat ihn aus einer Krise herausgerissen und zu neuem Schaffen angeregt. Im Lande hatte er einen kundigen Führer gefunden, den Maler Johann Heinrich Wilhelm Tischbein, der schon seit 1783 in Rom lebte. Die Idee, Goethe zu malen, kam ihm auf gemeinsamen Wanderungen.

Eine erste Skizze zum Gemälde von Tischbein selbst stammt aus Goethes Sammlung. Tischbein hat lang an dem Bild gemalt, denn es war noch nicht fertig, als Goethe wieder in Deutschland und Tischbein bereits in Neapel war. Wahrscheinlich hat es der Maler 1799 unvollendet in Neapel zurückgelassen, denn ähnlich anspruchsvolle Bilder sind sonst signiert, datiert oder noch mit dem Entstehungsort versehen.

Wohl in den zwanziger Jahren des 19. Jahrhunderts gelangte das Bild in den Besitz der Familie Rothschild und wurde nach Frankfurt gebracht. Im Jahre 1887 hatte es Freifrau Salomon von Rothschild (Paris) dem Städel geschenkt. Zum Gemälde selbst schreibt Tischbein am 9. Dezember 1786 an Lavater: „Ich habe sein Porträt angefangen und werde es in Lebensgröße machen, wie er auf den Ruinen sitzet und über das Schicksal der menschlichen Werke nachdenket.“

Bemerkenswert ist die Größe des Bildes: 164 mal 206 Zentimeter. Man sieht hier einen Reisenden mit Hut und Mantel vor den Überresten der Antike, ein Bild wie es in Rom im 18. Jahrhundert auch von anderen Malern gemalt wurde: Die eigenartige Haltung, halb sitzend, halb liegend finden wir bei antiken Flußgöttern. Der im Freien lagernde Mensch ist eine antikische Figur. Vor den Albanerbergen sind die Zeugen der Antike dargestellt: Obelisk, Relief, Kapitelle, Grabmal der Caecilia Metella und Aquädukte in der Campagna. Alles ist in verhältnismäßig blassen Farben und matter Modellierung gegeben: der weiß-gelbe Mantel, die rotbraunen Steinblöcke, das hellgraue Relief, das graue Kapitellstück und der leicht bewölkte graublaue Himmel.

Man sieht den Dichter auf einem umgestürzten in Trümmern gegangenen Obelisken ruhen. Hieroglyphen geben zu erkennen, daß er aus dem höchsten Altertum ägyptischer Kunst ist. Das Relief stammt aus der besten Zeit griechischer Kunst, welches die Erkennung der Iphigenie und ihres Bruders Orest mit Pilades vorstellt. Die gebrochene Säule, deren Kapitell ionisch-korinthisch ist, ist ein Werk aus der römischen Kaiserzeit. In der Feme sieht man die Campagna di Roma mit den an der Strada appia zerstreuten Grabmälern. Außerdem sieht man das durch Cicero und Lucullus so berühmte Tusculum. Darüber erhebt sich der Berg Albano, zu dessen Fuß die beiden Seen Albano und Nemi liegen.

Es ist Goethes schönstes Bild, „da die Idee glücklich ist.“ Hier ist der Dichter als Reisender auf der wohl wichtigsten Station seines Wanderlebens dargestellt. „In Italien war er das erste Mal unbedingt glücklich“, so schrieb er an Herder Anfang Juni 1788.

 

Petersfriedhof:

Zwischen Bleichstraße und Stephanstraße befindet sich in der Innenstadt der Petersfriedhof. Ein Fremder namens Comnenis bestimmte 1452 sein Haus und seinen Garten  zur Anlage des Friedhofs. Durch Schenkungen und Ankauf in der Folge erhielt der Peterskirchhof seine jetzige bzw. spätere Ausdehnung. Der Peterskirchhof war über 300 Jahre der wichtigste Begräbnisplatz der Frankfurter. Die alte Peterskirche stand Ecke Schäfergasse/ Alte Gasse und wurde 1419 geweiht. Der Friedhof wurde von 1454 bis 1828 belegt. Seit der Reformation war er vornehmlich protestantischer Begräbnisplatz. Hier sind die Grabstätten von Goethes Vater Johann Caspar Goethe (1710-1782) und Goethes Großvater Georg Walther. Aber hier ruhen hier zum Beispiel auch Simon Moritz von Bethmann und Matthäus Merian d. J. Im Jahre 1828 wurde er zum Zeitpunkt der Eröffnung des Hauptfriedhofs geschlossen.

Dr. Johann Caspar Goethe wurde geboren am 29. Juli 1710 und ist gestorben am 27. September 1782. Am 2. Juli 1909, vormittags von 10 bis 11 Uhr, hat man hier die Ruhestätte von Goethes Vater festgestellt. Der am 25. September 1782 verstorbene Kaiserliche Rat wurde am 27. September 1782  „auf dem alten Kirchhof im Waltherschen Epitaph“ beigesetzt. Der Erwerber der Waltherschen Grabstätte ist der 1704 verstorbenen Schneidermeister Georg Walther, dessen Tochter Cornelia in zweiter Ehe mit dem Schneidermeister Friedrich Georg Goethe, dem Vater von Johann Caspar Goethe vermählt war. Georg Walther erwarb die Grabstätte am 30. August 1673.

Nach der Schließung des Peterskirchhofs 1828 hatte ein Unternehmer 1851 an der Brönner­straße das Haus Nr. 24 mit der Rückfront nach dem Gräberfeld hin gebaut, auf dem Johann Caspar Goethe zur letzten Ruhe gebettet worden war. Vielleicht hatte man während dieser Bauarbeiten den Begräbnisplatz zerstört oder man hatte ihn schon vorher vergessen.

Die Grabstätte von Goethes Vater war also 1851 verloren gegangen. Das Freie Deutsche Hochstift suchte nach den Gräbern von Goethes Eltern. Nach restloser Auswertung des Nachlasses von Goethe in Weimar wurde 1909 eine Notiz entdeckt, aus der hervorging, daß sein Vater nicht im Textorgrab beigesetzt wurde, sondern im Grab seiner Vorfahren Walther, das auf der anderen Seite des Friedhofs liegt, an der Mauer zur Brönnerstraße.

Mit Hilfe zuverlässigen Urkundenmaterials konnte man ihn wieder auffinden. In einem Verzeichnis der Grabstätten auf dem Petersfriedhof im Frankfurter Stadtarchiv konnte man die Stelle ermitteln, an der Johann Caspar Goethe begraben ist. Auch der Grabstein, der einst das Grab der Familie Walther schmückte, ist leider in zerbrochenem Zustand aufgefunden worden. Man hat ihn wiederhergestellt und hier an seinen alten Standort zurückgebracht. Die Grabstätte wurde 1954 restauriert und trägt die Aufschrift: „Hier ruht Goethes Vater.“

Johann Caspar Goethe, der Sohn des tüchtigen und wohlhabenden Schneidermeisters und späteren erfolgreichen Gasthofbesitzers „Zum Weidenhof“ hatte eine vorzügliche Ausbildung auf dem Casimirianum in Coburg erhalten, dann in Leipzig Jura studiert, am Reichskammergericht in Wetzlar praktiziert und 1738 in Gießen promoviert. Er hat Italien, Frankreich und Holland gesehen und noch 20 Jahre später seine italienischen Reiseeindrücke in der Sprache des Landes niedergeschrieben.

Mit 31 Jahren kehrte er in die Vaterstadt zurück, aufs Trefflichste für die Diplomatenlaufbahn vorbereitet und erhielt dank guter Beziehungen von Karl VII. den Charakter eines kaiserlichen Rates. Mit dem Tode des Wittelsbachers schwanden 1745 alle seine Hoffnungen, zumal ihm der Stiefbruder als Ratsherr den Zugang zu einem Amt in der städtischen Verwaltung versperrte. Er widmete sein ganzes Leben der wissenschaftlichen Arbeit, seinen Sammlungen und einem Kunstmäzenatentum, das ihn in der Förderung nicht anerkannter Zeitgenossen als ungewöhnlichen Mann ausweist.

Er war streng, in seiner Haushalts- und Lebensführung genau, aber keineswegs kleinlich und eng. Er war ein vielseitig interessierter Mensch mit persönlichen Ansichten, gesellig und mit vorbildlichem Eifer auf die Erziehung seiner Kinder bedacht. Er hat seinem Sohn viel mehr auf den Lebensweg mitgegeben, als gemeinhin anerkannt wird. Um 1779 kamen die ersten Schlaganfälle, denen er drei Jahre später erlag.

 

Catherina Elisabeth Goethe, geboren am 19. Februar 1731 als Tochter des höchsten reichsstädtischen Beamten, des Schult­heißen Johann Wolfgang Textor, heiratete 17jährig den zwei Jahrzehnte älteren Kaiserlichen Rat Johann Caspar Goethe. Im  Alter von 18 Jahren gebar sie ihm Johann Wolfgang und im Jahr darauf die Tochter  Cornelia. Ab 1782 war die Fünfzigjährige eine Witwe. Goethe hatte eine junge, stattliche Mutter, die sich nicht nur durch hervorragende Hausfrauentugenden, sondern durch einen hellen, wachen Geist und eine angeborene Heiterkeit des Gemüts auszeichnete.

Die selbstbewußte Frau gab sich nicht als Dame, sondern als die gute Seele eines großen Kreises junger, froher Menschen voll von Gedanken und Einfällen.  Vieles hatte der Dichter dem Wesen und den erzieherischen Fähigkeiten seiner Mutter zu danken, die seine Begabung pflegte und ihm in seinen jungen Jahren den Verkehr mit ihm geistesverwandten Menschen erleichterte. Sie war durch die Lauterkeit ihres Charakters, durch ihren jeder Engherzigkeit abholden freien Geist, durch ihre Klugheit, Selbstsicherheit und große Herzenswärme das Vorbild einer deutschen Frau und Mutter. Bis zuletzt war ihr die frohe Natur eigen geblieben und sie konnte von sich sagen: „Ich habe die Gnade von Gott, daß noch keine Menschenseele mißvergnügt von mir weggegangen ist, wes Standes, Alters und Geschlechts sie auch gewesen ist.“

Nach ihrem Tode am 13. Dezember 1808 fand sie ihre letzte Ruhestätte wegen einer Friedhofs­verkleinerung im alten Erbgrab der Textors und Lindheimers, vor der alten Peterskirche an der Pforte nach Friedberg. Es liegt heute abseits gleich am Anfang der Stephanstraße rechts auf dem heutigen Liebfrauenschulhof, dessen Gelände früher zum Peterskirchhof gehörte.

Die Bronzetafel und die liegenden Grabplatten für die Textors und für Frau Aja waren bis zum Krieg von einem Tempelchen in klassizistischer Form überdacht. Dach und Säulen des Tempel­chens stürzten während des Krieges auf die Gräber. Nach der Kriegszerstörung schmücken Pfeiler in halbkreisförmiger Anordnung ohne Überdachung das Grab von Goethes Mutter.

Im Jahre 1954 wurde die Grabstätte restauriert. Die Halbkreisanordnung der Säulen wurde beibehalten, wobei es keine runden Sandsteinsäulen mehr gibt, sondern Pfeiler von rechteckigem Querschnitt. Kein Dach schließt mehr die Grabstätten von Himmel und Sonne ab, wie auch der seitliche Zugang zu ihnen nicht mehr durch Gitter versperrt ist. Die aufrecht an der Wand stehende Bronzeplatte in barocker Steinfassung für den Nürnberger Bürger Hans Körner ist während der Nachkriegswirren gestohlen worden. Die viergeteilte tafelförmige Wandplatte konnte dank noch vorhandener Zeichnungen und Photos rekonstruiert werden. Der Frankfurter Bildhauer Emil Hub wurde mit dieser Aufgabe betraut, die der damals 78jährige Künstler mit großem Geschick löste.

Die Grabplatte trägt die Inschrift: „Hier ruht Goethes Mutter“.

 

Die alte Peterskirche, die Ecke Schäfergasse/Alte Gasse stand und 1419 geweiht wurde, ging auf die Stiftung einer Kapelle durch den Ratsherrn Peter Apotheker für die Bewohner der Neustadt zurück. Nachdem Nikolaus von Kues sie 1452 zu einer weitgehend eigenständigen Pfarrkirche geweiht hatte, entstand um sie ein Friedhof, der - mehrmals erweitert - seit der Reformation vornehmlich protestantischer Begräbnisplatz war.

Mit der Eröffnung des Hauptfriedhofs 1828 wurde der Petersfriedhof geschlossen. Im Jahre 1896 riß man die alte Peterskirche ab, eine einschiffige Kirche mit Dachreiter über dem Chor und zwei Kapellen, von denen die eine als Erbbegräbnis der Familie Glauburg gedient hatte. In den Jahren 1892 bis 1895 war an der Bleichstraße die neugotische Peterskirche gebaut worden. Die im Jahre 1904 trassierte Stephanstraße schließlich trennte den südlichen Teil des Friedhofs ab. Dennoch haben sich Grabsteine des 16. Jahrhunderts, die alle gleich groß sind und deren Größe von den Schwibbögen der Mauer bestimmt werden, ebenso erhalten wie üppige Barocksteine, die vor der Mauer stehen und über sie hinausragen. Es ist allerdings schwierig, heute die Namen zu entziffern. Man sieht aber noch einigen von bedeutenden Frankfurtern - du Fay, de Neufville, Merian. Hier ist Prinz Carl von Hessen-Philippsthal begraben, der an den Wunden starb, die er bei der Befreiung Frankfurts am 2. Dezember 1792 erhalten hatte.

 

Mit 90.000 gestifteten Mark ließ die Stadt das barocke Sandstein-Grabmal der Kaufmannsfamilie du Fay restaurieren. Die du Fays kamen als Glaubensflüchtlinge im Jahr 1560 aus den Niederlanden nach Frankfurt und wurden sehr vermögend. Die Familie handelte erst mit Woll- und Seidenwaren und zog dann ein Kommissions-, Speditions- und Bankgeschäft auf. Die Frankfurter Niederländische Gemeinde hat zur gespendeten Summe von der Commerzbank-Stiftung Geld dazu gegeben.

Als Nächstes sollen die Gräber von Simon Moritz von Bethmann, Johann Friedrich Städel, Johann Georg Schweitzer von Wiederhold, Heinrich Dominicus von Heyden und Jacob Heinrich Rühle

Im Jahr 2004 erfolgte die Sanierung der Friedhofsmauer an der Stephanstraße. Die Jesusfigur am „Pestkreuz“ vor dem Eingang bekam wieder vollständige Beine. Einer der sich für die von 1452 bis 1828 genutzte Ruhestätte richtig ins Zeug legt, ist Björn Wissenbach, Volontär im Historischen Museum. Er verfaßt seine Doktorarbeit über den Friedhof und stellte auch eine kleine Ausstellung zusammen, die  im Historischen Museum am Römerberg zu sehen war.

An der Mauer zum ehemaligen Postscheckamt befindet sich das Grab von Simon Moritz von Bethmann, dem „Bürger von Frankfurt“, der 1826 starb. An der Stephanstraße steht eine Kopie der 1511 aufgestellten Kreuzigungsgruppe von Hans Backoffen (Original im Historischen Museum).

 

Hauptwache:

In der Katharinenkirche an der Hauptwache wurde Goethe getauft und konfirmiert. Nahe Hauptwache stand bis 1895 das „Haus zum Goldenen Brunnen“. Hier wohnte Catherina Elisabeth Goethe  (die Mutter des Dichters) von 1795 bis 1808, als sie aus dem Goethehaus ausgezogen war. Goethes Mutter litt nicht unter Langeweile, als sie vom Fenster ihres Alterssitzes zur Katherinenpforte hinüberschaute und daran dachte, ihren Sohn im fernen Weimar mit einem Körbchen Leckereien zu erfreuen.

 

Zeil:

Die neue Zeil war damals zu einem Bilderbuch feinster Hotelpaläste gediehen. Die damalige Regierung förderte Kunst und Künstler. Goethes Mutter, Frau Aja, begrüßte entzückt die Gärten, wahre Schmuckstücke, die entstanden, als die alten Wälle und Bastionen fielen. Die ganze Stadt umzog ein Park, eine Neuerung, die sie dem Rat kaum zugetraut hätte. Es „sey Feery“, so schrieb sie, „unsere alten Perücken hätten so was bis an den Jüngsten Tag nicht zuwegen gebracht“.

 

Sandgasse:

An der Katharinenpforte (westlich der Kirche) und dann links kommt man in die Sandgasse. Hier ist eine Gedenktafel, weil im Hof des Hauses um 1700 Haus und Werkstatt des Schneidermeisters Friedrich Georg Goethe war. Dieser war der Großvater väterlicherseits und ihm verdankt die Familie Goethe ihren Reichtum. Das Leben Friedrich-Georg Göthe lag  aber lange im Verborgenen, trotz seines berühmten Enkels. Für die Hochstädter Professor Heiner Boehncke und Hans Sarkowicz und Dr. Joachim Seng (Leiter der Bibliothek und des Archivs im Frankfurter Goethe- Haus) Anlaß, Licht ins Dunkel zu bringen. Dieser Mann, mit dessen Geld Johann Wolfgang sein Studium und das Leben des Vaters finanziert wurde, wird buchstäblich totgeschwiegen.

Während ihrer Recherchen stießen die Autoren auf einen möglichen Grund für das Verschweigen des Großvaters väterlicherseits: Der Mann war der Sohn eines Hufschmieds aus Thüringen, für einen Dichterfürsten nicht unbedingt eine Abstammung, derer man sich rühmen könnte. Daher hat Goethe auf seinen Dienstreisen wohl auch nie den Ort, an dem sein Großvater aufgewachsen ist, besucht, obwohl ihn sein Weg oft genug daran vorbeigeführt hat. Zumindest hat er nie offiziell einen Besuch erwähnt.

Friedrich Georg Göthe wurde 1657 in  Kannawurf in Thüringen geboren .Dort  in der Kirche steht noch das Taufbecken, in dem  er getauft wurde.  In  Artern hat er lange Jahre gelebt. Das Leben von Friedrich-Georg Göthe läßt sich heute in weiten Teilen rekonstruieren und die Geschichte eines Mannes erzählen können, dem es gelungen ist, sich ein Stück weit von den Fesseln seiner ärmlichen Herkunft zu befreien.

Während vier Brüder Hufschmied wurden, machte Friedrich Georg Göthe eine Schneiderlehre. In der Gesellenzeit begibt er sich auf Wanderschaft und gelangt nach Frankreich, genauer gesagt in die Seidenstadt Lyon. Wie so vieles aus der ersten Lebenshälfte liegen auch die Ereignisse in Frankreich im  Nebel.

Der weitere Lebensweg führt Friedrich Georg Göthe nach Frankfurt. Schon damals ist er ein wohlhabender junger Mann. Seinen Reichtum hat er sich aber bestimmt nicht durch das Schneiderhandwerk, sondern auf anderen Wegen erworben.

In Frankfurt beginnt der gesellschaftliche Aufstieg Friedrich Georg Göthes, vor allem durch die Heirat mit der Tochter eines Schneidermeisters, durch die er die Bürgerrechte erwirbt. Er nannte sich Fridericus Georg Goethe bei seiner Bitte um Aufnahme ins Bürgerrecht im Jahre 1686. Göthe, der nach seiner Rückkehr aus Frankreich die Schreibweise seines Namens ändert, wird ein erfolgreicher Modeschneider und raffinierter Geschäftsmann.

Nach dem Tod seiner ersten Frau lernt er Cornelia kennen die Witwe des Inhabers des „Weidenhofs“. Dieser Gasthof auf der Zeil, war einer der größten Gasthöfe der Stadt, dazu gehörten ausgedehnte Weinberge. Doch auch Göthe selbst ist zu diesem Zeitpunkt vermögend. Sein Geld investiert er in die Ausbildung seines Sohnes Johann Caspar, Goethes Vater. Denn als Aufsteiger fand Friedrich Georg Göthe kaum gesellschaftliche Anerkennung. Seinem Sohn wollte er daher den gesellschaftlichen Aufstieg durch Bildung ermöglichen. Der erfolgreiche Gastwirt und Weinhändler hinterließ bei seinem Tod 90.000 Gulden Barvermögen. Nach heutigen Maßstäben war er mehrfacher Millionär. Er starb im Jahr 1730.

Ein Nachruf zum Tod des Großvaters erweist sich als ergiebige Quelle, und auch das Frankfurter Stadtarchiv ist ein reicher Fundus. Überhaupt ist die Frankfurter Zeit gut dokumentiert, weil Friedrich Georg Göthe hier am längsten gelebt hat. Schwieriger ist es, die Zeit in Frankreich zu dokumentieren. Deshalb  wollen die Autoren noch dorthin fahren.

Im Garten des Frankfurter Goethe-Hauses  befindet sich ein Gartentor mit Sandsteinumrahmung aus dem Garten des Großvaters vor dem Friedberger Tor, datiert auf das Jahr 1725.

 

Goethe-Haus: (Großer Hirschgraben 23 in Frankfurt)

Das Goethe-Haus in der Altstadt von Frankfurt am Main war bis 1795 der Wohnsitz der Familie Goethe. Johann Wolfgang Goethe wurde 1749 hier im Großen Hirschgraben in Frankfurt geboren. Sein elterliches Haus bestand damals aus zwei verbundenen Fachwerkhäusern, die die Familie Goethe 1733 erworben hatte. Erst 1755 ließ sein Vater, Johann Caspar Goethe, hier einen repräsentativen, vierstöckigen Bau im Stil des Spätbarocks errichten.

Den Grundstein für das Haus in seiner jetzigen Form durfte Johann Wolfgang im Alter von etwa fünf Jahren selber legen, als sein Vater die beiden ererbten Häuser zu einem großbürgerlichen Anwesen verbinden und umbauen ließ. Das Haus vermittelt einem lebhaft, wie die gehobenen Stände - zu denen gehörten die Goethes - um die Mitte des 18. Jahrhunderts lebten. Am alten Herd in der Küche im Erdgeschoß sieht man Goethes Mutter - Frau Aja gilt als begeisterte Köchin - förmlich noch hantieren. Im ersten Stock befinden sich die Repräsentationsräume des Hauses, die wegen der Tapete mit chinesischen Motiven „Peking“ genannt wurden. Diese Zimmer mußten die Goethes 1759 dem Kommandanten der Franzosen, überlassen.

Sie mußten für zwei Jahre diese Zimmer ausgerechnet für den ranghöchsten französischen Offizier räumen, den Stadtkommandanten Graf Francois de Thoranc. Sohn Johann Wolfgang Goethe wußte die Kunstsinnigkeit Thorancs zu schätzen, nachzulesen in „Dichtung und Wahrheit“. Johann Wolfgang Goethe verdankte ihm die erste eindringliche Begegnung mit französischer Kultur. Durch die im Troß der Soldateska mitgereiste Schauspieltruppe lernte er die Tragödien von Corneille und Racine sowie die Komödien von Molière kennen.

In diesem Haus lebte Johann Wolfgang Goethe bis 1765. Seine Jugendjahre hat er in Dichtung und Wahrheit beschrieben

Die Goethefamilie war auch Gastgeber während der Kaiserkrönungen: Bei der Wahl 1764 wohnten der Nürnberger Gesandte Baron von Königsthal sowie Mitglieder der kurpfälzischen Gesandtschaft bei Familie Goethe, die ihre Häuser im Stil des Rokoko hatte modernisieren lassen. Das Treppengeländer wurde dabei der kurz vorher eingebauten Kaisertreppe im Römer nachempfunden.

Goethes Mutter Catherina Elisabeth sah einer weiteren Einquartierung 1790 jedoch mit Unbehagen entgegen. „Bei mir waren die Quartierherren noch nicht. Ich traue mich deswegen nicht vor die Thür, denn wenn sie mich abwesend fänden, so nähmen sie vielleicht das ganze Haus ...“. Doch die Kinder des Prinzen Karl von Mecklenburg-Strelitz, die zur Gesandtschaft Kurbraunschweigs bzw. Kurhannovers gehörten, erwiesen sich als angenehme Gäste. Zum Klavierspiel der späteren preußischen Königin Luise „waltze“ Frau Aja mit deren Bruder Prinz Georg. „Hernach mußte ich ihnen von den früheren Krönungen erzählen“, erinnerte sich Goethes Mutter 1806. Ein Zitat von Aja Goethe vom 11. Mai 1790: „Im Juli ist die erste Auffahrt zur Wahl - das gibt ein großes Spektakel - Mein Hauß wird von oben bis unten vollgestopft.“ Im Jahre 1795 verkaufte die Familie das Haus.

Am 22. März 1944 wurde das Goethe-Haus durch Bombentreffer völlig zerstört. Schon 1947 begann der originalgetreue Wiederaufbau durch den Architekten Theo Kellner. Die Stiftung Freies Deutsches Hochstift erhielt hierfür eine Spende von der Philipp Holzmann AG über 300.000 Mark. Nur ein Teil der Einrichtung stammt von der Familie Goethe selbst, aber die vielen ausgelagerten Schätze an Möbeln, Kunst- und Gebrauchsgegenständen, Büchern, Bildern und Handschriften konnten in das Geburtshaus heimkehren.

Es ist fester Bestandteil der Alt-Frankfurter Erzählungen, daß „echte Frankfurter“ sich nicht für das Goethe-Haus interessieren. So gibt es den Witz vom sterbenden Frankfurter, der auf dem Totenbett noch ein Stoßgebet zum Himmel schickt: „Liewer Gott, lass misch noch leewe – isch geh derr aach ins Geede-Haus!“ (Lieber Gott, laß mich noch leben – ich gehe dir auch ins Goethe-Haus) (Wikipedia).

Das Goethe-Haus ist durch Initiative des Geologen Otto Volger im Besitz der Stiftung Freies Deutsches Hochstift, die auch das mit dem Goethe-Haus verbundene Goethe-Museum betreibt. Jährlich wird das Goethe-Haus von etwa 130.000 Besuchern besichtigt. Zum Goethehausgehört das Goethemuseum mit seiner umfangreichen Sammlung von Gemälden und Dokumenten aus Goethes Leben und Zeit. Hier ist auch  eine verkleinerte Kopie des Tischbeingemäldes „Goethe in der Campagne“ zu betrachten. Das Original hängt im Städelschen Kunstinstitut (Dürerstraße 2).

 

Goethestraße:

Die Goethestraße gilt als exzentrische große Schwester der Zeil, als eine Grande Dame unter Frankfurts Straßen. Die Frankfurter finden die Ausstattung der Läden und die Preise manchmal ein bißchen übertrieben. Dies ist der Tribut, den auch die Frankfurter zollen müssen auf dem Weg zur Weltstadt. Zum Shopping ist die Goethestraße die exklusivste Einkaufsmeile der Stadt. Hier findet man internationale Mode von Kenzo, Montana, Laura Ashley, van Laack, Jil Sander und anderen Designern, außerdem edle Lederwaren von Louis Vutton und wertvolle Juwelen von Cartier und Tiffany. Selbst an exklusive Baby- und Kindermode hat man hier gedacht. Nirgendwo sonst sind auf so kleinem Raum so viele große Namen aus dem Reich der Nobelmarken vertreten.

 

Römerberg:

Der Römerberg war für ihn ein angenehmer Spazierplatz. Der Weg durch die Neue Kräme war immer „aufheiternd und ergötzlich“. Die Häuser zum Römer und das sich rückwärts anschließende Haus „Zum Goldenen Schwan“ wurden 1405 vom sparsamen Rat der Stadt erworben und zum Rathaus umgebaut. Im Laufe der Jahrhunderte erwarb die Stadt die Nachbarhäuser noch dazu, so die Häuser Alt-Limpurg, Löwenstein, Frauenstein und das Salzhaus.

Als Frankfurt 1356 mit der „Goldenen Bulle“ zur Wahlstadt der deutschen Könige und Kaiser bestimmt worden war, bedurfte die Stadtverwaltung auch repräsentativerer Räume. Im Jahre 1411 ist ein großer Festsaal eingerichtet worden, der zunächst Römersaal genannt wurde. Als 1562 erstmals eine Kaiserkrönung in Frankfurt stattfand, wurde der Römersaal zum Kaisersaal umbenannt. Er wurde zum würdigen Rahmen für historische Ereignisse. Es fanden darin die Krönungsbankette für die zehn in Frankfurt gekrönten deutschen Kaiser statt.  Beim Umbau zum fanden auch das später als Kurfürstenzimmer in die Geschichte eingegangene Ratszimmer und die Amtsstuben der beiden Bürgermeister ihren Platz in den Obergeschossen. Die große Uhr im Haus zum Römer stammt aus dem Jahr 1454.

Anläßlich der Feiern zur Krönung von Kaiser Matthias erhielt der Kaisersaal 1612 mit der gewölbten Holzdecke sowie den unterschiedlich hohen Fenstern seine endgültige Architektur. Im Jahre 1711 hat man in den Nischen Herrscherbüsten angebracht, indem man Brustbilder mit Beischriften auf die Mauer gemalt hat. Im Jahre 1741 entstand im Vorfeld der Krönung von Kaiser Karl VII. die vielgerühmte barocke Kaisertreppe, die im Zweiten Weltkrieg zerstört wurde. Erhalten blieb nur das barocke Portal zwischen den Häusern Römer und Löwenstein. Der Gebäudekomplex des Römers wurde 1944 durch Bomben zerstört und teilweise in vereinfachter Form wieder aufgebaut, wobei die frühere Fünf-Giebel-Front wieder entstanden ist.

In den unteren gewölbeähnlichen Hallen des Römer verlor sich Goethegar zu gerne. Er hat sich als Knabe die Gunst des Schließers im Römer verschafft, um die „neue, heitere, in Fresco gemalte Kaisertreppe hinaufsteigen zu dürfen“. Er verschaffte sich Eintritt in das große, höchst einfache Sessionszimmer des Rates. Bei der Krönung Kaiser Joseph II. im Jahre 1764 hat Goethe auch den Krönungsfeierlichkeiten im Kaisersaal beigewohnt. Das Kapitel zu den Krönungsfeierlichkeiten kann in Dichtung und Wahrheit 1. Teil 5. Buch nachgelesen werden.

Das Pfeifergericht: Ab 1380 bis 1802 fand alljährlich zur Herbstmesse im heutigen Kaisersaal Anfang September das mittelalterliche Spektakel des Pfeifergerichts statt. Unter den Neugierigen befand sich auch der junge Goethe um die altertümliche Zeremonie zu bestaunen. Es zogen Abgesandte aus Worms, Nürnberg und Alt-Bamberg nacheinander mit drei Pfeifern vor das Frankfurter Schöffengericht, um die einst vom Kaiser gewährte Zollfreiheit zu erneuern. Sie brachten folgende symbolische Geschenke mit: Pfeffer in einem Holzbecher, Handschuhe. ein Stäbchen, Geldstücke und für Worms zusätzlich einen alten Biberhut. Zum Pfeifergericht schrieb Goethe folgendes: „uf einmal meldet eine wunderliche Musik gleichsam die Ankunft voriger Jahrhunderte. Es sind drei Pfeifer, deren einer eine alte Schalmei, der andere einen Baß, der dritte einen Pommer oder Hoboe bläst“.

In den Jahren 1838 bis 1853 hat man zur Erinnerung an die alte Reichherrlichkeit die Büsten ersetzt durch 52 in die Wände eingelassene Gemälde der Kaiser, die von 768 bis 1806 das Heilige Römische Reich deutscher Nation regiert haben. Goethe hat also den Kaisersaal in seiner heutigen Gestalt nicht mehr erlebt.

 

Höfe:

Was die Aufmerksamkeit des Kindes am meisten an sich zog, waren die vielen kleinen Städte in der Stadt, die Festungen in der Festung, die ummauerten Klosterbezirke und die mehr oder minder burgartigen Räume, zum Beispiel der Nürnberger Hof. Nichts architektonisch Erhebendes war damals in Frankfurt zu sehen. Alles deutete auf eine vergangene sehr unruhige Zeit. Eine gewisse Neigung zum Altertümlichen setzte sich bei ihm fest beim Anblick von Pforten, Türmen, Mauern, Brücken. Wällen und Gräben.

 

Mainbrücke:

Während seiner Frankfurter Zeit spazierte Goethe am liebsten auf der großen Mainbrücke, der jetzigen Alten Brücke. Der schöne Fluß auf- und abwärts zog seine Blicke auf sich und es war ihm eine „erfreuliche Empfindung“. Gewöhnlich wurde dann durch Sachsenhausen spaziert und die Überfahrt für einen Kreuzer gar behaglich genossen.

 

Goetheplatz und Goethedenkmal:

Die Stadtallee wurde 1849 an Goethes 100. Geburtstag in „Goetheplatz“ umbenannt. Hier steht seit 2007 wieder das Goethe-Denkmal. Es ist eine Schöpfung von Ludwig Schwanthaler aus dem Jahr 1844. Die Reliefs am Sockel des Denkmals zeigen Gestalten aus Goethes Werken sowie allegorische Figuren der Wissenschaft, der dramatischen und lyrischen Dichtkunst. Das Monument stand von 1977 bis 2007 in der Gallus-Anlage unweit der Europäischen Zentralbank und der Städtischen Bühnen, wo die Kaiserstraße auf die Gallusanlage stößt. Dort ist jetzt eine moderne Skulptur aufgestellt.

Die CDU hat den Antrag gestellt, das Goethe-Denkmal aus dem Gebüsch des Anlagenrings zu holen und wieder auf seinen angestammten Platz zu stellen. Am Beispiel Goetheplatz scheint auf, daß Frankfurt in den Bombennächten des Jahres 1944 nicht nur sein Gesicht, sondern auch seine Identität verloren hat. Man sollte sich einmal überlegen, welche inneren Verbindungslinien zu Goethe in Frankfurt, wo des Dichters runde Geburtstage regelmäßig am Goethedenkmal groß gefeiert wurden, denn wirklich noch bestehen. Der Bindungsverlust, war man sich einig, hat auch mit dem Verlust von solchen Ritualen wie eben der gemeinschaftlichen öffentlichen Feier von Goethes Ehrentagen zu tun. Ohne Goethes Standbild ist es nichts mehr. Und dieser Mißstand gilt auch für das Denkmal für Schiller, das ebenfalls in der Wallanlage gelandet ist.

Nur solange das tonnenschwere Goethe-Denkmal auf dem Goetheplatz stand, hat Frankfurt „mit dem Platz gelebt“. Die Lösung für den Ort, mit dem alle so unzufrieden sind, hörte sich am Ende ziemlich einfach an: „Man nehme den Merkurbrunnen von der Messe und den Goethe von der Europäischen Zentralbank, nehme Kies dazu und pflanze vier Linden hinein.“ Gleiches könne ohne weiteres Friedrich Schiller angedeihen, dessen Standbild früher dort aufragte, wo sich heute hinter dem kleinen Wachengebäude der Hauptwache das riesige Loch zur B-Ebene auftut.

 

Schillerdenkmal:

In der Taunusanlage nördlich der Stelle, wo einmal das Goethedenkmal stand, steht das Schillerdenkmal. Zu Schillers 100. Geburtstag im Jahr 1859 wünschte sich die Frankfurter Bürgerschaft ein Abbild des Dichters in Bronze. Der Frankfurter Bildhauer Johannes Dielmann hatte bereits ein Gipsmodell dazu entworfen und es auf dem Römerberg als Aufbau über dem Justitiabrunnen unter großem Zuspruch gezeigt.

Der Entwurf erhielt beim Wettbewerb den ersten Preis und wurde bald realisiert. Der Senat der Freien Stadt Frankfurt erteilte am 8. Mai 1860 die Bewilligung zur Errichtung des Monuments. Beauftragt wurde die Gießerei F. von Miller in München. Das Denkmal wurde am 9. Mai 1864 an der Hauptwache aufgestellt und später auf den Rathenauplatz versetzt. Im Mai 1955 zu Schillers 150. Todestag erhielt es seinen jetzigen Standort in der Taunusanlage. Die überlebensgroße Bronzestatue von Schiller steht auf einem Syenitblock aus dem Fichtelgebirge. Die Figur trägt einen bodenlangen Umhang, einen Lorbeerkranz und die beiden Schriftstellersymbole in seinen Händen, den Griffel und das Buch.

Goethe bezeichnet sein Bekanntwerden mit Schiller als das größte Ereignis in seinem Leben. Im Jahre 1794 schlossen die beiden großen Dichter den Bund fürs Leben. In einem Brief vom 23. August 1794 hatte Schiller begeistert die Goethische Poesie gepriesen. Goethe war Schil­lers leuchtendes Vorbild und er wollte unbedingt von ihm beachtet werden. Ein Problem dabei war die falsche Anschauung Goethes, der in Schiller einen Stürmer und Dränger sah, den Verfasser der „Räuber“, den Vertreter einer Richtung, von der sich Goethe längst abgewandt hatte. Schiller näherte sich aber noch vor der Freundschaft mit Goethe sehr dessen Kunstrichtung. Goethe und Schiller hatten eine gemeinsame Richtung. Den Glauben an die Göttlichkeit der Kunst und die Erziehung der Menschheit zu höchster Kulturstufe durch die Kunst. Goethe war Realist, Schiller war Idealist. Schillers Denken und Dichten wurde durch die Philosophie beeinflußt, Goethes von den Naturwissenschaften.

 

Haus für Goethe:

Weiter die Taunusanlage kommt man kurz vor ihrem Ende auf der linken Seite gegenüber dem Beethovendenkmal zum „Haus für Goethe“. Bei dieser begehbaren Architekturskulptur aus Kunststein handelt es sich um „ein Haus für Goethe“, geschaffen von dem spanischen Bildhauer Eduardo Chilida. Diese ist über 3,5 Meter hoch, 5 Meter lang und 3 Meter breit und befindet sich seit 1986 hier. Sie wurde von der Bürgervereinigung „Schöneres Frankfurt“ gestiftet. Wenn man die Skulptur von verschiedenen Seiten betrachtet, entsteht immer wieder ein anderes Bild von ihr. Vermutlich sollte Goethes Vielfalt damit zum Ausdruck gebracht werden.

 

Marshall-Brunnen:

Der Marshall-Brunnen in der Bockenheimer Anlage wurde 1963 in Erinnerung an den amerikanischen Außenminister G.C. Marshall enthüllt, dem Initiator des Marshallplans, der verhindert hat,  daß aus Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg ein Kartoffelacker geworden ist. Die drei bronzenen Frauenfiguren wurden in Anlehnung an die drei Grazien der Kaiserpfalzszene in Goethes Faust II geschaffen. Deren Zitate sind hier in Stein gemeißelt:

Aglaia: „Anmut bringen wir ins Leben, leget Anmut in das Geben“.

Hegemone: „Leget Anmut ins Empfangen, lieblich ist's den Wunsch erlangen“.

Euphrosyne:  „Und in stiller Tage Schranken, höchst anmutig sei das Danken“.

Geben, Nehmen und Danken sollen also damit symbolisiert werden. Auf zwei Gedenksteinen ist einmal ein Hinweis auf George Marshall angebracht, auf dem anderen sind die Zitate aus Faust II aufgeführt.

 

Alte Oper

Am 28. August 1981, Goethes 232. Geburtstag, wurde die als Konzert- und Kongreßzentrum wiederhergestellte Alte Oper eingeweiht. An der Fassade oben rechts neben dem Balkon befindet sich eine Statue von Goethe, die 1880 von Gustav Herold geschaffen wurde. Auch die Inschrift:  „Dem Wahren, Schönen, Guten“ stammt von Goethe. Die Anregung dazu geht auf den Goetheforscher Theodor Creizenach zurück. Das Zitat selbst stammt aus Goethes Epilog zu Schillers Glocke. Dort heißt es in Zeile 30: „Indessen schritt sein Geist gewaltig fort, ins Ewige des Wahren, Guten, Schönen“ (Gedichte: Bd. 1).

 

Palmengarten:

Im Palmengarten hält man sich rechts, bis man zum Goethegarten gelangt. Dieser ist eine neue Attraktion im Palmengarten. Er wurde mit Unterstützung der Allianz Umweltstiftung im Jubiläumsjahr 1999 zu Goethes 250. Geburtstag an Pfingsten hier im Palmengarten für den Dichter und Naturwissenschaftler Johann Wolfgang von Goethe angelegt. Gestaltet wurde er von Künstlern aus Berlin. Der Garten befindet sich neben dem Tropicarium auf einer ehemaligen Streuobstwiese, die der Familie Goethe gehörte.

Ein Zitat Goethes zu den Naturwissenschaften zu Eckermann 1831: „Die Natur ergibt sich nicht einem jeden. Sie erweist sich vielmehr gegen viele wie ein neckisches junges Mädchen, das uns durch tausend Reize anlockt, aber in dem Augenblick, wo wir es zu fassen und zu besitzen glauben, unseren Armen entschlüpft.“

Die Familien Textor und Goethe gehörten zu den Bürgern, die im 17. und 18. Jahrhundert vor den Toren der Stadt Weinberge, Gemüse und Obstplantagen angelegt hatten. Dazu gehörte eine „Baum­wiese“, die der Vater Johann Caspar Goethe erworben hatte, wo er mit seinem Sohn Wolfgang mehr als 1.000 Obstbäume gepflanzt hatte.

Diese im 18. Jahrhundert von Goethes Mutter praktisch genutzte Stelle wurde 1999 als dauerhafte Erinnerungsstätte an den Pflanzenliebhaber Goethe und seine Mutter neu gestaltet. Hier wird durch Zitate aus Goethes Werk an den Dichter erinnert. Goethe hatte nicht nur wissenschaftliches Interesse an Pflanzen, sondern konnte einem Garten schon früh erholsame und kulinarische Aspekte abgewinnen. Wenn er der väterlichen Erziehung zu entfliehen suchte, trieb es ihn zum großelterlichen Haus mit dem so herrlichen Garten.

Hierzu berichtet er in Dichtung und Wahrheit folgendes:  „Vor diesen didaktischen und pädagogischen Bedrängnissen flüchteten wir gewöhnlich zu den Großeltern. Ihre Wohnung lag auf der Friedberger Gasse und schien ehemals eine Burg gewesen zu sein: denn wenn man herankam, sah man nichts als ein großes Tor mit Zinnen, welches zu beiden Seiten an zwei Nachbarhäuser stieß. Trat man hinein, so gelangte man durch einen schmalen Gang endlich in einen ziemlich breiten Hof, umgeben von ungleichen Gebäuden, welche nunmehr alle zu einer Wohnung vereinigt waren. Gewöhnlich eilten wir sogleich in den Garten, der sich ansehnlich lang und breit hinter den Gebäuden hin erstreckte und sehr gut unterhalten war, die Gänge meistens mit Rebgeländer eingefaßt, ein Teil des Raums den Küchengewächsen, ein andrer den Blumen gewidmet, die vom Frühjahr bis in den Herbst in reichlicher Abwechslung die Rabatten sowie die Beete schmückten. Die lange, gegen Mittag gerichtete Mauer war zu wohlgezogenen Spalier-Pfirsichbäumen genützt, von denen uns die verbotenen Früchte den Sommer über gar appetitlich entgegenreiften. Doch vermieden wir lieber diese Seite, weil wir unsere Genäschigkeit hier nicht befriedigen durften und wandten uns zu der entgegengesetzten, wo eine unabsehbare Reihe Johannes- und Stachelbeerbüsche unserer Gierigkeit eine Folge von Ernten bis in den Herbst eröffnete.“

Man sieht hier im Palmengarten  eine Skulptur von Goethes Mutter mit ihrem Sohn. Der Garten ist in zwei Ebenen angelegt. Er besteht aus zwei ineinandergreifenden Rechtecken, die mit Pfeilern in unterschiedlichen Farben geschmückt sind, auf denen Goethetexte eingeschnitten sind. Der zweigeteilte Garten greift die Doppelbegabung Goethes auf. In der Mitte der oberen Ebene befindet sich in einem Rechteck eine kunstvoll mit Gingko-Blättern aus Cortenstahl in brauner Farbe gestaltete Fläche. Die Pfeiler sind mit unterschiedlichen Vielecken mit teilweise abgerundeten Ecken in unterschiedlichen Farben, in die ebenfalls Goethetexte eingeschnitten sind, überdacht. Damit sollen Wolken dargestellt werden.

Jeder Pfeiler ist in der Textverteilung unterschiedlich gestaltet, die Buchstaben sind unterschiedlich groß. Zwei Pfeiler in der oberen Ebene sind mit Texten aus Goethes „Westöstlichem Divan“ versehen, zum Beispiel mit dem Gedicht Gingko Biloba. Der dritte - eine japanische Säule-  trägt einen Text von Faust I:  „Das also war des Pudels Kern!“
Auf der zweiten Ebene befindet sich ein Brunnen aus Metall. Er soll ein Sinnbild von Verbindung und Scheidung sein, in der Mitte mit einer kreisrunden Fläche, die alles verbindet, und mit Lücken, die die vier Quader voneinander scheiden.

Die fünf Pfeiler auf der unteren Ebene sind unterschiedlichen Themen gewidmet:

Pfeiler 1: Lebensweisheiten aus acht verschiedenen Werken

Pfeiler 2: Der Liebe gewidmet

Pfeiler 3: Über Bäume und das Unerforschliche

Pfeiler 4: Der Natur gewidmet

Pfeiler 5: Über das Alter

Die Texte auf den Pfeilern können dem im Palmengarten erhältlichen Faltblatt über den Goethe-Garten, „Ein Projekt der Allianz Umweltstiftung und des Palmengartens zu Ehren des Frankfurter Bürgers Johann Wolfgang von Goethe“ entnommen werden.

 

Universität:

An der Bockenheimer Warte läuft man über den ehemaligen Campus Bockenheim auf das Jügelhaus aus rotem Sandstein zu. Das Jügelhaus ist das ehemaliges Hörsaalgebäude auf dem Campus Bockenheim mit prächtiger Aula der Johann Wolfgang Goethe-Universität, das diesen Namen seit 1932 (seit Goethes 100. Todesjahr) trägt. Es handelt sich um eine ,,Stiftungs­universität“, die ohne staatliche Finanzen aus Mitteln privater Stiftungen Frankfurter Bürger als einzige dieser Art auf deutschem Boden errichtet wurde.

Das Jügelhaus wurde 1906 aus den Mitteln der Karl Christian Jügelschen Stiftung errichtet und zwar im Neubarockstil mit Rokoko-Elementen. Im Jahre 1912 wurde die Universität in Betrieb genommen. Die scherenschnittartigen Portraits stellen Immanuel Kant, Johann Wolfgang von Goethe und Alexander von Humboldt dar. Lateinische Aufschriften: „Mens agitat molem“ und „Dies diem docet“. Wenn man vor dem Jügelhaus links einbiegt und dann gleich wieder rechts weiterläuft, gelangt man zum Senckenbergmuseum.

 

Senckenbergmuseum:

Dieses Naturmuseum und Forschungsinstitut ist eines der größten Naturkundemuseen in Europa. Mit 6.000 Quadratmeter Ausstellungsfläche und über 5.000 zum Teil einzigartigen Exponaten ist es das größte und wertvollste in Deutschland. Dieses Gebäude an der Sencken­berganlage im Neubarockstil wurde 1906 errichtet. Der erste Museumsbau von 1821 befand sich am Eschen­heimer Tor.

Johann Christian Senckenberg (1707 - 1772), Arzt und Naturwissenschaftler, hat 1763 sein gesamtes Vermögen zu einer Stiftung verwandt (zwei Drittel für die medizinnaturwissenschaftliche Forschung, ein Drittel für das Bürgerhospital). Im Jahre 1815 hatte Goethe zur Gründung der Senckenbergschen Gesellschaft aufgerufen, um die naturwissenschaftlichen Stiftungseinrichtungen des Arztes Dr. Johann Christian Senckenberg vor dem Verfall durch die napoleonischen Kriege zu retten. Die naturforschende Gesellschaft wurde 1817 von 32 Frankfurter Bürgern gegründet, darunter S.M. von Bethmann und Goethes Vetter Dr. Melber.

Wenn man im Museum am Eingang die Treppe hinunter geht, gelangt man rechts in einen kleinen Raum, der Aufschluß gibt über die Entstehung des Museums. Die 32 Frankfurter Bürger, die 1817 die Senckenbergsche Naturforschende Gesellschaft gegründet haben, haben ihre naturkundlichen Sammlungen in einem Museum Seckenbergianum vereinigt.

An der Balustrade im zweiten Stock befindet sich eine Goethebüste, die von Kaiserin Auguste Viktoria im Jahr 1907 gestiftet wurde. Rechts davon befindet sich eine Tafel mit Goethes Aufruf (dem eigentlichen Gründer der Gesellschaft) und den 32 Stiftern. Auf der Tafel links von der Büste sind die 27 Erhalter des Werks aufgeführt.

 

Rödelheim:

Mit der U 7 fährt man bis zur Haltestelle Industriehof, steigt dort um in den Bus Nr. 34 Richtung Mönchhofstraße bis zur Haltestelle Alt-Rödelheim (Petrihaus). Wenn man aussteigt sieht man den Brentanopark hinter der Brücke auf der linken Seite. Das Petrihaus befindet sich links vor der Brücke. Man gelangt dorthin, indem m an in die Straße Alt-Rödelheim einbiegt, bei nächster Gelegenheit gleich wieder rechts einbiegt und am Ende des Weges nochmals rechts einbiegt.

 

Brentanopark (eine verborgene Goethestätte ):

 Rödelheim war einst ein idyllisches Dorf, in das die Frankfurter an schönen Tagen pilgerten, um der Landluft näher zu sein. Sie fühlten sich angezogen von der anmutigen Lage, dem Schloß der Grafen von Solms und seinem Park, der allen offenstand. Der Brentanopark ist 1785 als Garten des preußischen Hofrats Basse entstanden. Hier am Eingang weist eine Tafel darauf hin, daß Georg Brentano, der von 1775 - 1851 gelebt hat, in 40-jähriger Lebensarbeit durch mehr als 100 Ankäufe den einstmals 13 Hektar großen Park geschaffen hat.

Der berühmteste Besucher in Rödelheim war Johann Wolfgang von Goethe, der hier 1814 einen „unanständig lustigen Mittag“ verbrachte und dem „herrlichen Sonnenuntergang hinter dem Taunusgebirge“ beiwohnte.

Die Familie Brentano ist eine aus Italien stammende Frankfurter Kaufmannsfamilie. Im Jahre 1808 erwarb Georg Brentano, ein Bruder von Clemens und Bettine Brentano, das Landhaus nebst Garten, eine im Empirestil gehaltene Villa des anfangs erfolgreichen, dann nach Amerika ausgewanderten Tuchhändlers Hofrat Detmar Basse, das 1785 von ihm erbaut wurde. Goethe soll an der Gestaltung des Hauses beteiligt gewesen sein, als er 1792 in Frankfurt weilte.

Am 15. März 1808 schrieb nämlich Bettina Brentano an Goethe: „Du mußt es kennen, da Du selbst den Plan dazu gemacht und mit Basse, der jetzt in Amerika wohnt, den Bau besorgtest.“

Georg Brentano soll nach dem Urteil von Goethes Mutter „schön wie der Herzog von Mailand“ gewesen sein. Er war ein guter Kaufmann, der abzuwägen und zu planen verstand. Er erweiterte den Park durch ein jenseits des Mühlgrabens gelegenes, reizvoll von den Windungen der Nidda umflossenes Wiesengelände. Er ließ viele seltene Bäume pflanzen, pittoreske Baumgruppen anlegen und aufwendige Blumenrabatten dekorieren und ergänzte das Ganze durch ein Ensemble außergewöhnlicher Bauwerke.

Er schuf den einzigen englischen Landschaftspark in unmittelbarer Umgebung Frankfurts. Im hinteren Teils des Parks waren ein Seerosenteich  mit Goldfischen, ein Gehege mit Rehen, ein Irrgarten, ein Weiher, eine in den Boden eingelassene Sonnenuhr und ein künstlich aufgeschütteter Aussichtshügel untergebracht. Auf der Niddainsel hatte Georg Brentano 1834 ein Heckentheater anlegen lassen, das im Stil eines halbrunden antiken Theaters errichtet worden ist. Im Jahre 1851 ging der Besitz auf seinen Sohn Ludwig über, von diesem auf Marie von Stumpf-Brentano, die 1895/97 das Bassesche Haus abreißen und einen größeren Neubau errichten ließ, in dem einige Zimmer wie zu Goethes Zeiten eingerichtet waren. Im Jahre 1919 zog ihr Sohn Clemens von Stumpf-Brentano mit seinen fünf Kindern ein.

Durch die Inflation der zwanziger Jahre wurde das Vermögen der Familie entwertet. Nach vorübergehender teilweiser Vermietung des Hauses und Verpachtung des Parks, verkaufte sie 1926 den gesamten Besitz an die Stadt Frankfurt, zu der Rödelheim seit 1910 gehörte. Im Jahr 1929 wurde der Park der Öffentlichkeit zugänglich gemacht und gleichzeitig durch die Regulierung der Nidda das Brentanobad eingerichtet. Seit 1986 steht der Park  unter Denkmalschutz. Das Brentano`sche Haus wurde ebenfalls im Zweiten Weltkrieg zerstört und die Ruinen wurden 1957 abgetragen. Erhalten ist das Küchengebäude. Geblieben sind die im englischen Stil gestalteten Parks mit ihren alten Bäumen.

 

„Goethetempel“:

Im Brentanopark bewahrt außer dem Petrihaus auf dem gegenüberliegenden Niddaufer der klassizistische sogenannte „Goethetempel“ die Erinnerung an das abwechslungsreiche gesellschaftliche Leben, das Georg Brentano dort führte. Haus und Garten sahen viele Gäste: Gesandte, Gelehrte, Künstler und Literaten. Auch Goethe war dort 1814 zu Gast als er im Rhein-Main-Gebiet weilte. Der Maler Ludwig Emil Grimm beschrieb liebevoll das Landgut und im Park gestand Marianne von Willemer Hermann Grimm, einem Sohn von Wilhelm Grimm, daß sie einige Gedichte in Goethes „West-östlichem Divan“ verfaßt habe.

Das Badehaus wurde oft fälschlicherweise im Volksmund „Goethetempelchen“ genannt, weil man es lange für den geselligen Mittelpunkt des Anwesens und damit auch für einen Aufenthaltsort Goethes hielt. Die Rolle des Dichters kann sich aber höchstens auf eine Beteiligung am Entwurf des Gebäudes beschränkt haben. Mit seinem von dorischen Säulen flankierten Portal hatte es Hofrat Basse als Voliere gedient. Georg Brentano machte daraus ein luxuriöses Bad mit einer im Boden halbversenkten Wanne aus Carrara-Marmor. Die Wände waren mit weißen Stoffen drapiert, in den Nischen luden Sofas zum Ausruhen ein. Durch ein Spiegelfenster konnte man die dahinter liegende Taubenvoliere öffnen und die handzahmen Vögel hereinlocken. Für die Badenden wurde der Raum mit Rosenblättern bestreut. Im Jahre 1999 erfolgte anläßlich Goethes 250. Geburtstags eine umfassende Sanierung des original erhaltenen Gebäudes.                    

Am Ufer des Mühlgrabens stand die sogenannte „Ludwigsruh“ oder „Ludwigslust“, ein einfaches Fischerhaus, das Georg Brentano 1828 erworben hatte. Er hat es ähnlich wie das Petri­haus mit einem Treppenaufgang ausgestattet und mit einer umlaufenden Holzveranda versehen. Es diente seinem Sohn Ludwig als Studentenbude.

In den Jahren 1930/31 wurde ein Pavillon in modernen Bauhausformen errichtet. Nach einem Entwurf von E. Kaufmann wurde er als Unterstandhalle mit Botanik-Unterrichtsraum vor radial angelegtem Schülerarbeitsgarten realisiert. Er ist Sitz des Rödelheimer Geschichtsvereins. Man sieht eine der Sandsteinsphingen, die vor dem Portal des „musikalischen Gewächshauses“ lagerten.

Das „musikalische Gewächshaus“ stand schräg gegenüber. Es handelte sich um ein großes Treibhaus mit seltensten Pflanzen, in seiner Mitte war ein schöner Salon, indem ein Flügel stand. Es fanden dort Gesellschaften und Konzerte statt, bei denen Goethe berühmter Gast war, ebenso Fürst Pückler während seiner Kur in Wiesbaden 1814/15. Zwischen kostbaren Pflanzen spielte der Hausherr virtuos auf der Flöte, am Flügel von seinen Nichten begleitet. Das musikalische Gewächshaus wurde 1926 abgerissen. Dabei wurden viele liebenswerte Details von Georg Brentanos Schöpfung unwiederbringlich vernichtet.

Anstelle der brentanoschen Gärtnerei und Fasanerie und des Gewächshauses - an das an zwei Seiten gläserne Flügel als Verbindung an den heute noch vorhandenen Rosenlaubengang angebaut waren - wurde der Schülerarbeitsgarten angelegt als fächerförmige Rosenlaubengang. Der original erhaltene Laubengang ist mit historischen Rosensorten neu bepflanzt worden. Durch den Laubengang gelangt man zum ehemaligen Goldfischteich. Dahinter befindet sich als Sandkasten innerhalb des Spielplatzes der ummauerte Teich, der von zwei Sandsteinlöwen bewacht wird.

Der Rückweg führt vorbei an einer weiteren Sphinx durch den radial angelegten Garten mit Hecken und Springbrunnen (Rosengarten). Danach hinter der Brücke links befindet sich ein Gedenkstein, der an die 1938 gewaltsam zerstörte Synagoge erinnert und an die jüdische Gemeinde.

                       

Petrihaus:

Das Petrihaus wurde um 1720 als Fachwerkhaus errichtet. Im Jahre 1819 erwarb es der Kauf­mann und Bankier Georg Brentano vom Rödelheimer Bäckermeister Johannes Petri für 1.150 Gulden und baute es 1820 zum klassizistischen Schweizerhaus um. Georg Brentano nutzte das Haus als sein persönliches Refugium und richtete sich im ersten Stock einen Salon, ein Arbeitszimmer und einen Schlafraum ein. Das Petrihaus steht unter Denkmalschutz und wurde 2003 vollständig restauriert. Dabei wurde im ersten Stock ein Brentanomuseum eingerichtet. Das Untergeschoß wird für öffentliche und private Veranstaltungen genutzt. Das Brentanomuseum ist von Februar bis November. am letzten Sonntag des Monats von 14 - 18 Uhr geöffnet. Der Eintritt ist frei.

Der Gingkobaum neben dem Petrihaus am Niddawehr soll Goethe zum Gingko-Gedicht („Gingko biloba“) angeregt haben (im West-östlichen Diwan). Dieser Gingko biloba wurde um 1750 gepflanzt. Er ist der älteste Gingkobaum in Deutschland.

In den Besuch kann man auch den Solmser Schloßpark auf der rechten Straßenseite mit einbeziehen (siehe auch Dateien „Frankfurt, Norden“).

 

Altstadt Frankfurt-Höchst:

Als junger Mann reiste Goethe häufig in Begleitung seiner Freunde mit dem Marktschiff nach Höchst, um in einen der zahlreichen Gasthöfe des Höchster Schloßplatzes einzukehren oder die Höchster Porzellan-Manufaktur zu besuchen. Noch heute bietet sich die Altstadt von Höchst wie zu Goethes Zeiten dar. Alles ist wie früher: Die traditionsreichen Gasthäuser, die wehrhafte Befestigungsanlage am Mainufer, das Schloß aus dem 16. Jahrhundert, die romanische Justinuskirche aus dem 8. Jahrhundert und auch die Höchster Porzellan-Manufaktur.

 

Goethe und der Wein:

Es war der Wein, der Johann Wolfgang Goethe ins Leben holte, glaubt man den Schilderungen von Bettina Brentano. Nach einer schwierigen Geburt war es ein Bad in erhitztem Wein, das die Lebensgeister des Neugeborenen weckte. Und der Wein begleitete Deutschlands Dichterfürsten ein Leben lang. Goethe war ein exquisiter Weinkenner und -genießer. Er trank reichlich - etwa zwei Liter am Tag sollen es gewesen sein - und verwandte in späteren Jahren einen guten Teil seines Einkommens für den Kauf erlesener Sorten.

Aber er war kein Säufer. Vielmehr diente der Wein als Stimulanzmittel für das Schreiben und fand ebenso als Motiv Eingang in Gedichte und Prosa. Kein anderer deutscher Dichter hat zum Lob des Weins so schöne Verse geschrieben. Dokumente, die hierüber Aufschluß geben, existieren reichlich. Schließlich ist Goethes Leben ein sehr gut belegtes Leben. Man weiß zum Beispiel aus Briefen und Kellerberichten, daß Goethe schon zum zweiten Frühstück, zum Mittagessen und abends Wein trank.

Daß der Dichter ein Kenner des Weins war, ist auch biographisch begründet. Denn nach dem lebenserweckenden Bad im Wein begleitete dessen Duft Goethe ebenfalls in seiner Kindheit. Das Haus am Hirschgraben kaufte die Familie allein wegen des großen Kellers, um dort den wertvollen Weinbesitz zu lagern. Denn die Weine, die als „alte Herren“ bezeichnet wurden, begründeten den Wohlstand der Familie.

Außerdem war die Stadt Frankfurt am Main im 18. Jahrhundert nicht nur Umschlagsplatz für Wein, sondern auch Weinanbaugebiet. Zur Weinlese wurde stets ein großes Fest gefeiert, an das Goethe viele lebhafte Erinnerungen hatte.

Besonders schätzte Frankfurts berühmtester Sohn den „Eilfer“, einen Wein des Jahrgangs 1811. Damals war es aufgrund einer klimatischen Katastrophe bereits im April so heiß, daß es zwei Weinernten gab. Der Wein dieses Jahres war ein besonders starker Wein.

Dieser Wein, der heute den Namen „Goethe-Wein“ trägt, läßt sich noch immer genießen, zum Beispiel auf Schloß Vollrads im Rheingau. Im Jahre 1814 verbrachte Goethe eine Woche im Haus der Brentanos. Noch heute können die beiden möblierten Zimmer, die er dort bewohnte, besichtigt werden. Über seine Eindrücke von diesem irdischen Paradies hat er sich oft und viel ausgelassen (Siehe dazu das Buch von Dr. Heiner Boehncke und Dr. Joachim Seng. „Will keiner trinken? Keiner lachen? Goethe und der Wein“, das Mitte September 2014  im Insel-Verlag erschienen ist).

 

 

 

Innenstadt

 

Saalhof:

Die Keimzelle des Saalhofs ist die staufische Königsburg des 12./13. Jahrhunderts. Hier wohnten die staufischen Könige, wenn sie nach Frankfurt kamen. Die „Stauferzeit“ war für die Stadt besonders wichtig: Damals bildete sich die Bürgergemeinde, die Stadt wurde ummauert und erhielt das große Messeprivileg. Die Staufer begründeten die Tradition der Stadt als Wahlort der deutschen Könige und römischen Kaiser.

Der  Saalhof ist ein für Frankfurt einzigartiges Ensemble von historischen Bauwerken. Ursprünglich wurden damit alle Gebäude zwischen der alten Saalgasse im Norden, dem Fahrtor im Westen, dem Mainufer im Süden und dem Kleinen Saalhof im Osten bezeichnet. Davon stehen heute nur noch die fünf Baudenkmäler des Museums aus dem 12. bis 19. Jahrhundert. Sie wurden von 2008 bis 2012 nach dem Konzept von Diezinger Architekten (Eichstätt) grundlegend bearbeitet: Das Konzept stärkt die historische Identität der fünf Gebäude im Innern ebenso wie in der äußeren Gestaltung.

1. Stauferbau:

Der älteste Teil, ein Wohnturm, wurde im 12. Jahrhundert errichtet. Zusammen mit dem nördlichen Palas und dem östlichen Kapellenanbau -die zu Beginn des 13. Jahrhunderts angefügt wurden - handelt es sich um die ältesten erhaltenen Gebäude in der Frankfurter Altstadt. Die Bedeutung des Saalhofs für die Stadtgeschichte ist unbestritten, allerdings scheint er nach neueren Grabungsergebnissen nicht vor dem 13. Jahrhundert die Pfalzanlagen auf dem Domhügel in ihrer Funktion ersetzt zu haben. Urkundlich fand der Saalhof erstmals 1277 als „curia regis“ und Sitz des Schultheißen Erwähnung. Der gesamte Komplex war von einer wehrhaften Hofmauer umschlossen, die zusammen mit anderen Befunden bereits im Rahmen der ab 1958 vorgenommenen Altstadtgrabungen von Otto Stamm nachgewiesen wurde.

Das wichtigste Ausstellungsobjekt ist das Gebäude selbst, der Stauferbau. Mit der Wiedereröffnung im Mai 2012 steht erstmals das gesamte Gebäude offen. Auf einem neuen Steg geht man über ausgegrabenen Mauern, Brunnen und Kanäle. Als ältestes aufrecht stehendes Gebäude der Stadt wurde es jetzt sorgfältig restauriert. Einbauten des 20. Jahrhunderts sind entfernt und die Mauern und Fundamente des Mittelalters freigelegt worden. Der mächtige staufische Wohnturm wird vom Keller bis zum Dach wieder sichtbar gemacht: Im 19. Jahrhundert hatten ihn der Architekt Burnitz und im 20. Jahrhundert der Umbau zum Museumsgebäude fast vollständig verschwinden lassen. Auch der fast sechs Meter hohe Turmraum im Erdgeschoß ist rekonstruiert worden.

Im Keller des mächtigen Wohnturms und des Palastes werden Skulpturen von staufischen Bauwerken neben Siegeln, Münzen und Gefäßen aus Keramik und Metall gezeigt. Ein neues Stadtmodell führt in das Frankfurt der Stauferzeit, die heutige Altstadt. Ein weiteres Modell eröffnet Einblicke in den Saalhof, als er in der Zeit um 1200 entstand.

Ein Raum erzählt die Geschichte des Saalhofs nach der Stauferzeit: Gezeigt werden die Gebrauchsgegenstände der Frankfurter vor 500 bis 700 Jahren. In einer aufgeschnittenen Latrine kann man den „Kulturschutt“ aus dieser Zeit betrachten. Im Untergeschoß der staufischen Kapelle begegnen man den Kopien der berühmten Reichsinsignien.- Westlich des Stauferbaus stehen auf den Fundamenten der spätmittelalterlichen Stadtmauer zwei Wohngebäude:

2. Burnitzbau:

Constantia Margaretha Leerse geborene Bernus ließ im Jahr 1842 ein weiteres repräsentatives Wohngebäude errichten. Der Architekt Rudolf Burnitz (1788-1849) plante die Fassade des nach ihm benannten Burnitzbau im neoromanischen Stil. Die geringe Tiefe des Grundstücks wurde durch Einbeziehung des Stauferbaus erweitert, so daß die südwestliche Flanke des Turms verschwand. Die Restaurierung macht diese Turmwände im Burnitzbau jetzt wieder sichtbar. Man erschließt sich das Haus auf einer historischen Wendeltreppe.

3. Bernusbau:

Den westlich gelegenen Bernusbau ließen die reichen Woll- und Tuchhändler Heinrich und Johann Bernus von 1715 bis 1717 errichten, vielleicht durch den Architekten und Zisterzienser Bernardus Kirnde. Der Bankier Jakob Bernus (1681-1749) präsentierte hier bereits seine große Gemäldesammlung. Jetzt ermöglicht ein großes Fenster den Blick vom Bernusbau auf den unmittelbar angrenzenden Rententurm.

4. Rententurm:

Der Rententurm an der Westseite des Ensembles ist einer der wenigen erhaltenen Türme der spätgotischen Stadtbefestigung. Er wurde von 1454 bis 1456 durch Eberhard Friedberger errichtet. Erstmalig in seiner über 500jährigen Geschichte wird er nun für die Öffentlichkeit zugänglich, und zwar über ein gotisches Wendeltreppenhaus. Im Innern wurden die Betondecken der fünfziger Jahre entfernt und durch Ebenen aus Stahl ersetzt, die Durchblicke durch alle Geschosse ermöglichen. Diese Landmarke am Mainufer eröffnet die schönsten Ausblicke auf die Stadt und den Fluß.

Im Untergeschoß sieht man die ausgegrabene Stadtmauer des 14./15. Jahrhunderts und erlebt die Hoch- und Niedrigwasser des Mains in historischen Fotografien und Filmsequenzen.

Im Erdgeschoß des Turms befand sich seit dem Ende des 15. Jahrhunderts das städtische Rentamt - deshalb trägt der Turm seinen Namen. Man kann sich in das lebhafte Treiben am alten Mainhafen zurück versetzen und einem städtischen Zollschreiber über die Schulter blicken.

Im 1. Obergeschoß steht die Zeit im Mittelpunkt: Der Rententurm war bis 1944 ein Uhrenturm gewesen. Hier wurde wieder ein historisches Uhrwerk installiert: Es treibt die Zeiger der großen Ziffernblätter an und gibt mit lautem Ticken den Takt im ganzen Turm an. In dieser Uhrenstube kann man die Zeitsignale der alten Reichsstadt (16.-18. Jahrhundert) erklingen lassen.

Das 2. Obergeschoß eröffnet die  „Schöne Aussicht“ auf den Mainkai und das Sachsenhäuser Ufer. Vier Bildfernrohre zeigen in alle vier Himmelsrichtungen. Hier sieht man historische Ansichten aus den letzten vier Jahrhunderten, die vom Leben am und auf dem Fluß erzählen.

5. Zollgebäude:

Aus dem Anfang des 19. Jahrhunderts stammt das Zollgebäude am westlichen Ende des Saalhof-Ensembles. Der neoromanische Bau ersetzte ein klassizistisches Gebäude und das spätmittelalterliche Fahrtor am südlichen Eingang zum Römerberg. In das Obergeschoß wurde der gotische Erker des Fahrtors als Spolie eingebaut. Heute betritt man hier das Museum - solange bis der Neubau errichtet ist.

 

Archäologische Funde unter dem Saalhof (hessenarchäologie 2012, Seite 164):

Seit 2008 sind die historischen Bauten saniert und denkmalpflegerisch betreut worden. Im Rahmen dieser Arbeiten kam es auch zu zahlreichen Erdeingriffen, die archäologische Einblicke boten. Neben der Sanierung der denkmalgeschützt, Altbauten ist eine Neubebauung im Hof und im Norden des Areals geplant. Dazu wurde 2011 zunächst das bestehende Museumsgebäude aus den siebziger Jahren abgerissen. In der Folge begannen die Aushubarbeiten für die Untergeschosse sowie die Gründung der geplanten Neubauten. Im Bereich des Betonbaus konnten in Anbetracht der Unterkellerung nur ausnahmsweise archäologische Befunde sichergestellt werden. Dabei handelte es sich ausschließlich um Brunnenschächte, die unterhalb der alten Kellersohle erhalten waren. Gleichzeitig bestätigte sich der Verlust der karolingischen Umfassungsmauer, die das Gelände von Westen nach Osten durchzogen hatte und vollständig der Neubebauung ab 1971 ge­opfert worden war.

Demgegenüber reichte die staufische Bebauung deutlich weiter nach Süden, d. h., die staufische Umfassungsmauer lag rund 18 Meter südlich vor der karolingischen. Angesichts dessen verlief die Hofmauer des Saalhofs im Bereich des heutigen Innenhofs und war somit nicht durch die Bebauung des 20. Jahrhunderts gestört. Die südliche Hofmauer konnte von Stamm direkt im Anschluß an die Westmauer des Wohnturms nachgewiesen werden; sie zog von da aus schräg nach Nordwesten auf einer Länge von 39 Meter im Hof und konnte auf weiteren 7 Meter in der schrägen Nordwand des Zollgebäudes verfolgt werden.

Der weitere Verlauf bis zum eigentlichen Fahrtor ist nicht eindeutig nachweisbar, allerdings bildet die Südwand des gegenüberliegenden historischen Hauses Wertheim die Fortsetzung der Stadtmauer nach Westen. Da der Saalhof als Hafenburg direkt am Fluß errichtet worden war, erstreckte sich die Hofmauer direkt am Mainufer, wobei im Osten der Wohnturm weitere 6 Meter in den Fluß vorgeschoben war.

Heute erscheint das Gelände bis zum Main relativ eben und weist nur ein geringes Gefälle auf. Das ist jedoch das Ergebnis einer Aufschüttung der gesamten Uferlinien im 19. Jahrhundert, wodurch die älteren Gebäude deutlich unter Boden gerieten, da das Gelände mindestens zwei Meter aufgefüllt worden war. Außer dem „Burnitzbau“ waren alle Gebäude davon betroffen.  So waren an der Kapelle die Buckelquader des Sockelgeschosses ebenso verdeckt wie große Teile des Erdgeschosses am Rententurm. Ursprünglich dürfte das Areal zum Main hin ein deutliches Gefälle aufgewiesen haben; Otto Stamm ermittelte von der Uferlinie bis in den Palas einen Geländeanstieg von rund 2,50 Meter.

Im Rahmen der Ausschachtungsarbeiten konnten die Ergebnisse von Stamm bestätigt werden. Es zeigten sich einerseits jüngere mittelalterliche und frühneuzeitliche Oberflächen, Kelleranlagen sowie weitere Brunnen, aber auch die staufische Hofmauer. Die Mauerzüge waren zwar an ihrer Oberkante für die Hofgestaltung abgebrochen worden, konnten jedoch in einer tieferen Schicht nachgewiesen werden.

Rund 2  Meter unter dem heutigen Hofniveau kam die staufische Mauer mit einer Breite von 1,20 m auf der gesamten Länge von knapp 40 Meter zum Vorschein. Sie besteht aus sorgfältig gesetzten Kalkbruchsteinen mit einem hellen festen Mörtel; gelegentlich ist ein Fischgrätverband zu beobachten (Abb. 3).

Die Mauer war noch rund 1,50 Meter hoch im Aufgehenden vorhanden. Obgleich Baggerarbeiten auf der Nordseite der Mauer weitere 3 Meter tief reichten, konnte die Fundamentunterkante in diesem Bauabschnitt nicht erreicht werden. Auf der Südseite, d. h. am Ufer, schloß sich ein sorgfältig verlegtes Pflaster an, das auf einer Breite von 2,00 Meter vor der Mauer verlegt worden war. Direkt an der Mauer ist eine Reihe ausgewählter Steine plattenartig schräg angelehnt. Die Vorderkante des Pflasters wird von einer Mauer begrenzt.

Diese war rund 1 Meter hoch auf­ge­mauert; an deren Oberkante lagen quadratische Eichenbalken mit einer Kantenlänge von 0,35-0,40 Meter. In einem Abstand von 3 - 3,70 Meter waren diese Balken anhand senkrecht stehender Vierkantpfosten mit der darunterliegenden Mauer verzapft. Das Holz bildet auf der gesamten Länge den vorderen Abschluß der Anlage. Einzelne Holzstämme, unter denen einer eine Länge von 7,70 Meter aufweist, stoßen stumpf aneinander. Während der mittlere Balken über zahlreiche runde Zapfenlöcher verfügt, zeigen die anderen Balken eine glatte Oberseite.

Eine Störung im westlichen Abschnitt des Befundes ist auf den Umstand zurückzuführen, daß -infolge eines sekundär eingebauten Kanals - Wasser die Mauer dauerhaft durchsickerte. An dieser Stelle sind der Eichenbalken zerstört, der erhaltene Pfosten stark geschädigt und das Pflaster abgeschwemmt. Angetroffen wurde ein liegender Eichenbalken, der als Rückverankerung unter dem Pflaster gelten kann. Wie viele solcher Rückverankerungen eingebaut worden waren, läßt sich leider nicht feststellen. Die dendrochronologische Datierung der Hölzer erwies sich aufgrund stark unregelmäßiger Wuchsmuster als schwierig. Es konnten zwei Daten für die Zeit um 1303 und um 1314 ermittelt werden.

Direkt südlich an das Pflaster und den Mauerabschluß mit Balken anschließend ist der Verlauf des Mains vorauszusetzen. Im Befund zeigte sich ein schlammiger Untergrund, der Wasserstand erreichte die Balkenunterkante. Es fanden sich zahlreiche organische Lederreste sowie Keramik, die grundsätzlich in das 13. Jahrhundert gehört; jüngere Funde waren nicht vorhanden.

Die vorliegende Anlage ist als eine qualitätvolle Uferbesteigung in der Art einer Kaimauer zu charakterisieren. Sie wurde sicherlich zur Zeit der Saalhofmauer errichtet und diente auch dem Schutz der Mauer bei Hochwasser und gefährlichem Eisgang. Außerdem konnten Flöße oder Boote mit geringem Tiefgang an der Stelle anlegen.

Allerdings handelt es sich hier keinesfalls um eine repräsentative Hafenmole, auch kann an dieser Stelle der Hafen ausgeschlossen werden. Gleichwohl ist eine Hafenanlage vorauszusetzen, bildete doch das Fahrtor den Hauptzugang zur Stadt vom Fluß aus. Nachweislich sind zu Königs- und Kaiserwahlen oder -krönungen Kurfürsten mit dem Schiff nach Frankfurt gereist. Am Mainufer sind auch große Warenmengen umgeschlagen worden, es ist also mit einem regen Schiffsverkehr, jedoch auch mit zahlreichen Flößen auf dem Main zu rechnen, der an dieser Stelle durch die Hafenburg kontrolliert wurde.

So waren an der Kapelle die Buckelquader des Sockelgeschosses ebenso verdeckt wie große Teile des Erdgeschosses am Rententurm. Ursprünglich dürfte das Areal zum Main hin ein deutliches Gefälle aufgewiesen haben; Otto Stamm ermittelte von der Uferlinie bis in den Palas einen Geländeanstieg von rund 2,50 Meter.

Im Rahmen der Ausschachtungsarbeiten konnten die Ergebnisse von Stamm bestätigt werden. Es zeigten sich einerseits jüngere mittelalterliche und frühneuzeitliche Oberflächen, Kelleranlagen sowie weitere Brunnen, aber auch die staufische Hofmauer. Die Mauerzüge waren zwar an ihrer Oberkante für die Hofgestaltung abgebrochen worden, konnten jedoch in einer tieferen Schicht nachgewiesen werden.

Rund 2 Meter unter dem heutigen Hofniveau kam die staufische Mauer mit einer Breite von 1,20 Meter auf der gesamten Länge von knapp 40 Meter zum Vorschein. Sie besteht aus sorgfältig gesetzten Kalkbruchsteinen mit einem hellen festen Mörtel; gelegentlich ist ein Fisch­grät­verband zu beobachten.

Nach der Genehmigung zur Stadterweiterung im Jahr 1333 vergrößerte sich das Frankfurter Stadtgebiet zwar grundsätzlich und hauptsächlich in nördlicher Richtung, allerdings wurden die Wehranlagen auch zum Main hin verschoben. Dadurch verlagerte sich die südliche Stadtgrenze von der staufischen Hofmauer weitere 18 - 20 Meter nach Süden. Die neue Mauer des 14. Jahrhunderts bilde noch heute die Südwand sowohl des Bernus- als auch des Burnitzbaus. Durch diese Erweiterung kam es zu einer Überbauung der alten staufischen Mauer und zur Aufgabe der Kaianlage, die nun nicht mehr am Flußufer lag. Darauf deuten auch zahlreiche jüngere Kelleranlagen im Hof des Historischen Museums, die z. T. an und über die staufische Mauer gebaut worden waren.

Eine weitere Bestätigung bietet die Datierung des Fundmaterials aus dem ehemaligen Uferbereich direkt vor der Kaimauer. In diesen Zusammenhang gehört auch die Zuweisung des Eichenbalkens an den Beginn des 14. Jahrhunderts. Das Holz wurde durch seine Lage im Wasser, Witterung und Eisgang sowie andere mechanische Beschädigungen etwa durch Treibholz oder Anlegemanöver stark in Mitleidenschaft gezogen. Grundsätzlich ist damit zu rechnen, daß die Balken in regelmäßigen Zeitabständen erneuert werden mußten Es ist also unwahrscheinlich, daß der bauzeitliche Balken erhalten war.

Leider konnten das Pflaster und die Holzeinbauten nur über eine Länge von 15 Meter verfolgt werden. Der weitere Verlauf der Anlage bis zum Wohnturm konnte nicht nachgewiesen werden. Im Bereich des ehemaligen Hofs ist er durch die Bohrpfahlwand gestört, der Südteil des Wohnturms war bereits 1842 zur Errichtung des Gebäudes von Rudolf Burnitz abgebrochen worden. Allerdings sind im Innenraum die Fundamente mit Buckelquadern erhalten geblieben.

Der Befund verdankt seine Erhaltung der Verlagerung der Uferlinie in Gestalt der neuen Befestigungsanlagen im 14. Jahrhundert. Andernfalls wäre im Laufe der Zeit mit erheblichen baulichen Veränderungen und „Modernisierungen“ zu rechnen gewesen. Eine steinerne Kaianlage unterscheidet sich in Qualität und Aufwand deutlich von einer hölzernen Uferbefestigung. Es darf daher von einer repräsentativen staufischen Anlage gesprochen werden. Ähnliche Anlagen andernorts sind nicht bekannt, sicher auch aufgrund jüngerer Ausbauphasen. In den Rheinstädten Mainz, Köln und Xanten wurden hölzerne Uferbefestigungen nachgewiesen (freundliche Mitteilung R. Bockius, Römisch-Germanisches Zentralmuseum Mainz).

Es handelt sich bei der staufischen Kaimauer folglich um einen sehr seltenen Befund, der von

großer Bedeutung für die Frankfurter Stadtgeschichte ist. Daher hat sich die Stadt Frankfurt zusammen mit der Direktion des Historischen Museums zu einer Umplanung des Neubauprojektes entschieden. Der Befund wird in situ erhalten bleiben und im Rahmen der Dauerausstellung erlebbar sein. Dieser Beschluß stellt aufgrund der besonderen Situation sowohl planerisch als auch restauratorisch und konservatorisch für alle Beteiligten eine Herausforderung dar.

 

St. Leonhard-Kirche:

Kurz bevor der Frankfurter Bürger Oswald Meyer Ende August im Alter von 87 Jahren starb, hinterließ er der katholischen Kirche eine Spende von 50.000 Euro. Diese Spende nutzte Stadtdekan Raban Tilman zur Finanzierung des 9 mal 1,90 Meter großen Fensters über der Orgelempore und einer kleineren Rosette, beides gestaltet von Professor Ludwig Schaffrath aus Aachen, der 1990 mit der Neugestaltung der Fenster in der spätgotischen Patrizierkirche am Main begann.

Damit beeindruckte Tilman die Stadt Frankfurt so sehr, daß diese die Kosten in Höhe von    38.000 Euro für den Einbau übernahm.

Offiziell ist die St. Leonhardskirche als Dotationskirche Eigentum der Stadt. Folglich ist eigentlich die Stadt für alles zuständig, was mit dem Außengebäude zu tun hat. Die Kirche kümmert sich normalerweise nur um das bewegliche Inventar, machte aber im Fall der Schaffrath-Fenster eine Ausnahme, nicht zuletzt um die Stadt Frankfurt zur dringend fälligen Gebäuderenovierung zu motivieren. Die sollte ab 2003 in Angriff genommen werden.

Das neue große Schaffrath-Fenster verweist in vier Kreisformen auf die Zeit als „ewigen Advent“ und verbindet die Zeit der Menschen mit der ewigen Zeit. Gerade für das Westfenster, das in den Kirchen mit dem Sonnenuntergang das Ende der Welt symbolisiere, ist diese Symbolsprache besonders passend.

Die am Mainufer gelegene Sankt Leonhardskirche wurde bis Ende 2012 im Inneren umfassend restauriert. Die am Mainkai gelegene Kirche wurde  ab dem Jahr 1219 erbaut und gilt als eine der bedeutendsten Kirchen Frankfurts und als deren schönste, wurde aber  kunsthistorisch bislang völlig unterbewertet. Durch die Restaurierung soll die Kirche nicht nur komfortabler werden. Man will aber auch stellenweise mit einer neuen Gestaltung auch deutlich machen, wie die Kirche im Hochmittelalter angelegt war und was sie an Schätzen zu verbergen hat. Es war ein Nebeneffekt der Restaurierung, dies korrigieren zu können.

Vor der Sanierung hat das Denkmalamt herausgefunden, daß die älteste noch bestehende Kirche der Stadt in spätromanischer und frühgotischer Zeit eine offene Vorhalle besaß. Die Nordwand der Kirche ist nicht so einheitlich, wie sie scheint. Durch den steinernen Bogen, der nun wie in die Wand eingelassen wirkt, sind die Kirchengänger vor dem 16. Jahrhundert wohl in eine offene Vorhalle gelangt. Die Wand ist nachträglich errichtet worden. Das erklärt den guten Zustand des Jakobs- und des Engelbertusportals im Kircheninnern: Sie sind der Witterung nicht direkt ausgesetzt gewesen.

Ebenso hat man herausgefunden, daß die Fundamentierung eines Pfeilers viel tiefer reicht und aus einer anderen Zeit stammt als die der Nordwand, die erst nachträglich eingezogen wurde.

Schon zuvor bekannt war, was die Grabungen ebenfalls offenbaren: Daß das Niveau des Bodens um 90 Zentimeter angehoben wurde, wohl aus Hochwasserschutzgründen und vermutlich im 17. oder 18. Jahrhundert. Die Vorhalle war also höher, als der Steinbogen in der Nordwand vermuten läßt. Man fand auch das Grab eines Kindes, das acht- bis zehnjährig gestorben sein dürfte. Demnach hat der Friedhof von St. Leonhard nördlich davon gelegen - nachdem die Vorhalle zugemacht wurde.

Der Boden ist ein Dreh- und Angelpunkt der Bauarbeiten. Das gesamte Niveau der Kirche soll um knapp einen Meter abgesenkt werden - so wie es dem Zustand zur Zeit des Hochmittelalters entspricht. Die berühmten Portale und Wandmalereien werden damit erstmals wieder vollständig sichtbar. Bislang steckten sie etwa 90 Zentimeter im Boden. Um die neue Fußbodenheizung einzubauen, muß sogar noch tiefer gegraben werden.  Damit stößt man an das romanische Bodenniveau. Darüber hinaus sollen Teile der sehr verwinkelten Kirche begehbar werden, die bislang noch verborgen sind - etwa das so genannte Brommenchörchen aus dem 15. Jahrhundert auf der Nordseite der Kirche. Auch der neue Innenanstrich wird sich an den historischen Vorbildern orientieren. Entweder werden die Wände weiß mit roten Fugen oder umgekehrt.

Am 1. Mai 2011 erklang ein letztes Mal die Orgel zum Gottesdienst. Bereits in der Woche danach rückten die Arbeiter an, um die reichhaltig mit Kunstwerken ausgestattete Kirche zu leeren. Drei jahrhundertealte Altäre wurden eingepackt, ebenso zahlreiche alte Plastiken, schließlich Bänke und Chorgestühl und auch die Orgel (07.07.2011).

Für Archäologen sind die Funde eine absolute Sensation - für die finanziell angeschlagene Stadt hingegen keine gute Nachricht: Weil bei der Restaurierung der berühmten St. Leon­hardskirche in Frankfurt wertvolle Relikte aus der Entstehungszeit des Gotteshauses entdeckt wurden, liefen die Kosten aus dem Ruder. Jetzt gibt der Bund aus seinem Denkmalschutz-Sonderprogramm einen Zuschuß.

 

Es sind nur 180.000 Euro, doch die klamme Mainmetropole kann das Geld aus Berlin gut gebrauchen. Denn statt der ursprünglich geplanten 6,8 Millionen Euro kostet die Restaurierung des ältesten Kirchenhauses der Stadt nach Beckers Darstellung inzwischen rund 8,3 Millionen.

Grund dafür sind Funde, die während der Arbeiten an dem Gotteshaus aus dem frühen 13. Jahrhundert gemacht wurden. Denn bereits kurz nachdem Bauarbeiter und Restauratoren 2009 das Kirchenschiff leer geräumt hatten und der Boden abgetragen war, stießen sie auf die Überreste der ursprünglichen Kirche.

Probebohrungen haben gezeigt, daß sämtliche Fundamente und Säulen-Basen vollständig erhalten waren. Denn die kleine Kirche war im Laufe der Jahrhunderte innen immer wieder aufgeschüttet worden - nicht nur als Schutz vor dem Hochwasser des nahe gelegenen Mains. Bis auf die Fundamente aus der Romanik gruben sich die Archäologen durch, legten wertvolle Wandmalereien, Grabplatten und Skulpturen zutage. Stücke von unschätzbarem Wert, die „wertvollste archäologische Ausstattung, die jemals in einer Frankfurter Kirche gefunden wurde.

Fast drei Meter tief gruben sich die Forscher durch Erde und Zeit, hinab auf das Niveau des ersten Kirchenbodens von 1220. Inzwischen ist die Grube teilweise wieder mit Kies aufgefüllt. Doch die kunstvoll behauenen Fundamente der Säulen, die ehemals im Kirchenboden verdeckt waren, sind noch immer zu sehen. Beim Balancieren durch den Zeitenhorizont begegnen dem Betrachter auch wunderbare mittelalterliche Malereien.

Wenn die Renovierungsarbeiten im Frühjahr 2015 abgeschlossen sind, wird auch der Boden wieder aufgeschüttet sein. Säulen, Mauern und Kostentreiber sind dann für immer den Blicken der Öffentlichkeit entzogen. Denn Sichtfenster im Boden lehnen die Verantwortlichen ab. St. Leonhard sei kein Museum, sondern ein Sakralbau.

 

Karmeliterkloster:

Zartfarbig wie ein Gobelin bedecken seit bald 500 Jahren die Wandmalereien des Jörg Ratgeb 150 laufende Meter Wand des Kreuzgangs im Karmeliterkloster, einem entrückten Ort mitten in Frankfurt. Bezahlt von Stiftern der damals schon schwer reichen Stadt hat der Württemberger - ein Zeitgenosse von Martin Luther und Albrecht Dürer - ab 1514 sieben Jahre lang den Karmelitern die nackten Wände ihres gerade fertiggestellten repräsentativen Gehäuses geschmückt. Das war eine Leistung, die vor Jörg Ratgeb diesseits der Alpen keiner geschafft hat. Sein insgesamt 540 Quadratmeter großes Panorama in Kasein-Tempera bildet von der Erschaffung der Welt bis zum Jüngsten Gericht die ganze biblische Heilsgeschichte ab.

Für die Menschen des Mittelalters sprachen diese Mauern für sich. Heute erschließt sich die

Geschichte nicht mehr ohne Mühen, das Spektakuläre des Orts bleibt für viele unentdeckt. Auch darum ist die Überlieferung der vom Zahn der Zeit bedrohten Wandmalereien zu einem Ringen mit den Gegebenheiten geworden.

Eie Reihe der Wandbilder ist großenteils kopiert in schwarz-weißen Abzeichnungen des  His­to­rien­malers Otto Donner von Richter. Der hatte ab 1882 dafür gesorgt, daß Ratgebs Bilder, selbst wenn sie im Original zerstört oder verblaßt sind, nie ganz verloren gehen können.                 

Christi Geburt: Die Weihnachtsgeschichte, wie sie seit dem frühen 16. Jahrhundert an den Wänden im Kreuzgang des Karmeliterklosters überliefert ist, links „Christi Geburt“, rechts „Die Anbetung der Könige“. In der Mitte ist die Abzeichnung zu sehen, die der Historienmaler Donner von Richter 1882 angefertigt hat. Schon damals waren die Bilder des Jörg Ratgeb gefährdet; mal wurden Durchbrüche in die Wände geschlagen, dann wieder Tiere davor gehalten.                   

Kindermord: In Bethlehem ist der Kindermord befohlen, Soldaten richten ein Massaker an. Maria und Josef sind mit dem Christuskind per Esel auf der Flucht. Diese von Jörg Ratgeb um 1515 gemalte Szene aus dem Kreuzgang des Karmeliterklosters gehört zu den beliebtesten Motiven des Bilder-Zyklus. Das Geschehen rechts ist betitelt „Christus zerstört die heidnischen Götzenbilder“ und illustriert die Macht des geborenen Messias.

Taufe Christi: Christliche Heilsgeschichte aus dem Kreuzgang des Karmeliterklosters. Jörg Ratgeb hat die „Taufe Christi im Jordan“ eingefügt in die Szenen „Abschied Christi von seinen Eltern“ sowie „Christi Verklärung“. Alles ist eingebettet in das Panorama einer großräumigen Gebirgslandschaft. „Diese Malereien im nördlichen Teil des Kreuzgangs, von dem auch das Motiv auf der rechten Seite stammt, sind infolge der ab 1866 für die einquartierten preußischen Truppen erfolgten Umbauten des Klosters größtenteils verloren“, heißt es in dem Führer, den das Institut für Stadtgeschichte herausgegeben hat. Damals waren die Wandbilder übertüncht worden. Erst Otto Donner von Richter, dessen schwarz-weiße Abzeichnung hier zu sehen ist, hatte 1882 unter dem Putz die Wandbilder wieder entdeckt. „Jörg Ratgebs Namen kannte man damals nicht mehr

 

Römer:

Durch die Limpurger Gasse kommt man ins „Römerhöfchen“ mit dem Treppenturm von 1627. Im Westen sieht man den „Langen Franz“,  den Turm des Rathausneubaus aus dem Anfang des20. Jahrhunderts, benannt nach Oberbürgermeister Franz Adickes.

Der Römer bestand ursprünglich aus elf Häusern, die größtenteils im 14. Jahrhundert erbaut worden sind. Keines davon war als Rathaus vorgesehen; alle Gebäude entstanden als Bürgerhäuser. Heute sind es noch acht. Ab 1405 erwarb der Rat der Stadt Frankfurt die Häusergruppe und funktionierte sie zum Ratssitz um. Nach dem Umbau zum Frankfurter Rathaus mit der charakteristischen Fünfgiebelfassade setzte sich nach und nach für den ganzen Komplex die Bezeichnung „Römer“ durch.

Die Bezeichnung „Römer“ trägt strenggenommen nur ein Haus zu Recht: der dominierende spätgotische Mittelbau mit dem Wappenbalkon und den Kaiserstatuen. Im 14. Jahrhundert logierten hier italienische Kaufleute, um die Messe zu besuchen. Auf dem Platz vor dem Gebäude, der nach diesen Römern benannt wurde, boten sie außerdem in der herbstlichen Jahreszeit ihre Waren feil.

Seine drei gotischen Staffelgiebel wurden zum markanten Wahrzeichen für die gesamte Stadt. Sie bestehen aus den drei ineinandergefügten Häusern „Alt Limpurg“ (auch: „Haus Laderam“), „Römer“ und „Löwenstein“, die zwei Häuser im Norden heißen „Frauenstein“ und „Salzhaus“. Der Römer diente zunächst nicht nur dem Rat der Stadt als Domizil, sondern öffnete seine Hallen auch für Messen und Handelsgeschäfte. Später wurde das Rathaus um weitere neun Häuser ergänzt. Vor dem Hauptportal des Römers wurde 1562 der Gerechtigkeitsbrunnen mit der Justitia erbaut. Der Balkon und die vier Kaiserstatuen wurden erst vor 1900 angebracht.

An der Dreigiebelfassade des Rathauses Römer ganz links hat der Bildhauer Franz Krüger 1897 / 98 die Stadtgöttin „Francofurtia“ dargestellt. Dort, wo die Limpurger Gasse einmündet, stützt sich die Dame rechts auf das Schwert der Gerechtigkeit und balanciert auf der Linken den Turm des Kaiserdoms, als Symbol von Macht und Größe.

[Weitere Darstellungen dieser Stadtgöttin finden sich am Paulsplatz, auf halber Höhe, über dem Eingang zur Kämmerei. Als steinerne Fassadenfigur hält sie Gesetzbuch und Urkundenrolle vor sich. Am Gutenbergdenkmal (Roßmarkt) ragt zu Füßen der Schicksalsgöttin das Stadtwappen auf; über dieses hebt sie Kaiserkrone und Schwert. In einem Kartenspiel von 1862 hat sie der ehemalige Stadtarchivdirektor Wolfgang Klötzer als „Caro As vor der Mainfront“ gefunden. In Silber bewahrt sie das Historische Museum, hoch auf einer Säule einen Lorbeerkranz schwenkend. In der Karikatur zeigte sich Francofurtia als Mahnerin, die auf das Loch im städtischen Finanztopf deutet. Dargestellt von einer Schauspielerin, hat man sie im 19. Jahrhundert bei Festzügen leibhaftig auf Prunkwagen herumgefahren. Vor dem 1. Weltkrieg zog die Schutzpatronin, umkränzt von Frankfurter Würstchen, als Werbemarke in die Welt. Die Frau mit ihrer Mauerkrone repräsentierte diese Stadt - und stand damit „in einer 2000jährigen Traditionslinie“ (Klötzer). Wie die Göttin Roma für Rom oder Antverpia für Antwerpen, Athena für Athen. Die Neue Sachlichkeit hat Francofurtia in den 1920er Jahren zum Ornament verfremdet. Im Kulturbruch und Werteverlust durch den Zweiten Weltkrieg geriet die Stolze in Vergessenheit].

 

Kaisersaal:

Um einen würdigen Rahmen für Kaiserwahlen zu bilden, mußten auch repräsentative Räumlichkeiten geschaffen werden. So entstand im ersten Obergeschoß ein großer Festsaal, der zum Ort von Reichstagen und Krönungsmahlen werden sollte. Deshalb wurde im Haus „Zum Römer“ 1411 ein großer Festsaal eingeweiht, der sich zunächst schlicht „Römersaal“ nannte. Hier fanden Ratssitzungen und die Beratungen zur Kaiserwahl statt. Zur Wahl selbst ging man in die Wahlkapelle des Domes. Hier entschieden vier weltliche und drei geistliche Kurfürsten, wer neuer Kaiser wurde. Als 1562 erstmals auch die Kaiserkrönung in Frankfurt vorgenommen und gefeiert wurde, änderte sich auch der Name: der Römersaal hieß fortan „Kaisersaal“. Mit dem Festmahl anläßlich der Wahl und Krönung von Kaiser Maximilian II. begann ein Wandel, der den Kaisersaal über die Jahrhunderte hinweg zu einem würdigen Rahmen für historische Ereignisse machte. Zunächst schmückte nur eine gewölbte Decke den Saal.

Der Ursprung des Kaisersaals in seiner heutigen Form geht auf die Jahre 1830 bis 1853 zurück. Damals machte das Städtische Kunstinstitut unter Philipp Veit den Vorschlag, den Kaisersaal mit den Porträts aller Herrscher des Heiligen Römischen Reiches deutscher Nation auszugestalten. Der Frankfurter Magistrat stimmte zu und warb um finanzielle Unterstützung. Er erhielt sie vom Österreichischen Kaiserhaus ebenso wie von Frankfurter Bürgerfamilien. 

Die in die Wände eingelassenen Bilder der 52 Kaiser, die von 768 bis 1806 das Deutsche Reich regiert haben, sind 1838 - 1853 zur Erinnerung an die alte Reichsherrlichkeit von damals führenden Malern wie Rethel, Steinle, Veith, Waldmüller u.a. gemalt worden als Ersatz für die im Jahre 1710 aufgestellten Portratbüsten.  So konnten die 52 eindrucksvollen Kaiserporträts entstehen.

Sie sind ein unvergleichliches Dokument des idealisierenden und historisierenden Zeitgeschmacks gegen Mitte des 19. Jahrhunderts.

Immer wenn eine Kaiserkrönung zu feiern war, verstanden es die Frankfurter, ein großartiges Fest daraus zu machen. Natürlich wollte sich keiner das Schauspiel entgehen lassen. Wer es sich leisten konnte, verschaffte sich einen „Tribünenplatz“ an einem der Fenster, die von den Römerberghäusern auf den Platz zeigten. Die Hausbesitzer ließen sich die gute Aussicht vergolden. Pro Haus 5.000 Gulden (etwa 40.000 DM) waren keine Seltenheit.

Aber auch das Volk kam auf seine Kosten: Ein prächtiger Ochse - gefüllt mit Hühnern, Spanferkeln und Würsten - wurde am Spieß gebraten und von der Allgemeinheit verzehrt. Weißer und roter Wein floß aus einem Brunnen. Hafer, Münzen und auch Weißbrot wurden von den kaiserlichen Oberbeamten an die Menge verteilt. Zwar mußte jeder hart kämpfen, um seinen Anteil an den kaiserlichen Gaben zu ergattern, doch umso größer war die Freude über den Erfolg. Noch Monate und Jahre lang zehrten die Frankfurter von „ihrer“ Kaiserkrönung - in den schönsten Erinnerungen und lustigsten Anekdoten.

Kaiserkrönungen in Frankfurt: 1562 Maximilian II., 1612 Matthias, 1619 Ferdinand III., 1658 Leopold I.., 1711 Karl VI., 1742 Karl VII., 1745 Franz I., 1764 Joseph II., 1790 Leopold II., 1792 Franz II.

Das Krönungsmahl im Jahre 1792 für Franz II., der bald darauf von Napoleon zur Abdankung gezwungen wurde, bedeutete den Schlußpunkt für die Tradition der Kaiserwahlen in Frankfurt. Der Kaisersaal war danach bis 1825 ein Magazin der städtischen Bibliothek. Doch drei Jahre später diente er bereits wieder als Frankfurts repräsentativster Raum seiner traditionellen Bestimmung als Festsaal. Obwohl der Römer 1944 durch Bomben zerstört wurde, blieben die 52 Gemälde erhalten. Sie waren vorher ausgelagert worden. Nach dem Wiederaufbau des Römers erhielten sie ihren alten Platz in den gotischen Nischen des Kaisersaales.

Empfängt die Stadt Frankfurt offiziellen Besuch, steht auch heute noch der Kaisersaal im Mittelpunkt festlicher Zeremonien. Die Gäste tragen sich dort in das Goldene Buch der Stadt ein und stehen im Mittelpunkt von Empfangen, die für sie gegeben werden.

Reichsinsignien waren Krone, Zepter und Reichsapfel. Die Reichsinsignien sind auf verschiedenen Kaiserporträts im Kaisersaal zu sehen. Die Originale befinden sich heute in der Wiener Schatzkammer.

 

Römertürmchen:

Die Glocke aus dem Römer-Türmchen wurde 1941nach Hamburg gebracht, zusammen mit einer Glocke von 1702  aus  der Dankeskirche (südlich des Mains, am  Goldsteinpark 1 b.),  um sie für Kriegszwecke einzuschmelzen. Doch sie kamen zurück. Das Römer-Türmchen war aber noch kriegsbeschädigt. Und deshalb fand sie zunächst im Turm der Goldsteiner St. Johanniskirche eine Bleibe, ehe sie 1972 ins Historische Museum umzog. Seit November 2000 kann sie wieder in dem Türmchen über dem Römer-Mittelbau die Stunde schlagen.

Kräftig dabei mitgeholfen hat Walter Pinger, mittlerweile in Nied ansässig. Er gibt nicht eher Ruhe, bis jede Glocke an dem Platz ist, wo sie hingehört. Doch bei der Suche nach der zweiten, eben jener Viertelstundenschlag-Glocke, kam Pinger nicht weiter. Bis der Hessische Rundfunk im Radio das Geläut der Goldsteiner Glocken über den Sender schickte und in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen wurde, die älteste Glocke stamme aus dem Jahre 1702 und hänge im Turm der Dankeskirche. Diese Information hat Pinger sogleich an maßgebliche Leute im Römer weitergegeben, darunter auch an Kirchendezernent Horst Hemzal. Man möge doch bitte schön dafür sorgen, daß die 148-Kilo-Glocke in das Römer-Türmchen zurückkehrt, damit dort wieder Klang- Harmonie einkehre. Dagegen hat auch Pfarrerin Karin Faller von der Dankes-Gemeinde nichts einzuwenden, zumal die Glocke der Stadt gehört. Doch die Lücke müsse natürlich wieder geschlossen, das Geläut mit einer neuen Glocke komplettiert werden.

Pinger kann sich erlauben, über öffentliches Geld zu reden, denn der Pensionär hat aus seiner Privatschatulle schon einiges zum Glockengenuß beigesteuert. Nicht zuletzt seiner Spendenfreudigkeit ist es zu verdanken, daß man das Große Stadtgeläut wieder in voller Klangfülle hören kann. Dazu tragen die vier Glocken im Dachreiter der Karmeliterkirche bei, für die Pinger jahrelang gekämpft hat.

 

Restaurierung:

Es ist schon eine Weile her, daß die Stadt Frankfurt ihr Wahrzeichen saniert hat. Um 1950 ist der Gebäudekomplex, der im Zweiten Weltkrieg zerstört wurde, in vereinfachter Form erneuert worden. In den siebziger Jahren gab es lediglich einen neuen Farbanstrich. Eine Bestandsaufnahme des Hochbauamts im Jahre 2004 hat ergeben, daß der Unterputz an den Bauten vollständig erneuert werden muß. Es ist auch eingeplant, statische Mängel an der Brüstung des Balkons zu beheben.

Untersuchungen des Denkmalamtes haben ergeben, daß die verputzten Flächen oberhalb der Erdgeschosse von etwa 1897 bis 1944 in Weiß gehalten waren. Man hat erwogen, ob nur die  Sandsteinflächen in Höhe der Erdgeschosse (knapp die Hälfte der Fassaden) ihre  jetzige rotbraune Farbe behalten sollen. . Theoretisch könnte Oberbürgermeisterin Petra Roth allein entscheiden, ob der Römer künftig halb weiß sein soll. Roth lege aber Wert darauf, diese weit ausstrahlende Entscheidung im Einvernehmen mit dem hauptamtlichen Magistrat zu fassen.

Ebenfalls saniert werden die rechterhand angrenzenden Fassaden des Hauses Frauenstein und des Salzhauses (Ecke Braubachstraße). Beide Gebäude hatten noch den Verputz aus der Wiederaufbauzeit der fünfziger Jahre. Das Salzhaus und das Haus Frauenstein sind gotische Bauten aus dem 15. Jahrhundert, die um 1900 substantiell erneuert wurden. Im Zweiten Weltkrieg sind sie weitgehend den alliierten Bombenangriffen zum Opfer gefallen. Lediglich die steinernen Erdgeschosse sind noch im Original erhalten geblieben

Südlich des Römers steht ein Brunnen von 1776.

 

Römerberg Ostzeile:

Lediglich bei den Kaiserwahlen und Kaiserkrönungen stand auch das Häusersextett am Samstagsberg mit im Zentrum des Geschehens, wenn es als Zuschauertribüne für das reichspolitische Zeremoniell diente. Für den Logenplatz mußte allerdings bei den Hauseigentümern teuer bezahlt werden.

„Großer Engel“ heißt das nördliche Eckgebäude mit dem Erkerturm und den reichen Schnitzfiguren gegenüber der Bürgerinformation und Auskunftsstelle Römer. Der Nachbar heißt „Goldener Greif“, gefolgt vom „Wilden Mann“ und vom Haus „Klein Dachsberg/Schlüssel“. Den Abschluß auf der Südseite bilden die Häuser „Großer Laubenberg“ und „Kleiner Laubenberg“.

Der viergeschossige Fachwerkbau hinter der Nikolaikirche heißt „Schwarzer Stern“. Da für den historischen Wiederaufbau der Gebäude keine alten Pläne vorlagen, mußte das Architektenbüro Dr. Schirmacher die neuen Planzeichnungen in akribischer Kleinarbeit nach alten Fotografien und Zeichnungen gestalten. Die Fachwerke der - bis auf den „Schwarzen Stern“ - einst außen verschieferten Häuser wurden jeweils im Stil jener Zeit entworfen, in der die einzelnen Gebäude errichtet worden waren. Veränderungen der Fassaden, wie sie im Laufe der Zeit vorgenommen worden waren, wurden in den Wiederaufbau mit einbezogen.               

Das Fachwerkgruppe der Häuser wurde nach den Regeln tradierter Zimmermannskunst Balken für Balken angefertigt und zusammengefügt; teilweise konnten dabei Holzbalken aus alten abgebrochen Häusern verwendet werden. Der von den Steinmetzen sorgsam handbearbeitete Sand­stein der Erdgeschosse stammt aus den Vogesen und aus Steinbrüchen in der Gegend von Mil­tenberg und Wertheim. Für die Dächer wurde Schiefer aus dem Elsaß, dem Sauerland und dem Hunsrück verwendet. Besondere Kunstfertigkeit erforderten die geschnitzten und in Stein gehauenen Schmuckteile, die Zierfiguren und Knaggen, wie sie vor allem der „Engel“ und der „Schwarze Stern“ zeigen.

 

Großer Engel:

Für den Wiederaufbau des „Engel“ wurden fast dreihundert Eichen verwendet; die Knaggen und Zierteile wurden aus dem Holz eines Fachwerkhauses aus der Nähe von Hersfeld geschnitzt, das selbst etwa 300 Jahre alt gewesen ist.

Besonderes Einfühlungsvermögen und viel Fingerspitzengefühl erforderte die Rekonstruktion dieser Figuren und Ornamente: Da sie nach Fotovorlagen angefertigt werden mußten, hatten Holzschnitzer die nicht allein die Unschärfe der Vorlagen, sondern auch allerlei perspektivische Verzerrungen und Verzeichnungen mit einzukalkulieren und bei den Nachbildungen zu berücksichtigen. Die einzelnen Figuren wurden zunächst als Modell in Gips oder Ton angefertigt und dann in das alte Eichenholz übertragen.

Das eindrucksvollste Gebäude der Häuserzeile am östlichen Römerberg ist wohl der „Große Engel“. Das Gebäude besteht genaugenommen, wie auch an der Fachwerkkonstruktion zu erkennen, aus zwei Häusern unter einem Dach. Erst im 16. Jahrhundert war der hintere „Kleine Engel“ an der Rapunzelgasse mit dem „Vorderen“ oder „Großen Engel“ auf der dem Römerberg zugewandten Seite vereinigt worden. Eine Inschrift auf der Eckkonsole unterhalb des ersten Obergeschosses auf der Seite der Rapunzelgasse verkündet: „DIS.HAVS.SDEHED.NGOTES HAND. ZVM.KLEIN.ENGEL.IST.ES. GENANT'“.

Ein Haus „Engel“ wird erstmals im 13. Jahrhundert genannt. Seinen Namen hat es vermutlich von einem seiner ersten Besitzer, von einem Mann namens „Angelus“. Im 16. Jahrhundert schließlich ließ die damalige „Engel“-Besitzerin Anna Niklas, Witwe des Spitalmeisters Steinmetz, für ihre beiden Schwiegersöhne Hilarius Harpf und Siegfried Deublinger die beiden „Engel“-Häuser aufstocken und unter einem gemeinsamen Dachstuhl vereinigen.

Aus dieser Zeit stammen wohl die zahlreichen Schnitzfiguren, Ornamente und Inschriften an dem Gebäude: Den Eckbalken am Rapunzelgäßchen ziert ein geschnitztes Pärchen in paradiesischer Gewandung: Adam und Eva unter dem Apfelbaum, in dessen Krone sich die Schlange ringelt; Adam beißt gerade in den fatalen Apfel. Jahrhundertelang war an dem nackten Paar offenbar kein Anstoß genommen worden. Erst Ende des vorigen Jahrhunderts erregten Adam und Eva. am „Engel“ ob ihrer Freizügigkeit Ärgernis: der Hausbesitzer ließ das paradiesische Paar entfernen. Allein der Apfelbaum blieb weiterhin sichtbar. Frankfurts Lokalpoet Friedrich Stoltze bespottete diesen Akt in gereimter Form: „Der arme Adam, samt seim Dämche / im allerdiefste Neglischee; / es blieb nur steh’ ihr Eppelbäämche, / dem sagte se betriebt Adschee.“

In den Holzbalken, der das erste auskragende Fachwerkgeschoß trägt, ist eine lateinische Inschrift eingeschnitzt, beginnend in der Mitte der Nordseite. Es ist eine Bibelstelle aus den Sprüchen Salomos (in Übersetzung): „Diese sechs Dinge haßt der HERR, diese sieben sind ihm ein Greuel: stolze Augen, falsche Zunge, Hände, die unschuldiges Blut vergießen, ein Herz, das arge Ränke schmiedet, Füße, die behende sind, Schaden zu tun, ein falscher Zeuge, der frech Lügen redet, und weder Hader zwischen Brüdern anrichtet“.

Das zweite Fachwerkgeschoß wird auf seiner Nord- und Westseite durch figurengeschmückte Holzknagge abgestützt. Die Knaggen auf der Nordseite zeigen einen auf Arkebuse und Säbel bewaffneten Soldaten über einem Dämon und eine Bauersfrau mit einem Korb in der Hand und einem Vogel auf dem Kopf. Das Knaggenbündel an der Ecke zum Römerberg stellt einen Bauern, der sich auf einen Stock stützt, einen geflügelten Engel und einen wilden Mann mit Keule dar. Die drei Knaggen am Erker auf der Westseite zeigen bocksfüßige Teufelchen. In den nordwestlichen Eckbalken sind neben anderen ornamentalen Darstellungen zwei Harfen eingeschnitzt: vielleicht eine Anspielung auf Hilarius Harpf, den Schwiegersohn der Erbauerin Anna Niklas.

Ein besonderes Schmuckstück ist die hölzerne Erkerkonsole an der Vorderseite des „Großen Engel“. Getragen durch sechs profilierte Holzstreben, wird die Konsole auf dem unteren Gesims durch Löwentatzen, die in Akanthusblätter auslaufen, gestützt; oben enden die Streben in dämonischen Masken. Im Hauptfeld des Erkersockels steht ein Engel mit einem verschlungenen Schrift­band in den ausgebreiteten Armen. Die Kartusche über dem Engel enthält den Bibelspruch: „BEATI OES QUI TIMENT DNM PSAL 127“ (Selig sind alle, die den Herrn fürchten, Psalm 127). Zu Füßen der Engelsfigur sind zwei Wappen eingeschnitzt. Der linke Wappenschild zeigt drei Kleeblätter: das Wappen der Familie der Erbauerin Anna Niklas geborene Burckhardt; das rechte Wappen enthält drei Hämmer: eine Referenz an Anna Niklas’ verstorbenen Mann Hans Niklas, genannt Steinmetz. In der Kartusche unter der Erkerkonsole die Zahl 1562: es ist das Jahr, in dem der „Große Engel“ umgebaut worden war.

 

Vom Greif zum Laubenberg:

Unscheinbarer als der „Große Engel“ präsentieren sich dessen Nachbarn zur Rechten: der „Goldene Greif“ mit seinem geschweiften Mansarddach und der „Wilde Mann“, der dem Römerberg seine Traufseite zuwendet. Bekannt ist der „Golden Greif“ seit dem 13. Jahrhundert als „Haus Schieferstein“. Wohl im 18. Jahrhundert wurde seine Fassade gründlich verändert.  Der „Wilde Mann“ wird erstmals im 16. Jahrhundert erwähnt. Um 1800 wurde das Gebäude umgebaut oder auch ganz abgebrochen und an seiner Stelle ein Neubau errichtet. Beim jetzigen Wiederaufbau erhielten der „Wilde Mann“ und der „Goldene Greif“ als einzige der sechs Häuser am Samstagsberg eine Putzfassade.

 

Klein Dachsberg/Schlüssel:

Das nächste der Gebäude in der Häuserreihe ist wie der „Engel“ ein Doppelgebäude unter einem Dach, was sowohl an der Gestaltung des sandsteinernen Sockelgeschosses als auch an den Formen des Fachwerks darüber noch erkennbar ist. Nach der Brunnenrolle von 1541 bildete das Gebäude damals eine einzige Behausung; im 17. Jahrhundert wohl wurde das Anwesen geteilt. Im Innern des ersten Obergeschosses hatten sich vor dem Krieg Wandmalereien des Malers Christian Georg Schütz d.Ä. befunden.

 

Laubenberg:

Die beiden südlichen Gebäude der östlichen Römerbergzeile tragen den Namen „Laubenberg“: das Eckhaus heißt „Kleiner Laubenberg“, während das Nachbarhaus „Groß Laubenberg“ genannt wird. „Groß Laubenberg“ ist das kleinste aus der Zeile am Samstagsberg; kurioserweise überragt der „Kleine Laubenberg“ den „Großen“ um nahezu ein Stockwerk, zudem ist der „Große Laubenberg“ um rund die Hälfte schmäler als sein „Kleiner“ Nachbar.

„Groß Laubenberg“ ist wohl in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts erbaut worden. Das Erdgeschoß des Gebäudes war im vorigen Jahrhundert verändert, die Fenster im Obergeschoß waren vergrößert worden. Bis zur Zerstörung 1944 befand sich im Erdgeschoß von „Groß Laubenberg“ eine Gaststätte, die den Namen „Zum Standesämtchen“ führte. Der „Kleine Laubenberg“ daneben wurde im Jahr 1541 erbaut - das Knaggenbündel an der Südwestecke unterhalb des zweiten Obergeschosses trägt das Baujahr. Bisweilen hieß der „Kleine Laubenberg“ auch „Garküche“; so führt etwa der Katasterplan von 1876 das Eckhaus am Samstagsberg unter dem Namen „Kleine Garküche, ehem. Kl. Laubenberg“. Vor seiner Zerstörung beherbergte „Klein Laubenberg“ im Erdgeschoß die Weinstube von Carl Heyland. Die Gaststätte im neuen „Kleinen Laubenberg“ hat den Namen des gastronomischen Vorkriegsnachbarn übernommen und heißt nunmehr „Standesämtchen“.

 

Schwarzer Stern:

Das Haus „Zum schwarzen Stern“ schräg hinter der Nikolaikirche zählte schon vor der Zerstörung zu den interessantesten Fachwerkkonstruktionen Frankfurts. Das stattliche Gebäude mit den drei weit auskragenden Fachwerkgeschossen auf dem mit kunstvoller Bauplastik versehenen sandsteinernen Sockelgeschoß und den beiden Zwerchhäusern mit den geschweiften Giebeln schließt den südöstlichen Römerberg optisch ab.

Der repräsentative Bau war zu Beginn des 17. Jahrhunderts von der Frankfurter Patrizierfamilie Voelcker errichtet worden. Schon zuvor stand an seiner Stelle ein Gebäude mit dem Namen „Schwarzer Stern“, „gelegen by S. Niklaskirchen“. Durch seine auskragenden Fachwerkgeschosse vergrößert der „Schwarze Stern“ seine Nutzfläche im obersten Stockwerk auf nahezu das Eineinhalbfache der Grundflache im Erdgeschoß.

Bei den Kaiserkrönungen pflegten die Voelckers, ebenso wie die anderen Römerbergbewohner, aus dem günstigen Standort ihrer Behausung Kapital zu schlagen: Sie vermieteten die zahlreichen Fensterplätze ihres Hauses an auswärtige und einheimische Gäste. Doch fanden die Eigentümer des „Schwarzen Stern“ auch andere Mittel und Wege, ihren Nebenverdienst zu erhöhen: Sie ließen außerdem die Füllungen aus dem Fachwerk der Außenfassade schlagen und Teile des Daches abheben, um zusätzlich zahlende Gäste unterzubringen.

Das sandsteinerne Erdgeschoß gliedert sich auf seiner Längsseite in eine Arkade mit vier Rundbogenfenstern auf dem Portal; sie setzt sich auf der westlichen Schmalseite fort. Die Arkade, mit Schmuckmotiven verziert, ruht auf nach innen ausgebuchteten Sandsteinpfeilern. Die Pfeilernischen schließen oben in einer Muschel ab, in der jeweils eine kleine steinerne Maske sitzt. Auch die Schlußsteine der Rundbögen sind mit Steinmasken geschmückt. Der Überhang des ersten Fachwerkgeschosses, das sich über den Sockel vorschiebt, wird von steinernen Konsolen in der Gestalt von gebückten Wichtelmännern mit einer dämonischen Fratze abgestützt.

Für das Fachwerk der Außenfassade wurden alte Eichenbalken verwendet, die aus einer zweihundert Jahre alten Scheune aus dem Elsaß stammen. Die Brüstungen der drei Obergeschosse zeigen unterschiedliche Fachwerkformen: Rauten im ersten Stock, mit Andreaskreuzen durchbrochene Kreise im zweiten Geschoß; im obersten Stockwerk sind es „Feuerböcke“. Die beiden Zwerchhäuser auf der Traufseite des Daches wurden wieder verschiefert, ebenso der Westgiebel des Gebäudes.

Der von den Frankfurter Architekten Heinrici und Geiger gestaltete neue „Schwarze Stern“ bildet, wie schon sein Vorgänger, mit den dahinterliegenden Anschlußbauten im Innern eine bauliche Einheit. Im Erdgeschoß wurde wieder eine Gaststätte errichtet, die wie das Haus selbst „Schwarzer Stern“ heißt. Das erste Obergeschoß des Gebäudekomplexes beherbergt ein Cafe und das originalgetreu rekonstruierte „Hochzeitszimmer“, In dem auf der Rückseite anschließenden neuen Gebäudeteil hat der Frankfurter Presseclub sein Domizil.

 

Modell der  Altstadt im  Historischen Museum:

Das große Altstadtmodell der Brüder Treuner ist nach Aussage des früheren Direktors Rainer Koch die „kostbarste Urkunde“. Aus allen erreichbaren Quellen ließ das Museum außerdem einen virtuellen Spaziergang durch das Fachwerk-Ensemble produzieren, das nach 600 Jahren fast ungestörter Existenz 1944 in vier Bombennächten niedergebrannt ist

„Eng waren die Gassen, die Häuser feucht“, schreibt Altstadtbewohner Paul Müller in seinen Erinnerungen. „Kaum ein Sonnenstrahl war zu sehen und doch sind für mich die ersten zehn Jahre meines Lebens ein Stück besonnte Vergangenheit geblieben.“ In dem uralten Frankfurt, das umgrenzt war von einem Mauer- und Grabensystem, war das Quartier mit das älteste; nur der Dombezirk war älter. Östlich des Citronengäßchens war der Große Kornmarkt, an der westlichen Seite liefen parallel die Rotkreuzgasse, die Rosengasse, der Große Hirschgraben.

Am Großen Hirschgraben, mit dem Goethehaus, endeten nach 29 Jahren Säge- und Klebearbeit die Bemühungen der Brüder Hermann und Robert Treuner um ein originalgetreues Abbild des verzweigten und verästelten historischen Stadtkerns. In oft spektakulärer, weil halsbrecherischer Weise hatten die gelernten Modellbauer, die mit ihren Eltern 1879 in die Graubengasse gezogen waren, an der Wirklichkeit Maß genommen.

Erst 1955, als die Frankfurter Altstadt schon elf Jahre zertrümmert und in die Geschichte eingegangen war, hat der Modellbauer Hermann Treuner Schluß gemacht mit dem geschwisterlichen Lebensprojekt. Zumal sein Bruder Robert, der von der Geschichtsschreibung als der eigentliche Initiator der Fummelarbeit angesehen wird, schon 1948 gestorben war.

Ihr Altstadtmodell, für das sie 1926 den Auftrag vom Historischen Museum bekommen hatten, sollte eigentlich 9,5 Meter lang und fünf Meter breit werden. Sie wollten den ganzen Innenstadtbereich darstellen. Wie die Arbeit jetzt im alten Teil des Historischen Museums zu überschauen ist, mißt sie 4,5 auf 1,7 Meter. Im Gegensatz zum Original hat das Abbild den Krieg, ausgelagert im Bunker, überstanden.

Der Detailstudie ist das Modell der zerstörten Altstadt beigestellt, das zwischen Main und Haupt­wache eine noch wüste Trümmerlandschaft zeigt, als es der Wirklichkeit nach 1944 tatsächlich entsprach. Denn das Frankfurter Hochbauamt ließ im Jahr 1946 „einiges mehr an Ruinen“ abbilden, „als wirklich zu verifizieren war“. Man wollte - auch im Bewußtsein der ungesunden Dichte des zerstörten Gassengefüges - den modernen, lichten Aufbau der inneren Stadt durchsetzen - als Zeichen des Aufbruchs und der Erneuerung.

 

Altstadtrekonstruktion:

Mit dem beschlossenen Neuaufbau der Altstadt zwischen Römer und Kaiserdom hat Frankfurt seine große Geschichte neu entdeckt - und plötzlich werden jahrhundertealte Trümmer wieder interessant. Die Relikte von Häusern, die 1944 dem alliierten Bombenhagel und der städtischen Abriß-Wut nach dem Krieg zum Opfer fielen, wurden systematisch erfaßt. Bei der Suche nach den Spolien  -  wie die Bauteile genannt werden - hat die Stadt 2008 einen öffentlichen Aufruf gestartet. Darunter sind zum Teil höchst dekorative Buntsand-Steine mit Masken oder Ornamenten. Bei der bis 2013 geplanten Neugestaltung der Altstadt könnten sie wiederverwendet werden.

Es sollen sechs Fachwerkhäuser nachgebaut werden. In die übrigen Bauten, die sich am kleinteiligen Grundriß der Altstadt orientieren sollen, könnten die Spolien integriert werden. Auch das Historische Museum will bei seinem geplanten Neubau auf dem Römerberg Spolien verwenden. Fein säuberlich hat das Architektenbüro alle 306 Originalbauteile sortiert und vermessen, die von früheren Bürgerhäusern aus verschiedenen Epochen stammen.

Aus Stein sind 232 Spolien, zum Beispiel aus Rot- oder Buntsandstein. Darunter sind künstlerisch gestal­tete Schlußsteine von Fenstern und Türen, die mit Masken. Blumen oder Wappen versehen waren. Sehr eindrucksvoll sind auch die Kragsteine: Diese bildeten den oberen Abschluß der Erdgeschoßfassaden der Häuser, und auf denen die auskragenden Holzkonstruktionen der Obergeschosse - die Überhänge - auflagen.

Aus Metall  sind 43 der Spolien, dazu gehören zum Beispiel schmiedeeiserne Fenstergitter. Die hölzernen Spolien - es sind genau 26 - sind eher selten. Darunter ist ein Eckpfosten eines Obergeschosses der „Goldenen Waage“, des einst prächtigsten Renaissance-Hauses der Altstadt. Einige sind in der U-Bahnhoftreppe auf dem Römerberg in die Wände eingelassen worden. Manche der Spolien haben so eine Größe, daß sie nicht einmal mit einem Gabelstapler bewegt werden können.

Nach dem Krieg sind nicht wenige dekorative Trümmer aus der Altstadt in private Gärten abtransportiert worden. Interessierten Bürgern wurden damals Spolien sogar nach Gewicht verkauft. So ging das steinerne Erdgeschoß der „Goldenen Waage“ in den Besitz eines Privatmannes im südhessischen Götzenhain über. Ganze Arbeit hat auch die kommunale Trümmer-Verwertungs-Gesellschaft geleistet, die nach dem Zweiten Weltkrieg die Altstadt-Reste beseitigen und zu neuen Bausteinen formen ließ. Im Endeffekt steckt in vielen Neubauten dieser Zeit auch ein Stückchen Altstadt.

Im Jahr 1961 gab der Magistrat 14 Sandstein-Spolien des nach dem Krieg bis auf die Fassade abgebrochenen Thurn-und-Taxis-Palais zur „Verschrottung“ ab. Immerhin waren die Spolien vorher noch für die Nachwelt dokumentiert worden. Ironie der Geschichte: Derzeit wird das Palais am Eschenheimer Tor, im dem einst im 19. Jahrhundert der Deutsche Bundestag residiert hatte, wiederaufgebaut. Original dabei ist dabei nur noch die Fassade.

 

Die riesige Baustelle auf dem Frankfurter Römerberg fällt den meisten Touristen gar nicht auf. Sie wollen zum Dom, in die Kunsthalle Schirn, in die Paulskirche oder an den Main. Kaum einer der Besucher aus aller Welt weiß, daß hinter den Bretterwänden - auf einem Areal so groß wie ein Fußballfeld - die im Zweiten Weltkrieg zerbombte Altstadt neue Gestalt annimmt. Die umstrittene kleinteilige Mischung aus rekonstruierten und neuen Häusern soll bis Ende 2016 stehen.

Trotz monatelanger Verzögerungen bei der Sanierung der Tiefgarage ist das neue Viertel rund 21 Monate nach der Grundsteinlegung im Plan.

Die Kosten für das Projekt seien zwar von ursprünglich rund 100 Millionen Euro auf inzwischen etwa 150 Millionen gestiegen. Dies liegt jedoch an zusätzlichen Anforderungen. So werden nun etwa 15 und nicht wie zunächst geplant nur sechs Häuser rekonstruiert. Eine Rekonstruktion ist aber etwa doppelt so teuer wie ein normaler Bau.

Der Bauantrag für alle 35 Häuser ist eingereicht, 20 sollen ganz neu entstehen. Die Architekten der Neubauten müssen sich an Vorgaben halten wie mit Schiefer gedecktes steiles Satteldach und Mainsandstein im Erdgeschoß. Rund 60 Wohnungen seien insgesamt zu haben. Die Preise werden derzeit mit der Stadt abgestimmt, der Verkauf soll Ende des Jahres beginnen. Schon 850 Interessenten gibt es, so daß am Ende wohl gelost werden muß. Im Erdgeschoß ist Platz für etwa 20 Läden und Lokale - überregionale Ketten hat die Stadt ausgeschlossen.

Sieben Häuser werden von privaten Bauherren nach historischem Vorbild rekonstruiert. Die meisten wollten auch selbst einziehen - darunter eine Apothekerfamilie samt Geschäft und die Nachfahren der Besitzer des Hauses „Würzgarten“. Ob dessen Fassade wieder so intensiv ultramarinblau leuchten wird wie das Original vor seiner Zerstörung, ist noch unklar.  Man will rekonstruieren, wie die Häuser zuletzt 1944 waren.

Von den anderen acht Rekonstruktionen bleiben zwei bei der Stadt, die anderen werden verkauft. Die „Goldene Waage“ will die Stadt auch innen nach historischem Vorbild gestalten und Teile der Öffentlichkeit zugänglich machen. Eine Initiative will im Haus „Schildknecht“ am Hühnermarkt 18 ein Apfelweinmuseum einrichten. Für den Kauf des Hauses seien jetzt zwei Investoren gefunden worden, berichtet einer der Initiatoren, Jürgen Aha, ohne Einzelheiten zu nennen.  Auf dem Hühnermarkt, einem Areal mit Cafés, wird der Stolze-Brunnen wieder einen Platz finden. Das Denkmal für den Frankfurter Mundartdichter Friedrich Stoltze (1816 bis 1891) hatte dort auch ursprünglich seinen Platz.

Das von vielen ungeliebte Stadthaus nahe der Schirn wird schon seit Sommer gebaut - erste Teile sollen Ende 2013 fertig sein und der Betrieb im Frühjahr 2015 aufgenommen werden. Es besteht aus fünf Gebäudeteilen, Kern ist ein Versammlungssaal für 200 Menschen, der über dem Archäologischen Garten hängt. Betrieben wird der Saal von der Stadt. . Teile des Dachs und der Außenwände werden mit einem Metall in Bronzeoptik verziert - um an den besonderen historischen Ort, die Pfalz der Kaiser zu erinnern.

Im August 2015 ragt  die rötliche Fassade des neuen Stadthauses ragt schon neben dem Kaiserdom in die Höhe. Auch  das Erdgeschoß des Wohnhauses von Goethes lustiger Tante Melber steht bereits. Die neue Frankfurter Altstadt nimmt Gestalt an. Bis Anfang 2016 sollen alle Häuser im Rohbau stehen. Die letzten Details am auffälligsten Haus, der „Goldenen Waage“, sollen Anfang 2018 abgeschlossen werden.

Altbauspezialisten aus dem nordrhein-westfälischen Lemgo lassen das Fachwerk dieses prunkvollen Renaissance-Gebäudes wieder erstehen. Die Rekonstruktion des Schmuckstücks, das ein reicher flämischer Gewürzhändler erbauen ließ, schließt direkt an das Stadthaus an und bleibt im Besitz der Stadt. Im Erdgeschoß soll Gastronomie einziehen und auch den Platz vor dem Dom neu beleben. Die oberen Stockwerke werden vom Historischen Museum genutzt und zumindest zu bestimmten Zeiten öffentlich zugänglich sein.

Rund 170 Millionen Euro kostet das Projekt, die Stadt trägt davon etwa 100 Millionen. Wie eng es in der bei einem Bombenangriff 1944 zerstörten Altstadt zuging, läßt sich etwa an der Nähe des umstrittenen Stadthauses zum Kaiserdom erkennen. Der Blick auf den gesamten Dom ist versperrt. Das gefällt vielen nicht; ist aber historisch und daher gewollt. Der Abstand vom „Esslinger“ - dem ehemaligen Wohnhaus von Goethes Verwandten - zum Nachbarhaus „Markt 20“ beträgt gerade einmal etwa drei Meter. Das ist aber auch die engste Stelle.

Das ehemalige Wohnhaus von Goethes Tante Johanna Maria Melber (1734 bis 1823) - die er in „Dichtung und Wahrheit“ literarisch verewigt hat - ist eines der wenigen mit einem Fachwerk-Erdgeschoß und wird wie einst ganz Weiß verputzt. Als gotisches Fachwerkhaus wurde der „Esslinger“ Mitte des 14. Jahrhunderts gebaut. Goethes Onkel, Georg Adolf Melber, ließ es im Stil des Spätbarocks umbauen. Wo einst seine Materialienhandlung ihren Sitz hatte, soll auch jetzt wieder Gewerbe einziehen.

Die zwischen 35 und 190 Quadratmeter großen Wohnungen haben zwischen 5.000 und 7.200 Euro pro Quadratmeter gekostet. Die Wohnungen im „Esslinger", im benachbarten „Alten Esslinger“ und im „Goldenen Lämmchen“ standen dagegen noch nicht zum Verkauf. Noch sei nicht geklärt, ob etwa das Struwwelpeter-Museum Räume miete, auch das Ikonenmuseum habe Interesse. Dies ist auch immer wieder für das als Veranstaltungsort errichtete Stadthaus im Gespräch, das im September ganz fertig sein soll.

Der historische Krönungsweg vom Römer zum Dom ist zwischen den einzelnen Baustellen schon deutlich zu erkennen. Der Krönungsweg war ursprünglich auf beiden Seiten bebaut und eine Gasse. Die Leute haben ihre Fenster vermietet, wenn der Kaiser kam. Weil es ein solches Bauwerk aber niemals vorher gab, ist die insgesamt etwa 60 Meter lange und bis zu 5,50 Meter hohe mit rotem Mainsandstein verkleidete Pergola umstritten. Die Pergola soll etwa 50 Meter des Krönungswegs markieren und zugleich zur Kunsthalle Schirn abgrenzen. Allerdings haben Magistrat und Stadtverordnete bislang weder über die Gestaltung noch über die Räume für die Museen endgültig entschieden. Eine Verzögerung des Projektes sei deshalb aber nicht zu erwarten, heißt es bei der Stadt. Auf dem „Esslinger“ wird auch ein Schattenriß des Gesichts von Goethes Tante aus Bronze wieder entstehen. Daneben werde auch wieder der Hinweis zu lesen sein, daß der bekannteste Sohn der Stadt mit seiner Familie einige Zeit in dem Gebäude gewohnt hat. Die Goethes fanden 1755 für einige Monate bei den Melbers Unterschlupf, weil ihr Haus im Großen Hirschgraben umgebaut wurde.

 

Beim Neubau der Frankfurter Altstadt werden 15 Häuser nachgebaut. Hier die fünf besonders markanten Rekonstruktionen im Überblick:

• Die „goldene Waage“ ist das Schmuckstück der Rekonstruktionen. Das bis 1619 errichtete Haus des vermögenden niederländischen Glaubensflüchtlings, Gewürzhändlers und Zuckerbäckers Abraham von Hameln war bis zum Zweiten Weltkrieg eines der Renaissance-Vorzeigehäuser Frankfurts.

•Das Haus „Esslinger“, ein gotisches Fachwerkhaus aus der Mitte des 14. Jahrhunderts wurde von Goethes Onkel im Stil des Spätbarocks umgebaut. Es bestand aus einem gotischen Erdgeschoß, zwei Wohngeschossen und einem Mansardendach. Es gehört zu den wenigen Häusern mit einem Fachwerk-Erdgeschoß.

• Der Mitte des 18. Jahrhunderts entstandene Hof „Zum Rebstock“ zählte zu den bekanntesten Gasthäusern der Stadt. Das dreigeschossige Wohn- und Wirtschaftsgebäude bestand aus einem steinernen Erdgeschoß und zwei Fachwerkgeschossen mit Holzgalerien. Den Abschluß bildete ein Satteldach. Im gegenüberliegenden Gasthaus „Zum Rebstock“ wurde der Frankfurter Dichter Friedrich Stoltze (1816 bis 1891) geboren.

• Am Krönungsweg  stand das Gebäude  „Rotes Haus“. Hier reichten die Metzger den frisch gekrönten Kaisern im silbernen Pokal einen Umtrunk. Das Haus wurde im frühen 14. Jahrhundert erstmals erwähnt. Damals war die Hochzeit der Zünfte und die Metzger hatten ihr Viertel im Kern der Stadt zwischen Dom und Römer. Das Schlachthaus stand direkt am Main. Die beste Geschäftslage war unter dem Roten Haus.

• Der barocke Gasthof „Grüne Linde“ wurde im 18. Jahrhundert gebaut, stand am Krönungsweg und prägte den-Platz am Hühnermarkt In dem hohen Erdgeschoß mit großen Fensteröffnungen befand sich 1877 eine Kolonialwaren-Handlung, ab 1935 wurde es als Gasthaus genutzt.

Anfang 2016 stehen  die Quadratmeterpreise noch nicht fest, sind aber höher als die zuvor verlangten 5.000 bis 7.200 Euro. Auch in die Rekonstruktionen kommen mehr Wohnungen als ursprünglich geplant, die sind deutlich teurer als die in den Neubauten und werden möglicherweise per Gebot vergeben. Rund 186 Millionen Euro soll das Projekt jetzt kosten, das sind unterm Strich noch einmal 13 Millionen Euro mehr für die Stadt. Gründe dafür gibt es ganz viele. Einer ist die Pergola, die anderer der Ausbau der U-Bahn-Station, ein dritter ein Elektrounternehmen, das im vergangenen Herbst während der Arbeiten im Stadthaus Insolvenz anmelden mußte. Planungsdezernent und Historiker Olaf Cunitz freut sich jedenfalls auf „ein lebendig Quartier“ und verspricht denen, die ein „Disneyland“ befürchten: „Wir bauen weder ein Museum noch einen Erlebnispark.“

 

Archäologischer Garten:

Südlich des Doms steht das Leinwandhaus.

Auf dem Domhügel Frankfurts, im Zentrum der ehemaligen Altstadt zwischen Dom im Osten und Römer im Westen, liegt der „Archäologische Garten“, der älteste Teil Frankfurts. Hier wurde 1953 mit Ausgrabungen begonnen, bei denen Überreste der römischen Siedlung,  Fundamente der karolingischen Königspfalz und mittelalterliche Bebauung freigelegt. Nach ersten Untersuchungen seit dem letzten Drittel des 19. Jahrhunderts bot erst die Zerstörung der Altstadt 1944 die Gelegenheit zu größeren Grabungen. Sie wurden im Wesentlichen von 1953 bis 1973 und mit Unterbrechungen bis 1976 vom Museum für Vor- und Frühgeschichte (H.-J. Hundt, D. Baatz, U. Fischer, O. Stamm) unter schwierigen Bedingungen durchgeführt (siehe Übersichtsplan der Altstadtgrabungen).

In den Jahren 1972 und 1973 wurde im Rahmen der Wiederbebauung des Gebiets zwischen Römer und Dom das heutige Areal des „Archäologischen Gartens“ erneut freigelegt. Er zeigt ausschnittsweise die konservierten Ergebnisse der Grabungen. Große Teile der Baureste mußten allerdings dem U-Bahn- und Tiefgaragen-Bau sowie dem neuen Technischen Rathaus weichen. Eine Renovierung wurde 1987 nach den Baumaßnahmen der historischen „Ostzeile“ und der Kunsthalle Schirn notwendig. Dies nahm man zum Anlaß, die für viele verwirrenden Fundamentreste didaktisch zu veranschaulichen.

Jetzt erkennt man die römischen Baureste an den niedrigen Mauern (etwa 50 Zentimeter hoch) mit rötlich eingefärbtem Boden, die karolingischen an den hohen Mauern (etwa 170 Zentimeter hoch) mit Granitbruchsteinboden in der Königshalle und die hoch- und spätmittelalterlichen Bauten an mittelhohen Mauern (etwa 100 Zentimeterhoch; Ausnahme: Keller des 15. Jahrhunderts Nr. 14 und Mauer nordöstlich davon) [die angegebenen Nummern beziehen sich auf den Plan des „Archäologischen Gartens“]. Zusätzlich wurden nördlich der Anlage, vor dem Technischen Rathaus neben der Wendeltreppe, und in der Königshalle ein Bronzegußmodell des „Archäologischen Gartens“ mit Erläuterungen im Maßstab 1: 100 aufgestellt. Dazu kommt ein Rekonstruktionsmodell der karolingischen Pfalzanlage ebenfalls in der Königshalle.

 

Die römischen Anlagen:

Inselartig vom Main und von Mainarmen sowie von Sumpfland umgeben, bot der Domhügel im Altertum Schutz vor dem alljährlichen Hochwasser. Gleichzeitig führte hier die Furt durch den Main, die der Siedlung im Frühmittelalter ihren Namen gab. So wurde seit der Mittleren Steinzeit im 8. Jahrtausend vCh diese Anhöhe immer wieder von Menschen aufgesucht. Doch erst ab römischer Zeit ist eine kontinuierliche Besiedlung nachzuweisen. Die Untersuchungen Jürgen Wahls ergaben bereits für augusteische Zeit Spuren römischer Präsenz. Um 75 nCh, unter Kaiser Vespasian, wurde hier ein Militärstützpunkt angelegt. Die militärische Anlage als einer der Vorposten des Mainzer Legionslagers diente wohl zur Überwachung der germanischen Bevölkerung und zur Sicherung der Mainfurt und des Verkehrs auf dem Fluß.

Als Zeugnisse dieses Militärstützpunktes kann man im „Archäologischen Garten“ Reste zweier Badeanlagen erkennen, wie sie für römische Militäranlagen üblich sind (vgl. den Plan). Im Südwesten der Freianlage liegen die Fundamente eines runden Schwitzbades (Sudatorium: Nr. 1), von dem aus ein Kanal (Nr. 2) im Bogen südostwärts führte.

Ein zweiter Thermenbau mit Heiß- (Caldarium: Nr. 4), Lauwarm- (Tepidarium) und Kaltbad (Frigidarium) entstand nach den Zerstörungen während des Saturninus-Aufstandes 88/89 nCh etwas weiter östlich. Die Ziegelpfeiler der Unterbodenheizung (Hypokaustum) wurden im „Archäologischen Garten“ im Betonguß nachempfunden.

Ein vielfach vermutetes, zu den Badeanlagen gehörendes römisches Kastell konnte bisher nicht nachgewiesen werden. Es lag wohl auf dem Ostteil des Domhügels, etwa unter dem Dom oder in seiner Nähe. Man nimmt eine Besatzung von 100 - 150 Mann an. Dagegen hat man vom Kastell­vicus (dem Lagerdorf) Reste aufwendig ausgestatteter Wohnräume und kleinerer Wirtschaftsgebäude aufgedeckt.

Unter Kaiser Traian, etwa gegen 110 nCh, als der Frankfurter Raum unter Zivilverwaltung gelangte (Civitas Taunensium mit Verwaltungshauptstadt Nida-Heddernheim) wurde der Militärstützpunkt aufgegeben. Die Badeanlagen wurden abgebrochen. Nördlich des „Archäologischen Gartens“ am Hühnermarkt (unter dem heutigen Technischen Rathaus) entstanden Zivilgebäude, darunter Wohnhäuser mit Bodenheizung. In ihnen war Schutt aus den vorangegangenen Militärbauten verbaut worden. Die große Umfassungsmauer im Süden und Westen legt nahe, daß es sich bei diesen Gebäuderesten um ein römisches Landgut (villa rustica) handelte (vgl. den Übersichtsplan der Altstadtgrabungen).

Alamannisch-fränkische Besiedlung:

Nachdem die Alamannen, ein germanischer Stammesverbund aus Innergermanien, 259/260 nCh den römischen Grenzwall (Limes) rechts des Rheins überrannt und die Römer auf die Rheinlinie zurückgedrängt hatten, nahmen sie auch vom Domhügel Besitz. Die römischen Gebäude, wie das Wohnhaus der villa rustica, wurden weiterbenutzt und zum Teil umgebaut. Funde und Befunde, wie einfache handgemachte Keramik und schlichte Grubenhäuser, verraten eine kontinuierliche Besiedlung bis in die Zeit der fränkischen Landnahme etwa ab 500 nCh.  In dieser Zeit dürfte auch der heutige Name „Frankfurt“ aufgekommen sein.

Hier auf dem Domhügel wurde ein fränkischer Königshof errichtet, dessen Ausmaße und Gestalt nicht mehr rekonstruierbar sind. Zu ihm dürften Holz- und wohl auch Steinbauten gehört haben. Die Toten bestattete man auf nahegelegenen Friedhöfen in der heutigen Reineckstraße, wo fränkische Gräber des 6. und 7. Jahrhunderts aufgedeckt wurden.

 

Die karolingische Kaiserpfalz:

Im Jahre 793/794 nCh wird Frankfurt am Main erstmals schriftlich erwähnt, als Karl der Große „in villa Franconovurd“ Synode und Reichsversammlung einberief. Die streng westöstlich ausgerichtete Pfalzanlage dürfte jedoch erst von Ludwig dem Frommen (814 -  840) errichtet worden sein, denn 822 tagt er hier nach einem Kurzaufenthalt 815 erstmals wieder, und zwar in „neuerrichteten Gebäuden“. Nun stieg Frankfurt zum Zentralort im ostfränkischen Reich auf.

Die erhaltenen Mauerreste sind aus Basalt- und Sandsteinquadern mit weißlichem, heiß eingegossenem betonhartem Mörtel gefertigt worden. An statisch bedeutsamen Punkten wurden römische Spolien verwendet (zum Beispiel Ecken von Nr. 6 und Nr. 7). Zentral im „Archäologischen Garten“ liegt die große Königshalle der Pfalz (aula regia), die als zweischiffiger Versammlungsraum diente. Sie mißt 26,50 mal 12,20 Meter. Die Mauerreste wurden auf eine einheitliche Höhe ergänzt, jedoch bleiben die ergänzten Teile im Mauerwerk erkennbar. Das heutige Fußbodenniveau liegt etwa 50 - 80 Zentimeter unter dem karolingischen, was am Fundamentschuh noch deutlich sichtbar ist. Im Nord- und Südwesten sind die Ansätze zweier Vorhallen (porticus) erkennbar; in der Ostmauer befand sich vermutlich eine große Eingangstür. In der Westmauer (nördlicher Teil) waren im Mittelalter horizontale Kragsteine für Deckenbalken eingesetzt worden. Der mächtige Mittelpfeiler (Nr. 8) zeigt an. daß das Gebäude mindestens zweistöckig war (siehe das Modell).

Westlich der Königshalle wurden Fundamentreste von Anbauten aufgedeckt (Nr. 13), die wohl königliche Wohnräume waren. Im Osten hingegen konnte man - teilweise in den römischen Bädern - Fundamente freilegen (Nr. 9- 11), die als Reste von Zwischen- und Verbindungsbauten zur Pfalzkapelle gedeutet wurden. Sie stammen zum Teil wohl aus späteren Bauphasen, jedoch kann ihr ursprüngliches Aussehen nur vermutet und nicht im Einzelnen rekonstruiert werden.

Die erste Pfalzkapelle, in der bereits Karl der Große 794 das Osterfest begangen hatte, wurde unter Ludwig dem Deutschen mit der Salvatorkirche überbaut (Einweihung 852). Sie befand sich unmittelbar unter dem heutigen Dom, war dreischiffig mit Querbau und wohl drei halbrunden Apsiden und hatte westlich zwei runde Glockentürme, die zur Empore führten

 

Dom:

Der Sohn Karls des Großen, Ludwig der Fromme, gründete um 850 auf dem Römerberg - damals noch eine Insel im Main - die Salvatorkirche. Zum Dombau kam es nach einer Legende  durch ein Versprechen Ludwigs des Bayern. Der Königskandidat Ludwig hatte den Frankfurtern in einem Streit um den Thron zugesichert, im Fall seiner Erhebung solle die Stadt am Main künftig Austragungsort der Königswahlen sein. Kein Ort in der kleinen Stadt war aber geeignet für derlei Gepränge, die alte Kirche konnte nicht mehr ausreichen. Als der Bayer und Frankfurt-Freund am 20. Oktober 1314 zum deutschen König gewählt war, kam hier auch umgehend der Grundstein für die Kirche in den Boden. Als die Salvatorkirche abgerissen wurde, benutzte man die Fundamente der alten Basilika, um die riesigen Strebepfeiler des jetzigen Domes darauf aufzubauen. Dies ist auch der Grund, warum das Längsschiff des Domes etwas gedrängt, ja im Verhältnis zu den Querschiffen zu kurz erscheint.

In der „Goldenen Bulle“, dem Reichsgrundgesetz von 1356, wurde er zur Wahlkirche der deutschen Kaiser bestimmt. Und ein Jahrhundert später, ehe noch das große Werk des Kirchenbaus geschafft war, wollte man weiter auftrumpfen. Also legten die Vorfahren nicht nur die alten Kirchtürme, sondern auch angrenzend ihr altes Rathaus um. Um Platz zu schaffen für jenen 95-Meter-Turm, mit dem fortan für jedermann, der sich auf den Landstraßen näherte, Frankfurt schon von weitem markiert sein sollte. Einen der „monumentalsten im Reich“ nennen die Denkmalschützer den Kirchturm zu jener Zeit.

Und wie bei so vielen Vorhaben in Frankfurt beteiligte sich die ganze Bürgerschaft mit materiellen und finanziellen Spenden am Bau. Am 6. Juni 1415  hatten sich vor dem Langhaus der dem heiligen Bartholomäus geweihten Stiftskirche mit dem ältesten Schöffen Gerbrecht von Glauburg und den Mitgliedern von Rat und Stift die angesehensten Bürger nebst vielem Volke zusammengefunden, um auf einem sicheren Rost aus 141 Eichenpfählen den Grundstein für das Jahrhundertbauwerk zu plazieren.

 

Der Heilige Bartholomäus und seine Reliquie:

Wahrscheinlich um das Jahr 1000 schenkte Kaiser Otto III. der Frankfurter Salvatorkirche eine Reliquie des heiligen Apostels Bartholomäus, die Schädelplatte, die er aus Rom mitgebracht hatte. Bald wurde diese Reliquie von vielen Gläubigen von nah und fern bei einer Wallfahrt verehrt. Dies ist wohl auch der Ursprung der Frankfurter Herbstmesse. Seit 1239 wurde die Salvatorkirche auch Bartholomäuskirche genannt. Neben der Reliquie des heiligen Apostels Matthias in Trier besaß damit Frankfurt als zweite Stadt in Deutschland eine größere Apostelreliquie und konnte sich damit in die Reihe der Apostelstädte einreihen.

Nach der Legenda Aurea, der bedeutendsten Sammlung von Heiligenlegenden des Mittelalters, soll der Apostel Bartholomäus auf seinen Missionsreisen bis nach Indien gekommen sein. Dort starb er den Märtyrertod durch Häutung (Schindung). Deshalb wird der Apostel auch häufig mit einem Messer in der Hand und mit seiner Haut über dem Arm dargestellt. Zu Beginn des 15. Jahrhunderts wurde im Hochchor des Domes die Geschichte des Apostels als Fresko in achtundzwanzig Szenen von einem unbekannten Künstler dargestellt.

Weitere dreizehn Mal ist der Apostel Bartholomäus im Dom abgebildet, so zum Beispiel als Skulptur an der linken Seite des Hochchores, im Chorschrankenaltar links neben dem Chorbogen mit Messer und Schuhen und auf einem Bild an der gegenüberliegenden Westwand des Domes, wo sogar ein „Indianer“ als Scherge des Bartholomäus zu sehen ist.

Vor dem Eingang an der Domaußenwand findet sich seit 1956 das große Bartholomäusrelief des bedeutenden Frankfurter Künstlers Hans Mettel. Es zeigt den Apostel gehäutet vor seinem Peiniger liegend. Das Relief wird in Frankfurt auch als Mahnung gegen jedwede Gewaltherrschaft heute verstanden.

Die Schädelreliquie des Apostels Bartholomäus ist somit ein wertvoller Besitz des Frankfurter Domes. Sie wurde über die Zeitläufe in kostbaren Behältern (Reliquiaren) gehütet und geschützt. Das mittelalterliche Reliquiar wurde 1726 gestohlen, so daß man im Folgejahr von dem Augsburger Silberschmied Franz Ignaz Berchtold ein neues Reliquiar herstellen ließ, das einer Büste des Heiligen gleicht. Hier wurde die Reliquie durch eine Öffnung im Kopf an den Ort gelegt, der anatomisch richtig war.

Im Jahre 1929 stellte der Frankfurter Städelprofessor Karl Borromäus Berthold ein neues Reliquiar für die Reliquie her. Dieses Reliquiar wird heute noch bei der öffentlichen Verehrung der Reliquie benutzt, zum Beispiel am Bartholomäusfest (24. August). Beide Reliquiare sind im Dommuseum ausgestellt. Die Reliquie selbst wird seit 1994 in einem kleinen Tresor in einem ehe­maligen Sakramentshaus im Südquerhaus des Domes aufbewahrt.

Die häufige Frage nach der Echtheit der Reliquie ist heute auch mit wissenschaftlichen Methoden nicht zu beantworten. Für den Glauben ist das aber auch nicht entscheidend. Die Menschen, die vor der Reliquie beten, wenden sich um Hilfe und Fürsprache an den Heiligen und nicht an die Reliquie. Sie ist nur Hinweis auf und Zeichen für den Apostel und soll deutlich machen, daß der Apostel wirklich gelebt hat und nicht eine märchenhafte Gestalt war. Allein, viele Millionen Gläubige in Vergangenheit und Gegenwart hielten und halten die Reliquie für echt.

Der Apostel Bartholomäus, der oft bei Hautleiden und Nervenkrankheiten angerufen wird, ist der Patron der Winzer und Gerber und der Patron des Domes und der Stadt Frankfurt. Ihm zur Seite gestellt als Dom- und Stadtpatron ist Karl der Große, der Gründer Europas, dessen Festtag mit dem feierlichen Karlsamt, einer Hl. Messe am Samstag nach dem 28. Januar jedes Jahr, im Dom begangen wird.

Die Redensart: „Er weiß, wo Barthel den Most holt“(das heißt, er ist schlau und kann sich selbst helfen) bezieht sich auf den Heilige Bartholomäus.  Warum der heilige Bartholomäus sprichwörtlich „den Most holt“, weiß heute niemand mehr genau. Sehr wahrscheinlich hängt dies mit seinem Feiertag am 24. August zusammen. Wer bereits so früh im Jahr trinkbaren Most bekommt, muß schlau sein. Der Heilige ist bis heute aber nicht nur in dem Sprichwort präsent, sondern auch im Bauernkalender. Danach ist schönes Wetter am Bartholomäustag vor allem für den Weinbau immens wichtig. „Regen an St. Bartholomä tut den Reben bitter weh“, heißt es zum Beispiel. Und auch das Wetter der folgenden Monate entscheidet sich laut Bauernkalender am 24. August: „So das Wetter zu Bartholomäus ist, daran sich der Winter mißt.“

. Der Apostel und Märtyrer ist nicht nur Patron mehrerer Städte, sondern auch für den Schutz vieler Arbeiter zuständig wie Schneider; Bäcker; Metzger und Winzer. Außerdem soll er bei Hautkrankheiten und Nervenleiden helfen, besonders bei Zuckungen.

Hilfe hätte Bartholomäus zum Ende seines Lebens selbst auch bitter nötig gehabt, dann wäre sein Tod vielleicht nicht so schrecklich gewesen. Nach der Legende wurde dem weitgereisten Mann in Armenien nach einer Intrige bei lebendigem Leib die Haut abgezogen, dann wurde er geköpft. Daher trägt der Apostel auf Gemälden häufig seinen abgetrennten Kopf oder die abgezogene Haut in der Hand.

Nach dem Mord soll seine Leiche in einem Sarg ins Meer geworfen worden sein, der bei Sizilien strandete. Dort erschien Bartholomäus angeblich einem Mönch, der die Knochen aufsammelte und fortbrachte. Über Umwege gelangten sie mehrere hundert Jahre später zu Kaiser Otto II., der die Gebeine im Jahr 983 nach Rom brachte. Die Hirnschale kam im 13. Jahrhundert in den Frankfurter Kaiserdom.

 

Bau des Doms:

Der Dom, wie er heute steht, ist im Wesentlichen ein Werk des 14. und 15. Jahrhunderts. Zu der Legende paßt aber daß die Frankfurter umgehend nach der Wahl Ludwigs den östlichen Teil der 1239 dem Bartholomäus geweihten Kirche mit Chor Kapellen und Doppelturmanlage abbrachen, um den Bau eines größeren und schöneren Gotteshauses beginnen zu können.

Für den Chor wurde der Grundstein am 14. Mai 1315 gesetzt. Auf die Einwölbung des spätgotischen Chores 1338 folgte 1346 - 1353 der Bau des nördlichen, 1352 -  1353 des südlichen Querschiffes, bis 1410 zog sich die Vollendung der drei mittleren Querhausjoche hin. Doch statt nun mit Geduld das große Werk kontinuierlich nach Westen hin voranzutreiben, zeigten sich Frankfurts Bürger sprunghaft. Das Hauptschiff der Kirche blieb wie es war, man wollte ein Zeichen setzen, und sammelte für einen alles überragenden Turm. Am 7. Juni 1414 einigten sich Rat und Kapitel über den Kauf des alten Rathauses, um dieses zusammen mit den beiden baufälligen karolingischen Westtürmen anschließend abzutragen. Erst im 18. Jahrhundert wurde aus Ehrerbietung der Name „Dom“ gebräuchlich. Zwischen 1562 und 1792 fanden hier die Kaiserkrönungen statt. Seitdem erhielt er den Namen „Kaiserdom“.

 

Bau des Turms:

Mit dem Kauf des alten Rathauses war der Platz geschaffen für einen Turm, der als einer der monumentalsten im Reich fast für ein halbes Jahrtausend das Bild der Stadt bestimmen sollte. Wie bei so vielen Vorhaben in Frankfurt beteiligte sich die ganze Bürgerschaft mit materiellen und finanziellen Spenden am Bau des Turmes.

Als Baumeister für den Turm wurde  der  gelernte Steinmetz Madern Gerthener beauftragt, einer der wohlhabenden und angesehenen Bürger der Stadt. Ab 1404 taucht sein Name in den Rechnungsbüchern der Bauhütte der Bartholomäusstiftskirche auf, womit sich überhaupt erstmals der Name eines Baumeisters mit der Kirche verband, denn die der Vorgängerbauten sind nicht überliefert. Er arbeitete nach eigenem Entwurf, unterstützt von einer Handvoll Steinmetzen und einigen Maurern.

An die Stelle der im Kern noch karolingischen Doppelturmanlage hatte Gerthener einen die Westfassade zierenden monumentalen Frontturm geplant, wie ihn das Freiburger Münster seit dem 13. Jahrhundert besaß. Über quadratischem Grundriß türmen sich drei in der Höhe und der Form unterschiedliche Geschosse, deren untere Schwere sich, ausgehend von den nach dem unteren Fünftel ansetzenden Eckfialen, mit zunehmender Höhe in filigranes Spitzenwerk auflöst, welches das über der Galerie in etwa 40 Meter Höhe beginnende Oktogon umhüllt.

Nach nur acht Jahren reger Tätigkeit spannte sich 1423 in gleicher Höhe wie im Mittelschiff der Kirche das erste Gewölbe über dem Erdgeschoß des Turmes. Mitten in den Arbeiten am folgenden Geschoß, die wegen der knapper werdenden Baugelder bereits langsamer vorangingen, starb Madern Gerthener 1430/1431. Der Bau schleppte sich nur noch stockend voran.  Die Werkmeister wechselten in rascher Folge. Erst Jörg Östreicher, der sechste Nachfolger Gertheners, konnte durch 1472 endlich den Schlußstein im Gewölbe des zweiten Stockwerkes versetzen. Danach wurde für ein Jahrhundert die Baustelle gänzlich stillgelegt.

Ab 1483 leitete der bereits seit 1480 am Turm tätige Hans von Ingelheim nach eigenem, gegenüber Gertheners Riß etwas in der Höhe gestreckten Entwurf, die Arbeiten am Oktogon, unterstützt von Hans von Licht, der als Polier bis zu fünf Steinmetze beaufsichtigte. Als Hans von Ingelheim 1491 seinen Abschied nahm, war der Turm auf fast 60 Meter hochgewachsen, doch Geldmangel verzögerte erneut den Baufortschritt.

Nach einer Zwischenzeit, eher geprägt von der Diskussion über einen veränderten Turmabschluß als von der Tätigkeit der Steinmetzen, übernahm 1499 Jakob von Ettlingen als zwölfter und letzter Werkmeister mit nur noch drei Gehilfen die Baustelle, nachdem sich die Bauherrschaft auf eine Vollendung des Turmes nach dem Plan des Hans von Ingelheim geeinigt hatte. Im  Jahre 1508 war das innere Gewölbe der Kuppel über der Türmerstube vollendet, 1508 schloß sich endlich die äußere Kuppel nach mehrfachem Baustillstand, mit dem Abbau des Gerüstes wurden nach einhundert Jahren alle Tätigkeiten am Turm eingestellt. Für die nächsten dreieinhalb Jahrhunderte galt nun der Turm als vollendet, wenngleich ihm noch die krönende Laterne fehlte. Im Jahre 1848 suchte man durch einen vergleichsweise winzigen Aufsatz unter einer Art Zwiebeltürmchen diesem Bauwerk einen Abschluß zu geben - und erntete den Hohn des Volksmunds, der die Erfindung als „Reichslaterne“ verspottete.

 

Domsturm 1833:

Am Abend des 3. April 1833 stürmen rund 50 Studenten, Handwerker und geflohene polnische Freiheitskämpfer die Hauptwache und die Konstablerwache. Sie überwältigten die überraschten Besatzungen, befreiten politische Gefangene aus der Konstablerwache und forderten die Schaulustigen auf, sich der Erhebung anzuschließen. Ihre Tat war gedacht als Beginn der Revolution in Deutschland. Eine Stunde später hatten Frankfurter Truppen beide Gebäude wieder in ihre Gewalt gebracht und den Aufstand niedergeschlagen. Neun Tote auf beiden Seiten und insgesamt 24 Verletzte vermelden die Akten, ohne die heimlich beiseite geschafften Toten und Verwundeten der Aufrührer.

Friedrich Stoltze war zur dieser Zeit 16 Jahre alt. Viele der Freiheitsmänner kannte der junge Wirtssohn als Gäste seines Vaters im Gasthaus „Zum Rebstock“. Zum 50. Jahrestag des Wachen­sturms hat der Dichter in seiner Zeitschrift „Frankfurter Latern“ einen Bericht über die Ereignisse veröffentlicht und dabei überraschenderweise einem Mann ein Denkmal gesetzt, der auf Seiten der staatlichen Gewalt stand: dem Polizeidiener Bayer (den Stoltze abweichend „Beyer“ schreibt).

Frankfurts Erster Bürgermeister, von Guaita, war am Morgen vor der Erhebung gewarnt worden. Neben anderen Vorsichtsmaßnahmen, schreibt Stoltze, schickte er den „Rottmeister Beyer“ am Abend als Wachposten auf den Domturm. Dort stand der Polizist mit dem Türmer und horchte in die Nacht hinaus. Doch nichts geschah.

„Stuß“, beschwerte sich Bayer, „den sauere Gang da die dreihunnert Truppe eruff hätte merr unser Herrn sparn könne! Awer, nadirlich, ihrn Bääschmalz kost’s net!“ Kaum hatte er das gesagt, waren von unten Schüsse zu hören. Der Wachensturm hatte begonnen, und schon rumpelten auch sechs bewaffnete Aufständische unter lautem Geschrei den Domturm herauf, um die Sturmglocke zu läuten. Um den Revolutionären nicht in die Hände zu fallen, kraxelte der um sein Leben fürchtende Bayer auf die Domkuppel und legte sich dort platt auf den Bauch. Keine Sekunde zu früh, denn schon standen die sechs Männer mit geschwärzten Gesichtern vor dem Türmer und forderten die Schlüssel zum Glockenhaus.

„Gewalt geht vor Recht“ antwortete der und führte den Trupp in seine Stube, um den Schlüssel herauszugeben. Auf dem Weg dorthin fanden sie Bayers Polizeihut, den jener in der Eile verloren hatte. Minuten später hatten die Aufrührer den Polizisten auf der Domkuppel entdeckt und in die Stube gezerrt. „Allez! Vorwärts! Du sollst Storm läute. Mucks Dich, un De fliehst enunner uff en Weckmarkt“, drohten sie dem verängstigten Gesetzeshüter und stießen ihn ins Glockenhaus, wo er anfing, aus Leibeskräften Sturm zu lauten“.

Inzwischen war die Revolte jedoch niedergeschlagen. Die Aufständischen waren tot, verwundet, festgenommen oder hatten sich bei Freunden versteckt. Der Polizeidiener Bayer indes stand noch immer, wie ihm die Aufrührer eingeschärft hatten, im Glockenturm und läutete. Oberst von Schiller, Kommandeur des Frankfurter Linienbataillons, ließ nun den Dom umstellen, dann stürmten 20 Mann mit gefälltem Bajonett den Turm hinauf. Oben hämmerten sie mit ihren Gewehrkolben gegen die Tür des Glockenhauses. „Aufgemacht!“ brüllten sie. Bayer, aus Furcht, es seien die mit seiner Leistung unzufriedenen Aufrührer, zog mit letzter Kraft am Glockenseil, da zertrümmerten schon Äxte die Tür und die Soldaten stürmten herein. Sie fanden „den ihnen allen wohlbekannten Rottmeister Beyer, halbtot, aber immer noch am Seil der Sturmglocke zupfend“. Seit dieser Zeit, schließt Stoltze seine Erzählung, hieß der Polizeidiener Bayer in der Stadt nur noch „Der Glöckner“.

Eine hübsche Geschichte, die Frankfurts zweitgrößter Dichter da, ausgeschmückt mit viel Dialog in Frankfurter Mundart, erzählt. Doch hat sie sich wohl etwas anders zugetragen, zumindest wenn wir der Zusammenstellung der gerichtlichen Untersuchungs-Resultate in Betreff der Meuterei zu Frankfurt a. M. glauben dürfen. Demnach wurde der Polizeidiener Bayer an fraglichem Abend tatsächlich zur Wache eingeteilt, jedoch nicht auf dem Turm, sondern im Hof der Domkirche. Dort sollte er mit einem Kollegen „verdächtige Leute, welche etwa in den Pfarrturm gehen wollten, zurückweisen und im Weigerungs-Falle arretieren“.

Laut Gerichtsakten stürmten gegen 10 Uhr abends zwölf bis 16 Aufrührer in die Wohnung des 73jährigen Kirchenbuchführers Balser und forderten ihn drohend auf, sie zur Sturmglocke zu führen. Als der Mann sich hartnäckig weigerte, nahmen sie Laterne und Axt, um sich den Weg zu bahnen.

Erst im Hof trafen die Männer auf Bayer. Sie zwangen ihn, mit auf den Turm zu steigen, in der Annahme, er wisse, wie es zur Glocke gehe. Auf dem Weg hinauf muß es dem Polizeidiener gelungen sein, den Aufrührern zu entkommen, denn er konnte sich auf der Turmspitze verstecken. Da der Türmer zu dieser Zeit gar nicht da war, mußte dessen Frau die Aufständischen zum Glockenhaus führen. Dort läuteten zunächst die Meuterer, später dann auf deren Befehl die Frau die Sturmglocke. Die Akten sagen nicht, wo sich Bayer zu dieser Zeit befand.

Auf den Polizisten Bayer wird in den Gerichtsakten nur am Rande eingegangen. Warum Stoltze gerade ihn in den Mittelpunkt seiner Erinnerungen an die Ereignisse des 3. April 1833 rückt, warum er mit wahrer Leidenschaft eine Unterhaltung zwischen Bayer und dem Türmer erfindet, die sich in jener Nacht überhaupt nicht getroffen haben, und warum der als Revolutionsfreund bekannte Dichter mit seinen Erinnerungen einem Polizeimeister ein Denkmal setzt und nicht einem der ihm politisch doch naher stehenden Freiheitsmänner - wir wissen es nicht. Wir wissen nur, daß wir dem Dichter und Fabulierer Friedrich Stoltze als Historiker in Zukunft füglich mißtrauen wollen.

 

Brand des Doms 1867:

Kein Bauwerk hat ewigen Bestand. In der Nacht vom 14. auf den 15. August 1867 - am Vorabend des Besuchs des preußischen Königs Wilhelm I. in dem vor Jahresfrist von seinen Truppen annektierten Frankfurt - brach in einer Gaststättenküche in der Fahrgasse ein Feuer aus, das nach kurzer Zeit auch auf die Dächer der seit 1734 als Dom bezeichneten Stifts- und Pfarrkirche St. Bartholomäus übersprang. Nur eine Stunde widerstand der hölzerne Dachstuhl den gierig zehrenden Flammen, auch das Innere des Turms blieb nicht verschont, die Glockenstühle mitsamt den teilweise geschmolzenen Glocken stützten in die Tiefe.

Die Wahl- und Krönungsstätte so vieler Könige und Kaiser des deutschen Reiches bot einen jämmerlichen Anblick. Doch der Schadensbericht der umgehend eingesetzten technischen Kommission vermeldete tröstend, „daß der alte treue Freund Frankfurts, der schöne majestätische Turm, der so manches Jahrhundert die Geschicke der altehrwürdigen Stadt an sich vorüberziehen sah, nicht abgetragen zu werden braucht, sondern Kunde geben soll unseren Kindern und Kindeskindern von der Größe des bürgerlichen Gemeinsinns, der ihn erstehen ließ.“

Nach den Ergebnissen des Kommissionsberichtes und der Gutachten der Dombaumeister Den­zinger (Regensburg), Schmidt (Wien) und Voigtel (Köln) entschloß sich die Stadtregierung zu einem über die Wiederherstellung hinausgehenden Umbau des Domes, der sich, was den Turm betraf, an dem Aufriß von Madern Gerthener orientierte.

Von der königlich bayerischen Regierung aus dem Staatsdienst beurlaubt, trat Franz Joseph Denzinger (1821-1894) im Jahre 1869 sein Amt als Dombaumeister in Frankfurt an. Das Feuer trug letztlich dazu bei, das Werk Madern Gertheners zu vollenden: Der Königliche Baurat Franz Joseph Denzinger aus Regensburg wurde als Dombaumeister berufen und erneuerte den Turm, in dem die Glocken teilweise geschmolzen waren, bis 1890 nach mittelalterlichem Plan mit gotischer Spitze.

In den mehr als zehn Jahren Tätigkeit am Main (bis Anfang 1880) hat Denzinger dem Dom  mit dem in der Höhe dem Querhaus angeglichenen Langhaus und Gestaltung des Turmes nach mittelalterlichem Plan ihr heutiges Aussehen zu geben.

 

Die Schäden am Turm nach dem Zweiten Weltkrieg:

Während die Luftangriffe im März 1944 der Kirche selbst schweren Schaden zufügten, kam der Turm einigermaßen glimpflich davon. Ende der fünfziger Jahre beherrschte er die Innenstadt erneut in alter Pracht. In den vierziger Jahren  und zweimal in den siebziger Jahren des 20. Jahrhunderts bestand schon Erneuerungsbedarf. Obwohl die letzten zwischen 1972 und 1977 durchgeführten Sanierungsmaßnahmen erst ein Vierteljahrhundert zurücklagen, traten Ende des Jahrhunderts bereits erneut erhebliche Schäden am Domturm auf. Steinteile verschiedener Größe hatten sich gelöst und waren aus großer Höhe abgestürzt.

Ein Blitzeinschlag in die Große Kreuzblume an der Turmspitze im Jahr 1997 war dann für die Stadt Frankfurt am Main als Eigentümerin des Domes Anlaß  zu sofortigen Handeln. Vorbereitungen für umfangreiche Sanierungsarbeiten am etwa 95 Meter hohen Domturm wurden eingeleitet. Auf Grund des Schadensbildes und der Verkehrsgefährdung durch herabstürzende Teile werden die Sanierungsarbeiten in drei Bauabschnitten von oben nach unten erfolgen. Neben der natürlichen Verwitterung ist die Schadensursache vor allein in einer unzulänglichen Baupflege und Bauunterhaltung der letzten Jahrzehnte zu suchen, aus der sich die nun umfangreichen Sanierungsarbeiten ergeben. Wegen der unzulängliche Baupflege und Bauunterhaltung der letzten Jahrzehnte und das frühere Ausbessern von Löchern mit Kunststein hat das Schadensbild nur verschlimmert.

Zu deren Vorbereitung sind detailgenaue Planunterlagen erforderlich, wobei jedoch auf keine vorhandenen Pläne, die heutigem Standard entsprechen, zurückgegriffen werden kann. Die letzten Plätze waren durch den Dombaumeister Franz Joseph von Denzinger im Rahmen des Wiederaufbaues des Domturms 1869 - 1880 worden. Um ein genaues Schadensprofil erstellen zu können, bedarf es maßhaltiger Pläne, in denen selbst noch der Fugenschnitt des Steins ablesbar sein muß. Bei einem so gewaltigen Bauwerk, wie es der Domturm darstellt, war deshalb als Grundlage für solche Plätze ein Aufmaß von Hand mit Bandmaß von vornherein ausgeschlossen, hier konnte nur mit der modernen Methode der Photogrammetrie, einer optischen Mehrpunkmessung mittels Spezialkameras gearbeitet werden. Aus den dabei gewonnenen Daten entstehen nach ihrer Entzerrung die Planzeichnungen, für die im Falle des Turmes der Maßstab 1:50 gewählt wurde.

Die erforderlichen Aufnahmen hierzu wurden vorher mittels eines Helikopters und eines 90-Meter-Hubsteigers am Bauwerk erfaßt. Nach Eintragung der Schäden in die Zeichnungen bilden diese die Grundlage der Restaurierungsarbeiten und dienen der Überprüfung späterer Veränderungen am Bauwerk. Mitarbeiter eines Labors für Steingutachten trugen die unterschiedlichen Schadensbefunde in differenzierter Form als Schadenskartierunng in die jetzigen Bestandspläne ein.

 Naturstein ist nicht Naturstein. Das 1869 - 1880 eingebaute hochwertige Steinmaterial zeigt an den Oberflächen nur geringe Abwitterung, von ebensolcher Langlebigkeit muß der neu zu ver­setzende Sandstein in den geschädigten Bereichen sein. Seine physikalischen Eigenschaften, Festigkeit und Wasseraufnahme, sollten dem des historischen Materials entsprechen. Die hohe Qualität der noch vorhandenen gotischen Oberflächenbearbeitung dient den Steinmetzen als Vorbild für die neu zu schaffenden Zierteile.

Gravierendere Schäden, wie Schalen-Bildungen, finden sich zumeist in den vor Schlagregen und Wind geschützten Bereichen von Fenster- und Türstützen, an Gewänden und Gesimsen. In diesen Fällen wird das geschädigte Material durch farblich passende Neuteile (Vierungen) aus einem in seinen Eigenschaften vergleichbaren Mainsandstein ersetzt. Dagegen erhalten Bereiche mit lediglich entfestigten, absandenden Oberflächen eine konservatorische Behandlung mit lösungsmittelfreier in der Mischung speziell auf den Stein eingestellter Kieselsäure zur Wiederherstellung der ursprünglichen Festigkeit.

Große Sandsteinflächen sind von einer dichten Kruste aus Schmutz- und Rußpartikeln bedeckt oder von einem intensiven biologischen Bewuchs  - wie Algen - überzogen. Da Wasser allein nicht ausreicht, diese Schichten zu entfernen, wurden Versuche mit Zuschlagstoffen vorgenommen. Mit Glaspudermehl wurde der optisch beste Reinigungseffekt erzielt, bei gleich zeitiger Schonung der Steinoberfläche.

Die Kreuzblume auf der Turmspitze, etwa einen Meter hoch und eineinhalb Meter breit, stellt ein großartiges Beispiel der Steinmetzkunst des 19. Jahrhunderts dar. Die Instandsetzung und Erhaltung der Kreuzblume mit einer dem Original entsprechenden Qualität stellt eine besondere Herausforderung innerhalb der Sanierungsarbeiten dar. Bei den Restaurierungsarbeiten der siebziger Jahre wurden viele plastische Schmuckelemente - Krabben, Fialspitzen und Kreuzblumen - aus Sandstein durch Abgüsse aus Steinersatzmaterial erneuert, deren Oberfläche größtenteils absandet und deren Standfestigkeit wegen unzulänglicher Befestigung nicht mehr gewährleistet ist, sogar Absturzgefahr droht. Alle diese Teile werden aus rotem Mainsandstein neu hergestellt. Gleiches gilt auch für die flächigen Steinersatzantragungen. Die komplizierte Sanierung der Fassaden des Domturmes ist in drei Bauabschnitte unterteilt, deren erster mit der Gerüststellung im Bereich der Turmspitze in etwa 66 Meter Höhe im Mai 2001 begonnen wurde, seit November 2001 arbeiteten die Steinmetze in schwindelnder Höhe.

 

Rundgang durch den Dom:

Zur Besichtigung des Domes geht man durch die östliche Türe im Kreuzgang und beginnt an dem alten, schmiedeeisernen Tor unter der Orgel. Hoch oben in den Gurt oder Trennungsbogen der drei Mittelschiffe ist das dreifache Amt Christi wiedergegeben, das Lehr-, Priester- und Hirtenamt. Die fünf bemalten Felder des Deckengewölbes versinnbildlichen die fünf Erdteile mit den in diesen vorkommenden Tieren.

Geht man nach rechts, so sieht man über den Beichtstühlen im südlichen Mittelschiff zwei Bilder, die mit dem Bußgericht in Verbindung stehen: die Aufnahme des reuigen Schächers ins Paradies und die Aufnahme des verlorenen Sohnes.

Rechts anschließend kommt man in die Scheidskapelle, die ihren Namen von ihrem Stifter Nikolaus Scheid 1487 trägt. Sehr schön sind die Bilder Steinles, an den Pfeilern die sieben „Werke der Barmherzigkeit“. Die Fenster der Südwand sind älteren Datums. Das Fenster der Westwand zeigt ein Madonnenbild mit den früheren Stadtpfarrern von Frankfurt, Beda Weber und Eugen Theodor Thissen.

Im südlichen Querschiff, in das jetzt der Rundgang führt, stehen verschiedene wertvolle Altäre sowie das Sakramentshäuschen, ein schönes Werk des 15. Jahrhunderts, ganz aus Terrakotta gearbeitet. Die Altäre verdankt Frankfurt seinem 1890 verstorbenen Stadtpfarrer Ernst Franz August Münzenberger; unermüdlich war dieser hervorragende Kunstkenner tätig, um seinem geliebten Gotteshause Prachtwerke zu schenken.

Der äußerste Altar ist ein Barockaltar aus dem 17. Jahrhundert, die Anbetung der heiligen drei Könige, von Brandl in Prag. Links vom Sakramentshäuschen steht der Herz-Jesu-Altar aus dem Jahre 1505 aus der schwäbischen Schule.

Der Madonnenbaldachin ist ein Meisterwerk aus dem 15. Jahrhundert, ebenfalls ganz aus Terrakotta hergestellt. Die Madonna unter dem Baldachin ist eine flämische Figur, Maria mit der flämischen Haube, aus dem 16. Jahrhundert in Holz geschnitzt. Die Fenster der Ostwand zeigen uns die „Himmelfahrt Christi“, „Christus und Maria auf dem Himmelsthron'“, „die Apokalypse des hl. Johannes“.

Das Bild über dem Südportal versinnbildlicht das hl. römische Reich deutscher Nation, d. h. Kaiser und Papst mit ihren Würdenträgern beten zu einer Gottheit, der hl. Dreifaltigkeit. Das Fenster zeigt die erste deutsche Kaiserkrönung Karls des Großen von Papst Leo III. im Jahre 800. Links vom Südportal steht das Grabmal des 1691 verstorbenen Bischofs von Worms, Karl von Frankenstein. Rechts als Gegenstück steht das Grabmal des 1518 gestorbenen Frankfurter Ratsherrn Andreas Hirde. Die Grabmäler der Westwand: Johann Adam von Nentwig (gestorben 1718); Reichsschultheiß Bartholomäus Haller von Hallerstein zum Ziegelstein (gestorben 1551) und Marschall Graf de Lameth (gestorben 1761).

 

An der Westwand sieht man Bilder aus der Frankfurter Profangeschichte. Zunächst das Konzil von Frankfurt 794 unter Karl dem Großen, auf dem der Adoptianismus und der Bilderstreit verurteilt wurden. Ferner der Fußfall Heinrichs vor seinem Bruder Otto, die Versöhnungsszene aus der Weihnachtsnacht 941. Sodann der hl. Bernhard von Clairvaux auf den Schultern Kaiser Konrads III., der den Heiligen - nachdem dieser 1147 zum Kreuzzug gepredigt hatte - durch die Volksmenge zum Kloster Haina trägt. Als viertes Bild die Bestattung Günthers von Schwarzburg 1349, des Gegenkönigs Karls IV. Schließlich die Bußpredigt des italienischen Mönches Capistran. Der Grabstein rechts erinnert an den Stiftskantor und Kanonikus Heinrich von Rhein (gestorben 1527). In den südlichen und nördlichen Querschiffen hängen die Wappen alter Frankfurter Patrizierfamilien.

 

Die Fenster an dieser Südwand zeigen links: Friedrich II. (1215-1250), den ersten in Frankfurt gewählten Kaiser; Karl IV., (1347-1378), Erlasser der Goldenen Bulle, die im Historischen Museum aufbewahrt wird; Maximilian II., (1564-1576),den ersten in Frankfurt gekrönten Kaiser; in der Mitte die zehn im Dom gewählten und gekrönten Herrscher; rechts die drei hier in Frankfurt gestorbenen Kaiser: Ludwig der Deutsche (804-876), Ludwig der II. (gestorben 882) und Günther von Schwarzburg (gestorben 1349).

 

Links vom Madonnenbild kommt man zur Grabkapelle. Das heilige Grab zeigt den Leichnam des Heilandes, dahinter die Frauen mit den Salbgefäßen. Hinter den Säulen des Aufbaues stehen noch zwei Figuren in Lebensgröße, Josef von Arimathia und Nikodemus, die beiden, die den Heiland vom Kreuz herabnahmen. Das Grab selbst ist eine Schöpfung aus der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts. Im Antependium sind die drei schlafenden Wächter wiedergegeben. Links oben an der Wand befindet sich ein Magdalenenbild. Es ist das einzige Bild, das Edward von Steinle – der die  meisten Bilder des Dom es gemalt hat -  persönlich ganz ausgemalt hat. Es folgt dann der Marien-Altar, ein Werk schwäbischer bzw. bayerischer Kunst aus dem 15. Jahrhundert ganz aus Holz geschnitzt.

 

Weiter geht es zum Chor der Kirche (manche sagen  auch: das Chor). Früher war das Chor durch einen großen Lettner abgetrennt. Als im Jahre 1743 das Chor erhöht wurde, wurde der Lettner abgerissen. Vor diesem Lettner war der Krönungsaltar und Krönungsthron aufgebaut. Das Chor selbst war für die Sänger reserviert.

Den Triumphbogen des Chores schmückt nach der Außenseite die Wiederkunft des Erlösers und nach der Innenseite der Einzug der Seligen. Die alten Fresken stammen aus einer Stiftung Franks von Ingelheim vom Jahre 1407 und stellen das Leben des hl. Bartholomäus, des Patrones des Domes dar. Im Jahre 1764 wurden alle diese Bilder übertüncht. Als sie 1827 wieder freigelegt wurden, blieben nur die jetzt noch erhaltenen Reste übrig.

Dase Chorgestühl ist eine Stiftung des Frankfurter Probstes und späteren Erzbischofs von Mainz, Kuno von Falkenstein aus dem Jahre 1352. Besonders interessant sind die Chorstuhlwangen mit ihren schönen Schnitzereien, links Karl der Dicke mit einem kleinen Relief der Salvatorkirche, die hl. Agnes und Katharina; rechts der hl. Bartholomäus, das Falkensteinische Wappen, sowie eine Kreuzigungsgruppe. Vorn  rechts im Chor steht das Grabmal König Günthers von Schwarzburg (gestorben 1349). Der Hochaltar ist ein Werk des 15. Jahrhunderts. Das Sakramentshäuschen  ist eine Stiftung Ingelheims (1442), wie das im Südschiff aus Terrakotta. Die Ministran­ten­figur ist aus Sandstein.

Die Glasfenster sind zum größten Teil ebenfalls von  Edward von Steinle entworfen und von dem Frankfurter Glasmaler Linnemann gebrannt.  Die Fenster des Chores zeigen links: Geburt, Tod und Krönung Mariae; in der Mitte: Geburt, Tod und Auferstehung Christi; rechts: Berufung, Martyrium und Aufnahme des Apostels Bartholomäus in den Himmel.

 

Rechts die Eingangstür führt zu der historisch berühmten Wahlkapelle. In der goldenen Bulle von 1356 wird sie das erste Mal erwähnt. Hier in dieser Kapelle fanden sich die Kurfürsten zusammen, um unter dem Schutze des Allerheiligsten und unter der Erleuchtung des Heiligen Geistes den neuen Herrscher des Reiches zu wählen. Im Ganzen wurden in diesen Hallen seit 1356 sechzehn Kaiser gewählt und zehn davon gekrönt.

Die Ausmalung sowie die Fenster sind neu. Berühmt sind die prachtvollen Linnemann’schen Fenster. Sie stellen dar: über dem Altar  den Schwur des Neugewählten; rechts die Verkündigung des Neugewählten; Verlesung der Goldenen Bulle; Ankleidung mit Pontifikalgewändern; Auszug zur Krönung. Das Gewölbe mit seinen schönen Schlußsteinen blieb beim Dombrand unversehrt. Vorn links an der Seitenwand findet man eine, ergreifende Darstellung des Jüngsten Gerichts. Die beiden Pfeilerbilder zeigen uns die Patrone des Domes, den hl. Bartholomäus und Karl den Großen. Darunter steht die Jahreszahl 1519.

Der Altar ist ein altes Triptychon aus dem 15. Jahrhundert mit Leidensszenen des Heilands. Die alten Stühle sind die Kurfürstenstühle aus der Wahl. Gegenüber der Wahlkapelle befindet sich der Eingang zur Sakristei. Näheres über deren Besichtigung, sowie die Besichtigung der Para­men­tenkammer und des Domschatzes erfrage man an der Kasse.

 

Zurück im Chor sei besonders noch das große Gemälde links oben an der Chorwand erwähnt, ein Original des holländischen Malers A. van Dyk, die Beweinung Christi. Es ist ein Geschenk der Familie Franz Brentano. Rechts vom Chor, im nördlichen Querschiff, steht zunächst der Apostelaltar aus der sächsischen Schule vom Jahre 1523. Daran anschließend die Maria-Schlaf-Kapelle. Der Altar, eine Stiftung Ulrichs von Werstadt, ist ganz aus Stein gearbeitet und stellt den Tod Mariens dar, umgeben vom Apostelkolleg. Der gotische Aufbau ist ganz aus Terrakotta. Der Altar soll das Werk eines Schülers von Adam Kraft sein (1480). Beachtenswert ist auch das schöne Fenster in dieser Kapelle, der dreifache Rosenkranz.

Wendet man den Blick rückwärts, so sieht man  die Orgel, ein modernes Werk von Walker & Co. aus Ludwigsburg, das 1891 aufgestellt wurde. Sie ist in ihrem äußeren Bau von Linnemann entworfen und unter Leitung des nunmehr in den Ruhestand getretenen Domkapellmeisters Hartmann errichtet. Das Werk umfaßt 4000 Pfeifen mit 3 Manualen und 75 Registern

Die beiden letzten Altäre aus dem 16. Jahrhundert sind noch zu erwähnen. Zunächst der Mutter-Anna-Altar mit dem schönen Abendmahl in der Predella. Man beachte die verkehrte Perspektive, ein typisches Zeichen jener Zeit. Auf den Flügeln, die neu aufgesetzt sind, sieht  man links Johannes Janssen, den berühmten Geschichtsschreiber des Werkes „Die Geschichte des Deutschen Volkes“, und Ernst Franz August Münzenberger, den Kunstkenner und Stadtpfarrer, beide mit ihren Namenspatronen. Schließlich kommt noch der Sippe-Altar, die ganze Verwandtschaft Marias; die alten Flügel zeigen links die Verklärung Christi auf Tabor und rechts den Mannaregen in der Wüste.

Die Fenster versinnbildlichen eine Verspottungsszene, Anbetung der hl. Drei Könige und den Stammbaum Jesse. An der Westwand stehen links die Grabmäler der Familien von Holzhausen (gestorben 1371 und 1383). Ferner die Grabsteine Heilmanns von Praunheim und des Ritters Rudolf von Sachsenhausen (gestorben 1370). Die Wandgemälde stammen wieder aus der Frankfurter Geschichte. Wahlkonklave unter Albrecht Achill 1486, der krank ins Konklave getragen verzichtet. Dann die erste Kaiserkrönung Maximilian II. 1562 in Frankfurt a. M. und als letztes, der Auszug des neu gekrönten Kaisers zur weltlichen Feier nach dem Römer.

Ganz rechts über dem Heizungsschacht sei noch das große Steinle’sche Bild des hl Christophorus erwähnt. Die mächtige Figur ist 18 Meter hoch. Ferner die prachtvolle Rosette über dem Nordportal, die acht Seligkeiten darstellend. Darüber die vier Figuren, welche die vier Kardinaltugenden verkörpern.

 

Bevor man den Dom verläßt, beachte man noch die zwei großen Bilder über der Ausgangstüre: das Patronatsbild (in der Mitte der hl. Bartholomäus, der Hauptpatron des Domes; ihm zunächst links die hl. Elisabeth von Thüringen und rechts der hl. Bonifazius, die Patrone Deutschlands; außen links der hl. Georg und rechts die hl. Hildegard von Bingen, die Patrone der Diözese Limburg), ferner ein Armenseelenbild.

Im Kreuzgang sieht man sodann einige alte Grabsteine. So neben der Türe den des im Jahre 1442 verstorbenen Johanniterordensherrn Swalbach; ferner einen hellroten Sandstein des Dom­scholasters Ludwig von Hagn (gestorben 1654), sodann den seiner 1761 verstorbenen Frau M. Dorothea Voigt und des 1717 verstorbenen Joh. Laur. Reissenbach. Nur die Ostseite des Kreuzgangs weist noch die Reste alter Malereien auf. Die übrigen Teile sind neu. Im Kreuzgang steht ein alter Barockaltar, das Martyrium des hl. Bartholomäus darstellend. Die schrägen Seitenwände links und rechts der Turmtüre zeigen Reste alter Fresken, Adam und Eva bei der Arbeit und den Sündenfall darstellend.

 

Die Eingangstüre führt zur Turmhalle. Der Turm ist 95 Meter hoch und in seinem Inneren befinden sich neun Glocken im Gesamtgewicht von rund 473 Zentner (Dieser abgetrennte Raum ist, dies sei hier besonders bemerkt, nur für die Gläubigen zum Beten bestimmt). An der Westwand steht die prachtvolle „Heller’sche Kreuzigungsgruppe“ aus dem Jahre, 1509, ein Werk des berühmten Bildhauermeisters Hanns Backoffen in Mainz. Seit 1919 steht diese ganz aus grauem Tuff gearbeitete Gruppe an dieser prachtvollen Stelle des Domes und gewährt vom Chor aus gesehen, ein ergreifendes Stimmungsbild. Früher befand sie sich draußen vor der Sakristei an der Stelle, wo jetzt die sehr gut gelungene Kopie des Frankfurter Bildhauermeisters Jess steht. Hinter der runden Konsekrationsplakette im Kreuzesstamm des Heilandes befindet sich ein Reliquiar, das ein Stückchen vom hl. Kreuz, sowie einige andere Reliquien enthält. Darunter sind die Wappen der Stifter, der Patrizierfamilie Heller.

 

Das Fenster der Westwand ist ein Geschenk Kaiser Wilhelms I. nach dem Dornbrand. Das Fen­ster der Südwand stellt den Schöpfungsbericht (das sogenannte Sechstagewerk) dar. Die Fresken behandeln an der Nordwand die Paradieses Szenen, an der Südwand „die klugen und törichten Jungfrauen“ und an der Westwand die Einhornjagd, ein Symbol der Reinheit und Unschuld im Schosse Mariens von Hunden, d. h. vom Laster gehetzt.

Den Orgeldurchgang zieren vier Bilder: Durchgang der Bundeslade durch den Jordan, die Tempelreinigung, Moses vor dem brennenden Dornbusch, der zwölfjährige Jesus im Tempel.

Das Nordportal von außen ziert eine schöne Gruppe des Apostelkollegs, mit seinem Führer

und Meister, dem Heiland. Aber nur die Madonnenfigur zwischen den Türen ist alt. Dem Nordportal entsprechend ist das Südportal, das ebenfalls mit einer schönen Figurenordnung geschmückt ist, in der Mitte bekrönt von dem Gekreuzigten.

 

Dom-Museum

Seit Juni 1987 besitzt St. Bartholomäus, der ehrwürdige „Kaiserdom“, sein eigenes Museum. Mit ihm kam der alte Kreuzgang von 1348, der lange Zeit nur als eine Art Abstellkammer gedient hatte, endlich wieder zu Ehren. Mit Recht. denn hier lebten und meditierten einst nicht nur die Priester des Bartholomäus-Stifts, das 1000 Jahre lang zum Dom gehörte, sondern hierher zogen auch die neugewählten Herrscher des Reichs zu ihrer Krönung ein.

Im wiederhergerichteten Kreuzgang und dem überdachten Hof erlauben die Domschätze, in chronologischer Reihenfolge aufgebaut und ergänzt durch Repliken von Urkunden und Bauzeichnungen sowie Modellen, einen besinnlichen Gang durch die Geschichte dieses historischen Bauwerks. Dabei soll die dreifache Bedeutung des Frankfurter Doms deutlich werden: als Wahl- und Krönungsstätte der deutschen Herrscher, als Stiftskirche und als Pfarrkirche bis in die Gegenwart.

Natürlich bietet das Dommuseum ausschließlich sakrale Schätze. Darunter sind von besonderer Bedeutung die wertvollen liturgischen Gewänder aus Brokat oder Seide mit Silber und Gold durchwirkt, die heute noch bei besonderen Anlässen getragen werden. Es gibt kostbare goldene Kelche und Monstranzen, Meßbücher und frühe Bibeldrucke, Altargerät, Gefäße für Öl, Wasser und Weihrauch. Eine silberne Büste des Hl. Bartholomäus, des Namenspatrons des Domes, von 1727 gehört zu den wichtigsten Stücken. Eindrucksvoll ist auch die Nachbildung der Krone des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation.

 

Haus am Dom:

Mit diesem Haus beginnt die Bebauung der Altstadt: Auf das Gebäude des alten Zollhauses hat Architekt Jochem Jourdan eine spitze Dachkonstruktion gesetzt. Nachdem die Zimmerleute ihr Werk verrichtet haben, ist die neue alte Anmutung bereits gut zu erkennen. Der Bau läßt zu, daß „das Historische im Neuen erlebt wird”. wie der  Architekt sagt. Bei der Gestaltung der Außenfassade und dem Innenausbau hat man sich um Authentizität bemüht.

An den Langbau des alten Zollamts hat der Architekt zum historischen Garten hin einen ähnlich geformten Kopfbau gestellt, der in Betonbauweise errichtet wird. Verbunden werden die beiden Baukörper mit einem gläsernen Foyer. Mit dem Kopfbau erhält der Domplatz vor dem Haupteingang eine neue Fassung. Die Blickachse zwischen Römerberg und dem Dom-Eingang blieb erhalten. Für einen besseren Blick sorgt auch die bereits erfolgte Verlegung der Einfahrt zum Parkhaus Römer, die nun unter dem Haus am Dom hindurchführt. Dadurch entsteht vor dem Dom ein neuer Platz. Jourdan hatte seinen ursprünglichen Wettbewerbsentwurf, der für den Kopfbau eine rote Klinkerfassade vorsah, überarbeiten müssen. Der Entwurf hatte bei Vertretern der Stadt zum Teil Entsetzen ausgelöst. Der nun farblich an das Gesamtensemble angepaßte Kopfbau soll das Schmuckstück des Hauses am Dom werden. Dort will die Katholische Kirche in einem Festsaal mit viel Glas Foren und Debatten zu aktuell Themen veranstalten. Etwa einmal im Monat will man aktuelle Fragen erörtern.

Es ist unter anderem auch daran gedacht, den Saal mit seinen 200 Plätzen für Foren zum interreligiösen Dialog zu nutzen. Fachtagungen auf Universitäts-Niveau sind geplant, denkbar auch Theateraufführungen oder Performances. Die Kernidee ist ein integriertes Konzept von Akademie und Erwachsenenbildung. Die renommierte katholische Akademie Rabanus Maurus wird in das Haus am Dom integriert. Ebenso kommen dort das Dommuseum (unter dem alten Saal des Zollhauses), die katholische Medienarbeit, die Verwaltung der Domgemeinde samt Stadtdekan Raban Tilmann, das Amt für Religionspädagogik sowie das Büro der deutschen Bischofskonferenz unter. Im Parterre des Kopfbaus ist ein Bistro vorgesehen, für das noch ein Betreiber gesucht wird.

Den Saal des alten Zollhauses wird das Museum für Moderne Kunst (MMK) als Mieter für Ausstellungen nutzen. Das Nutzungsrecht für das MMK war Bedingung der Stadt beim Verkauf des Gebäudes. Für Kauf sowie Um- und Neubau investiert das Bistum 20 Millionen Euro. Die jährlichen Betriebskosten werden auf 500.000 Euro geschätzt. Unklar ist noch, ob und wie das Dachgeschoß des Hauses genutzt werden soll.

 

Paulskirche:

 „Die neue lutherische Hauptkirche gibt leider viel zu denken. Sie ist als Gebäude nicht verwerflich, ob sie gleich im allermodernsten Sinne gebaut ist. Allein. da kein Platz in der Stadt weder wirklich noch denkbar ist, auf dem sie eigentlich stehen könnte und sollte, so hat man wohl den größten Fehler begangen, daß man zu einem solchen Platz eine solche Form wählte.“ Johann Wolfgang von Goethe schrieb es in seine Reisenotizen, als er im Jahre 1797, von Weimar kommend, auf dem Weg in die Schweiz seine Heimatstadt besuchte. Die Paulskirche – um diese handelt es sich – war damals bereits seit acht Jahren im Bau. Als sie 1833 endlich eingeweiht wurde, war Goethe schon ein Jahr tot. Der allermodernste Sinn, den der Dichter nicht verwerflich fand, war der klassizistische Stil. Inmitten einer engen gotischen Altstadt hatte man damit begonnen, ein hochmodernes Gotteshaus in ovaler Form zu bauen.

 

Kirche und Kloster:

Ursprünglich standen an dieser Stelle Kirche und Kloster der Barfüßer“, der unbeschuhten Franziskaner. In ihren frühesten Bauteilen stammte sie aus dem Jahr 1270. Bereits 1529 verließen die Barfüßer ihren Besitz und  übergaben sie dem Magistrat. Dieser richtete im Kloster eine Lateinschule ein. Münze und Stadtbibliothek fanden hier ihren Platz. Aber die alte Kirche wurde immer baufälliger. Stadt und Kirchengemeinde beschlossen 1786, die alten Gebäude abzureißen und eine neue Kirche zu bauen.

Der Stadtbaumeister Johann Andreas Liebhardt verfertigte die ersten Skizzen und erklärte: „Meines Erachtens ist die ovale Form die einzig mögliche und geeignete. den Platz bei Erreichung eines hellen Kirchengebäudes auszunutzen.“ Sein Nachfolger Christian Georg Hess, der die Pläne ausarbeitete, entschied sich auch für die ovale Form: „….Der Hauptabsicht. den Prediger von jedem Platz aus zu sehen und zu verstehen, wird kein Hindernis in den Weg gelegt.“ So erhielt der klassizistische Bau seine typische und unverwechselbare Form.

Schon während der langen Bauzeit waren es politische Ereignisse, die auf die Arbeiten einwirkten. Im Jahre  1789 wurde mit dem Bau begonnen, 1796 waren die Dacharbeiten abgeschlossen. Ein Jahr später war kein Geld mehr da. Frankfurt wurde zwischen 1759 und 1806 fünfmal von französischen Truppen besetzt und mußte Kriegskontributionen von 11.756.267 Gulden bezahlen. Zwischen 1806 und 1813 war die Stadt ein Großfürstentum von Napoleons Gnaden. Fürstprimas Carl Theodor von Dalberg regierte.

Die Paulskirche schien vergessen. Die Stadt vermietete den Raum als Versorgungslager für französische Truppen. eine Zeitlang wurden hier die Ballons der Madame Blanchard öffentlich ausgestellt. Erst im Jahr 1829 konnte die Arbeit am Neubau fortgesetzt werden. Nach dem Tod von Stadtbaumeister Hiess übernahm sein Sohn Friedrich Christian die Bauleitung. Am 9. Juni 1833 wurde die Paulskirche eingeweiht. Pfarrer Anton Kirchner. Verfasser der „Ansichten von Frankfurt am Main“, hielt die erste Predigt.

Ein 40 Meter langer und 30 Meter breiter Rundbau stand in Frankfurts Altstadt. Der Saal war 30 Meter hoch und wurde von einer flachen Volutenkuppel unter dem mächtigen mansardenähnlichen Dach überwölbt. Der Hauptturm mit eine Säulenlaterne und dem Kreuz war 55 Meter hoch. Im Innern gruppierten sich zu ebener Erde 500 Sitzplätze, die Empore bot 1200 Personen Platz.

Die Paulskirche sollte lutherische Hauptkirche sein in einer Stadt, in der sich schon zu Luthers Zeiten ein großer Teil der Bevölkerung zur Reformation bekannte, deren Dom aber - bis auf ein kurzes Intermezzo - katholisch geblieben war. In der Kirche wurde den lutherischen Gläubigen zum ersten Mal der Kelch zum Abendmahl gereicht.

 

Quelle der deutschen Politik:

Im gleichen Jahr 1833, in dem die Paulskirche eingeweiht wurde. kam es auch zum „Frankfurter Wachensturm“, einem Versuch, den damaligen Bundestag zu stürzen. Dieses Gremium war das beratende Organ der Fürsten.  Hier hatten sich 35 deutsche Staaten und vier freie Städte (darunter Frankfurt) zum „Deutschen Bund“ zusammengeschlossen. Man tagte  seit 1815 regelmäßig im Palais Thurn und Taxis zu Frankfurt. Die Erwartung. Fürsten und Diplomaten - die sich zu einem monarchistischen Reformstaat hin orientierten  - erfüllten sich nicht. Beim Frankfurter Wachensturm entlud sich der Zorn gegen Unterdrückung und Unfreiheit. Der Versuch, politische Gefangene zu befreien, mißlang. Weitere Repressionen waren die Folge. Der Wachensturm war ein Teil jenes „Vormärz“, mit dem sich die Märzrevolution 1848 ankündigte.

Einen „Frühlingssturm“ nannten später Historiker die Ereignisse des Jahres 1848, die über ganz Europa hinwegbrausten. Am 22. Februar wurde in Frankreich die Republik ausgerufen. Die Revolution erfaßte fast ganz Europa: Frankreich. Deutschland, Italien, Polen, Ungarn, die tschechischen Länder. Deutsche Demokraten forderten eine Nationalversammlung. In Baden war das Friedrich Daniel Bassermann, in Darmstadt Heinrich von Gagern, in Offenburg Friedrich Hecker  und in Mannheim Gustav von Struve. In Wien trat Fürst Metternich zurück, die Berliner gingen auf die Barrikaden und besetzten das Palais des geflohenen Kronprinzen, in München dankte König Ludwig I. ab. Auch der Bundestag in Frankfurt lenkte ein, gab die Zensur preis und nahm die deutschen Farben schwarz-rot-gold an.

In Heidelberg kamen zunächst 51 Vertreter einer antifeudalen Opposition zusammen. In Frankfurt formierte sich ein Kreis von 574 Demokraten zu einem Vorparlament. Der Kaisersaal im Römer erwies sich sehr bald als zu klein. das Vorparlament zog in die Paulskirche. Am 1. April beschlossen die Abgeordneten. eine verfassungsgebende Nationalversammlung nach Frankfurt einzuberufen. Wahlen wurden ausgeschrieben. zu deren Bedingungen es gehörte, daß „jeder volljährige und selbständige Staatsbürger wahlberechtigt und wählbar sei“.

 

Ein geschichtliches Datum:

Am 18. Mai 1848 hatte die Stadt Frankfurt ihr Festgewand angelegt. Girlanden und schwarz-rot-goldene Fahnen schmückten die Straßen. Journalisten. Diplomaten, politische Beobachter und Schaulustige waren aus allen deutschen Ländern gekommen. Um vier Uhr nachmittags läuteten die Glocken. Kanonen schossen Salut, die Frankfurter Bürgerwehr bahnte den Abgeordneten den Weg vom Römer zur Paulskirche. Die Wände der Rotunde im Innern der Kirche waren mit grünem Tuch verkleidet und mit den Farben Schwarz. Rot und Gold verziert. Am Eröffnungstag hatten sich erst 384 Abgeordnete eingefunden, doch füllten rund 2.000 Personen den Raum. Die Zuschauer drängten sich auf der Galerie.

Alterspräsident Lang eröffnete die konstituierende Versammlung. Er sagte: „Dies ist eine Versammlung. wie sie Deutschland noch nie gesehen ... deren Beruf es ist. ein bedeutendes Stück Weltgeschichte zu machen, einen Abschnitt in unserer Zeit. die, so Gott will. segenbringend von der fernsten Zukunft begrüßt wird.“ Zum ersten Parlamentspräsidenten wurde Heinrich von Gagern gewählt.

Heinrich von Gagern war eine der profiliertesten Persönlichkeiten in der Nationalversammlung, der im Laufe des einjährigen Bestehens insgesamt 799 Abgeordnete angehörten. Er kam aus dem Staatsdienst n Hessen-Darmstadt. Am 15. Dezember 1848 wurde er in Frankfurt zum Reichs­ministerpräsidenten ernannt. Nach dem Scheitern des Paulskirchenparlaments war er von 1862 bis 1866 Gesandter von Hessen-Darmstadt in Wien.

Der Dichter und Literaturprofessor Ernst Moritz Arndt war fast 80 Jahre alt, als er in die Paulskirche einzog. Die Versammlung ehrte ihn für sein Wirken im deutschen Interesse und sprach ihren Dank für das „Was ist des Deutschen Vaterland?“ aus. Nicht weniger bekannt war der Dichter Ludwig Uhland, Professor für Literatur in seiner Geburtsstadt Tübingen. In seinen Forschungen befaßte er sich mit mittelalterlicher Literatur und dem deutschen Volkslied. Auch der Patriot Friedrich Ludwig Jahn, noch heute als „Turnvater" bekannt, gehörte zu den Abgeordneten.

Als maßgebliche Politiker zogen neben anderen Friedrich Daniel Bassermann und Friedrich Dahlmann in das Parlament ein. Bassermann war in Mannheim zunächst Drogist, dann Buchhändler, in dessen Verlag die „Deutsche Zeitung“ erschien. Dahlmann war Professor für Staatswissenschaften in Göttingen, als er 1837 mit sechs Kollegen gegen den Verfassungsbruch des Königs von Hannover protestierte. Zu den „Göttinger Sieben“ gehörten auch die Brüder Wilhelm und Jacob Grimm.

Friedrich Hecker war Anhänger eines radikaldemokratischen Programms, das er gemeinsam mit Gustav von Struve in Baden mit Gewalt durchsetzen wollte. Sie scheiterten und fuhren beide nach Nordamerika. Hecker wurde Farmer, Struve beteiligte sich am Bürgerkrieg und kehrte dann nach Deutschland zurück. Der Abgeordnete Robert Blum, Herausgeber des „Staatslexikons für das deutsche Volk“, gehörte der Linken in der Nationalversammlung an. In Wien unterstützte er Ende 1848 die revolutionäre Bewegung und wurde am 9. November standrechtlich erschossen.

 

Am 18. Mai 1848 zogen die Abgeordneten der Nationalversammlung in das Gotteshaus ein. Es wurde zum Schauplatz des ersten demokratisch gewählten Parlaments auf deutschem Boden. In einem Vortrag zum Thema „Frankfurt als deutsche Hauptstadt” auf dem Rechtshistorikertag 1986 sagte der Frankfurter Professor Lothar Gall: „Die Entscheidung, das deutsche Parlament, die konstituierende Nationalversammlung, nach Frankfurt einzuberufen, zielt schließlich und nicht zuletzt auf den Gedanken, das deutsche Parlament praktisch wie symbolisch unter den Schutz einer freien Bürgergemeinde zu stellen, ihm damit sozusagen das Strukturprinzip für sein Werk, die Errichtung einer neuen politischen und sozialen Ordnung aus dem Geist des liberalen Bürgertums, auch noch einmal von hier aus mitzugeben. – So ist Frankfurt im Frühjahr 1848 effektiv zur deutschen Hauptstadt geworden.“

In 99 Sitzungen debattierten die Abgeordneten des Paulskirchenparlaments über die Grundrechte des deutschen Volkes und versuchten, eine demokratische Regierungsform zu schaffen. Einen Monat nach seiner Konstituierung beschloß das Parlament, ein monarchistisches Oberhaupt zu berufen. Am 12. Juli begrüßten die Frankfurter den Erzherzog Johann von Habsburg, einen Onkel des österreichischen Kaisers Ferdinand I., als „Reichsverweser“ in ihrer Stadt.

Als ihre wichtigste Aufgabe sah die Nationalversammlung die Verabschiedung der  „Grundrechte des deutschen Volkes“ an. Das Parlament konnte sich an der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung von 1776 und der Deklaration der französischen Konstituierenden Versammlung 1789 an der Schwelle der großen Revolution orientieren. In 59 Artikeln wurden das Staatsbürgerrecht, das Recht der freien wirtschaftlichen Betätigung, die Gleichheit aller Bürger vor dem Gesetz, die bürgerlichen Freiheiten wie Presse-. Versammlungs- und Vereinigungsrecht, das Recht der freien Religionsausübung und andere festgelegt. Als hundert Jahre später der Parlamentarische Rat das  „Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland“ ausarbeitete, war es kein Zufall. daß die Grundrechte dem Sinn nach und zum Teil im Wortlaut denen von 1848 glichen.

 

Das Scheitern des ersten Parlamentes:

Die Krise der deutschen Nationalversammlung in der Frankfurter Paulskirche zeichnete sich schon im September 1848 ab, als die Nachricht über den preußisch-dänischen Waffenstillstand von Malmö eintraf. Mit diesem Vertrag hatte die preußische Regierung die revolutionäre Bewegung in Schleswig-Holstein gegenüber Dänemark preisgegeben. Die Zentralgewalt in Frankfurt wurde nicht informiert. Ein Zeichen, daß den deutschen Großmächten an einem einheitlichen Nationalstaat nichts gelegen war. Fürst von Leiningen, ein Halbbruder der britischen Königin Victoria, trat zurück. Heinrich von Gagern wurde sein Nachfolger.

Wieder wurden Unruhen aus ganz Deutschland gemeldet. In Chemnitz, Köln, Berlin und Südbaden gärte es. In Frankfurt trafen sich am 17. September 20.000 Demokraten auf der Pfingstweide. Sie wandten sich auch gegen die Abgeordneten in der Paulskirche. weil diese keine klare Stellung bezogen. Einen Tag später begann der Aufstand.  Frankfurt hatte seine „zweite Revolution“. Preußische, österreichische und hessen-darmstädtische Truppen zogen auf. Auf der Bornheimer Heide gab es Tote. Die Abgeordneten Felix Fürst Lichnowski und Hans von Auerswald wurden von Aufständischen ermordet.

In der Paulskirche kam es zu Zerwürfnissen über Fragen der groß            deutschen (mit Österreich) oder kleindeutschen Lösung .Heinrich von Gagern setzte im März 1849 die kleindeutsche Lösung durch. Die Nationalversammlung wählte König Friedrich Wilhelm IV. von Preußen zum Kaiser. Dieser lehnte ab. Die preußische Regierung weigerte sich, die Reichsverfassung anzuerkennen. Bayern und Hannover folgten.        .

Im Mai 1849 verließ ein großer Teil der Abgeordneten das Parlament in der Paulskirche, einige von ihnen wollten die Arbeit in Stuttgart fortsetzen. Es wurde von der württembergischen Regierung verboten. Am 18. Juni 1849 beendete württembergisches Militär gewaltsam die Arbeit einer deutschen Nationalversammlung, die ein Jahr vorher mit soviel Stolz und Hoffnung in der Frankfurter Paulskirche begonnen hatte. Am 24. Oktober 1849 übernahm die evangelische Gemeinde die Paulskirche wieder als Gotteshaus. Sie blieb es bis zur Zerstörung 1944.

 

Der Wiederaufbau:

Am 18. März 1944 wurde die Paulskirche bei einem Luftangriff von Phosphorbomben getroffen und brannte völlig aus. Am 11. April 1946 teilte Oberbürgermeister Kurt Blaum dem Bürgerrat mit, es bestehe die Absicht, die Paulskirche bis zur Jahrhundertfeier der deutschen Nationalversammlung von 1848 wiederherzustellen. Man wolle der demokratischen Entwicklung Deutschlands gedenken und die politische Einheit des Landes manifestieren. Damals kam auch schon der Gedanke auf, das Gebäude könne ein deutsches Parlament aufnehmen

Am 20. Januar 1947 - inzwischen gab es ein gewähltes Stadtparlament - sandte Oberbürgermeister Walter Kolb einen Aufruf an alle Städte und Gemeinden in ganz Deutschland, auch an Firmen und Privatpersonen. mit der Bitte um Spenden für den Wiederaufbau der Paulskirche in Frankfurt. Der Erfolg war überwältigend: Fast zwei Millionen Reichsmark waren in Aussicht gestellt. Die Sozialistische Einheitspartei in Ostberlin überwies 10.000 Mark, von der Regierung des Landes Sachsen kamen 100.000 Mark. Kisten mit Wein von der Mosel oder die 2000 Zigarren aus Bad Orb waren ebenso willkommen.

Knapp zwei Jahre nach dem Ende des zweiten Weltkriegs. am 17. März 1947, wurde der Grundstein für den Wiederaufbau gelegt. In der Urkunde. die eingemauert wurde, heißt es: „Heute beginnen wir mit dem Wiederaufbau der Paulskirche. Sie wurde zerstört, weil wir die sittlichen Gesetze mißachteten. Mögen unsere Nachkommen sich selbst überwinden und über die Grenzen hinaus allen Völkern die Hand zur Eintracht reichen. Das ist unser Wunsch und unser Vermächtnis. – Magistrat und Stadtverordnetenversammlung der Stadt Frankfurt am Main.“ Als „Haus aller Deutschen“ bezeichnete der damalige Oberbürgermeister Walter Kolb die Paulskirche. Der Stadt Frankfurt ist es aufgegeben, auch in Zukunft dieses Haus zu schützen und zu bewahren.

 

Die Stadt Frankfurt schrieb einen Ideenwettbewerb für die Entwürfe zur Wiederherstellung der Paulskirche aus. Der erste Preis ging an den Architekten Gottlieb Schaupp. Nach Auffassung des Preisgerichts sollte die durch Kriegseinwirkung freigelegte ursprünglich Raumdimension erhalten bleiben. Der Innenraum sollte zeitgemäß gestaltet, auf eine historische Kopie verzichtet werden. Diese Auffassung vertrat auch Professor Rudolf Schwarz aus Köln, mit dem der Frankfurter Baudirektor Blanck Kontakt aufgenommen hatte. Er galt als einer der hervorragendsten Vertreter des modernen Kirchenbaus und war damals als Generalplaner für die Stadt Köln tätig. Schwarz sagte nach einem Vortrag 1947 über die Diskussion mit den Denkmalpflegern, die das Haus historisch genau wiederhergestellt haben wollten: „Wir widersetzten uns. So schön war das Bauwerk noch niemals gewesen, und wir erreichten, daß es so blieb.“

Die Architekten Schaupp und Schwarz bildeten eine Planungsgemeinschaft, an der auch Johannes Krahn beteiligt war. Es blieb nicht mehr viel Zeit. In seinem 1960 erschienenen Buch „Kirchenbau - Welt vor der Schwelle“ kam Rudolf Schwarz noch einmal auf die Intentionen zur Neugestaltung der Paulskirche in den Jahren 1947 und 1948 zurück. Er schrieb: „Die alte Paulskirche war wie viele klassizistische Bauten groß in der Form, aber dürftig in den Einzelheiten. Der Innenraum war durch eine kleinliche Empore um seine Größe gebracht und auch noch mit einer Stoffdecke abgehängt.“

Zur neuen inneren Gestaltung des Raumes schrieb Schwarz: „Wir vertieften den Boden des Bauwerks legten in ein Tiefgeschoß die nötigen Nebenräume und darüber eine ganz niedrige Wandelhalle mit einem Kranz schwerer Tragsäulen aus Marmor. Aus der Wandelhalle steigt man aus zwei mit der Rundung der Wand geschwungenen Treppen in den hohen Saal hinauf. Das Erlebnis dieses Aufstiegs aus dem Dunkel und Drückenden ist  stark. „Wir dachten uns etwas dabei.“ Und: „Wir hielten den Bau in einer fast mönchischen Strenge. Der Raum ist schneeweiß gestrichen und enthält nur das sehr einfache  Gestühl, das Rednerpult, die Regierungsempore und eine Orgel.“

Die Rundmauer des Kirchenbaus blieb in ihrer ursprünglichen Gestalt erhalten, überdeckt wurde sie von einer Holzdecke, deren Wirkung in der sorgsamen Konstruktion lag. Ein leichter Abschluß. wie es damals hieß. der sich fast schwerelos dem Mauerwerk auflegte. Der Bau wurde schlicht und schmucklos gestaltet. Marmor für die Sprechstellen und die Regierungsempore verwandt. Eine räumliche Gliederung war an den Leuchtkörpern zu erkennen, die von der Decke bis nahe an den Boden reichten.

Kirche oder Versammlungsort? Diese Frage galt es zu klären. Die Evangelische Stadtsynode wies darauf hin. daß laut Dotationsurkunde der Wiederaufbau zwar auf Kosten der Stadt zu geschehen habe, daß sich daraus aber keine Rechte hinsichtlich der weltlichen Nutzung ergeben würden. Nach der Jahrhundertfeier sollte das Gebäude ausschließlich Gottesdiensten und kirchlichen Feiern vorbehalten bleiben. Erst am 12. Mai 1948, kurz vor der Neueröffnung, kam es zu einer Vereinbarung: Der Stadt wurde das Recht zur Nutzung vorerst für zehn Jahre eingeräumt. Dafür verpflichtete sie sich, die beschädigte Nikolaikirche am Römerberg wiederherzustellen und sie dem Synodalverband des Landes Hessen zur Verfügung zu stellen.

 

Goethepreis und Friedenspreis:

Am 18. Mai 1948 versammelten sich die Festgäste, die aus ganz Deutschland und dem Ausland gekommen waren. im Römer, um gemeinsam zur Paulskirche zu gehen. Die Frankfurter standen dichtgedrängt am Straßenrand. Staffettenläufer brachten Grüße aus anderen Städten. Das Bild glich dem, das vom Einzug der Abgeordneten zur ersten deutschen Nationalversammlung hundert Jahre vorher überliefert war.

Fritz von Unruh war der Festredner. Der Dichter hatte nach 16 Jahren der Emigration zum ersten Mal wieder deutschen Boden betreten. Er schilderte die Geschichte Deutschlands und Europas in den vergangenen hundert Jahren und sprach die Hoffnung aus, die Paulskirche möge eine „Zelle der Einigung und Kraft“ sein.

In diesem Jahr 1948 erhielt Fritz von Unruh den Goethepreis der Stadt Frankfurt, der nunmehr regelmäßig in der Paulskirche verliehen wird. Gestiftet wurde dieser Preis 1927, als erster nahm ihn Stefan George entgegen. Im Jahr 1949 erhielt Thomas Mann den Goethepreis, 1976 Ingmar Bergmann, 1982 Ernst Jünger, 1985 Golo Mann. Die ersten feierlichen Akte dieser Art dokumentierten die neue Bedeutung der Paulskirche für die Stadt Frankfurt. Sie sollte die bedeutendste und ehrenvollste Tagungs- und Verkündigungsstätte  der Bundesrepublik Deutschland sein. In Frankfurt wurde der Friedenspreis des Deutschen Buchhandels gestiftet, den 1950 als erster Max Tau erhielt. Seitdem verleiht der Börsenverein des Deutschen Buchhandels den Preis alljährlich zu Buchmesse. Der Paul Ehrlich- und Ludwig-Darmstädter- Preis wird in der Paulskirche verliehen, ebenso der Theodor-Adorno-Preis. Die offizielle Gedenkstunde zum Volkstrauertag und die Gedenkfeier zur Wiederkehr des 20. Juli 1944 gehören zu den regelmäßigen Veranstaltungen im Haus.

Hinzu kam im Lauf der Jahre eine Reihe von wichtigen Ausstellungen, so die der Hessischen Ministerien für Landentwicklung, Umweltschutz, Gesundheitswesen, Wissenschaft. Forschung und Kunst. Außerdem Ausstellungen des Bundesverbandes Bildender Künstler und die Weihnachtsmärkte des Frankfurter Berufsverbandes Bildender Künstler.

Der Gedanke, daß die Paulskirche als Ort festlicher Anlässe in die aktuelle Bundespolitik integriert werden könnte, mußte aufgegeben werden, als Bonn zur provisorischen Hauptstadt der Bundesrepublik Deutschland erklärt wurde. Umso wichtiger war es, daß hier Gäste aus aller Welt zu festlichen Veranstaltungen zusammenkamen, die über den politischen Alltag hinausragten. Ein solcher Anlaß war der Besuch des amerikanischen  Präsidenten John F. Kennedy am 26. Juni 1963.

Ausdrücklich ist festgelegt, daß die Paulskirche nicht für Veranstaltungen zur Verfügung steht, die kommerziellen oder antikirchlichen Charakter haben. Auch Veranstaltungen politischer Art werden nur in Ausnahmefällen genehmigt. Der Architekt Rudolf Schwarz hatte es einmal so formuliert: „Der Bau dient heute geistigen Dingen von hohem Rang. und er ist von einer solch nüchternen Strenge, daß darin kein unwahres Wort möglich sein sollte.“

 

Die „neue” Paulskirche:

Am 9. September 1986 beschloß der Magistrat der Stadt Frankfurt den Umbau und die Sanierung der Paulskirche. Ein Spendenaufruf an Bürger und Firmen blieb nicht ohne Gehör. Zuschüsse von der Bundesregierung gab es nicht. Die Kosten betrugen mehr als 23 Millionen Mark.

Maria Schwarz, Witwe des Kirchenbaumeisters Rudolf Schwarz, und der Berliner Architekt Klaus Wever übernahmen die Leitung der Erneuerungsarbeiten. Die Hauptarbeit der Erneuerung geschah im Verborgenen. Die technischen Einrichtungen, die für ein solches Haus notwendig sind, waren veraltet. Erkennbare Veränderungen sind das Geläut, die Fenster, die Orgel. der weiße Akustikputz, der Fahnenschmuck und die renovierte Bestuhlung. Schließlich das Rundgemälde von Johannes Grützke, das im Jahr 1990 vollendet ist.

Seit Weihnachten 1987 hat das „Große Stadtgeläut“  einen neuen Klang. Die Glocken der Paulskirche läuten mit. Nach den Zerstörungen des vergangenen Krieges waren drei Glocken übriggeblieben. Die „Lutherglocke“ verbrannte und wurde von der Frankfurter Bildhauerin Franziska Lenz Gerharz neu gestaltet. Neu hinzu kam die „Stadtglocke" mit 3690 Kilogramm. Sie ist der Erinnerung an die Toten und die Zerstörung der Stadt gewidmet. Mit 8590 Kilogramm ist die „Bürgerglocke“ die zweitgrößte im Stadtgeläut.

Für die Neugestaltung der Fenster in der Paulskirche wurde ein Ideenwettbewerb ausgeschrieben, an dem sich zehn Glasmaler von internationalem Rang beteiligten. Wilhelm Buschulte aus Unna erhielt den ersten Preis. Das Preisgericht: „Die Aufgabe der Integration in den Raum, die Bescheidung in die Architektur und das Herstellen einer kostbaren Transparenz der Fenster ist gelungen.“

Die neue Orgel ist beherrschendes Element im Plenarsaal der Paulskirche. Das Instrument ist ganz in Weiß gehalten wie der acht Zentimeter dicke Akustikputz an den Wänden, den es in dieser Art zum ersten Mal in der Bundesrepublik gibt. Er läßt das gesprochene Wort deutlicher werden, dient vor allem aber auch musikalischen Darbietungen. Die neue Orgel knüpft in ihrem von Professor Reinhard Menger entworfenen Klangbild an die ursprüngliche Tradition der Paulskirche an. Belebendes Element im Saal sind die Fahnen der Bundesrepublik und ihrer Länder. Sie sind in der modernen Jacquard-Technik gewebt.

Neun namhafte Künstler in der Bundesrepublik, der DDR und Osterreich wurden gebeten. Entwürfe für ein Wandbild, das sich um den ovalen Kern der Wandelhalle ziehen soll, einzureichen. Den Auftrag erhielt Johannes Grötzke aus Berlin. Sein Wandbild zeigt nach der Fertigstellung schwarzgekleidete Abgeordnete auf dem Weg in die Paulskirche. Porträts historischer, aber auch zeitgenössischer Personen sind zu erkennen. Vor diesem Zug sind Szenen dargestellt, die einen direkten Bezug zur Aufgabe der Volksvertreter oder zur Idee von Demokratie und Freiheit haben. Spielende Kinder als Hinweis auf die „Unvereinbarkeit mancher Geister im Parlament“: eine Familienszene „Mutter mit zwei Kindern“, zwei Arbeiter, die ein Schaf scheren, die Kaiserkrone wird dem preußischen König angeboten. Daneben ist ein Ringkampf dargestellt, Schweine brechen aus einem Pferch aus als Sinnbilder für eine „wehrlose Zucht ohne Ordnung“,  ein pflügender Bauer mit Tochter, ein Schmied mit Tochter, Abgeordnete tragen einen Sarg.

 

Zeugen der Demokratie:

Zwei Tafeln zu beiden des Eingangs zur Paulskirche sind Zeugen dafür, wie sich die Stadt Frankfurt mitten im Kaiserreich zur demokratischen Vergangenheit bekannte: „Hier tagte das deutsche Vorparlament vom 31. März bis zum 3. April 1848 und die Deutsche Nationalversammlung vom 18. Mai 1848 bis zum 30. Mai 1849.“ auf der anderen Tafel steht. „Zum fünfzigsten Jahrestag der Eröffnung des ersten Deutschen Parlaments wurden diese Gedenktafeln von der Stadt Frankfurt am Main gestiftet.“

Heinrich Friedrich Karl Reichsfreiherr vom Stein (1757-1831) galt als ein Erneuerer Deutschlands nach dem Sturz Napoleons 1813. Die Stadt Frankfurt verlieh ihm am 4. Februar 1817 das Ehrenbürgerrecht. Seinem Wirken verdankte Frankfurt die Wiederherstellung seiner Selbständigkeit. An seinem 100. Todestag wurde an der Ostseite der Paulskirche eine Gedenktafel enthüllt, 1950 wurde sie von dem Oberurseler Bildhauer Harold Winter erneuert.

Am 25. Todestag von Friedrich Ebert wurde das Denkmal an der Außenwand der Paulskirche enthüllt: Ein stehender Jüngling, der die Hand zum Schwur erhebt. Professor Richard Scheibe hat ihn als Symbol für den Aufbruch der Nation geschaffen. Das Porträt-Relief für Theodor Heuss (1884-1963) hat der Bildhauer Knud Christian Knudsen entworfen. Er schuf auch das Relief von Georg August Zinn, der von 1950 bis 1969 Ministerpräsident des Landes Hessen war.

Auch John Fitzgerald Kennedy, Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika, geboren am 29. Mai 1917, ermordet am 22. November 1963, er war Ehrenbürger der Stadt Frankfurt.  Er  sprach am 25. Juni 1963 in der Paulskirche zum deutschen Volk und der Welt: „Niemand soll von dieser unserer atlantischen Generation sagen, wir hätten Ideale und Visionen der Vergangenheit, Zielstreben und Entschlossenheit unseren Gegnern überlassen.“ So steht es am Porträt-Relief des ermordeten Präsidenten, das der Frankfurter Bildhauer Georg Krämer geschaffen hat.

An der Paulskirche wird auch eines Mannes gedacht,  der im 17. Jahrhundert zwanzig Jahre lang  ein Stück Frankfurter Geschichte mitgeprägt hat: Johann Jacob Spener wirkte von 1666 bis 1686 an der Barfüßerkirche, die bis 1786 an dieser Stelle stand. Spener schrieb die „Pia Desideria“ und gilt als Vater des Pietismus. Er war Senior der Lutherischen Pfarrer in Frankfurt   und Gründer des ersten Armen-. Waisen- und Arbeitshauses. „Seid einig!“ kündet auf einem Schild die symbolische Statue Geschichte, die auf der Spitze des Obelisks aus weißem Kelkheimer Sandstein steht.

Das Einheitsdenkmal, vom Architekten Hessemer und Bildhauer Kaufmann entworfen wurde im Oktober 1903 auf dem Platz vor der Paulskirche aufgebaut. Auch dieses Werk soll Erinnerung sein an die Vorkämpfer für Einheit und Freiheit. Die Reliefs an der Basis des Denkmals zeigen folgende Szenen: „Abschied des Jünglings vom Vater“, „Schmieden der Waffe“ und  „Bereit zum Kampfe“. Die flankierenden Bronzefiguren fehlen seit der Metallbeschlagnahme des Jahres 1942.

Ein Mahnmal ganz anderer Art steht an der Rückseite der Paulskirche nach der Berliner Straße zu: Professor Hans Wimmer aus München hat nach einem von der Stadt ausgeschriebenen Wettbewerb dieses  „Mahnmal für die Opfer des Naziterrors“ geschaffen. Es wurde am 24. Oktober 1964 enthüllt. Die überlebensgroße. gefesselte und kniende Gestalt stellt die Unterdrückung des Menschen und sein Sichauflehnen dar. Am Sockel sind 53 Namen von Konzentrations‑ und Vernichtungslagern eingemeißelt. Nach zweijähriger Renovierungsarbeit wurde die Paulskirche am September 1988 wieder eröffnet.

 

Goethe-Haus, Großer Hirschgraben 23:

Das Goethe-Haus in der Altstadt von Frankfurt am Main war bis 1795 der Wohnsitz der Familie Goethe. Johann Wolfgang Goethe wurde 1749 hier im Großen Hirschgraben in Frankfurt geboren. Sein elterliches Haus bestand damals aus zwei verbundenen Fachwerkhäusern, die die Familie Goethe 1733 erworben hatte. Erst 1755 ließ sein Vater, Johann Caspar Goethe, hier einen repräsentativen, vierstöckigen Bau im Stil des Spätbarock errichten. Hier lebte Johann Wolfgang Goethe bis 1765. Seine Jugendjahre hat er in Dichtung und Wahrheit beschrieben. Im Jahre 1795 verkaufte die Familie das Haus.

Am 22. März 1944 wurde das Goethe-Haus durch Bombentreffer völlig zerstört. Schon 1947 begann der originalgetreue Wiederaufbau durch den Architekten Theo Kellner. Die Stiftung Freies Deutsches Hochstift erhielt hierfür eine Spende von der Philipp Holzmann AG über 300.000 Mark. Nur ein Teil der Einrichtung stammt von der Familie Goethe selbst, aber die vielen ausgelagerten Schätze an Möbeln, Kunst- und Gebrauchsgegenständen, Büchern, Bildern und Handschriften konnten in das Geburtshaus heimkehren.

Das Goethe-Haus ist durch Initiative des Geologen Otto Volger im Besitz der Stiftung Freies Deutsches Hochstift, die auch das mit dem Goethe-Haus verbundene Goethe-Museum betreibt. Jährlich wird das Goethe-Haus von etwa 130.000 Besuchern besichtigt.

Es ist fester Bestandteil der Alt-Frankfurter Erzählungen, daß „echte Frankfurter“ sich nicht für das Goethe-Haus interessieren; so gibt es den Witz vom sterbenden Frankfurter, der auf dem Totenbett noch ein Stoßgebet zum Himmel schickt: „Liewer Gott, lass misch noch leewe – isch geh derr aach ins Geede-Haus!“ (Lieber Gott, lass mich noch leben – ich gehe dir auch ins Goethe-Haus).

 

Katharinenkirche:

Die St. Katharinenkirche ist die größte evangelische Kirche in Frankfurt am Main, mitten im heutigen Stadtzentrum an der Hauptwache gelegen. Der barocke Bau wurde 1678 bis 1681 errichtet und 1944 im Zweiten Weltkrieg zerstört. Der Wiederaufbau erfolgte 1950 bis 1954. Die Katha­rinenkirche ist eine der acht Dotationskirchen, die seit 1802 Eigentum der Stadt Frankfurt sind und zu deren fortwährendem Unterhalt die Stadt verpflichtet ist.

An der Stelle dieser Kirche standen früher zwei kleinere Kapellen Ausgangspunkt war die Stiftung eines Hospitals, als im Jahre 1343 dem  Frankfurter Patrizier (und Kantor des St.-Bartholo­mäus-Stiftes) Wicker Frosch ein Grundstück zugewiesen, um darauf ein Spital für Sieche und arme Leute zu errichten. Das Grundstück lag an der Staufenmauer, die damals noch die Altstadt von der wenige Jahre zuvor (1333) angelegten Neustadt trennte, in der  Nähe des Bockenheimer Tores. Im Jahre 1346 beurkundete Wicker Frosch eine Stiftung, die dem Spital umfangreichen Besitz und Einkünfte sicherte.

Neben dem Spital entstand 1354 ein Kloster für adelige Jungfrauen zu Ehren der Heiligen Katharina. Kloster und Spital besaßen zwei kleine, nebeneinanderliegende Kapellen, von denen die Spitalskapelle dem Heiligen Kreuz und die Klosterkapelle den Heiligen Katharina und Barbara geweiht war.

Am 9. März 1522 hielt der Luther-Schüler Hartmann Ibach auf Einladung des Ratsherrn Ham­man von Holzhausen in der Klosterkirche St. Katharinen die erste evangelische Predigt in Frankfurt.  Auch in den Folgejahren predigten immer wieder evangelische Prädikanten in der Stadt. Die neue Lehre verbreitete sich rasch unter den Bürgern. Im Jahre 1526 verließen die letzten Non­nen das Kloster. Nachdem die Stadt 1533 lutherisch geworden war, nutzte die evangelische Gemeinde die Kirche. Im Jahre 1542 wandelte der Rat die Klöster St. Katharinen und Weißfrauen in weltliche Einrichtungen für versorgungsbedürftige Frauen lutherischen Bekennt­nisses um. die heute noch als St. Katharinen- und Weißfrauenstift existieren.

Im Jahre 1590 ließ der Rat die beiden kleinen Kapellen umbauen und zu einer Kirche zusammenlegen. Trotzdem wurden sie für die wachsende Gemeinde bald zu klein, zumal der regelmäßige Gottesdienstbesuch in dieser Zeit zu den bürgerlichen Pflichten gehörte. Außerdem zeigte sich zunehmend ihre Baufälligkeit. Deshalb wurde auch diese Kirche abgerissen

Nach einem letzten Gottesdienst am 21. Januar 1678 begann der Abbruch. Inner­halb von nur drei Jahren errichtete der Stadtbaumeister Melchior Heßler einen repräsentativen Neubau. Die Baukosten betrugen etwa 31.500 Gulden (ungefähr das hundertfache Jahresgehalt eines höheren Beamten). Bereits am 20. Februar 1681 konnte der Neubau durch Pfarrer Johann Konrad Sondershausen eingeweiht werden. Seit der Reformation war dies der erste Kirchenneubau in Frankfurt. Bald entwickelte sie sich zur zweiten evangelischen Hauptkirche von Frankfurt, neben der Barfüßerkirche.

Im Jahre 1778 wurde das Innere der Katharinenkirche umfassend renoviert. Nach dem Abbruch der alten Katharinenpforte und der Staufenmauer Ende des 18. Jahrhunderts war nun erstmals auch die Westfassade frei zu sehen. Im Jahre 1869 begann eine weitere, großangelegte Renovierung, die vor allem das Äußere der Kirche veränderte. Die barocke Turmbalustrade und das darunterliegende weitauskragende Gesims wurden entfernt und durch einen historisierenden Bogenfries mit einer neogotischen Brüstung ersetzt. Diese Maßnahmen stießen auf teilweise heftige Kritik, insbesondere weil ihr auch die zuvor an den vier Turmecken befindlichen schmiedeeisernen Wasserspeier zum Opfer fielen.

Während der Gründerzeit entstanden eine Reihe von Monumentalbauten in der Umgebung, zum Beispiel die Hauptpost auf der Zeil. Bis dahin war die Kirche das dominierende Gebäude der Neustadt gewesen, nun verlor sie diese Stellung allmählich. Am 22. März 1944 brannte sie nach einem verheerenden Bombenangriff vollständig aus. Die barocke Innenausstattung ging dabei verloren, bis auf den rechtzeitig ausgelagerten Bilderzyklus und einige eingemauerte Epitaphien, darunter das von Wicker Frosch. Um 21.30 Uhr blieben die Zeiger der Turmuhr stehen, dem Zeitpunkt des Bombenangriffes, der die mittelalterliche Altstadt Frankfurts zerstörte. Zehn Jahre verharrten die Zeiger in dieser Stellung.

Der Wiederaufbau erfolgte 1950 bis 1954 durch die Architekten Theo Kellner und Wilhelm Massing. Der Festgottesdienst zur Einweihung fand am 24. Oktober 1954 statt. Während des U-Bahn-Baus in den sechziger Jahren war die Kirche zeitweise kaum zugänglich. Im Jahre 1978 wurde sie von außen renoviert und verputzt. Die 2001 begonnene Innenrenovierung wurde 2005 abgeschlossen.

 

Die Katharinenkirche ist eine einschiffige Hallenkirche aus verputztem Bruchstein. Verschiedene Architekturglieder sind in dem für Frankfurt typischen roten Mainsandstein ausgeführt. Aufgrund der Lage an der im 17. Jahrhundert immer noch existierenden mittelalterlichen Staufenmauer konnte die Kirche keine repräsentative Westfassade erhalten, wie es üblich gewesen wäre. Heßler entschied sich deshalb, die nördliche Langseite zur Hauptfront zu machen.

Die Formen zeigen ein erstaunliches Nebeneinander zweier Stilepochen: Während die Portale und die welsche Haube des Turmes eindeutig barock sind, wirken im dreibahnigen Maßwerk der Fenster und in den stufenlosen Strebepfeilern die Traditionen der Gotik nach.

Das Kirchenschiff mit dem Polygonchor ist 49 Meter lang und bis zum Traufgesims 10 Meter hoch, der First des Doppelwalmdaches liegt in 20 Metern Höhe. Nördlich des Kirchenschiffes zur Hauptwache hin erhebt sich auf quadratischem Grundriß von 9 auf 9 Metern der 54 Meter hohe Turm. Bis zum Bau des Rathausturmes Anfang des 20. Jahrhunderts war er das zweithöchste Bauwerk in Frankfurt, nach dem Turm des St.-Bartholomäus-Domes.

Im Gegensatz zu der eher schlichten Außenwirkung stand die prächtige barocke Innenausstattung. Die West-, Nord- und Ostseite des Innenraumes umlief eine doppelgeschossige Empore, welche die Fenster weitgehend verdeckte. Deshalb wurde der Eindruck des Raumes weitgehend durch einen geschlossenen Zyklus von Bildern bestimmt, die in die Emporenbrüstungen eingelassen waren. Die 41 Bilder der unteren Empore zeigten Szenen aus der Bibel, je eine für jedes kanonische Buch des Alten und für einige des Neuen Testamentes. Die obere Empore erhielt 42 Bilder mit biblischen oder allegorischen Motiven, die zu den jeweiligen Darstellungen der unteren Empore paßten.

Während der Altar wie üblich im Osten des Schiffes stand, mit der darüber gelegenen Orgelempore, fand die Kanzel ihren Platz an der Südwand der Kirche. Die hölzerne Deckenkonstruktion erinnerte an ein spätgotisches Rippengewölbe. Anfangs trug sie ein Deckengemälde mit biblischen Szenen, das allerdings schon bei der Renovierung 1778 hinter weiß gekalkten Matten verschwand.

Die Katharinenkirche war Vorbild für mindestens zwei Nachfolgerbauten: die 1701 bis 1717 entstandene Dreifaltigkeitskirche in Speyer und die Dreifaltigkeitskirche in Worms (1709 bis 1725 errichtet). Während letztere im zweiten Weltkrieg zerstört wurde, läßt sich die frühere Wirkung der Frankfurter Katharinenkirche heute noch in der – allerdings wesentlich kleineren – Dreifaltigkeitskirche in Speyer erfahren.

 

Der Wiederaufbau begann Pfingsten 1950 und war im Oktober 1954 abgeschlossen. Äußerlich erstand die Kirche nahezu wieder in ihrer alten Form. Lediglich das Bruchsteinmauerwerk blieb bis zur Renovierung von 1978 unverputzt.

Über die Konzeption des Innenraums wurde dagegen lange gestritten. Die hölzerne Deckenkonstruktion wurde wiederhergestellt (anders als zum Beispiel beim gleichzeitigen Wiederaufbau der Liebfrauenkirche, die auf ihr gotisches Gewölbe verzichten mußte). Zur Wiederherstellung der barocken Emporen konnte man sich dagegen nicht entschließen. Stattdessen erhielt die Kirche eine schlichte, einstöckige Empore im Westen, auf die auch die Orgel verlegt wurde. Unter der Empore wurden ein Sitzungssaal und ein Trausaal eingerichtet. Das Westportal wurde zum Haupteingang der Kirche, das Nordportal ist heute nur noch ein Nebeneingang.

Die Wände wurden weiß verputzt und die übrige Ausstattung (Altar, Kirchenbänke, Beleuchtung) betont schlicht gehalten. Dies ist nicht nur eine Folge der geringen zur Verfügung stehenden Mittel. Die schlichte, fast karge Ästhetik des Innenraumes entspricht dem Lebensgefühl der fünfziger Jahre. Sie manifestierte sich auch bei anderen Wiederaufbauprojekten in Frankfurt. Der hauptsächliche Schmuck der Kirche sind nunmehr die 17 Glasfenster, die der Künstler Charles Crodel schuf.

Mehrfach wurde erwogen, die erhaltenen und inzwischen restaurierten Bilder des Emporen­zyklusses wieder in der Kirche anzubringen. Im Jahre 1990 wurden acht Bilder in der Balustrade der Westempore aufgehängt, darunter die nebenstehende Darstellung der Predigt des Hosea. Im Jahr 2005 war der komplette Emporenzyklus erstmals seit Kriegsende in einer Ausstellung zu sehen, die aus Anlaß von Speners 300. Todestag in den Francke‘schen Stiftungen in Halle an der Saale stattfand.

Vom 10. Oktober bis zum 31. Dezember 2006 wurden 22 Emporenbilder in der Kirche ausgestellt, zusätzlich zu den acht Bildern, die dauerhaft hier aufgehängt sind. Im Jahre 2007 soll erneut geprüft werden, ob und in welcher Form alle achtzig erhaltenen Bilder künftig der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden können. Die heutige Architektur der Kirche bietet dafür allerdings keine angemessene Möglichkeit.

 

Im Jahre 1626 erbaute Lorenz Ettlin aus Eßlingen eine Orgel für die damalige St. Katharinen­kirche. Sie war das größte bis dahin in Frankfurt gebaute Instrument und wurde beim Abriß der alten Kirche in den Neubau überführt. Im Jahre 1778 wurde diese Orgel für 225 Gulden nach Sulzbach verkauft und mit geänderter Disposition in der dortigen evangelischen Kirche aufgebaut. Von den ursprünglichen Ettlinschen Registern ist heute keines mehr erhalten.

An die Stelle der Ettlin-Orgel trat ein Werk der Orgelbaumeister Johann Phillip und Johann Heinrich Stumm aus Kastellaun. Diese Orgel hatte 41 Register, die sich auf drei Werke verteilten. Sie befand sich auf der zweiten Empore über dem Altar. Die Stumm-Orgel war ein berühmtes Instrument, das bedeutende Organisten anzog. Der bekannteste unter ihnen war Wolfgang Amadeus Mozart, der 1790 aus Anlaß der Krönung Kaiser Leopolds II. in Frankfurt weilte und mehrere Konzerte in der Katharinenkirche gab.

Nach etwa 50 Jahren war die Orgel verschlissen. Eine Zeitlang erwog man ihre Renovierung, doch hatte sich das Klangideal inzwischen gewandelt. Im Jahre 1856 wurde deshalb die Stumm-Orgel durch einen Neubau der Orgelbaufirma Walcker aus Ludwigsburg ersetzt. Eberhard Friedrich Walcker war 1833 mit dem Bau der Paulskirchenorgel  - eines für die damalige Zeit außergewöhnlich großen Instruments - berühmt geworden und hatte wichtige Innovationen im Orgelbau eingeführt wie zum Beispiel die Kegellade. Die neue Orgel wurde hinter den alten Prospekt der Stumm-Orgel gesetzt und umfaßte (nach einer Erweiterung 1887) 63 Register, darunter zahlreiche Aliquot-Stimmen.

Schon 1909 erhielt die Katharinenkirche wieder eine neue Orgel, diesmal von der Firma Steinmeyer aus Oettingen. Wieder blieb der alte Prospekt der Stumm-Orgel erhalten. Die Steinmeyer-Orgel besaß 54 Register mit einer pneumatischen Traktur und wurde 1944 mit der Kirche zerstört. Ihr Klang galt als vorbildlich, allerdings fehlten ihr die sogenannten Barockregister – insbesondere Mixturen – um die barocke Orgelliteratur angemessen interpretieren zu können. Der langjährige Organist Karl Breidenstein schlug deshalb eine Erweiterung der Orgel vor, zu der es jedoch aufgrund des Krieges nicht mehr kam.

Beim Wiederaufbau 1954 erhielt wiederum die Orgelbaufirma Walcker den Auftrag für eine neue Orgel. Man baute eine viermanualige Orgel mit 55 Registern in mechanischer Traktur, die allerdings schon wenige Jahrzehnte später nicht mehr den klanglichen und ästhetischen Anforderungen genügte. Ihre Disposition entsprach den Idealen der Orgelbewegung und vernachlässigte die Anforderungen der romantischen Orgelliteratur. Zudem hatte man das Instrument auf einer speziellen Konsole sehr hoch oben im Kirchenraum eingebaut. Unter dem Einfluß der aufsteigenden Heizungsluft waren ihre empfindlichen Zungenregister häufig verstimmt.

Ende der achtziger Jahre entschied sich die Stadt daher, einen Neubau in Auftrag zu geben. Seit 1990 befindet sich in der Katharinenkirche eine Orgel der österreichischen Firma Rieger aus Schwarzach (Vorarlberg). Sie hat 54 Register mit mechanischer Spiel- und Registertraktur (aus Wikipedia)

 

Hauptwache:

Die Hauptwache - bekanntestes Gebäude der Frankfurter Innenstadt - hat schon so einiges erlebt. Das Barockgebäude war im 18. Jahrhundert die wichtigste Polizeistation der Freien Reichsstadt. Gebaut wurde es 1729 vom damaligen Stadtbaumeister Johann Jakob Samheimer. Im Verlies der Hauptwache saß einst auch der legendäre Räuber „Schinderhannes“ ein. Weit über die Stadt hinaus wurde das Gebäude am 3. April 1833 bekannt, als 50 Burschenschaftler die Wache stürmten.

Der Aufstand, der ein Signal zur Errichtung einer Republik setzen sollte, scheiterte kläglich. Die Hauptwache, seit 1903 in ein Café umgewandelt, brannte 1944 im Bombenhagel aus. Nach dem Krieg wurde das Gebäude 1954 neu eröffnet, bevor es 1967 wegen des Baus der U-Bahn komplett abgetragen wurde. Um wenige Meter versetzt wurde dann die Hauptwache in saniertem Zustand ein Jahr später neu aufgebaut. Das prunkvolle Giebelrelief erstrahlt seitdem in neuem Glanz.

An der Frankfurter Hauptwache schlägt heute das Herz Frankfurts. Am 19. Februar 2009 beginnt nun ein neues Kapitel: Der Platz wird für den Autoverkehr dichtgemacht. Frankfurts schwarz-grüne Regierung will damit das Herz der Stadt an die Fußgänger zurückgeben. Sie können künftig von der Konstabler Wache über die Einkaufsstraße Zeil und die Hauptwache zu Goethe- und Rathenauplatz sowie Roßmarkt flanieren. Diese Plätze wurden neu gestaltet.

Von den täglich einst 18.000 Fahrzeugen sind dort zuletzt noch etwa 8.000 übriggeblieben, die sich dann entlang der Hauptwache in Richtung Eschenheimer Tor im Norden schlängelten. Etwa die Hälfte ist dabei nicht zum Einkaufen in die Innenstadt gekommen, sondern hat eine Abkürzung in Richtung Norden gesucht. Mit der autofreien Hauptwache erhält Frankfurt auch einen neuen Platz zurück - mit neuen Perspektiven. Seit Jahren gibt es Überlegungen, an der Hauptwache das häßliche Loch hinunter zur B- Ebene - einer unterirdischen Einkaufspassage mit Übergang zu U- und S-Bahn - verschwinden zu lassen.

Wenige Meter von der Hauptwache entfernt wird außerdem am 26. Februar 2009 das „Palais Quartier“ eröffnet. Den Anfang des fast eine Milliarde Euro teuren Geschäfts- und Hotelprojekts zwischen Zeil und Eschenheimer Tor macht noch Endes dieses Monats das Einkaufszentrum „.My Zeil“. Eine großzügige Tiefgarage wird für Fahrzeuge vom Eschenheimer Tor aus zugänglich sein. Run d 8000 Plätze in Parkhäusern bietet Frankfurt in der Innenstadt, bundesweit  einmalig.

An die Sperrung der Hauptwache müssen sich die Autofahrer aber wohl erst gewöhnen. „Die ersten Tage wird es strubbelig werden“, meint auch Sikorski auf gut hessisch. Die Industrie- und Handelskammer (IHK) hat sich schon warnend zu Wort gemeldet. Es sei fraglich, ob das umliegende Straßennetz den zusätzlichen Verkehr aufnehmen könne. „Dauerstaus werden die Folge sein“, meint die Kammer.

Mittelfristig schwebt dem Verkehrsdezernenten Sikorski vor, die beiden Ost-West-Achsen - die Berliner Straße zwischen Zeil und Main und das nördliche Mainufer - von Autos zu befreien. Dafür würde er gerne den Theatertunnel (Berliner Straße) verlängern und zusätzlich entlang des Mains einen neuen bauen lassen. Eine erste Machbarkeitsstudie - auch zur Kostenfrage - soll in Auftrag gegeben werden. Eine Abkehr von der „autogerechten Stadt“  in Frankfurt hat vor wenigen Tagen auch der renommierte Stadtplaner Albert Speer gefordert. Bei der Vorstellung einer von Oberbürgermeisterin Petra Roth angeregten Zukunftsstudie machte das Büro des weltweit operierenden Planers auch konkrete Vorschläge, zum Beispiel die Einrichtung eines speziellen Fußwegenetzes und Fahrrad-Expreßrouten.

 

Palais Thurn und Taxis:

Höfische Unfreiheit war den Frankfurtern immer suspekt. Auch deshalb ist das Palais der Für­stenfamilie Thurn und Taxis an der Eschenheimer Gasse in der Bürgerstadt immer ein „Fremdling“ geblieben. Daß sich Anselm Franz Fürst von Thurn und Taxis 1724 nur durch einen Trick an das weitläufige Grundstück „Zum Weißen Hof“ in der Gasse gebracht hatte, hing ihm und seiner Familie nach. Der Erbgeneraloberpostmeister brauchte das Land, um Residenz und zugleich Generaldirektion der Reichspost zu bauen. Weil im protestantischen Frankfurt ein so mächtiger (dazu noch katholischer) Adliger nicht erwünscht war, mußte der Weinhändler Georg Friedrich Lind das Haus in der heutigen Großen Eschenheimer Straße als Strohmann für den Fürsten kaufen.

Es stand kaiserlicher Befehl dahinter: Die Post-Zentrale war nach Frankfurt zu verlegen, weil da ohnehin alle Postlinien sich kreuzten. Und obwohl der Frankfurter Rat sein Projekt durch allerlei Vorschriften und Verzögerungen zu verhindern suchte, konnte der Fürst den Bau nach dem Entwurf des fast 80 Jahre alten Robert de Cotte, Hofbaumeister bei Louis XV. schließlich durchsetzen.

Bis 1741 hatte Frankfurt sein Schloß mit 140 Zimmern, eine barocke Dreiflügelanlage mit her­aus­tretenden Eckpavillons und einem von toskanischen Säulen gerahmten Laufgang, das einzige repräsentative Gebäude der Bürgerstadt. Die barocken Stuckarbeiten, die Putten und Engelsköpfchen stammten von dem Mannheimer Bildhauer Paul Egell, den ovalen Kuppelsaal hatte der italienische Wanderkünstler Luca Antonio Colomba ausgemalt, unter anderem mit den Porträts von Fürst und Fürstin. Der Hof (die „Cour d'Honneur“) war groß genug, um mehrere zweispännige Equipagen zugleich darin vorfahren zu lassen. Der Garten reichte bis zur Stiftstraße und zur Zeil. Der Gipfel des Luxuslebens aber war eigentlich das „Badtstübchen“ im Keller, in das die Dienerschaft aus dem Küchenhof das Wasser zu pumpen hatte.

Der trickreiche Fürst Anselm Franz hat nur seine beiden letzten Lebensjahre (1737 – 1739) im noch unfertigen Palast verbringen können. Nach seinem Tod war sein Sohn Alexander Ferdinand der Familienvorstand. Er hat im Schloß an der Eschenheimer Gasse 160 Diener beschäftigt und ein eigenes Orchester unterhalten. Seine Hofhaltung war ungeheuerlich: Laut einem überlieferten „Etat“ hat Fürst Alexander Ferdinand von Thurn und Taxis, seines Zeichens Generaloberpostmeister und Kaiserlicher Kämmerer, 1744 eine Viertelmillion Gulden für Familie, Haus und Keller, Hofmarschall, Kammerherren, Pagen und Lakaien ausgegeben.

Chronist Fried Lübbecke berichtet: „Täglich versammelten sich fünfundzwanzig Gäste zur Mittagstafel. Sie war ebensogut beschickt wie lang ausgedehnt. Eigene Musiker sorgten für eine edle Unterhaltung; das Abendessen dehnte sich oft bis tief in die Nacht aus, worauf man sich in den Gassen der alten Stadt, keineswegs zum Vergnügen der schlummernden Reichstädter, recht geräuschvoll ‚motion’ machte.“

Der Frankfurter Rat versuchte, per Erlaß einzugreifen. Dem „Hochgedachten Herrn Fürsten“ führte man vor Augen, daß „gegen Dero Fürstliches Hauß, Hofstatt und Bediente überall ein solcher Religions-Haß sich vermercken lasse, daß sogar einige Unserer Schutz-Angehörigen mit öffentlichen Insulten und Schmähungen, ja auch mit höchststraffbaren Bedrohungen gegen Dero Erb-Printzens Person bereits auszubrechen die Verwegenheit gehabt haben soll“.

Das Thurn und Taxis-Palais wurde von der fürstlichen Familie nur wenige Jahre bewohnt. Schon  1748 schon hatte es mit dem Gepränge ein Ende: Das Schloß muß nach und nach zu einem leeren Rahmen geworden sein. Denn der Generaloberpostmeister Alexander Ferdinand wurde von Kaiser Franz I. zum Prinzipalkommissar ernannt und der Familiensitz samt Generaldirektion der Thurn und Taxis’schen Post nach Regensburg verlegt. Die Prunkmöbel, die Lüster, Standuhren und Teppiche, die Holzvertäfelungen und Marmorkamine, das gesamte Inventar wurde bis 1788 in die Regensburger Residenz geschafft. Im zurück gebliebenen Palais haben fortan Könige anläßlich ihrer Krönung genächtigt. Der Repräsentationsbau wurde zum Wohn- und Amtssitz der jeweiligen Regenten, wie etwa Kaiser Leopold II., der 1790 dort mit Gefolge einzog.

Dem unter Napoleon zum höchsten deutschen Fürsten und Frankfurter Souverän aufgestiegenen Carl von Dalberg wurde das Frankfurter Schloß 1806 übergeben. Laut Lehensurkunde „überlassen Fürstliche Gnaden der Herr Fürst von Thurn und Taxis den Genuß des Ihnen eigentümlichen Palais in Frankfurt ( ... ) zur Residenz Sr. Hoheit des Herrn Fürsten Primas.“ Jährlich 12.000 Gulden waren demnach für den Genuß des eben benannten Palais abzutragen. Die „fahrende Postwagenexpedition“ wurde aus dem Palais entfernt, wie der Vertrag sicherstellte. Noch vor der Niederlage Napoleons in der Völkerschlacht bei Leipzig (Oktober 1813) legte Dalberg seine großherzogliche Würde nieder und räumte Schloß und Stadt.

Drei Jahre später wird das Palais Thurn und Taxis bis 1866 zum Sitz der neuen Bundesversammlung, zum Tagungsort der Gesandten des Deutschen Bundes. Das „Bundespalais“ gilt als Treibhaus, in dem Intrigen üppig wucherten. Der Gesandte Otto von Bismarck (Zitat: „Frankfurt ist gräßlich langweilig“) würde „den alten Fuchsbau gern ausräuchern“. Der Zustand der herrschaftlichen Räume erschien anhand einer Zeichnung aus dem Jahr 1861 aufgrund der Dauerbenutzung „trostlos“.

Seitdem 1866 die Preußen die Stadt besetzt hatten, hatte das Palais „stille Tage“. Im Jahr 1891 mietete sich die Oberpostdirektion ein, deren Platzbedarf auf der Zeil wuchs und wuchs. Sie machte drinnen Schalter auf. Stallgebäude und Reithalle fielen weg  für die Hauptpost, ein Gründerzeit-Prachtbau, der an der Zeil hochgezogen wurde.

Im Jahre 1905 kaufte die Stadt das Palais zum Zweck seiner Bewahrung vor der rüden Behandlung durch die Post. Denn eine Bürgerinitiative hatte heftig gegen die Verunstaltung der Räume durch Briefträgerabfertigung, postalische Rechnungsstellen und Büros opponiert.

Ab 1908 stand die Aufschrift „Museum der Völker“ draußen am Barockportal. Der Vorläufer des heutigen Museums der Weltkulturen erfreute sich Jahrzehnte lang  starken Besuches. Doch alle Anekdoten und Pläne, Hoffnungen und Wünsche, die sich um das Frankfurter Schloß rankten, alle Erinnerungen, wurden unter den Bomben des Zweiten Weltkriegs zerstört. Der heftige Angriff vom 22. März 1944 gab dem Barockbau den Rest. Im Jahre 1944 hat die Stadt das Trümmergrundstück zurück an die Post verkauft,  die wegen 3,8 Millionen Mark zusätzlicher Kosten den Neubau einer Rekonstruktion vorzog.

Im Jahre 1948 wurde die Ruine abgebrochen. Der damalige Landeskonservator konnte den Portalbau retten und den Wiederaufbau der zum großen Teil zerstörten beiden Pavillons entlang der Großen Eschenheimer Straße durchsetzen. Aber schon die Toranlage war eine Rekonstruktion, sie war schon einmal ganz auseinander gebaut. Sie sollte zunächst nicht erhalten bleiben, aber nach alten Plänen, die in Regensburg gefunden wurden, wieder aufgerichtet werden.

Die Telekom verkaufte dann das ehemalige Thurn- und Taxis-Grundstück an die MAB. Werner Pfaff sollte es in ihrem Auftrag vermarkten. Er kündigte an, man werde dem halben Dutzend Architekten „die Pflicht und die Kür“ abverlangen. Die Kür solle aus einem Vorschlag bestehen, wie man das Palais wiederkommen lassen kann.

Als Kompensation für die größere Investition  sollte  das geplante Hochhaus auf dem Grundstück dann einige Etagen höher werden:  Man brauchte ja einen finanziellen Ausgleich, ein Stadtschloß kostet ja viel mehr als ein normales Gebäude.

Nach Angaben der Investoren von MAB soll das kopierte Palais zwei Meter kürzer als das zerstörte Originalgebäude, künftig zum Ort vielfältiger Veranstaltungen oder aber Teil des Hotels werden, das in einen der Türme dahinter einziehen werde. Um dort außer dem Palais eine Tiefgarage, ein Hochhaus-Ensemble und eine Ladengalerie zu errichten, muß nach Auskunft der genehmigenden Behörden eine fünf bis siebengeschossige „Spundkonstruktion“ in die Tiefe gesenkt werden. Portal und Pavillons wurden nach den Bombenschäden aus Industriesandstein wieder aufgerichtet. Nur was man außen sieht, ist alt.  Auch der Figurenschmuck auf der Toranlage, Wappen, Vasen, Putten, Löwe, ist kopiert; die Originalplastiken werden im Historischen Museum bewahrt.

 

Petersfriedhof:

Die alte Peterskirche, die Ecke Schäfergasse/Alte Gasse stand und 1419 geweiht wurde, ging auf die Stiftung einer Kapelle durch den Ratsherrn Peter Apotheker für die Bewohner der Neustadt zurück. Nachdem Nikolaus von Kues sie 1452 zu einer weitgehend eigenständigen Pfarrkirche geweiht hatte, entstand um sie ein Friedhof, der -  mehrmals erweitert - seit der Reformation vornehmlich protestantischer Begräbnisplatz war.

Mit der Eröffnung des Hauptfriedhofs 1828 wurde der Petersfriedhof geschlossen. Im Jahre 1896 riß man die alte Peterskirche ab, eine einschiffige Kirche mit Dachreiter über dem Chor und zwei Kapellen, von denen die eine als Erbbegräbnis der Familie Glauburg gedient hatte. In den Jahren 1892 bis 1895 war an der Bleichstraße die neugotische Peterskirche gebaut worden. Die im Jahre 1904 trassierte Stephanstraße schließlich trennte den südlichen Teil des Friedhofs ab.

Dennoch haben sich Grabsteine des 16. Jahrhunderts, die alle gleich groß sind und deren Größe von den Schwibbögen der Mauer bestimmt werden, ebenso erhalten wie üppige Barocksteine, die vor der Mauer stehen und über sie hinausragen. Es ist allerdings schwierig, heute die Namen zu entziffern. Wir  begegnen aber noch einigen von bedeutenden Frankfurtern - du Fay, de Neuf­ville, Merian. Hier ist auch Prinz Carl von Hessen-Philippsthal begraben, der an den Wunden starb, die er bei der Befreiung Frankfurts am 2. Dezember 1792 erhalten hatte.

An der Mauer zum ehemaligen Postscheckamt befindet sich das Grab von Simon Moritz von Bethmann, dem „Bürger von Frankfurt“, der 1826 starb. Auch die Grabstätte von Goethes Vater Johann Caspar Goethe und dessen Großvater Georg Walther ist erhalten. Ebenso da Grab von Goethes Mutter, Frau Aja, die im alten Erbgrab der Textors und Lindheimers begraben wurde, das heute abseits auf dem Schulhof der Liebfrauenschule liegt. An der Stephanstraße steht eine Kopie der 1511 aufgestellten Kreuzigungsgruppe von Hans Backoffen (Original im Historischen Museum).

Mit 90.000 gestifteten Mark ließ die Stadt das barocke Sandstein-Grabmal der Kaufmannsfamilie du Fay restaurieren. Die du Fays kamen als Glaubensflüchtlinge im Jahr 1560 aus den Niederlanden nach Frankfurt und wurden sehr vermögend.  Die Familie handelte erst mit Woll-und Seidenwaren und zog dann ein Kommissions-, Speditions- und Bankgeschäft auf. Die Frankfurter Niederländische Gemeinde hat zur gespendeten Summe von der Commerzbank-Stiftung Geld dazu gegeben.

Als Nächstes sollen  die Gräber von Simon Moritz von Bethmann, Johann Friedrich Städel, Johann Georg Schweitzer von Wiederhold, Heinrich Dominicus von Heyden und Jacob Heinrich Rühle von Lilienstern auf dem Peterskirchhof restauriert werden.  Einige der verwitterten Grabtafeln sind schon gerichtet, im Jahr 2004 folgt die Sanierung der Friedhofsmauer an der Stephanstraße. Der Magistrat hat bereits 30.000 Euro bereit gestellt. Die Jesusfigur am „Pestkreuz“ vor dem Eingang soll wieder vollständige Beine bekommen.

 

Börse :

Der Mann an der Mittelfassade der Alten Börse könnte auch die Titelseite eines Männermagazins zieren. Der Oberkörper strotzt vor Muskeln, nur ein dünnes Tüchlein verhüllt sein Gemächte. Lediglich die Accessoires des Mannes sind andere als in den Muskel-Magazinen: Statt einer Hantel trägt er einen Heroldsstab, an seinen Riemchen-Sandalen und am Helm kleben Flügel. Der schöne Jüngling nämlich stellt den römischen Gott Merkur dar. Als im Jahr 1879, nach viereinhalb Jahren Bauzeit, das Gebäude am Börsenplatz eröffnet wurde, hatten Frankfurter Künstler auch sechs 2,70 Meter hohe Figuren aus Tuff- und Sandstein geschaffen. Sie stehen für die wichtigsten Wirtschaftszweige des 19. Jahrhunderts.

Merkur, zweite Figur von links und Werk von Anton Karl Rumpf, ist der römische Gott des Handels. Sein Name stammt von dem lateinischen Wort „merx“ für Ware. Der analoge Gott zu Merkur war bei den Griechen „Hermes“, allerdings hat sich seine Bedeutung bei den Römern auf den Handel verengt. Da er auch als Götterbote unterwegs war, trägt er Flügelhelm und Flügelschuhe. Einen Teil der Geschichte dieses Gottes haben die Börsen-Bauherren wohl übersehen: Ikonografisch war er im 19. Jahrhundert nur noch der Gott des Handels, aber er war auch der Gott der Diebe. Aber Handel und Betrug hängen auch irgendwie zusammen.

 

Goetheplatz:

Unter dem Goetheplatz soll eine kommunale Tiefgarage errichtet werden. Doch im Jahr 2002 schlagen die städtischen Planer und Immobilienfachleute vor, zum Teil auf der Decke des Parkhauses eine Häuserzeile zu errichten, die den Goetheplatz vom Roßmarkt trennen würde. Die Ideen knüpfen an die Bebauung an, die vor dem Zweiten Weltkrieg den öffentlichen Raum zwischen der Biebergasse und dem Roßmarkt gegliedert hatten. In den zwanziger Jahren trug die Fläche zwischen Biebergasse und Steinweg den Namen „Theaterplatz“, südlich schloß sich dann der Goetheplatz an, über den man zum Roßmarkt gelangte. Den Goetheplatz begrenzte im Osten eine schmale Häuserzeile, die von Nord nach Süd vom Steinweg zum Roßmarkt führte. Die Töpfergasse trennte damals diese Gebäude von den großen Blocks zum Roßmarkt hin.

Jetzt schlagen die städtischen Planer freilich keine Hauserzeile von Nord nach Süd vor, sondern eine, die von West nach Ost führen würde. Die Berufung auf das historische Vorbild ist also zweifelhaft. Diese neuen Gebäude sollten laut Zimmermann in der nördlichen Bauflucht der Junghofstraße stehen und östlich der Börsenstraße ansetzen. Zwischen Goetheplatz und Roß­markt konnte die Hauserzeile eine Trennung schaffen, aber zugleich die Platzräume neu fassen.

In jedem Fall sollten jetzt die statischen Voraussetzungen geschaffen werden, die neue städtische Tiefgarage mit Häusern zu überbauen.

 

Alte Oper:

Die Alte Oper ist für die Frankfurter ein Haus zum Herzeigen. Ziemlich alle Betrachter aber müßten passen, sollten sie die vielen Skulpturen und Figuren erklären, die an der Fassade oder auf den Giebeln stehen. Dichter und Komponisten, Grazien und Götter, Genien oder Musen jede Menge dort oben.

Das erstarkende Großbürgertum hat  zur Zeit des Kaiserreiches gerne gespendet - für ein Symbol seiner wirtschaftlichen und politischen Kraft. Als Oberbürgermeister Daniel Heinrich Mumm von Schwarzenstein am 14. Dezember 1869 in der Stadtverordnetenversammlung die Bürgerschaft zum Engagement aufrief, verpflichteten sich 67 Bürger, ihren Beitrag zu leisten. Run d 750.000 Mark an Spenden kamen zunächst für die Oper zusammen, später erhöhte sich die Summe auf 800.000 Mark.

Nach und nach mußte die Stadt weitere 5,4 Millionen Mark bewilligen - schließlich durfte keine teure Bauruine stehen bleiben. So stimmten die Stadtverordneten immer wieder zu - trotz heftigen Grummelns. Die jährlichen Folgekosten lagen bei seinerzeit immensen 80.000 Mark. Für die Oper mußte der Andrae’sche Garten weichen, ein Eingriff in geschütztes Grün im Stadtinneren.

Im Jahre 1872 begann der Architektenwettbewerb, den schließlich der Berliner Architekt Richard Lucae für sich entschied. Frankfurts langjähriger Denkmalpfleger Heinz Schomann urteilte über dessen Entwurf, er habe „die italienische Hochrenaissance zu monumentaler Dimension gesteigert“.

Die zeitgenössischen Kritiker ließen sich weniger zurückhaltend über den fürchterlichen mythologischen, allegorischen Skulpturensalat der Fassade aus. Stoltze nannte eine Gruppenplastik „Apollo in der Badebütt“. Und doch: Bei der Eröffnung der Oper 1880 strömten die Bürger nur so - von Schwarzmarktpreisen bis 100 Mark für ein Billett war die Rede. Zur Eröffnung wurde Mozarts „Don Juan“ gegeben.  Zum ersten Intendanten bestimmte man Emil Claar, der bis 1900 blieb. Erster leitender Kapellmeister war Otto Dessog, der in Wien gearbeitet hatte.

Überliefert von der Eröffnung der Alten Oper sind vor allem die Worte prominenter Männer. Seine Majestät Kaiser Wilhelm I. soll, als er bei der Einweihung der Oper das prunkvolle Treppenhaus betrat, zum Intendanten Emil Claar gesagt haben: „Das könnte ich mir in Berlin nicht erlauben.“ So geschehen am 20. Oktober 1880. Und wenig später spottete Frankfurts Volksdichter Friedrich Stoltze über den Schriftzug am Hauptportal des Prunkbaus: „Dem Wahre, Scheene, Gute, die Beijerschaft muss blute, Dem Scheene, Gute, Wahre, Der Magistrat sollt spare. Dem Wahre, Gute, Scheene, merr muss sich dran gewöhne.“

 

Nicht einmal der 1. Weltkrieg von 1914 bis 1918 vermochte den Spielbetrieb ernsthaft zu beeinträchtigen - nur gelegentlich gab es Fliegeralarm, der von der Bühne ausgelöst wurde. Der Zweite Weltkrieg brachte das Ende. Ein erster Bombenangriff am 29. Januar 1944 verursachte solche Zerstörungen, daß an Aufführungen nicht mehr zu denken war. In der Nacht vom 22. auf den 23. März 1944 ging das Opernhaus durch Brandbomben vollständig in Flammen auf.

Oberbürgermeister Kurt Blaum legt dem Bürgerratsausschuß Skizzen für den Bau eines provisorischen Konzertsaales in der Opernhaus-Ruine vor. Doch die Not regiert: In den Straßen häufen sich die Trümmer, es herrschen Hunger und Wohnungsnot. Drei Jahre später will der Magistrat die Ruine abreißen und Platz schaffen für Verkehrskreisel und Parkplatz. Worauf der CDU-Stadtverordnete Max Flesch-Thebesius ein Gutachten über den Gebäudezustand beantragt. Als das Gutachten der Firma Holzmann im Januar 1950 ergibt, daß das Gemäuer standsicher ist und wieder aufgebaut werden könne, geschehen merkwürdige Dinge. Eine Firma beginnt, Eisenträger aus der Ruine herauszubrechen. Man rechnet mit 400 Tonnen Schrott. Der Raub wurde vom Magistrat genehmigt, melden am 21. Juli 1950 die Zeitungen.

Von nun an geben die Frankfurter keine Ruhe. Eine Idee gebiert die andere, die Stadtväter werden als pietätlose Gesellen diffamiert,  insbesondere die Sozialdemokraten, die den sozialen Problemen Vorrang einräumen. Im Januar 1953 richtet Blaum ein Spendenkonto „Frankfurter Opernhaus“ ein. Kurz darauf übergibt Flesch-Thebesius einen Scheck über 155.000 Mark. Dafür wird die Ruine gesichert. Man träumt von einem Festsaal und einem Schauspielhaus mit 750 Plätzen. Im Oktober 1958 ist der SPD-Oberbürgermeister Werner Bockelmann weich geklopft - „er scheint geneigt, dem Willen der Bevölkerung nachzugeben“, jubiliert eine Zeitung, und die CDU-Fraktion glaubt, der Wiederaufbau des Opernhauses sei in greifbare Nähe gerückt.

Zehn Jahre später bröselt die Ruine weiter. Die „Aktionsgemeinschaft Opernhaus“, an der Spitze der Präsident der Industrie- und Handelskammer, Fritz Dietz, hat acht Millionen Mark an Spenden in der Hinterhand.  Sie  beantragt bei der Stadt die Erlaubnis zur erneuten Sicherung des Relikts. Während SPD-Ortsvereine von ihrer Mehrheit im Römer verlangen, sich ausdrücklich jeder Ausgabe für den Wiederaufbau oder eine Ersatzlösung zu verweigern, gibt die AG das Kleckern auf und fangt an zu klotzen. Der FDP-Stadtverordnete Heinz Herbert Karry startet ein  Telefon-Schnorren: „Sagen Sie 100 Mark und ich häng auf“. Eine Sammelaktion von beispielloser Tragweite beginnt. Der Beginn der Sicherungsarbeiten wird am 5. Oktober 1968 zum Volksfest. Mit Georg Solti, Lia Wöhr, Ivan Rebroff - und OB Willi Brundert (SPD). Zwei Wochen später ist Kommunalwahl.

Ernst zu nehmende Pläne sprechen von einem Konzerthaus, mit Restaurant und Tiefgarage. Kostenpunkt: 30 Millionen Mark. Im Juni 1969 gibt die Stadt den äußeren Widerstand auf, bringt die Mehrfachnutzung ins Gespräch und gründet eine zehnköpfige Arbeitsgruppe. Natürlich wird gestritten: ob man eine „Kongreß- und Konzerthalle“ oder eine „Konzert- und Kongreßhalle“ will. Im September 1970 bringt der neue Kulturdezernent Hilmar Hoffmann ein völlig anderes Konzept ein. Er will ein Kommunikationszentrum für alle Frankfurter. Der Sinkkasten soll rein, die Jazz-Szene, das Kommunale Kino. Der AG-Chef Dietz ist verschreckt: Er droht, die Spenden zurückzugeben. Die Oper solle kein Haus in Plüsch und Gold werden - aber keinesfalls ein Beatschuppen oder Haschkeller.

Keine der Plastiken hat eine so wechselvolle Geschichte wie die Panther- Quadriga auf dem niedrigeren Giebel - eine Stufe über dem Balkon, aber eine Etage unter dem geflügelten Pferd Pegasus an des Gebäudes Spitze. Rund  60 Jahre lang hat sich die vier Meter hohe Muse Erato samt Panthern und Streitwagen vom Giebel des alten Schauspielhauses über den Theaterplatz erhoben. Dann hat die Stadt die Kupferblech-Gruppe einem Schrotthändler gegeben. Denn man wollte am Platz des alten Schauspielhauses samt Kuppel und Zinnen die moderne Glasfront der Theater-Doppelanlage bauen und hatte genug von Schmuck und Symbolik. So blieb es bis 1974. Über die Jahre überwinterte einer  der Panther, eine Blumenschale auf dem Kopf,  in einem Nieder-Eschbacher Vorgarten.  Seine Artgenossen lagerten nicht weit davon in einem Geräteschuppen. Muse und Wagen fand man auf einem Autofriedhof. Dann  aber wollte man wieder wer sein und knüpfte an die stolzen Seiten der Vergangenheit an. Im September 1976 hob ein Kran die vom Altmetallhändler für 15.000 Mark zurückgekaufte Gruppe auf die rekonstruierte Alte Oper. Von da oben wird die Muse der Liebesdichtung mit ihren Panthern den um sie herum wachsenden Hochhaustürmen weiter entgegen jagen - als streitbares Gegenbild.                     

Man kommt mit immer neuen Ideen, verzettelt sich, plant und plant um, die Kosten sind auf 70 Millionen geklettert, eine baureife Planung wird für das Landtagswahljahr 1975 erwartet Drei Wochen vor der Wahl bewilligt das Land Hessen 1,5 Millionen Mark aus Konjunkturfördermitteln. Im September 1976 feiern die Frankfurter und ihr OB Rudi Arndt (SPD) den Baubeginn. Im März 1977 ist Kommunalwahl.

Die SPD hat die Wahl verloren. Unter OB Walter Wallmann (CDU) kippt die neue Mehrheit das Raumprogramm. Kein Sinkkasten, kein Kommunales Kino mehr, nur noch Kongresse und Konzerte. Während des Bauens wird wieder umgeplant, was auch Verwerfungen für den parallellaufenden U-Bahn-Bau bringt. Der Generalmanager Ulrich Schwab erfindet für die Nutzung die Kultur treibende eierlegende Wollmilchsau, von Oper über Musical bis zur phänomenalen Fastnachtshochburg. Die geschätzten Kosten haben 105 Millionen erreicht. Nicht gerechnet die Innenausstattung, für die CDU-Kämmerer Ernst Gerhardt nur das Beste vom Besten bestellen läßt. Sein Argument  lautet: Der von Arndt geleitete Magistrat hat ausreichende Rücklagen hinterlassen, die es der Stadt gestatten, sich auch einmal Extravaganzen zu erlauben. Das  städtische Revisionsamt wird später ein vernichtendes Urteil über diese Art der Bauausführung fällen. Sie läßt die Kosten auf 200 Millionen anschwellen. Am 28. August 1981  wurde das Gebäude wieder eröffnet. Wie anders kann dieses Haus eröffnet werden als mit Mahlers Achter „Sinfonie der Tausend“?

 

Bodenfunde in der Nähe der Alten Oper:

Rund 20 Millionen Jahre alte Fischfossilien sind in einer Frankfurter Baugrube am Opernplatz gefunden worden. Wolfsbarsche, vermuten Fachleute. Ein besonderer Fund, aber wohl keine Sensation. Die Fische tummelten sich vor Millionen von Jahren im subtropischen Brackwasser nahe der Alten Oper in Frankfurt. In der Baugrube eines Luxushotels wurden dort vor kurzem etwa 20 von ihnen entdeckt. Die in grauen Tonschichten konservierten Fossilien haben ganz verschiedene Größen und sind bis zu 40 Zentimeter lang. Sie sind hervorragend erhalten. Die Wolfs­barsche  stammen aus der Zeit des Miozän (etwa vor 24 bis fünf Millionen Jahren). Ein „Morone Aequales“ genannten Fische seien rund 25 Millionen Jahre alt, vielleicht auch jünger. Ein  besonders gut erhaltener Fisch ist mit seinen nur zehn Zentimetern ein Jungtier. Das ist unter den Fischfunden in Frankfurt ein herausragender Fund. Ein Quentchen Glück war bei dem Fund im Herzen Frankfurts auf jeden Fall dabei: Die Bauarbeiter haben besonders tief gegraben, weil das geplante Luxushotel auch mehrere Untergeschosse bekommen soll. Diese Gesteinsschichten erreicht man nicht, wenn man nur einen einfachen Keller baut.

 

Der Marshall-Brunnen an der Alten Oper:

Am 16. Oktober 1959 stirbt in Washington im Alter von 78 Jahren George Catlett Marshall, ehemaliger Generalstabschef, Außenminister und Verteidigungsminister der USA, 1953 zusammen mit Albert Schweitzer Friedensnobelpreisträger. Und Initiator des „Marshall-Plans“, mit dessen 13 Milliarden Dollar die nach dem Zweiten Weltkrieg danieder liegenden Völker Europas wirtschaftlich wieder auf die Beine gestellt wurden. Auch der Verursacher der ganzen Misere, nämlich Deutschland.

Die Wirtschaftswunder-Metropole Frankfurt erinnert sich mit Dankbarkeit an den großen US- Politiker, und so beschließt die Stadtverwaltung im Dezember 1962, Marshall ein Denkmal zu setzten. Als erste Stadt der Welt natürlich, alles andere wäre un-frankfurterisch. Sechs namhafte deutsche Künstler reichen Entwürfe ein, darunter der renommierte Münchner Kunstprofessor Toni Stadler, der prompt auch den ersten Preis bekommt - für einen Brunnen, geziert von drei nicht naturalistisch gestalteten Frauenkörpern, Grazien darstellend.

Das Kunstwerk  wird bei  Kosten von 552.000 Mark weitgehend Spenden aus der Wirtschaft finanziert, den Rest schießt die Stadt zu. Es wird aufgestellt in Sichtweite der Opernruine in der Taunusanlage, unweit jener Stelle, an der noch bis kurz vor Kriegsende das Denkmal Kaiser Wilhelms I. gestanden hatte.

Am 27. Oktober 1963 ist es dann soweit: Zur Eröffnung des Brunnen-Denkmals einschließlich Gedenkfeier in der Paulskirche kommt jede Menge Politikprominenz. Ehrengäste sind General Marshalls Witwe Katherine und ihre Tochter, Mrs. J. Winn, Bundeskanzler Ludwig Erhard,

Vizekanzler Erich Mende, Außenminister Gerhard Schröder und Verteidigungsminister Kai-Uwe von Hassel kommen aus Bonn.

Frankfurts Oberbürgermeister Werner Bockelmann und sein Stellvertreter, Bürgermeister Rudi Menzer, sind natürlich dabei, und die US-Delegation wird von Außenminister Dean Rusk angeführt. Sein Präsident, John F. Kennedy, der erst im Juni dieses Jahres bei seinem Deutschlandbesuch in der Paulskirche gesprochen hatte, hat ihm Grüße aufgetragen. Mitglied der US-Delegati­on ist auch ein Senator, der noch nicht wissen kann, daß er ein gutes Jahr später US-Vizepräs­ident sein wird: Hubert Humphrey.

Auch Tausende von Frankfurtern sind an diesem fast winterkalten Sonntag auf den Beinen, um dem Spektakel beizuwohnen. Die Promis können sie ganz  gut erkennen, aber von der eigentlichen Brunnen-Enthüllung sehen sie nicht viel, weil die beiden Ehrenkompanien von US-Army und Bundeswehr die Sicht weitgehend versperren. Und das ist vielleicht auch besser. So dauert es nämlich Stunden, bis sich das deutsche Kunstverständnis zum ersten Male äußert: Der Brunnen schäumt zum Himmel. Die Waffen des wehrhaften Widerstandes gegen die „entartete“ Kunst des Professors aus München sind in jedem ordentlichen Haushalt zu finden: Waschmittel und Spülmittel.

Wenn der Blick auf die drei Grazien im Brunnen gerade mal nicht durch Seifenschaum getrübt ist, prallen die Meinungen über das Kunstwerk aufeinander. „Das sollen Grazien sein? Die sind ja scheußlich!“. „Es gab einmal eine Zeit, ja zu der man ein solches Machwerk eingeschmolzen hätte!“ - Aber auch: „Ich finde diesen Brunnen wunderbar, er ist nur zu schade für die Öffentlichkeit!“

Und immer wieder Schaumattacken Am 26. August 1964 wird nach vorausgegangenen Wasserfärbeattentaten, erstmals auch Ölfarbe verwendet, die nur mühsam zu entfernen ist. Längst liegt freilich die Vermutung nahe, daß es sich hier nicht mehr um kunstfeindliche Überzeugte, sondern um Dumme-Jungen-Streiche handelt.

Und 1970 ist er dann ganz weg, der Brunnen. Nicht als Folge eines Anschlags, sondern des S- und U-Bahnbahnbaus rund um den Opernplatz. Die drei Grazien verschwinden im Städel, aber sie kommen wieder: Am 25. Mai 1984 wird der Marshall-Brunnen samt dazu gehöriger Gedenktafeln abermals aufgestellt an seinen alten Platz. Die Grazien - die nun keinen mehr aufregen - sind unverändert, der Brunnen freilich nicht. Statt der 50 kleinen Quellen im Rand, die vorher die Brunnenschale gefüllt haben, gibt es jetzt nur noch eine kleine Hauptfontäne, das Wasser fließt ab  (siehe auch „Goethe“).

 

Kettenhof (südlich der Bockenheimer Landstraße):

Der Name kommt vom Geschlecht der Köthen, die schon 1393 hier ein „Kotenhus“ hatten. Der Hof war sehr geräumig und umfaßte neben mehreren Gebäuden auch Scheunen und Stallungen. Hinter dem Hof befand sich ein breiter Wassergraben, in dessen  Mitte sich der „steinerne Stock“ befand, das alte Gebäude, das mit Schießlöchern versehen war und mit dem Hof durch eine steinernen Brücke mit mehreren Bögen verbunden war.

 

Niedenau (Querstraße zum Kettenhofweg:

Zwischen dem Bockenheimer Tor und dem kleinen Kettenhof befand sich im 15. Jahrhundert auf einer Wiese ein befestigter Bau, der als „das Haus zu Niedenau im Galgenfelde“, aber auch als „Eidenau“ bezeichnet wurde. Er war mit einem Wassergraben umgeben, 1147 wurde daneben ein Brunnen gebohrt.

 

Messe / Festhalle  
Beinahe hätten die Bläser auf der Balustrade ihren Einsatz verpaßt. Gerade noch rechtzeitig konn­ten sie ihre Fanfaren erklingen lassen, so meldeten die Frankfurter Nachrichten, da „sauste“ auch schon „das stattliche, hellgelbe Automobil mit den Majestäten“ in die Einfahrt zur Festhalle. Eigens zu deren Einweihung anläßlich des Wettstreits Deutscher Männergesangvereine waren Kaiser Wilhelm II. und seine Gemahlin Auguste Victoria an jenem Abend des 19. Mai 1909 eingetroffen. Als das Kaiserpaar seine Loge im Kuppelsaal betrat, erhob sich die versammelte Festgesellschaft von rund 11.000 Personen, um spontan die Kaiserhymne „Heil dir im Siegerkranz“ anzustimmen.

Bei ihrer Eröffnung vor 100 Jahren wurde die Festhalle in Frankfurt als Europas größter Kuppelbau gefeiert. Schon länger hatte in der aufstrebenden Mainmetropole eine massive Halle für Ausstellungen und Festveranstaltungen gefehlt. Bei früheren Großveranstaltungen waren jeweils provisorische Festbauten errichtet worden, die im Anschluß wieder abgerissen werden mußten.

Im Sommer 1905 gab der Kaiser den entscheidenden Impuls: Er ließ durchblicken, daß er Frankfurt zum dauerhaften Austragungsort des alle vier Jahre stattfindenden Wettstreits Deutscher Männergesangvereine erheben würde, wenn die Stadt für eine geeignete Festhalle sorgte. Nun peitschte Oberbürgermeister Franz Adickes das Festhallenprojekt gegen alle Widerstände durch die politischen Gremien.

Trotzdem zog sich der im März 1906 ausgeschriebene Architektenwettbewerb über ein Jahr lang hin, bis schließlich der in München wirkende Friedrich von Thiersch als Sieger feststand.  Der Marburger Architekt Friedrich von Thiersch, der die Pläne für den damals größten Kuppelbau Europas zeichnete, wollte die wirtschaftliche Macht des Bürgertums mit der politischen Vorherrschaft von Kaiserreich und Adel versöhnen. Nach nur 13 Monaten stand die monumentale Halle im Rohbau. Im Juli 1908 wurde die „Unvollendete“ bewunderter Schauplatz des elften Deutschen Turnfests. Nach den Turnern zogen wieder Arbeiter und Handwerker in das Gebäude ein, um es unter extremem Termindruck gerade pünktlich zum Wettstreit Deutscher Männergesangvereine im Mai 1909 fertig zu stellen.

Der Zweite Weltkrieg hatte auch die Festhalle nicht verschont: Am 24. und 25. August 1942 zerstörten Brandbomben britischer Flugzeuge sie fast völlig. Auch die vier Türme des Kuppelbaus wurden damals weggebombt.  Nach dem Krieg war die Festhalle nur in vereinfachter Form wieder  aufgebaut worden. Die ersten frei gewählten Stadtverordneten der Nachkriegszeit hatten damals geurteilt, Schulen und soziale Einrichtungen sollten Vorrang haben. Im Römer entschied 1945 die Stimme des kranken SPD-Stadtverordneten Benno Halberstadt, der in den Plenarsaal getragen wurde.  Zur Frühjahrsmesse im März 1950 wurde die Festhalle neu eröffnet. Es begann der Aufstieg Frankfurts zu dem internationalen Messestandort in der Bundesrepublik. Zu besonderen Publikumsmagneten der Nachkriegszeit entwickelten sich die Frankfurter Buchmesse und die seit 1951 ebenfalls in Frankfurt ausgerichtete Internationale Automobilausstellung. Aber die Festhalle lockte die Besucherscharen auch zum Sechs-Tage-Rennen, das von 1951 bis 1983 wieder seine Runden dort drehte.

Architekten vom Büro Speer suchten im Archiv der Technischen Universität München nach den alten Bauplänen von Thiersch - und wurden auch fündig. Die große Kuppel wird neu mit Kupfer gedeckt, das „einen zarten Blaustich” (Huldisch) aufweist. Die vorgebaute Rotunde und die vier Türme des Gebäudes werden ebenso wie die Fassade nach den alten Plänen rekonstruiert - in enger Abstimmung mit der Landesdenkmalbehörde. So sollen die Bürger auch wieder den historistischen Zierrat zu sehen bekommen, den von Thiersch für die Fassade entworfen hatte, Steinmetzarbeiten wie etwa stilisierte Laternen. Im Inneren will die Messe vor allem die Eingangs-Rotunde sanieren. Für die Akustik aber macht man nichts.

Die Messe läßt ein Frankfurter Wahrzeichen in neuem Glanz erstehen: Die historische Fassade der denkmalgeschützten Festhalle wird zum 100. Geburtstag 2009 rekonstruiert. Der Kuppelbau ist 2009 ein Schauplatz des Deutschen Turnfests, zu dem 100 000 Teilnehmer erwartet werden.

Heute begründet Messe-Sprecher Jens Schreiber die Initiative seines Unternehmens so: „Die Festhalle soll wieder in alter Schönheit glänzen - so, wie ältere Bürger sie noch kennen”.

Das Festhallen-Reitturnier, das zum ersten Mal 1934 stattfand, wird nun seit 1955 in der Halle ausgetragen, und Boris Becker gewann hier 1992 und 1995 die ATP-Weltmeisterschaften im Tennis. Seit am 18. Juli 1970 das erste Rockkonzert mit Led Zeppelin über die Bühne der Festhalle ging, hat sich der Bau außerdem als Veranstaltungsort für populäre Musikevents etabliert. Dazu trug auch der 43 Millionen Mark teure Umbau zur modernen Mehrzweckhalle 1986 bei.

 

Gutleutkaserne:

Nach dem Einmarsch der Preußen 1866 und der darauffolgenden Annexion der Stadt zog die preußische Militärverwaltung um die Stadt einen Kordon von Polizei-, Infanterie- und Kaval­lerie­kasernen, um befürchtete Aufstände im Keim ersticken zu können. Die Infanteriekaserne entstand südlich der Gleise der damals noch nicht zusammengefaßten Main-Weser- und Main-Taunus-Bahnhöfe, die spätere Zusammenlegung (1888) zu einem Zentralbahnhof war jedoch schon vorgesehen.

Geplant und entworfen von der Preußischen Oberbaudirektion in Berlin, Garnisons- und Bauinspektor F. Bruhn, ausgeführt 1877 - 1879 von A. C. Zacharias, setzt sich die Anlage in Habitus und Material völlig von hessischen oder Frankfurter Bautraditionen ab. Im Entwurf ein preußischer Funktionsbau, ist dieser Kasernentypus in Variationen mehrfach ausgeführt worden. Auf einem Areal von 42.600 Quadratmeter entstanden so drei Kasernen, ein Arresthaus, ein Exerzierhaus, Ställe für 28 Offizierspferde und Mannschafts- und Offizierslatrinen.

Die Anlage wurde 1979 gegen den Widerstand der Denkmalfachbehörde abgebrochen, die Erhaltung des städtebaulich wichtigen Kopfbaus zur Gutleutstraße konnte schließlich als Kompromiß erreicht werden. Das Charakteristische der Kaserne sind die vier Gelenktürme, in denen die Treppenhäuser liegen. In der äußeren Erscheinung quadratisch, scheinen sie mit ihren oktogonalen Eckbetonungen sowohl dem Florentiner Campanile des Giotto als auch den Türmen der Kathedrale von Laon entlehnt. Überhaupt folgt die gestalterische Idee historischen Vorbildern, etwa oberitalienischen Talburgen des 14. und 15. Jahrhunderts, wie zum  Beispiel dem Castello Sforzesco in Mailand.

Durch die intensive Nutzung des Militärs war die Bausubstanz stark heruntergekommen. Das Mauerwerk in Hartbrandziegeln mit Hausteinteilen in rotem Mainsandstein hatte stark durch Verrußung durch den nahe gelegenen Hauptbahnhof gelitten. Durch die Reinigung wurden die schon mürben Mörtelfugen weiter geöffnet. Sie wurden, entsprechend dem Original, mit rot eingefärbtem Mörtel neu gefugt. Die noch vorhandenen, gut erhaltenen Eichenfenster aus der Ursprungszeit konnten nicht erhalten werden, da das Bundeskriminalamt wegen der Polizeinutzung auf durchschußsicheren Fenstern bestand. Es gelang jedoch, die Fenster als Verbundfenster nahezu zu kopieren. Dem Wunsch der Nutzer nach Sonnenschutz wurde durch blau-weiß gestreifte Markisen abgeholfen, die dem Bau eine heitere Note verleihen und den militärischen Eindruck mildern.

Das Ergebnis zeigt: die Auseinandersetzung um die Erhaltung wenigstens des Kopfbaus hat sich gelohnt. In dem sozial und stadtplanerisch vernachlässigten Viertel, das von Bauten des späten 19. Jahrhunderts geprägt ist, hatte die Restaurierung der Gutleutkaserne auch eine Hoffnungsfunktion für die Bevölkerung. Auf dem Areal der abgebrochenen hinteren Kasernenbauten haben sich die aus einem Architektenwettbewerb hervorgegangenen Neubauten des Finanzamtes dem Maßstab des 1984 -  1889 renovierten Kopfbaues der Gutleutkaserne unterordnen müssen. Die Gutleutkaserne legt weiterhin beredtes Zeugnis ab von der Phase des schmerzlichen Verlustes der Souveränität der Stadt Frankfurt und von dem Wiederaufstieg von der preußischen Provinzstadt zur Banken-. Börsen- und Handelsmetropole des ausgehenden 19. Jahrhunderts. In ihrer restaurierten Gestalt ist sie zum Wahrzeichen des Aufschwunges eines vernachlässigten Stadtteils geworden.

Das einzige bedeutende Interieur war in Form des ehemaligen Betsaals erhalten, der Raum, in dem die verschiedenen Konfessionen ihre Gottesdienste abhielten und Feiern stattfanden. Auch dieser Raum \war infolge der Hygienevorstellungen besonders der US - Militärs immer wieder überpinselt worden. Unter mehr als einem Dutzend Öl- und Dispersionsanstrichen fanden sich jedoch aussagefähige Reste der ursprünglichen Fassung in Leimfarbentechnik. Die Neufassung wieder in Leimfarbentechnik wurde wi4eder auf der Basis der Befunde rekonstruiert. Reste von heraldischen Motiven der Bogenfriese in der Durchfahrt wurden freigelegt, gefestigt und schonend retuschiert. Die Wandflächen wurden nach freiem Entwurf marmoriert, da kein Befund festzustellen war.

 

Hauptbahnhof:                                                                                                        

Auf die Idee eines zentralen Bahnhofs in der ehemaligen Freien Reichsstadt waren erst die Preußen gekommen. Im deutschfranzösischen Krieg 1870/71 hatte sich die Eisenbahn-Infrastruktur mit drei kleinen Sackbahnhöfen an der Gallusanlage als unzureichend erwiesen. Der künftige Hauptbahnhof wurde weit außerhalb der damaligen Frankfurter Stadtgrenze geplant, die Flächen dazwischen wurden später mit großbürgerlichen Gründerzeithäusern bebaut, dem heutigen Bahnhofsviertel. An die drei von Johann Wilhelm Schwedler entworfenen Hallen wurden in den zwanziger Jahren an jeder Seite jeweils eine niedrigere Halle angebaut. Die feierliche Eröffnung fand am 18. August 1888 statt.

 „Frankfurt ist unsere wichtigste Drehscheibe.“ Auf den Hauptbahnhof in Hessens größter Stadt läßt die Bahn nichts kommen. Auch 125 Jahre nach seiner Eröffnung auf dem Frankfurter Galgenfeld gehört der imposante Bau aus der Kaiserzeit zu den verkehrsreichsten Bahnhöfen Europas. In Deutschland hat nur Hamburg mehr tägliche Reisende und Besucher, lediglich der Leipziger Hauptbahnhof mehr Gleise.

In Frankfurt kommen jeden Tag rund 350.000 Menschen in die fünf großen Hallen aus Stahl und Glas, 1.800 Züge verkehren und rund 1.000 Menschen haben hier ihren Arbeitsplatz. Heute hat der Hauptbahnhof 25 überirdische Gleise und vier S-Bahn-Gleise unter der Erde. Auch die städtische U-Bahn fährt zwei Linien zum Knotenpunkt.

Seine schlimmsten Zeiten hat der Bahnhof hinter sich. Nach dem Zweiten Weltkrieg nur notdürftig geflickt und teilweise mit Holzplatten verrammelt, war der Bahnhof für viele düster und bedrohlich. In den  achtziger Jahren, lag wirklich in jeder dunklen Ecke ein Fixer.

Im  Jahre  2006 nahm die Bahn 117 Millionen Euro in die Hand nahm, um den damals arg ramponierten Bahnhof im alten Glanz erstrahlen zu lassen. Dabei würden die bis zu 28 Meter hohen Hallen eigentlich gar nicht mehr gebraucht. Sie dienten ursprünglich dem Auffangen des Dampfes der Lokomotiven. Heute wird der Bahnhof als erstrangiges Baudenkmal der Neo-Renaissance geschützt.  Die Situation habe sich aber inzwischen komplett gewandelt, der Bahnhof ist hell und freundlich. Angst muß hier niemand mehr haben.

Während der Bahnhof innen glänzt, besteht an der eingerüsteten Fassade zur Stadt und rund um die Station weiter Handlungsbedarf. Der Umbau des chaotischen Vorplatzes wurde wegen der städtischen Finanznot gerade für ungewisse Zeit verschoben. Und auf der Südseite warten die immer zahlreicheren Fernbusse auf eine vernünftige Station. Die Busfirmen sehen zwar die Notwendigkeit, den vom Bahnhof definierten Knotenpunkt anzufahren, schimpfen aber gleichzeitig über fehlende Bussteige, Unterstände, Warteräume und Geschäfte.

Immer noch ist die Zentralfunktion des Bahnhofs stark genug, große Investitionen auszulösen. Gerade ist eine neue „Markthalle“ im Kopfgebäude mit zahlreichen Imbißständen und Sitzgelegenheiten eröffnet worden. Über 80 Geschäfte finden im Bahnhof ihre Kunden. Die gut sechs Milliarden Euro teure ICE-Trasse nach Köln führt in den Sackbahnhof und bindet auch den neuen Fernbahnhof am Flughafen an. Der Flughafenbahnhof ist auch der Grund, warum die Bahn nicht ganz so traurig darüber ist, daß es das einst angedachte Projekt „Frankfurt 21“ nach Stuttgarter Vorbild auf absehbare Zeit nicht geben wird. Frankfurt muß seine Drehkreuz-Funktion weiterhin als Sackbahnhof erfüllen, durchgehende Gleise wie demnächst in Stuttgart gibt es auch künftig nicht.

[Fragen könnte man jedoch, weshalb man nicht 700 Meter westlich im Bereich der Emser Brücke einen Durchgangsbahnhof errichtet. Dort kreuzen sich die Linien ja und es wäre auch Platz. Wer allerdings aus den Durchgangszügen in Frankfurt aussteigen möchte oder dort zusteigen möchte, der könnte mit einer Shuttlebahn wie im Flughafen transportiert werden. Auch eine S-Bahn-Anbindung ist möglich].

Der Frankfurter Galgen stand, wo heute die Wendeschleife vor dem Hauptbahnhof ist.

 

Schauspielhaus:

Beim insolventen Unternehmen Philipp Holzmann in Neu-Isenburg kann man nicht länger auf die beiden Bronzen achtgeben. Jene Schwäne  schienen dem Verwalter wahrscheinlich Restteile der „Alten Oper“ zu sein. Der Mann lag damit falsch, aber nur knapp daneben: Denn die Alte Oper schmückt sich ja seit ihrer Rekonstruktion bereits mit der Panter-Quadriga vom früheren, 1902 erbauten Schauspielhaus. Der Streitwagen der Muse Victoria war im Juni 1972 bei einem Schrotthändler gefunden worden. Dazu erstmals die beiden Schwäne, die ursprünglich über dem Stadttheater-Portal, auf zwei Turmaufbauten rechts und links von Victoria, ihre Hälse reckten. Im Schatten der pompösen Panter-Quadriga waren die Wasservögel 1972 erneut in Vergessenheit geraten. Die Stadt  hatte Interesse an den beiden Schwanenfiguren, die vor 100 Jahren als Sinnbild der Dichter am Theaterplatz auf den Sockel gehoben wurden.

 Geschichte wiederholt sich eben doch. Im Jahre 1902, als alle Kämpfe über den Bau des riesigen neuen, reichgeschmückten Theater-Kuppelbaus mitten in der Untermainanlage ausgefochten waren, lobte die hiesige veröffentlichte Meinung das „neue, anmutige und malerische Musenheim“. Die Figuren, die auf Giebeln, Kuppeln und Zinnen aufgerichtet waren, hatte zum Teil der hier ansässige italienische Bildhauer Augusto Varnesi (1866-1941) geschaffen.

Der Entwurf zum Gebäude mit über 1100 Plätzen stammte vom Königlichen Baurat Christian Heinrich Seeling, dem Architekten auch mehrerer Berliner Theaterbauten. Nachdem es 1944 durch Bomben beschädigt worden war, wurde es bis Weihnachten 1951 wieder aufgerichtet und mit „Wagners Meistersingern“ als  „Großes Haus“ neu eröffnet.

Aber 1961-1963, zehn Jahre später, schlug man die alte Fassade ab und ersetzte sie durch eine 120 Meter lange Glasfassade. Das beauftragte Unternehmen war Philipp Holzmann. Die Bauleute habenden Fassadenschmuck eingelagert - irgendwann, nachdem ein Verkauf oder das Einschmelzen nicht zustande kam. Unterdessen war an der kargen Front der Theater-Doppelanlage manch Intendant um mehr Bildhaftigkeit bemüht. Vielleicht gibt es ja einen Weg zurück für die Schwäne.

 

Grindbrunnen

Im Jahre 1283 wird der Grindbrunnen in Verbindung mit dem Gutleuthof erstmals erwähne.

Das Schwefelwasser, das bis heute aus den Innenstadt- Baustellen stinkt, steht wohl in Verbindung mit einem Quellenzug, der im Osten Frankfurts beginnt, sich durch das Stadtgebiet fortsetzt und parallel zum Main beziehungsweise zum Taunus nach Westen zieht.

So richtig sprudelte das Interesse am Grindbrunnen aber erst ab 1872, als man sich hier klar wurde, welch einträgliches Geschäft die Vermarktung des Wassers sein könnte. Ein „Verein zur Förderung des öffentlichen Verkehrs“ setzte im Mai 1873 die Eröffnung einer Trinkhalle im späteren Westhafen durch und ließ durch den hierfür bekannten Chemiker Remigius Fresenius eine Analyse des Wassers vornehmen. Dabei kam heraus, daß Frankfurt „eine starke Schwefelquelle mit erheblichem Kochsalzgehalt und bestimmten mineralischen Beimischungen“ besitzt.

Kaum war die Zapfstelle am Mainufer schön überdacht und mit Pflanzen und Bäumen umstellt, wollte die Stadt auf dem Heilwasser trächtigen Boden ein Becken für den Westhafen bauen. Darum ließ das Tiefbauamt 1888 den Grindbrunnen unter eine Gußeisenhalle am Untermainkai (Nizza) verlegen. Die Schüttung lag  1905 bei 13.000 Litern pro 24 Stunden.

Der Ort ist bis heute unvergessen: Dort hielten Großmütter ihre Enkel bis in die sechziger Jahre an, das Schwefelwasser ausführlich zu gurgeln. Eine Unsitte für viele, die vorbeikamen. Doch seit den dreißiger Jahren war ein deutliches Interesse an den örtlichen Mineralbrunnen erwacht Speziell Nazi-Oberbürgermeister Friedrich Krebs ist da als treibende Kraft in Erinnerung. Er schrieb auf, „daß das Grindbrunnenwasser in erheblichem Maße zu Kurzwecken gebraucht und auch verordnet wurde“. Tatsächlich ging Frankfurt damals als Kurort in die Annalen ein.

Noch die 1945 gegründete Frankfurter Rundschau empfahl in ihrer Ausgabe vom 5. April 1949 „eine häusliche Badekur“ mit dem Schwefelwasser. Erst als die Quelle um 1960 schwarzgrau und trüb wurde und die Analyse Kolibakterien ergab, war es aus mit dem Traum vom Heilbad: Die Trinkhalle wurde geschlossen.

Doch die Erinnerung will nicht vergehen. Neben den Ortsbeiräten ist es der Historiker Björn Wissenbach, der den Grindbrunnen am Kochen hält. Die Magistrats-Aussage, es gebe „beim bevorstehenden Abbruch des Nizza-Lokals kein denkmalpflegerisches Interesse an der Erhaltung des Brunnens“, läßt sich unterdessen nicht halten. Laut Liegenschaftsamt ist der Verbleib der Brunnenrelikte sogar Bestandteil des Vertrags mit der Metzler-Bank, die bekanntlich unter dem schönen Namen „Mainlust“ das neue Nizza-Restaurant bauen will.

Um die negativen Schwingungen umzudrehen, die der Magistrat gegen die Angelegenheit Grindbrunnen in Bewegung gesetzt hat, haben die Ortsbeiräte jetzt in „Dichtung und Wahrheit“, der Frankfurter Hausbibel, geblättert. Goethe sagt, so zitieren sie: „An dem rechten Ufer des Mains unterwärts, etwa eine halbe Stunde vom Thor, quillt ein Schwefelbrunnen, sauber eingefaßt und mit uralten Linden umgeben. Nicht weit davon steht der Hof zu den guten Leuten, ehemals ein um dieser Quelle willens erbautes Hospital“.

Der Magistrat hat einer erneuten Eingabe der Bürgerschaft, „den historischen Grindbrunnen zu erhalten“, eine Absage erteilt hat. Die Sache ist umso anrüchiger, als der Brunnenstock noch existiert: Samt Schale und Pumpenschwengel findet er sich hinter der verrammelten Tür des abbruchreifen China-Restaurants im Nizza. Just am Platz der legendären Heilwasser-Trinkhalle, die dort 1963 geschlossen wurde.

 

Weseler Werft:

Vor der Stadtbefestigung Frankfurts erstreckt sich in östlicher Richtung, das sogenannte Fischerfeld, ein unbebautes, ein häufig überschwemmtes Wiesenland. Sein flaches Ufer eignete sich besonders gut zum Anlanden von Holzflößen, die meist aus dem Spessart kamen. Das Holz wurde in hohen Stapeln gelagert. Anfang des 19. Jahrhunderts wird das unbefestigte Flußufer für den Gütertransport mit Schiffen und Flößen genutzt und Lagerplätze für Holz und Steine eingerichtet.

Erst gegen Ende des 18. Jahrhunderts wurde es bebaut. Die englische „Imperial Continental Gas Association“ errichtet1845 in der Obermainstraße eine Fabrik zur Herstellung von Gas aus Steinkohle. Daneben entsteht 1855 ein Sägewerk der Baufirma Philipp Holzmann & Cie. Das hier produzierte Gas diente zur Beleuchtung in Privathaushalten und von über 670 Gaslaternen in den Straßen Frankfurts.

Im Jahre  1858  wird  die Verbindungsbahn zwischen den am West- und Ostrand Frankfurts gelegenen Bahnhöfen eröffnet. Ihre Trasse führt entlang des Mains und verläuft an der Weseler Werft auf einem Damm.

In den Jahren 1876 bis 1878 wird die Obermainbrücke  (heute Ignatz-Bubis-Brücke) gebaut. Sie ist die erste Verbindung oberhalb der Alten Brücke. Flußaufwärts entstehen noch weitere Brücken: die Deutschherrenbrücke (1911-13) und zuletzt die Flößerbrücke (1983-86).

 

Schon kurz nach der Eröffnung des Westhafens 1887 wurde die Notwendigkeit eines weiteren Hafens erkannt, den man im Osten der Stadt plante. In den Jahren 1908 bis 1912 entstand zunächst der Unterhafen des Osthafens, 1915 wurde der Oberhafen eröffnet und bis 1958 weiter ausgebaut. An der Weseler Werft wird vor allem Baumaterial ausgeladen und gelagert. Nach dem Zweiten Weltkrieg handelt man hier mit Schüttgut.

Die Frankfurter Hafenanlagen waren mit vielfältigen Transport- und Hebeanlagen versehen.

Der Dampfkran an der Weseler Werft erinnert an die Zeit, als hier noch Baumaterialien und Schüttgüter wie Kies und Splitt umgeschlagen wurden. Er fuhr auf Schienen, die senkrecht zum Ufer verliefen. Ursprünglich war er  mit Kohle und Dampf betrieben, erhielt aber 1960 einen Dieselantrieb.

Im Jahre 1986 beschließt  die Stadt Frankfurt, das teilweise nicht mehr benötigte Hafengelände mit Wohn- und Gewerbebauten neu zu entwickeln. Die Weseler Werk soll zu einer Grünfläche umgewandelt werden. Erst  2001ist die Weseler Werft als Grünanlage mit großzügigen Wege und Platzflächen fertiggestellt. Eine neue breite Ufertreppe wurde geschaffen und der Hochkai freigelegt. Sie wird auch für große Open-Air-Konzerte genutzt.

Im Frühjahr wird die Weseler Werk öfter überschwemmt. Ihre Funktion als Überflutungsfläche wurde bei der neuen Gestaltung berücksichtigt. Es entstanden großzügige Pflasterflächen aus vorgefundenen Pflastersteinen, wobei die schon bestehende Wildstaudenflora, die solche extremen Standortbedingungen liebt, integriert wurde.

Die Weseler Werk nimmt als Grünanlage viele Bezüge zur früheren Nutzung auf. Spuren der Querstraßen zwischen den Lagerplätzen sind noch zu erkennen. Der frühere Hafenkai mit seinen historischen Kränen bildet heute eine Aussichtsbastion. Es wurden 250 Bäume neu gepflanzt, darunter 150 Platanen mit dem für Frankfurt typischen Flachschirm der Kronen. Sie begleiten als Allee die Trasse der Hafenbahn.

 

Städel:

Als Goethe im August und September 1815 auf einer seiner später in „Am Rhein, Main und Neckar“ beschriebenen Reisen in seiner Heimatstadt weilt, besucht er auch die zwei renommierten Frankfurter Johann Friedrich Städel und Ludwig Daniel Jassoy. Beim ersteren bewundert Goethe im Haus am Roßmarkt wieder einmal die Kunstschätze, deren unübersehbare Anzahl so wie ihr unschätzbarer Wert den öfter wiederkehrenden Kunstfreund in Erstaunen setze. Beim anderen, einem begeisterten Hobby-Blumenzüchter, findet er im Garten des Sachsenhäuser Anwesens „Freude und Aufmunterung“.

Städel und Jassoy sind zwei Namen, die bald für fast zwölf Jahre das juristische Deutschland beschäftigen sollen. Am 2. Dezember 1816 nämlich stirbt der 88jährige Johann Friedrich Städel. Der Junggeselle hinterläßt nicht nur jene von Goethe gerühmte umfangreiche Kunstsammlung - 500 Gemälde, 2000 Graphiken. Der ehemalige Gewürzgroßhändler und Bankier hat auch ein Privatvermögen von rund 1,3 Millionen Gulden angehäuft, nach heutigem Wert etwa 80 Millionen Mark.

In seinem Testament von 1815 hat Städel bestimmt, daß sein Erbe dazu verwandt werden soll, den Bürgern seiner Heimatstadt nicht nur eine Galerie zu bescheren, sondern auch eine Schule, an der Kindern „unbemittelter dahier verbürgerter Eltern ohne Unterschied des Geschlechts und der Religion“ unentgeltlich Kunstunterricht zuteil wird.

Die als Testamentsverwalter ernannten fünf Administratoren begeben sich auf die Suche nach einem geeigneten Haus - und dann sind die kulturellen Träume erst einmal ausgeträumt. Städels Vater Johann Daniel nämlich war ein echter „Eingeplackter“. Durch die Heirat mit der Frankfurterin Maria Dorothea Petzel hatte sich der Straßburger um 1720 Frankfurter Bürgerrecht erworben. So tauchten nun plötzlich französische Verwandte auf Cousin Ludwig Sigismund Städel in Paris und die Cousinen Catharine Sidonie Burguburu und Charlotte Salome Lasplace in Straßburg. Die drei reichen im September 1817 beim Frankfurter Stadtgericht Klage ein, wollen als natürliche Erben anerkannt werden.

Als Rechtsbeistand nehmen sie sich den 49-jährigen Ludwig Daniel Jassoy. Der ist nicht nur Blumenzüchter, sondern einer der anerkanntesten Juristen der Stadt. Er war Vertreter Frankfurts beim Wiener Kongreß  1815 und hat für die von der Franzosenherrschaft befreite Freie Reichsstadt den Entwurf einer Verfassung erarbeitet. Seinen Ruf als streitbaren Anwalt, den ein Chronist nicht von ungefähr den „Mephistopheles des Wiener Kongresses“ genannt hat, kann er bald beweisen.

Der Prozeß um das Städel-Erbe geht in den nächsten Jahren vom Frankfurter Stadtgericht zum Appelationsgericht und zurück und beschäftigt nicht weniger als sechsmal das Oberappelations­gericht in Lübeck, damals die für die Freie Reichsstadt zuständige höchste juristische Instanz. Darüber hinaus werden Gutsachten eingeholt, unter anderem bei den juristischen Fakultäten der Universitäten Bonn, Halle-Wittenberg, Jena, Landshut und Tübingen. Der langjährige Rechtsstreit - was Wunder - gebiert einen ganzen Aktenberg, der heute im Frankfurter Stadtarchiv lagert.

Im  Jahre 1822 stöhnt einer der Lübecker Richter, daß Jassoys  Sucht, die Schriftsätze zu vervielfältigen und eine große Zahl von Bogen mit dem unnützesten gehaltlosesten Geschwätz zu füllen, um nur recht viel zu verdienen, die Lektüre der Akte höchst ermüdend mache. Aber letztlich geht Jassoys Taktik auf. Städel hatte sein Vermögen „einem noch zu gründenden Institute“ vermacht - ein Fehler. Jassoy argumentiert knallhart: Etwas, das noch gar nicht existiert, kann auch nicht erben! Um den Streit zu verkürzen - Ludwig Sigismund Städel ist inzwischen gestorben, sein Erbe hat die Klage übernommen -  schlägt Jassoy schließlich im Oktober 1827 einen Vergleich vor, der ein Jahr später von allen Beteiligten akzeptiert ist: Die drei Erben bekommen pro Nase das erkleckliche Sümmchen von 111.000  Gulden (heute knapp sieben Millionen Mark) und verzichten dafür auf weitere Ansprüche. Das Städelsche Institut ist damit gerettet.

Die Gesetzeslücke, die Jassoy aufgetan hat, wird erst anno 1896 mit der Herausgabe des Bürgerlichen Gesetzbuches geschlossen: Paragraph 84 - der „Städel-Paragraph“- regelt, daß auch noch nicht existierende juristische Personen erbberechtigt sind.

Ludwig Daniel Jassoy, sechsfacher Vater und stadtbekannter Bonvivant, kann den Ruhm eines der bekanntesten Juristen Deutschlands nur noch ein paar Jahre genießen: 1831 stirbt er 63jährig. Vom Einkommen aus dem Städel-Prozeß ist da nichts mehr übrig, im Gegenteil: Der Jurist hinterläßt so viel Schulden, daß seine Witwe Amalie das Sachsenhäuser Anwesen mitsamt den Treibhäusern und dem Garten, den Goethe bewundert hat, verkaufen muß. In „Unvergängliche Vergangenheit - Erinnerungen einer alten Frankfurterin“ schreibt die 80jährige Sophie Eckardt-Jassoy im Jahre 1949 über ihren Urgroßvater: Das Verschwenden, die Freude am Theater, an schönen Frauen und nicht zuletzt an guter Küche ist ihm vererbt. Es ist eben immer kostspielig, Liebhaber zu sein, ob es sich um Frauen, Blumen, Bücher, Bilder oder sonst was handelt“.

 

Alte Brücke:

Die Diskussion um eine „Flanierbrücke“ im Jahre 1999 wollte dem ältesten Brückenbauwerk der Stadt wieder den Wert eines „Erlebnisraums“ zu geben, der Museumsufer und Kulturmeile Braubachstraße verbinden könnte. Laut Beschluß des Magistrats soll es bei den fünf Fahrspuren zu je drei Metern Breite bleiben. Die beiden fehlenden Brückenbögen in der Mitte, die 1945 von der Wehrmacht gesprengt worden waren, könnten in der Fahrrinne nicht rekonstruiert werden.

Im Jahre 2003 wird das 70 Meter lange Mittelteil abgebrochen

Aber die Sandstein-Kopfelemente werden saniert und um die fehlenden Brüstungen ergänzt.

Zwei Fußgängerstege sollen nun in den Brückenquerschnitt integriert werden; das Bauwerk wird damit 22,5 Meter breit, einen Meter breiter  als vorher. Statt der Betonsperren, die heute vor dem Absturz schützen, werden künftig Geländer mit Stahlseilen angebracht.

Die Alte Brücke ist d i e Brücke Frankfurts. Die Frankfurter haben eine besondere emotionale Beziehung dazu. Erhalten blieb der „Brickegickel“, der die zum Tode Verurteilten, die hier in den Main gestürzt wurden, ein letztes Mal zu ermahnen.

Im Blickpunkt des Entwurfs steht, in Erinnerung an die frühere Brückenmühle, ein Türmchen auf der Maininsel, das ein privater Investor zahlt. Unten solle die Rudergesellschaft ihre Räume behalten, oben stelle man sich etwa ein Aussichts-Café vor. Der Turm wird von der Brücke aus nur durch einen Steg zugänglich sein. Das Inselleben des Vogelschutzgebiets wird nicht berührt.

 

Am 5. April 2006 eröffnet Oberbürgermeisterin Petra Roth gemeinsam mit dem Rektor der Städelschule, Daniel Birnbaum, die Kunstgalerie. Bis zuletzt hatten Anwohner und Umweltschützer vergeblich gegen den Bau auf der Maininsel protestiert. Hatten vor dem Frankfurter Verwaltungsgericht und vor dem hessischen Verwaltungsgerichtshof geklagt, hatten Unterschriften gesammelt und mit allen Mitteln versucht, einen Baustop zu erwirken, als Römerpolitiker und Kunstschaffende längst das Richtfest feierten.

Ausgerichtet aber haben die Kritiker des Projekts nichts: Der Portikus steht. Rund 28 Meter ist er hoch und bietet mehr als 100 Quadratmeter Ausstellungsfläche. Im Mai präsentieren dort der argentinische Bildhauer Tomas Saraceno und die slowenische Künstlerin Marietica Potrc als erste ihre Werke.

Eine Insel der Kunst mitten im Main hat der Architekt Christoph Mäckler mit seinem Bauwerk geschaffen. Dabei war lange Zeit unklar, ob es den Portikus auf der Maininsel tatsächlich geben würde. Im Jahre 2002 hatte Mäckler seine Pläne ins Gespräch gebracht, als die Stadt nach einer neuen Bleibe für die Kunstgalerie im alten Portikus suchte. Der Container, in dem die Galerie damals untergebracht war, sollte abgerissen werden, um dort die alte Stadtbibliothek wieder aufzubauen.

Im Dezember 2002 beschloß der Magistrat, die Entwürfe Mäcklers umzusetzen und die neue Galerie auf der Maininsel zu errichten. Vorgesehen war ein Hauptgebäude – der Portikus – auf der westlichen Seite der Brücke sowie ein Turm auf der östlichen Seite, in dem Platz für ein Restaurant und ein Brückenmuseum sein sollte.

Ein Investor schien rasch gefunden: Im März 2003 unterzeichnete die Stadt Frankfurt den Vertrag mit Geldgeber Ardi Goldman. Der allerdings sprang wenige Monate später wieder ab. Die Stiftung Giersch übernahm das Projekt. Die Verhandlungen zwischen dem neuen Investor und der Stadt Frankfurt allerdings zogen sich wegen Bedenken des Stiftungsgründers, Carlo Giersch, immer wieder in die Länge. Grund für das Zögern des Investors waren unter anderem Proteste von Naturschützern, Ortsbeirat und der Bürgerinitiative „Rettet die Maininsel”.

Sie sahen in dem Vorhaben eine Gefahr für Vögel, die auf der Maininsel brüten. Außerdem

sei das Gelände im Flächennutzungsplan als Grünfläche ausgewiesen und dürfe deshalb nicht bebaut werden. Gleichzeitig sprachen sich die Ruderer des Frankfurter Rudervereins 1865 gegen die Bebauung der Insel aus, die sie als Bootsanlegestelle nutzen.

Erst im Februar 2005 war alles besiegelt. Die Stiftung Giersch verpflichtete sich, den Portikus für 1,5 Millionen Euro zu finanzieren, nicht aber den Turm auf der anderen Seite der Brücke. Die Stadt Frankfurt mietet im Gegenzug das Gebäude für 65.000 Euro pro Jahr.

Ende März vergangenen Jahres begannen die Bauarbeiten, begleitet von Protesten der Naturschützer. Die Klage dreier Bürger vor dem Frankfurter Landgericht und vor dem Hessischen Verwaltungsgerichtshof in Kassel wegen Verstoßes gegen das Naturschutz- und Baurecht scheiterte im Jahr 2005.

 

Alte Stadtbibliothek:

Nur noch ein trauriger Säulenvorbau hat nach dem Zweiten Weltkrieg daran erinnert, daß Frankfurt einmal direkt am Main eine der prächtigsten Stadtbibliotheken Deutschlands besaß. Der damalige Stadtbaumeister Johann Friedrich Christian Hess lieferte die Pläne für die Bibliothek, die in den Jahren 1820 bis 1825 gebaut wurde. Das Haus zerstörten Brandbomben, die bei mehreren Luftangriffen des Zweiten Weltkrieges 1944 fielen. Es überdauerten nur die Säulen des Eingangs, eben der Portikus.

Städelschul-Rektor Daniel Birnbaum wollte zurücktreten falls das der Schule angegliederte Ausstellungsgebäude ersatzlos entfalle. Im Mai 199 überlegte der damalige Planungsdezernent Martin Wentz, die im Zweiten Weltkrieg zerstörte Stadtbibliothek von 1825 von privaten Geldgebern wieder errichten zu lassen. Nördlich der Ignatz-Bubis-Brücke unter der Anschrift „Schöne Aussicht  2“ steht von dem alten Bauwerk nur noch die Säulenreihe des Portikus, hinter der in einem Container die Ausstellungsfläche angegliedert ist. Wentz schlug 1999 als ein Stück Stadtreparatur ein „Haus der Begegnung“ nach den alten Plänen der Stadtbibliothek vor, das damals 13,5 Millionen Mark kosten sollte. Später gab es dazu einen Grundsatzbeschluß der Stadtverordnetenversammlung, doch die Kommune wollte für das Projekt kein Geld geben.

Jetzt bekundet die finanziell sehr gut ausgestattete Hertie-Stiftung in Frankfurt Interesse, den Hauptteil der Investitionen zu übernehmen.

Rund 2,5 Millionen Euro zu den nötigen Investitionskosten möchte die Landesbank Hessen- Thüringen beisteuern. Dieses Geld gilt zugleich als Ablösesumme: Nach dem städtischen Rahmenplan Bankenviertel war das Kreditinstitut verpflichtet, im Sockel seines Main-Towers an der Neuen Mainzer Straße und auf seinen Grundstücken zwischen Junghofstraße, Neuer Mainzer Straße und Neuer Rothofstraße 25.000 Quadratmeter für Beherbergungsbetriebe zu reservieren. Doch dazu kam es nie.

Freilich: Es gibt offene Fragen. Um dem neuen Gebäude eine Zweckbestimmung zu geben, wird überlegt, das städtische Literaturhaus von der Bockenheimer Landstraße 102 dorthin umziehen zu lassen. Allerdings reicht der Mietvertrag der Einrichtung im Westend bis zum Jahre 2007. Für den Ausstellungsraum des Portikus ist kein neues Domizil in Sicht.

Mit der neuen Bebauung auf dem städtischen Portikus-Gelände verfolgt Wentz aber auch städtebauliche Ziele. Wallanlagen und Mainufer sollen enger verknüpft, das neue Haus vom Grün der Wallanlagen umgeben werden. Der große Straßenknoten vor dem Portikus soll schrumpfen. Schon1999 beschäftigten sich private Investoren mit dem Plan, ein luxuriöses Hotel dort zu errichten, das sich weitgehend an den alten Maßen der alten Staatbibliothek orientieren sollte. Sie präsentierten Pläne für ein luxuriöses Hotel der Spitzenklasse mit 125 Zimmern und Suiten. Es sollte sich zum Main hin auf zwei Stockwerke beschränken, zu den Wallanlagen hin „etwas höher ausfallen“. In Verhandlungen mit dem Direktorium des „Heilig-Geist-Hospitals“ wurde sogar ins Auge gefaßt, einen Abriß des Hochhauses hinter dem Portikus zu erreichen, in dem vor allem Krankenschwestern und Pfleger wohnen. Doch da die Oberbürgerbürgermeisterin eine kulturelle Nutzung favorisiert, wurden  die Investitoren abschlägig beschieden.

Drei Jahre nach ersten entsprechenden Überlegungen hat die Frankfurter Stadtregierung am im April 2002 den Weg freigemacht für den Wiederaufbau der historischen Stadtbibliothek am nördlichen Mainufer. Die formale Bau- und Finanzierungsvorlage soll am 19. April beschlossen werden. In das neue Gebäude soll 2005 das städtische Literaturhaus umziehen, das in der Villa Bockenheimer Landstraße 102 untergebracht ist.

Der Magistrat gab eine Garantie-Erklärung dafür ab, daß die Kunsthalle Portikus der Städelschule an anderer Stelle wieder erstehe. Bis Baubeginn Mitte 2003 will die Kommune einen Ersatzstandort definieren. Nordhoff verhandelt mit Städelschul-Rektor Daniel Birnbaum. Der soll Offerten verworfen haben, zuletzt einen Parkplatz am Main.

Der Einsatz der Spender wurde in einer Pressekonferenz mit sieben Millionen Euro beziffert. Diese Summe dürfe nicht überschritten werden, wofür ein Controlling sorgen solle. Michael Endres, Vorstandsvorsitzender der Gemeinnützigen Hertie-Stiftung, ordnete das Engagement dem Stiftungsziel der „Volksbildung“ zu.

Im Magistratsbeschluß ist von einem grundsätzlich historischen Wiederaufbau der Alten Stadtbibliothek „in ihrer ursprünglichen Dimension von 1825“ die Rede. Bauliche Details solle ein einfaches architektonisches Gutachterverfahren festlegen und ein Fachbeirat erörtern, dem auch Stadtverordnete angehören. Roth zog sogar die Parallele zur diskutierten Wiederherstellung des Berliner Stadtschlosses. An der Schönen Aussicht sei nicht an eine detailgetreue Rekonstruktion des hervorragenden Bibliotheksgebäudes gedacht. Vestibül und Treppenhaus sollen wieder erstehen an. Die Maße der „Nutzungsräume“ werden im Gutachterverfahren festgelegt. Auch der Vorplatz, ehemals ein Rondell mit Lessing-Büste (1885), ist einbezogen.

 

Ein Auswahlgremium hat für die Rekonstruktion der alten Stadtbibliothek den Vorschlag von Christoph Mäckler ausgesucht. Erstens, weil der Architekt sich an das historische Bild des Baus hält, zweitens weil die von ihm erdachte Raumfolge überzeugte. Der Plan könnte aber die Kunsthalle Portikus heimatlos machen. 

Mäckler will für das Literaturhaus in den neuen Altbau, der nach dem Versprechen der Initiatoren eines Bürgervereins „Alte Stadtbibliothek“ bis 2005 stehen soll, nicht nur eine Gastronomie, sondern zwei Säle einpassen. Einer davon, der Lesesaal in der Beletage, hätte das Zeug dazu der „kleine Kaisersaal der Stadt“ zu werden.  Der Originalbau war ein Haus für Wenige gewesen, nun aber war er zur Nutzung für Lesungen, Ausstellungen und Veranstaltungen zu einem Haus für Viele zu gestalten.

Eine historisierende Wiedererstellung war erwünscht. Man rechnete sogar mit Relikten und Trümmern des 1944 von Bomben getroffenen Hauses, mit denen beim Abbruch der Keller verfüllt worden sei. Möglicherweise finden sich da unten auch noch Reste des riesigen Goethe-Standbilds, das im Vestibül stand.

Die Kunsthalle Portikus soll in den Neubau auf der Maininsel. Man plante auch, das  Obermaintor, ein  kleiner Arkadenbau, einst eine Zollstation, zu rekonstruieren. Oberbürgermeisterin Petra würde am liebsten auch den Vorplatz Richtung Brücke wieder herstellen lassen. Ähnliches gilt für die Rückseite: Da steht das Schwestern-Hochhaus von 1974, dem alle wünschen, daß seine Lebensdauer am Ende ist.  Laut Roth macht Frankfurt mit diesem Projekt den ersten Schritt in ein neues Ostend.

Fassade und Außenmauern wurden originalgetreu aufgebaut, im Innern des großzügigen Baus sind allerdings Decken und tragende Wände aus Beton.  Über sieben Millionen Euro hat der Wiederaufbau der Stadtbibliothek gekostet, den vor allem die Hertie-Stiftung und zu einem  kleineren Teil die Landesbank Hessen-Thüringen finanziert haben. Der Verein hat außerdem Privatspenden eingetrieben.

So konnte das Literaturhaus  aus dem großbürgerlichen Westen in den  mehr kleinbürgerlichen Osten umziehen, so daß dieser dadurch eine Aufwertung erfuhr. Bei der Eröffnung der repräsentativen Stadtbibliothek haben renommierte Frankfurter Schriftsteller wie Robert Gernhardt, Martin Mosebach und Wilhelm Genazino ihre persönlichen literarischen Spaziergänge durch die Stadt geschildert.

 

Europäische  Zentralbank:

Die Großmarkthalle wurde 1926 - 1928 in der Nähe des neuen Osthafens und des Ostbahnhofs errichtet. Architekt des 220 Meter langen, markanten Baues war Martin Elsässer (1860  -  1957). Nach der Verlagerung des Großmarktes 2003 wurde hier der Sitz der Europäischen Zentralbank sein  errichtet.  Neben der denkmalgeschützten Halle entstand ein Gebäude- Ensemble mit Hochhaus.

 

Hospital „Zum Heiligen Geist“:

Dae Stiftung aus den Anfängen des 13. Jahrhunderts steht in ihrer eigenen Tradition der Mildtätigkeit. Wann diese Stiftung gegründet wurde, kann nicht genau datiert werden, aber man kann sich für das Jahr 1208 entscheiden. Unmittelbar nach dem Tod des geistigen und tatkräftigen Initiators der  „Hospitalbewegung“, des Italieners Guido von Montpellier, wurde in Wien das erste Hospital „Zum heiligen Geist“ auf dem Boden des deutschen Römischen Reiches errichtet, viele folgten. Es war die hochmittelalterliche Zeit des enormen geistigen Umbruchs und über Handelsstraßen und Handelszentren breiteten sich auch die religiös-sozialen Ideen über Grenzen hinweg schnell aus.

Da war es nur noch eine Frage der Zeit wann sich auch in Frankfurt Frauen und Männer zu einem Orden des Heiligen Geistes zusammenschließen würden, um Pilger, fahrende Leute und Durchziehende zu beherbergen und Kranke aufzunehmen und sie zu pflegen. Seit 1215 jedenfalls ist der Platz am Main nachweisbar: Man brauchte das Wasser für die Hygiene. Herberge und Hospital standen dort bis zum Abriß im Jahr 1839, als die neue Krankenanstalt am östlichen Anlagenring ihre Türen öffnete. Das Hospital zum Heiligen Geist in der Langen Straße war nun nach neuesten medizinischen und technischen Erkenntnissen und Möglichkeiten ausgestattet und wurde zu einem Anziehungspunkt fachlicher Interessen aus ganz Europa.

Weil aber die Zuwendung zu kranken und Armen unter wahrer Aufopferung der eigenen Bedürfnisse nicht jedermann Sache war, gutbetuchte Bürger aber ihr Seelenheil retten und Gutes tun wollten, wuchs die Stiftung zum heiligen Geist vor allem in den Anfängen über Legate in Form von Ländereien, Höfen und Häusern zu beträchtlicher Größe an. Diese legten nicht nur die solide finanzielle Grundlage für alles Handeln in allen politischen Höhen und Tiefen der Jahrhunderte, sondern landwirtschaftliche Betriebe im Taunus bestritten zum Beispiel in Notzeiten auch die gesamte Ernährung des Hospitals und anderer Einrichtungen, die folgten.

Die Stiftung hat Wiesen, Wälder und den Wasserstollen, der Königstein noch immer beliefert.

Sie ist nur einmal vom Grundsatz „Grund und Boden darf nicht veräußert werden“ abgewichen ist, als die Stadt Gelände am Osthafen von ihr kaufte und das Geld in der Inflation prompt flöten ging. Die jährliche Ausschüttung der Stiftung kommt heute vor allem der Anschaffung moderner Geräte zugute, steht aber auch für Maßnahmen zur Verfügung, die über die üblichen pauschalen Fördermittel nicht abgedeckt werden können.

Die Entwicklung von Krankenhäusern zu Gesundheitszentren läßt sich an dem zweiten stiftungseigenen Krankenhaus Nordwest mit 605 Betten absehen. Im Jahre 1963 am Rande der Nordweststadt auf die Wiese gestellt, erweitert und immer wieder modernisiert, hat es über international anerkannte Erfolge in Lehre, Diagnostik und Therapie eine weit über Frankfurt und die Landesgrenzen hinausgehende Bedeutung.

Die 1994 eröffnete onkologische Tagesklinik zum Beispiel war Modellprojekt für Hessen. Sie steht, wie andere medizinische Bereiche auch, in enger Kooperation mit Hausärzten und schließt eine Lücke in der Behandlung von schwer krebskranken Patienten. Und Angehörige, die in unmittelbarer Nähe ihrer Kranken bleiben möchten, können im Hotel auf dem Klinikgelände zu erträglichem Preis übernachten. Der gesamte Service-Bereich untersteht seit zwei Jahren ebenfalls der Stiftung, eine Maßnahme, die sich rechnet.

Gutes Management hat die Stiftung Hospital zum Heiligen Geist schon über die Jahrhunderte gebracht und die einstige Idee immer mehr auf professionelle Füße gestellt.  Die Zuwendung zum Menschen, aus religiöser Quelle in die Tat umgesetzt, ist und bleibt der Stiftungsauftrag. Doch der braucht auch die irdischen Mittel und Wege.

 

Synagoge in der Friedberger Anlage:

Am 21. November 1905 wurde der Grundstein zu einer Synagoge  an der Friedberger Anlage gelegt. Bei der Einweihung am 29. August 1907 waren die Medien voll des Lobs. Die Synagoge besitze, schrieb etwa die Jewish Communities Series, „a great poetic charm”, großen poetischen Charme.

Das Sakralgebäude mit Vorhof, flankiert von zweigeschossigen Flügelbauten, war mit 1.600 Plätzen Frankfurts größte Synagoge, eine der stattlichsten in ganz Deutschland und für Jahrhunderte gebaut. Doch 33 Jahre nach der Grundsteinlegung wurde sie in der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938, als der Nazi-Mob überall im Land wütete, zerstört. Ein Hochbunker, 1942 auf dem Fundament errichtet, sollte jede Spur der Synagoge verwischen.

Ohne die Initiative 9. November wäre sie vermutlich halb vergessen und das Mahnmal vor dem Bunker überwuchert. Doch ein großes Synagogen-Foto an der Fassade erinnert heute, was einst hier stand. Das Grün ist gepflegt. Und das Erdgeschoß des Bunkers beherbergt ein Geschichtsbüro - betrieben von der Initiative 9. November und dem Jüdischen Museum - sowie die Ausstellung „Ostend - Blick in ein jüdisches Viertel”. Hinter den Bunker wurden jüngst Kellerteile der Synagoge frei gelegt.

Geschichtsbüro und Ausstellung gelangten gegen allerhand Hindernisse in den Bunker. Die Initiative entstand aus einem Erinnerungsprojekt 1988, zum 50. Jahrestag des faschistischen Novemberpogroms. Damals hatte Oberbürgermeister Wolfram Brück eine Gedenkveranstaltung im Bunker verweigert: Der Tag sei besser „still” zu verbringen.

Stattdessen wurde die Initiative an jenem 9. November laut. Vor dem Bunker verlas sie aus dem „Deportationsbuch” von Adolf Diamant die Namen der aus Frankfurt deportierten Juden. Die Verlesung jeden Samstag wurde bis zum Sommer 1989 fortgesetzt. „Da war man erst beim Buchstaben M angekommen”, sagt Scheunemann. Beharrlich verfolgte die Initiative die Öffnung des Bunkers. Ein Symposium im Jahr 1993 bestärkte sie, dort einen „Lern-. und Begegnungsort” einzurichten.

Konkret wurde das Projekt, als die Branddirektion am 9. November 2002 den Mietvertrag zur Erdgeschoß-Nutzung unterschrieb. Im Jahre 2003 eröffnete die Ausstellung.  Zunehmend kommen Juden, die ihre Heimat besuchen. Bilder, Dias, Interviews auf Band und Computer-Präsentation zeichnen ein lebendiges Bild des jüdischen Viertels, das ihre Ex-Bewohner tief berührt. Für ihre Arbeit erhielt die Initiative 2004 den mit 5000 Euro dotierten Preis der Bundesstiftung „Bündnis für Demokratie und Toleranz”. Ein Dokumentationszentrum will die Initiative 9. November bald auch aufbauen. Im Frühjahr 2006 ist ein Symposium zur Nutzung des gesamten Bunkers geplant.

 

Uhrtürmchen:

In Frankfurt gibt es zwei Uhrtürmchen, das Bornheimer und das beim Zoo. Man kann sie leicht verwechseln, denn wer sich „am Uhrtürmchen“ verabredete, wartete vielleicht eine Stunde lang in Bornheim auf den Partner, der sich gleichzeitig am Zoo vergeblich die Beine in den Bauch stand. Allzugroß ist die Entfernung zwischen beiden Uhrtürmen nicht, was die Verwechslungsgefahr erhöht.

Am Bornheimer Uhrturm auf der Berger Straße, da ist was los. Und das war auch schon nach 1877 so, als Bornheim in die Großstadt eingemeindet worden war und Zeichen setzen mußte. „Das Suggerieren von Urbanität“ nennt der frühere Frankfurter Stadtkonservator Heinz Scho­mann die unterschwellige Absicht.

Im Jahre 1894 war es auch in der Friedberger Anlage nahe dem Zoo so weit: Die Verschönerungsinitiative namens „Ostend Verein“ brachte das zweite aus der Geschichte erhaltene Uhrtürmchen in die Stadt und schuf damit einen Lieblingstreffpunkt junger Mädchen mit weißen Schürzen, die sich unter der Uhr sammelten, um die außen herum stehende Jungs in halblangen Hosen und Matrosenblusen nicht aus den Augen zu verlieren.  Das schlanke Uhrtürmchen mit dem Ritter obendrauf wurde im Lauf der Jahrzehnte auch mehrmals versetzt und findet sich seit langem von Auto-Fahrspuren eingeschnürt, was die Bedeutung mindert.

Solche Uhrtürmchen waren zu ihrer Zeit das übliche Straßenmobiliar, weil nicht jeder eine Armbanduhr trug und doch wissen sollte, wann es Zeit ist, heim zu gehen. Deshalb gab es auch in Frankfurt noch mehr davon - als das beeindruckendste ist das „Manskopfsche Uhrtürmchen“ in Erinnerung.  Das trug einen Engel über dem Uhrgehäuse, stand mitten auf der Kreuzung Gallusanlage- Kaiserstraße und wurde 1926 als Verkehrshindernis abgebrochen und weggeworfen.

 

 

 

Westen

 

Höchst

Ludwig Erhard legte im Frankfurter Westen den Grundstein für seine „Soziale Markt­wirtschaft“, Gustav Weißkopf, dem noch vor den Gebrüdern Wright der erste Motorflug gelang, ging in Höchst zur Schule. Und gleich drei Nobelpreisträger, nämlich Robert Koch. Paul Ehrlich und Emil von Behring, sind eng mit Hoechst und Höchst verbunden.

 

Eingemeindung

Das stolze Höchst, das die große Nachbarin gerne links liegen ließ, einst den Handelsschiffen auf dem Weg nach Frankfurt erheblichen Zoll abknöpfte, sich unerschrocken in Kriege gegen die Nachbarschaft warf, unter den kurmainzischen Erzbischöfen florierend Handel betrieb und mit Hilfe des Chemiekonzerns einen Namen mit Weltgeltung errang: Dieses stolze Höchst verlor am 1. April 1928 mit dem Inkrafttreten des Eingemeindungsvertrags seine Selbständigkeit.

Druck, zu einer Gebietsreform zu gelangen, hatte die damalige preußische Regierung ausgeübt. Aus Kostengründen verfolgte man in den zwanziger Jahren das Zusammenlegen von Städten und Gemeinden zu größeren Verwaltungseinheiten. Auch um einer drohenden Zwangseingemeindung per Gesetz zuvorzukommen, entschlossen sich die damaligen Höchster Stadtväter, die Verhandlungen mit der Nachbarstadt Frankfurt aufzunehmen.

Eine große Rolle spielten bei den Überlegungen die Finanzen. Denn die damaligen Farbwerke, die Lebensader von Höchst und seiner Umgebung, war 1925 dem Zusammenschluß IG Farbenindustrie beigetreten. Die nahm ihren Sitz bekanntlich in Frankfurt. Ein reichlicher Teil der Gewerbesteuer floß nun nicht mehr nach Höchst, sondern eben in die Nachbarschaft. Stetige Einbußen waren absehbar. Eine Aufstellung der Stadtverwaltung von 1927 weist nach der IG-Farben-Gründung eine Minderung bei der Gewerbesteuer um ein Drittel, bei der Gewerbekapitalsteuer um fast 50 Prozent aus. Die lange gehegte Vision von einem Groß- Höchst war damit endgültig begraben. Und da Griesheim, Schwanheim und Sossenheim bereits von Frankfurt geködert worden waren - auch da ging es ums Geld, da Frankfurt diesen Gemeinden seit Jahren immer wieder mit Überbrückungsdarlehen ausgeholfen hatte - verlor Höchst jegliche Ausdehnungsmöglichkeiten.

All diese Überlegungen führten schließlich dazu, daß der Höchster Bürgermeister Bruno Müller mit einer Frankfurter Delegation im Sommer 1927 „schweren Herzens“ Eingemeindungsverhandlungen aufnahm. Oberbürgermeister Frankfurts war damals Ludwig Landmann. Überliefert ist, daß die Verhandlungen „mit großer Zähigkeit“ geführt wurden. Fest entschlossen waren die Höchster, die Sonderstellung von Höchst als Bezirkszentrum und Sitz der Kreisverwaltung Höchst (heute Main-Taunus-Kreis), zu bewahren.

Am härtesten wurde allerdings nach Überlieferungen ums Geld, also um die Steuern, gerungen. Außerordentlich günstige Bedingungen konnten die Höchster sich schließlich sichern. Dazu gehörte Gebührenfreiheit für 20 Jahre für die Müllabfuhr, während gleichzeitig die günstigeren Tarife für Gas, Wasser und Strom sowie die bessere Beamtenbesoldung übernommen wurden. Verankert wurden außerdem unter anderem ein Hallenbad, eine Brücke über den Main und eine Straßenbahnlinie nach Sindlingen. Am 5. Januar 1928 beschlossen die Höchsten und Frankfurter Stadtverordneten den Vertrag, der knapp drei Monate später in Kraft trat. Nach 573 Jahren der Gültigkeit seines Stadtrechts war Höchst nur noch ein Frankfurter Stadtteil von vielen.

Frankfurt hatte durch die Eingemeindung durchaus an Größe gewonnen. Die Gemarkungsfläche wuchs um 44 Prozent auf einen Gesamtumfang von 19.462 Hektar. Nur Köln und Berlin erstreckten sich damals  über eine größere Fläche. Inklusive der 72.595 Neubürger lebten nun rund 548.500 Menschen in der Stadt. Und als nach dem Zweiten Weltkrieg nach Zerschlagung der IG Farben Hoechst komplett nach Höchst zurückzog, hatte Frankfurt den eindeutig besten Schnitt gemacht. Es hatte den wohl größten Gewerbesteuerzahler eingemeindet.

 

Porzellanmanufaktur:

Die Höchster Porzellanmanufaktur ist die zweitälteste in Deutschland und gestaltet bis heute hochwertiges Porzellan in traditioneller, kunsthandwerklicher Fertigung. Höchst stellte neben Meißen und Wien die dritte europäische Porzellan-Manufaktur. Mitarbeiter der ersten und berühmtesten Manufaktur auf deutschem Boden zogen vom Elbeufer ins Land, um dort weitere Produktionsstätten zu gründen. Mit kirchlichem Privileg aus Mainz entstand so auch 1746 die Höchster Porzellan Manufaktur.

Gegründet von Adam Friedrich von Löwenfink aus Meißen, den Frankfurtern Johann Christoph Göltz und dessen Schwiegersohn Johann Felican Claus, begann die Produktion des „weißen Goldes“ in der Zehntscheuer (im Antoniterkloster). Die Manufaktur entwickelte sich rasch zu einem Betrieb, dessen Erzeugnisse sich durchaus mit Meißner Porzellan messen konnten. Im Jahre 1927 erfolgte der Abriß des restlichen Alten Porzellanhofes zwischen Wed und Rosengasse (heute die Verlängerung der Antoniter­straße zwischen Höchster Markt und Bolon­garo­straße).  Hier hatte zwischen 1746 und 1796 die erste Höchster Porzellanmanufaktur ihre Fabrikationsstätte.

Meisterwerke aus der Höchster Manufaktur sind unter anderem im Höchster Schloß zu sehen. Präsentiert werden sie auch im Bolongaropalast, die neuen Kreationen sind im Dalberg-Haus käuflich zu erwerben. Und in der Porzellan-Manufaktur in der Palleskestraße 32 (östlich der Abzweigung der Bahn nach Schwalbach und der S-Bahn nach Frankfurt, am Höchster Stadtpark) können Besucher unmittelbar dabei sein, wenn die Rohmasse gegossen und gebrannt wird. Man kann von der Herstellung der Porzellanmasse über das Modellieren bis zur Handmalerei den gesamten kunsthandwerklichen Fertigungsprozeß live erleben und den Künstlern bei ihrer Arbeit über die Schulter schauen (Öffentliche Führungen: Dienstags um 10.00 und 15.00 Uhr. Direktverkauf: Mo - Fr 9.30-18.00, Sa 9.30-14.00 Uhr).

Seit einigen Jahren befaßt sich die Manufaktur auch mit modernem Design. Innovative Ideen tragen mehr und mehr dem Zeitgeist Rechnung. Jedes Stück ist ein handgefertigtes Meisterwerk und trägt als Markenzeichen das Rad des Stadtwappens und den Namen Höchst - Garant für Echtheit und Zeichen einer einzigartigen Tradition.

Zum Erfolg beigetragen haben dürfte, daß sie die kunsthandwerkliche Erfahrung ihrer Mitarbeiter nicht nur für die Herstellung künstlerisch bemerkenswerter Kostbarkeiten einsetzt, sondern in großem Umfang individuell gestaltetes und dekoriertes Gebrauchsporzellan der Spitzenklasse produziert. Zu ihren Kunden zählen von Vermögenden mit dem Wunsch nach einem hauseigenen Porzellan über anspruchsvolle Hotels, gesellschaftliche Treffpunkte bis hin zu einer Vielzahl ganz normaler Mitbürgerinnen und Mitbürger, die sich einfach an schönem Porzellan erfreuen können und es zu schätzen wissen.

 

Altstadt:

Die allermeisten Bauwerke der Höchster Altstadt stammen aus der Zeit nach der Zerstörung von 1396. Im Zuge dieses Wiederaufbaus wurde die Stadt mit einer der Zeit entsprechenden Stadtbefestigung versehen und bis 1475 zweimal erweitert. Danach änderte sich bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts an der grundsätzlichen Struktur der Höchster Altstadt nur wenig, Auch die beiden Brandkatastrophen und kriegerische Ereignisse hatten keinen gravierenden Einfluß. Viele Parzellen waren unbebaut, es herrschte kein akuter Platzmangel. So bestand auch kein Bedürfnis nach einer erneuten Erweiterung der Stadt. Daher stieß auch das seit 1771 geförderte Neustadtprojekt des Kurfürsten Emmerich Joseph auf wenig Interesse bei den Höchster Bürgern.

Mit dem Ende des Heiligen Römischen Reiches ging Höchst vom ehemaligen Kurmainz in nassauische Herrschaft über. Im 19. Jahrhundert wurden dann unter der neuen Regierung die landseitigen Befestigungsanlagen im Norden, Osten und Westen der Stadt bis auf wenige Reste abgetragen, um dem wachsenden Verkehrsaufkommen auf der Mainzer Landstraße und der Ausdehnung der Stadt ab 1860 Platz zu machen.

Wie wenig die Höchster Altstadt in dieser Zeit als Kulturerbe angesehen wurde, zeigen auch Planungen des Stadtarchitekten Carl Rohleder aus den Zwanzigern für ein Groß-Höchst. Rohleders radikaler Plan aus dem Jahr 1924 ging von einem Abriß der gesamten nördlichen Altstadt zwischen Storchgasse und Wed aus, um Platz für einen neuen Marktplatz und eine Markthalle zu schaffen. Erhalten geblieben wäre an der Hauptstraße (heute Bolongaro­straße) lediglich das Kronberger Haus und sein Nachbarhaus zur Linken. Diese Pläne konnte die Stadt Höchst mangels Finanzmitteln – bedingt durch die Inflation, die Kosten der französischen Besatzung zwischen 1918 und 1930 sowie sinkende Gewerbesteuereinnahmen – jedoch nicht verwirklichen.

Ein Umdenken in Richtung Erhaltung der alten Bausubstanz als Ganzes erfolgte erst in den siebziger Jahren. Einige der Bauten waren dringend renovierungsbedürftig oder so baufällig, daß der Abriß erwogen wurde. Durch die ehrenamtliche Initiative der Bürgervereinigung Höchster Altstadt und teilweise das finanzielle Engagement der Farbwerke Hoechst konnten die Häuser erhalten werden. Die Bürgervereinigung wurde im März 1977 für ihre Arbeit mit der von der Stadt Frankfurt vergebenen Walter-Möller-Plakette für bürgerschaftliche Mitarbeit ausgezeichnet.

Nachdem bereits im Januar 1959 einige Baudenkmäler und Häuser der Höchster Altstadt durch eine Bausatzung der Stadt Frankfurt geschützt worden waren, wurde am 10. Februar 1972 die Höchster Altstadt per Frankfurter Ortsstatut als Gesamtensemble unter Denkmalschutz gestellt. So konnte sie erhalten und in den folgenden Jahren renoviert werden – ein Prozeß, der allerdings bis heute noch nicht abgeschlossen ist. Eine ganze Reihe von Häusern wartet aufgrund ungeklärter Besitzverhältnisse, Finanzmangel oder wegen baurechtlicher Gründe immer noch auf die Renovierung.

Die Höchster Altstadt, die im Zweiten Weltkrieg nur wenig beschädigt wurde, drang immer mehr als ein einmaliges Schmuckstück Frankfurts ins Bewußtsein vieler und wurde ein Vorbild für Stadtsanierung. Rund 300 farbenprächtige Fachwerkhäuser fügen sich an der Nordseite des Schloßplatzes und am Burggraben zu einem geschlossenen Stadtbild. Kopfsteinpflaster und historischen Vorbildern nachempfundene Laternen erinnern ebenso an längst verflossene Zeiten, wie die kleinen Häuschen mit blumengeschmückten Fenstern, niedrigen Türen und rustikalen Fensterläden.

 

R  u n d g a n g:

Mit dem Parken ist es in der Höchster Altstadt schwierig. Direkt am Main gibt es in der Straße „Batterie“ zwei Parkplätze, die aber gerade am Sonntag viel belegt sind. Als Alternative kommt der Marktplatz in Frage, den man direkt erreicht, wenn man von der Autobahnabfahrt Frankfurt-Höchst auf der A 66 auf der Königsteiner Straße in die Stadt fährt. Der Rundgang beginnt dennoch am Main.

 

Stadtmauer:

Im 19. Jahrhundert wurden die Höchster Stadtmauern abgebrochen, um der Stadt Raum zur Ausdehnung zu verschaffen. Die landseitigen Teile der Stadtmauer und die beiden Stadttore an der Hauptstraße wurden für die Erweiterung der Stadt und den Ausbau der Mainzer Landstraße abgebrochen. Erhalten blieb nur die Mainfront mit drei Türmen, da hier keine Ausdehnungsmöglichkeit für die Stadt bestand und die Mauer zudem Hochwasserschutz bot. Die Mauer ist auf der Mainseite zwischen Mainberg und Brüningpark knapp 400 Meter lang. Sie prägt heute zusammen mit der Justinuskirche und dem Schloßturm den mainseitigen Anblick der Höchster Altstadt. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde das ehemals flache Höchster Mainufer zum Bau eines Hafenkais bis zwei Meter aufgeschüttet. Dadurch liegen Teile der Mauer heute unter der Erde und sie wirkt niedriger, als sie wirklich ist. Im Jahre 1976 wurde die Stadtmauer renoviert.

 

Maintor:

Das Maintor von 1460 (oder 1465) war eine zusätzliche Sicherung zu dem aus dem 14. Jahrhundert stammenden  Zollturm und wurde der älteren Stadtbefestigung vorgebaut. Es wurde zusammen mit der anschließenden spätgotischen Zwingmauer errichtet von Diether von Isenburg, der 1463 seinem Rivalen Adolf II. von Nassau im Streit um den erzbischöflichen Stuhl in Mainz hatte weichen müssen. Er residierte bis 1475, dem Beginn seiner zweiten Amtsperiode, in Höchst. Das Tor trägt deshalb mehrfach das Wappen Isenburgs und ist mit einem feingearbeiteten gotischen Dreipaßfries geschmückt. Links am Tor sind die Hochwassermarken aus vier Jahrhunderten zu sehen. Das Tor war ehemals die einzige  Stadtzufahrt vom Main. Hier stand einst eine Kanone, die notfalls die Frachtschiffer zum Zahlen des Zolls bewegen sollte (daher der Straßenname „Batterie“). Heute steht dort das Wohnhaus des Fährmanns.

 

Zollturm:

Der Zollturm mit dem Zolltor ist Teil der Höchster Stadtbefestigung und stammt in seiner Grundstruktur aus der Mitte des 14. Jahrhunderts. Seine Fertigstellung liegt vor 1360 (nach einem dendrochronologischen Gutachten). Er war Aufenthaltsort der Zollbeseher und Zollknechte, die den Mainzoll eintrieben. Er wurde im Dreißigjährigen Krieg stark beschädigt und 1664 wieder aufgebaut. Die auffällige fachwerkartige Holzkonstruktion auf der Nordseite des Zolltores ist eine Stützvorrichtung, auf der das Gebäude ruht.

Der zweigeschossige Turm wurde von den kurmainzischen und ab 1802 den herzoglich-nassauischen Zollbehörden als Wohn- und Amtsgebäude des Zollaufsehers genutzt. Mit der Eingliederung Frankfurts und Höchsts 1866 nach Preußen ging die Liegenschaft an die preußische Finanzverwaltung über. Der Mainzoll wurde Ende 1866 aufgehoben und das Gebäude zwischen 1867 und 1870 als Wohnraum an ehemalige Zollbedienstete vermietet. Im September 1870 erfolgte ein gründlicher Umbau im Inneren, bei dem der Turm auch seine heutige Dachform erhielt. Danach wurde der Zollturm als Schulgebäude genutzt.

Nachdem die Höchster Volksschule im Herbst 1898 in neue Räume gezogen war, mietete der 1894 gegründete Verein für Geschichte und Altertumskunde Höchst den Zollturm als Vereinsgebäude und Archiv an. Im Jahre 1899 wurde dort das Heimatmuseum eröffnet. Im Jahre 1906 brach der Fußboden im ersten Stock des Turms wegen Überlastung zusammen. Die Stadt Höchst übernahm die Liegenschaft für die Renovierungskosten von 2.000 Mark vom Regierungsbezirk Wiesbaden und stellte es dem Verein zur Verfügung.

Im Jahre 1928 ging der Zollturm in Frankfurter Besitz über, blieb aber weiterhin Höchster Heimatmuseum, bis dieses 1975 in seine neuen Räume im Höchster Schloß zog. In den Jahren 1955 und 1979 erfolgten weitere Renovierungen des Turms, bei denen auch ältere unsachgemäße Umbauten beseitigt wurden. Seit 1980 dient der Zollturm dem Höchster Geschichtsverein als Büro, Archiv und Raum für Sonderausstellungen.

 

Haus „Der Karpfen“:

Neben dem Zollturm stand rechts das Haus „Der Karpfen “ (Höchster Schlossplatz 11). Es war ein gotischer Fachwerkbau und wurde bereits um 1500 als Wirtshaus erwähnt. Das ursprüngliche Haus wurde im Dreißigjährigen Krieg stark beschädigt und 1633 durch einen Nachfolgebau ersetzt. Das Gasthaus hatte eine gute wirtschaftliche Stellung durch seine Lage am Schloßplatz (auf dem auch anfangs zeitweise der Höchster Wochenmarkt abgehalten wurde)  und am Zollturm als dem wichtigsten Stadttor. Der Karpfen war die erste Anlaufstelle für die Fahrgäste des Mainschiffes. Durch das Maintor und den Zollturm nahmen jeden Mittag die Fahrgäste des Marktschiffes, das bis zum Anfang des 19. Jahrhunderts täglich zwischen Frankfurt und Mainz pendelte und in Höchst zur Mittagsrast anlegte.

Das Gasthaus war durch seine Gastlichkeit bekannt und hatte einen guten Ruf. Dürer berichtet 1520  im Tagebuch seiner niederländischen Reise über den Karpfen. Die Familie Mozart war dort. Goethe erwähnt ihn in Dichtung und Wahrheit und zeichnete von einem Fenster des „Karpfen“ das Höchster Schloß; auch wurde er dort porträtiert vom Modelleur der Porzellanmanufaktur, Johann Peter Melchior.

Im Jahre 1973 mußte das Gebäude wegen starker baulicher Mängel abgebrochen werden. Bei der Analyse des Baus für die Rekonstruktion und den Wiederaufbau stellte sich heraus, daß das Haus während verschiedener Stilepochen umgebaut und erweitert worden war. Bei einem Umbau Mitte des 18. Jahrhunderts wurde das Gebäude Richtung Schloßplatz 9 verlängert. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts wurde das freiliegende Fachwerk verputzt. Der Putz wurde beim Wiederaufbau weggelassen, so daß die rekonstruierte Struktur gut sichtbar ist. Man er­stellte es wieder neu in Eisenbeton und Mauersteinen mit Aussparungen, verzierte es mit Fachwerk und richtete moderne Wohnungen ein. Aus etwa 200 Schieferplatten schuf Dachdeckermeister Walter Schwab aus Frankfurt den überlebensgroßen Karpfen im zweiten Stockwerk und die Schieferrosetten.

 

Schloßplatz:

Der Schloßplatz ist die „gut Stubb“ von Höchst, das Herzstück der Höchster Altstadt. Vor dem Schloß lädt der malerische Schlossplatz mit gemütlichen Gasthäusern und Blick auf den Zollturm zum Verweilen ein. Neben dem Alten Schloß mit dem eindrucksvollen Torbau, das den Platz nach Westen begrenzt, schließen im Osten und Norden Bürgerhäuser den Platz ab. Quicklebendig geht es auf dem Schlossplatz während der warmen Jahreszeit zu. Dann eröffnen nämlich die Gasthäuser rund um den Platz ihre Sommergärten. Ein Hingucker ist die über 150 Jahre alte und gut 13 Meter hohe Eiche vor dem Eingang zum Zollhaus. Vor der Eiche steht ein alter Grenzstein.

 

Schloß:

Das Höchster Schloß ist ein besonderer Blickfang am Mainufer. Über einem römischen Kastell errichteten schon die Grafen von Nüring eine Turmburg. Der alte Name „Hostat“ leitet sich von „hohe Stätte“ her. Auf dem absolut höchsten Punkt aber steht hier die Justinuskirche. Das läßt darauf schließen, daß die Erbauer der Burg nicht mehr die freie Wahl hatten und die Burg später entstand als die bis in karolingische Zeit zurückreichende Kirche.

Der benachbarte Hügel bot sich als Standort für die wohl erst kurz vor der Mitte des 12. Jahrhunderts gegründete Burg an, die als Zollburg der Mainzer Erzbischöfe diente. Er war damals von  zwei Armen des Liederbaches umflossen. Deshalb war die Burg  von einem mit hohen Mauern eingefaßten Wassergraben umgeben - ein Annäherungshindernis, das Eindringlinge im Morast versinken ließ.  Diese Lage am Hochufer des Mains erleichterte die Errichtung der Burg ungemein: Der Fluß diente als unüberwindlich breiter Graben, die Geländeeinschnitte des Baches halfen, die Flanken zu sichern. Gefahr drohte aber weiterhin von der Landzunge, die den Hügel mit dem Hinterland verbindet.

Von der ersten Befestigung kann man sich kein genaues Bild machen, denn bislang wurden von ihr kaum Überreste entdeckt. Erst von einer deutlich jüngeren Burg haben sich umfangreiche Partien erhalten. Mit deren Errichtung dürfte begonnen worden sein, nachdem Höchst  im Jahr 1355 zur Stadt erhoben worden war.

Ein Blick auf die  rekonstruierten Mauern läßt eine im Gebiet des alten Reichs ungewöhnlich regelmäßige Burg von kastellartigem Charakter erkennen. Die Kernburg, in der sich wohl Fachwerkeinbauten für Dienstleute, Lager und Stallungen befanden, ist landseitig von einer niedrigeren Mauer mit Ecktürmen umgeben. Zwischen den Mauern, im sogenannten Zwinger, sollten eingedrungene Feinde „bezwungen“ werden. Der vorgelagerte Graben wurde erst im 15. Jahrhundert mit zusätzlichen Mauern eingefaßt.

Die höchste und stärkste Mauer der Kernburg wurde der Landzunge gegenüber errichtet. Wie ein Schild stellte sie sich gegen mögliche Angreifer, daher der Name Schildmauer. Von den beiden höchsten Türmen der Anlage flankiert, war sie zugleich Bestandteil der Schaufront entlang der Fernhandelsstraße zwischen Mainz und Frankfurt. Der größere Turm überragte den einzigen Eingang zur Burg, der sich von Anfang an dort befand, wo das Torgebäude steht. Er hat sich bis heute - zweimal aufgestockt - im Schloßturm erhalten.

Ein Vorbild für diesen kastellartigen Bau mit doppelter Ummauerung und innerer Schildmauer könnte die Mainzer Zollburg Ehrenfels bei Rüdesheim gewesen sein. Deren Kernburg mit dem unteren Teil der von Türmen flankierten Schildmauer entstand bereits vor 1220.

Der die Höchster Burg flußseitig umgreifende Zwinger hielt mögliche Feinde auf Abstand

und diente zugleich als Hochwasserschutz.

Der Mauerverlauf verrät, daß die Baumeister auf ein günstiges Strömungsverhalten achteten. Dies ergibt sich auch aus dem starken Buckelquaderverband der mainaufwärts gelegenen Mauerecke, während die flußabwärts gelegene Ecke ohne Verstärkung blieb. Neben dieser Zwingermauer, die heute einen Teil der Stadtmauer bildet, erhielten sich wesentliche Teile der Höchster Burg unter Bodenniveau und im Schloßturm. Bei Errichtung der Renaissancebauten bezog man den nordöstlichen Eckturm des Zwingers mit ein und nutzte dessen Mauern.

Ab 1352 stand hier aus strategischen Gründen eine Wasserburg des Erzbistums Mainz, vor allem durch Erzbischof Johannes von Nassau errichtet. Kaiser Karl IV. (1347-1378) hatte die Bedeutung von Höchst recht schnell erkannt und der Ansiedlung 1355 die Stadtrechte verliehen.

Der im 14. Jahrhundert errichtete Verteidigungsturm war nur über einen Laufgang einer anstoßenden Wehrmauer zugänglich .Eine Treppe nach unten wurde erst gebaut, als man im 15. Jahrhundert oberhalb der beiden bestehende Gewölbekammern eine Kaminstube errichtete. Beim Umbau des Schlosses stockte man ein weiteres Geschoß auf, das sich von den übrigen durch zweigeteilte Fenster unterscheidet, wie sie auch sonst am Schloß vorkommen. Seit 1587 bekrönt den Turm eine steinerne Kuppel über einem aufwendigen, in alle Himmelsrichtungen durchfensterten Tambour. Seit Mitte des 17. Jahrhunderts wird von Türmern berichtet, die dem Zollschreiber bis 1829 herannahende Schiffe meldeten.

Im Jahre 1389 wurde Höchst das Recht zugestanden, Münzen zu prägen. Die Höchster Golddukaten sind heute begehrenswerte Sammelobjekte. Diese Einnahmequelle war den benachbarten Frankfurtern allerdings ein Dorn im Auge. Am Main und an der wichtigen Fernhandelsstraße zur Messestadt Frankfurt gelegen diente die Burg auch dazu, die Erhebung von Zöllen durchzusetzen. Da dies hauptsächlich auf Kosten der Frankfurter Kaufleute ging, ließ der Rat der Stadt Frankfurt die Burg im Jahre 1396 überfallen und anzünden und auch Teile der Stadt niederbrennen. Darunter war auch einen Erweiterungsbau der Burg aus der Zeit um 1200, auf den noch  Reste von Buckelquadern schließen lassen. Aufgrund ihrer Bedeutung für den Mainzer Haushalt war die Funktionsfähigkeit der Anlage jedoch sehr bald wiederhergestellt. Der Bau des Schlosses mußte 1408 nach einem kaiserlichen Verbot zunächst eingestellt werden. Erst unter Dieter von Isenburg (1475-1482) wurde er weitergeführt.

Nach kriegerischen Auseinandersetzungen um das Amt des Mainzer Erzbischofs wurde der unterlegene Kandidat Diether von Isenburg 1463 mit einem persönlichen Herrschaftsgebiet abgefunden, zu dem auch Höchst gehörte. Er ließ die dortige Burg zu seiner Residenz ausbauen. Damals entstanden unter anderem die sogenannte Batterie am Mainufer und die Wohngebäude  mit Saal über dem erhaltenen großen Weinkeller. Mit der erneuten Wahl Diethers zum Erzbischof 1475 kam es wieder zu Eingliederung des abgetrennten Territoriums.

Im Jahre 1546 wurden im Verlauf des Schmalkaldischen Krieges Stadt und Schloß gebrandschatzt. Von der weitläufigen alten Anlage ist heute lediglich der 45 Meter hohe Bergfried aus dem 14. Jahrhundert erhalten. Am Portal des alten Schlosses steht eine Figur des heiligen Martin.

Nach 1582 beauftragte Erzbischof Wolfgang von Dalberg den Hofbaumeister Georg Robin mit der Errichtung eines stattlichen Renaissanceschlosses, zu dem auch die Bauten gehörten, aus denen heute das Alte Schloß besteht, damals die weniger repräsentative Eckbe­bauung zum Schloßplatz hin. Entlang des Mains und dem Torgebäude gegenüber standen dreigeschossige Trakte unter einem hohen Dach mit vielen Ziergiebeln. Ein Treppenturm und ein Laubengang zum Hof markierten den Eingang. So verlieh Erzbischof Wolfgang von Dalberg von 1580 bis 1600 dem ausgebauten Schloß den Glanz der Renaissance. Es ist das einzige Schloß in der Stadt Frankfurt. Damals sind auch die Renaissancebauten in direkter Nachbarschaft entstanden

 Während des Dreißigjährigen Krieges ließ protestantische Feldherr Herzog August von Sachsen-Weimar im Januar 1635 die ehemals vierflüglige Anlage bis auf den nordwestlichen Teil das Schloß niederbrennen. Auch in diesem Fall wird die Stadt Frankfurt als Anstifterin vermutet. Es blieben leider nur der Turm mit angrenzenden Gebäudeteilen sowie das repräsentative Torhaus übrig. Etwa von 1770 an wurden die noch hoch aufragenden Trümmer abgetragen und zu einem großen Teil als Baumaterial für den Bolongaropalast verwendet. Nur wenig beschädigte Bauten des heutigen Museums und des Turms wurden notdürftig wieder instand gesetzt.

Das nach Gründung der Chemiewerke sich rasch entwickelnde Höchst wollte im Schloß zeitweise ein Rathaus errichten. Auch eine katholische Kirche auf der Schloßterrasse war im Gespräch. Die Witwe des in den Adelstand erhobenen Mitbegründers Adolf von Brüning kaufte 1885 das Neue Schloß und 1908 auch das Alte Schloß. Ihr Sohn Ernst Rüdiger plante sogar einen bombastischen Wiederaufbau in der Architektur des späten Historismus. Dazu ist es allerdings nie gekommen.

Nach dem Ersten Weltkrieg beschlagnahmten französische Truppen beide  Schlösser. Im Jahre 1945 quartierte sich die Europazentrale des amerikanischen Soldatensendes AFN (American Forces Network) im neuen Schloß ein, das alte diente als Unterkunft für die Mitarbeiter. Noch heute kommen viele US-Touristen nach Höchst, um sich an die alten Zeiten zu erinnern. Mit Abzug des Senders wurden sie 1966 saniert und als Tagungshaus bzw. Museum genutzt.

Seit 1966 hat dann die ehemalige Hoechst AG altes und neues Schloß übernommen.

Gänzlich unerwartet lösten sich bei einem Gewittersturm im August 1994 schwere Steinbrocken aus dem oberen Turmbereich und fielen auf das Dach des Museums und in den Schloßhof. Schuld war der Einsatz bauphysikalisch ungeeigneter Baustoffe, die bei Sanierungsmaßnahmen Anfang der siebziger Jahre Verwendung fanden. Auch die Rekonstruktions- und Instandsetzungsarbeiten der vergangenen Jahrhunderte konnten bestenfalls als Flickwerk bezeichnet werden.

Anfang 2002 hat die Deutsche Stiftung Denkmalschutz beide Teile des Schlosses und den Ochsenturm von dem Nachfolge-Unternehmen der ehemaligen Hoechst AG übernommen. Hier hat sie jetzt ihren Sitz. Hier soll ein Porzellanzentrum von überregionaler Bedeutung geschaffen werden. Schloß wie Park werden weiter allen Bürgern offen stehen und auch das Schloßfest wie gewohnt im Sommer unter dem Turm gefeiert werden.

Im Alten Schloß sind das Museum für Höchster Geschichte und das Industriemuseum mit Beständen zur Geschichte der ehemaligen Hoechst AG untergebracht. Mit der Höchst Service Gastronomie (HSG) als Pächter ist das Neue Schloß heute mit Tagungsräumen und Gastronomie allen Bürgern zugänglich. Lauschige Gartenanlagen auf dem Gelände von neuem und altem Schloß in Höchst sollen auch künftig der Öffentlichkeit zugänglich sein.          

Die Höchster Schloßanlage wurde nicht wieder in ihrer roten Farbfassung hergestellt. In Absprache mit dem Landesamt für Denkmalpflege sollte die historische Farbigkeit aus dem 16. Jahrhundert wiedergewonnen werden, nämlich weißer Kalkputz, rote Natursteinbauteile, grüne Fenstersprossen. Eine besondere Aufgabe bedeutete das Konservieren der Stuckdecke im Tonnengewölbe der Tordurchfahrt mit Kalkstuckmörtel, holzgebranntem Marmorsumpfkalk und Kalkkaseinlasur. Die farbliche Retusche der Deckenprofile legte das Landesamt für Denkmalpflege mit einer blauen Pigmentierung mit geringem Leinölzusatz fest. Das Torhaus bekam ebenfalls eine weiß-graue Farbfassung. Fenstergewände und Profile sowie Fenster und Türgewände des Schloßgebäudes einen Anstrich mit rötlicher Silikonharzlasur. Basen und Kapitelle wurden nach der Grundierung mit Blattgold versehen.

 

Ochsenturm:

Wenn man im Schloßgarten steht, sieht man nach Westen an der der Südwestecke der Stadtmauer den Ochsenturm. Er ist der einzig erhaltene Teil der alten Höchster Stadtbefestigung.

Der ursprünglich freistehender Wartturm aus dem 13. Jahrhundert stand vor der ehemaligen gotischen Zollburg (Vorläufer des Schlosses). Im Jahre 1396 zerstörten im Streit um den Höchster Mainzoll die Ritter von Kronberg im Auftrag des Frankfurter Rats die Stadt und die Burg Höchst.

In den Jahren bis 1432 erfolgten der Wiederaufbau der Burg und der Stadtbefestigung sowie eine erste Erweiterung der Stadt. Dabei wurde der Ochsenturm als Wehrturm in die neue mainseitige Stadtmauer mit einbezogen. Dies ist an der Art des Mauerwerks und dem Verlauf der in diesem Bereich erhaltenen Stadtmauern zu erkennen, die spitzwinkelig auf den Turm zulaufen.

Der etwa 15 Meter hohe dreigeschossige Rundturm ist aus groben Natursteinen gemauert. Der untere Teil ist unverputzt. Das achteckige Obergeschoß mit dem Turmzimmer wurde im Lauf der Renovierung im Herbst 2006 verputzt. Ein Teil der Turmfenster im Obergeschoß ist vermauert. Abgeschlossen ist der Turm durch ein achteckiges, schiefergedecktes Spitzdach, das von einer Kupferspitze gekrönt ist.

Der Zugang zum Turmzimmer erfolgt über eine schmale Steintreppe auf der Innenseite der westlichen Höchster Stadtmauer. Die Innenwände des Turmzimmers sind mit einfachen Sujetmalereien verziert, die Szenen aus der Höchster Geschichte zeigen. Der Raum ist mit Rundtischen, Bänken, Stühlen und Vitrinen aus den siebziger Jahren möbliert. Er kann für Veranstaltungen gemietet werden, aber der Turm ist nicht öffentlich zugänglich. Heute ist er Teil des Gartens des Neuen Schlosses und wird von dessen Pächter gastronomisch genutzt.

 

Neues Schloß

Vom Schloßplatz geht man durch die Straße „Burggraben“ mit ihren malerischen Fachwerkhäusern zum Neuen Schloß, das auch „Cavaliersbau“ genannt wird. Es entstand im 16. Jahrhundert außerhalb des Burggrabens aus zwei Adelshöfen des 15. und 16. Jahrhunderts. Später diente es dem Kurfürsten und Erzbischof von Mainz als Quartier bei seinen Besuchen. Der schlanke Berg­fried stammt aus dem 14. Jahrhundert, der Rechteck-Wohnbau entstand Ende des 16. Jahrhunderts.

Im Jahre 1865 erwarb die Handelsgesellschaft Meister, Lucius & Co das Neue Schloß als Wohnsitz für den Gründer der späteren Farbwerke Hoechst. Die Witwe des in den Adelstand erhobenen Mitbegründers Adolf von Brüning kaufte 1885 das Neue Schloß. In der Besatzungszeit benutzten es die Franzosen als Offizierskasino und nach dem Zweiten. Weltkrieg befanden sich hier die Studios des AFN.

Seit 1966 baute die Hoechst AG das Neue Schloß zum exklusiven und oftmals scharf bewachten Gästehaus des Vorstands aus. Erst als Infraserv als Hoechst-Nachfolgerin die beiden Schlösser übernommen hatte, öffnete sich auch das Neue Schloß für die Allgemeinheit. Für Feierlichkeiten aller Arten wurde das ehemalige Gästehaus mit repräsentativen Räumen, aber auch mit leicht verstaubtem Herrenzimmer-Charmevermietet. Mit steigendem Erfolg. Den Unterhalt des Gebäudes aus diesen Einnahmen zu erwirtschaften, erscheint aber aussichtslos.

Das Schloß dient heute als exklusiver Veranstaltungsort und ist auch nur für Veranstaltungsgäste zugänglich.

Dalberghaus:

Die Straße „Burggraben“ geht dann nach Norden weiter zur Bolongarostraße. Links auf der Nordseite sieht man das Dalberghaus, auch „Dalberger Hof“ genannt (Bolongarostraße 186).

Das Renaissancegebäude wurde 1582 durch Hartmuth XIII. von Kronberg (1517-1591) als Adelshof erbaut und ist damit dem Ursprung nach das zweite Kronberger Haus in Höchst. Er verkaufte das Haus im Jahr 1586 an Wolfgang von Dalberg, der seit 1582 Erzbischof von Mainz war.

Nach dem Aussterben der Familie von Dalberg in Höchst im Jahr 1811 hatte das Haus wechselnde Besitzer. Im Frankfurter Konversationsblatt vom 18. Februar 1858 wird berichtet, daß der Dalberger Hof Sitz des Karnevalsprinzen sei. Im Jahre 1889 befanden sich im Dalberger Haus die Deutschen Gelatine Fabriken. Nach dem Ersten Weltkrieg wurde das Haus als Unter­kunft für französische Besatzungssoldaten genutzt, dann für verschiedene Handwerksbetriebe.

Im  Jahr 1926 wurde das gesamte Anwesen an die Stadt Höchst verkauft und ging mit deren Eingemeindung nach Frankfurt 1928 in den Besitz der Stadt Frankfurt über. In den späten sechziger Jahren schien das Schicksal des historischen, bis dahin stark heruntergekommenen Gebäudes besiegelt. Im Jahr 1968 mußte das Gebäude auf Anordnung der Frankfurter Baubehörden wegen Einsturzgefahr geräumt werden, es sollte abgerissen werden und wurde 1971 mit einem Bauzaun umgeben.

Ein Gruppe Höchster Bürger kämpfte bis 1975 gegen den Abriß des Hauses. Den Ausschlag für seinen Erhalt und seine Renovierung gab eine erhebliche finanzielle Zuwendung der Farbwerke Hoechst unter der Bedingung, daß die Höchster Porzellanmanufaktur dort ihren Firmensitz haben sollte. Mit Abschluß der Renovierung im Juli 1977 zog die Porzellan-Manufaktur in das Dalberger Haus. Nach ihrem Umzug in den neuen Porzellanhof in der Palleskestraße betreibt sie im Dalberger Haus nur noch eine Verkaufsstelle und im Keller ein kleines Firmenmuseum mit Höchster Porzellan.

Heute befinden sich im Erdgeschoß eine Einrichtung des Evangelischen Familienzentrums Höchst und seit 2005 die Werkstatt des Cembalo-Baumeister Christian Fuchs, der Cembali, Spinette und Clavichorde als Einzelstücke gefertigt. Im oberen Teil des Hauses befinden sich Wohnungen. Der historische Kreuzgratgewölbe-Keller kann als stilvoller Veranstaltungsort gemietet werden.

 

Bolongarostraße 173 „Zum Anker“:

Man geht ein Stück nach rechts in die Bolongarostraße. Auf der rechten Seite steht das 1483 errichtete Haus „Zum Anker“, das der Spätgotik zuzurechnen ist. Die Bauausführung und die Unterkellerung lassen den Schluß zu, daß das Gebäude von Anfang an zur Nutzung als Gasthaus und Braustätte bestimmt war. Das Haus überstand den Stadtbrand von 1586 mit nur geringen Schäden. In den folgenden Jahrhunderten wurden mehrfach bauliche Veränderungen an dem Haus durchgeführt. Die Obergeschosse dienten nach dem Zweiten Weltkrieg als Wohnungen, das Haus war gegen Ende der Sechziger vor allem mit bis zu 65 Bewohnern, völlig überbelegt. Im Jahre 1973 brannten das Dachgeschoß vollständig sowie der erste und zweite Stock teilweise aus.

Bei der Renovierung 1975 stellte sich allerdings heraus, daß die Bausubstanz durch Bausünden in den vergangenen Jahrhunderten so gelitten hatte, daß das Haus einsturzgefährdet war. Im gesamten Gebäude fanden sich Spuren vergangener Brände, die Deckenbalken waren teilweise durch Überbelastung und darauffolgende Nivellierung des abgesenkten Bodens mit Lehm gebrochen, erhebliche Teile der Giebelkonstruktion waren unter dem Putz angefault. Daher wurde die Fachwerkkonstruktion abgetragen und nach altem Vorbild komplett neu aufgebaut. Allerdings paßte man dabei die Konstruktion, vor allem die Ständerabstände, an eine unhistorische Aufteilung der Innenräume an. Am 9. April 1976 wurde ein zweites Richtfest für das Haus „Zum Anker“ gefeiert.

Bolongarostraße 165:

Das Haus hat ein sehr seltenem Zierfachwerk aus der Zeit der Renaissance, das nach Meinung von Experten in seiner besonderen Art einmalig in Frankfurt ist. Unter anderem hat es Schnitzereien, die schmiedeeiserne Beschläge imitieren, halbplastische Köpfe als Konsolen für den für die Renaissance typischen Fenstererker, mit einem zentralen Dekor in Sonnenform. Diese Stilelemente lassen den Schluß zu, daß das Haus kurz nach dem großen Brand in Höchst (1586) als Renaissance-Fachwerkgebäude errichtet wurde. Eine begüterte Familie wird als ursprüngliche Eigentümerin vermutet. Im Laufe der Jahrhunderte sind offenbar einige Umbauten vorgenommen worden. Ein großes Glück für das Haus ist es wohl auch, daß der Eigentümer zur Familie Habl gehört, die in diesem Haus ein im weiten Umkreis bekanntes Malergeschäft betreibt. Andreas Habl, Malermeister, hat selbst schon im Denkmalschutz gearbeitet.

 

Greifenclau’sches Haus  

Nach links geht es dann in die Straße „Wed“. In dies er steht links in der Nummer 13 das Greifenclau’sches Haus, auch Rüffer'sches Haus genannt. Es hat einen oktogonalen Treppenturm. Über die Geschichte des Renaissancebaus, der wahrscheinlich zwischen 1590 und 1600 von den Brüdern Stupanus errichtet wurde, ist nur wenig bekannt. Über dem Kellereingang des Hauses befindet sich das Wappen derer von Heusenstamm. Möglicherweise wurde das Haus im Auftrag Martins von Heusen­stamm errichtet, der 1540 Amtmann in Höchst war. Es ist nicht überliefert, wann das Haus in den Besitz der Greiffenclaus überging und wie sich die Besitzverhältnisse nachfolgend darstellten. Auf der Tafel am Haus steht allerdings, das Haus sei von den Herren von Greiffenclau aus Winkel am Rhein erbaut worden, die zum Mainzer Dienstadel gehörten.

Bis 1848 hatte der letzte Höchster Schultheiß Rüffer seine Wohnung im Greiffenclau'schen Haus. Er nutzte die Wohnung auch als Amtssitz, da ihm die eigentlichen Amtsräume nicht zusagten. Im Jahre 1878 wurde die Höchster Mundartdichterin Frieda Düsterbehn-Reuting, eine Enkelin Rüffers, im Greiffenclau'schen Haus geboren. Das Haus wurde 1936 innen und außen komplett renoviert, es erhielt ein neues Dach und einen neuen Außenputz.

 

Markt:

Jetzt ist man schon am Höchster Markt. Im Südwesten ist noch ein Stück der gotischen Stadtmauer) zu sehen. Sie wurde unmittelbar nach der Stadterhebung von 1355 - 1360 unter Erzbischof  Gerlach I. von Mainz angelegt, in einem Rechteck mit elf Türmen und Toren. Nachträglich wurde sie zu Bastionen ausgebaut, aber im 19. Jahrhundert im Nordteil abgetragen.

An der Südseite stand an der Stelle des Hauses Nummer 3 der Zehnthof, auch Speicherhof genannt. Hier hatte zwischen 1746 und 1796 die Höchster Porzellanmanufaktur ihre erste Fertigungsstätte hatte. Deshalb wird er auch „Alter Kurfürstlicher Porzellanhof“ genannt. Er fiel 1893 der Stadterweiterung zum Opfer, aber der Turm ist noch in das Haus integriert. Als Standort des Porzellanhofs wird auch angegeben „zwischen Wed und Rosengasse“ (heute Antonitergasse).

Am Dienstag, Freitag und Samstag findet der traditionelle Wochenmarkt mit über 50 Ständen statt. In der Markthalle mit Lebensmitteln und Feinkost, auf dem Marktplatz mit Obst, Gemüse und Blumen.

An der Ostseite des Marktes ist der Ettinghausenplatz, wo früher die Synagoge stand. Diese wurde 1905 erbaut und am 9. November 1938 zerstört. An ihrer Stelle steht seit 942 ein Hochbunker. Die Stadt Frankfurt gab nach dem  Krieg als Entschädigung eine Spende zum Bau der Synagoge Neve Efraim in Israel. Auf dem Platz sind zwei Medienviewer („Fenster in die Vergangenheit“) auf Metallsäulen, an denen man eine 3-D-Animation der Synagoge betrachten kann.

Man kann noch eine Abstecher machen zur Evangelischen Stadtkirche in der Melchiorstraße.

Die 1882 im Neo-Renaissancestil errichtete Kirche ist historischen Vorbildern nachempfunden und hat eine wertvolle Ahrend-Orgel. Der Altarraum wurde neu gestaltet durch das Bildhauerehepaar Kubach-Wilmsen.

 

Altes Rathaus:

Durch die Kronengasse geht es über die Bolongarostraße wieder zum Schloßplatz. Aber jetzt geht es am Gasthaus  „Zum Schwanen“ nach links. Hier steht gleich links das alte Rathaus 

(Allmeygang 8, die Hausnummer ist an der Ostseite). Es wurde 1593 bis 1595 von den Brüdern Oswald und Jakob Stupanus an der Stelle eines Baues errichtet, der beim Stadtbrand 1586 zerstört wurde. Es ist ein repräsentativer Putzbau mit Treppengiebeln auf L-förmigem Grundriß unter Einbeziehung des spätmittelalterlichen Vorgängerbaus, wie Bauuntersuchungen im Jahr 1992 bestätigten.   Der Renaissancebau diente der Stadt Höchst bis 1844 als Rathaus, dann wurde er wegen angeblicher Baufälligkeit für 700 Gulden verkauft.

In den Jahren 1874 und 1875 wurde das Haus umgebaut, die Arkadenbögen wurden zugemauert. Ab Januar 1876 befand sich die Gaststätte „Zur Stadt Hamburg“ im Alten Rathaus. Der Besitzer ging 1880 bankrott, das Alte Rathaus wurde für 18.500 Mark verkauft. Der neue Besitzer gestaltete das Gebäude um und eröffnete die Gaststätte „Zum Alten Rathaus“. Im Jahre 1925 wurde das Haus renoviert, die Bücherei des Bundes für Volksbildung zog 1929 in die Räumlichkeiten. Heute ist das Alte Rathaus ein Wohnhaus.

 

Justinuskirche:

Ein Stück weiter steht rechts die Justinuskirche. Sie steht an einer „hohen Stelle“ am Main und bietet einen nahezu einmaligen Anblick. Imposant wirkt sie vom Schwanheimer Ufer aus. Da thront sie hoch über dem Main und ist seit Jahrhunderten das Höchst-Erkennungszeichen für die Schiffahrt. Der Betrachter meint, sie stünde auf der Stadtmauer, aber sie steht natürlich dahinter. Die Justinuskirche war Anlaufstelle der Pilger auf dem Jakobsweg und soll es heute auch wieder sein.

Wo aus einem römischen Kastell eine fränkische Fischer- und Bauernsiedlung hervorging,  ließ Erzbischof Otgar von Mainz (826-847) seit 83  bis etwa 850 eine Kirche bauen. Die sollte den aus Rom mitgebrachten Leib des heiligen Justinus Confessor aufnehmen. Damit erwarb der Erzbischof auch die Herrschaftsrechte in Höchst, das er bis 1802 innehatte.

Die karolingische Säulenbasilika mit wunderbaren Kapitellen, gehört zu den ältesten noch weitgehend erhaltenen karolingischen Kirchen in Deutschland und ist sogar in den Rang eines europäischen Kulturdenkmals erhoben worden. Sie ist die älteste Stadtkirche Frankfurts und Frankfurts ältestes erhaltenes Bauwerk überhaupt. Sie gehört zu den ganz wenigen Kirchen des 9. Jahrhunderts in Deutschland, die nahezu unversehrt und in fortwährender Benutzung durch die Kirchengemeinde in unsere Zeit gekommen sind. Vom Tag ihrer Gründung bis zum 20. Jahrhundert war sie immer Pfarrkirche.

Von der karolingischen Kirche sind das dreischiffige Langhaus, der nördliche und der mittlere Turm erhalten. Vielbeachteter Schmuck der Kirche sind die originalen korinthischen Kapitelle in den Arkaden und die darüberliegenden Kämpfer in der Art von Ravenna. Von der Ausstattung der ersten Kirche ist nichts geblieben. Wir kennen jedoch durch ein Preisgedicht des Mainzer Erzbischofs Hrabanus Maurus die Stellung der Altäre und die Namen der an ihnen verehrten Heiligen.

Bei den Grabungen seit 1999 wurde nachgewiesen, daß nicht nur das Fundament, sondern auch Mauern und Säulen der Kirche um etwa 850 entstanden sind. Auch hatte man keine Hinweise auf Reste eines älteren Kirchengebäudes gefunden. Widerlegt werden konnte dadurch die These einiger Zweifler, daß der heutige Kirchenbau erst im 11. Jahrhundert auf den Grundmauern eines Vorgängerbaues errichtet worden sei.  Zu vermuten ist, daß die 849 urkundlich erwähnte „villa Hohstedi“ (also der Weiler Höchst) sich erst durch die Ansiedlung der Kirche zu einem regelrechten Dorf entwickelt hat.

Vom Jahr 1090 an gehörte die Justinuskirche den Benediktinern von Sankt Alban, eine Propstei entstand, die Justinuskirche wurde Kloster- und Pfarrkirche. Im Jahre 1419 ging das Höchster Kloster in das Eigentum des Erzbischofs Johann II. von Nassau über, 1441 wurden es dem Antoniterorden übergeben, der nun mit seinem Konvent von Roßdorf bei Hanau nach Höchst übersiedelte.

Ihre heutige bauliche Gestalt erhielt die Kirche im 15. Jahrhundert. Zwischen 1430 und 1470 wurden durch Angehörige der Frankfurter Dombauhütte der Chor, die Sakristei und die Kapellen der Nordseite erbaut. Vermutlich wollten die  Antoniterchor­herren, die sich mit der Pfarrgemeinde die Kirche teilten, das ganze Bauwerk in spätgotischer Manier neuerrichten. Geldmangel verhinderte dieses Vorhaben. Seit dem 15. Jahrhundert gab es kaum noch bauliche Veränderungen, dafür aber zahlreiche Renovierungen und mehrere Wechsel in der Ausstattung. Baumeister aus zwölf Jahrhunderten haben in der Kirche Spuren hinterlassen. Mehr als 30 Generationen haben ihre Auffassung von gottgefälliger Kirchenkunst kundgetan: Erzbischöfe, aber auch Mönchorden wie die Benediktiner und - über viele Jahrhunderte hinweg - die Antoniter.

Die Antoniter blieben bis zur Aufhebung des Klosters 1802 in Höchst. Im 19. und 20. Jahrhundert wurde insbesondere die Inneneinrichtung verändert. Das heutige Bild der Kirche ist geprägt von zwei umfangreichen Arbeiten zur Restaurierung der Kirche. Nach einer Grabung bei der die karolingischen Apsiden wieder aufgefunden wurden, wurden zwischen 1930 und 1932 Fundamente, Mauern und Dächer auf Staatskosten gründlich erneuert. Von 1982 bis 1988 bemühte man sich um die Restaurierung sowie Teilrekonstruktion der Innenausstattung.

Probleme macht die Wand rechts vom Chor: Sie steht deutlich schief. Das Problem ist der Untergrund, denn sie steht ja auf der alten Stadtmauer.  Merkwürdige Salzausblühungen an den karolingischen Säulen ließen um die Standfestigkeit Säulen fürchten. Doch es handelt sich um wenig aggressive organische Verbindungen. Sie steigen aber auf aus den Gebeinen der Begrabenen.

Ein bißchen gruselig ist das, was durch mündliche Überlieferungen noch erhalten ist oder zufällig entdeckt wurde: Geheimgänge gab es unter der Kirche, die zum Höchster Schloß führten, aber in den dreißiger Jahren zugeschüttet wurden. Alte Höchster erinnern sich noch daran. Und dann die mysteriöse Quelle, die sich unter der Kirche befindet. Vermutet wird sie unter dem Chor, vorne rechts, wo der Blumenständer steht. Die Quelle liegt sechs Meter darunter. Aber es gibt auch im Kirchenschiff ein Bodenstück, das sich immer ein bißchen dunkler verfärbt als die Umgebung. Unter einer Bodenplatte im Altarraum fand man ganz viele Knochen. Über viele Jahrhunderte wurden die hochgestellten, vermögenden Verstorbenen unter der Kirche zur letzten Ruhe gebettet.

Am Hauptportal am Justinusplatz wachen der Heilige Paulus von Theben und Antonius Abbas. Die wirken mit ihren eingedrückten Nasen, denen Jahrhunderte Saures gegeben haben, weniger ehrfurchtsgebietend. Dann tritt man durch die zweiflüglige schwere Tür aus Holz und Eisen.

Gleich links steht der rund 700 Jahre alte Taufstein. Dann folgen das Grab von Philipp von Reiffenberg (1548) und eine Seitenkapelle mit einem spätgotischen Flügelaltar. Der Künstler könnte aus der Schule Grünewalds kommen, denn es gibt Parallelen zum Isenheimer Altar.

Den gotischen Chor erdrückt ein barocker Hochaltar. Aber den größten Schmuck des Kircheninneren aus karolingischer Zeit bilden die Säulen mit korinthischen Kapitellen und Kämpfern, die in Deutschland zu den berühmtesten Stücken aus dem 9. Jahrhunderts gehören.

Die Figur, die auf dem Sockel des Heiligen Carolus steht, ist eindeutig eine Frau, vermutlich Maria Magdalena ist. Die passende Figur wurde einmal samt falschem Sockel versehentlich der evangelischen Kirche geschenkt.

Die 1736 eingefügte gewaltige barocke Orgel wurde 1988 vom renommierten Orgelbauer Kuhn restauriert. Seither finden in der Kirche herausragende Konzerte im Rahmen des jährlich stattfindenden Höchster Orgelsommer statt.

Man sollte nicht versäumen, auch den südlich der Kirche gelegenen Justinusgarten zu besuchen, „das schönste Fleckchen von Höchst“. Man kann ihn  über das Pfarrhaus an der Ostseite des Platzes erreichen. Am Eingang sieht man gleich links Schlußsteine aus dem Rippengewölbe im Chor der Justi­nus­kirche, die aber schon 1520 ausgebaut wurden. Der eine trägt das Wappen des Johannes Gutgelt, der 1463 Präzeptor in Höchst war und den gotischen Chor fertig baute. Sein Wappen findet sich auch am Sakramentshäuschen.

Der andere Stein zeigt das Wappen des Hugo von Bellmonte, von 1434 bis 1454 Präzeptor in Roßdorf und Höchst. Er begann mit dem gotischen Umbau der Kirche. Sein Wappen befindet sich auch im Schlußstein des Haupteingangs. Die Steine waren im Antoniterkloster eingebaut und kamen in das Heimatmuseum im Höchster Schloß bis zu dessen Schließung im Jahre 2007. Der Epitaph eines unbekannten Antoniter­präzeptors wurde am 22. Mai 1931 vor dem Hauptaltar ausgegraben und im Justinusgarten aufgestellt.

Der Justinusgarten ist ein weitgehend naturbelassenen Blumen- und Kräutergarten und wird ehrenamtlich gepflegt von der Stiftergemeinschaft Justinuskirche e. V. Hier war der Friedhof der Antoniter­mönche, die von 1441 bis 1803 die Stadt Höchst prägten. An diese Zeit erinnern die Grabsteine, die links an der Mauer aufgestellt sind, außerdem ein kleiner Ausstellungsraum im Stadtturm hinter der Kirche, der 2011 hergerichtet wurde und der Stiftergemeinschaft zur Verfügung gestellt wurde. 

Hier findet sich eine Neuanpflanzung der 14 Antoniterkräuter, mit denen die Antonitermön­che in ganz Europa und in ihrem Krankenhaus in Höchst den Ergotismus (das „Antonius­feuer“) bekämpften, eine mittelalterliche Volksseuche. Sie wurde durch den giftigen Mutterkornpilz verursacht.  Aber ein Teil der Pflanzen ist auch giftig. Zur Erinnerung an das segensreiche Wirkend der Antoniter  wurden diese Heilpflanzen in dem Garten an der Justinuskirche angepflanzt, soweit das klimatisch möglich ist.

Der Stadtturm hinter der Justinuskirche ist der Eckturm der ersten Befestigung von 1355. Er war vielleicht der „Brunnenturm“ für die Quelle unterhalb des Hochaltars der Justinuskirche.

Die Mauer darf nicht bestiegen werden wegen Absturzgefahr (10 Meter!).

Der Garten ist vom Frühling bis Ende Oktober Dienstag bis Sonntag, von 14.00 bis 17.00 Uhr zugänglich (und wenn diese Tür offen steht). Die Öffnungszeiten von Kirche und Garten sind April bis Oktober täglich 14.00 bis 17.00 Uhr und November bis März täglich 14.00 bis 16.00 Uhr (Kirche) und zu den Gottesdienstzeiten (dann keine Besichtigung!).

 

Kronberger Haus (Bolongarostraße 152):

An der Ostseite des Kirchplatzes geht man wieder zur Bolongarostraße. Hier trifft man geradeaus auf das Kronberger Haus. Hier wurden zwei römische Verteidigungsgräben gefunden (auch westlich der Justinuskirche). Das heutige Grundstück wurde schon 1326 (dreißig Jahre vor der Stadterhebung Höchsts) vom Adelsgeschlecht der Kronberger erworben. Das Haus selbst wurde in den Jahren 1577 bis 1580 im Auftrag Franz I. von Kronberg († 1605) erbaut und ist dem Baustil der Renaissance zuzurechnen. Den großen Stadtbrand vom 10. Dezember 1586 überstand das Haus unbeschädigt, nach der Überlieferung ist dies zwei Inschriftsteinen von 1577 und 1580 an der Hofwand des Hauses zu verdanken, die um göttlichen Segen für das Bauwerk bitten.

Seit 1600 waren durch wechselnde Erbschaftsverhältnisse unterschiedliche Familien Besitzer das Hauses, in den Jahren 1710 bis 1758 war dies eine Familie von Kapp. Zwischen 1758 und 1862 ist über die Besitzverhältnisse des Hauses nichts überliefert. Bekannt ist nur, daß das Haus im Jahr 1812 durch Brand sein oberes Fachwerkgeschoß verlor, das nicht wieder ersetzt wurde.

Seit 1862 war das Kronberger Haus im Besitz der Stadt Höchst und wurde zwischen 1870 und 1875 zum Rathaus mit seiner heutigen spätklassizistischen Fassade umgebaut. Die Verwaltung zog 1875 in das Kronberger Haus ein, bis 1909 diente es als Verwaltungssitz. Pläne zum Abriß und Neubau eines repräsentativen Rathauses im Gründerzeitstil wurden aber nicht verwirklicht. Stattdessen wurde der Bolongaropalast nach seinem Umbau zum neuen Rathaus Höchsts.

Nach 1909 wurde das Bauwerk als Schulhaus und für die Stadtbücherei genutzt, später war dort eine Beratungsstelle des Frankfurter Jugendamtes untergebracht. Seit dem Jahr 1994 ist im Kronberger Haus das Porzellanmuseum als Außenstelle des Historischen Museums Frankfurt untergebracht. Ein Hallenbau im Hof beherbergt die Freiwillige Feuerwehr Höchst, die seit 1879 dort ansässig ist.

Heute ist das Haus zentraler Porzellan-Ort der Geschichte der Porzellan-Manufaktur von 1746 bis heute. In drei Abteilungen werden rund 1.800 Höchster Fayencen und Porzellane gezeigt. Hier befindet sich eine faszinierende Sammlung wertvoller Geschirrteile, Tischschmucks und unterschiedlichster Fayencen aus mehreren Jahrhunderten. Unter den Kostbarkeiten, die Vitrinen, Glasschränke und Anrichten schmücken, finden sich bekannte Höchster Figuren wie zum Beispiel die „Türkenkapelle”, der „Chinesische Kaiser”, aber auch komplett gedeckte Speise- und Dessert-Tische des 18. Jahrhunderts.

Dort sind die berühmtesten Werke aus der Werkstatt von Porzellankünstlern wie Johann Peter Melchior zu sehen. Zu verdanken ist dies auch großmütigen Stiftern. Die Anzahl der Exponate wird sich nun noch einmal um die Hälfte vermehren. Denn die ehemalige Hoechst AG, vertreten durch die Nachfolgegesellschaft Histocom, wird ihre eigenen wertvollen Bestände an Porzellan dem Museum als Leihgabe überantworten.

Hinzu kommen weitere Stücke, die das Historische Museum der Höchster Zweigabteilung überläßt. Eine große Privatsammlung war einmal 1910 von der Stadt Frankfurt unter erheblichen Kosten angekauft worden - auch um sie vor einem Verkauf an ein Berliner Museum zu retten. Zum Teil hatten schöne Stücke aber im Depot geschlummert, weil sich keine adäquaten Ausstellungsmöglichkeiten boten. Heute befinden sich hier auch Leihgaben der „Hoechst AG“ und des Höchster Geschichtsvereins.

Im Jahre 2016 zeigt das Museum ein Modell der Höchster Altstadt mit 200 Häusern. Daß die Höchster Altstadt nach dem Krieg erhalten blieb, ist auch der Bürgervereinigung zu verdanken, die sich 1971 zu eben diesem Zwecke gründete. Sie stellt dem Museum das Altstadtmodell mit den rund 200 Häusern unbefristet zur Verfügung. Gebaut hat es Carl Heinz Fischer. 20 Jahre soll er dafür gebraucht haben; im Jahr 1997 präsentierte er es erstmals.

 

Antoniterkloster (Bolongaro­straße 137-139):

Nach rechts weiter in der Bolongarostraße kommt man zum Antoniterkloster (vor der Straße Mainberg). Der Orden der Antoniter entstand Ende des 11. Jahrhunderts im Dorf St. Didier de la Motte in der Dauphiné, etwa 40 Kilometer von Grenoble. Dorthin hatte wenig vorher ein französischer Adliger die Gebeine des um 365 in Ägypten verstorbenen heiligen Eremiten Antonius gebracht. Bald strömten die Gläubigen in das Dorf und baten Antonius um Hilfe gegen eine damals verbreitete Krankheit, das „heilige Feuer“, später „Antoniusfeuer“ genannt.

Diese periodisch auftretende Krankheit wurde von einem giftigen Pilz verursacht, der vor allem auf Roggen angesiedelt war. Es kam zur Unterbrechung der Blutzirkulation, Absterben der Glieder bei lebendigem Leib, Blutvergiftung, schweren Krämpfen mit bleibenden Verkrüppelungen, einem Gefühl, innerlich zu verbrennen, schweren Halluzinationen bis hin zur Verblödung und vielfach frühem Tod.

Die bis ins 16. Jahrhundert unbekannte Ursache war das hochgiftige Mutterkorn, das die Menschen im Brot oder Brei zu sich nahmen. Sie sahen die Krankheit aber als Strafe Gottes an und riefen den heiligen Antonius an. Die Antoniter waren spezialisiert auf die Behandlung der Krankheit und hatten beachtliche Pflegeerfolge  .Sie verabreichten zuerst gute und stärkende Nahrung (Weizenbrot und Schweinefleisch von den Antoniusschweinen). Dann hatten sie 70 Heilkräuter, die sie im Antoniuswein (den sie mit Reliquien berührten) und der Antoniussalbe berührten. Allein 14 Heilkräuter sind auf dem sogenannten „Gesprächsflügel“ des Isenheimer Altar in Colmar (Antonius besucht Paulus von Theben in der Wüste) dargestellt, der von den Antonitern in Auftrag gegeben wurde (Breitwegerich, Spitzwegerich, Eisenkraut, Klatschmohn, Hahnenfuß, Drüsenwurz, Taubnessel, Kreuzenzian, Schwalbenwurz, Weißer Klee, Cypergras, Dinkel, Queckengras, Bartflechte. Die Überlebenden wurden in den Hospitälern der Antoniter versorgt.

Im Jahre 1095 wurde in St. Didier  (inzwischen „St. Antoine“ genannt) ein Hospital gegründet, das von einer Spitalbruderschaft  aus Männern und Frauen betreut wurde. Sie soll 1095 durch Papst Urban II. anerkannt worden sein. Als Ordenszeichen wählte man das T-Kreuz. Im Jahre 1297 wurde die ursprüngliche Laienbruderschaft von Papst Bonifaz VIII. zu einer (Kleriker-) Vereinigung regulierter Chorherren erhoben, die unter der Leitung des Abtes von St. Antoine stand.

Im Jahre 1190 holte der Graf von Hanau die Antoniter aus Frankreich nach Roßdorf bei Hanau, um in seinem Gebiet das Antoniusfeuer zu bekämpfen. Bald erhielten die Antoniter einen reichen Landbesitz, zum Beispiel 1236 einen Hof und Stadtrechte in Frankfurt in der späteren Töngesgasse (= Antonitergasse).

Im Jahre 1441 siedelten die Antoniterchorherren unter ihrem Präzeptor Hugo von Bellmonte auf Einladung des Mainzer Erzbischofs Dieter von Erbach in das kurmainzische Städtchen Höchst über,  behielten aber ihr Roßdorfer  Besitztümer. Sie übernahmen die Justinus­kirche, die Pfarrkirche von Höchst, mit ihrem Einkommen und Vermögen .Als weiteres Startkapital erhielten sie das ehemalige Albanuskloster sowie steuerfrei alle damit verbundenen Einkünfte aus Pfründen und Privilegien, den Probsteihof bei der Kirche und den Baumannshof, umfangreiches Ackerland und Wiesen, das Pfarrhaus und die Frühmesssnerei, das Prob­stei­gericht und den Probsteizehnten, das Recht zum Zukauf weiterer Häuser, die Freiheit von Subsidien, Zollfreiheit für den Warenbedarf des Klosters und die ausdrückliche schriftliche Erlaubnis zu ihren Almosenfahrten.

Unverzüglich begannen sie mit der Erweiterung der karolingischen Justinuskirche nach Osten

um einen gotischen Hoch­chor, der 1465 fertiggestellt wurde. Daran schloß sich die Klosteranlage mit Wohn- und Wirtschaftsgebäuden an. Für Höchst waren die Antoniter über 350 Jahre nicht nur prägend im religiösen Sektor, mit ihrem Krankenhaus, mit der von ihnen eingeführten Schule, sondern auch ein wichtiger Wirtschaftsfaktor.  In Höchst  wurden 1474 neben 15 „Konventualen“ (= Angehörigen des Antoniterklosters)  16  Kranke und 7 Pfründner (= zahlende Pensionäre) gezählt.

Das ehemalige Antoniterkloster umfaßte die Gebäude Bolongarostraße 137 bis 143. Im Jahre 1896 erfolgte jedoch die Errichtung eines unmaßstäblichen dreistöckigen Mietshauses auf der Parzelle von Bolongarostraße 141 (also mitten zwischen den alten Klostergebäuden). Ihm fiel rund ein Drittel der mittelalterlichen Anlage zum Opfer. Im Erdgeschoß entstanden Ladengeschäfte.

Erhalten blieb das Wohn- und Wirtschaftsgebäude Bolongarostraße 137 - 139. Das zwischen 1441 und 1443 erbaute Gebäude ist im Kern spätgotisch  und  wurde 1586 mit Renaissance-Erkern versehen. Das Gebäude ist im Besitz der Stadt Frankfurt. Es dient als Wohnhaus und Altentagesstätte. Die Zehntscheune im Garten des Antoniter­klosters wurde im März 1966 abgerissen, obwohl sie unter Denkmalschutz stand. An ihrer Stelle entstand ein Kinderhort mit Spielplatz.

Das Konventsgebäude Bolongarostraße 143 wurde ab 1515 erbaut der Generalpräzeptor Heinrich Meyersbach und war vermutlich 1518 fertig war. Das Gebäude stellt einen architektonischen Übergang von der Spätgotik zur Renaissance dar. Entsprechend zeigt es die im mitteldeutschen Verbreitungsgebiet des Fachwerks zeittypischen geschoßhohen, überkreuzenden Streben und Gegenstreben zwischen Schwelle und Rähm. Im Jahre 1586 wurde der heute noch bestehende „Neubau“ durch den Generalpräzeptor Ge­org von Lyskirchen fertiggestellt. Der Krankensaal wurde zu einer repräsentativen Halle umgebaut. Der Hospitaldienst wurde schon 1534 wegen finanzieller Probleme eingestellt. Im Jahre 1994 wurde das Gebäude weitgehend rekonstruiert und baulich wieder auf den Zustand zu Beginn des 16. Jahrhunderts zurückgeführt.

Bereits im Oktober 1802 ging Höchst in Vorwegnahme der Säkularisation von Kurmainz an das Herzogtum Nassau über. Das Antoniterkloster wurde drei Monate später enteignet und die vier dort noch wohnenden Ordensleute zogen in ein Wohnhaus in Höchst. Aber das Kloster in Höchst hat sich am längsten von allen Antoniterklöstern in der Welt gehalten.

Zwischen 1803 und 1809 gab es verschiedene Pläne für die Nutzung des Anwesens als Kaserne, Archiv oder Lagerhaus. Im Jahre 1804 wurde eine provisorische Schule darin eingerichtet, 1809 wurde das Anwesen in zwei Teilen verkauft.

 

Bolongaropalast:

Ein Stück weiter nach Osten kommt man zum Bolongaropalast (Bolongarostraße 109).

Am Haupteingang befindet sich eine (teilweise plastische) Gedenktafel für Bruno Asch (1890-1940). Er war von 1920 bis 1925 Wirtschaftsdezernent, dann Bürgermeister in Höchst und von 1925 bis 1931 Stadtkämmerer von Frankfurt, danach in Berlin. Im Jahre 1933 mußte er als Jude und Sozialist Deutschland verlassen. Er setzte am 15. Mai 1940  beim Einmarsch der deutschen Truppen im holländischen Exil seinem Leben ein Ende.

Im östlichen Drittel ist der Eingang zu dem weitläufigen dreiflügligen Gebäude. Hier ließen sich die Schnupftabakfabrikanten Bo­lon­garo­ aus Stresa nieder. Der italienische Großkaufmann Joseph Maria Marcus Bolong­aro (1712-19) wäre so gerne ein echter Frankfurter geworden. Aber der Frankfurter Rat hat ihm und seinem Bruder den Einzug in die Stadt verwehrt. Der eine Tabakfabrikant, der andere Bankier, erhielten sie und ihre Familien 1722 den Bürgerbrief.

Nach einer etwas bösartigen Legende soll Joseph Bolongaro auf Frankfurter Messen mit dressierten Murmeltieren aufgetreten sein und so den Grundstock für seinen späteren Reichtum gelegt haben. Wahr ist, daß er einer alten Kaufmannsfamilie aus Stresa am Lago Maggiore entstammte und mit seinen Brüdern Jakob Philipp und Franz Maria unter dem Namen „Gebrüder Bolongaro“ ein florierendes Unternehmen mit Stützpunkten in Amsterdam, Leipzig, Würzburg und eben Frankfurt aufbaute. Man handelte mit Tee, Kaffee, Südweinen und Gewürzen. D er Schwerpunkt aber lag auf dem Tabak, der Joseph Bolongaro seinen „Titel“ verlieh, nämlich „Schnupftabak-König“.

Wo die Kaufleute in ihren Anfangszeiten in Frankfurt wohnten, ist heute nicht mehr bekannt. Im Jahre 1756 jedenfalls erwarben die Fratelli Bolongaro das palastartige barocke Gebäude „Zum Wölffchen“ in der Töngesgasse. Neben dem repräsentativen Vorderhaus gab es einige Nebengebäude, in denen die Geschäftsräume und vermutlich auch eine kleine Tabakfabrik untergebracht waren.

Seit 1737 stellten die Gebrüder unzählige Anträge an den Magistrat, um wenigstens Bürger auf Lebenszeit (Beisassen) mit allen Rechten (uneingeschränkte Handelstätigkeit) und Pflichten zu werden - vergeblich. Die Konkurrenz für den einheimischen Handel sollte abgewehrt werden, zudem waren die römisch- katholischen Italiener der protestantisch geprägten Stadt nicht geheuer. Erst als sich bedeutende Persönlichkeiten für sie verwandten (darunter sollen auch die Töchter Kaiser Karls VII. gewesen sein), gab der Magistrat - vorerst - nach. Die Querelen waren aber damit noch lange nicht beendet.

Mit dem Tod Franz Bolongaros im Jahr 1754 begann eine langer Streit um dessen Hinterlassenschaft. Er hatte in seinem Testament einige Legate für die italienische Verwandtschaft vorgesehen. Das brachte die Stadt auf, weil ihr dadurch ein Teil der Nachlaßsteuer entging. Zum großen Eklat kam es dann 1770 / 71, als Jakob Bolongaro die Absicht hatte, sich ganz aus dem Geschäft zurückzuziehen. Er bat um die Aufnahme seines Schwiegersohns Peter Anton Bolongaro-Creveni als Bürger, der Magistrat lehnte nicht ab, sondern erklärte, daß er künftige Petitionen dieser Art ignorieren werde. Einen letzten verzweifelten Versuch starteten die Bolongaros doch noch. Sie ließen die Stadt über einen Vermittler wissen, daß man bereit sei, eine enorme Summe zu zahlen, falls es zu einer gütlichen Einigung kommen könnte - ohne Erfolg.

Das Maß war für die Bolongaros voll. Sie sahen sich nach neuen Standorten um und liefen sozusagen direkt in die offene Arme des Mainzer Kurfürsten Emmerich Josef Freiherr von Breidbach zu Bürresheim, des damaligen Herren von Höchst. Der plante gerade eine Höchster Neustadt (oder „Emmerich-Josef-Stadt“). Er bot den Kaufleuten nicht nur ein 12.000 Quadratmeter großes Filetgrundstück zu einem sehr guten Preis sowie preiswertes Baumaterial von der damaligen Schloßruine an, sondern auch den Bürgerbrief, die Befreiung von allen Steuern für 20 Jahre und die beliebige Wahl weiterer Wohn und Firmensitze. Als kleine Gegenleistung sollten die Bolongaros die Werbetrommel für das Neustadtprojekt rühren.

Aus Letzterem ist nie etwas geworden. Dafür aber wurde das Hauptgebäude des Bolongaro­palasts innerhalb von nur drei Jahren (1772-75) geradezu in Rekordzeit fertiggestellt. Die Angaben über die Baukosten schwanken zwischen einer knappen Million und zwei Millionen Gulden. Architekt war mit großer Wahrscheinlichkeit Josef Schneuder.

Joseph Bolongaro starb 1779 kinderlos und vererbte sein riesiges Vermögen (nach heutigen Maßstäben war er Milliardär) an seine beiden Neffen. Böse Ironie des Schicksals: Anhand dieser Summen erkannte plötzlich die Stadt Frankfurt, welche gewaltigen Einnahmen an Steuern und Zöllen ihr durch die Ablehnung der Familie Bolongaro entgangen waren. Den Nachfahren wurden Bürgerrechte zuerkannt, sie zogen nach Frankfurt, behielten den Palast aber als Handelshaus.

Der Palast war nie fürstliche Residenz, sondern stets Wohn-, Geschäftshaus und sogar in seinen Seitenflügeln Mietshaus für die Angestellten und Arbeiter. Lange wurde es aber nicht als solches genutzt. Nachdem Joseph Bolongaros Witwe Anna 1792 gestorben war, kümmerten sich die Nachfahren kaum mehr um den mehr und mehr verwahrlosenden Palast. Er diente mal als Lagerhalle, mal als Militärquartier. Der Palast bot einst Napoleon eine standesgemäße Unterkunft der hier auf seiner Flucht zum letzten Mal auf rechtsrheinischem Gebiet übernachtete. Anschließend bezog Marschall Blücher im gleichen Haus sein Hauptquartier.

Das Gebäude wurde parzelliert, vermietet und immer mehr zerstört, bis sich die damalige Stadt Höchst Anfang des 20. Jahrhunderts zum Kauf entschloß. Die letzten umfangreichen Sanierungs- und Restaurierungsarbeiten wurden zwischen 1980 bis 1987 vorgenommen.

Seit 1908 war der barocke Palast Sitz der Stadtverwaltung Höchst. Heute befinden sich hier die Verwaltungsstelle Höchst und das neugeschaffene Bürgerbüro. Der Frankfurter Oberbürgermeister hält hier seine Sprechstunden ab. Im Palast residiert die Höchster Verwaltungsstelle. Die Schönheiten der einstigen Repräsentationsräume der Bolongaros, ihre Fresken, Stuckdecken, kunstvolle Spiegel und Gemälde sind also für die interessierte Öffentlichkeit zugänglich. Die Prunkräume im ersten Geschoß beherbergen die vollständigste Sammlung von Höch­ster Porzellan aus der Passauer Produktion. Im Kapellensaal mit mächtigen Fresken finden Konzerte und Lesungen statt (Öffnungszeiten Mo - Fr 9.00 -16.00 Uhr).

Zum dem Barockbau gehört ein romantischer Park, der zum Fluß hin in zwei Terrassenstufen abfällt und im Sommer als stimmungsvolle Kulisse für Theateraufführungen dient. Von dort sieht man den Palast: Symmetrisch, zweiflügelig, eine Fassade aus weißem und rotem Sand­stein. geschwungene Fensterbögen, ein von Säulen getragener Balkon mit kleinen Skulpturen, der sich über die ganze Breite des Zentralbaus erstreckt. An die Familie selbst und ihre Geschichte erinnert nichts mehr. Nur wer etwas genauer hinschaut, kann in den Palast-Balkonen das „FB“ der „Fratelli Bolongaro“ entdecken.

In der Tradition der barocken Residenzschlösser wurde der Bolongaropalast mit seiner lieblichen Gartenanlage und den Puderzucker-Pavillons errichtet. Im Osten steht das Haus, in den die Filmschauspielerin Rosemarie Fendel wohnte. Rosemarie Fendel von Borsody (25.04. 1927 bis 18.03.2013) arbeitete hier von 1980 bis 2013. Sie war Schauspielerin, Regisseurin, Autorin und engagierte Fürsprecherin für Höchst

Der Pavillon im Westen sollte dem Mainzer Kurfürsten Emmerich Joseph bei Besuchen in Höchst als Wohnung dienen. Seit 1960 befindet sich darin das Höchster Standesamt.  Der Mittelraum dienst als Trausaal.

 

Mainufer:

Hier geht man hinter zum Mainufer. Der Reiz der alten Stadt geht nicht zuletzt vom Main aus.

Über eine Brücke kann man zur Wörthspitze kommen, wo die Nidda in den Main fließt und die „Stauwurzel” beginnt.

Am Main entlang kommt zum Kran (am unteren Ende der Kranengasse). Wieder in Richtung Westen kommt man zur 400 Meter langen Mainmauer. Im Osten begrenzt sie der Turm an der Mainmühle (Mainberg 2, westlich der Königsteiner Straße), die bei der zweiten Stadterweiterung als neue südöstliche Ecke in die Stadtbefestigung einbezogen.

Die Mainfähre ist die letzte im Stadtgebiet von Frankfurt verkehrende Fähre. Bevor der Main in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts kanalisiert wurde, gab es nahe dieser Stelle auch eine Furt durch den Main. Nachgewiesen ist die Höchster Fähre seit 1623, im 19. Jahrhundert betrieb man eine Seilfähre, wobei die schräggestellte Fähre durch die Wasserkraft an einem Seil über den Main gezogen wurde. Bis 1992 bediente noch eine Autofähre den Verkehr, heute werden Personen und Radfahrer übergesetzt. Weiter am Mainufer entlang entdeckt man ein Hausboot und sogar ein Hotel mit Restaurant auf dem Main. Damit ist man wieder am Ausgangspunkt des Rundgangs (den man natürlich auch am Marktplatz beginnen kann).

Auf der Rückfahrt fährt man die Bolongarostraße in Richtung Osten. Aber man kann jetzt nicht in die Königsteiner Straße nach links abbiegen, weil diese (teilweise) eine Einbahnstraße ist. Man fährt ein Stück weiter, hält sich links und biegt in die Ludwig-Scriba-Straße ab. Man folgt aber nicht den Wegweisern zur Autobahn, sondern biegt schon gleich nach rechts ab in die Zuckschwerdtstraße. Von dieser geht es nach rechts in die Palleskestraße, wo sich die heutige Porzellanmanufaktur befindet. Über die Zuckschwerdtstraße und Hospitalstraße kommt man zur Gotenstraße und folgt nun den Schildern zur Autobahn.

 

Renaturierung der Nidda

Die Wehre an der Nidda sollen umgebaut werden. Das Höchster Wehr soll mit einem sogenannten „Umleitungsgerinne“ ausgestattet, in Sossenheim sollen die Altarme wieder angeschlossen werden, damit Fische und Kleingetier wieder flußaufwärts wandern können. Wenn alle sechs Wehre umgebaut sind, stehen den Tieren, die vom Main kommen, wieder 90 Kilometer Nidda und damit auch 300 Kilometer Bäche zur Verfügung. Ein voller Erfolg, wenn irgendwann der erste Lachs in der Wetterau gesichtet würde.

In der Nähe des Höchster Strandbads fließt der Sulzbach in die Nidda. Ein Stück des Bettes ist renaturiert, ein weiteres noch kanalisiert. Das dortige Wehr steht vor seinem Rückbau - als erstes der Nidda-Wehre, der die Kanalisierung von 1928 bis 1932 wieder rückgängig macht. Mit Rücksicht auf den Hochwasserschutz wird nicht ganz auf Wehre verzichtet. Der Rückbau sieht ein schräges Wehr vor, damit auch die Fischwanderung flußaufwärts wieder möglich wird. Bis ins 19. Jahrhundert sei der Lachs in Schwärmen den Main hoch gewandert. Nachdem die Wasserqualität zum Laichen wieder einigermaßen geeignet ist, bilden Wehre ein großes Hindernis auf dem Weg zurück zu intakten Naturkreisläufen.

Die Fauna verrät viel über die Wasserqualität. So lebt der Roll-Egel in schwach strömenden, organisch kritisch verschmutzten Gewässern der Güteklasse II bis III - also wie im Main. Dagegen kommt die Große Steinfliegenlarve in reinem, sauerstoffreichem Wasser vor. Doch allein die gute biologische Wasserqualität bringt noch keine Lebens-Vielfalt an den Fluß: Größere Zusammenhänge erfaßt die „Gewässer-Struktur-Güte“, die zeigt welche Lebensmöglichkeiten für höhere Organismen - etwa Enten, Vögel - bestehen.

 

Nied: Selzerbrunnen

Frankfurt hat einige besondere Quellen, denen zum Teil auch Heilkraft zugeschrieben wird:

Am Grindbrunnen im Nizza, einer Schwefelquelle mit Kochsalzgehalt, fand früher einmal ein regelrechter Kurbetrieb statt. Für kurze Zeit erfreute sich auch das Riedhofer Wasser aus der „Schwarzen Steinkaut“ im 18. Jahrhundert einer gewissen Beliebtheit. Begehrt war auch das Wasser des Faulbrunnens in Sossenheim. Noch immer gern getrunken wird das Wasser des Königsbrünnchens im Stadtwald.

Auch in Nied gibt es zwei solcher Heilbrunnen, beide in der Eisenbahnersiedlung nördlich der Königsteiner Eisenbahnlinie: Von der Oeserstraße (Teil der Hohen Straße) geht kurz vor dem Wald nach Norden der „Faulbrunnenweg“ ab. In einer Senke schräg gegenüber der Einmündung des Faulbrunnenwegs steht der Faulbrunnen.

Der Selzerbrunnen liegt im Wald, wo die nördlich gelegene Straße „Am Selzerbrun­nen“ auf die Straße „Vorm Wald“ trifft. Er ist in Stein gefaßt. Eine Wiese umgibt ihn, nahebei befinden sich ein Kinderspielplatz und ein Ballspielplatz.

Das Wasser des Selzerbrunnens entspringt aus einer tertiären Schicht in einer Tiefe von 38 Metern. Im Jahre 1885 trieb man ein Eisenrohr in diese Schicht hinein, oben wurde ein Kupferrohr eingelassen. Nach einem Gutachten des Darmstädter Professors Sonne aus dem Jahre 1905 liefert der Selzerbrunnen ein Mineralwasser, das neben dem Schwefel verschiedenen Salze, zum Beispiel Natriumbikarbonat, enthält.

Die Nieder sind überzeugt, regelmäßiger Genuß sei sehr bekömmlich. Bei einem Überschuß an Magensäure und anderen Verdauungsstörungen könne, nach Meinung der Ärzte, das Wasser lindernd wirken. Der Brunnen machte allerdings den Niedern oft Sorgen, da das Wasser verunreinigt war. Im Jahre 1968 kam einmal unklärbar brennbarer Schaum heraus.

Nach dem Genuß des Wassers sollte sich ein Gang durch den Nieder Wald, einem 70 Hektar großen Auenwald oder entlang der Nidda mit ihren Altarmen anschließen.

 

 

Norden

 

Rundfahrt:  Nordend - Rödelheim - Bockenheim

 

Die Anfahrt erfolgt über die Seckbacher Landstraße / Burgstraße oder über die Enkheimer / Berger Straße oder über Ratsweg / Wittelsbacher Allee. Auf jeden Fall fährt man auf dem Anlagenring nach Nordwesten in die Rothschildallee (nicht bis zum Nibelungenplatz). Dann biegt man nach links ab in die Rohrbachstraße und Glauburgstraße und dann - leicht versetzt - in die Fürstenbergerstraße. Hier liegt gleich rechts das Holzhausenschlößchen, eine Wasserburg in einem schönen Park.

 

Der Norden  Fraukfurts

 

Holzhausenschlößchen:

Nördlich des Eschenheimer Turms verläuft der Oederweg. Er erinnert an den Holzhäuser Hof, einen mit massiven Steinbauten ausgestatteten und von Äckern und Wiesen reichlich umgebenen Komplex. Die Holzhausen-Oede war einer von vielen befestigten Gutshöfen der Frankfurter Gemarkung. Im Jahre 1398 wird sie erstmals genannt. Diesen besaß das Geschlecht von der Oede, das 1480 aber wieder ausstarb. Das Gut gelangte dann  durch Heirat an das Adelsgeschlecht von Holzhausen, eines der ältesten und angesehensten Patriziergeschlechter der Stadt

Einer der bedeutendsten Vertreter war Hamman von Holzhausen, der in Frankfurt der Reformation den Weg ebnete. Sein Sohn Justinian, Wittenberger Student, machte die Oede zu einer Stätte kultivierter Geselligkeit, wo man sich zu humanistischen Symposien traf, und er baute dort ein Sommerhaus. Obwohl Justinian, damals Frankfurter Feldzeugmeister, sein Schlößchen zusätzlich sicherte, wurde es  bei der Belagerung von Frankfurt 1552 zerstört. Sein Sohn Achilles ließ den  Hof 1571 wieder herrichten, versah ihn mit seinem Wappen und einer Inschrift über die Geschichte des Hofes. In den Jahren 1635  bis 1636 wurden schwere Verwüstungen auf dem Hof angerichtet.

Am Rande der grünen Insel des oberen Oeder Wegs steht einsam, ohne erkennbare Funktion, ein schönes Tor: Sandsteinpfosten im Louis-Seize-Stil, die beiden größeren von antikisierenden Vasen bekrönt, halten schmiedeeiserne Flügel. Bei näherem Betrachten sieht man, daß das Tor in der Achse der Kastanienallee liegt, die geradewegs auf das Holzhausenschlößchen zuführt, also das Einfahrtstor zu dieser ehemaligen „Holzhausen-Oede“ war. Im Jahre 1910 wurde es in der Originalform vom Ende des 18. Jahrhunderts erneuert.

In den Jahren 1727 bis 1729 entstand auf den Fundamenten der Wasserburg unter Hieronymus von Holzhausen nach Plänen des landgräflich-hessischen Hofbaumeisters Louis Remy de la Fosse ein barockes Schlößchen. Im 19. Jahrhundert ständiger Wohnsitz der Familie Holzhausen, hat es sich bis heute als ein besonderes Schmuckstück Frankfurts erhalten. Seit dem Zweiten Weltkrieg war es bis vor kurzem  Domizil des Frankfurter Museums für Vor- und Frühgeschichte.

Im Jahre 1910 ging das ganze Gelände an die Stadt über mit der Bedingung, den 1790 angelegten Park als öffentliche Anlage den Bürgern zugänglich zu machen, den Rest für Wohnbauten zu nutzen. So kam es, daß das Tor vereinsamte. Der Park mit seinem Weiher rund ums Schlößchen wurde eine kleine, aber schöne Oase im Nordend. Spazierwege, Spielwiesen und Kinderspielplatz bieten vielfältige Erholung. Die Westfaleneiche erinnert an Reichsfreiherrn Karl vom und zum Stein, dem Frankfurt seine Souveränität 1816 bis 1866 verdankte, und eine Tafel vor der Brücke zum Schlößchen gedenkt Friedrich Fröbels, des Hauslehrers der Familie Holzhausen 18ß6 bis 1808.

Die Holzhausens sind so etwas wie die Buddenbrooks von Frankfurt - einem Ortsfremden könnte man vielleicht auf diese Weise einen ersten Eindruck davon vermitteln, welchen Stellenwert die Holzhausen in Frankfurt, haben, denn kaum eine Familiengeschichte ist wohl so eng mit der ihrer Stadt verwoben, in der sie Generation für Generation lebte. Derer 23 zählt nunmehr das Geschlecht der Holzhausen - von Heinrich, der 1243 nach Frankfurt eingewandert war, bis zu den jüngst geborenen Familienmitgliedern.

Ein für die Frankfurter Stadtgeschichte nach wie vor bedeutsamer Holzhausen war Adolph Freiherr von Holzhausen (1866 bis 1923). Er gründete 1916 die Holzhausen-Stiftung, die seither in dem Wasserschlößchen im Holzhausenpark untergebracht ist. Er blieb nach mehr als 20 Generationen der letzte Vertreter seines Geschlechts in Frankfurt, der österreichische Zweig lebt bis heute.

Im Haus gibt es eine Dauerausstellung „Die Familie von Holzhausen“. An einer Seite des Raums im Erdgeschoß zeigt eine Stammtafel die Holzhausen-Geschichte; diejenigen, die ein Amt als Frankfurter Ratsmitglied, Schöffe, Bürgermeister oder Stadtschultheiß bekleideten, sind hervorgehoben. Keine Familie stellte zum Beispiel so viele Bürgermeister „mehr als 70“,

Außerdem klärt die Tafel über das Heiratsverhalten der Holzhausen auf: Gattinnen und Gatten stammten zumeist aus anderen Frankfurter Patrizierfamilien und sind durch entsprechende Wappenembleme gekennzeichnet (Limpurger- und Frauensteinerwappen).

Einigen Familienmitgliedern widmet die Dauerausstellung zudem eine gesonderte Hinweistafel mit Porträtgemälde sowie ausführlichen Erläuterungen zu Leben und Werk. Die Originale sind im Städel zu sehen. Aus Versicherungsgründen kann man hier nur die Kopien zeigen. Hamman von Holzhausen ist beispielsweise zu sehen, der 1520 die erste Lateinschule in Frankfurt - die „Mutter“ der künftigen Gymnasien - gründete und damit deutliche Position für die damalige Lutherische Reformation bekundete. Oder Hammans Sohn Justinian von Holzhausen, der gemeinsam mit seiner Gattin Anna von Fürstenberg in Öl dargestellt ist. Justinian war ebenso ein Schüler Luthers und verteidigte als Obristhauptmann die Stadt erfolgreich während der Belagerung von 1552.

Auf einer weiteren Tafel sind schließlich Verse aufgeführt, die Jacob Micyllus, einstiger Rektor der Frankfurter Lateinschule, verfaßte: „Seht dies gastliche Haus, ringsum das Wasser der Quelle, und in friedlicher Ruh Wiesen und Waldung umher“ Und das Ölgemälde von Hans Thoma „Holzhausen-Oed“ (1880) läßt dazu einen plastischen Eindruck von der Zeit entstehen, als man von der Lersnerstraße noch unverstellten Blicks auf das Holzhausenschlößchen sehen konnte.

Kontakt: Bürgerstiftung im Holzhausenschlößchen, Justinianstraße 5, Tel. 557791. Weitere Informationen, auch über das Veranstaltungsprogramm, gibt es im Internet unter www.holzhausenschloesschen.de.

 

Holzhausen-Schule:

Die Gegend um die heutige Holzhausen-Schule gehörte im Mittelalter zu einem bedeutendem Frankfurter Gutshof, der der Familie „von Holzhausen“ gehörte. Früher, so weiß man aus al­ten Urkunden,  wurden auf dem Affenstein Wein, Korn und Kartoffeln angebaut und Schafe geweidet.  Vor den Toren der Stadt Frankfurt gab es viele solche Gutshöfe, die die Bürger mit Lebensmitteln versorgten. Der „Holzhausen-Hof“  (oder wie man auch sagte, die „Holzhausen-Öde“) lag also mitten „im Grünen“ der Stadt. Auf dem alten Plan von 1887 sind fast noch  keine  Häuser zu sehen.

Zum Nord-Eingang der Holzhausen-Schule führt vor 1928 eine kleine baumbestandene Allee. Sie  heißt heute „Lübecker Straße“ - früher war dies der „Affensteiner Weg“ und führte zum „Affenstein“.  Vermutlich gab es hier früher einen Felsen oder eine Steingruppe, in der Nähe befand sich die „Steinkaut“, ein Steinbruch - Eines ist aber sicher:  Es hat hier mit Sicherheit keine Affen gegeben!

Der Name  könnte sich aus „Avestein“ entwickelt haben - ein Gebets-Stein an dem das „Ave Maria“ gebetet wurde. Das „Affentor“ in Sachsenhausen wird aber von „Auen-Tor“ abgeleitet. Da früher das „u“ auch als „v“ geschrieben wurde, könnte aus „Aue“ leicht „Ave“ geworden  sien und daraus dann  „Affe“.

Schon die alten Römer zogen von der Römerstadt Nida (bei Heddern­heim) an die Frankfurter Main-Furt durch das Gebiet des Affensteins. Diese direkte Verbindung war eine der ersten gepflasterten Stein-Straßen in Frankfurt - heute sind leider keine sichtbaren Spuren dieses Weges zu finden.

Für die Frankfurter lag der Affenstein damals weit draußen im Feld vor der Stadt. Auf einem alten Plan der Stadt von 1552, dem Faber’schen Belagerungs-Plan, haben Landsknechte ihr Lager am Affenstein errichtet.

Als im Jahre 2008 an die Universität eine Bibliothek angebaut werden sollte, stieß man auf den Rest eines mittelalterlichen Turms. Bei dem Turm handelt es sich um den „Affenstein“, eine Warte in dem äußeren Befestigungsring von Frankfurt, der die Lücke zwischen Friedberger Warte und Bockenheimer Warte schließt. 

Der Affenstein ist ein mittelalterlicher Wehrturm des 13./14. Jahrhunderts, ein Teil der Frankfurter Landwehr, etwa 6,50 Meter hoch.  Man befindet sich dort hinter dem IG-Farben-Gebäude, westlich der Eschersheimer Landstraße, auf der Gemarkung des Affensteiner Felds.

Im Schutzgürtel, den die existierenden oder bekannten Wehrtürme Galluswarte, Bockenheimer Warte, Friedberger Warte, Bornheimer Warte und Rieder Warte (im Riederhof) weit vor der Stadt markierten, klaffte eine Lücke. Denn auch die Eschersheimer Landstraße brauchte Schutz im Mittelalter, etwa gegen die Taunusritter. Betrachtet man die Topographie, so ist die Lage des zum Vorschein gekommenen Gemäuers perfekt als Wartstation gewählt. Das Verfahren, den Bruchstein-Turm als Kulturdenkmal zu schützen, ist eingeleitet.

Andrea Hampel vom Denkmalamt glaubt, die Universität habe „eine Landmarke“ gewonnen. Das dort geplante Gebäude lasse sich ohne weiteres umplanen. Doch die Universitäts-Archäologen haben Zweifel an der Bedeutung des „turmähnlichen Befunds“, wie sie in einem Gutachten für die Uni-Bauabteilung schreiben. Das Bauwerk, auf das sich „in den uns zugänglichen älteren Karten „kein Hinweis finde, liege doch „in erheblicher Entfernung von der Landwehr“. Auch sei „die Ansprache des (Grund-)Mauerwerks als mittelalterlich“ nicht fundiert. Daß es sich gar „um den Affenstein selbst handelt“, sei „reine Spekulation“. Die Denkmalschützer indes handeln kraft Amtes: „Das Denkmal ist erhaltungspflichtig, und „diese Erhaltungspflicht besteht für jedermann, auch für die Universität.“

 

Diesen alten Turm nutzte  die „Irrenanstalt“  als Kühlkeller. An der Eschersheimer Landstraße wurde 1874 das Diakonissen-Haus gebaut. Ursprünglich war hier nur ein einzelnes Schwestern-Haus. Heute ist es ein modernes, leistungsfähiges Krankenhaus. Zehn Jahre zuvor - 1864 - war die Städtische Irrenanstalt „Anstalt für Irre und Epileptische“ aus der Altstadt vor die Tore Frankfurts gezogen. Hier war ja einmal die psychiatrische Anstalt des Doktor Hoffmann („Struwwelpeter“), an der auch der Arzt Alzheimer wirkte.

Der Nervenarzt Heinrich Hoffmann war sehr fortschrittlich, er behandelte Geistes - Kranke als Kranke. Er sperrte sie nicht weg - in Innenhöfen konnten sich die Patienten frei bewegen. Vorher waren diese kranken Menschen als arbeitsscheu, vom Teufel besessen oder als kriminell angesehen worden. Auch Dr. Alzheimer hat hier seine ersten Beobachtungen gemacht. Nach seinen Forschungen wurde die „Alzheimer-Krankheit“ benannt - eine Geisteskrankheit, die das Gedächtnis zerstört und die erkrankten Menschen hilflos macht

Als die Holzhausen-Schule gebaut wurde verlegte man das „Irrenschloß“ dann nach Niederrad ins neue Universitäts- Krankenhaus. Gleich nebenan wurde 1928 - 1931 das „IG -Farben Verwaltungsgebäude“ gebaut.

Der „Affensteiner Felsenkeller“ war  eine Gartenwirtschaft - die ersten Frankfurter Fußball-Spieler trafen sich nach Ihrem Spiel auf der „Hundswiese“ (an der heutigen Miquel-Allee) dann  wurde das Ausflugs-Lokal wurde zum Bau der Hansa-Allee 1928 abgerissen.

In Frankfurt erinnert ein altes Sprichwort an den historischen Affenstein: „Du bringst mich noch uff de Affestaa“ oder  „Du bringst mich noch auf den Affenstein!“ sagte man, wenn man sich über jemand geärgert hat.... es bedeutet: Du machst mich noch verrückt! (Gunther Haarstark   M.A. - Schüler an der Holzhausenschule 1965 - 1968   -   Frankfurt/Main,  Juni  2004).  

 

Stalburger Oede:

Von der Eckenheimer Landstraße geht nach links die Stalburgstraße ab. Sie erinnert an die „Stalburger Oede“ oder Odenburg, dessen Hautgebäude von einem Wassergraben umgeben war.

 

IG-Farben-Hochhaus:

Es ist ein Gebäude der Superlative mit höchst wechselvoller Geschichte: Das Frankfurter IG-Farben-Haus.  Die IG Farben waren die Interessengemeinschaft Farbenindustrie AG, zu der sich damals die sechs großen Chemiefirmen Deutschlands zusammengeschlossen hatten .Das Haus wurde 1930 als hochmoderne Zentrale für eine der damals größten Firmen der Welt gebaut. Gerade aus sechs namhaften Chemieunternehmen fusioniert, suchte der Vorstand eine repräsentative Bleibe, wo künftig der „Rat der Götter“ tagen konnte. So nannte man auf den Fluren ehrfürchtig die hohen Herren im Vorstand des Unternehmens. Schnell, schnell sollte alles gehen. Deshalb nahm der Vorstand davon Abstand, in der Gutleutstraße, wie ursprünglich geplant, ein Hochhaus empor zu ziehen. Das Unternehmen fürchtete den Widerstand der Nachbarn und sich daraus ergebende Verzögerungen. So entschied man nach einem Wettbewerb zügig für einen Entwurf des Architekten, Malers und Bühnenbildners Hans Poelzig.

Wenige Jahre später kooperierte der Chemiekonzern eng mit den Nazis.

Selbstzufrieden teilt BASF-Direktor Otto Ambros am 12. April 1941 den Vorstandskollegen in der IG Farben-Zentrale in Frankfurt mit, wie segensreich sich unsere neue Freundschaft mit der SS auswirkt. Das kann man sagen. Seit Februar 1941 sind die ausgemergelten Insassen des KZ Auschwitz Tag für Tag daran, den Profit der IG Farben zu mehren. Unter dramatischen Umständen arbeiten die von Hunger, Krankheiten und grausamen Haftbedingungen gepeinigten Männer am Bau einer Buna-Fabrik.

Baumeister des mit ockergelbem Travertin-Stein verkleideten Stahlskelett-Gebäudes  - das im früheren Park der Bankiers-Familie Rothschild errichtet wurde  - war Hans Poelzig. Nach dem Berliner Architekten (1869 bis 1936), der als Vertreter der „Neuen Sachlichkeit” bei den Nazis mißliebig wurde, wird das IG-Farben-Haus auch Poelzig-Bau genannt. Denn das im Hauptteil leicht geschwungene Gebäude hat Maßstäbe in der Architektur gesetzt: Trotz seiner Größe besticht es mit schlichter Eleganz. Poelzig sollte ein „eisernes und steinernes Sinnbild deutscher kaufmännischer und wissenschaftlicher Arbeitskraft” bauen.

Dafür hat er auf einer Länge von 255 Metern einen Bau mit sechs Flügeln errichtet, die die Gründungsfirmen der IG-Farben symbolisieren. Mit 36 Metern Höhe hat der großzügige Bau sieben Stockwerke mit 2000 Fenstern und 2,5 Kilometer langen Korridoren. Mit sechs Personen- und acht Umlaufaufzügen galt das Haus, das für 1.600 Mitarbeiter geplant war, als das modernste Bürogebäude Europas.

Nach der Machtergreifung der Nazis hielt sich die IG-Farben anfangs noch mit Rücksicht auf zahlreiche jüdische Vorstandsmitglieder zurück. Doch nach der „innerbetrieblichen Arisierung” wurde die IG Farben zu einem der wichtigsten Rüstungskonzerne, der an der Ausbeutung und Ermordung tausender Zwangsarbeiter beteiligt war. Die IG-Farben Tochter Degesch entwickelte das Giftgas Zyklon B, das für den industriellen Massenmord an den europäischen Juden in den Vernichtungslagern benutzt wurde.

Die schweren Luftangriffe der Alliierten auf Frankfurt überstand das Gebäude 1943/44 fast unversehrt. Als die Amerikaner im März 1945 Frankfurt besetzten. übernahmen sie sofort das Gelände. Der Oberkommandierende der US-Streitkräfte und spätere US-Präsident, Dwight D. Eisenhower, richtete sein Dienstzimmer im ersten Stock des IG-Farben-Hauses ein. Hier gründete er mit der „Proklamation Nr. 2“die Länder Bayern, Württemberg-Baden und Groß-Hessen. Hier erhielt auch der Parlamentarische Rat den Auftrag, das deutsche Grundgesetz zu erarbeiten. Fünfzig Jahre lang residierte das amerikanische Militär im „Farben-Building”. Dieses schloß nach mehreren linksterroristischen Anschlägen in den siebziger Jahren das Gebäude fürs Publikum. Im Zuge der Reorganisation ihrer Truppen nach der deutschen Wiedervereinigung übergaben sie 1995 das Gebäude an die Bundesrepublik, die es für 148 Millionen Mark (rund 75 Millionen Euro) an das Land Hessen verkaufte.

Es wird darüber diskutiert, ob das Gebäude nun IG-Farben-Haus oder Poelzig Bau genannt werden sollte. Die ,.IG-Farbenfraktion“ führt ins Feld, daß mit der Erinnerung an den Bauherrn auch die nationalsozialistische Vergangenheit des Gebäudes deutlich gemacht wird. Immer wieder taucht auch das Gerücht auf, daß die Amerikaner das Bauwerk im Zweiter Weltkrieg bewußt nicht bombardierten um später dort ihr Hauptquartier zu er richten. Es gibt jedoch keine Hinweise dafür, daß dies der historischen Wahrheit entspricht.

 

Goethe-Universität:

Im  Jahre 2001 zog nach dem Abzug des US-Militärs die Goethe-Universität ein. Bis 2015 soll auf dem Park-Gelände mit einigen Neubauten ein großer Campus für die gesamte Goethe-Uni entstehen. Damit schließt sich der Kreis: Denn die Familie von Frankfurts bekanntestem Sohn, nach dem die Hochschule benannt wurde, besaß im 18. Jahrhundert dort ein Gärtchen.

Auf fünf Stockwerken des von Hans Poelzig entworfenen Baus ist eine Dauerausstellung über die Geschichte des Areals zu sehen: „Von der Grüneburg zum Campus Westend“. Zentraler Teil der Ausstellung ist die Verstrickung des IG Farben-Konzerns in die Verbrechen der Nationalsozialisten: In der Nähe des Konzentrationslagers will die IG Farben eine neue Produktionsstätte hochziehen und an der Stelle des Dorfes Monowitz plant der Konzern sogar sein eigenes Arbeitslager. Später - „nach dem Endsieg“ - will das Unternehmen hier Benzin und synthetisch Kautschuk produzieren und seine Monopolstellung in Osteuropa zementieren. Dafür schaffen sich die Häftlinge aus dem benachbarten Konzentrationslager buchstäblich zu Tode. In Zehn-Stunden-Schichten malochen die entkräfteten Lagerinsassen. Drei Reichsmark pro Tag und Arbeits­kraft erhalten die neuen Freunde von der SS. Da stimmte eben die Chemie.  Rund. 25.000 Häftlinge sterben auf der Baustelle oder werden als arbeitsunfähig ausgemustert und ermordet.

Unter der Überschrift „IG Auschwitz“ zeigt eine große Bildtafel den entlarvenden Brief von Ambros, flankiert von der deutschen und englischen Beschreibung der Umstände des Baus dieser Fabrik. Wenige Meter weiter ist auf demselben Gang ausführlich zu lesen, wie die zu den IG Farben gehörenden Behringwerke in Marburg für ihre Fleckfieber-Forschung rund tausend Häftlinge aus dem KZ Buchenwald mißbrauchten, ihnen infiziertes Blut injizierten, um Reaktionen und Präparate zu testen.

Die Verstrickung des Chemiekonzerns in die Nazi-Verbrechen, das Zusammenwirken der Profiteure mit den Mördern ist das zentrale Kapitel der Ausstellung. Diese Text- und Bildtafeln finden sich im ersten Stock, links und rechts des monumentalen Aufgangs und stellen das Herzstück der Schau dar.

Im Seminar für Griechische und Römische Geschichte im fünften Stock ist eine weitere Ausstellung: Hier hängt Delkeskamps berühmter Plan von den Wiesen, Ackern und Obstgärten vor den Toren der Stadt - mit der Grüneburg der Rothschilds und dem „Irrenschloß“ des innovativen Frankfurter Arztes Heinrich Hoffmann. Hier hatte die Familie Goethe zeitweise ihre Obstgärten, der Juwelier Matthias Riese ließ sieben Kühe weiden und später warf der aufstrebende Chemiekonzern IG Farben seinen begehrlichen Blick auf diese Fläche vor den Toren der Stadt.

 

Das Wandfresko im Casino des Poelzig-Ensembles:

Im Jahre 1929 erhielt der Frankfurter Künstler Georg Heck (1897-1982) den Auftrag für ein groß dimensioniertes Wandfresko im Casino des neu errichteten IG Farben-Gebäudes. Heck war Meisterschüler von Max Beckmann, der damals an der Städelschule unterrichtete und zur selben Zeit mit l.ily von Schnitzler befreundet war, einer Frankfurter Kunstsammlerin und Mäzenin. Die kunstsinnige Dame war die Ehefrau eines Vorstandsmitgliedes der IG Farben und wurde gebeten, das Gebäude mit Kunstwerken auszustatten. Beckmann empfahl ihr Georg Fleck.

Dessen dreieinhalb Meter hohes und fünf Meter breites Wandgemälde im „Roten Salon“ „sollte, nach einer Idee von Frau von Schnitzler, dem festlichen Saal einen feierlichen Klang und den Gästen des Hauses die Stimmung traulicher Ruhe vermitteln“.

Nach 1935 wurden viele Werke Hecks von den Nationalsozialisten auf dem Römerberg in Frankfurt öffentlich verbrannt. Da auch das Wandgemälde als „entartet“ galt, wurde es übertüncht. In der Besatzungszeit nach dem Krieg vermuteten einige Herren unter dem Putz des Casinos einen echten „Max Beckmann“. Das Fresko sollte daher möglichst schnell frei gelegt werden. Das Interesse erlosch allerdings wieder, als intensive Nachforschungen ergaben, daß das Wandbild „nur“ von Beckmanns Schüler stammte.

70 Jahre lang wurde das Bild dann vielfach übermalt und schlummerte zuletzt unter einer mehrere Millimeter dicken Farbschicht, bis es schließlich ab 2005 durch Freilegung wieder zum Leben erweckt werden konnte. Das Casino mit Festsaal gehört inzwischen zur Frankfurter Universität und das Fresko schmückt nun einen Konferenz- und Seminarraum.

Das Bild wird wie folgt beschrieben: Die figurenreiche Szene spielt unter freiem Himmel und wird durch eine Mauer eingefaßt und von der Natur abgetrennt. Dieser abgegrenzte Bezirk, ein Hain, dient als bühnenartiger Raum, in dem die dargestellten Personen ein zeitloses Leben zu führen scheinen. Das friedliche Ambiente, das den klassischen Vorstellungen vom glücklichen Urzustand der Menschheit mit einer Welt ohne Leid und Krieg anspricht, verweist auf die ikonographische Tradition der Darstellungen vom „Goldenen Zeitalter“ oder von „Arkadien“. Ein Knabe mit Flöte und eine Frau mit Laute stehen für die „Harmonie“, eine Frau mit Kind für „Mutterschaft“ und die Kontinuität des Lebens. Die Taube gilt als Symbol des Friedens, zwei rahmende Frauengestalten mit gefüllten Früchtekörben versinnbildlichen den „Naturreichtum“, und die Überfülle von Früchten und Blumen im zentralen Bildvordergrund veranschaulicht den Segen des bäuerlichen Lebens. Die mediterrane Anmutung und die antikisierenden Gewänder der Menschen verweisen auf die Wiege der europäischen Kultur - auf das klassische Griechenland. (Aus der Archivforschung des Kulturkreises Georg Heck e.V.)

Ein Spruchband unterlegt die Szenerie mit einem Auszug aus „Menons Klagen um Diotima“ von Friedrich Hölderlin (1770-1843): „Komm; es war wie ein Traum! Die blutenden Fittiche sind ja schon genesen, verjüngt leben die Hoffnungen all.“

Die Freilegung und Restaurierung des Freskos war für die Restauratoren eine echte Herausforderung, denn die Übermalung war eine gefährliche Verbindung mit dem Originalputz eingegangen. Zum Glück konnten große und kleine Risse dank verfeinerter Methoden behandelt und bereits vorhandene Fehlstellen im Farbton der originalen Malerei ausgebessert werden. Die im Krieg entstandenen starken Risse wurden in ihrer überkommenen Form belassen, man entschied sich jedoch, den zerrissenen Eindruck der Oberfläche (aufgrund verschiedener Verfärbungen und Oberflächenstrukturen) durch das Aufbringen einer hellgrauen Lasur zu vereinheitlichen. Ziel war es keinesfalls, das Wandgemälde wieder in ein tadelloses Kunstwerk zurück zu verwandeln, im Gegenteil: Die unrühmliche Geschichte des Gemäldes sollte offensichtsichtlich bleiben. Die historische Raumfassung konnte größtenteils rekonstruierst werden, denn die zeitlich zum Gemälde gehörende farbliche Wandfassung an manchen Stellen erhalten und war in demselben hellgrün Grundton wie die Malerei gestrichen.

 

Grüneburgpark:

Im heutigen Grüneburgpark stand die Grüneburg. Der Grüneburgweg muß aber wohl vom Bethmannshof unterschieden werden. Im 14. Jahrhundert stand beim „Bockenheimer Holz“ ein Hof, der 1344 Conrad von Glauburg gehörte. Später besaß den von einem Wassergraben umgebenen Hof Jacob Gerthner, der ihn 1377 an Johann von Glauburg verkaufte. Von 1370 bis 1427 ließ Frankfurt die Landwehr errichten, die aus zwei breiten tiefen Gräben und einem Erdwall dazwischen bestand. Dennoch wurde 1433 der Schöffe Glauburg von umherziehenden Soldaten abgefangen und Lösegeld erpreßt.

Über die Geschichte des Grüneburghofes gibt es nur wenige Nachrichten. Die Baum­wiesen am Ginnheimer Weg wurden 1795 von Peter Bethmann-Metzler angekauft und zum Park der Grüneburg gezogen. Goethes Großvater hatte sie im Jahre 1714 erworben. Als Goethe 1797 mehrere Wochen in Frankfurt weilte, stattete er seinen Freunden auf der Grüneburg einen Besuch ab. Im Park ist auch der letzte Wohnsitz Friedrich Stoltzes, des Frankfurter Lokaldichters.

Am Anfang des 19. Jahrhunderts war der Hof im Besitz der Frau von Bethmann-Metzler.

Schon Goethe berichtet 1797 dem Herzog von Weimar vom Besitz „Zur grünen Burg“ der Familie Bethmann-Metzler. Er liegt auf einer sanften Anhöhe, von der aus man die Stadt Frankfurt und nach hinten den Niddagrund bis an die Berge übersehen kann. Nachdem die Grüneburg 1837 an die Rothschilds übergegangen war, begann die eigentliche Gestaltung des riesigen Geländes. Der heutige Park umfaßt etwa 30 Hektar und wurde 180/93 von Vater und Sohn Siesmayer gestaltet. Die Gebäude im Park wurden in Zweiten Weltkrieg zerstört, doch der Baumbestand blieb weitgehend erhalten.

Am östlichen Rand des Parks steht das 1964 hierher verpflanzte klassizistische oktogonale Gartenhaus, das ursprünglich 1820 durch Friedrich Rumpf am Schönhof in Bockenheim erbaut worden war. Etwas weiter nördlich steht die griechisch-orthodoxe Kirche und noch etwas weiter nördlich - schon an der Miquelallee - die altkatholische und die anglikanische Kirche. Zwischen diesen steht der zinnenbekrönte Rapunzelturm, der als Wasser- und Aussichtsturm am oberen Rand des Parks erbaut wurde.

 

Koreanischer Garten:

Der Koreanische  Garten im Grüneburgpark mit seinen rund 5.000 Quadratmetern war  offiziell schon Mitte Dezember 2005 eröffnet worden, doch erst wird er am Sonntag, 21. Mai 2006, mit einem Fest nun der Öffentlichkeit übergeben.  Von 11 bis 17 Uhr gab es mehrere Lesungen südkoreanischer Autoren sowie Live-Musik. Mitte Dezember vergangenen Jahres war der Koreanische Garten durch eine Schenkungsurkunde der Republik Südkorea in den Besitz der Stadt Frankfurt übergegangen. Südkorea war Ende Oktober 2005 Gastland der Buchmesse und hat deshalb für rund eine Million Euro den für das Land typischen Garten mit Pavillons und Teichen in der dem Projekt gearbeitet. Es soll dazu die Verlängerung der August-Siebert -Straße beitragen. Zwanzig koreanische Landschaftsgärtner haben an dem Projekt gearbeitet.

 

St. Nikolauskirche:

An Alter und an Bekanntheit steht die Kirche des Heiligen Nikolaus der Frankfurter russisch-orthodoxen Kirchengemeinde den Kapellen im Kurpark von Bad Homburg, auf dem Nero­berg in Wiesbaden und in Darmstadt gewiß um einiges nach. Dennoch ist die weiße Kirche am Rande des verkehrsreichen Kreisels am Industriehof mit ihrem offenen Glockenturm und dem Zwiebelturm, auf dem ein goldenes Kreuz leuchtet, ein ganz besonderes Bauwerk, ein kostbares Gotteshaus, eine Heimat für alle die, die nach den Weltkriegen und in den sechziger Jahren die Sowjetunion verließen.

Im Jahre 1945 hatten sich russische Flüchtlinge, entlassene Kriegsgefangene und ehemalige „Ostarbeiter“ in der Ruine der Ostlandschule versammelt und die erste orthodoxe Gemeinde Frankfurts gegründet. Die Gottesdienste fanden anfangs in Bad Homburg statt. Seit 1950 traf man sich zum Gottesdienst in einer von einem nordhessischen Flüchtlingslager hierher transportierten Holzkirche, die zu Ehren der Auferstehung Christi in der Häberlinstraße in Eschers­heim auf einem von der Emmausgemeinde zur Verfügung gestellten Gelände errichtet wurde. Im folgenden Jahr wurde Erzpriester Leonid Graf Ignatiew das geistliche Oberhaupt, 1974 sein Sohn Dimitri sein Nachfolger. Die Liturgie des Gottesdienstes, der im Stehen stattfindet und zwischen zwei und drei Stunden dauert, wird in Kirchenslawisch zelebriert, einmal im Monat auf deutsch. Die Gemeinde in Frankfurt gehört zur Diözese Berlin und Deutschland als Teil der russisch-orthodoxen Kirche im Exil, deren Oberhaupt in New York residiert. Rund 400 Mitglieder zählt heute die russisch-orthodoxe Gemeinde.

Nach knapp zweijähriger Bauzeit konnte Ostern 1967 die Kirche des Heiligen Nikolaus in Hausen geweiht werden. Durch großen Einsatz der Gemeinde, durch viele Freunde der Kirche, durch das Land Hessen, die Stadt Frankfurt, die evangelische und katholische Kirche war ihr Bau zustande gekommen. Das Gotteshaus hatte der Frankfurter Architekt W. Drevermann im altrussischen Stil nach dem Vorbild von Pskow aus dem 15. Jahrhundert entworfen. Nach orthodoxer Tradition ist der Altarraum durch eine lkonostase abgeschlossen, deren „Königspforte“ nur der Priester öffnen und durchschreiten darf. In zwölfjähriger Arbeit malte der in Frankfurt lebende lkonenmaler Adam Russek den Innenraum der Kirche mit traditionellen christlichen Motiven im strengen Stil der Schule von Nowgorod aus.

Man könnte jetzt gleich die Autobahn überqueren und  in den Miquelpark kommen. Die andere Möglichkeit ist ein Abstecher  über den Palmengarten. Dazu muß man erst wieder ganz in den Süden  des Grüneburgparks gehen.  Die Siesmayer Straße führt zum Botanischen Institut mit dem Botanischen Garten, ebenso  empfehlenswert wie der Palmengarten. Der Grüne­burg­weg stößt dann auf den Palmengarten.

 

Palmengarten:

Im Palmengarten kann m an unter anderem noch eine alte „Ruhbank“ finden kann, also einen historischen Rastplatz für alle die, die einst schwere Lasten zu tragen hatten: Marktfrauen, Wäscheträgerinnen, Weinbergsarbeiter. Im Palmengarten gibt es tatsächlich noch vier alte Grenzsteine - allerdings liegt nur einer „in situ“ (an der ursprünglichen Stelle) - bei einem ist die Seite HH (Hessen-Hanau) und F (Frankfurt) verdreht worden, so daß der Palmengarten nun auf Bockenheimer Gebiet stehen würde!

 

Diebsgrundweg:

Über die  Zeppelinallee kommt man nach Norden  an der Abzweigung der Miquelallee in die Straße „Am Leonhards­brunn­“ ab.  Der Name erinnert an den Brunnen, der an der Frankfurter Landwehr für die Äcker an der Leonhardskirche sprudelte und heute den Weiher im Palmengarten speist.

Nach links geht noch der „Diebsgrundweg“ ab, der auf den „tiefen Grund“ hinweist, durch den die Straße von Höchst über den Bertramshof zur Berger Warte und auf die Hohe Straße führte. Die Hohe Straße, diesen alten Handelsweg von Frankfurt nach Leipzig, kann man noch heute im Stadtbild Frankfurts aufspüren. Sie verläuft auf der Wasserscheide zwischen Main und Nidda. Heute sind das Teile der Oeser-Straße in Nied. Wenn man lange genug buddelt, findet man sogar noch Steine der alten Straße tief im Boden. Hinter der Bundesbank kommt sie als Diebsgrundweg zum Vorschein. Den Diebsgrund haben die Bundesbänkler natürlich schnell umbenannt.

Nach Nordosten geht ein Weg, der  über die  Autobahn  führt.  Am Ginnheimer Stadtweg geht es rechts  und  südlich  der Auffahrt zur Landstraße über diese hinweg in den Miquel­park Hier steht das  210 Meter lange Gebäude der Bundesbank. Am Ende des Parks steht man schon am Fuß des 333 Meter hohen Fernmeldeturms „Europaturm“.

 

 

Ginnheim

Vom Bundesbankturm Turm fährt man nach Norden in die Wilhelm-Eppstein-Straße. Rechts geht  es in den „Ginnheimer Stadtweg“ und dann  nach rechts unter der Landstraße hindurch in die Straße „Alt Ginnheim“. Ginnheim wurde bereits 772 urkundlich erwähnt. Im Jahre 1478 kaufte es Hanau vom Kloster Seligenstadt. Im Jahre 1910 wurde Ginnheim nach Frankfurt eingemeindet. Die Bethlehem-Kirche wurde 1699-1670 erbaut.

Über die  Straße „Am Ginnheimer Wäldchen“ (oder auch die Woogstraße) geht es nach Westen unter der Landstraße hindurch und in den Volkspark Niddatal, das ehemalige Gelände der Bundesgartenschau.

 

Volkspark Niddatal:

Von Bockenheim aus erschließt sich der Reiz des Volksparks Niddatal zunächst nur schwer. Wer zu früh die Lust verliert, wird ihn womöglich nie mehr entdecken. Nur wer weiterläuft, immer weiter Richtung Norden oder Westen, wird irgendwann aus einem Wäldchen treten und vor Staunen innehalten. Vorausgesetzt, daß gerade Sommer ist. Denn nur im Sommer ist dieser Park wirklich reizend. Zugereiste, die hier zum ersten Mal im Winter Erholung und Auslauf suchen, schrecken zuweilen zurück vor der spröden Leere des Winterparks. Wenn Sommer ist und das Gras hüfthoch steht, wenn sich der Blick öffnet Richtung Altkönig und Feldberg.

Dann kommt der Städter ins Träumen und denkt sich aufs Land. Dann ist der Park kein Stadtpark, sondern irgendeine Wiese ganz in der Nähe von da, wo Heidi herkommt. Daß hier noch vor zwölf Jahren die umstrittene Bundesgartenschau das einstige Ackerland in ein gigantisches Blumenbeet mit Rasen verwandelt hat, ist heute nur noch an den so genannten Bastionen zu erkennen, über die sich der Neu-Frankfurter wundert - in die Landschaft gestreute Säulen, Pavillons, gepflasterte Flächen mit Mäuerchen. Sie galten als Kennpunkte der Bundesgartenschau 1989. Im Osten sind sie aus Sandstein, im Westen aus Granit.

Beim Spaziergang durch die mit 400 Linden bestückte Allee nahe der U-Bahn-Station Nidda­park sieht man zahlreiche malträtierte Stämme: Da schlagen Leute mit irgendwas gegen die Bäume. In die Wunden dringen Schädlinge ein, und dann geht der Baum kaputt. Solche Bäume sind auf Dauer nicht zu halten.

Vogelexperte Ingolf Grabow vom Naturschutzbund (NaBu) sieht den Menschen im Vordergrund. Und für den sei auf dem Gelände der in den 80er Jahren heftig kritisierten und umkämpften Bundesgartenschau ein wunderbarer Freizeitpark entstanden. Die Frankfurter sind eingeladen, sich an Äpfeln, Kirschen, Birnen und Pflaumen zu bedienen, die auf den Streuobstwiesen im Park wachsen. Ein Park, in dem der Mensch vor allem darf. Er darf Brombeeren pflücken. Er darf Nüsse sammeln. Er darf sogar hie und da einen Trampelpfad in die Wiesen hineinlaufen, die ein Landwirt aus Niedererlenbach bis zu viermal im Jahr mäht. Das ist doch ganz in Ordnung so, sagt Grabow: Man will doch nicht immer nur auf den Wegen laufen.

Nervös würde er nur, wenn zu viele Hunde im von ihm und den Kollegen vom Naturschutzbund gepflegten „Nachtigallenwäldchen“ am Niddaufer herumstöbern und die im niedrigen Gebüsch brütenden Vögel stören würden. Eine aus trockenen Zweigen aufgeschichtete so genannte Benjeshecke verhindert das inzwischen aber weitgehend, so daß Grabow auch hier zufrieden lächelt.

Der in den vergangenen zwölf Jahren entstandene Park ist die Frucht natürlicher Sukzession: Außer den Wegeverbindungen, die von der Bundesgartenschau übrigblieben, haben die Gartenplaner nicht eingegriffen. Der künstlich angelegte Bach im ehemaligen Wooggraben mußte allerdings verschwinden: Von ihm kündet in besonders feuchten Wochen nur noch das ein oder andere von Weiden malerisch umstandene Wasserloch. Es wuchsen Wäldchen, in denen umgefallene Bäume auch mal liegenbleiben dürfen, um Vögeln und Käfern wertvollen Lebensraum zu bieten. Holunder, Hagebutte, Wildrose und Haselnuß schossen hoch - ein kostenloses Angebot an die Bürger.

Er kommt ins Schwärmen, wenn er die Vorzüge des Volksparks beschreibt: „Die malerisch abschweifenden Wege, die romantischen Nischen und dann wieder die weiten Flächen, die den Blick in die Ferne zulassen“. Ein wichtiger Kaltluftspender für die im Sommer brütende Stadt sei der Park sowieso. Nur die im Überfluß wachsenden Brombeeren sind ein Problem. So sieht es jedenfalls der für die Pflege des Parks zuständige Holger Alt. Denn wo die Gärtner vom Grünflächenamt nicht aufpassen, wuchert das dornige Gestrüpp in Windeseile riesige Flächen zu. Sobald die Brutzeit vorbei ist, wird sie deshalb zurückgeschnitten, damit die Wege noch begangen werden können und die Wiesen auch Wiesen bleiben: „Glatthaferrasen“, heißt diese Wiesenart offiziell.

Nur so hat auch der auf der Hausener Seite von der Buga übrig­gebliebene Wildstaudengarten eine Chance: Hier gedeiht der gelblich blühende Frauenmantel, daran zu erkennen, daß Wasser und Tau anmutig von seinen Blättern perlt. Hier blüht knallgelber Goldfelberich, lila Natternkopf, pinkfarbener Blutweiderich, mal pink, mal lila blühender Storchschnabel, Kuckuckslichtnelke, Schachtel­halm, Königskerze, Kronwicke, Habichtskraut, Nachtkerze und Wolfsmilch.

Zurück im Ginnheimer Wäldchen machen die Experten auf die wunderschönen, 100 Jahre alten Kopfweiden aufmerksam, auf prächtige Hainbuchen und Eichen und führen schließlich zu der imposanten ausgehöhlten Weide am südlichen Waldsaum, nahe des Wooggrabens, aus der in Schulterhöhe kräftig grüne Äste ragen.

Ein Kuriosum zum Schluß der gut zwei Stunden währenden Runde durch den Park: Auf einem ehemaligen Busparkplatz am nordöstlichen Rand des Niddaparks, ist eine so genannte Magerfläche entstanden, weil nach der Buga hier nicht mehr genug Erde aufgebracht wurde. Die Fläche wird der natürlichen Sukzession überlassen - hier wächst, was eben wächst: Fingerkraut, Goldfelberich, Kreuzkraut, Wildrosen, Liguster und zahlreiche Gräser. Derzeit bestimmt die hellgelbe Blüte der Nachtkerze das Bild, das der Spaziergänger im Geiste mitträgt, wenn er sich anschließend zum Ebbelwei in den nahe gelegenen Gartenlokalen niederläßt.

 

Den Volkspark Niddatal kann man nach Nordwest verlassen und ab der Praunheimer Brücke die Nidda abwärts fahren. Zwischen Praunheim und Hausen wurde die Nidda 1926 begradigt. Die nordwestlichen Vororte wurden 1910 eingemeindet.  Hat man die Autobahn unterquert, so schieben sich links die Häuser von Alt-Hausen bis an den Fluß heran. Auch das Freibad Hausen liegt auf dieser Seite.

 

 

Rödelheim

Rödelheim war einst ein idyllisches Dorf, in das die Frankfurter an schönen Tagen pilgerten, um der Landluft näher zu sein, wo sie sogar während des Sommers wohnten und sich Landhäuser mieteten oder erbauten. Sie fühlten sich angezogen von der anmutigen Lage. Sie schätzen die guten Mahlzeiten in den Gasthöfen, die Nidda, die Taunushöhen im Hintergrund, die Geselligkeit der Einwohner.

Schon die Römer hatten hier eine Niederlassung. Die Gründung des Ortes wird Radilo zugeschrieben. Frank von Cronberg erbaute eine Burg, die schon 1276 von den Ganerben dem König Rudolf als Reichsburg übergeben wurde. An der Burg hatte aber auch Frankfurt Besitz, so daß es oft zu Streitigkeiten gab, denen die Burg schließlich zum Opfer fiel.

Rödelheim war Sitz einer Zentmark des Niddagaues, die Gemeinde wurde von freien Einwohnern gebildet, deren Richter der Zentgraf war. In den Angelegenheiten des Gaues sprach der vom König ernannte Gaugraf Recht. Die Gerichtslinde stand an der Ostseite des alten Schlosses, das im heutigen Solmspark stand.

Das erste Adelsgeschlecht in Rödelheim waren die Keppler. Aber 1305 verlieh Kaiser Albrecht das Lehen an Ulrich von Hanau. Im Jahre 1344 öffnete Gerlach von Rödelheim dem Erzbischof von Mainz seinen Teil der Burg, 1389 Wilhelm von Rödelheim seinen Teil der Stadt Frankfurt. Im Jahre 1391 kündigte Graf Otto zu Solms der Stadt Frankfurt den Krieg an, das in der Schlacht zu Kronberg unterlag. Doch 1404 öffnete Edelknecht Marquard von Rödelheim den halben Teil seines Anteils für Frankfurt. Im Jahre 1441 wurde der Rat zu Frankfurt Ganerbe des Schlosses und fertigte darüber den „Rödelheimer Burgfrieden“ aus.

Aber 1442 wurde Frank von Cronberg vom Kaiser mit der Burg als Reichslehen beliehen. Ritter Frank baute aber 1446 ein neues Schloß unter Verwendung der Steine der alten Burg, sehr zum Ärger der Mitbesitzer. Frank von Cronberg und seine Frau Catharina von Ysenburg verkauften schließlich ein Zehntel der neuen Burg an Frankfurt.

Im Dezember 1569 kam ein Vertrag zustande, durch den die Stadt alle ihre Rechte an Schloß, Gericht und Dorf Rödelheim an die Grafen von Solms abtrat. Im Jahre 1632 wurden drei Linien gebildet: Solms-Rödelheim ging nach Assenheim, die Rödelheimer Linie nannte sich fortan Grafen von Rödelheim. Im Jahre 1806 kam Rödelheim an das Großherzogtum Hessen, 1866 wurde es Preußen einverleibt und 1909 wurde es nach Frankfurt eingemeindet.

 

Schwerpunkt in Rödelheim sind die Parks. Man kann aber dort, wo die Nidda sich teilt, einen Abstecher machen nach rechts in die Flußgasse und  in  der Assenheimer Straße 15 auf das Wöhlerhaus treffen.  Es wurde. um 1700 als barockes Fachwerkhaus mit massivem Erdgeschoß erbaut, seit 2006 erfolgt  die Sanierung durch das Wohnprojekt Assenland. 

Dann kommt man wieder zurück in den Brentanopark. Die Frankfurter Kaufmannsdynastie Brentano kam vom Comer See an den Main und erwarb hier 1750 Bürgerrecht.  Georg Brentano (1775-1851), ein Bruder von Clemens und Bettine Brentano, erwarb hier 1808 das Landhaus nebst Garten. Es gehörte dem anfangs erfolgreichen preußischen Hofrat und Tuchhändler Friedrich Wilhelm Basse, der 1770 hier einen Privatgarten anlegen ließ. Er ist aber dann nach einem Mißerfolg seines Geschäfts nach Amerika ausgewandert.

Georg Brentano erweiterte den Park durch ein jenseits des Mühlgrabens gelegenes, reizvoll von den Windungen der Nidda umflossenes Wiesengelände auf rund 13 Hektar. Innerhalb von 40 Jahren kaufte er nach und nach mehr als 100 Äcker und Wiesen an. Brentano wollte sein „Gartenreich“ formen. Es ähnelte den englischen Parkanlagen, die vom Geiste der Romantik durchweht und fast regellos waren: Gartengebäude befanden sich über das gesamte Gelände verstreut als Ruinen, gotische Häuser oder als karge Einsiedeleien aufgemacht - für romantische Schwärmer eine Oase.

Haus und Garten sahen viele Gäste: Gesandte, Gelehrte, Künstler und Literaten. Bei der Neu-Gestaltung des Hauses soll Goethe beteiligt gewesen sein, als er 1792 in Frankfurt weilte. Am 15. März 1808 schrieb nämlich Bettine Brentano an Goethe: „Du mußt es kennen, da Du selbst den Plan dazu gemacht und mit Basse, der jetzt in Amerika wohnt, den Bau besorgtest!“ Auch Goethe war dort 1814 zu Gast, als er im Rhein-Main-Gebiet weilte. Der Maler Ludwig Emil Grimm beschrieb liebevoll das Landgut, und im Park gestand Marianne von Willemer gegenüber Hermann Grimm, daß sie einige Gedichte des west-östlichen Diwan verfaßt habe. Das große Haus im Empirestil, umgeben von Laubengängen, Gartenhäusern Bad- und Gästehäusern wurde zum Mittelpunkt romantischer Geselligkeit. Das Haus wurde nach seinem Neubau 1897 im Zweiten Weltkrieg zerstört und später abgerissen.

Wie Gerbermühle und Willemerhäuschen im Süden gehört auch der Goethetempel im Bretanopark in Rödelheim zu den verborgenen Frankfurter Goethestätten. Goethe war vermutlich auch am Entwurf des mit dorischen Säulen geschmückten so genannten Goethetempels beteiligt. Das fälschlicherweise als Goethetempel bezeichnete Badehaus, das 1999 saniert wurde, diente Hofrat Basse als Voliere und wurde von Georg Brentano in ein luxuriöses Bad umgewandelt.

 

Das ehemalige Haus des Bäckers Petri am jenseitigen Nidda-Ufer, oberhalb des Wehres, ließ Georg Brentano von 1808 an im Stil eines „Schweizerhauses“ umgestalten - sein Rückzugsort vor dem Trubel der großen Familie und des geschäftigen Handelshauses. Ab und an wohnte Brentano im Petrihäuschen mit einer Bibliothek und einem Salon. Das Petrihaus wurde 1820 zum klassizistischen Schweizerhaus umgebaut.

Neben dem Haus steht ein Ginkgo biloba, ein mehr als 200 Jahre alter Exot aus China. Der hohe, noch leicht sommergrüne Baum trägt langstielige, breit-keilförmige Blüten. Goethe bewog der seltene Baum, seine Verse im „West-Östlichen Diwan“ zu schmieden: „Dieses Baum’s Blatt, der von Osten meinem Garten anvertraut, gibt geheimen Sinn zu kosten, wie’s den Wissenden erbaut.“

Es gab auch ein „musikalisches Gewächshaus“, ein Treibhaus für die seltensten Pflanzen, in dem Gesellschaften und Konzerte stattfanden. Dort war Goethe zu Gast, der 1814 die befreundete Familie Brentano besuchte. Als 1926, in Folge der Inflation, der gesamte Besitz an die Stadt Frankfurt verkauft wurde, riß man das musikalische Gewächshaus ab.

Das Petrihaus beherbergt nach seiner Sanierung im Jahr 2003 im ersten Stock das Brentanomuseum (Es liegt allerdings heute auf dem Gelände des Städtischen Betriebshofs). Wilhelm Bender, Vorstandsvorsitzender der Fraport AG ist seit dessen Gründung Vorsitzender des Fördervereins. Das Bauunternehmen Bilfinger Berger, seit 1999 im Förderverein, gestaltete den Zugangsweg zum Petrihaus und schuf zwei kleine Freiluft-Bühnen. Die Bitburger Brauerei spendierte die Möbel für den Garten, der auch gastronomisch genutzt werden kann. Sind Petri-Haus und Garten inzwischen restauriert und angelegt, so fehlt dem Förderverein noch Geld für das geplante kleine Museum. Man möchte die Museumsräume im ersten Stock gern wieder mit Möbeln wie zu Brentanos Lebzeiten ausstatten: Weißbirke und rote Polster, ganz wie die Schweizer Nationalfarben  Es ist aber schwieriger als gedacht, auf dem Antiquitätenmarkt etwas Passendes zu finden. Um Geld in die Vereinskasse zu bringen, vermietet der Förderverein das Petrihaus inzwischen auch für private Veranstaltungen.

Am südlichen Ausgang des Parks steht rechts noch unscheinbar das Brentano’sche Gartenhaus, das auch oft von Goethe besucht wurde. Im Jahre 1851 ging der Besitz auf Brentanos Sohn Ludwig über, von diesem auf Marie von Stumpf-Brentano, die 1895/97 das Basse’sche Haus abreißen und einen größeren Neubau errichten ließ, in dem einige Zimmer wie zu Goethes Zeiten eingerichtet waren. Das Brentano'sche Haus wurde im Zweiten Weltkrieg zerstört, die Ruine später abgetragen. Das runde Gebäude in der Mitte des Parks (Sitz des Heimat- und Geschichtsvereins) ist modern.

Geblieben sind die im englischen Stil gestalteten Parks mit ihren alten Bäumen. Zwischen den Rasenflächen mit Prachtexemplaren alter Bäume (vorwiegend Eichen, aber auch Exoten). Hier sind viele Eichen, Rosen oder Eichhörnchen beheimatet. Die Amerikanische Roteiche gehört zu den Exoten. Auch das Blätterkleid der Sumpf-Eiche in der Nähe des Pavillons schillert grün, gelb, violett. Die sogenannte „Stiel-Eiche“ amerikanischer Art ragt gut 30 Meter in Höhe. Der knapp sieben Meter breite Baum stellt seine Artgenossen vor Ort mit einem Alter von mehr als 500 Jahren weit in den Schatten. Die Eiche war schon heimisch, bevor der Basse  hier seinen Garten anlegen ließ. Auch der Amberbaum läßt Blätter. Sein rauher Stamm und seine wulstigen Korkleisten gleichen doch Krallen. Bei Einbruch der Dunkelheit sehe das aus, als wollten sie nach jemandem schnappen.

Um die alte Hängebuche ranken sich allerhand Sagen: „Hier haben sich die kleinen Grafen vor ihren Kindermädchen versteckt.“ Weil sich die Buche dermaßen hängenläßt, reichen Äste bis auf den Boden und erschweren den Blick. ins Innere. Abends wirke das gespenstisch. Nun umgibt ein Holzzaun den Stamm der Buche, weil er etwas wacklig auf den Beinen ist. Heute ziert auch ein Rosengarten den Park.

Der Park war über hundert Jahre Landsitz der Brentanos. Im Jahr 1926 kaufte die Stadt das Landhaus, 1929 wurde der Park der Öffentlichkeit zugänglich gemacht und gleichzeitig durch die Regulierung der Nidda das Brentanobad eingerichtet. Dadurch wurde der einst 13 Hektar große Park wesentlich verkleinert. Heute ist er noch gut vier Hektar groß.

 

Über die Straße „Auf der Insel“ kommt man in den 1879 entstandenen Schloßpark der Grafen Solms zu Rödelheim-Assenheim. Hier stand die Rödelheimer Wasserburg, das spätere Schloß Franks von Cronberg, das schließlich Solms’scher Besitz wurde. Die Burg stammt aus dem zwölften Jahrhundert und war von Wassergräben umgeben. Später bewohnten es die Grafen zu Solms.

Bis zum Ende des 18. Jahrhunderts stand auf dem Friedhof die Lucaskirche auf den Grundmauern einer früheren Kapelle. Vor dem Rödelheimer Schloß  wurde 1356 (andere Angabe 1364)  eine neue Kapelle zu Ehren des Hl. Cyriacus gebaut. Sie wurde gestiftet von Katharina von Isenburg. In den Jahren 1463 - 1467 wurde sie erweitert und war Kapelle der Burg Radi­lenheim. Sie wurde Pfarrkirche (Auf der Insel 5), nachdem nach dem Tode Franks von Cron­berg durch Heirat und Erbschaft der Ort an Cuno von Solms gefallen war. Vor dem Altar liegt der kunstvoll in Bronze gegossene Grabstein der Katharina von Ysenburg, die Frau Franks des Alten von Cronberg. Sie hat einen hochgotischer Chorraum und mittelalterliche Epitaphien. In den fünfziger Jahren entstand sie neu.

Im Jahre 1943 zerstörten Bomben die Burg. Die spärlichen Überreste mußten ein Jahrzehnt später endgültig einem Rasen weichen. Man hat aber wieder  den äußeren Mauerverlauf des Solmser Schlosses gepflastert. Seit 1986 steht der Park unter Denkmalschutz. Er stand schon immer allen offen.

Am Eingang links steht ein Stein, der an die Ersterwähnung Rödelheims im Jahre 788 erinnert. Neben einer jungen Hängebuche erinnert Stein an die Synagoge, die hier 1938 von den Nazis zerstört wurde. Übrigens hat sich unweit des Wasserturms südlich der Eschborner Landstraße der alte jüdische Friedhof mit dem Grab des Verlegers und Gelehrten Wolf Heidenheim erhalten (in der Wolf-Heidenheim-Straße).

An der Südspitze der Insel überquert man den Mühlkanal und kommt über die Rebstöcker Weg auf den Biegweg. Dieser trifft wieder auf die Ludwig-Landmann-Straße, die man nach links ein Stück hochfährt, um nach rechts in die Rödelheimer Landstraße einzubiegen (Man kann auch direkt von der Straße „Auf der Insel“ in die Rödelheimer Landstraße fahren). An ihrem Ende überquert man die S-Bahn und kommt nach Bockenheim.

 

Bockenheim

Urkundlich wird der Ort Bockenheim schon 767 genannt. Von den zwölf Wildhubenern des Wildbannes Dreieich wohnt einer in Bockenheim. Im Jahre 1819 wurde Bockenheim zur Stadt erhoben. Im Jahre 1895 wurde es nach Frankfurt eingemeindet. Ein Schloß aber, auf das die breite Schloßstraße weist, wird man heute in Bockenheim vergebens suchen, denn es wurde im Zweiten Weltkrieg zerstört. Auch das klassizistische Passavantsche Haus, ein Landhaus von 1829, ist nicht zu finden.

An der Einmündung der Rödelheimer Landstraße in die Schloßstraße liegt links das Herrenhaus des Schönhofs, ein 1818 neu gebautes barockes Hofgut. Von hier aus fährt man nach Süden machen in den Bernus-Park. Dieser ist eine kleine Oase zwischen dem Lärm der Straße und der Schiene. Ein kleiner Teich mit einer Steinbrücke, die Bogenmauer eines Gartentempels - das sind die Reste einer barocken Schloßanlage.

An der einst schönsten Straße Bockenheims, der Schnellgasse, wie bis 1822 die Schloßstraße hieß, lagen Gutshöfe, die schon im 18. Jahrhundert, als Bockenheim ein beliebter Sommeraufenthalt geworden war, zu Landsitzen umgestaltet wurden. Eines dieser Güter erwarb 1753 die Prinzessin Henriette Amalie von Anhalt-Dessau, die jüngste Tochter des „alten Dessauer“, des Generals Friedrichs des Großen. Wegen ihrer nicht standesgemäßen Liebe zu einem Bürgerlichen im Alter von 20 Jahren aus ihrer Heimat verbannt, konnte sie dank ihrer Apanage den Besitz in Bockenheim erwerben.

Es entstand ein großer landwirtschaftlicher Betrieb, auch eine Seidenraupenzucht. Im Jahre 1771 baute die Prinzessin das Gut zu einem Schloß aus, vor allem für ihre Kunstsammlung. Das Schloß stand mit der Schmalseite zur Straße, ein Wirtschaftshof mit Remisen und Stallungen und eine Orangerie schlossen sich an. Henriette Amalie starb 1793. Gemäß ihrem Testament kam ihre Sammlung bedürftigen Personen zugute, vom Amalienstift in Dessau betreut. Das Schloß wurde verkauft. Nach verschiedenen Besitzern erwarb es schließlich die Familie Bernus als Landsitz. Bekannt wurde diese Familie durch die „Friedrich-Alexander-Bernus-Stiftung“ von 1874 und durch Emil Moritz von Bernus, der 1883 die Christuskirche im rasch wachsenden Westend und 1903 die Immanuelkirche im Nordend stiftete. Ein Abstecher zum alten Friedhof an der Solmsstraße westlich des Westbahnhofs ist aber wohl doch etwas zu weit.

Man verläßt den Bernuspark an der Kindertagesstätte, kommt in die Werrastraße und biegt nach links in die Kurfürstenstraße ab. Sie führt wieder über die Schloßstraße zum Kurfürstenplatz von 1868. Auf ihm steht der neobarocke Monumentalbrunnen von 1913/14, rechts ist die katholische Elisabethkirche. Damit ist man bei einem Rundgang durch Alt-Bockenheim. In der Rhomerstraße kommt man am Rhomerplatz vorbei und kommt zur Leipziger Straße. Diese fährt man ein Stück links hoch. Die renovierte Villa Delkeskamp in dieser Straße ist allerdings nicht besonders gezeichnet, das einzige alte Haus ist die Bock-Apotheke an der Westseite.

Am oberen Ende der Schloßstraße biegt man rechts ab in die Grempstraße  und kommt zum Kirchplatz  mit der Jakobskirche aus dem 14. Jahrhundert. Östlich der Kirche steht das Gremp'sche Haus, ein Renaissance-Wohnhaus mit oktogonalem Treppenturm, Adelshof der Familie Gremp von Freudenstein, etwa 1582-93 errichtet.

Weiter geht es ein kurzes Stück in die Ginnheimer Straße, dann rechts in die Florastraße. Am Hessenplatz geht es links in die Marburger Straße, dann rechts in die Falkstraße und wieder nach links in die Juliusstraße. Rechts sieht man die Markuskirche mit dem hohen Turm. Nach rechts geht es in die Sophienstraße. Dort ist gleich auf der Ostseite vor der Beckmann-Schule der alte jüdische Friedhof, der aber nicht zugänglich ist.

Über die Sophienstraße kommt man zum Palmengarten und zur Bockenheimer Warte. Von hier kann man dann über die Bockenheimer Landstraße und die Innenstadt zurückfahren. Wenn man bis zum Palmengarten mit dem Auto gefahren ist, dann hat man hier wieder den Ausgangspunkt am Grüneburgpark erreicht.

 

Westendsynagoge

Die Synagoge liegt südlich des Grüneburgparks in der Freiherr-vom-Stein-Straße. Man erreicht die Synagoge von der U-Bahn-Station Westend, in dem man zum Ausgang Feuerbachstraße geht und sich dort nach Norden wendet. Das jüdischen Gemeindehaus mit Kindergarten, Schule und Jugend- und Altenclub in der Westendstraße 31 dagegen erreicht man, wenn man von der U-Bahn-Station nach Süden geht, über den Westendplatz und dann von Westen her zum Haupteingang des Gemeindehauses.

Vorbild bei der Anlage dieses Viertels war übrigens Paris. Wohlhabende Bürger wie die Rothschilds ließen sich im Westend ihre Palais errichten. Nicht weit vom Palmengarten entfernt liegt in der Freiherr-vom-Stein-Straße die Westendsynagoge, welche vielleicht nicht jedem Nicht-Frankfurtern bekannt sein dürfte. Sie zählt jedoch zu den steinernen Zeitzeugen für die langjährige Geschichte der Juden, welche diese Stadt wie kaum eine andere in Deutschland geprägt hat.

Die Gründung der Frankfurter jüdischen Gemeinde geht auf das Jahr 1150 zurück. Nach bescheidenen Anfängen blühte sie ab 1550 zu einem Zentrum jüdischen Lebens von europäischem Rang auf. Gleichberechtigt ab 1864, nahmen die jüdischen Frankfurter regen Anteil in Wirtschaft und Kultur, Wissenschaft und Politik. In der Gemeinde setzten sich Reformer durch, weshalb die streng Orthodoxen aus traten und ihre eigene, die „Israelitische Religionsgesellschaft“ mit der Synagoge an der Friedberger Anlage bildeten. Liberal ging es dagegen in der Westend-Synagoge zu. Der modernisierte Gottesdienst wurde zumeist in deutscher Sprache gehalten.

In der Gemeinde setzten sich Reformer durch, weshalb die streng Orthodoxen austraten und ihre eigene, die „Israelitische Religionsgesellschaft“ mit der Synagoge an der Friedberger Anlage bildeten. Liberal ging es dagegen in der Westend-Synagoge zu. Der modernisierte Gottesdienst wurde zumeist in deutscher Sprache gehalten.

Schon von außen wirkt das in die umliegenden Häuserzeilen eng eingebettete Gebäude imposant. Die äußere Fassade ist aber bis heute weitestgehend unverändert geblieben. Ein majestätischer Muschelkalk-Bau und Blickfang weithin ist die Westend-Synagoge, Freiherr-vom-Stein- Straße 30. Man sieht in einen in einen Hof, der von Säulengängen umstellt ist. Der durch Sicherheitsleute bewachte Eingang ist allerdings etwas weiter links vom eigentlichen Eingang.

Die Synagoge zeigt sich als kuppelüberwölbter Zentralbau, dem ein Vorhof vorgelagert ist. Die Formen sind einfach, nicht überladen und trotzdem beeindruckend. Durch eine Vorhalle, die ebenfalls eine kleine Kuppel ziert, betritt man den Vorhof der von einem Brunnen beherrscht wird. Sobald man in den Hauptraum kommt, steht der Besucher unter dem überwältigenden Eindruck von der Weite und Größe des Kuppelbaus, der ihn in Staunen versetzt.

Errichtet wurde sie 1910 nach dem Entwurf des Stuttgarter Architekten Franz Roeckle, der ägyptisch-assyrische Stilformen mit Elementen des Jugendstils vereinte.

Hoch wölbt sich die Kuppel als Sinnbild des Himmels, umgeben von vier Seitenschiffen mit Tonnengewölben, davor der Hof mit Säulengängen als Entree: Ein majestätischer Muschelkalk-Bau und Blickfang weithin ist die Westend-Synagoge, Freiherr-vom-Stein-Straße 30. Als einzige der Frankfurter Synagogen überstand sie, innen ausgebrannt, Hitlers Faschismus. Unter den Nazis wurde sie als Kulissenlager für das Opernhaus mißbraucht und später, während der Kriegsjahre, als Möbellager „fliegergeschädigter Volksgenossen“.       

Errichtet 1910 nach dem Entwurf des Stuttgarter Architekten Franz Roeckle, der ägyptisch-assyrische Stilformen mit Elementen des Jugendstils vereinte, ist die Westend-Synagoge seither ein Zentrum des jüdischen Lebens.

Im Hochzeitssaal backen Kinder Mazzot. Im Kiddusch-Raum erhalten Jungen an ihrem dritten Geburtstag den ersten Haarschnitt. Und im Zentrum der Synagoge mit ihren zirka 800 Sitzplätzen versammeln sich die Gläubigen. Vor einem Mosaik-Hintergrund aus Davidstern-Mustern thront der Aron hakodesch (Schrein, in dem die Torarollen aufbewahrt werden). Die Raummitte nimmt der Almemor (Pult zur Toralesung) ein.

 

Die Synagoge Freiherr-vom-Stein-Straße (ursprünglich Königsteiner Straße), die seit 1929 offiziell „Westendsynagoge“ heißt, wurde am 28. September 1910 in Anwesenheit des Oberbürgermeisters Adickes eingeweiht. Im September 1908 wurde mit dem Bau begonnen und es dauerte zwei Jahre bis zur Fertigstellung. Die Baukosten betrugen rund eine Million Goldmark. Sie hat als einzige der ehemals vier großen Synagogen - wenn auch schwer beschädigt - das Novemberpogrom und die Bombenangriffe des Zweiten Weltkriegs überstanden.

Sie war errichtet worden als Heimstatt für die Vertreter eines liberalen Gottesdienstes, für die inzwischen ins Westend gezogenen religiös-liberalen Mitglieder der Israelitischen Gemeinde. Reformgottesdienst fand auch in der Hauptsynagoge in der Börnestraße statt. Am Börneplatz stand die konservative Gemeindesynagoge, in der Friedberger Anlage die orthodoxe Synagoge der Israelischen Religionsgesellschaft.

Ein „Akkord von Blau und Gelb“ und „wuchtig breite Ornamentlinien, deren Blau durch ein lichtes Grün vertieft wird und deren Braun in Gold aufstrahlt“ (wie es zu ihrer Einweihung hieß) bestimmten das Innere. Hoch wölbt sich die Kuppel als Sinnbild des Himmels, umgeben von  vier Seitenschiffen mit Tonnengewölben.

 

Rund 29.000 jüdische Bürger lebten 1933 in Frankfurt, als Hitlers Schreckensregime begann.

Wie in ganz Deutschland gingen auch in Frankfurt in der Nacht vom 9. auf 10. November 1938, angezündet von den Nationalsozialisten, die Synagogen unter. Allein die Westendsynagoge brannte lediglich im Innern. Unter den Nazis wurde sie als Kulissenlager für das Opernhaus mißbraucht und später, während der Kriegsjahre, als Möbellager „fliegergeschädigter Volksgenossen“. Überlegungen, das vormalige jüdische Gotteshaus in einen Kino-, Konzert- oder Vortragssaal umzuwandeln, konnten nicht mehr in die Tat umgesetzt werden. Am 20. März 1944 fielen bei einem Fliegerangriff auf Frankfurt Brandbomben in die Synagoge und zerstörten, was der Reichspogromnacht nicht zum Opfer gefallen war.

Als das  Gotteshaus 1945 in Trümmern lag, gründete sich die jüdische Gemeinde Frankfurt neu - mit etwa 500 Mitgliedern. Lange Zeit gelang es nicht, einen regelmäßigen Minjan, also mit mindestens zehn jüdischen Männern, in der Westend-Synagoge einzurichten. Dr. Isaak Emil Lichtigfeld, Frankfurter Rabbiner von 1954 bis 1967, hatte außerdem Mühe, bei den wenigen Gottesdiensten zu hohen Feiertagen die gebotene Andachtsstille zu schaffen. Religiöse Disziplin ließ zu wünschen übrig.

Als Frankfurt 1945 in Trümmern lag, gründete sich die jüdische Gemeinde Frankfurt neu - mit etwa 500 Mitgliedern. Lange Zeit gelang es nicht, einen regelmäßigen Minjan, also mit mindestens zehn jüdischen Männern, in der Westend-Synagoge einzurichten. Dr. Isaak Emil Lichtigfeld, Frankfurter Rabbiner von 1954 bis 1967, hatte außerdem Mühe, bei den wenigen Gottesdiensten zu hohen Feiertagen die gebotene Andachtsstille zu schaffen. Religiöse Disziplin ließ zu wünschen übrig. Die jüdische Gemeinde Frankfurt zählt heute zirka 7000 Mitglieder. Beim Synagogenbesuch ist Kopfbedeckung für Männer vorgeschrieben.

Im Juni 1948 begannen im Rahmen des Wiedergutmachungsprogramms, die Arbeiten zur Neugestaltung der Westendsynagoge. Die für den Aufbau verantwortlichen Architekten empfanden den ursprünglichen Synagogenraum als üppig und bombastisch. Daraufhin wurde das Innere in Zusammenarbeit mit dem Maler und Graphiker Hans Leistikow vereinfacht wieder hergestellt. Zwischen 1988 und 1994 wurde eine Teilrekonstruktion eingeleitet, und in den Zustand versetzt, so wie er heute zu sehen ist. Mit den Renovierungsarbeiten wurde das bauliche innere Gleichgewicht wieder hergestellt.

Der Wiederaufbau nach dem Zweiten Weltkrieg durch die Architekten Max Kemper, Werner Hebebrand und den Maler Hans Leistikow veränderten das Innere im Stil der damaligen Zeit und mit den zur Verfügung stehenden Mitteln erheblich. Umfangreiche Sanierungsmaßnahmen von 1980 bis 1984 umfaßten neben der technischen und sanitären Einrichtung vor alle die Sanierung der Kuppel und die Dächer, die wieder mit „Mönch-Nonnen-Ziegeln“ gedeckt wurden. Dazu kamen die Reinigung und Imprägnierung der Fassaden, so daß der Muschelkalk seine ursprüngliche Struktur und Farbe erhielt. Die Ausmalung gibt wieder den Zustand von 1910 wieder, den man nach dem weiß und ockerfarbenen Anstrich von 1950 bei der Renovierung 1985 wieder entdeckt hat.

So konnte die Synagoge wiederhergestellt und am 7. September 1950 neu geweiht werden - nicht nur als religiöses Zentrum der neuen jüdischen Gemeinde in Frankfurt, sondern auch wie nur weniges sonst als Bewahrer der Erinnerung an die Frankfurter Juden vor ihrer gewaltsamen Vernichtung.

Die Westend-Synagoge ist ein Zentrum des jüdischen Lebens. Im Hochzeitssaal backen Kinder Mazzot. Im Kiddusch-Raum erhalten Jungen an ihrem dritten Geburtstag den ersten Haarschnitt. Und im Zentrum der Synagoge mit ihren zirka 800 Sitzplätzen versammeln sich die Gläubigen. Vor einem Mosaik-Hintergrund aus Davidstern-Mustern thront der Aron hakodesch (Schrein, in dem die Torarollen aufbewahrt werden). Die Raummitte nimmt der Almemor (Pult zur Toralesung, auch Bimah) ein.

Zu diesen Altmitgliedern der Gemeinde sind heute viele neue Gemeindeglieder aus der ehemaligen Sowjetunion gekommen. Die jüdische Gemeinde Frankfurt zählt zirka 7000 Mitglieder. Sie müssen erst noch integriert werden. Es gibt eine Gottesdienstordnung, in der die hebräischen Texte in Lautschrift und Übersetzung wiedergegeben sind. Die Gemeinde ist aber heute orthodox, hat jedoch auch eine liberale Gruppe und eine ganz strenge, die während des Gottesdienstes in einem extra Raum vorne rechts zusammenkommt.

In der jüdischen Grundschule wird vom ersten Tag auch Hebräisch als Fremdsprache gelehrt. Die Schule hat 300 Schüler, davon 20 Prozent nichtjüdische Kinder. Sie soll in das Philantropin in der Lindenstraße umziehen und zu einer Vollschule aufgestockt werden.

 

 

 

Rundfahrt: Eschersheim - Hauptfriedhof

 

 

Eschersheim

Der Stadtteil heißt „Eschersheim“. So benannt sind auch S-Bahn-Station, Linde und Land­straße. Aber es ist eine Kuriosität in Frankfurt, daß innerhalb des Anlagenrings die Bezeichnung „Eschenheim“ verwendet wird, also Eschenheimer Tor, Eschenheimer Anlage und früher kleine Eschenheimer Straße. Vielen Frankfurtern ist das allerdings nicht bewußt bzw. sie verwenden die Bezeichnung „Eschenheim“ gar nicht, sondern sagen „Eschersheim Tor“.

 

Beginn ist am Bahnhof Eschersheim. Hinter dem Bahnhof Eschersheim steht die Eschers­heimer Kirche (ohne Denkmalhinweis und Erläuterungen). Nach Süden geht es zur U-Bahn­haltestelle „Weißer Stein“. Doch dort ist nur eine Anlage mit einem Brunnen und einigen „weißen“ Steinen.

Noch weiter südlich in der Eschersheimer Landstraße, wo die Straße „Am Lindenbaum“ auf diese trifft, steht das Wahrzeichen von Eschersheim, der Stolz der Eschersheimer der mächtige, alte Lindenbaum. Einen solchen Baum - 20 Meter hoch, etwa fünf Meter Stammumfang - gibt es im Frankfurter Raum weit und breit nicht mehr. Sorgsam gepflegt, grünt und blüht er Jahr für Jahr. Die Untergrund-Bahn macht sogar einen leichten Bogen seinetwegen, und nach ihm ist eine ihrer Stationen benannt.

Die Eschersheimer Linde stand einst mitten in der Feldmark, also weit weg vom Dorf Eschers­heim. Sie war keine Gerichtslinde, sie fand keine Erwähnung in Urkunden und Protokollen. Vielleicht galt sie als Landmarke oder Richtzeichen, nach der die Bauern die Lage ihrer Äcker bezeichneten. Der Eschersheimer Lindenbaum ist nicht so alt, wie man vermutet. Er dürfte Ende des 17. Jahrhunderts gepflanzt worden sein oder sich selbst gesät haben. Im freien Feld werden Linden oft über 1000 Jahre alt. Der Platz der Eschersheimer Linde ist nicht so günstig, aber der Baum kann schon bis 900 Jahre alt werden. Eine einst sehr viel größere und wohl auch ältere Schwester am Weißen Stein stürzte - nur noch aus einem Stamm bestehend - 1923 bei einem Sturm krachend zusammen.

Die baumpflegerischen Maßnahmen am Eschersheimer Lindenbaum, der 1937 den Ehrentitel Naturdenkmal erhielt, beschränkten sich im vorigen Jahrhundert aufs Zusammenbinden der Äste, damit ihr Gewicht den Stamm nicht spalte, und aufs - zum Teil radikale - Beschneiden der Krone. In den zwanziger Jahren richtete Gartenbaudirektor Bromme eine Untergrundbewässerung ein. Der zunehmende Verkehr, die Asphaltierung der Straße bis an den Geh- und Radwege, der Schulneubau bedrängten den Baum so, daß 1955 baumchirurgische Maßnahmen notwendig waren: Mehr als 50 Faullöcher wurden ausgeschnitten, dürre Stämmlinge abgenommen, die vielen Öffnungen mit Betonscheinplomben versehen.

Knapp 20 Jahre später waren erneut Pflegemaßnahmen notwendig. Eine Spezialfirma aus Bayern führte diese nach neuesten Erkenntnissen durch. Die Zahl der Plomben wurde verringert, die von faulem Holz befreiten Stellen mit Balsam bestrichen, Faulstellen trockengelegt, Belüftungs- und Entwässerungsdochte in den Wurzelraum eingesetzt - damit die Linde noch für viele Generationen das Wahrzeichen Eschersheims, der Stolz der Eschersheimer und eine Frankfurter Sehenswürdigkeit bleibt.

 

Wenn man die Straße „Am Lindenbaum“ durch die doppelte Lindenallee nach Osten fährt kommt man am alten Wasserturm vorbei. Nach rechts geht es in die Kirchhainer Straße und dann links in die Ziegenhainer Straße. Von dort geht es rechts in die Albert-Schweitzer-Siedlung und in die zweite Straße rechts, die über die Jean-Monnet-Straße führt zur Sigmund-Freud-Straße. Diese führt über die Gießener Straße in die Weinstraße mit der Kreuzkirche in Preungesheim.

 

Preungesheim

Die Kreuzkirche in Preungesheim birgt ein Geheimnis. Neben der Kreuzkirche fand man nicht nur einen Friedhof mit Gräbern aus dem frühen Mittelalter, sondern unter dem Boden des trutzigen Kirchturms und im Rasen auch die Überreste einer gewaltigen Kirche. Mehrere Skelette fanden sich tief unter der Erde, ein Kind darunter. Die beiden Bestattungen aus dem Turm will man einer DNA-Analyse unterziehen.

Die gut erhaltenen Fundamente, die sie in und vor der Kirche gefunden haben, markieren ein riesiges Kirchenschiff. Im bis zu tausend Jahre alten Mauerwerk  ist draußen der Sockel einer dicken runden Säule erkennbar, die ihre Entsprechung in einer Säule im Kirchenraum hat.

Hier stand schon ganz früh ein riesiger, 14 Meter breiter Kirchenbau, der vermutlich zu Beginn des 12. Jahrhunderts gebaut wurde. Er war dreischiffig angelegt. Anhand der gut erhaltenen Grundmauern aus dem 11./12. und 14./15. Jahrhundert läßt sich ein für jene Zeit ausladendes Seitenschiff nachzeichnen: Die Kirche faßte mehrere hundert Personen.

Doch die Kreuzkirche, deren Bau vorher im 12. Jahrhundert angenommen worden war, ist aus einer steinernen Saalkirche des 9./10. Jahrhunderts hervorgegangen. Ihre Größe wurde später vervierfacht, dann wieder reduziert. Sie hat noch romanische Teile wie die kleinen Fenster am Westgiebel, wo man auch einen alten Eingang freigelegt hat.

In der späten Karolingerzeit, als Kirchen nur der König oder Kaiser errichten lassen durfte, stand eine große, reiche Pfarrkirche im Dörfchen, zu Zeiten also, da Preungesheim nicht mehr als ein kleiner Flecken war. Nach Einschätzung des Denkmalamtes hatte diese Kirche eine zentrale Bedeutung für die Region. Doch mit wachsender Erkenntnis wird die Geschichte des Gebäudes und damit des einstigen Bauerndorfs eher undurchsichtiger. Das Rätsel lautet: Was war es, das Preungesheim einmal zu einem so bedeutenden Ort machte?

Bodendenkmalpflegerin Andrea Hampel wagte die Verbindung vom alten Preungesheimer Kirchenbau zum Frankfurter Dom. So viel Größe hätte niemand vom 772 erstmals erwähnten Dorf Preungesheim erwartet. „Die Herren von Preungesheim waren unbedeutend“, äußerte die Expertin. Als mögliche Bauherren kommen für sie die Herren von Münzenberg- Falkenstein in Betracht, denen jene Ritter von Preungesheim als Ministeriale (Dienstmannen) unterstanden.

Der heutige Kirchenbau von 1716-1742 ist schon der fünfte oder sechste Bau an dieser Stelle.

Zu Beginn der Geschichtsforschung in der Dorfkirche, als 1997 eine mittelalterliche Wandmalerei von 1250 von herausragender Qualität auf der Empore hinter der Orgel zum Vorschein kam, hatte der frühere Stadtkonservator Heinz Schomann noch die These vertreten, die Kirche könne Teil der vermißten Preungesheimer Burg gewesen sein, auf der man sich jene Ritter vorstellt. Diese These, sagte Hampel gestern, hat sich pulverisiert.

Neben der Kirche steht das Deutschordenshaus, denn der Orden besaß in Preungesheim etwa ein Drittel der Gemarkung. Der Verwaltungshof wurde 1760 unter Verwendung alter Steine erbaut. Später wurde er Pfarrhaus. Der Orden war im evangelischen Dorf der Grafschaft Hanau noch lange einflußreich. Im Turm war sogar eine katholische Kapelle für die Ritter eingerichtet. Das ganze Gelände ist von schönen Kastanienbäumen geprägt.

Man fährt dann wieder zur Gießener Straße und nach Süden. Man kommt vorbei am alten Gemeindeamt, das 1993 restauriert wurde und in dessen Hof Steine behauen wurden für den Straßenbau (links). Weiter links in der Straße steht das Gefängnis. Schließlich kommt man zum Haus Nummer 87 auf der rechten Seite, vor dem der alte Bildstocks steht.

 

Eckenheim

Der verwitterte Bildstock, der vor dem Haus Nr. 87 an der Gießener Straße in Eckenheim steht, gehört zu einem Rastplatz, auf dem sich einst die nach Frankfurt auf den Markt ziehenden Landbewohner ausruhten und zum Gebet verweilten. Bis 1956 stand er etwas weiter vorn am Rande des Straßengrabens hart an der Grenze zu Preungesheim. Durch Regen, Wind und Luftverschmutzung sind die Skulpturen des Bildstocks verwittert. Auch die Jahreszahl 1516 und die Buchstaben E. H., was auf Eckenheim, aber auch auf einen Stifter hinweisen könnte, sind kaum mehr zu erkennen. Der Bildstock war anstelle eines schon 1383 erwähnten Kreuzes errichtet worden, das dem benachbarten Flurstück den Namen „die Kreuzäcker“ gegeben hatte.

Neben dem Opferstock befanden sich bis Ende der zwanziger Jahre noch zwei Basaltblöcke. „On de drei Staa“, sagten daher die Bewohner zu dieser Stelle; im Straßennamen „An den drei Steinen“ lebt diese Bezeichnung fort. Diese Steinblöcke stammten von einer Ruhebank, die mit unterschiedlich hohen Quersteinen zum Sitzen und zum Abstellen der Mahnen und Kiepen diente. Auch Eisenringe zum Festbinden von Trag- und Zugtieren befanden sich an dieser Ruhbank.

Im Frankfurter Raum begegnen uns noch heute mehrere solcher uralten „Ruhebänke“, also historische Rastplätze für alle die, die einst schwere Lasten zu tragen hatten: Marktfrauen, Wäscheträgerinnen, Weinbergsarbeiter. Wir finden solche Ruhebänke am Heiligenstock an der Friedberger Landstraße, an der Kennedyallee (Forsthausstraße), am Berger Hang, im Palmengarten, früher auch vor Sprendlingen an der Frankfurter Straße und an der Straße Bad Homburg- Saalburg.

Zuletzt kommt man noch zum Hauptfriedhof, dessen Eingang aber in der Eckenheimer Landstraße ist.

 

Hauptfriedhof

Auf 70 Hektar wurde der Hauptfriedhof 1826 bis 1828 nach dem Entwurf des erst 31jährige Architekt Friedrich Rumpf (1797-1872) angelegt. Er hatte so manches repräsentative klassizistische Stadtpalais bauen lassen, unter anderem das der Familie Rothschild. Er entwarf den Portikus (heute das „Alte Portal“) mit den vier gigantischen weißen Säulen und ebenso die Arkadenreihe mit 57 Gruften als letzte Ruhestätte bedeutender und wohlhabender Bürger am damals jenseitigen Ende der Begräbnisstätte. Sie sollte den Übergang bilden zu dem zeitgleich angelegten jüdischen Friedhof.

Die Anlage des „Neuen Friedhofs” in Frankfurt erinnert an den Idealplan, den der Augsburger Architekt J. M. Voit 1825 publizierte. Sein Standardwerk „Über die Anlegung und Umwandlung der Gottesäcker in heitere Ruhegärten der Abgeschiedenen” weist etliche Übereinstimmungen mit dem Frankfurter Gottesacker auf, der 1828 nach Plänen des Stadtgärtners Rinz eingerichtet wurde: Der langgestreckte, eingefriedete Begräbnisplatz ist durch Achsen gegliedert und schließt mit einer Grufthalle ab.

Am  1. Juli 1828 wurde der Neue Friedhof eingeweiht. Die erste Bestattung war die verwitwete niederländische Adelige Maria Catharina Alewyn geborene Trip, die beim Besuch in Frankfurt mit 52 Jahren im Gasthaus „Zum Schwan“ im Steinweg jäh dahingerafft worden war. Friedrich Rumpf  hat in einer Zeichnung festgehalten, wie damals ein Leichenzug aussah: Da schreiten an der Spitze des Leichenzuges, meist hinter einem von sechs Pferden gezogenen Leichenwagen, drei Männer in Frack und Zweispitz, die „Leichenbitter“. Danach Mädchen, die aus Körben Blumen und Blätter streuen, und verschleierte Klageweiber und Leichenfrauen. Bei besonderen Begräbnissen folgen dem Sarg vor der Trauergemeinde auch noch Musikanten und Fackelträger.

Als am  1. Juli 1828 der Neue Friedhof- eingeweiht wurde, hatten die Frankfurter noch eine gute Strecke. Weg zurückzulegen. 20 Wegminuten - soll heißen: zu Fuß - jenseits der Stadttore an der Eckenheimer Landstraße im Grünen lag das Areal. Der „Neue Friedhof“ wurde rasch belegt und wuchs abschnittweise nach Norden. Das Jahr 1829, das erste komplette Jahr des neuen Friedhofs, verzeichnete 936 Beerdigungen. Erst 1857 wurde die Zahl von jährlich 1.000 Bestattungen überschritten. Im Jahre 1891 waren es schon siebzehndreiviertel Hektar, 1912 gut 24 Hektar.

 

Vor allem anfangs des 20. Jahrhunderts wurde der Friedhof immer mehr erweitert, das „Neue Portal“ wurde errichtet. Der Friedhof dehnte sich immer mehr nach Norden Richtung Eckenheim und später auch nach Osten aus. Im Jahre 1927 war er rund 41,5 Hektar groß. Im Jahre 1929 entstand an der Eckenheimer Landstraße auch ein neuer jüdischer Friedhof, der wiederum einen eigenen Eingang hat. Inzwischen ist der Friedhof rund 70 Hektar groß.

 

Anläßlich seiner Erweiterung nach Norden erhielt der Begräbnisplatz mehrere Friedhofsbauten „in architektonisch wirkungsvoller Form”. Allen voran beeindruckte das Neue Portal und die Trauerhalle, die nach schwärmerischen Aussagen der Zeitgenossen nicht nur den spätklassizistischen „Alten Teil” aufs vortrefflichste ergänzte, sondern ihn auch zu den schönsten Anlagen des Kaiserreichs machten. Wie in den Städten längst üblich, waren für diese Bauten „architektonische” Wettbewerbe ausgeschrieben worden.

Den 1. Preis erhielt der Entwurf Nr. 57 mit dem Kennwort „Auferstehung II” des renommierten Architekturbüros H. Reinhardt & Süßenguth. Der Entwurf zeichnete sich „durch eine außerordentlich straffe und wirkungsvolle Zusammenfassung der Baumassen” aus und gehörte zu den wenigen im Wettbewerb, die der Parkanlage, dem Ort der ewigen Ruhe, Vorrang vor den Bauten einräumten, ohne dabei die notwendige repräsentative Wirkung der Einsegnungshalle zu vernachlässigen. Denn, so das Motto: „Kurz ist der Schmerz, doch ewig währt die Freude”. Das 1909 errichtete Bauwerk ist vorwiegend in neoklassizistischen Formen erdacht und zeigt die Anlehnung an Bauten der Spätantik. in Ravenna. Der formalen Qualität des Äußeren entspricht die noble, durch die Brüder Linnemann geprägte dekorative Ausstattung, die über-wiegend im Jugendstil gehalten ist. Im Juli 1912 wurde nördlich des Neuen Friedhofs die monumentale Trauerhalle nebst Krematorium eröffnet. Der Jugendstil hielt Einzug.

 

Der Friedhof sollte nicht als düsteren Todesacker angelegt werden  - für die gebildeten, privilegierten Schichten, die nicht in dicht gesetzte Reihengräber gebettet werden wollten, war die Barockzeit mit ihren Sensenmännern und ablaufenden Sanduhren vorüber. Man huldigte der Aufklärung, schwärmte für die Antike und „Englische Gärten“. Hier sollten die großen Persönlichkeiten der Stadt das Äquivalent zu dem Platz finden, der ihnen im Leben zustand. Rinz ist es zu verdanken, daß sich der heutige Hauptfriedhof als einer der größten städtischen Parks präsentieren kann.

Der Friedhof sollte fortan ein heiterer Ruhegarten sein, nicht mehr, wie bisher, eine Stätte der Versammlung, des Spiels und des Handels. Die Bepflanzung richtete sich dabei vor allem nach hygienischen Gesichtspunkten: Sie sollte die Luftzirkulation nicht hemmen. Insofern wurden auch nur die Ränder des Friedhofs mit Bäumen bepflanzt, und die Rundwege von niedrigen Büschen begleitet. Neben dem ungehinderten Spiel der Winde galt nämlich die Reinigung der Luft von „mephistischen Dünsten”, den giftigen Leichengasen, als lebensnotwendig.

Auch der Weg, der von der Stadt zum Portal führt, wurde gärtnerisch angelegt: Er war mit einer doppelten Reihe Ulmen gesäumt und mit Kies bestreut. Über die Beliebtheit des Friedhofs zum Spaziergehen waren sich die Zeitgenossen einig, aber auch Fremde betreten die Anlage häufig, „weil sie rühmlich in der Reihe des vielen Merkwürdigen und Sehenswerthen steht, das Frankfurt aufzuweisen hat”.

Der Hauptfriedhof Frankfurt wirkt wie ein urwüchsiger Park: Zedern, Ahorn, Buchen, Kiefern, Birken, Wacholder und Buchsbaum, Efeu natürlich und Farnbüschel. Hauptwege, die mit inzwischen bröckeligem Asphalt bestrichen sind, einst mit Splitt bestreute Seitenwege, über die buchstäblich Gras gewachsen ist, Trampelfade mit dicker Nadelauflage. Dichtes Laub, das die Sonnenstrahlen in Licht-Tupfen aufbricht und Lichtungen, die angesichts des distinguierten Dämmers rundum geradezu ordinär lebendig wirken. Dazwischen uralte Gräber, die unter Denkmalschutz stehen und vereinzelt neuere, in die nach Ablauf der Ruhefrist Nachmieter eingezogen sind.

Seit Eröffnung wurden hier mehr als 400.000 Verstorbene begraben oder eingeäschert. Der Friedhof hat 68.000 Grabstellen. Es sind pro Jahr rund 2.500 Beerdigungen. Das im Krieg schwer beschädigte Alte Portal wurde 1953 wieder hergestellt, ebenso die Gruftenhalle und das Portal des an den Neuen (christlichen) Friedhof angrenzenden (alten) Jüdischen Friedhofs.

Heute müssen sich mehr als 400.000 seit damals Begrabene oder Eingeäscherte rund 70 Hektar teilen. So groß nämlich ist der Friedhof heute nach mehreren Erweiterungen. Im Jahre 1891 waren es schon siebzehndreiviertel Hektar, 1912 gut 24 und 1927 rund 41,5 Hektar. Je größer die Stadt wurde (1800 waren es 400.00 Einwohner gewesen), umso mehr Menschen mußten unter die Erde gebracht werden. Das Jahr 1829, das erste komplette Jahr des Neuen Friedhofs, verzeichnete 936 Beerdigungen. Erst 1857 wurde die Zahl von jährlich 1000 Bestattungen überschritten. Heute sind es pro Jahr rund 2500 Beerdigungen.

 

Rundgang:

Bei einem Besuch des Friedhofs kann man in der Eckenheimer Landstraße entlang der Friedhofsmauer kostenlos parken. Dann geht man durch das Alte Portal, an dem auch das Garten- und Friedhofsamt untergebracht ist. Hier kann ein Rundgang beginnen.

Ein Spaziergang durch die alten Gewanne ergänzt das Lesen dicker Bücher zur Stadtgeschichte. Schopenhauer und Adorno, Ricarda Huch und der „Struwwelpeter"- Hoffmann samt seinem „Paulinchen“, Alois Alzheimer, Friedrich Stoltze oder Liesel Christ, NS-Opfer, Kriegsgefallene und Domherren, Industrielle wie Adolf von Brüning oder Mouson und ganze Bankiers-Dynastien, Oberbürgermeister und Wissenschaftler sind hier verewigt.

Der älteste Friedhofsteil liegt im Süden. Dort an der alten Mauer mit der Frankfurt-typischen „Kreuz- Reihung“ läßt die Pflege zu wünschen übrig, abgesehen von Diebstählen - das Holzhausen und  das Glauburg-Wappen sind verschwunden. Das älteste Kreuz von 1828 mit dem Namen „Anna Gertraude Buchke“ steht versteckt zwischen Bäumen. Der älteste Baum und ein Naturdenkmal ist eine 400-jährige Buche.

Man geht zunächst nach links an der Mauer entlang. Ein Wegweiser weist nach links zum Schopenhauergrab (Arthur Schopenhauer, 1788 - 1860). Das Grab ist mit einer einfachen Grabplatte am Boden deckt. Das Grab ist schon fast an der ursprünglichen Mauer, an der man jetzt nach rechts entlang geht.

Hier soll das Grab des Arztes Heinrich Hofmann (1809-1894) sein. Ganz in der Nähe des Struwwelpeter-Autors liegt die 15jährige Frankfurterin Paulinchen Schmidt (1840 -  1856), die das Vorbild für sein „Paulinchen“ abgab. Die Tochter eines mit Hoffmann befreundeten Arztes hatte als Vierjährige tatsächlich durch das Spielen mit Zündhölzern einen Zimmerbrand ausgelöst, ihn im Gegensatz zur Bildgeschichte aber überlebt. Gestorben ist sie an Schwindsucht.

Entlang der Mauer kommt man zum Grab der Familie Neckermann und zu einer Grabstelle, an der der Leichen gedacht wird, die der Universität zur Verfügung gestellt wurden. Schließlich kommt man zu den 57 Gruften auf der rechten Seite. Wenn man dann noch ein ganzes Stück an der Mauer weiter geht, trifft man auf das Grab des Arztes Alois Alzheimer und seiner Frau.

Zurück geht man auf der anderen Seite der Mauer. Dort trifft man auf eine erst wenige Jahre alte Begräbnisstätte für totgeborene Kinder mit Teddybärchen und Windmühlen in den Bodendeckern. Das Grab erinnert daran, daß Sterben und Leid keine Geißel allein der Vergangenheit darstellt. Neu ist das Grab von Willi Berking, der Leiter des Tanzorchesters des Hessischen Rundfunks. Auf beiden Seiten der Mauer finden sich auch Gräber katholischer Geistlicher.

Ein unbekannter Meister dagegen applizierte einen neugierigen Salamander auf den glatten Schaft einer abgebrochenen Säule, die auf dem Grab des Patrick James Ford steht. Geboren 1946 in Appleton/Wisconsin, gestorben 1989 in Frankfurt. Für Uneingeweihte rätselhaft ist der Grabstein eines 2001 verstorbenen Chemikers: Die kleine, weiße Pyramide ist an drei Seiten geschmückt mit Hieroglyphen, Keilschrift und arabisch anmutenden Zeichen. Auch für Analphabeten verständlich dagegen der Propeller am Stein für des 1941 ums Leben gekommenen Fluglehrers der Luftwaffe.

Im alten Friedhofsteil tauchen ausländische Namen als Besonderheiten auf - etwa auf dem Gedenkstein des Constantin Savvas, Professor der Universität Athen, verstorben 1929. Im neuen Teil sind italienische, spanische, slawische und asiatische Namen zunehmend präsent, und zuweilen haben deutsche Familien deren Beispiel übernommen, Fotos der Verstorbenen an den Grabstein oder das Holzkreuz zu hängen.

Um weitere Gräber zu finden, braucht man sicher einen Führer. Ein Spaziergang durch die alten Gewanne ergänzt das Lesen dicker Bücher zur Stadtgeschichte. Hier finden sich die Gräber der Dichterin Ricarda Huch und des Dichters Friedrich Stoltze, des Oberbürgermeisters Franz Adickes und des letzten Bürgermeisters der freien Stadt Frankfurt Carl Constantin Victor Fellner (1807-1866), der sich an seinem 59. Geburtstag daheim im Garten an der Ost-Zeil erhängte, und das Grab des Oberbürgermeisters nach dem Zweiten Weltkrieg Walter Kolb.

Hier liegen begaben Soziologe Theodor Adorno, der Komponist Eduard Goltermann (1824-1898), die Volksschauspielerin Liesel Christ (1995), der Kabarettist Matthias Beltz 2002), Industrielle wie Adolf von Brüning oder Mouson und ganze Bankiers-Dynastien. Auch die Schöpfer des Friedhofs, Rumpf und Rinz, liegen heute noch in Ehrengräbern. Dazu kommen NS-Opfer, Kriegsgefallene und Domherren.

Wenn man wieder an der westlichen Mauer angekommen ist, geht man nach Norden. Rechts liegt als Sinnbild mittlerweile leerer Prachtentfaltung das Sandstein-Mausoleum, das Friedrich Maximilian Hessemer für die Gemahlin des Kurfürsten Wilhelm I. von Hessen erbaut hat, Gräfin Emilie Reichenbach-Lessonitz, geborene Ortlepp. Ein Obelisk auf der rechten Seite erinnert an die Opfer der Revolution von 1848.

Dann kommt man an die Eckenheimer Mauer, die aber heute vielfach durchbrochen ist. Man kommt vorbei an teils restaurierten, teils verfallenden Grabmalen, an von Spinnweben umsponnenen Büsten, unleserlich verwitterten Steintafeln und großen wie unspektakulären Namen.

Schließlich gelangt man zur Trauerhalle mit angeschlossenem Krematorium am „Neuen Portal“. Östlich liegt eine große Wiese, von der strahlenförmig Wege ausgehen mit so schönen Namen wie Lebensbaumweg oder Lindenweg oder Christusdornweg. Der Friedhof erstreckt sich von hier noch weit nach Norden bis zum Marbachweg. Man kann mit einem kleinen Bus sich zu den Gräbern fahren lassen.

In den 70er/80er Jahren wurden viele Denkmäler zerstört, und zwar von Amts wegen als Folge der seit 1970 geltenden Liege-Frist. Da waren uralte Ruhestätten auf einmal „abgelaufen“ und wurden beseitigt. Zum Beispiel das Grab des Rittmeisters Adolph von Holzhausen. Daraufhin ist das Grab 1997 wieder hergestellt worden; seither pflege es eine Genossenschaft der Friedhofsgärtner. Wer nicht in d Ein Zaddik wird verehrt: Schlichtes Grab in Frankfurt zieht fromme Juden aus aller Welt an.

Der Hauptfriedhof Frankfurt ist Ruhestatt, Park und historischer Ort. Das älteste Kreuz von 1828 mit dem Namen „Anna Gertraude Buchke“ steht versteckt zwischen Bäumen. Der älteste Baum und Naturdenkmal ist eine 400-jährige Buche. Auf den über 60.000 Gräbern stehen Namen, die zu Frankfurt gehören wie der Main: Die Dichterin Ricarda Huch, der Philosoph Arthur Schopenhauer (1788-1860), der Dichter Friedrich Stoltze, die Oberbürgermeister Franz Adickes und Walter Kolb, die Ärzte Alois Alzheimer und Heinrich Hofmann (1809- 1894), der Soziologe Theodor Adorno. Im Jahre 1995 wurde die Volksschauspielerin Liesel Christ bestattet, im Jahre 2002 der Kabarettist Matthias Beltz. Unweit von seinem Gartengrab schimmert das Gans’sche Mausoleum durchs Grün.

Die Grabstatt des letzten Bürgermeisters der freien Stadt Frankfurt - Carl Constantin Victor Fellner (1807-1866), der sich an seinem 59. Geburtstag daheim im Garten an der Ost-Zeil erhängte - ist total verkrautet. Die Wand-Platte am Grab des Komponisten Eduard Golter­mann (18241898) liegt zerbrochen am Boden.

Unweit des Struwwelpeter-Autors liegt die 15jährige Frankfurterin Paulinchen Schmidt (1840-1856),  die das Vorbild für sein „Paulinchen“ abgab. Die Tochter eines mit Hoffmann befreundeten Arztes hatte als Vierjährige tatsächlich durch das Spielen mit Zündhölzern einen Zimmerbrand ausgelöst, ihn im Gegensatz zur Bildgeschichte aber überlebt. Gestorben ist sie an Schwindsucht.

Wer nicht in den illustren Kreis der Ehrengrab-Berechtigten gehört, dessen Ruhestätte wird 20 Jahre nach der letzten Belegung geräumt. Freilich nur das Grab selbst. Die Gebeine bleiben im Boden, die neuen Beisetzungen finden darüber statt. In den 70er/80er Jahren wurden viele Denkmäler zerstört, und zwar von Amts wegen als Folge der seit 1970 geltenden Liege-Frist. Da waren uralte Ruhestätten auf einmal „abgelaufen“ und wurden beseitigt. Zum Beispiel das Grab des Rittmeisters Adolph von Holzhausen. Daraufhin ist das Grab 1997 wieder hergestellt worden; seither pflege es eine Genossenschaft der Friedhofsgärtner.

„Was macht denn Karl Valentin hier?“ zuckt es durchs Gehirn, als auf einem mannshohen Naturstein das Porträtmedaillon mit dem Profil eines Mannes ins Auge fällt. Pardon, Herr Professor Dr. phil. Theodor Petersen, auf dem Hauptfriedhof wohnhaft seit 1918. Seine liebende Schwester, die laut Inschrift das Grabmal errichten ließ, konnte das natürlich nicht ahnen - aber die Ähnlichkeit ist verblüffend. Ein paar Schritte weiter entsteht angesichts der Inschrift eines schlichten Steinkreuzes im Kopf der Anfang eines Romans.

Was hat bloß den Johann Philipp Valentin, geboren am 15. Februar1805 in Frankfurt am Main, bewogen, sich auf hohe See zu begeben? Überlebt hat er das Abenteuer nicht: Er starb am 17. August 1851 auf dem Schiffe während der Fahrt nach dem „Cap der guten Hoffnung“. Die Tafel hält lediglich das Andenken aufrecht. Bestattet ist hier Anna Maria Valentin, geboren 24. Mai 1812 am „Cap der guten Hoffnung“, gestorben 1855 in Frankfurt am Main. Wann und wie mögen sich Wege der beiden gekreuzt haben? In welcher Beziehung standen sie wohl? Welches Schicksal stand dahinter?

 

Mitten im ältesten Teil des Friedhofs mit seinen Engeln, Säulen, Tempel-Fassaden, Obelisken und Steinamphoren, an der Sandsteinmauer, die sich genüßlich abschreiten läßt wie der Saal einer Gemäldegalerie, bricht die Gegenwart ein. Die erst wenige Jahre alte Begräbnisstätte für totgeborene Kinder mit Teddybärchen und Windmühlen in den Bodendeckern erinnert inmitten der Kulturhistorie, daß Sterben und Leid keine Geißel allein der Vergangenheit darstellt.

Dennoch: Die mit dem Verlust eines geliebten Menschen verbundenen Gefühle wurden deutlicher dargestellt, der Nachwelt konserviert.

 

Verspielte Putten umflattern das Porträt des Hugo Kessler, gestorben im September 1905, wenige Tage vor seinem 20. Geburtstag. „Meinem geliebten einzigen Sohne“ verrät die Schrift. Das Halbrelief des jungen Mannes schwebt, umrankt von gemeißelten Rosenbuketts, am Marmor-Obelisk weit über Augenhöhe. Unerreichbar für das Frauenporträt nebenan, dicht überm Erdboden, halb überwölbt von einem trauernden Engel, den Blick zu Hugo Kessler erhoben: Auguste Ferdinanda Kessler - die Mutter? Die Frau starb 1909 im Alter von 47 Jahren.

Unweit davon erhebt sich als Sinnbild mittlerweile leerer Prachtentfaltung das Sandstein- Mausoleum, das Friedrich Maximilian Hessemer für die Gemahlin des Kurfürsten Wilhelm I. von Hessen erbaut hat, Gräfin Emilie Reichenbach-Lessonitz, geborene Ortlepp.

Der Atem der Geschichte weht Spaziergänger an, wenn sie sich auf den „Gruftenweg“ begeben - eventuell auch der Fahrtwind eines Radlers, der sich eine autofreie, landschaftlich schöne Nord-Süd-Verbindung ausgewählt hat. Diese Zeitgenossen gehören zu den unerwünschten Begleiterscheinungen des Park-Friedhofs, der durchaus Zugeständnisse macht an die Bedürfnisse der Besucher. An Wegkreuzungen stehen Brunnenbecken mit Wasserzapfsäulen und minimalistischen Metallgestängen, die mit grünen Plastik-Gießkannen behängt sind. Hier treffen sich die Stamm-Besucher zum Plausch.

Bänke stehen in lauschigen Ecken. Auf einer sitzen an diesem Vormittag Ingo Andree und Frau Edith, Ex-Frankfurter, die es nach Bad Harzburg verschlagen hat und die bei jedem Besuch in Frankfurt auf den Hauptfriedhof kommen. Nicht nur, um das Grab des Vaters zu pflegen, wie Ingo Andree beteuert: Das ist hier ein einmaliger Park - und das mitten in der Stadt. Und trotzdem anders als andere Parks. Die Vorstellung, daß hier Leute „auf Decken liegen und Kofferradios“ aufdrehen, wäre ihm ein Graus.

Dicht ans moderne Lebensgefühl kommt die „Schließfachanlage“ für Urnen, nahe dem Gräberfeld der Kriegstoten und Nazi-Opfer. Pro Steinelement vier Etagen, jeweils drei bis acht Elemente stehen nebeneinander - chronologisch wie geschmacklich weit entfernt von dem Urnenmäuerchen des Frankfurter Vereins für Feuerbestattung, das unter Denkmalschutz steht.

Mit dem Verlassen des Kernbezirks mit den alten, vertrauten, vornehmen Namen rückt die Gegenwart stärker ins Bewußtsein. Rasenmäher, Autolärm, Flugzeuge bestimmen hinterm Vogelgezwitscher wieder die Wahrnehmung. Die Bäume werden jünger, die noch unbelegten Wildwuchs-Flächen größer, und die Phalanx von dicht an dicht belegten Reihengräbern mit ihrem bunten, frischen Blumenschmuck entsprechen der Relation zwischen großbürgerlichem Palais und Wohnblock am Stadtrand.

Im alten Friedhofsteil tauchen ausländische Namen als Besonderheiten auf - etwa auf dem Gedenkstein des Constantin Savvas, Professor der Universität Athen, verstorben 1929. Im neuen Teil sind italienische, spanische, slawische und asiatische Namen zunehmend präsent, und zuweilen haben deutsche Familien deren Beispiel übernommen, Fotos der Verstorbenen an den Grabstein oder das Holzkreuz zu hängen.

 

Paulinchen verbrannte jämmerlich im Struwwelpeter. Das Grab ihrer Namensgeberin Pauline Schmidt auf dem Frankfurter Hauptfriedhof wird noch heute immer wieder von Blumen geschmückt. Besucher legen sie auf das Efeu vor dem schlichten Kreuz. Auf dem Frankfurter Hauptfriedhof gibt es aber weit mehr Grabstätten. die einen Besuch lohnen. Dazu gehören vor allem die 209 Ehrengräber, Ruhestätten bekannter Persönlichkeiten wie Theodor Adorno oder Alois Alzheimer. Daneben stehen rund 1200 Grabstätten unter Denkmalschutz.

Bei seiner Eröffnung im Jahr 1828 lag der Hauptfriedhof 20 Gehminuten außerhalb der Stadt, heute haben ihn die Häuser längst eingekreist. Mit seinen rund 70 Hektar Fläche ist er Beerdigungsstätte und Park zugleich. Jetzt, im Herbst, haben Winterpflanzen wie Erika die Blumen auf den Gräbern verdrängt. Rote und gelbe Blätter färben Wege und Grabplatten bunt, das feuchte Moos auf den verwitterten Kreuzen leuchtet sattgrün. Das alles schafft eine romantisch-morbide Atmosphäre. Es lohnt sich, im Herbst auf Spurensuche zu gehen. „Wir hatten sogar schon Japaner hier, die nach Paulinchens Grab gefragt haben“, sagt Sibylle Mersinger vom Grünflächenamt der Stadt. Irgendjemand hat ein kleines goldenes Engelchen an ihr Kreuz gelegt.

Die Ruhestätte des Philosophen Arthur Schopenhauer ist deutlich imposanter. Eine Hecke rahmt die weitläufige Fläche mit der schlichten Grabplatte ein. Auch hier hat ein Unbekannter Blumen zurückgelassen. An der Mauer zur Eckenheimer Landstraße ist der Philosoph und Soziologe Adorno begraben. an der Mauer zum Alten Jüdischen Friedhof der Arzt Alois Alzheimer, Zwergmispeln mit roten Beeren bedecken sein Grab.

Ein „Wegweiser zu den Grabstätten bekannter Persönlichkeiten auf Frankfurter Friedhöfen“ kann bei der Genossenschaft der Friedhofsgärtner: Eckenheimer Landstraße 192, 60320 Frankfurt, zum Preis von 3,50 Euro gekauft werden.

 

Jüdischer Friedhof:

Gleichzeitig wurde östlich der Gruften  an der Rat-Beil-Straße auch ein jüdischer Friedhof eingerichtet. Die erste Beisetzung fand allerdings erst im Oktober 1828 statt. Und wieder war es ein Auswärtiger: ein Metzgermeister aus Offenbach. Es gibt nur einen Zugang von der Rat-Beil-Straße aus, der aber nicht öffentlich zugänglich ist.

Ein schlichtes Grab in Frankfurt zieht fromme Juden aus aller Welt an. Schwarz gekleidete Männer mit Hüten. Bärten und Schläfenlocken gehören auf dem Alten Jüdischen Friedhof in Frankfurt zum Alltag. Die streng religiösen Juden aus aller Welt pilgern zu einem unscheinbaren Grab im Feld Q2 der Anlage. Dort beten sie, zünden Kerzen an und hinterlassen kleine Zettel mit ihren Wünschen. „Sie kommen täglich, und zwar 24 Stunden, einzeln oder mit Bussen“, sagt Friedhofsverwalter Majer Szanckower. Ihr Ziel ist das Grab des 1921 gestorbenen Rabbiners Israel von Stolin, der im Chassidismus - einer orthodoxen Glaubensrichtung des Judentums - als Weiser und großer Meister verehrt wird.

Obwohl er aus Osteuropa stammte und nur kurze Zeit am Main lebte, heißt er unter Chassiden heutzutage nur „Der Frankfurter“. „Das ist sein Markenzeichen, und dafür ist er unter Chassiden in aller Welt bekannt“, sagt Szanckower, der auf dem Friedhofsgelände wohnt und die internationalen Besucher deshalb auch nach Feierabend zu sehen bekommt. Viele klingeln bei ihm und bitten um Einlaß zum Friedhof, wenn sie sehen, daß die Pforten spät abends oder am Wochenende geschlossen sind.

Große chassidische Gemeinden gibt es heute außer in Israel noch in London, Antwerpen, Paris und in den großen Städten der Vereinigten Staaten. Viele Chassiden legen auf ihrem Weg von New York nach Tel Aviv einen Zwischenstop in Frankfurt ein, um das Grab zu besuchen. „Das ist ein Muss für sie“, sagt Szanckower. Außer nach Frankfurt pilgern viele von ihnen auch zu Rabbiner-Gräbern auf Jüdischen Friedhöfen in Michelstadt im Odenwald, in Worms und in Mainz.

Geboren wurde Israel Perlon, wie Israel von Stolin bürgerlich hieß, 1869 in dem Städtchen Stolin im heutigen Weißrußland. Er stammte aus einer berühmten Rabbiner-Dynastie des Chassidismus. Ein wesentliches Kennzeichen dieser im 18. Jahrhundert entstandenen volks­tümlichen Bewegung innerhalb des Judentums ist die Fröhlichkeit der Gläubigen. Sie tanzen gerne, weil sie glauben, in der Begeisterung kämen sie Gott besonders nah.

„Der Frankfurter“ war zu Lebzeiten einer der sogenannten „Gerechten“ (Zaddik), die im Chassi­dismus verehrt werden und von denen es nach Überzeugung der Gläubigen auf der Erde immer nur 36 zur selben Zeit geben kann. Einem Zaddik wird eine herausragende moralische Lebensführung und Weisheit nachgesagt. Er gilt als Mittler zwischen den Menschen und Gott, der Wunder vollbringen kann. Am Grab des Rabbiners zu beten und ähnlich wie an der Klagemauer in Jerusalem Wünsche auf kleinen Zetteln zu hinterlassen, bedeute für Gläubige. „an höchster Stelle meine persönlichen Probleme vorzutragen“, sagt Szanckower.

Der aus Polen und Rußland kommende Chassidismus setzt im Judentum vor allem auf das religiöse Gefühl. Einer der ersten Führer der „Zaddikim“ war der Rabbi Israel Baal-schem tov (etwa 1700 bis 1760), der sich vor allem den Armen und Ungebildeten im Volk widmete. Anders als die christliche Mystik, die die Zurückgezogenheit und das Insichgekehrtsein proklamiert, ist für die Chassiden die religiöse Verwirklichung in der Gemeinschaft wichtig. Historisch gesehen entstand der Chassidismus als Reaktion auf Pogrome der Kosaken, denen im 17. Jahrhundert zahlreiche jüdische Gemeinden in Osteuropa zum Opfer fielen. Die Chassiden rekrutierten sich aus den ärmsten Klassen. Sie waren eher antikapitalistisch orientiert, da das Judentum in Osteuropa kaum vom Kapitalismus erfaßt war. Der größte Teil der Chassidim hatte deshalb auch keinen festen Beruf. Nur wenige waren Kaufleute und Handwerker. In Frankfurt gab es vor Beginn des Nazi-Holocausts nur eine sehr kleine Minderheit chassidischer Juden. In Berlin waren sie durch die Nähe zu Osteuropa stärker vertreten. Heute sind die Chassiden vor allem in Israel und den USA noch einflußreich.

 

Der Rückweg entlang der „Eckenheimer Mauer“ führt vorbei an teils restaurierten, teils verfallenden Grabmalen, an von Spinnweben umsponnenen Büsten, unleserlich verwitterten Steintafeln und großen wie unspektakulären Namen. Und bevor das „Alte Portal“ die Besucher wieder in die Gegenwart entläßt, hat sich der Eindruck über den Ausflug in die ersten drei Viertel von 175 Jahren Stadtgeschichte zu einem einzigen Wort verdichtet: Würde.

 

Bertramshof

Westlich des Hauptfriedhofs liegt der  Bertramshof.  Die Übergänge über die Landwehr wurden durch Warten oder Schläge befestigt. Zwischen dem Eisernen Schlag an der Grenze nach Eschersheim und der Friedberger Warte lag der Bertramshof. Die befestigten Höfe rund um Frankfurt sollten den Landwirtschaft betreibenden Bewohnern Schutz vor Angreifern bieten und waren mit Gräben und einer Zugbrücke versehen. Im 14. Jahrhundert wurde er nach einem adligen Geschlecht Knoblauchshof genannt. Später ging der Hof in den Besitz des Geschlechtes der Betram und von Kühorn über, die aus Württemberg stammten. Der Kühornshof war ringsum von einem Graben mit fließendem Wasser umgeben, über den nur eine Aufzugbrücke den Zugang gestattete. Doch die Mauer war wohl schon 1476 stark zerstört, als die neue Landwehr dicht hinter dem Hof angelegt wurde. Noch in der Mitte des 19. Jahrhunderts standen hier aber die Reste eines alten Tores mit Schießscharten. Links von der Brücke befand sich ein Brunnen und bei diesem ein steinerner Tisch mit Bänken.

Dornbusch: Er hat seinen Namen von einer Dornenhecke mit Doppelgraben, die einst Teil der Befestigung der Stadt war.

 

Güntersburg

Südöstlich des Hauptfriedhofs liegt der Güntersburgpark. Hier besaß im Jah1306 Rulmann Weiß von Limburg einen befestigten Hof. Im Jahre 1323 war er Bürgermeister und 1327 Schultheiß. Der Hof war mit einem Wassergraben umgeben und die beiden Eingänge waren mit Zugbrücken versehen. Etwa 100 Meter westlich des Güntersburgparks, wo die Böttgerstraße in die Hartmann-Ibach-Straße mündet, lag ein römischer Gutshof.

 

Schule im Philanthropin (Hebelstraße, westlich der südlichen Friedberger Landstraße)

Die Jüdische Gemeinde in Frankfurt hat wieder eine Schule im historischen Philanthropin eröffnet. In der I. E. Lichtigfeld Schule werden rund 400 Kinder - jüdische und nichtjüdische - unterrichtet. Die Ganztagsschule hat einen Gymnasialzweig. Der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde, Salomon Korn, sagte, die Jüdische Gemeinde übergebe das Philanthropin nach umfangreicher Sanierung wieder seiner ursprünglichen Bestimmung. Hier sollten jüdische Kultur, Tradition und Wissen im humanistischen Gedanken gelehrt werden. Philanthropin heißt „Stätte der Menschlichkeit”.

Das Philanthropin war 1804 von der Israelitischen Gemeinde Frankfurts als „Schul-und Erziehungsanstalt für arme jüdische Kinder” gegründet worden. Die einst größte jüdische Schule Deutschlands stand von 1811 an auch nicht-jüdischen Kindern offen. „Philanthropin” heißt „Stätte der Menschlichkeit“. Von 1819 an wurde die Schule von der Israelitischen Gemeinde Frankfurts finanziert.

Im Jahre 1908 zog die Schule in das neu errichtete Gebäude im Nordend. Die Nationalsozialisten schlossen die Schule und richteten dort ein Reservelazarett ein. Nach dem Zweiten Weltkrieg bekam die Jüdische Gemeinde das Haus zurück, verkaufte es aber 1979 an die Stadt, um mit dem Erlös das Gemeindezentrum zu finanzieren.

Die Lichtigfeld Schule war in den vergangenen 20 Jahren im Jüdischen Gemeindezentrum in Frankfurt untergebracht. Weil es dort zu eng geworden war, hatte die Gemeinde sich entschlossen, 2004 das Philanthropin von der Stadt zurückzukaufen. Mit Unterstützung von Stadt Frankfurt und Land Hessen wurde in den vergangenen zwei Jahren der Umbau bewältigt, dessen Kosten mit zwölf Millionen Euro veranschlagt waren. Hessens Ministerpräsident Roland Koch (CDU) würdigte den Mut des Gemeindevorstands, sich für die Schule im Philanthropin zu entscheiden. Die Vergangenheit, die Nazi-Zeit dürfe es nicht unmöglich machen, mit Offenheit etwas Neues zu schaffen. Die Schule sei ein Symbol für alle jüdischen Gemeinden in Hessen. Es sei wichtig zu wissen, „daß wir an einem historischen Ort sind und zu wissen, daß man in einer ganz normalen Schule ist”.

25 Jahre später kaufte die zweitgrößte Jüdische Gemeinde in Deutschland das Philanthropin von der Stadt zurück, um die jüdische Schule dort unterzubringen, weil die bisherigen Räume im Gemeindezentrum zu klein geworden waren. Mit Beginn des Schuljahrs 2006/2007 und nach umfangreicher Sanierung werden rund 400 jüdische und nichtjüdische Kinder in der „I. E. Lichtigfeld-Schule im Philanthropin” unterrichtet.       

Der Schuldezernent der Jüdischen Gemeinde Dieter Graumann - wie Korn Vizepräsident des Zentralrats der Juden in Deutschland - sagte, bei dem Entschluß, das Philanthropin wieder als Schule zu nutzen, habe es in der Gemeinde viele Kritiker gegeben. „Einige davon sitzen auch hier.” Durch den Umzug ins Philanthropin könne die Schule jetzt noch mehr nichtjüdische Schüler aufnehmen. Das biete die Chance für ein „Zusammenleben im Kleinen”. Schulleiterin Alexa Brum meinte, die jungen Menschen sollten in der Schule „zu traditionsbewußten, selbstbewußten Juden und selbstbewußten Bürgern” werden. „Die Mitgestaltung des Schullebens und die Übernahme von Verantwortung müssen selbstverständlich sein.”

           

 

 

Rundfahrt : Heddernheim - Praunheim Niederursel

 

Autobahn 66 auf alten Pfaden

Eine andere Römerstraße, die Elisabethenstraße, die von Mainz nach Hofheim und bis Marburg verlief, ist heute eine der am meisten befahrenen Straßen in Hessen - die A 66. Das Teilstück vom Krifteler Kreuz bis nach Eschborn verläuft genau auf der historischen Trasse. Sie endet in Heddernheim auf dem alten Marktplatz.

 

Heddernheim

Wenn man von Eschersheim kommt, fährt man nicht über die ganze Maybachbrücke, sondern geht schon rechts hinunter und dann in die Straße „Alt Heddernheim“. Heddernheim entstand zur Zeit der fränkischen Landnahme um 500 nCh unweit der bedeutenden römischen Siedlung Nida. Im Jahre 802 wird es als „Phetternheim“ erstmals urkundlich genannt. Vom 12. Jahrhundert bis 1803 gehörte zu Kurmainz (danach bis 1866 zu Nassau, dann zu Preußen und seit 1910 zu Frankfurt). Lehensträger waren die Herren von Praunheim und ihre Erben, die Herren von Riedt.

Ihr Schloß steht in der Straße „Alt-Heddernheim“ (rechts). Philipp Wilhelm von Riedt, kurfürstlicher Geheimrat, Obrist, General und Gouverneur der Festung Mainz, erbaute es 1740. Der Haupttrakt - mit gut erhaltenem Wappen an der Längsseite - steht noch. Nach Philipp Wilhelm von Riedts Tod 1764 kam das Schloß an die Herren von Breidbach, die später nassauische Beamte wurden. Der Herzog von Nassau kam selbst oft zu Empfängen ins Schloß. Seit 1878 beherbergte das Schloß ein Damenstift, heute befinden sich eine Kindertagesstätte und Wohnungen darin.

In der Grünanlage auf der gegenüberliegenden Seite gleich rechts steht ein Pumpenbrunnen. Er besteht aus einem schweren Sandsteinquader, den eine Kugel krönt, so wie sie sich auch mit anderen am Schloßeingang wiederfindet. Er wurde zur selben Zeit wie die sogenannte „Gemaa-Bumb“, die Gemeindepumpe, errichtet.

Diese steht links in der Straße vor dem Haus Nr. 47. Ein schlichter klassizistischer Sandsteinpfeiler auf würfelförmigem Sockel mit Becken wird von einer Platte mit Kugel bekrönt. Die seitlichen, jedoch verschieden hoch angebrachten Schwengel, ermöglichten auch Kindern zu pumpen. Es war die erste öffentliche Pumpe, der Schaft trägt die Jahreszahl 1839. Die Errichtung des Brunnens in diesem Jahr gab Veranlassung zum ersten Fastnachtszug in Heddern­heim. Dies berichtet uns eine Tafel am Brunnen, die 1950 angebracht wurde und dem damaligen Gemeinderat aus Dankbarkeit beim 111jährigen Jubiläum der Heddemer Fassenacht von den Heddemer Käwwern gewidmet wurde. Die „Gemaa-Bumb“ ist bis heute das Symbol der Heddernheimer Fassenacht und Ausgangspunkt des traditionellen Fastnachtszuges am Fastnachtsdienstag.

Nach rechts fährt man dann durch die Diezstraße und links in die Wörbachstraße und wieder rechts in die Straße „In der Römerstadt“. Nach dem Linksknick geht es kurz hinter der Haltestelle „Habelstraße“ an den Kleingärten links in einen Fußweg, der an der Stützmauer unterhalb der Straße „An der Ringmauer“ entlang führt. Zwischen der zweiten und dritten Bastion steht der Römerbrunnen bzw. ein unscheinbarer Brunnenrand.

Hier war der Südteil der römischen Stadt „Nida“. Auf der fruchtbaren Lößterrasse rechts der Nidda war nach den Chattenkriegen 83/84 nCh unter Kaiser Domitian an strategisch günstiger Lage und an der Heerstraße von Mainz in die Wetterau ein Kastell entstanden. Vor seinen Toren bildete sich bald ein Lagerdorf. Als die Verteidigungslinie auf den Taunuskamm und die Garnison auf die Saalburg verlegt worden waren, blieb Nida wichtiger Etappenort, der mit der Saalburg durch eine schnurgerade Straße verbunden war. Nida stieg bald zum Marktflecken und Verwaltungsmittelpunkt des Wetteraugebietes auf - mit Tempel und Thermen, mit Forum und Amphitheater. Nach dem Einfall der Alemannen wurde Nida um 260 aufgegeben. Die Mauern verfielen, die Steine wurden anderweitig verwendet. Nur wenige Spuren des römischen Nida haben sich an Ort und Stelle erhalten wie der Römerbrunnen (und die römischen Töpferöfen am Rande des Nordwest- Zentrums).

Der Römerbrunnen gehörte zu einer römischen Villa (Landhaus). Auf den Fundamenten dieser Villa erbaute 1584 Philipp Wolf von Praunheim - Lehnsträger des Erzbischofs von Mainz, des Landesherrn von Heddernheim - das „neue Schloß“ und Hofgut „Philippseck“. Er war der letzte Sproß der Linie der Klettenberger. Der Brunnen der römischen Villa wurde auch der Brunnen des Schlosses, was ihn damals vor der Zerstörung bewahrte. Das Schloß und die zugehörige Mühle wurden 1631 von den Schweden zerstört, aber der Brunnen blieb.

Westlich des Brunnens liegt heute die „Römerstadt“, eine Siedlung, die in den Jahren 1927 bis 1929 durch Ernst May im Stil des neuen Bauens als Trabantenstadt im Grünen erstellt wurde.

Mit den Siedlungen Praunheim und Westhausen entstanden so in den zwanziger Jahren 3 850 Wohnungen „fern vom Häusermeer der Großstadt, umgeben vom Grün der Anlagen und Gärten, die engste Beziehungen zwischen Mensch und Natur innerhalb der Großstadt” ermöglichen sollten, wie es damals optimistisch hieß.

Nach rechts kann man einen Abstecher machen durch die Ernst-Kahn-Straße und eine Unterführung zum Nordwestzentrum. An der Südostseite, in Büschen versteckt, ist ein kleines Haus mit römischen Töpferöfen, die man durch die Fenster sehen kann. Man hat vor der römischen Ansiedlung Nida 106 Töpferöfen gefunden, etwa 150 werden insgesamt vermutet. Die Siedlung bestand seit 75 nach Christus. Seit 110 war sie als „civitas taunensium“ Hauptort des Verwaltungsbezirks Wetterau.

Auch im weiteren Verlauf der  Straße stehen schon Hinweistafeln auf das römische „Nida“. Am Friedhof stand das „praetorium“, ein Unterkunftshaus mit 100 Zimmern. Hier war das Zentrum der Römerstadt, den Nordteil bedeckt ein Teil der Nordweststadt. In Höhe der Brücke über die Rosa-Luxemburg-Straße stand ein Ehrenbogen. Am Ende der Straße ist man in Praunheim.

 

Praunheim

Im Jahre 1910 war Praunheim nach Frankfurt eingemeindet worden. Im Ort gab es ein römisches Gräberfeld aus der Niederlassung Nida (nördlich und südlich der früheren Elisabethenstraße, heute Heerstraße). An der Stelle des Dorfes Praunheim entwickelte sich auch an der Römerstraße nach Westen das vicus canabarum, des Weinkellerdorf. Eine villa rustica mit großem Wirtschaftsgebäude und Weinkeller wurde auf der Praunheimer Seite gegenüber dem nördlichen Westtor von Nida aufgedeckt.

Zwischen Ludwig-Landmann-Straße und der Nidda, südlich der Praunheimer Hohl (in Höhe der Ebelfeldschule) war eine römische Ansiedlung, die im 4. Jahrhundert von den Alamannen genutzt wurde.

Dicht vor dem Westtor und dem Osttor von Nida lagen die Klettenburg, die den Grafen von Solms-Rödelheim gehörte, und die Burg Philippseck, die den Herren von Praunheim gehörte.

Nach Verfall der Römerstadt bildete sich westlich der Klettenburg der Ort Praunheim und östlich von Philippseck bildete sich das Dorf  Hetterenheim (Heddernheim), die 1132 urkundlich erwähnt werden

In dem aus einem fränkischen Königsgut hervorgegangenen Dorf saßen die Ritter von Praunheim, die 1222 erstmals vorkommen und über Jahrhunderte den königlichen Schultheiß in Frankfurt stellten. Trotz des fast erdrückenden Neubaurings ist neben der evangelischen Auferstehungskirche, 1770 anstelle einer Vorgängerin erbaut, der dörfliche Kern Praunheims mit seinen engen Gassen, schmalgiebeligen Fachwerkhäusern erhalten geblieben.

Um dieses Quartier zu umrunden geht man an der Kirche vorbei die Graebestraße hinauf, links in die Straße Alt-Praunheim mit ihren nur wenige Zentimeter breiten Bürgersteigen, vollzieht den Abwärtsbogen und hat dabei nochmals Gelegenheit zum Einkehren bei selbstgekeltertem Apfelwein.

Südwärts schließt sich ein Altarm der Nidda mit seinen urwüchsigen alten Bäumen und Sträuchern an. Die Vegetation läßt hier erahnen, wie die einst unbegradigte Nidda einmal am gesamten Lauf ausgesehen haben muß. Mit großem Aufwand wird der Fluß an vielen Stellen sogar wieder „naturnah” rückgebaut. Über den Praunheimer Weg geht es dann weiter nach Niederursel. Dabei kann man auch einen Bogen nach rechts durch den Martin-Luther-King-Park machen und über den Eduard-Bernstein-Weg nach Niederursel fahren.

 

Niederursel

Man biegt links ab in den Weißkirchener Weg und dann nach rechts in den  Kirchgartenweg. Dort stehen prachtvolle Fachwerkhäuser. Am Ende steht rechts das „Frankfurter Rathaus“, ein barockes Fachwerkhaus von 1716. Im Jahre 1714 war nämlich der Ort geteilt worden, die eine Hälfte kam zu Frankfurt, das daraufhin sein Rathaus baute. Im Jahre 1910 wurde Niederursel nach Frankfurt eingemeindet. Der ganze Ortskern zeichnet sich durch  reizvolle Fachwerkhäuser aus.

Nach links kommt man zur Gustav-Adolf-Kirche. Größe und Baustil der Kirche wollen eigentlich nicht so recht in den alten Ortskern passen, sprengen aber doch keineswegs den dörflichen Maßstab. Die schon 1402 erwähnte frühere St. Georgskapelle bereitete den Nieder­urselern stets viel Kummer. In den zwanziger Jahren unseres Jahrhunderts war sie baufällig, darüber hinaus auch viel zu klein. So nahm man den Bau einer neuen Kirche in Angriff. Am Ostersonntag 1927 fand der letzte Gottesdienst in der alten Georgskapelle statt, am folgenden Tag begann man sie abzubrechen und ein neues Gotteshaus zu bauen.

Die neue Kirche (Gustav-Adolf-Kirche) wurde nach den Plänen des Architekten Martin Elsässer, eines Mitarbeiters von Ernst May, erbaut. Bautechnik und Planung waren revolutionär. Die Kirche ist ein Zentralbau mit einem gleichschenkeligen Achteck als Grundriß und wurde einschließlich Dach aus Beton gegossen. Die wichtigsten Teile der alten Kirche - das Kruzifix und die in Holz geschnitzten Schriftbänder von 1613 - wurden in die neue Taufkapelle integriert.

Beim Neubau der Kirche baute man einige alte Architekturteile von 1851verlegten Kirchhof in die Kirchhofsmauer ein. An der Ecke zum Kirchgartenweg befindet sich eine Tür mit einer eisernen Kette und mit der im Türsturz eingemeißelten Jahreszahl 1600, die in ein dunkles Loch führt. Es handelt sich dabei um den „Gehorsam“, das Ortsgefängnis von Niederursel, genauer: um die Gefängnistür und die Prangerkette, an die die Verbrecher zum Gespött des Volkes angekettet wurden. An der Nordseite der Kirchhofsmauer baute man ein: Den Grabstein des Zigeuners Johannes Demulin von 1669, eine Grabplatte, einen Türsturz mit romanischem Kreuz und das Gewände eines Dreipaßfensters.

Nördlich der Kirche ist eine Dorfschmiede von 1929. In der Obermühlstraße steht die Trockenscheune der 1695 erbauten Untermühle. Über den Dorfwiesenweg kommt man nach rechts zum Oberurseler Weg. Von dort kann man nach links einen Abstecher machen (nicht auf der modernen Straße, sondern auf dem schmalen Weg daneben) zu Schilasmühle, Papiermühle, Hohe Mühle, zum jüdischen Friedhof  und zur Krebsmühle (Antike Möbel, „Der schönste Laden Frankfurts“). Im Oberurseler Weg nach rechts ist noch ein jüdischer Friedhof.

Wieder im Ort biegt man rechts in die Spielersgasse (Spielsgasse) ein mit den Resten der alten Urselbachbrücke. Am Urselbach entlang fährt man zur Untermühle, dann aber wieder nach links in den Krautgartenweg und diesen immer entlang unterhalb des Chemischen Instituts zum Bonifatiusbrunnen (siehe Kalbach). Durch die Straße „Zur Krutzenkirche“ geht es rechts in die Olof-Palme-Straße. Dort liegt das Naturschutzgebiet Riedwiesen.

 

Die Riedwiesen bei Niederursel:

Mitten im Grüngürtel schneidet der landschaftsuntypische Müllberg, der aus dem hochbelasteten Erdreich und dem Bauschutt der Vereinigten Deutschen Metallwerke (VDM), früher Heddernheimer Kupferwerke, besteht. Er ist heute eine Beule ins Naturschutzgebiet Riedwiesen. Und obendrauf die Autos, Platz ist für 750 Stück in Baumwipfelhöhe. Die Dämme, die den Parkplatz einfassen,

Die VDM verarbeitete damals - unter Einsatz von Kriegsgefangenen - für Luftfahrt und Rüstungsindustrie Kupfer und Aluminium. Bis in die 70er Jahre hinein, wurden hier nur Fabrikabfälle gelagert. Als die VDM Anfang der 80er Jahre abgerissen wurde, landeten auch die 100.000 Kubikmeter Bauschutt hier und der Berg wuchs auf 15 Meter Höhe an.

Bodenproben auf dem ehemaligen Fabrikgelände ergaben, daß der Boden mit Schwermetallen, Dioxinen und Chlorkohlenwasserstoff verseucht ist - bei letzterem liegt der gemessene Wert vieltausendfach über dem zugelassenen Grenzwert. Als die versuchte Bodenreinigung scheiterte, wurde die Deponie Ende der 90er noch einmal geöffnet, um hier 250.000 Tonnen Erdaushub abzuladen. Dadurch wurde sie noch einmal um zehn auf 25 Meter erhöht und obendrein erweitert. Um hier einen Ausgleich zu schaffen, setzten die Naturschutzverbände durch, daß die Hinteren Riedäcker, die sich nördlich an das Naturschutzgebiet anschließen, aufgeforstet werden.

Der Müllberg bietet gleichwohl einen guten Überblick über das 20,5 Hektar große Naturschutzgebiet östlich von Niederursel. Direkt am Fuß des Hügels ist auf der Gemarkung „In den dürren Gärten“ ein Birkenwäldchen entstanden. Zur Nidda hin sind Wiesen erhalten, 5,2 Hektar, die der Botaniker Frischwiesen nennt, und die regelmäßig von Landwirt Thomas Huttendorfer aus Kalbach gemäht werden. Die Riedwiesen sind der letzte Rest der alten Nidda-Auen, die noch im vergangenen Jahrhundert als 600 Meter breiter Streifen kilometerlang rechts und links der Nidda einen Tummelplatz für die in Auwäldern typischen Tier- und Pflanzenarten boten.

Von einem Auwald war hier schon 1945 nichts mehr zu sehen. Ein Luftbild  beweist, daß die Nidda-Begradigung Anfang des Jahrhunderts „erfolgreich“ verhinderte, daß der Fluß regelmäßig über die Ufer trat. Aus feuchten Wäldern waren Frischwiesen entstanden, die mit Entwässerungsgräben für Landwirte als Grünland nutzbar gemacht wurden. Eine Reihe von Bombentrichtern, deren Verursacher offensichtlich die VDM verfehlt hatten, zeigt das 57 Jahre alte Bild inmitten einer baumlosen Graslandschaft. Als die Fläche 1983 unter Schutz gestellt wurde, war schon - ein weiteres Luftbild aus dem Jahr 1985 macht das deutlich - von alleine ein kleiner Wald entstanden.

Inmitten mehrerer Hektar weniger interessanter Frischwiesen sind nur noch Reste der klassischen und selten gewordenen Feuchtwiesen zu finden, auf denen der Botaniker sehr vereinzelt das für diesen Lebensraum typische Pfeifengras gefunden hat. Hier finden sich auch noch Weiden und Röhrichte. Schilf, Rohrglanzgras und Riesenschwaden. Weiß blüht das Mädesüß. Interessant für den Pflanzenfreund ist die feuchte Übergangszone zwischen Wald und Wiese. Wo der Landwirt nicht mäht, lugen Blüten des pinkfarbenen Sumpfstorchschnabel hervor, der auf Feuchtwiesenbrachen gedeiht, gleich neben dem lilafarbenen Wiesenstorchschnabel.

Aus den meisten einstigen Feuchtwiesen ist jedoch längst ein Wald geworden. In den ehemaligen Bombentrichtern hat sich Wasser gesammelt - Tümpel sind entstanden, in denen sich Grünfrosch, Erdkröte, Teichmolch und Grasfrosch zu Hause fühlen. Silberweiden wachsen haushoch empor. Hier sieht es ein bißchen aus, wie in einem klassischen Auenwald, dessen Charakterbaum die Silberweide ist.

Eine typische Auenpflanze ist die Brennessel, die vom Stickstoff lebt. Früher sei dieser reichlich entstanden, wenn der Fluß über die Ufer trat, dabei Blätter und Äste mit sich führte und die organische Fracht einfach liegenließ. Wenn sie sich im Sommer zersetzte entstand reichlich Stickstoff für die Nesseln.

Die von den Landwirten in der ersten Hälfte des letzten Jahrhunderts gezogenen Entwässerungsgräben sind noch immer da. Aus den Entwässerungsgräben hat Ingolf Grabow in den vergangenen Jahren in mühevoller Arbeit mit seinen Schützlingen aus den Praunheimer Werk­stätten, wo er im Brotberuf tätig ist, Bewässerungsgräben gemacht: Das Wasser, das aus Bornfloß- und Bonifatiusquelle am Riedberg und aus dem Mertonviertel ins Gebiet fließt, soll hier so lange wie möglich gehalten werden. Liebevoll haben Grabow und seine Leute kubikmeterweise Wackersteine angeschleppt und mit ihnen sechs naturnahe Sohlrampen angelegt, die dafür sorgen, daß sich das Wasser staut und nur langsam zur Nidda abfließt. Kleinstlebewesen und Fische können trotzdem passieren.

Schon ist der Grundwasserspiegel wieder gestiegen, doch Naturschützer Ingolf Grabow vom Naturschutzbund Nabu, der der offiziell eingesetzte Betreuer des benachbarten Naturschutzgebiets Riedwiesen ist. Er kämpft vor allem für den Lebensraum gefährdeter Vogelarten wie Wasserralle, Grünspecht, Habicht, Teichrohrsänger, Pirol, Sperber und Beutelmeise: Wenn der Riedberg wie geplant bebaut werde, könne die soeben wieder geöffnete Bornfloßquelle, die 60.000 Kubikmeter Wasser ins Gebiet bringt, schwächer werden. Als Ausgleich soll das Regenwasser vom Riedberg hierher geleitet werden - kalkuliert sind 27.300 Kubikmeter.

Schön ist es, daß die Trasse der alten Römerstraße am Riedberg nicht bebaut werden soll, sondern daß da ein Grünstreifen bleibt. Man sieht daran schon, daß man heute sorgsamer mit den Überbleibseln früherer Zeiten umgeht als noch vor 20 Jahren.

 

Über die Olof-Palme-Straße und die Hesse-Straße kommt man in die Dillenburger Straße und damit wieder an den Ausgangspunk der Rundfahrt.  Die Rückfahrt benutzt eine alternative Stre>Man kann aber auch geradeaus fahren zum Sandweg. Rechts-links geht es weiter in die Wingertstraße, links ein Stück die Wittelbacherallee hinauf und dann wieder rechts in die Habsburger Allee. An ihrem Ende geht es links den Röderbergwerk hinauf und den Carl-Heicke-Weg hinab zur Ostparkstraße. Dann fährt man am östlichen Rand durch den Ostpark bis zur Eisenbahn, Dort gibt es einen Weg nach links unter dem Ratswegkreisel hindurch. Durch die Riederspießstraße kommt man in die Kirchenallee. Rechts liegen die Sportplätze und der Abenteuerspielplatz. Geradeaus geht es durch den Riederwald. Alle Straßen haben Durchgänge zur Straße „Am Erlenbruch“.

 

 

 

Rundfahrt: Frankfurts nördlichste Dörfer

 

Hier liegen Orte mitten in Feldern und Wiesen, die - zumindest im Kern - ihren dörflichen Charakter bewahrt haben. Harheim, Kalbach, Nieder-Erlenbach, Nieder-Eschbach heißt der späte Zuwachs, den die Großstadt nach hinlänglichem Werben noch in den siebziger Jahren vereinnahmen durfte. Die Gebietsreform tat das ihre, um Zögerlichen wie beispielsweise Harheim die Entscheidung abzunehmen. Gemeinden, die nach den Richtlinien des Landes Hessen wenige Einwohner hatten, konnten danach nicht selbständig bleiben. Da halfen auch keine hochbeladenen Mistwagen mehr und auch keine dampfenden Jauchefässer der Bauern vor ihrem Rathaus, die Zwangsehe zu verhindern, die Eingemeindung wurde im Hessischen Landtag beschlossen.

Bis Ende der achtziger Jahre konnten Spaziergänger, die von Bad Vilbel am Erlenbach entlang zwischen ausgedehnten Feldern nach Nieder-Erlenbach und Harheim liefen, leicht den Eindruck gewinnen, weit weg von der Großstadt in ländlicher Abgeschiedenheit zu sein. Seit der Fertigstellung der Umgehungsstraße B 3a im Niddatal und Erlenbachtal hat sich durch die Trassenführung, Brückenbauten und neu angelegte Wege das Gesamtbild. zumindest im Flußbereich, doch etwas verschoben. Weiter draußen allerdings ist noch der topographische Wetterau-Charakter unverändert erhalten geblieben.

 

Ausgangspunkt ist Bad Vilbel. Man fährt über Bergen nach Bad Vilbel. Dort die Hauptstraße entlang und links unter den Schienen hindurch auf die Homburger Straße. Nach links biegt man in die Straße Sportfeld und in die Huizener Straße ab. Dort ist das Berufsbildungszentrum, wo man allerdings nur am Wochenende parken kann. Weiter geht es mit dem Fahrrad.

Am Ende des Schul- und Sportgeländes trifft man auf die Mündung des Erlenbachs, der  von der Taunushöhe unterhalb des Sandplackens herunterkommt. Dort biegt man rechts ab und kommt über die Bundesstraße 3a. Der Weg wechselt links-rechts über den Erlenbach und führt auf die Straße „Mühlengrund“ (anders als auf der Karte).

 

Massenheim

siehe Bad Vilbel

 

Nieder-Erlenbach

Nieder-Erlenbach  wird erreicht in der Bornstraße. Nach rechts biegt dann die „Alte Fahrt“ ab.

Ein kleines Gäßchen auf der rechten Seite ist gekennzeichnet durch das Schild „Zur Charlottenburg“. Dort fährt man hin und findet ein großes Haupthaus und zwei ebenso große Nebengebäude um einen großen Hof vor. Es handelt sich um das ehemalige von Lersnersche Schloß mit einem Park.

Nördlich liegt die Evangelische Kirche mit ihrem schlanken spätgotischen Westturm, dessen Schießscharten die einstige Wehrhaftigkeit nicht verleugnen können Im Jahre 1715 wurde sie renoviert. Schräg gegen über im Haus Nummer 27 steht das ehemalige Pfarrhaus von 1748, im Auftrag des Rates der Stadt Frankfurt errichtet.

Geradeaus kommt man auf ein altes Gebäude, das wohl schon mit zur ehemaligen Wasserburg der Herren von Glauburg gehört. Das Gelände ist rundherum mit einer hohen Mauer umgeben, aber völlig belegt von den Gebäuden der Anna-Schmidt-Schule. Rechts auf dem Schulhof steht das Herrenhaus mit verschiefertem Fachwerkobergeschoß aus dem 17. Jahrhundert mit einem Wappen.

An der Ecke zur Oberen Burgstraße steht die Bäckerei Treutel, ein großes Fachwerkhaus mit einer Torfahrt in der Oberen Burgstraße. Diese schöne alte Straße fährt man entlang und dann rechts herum in die Straße Alt-Erlenbach. Rechts ist das Rasthaus mit dem „Erlenbacher Schuh“, einem alten Längenmaß, daneben die Gaststätte „Alte Scheune“. Man fährt die Straße weiter und biegt am Ende links ab über die Homburger Straße zum  Aussiedlerhof „Auf der Steinritz“.

Den betonierten Feldweg muß man weiter fahren, weil die ursprünglich weiter südlich gelegene alte Römerstraße überackert ist. Auch der „Kästenbaum“ ist nicht erreichbar, sondern steht inmitten der Felder. Am Ende des ausgebauten Weges biegt man nach links ab und kommt zu dem Aussiedlerhof „Taunusblick“.

Noch gibt es in Frankfurt rund 95 Landwirte, die mit 4.000 Hektar fast ein Sechstel des Stadtgebiets bewirtschaften. 90 Prozent der fruchtbaren Lößböden werden ackerbaulich genutzt, das heißt, es gibt wenig Weiden und Wiesen, weil die Frankfurter Landwirte kaum noch Tiere halten. Jedes Jahr geben ein paar Betriebe auf. Die landwirtschaftlichen Flächen sind ungeheuer wichtig für den Grüngürtel. Nur die Landwirte pflegen die riesigen Flächen, aber leider kaum ökologisch. Gab es 1992 noch keinen Biobauern, zählt das Umweltamt heute fünf ökologisch wirtschaftende Betriebe. Im Jahre 1991 wurde für städtische Flächen ein Herbizid­verbot ausgesprochen. Es mußte nach dem Protest der Landwirte zurückgenommen werden. Es gilt aber weiterhin, wenn ein neuer Pächter eine städtische Fläche übernimmt. Inzwischen setzt die Stadt jedoch mehr auf die Kooperation mit den Landwirten. So gibt es seit zehn Jahren eine gemeinsame Arbeitsgruppe zum Thema umweltgerechte Landwirtschaft in Frankfurt.

Es empfiehlt sich dann, die Nieder-Erlenbacher Straße weiter zu fahren bis nach Nieder-Eschbach, denn die Feldwege weiter nördlich sind zu anstrengend.

 

Wanderung: Von Ober-Erlenbach entlang des Erlenbachs Richtung Nieder-Erlenbach, zur Sportanlage zum Schäferköppel mit seinem Windpark und seiner 115jährigen Roßkastanie. Nach Norden nach Petterweil. Von dort nordwestlich  Richtung  Burgholzhausen durch ein Wäldchen, das 1989 in Verbindung mit dem Bau der ICE-Schnellbahnstrecke angepflanzt wurde. Dann nach Süden am Erlenbach entlang vorbei an zwei ehemaligen Wassermühlen. Der bereits 1537 erstmals erwähnten Oberen Schlappermühle, in der die Burgholzhäuser Bierbrauer ihr Korn schroteten, und der Nadelmühle.

 

Nieder-Eschbach

Nieder-Eschbach liegt am Eschbach. Am Ortseingang fährt man - von der Nieder-Eschbacher Straße her kommend -  links um die Karl-Bieber-Höhe herum hinunter zur Straße „Am Sprudel“. Man biegt rechts ein und fährt dann links über die Brücke in die Glockenstraße. Dort trifft man auf die Kirche. Sie wurde 1617-18 (Jahreszahl am Turm 1617) nach Entwurf des Hanauers Konrad Roßbach unter Verwendung spätgotischer Architekturreste hinter mittelalterlichem Frontturm errichtet. Der Innenraum wurde1765-66 von dem Hanauer Baumeister Ludwig Hermann gestaltet. Vor der Kirche steht ein Dreimärker von 1786.

Nach links geht es in die Hauptstraße. Links steht ein altes Fachwerkhaus mit Wohnanlage. Man fährt geradeaus weiter in die Lehensgasse (Am Lehenweg), dann links und wieder rechts in den Kirschwiesenweg. Kurz vor dem Ende biegt man nach rechts in die Weimarer Straße in und dann wieder links in den Nieder-Eschbacher Stadtweg. Von diesem biegt nach rechts die Steinerne Straße ab, auf der man jetzt weiter fährt. Diese Straße wurde schnurgerade von den Römern anlegt als Verbindung zwischen Wiesbaden-Mainz, über die Niddabrücke zu den Kastellen Okarben, Friedberg und Echzell und zu in der Wetterau unterhaltenen Gutshöfen. Die Steinerne Straße, wie sie auch heute noch heißt, wurde später als Handelsstraße weiter benutzt, und ab 1231 zogen von hier die Wallfahrten nach Marburg zum Grab der Hl. Elisabeth. Die Straße führt heute an der U-Bahn-Linie entlang. Nach einem Linksschlenker um eine Anlage kommt man zur Station Bonames-Mitte.

Auf der Römerstraße in Nieder-Eschbach fand man Reste eines römischen Reiterstandbilds, dazu einen Silber- und einen Goldschatz.

 

Kalbach

Am Rande der Nidda-Aue bei Kalbach liegt eine legendenumrankte historische Stätte: die Bonifatiusquelle. Ein Steinkreuz und ein Gedenkstein, Bäume und Sträucher umgeben sie. Sie ist gelegentlich das Ziel von Prozessionen.

Im Alter von etwa 80 Jahren war Winfried-Bonifatius, der in England geborene „Apostel der Deutschen“, der Missionar der Friesen und Hessen, seit 746 Bischof von Mainz, in Sorge um sein Werk noch einmal nach Friesland gezogen. Er wurde dort am 5. Juni 754 ermordet. Seinen Leichnam überführte man rhein- und mainaufwärts bis Hochheim und durch die Wetterau nach Fulda ins Lieblingskloster des Bonifatius. Der Leichenzug benutzte im Main- Nidda- Gebiet die römische Militärstraße (Elisabethenstraße) und gelangte am Abend des ersten Tages in die Nähe von Kalbach, wo das Nachtlager eingerichtet wurde. Am anderen Morgen, so erzählt es die Sage, entsprang dort eine Quelle, die willkommene Stärkung vor dem Weiterzug in der sommerlichen Hitze bot. In frommer Erinnerung daran schenkte Walprahte aus dem Niddagau noch im 8. Jahrhundert dem Kloster Fulda eine Hofstatt in der Gemarkung Kalbach, eine Hufe und dazu den Acker, auf dem der Leichenzug geruht hatte und die Quelle entsprungen war.

Das Kloster Fulda errichtete dort ein Kreuz und dabei eine Kirche, die „Krutzenkirche“ (Auch an anderen Rastplätzen des Leichenzugs - so bei Sossenheim - waren Kreuze oder Kapellen errichtet worden). Im Jahre 1256 wird diese Kirche erstmals erwähnt. Sie entwickelte sich zu einer vielbesuchten Wallfahrtskirche und zur Pfarrkirche für umliegende Gemeinden. Auch ein Benediktinerkloster wurde hier erbaut (laut Gedenkstein). Nahebei stand der Galgen des Landgerichts Stulen bzw. Königstein. Die Krutzenkirche verfiel seit der Reformationszeit, um 1600 verschwanden alle brauchbaren Reste.

In den letzten Jahren interessierten sich die Archäologen für das Gebiet, in dem sie sich befindet. Die Flurnamen „Kreuzerfeld“ und „Am Galgen“ weisen auf eine bedeutsame Vergangenheit dieser Stätte. Ausgrabungen seit 1983 brachten die Grundmauern der romanischen Krutzenkirche (um 1050), Fundamentreste von zwei Altären, Pfostenspuren einer Empore und Grabstätten zutage. Man fand auch Reste eines Brunnenheiligtums aus dem 10./11. Jahrhundert, Pfostengruben einer Holzkirche um 800 und die Hofstatt eines freien Grundherrn aus dem 7. Jahrhundert.

Von der Bonifatiusquelle führt ein betonierter Weg nach Kalbach. Er heißt Bonifatiusweg und trifft auf die Talstraße (wenn man von Bonames zur Bonifatiusquelle will, kommt man über die Straße „Unterer Kalbacher Weg“ auf die Talstraße, aber der Weg ist doch ziemlich weit, eine Verbindung mit der Tour Heddernheim ist sinnvoller).

Im langgestreckten Kalbach ist nicht viel zu sehen außer der katholischen Pfarrkirche St. Laurentius, einer barocken Saalkirche, die 1765 geweiht wurde und eine Innenausstattung aus dem 17. und 18. Jahrhundert hat. Man fährt am Kreuz die Straße geradeaus weiter (nicht rechts herum) in die Straße „An der Bergstraße“. Diese führt ins Feld mit einer schönen Aussicht nach Frankfurt und zum Taunus. Nach links biegt man dann ab zu dem Reiterhof auf der Höhe. Wenn man sich den Weg über Kalbach ersparen will, fährt man gleich an der Boni­fatius­quelle hoch und dann links zu diesem Reiterhof.

Nach Westen geht es weiter, rechts liegt die Niederlassung der Ruhrgas, links die Gebäude der naturwissenschaftlichen Fakultäten der Frankfurter Universität. Dahinter geht es links-rechts in die Kreuzerhohl Richtung Niederursel.

 

 

Bonames

Bonames ist einer der ältesten Frankfurter Stadtteile. Es scheint schon eine römische Niederlassung gewesen zu sein, denn der Name könnte von „bona mansio“ (gute Poststation) herkommen. Urkundlich erwähnt ist der Ort zuerst in der Mitte des 11. Jahrhunderts bei einem Tausch mit dem Kloster Fulda. Das Hochstift Fulda legte wohl Wert auf den Besitz des Hofgutes Bonames, weil in der Nähe die Krutzenkirche stand, wo man mit dem Leichnam des Bonifatius rastete. Eine Pfarrei hat schon 1297 bestanden, die Kirche lag bei der Burg und wurde 1476 neu erbaut. Im Ort gab es auch eine Beginenklause, die ursprünglich bei der alten Kirche lag.

Im 12. Jahrhundert kam Bonames in den Besitz eines Rittergeschlechtes. Johann Faut von Bonames räumte der Stadt Frankfurt ein Vorkaufsrecht ein, das diese auch in Anspruch nahm, als der Ritter verschuldet starb. Die Befestigungsanlage wurde 1413 um den ganzen Ort gezogen mit einer Oberpforte und einer Unterpforte an der Nidda. Im Schmalkaldischen Krieg wurde der Ort 1546 von den Kaiserlichen  zerstört. Im Jahre 1579 brach ein großer Brand aus. Im Jahre 1632 besetzte Gustav Adolf den Ort. Die Burg wurde zwar noch einmal aufgebaut, aber 1834 auf Abbruch versteigert.

Man fährt links die Homburger Straße hinunter. Rechts liegt das Gasthaus „Zur Goldenen Gerste“. Etwas weiter unterhalb liegt links die Kirche. Hier ist schon im 13. Jahrhundert eine außerhalb der Ortsbefestigung gelegene Kirche nachweisbar. An ihrer Stelle ging 1476 -1478 die spätgotische Pfarrkirche hervor. Ab 1642 wurde die heutige barocke Saalkirche mit barocker Innenausstattung errichtet.

Unterhalb  der Kirche geht ein kleine Sackgasse nach links. Sie ermöglicht einen Blick auf das Metzler’sche Landhaus. In diesem Gebiet stand einst der mittelalterliche Saalhof von Bonames. Dann wurde dort Anfang des 18. Jahrhunderts ein barockes Gutshaus unter Einbeziehung des südöstlichen Eckturms der spätgotischen Ortsbefestigung errichtet (Jahreszahl 1784 über der Eingangstür unten an der südwestlichen Ecke). Der jetzige Bau wurde durch Umbau in repräsentativen Formen des Klassizismus um 1830 inmitten eines von Sebastian Rine angelegten Parks oberhalb des ehemaligen Flußlaufs der Nidda errichtet.

Weiter unten steht das Gasthaus „Zum Einhorn“. Wo die drei Straßen Alt-Bonames, Homburger Landstraße und Burghof zusammentreffen, steht in der Homburger Landstraße die alte Schmiede Westerfeld.

 Von dieser Kreuzung geht man nach Westen in die Straße „Am Burghof“. Sie macht einen großen Linksbogen um das Gelände einer früheren Niederungsburg, die der Familie der Schelme von Bergen gehörte. Die einzig erhaltene Skizze der Burg aus dem Jahre 1721 zeigt ein mehrstöckiges Wohnhaus mit einem runden Turm, umschlossen von einem Wassergraben. Eine Ringmauer ist nicht zu erkennen. Dicht neben einem Wirtschaftsgebäude (das teilweise über einem Graben steht) führt eine Brücke nach Nordnordosten über den Burggraben. Im Schmalkaldischen Krieg wurde die Burg 1546 niedergebrannt. Im Jahre 1834 wurde die Ruine auf Abbruch versteigert, 1874 verkaufte die Stadt Frankfurt das Gelände. Hier waren bis 1993 Gärten. Dann wurde alles noch einmal ausgegraben und dokumentiert, damit das Gelände bebaut werden konnte.

 

Die Straße führt zum Gelände des ehemaligen Hubschrauberlandeplatzes der Amerikaner. Hier ist ein Freizeitgebiet entstanden mit Gaststätte (das Tower Café hat die Hausnummer Am Burghof 55) und Skaterflächen, aber auch mit einem Naturschutzgebiet. Dazu hat man die Betonflächen aufgebrochen und teilweise unter Wasser gesetzt, so daß ein eine einzigartige Flora und Fauna entstanden ist.

Südlich vom Gelände verläuft die Nidda. Sie wird überquert von der der Robert-Gernhardt-Brücke. Hier steht das Grüngürteltier, eine fiktive Comicfigur. Sie wurde 2001 von Robert Gernhardt entworfen und dient als Sympathie- und Werbefigur. Philipp Waechter (nicht F.K.Waechter) hat daraus eine Bronzefigur gemacht, die hier aufgestellt wurde (auch auf einer Brücke am Flughafen und am MainÄpelhaus auf dem Lohrberg). Waechter hat eine ganze Serie von Objekten geschaffen, die am Grüngürtel-Rundwanderweg aufgestellt wurden, zum Beispiel der Pinkelbaum am Jakobiweiher und eine Eule.

Von  der Brücke geht man nach Osten über die Kalbach und zur Homburger Landstraße. Östlich der Homburger Landstraße geht es auf einer Brücke über den Altarm  der Nidda, der den früheren Verlauf der Nidda markiert. Er ist erst 2002 wieder durchgängig gemacht worden. Eine 15 bis 20 Meter lange Rampe wurde gebaut, die den Wasserspiegel senkt, den Fluß staut und so das Wasser in den Altarm drückt. Beim Nidda-Ausbau 1961/62 hatten die Planer die Bonameser Niddaschleife einfach abschnei­den lassen, um den Lauf des Flusses zu verkürzen, so daß ein unverbundener westlicher und östlicher Altarm der Nidda entstanden. Im Jahre 2002 wurden die beiden Altarme wieder miteinander verbunden und an die Nidda angeschlossen. Die  Baumaßnahme sollte rund 1,46 Millionen Euro kosten soll. Finanziert wird sie allerdings aus vorweggenommenen naturschutzrechtlichen Ausgleichsabgaben für das Neubaugebiet Bonames-Ost.

Der 1961/62 entstandene Altarm wurde damals rund um die Bonameser Niddabrücke auf einer Länge von 320 Metern mit Aushubmaterial aus der Nidda verfällt, so daß die Brücke trockengelegt und der östliche vom westlichen Altarm getrennt wurde. Schon 1996 wurde der westliche Altarm unter der Brücke hindurch um rund 80 Meter verlängert, so daß die malerische alte Steinbrücke nun wieder eine Wasserfläche überspannt statt - wie jahrelang - verwildertes Brachland.

Im zweiten Bauabschnitt wurden die beiden Altarme wieder miteinander verbunden. Damit diese wieder ständig von Wasser durchströmt werden, soll in der Nidda eine 15 bis 20 Meter lange Rampe gebaut werden, die den Wasserspiegel im Fluß senkt, diesen staut und so das Wasser in den Altarm drückt.

Davon erhoffen sich die Fachleute vom Eigenbetrieb Stadtentwässerung, daß die Wasserqualität in den zu Stillgewässern mutierten Altarmen künftig wieder besser wird. Auch soll die Verlandung des Altarms aufgehalten werden. Zwar kommen an den von Weiden, Erlen, Eschen und vor allem auch Ulmen bewachsenen Altarmen Tier- und Pflanzenarten vor, die im Niddatal selten geworden sind. Die Isolation des Biotops ist aus Sicht der Experten allerdings problematisch. Mit der Öffnung zur naturnah ausgebauten Nidda sollen die Lebensräume wieder aneinander angedockt werden. Der heute monoton strukturierte Altarm werde dadurch künftig wesentlich reicher ausgestattet sein. Nicht ganz unwesentlich für die Stadtentwässerung ist auch der erhoffte Hochwasserschutz durch die Anbindung der alten Niddaschleife.

 

Östlich der Homburger Landstraße geht es gleich hinter der Brücke nach links in den Nord­park und dann nach Norden über den Altarm. Der komplett von schillernd grünen Wasserlinsen überzogene Wasserspiegel bildet zusammen mit den Baumkronen einen grünen Tunnel. Aber trotz des Reizes, den sie ausüben, sind die Altarme artenärmer als die renaturierten Abschnitte der Nidda. Auch die Gewässerqualität ist im Fluß besser als in den nährstoffreichen Altarmen, in denen die Wasserlinsen, wenn sie absterben, dem Wasser Sauerstoff entziehen und damit den Tieren Probleme bereiten, die schon unter der Dunkelheit zu leiden haben, für die der dicke Linsenteppich sorgt.

Die heutige Nidda wurde in diesem Abschnitt schon renaturiert. Sie war einmal ein wilder Fluß: Noch zu Anfang des Jahrhunderts überflutete sie regelmäßig die Aue zwischen Bona­mes, Harheim und Berkersheim. Die Landwirtschaft brauchte aber Flächen, für Siedlungen mußte Bauland her: Man mußte diesen Fluß bändigen. Ernst Mays in den zwanziger und dreißiger Jahren gebauten Siedlungen in Heddernheim sind überhaupt erst möglich geworden, weil der Fluß zwischen Niddamündung und Eschersheimer Wehr zuvor in ein ausgebaggertes Bett gezwungen wurde. Die Böschungen waren mit Rasen bewachsen, und kein Busch durfte hoch kommen.

Der zweite Abschnitt des sogenannten Nidda-Ausbaus in den sechziger und siebziger Jahren zwischen Eschersheimer Wehr und der Mündung der Horloff war gerade abgeschlossen, als der Zeitgeist Anfang der achtziger Jahre allmählich wieder zurückruderte - weg vom Kanal, hin zur geschwungenen Flußlandschaft. Das Pilotprojekt „Nidda- Renaturierung“ war alsbald geboren und ein langer Streit mit den Landwirten vor Ort begann. Denn die waren nicht gewillt, sich auch nur von einem Quadratmeter zu trennen.

Nach dem Planfeststellungsverfahren konnte es 1993 endlich losgehen. Seitdem hat die Stadtentwässerung hier 100.000 Kubikmeter Material aus den Böschungen geholt, um künstliche Auen anzulegen, die zwischen Bonames und Harheim in verschiedenen Stadien des Bewuchses bewundert werden können: als wilder Wald am Berkersheimer Bogen, als Sandstrand mit kargem Pionierkraut, als buschiges Grün.

Vom Altarm geht es im Zickzack hoch auf den Hang. Der bequemere Weg führt links um das (nördliche) Sportplatzgelände herum, der kürzere rechts. Auf alle Fälle kommt man auf einen Weg, der nach Norden führt. Aber kurz vor der Fahrstraße biegt man rechts ab und dann wieder links auf einen betonierten Wirtschaftsweg, der in den Ort hinein führt,

 

Harheim

Harheim wurde 786 erstmals erwähnt. Unter den Karolingern war es Königsgut. Nachher waren die Erzbischöfe von Fulda und Mainz die Eigentümer, bis es dann an Nassau und Hessen-Darmstadt kam. Das Dorf war eine in sich gerundete Anlage, von einem Haingraben, Wall und Hecke umgeben. Daran hat sich über Jahrhunderte nichts geändert,  unter welchen Herren der Ort auch immer stand.

Gleich links am Eschbach lädt die urige Dorfgaststätte „Zum Goldenen Löwen” zur Einkehr. Seitlich am Gebäudegeviert vorbei bringt die Straße Alt Harheim  - gesäumt von giebelseitig stehenden kleinen Häuschen, einst eine in sich gerundete Dorfanlage - zum Marktplatz.

Wieder zur Brücke zurück, quert man die Nidda und läuft rechts weitet; nun mit Blick auf Berkersheim hinauf. Am ersten links abzweigenden Weg, unübersehbar an der hohen vierstämmigen Linde, biegen wir links ein, unterqueren die Gleise, gehen die Straße Im Wiesengarten hinan und weiter deren Fortsetzung Am Herrenhof.

Fast am Ende findet man, etwas versteckt, den Eingang zur evangelisch-lutherischen Michaelskirche, eine kleine Kostbarkeit im „Bauernbarock”. Die Hanauer hatten 1545 die lutherische Reformation eingeführt, aber 1595 das reformierte Bekenntnis nach dem Motto „Cuius regio, eius religio”. Als durch Erbteilung 1639 ein Teil von Berkersheim an das Geschlecht der Schelme von Bergen fiel, nahmen diese den lutherischen Glauben an, was den Bau der Michaelskirche zur Folge hatte. Sie selbst lebten im „Höfchen” (Untergasse 13) wovon noch Teile sichtbar sind. Über die spitzgiebeligen Häuser in der Straße sagt man, sie seien von reformierten, die mit abgeplattetem Giebel von lutherischen Einwohnern erbaut worden.

Die Straße „Am Herrenhof“ mündet in eine Kreuzung. Links die Gastwirtschaft „Zum Lemp”, bekannt als dörfliche Einkehr seit fünf Generationen. Oberhalb von ihr beginnt die Straße „Am Honigberg“, der man bis zum Ortsende folgt, und setzt dort aus der Kurve geradeaus „Am Hohlacker“ den Weg fort. Mit freier Sicht über das Niddatal, Wetterau und Taunus kommt man schließlich auf dem alten Berkersheimer Weg zum Bad Vilbeler Südbahnhof zurück (Rhein-Main, 167).

Von der Spitzenstraße biegt man nach links in die Philipp-Schnell-Straße. Kurz hinter der katholischen Jakobuskirche biegt man links ab in die Straße Alt-Harheim. Am Anfang steht ein Platz mit einem Kruzifix und modernen Häusern. Am anderen Ende der Straße stand am Eschbach das Untertor. Nach links geht es in eine Anlage, die frühere Bleiche des Ortes, in dem es viele Weber gab. Es folgt ein Kreuz aus dem 18. Jahrhundert, an dem an Fronleichnam die Prozession Halt macht. Der Ort ist offenbar mehrheitlich katholisch (Die evangelische Kirche von 1561 ist in der Straße Am Wetterhahn im Norden des Ortes).

Von der früheren Untermühle sind keine Reste mehr zu sehen. Aber wenn man über den Steg in Richtung Bürgerhaus geht, ist rechts eine ganz kleine Kapelle von 1763 und dabei ein Sühnekreuz und eine Sammlung alter Grenzsteine.

Auf der anderen Seite des Eschbachs fährt man durch die Straße „In den Schafgärten“ wieder zurück auf die Hauptstraße, die jetzt „Maßborner Straße“ heißt. Auf ihr fährt man ein Stück links und dann nach rechts in die Keltenstraße. Dort geht es geradeaus auf dem Fußweg zum Römerbrunnen. Dieser ist ein kleines, in Stein gefaßtes Rinnsal in einer kleinen Anlage, von monumentalen Steinen eingerahmt. Die Katholiken nennen die Quelle „Jakobusbrunnen“ und feiern dort Feste. Man fährt durch die Anlage und unterhalb der Gärten bis zum Harheimer Stadtweg.

Nach links kommt man zur Niddabrücke, wo der Eschbach in die Nidda mündet. Von der Brücke aus kann man sehen, daß ein natürlicher Fluß nicht gleichmäßig fließt wie ein Kanal, sondern mal träge dahin schwappt und mal hurtig über flache Kiesel strömt. Wenn die Fließgeschwindigkeit klein ist, bleibt Schlamm liegen, ist sie groß, nur große Brocken. In schnell fließenden Bächen leben andere Tierarten als in trägen Gewässern. Um die unterschiedlichen Fließgeschwindigkeiten auf relativ kleinem Raum hinzukriegen, haben die Ingenieure eine große Betonnase geschleift, die an der Mündung des Eschbachs zuvor jahrzehntelang regulierend in die Mitte des Flusses ragte.

Das Kleingetier, das hier wieder einen Lebensraum gefunden hat, filtert die Dreckstoffe aus dem Wasser. Die Gewässergüte im 90 Kilometer langen Fluß, von denen 18 Kilometer auf Frankfurter Gemarkung liegen, hat sich deutlich verbessert in den vergangenen 20 Jahren.

Die Brücke befindet sich im Berkersheimer Bogen. Hier, wo früher eine Böschung kahl in den gezähmten Fluß fiel, ist in weniger als zehn Jahren ein zehn Meter hoher Wald aus Weiden und Erlen entstanden. Im Jahre 1997 bescheinigten Umweltexperten bei einer ökologischen Bewertung ein gelungenes Projekt: mehr Arten, eine höhere Artendichte und Artenmischung.

Die höhere Strukturvielfalt des Ufers hat in kürzester Zeit zu mehr Artenvielfalt geführt: Typische Ufer- und Wasserarten wie Teichrose, Pfeilkraut, Kamm-Laichkraut, Igelkolben und Sumpfkresse sind wieder heimisch geworden. Und auch die so genannte Pioniervegetation, die zuvor in dieser Ausdehnung und Vielfalt an der Nidda nicht vorkam, hat auf den zeitweise überschwemmten Schlammboden wieder Räume bekommen: Schwarzfrüchtiger Zweizahn, Spießblättrige Melde, Wasserpfeffer und Gift-Hahnenfuß.

Auch die Zoologen werten die begonnene Renaturierung als Erfolg: sie zählten 52 Vogelarten. Erfreulich sei die Sichtung eines Teichrohrsänger-Brutpaars, der in Röhrichten siedelt und deshalb erst an der umgebauten Nidda einen Lebensraum findet. Auch die gefährdeten Arten Kuckuck, Feldschwirl und Dorngrasmücke wurden gesichtet. Der Rückgang des anpassungsfähigen Rotauges läßt auf eine verbesserte Wasserqualität schließen.

Aber: Die durch das Eschersheimer Wehr bedingte Stauung des Flusses habe zur Folge, daß das Artenspektrum der Fischfauna und der am Gewässerboden lebenden Insekten für einen Fluß untypisch ist, weil strömungsliebende Arten weitgehend fehlten. Die Artenzusammensetzung erinnert an ein Stillgewässer.

Eines der Ergebnisse der Arbeitsgruppe ist das Uferrandstreifen-Programm: 30.000 Mark stehen jährlich zur Verfügung, um Landwirte zu verlocken, am Niddaufer auf Ackerbau mit Einsatz von chemischen Mitteln zu verzichten und stattdessen auf extensive Wiesennutzung umzusteigen. Auf das Prinzip positive Verstärkung statt Verbot setzt auch das Förderprogramm für Pflege und Neupflanzung von Streuobstwiesen (Frankfurt I, Seite 82; Frankfurt II, Seite 62).

Zwischen Harheim und Nieder-Eschbach  direkt am Nieder-Eschbacher Stadtweg befindet sich eine Furt über den Eschbach. Sie liegt da, wo die römische Steinstraße den Eschbach querte. Diese Steinstraße führte ab dem ersten Jahrhundert nCh von Mainz-Kastel zu den römischen Limeskastellen in Okarben und Echzell in der Wetterau. Der Sage nach benutzte ein riesiger Leichenzug im Juli 754 die Eschbachfurt bei der Überführung der Gebeine des Heiligen Bonifatius von Mainz nach Fulda. Die Furt ist heute von beiden Seiten zugänglich und wird von Landwirten, Pferden und Badelustigen gleichermaßen genutzt.

 

Berkersheim

Berkersheim ist der kleinste Stadtteil in Frankfurts Nordosten. Für die Heimatforscher besteht kein Zweifel, daß der Gemeindenamen an einen „prächtigen Jüngling”, Berthgisil, erinnert. Von ihm heißt es, er habe sich Ende des 8. Jahrhunderts im Niddagau verirrt. Ihm gefiel die Landschaft so sehr, daß er blieb und sich auf einer kleinen Anhöhe über der Nidda niederließ. Die Wohnstätte nannte er nach sich selbst: „Berchgisisheim“. Offiziell erscheint der Name erstmals 795 im Lorscher Codex. Das heißt, der bereits in prähistorischer Zeit besiedelte Flecken kann auf über 1200 Jahre überlieferter Geschichte zurückblicken.

Obrigkeitsherren gab es in dieser langen Zeit viele: die Falkensteiner, die Schelme von Bergen, der Deutschherrenorden und schließlich über drei Jahrhunderte die Grafen von Hanau. Darüber hinaus hatten die Kirche, niederer Adel und reiche Frankfurter Familien in Berkers­heim Besitz. Der Ort war von jeher landwirtschaftlich geprägt. Trotz Eingemeindung nach Frankfurt 1910 und dem Anstieg der Einwohnerzahl von 400 auf mehr als 2.000 wirkt er noch immer dörflich. Das macht seinen Reiz aus.

Hier wird Berkersheim in eine Niddawanderung eingebunden. Ausgangsort ist der Südbahnhof Bad Vilbel. Vom Bahnsteig aus quert man die Fußgängerbrücke, nimmt nach links den Treppenabgang zum Querweg, folgt diesem rechts zum Niddasteg und setzt drüben links, flußabwärts den Weg fort. Hier darf die Nidda, gesäumt von alten Bäumen, ihre Schleifen ziehen. Im Biotopbereich der Erlenbachmündung ist ein kleiner Schlenker notwendig, nach rechts zur Schutzhütte, dort links, an der nächsten Wegekreuzung abermals links kommen wir wieder ganz nahe an die Nidda. Die B 3 wird unterquert. Sportplätze werden sichtbar, dahinter taucht aus einer Senke Harheim auf, historisches Pendant zu Berkersheim, bemüht, seinen eigenständigen Charakter zu wahren. Vor der Niddabrücke rechts lohnt sich ein Abstecher in den Ort (Rhein-Main, 167).

Die Verzahnung von Landwirtschaft und Kulturlandschaft ist kaum besser zu sehen als in Berkersheim, dem kleinen Dorf, das schon 795 urkundlich erwähnt wurde. Zu seiner reformierten Kirche erhielt es 1690 noch eine lutherische Kirche. Erst 1910 wurde es von der großen Stadt Frankfurt eingemeindet. Wer hier auf der Höhe durch die Felder streift, mag sich fühlen wie auf dem Lande und hat doch die Türme der Stadt ständig im Blick. Wenn die Berkersheimer gerade in Laune sind, zeigt sich eins der rund 200 hier beheimateten Pferde vor der Kulisse der Stadt.

Volker Illig, der einzige Vollerwerbsbauer in Berkersheim, baut 24 Hektar Weizen an, zwölf Hektar Zuckerrüben, ein bißchen Hafer, Kartoffeln und Luzerne. Er nutzt immerhin acht seiner 50 Hektar als Grünland, den größten Teil davon als Streuobstwiesen, zur Freude der Grüngürtelprojektgruppe, die diesen Lebensraum für zahlreiche Tier- und Pflanzenarten auf so vielen Flächen wie möglich erhalten will. Nur neun Hektar gehören der Familie, der Rest ist von der Stadt gepachtet.

Berkersheim erstreckt sich auf dem Hang. Man bleibt aber auf dem nördlichen Niddaufer. Der Uferweg ist asphaltiert, wird entsprechend von Fahrradfahrern frequentiert. Buschwerk und Bäume säumen gelegentlich das Ufer. Links schweift der Blick bis zu den Taunushöhen. Der Weg knickt vor dem Erlenbach nach links ab und nach rechts geht es dann wieder in die Huizenstraße und zum Berufsbildungszentrum

 

 

Autofahrt durch den Norden Frankfurts

In Bad Vilbel nach Norden, unter der Eisenbahn hindurch in die Homburger Straße. In Massenheim Abstecher nach links in die Hainstraße zur Kirche. Weiter nach Nieder-Erlenbach. Rechts ab (nicht: Alt-Erlenbach) in den Erlenbacher Stadtweg und gleich rechts in die „Hohe Brück“, links „Alte Fahrt“ und rechts „Obere Burgstraße“ ins Ortszentrum. Wieder zurück und auf der Straße „Alt-Erlenbach“ weiter. Nach links geht es in die Nieder-Eschbacher Straße, nach Nieder-Eschbach, durch den Ort hindurch und links in die Homburger Landstraße nach Bonames (geradeaus fahren, nicht nach rechts dem Wegweiser „Frankfurt“ folgen). Parken auf dem Parkplatz links hinter dem Bahnübergang, nachdem man erst um den ganzen Platz herumgefahren ist. Zu Fuß die Homburger Straße weiter (Rechtsknick) und über die Straße „Alt-Bonames“ zurück.

Vom Parkplatz dem Wegweiser „Kalbach“ folgen durch den oberen Kalbacher Weg nach Kalbach, am Ortseingang links in die Bonifatiusstraße (auch wenn diese für Autos gesperrt ist) zum Bonifatiusbrunnen. Dort nach unten fahren und rechts an der U-Bahn entlang, rechts in die Dillenburger Straße und  an deren Ende links-rechts zum Nordwestzentrum (Rosa-Luxemburg-Straße geht nicht, aber eventuell Alternativstre>Nach Süden weiter auf dem Praunheimer Weg nach Praunheim und dem Wegweiser „Nord-West-Zentrum“ folgend in die Straße „Steckborn“. Am Nord-West-Zentrum rechts in die „Emil-Kahn-Straße“ und nach links in die Straße „In der Römerstadt“. Am Ende nach rechts und dann nach links in die Straße „Alt Heddernheim“. Am Ende links in die Dillgasse, wieder links in die Brühlsgasse und rechts in die Nassauer Straße, Dann wieder rechts  und in Richtung „Innenstadt“ rechts an der Maybach-Brücke vorbei.

Die Eschersheimer Landstraße nach Süden (Weißer Stein, Lindenbaum). Das Linksabbiegen ist erst wieder in der Hügelstraße möglich (aber mit einem Rechtsbogen). Nach links in die Jean-Monnet-Straße (Siegmund-Freud-Straße geht schlecht wegen Einbahnstraßenregelung), bis unter der Autobahn hindurch, nach rechts in die Homburger Landstraße. Wieder unter der Autobahn hindurch und nach rechts in die Gießener Straße. Dann links in die Weinstraße in den Ortskern von Preungesheim. Nach rechts wieder in die Homburger Landstraße (unten rechts Bildstock) und gerade zur Friedberger Warte. Dort Geradeaus-Spur Richtung Bad Vilbel.

 

Mögliche Autofahrt nach Höchst:

Autobahn bis Ludwig-Landmann-Straße und rechts ab in den Rödelheimer Parkweg nach Rödelheim.. Dort rechts ab durch die Straße „Auf der Insel“ und Lorscher Straße. Nach links in die Eschborner Straße, wieder links in die Straße „Am Seedamm“ und nach rechts über „Gaugrafenstraße“ und „Westerbachstraße“ nach Sossenheim. Auf der Kurmainzer Straße nach Höchst. Am Ende dieser Straße nach rechts , dann wieder links in die Zuckschwerdt­straße, unter der Bahn hindurch und geradeaus zum Bolongaropalast. Mainabwärts liegen Justinuskirche und Schloß. Rückfahrt über die Mainzer Landstraße.

 

 

 

Osten

 

Siedlung am Marbachweg

„Wir waren wie eine große Familie“, sagt Else Fuchs über die Beziehungen zu ihren Nachbarn. Es war eine vielköpfige Familie in lauter kleinen Häuschen, damals, 1938. Heute ist die 86‑Jährige als letzte „Ureinwohnerin“ übriggeblieben in der „KdF‑Siedlung“ am Marbach­weg. Die Siedlung mit den hübschen Häuschen mit Gärtchen ist eine von ursprünglich 17, die in den dreißiger Jahren unter dem Namen „Kraft durch Freude (KdF)“ auch im Stadtgebiet Frankfurt errichtet wurden. Es war dies der Name der „NS‑Gemeinschaft für die Freizeit und Erholung des deutschen Arbeiters“. Der Name ‑ angeblich von Adolf Hitler selbst geprägt ‑ wurde am 2. Dezember 1933 durch Anordnung des „Führers der Deutschen Arbeitsfront“, Robert Ley, bekanntgegeben. KdF sollte den deutschen Arbeiter nicht nur in erholsame Ferien schicken, sondern auch für seinen Wohnkomfort sorgen.

Und das nicht ganz uneigennützig, hatte doch schon im April 1935 der saarländische Großindustrielle Hermann Röchling in einem Vortrag in Berlin erkannt: „... daß bei der gewerkschaftlichen Organisierung der Bergleute etwa 95 Prozent der Hausbesitzer in den Christlichen Gewerkschaften sich zusammengefunden hatten, während die Bergleute ohne Hausbesitz fast sämtlich den marxistischen ( ... ) Verbänden angehörten.“ Ein Gedankengang, den wenige Wochen später der Frankfurter Baustadtrat Niemeyer in einem Brief an Oberbürgermeister Krebs aufgriff. Es sei erforderlich, unsere rassisch wertvollsten Arbeiter aus den Altstadtgebieten und Mietskasernenvierteln herauszunehmen und sie ( ... ) in neuen Siedlungen anzusetzen, die eine Verankerung mit der Landschaft ermöglichen und damit eine dauernde Verbindung zum Boden und zum Volk sichern“.

Es sollte noch einige Jahre dauern, bis der Idee die Tat folgte. Probleme gab es vor allem mit der Finanzierung ‑ für den deutschen Arbeiter war bei einem vorgesehenen Eigenkapital von 700 Reichsmark die Finanzierung eines rund 20.000 Mark teuren Hauses auch mit einem staatlichen Darlehen schwer. Aber 1937 entstanden auch in Frankfurt KdF-Siedlungen. Im  Jahre 1938 begann am Marbachweg der Einzug. Es waren nicht die Arbeiter aus den Mietskasernenvierteln, sondern - so auch bei der vierköpfigen Familie von Else Fuchs - Angestellte und Selbständige. Zuvor hatte man eine große Vierzimmerwohnung an der Großmarkthalle bewohnt.

Das neue Häuschen war für heutige Verhältnisse einfach eingerichtet, aber komfortabel. Wohnzimmer im Erdgeschoß, mit Zugang zum kleinen Garten, im ersten Stock mehrere kleine Schlafzimmer. Den Dachausbau mußte man selbst besorgen. Waschküche im Keller, Strom‑ und Gasanschluß ‑ was damals noch nicht überall in Deutschland selbstverständlich war; Ofenheizung vervollständigte die Energieversorgung. Der pure Luxus: eine elektrische Klingelanlage. Die Bauherrin Gagfah („Gemeinnützige Aktien‑Gesellschaft für Angestellten‑Heimstätten, Essen, Hermann‑Göring‑Straße 30/34“) legte in der Hausbeschreibung Wert auf Details: „Hinter Herd und Spülstein werden weiße Wandplatten (vier Platten hoch) angebracht, einschließlich Seifenschale und Spülstein.“

Daß die Bauten „von guter deutscher“ Qualität waren, merkte Else Fuchs, als sie nach dem Krieg eine Zentralheizung einbauen ließ. Da hatten die Handwerker ihre liebe Mühe, die Wände aufzubrechen. Da sah es Else Fuchs dann auch nach, daß es ihr im kalten Winter 1939/40 den Schnee ins noch nicht ausgebaute Dachgeschoß geweht hatte. Trotz Modernisierungen und Umbauten ist in Else Fuchs’ Häuschen noch viel von der ursprünglichen KdF‑Struktur zu erkennen, vom original Holztreppengeländer bis zum Vorkriegs‑Stragula auf dem Fußboden.

 

 

Bergen-Enkheim

(siehe auch Hanau Kreis, Bergen-Enkheim)

 

Nahe der heutigen Deutschen Buchhändlerschule, unmittelbar unterhalb der Wilhelmshöher Straße, stand bis zu ihrem Abbruch im Jahre 1757 die ehemalige Bergkirche von Seckbach. Dies haben die Recherchen des Seckbacher Heimatforschers Dieter Zeh ergeben. Anhand der ihm vom Pariser Armeemuseum zugesandten Kopien einer aquarellierten Tuschezeichnung und eines alten Gemäldes, das die 1759 ausgetragene Schlacht von Bergen zeigt, gelang es Zeh, den Standort der Kirchberger Kirche, die ihre Nachfolgerkirchen in Bergen, Enkheim und Seckbach an Größe weit übertroffen haben soll, bis auf wenige Zentimeter genau zu bestimmen.

Der Heimatkundler, der die Ergebnisse seiner einjährigen Nachforschungen im Jahre 2006 im Heimatmuseum Bergen-Enkheim präsentierte, verglich Akten des Marburger Staatsarchivs, die den zwischen 1749 und 1763 entstandenen Schriftverkehr um den 1757 vom Landgrafen Wilhelm von Hessen genehmigten Abbruch des Gotteshauses enthalten, mit den Pariser Darstellungen. Die aus den Dokumenten hervorgehenden Flurnamen „Am Alten Kirchhof” und „Hinter der Kirche” bezeichneten ein Areal, das auf dem Tuschebild des Künstlers Charles Cozette als heller, ein Quadratzentimeter großer Fleck inmitten dichten Baumbestandes erscheine. „Der Zeichner, der nie in Bergen war und sein Werk nach einem Generalstabsplan der französischen Armee anfertigte, hat hier die Abbruchruine der alten Bergkirche dargestellt", ist Zeh sich sicher. Seine Informanten müßten dem Künstler von dem abgerissenen Gotteshaus berichtet haben, was nicht verwundere. „In Bergen erzählte man sich, daß die französischen Gefallenen an der Kirchberger Kirche beigesetzt wurden.”

Dieter Zeh hat indes nicht nur den genauen Standort der Kirche ermittelt, sondern auch Hinweise bezüglich ihrer Bauweise und ihres Erscheinungsbildes gesammelt. Abermals hätten sich die Marburger Akten als hilfreich erwiesen, zumal der Abriß der Kirche seinerzeit genau dokumentiert worden sei. Das Baumaterial nämlich Schiefersteine, Basalt- und Sandsteinquader  sollte wieder verwendet werden. „Die 1966 abgerissene Peterskirche, die in Höhe der heutigen Bushaltestelle Draisbornstaße stand, wurde ausschließlich mit Materialien der Kirchberger Kirche errichtet.”

Zehs Recherchen zufolge hatte der Chor eine Außenlänge von elf Metern; die Außenlänge des Kirchenschiffes schätzt der pensionierte Sprachwissenschaftler auf rund 22 Meter. Das auf dem Grund der 1178 erstmals urkundlich erwähnten Pfarrei Kirchberg stehende Gotteshaus, das im Mittelalter den Namen „St. Elisabeth” trug, habe es auf elf Meter aufsteigendes Mauerwerk gebracht, die Mauern des später an die Kirche angebauten, sechs Stockwerke hohen Turmes hätten mindestens 24 Meter in die Höhe geragt. Auch über zahlreiche architektonische Details gäben die Marburger Akten Aufschluß. So habe sich die Sakristei unter dem Dach befunden.

Wie auch immer die Bergkirche, die zur Zeit der Pest 1349/50 zur Wallfahrtskirche wurde, aber im Detail ausgesehen hat. Zeh ist sich sicher, daß es sich bei dem ab 1737 zunehmend baufälligen Gebäude um ein prachtvolles Gotteshaus gehandelt hat. Der Seckbacher Zentgraf Hans Conrad etwa habe in einem Schreiben aus dem Jahr 1613 von den „schönen Mustern und Formen” der Bergkirche geschwärmt, die „jederzeit ein sonderlich Wohlgefallen tragen”. Und der reformierte Pfarrei Johann Philipp Petri begeistert sich 150 Jahre später, „daß die Alten eine Hauptkirche auf dem Land vereint gebaut”.

 

Enkheimer Ried:

Der Riedteich ist ein verlandeter Altarm des Mains. Die Mainschlinge führte ursprünglich am Berger Hang entlang und versumpfte später. Als der westliche Abfluß abgeschnitten wurde, verlande­te er langsam. Es entstand eine fünf Meter dicke Torfschicht, die zwischen 1829 und 1864 teilweise abgebaut wurde. Wieder begann das Ried zuzuwachsen und zu verlanden. Dieser Prozeß wurde erst unterbrochen, als zwischen 1884 und 1924 die Firma Eis‑Günther begann, hier Natureis zu ge­winnen. Sie ließ die gesamte Fläche des heutigen Naturschutz­ge­biets fluten, so daß ein riesiger See entstand.

Immer im Sep­tember wurden Schilf und Wasser­pflanzen entfernt, um möglichst sau­beres Eis zu gewinnen, das im Winter mit Eispflügen in meterbreiten Tafeln gestochen wurde. Das Eis wurde in Hallen gelagert und im Sommer zum Kühlen benutzt. Als man 1924 zum Kunsteis überging, geschah das zu Lasten des Rieds: Weil aus dem Wei­her nicht mehr regelmäßig die Biomasse in Form von Wasserpflanzen rausgeholt wurden, unterstützte das die fortschreitende Verlandung. Seit dieser Zeit waren es zunächst zwei Riedteiche, doch ihr biologischer und ökologischer Wert nahm mit der Zeit eher ab: Verschiedene Einleitungen ließen vor allem den westlichen Riedteich „zum Himmel stinken“. Eine Starenplage sorgte bei Anwohnern für Verdruß.

Das Enkheimer Ried steht seit 1937 (oder 1935) unter Naturschutz. Damals umfaßte das Naturschutzgebiet eine Fläche von 8,63 Hektar. Aber die Vernachlässigung während des Zweiten Weltkriegs führte dazu, daß das Ried immer mehr verlandete und Ende der fünfziger Jahre praktisch kein feuchtes Gebiet mehr war. Im Jahre1958 war das Ried zu 99 Prozent verlan­det. Nur eine Radikalkur half damals.

Um das Jahr 1960 wurde der westliche Riedteich schließlich trockengelegt und zuge­kippt, es entstanden dort die heutigen Sportanlagen. Zwei­mal wurde aber östliche das Feuchtgebiet bis 1969 ausgebaggert und entschlammt. Einmal holten die nicht zimperlichen Ried‑Retter 38.000 Kubikmeter Schlamm und 38.000 Quadratmeter Schilf aus dem Weiher, ein anderes Mal 50.000 Kubikme­ter Schlamm.

Seither wurde der alte Teil des Naturschutzgebiets nicht mehr groß angefaßt. Ein Auenwald und Schilfzo­nen bildeten sich, die Vegetation konnte sich frei entfalten. Hier darf ein Baum so alt werden, bis er stirbt. Rund14 Hektar sind eingezäunt, es gibt keinen direkten Zugang. Mit der Zeit wird der östliche Riedteich verlanden, doch die hohe Wasserqualität verlangsamt diesen Prozeß.

Im Jahre 1973 wurde das Ried vergrößert auf 15,44 Hektar. Im Jahre 1986 beantragte die  Arbeitsgemeinschaft „Heimischer Orchideen“ die Gebietserweiterung nach Osten. Ein Gutachten von Bönsel (1992) belegte die Schutzwürdigkeit der Erweiterungsfläche. Das Naturschutzgebiet „Enkheimer Ried“ wurde darauf mit der Verordnung vom 6. Oktober 1995 nach Osten unter Einbeziehung von Teilen des Tränkebachtals in Bi­schofsheim auf eine Gebietsgröße von 28,23 Hektar erweitert.

An Tieren finden sich Kormorane, Haubentaucher oder die Knäk-Ente. Dazu Brutvögel

wie Beutelmeise, Teichrohrsänger und Gelbspötter, alles bedrohte Vögel von der Roten Liste. Ebenfalls schüt­zenswert sind die Fischarten Moderlieschen, Hecht und Dreistachliger Stichling.  Außerdem gibt es die Gebänderte Prachtlibelle, die Erdkröte und den Teichfrosch, sowie Käfer und Amphibien.

Von internationaler Be­deutung ist das Enkheimer Ried durch den in ganz Westeuropa einzigen, sich selbst vermehrenden Bestand an Europäischen Sumpf­schildkröten, der allerdings nur noch aus knapp zehn Exemplaren besteht und vom Ausster­ben bedroht ist. Zu sehen bekommt man die Tiere allerdings nicht, erstens sind sie sehr rar, zweitens menschenscheu und drittens sehr ruhebedürftig. Am westlichen Ende des Teichs gewährt eine kleine Lich­tung mit einer Plattform einen kurzen Einblick in das Ried­-Reich der Sumpfschildkröte. Eine „künstliche Düne“ mit lockerem Substrat hat die Obere Naturschutzbehörde hier anlegen lassen, um die seltenen Tiere, die bis zu 130 Jahre alt werden, zum Eierle­gen zu animieren. Im Jahre 1986 schlüpf­ten hier letztmals Jungtiere.

Einer Diplomarbeit ist es zu verdanken, daß man über die Herkunft der Sumpf­schild­kröte nun Genaueres weiß: Durch kriminologisches „Finger‑Printing“, Blutproben, DNA‑Analysen und der Un­tersuchung fossiler Schildkrötenpanzer aus dem Berger Heimatmuseum ist es der Studentin Sylvia Hanka gelungen, die überwiegend südeuropäische Herkunft der Sumpfschild­kröte zu belegen.

 

Die Monate Mai bis Juli sind die gefährlichs­ten für Hessens Schildkröten. Sie leben fast ihr ganzes Leben im Wasser, hier schlafen und fressen sie und verbringen sogar den Winter. Aber jetzt ziehen sie, von ihren Instinkten ge­leitet, oft für vie­le Tage an Land. An Land aber lauern zahlreiche Gefahren. Manche Tiere werden Opfer des Straßen­verkehrs, der die kleine hessische Popula­tion weiter ausdünnt. Mehrere Exemplare wurden bereits in Ortschaften oder am Rand verkehrsreicher Straßen aufgefun­den.

Die Ursachen für das Wanderverhalten der urzeitlichen Panzerträger sind vielfältig. Vor allem die Weib­chen suchen meist an Land geeig­nete Eiablagestellen. Hier legen sie bis zu 16 Eier, die von der Sonne ausgebrütet werden. Da Brutplätze immer seltener in Gewässernähe zu finden sind, wandern die Tiere im Juni und Juli lange Strecken über Land, um geeignete Stellen zu finden. Be­reits ab Mai wandern männliche Tiere manchmal mehrere Kilometer weit auf der Suche nach neuen Lebensräumen oder Weibchen, denn die heimische Population ist bereits so ausgedünnt, daß sich die Ge­schlechtspartner kaum noch begegnen.

Insgesamt sind es vier Schildkrötenarten, die im Enkheimer Ried heimisch gewor­den sind. Die Hauptpopulation sind die aus Nordamerika stammenden Rotwangenschildkröten, die den Weg aus Frankfurter Aqua­rien ins Ried gefunden haben. Das sehen aber die Natur­schützer gar nicht gern, da sie die anderen verdrängen. Aufgeschüt­teter Sand für Sonnenplätze und gefällte Pappeln dienen aber immer auch den amerikanischen Zu­wandern. Eine weitere Gefahr ist überzogene Tierlie­be, gepaart mit Unwissen. Viele der Wild­tiere werden bei Wanderungen auf­gesammelt und von den Findern für ent­laufene Terrarientiere gehalten. Oft lan­den die Findlinge dann im privaten Gar­tenteich oder Aquarium.

Der BUND Hessen hat daher gemeinsam mit Naturschützern, Biologen und dem Zoo Frankfurt ein Zucht‑ und Auswil­derungsprogramm ins Leben gerufen, dem sich in diesem Sommer aus Taucher der Hanauer Tauchschule von Claus Wilkens angeschlossen haben. Die im Zoo lebenden Europäischen Sumpfschildkrö­ten werden gefangen und anschließend in renatu­rierte Biotope in Südhessen und dem Enk­heimer Ried wieder ausge­setzt. Vor ihrer Auswilderung werden die Tie­re auf Krankheiten und Geschlecht unter­sucht. Damit sie später wiedergefunden und bestimmt werden können, wird den Schildkröten zudem ein Minisender und winziger Computerchip eingebaut.

Ob die knapp zehn Exem­plare im Enkheimer Ried tatsächlich einen Stammbaum haben, der jahrhunder­telang nach Enkheim und nur nach Enk­heim reicht, darf durchaus bezweifelt wer­den. Genetische Untersuchungen­ deuten darauf hin, daß wohlmeinende Schildkrötenliebhaber irgendwann einmal die in Oberitalien hei­mische Europäische Sumpfschildkröte hier ausgesetzt haben könnten. Denn in den Genen der hiesigen Verwand­ten finden sich Hinweise, die nach Oberita­lien weisen.

 

Den Stars unter den Pflanzenar­ten, die im feuchten Ried prächtig gedei­hen, fehlt es an Bühnenpräsenz. Entwe­der sie sind tief im unzugänglichen Schilf verborgen, wie das Fleisch­farbene Knaben­kraut, das an der Nordseite des Riedweihers noch im Frühjahr mit mindestens 80 Exemplaren gesichtet wurde.

Auch die Pflanzen sind gefährdet. Heute müssen sie ihren Lebensraum gegen gierige Einwanderer wie den Riesenbären­klau oder die Kanadische Goldrute behaupten ‑ was nicht überall gelingt. Die medizinballgroßen weißen Blütendolden, die auf bis zu 3,50 Meter großen Stengeln ruhen, blitzen auf der Nord­seite des Feuchtgebiets immer wieder durchs Schilf. Die gelbblühende Goldrute hat am Wegesrand ganze Lichtungen unter Kon­trolle gebracht. Das lichtliebende in Gär­ten hübsch anzusehende Gewächs wird hier erst zu­rückgedrängt, wenn das Auwäldchen wie­der zu einem dichten Wald herangewach­sen ist.

 

In der Verlängerung des Nachtigallenwegs geht es leicht rechts am Sportplatz vorbei zum Weiher „Leuchte“. Man plant, die historische Verbindung zwischen Ried und Ostparkweiher wiederherzustellen. Noch Anfang des 20. Jahrhunderts ist in Berichten von feuchtnassen Wiesengründen, schilfbestandenen Tümpeln und üppigen Weiden, Erlen und Pappeln die Rede. Sie waren auf den fruchtbaren Böden gewachsen, die der Main hinterlassen hatte: Nach der Eiszeit vor 12.000 Jahren versuchte sich das Gewässer zu entfalten. Doch Felsbarrieren wie die zwischen Röderberg und Mühlberg hinderten den freien Fluß. Der Main bildete deshalb Seitenarme aus. Zwei solcher Schleifen  über Bischofsheimer-, Enkheimer- und Seckbacher Ried sowie über Erlenbruch und Teufelsbruch verbanden sich am heutigen Ostpark.

Im Laufe der Jahrhunderte versandeten die Mainarme. Auf dem Grund entfalteten sich Au‑ und Bruchwälder. Bauern, die das Land bewirtschaften oder als Weidegrund benutzen wollten, holzten die Wälder später ab. Mit dem Bau des Osthafens 1908 veränderte sich der Frankfurter Osten: Industrieanlagen und Siedlungen entstanden.

Die Entwürfe sehen vor, vom Enkheimer Riedteich einen Graben zum Weiher Leuchte auszuheben und das Wasser dorthin zu pumpen. Bislang rinnt es wie der Enkheimer Mühlbach oder der Röhrborn, die auch an die Verbindung angeschlossen werden sollen, in die Kanalisation. Nicht weit von der Leuchte wird ein neues Gewässer, der Eiswerkweiher, angelegt. Damit das kühle Naß den Tümpel erreicht, ist eine zweite Pumpe nötig. Unterirdisch geht es von da aus weiter durch Enkheim.

Nach rechts über den Parkplatz (rechts ein Zugang zum Streuobstwiesengebiet Berger Hang) kommt man links zur Riedstraße. Dort geht nach etwa 100 Meter die Winzersteige ab. Dort liegt der Mönchhof.

 

Mönchhof:

Bereits anläßlich der Stiftung des Klosters Arnsburg in der Wetterau durch den einflußreichen staufischen Ministerialen Konrad II. von Hagen 1151 kam das Enkheimer Gehöft in den Besitz der dortigen Benediktiner (daher auch „Bruderhof“ oder „Arnsburgerhof“). Im Jahre 1174 wurden sie von den Zisterziensern aus Eberbach abgelöst. Da der Mönchhof eine Klostersiedlung war, so hat er natürlich auch eine Klosterkirche gehabt. Tatsächlich gibt es denn auch eine Urkunde aus dem Jahre 1377, in der von einem Weg die Rede ist, der an der Kapelle bei dem Hof des Klosters Arnsburg in Enkheim vorbeiführt.

Die Zisterzienser waren während des Mittelalters für ihre Bodenkultivierung berühmt, die zumeist beim Roden von Wäldern oder Trockenlegen von Sümpfen zur Gewinnung neuen Ackerlandes beginnen mußte. In Ergänzung ihres kontemplativen Klosterlebens maßen sie der Landwirtschaft einen besonderen Wert bei; denn darin lag die notwendige wirtschaftliche Voraussetzung zur Verwirklichung ihrer Ordensziele.

Üblicherweise lagen sie nicht mehr als drei Tagesreisen vom Kloster entfernt. Bewirtschaftet wurden sie von Konversen d.h. Laienbrüdern, die ‑ ohne ausreichende Bildung ‑ nach Ablegung der ersten Gelübde klösterlicher Spiritualität nicht vollkommen einbezogen waren. Der Niedergang des Ordens förderte die Verpachtung all jener Gangrien (Höfe in Dörfern oder auf dem freien Feld, die rechtlich und geistlich dem Kloster unterstanden, z.B. Butterstadt und Hirzbacher Höfe).

Als Folge zahlreicher Stiftungen meist adliger Territorialherren hat es allein Arnsburg bis zur Säkularisation (1803) auf etwa 250 derartige Höfe gebracht. Die Bindung an Arnsburg war aber bei der barocken Erneuerung des Enkheimer Mönchhofs - gleichzeitig wie der Bau des Bolongaro‑Palasts in Höchst - nur noch finanzieller Art. Das barocke Hofgut wurde 1771-1774 als symmetrische Hofanlage auf rechteckigem Grundriß mit zurückliegendem Herrenhaus erneuert. Die ursprüngliche Symmetrie der Gesamtanlage ist aber durch den Bau einer Scheune im Südwesten nachträglich gestört worden. Im Jahre 1803 fiel der Hof an die Grafen von Solms und wurde dann aufgeteilt.

 

Weiter auf der Riedstraße kommt man zum Röhrbrunnen  an der Kreuzung  mit der Röhr­born­straße. Am Ende der Straße biegt man links ab in die Triebstraße. Von dort geht es rechts in die Taschnerstraße. An der Vilbeler Landstraße fährt man erst ein Stück rechts in Richtung Bergen und biegt dann am Entenbach Richtung Westen ab. Hier soll das Wasser aus dem Enkheimer Ried an die Oberfläche zurückkehren und in das bestehende Grabensystem über Seckbacher Ried bis zur Hallgartenschule eingespeist werden. Die Stadtentwässerung will den Graben bis kurz vor den FSV‑Sportplatz verlängern, das Wasser durch unterirdische Rohre daran vorbei pumpen und danach oberirdisch im offenen Gefälle in den Ostparkweiher leiten.

Insgesamt soll das Wasser über 3,5 Kilometer in Gräben plätschern. Rohre will das städtische Amt über 2,1 Kilometer verlegen lassen. Die 5,6 Kilometer lange Verbindung herzustellen, wird rund vier Millionen Mark kosten. Finanzieren muß das Projekt, das seit den achtziger Jahren im Gespräch ist, die Verkehrsgesellschaft Frankfurt (VGF). Der städtische Betrieb ist dazu verpflichtet, weil durch den geplanten Bau des U‑Bahn‑Betriebshof Ost 7,5 Hektar Grünland zwischen Seckbach und Riederwald verlorengehen.

„Die“ Entenbach ist die Bebauungsgrenze des Industriegebietes. Zur Seckbacher Seite hin erstrecken sich Wiesen mit Pferdekoppeln und Freizeitgärten. Entlang des nun offen fließenden Bachlaufes mit den alten Weidenbäumen kommt man  über den Voltenseeweg direkt am Entenbach  (die Voltenseestraße lohnt nicht) zum Naturschutzgebiet „Seckbacher Ried“.

 

Seckbacher Ried:

Das schon sehr verlandete, sumpfige Gelände ist nicht zugänglich. Es war noch bis in die vierziger Jahre Wiesenfläche. Als es nicht mehr regelmäßig gemäht wurde, wuchs der heutige Silberweidenwald heran. An der Südwestecke des Rieds ist eine Aussichtskanzel an der Ecke zur Straße „Am Seckbacher Ried“. Eine prächtige Kopfweide mitten in dem bißchen Wiese, das jahrzehntelange Vernachlässigung übriggelassen hat, zieht die Blicke auf sich. Zumindest so lange, bis von rechts eine kleine Herde Zebu‑Rinder ihren Auftritt in der Naturbühne inszeniert: Vier Damen sind es, geführt von Bulle Ignaz, und zwei Kälbchen. Seit sie vor fünf Jahren zum ersten Mal ins 1937 ausgewiesene Naturschutzgebiet gebracht wurden, um hier alljährlich von Mai bis Herbst die Baumtriebe aus der Wiese zu fressen, hat sich der im Kern des Gebiets gewachsene Silberweidenwald nicht weiter ausgebreitet.

Bis jetzt sind die Naturschützer hochzufrieden mit den aus dem Kaukasus stammenden buckligen Zwerg‑Zebus, die auch deshalb so hervorragend für das Seckbacher Ried geeignet sind, weil sie so genügsam sind: Unsere normalen Rinder würden hier wahrscheinlich verhungern. Denn die deutsche Hauskuh rümpfe nur angewidert die Nase, wenn sie die wegen ihres hohen Kieselsauregehalts harten, rauhen Seggen und Schilffblätter fressen soll. Die Zebus, die sogar ihre Kälber ohne menschliche Mithilfe in der Wiese auf die Welt bringen, sind Kummer gewohnt. Schließlich schlagen sie sich auch in den kargen Landschaften Afrikas durchs Leben. Ob sie auch langfristig keinen negativen Einfluß auf die Riedwiesen haben, wird in einer Langzeitstudie regelmäßig untersucht.

Ein Spaziergang rund um das nur sieben Hektar große Gebiet lohnt sich, auch wenn der Dschungel jenseits des hohen Metallzauns nur an wenigen Stellen seine Geheimnisse enthüllt.

Vor 65 Jahren konnten die Frankfurter hier noch durch eine offene Tal einer Fettwiesenlandschaft laufen mit Gräben, die der im 19. Jahrhundert verlandete Altarm des Mains zurückgelassen hat, an deren Rand Korbweiden standen. Seit den vierziger Jahren wurden die Wiesen nicht mehr beweidet oder gemäht, weshalb sie allmählich zuwuchsen.

Das einstige Feuchtgebiet wurde immer trockener, als der Main begradigt wurde, das Gewerbegebiet für großflächige Oberflächenversiegelung sorgte und die Quellen am Seckbacher Hang in Rohre gezwängt wurden. Erst in den achtziger Jahren wurde gegengesteuert: Der Seck­bacher Mühlbach und die Draisbornquellen wurden von Westen her eingeleitet, die Klingenwegquellen im Osten, wo sie am Rand einer von hohen Hainbuchen und Feldahornbäumen und niedrigen Grauweiden umstandenen Wiese ein gluckerndes Idyll geschaffen haben.

Ein gefährdetes Idyll. Bedroht vom gierigen Staudenknöterich, einer sich schnell ausbreitenden Gartenpflanze mit großen herzförmigen Blättern, die wohl über die zahlreichen Gartenabfälle, die immer wieder ins Gebiet geworfen werden, eingedrungen sind.

Wenn 2004 als Ausgleich für den U‑Bahn‑Betriebshof Ost zwischen dem Enkheimer Ried und dem Ostparkweiher wieder Wasser fließt, soll das dem Naturschutzgebiet zusätzliche Feuchtigkeit bringen. Das Wasser, das jetzt noch im Hauptgraben steht, der Verlängerung des Riedgrabens, soll dann wieder in Bewegung kommen. Vielleicht verschwinden dann ja die grünen Wasserlinsen, die das romantisch baumumstandene Wasser jetzt bedecken.

Im Seggenried, am Rand des Silberweidenwalds, wachsen die Rote‑Liste‑Arten Fuchs‑ und Hain‑Segge, auf den Wiesen die Sumpfplatterbse, im Wald der Große Wasserfenchel und am Wasser die Wasserfeder. Schützenswert sei das Ried unter anderem wegen der über die Jahre schmal gewordenen Wiesenfuchsschwanzglatthaferwiesen, die typisch für die Tallage des Rieds sind. Das sind typische Mähwiesen, aber die sind ja in Zeiten intensiver Landwirtschaft immer seltener geworden. Auch Weichholzauen wie der Silberweidenwald machten sich inzwischen rar.

 

Nach links durch die Gwinnerstraße und gleich wieder rechts in die Gelastraße kommt man zum Sausee. Dort geht es links weiter in Richtung Süden. Links sind die Industriebauten der Flinschstraße. Man kommt zum Rothebuschweg (nicht nach rechts in die Straße „Am Büttelstück“) und zur Vatterstraße zwischen Riederwaldstadion und Pestalozzischule. Nun kann man durch die Vatterstraße nach Osten oder gleich an der U-Bahn entlang zum Abzweig Borsigstraße fahren (rechtzeitig die U-Bahnschienen queren!).

 

Teufelsbruch:

In der Wächtersbacher Straße überquert man noch die Schienen und biegt dann links ein in einen Grünzug. Rechts liegt die Kleingartenanlage „Teufelsbruch“. Hier beginnt das Teufelsbruch, fast verträumt, mit einem kleinen Bachlauf, den Uferwiesen und dem alten Baumbestand. Links im Wald fällt der kleine Graben mit dem hohen Wall auf. Entlang des Grabens findet man noch einige alte Grenzsteine („F“ und „S“ 18551). Links im Bogen des Weges befindet sich ein „verunglückter“ Dreimärker, vermutlich aus einem anderen Grenzstein aus Basalt gehauen. Auf ihm finden wir die Buchstaben „F“ für Fechenheim, „S“ für Seckbach und „B“ für Bergen‑Enkheim. Wer noch mehr Grenzsteine finden möchte, muß sich „in die Büsche schlagen“. Der Waldrand verdeckt hier Grenzgraben, Grenzwall und einige gut erhaltene Grenzsteine. Die Grenze läßt sich, nicht ohne Mühe, anhand der Karte bis zur Vilbeler Landstraße verfolgen.

Das Waldstück ist ein Rest des ehemaligen Auwaldes ‑ nur wenige hundert Meter von der Ausfahrt A 66 und dem „Hessen-Center“. Der Wald ist aber vom Ausbau der Autobahn A 66 bedroht, besonders das „Teufelsbruch“ und das „Steinbruch“, bis in unser Jahrhundert Überschwemmungsgebiete des Mains beim Frühjahrshochwasser.

An einer Kreuzung geht links die Center-Schneise ab. Über sie kommt man nach rechts zum Steinbruchweg. Im Waldstück nordwestlich der leider inzwischen stark verlandeten Feuchtwiese verbirgt sich das unzugängliche „Steinbruch“, ein Rest des einst mäandernden Mains. („Bruch“ ist ein anderer Ausdruck für „Ried“. Die Grenzsteine waren für „Stein“ verantwortlich).

Der Weg trifft auf den Enkheimer Weg, in den man nach rechts abbiegt zur Staatlichen Vogelschutzwarte. Vor ihr geht es links ab zur Vilbeler Landstraße. Hier biegt man rechts ab und kommt zur Kreuzung Birsteiner Straße. Auf der anderen Seite in Richtung Osten liegt der Heinrich-Kraft-Park, der zu einem Rundgang einlädt (Radfahren verboten, hinten kein Ausgang). Östlich des Parkplatzes am Heinrich-Kraft-Park geht der Spielparkwerg ab. Er führt zum Alten- und Freizeitzentrum „Roter Graben“. Dort führt der Entwässerungsgraben des „Enkheimer Rieds“ zum Main vorbei.

Der früher offene Graben hat seinen Namen von der früheren roten Backsteinauskleidung. In den fünfziger Jahren wurde er verrohrt. Teile des Weges gehörten einst zur Landwehr und wurden auch als „Nonnweg“ bezeichnet.

Um das Altenheim herum fährt man nach links in den „Schwarzen Weg“, der am Waldsee entlang (mit Lehrpfad) bis zur Autobahn führt. Dort muß man allerdings erst wieder ein Stück zurück fahren, damit man die Brücke über die Autobahn in Richtung  Bischofsheim überqueren kann. Auf dem Fechenheimer Weg biegt man kurz vor den Fußballplätzen links ab zum Gänsweiher, umfährt ihn und fährt nach Norden bis zur Waldstraße. Dort rechts und am nächsten Weg links zur Jahnstraße, der alten Gelnhäuser Poststraße. Über die Hainstraße kommt man wieder zur Stumpfgrabenstraße.

 

Lohrberg

Mit 180 Metern ist er die höchste Erhebung des Stadtgebiets. Selbst der Panoramawinkel, der die Skyline, das Maintal, Taunus, Spessart und Odenwald einbezieht, hält dem Vergleich mit dem Großen Feldberg stand. Den Lohrberg hinauf erstreckt sich der Lohrpark mit Wiesen, Waldstücken und als Rarität ein Weinberg in Großstadtlage. Ein Dorado der Erholung in nächster Nähe zu jeder Jahreszeit. Von der Friedberger Warte her läuft man an der Friedberger Landstraße entlang, über die Autobahnbrücke, den Fußweg geradeaus weiter bis hinter die Unfallklinik und hier rechts in den Auerweg. Schon ist man im Huthpark und setzt parallel zur Straße den Weg fort, abgeschirmt durch einen Grünstreifen.

Auch der Huthpark zeichnet sich wie der Lohrpark durch eine landschaftlich schöne Hanglage im Osten der Stadt aus. Es ist eine der Grünflächen, die Frankfurt um 1900 als Volkspark vornehmlich unter sozialen Aspekten zu planen begann. Innerstädtische Anlagen waren bereits zu Beginn des 19. Jahrhunderts im Zuge der Stadterweiterung durch Planierung der Wallbefestigung entstanden oder gingen aus großbürgerlichen, repräsentativen Landsitzen hervor.

Man nähert sich dem nördlichen Häuserrand Seckbachs, folgt kurz dem Querweg und schwenkt links „Im Staffel“ aufwärts ein. Ist die Hofhausstraße erreicht, geht m an ihr rechts nach, biegt dann in die Nußgartenstraße und ist im Freien. Kleingärten überziehen das gesamte Gebiet zwischen Huthpark und Lohrberg. Auch das gehörte zur Gestaltung und Nutzbarmachung dieses Areals für breite Bevölkerungsschichten, wobei der Lohrberg erst nach der Eingemeindung Seckbachs in die Planung mit einbezogen werden konnte.

Angesichts von Schafen und Ziegen auf kleinen Weiden erscheint es fast unwirklich, in Großstadtnähe zu sein. Der Wald beginnt. Am Bächlein streift man kurz den Kreuzweg, trennt sich von  ihm „Auf der Lohr“, und wenn dieser Pfad am letzten Waldhaus rechts abschwenkt, läuft  man weiter geradeaus und erreicht bald den Parkplatz. Nach rechts entlang der Allee ist man am höchsten Punkt angekommen, wo Aussicht, Einkehr, Spielwiese, ein Obstbaum-Schaugarten und der Rieslingweinberg erwarten.

Für den Weg abwärts geht es links um den Rebenhain herum, am Ehrenmal vorbei und weiter halblinks. Bei Gabelung des Weges nimmt man - die ersten Seckbacher Häuser sind schon zu sehen - den linken Strang, der sich als Schlängelpfad zwischen aufgelassenen Gärten bis zum Rand des alten Ortskerns hindurchwindet. Die Alsfelder Straße hinunter, die Hintergasse links und ebenso die Hofhausstraße, kommt man zum Herzstück Seckbachs, dem Fachwerk-Rat­haus von 1542 mit fünfseitigem Erker. In seiner Nachbarschaft und den umliegenden Gassen hat sich noch viel von der einstigen dörflichen Idylle erhalten, einschließlich uriger Apfelweinwirtschaften wie dem „Rad”. Im Ort sind noch viele Fachwerkhäuser (17./18. Jahrhundert) erhalten.

Für den weiteren Weg wendet man sich vom Rathaus auf der Wilhelmshöher Straße rechts, biegt in die Ellerstraße aufwärts ein, von ihr in die Zentgrafenstraße, kommt an der evangelischen Pfarrkirche vorbei und folgt dem Straßenzug hinan bis zum Ende. Im Staffel links betritt man erneut den Huthpark. Der Propst-Goebels-Weg führt am westlichen Rand entlang und nochmals durch Gärten zur Festeburg, der jungen Kleinsiedlung „An der festen Burg”, womit die Friedberger Warte in der damaligen Landwehr gemeint ist. Zu ihr kehrt man durch die Straße „An der Festeburg“ entlang der Friedberger Landstraße zurück, mit der Möglichkeit zur abschließenden Einkehr dort oder in der Friedberger Warte unter alten Bäumen (Rhein-Main, 161).

 

Der Beratungsgarten bietet Information und Beratung zu den Themen rund um den Garten, von Obstanbau mit Obstbaumschnitt über Gemüseanbau, Bodenpflege, Düngung und Kompostierung bis hin zu Gartentechnik und Pflanzenschutz. Mehr als 10.000 Besucher kommen jährlich in die  1947 als „Versuchs- und Beispiels-Obstanlage zur Intensivierung des privaten Obstanbaus in der Stadt Frankfurt“ gegründeten Anlage. Heute werden auf 18.155 Quadratmeter Gartenfläche an den nach Süden ausgerichteten Hängen des Lohrbergs im Frankfurter Stadtteil Seckbach rund 400 Obstgewächse, davon allein über 100 Apfelsorten, angebaut; altbewährte und neue Sorten, um sie unter den gegebenen Standortbedingungen zu erproben. Im Beratungsgarten Lohrberg stehen heute der ökologische Obstanbau und naturgemäße Methoden des Pflanzenschutzes im Vordergrund.

Die vielfältigen Erfahrungen aus jahrzehntelanger Anbaupraxis auf dem Lohrberg bilden die Grundlage einer praxisgerechten und kostenlosen Beratung während der angegebenen Beratungszeiten. Auf Wunsch werden auch Kurse und Schulungen in der Anlage selbst oder in geeigneten anderen Räumen abgehalten Soweit sie außerhalb der normalen Arbeitszeit der Mitarbeiter stattfinden, sind sie kostenpflichtig.

Die Mitarbeiter des Beratungsgartens bieten jedes Jahr Kurse zu speziellen Themen in der Volkshochschule Frankfurt an. Für Kindergärten und Schulen können in Absprache mit den Erziehern und den Lehrern besondere Führungen stattfinden. Fragen werden auch telefonisch beantwortet unter der Tel.-Nr. 0 69 / 47 99 94. Wer auf den Anrufbeantworter spricht, wird umgehend zurückgerufen.

Saisonbedingt und soweit der Vorrat reicht können die Erzeugnisse der Anlage während der Öffnungszeiten erworben werden. Im Verkauf sind vor allem Obst sowie der Lohrberger Apfelsaft. Beerenobst sowie einzelne andere Obstarten werden zum Selbstpflücken angeboten.

Die Mitarbeiter des Beratungsgartens Lohrberg sind gerne bereit, ihr Wissen und ihre Erfahrungen an interessierte Bürger weiterzugeben. Kostenlose Gruppenführungen, auch zu besonderen Themen, können für die Öffnungszeiten des Beratungsgartens vereinbart werden.

Über 400 verschiedene Obstarten und Obstsorten blühen im April / Mai im Beratungsgarten Lohrberg. Um in dieser Zeit möglichst vielen Menschen die Möglichkeit zu geben, das Blütenmeer zu erleben, veranstaltet der Umlandverband Frankfurt „Blütentage“ mit verlängerten bzw. zusätzlichen Öffnungszeiten, die in der Presse bekanntgegeben werden.

Öffnungszeiten: Montag bis Donnerstag: 8.00 bis 15.00Uhr (von März bis Oktober zusätzlich: mittwochs bis 18.00 Uhr und  freitags 8.00 bis 13.00 Uhr). Beratungszeiten: Dienstag bis Donnerstag: 13.00 bis 15.00 Uhr. Von März bis Oktober zusätzlich: mittwochs bis 18.00 Uhr und an jedem ersten Samstag im Monat: 9.00 bis 13.00 Uhr. Telefon/Fax: 069/479994

Jährlich findet an einem Sonntag im September/Oktober der „Tag der offenen Tür“ mit einem kleinen Unterhaltungsprogramm statt, an dem der Beratungsgarten mit der Vielfalt seiner Themen vorgestellt wird. Für einen kleinen Imbiß stehen auch Speisen und Getränke bereit.

 

Bornheim

Wenn man vom Seckbacher Ried etwas nach Norden fährt und dann nach links in die Gärten einbiegt, kommt man unter der Autobahn A 661 hindurch in die steile Enkheimer Straße. Oben biegt man links ab in die Berger Straße (rechts geht es in die Eulengasse mit der Gaststätte „Eulenburg“). In der Berger Straße liegt gleich links das alte Rathaus, etwa 1750 erbaut und bis zur Eingemeindung 1877 das Rathaus des Dorfes Bornheim. Gleich daneben die Gaststätte „Solzer“.

Etwas weiter unten ist der Hohe Born, den man durch einen Obelisken hervorgehoben hat.

Der Hohe Brunnen ist eines der ältesten und vertrautesten Wahrzeichen Bornheims. Er ist das sorgsam gepflegte und oft restaurierte Symbol für Bornheims Vergangenheit. Freilich löste ihn längst eine moderne Wasserversorgung ab, und der Platz um ihn verlor seinen dörflichen Charakter.

Bornheim war einst Mittelpunkt der „Grafschaft“ Bornheimer Berg und seit deren Auflösung 1481 / 1485 bis 1866 zu Frankfurt gehörend, war vor allem als lustiges Dorf weithin bekannt. Seine Gasthäuser und Tanzböden, der „Kuchen‑König“, die Kerb und die Weinlese, der „Bernemer Mittwoch“ als Ausklang des Wäldchestages und auch Etablissements käuflicher Liebe, boten den Frankfurtern und den Besuchern der Stadt mannigfache Vergnügungen.

 Im Jahre 1877 wurde Bornheim als erste Gemeinde  dann wieder nach Frankfurt eingemeindet.

Zwischen Fachwerkhäusern (wie das restaurierte alte Rathaus) und schmalen Gassen, der barocken Johanniskirche und der alten Bornburg, der späteren Günthersburg bzw. dem Roth­schildschen Schloß (von dem nur der Park mit Orangerie erhalten ist), nahm sich der Obelisk des Hohen Brunnens etwas merkwürdig aus, jenes altägyptische Kultussymbol zur Anbetung des Sonnengottes. Ungewöhnlich war auch der Anlaß seiner Errichtung.

Am Beginn des 19. Jahrhunderts besaßen nur wenige Gehöfte in Bornheim, das damals etwa 2000 Einwohner hatte, eigene Tiefbrunnen. Die Bornheimer mußten ihr Wasser in einem Fußmarsch von einer Viertelstunde von der Gemarkungsgrenze holen. Dorfschultheiß Philipp Adam Rühl schlug daher vor, einen öffentlichen Zentralbrunnen zu errichten. Nach jahrelangen Auseinandersetzungen stimmte der Gemeinderat 1827 zu. Der Frankfurter Wasser‑, Wege‑ und Brückenbauinspektor Philipp Jakob Hoffmann, der Vater des Arztes und Struwwelpeter‑Autors Heinrich Hoffmann, entwarf diesen Brunnen unter Einfluß von Stadtbaumeister Johann Georg Christian Heß. Dieser hatte 1811 den Obeliskbrunnen in der Brückhofstraße im Fischerfeldviertel geschaffen. Durch Napoleons Italienfeldzug 1799 wurden damals allüberall solche Obelisken errichtet.

Am 9. Dezember 1827 wurde der Brunnen eingeweiht. Voller Stolz sind seitwärts die Namen des Schultheißen und der Beigeordneten und auf der Vorderseite der Hinweis „Erbaut auf Kosten der Gemeinde Bornheim“ vermerkt. Fünfzig Jahre war der Hohe Brunnen Mittelpunkt einer damals modernen Wasserleitung, nach der Eingemeindung Bornheims 1877 wurde der Brunnen an die Wasserleitung aus dem Vogelsberg angeschlossen.

Gleich neben dem Hohen Brunnen ist das Gasthaus „Gickelschlag“ und auf der anderen Seite das Gasthaus „Zur Sonne“. Wo der Sandweg von der Berger Straße abzweigt, steht das Uhrtürmchen. Auf dem Platz steht auch ein neuerer Brunnen, auf dem steht, daß das Dorf Bornheim am 21. April 1475 von Frankfurt gekauft wurde und von da an das Gericht „Bornheimer Berg“ bestand. Am 1. Januar 1877 wurde der Ort eingemeindet. Damals hatte sich die Einwohnerzahl auf 10.085 verzehnfacht.

 

Bornheim war schon immer etwas Besonderes: gesellig, sinnesfroh, aber auch rauflustig. Das hat Helmut Nordmeyer, Öffentlichkeitsarbeiter im Institut für Stadtgeschichte, aus den historischen Quellen gelesen. Sein Bildband „Ein Rundgang durch das alte Bornheim“ war bei der Vorstellung am Donnerstag Anlaß für den „Bürgerverein Historisches Bornheim“, künftig mehr auf die vielbesungene Identität des Stadtteils zu pochen.

Das Dorf Bornheim wurde laut Nordmeyer erstmals 1194 sicher erwähnt. Bei rund 1.000 Bewohnern hatte man dort Mitte des 18. Jahrhunderts bereits 20 Gasthöfe. Die Frankfurter kamen bei Ausflügen immer gern vorbei. In den Schankstuben bedienten spärlich bekleidete Kellnerinnen, die den männlichen Gästen gegen ein geringes Aufgeld ihre Liebesdienste anboten, berichtet der Historiker. Seit damals ging die Rede vom „lustigen Dorf“ (lustig von Lust). Die Rauflust habe auch dazu gehört. Laut einer Ortsbeschreibung von 1835 konnte man in Bornheim zweifellos „die besten Prügel“ beziehen.

Nach wie vor gaben „die kleinen Leute den Ton an“, wird berichtet, also Arbeiter, Handwerker, kleine Beamte und Angestellte. Der Bildband ist nach einem Rundgang im Zeitabschnitt 1900 und 1939 angelegt, der vor der Kirchnerschule am Hohen Brunnen beginnt. Rundherum Fachwerkhäuser, Kopfsteinpflaster und jede Menge Platz. Frauen in Schürze, Buben mit Batschkapp, gestandene Männer mit Hut und Weste.

Bald darauf ging es los mit der Bauerei, und die meisten Fachwerkhäuser wurden verputzt oder verkleidet. Der Ort wuchs innerhalb weniger Jahrzehnte so stark mit Frankfurt zusammen, daß nur noch schwer auszumachen war, wo eigentlich die Grenze zwischen beiden verlief. Bis heute ist die Anziehungskraft von Bornheim ungebrochen; in den vergangenen Jahren wurde der Stadtteil, oft das dörfliche Maß sprengend, verdichtet.

 

Bornheims historischer Ruf als fröhliches Dorf' ist überliefert, er lebt fort in den alten Apfelwein‑Gaststätten und bei der jährlichen Kerb. Weniger bekannt sind andere Etiketten. Zum Beispiel: Deutschlands Nähmaschinen‑Zentrum. Das nämlich war Bornheim. Und außerdem: Billiglohn‑Land für die Amis Zig-Tausend Brillen wurden zur Zeit des Deutsches Reichs hier hergestellt und in die USA exportiere.

Sichtbare Wahrzeichen besitzt Bornheim viele, etwa: Uhrtürmchen am Marktplatz, Johanniskirche mit Zwiebelturm, Hoher Brunnen, Langer Hof, Altes Rathaus, Louisenhof (heute Betriebshof der FES), „Weiße Lilie“ und Museumslädchen.

Keine Spur aber blieb von der stattlichen Nähmaschinen‑Fabrik Wertheim, die einst das ganze Karée zwischen Eichwald‑, Petterweil‑, Germania und Burgstraße einnahm. Joseph Wertheim (1804‑1899) hatte die Fabrik gegründet, die zeitweilig 650 Arbeiter beschäftigte. In aller Welt, sogar in Australien, ratterten die Wertheimer Nähmaschinen, aufgeprägt ein Zwerg mit Hammer. Zum Firmenlogo gehörte kurzfristig der Davidstern. Der Kunden wegen nahm ihn Wertheim heraus. Stadtverordneter war er und Mitbegründer der „ABG für kleine Wohnungen“; im Siedlungsquartier alter Burgblock entstand eine von ihm gestiftete Arbeiterbibliothek.  Im Jahre 1932 wurde die Produktion nach Spanien ausgelagert, 1945 die Firma dort aufgelöst. Den Fabrikkomplex in Bornheim ließen die Nazis komplett abreißen und mit dem neuen Burgblock bebauen. Auch die Arbeiterbibliothek verschwand.

Von der Zeit beschnitten, aber nicht verzehrt, überdauerte die Gaststätte „Weiße Lilie“. Im 18. Jahrhundert wurde sie erbaut. Im großen Saal hielt anno 1894 die Reichs-SPD ihren Parteitag ab: „Agrarpolitik ‑ konkret: die Enteignung der Junker“ war das hoch revolutionäre Thema. Und eine Revolutionärin saß im Saal: Clara Zetkin und mit ihr etliche Frauen. Sie waren überhaupt der Grund für die Ortswahl. Ursprünglich sollte Nürnberg Tagungsort sein. Aber in Bayern durften laut dem Vereinsgesetz Frauen nicht an politischen Versammlungen teilnehmen, daher ging die SPD lieber ins preußische Bornheim.

 

Merianplatz

Früher war der Merianplatz ein Platz mit einem Häuschen, jetzt ist da ein Haus mit einem Plätzchen zu sehen. Der Vertrag des Investors mit der Vermieterin Stadt Frankfurt beinhaltet nicht nur das flächige Auseianderziehen des ersten Frankfurter Volksbrausebads von 1888. Der Offenbacher durfte für die neue Nutzung als Markthalle auch das Dach des Pavillons anheben, der als Schenkung des jüdisch‑deutschen Bankiers Theodor Stern (1837‑1900) ins Nordend kam.

Freilich hatten die Frankfurter aus dem schmucken Häuschen schon 1930 die Rundbogen‑ Zwillingstüren herausgerissen, durch die Frauen und Männer bis dahin getrennt zum Duschen eintreten mußten. Stattdessen wurde damals ein eckiger aber gemeinsamer Eingang für alle gebaut. Auch die Rundbogenfenster oberhalb des Gebäudesockels hatte man in jener Bauphase der „Neuen Sachlichkeit“ zugunsten zweier Fensterbänder mit rechteckigen Rahmen geschlossen.

„Allein in der außergewöhnlichen Form des oktagonalen Zentralbaus“ liege „der eigentliche Wert“ des Kulturdenkmals. Man hat nur den achteckigen Gebäudekern bewahrt. Darin sind neun Duschen und eine öffentliche Toilette. Auch die Obst‑ und Gemüsestände, die sich im Achteck um den alten Baukern reihen werden, werden vermietet. Ferner bekomme ein Eiscafé einen Raum.

 

Die „andere” Mainseite

Der Osten steht in Frankfurt vor dem Umbruch. Wie in fast allen Großstädten, in denen der Wind vorwiegend aus dem Westen kommt, war im Osten  historisch der industrielle Schwerpunkt, um die Wohngebiete im West von Rauch und Lärm zu verschonen.  Aber heute  rücken von der Stadtmitte ausgehend Dienstleistungsbetriebe und die sie begleitenden parkähnlichen Umgestaltungen immer weiter nach Osten vor.

Vom „Nizza" aus bis zur unterhalb der ehemaligen Großmarkthalle gelegenen Weseler Werft winkt uneingeschränktes Fahrradvergnügen. Mit dem sich daran anschließenden Hafenpark wird nicht vor 2010 begonnen werden. Noch muß man nach der Deutschherrnbrücke nach links zur Hanauer Landstraße (Zugang zum Ostbahnhof) ausweichen und nach wenigen Metern rechts über die Honselstraße zurück Richtung Main

Die Honselstraße überquert das Hafenbecken und dann geht es auf der Franziusstraße am Mainufer entlang. Zu einer der originellsten Frankfurter Einkehrmöglichkeiten (auch sonntags): der Gaststätte am Schwedlersee (vor der Hafenbrücke links in die Lindleystraße, samstags 14-tägig Flohmarkt abbiegen).

Die Franziusstraße unterquert die Kaiserleibrücke, die Riedhofstraße führt am Autobahndamm entlang, nach 200 Meter rechts in die Schielestraße, weiter auf der Daimlerstraße, der Felix-Wankel-Straße und nochmals rechts, auf der Carl-Benz-Straße stadtauswärts. Nach 250 Meter wieder rechts, auf der Uhlfelderstraße zurück an den Main.

Auf dem anfangs noch schmalen Fechenheimer Leinpfad, auf dem die Schiffe früher von Pferden flußaufwärts gezogen wurden, radelt man am Fluß entlang zur Carl-Ulrich-Brücke und dann durch den grünen Mainbogen nach Fechenheim. Bis zur Kinzigmün­dung in Hanau bleibt der ufernahe Weg autofrei.

 

Großmarkthalle:

Die Großmarkthalle, Kleinod des expressionistischen Hallenbaus der zwanziger Jahre, schlägt wie wenige andere Gebäude eine Brücke zwischen dem historischen und dem modernen Frankfurt.   . „Wach auf, städtischer Trommler; und rühre die Schlägel zum Ruhm Frankfurts, das diese Halle aus dem Beton gestampft hat“, ereiferte sich die Presse zur Eröffnung der Großmarkthalle, die die Stadt noch bis 2004 mit Vitaminen versorgte. Im Volksmund  auch  „Gemüsekathedrale“ oder „Kaffeekirche“ genannt, stieg sie trotz öffentlicher Skepsis während der Zeit ihres Baus schnell zum Knotenpunkt des Handels im südwest-deutschen Raum auf. Sie war Symbol und Ausdruck einer neuen Zeit.

Dabei wußten es die Verantwortlichen, die Ästhetik der neuen Sachlichkeit mit dem technischen Fortschritt zu verbinden. Die Großmarkthalle, am 28. Oktober 1928 eröffnet, ist dabei eng mit der Ära des Bürgermeisters Ludwig Landmann verbunden. Zwischen Inflation und NS-Zeit prägte er den Begriff „neues Frankfurt“. Ungefähr zeitgleich wurden Waldstadion und Rennbahn realisiert. Der Bau des Flughafens und die Gründung einer Fluggesellschaft waren weitsichtige Planungen, die Frankfurts Zukunft als Drehscheibe des Verkehrs in Mitteldeutschland gewährleisteten.

Die Großmarkthalle stand für die Öffnung der Stadt in die Welt. So sei zu den Eröffnungsfeierlichkeiten sowohl „Dribb-der-Bacher Gärtnerinnensuppe“, Frankfurter Wein, Käse aus Europa sowie internationales Obst gereicht worden.

Seit 1870 gab es Pläne für eine zentrale Markthalle in Frankfurt. Allerdings hätten diese erst nach Ende der Inflation umgesetzt werden können. Die Architekten Martin Elsaesser und Stadtbaurat Ernst May begleiteten die Umsetzung des Projekts noch bis zu den Luftangriffen im Jahre1944, die Teile der Halle zerstörten.

Parallel zum Main errichtet, stellte die Großmarkthalle auf einer Fläche von 220 mal 50 Metern einen neuen Typus des Hallenbaus dar: Eine moderne Konstruktion wurde mit traditionellen Materialien und Fertigungsweisen umgesetzt.  Das Bauprojekt wurde zum modernsten seiner Zeit. Als die politischen Mehrheiten für den kostspieligen Bau wegbrachen, war die Großmarkthalle fast fertiggestellt. Elsaesser und May verließen Frankfurt später in Ungnade. Mit dem Ende der Ära Landmann fand auch das „neue Frankfurt“ ein jähes Ende.

Die Großmarkthalle erfreute sich trotzdem Akzeptanz unter der breiten Bevölkerung. Schon vor Ende des Zweiten Weltkrieges wurden hier mehr Waren umgeschlagen, als an jedem anderen Ort in Südwestdeutschland. Der Handel wurde noch bis zu den Luftangriffen im März 1944 weitergeführt.

Ein dunkles Kapitel ging damit ebenfalls zu Ende: Im Dritten Reich wurden ihre Katakomben als Zwischenlager für Bürger genutzt, die später in Konzentrationslager deportiert wurden.

Nach dem Krieg ging es mit der Halle weiter bergauf. Im Vergleich zu 1938 hat sich der Handel zwanzig Jahre später bereits verfünffacht.

Heute steht die Großmarkthalle wegen ihrer Spannbeton-Konstruktion unter Denkmalschutz. Der Zukunft wird sie sich trotzdem stellen müssen: Die Europäische Zentralbank wird ihren neuen Hauptsitz auf dem Gelände des historischen Gebäudes bauen. In einer Ausschreibung, an der sich 350 Architekten aus der ganzen Welt beteiligten, setzte sich das Wiener Architektenteam Coop Himmelb(l)au durch. Ab 2000 werden so zwei neue, ineinander verschlungene Türme von 150 Metern Höhe die Skyline von Frankfurt zieren. Das alte Gebäude wird den Erfordernisse des Denkmalschutzes gerecht werdend erhalten bleiben.

 

Der große Riederhof:

Schon 1193 hat der „Hof in den Riedern“ bestanden. Er war ein altes kaiserliches Lehen im Osten der Stadt nach Hanau zu. Anfangs des 14. Jahrhunderts war der Hof im Besitz der Familie von Frosch. Das alte Schloßgebäude war das Wohnhaus der Hofbewohner. Die Fenster zeigten zwei runde Bogen, in der Mitte durch eine Säule geteilt. Ein altes Gebäude, dessen hohe Mauern noch Schießlöcher aufwies, diente als Warte. Es gab eine eigene Kirche.

Die Herren von Frosch hielten sich dort oder auf dem Hof auf dem Rebstock auf. In der Stadt hatten sie ihre Wohnung auf dem Sandhof. Sie mußten der Stadt Frankfurt versprechen, den befestigten Hof nicht in fremde Hände kommen zulassen. Die Stadt verzichtete deshalb darauf, die  Landwehr auf die Straße nach Hanau auszudehnen, nur ein befestigtes Tor (die Wenzelpforte) sperrte den Eingang der Landwehr.

Als um die Mitte des 16. Jahrhunderts die kaiserliche Gewalt im Erlöschen war und die Grafschaft Bornheimer Berg aufgelöst wurde, entstanden Streitigkeiten mit Hanau: Der Hanau­ischen Befehlshaber Hector Emel und Jacob Kopffe ließen auf dem Hof den Peter Jost aus Niederrad ergreifen, durch den Zentgrafen von Fechenheim  nach Bergen führen und ohne Gerichtsurteil mit dem Strang hinrichten. Die Hanauer behaupteten, Peter Jost sei außerhalb der Frankfurter Landwehr als Wilddieb gefaßt worden. Frankfurt aber sagte, die Landwehr sei gar nicht die Grenze, die liege weiter östlich, obwohl sie nie ausgesteint worden war. Im Jahre 1605 ließ Hanau den äußeren Schlag zerstören. Die Mauern und Gräben des Hofes  Riedern fielen in der neueren Zeit. Der große Riederhof wurde zum Feldhof. Im 19. Jahrhundert konnte man in der Mauer über dem Tor noch ein Schießloch wahrnehmen.

 

Fechenheim              

Der Name des Ortes wird abgeleitet von dem ersten Siedler „Vecho“ (der Rothaarige), also „Wohnort eines Vecho“. Nach einer anderen Deutung  kommt der Name von „Fach“, einer Vorrichtung zum Fischfang mit Reusen. Man nahm lange an, der Ort sei 977 erstmals erwähnt worden. Doch die Urkunde aus dem Jahre 882 erwies sich als Verfälschung. Die erste sichere Erwähnung Fechenheims erfolgte erst 1177 - 1191. Er wurde  im Mittelalter als „Vechen­heim“ bezeichnet und wechselte mehrmals den Besitzer und fiel schließlich an die Grafschaft Hanau. Später gehörte Fechenheim zu Kurhessen und war schließlich ab 1867 eine selbständige Gemeinde des Landkreises Hanau. Im Jahre 1765 wurde die Hanauer Landstraße als wichtiger Verkehrsweg zwischen Frankfurt und Hanau ausgebaut, Ende des 18. Jahrhunderts öffneten hier die auch ersten Gasthäuser „Zur Mainkur“.

Ursprünglich war der Ort ein kleines Fischerdorf im Mainbogen. Neben dem dörflichen Ortskern sind große Teile des Stadtteils geprägt von Industrieanlagen und Gewerbegebieten. Das dörfliche Zentrum wurde um die Nachkriegssiedlungen im Norden und Industrie erweitert. Ab Mitte des 19. Jahrhunderts siedelten sich links und rechts der Straße Industriebetriebe an, darunter die Cassella Farbwerke, die hier 1870 von Leo Gans gegründet wurden und mit 15 Arbeitern ihren Betrieb aufnahmen. Das Unternehmen wurde in den darauffolgenden Jahrzehnten der größte Arbeitgeber des Ortes und auch der Stadt Frankfurt. Die Dieburger Straße stellte dabei die Grenze zum südlichen Mainbogen dar.

Als nach dem Ersten Weltkrieg der Frankfurter Osthafen erweitert wurde und an die östliche Frankfurter Stadtgrenze stieß, nahm die Stadt Gespräche über eine Eingemeindung auf. Der Fechenheimer Bürgermeister Adolf Miersch sowie der Frankfurter Oberbürgermeister Ludwig Landmann unterzeichneten am 17. Dezember 1926 den Eingemeindungsvertrag. Fechenheim wurde am 1. April 1928 der damals östlichste Stadtteil Frankfurts. Der Stadtteil hat eine Fläche von  717,8 Hektar. Die Bewohnerzahl wuchs von 1.500 im Jahr 1850 auf 6.400 fünfzig Jahre später. Heute zählt Fechenheim knapp 16.000 Einwohner.

 

Als Wahrzeichen des Stadtteils gilt das historische Rathaus, das sich Fechenheim 1902 geleistet hat. Es ist noch heute Schmuckstück und Wahrzeichen des Stadtteils und sicherlich eines der schönsten Frankfurts. Ganz im Geschmack der wilhelminischen Kaiserzeit wählte man für die Fassade Vorbilder aus der florentinischen und römischen Renaissance. Ein großer Balkon über dem Eingang, ein Erker, gewellte Giebel sowie eine Fachwerk-Gaube verzieren den Bau  noch heute.

Es gibt die Kirche der evangelischen Melanchthongemeinde von 1772 (im Süden, Kreuzung Alt Fechenheim mit der Pfortenstraße) und die Kirche der die katholischen Kirchengemeinde Herz Jesu von 1895/1896 (im Norden, Kreuzung Alt Fechenheim mit Jakobsbrunnenstraße).

Ferner gibt es eine neuapostolische Gemeinde sowie eine islamische Moschee und einen buddhistischen Tempel.

Das Gartenhallenbad Fechenheim wurde 1927 von dem Architekten und Hochschullehrer Martin Elsaesser für die Arbeiter in Fechenheim gebaut, um dem damals noch selbständigen Ort die Eingemeindung nach Frankfurt interessanter zu machen. Für die damalige Zeit war das Hallenbad eine revolutionäre soziale Neuerung (Konstanzer Straße 16, verläuft parallel zum Main).

Alt-Fechenheim war einst blühende Einkaufsstraße mit kleinen Läden. Plus-Supermarkt, Billig-Textil-Discounter, Billig-Geschenkartikel - von der Blüte ist wenig geblieben. Blumenladen, Optiker, die neue Sparkasse oder das Möbelhaus Heide nehmen sich in der Billigreihe fast luxuriös aus.  Dennoch kommt Alt-Fechenheim noch schmuck daher. Mit frisch gestrichenem Hausfassaden, heimeligem Fachwerk, bepflanzten Hinterhöfen, roten Lampions und bunten Schriftzügen von Asia-Imbiss und Kebap-Haus.

Wegen der Strukturprobleme mit allen negativen sozialen Folgen hat die Stadt vor Jahren ein Quartiersmanagement eingerichtet und dem sozialpädagogischen Verein 2006 den Zuschlag für ein Kinder- und Familienzentrum gegeben. Mit Kindertagesstätte, offenen Treffs und Familienbildungsangeboten für Frauen und Familien aus dem Stadtteil. Von den 100 Familien, die ihre Kinder in der Kindertagesstätte angemeldet haben, haben 90 Prozent Migrationshintergrund, die Arbeitslosenquote liegt bei 75 Prozent.

 

Aus der Geschichte:

 

1177-1191  

Erste sichere Erwähnung Fechenheims (andere Angabe 977). Eine Urkunde aus dem Jahre 882 nCh erwies sich als Verfälschung

12. Jahrhdt.

 

Vergleich zwischen dem Kloster Eberbach und Eberhard von Dornburg über    Güter zu Fechenheim

1236   

Fränkisches Königsgut, gehört zu dem Reichsgericht Grafschaft Bornheimer Berg

1240

Konrad von Dornburg verkauft dem Kloster Arnsburg den großen und kleinen  Zehnten zu Fechenheim

1242

Konrad, Dekan in Frankfurt und Pastor von Fechenheim, bescheinigt ein Abkommen zwischen dieser Kirche und dem Kloster Arnsburg über den Zehnten zu Fechenheim

1250

König Konrad IV. bestätigt den Frankfurter Bürgern Johann Gol(d)stern und Ulrich Lang einen Vertrag über den Erwerb des Dorfes Fechenheim

1265

Ritter Konrad von Kugelnburg bezeugt die schiedsrichterliche Beilegung seiner Streitigkeiten mit dem Kloster Schmerlenbach über Güter zu Fechenheim

1267

Der Streit zwischen dem Kloster Arnsburg und dem Frankfurter St. Bartholomäusstift wegen des Rottzehnten zu Fechenheim wird durch Schiedsspruch beigelegt

1269

Abt Friedrich von Arnsburg überläßt seinem Konvent die Weingärten des Hofes „ut amodo decima“ in Fechenheim

1273

Engelhard von Weinsberg schenkt dem Kloster Patershausen zu einem Seelengedächtnis eine Korngülte von seinem Gut zu Fechenheim

1275

Das Kloster Schmerlenbach verkauft dem St. Bartholomäus-Stift seine Güter bei Fechenheim

1279

Philipp von Münzenberg teilt mit seinem Bruder  Burg Haina und die dazu gehörenden Güter (. .. Item Mersevelteum hommbus in Vechenheim . . .)

1285

Ripertus von Vechenheim und Hildegundis geben ihren Hof und 33 Morgen Acker zu Fechenheim für eine Summe Geld dem Kloster Arnsburg

1301

Vergleich zwischen dem Dorfe Fechenheim und dem Kloster Arnsburg als Besitzer des Riederhofes über die Viehweide in der Feldflur des Dorfes

1327

Die Stadt Frankfurt bezeugt, daß die Begine Adelheid von Fechenheim dem KlosterArnsburg Besitz in Fechenheim vermacht habe

1328

Weistum über die dem Herrn des Dorfes Fechenheim zu stehenden Rechte, Einkünfte und Dienste

1329

Hannemann von Spirc (Speyer) zu Frankfurt bestätigt, das Gericht Fechenheim vom Kloster Arnsburg gelöst zu haben und sichert dem Kloster das Vorkaufsrecht zu

1336

Kaiser Ludwig bestätigt dem Frankfurter Bürger Johann von Speyer seine Güter und Rechte zu Fechenheim

1338

Die Fechenheimer Kirche bezieht 4 Schilling 4 Pfennige, das St. Bartholomäus-Stift zu Frankfurt 14 Schilling Heller aus den Fechenheimer Gerichtsgefällen

1357

Erwähnung der Wildhufe Fechenheim in dem Weistum der Dreieich

1369   

Konrad Hirzauge (Herzog?) verspricht dem Kloster Arnsburg rechtzeitige Zinszahlung und setzt dafür Güter mit Fechenheim zum Pfand

1379

Konrad Castelan, genannt von Alsfeld, verkauft seinen Anteil an Gut und Gülte zu Fechenheim an Siegfried von Speyer zu Frankfurt

1386-1387

Hanman von Fechenheim verpflichtet sich, dem Frankfurter Bürger Heinrich Wixhusen und dessen Frau eine jährliche Pacht von einem halben Gut zu Fechenheim zu zahlen. Als Zeuge erscheinen u. a. Heinrich Krey, Schultheiß, und Eygeln Roden von Friedberg, Pfarrer von Fechenheim

1390

König Wenzel bestätigt den Frankfurter Familien Speyer und Weiß ihren Besitz zu Fechenheim, ebenso der Familie Schilder

1410

Das Reichshofgericht beauftragt Schöffen und Schultheißen zu Friedberg mit der Schlichtung des Streites zwischen den Herren des Dorfes und Gerichtes Fechenheim

1435-1436

Briefwechsel der Stadt Frankfurt mit  Bernhard und Hartmann von Heusenstamm wegen deren Forderungen an das Dorf Fechenheim

1438

Reinhard von Hanau schlichtet im Namen des Kaisers zwischen den Frankfurter              Bürgern Eise von Speyer und Sigfrid von Speyer über deren Güter in Fechenheim

1444

Das Dorf Fechenheim hat Burgrecht in Frankfurt

1470

Der Rat der Stadt Frankfurt verlangt von den 19 Dörfern des Bornheimer Berges, darunter Fechenheim, Wagen, Pferde und Bewaffnete zu stellen, was ihm verweigert wird unter Hinweis auf ein Verbot des Grafen von Hanau

1471

Rechtsstreit zweier Fechenheimer Hörigen Hartmanns von Cronberg mit dem Frankfurter Wigel Gast

1473-1484

Streit der Familien Weiß und Speyer mit dem Grafen von Hanau über die Gerechtigkeit zu Fechenheim

1481-1484

Die beiden Frankfurter Familien Weiß und Speyer verkaufen dem Grafen von Hanau ihren Anteil an Dorf und Gericht zu Fechenheim

1482

Die Grafschaft Bornheimer Berg wird aufgelöst. Hanau erhält die Hoheitsrechte an Fechenheim

1515 und 1516

Der Frankfurter Schöffe Arnold von Holzhausen verhandelt mit dem Grafen von Hanau wegen Fechenheim

1522

Aufforderung der Stadt Frankfurt an Fechenheim, sich als Frankfurter Burglehensmänner zu stellen bzw. zu verantworten

1536-1537

Beilegung der Streitigkeiten zwischen Solms, Isenburg und Hanau mit der Stadt Frankfurt wegen Burglehen und sonstiger Gerechtigkeiten, welche die Fechenheimer von Frankfurt haben sollen

1540   

Die Einnahmen des Hanauer kirchlichen Haushaltes bestanden 1536-1537 u.a. aus einer jährlichen Pension zu Kesselstadt, Rodenbach, Mittelbuchen, Wachenbuchen, Hochstadt, Groschlag, Dörnigheim, Fechenheim und Windecken, nämlich  61 Gulden „Wiesenschar“, Korn, Hafer, Weizen, Öl und Wachs 22 Gulden

1542

Dem Fechenheimer Zentgrafen und den Bürgern von Fechenheim wird von dem                Hanauer Befehlshaber befohlen, die dortigen Witwen von der Nachtwache und der Pfortenhut auszulassen

1563-1564

Einem furchtbaren Kieselwetter folgte ein Sturm, der in Fechenheim zahlreiche Häuser umriß, Dächer abdeckte und Bäume entwurzelte

1565-1719

Nach mehr als zweijährigem Schriftwechsel zwischen Hanau und dem Frankfurter St. Bartholomäus-Stift wird die Reformation in Fechenheim eingeführt

 

 

1567

Die reformierte Gemeinde Fechenheims wird mit der Pfarrei Rumpenheim verbunden und bleibt bis 1719 deren Filiale

1593

Die Fischer in Fechenheim beschweren sich darüber, daß sie in der Sommerzeit ihre Fische nur auf dem Wochenmarkt in Hanau verkaufen dürfen

1597

Am Pfingstmontag 1593 richtet ein fürchterliches Unwetter in Fechenheim großen Schaden an

1599

Ein Kieselwetter zerschlägt die gesamte Feldfrucht. Die hühnereigroßen Hagelkörner verletzen Mensch und Vieh und durchschlagen vereinzelt die Strohdächer der Häuser

1617

Anläßlich einer Schätzung werden die Einkommen und Güter aller fremden Herren von Adel, Stifter und Bürgersleut aufgenommen

1632

  Kurmainz ließ durch etwa 70 Bewaffnete in mehreren Nachen das Fischfach zu Fechenheim zerstören. Auf das Sturmläuten der Fechenheimer hin erschienen Musketiere, die einen Mainzer durch Schüsse töteten und einen weiteren verwundeten. Die Mainzer zogen sich daraufhin nach Bürgel zurück

1633

Fechenheim hat 46 Hausgesäße, hiervon sind 6 Witwen

1634

Am 12. Januar 1633 stieg das Wasser des Mains so hoch, daß man auf den Straßen mit Nachen fahren konnte

1639

Fechenheim brannte durch ein von Soldaten verursachtes Großfeuer bis auf 8 Häuser nieder

1671

Im Jahre 1639 haben Wein und Korn Schaden erlitten. Die Weingärten und alles Obst sind erfroren. Im ganzen Gemeindegebiet hat man insgesamt nicht einmal zwei Pfund Kirschen ernten können

1672

Der Zentgraf von Fechenheim ertrank, „mit Wein über füllet“, nach einer Tour in das kurmainzische Gebiet auf der Rückfahrt über den Main bei Bürgel

1678

Neben der reformierten Gemeinde wird eine lutherische eingerichtet. Pfarreiverweser und Präzeptor war von 1672-1674 Johann Balthasar Rück

1684

Der dem evang- reformierten Inspektor und Stadtpfarrer Petrus Nisterus in Hanau von dem Grafen von Hanau erteilte Lehnbrief weist ein Junkergut in Fechenheim aus, welches vor Zeiten 16 Achtel Korn Pacht  getragen

1689

Nach einer Schätzung der an Hanau zu zahlenden Steuer betrug der Anteil Fechenheims vom Hundert 7 Gulden

1696

Fechenheim wurde am 20.6.1689 erneut das Opfer einer Feuersbrunst, von der nur 7 Häuser verschont blieben

1707

Beschwerden des Almosenkastens zu Frankfurt wegen der von seinen Gütern zu Fechenheim geforderten Abgaben

1711

Fechenheim hat 74 Familien, daneben 64 Pferde und 4 Ochsen

1711

Am 19. 12. 1711 speiste Kaiser Karl IV. in Fechenheim. Er wurde zuvor von den Kurfürsten und zahlreichen Gesandten eine Viertelstunde vor dem Orte auf das Prächtigste empfangen und eingeholt

1718

Errichtung eines Hirtenhauses, welches in späteren Zeiten als Armenhaus diente

1719

Verhandlungen über den Verkauf des Haingrabens

1724

Die reformierte Fechenheimer Filiale wird selbständige Pfarrei

1725

In Fechenheim sind Fälle von Hexenverbrennung oder Verfolgungen bis auf den ungeklärten Fall der „Hoppelliese“ nicht bekannt geworden

1734

Die Grenzen zwischen Fechenheim, Dörnigheim, Bischofsheim, Enkheim und             Frankfurt wurden neu begangen und, wo dies erforderlich, neue Grenzsteine gesetzt.

1736

Vom 22. bis 24.5.1734 waren 82 Mann und 46 Pferde in Fechenheim einquartiert. Hierdurch entstanden Kosten in Höhe von 84 Gulden und 3 Albus. Es war dies der Anfang einer langen Reihe von Einquartierungen, die die Gemeinde auf das Äußerste belasteten

1736

Das erkaufte Reichs-, Erb- und Kunkellehen Fechenheim fällt mit Hanau an die Landgrafschaft Hessen-Kassel

1743

Das Gemeindebackhaus zu Fechenheim wird erwähnt

1744

Nach der Schlacht bei Dettingen wird für 2500 englische Verwundete in Fechenheim ein Lazarett eingerichtet

1745

Der Zentgraf von Fechenheim soll für den Landgraf von Hessen in Fechenheim Soldaten werben, was dieser mit dem Hinweis begegnet, das im ganzen Ort niemand außer vielleicht einem jungen Bischofsheimer in Frage käme

1746

Das lutherische Pfarrhaus und das reformierte Schulhaus sollen aus den Steinen der ehemaligen Gemeindemauer erbaut werden, wofür die Gemeinde eine viermonatige Frohnfreiheit erhält. Die Gemeindemitglieder scheinen jedoch nicht freiwillig zur Mitarbeit bereitgewesen zu sein, denn der Pfarrer Bloch verlangt, daß der Zentgraf hierfür 4 Leute kommandieren und ihm die Namen derselben mitteilen möge

1749

Kollekte für die abgebrannten Untertanen Jost Boeff und Johannes Seyler zu Fechenheim

1750

Vorstellung der reformierten Gemeinde in Hanau, das die jetzt freie Gerichtsmann-stelle mit einem reformierten Fechenheimer besetzt werden möge. Die Reformierten fühlen sich gegenüber den Lutheranern benachteiligt

1752

Acta, woraus zu ersehen ist, wie es mit der Herstellung der zersprungenen Glocken gehalten werden soll

1754

Gesuch des Johann Ludwig Wittenius um Errichtung einer Seidenfabrik

1791

Kaiser Franz I. speiste, bevor er in Frankfurt einzog, im Ort

1791

Fechenheim hatte zu dieser Zeit 105 Familien bzw. 527 Einwohner, 117 Wohn- bzw. Gemeindehäuser, 1 Herrschaftliches bzw. Adelshaus, 1 Reformierte Pfarrkirche bzw. Filiale, 1 Lutherische Pfarrkirche bzw. Filiale, 58 Pferde, 7 Ochsen, 1.132 Morgen Gemeindewald, 3 Morgen Gärten,40 Morgen Wiesen, 2.081 Morgen Äcker, 2 Morgen Triescher, Eller (Brachland)

1791

Erwähnung der „Wirtschaft zum Mainanker“ an der Mainkur. Die Familie Böff erwirbt das (Pacht-)Recht zum Betrieb einer Fähre nach Bürgel

1793

Der Gemeinde wird gestattet, einen zweiten Faselochsen (Zuchtbullen) zu halten. Der Zuzug von Fabrikarbeitern ist Gegenstand amtlicher Untersuchungen

1793

Aufstellen der Gemeindeuhr auf der lutherischen Kirche

1800

sterben in Fechenheim 43 Personen an der Ruhr, ein Jahr später sterben 47 Personen

1803-1804

Anstellung der Elisabetha Craß als dritte Hebamme zu Fechenheim

1804

Beschwerde der Gemeinde bei der Regierung, daß ihren Schiff- oder Leinreitern bei der Rückkehr mit ihren Pferden auf kurmainzischem Gebiet Wegegeld abgenommen wird.

1804

Als Folge der Säkularisierung fällt der gesamte Besitz des Klosters Arnsburg in Fechenheim an die Fürsten und Grafen von Solms

1805

Die Gemeinde Fechenheim kauft für 32.000 Gulden den ehemaligen Arnsburger Besitz von dem Hause Solms zurück. Da den Fechenheimern die entsprechenden Mittel fehlten, nahmen sie hierfür ein Darlehen bei der Regierung auf. An dieser Schuld zahlten sie bis in das Jahr 1844

1806

Gemäß einer Seelenliste aus dem Jahre 1805 hatte die Gemeinde nach Abzug der Soldaten und der auf Wanderschaft, 840 Einwohner, 322 Verheiratete, 25 Witwer, 46 Witwen, 104 Männer leibeigen und 46 Witwen leibeigen.

1807

Öffentlicher Verkauf der dem Frankfurter Almosenkasten in Fechenheim gehörenden Güter

1813

Am 24. Juli 1807 passiert Kaiser Napoleon auf dem Wege von Hanau nach Frankfurt auch die Mainkur

1816

Begegnung zwischen Napoleon und dem Frankfurter Abgesandten auf der Mainkur, mit der schicksalhaften Bedeutung für Frankfurt

1818

Staatsvertrag über die Anlegung der Offenbacher Schiffsbrücke und einer Straße von dort über Fechenheim nach Bergen

1819

Antrag der Gemeinde auf Verleihung der Stadtrechte

1821

Das alte Recht, eine Fähre nach Offenbach zu unterhalten, wird nach Einweihung der Schiffsbrücke abgelöst. Der Brückenzoll war jedoch noch über 100 Jahre ein ständiges Ärgernis und auch noch Gegenstand der Eingemeindungsverhandlungen

1821

Abbruch der evangelisch-reformierten Kirche auf dem alten Friedhof

1824

Mißhandlung von Untertanen aus Fechenheim bei einem Brand in Bürgel durch großherzogliche Polizei.

Vereinigung der reformierten und der lutherischen Pfarrei

1830

Einstellung eines Gemeinderechners,  der vier Prozent der Gemeindekasseneinnahmen als Gehalt erhält

1830

Der Gemeindeweg nach Seckbach wird mit einer Steinbahnversehen und am Rande mit Apfelbäumen bepflanzt

1832

Das Licentamt (Zollamt) auf der Mainkur wird von einer erregten Menschenmenge gestürmt. Akten und Mobiliar werden verbrannt

1843

Bei einem erneuten Sturm auf das Licentamt an der Mainkur gibt es Tote und Verletzte.

1843

Ein weiterer Antrag auf Verleihung der  Stadtrechte für Fechenheim wird von der Regierung abgelehnt

1843   

Dienstpflichtige zu Fechenheim weigern sich, die zur Reparatur des Pfarrhauses erforderlichen Fuhren zu verrichten

1847

Das Frankfurter Bankhaus Bethmann und  der Bankier Dr. Fay aus Hanau erhalten die vorläufige Genehmigung zum Bau einer Eisenbahn von Frankfurt über Mainkur nach Hanau

1848

Der (alte) Bahnhof Mainkur wird gebaut

1854

Eröffnung der Eisenbahnstrecke Hanau (-West) Frankfurt am Main(-Ost). Danach stellt das Marktschiff seine Fahrten ein

1855

Einrichtung eines neuen Friedhofes an der Steinäcker Straße

1858

Der Bürger Wilhelm Kühn erhält die Konzession zum Betrieb einer Kreidemühle auf dem Main

1859

In Fechenheim gibt es nur noch zwei Fischer

1866

Die katholische Kirchengemeinde ist Filiale von Bockenheim

1870

Fechenheim wird preußisch. Die gegen die Preußen errichteten Schanzen

werden öffentlich versteigert

1881

Richtfest und Produktionsaufnahme der heutigen Cassella Farbwerke Mainkur mit 15 Arbeitern

1882

Die ersten Werkswohnungen der Farbwerke entstehen (Am Gansbühel)

1883

Der Main steigt infolge anhaltenden Regens so hoch, wie zuvor nur 1784 und 1682

1887

Bei der Verteilung der in Ostpreußen für die überschwemmten Gebiete gesammelten Gelder entsteht Haß und Mißgunst. Bürgermeister Fröbe tritt zurück

1894

Eine feste Brücke nach Offenbach ersetzt die alte Schiffsbrücke. Der Brückenzoll bleibt

1896

Eröffnung der Willmannschule (Willmann, Pädagoge und Philosoph)

1897

Einweihung der katholischen Herz-Jesu-Kirche durch Bischof Dr. Komp aus Fulda

1899

Eröffnung der Freiligrath-Schule (damaliger Name: Körnerschule). Sie steht auf dem alten Fechenheimer Friedhof

1902

Die Gemeinde erhält ein eigenes Wasserwerk und ein Elektrizitätswerk

1903

Fechenheim bekommt ein neues Rathaus anstelle der alten Bürgermeisterei im früheren Pfarrhaus

1904

Ansiedlung der Maschinenfabrik Mayfarth an der heutigen Orber Straße

1907

Bei der Kanalisierung des Mains war die Kaiserlay gesprengt und der Schiffsverkehr in beiden Richtungen freigegeben worden.  Damit verschwand auch die Treidelei. Der letzte Leinreiter, der Fechenheimer Johannes Tobias Schmidt, starb 1904

1909

Fechenheim erhält eine selbständige katholische Pfarrei

1910

Im Jahre 1909 wird mit dem Bau der zwanzigklassigen Schillerschule begonnen

1910

Bei Cassella wird das später weltberühmte „Hydron-Blau“  entwickelt

1911

Vollendung der Schillerschule

1914-1921

Errichtung der Diskuswerke an der Vilbeler Landstraße

1917

Der Main wird aufgestaut und bis Aschaffenburg schiffbar gemacht

1918

Bau eines neuen Bahnhofgebäudes und einer neuen          Güterhalle an der Mainkur

1920-1922

Der weitere Ausbau des Frankfurter Osthafens zwingt die Stadt Frankfurt a. M. zu Eingemeindungsgesprächen

1924

Bau eines Verwaltungsgebäudes durch die Cassella Farbwerke

1926

An der heutigen Hanauer Landstraße entsteht die Maschinenfabrik Meuser

1926

Mit dem Bau des Frankfurter Oberhafens (Becken II) hat Fechenheim in seiner Gemarkung ein Hafenbecken

1927

Eröffnung der Omnibusverbindung zwischen Fechenheim (-Post) und den Riederhöfen

1927

Am 17. 12. Abschluß der Eingemeindungsverhandlungen zwischen dem Gemeindevorstand der Gemeinde Fechenheim und dem Magistrat der Stadt Frankfurt a. M.

1928

Die Frankfurter Sparkasse von 1822 eröffnet am 3. 8. 1927 in der Willmannstraße 3 (im „Ausland“!) eine Filiale

1928

In Fechenheim entsteht nach dem Plan und unter der Leitung von Prof. Dr. Elsässer eines der modernsten Hallenbäder Europas

1929

Am 1. April 1928 wird Fechenheim nach Frankfurt a. M. eingemeindet. Das Frankfurter Stadtgebiet erweitert sich dadurch um 711 Hektar  und rund 10.000 Einwohner.

1929

Die Straßenbahnlinie 14 nimmt den Betrieb auf

1941

Die Naxos- Union eröffnet ein Werk in Fechenheim

1943-1945

Die ersten Bomben des Zweiten Weltkrieges fallen auf Fechenheimer Boden

1949

Fechenheim erlitt durch Luft- und Bodenkrieg zum Teil erhebliche Zerstörungen. Auch die Brücke nach Offenbach wurde zerstört

1950

Bau einer zentralen Vogelschutzwarte für Hessen, Rheinland- Pfalz, und das Saarland in der Steinauer Straße

1952-1953

Wiedereröffnung der Zweigstelle 9 der Frankfurter Sparkasse von 1822 in der Willmannstraße

1957

Wiederaufbau und Einweihung der nach Offenbach führenden Carl-Ulrich-Brücke

1959

Umbau des Fechenheimer Hallenbades

1960

Cassella Farbwerke Mainkur baut neues Verwaltungsgebäude

1961

Einrichtung der evangelischen Glaubenskirchen-Gemeinde

1962

Die Neckermann Versand KG bezieht ihr Geschäftsgebäude an der Hanauer Landstraße

1962

Die Riederwaldsiedlung wächst herüber auf           Fechenheimer Gebiet

1969

Die soziale Wohnungsbaugesellschaft „Nassauische Heimstätte“ baut die Wohnsiedlung Fechenheim- Südwest (Bürgerlerstraße, Dietesheimerstraße)

1970

Im Fechenheimer Wald entstand einer der schönsten und größten Spielparks der  Umgebung (Heinrich-Kraft-Park). Die Gesamtkosten der Anlage betragen rund 500.000 DM

1971

Die Frankfurter Sparkasse von 1822 eröffnet in der Wächtersbacher Straße/Ecke Steinauer Straße ihre Zweigstelle 65 in einem Behelfspavillon

1977

Die evangelisch-unierte Melanchthon-Gemeinde feiert das zweihundertjährige Bestehen ihres Kirchengebäudes.

1977   

Auseinandersetzungen um eine Regionalplanung, in die auch Fechenheim einbezogen wird.

 

Fechenheimer Mainbogen:

Entlang der Starkenburger Straße in Fechenheim gibt es eine historische Lindenallee mit 100 Jahre alten Winter‑ und Sommerlinden, die rein optisch aufs Offenbacher Schloß auf der anderen Mainseite zulaufen. Mit dem Schloß war die Allee, die den Mainbogen in Fechenheim malerisch durchschneidet, zwischen 1819 und 1887 durch eine sogenannte Schiffsbrücke verbunden. Der Fährbetrieb wurde eingestellt, als die Carl‑Ulrich‑Brücke fertig wurde. Seit 1998 Granitstelen angeschafft wurden, die als Poller wirken und verhindern, daß die Autos den Bäumen zu nahe kommen und dort Autos repariert werden, wie das jahrelang geschah. Seither hat die „Seufzerallee“, die bei den alten Fechenheimern so heißt, weil sich hier die Verliebten zum Schmachten trafen, wieder Luft.

Die feuchte Auenlandschaft im Fechenheimer Mainbogen ist laut Schwarzkopf der ideale Standort für die Linde, die das trockene Stadtklima gar nicht liebe. Und das, obwohl die Linde eigentlich als Baum gilt, der „dem Menschen zugetan“ ist. Ist sie doch ein beliebter Dorfplatzbaum, wo sie historisch bei Volksfesten zur „Tanzlinde“ wurde. Zuweilen drehten die Burschen ihre Tanzpartnerinnen sogar im Innern des Baums. Denn Linden, die laut Schwarzkopf durchaus 1000 Jahre alt werden können, höhlen im Alter aus und bilden dann, ausgehend vom Kronenkern, im Innern des Stammes Wurzeln, die tief in den Boden hineinreichen.  Der Duft der Linde soll ‑ während der Blütezeit tief eingeatmet ‑ gegen depressive Stimmungen helfen, ja geradezu euphorisieren.

Ein paar Spaziergänge mit tiefen Atemzügen hatten Naturliebhaber wohl nötig, wenn hier, im Landschaftsschutzgebiet, wie immer noch im Flächennutzungsplan vorgesehen, die Verlängerung der Bundesstraße 448 mitten durch Richtung Bad Vilbel geführt würde. Die Stadt Frankfurt hat sich mit Beschluß des Landschaftsplans 1996 unmißverständlich gegen den Bau der Straße ausgesprochen und gleichzeitig beim Umlandverband die Änderung des Flächen­nutzungsplans beantragt ‑ bisher ohne Erfolg. Naturschützer sehen darin eine Bedrohung für das wertvolle, artenreiche Gebiet.

Der Mensch ist eindeutig das störende Element im Landschaftsschutzgebiet Fechenheimer Mainbogen. Stöbernde Hunde vertreiben die 14 Brutpaare der Nachtigall oder die vielen anderen Vogelarten, die in der niedrigen Krautschicht brüten, wie Zilpzalp, Mönchsgrasmücke, Fitis und Trauerschnäpper. Als die Grüngürtel‑Projektgruppe vor einigen Jahren am nordöstlichen Zipfel des Bogens drei Kaiserlinden als eine der ersten Grüngürtel‑Baumgruppen pflanzte und den ehemals als Müllhalde und Autoreparaturplatz genutzten Wiesenflecken mit Granitpollern unzugänglich machte, lagen die frisch gepflanzten Bäume Tage darauf aus dem Boden gerissen herum. Eine von drei Silberweiden, die 1999 als Baumgruppe ein paar hundert Meter weiter gepflanzt wurden, fand man eines Tages umgehackt am Boden.

Derzeit noch überwiegend Ackerland, soll das durch die Biegung des Mains geformte Halbrund von 2005 an fast komplett Grünland werden  - eine dem Standort angemessenere Nutzung. Denn fast jedes Jahr wird die 100 Hektar große Fläche vom anschwellenden Fluß überflutet und schützt so die Innenstadt bei Hochwasser vor Überschwemmungen. Ackerbau ist unter diesen Bedingungen problematisch. Künftig soll er laut Landschaftsplan nur noch auf dem etwas höher liegenden, sogenannten Mittelfeld erlaubt sein. Westlich der Lindenallee soll am Mainufer ein naturbelassener Auwald entstehen, wie er sonst nirgendwo im Stadtgebiet mehr entwickelt werden konnte.

Um die besondere Qualität der Natur entlang des Leinpfads am Mainufer zu erkennen, muß man kein Experte sein. Den glanzvollen Auftakt macht ein als Naturdenkmal ausgewiesener, etwa 100 Jahre alter Spitzahorn am Mainufer, da, wo die Lindenallee auf den Flu0 stößt. Im weiteren Verlauf des Pfads geht es immer so weiter: Baumriese folgt auf Baumriese ‑ die für den Auwald typischen Schwarzerlen, Eschen (Baum des Jahres 2001), Schwarzpappeln, Silberweiden, hainbuchenblattrigen Ulmen und Kastanien. Der reinste botanische Garten ist hier: die rosa Blüte des Blutweiderich etwa oder das weiß blühende Mädesüß, beides typische Auenpflanzen. Der hochgiftige Schierling, zu erkennen an den roten Flecken auf dem Halm, wächst hier gleich neben Baldrian, Klette, Beinwell, Beifuß und Engelwurz neben gemeinem Springkraut.

 

Carl-von-Weinberg Steg:

Die jüdischen Brüder Carl und Arthur führten lange das Chemiewerk Cassella, Ernährer des halben Frankfurter Ostens. Ihren Reichtum setzten sie - wie viele ihrer Zeit - auch großzügig für Wohltaten ein. Das schützte den Mitbegründer der Frankfurter Universität, Arthur von Weinberg, nicht vor der Nazi-Verfolgung. Er erlag einer Krankheit in der Haft.

Arthur von Weinberg wurde geboren am 17. August 7860 in Frankfurt. Er studiert Chemie, Physik, Mathematik und Altphilologie in Straßburg und München und promoviert 1882. Ein Jahr später wird Arthur von Weinberg Teilhaber und technischer Leiter der Firma Cassella. Im Jahre 1908 läßt er die Villa Buchenrode in Niederrad errichten. Sie wird 1944 zerstört. Im Ersten Weltkrieg ist von Weinberg Reserveoffizier. Aufgrund seines sozialen Engagements wird er zahlreich geehrt: 1927 bekommt er die silberne Plakette der Stadt Frankfurt, 1930 wird er zum Ehrenbürger der Stadt ernannt. 1932 bekommt er die Goethe‑Medaille des Reichspräsidenten.

Nach 1933 ist Arthur von Weinberg auf Druck der Nationalsozialisten gezwungen, seine Wirt­schaftsämter niederzulegen. Im Jahre 1938 muß er seine Villa an die Stadt verkaufen. Er verläßt Frankfurt und zieht zu seiner Tochter noch Oberbayern. Anfang Juni 1942 wird er dort verhaftet. Im Alter von 81 Jahren wird er in dos Durchgangs-­ und Konzentrationslager There­sienstadt verschleppt. Im März 1943 stirbt er dort an den Folgen einer Operation.

 

 

 

Süden

 

Sachsenhausen

Sachsenhausens Anfänge liegen im Dunkeln. Vielleicht hat hier wirklich Karl der Große schon vor 800 nCh besiegte Sachsen angesiedelt. Niemand weiß es, und auch der Name ist kein Beweis dafür. Der Ort wird erst viel später, im Jahre 1097, zum erstenmal erwähnt. Die Straßennamen erzählen seine Geschichte. Die Dreieichstraße verkündet, daß die Siedlung einst aus dem gewaltigen Königsforst herausgerodet wurde. Die Große und die Kleine Rittergasse (und einige andere, wie zum Beispiel die Frankensteiner Straße) erinnern an etwas, was man hier gar nicht vermutet, daß nämlich in sehr frühen Zeiten mitten im alten Sachsenhausen mehrere stattliche Ritterhöfe und Ritterburgen lagen, die nach und nach verschwanden. Ihre Herren waren die Nachkömmlinge vornehmer königlicher Beamter, die schon mit der karolingischen Pfalz an den Main gekommen waren.

In Adolf Stoltzes „Alt-Frankfurt“, dem so beliebten heimischen Mundartstück, spielt eine biedere Sachsenhäuser Gemüsefrau, eine „Hockin“, die Hauptrolle. Diese Frau Funk hat einer profunden Erkenntnis über Sachsenhausen die klassische Formulierung gegeben; sie ist längst sprichwörtlich geworden. Als sie nämlich der hochgestochenen Frau Spezereiladenbesitzerin Euphrosine Muffel „uff e aastennig Weis“ die Meinung sagt, ruft sie ihr zu: „Lass' Se sich doch gesacht sein - jeder Sachsehäuser is e Frankforder, awwer e Frankforder noch lang kaa Sachsehäuser!“ Wacker gesprochen, Frau Funk! Und historisch vollkommen richtig gesehen! Denn Sachsenhausen war immer ein Teil von Frankfurt. Es war nicht etwa ein selbständiger Ort, der irgendwann eingemeindet wurde. Sachsenhausen war und ist ein Stück Frankfurt! Aber Frankfurt ist nicht Sachsenhausen!

Bis tief ins 19. Jahrhundert hinein bestand das eigentliche Frankfurt zu sechs Siebentel aus einer Stadt nördlich des Mains und zu einem Siebentel aus einem Dorf südlich des Mains, eben Sachsenhausen (auch Oberrad und Niederrad waren Dörfer, aber sie kamen erst 1900 zu Frankfurt).

Ein Dorf! Nördlich des Mains gab es Kaiserkrönungen und Messen und Bürgeradel und Großkaufleute und Getto und Gymnasium und Manufakturen und Theater und Mode, alles, was zu einer früh groß gewordenen Stadt gehörte. Südlich des Mains gab es nichts davon. Durch Jahrhunderte gab es in Sachsenhausen auch keinen Arzt, keinen Apotheker, keinen Advokaten, keinen Bankier, keinen Juwelier, keinen Buchhändler und keinen Buchdrucker. Wenn man einen von ihnen haben wollte, dann mußte man eben über die Alte Brücke ins nördliche Frankfurt.

Sachsenhausen war ein großes und stattliches Dorf. Aber wie winzig war es im Vergleich zum heutigen Sachsenhausen! Fast vier Kilometer weit zieht es sich heute den Main entlang zwischen dem Städtischen Krankenhaus im Westen und dem Schlachthof im Osten. Das alte Sachsenhausen hingegen brauchte kaum 500 Meter Uferstrecke, vom Eisernen Steg bis zur Obermainbrücke.

Dieses alte dörfliche Sachsenhausen existierte bis weit in die Mitte des 19. Jahrhunderts hinein. Im Westen und Süden war es von der heutigen Schulstraße, der Wallstraße und dem Neuen Wall begrenzt. Die Namen dieser beiden letzten Straßen verraten bereits, was hier früher einmal gewesen ist. Im Osten reichte das Dorf Sachsenhausen ungefähr bis zur heutigen Dreieichstraße, die ja an der Obermainbrücke beginnt. Es ist genau das Gebiet, das man heute noch Alt-Sachsenhausen nennt.

Die einzige Brücke war die Alte Brücke. Die Straße, die von ihr nach Süden führt, hieß dementsprechend „seit ewig Zeiten“ die Brückenstraße (oder Brückengasse). Sie teilte das Dorf Sachsenhausen in zwei annähernd gleich große Teile. Den östlichen Teil nannten die Sachsenhäuser Oberhausen, den westlichen Unterhausen. Und das waren auch wieder zwei kleine Welten für sich, denn in Oberhausen wohnten vorzugsweise die Gärtner und Weingärtner, in Unterhausen die Fischer und Schiffer. Beide machten mehr als zwei Drittel der Bevölkerung aus.

Früher bevölkerten die Fischer beide Ufer des Mains und ganze Straßen. Heute ist es nur noch ein Nebenberuf für eine Handvoll Männer. Immerhin, man kann auch heute noch in Sachsenhäuser Gastwirtschaften den berühmten Main-Aal verspeisen. Sachsenhausen hat die älteste Zunft im weiten Umkreis, eben die Fischer. Die „Fischwaydt“ feierte 1951 mit einer kleinen Verspätung ihr tausendjähriges Bestehen.

Sachsenhausen war also kein Dorf von Ackerbauern, es war, wenn man von den Handwerkern absieht, die hier natürlich auch lebten (vor allem die Gerber in der Löhergasse!), zur einen Hälfte ein Winzerdorf und zur anderen Hälfte ein Fischerdorf. Die einen ernteten in den Weingärten auf dem Sachsenhäuser Berg, die anderen in den Fluten des Mains.

Der „Sachsenhäuser“ galt als herzhafter Wein, ein Naturbursche. Überall am Berg wuchsen die Reben. Das war noch vor achtzig, neunzig Jahren so. Die billigen Weine von außerhalb zwangen dann die Sachsenhäuser Hecker, sich auf Gemüse und Obst umzustellen; die Weingärten verschwanden. „Hecker“ hießen die Weingärtner, weil sie nur im Her bst für einige Wochen ihre „Hecke-Wirtschaft“. geöffnet hatten.

Im Übrigen lebten die Sachsenhäuser vollkommen für sich. Auch über die Brücke gingen sie meistens nur, wenn sie hinüber mußten. Oder wenn sie eine unwiderstehliche Neugierde „nach Frankfurt“ trieb. Zum Beispiel im Oktober 1844, als das Goethe-Monument enthüllt wurde: „Wu will aarr dann hü?“ „A ich will emol dem Gidie sei Munement oogucke!“ „Wem sä Munement?“ „A dem Gidie sans!“ „War iß dann des?“ „Gottverdammich! A der Gidie, der Verschmächer!“ So erzählt es Sachsenhausens Stoltze, der Paul Quilling.

Es gibt die hübsche Geschichte von einem vornehmen Engländer, der vor Jahr und Tag Frankfurt besuchte. Er hatte davon gehört, daß gegenüber, am anderen Ufer des Mains, „dribb de Bach“, auch noch ein wichtiges Stück Frankfurt liege, genannt Sachsenhausen, und daß seine Bewohner wegen ihrer Grobheit berühmt seien. Er wollte sich gern selbst davon überzeugen und ging deshalb mit einem Lohndiener auf den Alten Markt zwischen Dom und Römerberg. Man hatte ihm gesagt, daß dort die Sachsenhäuser Gemüsefrauen ihre Stände hätten. Der Lord spazierte auf dem Markt auf und ab und spitzte die Ohren. Schließlich wandte er sich an seinen Begleiter: „O no - ich hören nichts!“ Der Mann antwortete: „Ei, dann stoße Se mal der Fraa dort den Korb mit Blumekohl um!“ Der Lord tat wie geheißen und stieß mit seinem Fuß den Korb um. Was er in den nächsten zehn Minuten zu hören bekam, begeisterte ihn so, daß er es mit einem Goldstück belohnte und - begleitet von den Segenswünschen der Gemüsefrauen - hochbefriedigt von dannen schritt.

Die „direkte und kräftige“ Sprache der Sachsenhäuser wurde schon in frühen Zeiten sprichwörtlich, und es ist gar nicht unwahrscheinlich, daß ihr Ruf bis an ferne Gestade drang. Denn in älteren Reisebeschreibungen findet man die Sachsenhäuser Grobheit häufig unter die Frankfurter Spezialitäten und „Sehenswürdigkeiten“ eingereiht. Die Frankfurter selbst haben die Tatsache niemals verheimlicht. „Es is e Sachsenhäusern, die hat e Privileg uff e bees Maul“, heißt es in Adolf Stoltzes historischem Drama „Vinzenz Fettmilch“. Warum sollten sie es auch vertuschen? Im Grunde ihres Herzens waren sie ja stolz darauf.

Und kein alter Frankfurter vergaß jemals das Bild, das der Markt zwischen Dom und Römerberg bot und das einer von ihnen (Dr. C. Schenck) folgendermaßen beschrieben hat: „Da saßen die originellen Gestalten der Hockerinnen, umgeben von ihren gefüllten Körben, unter weiten Schirmen, in beständigem lautem Gespräch miteinander. Die mit Kaffee gefüllten großen Untertassen balancierten die würdigen Frauen auf allen fünf Fingerspitzen. Es herrschte ein solcher Lärm, daß man meinte, diese Leute wären ununterbrochen in Zank und Streit...“. Aber es klang nur so. Es war eben ihre Art, miteinander zu verkehren. Sie waren Gegner einer leisen oder undeutlichen Aussprache und der feinsinnigen Umschreibung.

Kostproben von ihren Unterhaltungen hat schon Sauerwein 1838 mit seinem kleinen Theaterstückchen „Der Gemüsmarkt“ aufbewahrt. (Die Geyern: „No, es gibt aach noch orndliche

Menner in Sachsehause“. Die Ditzelin: „De sein awwer dinn genug gesiet. Mer sieht wenig Mannsleut, die nett finf oder sechs Leidenschafte hawe, im Maul die Tuwackspfeif, in der linke Hand die Kreuz- und Schippedam, in der rechte Hand des Schoppeglas, uf der Schulter die Flint, unnerm Stuhl der Jagdhund un uf dem Buckel en Wasserstanhusar met em Kind“, wobei mit dem „Wasserstanhusar“ eine Köchin oder jedenfalls eine Person gemeint ist, die sich „sundags nochmittags om Wasserstau fresiert“.

Mit dieser Sachsenhäuser Grobheit geht es einem wie mit den Nüssen. Die Schale besagt gar nichts über den Kern. Die Sachsenhäuser galten allemal als aufrichtige, gutmütige Menschen. Außerdem hatte ihre Grobheit natürlich ihre Gründe. Unter allen freien Bürgern der Freien Reichsstadt fühlten sich die Sachsenhäuser stets als die freiesten. Es ist die Freiheit jenes

Mannes, der niemand etwas schuldig ist, der ein gutes Gewissen hat und der das, was er besitzt, mühsam Stein für Stein erworben hat.

So ein Fluß kann Welten trennen! Drüben, auf der Frankfurter Seite, herrschten Handel und Wandel und Wohlstand. Im alten Sachsenhausen aber war das karge Leben daheim. Die Sachsenhäuser haben sich ihr Brot immer im Schweiße ihres Angesichts verdienen müssen, als Weingärtner, als Gemüsebauern, als Fischer, als kleine Handwerker. Wenn man sein Leben lang schuften muß, geht manche Tünche verloren. Es wäre jedoch ein gewaltiger Irrtum, anzunehmen, die Sachsenhäuser Grobheit wäre das Wichtigste oder vielleicht gar das einzige, was von den Sachsenhäusern zu rühmen und zu berichten ist. Weit gefehlt! Sachsenhausen ist eine Welt für sich. Auch sie steckt voller Merkwürdigkeiten.

 

Sachsenhausen hat den berühmtesten aller Spaziergänge, den Osterspaziergang im „Faust“. Als ihn der fünfzigjährige Goethe in Weimar schrieb, stand ihm seine Vaterstadt Frankfurt vor Augen, genauer Sachsenhausen. Die Szene spielt vor dem Tore. Ein Handwerksbursche: „Wir geh'n hinaus aufs Jägerhaus“. Damit war das Oberforsthaus gemeint. Andere Burschen: „Wir aber wollen nach der Mühle wandern“. Es ist die Gerbermühle. Handwerksbursche: „Ich rat' Euch, nach dem Wasserhof zu geh'n“. Der alte Wasserhof (oder Strahlenberger Hof) liegt unweit der Gerbermühle. Ein vierter: „Nach Burgdorf kommt herauf!“ Man vermutet dahinter Oberrad. Der spazierengehende Bürger, der den Frieden lobt und feststellt: „Man steht am Fenster, trinkt sein Gläschen aus und sieht den Fluß hinab die bunten Schiffe gleiten...“, der dachte an den Main. Und Faust schließlich, zu seinem Famulus Wagner gewendet: „Kehre dich um, von diesen Hohen nach der Stadt zurückzusehen! Aus dem hohlen, finstern Tor dringt ein buntes Gewimmel hervor...“, der stand in diesem Augenblick auf dem Sachsenhäuser Berg und sah zurück zum Affentor.

Sachsenhausen hat auch sonst seinen festen Platz in der Weltliteratur. Im „Götz von Berlichingen“ kommt es vor, im ersten Akt, im Rededuell zwischen dem spöttischen Liebetraut und dem Doktor beider Rechte Olearius. Bevor der Bamberger Bischof den Disput abbiegt, läßt Goethe den Liebetraut geschwind noch sagen: „Gegen Frankfurt liegt ein Ding über, heißt Sachsenhausen...“. Wahrscheinlich spielt er damit auf die Herkunft des Dr. Olearius an.

 

Apfelwein:

Sachsenhausen - jeder weiß es - ist der berühmteste Äpfelweinort der Welt. Wer einen noch berühmteren weiß, möge ihn ungeniert nennen. Der „Rebesaft vom Äppelbaam“ ist allerdings nicht so alt, wie uns Adolf Stoltze weismachen möchte, der dessen Geburtsstunde nämlich auf jenen Augenblick zurückführt, in dem sich Karl der Große aus Versehen einmal auf den Reichsapfel setzte. Nein, der Apfelwein ist jünger. Aber er hat in einem kaum vorstellbaren Maße an dem Rufe Frankfurts mitgewirkt. Und er hat der Stadt etwas beschert, was ihr erhalten bleiben möge, solange sie existiert - echte Volksschenken

 

Kaiserlei:

Der „ Kaiserlei“ heißt so, weil hier ein Felsen im Main stand, ein Ley (wie bei der Loreley). Bis dahin durften die Frankfurter zum Fischen fahren, zum Felsen des Kaisers, der so um 1850 gesprengt wurde (Gunther Haarstark)

Die Kaiserlei-Autobahn zwischen Offenbach und Frankfurt etwa hat man in den sechziger Jahren noch über einen riesigen Kelten-Grabhügel gebaut. Der war größer als der vom Glauberg, wo man die bekannte Statue eines Keltenfürsten gefunden hat. Rund 3.500 Jahre war der Hügel alt, 900 Jahre in Benutzung. Jetzt ist da nur noch Asphalt. Heute würde man die Autobahn sicher drum herum bauen und aus dem Hügel eine richtige Touristen-Attraktion machen (Gunther Haarstark).

 

Straßenbahn von Frankfurt nach Offenbach:

Die durch Mark und Bein zu spürende Fahrt brachte ihr 1884 den Spitznamen „Knochenmühle“ ein. Doch 125 Jahre später feiern Frankfurter und Offenbacher stolz die Straßenbahn, die beide Städte seit dem 18. Februar 1884 verbindet. Bei der Jungfernfahrt vor 125 Jahren war sie die erste elektrische Straßenbahn Deutschlands im Linienbetrieb. Und trotz des Spotts hat die Verbindung gehalten: Zwischen Frankfurt und der Offenbacher Stadtgrenze fahren noch heute an jedem Arbeitstag 30.000 Menschen mit der Straßenbahn - heute ist es die Linie 16.

Die Möglichkeiten neuer Technik wurden erkannt

Als „herausragende technische Innovation“ bezeichnet der Leiter des Siemens Archiv in München, Frank Wittendorfer, die historische Bahn im Rückblick. Akten des Konzerns erzählen ihre Geschichte: Während Werner von Siemens in Berlin über Versuchsstrecken nicht hinauskam, erkannte ein Offenbacher Konsortium die Möglichkeiten seiner neuen Technik. Zuvor hatte der Frankfurter Magistrat Dampfbetrieb auf der Strecke abgelehnt, weil sich der mit dem anderen Verkehr nicht vertrage. Mancher mutmaßte aber, vor allem Villenbesitzer an der Trasse hätten den Ruß gefürchtet.

Die Luft blieb rein, als die von „Siemens & Halske“ hergestellte Bahn am 18. Februar 1884 gegen 11.30 Uhr erstmals abfuhr. Zunächst ging die Strecke von Frankfurt „Alte Brücke“ bis Oberrad in Betrieb. Am 10. April folgte der Abschnitt von Oberrad bis Offenbach Mathildenplatz. Mit 6,7 Kilometern war es damals die längste Straßenbahnstrecke der Welt. Zwanzig

Minuten waren die holprigen Zweiachser unterwegs. Der Strom kam aus einem in der Mitte der Strecke errichteten Kraftwerk. Die Höchstgeschwindigkeit der Bahn war amtlich auf zwölf Stundenkilometer festgelegt - technisch hätte sie ein Drittel flotter sein können. Doch das galt als zu gefährlich.

Später gab es dann eher Klagen über Verspätungen. Anhänger sprangen aus dem Gleis oder die Stromversorgung riß ab. Dennoch zählte die Bahn fast eine Million Fahrgäste im Jahr. Triebwagen und Anhänger faßten je 30 Menschen. Betreiber war die private Frankfurt-Offenbacher Trambahngesellschaft, die 1906 anteilig von beiden Städten übernommen wurde. Diese stellten anschließend die Spurweite von einem Meter auf die so genannte Normalspur von 1435 Millimeter um. Im Jahre 1996 wurde der Offenbacher Teil der Strecke schließlich stillgelegt, zum Kummer der Straßenbahnfans. Seither endet die auf der historischen Route fahrende Linie 16 an der Stadtgrenze. Ein Originalwagen steht im Frankfurter Verkehrsmuseum Schwanheim.

 

Fläschenburg:

Zwischen Oberrad und Offenbach lag die stark befestigte Fläschenburg. Doch im Jahre 1490 wurde vom Bischof von Mainz der Turm zerstört und der Graben verwüstet, weil dort ein Geistlicher beraubt worden war.

 

Sankt Georgen:

Die Philosophisch-Theologische Hochschule Sankt Georgen im Stadtteil Oberrad. Zur Hochschule gehört ein Park von 8,3 Hektar, in dem nach aktuellen Daten (31. August 2004) 1.050 verschiedene Bäume und Sträucher beheimatet sind. Jedes Exemplar ist mit einem Schildchen versehen, das über seinen Namen (lat.-deutsch), sein Herkunftsland sowie das Datum seines Zuganges Auskunft gibt. Viele der Bäume und Sträucher, die seit vielen Jahren im Park im wahrsten Sinne des Wortes „Fuß gefaßt“ haben, dürften hier aufgrund der gegebenen klimatischen und Bodenverhältnisse nicht einmal wachsen geschweige denn Früchte bringen und sich weiter vermehren.

Es war oder ist jedoch niemals das Ziel der Besitzer gewesen, besonders viele „Exoten“ zu präsentieren. Der interessierte Besucher darf aber staunen über die vielen verschiedenen Exemplare an Eichen, Ahornen, Eschen usw., die ein Laie, der ja wohl stets zuerst nach den Blättern schaut, niemals erkennen würde, weil sie ausschließlich an den Früchten zu identifizieren sind.

Inzwischen wurde ein Areal angelegt, in dem chinesisch-japanische Gehölze zusammengefaßt werden, ein anderes für amerikanische. Der Höhepunkt des Parks ist jedoch eine Blutbuche, die bereits 1840 gepflanzt wurde und jetzt Mittelpunkt einer eigenen Dokumentation werden soll.

Geschichte der Eigentümer von Sankt Georgen:

Im Jahre 1780 wurde das Landgut, das aus Ackerland, Obst- und Weingärten bestand, von Johann Jakob Hollweg, der verheiratet war mit Susanne Elisabeth Bethmann, erworben. Als Bethmann-Hollweg war er Teilhaber der Bethmann-Bank. Sein Urenkel war Reichskanzler Theobald von Bethmann-Hollweg unter Kaiser Wilhelm II.

Im Jahre 1803 wurde das Landgut an den trierischen Geheimrat und kurfürstlichen Hofbankier Heinrich Mühlhens verkauft. Dieser Landsitz war der Ort vieler gesellschaftlicher Begegnungen. So fand man dort u.a. Freiherr Karl vom Stein als häufigen Gast und Moritz August von Hollweg, der 1820 zum preußischen Kultusminister ernannt wurde und dem Marianne von Willemer einen wehmütigen poetischen Nachruf widmete. Im Jahre 1824 trat Heinrich Mühlhens - durch den Tod seiner Gattin vereinsamt - das Gut an seine älteste Töchter, Marianne, die Gattin des Barons Karl Ludwig von Leonhardi, ab. Um ihre zehn Kinder zu versorgen, verkauften die Leonhardis 1840 das Gut für 34.900 Gulden.

Im Jahre 1840 wurde der neue Eigentümer Johann Georg Konrad von Saint George. Er galt

als Abkömmling einer hochadeligen Familie aus der Languedoc in Frankreich. Ermittlungen im Stadtarchiv ergaben allerdings, daß der erste nachweisbare Ahne mit Vornamen „Ambrosius“ als waschechter Hesse von 1537- 1597 in Treysa im Bezirk Kassel als „Badstüber“, also Dentist und Heilpraktiker, beheimatet gewesen war.

Johann Georg von Saint George bewährte sich seit 1800 als Angestellter des Bankhauses Bethmann und erlangte durch seine Heirat mit Maria Louise Bethmann-Hollweg das Frankfurter Bürgerrecht und gleichzeitig gesellschaftliches Ansehen. Um seinen aristokratischen Stil zu vervollständigen, entschloß er sich 1843, sein Landgut durch Zukauf von Ländereien zu einer herrschaftlichen Besitzung, die nach ihm benannt wurde, zu verhelfen. Für die Umwandlung des bäuerlichen Ziergartens in einen Park nach englischem Muster hatte er Sebastian Rinz verpflichtet, den Gartendirektor von Frankfurt, der den Anlagenring in Frankfurt geschaffen hat.

Samt Georges älteste Tochter Katharina vergrößerte 1863 das Anwesen nach dem Tode ihres Gatten, des Bankherren Peter Carl Grunelius. Nach ihm ist die Grunelius-Schule und eine Straße in Oberrad benannt. Andreas Weber, ein Enkel von Sebastian Rinz und wie dieser Gartenbaudirektor von Frankfurt, beriet Katharina Grunelius bei der Ausweitung des Parks. Im Jahre 1892, nach dem Tode seiner Mutter, ließ Moritz Eduard von Grunelius einen Wintergarten, die spätere „Glashalle“ errichten. Moritz Eduard von Grunelius war verheiratet mit der Baronin Olga von Bethmann, einer Enkelin des Staatsrates. Damit steht am Anfang wie am Ende wieder der Name Bethmann.

Am 25. Oktober 1926 wurde die bisherige „Villa Grunelius“ als ,,Philosophisch-Theologische Hochschule Sankt Georgen“ durch Bischof Dr. Augustinus Kilian von Limburg eröffnet und den Jesuiten übertragen zur Ausbildung der Priester der Diözese Limburg. I m Jahre 1950 kamen die jungen Jesuiten zur Ausbildung dazu. Im Jahre1970 wurden die beiden Ausbildungsgänge für die Priester der Bistümer Limburg, Osnabrück und Hildesheim (und später auch das Erzbistum Hamburg) und die der Jesuiten zusammengelegt. Seit 1974 können auch Nicht-Jesuiten im kirchlichen Recht promovieren.

Seit 1980 besteht die staatliche Anerkennung als wissenschaftliche Hochschule, seit 1982 hat Sankt Georgen staatliches Promotionsrecht in Theologie, seit 1983 staatliches Lizenziatsrecht. Seit 2000 hat Sankt Georgen auch staatliches Habilitationsrecht. Es dozieren 26 Professoren, davon 24 Jesuiten. Es gibt etwa 160 Studierende im Grundstudium, etwa 100 im Aufbaustudium (Lizenziat etwa 30, Promotion etwa 70), etwa 150 Gasthörer. Die Bibliothek hat etwa 390.000 Bände. Der Park öffnet nur einmal jährlich zum Sommerfest seine Pforten für alle Besucher.

 

Gerbermühle:

Wenn Goethe in diesen Tagen seinen berühmten Osterspaziergang unternehmen würde, hätte er seine helle Freude. Der Umbau der Gerbermühle, in der der Dichterfürst 1815 nicht nur seinen 66. Geburtstag feierte, sondern auch viele schöne Stunden mit der Bankiersgattin Marianne von Willemer verbrachte, ist vollendet. „Wir versuchen den Bogen zwischen Klassik und Moderne zu schlagen“, sagt Kai Petry, Geschäftsführer der Eigentümer-Gesellschaft, der Werner Kindermann angehört.

 

Die Gerbermühle hat längst Geschichte geschrieben Ursprünglich wurde sie als Lehn gut im 14. Jahrhundert errichtet Um 1520 wurde sie zur Mühle umgebaut, die von 1690 an als Gerberei diente. Der Bankier Jakob von Willemer erwarb das Gebäude 1785 und funktionierte sie zu einem Sommersitz um. Im 19. Jahrhundert schaute oft de mit der Familie gut befreundet Johann Wolfgang von Goethe vorbei und feierte hier sogar seinen 66. Geburtstag.

Der Dichterfiirst lernte bei seinen Besuchen auch die Ziehtochter und spätere Gattin Jakob von Willemers, Marianne, kennen, mit der ihn eine innige Beziehung verband. Hier verbrachten die beiden viel Zeit zusammen und arbeiteten auch künstlerisch zusammen. Die zwei Sitzungszimmer sind deshalb nach Marianne und Goethe benannt, Einrichtungsgegenstände aus dem Biedermeier erinnern an die damalige Zeit.

1904 wurde das Gebäude von der Stadt übernommen und als Gaststätte betrieben. Die Bomben im Zweiten Weltkrieg zerstörten 1944 weite Teile der Gerbermühle, die erst 1970 wieder aufgebaut und erneut als Ausflugsgaststätte betrieben wurde.

2001 erwarb Werner Kindermann das Ensemble. Der Umbau drohte aber zu scheitern, denn die Stadt war mit den ursprünglichen Plänen des Architekturbüros Albert Speer & Partner nicht zufrieden, da sie einen Teilabriß des historischen Gebäudes vorsahen. Kindermann beauftragte dann den Frankfurter Architekten Jochem Jourdan. Nach seinen Plänen wurde die Gerbermühle umgebaut.

Einerseits wollte man der Geschichte dieses Gebäudes gerecht werden, andererseits sollte das Ganze nicht altbacken oder plüschig werden. So paßt der Neubau, in dem das Hotel untergebracht ist, architektonisch zum historischen Teil, der saniert wurde. Dort befindet sich das Restaurant samt Wintergarten, die Bel-Etage mit Salon und zwei kleinen Sitzungszimmern sowie im obersten Stock einige der insgesamt 19 Hotelzimmer. Verbunden werden alter und neuer Bau durch eine verglaste Empfangshalle. Der geschichtsträchtigste Teil ist der Turm, der bis ins 13. Jahrhundert zurückgeht. Dort soll ein kleiner Saal für 30 Personen entstehen, der mit Naturstein belassen ist.

Goethe begegnet den Gästen in der Gerbermühle auf Schritt und Tritt. So werden die Hotelzimmer nach Zeitgenossen oder Künstlern benannt, die Einfluß auf den Dichterfürsten ausgeübt haben oder in einer persönlichen Verbindung zu ihm standen. Schiller, Brentano und Bettina von Arnim gehören dazu. Dabei beläßt man es nicht bei dem jeweiligen Namen, sondern diese Persönlichkeiten finden sich in Wort und Bild dann auch in den jeweiligen Zimmern wieder.

Auf der Speisekarte des Restaurants mit seinen rund 60 Plätzen sind hochwertige deutsche Gerichte zu finden, aber auch italienische und französische. Damit wird an Goethes Reisen erinnert. Praktisch, daß der neue Küchenchef Mathieu Henninger aus Frankreich stammt. Vor dem Restaurant befinden sich ein Wintergarten mit 35 und eine Terrasse mit 60 Plätzen. Auch der beliebte Biergarten, der bereits im vergangenen Sommer provisorisch betrieben wurde, bleibt erhalten. Der ist allerdings nicht einheitlich gestaltet. Es gibt weiterhin die langen Holzbänke und -tische, aber auch die Möglichkeit, sich auf richtige Stühle oder Rundbänke um die Bäume herum zu setzen. Beim Essen setzen die Betreiber hier vor allem auf Frankfurter Küche zu moderaten Preisen.

 

Am Donnerstagabend, dem 19. Juli 2007, wurde nun der über 500 Menschen fassende Sommergarten unter den alten Kastanien wiederöffnet. Ende August nahm dann an der historischen Stelle ein Hotel im Landhausstil seinen Betrieb auf. Kai Petry hoffte natürlich, daß die Gäste dann mit Goethe übereinstimmen: „Hier bin ich Mensch, hier darf ich's sein.” „Die Gerbermühle soll bundesweit zu einer Adresse werden”, sagt der Pächter, der junge Hotelier Alex Urseanu. Das klingt kühn, scheint aber keineswegs anmaßend. Der 36-jährige Urseanu und sein Kompagnon Micky Rosen haben bereits mit zwei Frankfurter Stadt-Hotels im Designerstil für Furore gesorgt. „Hotels sollen wieder ein Ort sein, wo sich die Gesellschaft in Frankfurt trifft”, sagt der 40 Jahre alte Rosen. Neben dem Restaurantangebot von gutbürgerlich bis erstklassig soll der Sommergarten mit Äppelwoi und Frankfurter Spezialitäten jedoch Bewährtes bieten. „Wir wollen den Frankfurtern ihr Ausflugslokal zurückgeben”, versichert Rosen.

 

 

 

Von dort aus hat man einen der schönsten Blicke auf die Frankfurter Skyline. Goethe würde seine alte Heimatstadt, die er selbst als oft zu eng empfand, von der Gerbermühle nicht wiedererkennen. Das Lokal selbst ist mit seinem angrenzenden lauschigen Park und dem träge dahinfließenden Main immer noch einer der romantischsten Ecken der Stadt geblieben. Für viele Frankfurter hat deshalb Goethes Gedicht auf die Mühle nicht an Gültigkeit verloren: „Von der Ilme bis zum Rheine, mahlen manche Mühlen, Doch die Gerbermühl’ am Main, Ist's worauf ich ziele.”

 

Die von den Betreibern gepflegte Mischung aus Tradition und Design soll nun auch in der Gerbermühle funktionieren. Den Gast erwartet ein Stil-Mix aus braunen Ledersofas und Lampen aus Hirschgeweih. Und im Eingang grüßt eine Büste von Goethe. Ein „Spagat”, wie Rosen einräumt. Von der Architektur her wirkt die Sanierung der Gerbermühle gelungen. Die renommierten Frankfurter Architekten Müller & Jourdan haben für den Eigentümer Werner Kindermann ein Ensemble geschaffen, das harmonisch Altes und Neues verbindet. Es setzt sich einmal aus dem biedermeierlich gehaltenen Landhaus des Bankiers Willemer zusammen, das im Zweiten Weltkrieg ausbrannte und danach wiederaufgebaut worden war. Erhalten blieb in der Bel-Etage des Landhauses auch die Original-Sandsteintreppe mit dem spätbarocken Geländer. Über diese Treppe ist auch Goethe in das später ihm gewidmete Zimmer gegangen.

Daneben steht der alte Mühlenturm, in dem Mauerwerk einer früheren Eisenschmiede aus dem 13. Jahrhundert freigelegt wurde. Die Architekten gaben dem Turm - wie einst vor dem Krieg - sein gotisches Satteldach zurück. Der Hotel-Neubau wiederum ist mit dem Turm durch eine gläserne Halle verbunden - als Eingang für Hotel und Restaurant.

Die Unterschiede im dreiteiligen Ensemble werden durch Farbe und Material deutlich gemacht. So erhielt der Mühlenturm mit seinem steilen Giebel ein Schieferdach. Die drei Gebäudeteile sind durch die Farben gelb, grau und rostrot auf die jeweiligen historischen Epochen abgestimmt, in denen sie entstanden.

 

Stralenberger Hof:

Auf dem Weg nach Oberrad lag der befestigte Stralenberger Hof. Eine große Wasserfläche umgab ihn, weshalb er auf Wasserhof genannt wurde. Erbauer ist Herr von Stralenberg, der nach Frankfurt kam und 1353 Clara Knoblauch heiratete. Bei dem Hof war auch ein Wäld­chen.

 

Mühlberg:

Durch die Siemensstraße und die Offenbacher Landstraße kommt man zum Mühlberg. Dieser war ein Lieblingsaufenthalt der alten Frankfurter. Friedrich Stoltze hat den Mühlberg einmal besungen:                      Der leiht im Frankfurter Gebiet

un wenn er aach net alpegliht,

un net bis in die Wolke steiht,

geschieht des aus Bescheidenheit.

In der Straße „Auf dem Mühlberg“ bauten die wohlhabenden Frankfurter früher vor den Mauern der Stadt große stattliche Gartenhäuser. Ein Prachtstück hiervon blieb in Sachsenhausen am Mühlberg erhalten, Im Jahre 1782 ließ es sich der Handelsmann Kleig bauen. Heute ist es natürlich ständig bewohnt. Auf dem Mühlbergsteht auch die katholische Herz-Marien-Kirche mit einer Chorwand aus buntem Glas.

 

Willemer-Häuschen:

In der Mariannenstraße steht das Willemer-Häuschen. Im Jahre 1809 hatte der Bankier Johann Jacob Willemer ein kleines, kurz zuvor erbautes klassizistisches Gartenhaus erworben. Von dem Gartenhäuschen steht unverändert nur noch der Stumpf. Im Jahre 1810 ließ Willemer ein turmartiges Gartenhäuschen erbauen, achteckig und mit geschiefertem Fachwerk. Goethe war hier, am 18. Oktober 1814, und schaute mit seiner „Suleika“, der jungen Frau Marianne Willemer, hinaus in die Nacht, auf die vielen Freudenfeuer ringsum, die zum Jahrestag der Leipziger Niederlage Napoleons brannten. Marianne Jung war eine junge österreichische Tänzerin, die im Haus des Bankiers Johann Jacob Willemer zusammen mit dessen Töchtern aus erster Ehe erzogen worden war und 1814 Willemers Frau wurde.

Die Begegnung zwischen Goethe und Marianne war für beide ein beglückendes Erlebnis, das sich in Gedichten beider im Buch „Suleika“ des „West-östlichen Diwans“ widerspiegelte. Jedenfalls scheint die Bankiersgattin seit diesem Tag die Muse und Mit-Autorin Goethes gewesen zu sein. Diese letzten Aufenthalte in der Stadt, in der er geboren wurde und aufwuchs, empfand Goethe als „allerschönste Zeit“.

Im Jahre 1902 richtete das Freie Deutsche Hochstift das nun im städtischen Besitz befindliche Häuschen mit Möbeln und Erinnerungsgegenständen ein. Im Zweiten Weltkrieg wurde es zerstört, doch konnte es bald restauriert werden und mit Möbeln aus dem frühen 19. Jahrhundert, dem Waschtisch Mariannes und mit Fotos ausgestattet werden. Am 18. Oktober 1964 wurde das Haus wieder der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Von Mitte April bis Mitte Oktober stehen jeweils sonntags zwischen 11 und 16 Uhr seine Türen offen.

 

Willemergarten: Sachsenhausen war auch einmal eine Theaterstadt! Gleich an drei Stellen konnte man nach dem Kriege Theater genießen - der Willemergarten verwandelte sich in eine winzige private Freilichtbühne, auf der engagementlose Schauspieler Goethes „Freier“ aufführten. In der Gastwirtschaft Heymann (am Lokalbahnhof) erklang Frankfurter Gebabbel, die Mundartbühne hatte dort ein Domizil gefunden. Am Oppenheimer Platz, in der betagten Turnhalle des TV Sachsenhausen, war das Schauspiel in ein Notquartier der Städtischen Bühnen eingezogen.

Hühnerweg: Noch so ein kleines Haus ist die Nummer 48.

 

Frankensteiner Hof:

Über den Hühnerweg und die Darmstädter Landstraße geht man wieder zum Mainufer. Am Deutschherrenufer an der Obermainbrücke stand der „Frankensteiner Hof“. Die Adresse „Große Rittergasse 103“ erinnert dort ‑ hinter dem Haus der Jugend ‑ noch an die Zeit der großen Adelshöfe von Sachsenhausen. Das Lehnsgut der Familie Frankenstein grenzte seit dem Mittelalter an das Deutschordenshaus. Im Jahr 1831 ging es mit 140 Morgen Land und Weinbergen in städtischen Besitz über.

Die trutzige Hofanlage wurde erst durch die Bomben des letzten Krieges zerstöre. Seit 1957 ist die Adresse mit zwei dreigeschossigen Verwaltungs‑ und Betriebsgebäuden sowie zwei Nebengebäuden bebaut. Damals wurde angrenzend auch der Kuhhirtenturm wieder rekon­struiert. Hier hatte das Stadtentwässerungsamt in den schlichten gelben Bauten der fünfziger Jahre seinen Sitz. Dann wurden die Etagen vorübergehend von Künstlern umgebaut und eingerichtet.

Aber Architekten haben gefordert, daß der verstellte Zugang nach Alt‑Sachsenhausen wieder frei gelegt werden muß. Genutzt werden sollte der Neubau zur Hälfte durch wohnverträgliches Gewerbe (keine Gastronomie), zur anderen Hälfte zum Wohnen. Im Erdgeschoß sollen 500 Quadratmeter für eine öffentliche, kulturelle Einrichtung vorbehalten werden.  Die Umgestaltung des geschichtsträchtigen Areals war als Signal für die Aufwertung des Apfelweinviertels von Alt Sachsenhausen gedacht und unter Architekten und Bauherren ausgelobt. Der Leiter des Liegenschaftsamts wollte das Bürgeramt und das Sozialrathaus Sachsenhausen dort hinter dem Haus der Jugend unterbringen, die platzen aus allen Nähten. Es wäre für ihn eine bleibende Lösung. Auch Sozialdezernent Franz Frey habe dringenden Bedarf angemeldet. Einige Dienststellen sind schon in den Frankensteiner Hof eingezogen.

Aber die Stadt konnte oder wollte den Frankensteiner Hof nicht verkaufen. Eine Ausschreibung brachte nur Gebote bis zu zwei Millionen Euro. Da wollte die Stadt das 3.500 Quadratmeter große Grundstücks lieber selbst nutzen. Der Architekt Jo Franzke hatte in seinem preisgekrönten Entwurf vorgeschlagen, vom Bestand der schlichten Fünfziger-Jahre‑Bauten einen Riegel im Innenhof abzubrechen und durch ein Turmhaus mit Büros zu ersetzen. Ein zweiter Turm, errichtet an der Großen Rittergasse, wäre zum Wohnen vorgesehen gewesen. Die Jury hatte an dem Konzept die neuen grünen Höfe gelobt und geurteilt, die Nutzung der Erdgeschosse mit Gewerbeflächen und Ateliers lasse eine Belebung Alt‑Sachsenhausens erwarten.

Auch ohne Verkauf und aufwendige Neubauten sollte aber die geforderte kulturelle Nutzung im Frankensteiner Hof erfolgen. Die Künstlergruppe „raumpool“ ist (mietfrei) in einen Trakt des Hofs eingezogen: Wenn die ein ordentliches Programm auflegen, können sie auch drin bleiben.

Der Ritter-Brunnen stand einst an der Stelle des Klappergass-Brunnens. Es ist der einzige Brunnen, der nicht aus Sandstein ist und erst in den sechziger Jahren gebaut wurde. Sein historischer Vorläufer mußte wegen baulicher Veränderungen abgetragen werden. Bildhauer Georg Krämer hat die neue Variante geschaffen. Er soll er dort auf dem Außengelände des Frankensteiner Hofs einen Standort bekommen.

 

Große Rittergasse:

Durch die Frankensteiner Straße geht man nach Südwesten in die Große Rittergasse. Nach Osten zur Dreieichstraße hin steht der Hirsch-Brunnen, er ist um wenige Meter weiter gewandert und erhielt eine Schönheitskur. An der Einmündung der Frankensteiner Straße steht der Heiliger-Georg-Brunnen, den Bildhauermeister Rainer Knußmann aus rotem Sandstein geschaffen hat.

Die nordöstliche Ecke dieses Platzes heißt „Knippelhof“. So etwas wie die beiden alterskrummen, schiefergedeckten Häuschen um den winzigen Hof mit dem Baum neben dem Tor gibt es in Frankfurt nicht mehr. So sah Sachsenhausen aus, als Kolumbus bestimmt noch nicht lange tot war. Die Häuser Nummer 100, 106 und 108 sind niedlich klein, aber zum Teil ziemlich verbaut.

Am westlichen Ende der Großen Rittergasse steht der Kuhhirtenturm, der einzige von den neun Türmen der alten Sachsenhäuser Befestigung. Der Turm hatte seinen Namen nach einem früheren Bewohner, der sich dem Kühehüten hingab. Der Turm wurde im Mittelalter auch „Elefant“ genannt. Der gotische Wehrturm ist um 1490 entstanden. Er hatte eine seitliche Pforte zum Mainufer. Es ist ein viergeschossiger Turm auf rechteckigem Grundriß mit Eck­quaderung unter steilem Walmdach. Die Türmerstube im Fachwerkgeschoß ist mit Mannfiguren versehen.
Der Turm wurde 1943 von Bomben stark beschädigt und 1957 wieder aufgebaut. Heute gehört der Turm zur Jugendherberge (er steht ja - wenn man vom Main aus die Häuserfront sieht - zwischen Frankensteiner Hof und Deutschordenshaus). Hier wohnte Paul Hindemith in den Jahren 1923 - 1927, der 1923 dort seine Oper „Cardillac“ und die Komposition „Marienleben“ komponierte.

Es gab auch einen Sauhirtenturm; er steht nicht mehr. Neben dem Kuhhirtenturm steht noch der Fleischerbrunnen, ein klassizistischer Pumpenbrunnen, der um 1820 auf dem Fünffingerplatz in der Frankfurter Altstadt aufgestellt wurde. Inzwischen ist ihm auch die Putte gestohlen worden, so daß nur noch die Stele übrig ist, die abgebaut und zunächst einmal verwahrt werden soll.

 

Paradiesgasse:

Nach links geht es dann in die Paradiesgasse. Hier steht gleich links hinter der (geschlossenen) Gaststätte „Marco Polo“ mit einer Ritterfassade (früher: „Zum Paradiesäppelche“) der „gotische Turm“ (erst wenn man an der Gaststätte vorbei ist, kann man ihn sehen, man sieht ihn aber besonders gut von der Kleinen Rittergasse aus). Er ist einer der wenigen Wohntürme nördlich der Alpen und der letzte Rest einer Burg des Herrn von Gottschalk. Im Keller des gotischen Turms vergnügte sich der Troß des Kaisers bei den Kaiserkrönungen. Der Turm war allerdings stark baufällig, zwei Wände waren gänzlich eingestürzt. Jetzt ist er wieder restauriert, oben allerdings mit einem Backsteinkranz umgeben. Nach den Vorschlägen der Stadt soll der Turm zu Ateliers ausgestaltet werden.

Etwas weiter südlich ist dann der Paradiesplatz, der 2009 umgestaltet wurde. Dabei wird auch der Paradiesbrunnen saniert, leicht versetzt und beleuchtet. Am Eingang zur Paradiesgasse soll der Bäcker-Brunnen aufgestellt werden. Er steht zur Zeit im Hof der Jugendherberge südlich des Frankensteiner Hofs und ist nur durch ein Tor zu sehen. Man möchte ihn gerne öffentlicher machen. Dafür würde die dortige Litfaßsäule leicht versetzt.

 

Klappergasse:

An der Elisabethenstraße biegt man nach links in die kleine Rittergasse ein. Die Häuser 11 bis 23 bilden ein Plätzchen zum Verlieben. Nach rechts geht es in die Klappergasse. Hier ist die Firma Dauth‑Schneider. In­haber Rainer Klein: „Wir kel­tern noch alles auf unserem ei­genen Hof. Das ist eine alte Tra­dition“. Dauth‑Schneider hat einen großen Keller. Klein kann tatsächlich den fürs ganze Jahr benötigten Apfelwein selbst la­gern. Auch Manfred Wagner vom „Klaane Sachsehäuser“, gleich daneben, verweist auf die Tradition, die seine Wirt­schaft hat. „Das Selbstkeltern wird zwar immer schwieriger, aber wir bleiben dabei“. Schwierig ‑ damit meinen die Wirte vor allem, daß es nicht einfach ist, Personal zu finden für eine Tätigkeit, die zwar kei­ne Knochenarbeit ist, aber den­noch anstrengt. Gekeltert näm­lich wird bei jedem Wetter.

Zu den Selbstkelterern gehört das „Lors­bacher Tal. Dort wird nur noch wenig Ebbelwoi auf dem eigenen Hof gekeltert, „ein biß­chen Siesser, ein bißchen Rau­scher“, wie Wirt Wolfgang Schlagmüller erzählt. Den ei­gentlichen Apfelwein (aus Äp­feln eigener Wahl, versteht sich) läßt er hingegen in der Kelterei Grillmayer in Nieder­-Erlenbach herstellen ‑ auf einer vollautomatischen Anla­ge, „wo man nur noch einen Mann, zum Entfernen des Tre­sters braucht“. Ist das nicht ein Stilbruch für ein altehrwürdi­ges Ebbelwoi‑Lokal? Wolfgang Schlagmüller findet das nicht. „Wir kriegen den ganz frisch in unseren Keller geliefert, bauen ihn in unseren eigenen Fässern und Tanks aus. Das ist unser eigener Ebbelwei, wie man ihn nur bei uns bekommt“.

Auf seinem ursprünglichen Platz vor dem „Gorjel Schwenker“ am Hintereingang des Lors­bacher Thales steht der Artischockenbrunnen, der die vergangenen Jahrzehnte ein wenig beachtetes Dasein an der Willemerschule fristete. Am Klappergass-Brunnen (der auch Hainer-Hintergass-Brunnen heißt) steht noch links in einer Einbuchtung zwischen den Häusern. Er stand an der jetzigen Stelle des Artischockenbrunnens und soll in die Kleine Rittergasse wandern. Zudem will man den Platz um sie herum umgestalten, damit sie künftig besser zur Geltung kommt. Auch die Technik muß überarbeitet werden, damit Frau Rauscher wieder problemlos spucken kann.

Sachsenhausen ist der Schauplatz des einzigen populären Frankfurter Karnevalsliedes:

„Fraa Rauscher aus der Klappergass‘, die hott e Beul am Ei,

ob des vom Rauscher, ob's vom Alte kimmt, des klärt die Bolizei...“.

 „Rauscher“ und „Alter“ sind zugleich auch die Namen für den Apfelwein in verschiedenen Stufen seiner Wandlung vom „Süßen“ zum alkoholischen Getränk. Es ist also eine doppelte Doppeldeutigkeit (Apfelwein – Ehemann). Die Häuschen Nr. 15 und Nr. 4 in der Klappergase sind niedlich klein.

 

Weitere Apfelweinlokale in Sachsenhausen sind die „Drei Steuber“ (für manchen ein Geheimtip) und der „Wagner“ in der Schweizer Straße, eine traditionsreiche Adresse. Auch hier räumt der Geschäftsführer freimütig ein, daß man auf Fremdlieferungen angewiesen ist: „Wir haben gar nicht die Lagerkapazität für das ganze Jahr“. Daß derzeit gekeltert wird, ist für ihn gleichwohl kei­ne „Schau“. Der Siesse müsse schließlich „frisch auf den Tisch“ kommen, deshalb stelle man ihn auch selbst her. Wenn dann der eigene Schoppen zu Ende geht, bezieht man Nach­schub aus dem Hintertaunus, das ist auch keine Massenware.

Doch viel versuchen, das Äppelwoi‑Sachsenhausen in ein Bier‑Viertel umzufunktionie­ren, im Verbund mit Hamburger‑ und Kebab‑Freaks Die Bier­-Mafia aus dem Süden hat ganze Arbeit geleistet. Es gibt schon alte Frankfurter, die die „Strauß‑Wirtschaft“ für einen hessischen Ableger der bayerischen Staatskanzlei halten! So weit sind wir.

Seitdem 16. Jahrhundert scheint sich dann der Apfelwein auf breiter Front durchgesetzt zu haben. Der Grund: in den ausgedehnten Weinanbaugebieten um Frankfurt war es mehrfach infolge ungünstiger Witterungsver­hältnisse zu Mißernten gekommen. Das heutige Apfelwein‑Viertel Sachsenhausen hat dabei die ältesten Traditionen. Dort saßen die meisten Gärt­ner und Küfer, die den Apfelwein zunächst nur für sich selbst, später dann zum Ausschank herstellten. Es dauerte auch nicht lange, bis das Verzapfen des Weins besteuert wurde.

Ab Anfang des 18. Jahrhunderts durften die sogenannten „Heckenwirte“ (die früheren Weingärtner) mit offizieller Erlaubnis Apfelwein ausschenken und fanden anscheinend soviel Zuspruch, daß allein in Sachsenhausen um die Mitte des Jahrhunderts pro Jahr rund eine Million Liter verzapft wurden. Nach und nach entstanden auch in anderen Stadtteilen die typischen Apfelwein‑Gärten, wie sie noch heute zu finden sind.

Dreieichstraße:

In der Dreieichstraße ist das „Eichkat­zerl“, das vor wenigen Jahren mit der Tochter des damaligen Inhabers die erste Frankfurter Apfelweinkönigin stellte. Man macht kein Geheimnis daraus, daß man das Stöffche aus dem Spessart bezieht, aber eben im eigenen Keller aus­baut. „Wir haben zwar noch die Kelteranlage“, sagt der heutige Wirt Helmut Böhm, „und könn­ten sofort wieder anfangen“. Aber beim Blick ins Lokal stellt man fest: Die Leute kommen auch ohne diese „Schau“.

 

Affentorplatz:

Über die Willemerstraße kommt man zum Affentorplatz, heute ein Kinderspielplatz. Hinter dem östlichen der beiden Eingangshäuser ist ein kleiner Platz, auf dem der Affenbrunnen steht. Der Name des Platzes kommt allerdings nicht von „Affen“, sondern von den „Auen“, die hier begannen. Über die Darmstädter Landstraße geht man nach Norden in die Elisabethstraße. Nach links geht das Fritschengäßchen ab, die Hausnummer 8 ist ein bildschönes Haus, das um 1720 gebaut wurde.

 

Deutschordenshaus:

Rechts liegt das Deutschordenshaus. Seit über sieben Jahrhunderten, mit einer langen Unterbrechung allerdings, hatte sich in Sachsenhausen der Deutsche Orden niedergelassen - jene mächtigen, für die deutsche Geschichte so wichtigen Ordensritter, deren Ordensburg die Marienburg in Ostpreußen war und die auf ihren weißen Umhängen ein großes schwarzes Kreuz trugen. Der Deutsche Orden existiert noch heute, und zwar seit 1805in Wien. Er ist inzwischen ein rein geistlicher Orden geworden.

Das gesamte Gebiet, über das sich der alte Orden einst erstreckte, und es reichte über halb Europa, war in Kommenden unterteilt. Eine dieser Kommen­den richtete der Orden im Jahre 1221 in Sachsenhausen ein, das Deutschordenshaus an Mainufer und Brückenstraße. Im alten Sachsenhausen muß es ganz zentral gelegen haben. Ein deutscher Kaiser hatte Kloster, Spital und Kirche damals dem Deutschen Orden geschenkt. Die Kirche ist die älteste in Sachsenhausen. Es war schon ein Stück großes mittelalterliches Leben, das auf diese Weise in das abgeschlossene Dorf Sachsenhausen kam.

Viele Kaiser gingen hier ein und aus. Von Ludwig dem Bayern heißt es, daß er 38mal in der Sachsenhäuser Kommende logiert habe. Im Jahre 1805 löste Napoleon den Orden auf und machte den österreichischen Kaiser zu seinem neuen Eigentümer. Auch das Sachsenhäuser Ordenshaus wurde österreichisch. Im Jahre 1881 ging es in den Besitz der katholischen Gemeinden Hessens über. Bis 1959! Dann erwarb es wieder der alte Eigentümer, der Deutsche Orden. Nach über 150 Jahren kehrte er an die Ufer des Mains zurück.

Vieles von dem Besitz ist zerstört. Man. An einem der erhalten gebliebenen Trakte im weiten leeren Hof steht ein schmales Fachwerkhaus. Es trägt die Jahreszahl 1565. Im winzigen Gärt­chen des Pfarrhauses gleich nebenan entdeckt man unter einem Schieferdächlein eine Säule aus rotem Sandstein. Sie ist alles, was von dem ersten Kirchlein übrigblieb, das vor 700 Jahren hier stand. Die Säule gehört zu den ältesten steinernen Zeugen in ganz Frankfurt. Die heutige Kirche wurde 1309 geweiht. Man hat ihrem Dach wieder ein Türmchen aufgesetzt, ein helles Barocktürmchen. Man sieht dem Türmchen von weitem an, daß sein Herr nicht in Sachsenhausen und nicht in Frankfurt wohnt, sondern in Österreich, dem Land mit dem berühmten Barock und den schönen alten gelben Bauten. Hier grüßen sich Main und Donau, Frankfurt und Wien, die beiden berühmten Kaiserstädte.

Das wertvolle Altarbild der Deutschordenskirche: von Piazetta nahmen 1796 französische Revolutionssoldaten mit, als General Kleber die Stadt besetzt hatte. Im Jahre 1844 entdeckte es Stadtinspektor Passavant zufällig bei einem Besuch in der Gemäldegalerie von Lilie. Frank­furt wandte sich an den Wiener Hof; aber dort lehnte man ab, das Bild von den Franzosen herauszufordern. So wird es wahrscheinlich noch in Lilie hängen.

Vor der Deutschordenskirche stand der Ulrichstein am Ausgang der Färberstraße. Das war ein Turmstumpf am Sachsenhäuser Mainufer. Im Dreißigjährigen Krieg war der Turm bei einem Geschützduell zwischen Schweden und Kaiserlichen zusammengeschossen worden. Aber selbst der Stumpf steht heute nicht mehr. Ein Stadtbaurat ließ ihn schon 1930 niederreißen, wie es heißt, gegen den Wunsch des damaligen Oberbürgermeisters Landmann. Er brauchte Platz für die neue Uferstraße.

Man geht weiter durch die Dreikönigstraße, die einige unversehrte Häuser und Höfchen hat. Das Haus Nr. 3 in der Bäckergasse südlich der Dreikönigstraße ist das kleinste in Sachsenhausen.

 

Dreikönigskirche:

Sachsenhausen hat Frankfurts älteste evangelische Gemeinde. Und sicher den einzigen Pfarrer in der Geschichte der Stadt, der am Altar überfallen wurde. Das war 1524 in der alten, damals noch katholischen Dreikönigskirche, die um 1340 e baut wurde (um 1880 neu gebaut). Drei Sachsenhäuser verkleideten sich als Frauen und fielen in der Kirche über den unbeliebten Kaplan Jakob Selzer her. Sie verwundeten ihn, und mit Mühe entkam der Kaplan in einem Boot über den Main. Bald darauf im Jahre 1531 führte der frühere Barfüßermönch Petrus Kamberger in der Dreikönigskirche den lutherischen Gottesdienst ein, zwei Jahre vor dem übrigen Frankfurt.

 

Städel:

Im Erdgeschoß befinden sich Buchhandlung, Bibliothek, Café und die Graphische Sammlung.

Im ersten Stock sind Werke aus dem 19. und 20 Jahrhundert zu sehen: Thoma, Leibl, Böcklin, Feuerbach, aber auch Monet, Renoir und Manet. Dazu Kirchner, Marc und Macke, Picasso, Klee und vor allem Max Beckmann (Hauptbahnhof). Es gibt links ein Caspar-David-Fried­rich- Kabinett und den Goethe-Saal mit dem berühmten Bild „Goethe in der Campagna“

Im zweiten Stock kommt man zuerst in den Kuppelsaal mit Werken aus dem 20. Jahrhundert.

Nach links geht es in den Hans Holbein-Saal mit dem „Dominikaner Altar“ (aus der Frankfurter Dominikanerkirche), dahinter der Stefan Lochner-Saal (mit dem „Apostelmartyrium“), links davon der Jan van Eyck-Saal mit „Lucca Madonna“. Vom Kuppelssal nach rechts geht es in die Säle mit Bildern von Tiepolo, Rubens, Rembrandt und Vermeer.

Ein nur sehr kleines Bild ist die „Venus“ von Lucas Cranach. Weiter ragen heraus Botticellis „Weibliches Idealbildnis“ und Albrecht Altdorfers „Anbetung der Könige“. Außerdem sind in diesem Stockwerk viele Werke der christlichen Kunst zu sehen. In den Räumen finden sich auch Skulpturen von Lehmbruck, Rodin und Barlach und anderen

Die „Deutsche Venus“ von Lukas Cranach verschwand 1959 geheimnisvoll aus der Städel-Galerie. Ebenso geheimnisvoll tauchte sie im Jahr darauf in einem Münchener Schließfach wieder auf und kehrte ins Städel zurück.

Das Museum ist geöffnet ab 10 Uhr (Montag geschlossen). Es wurde nach 2000 erweitert durch einen unterirdischen Bau, der durch Glaskuppeln sein Licht erhält.

 

Sandhof:

Südlich der Universitätskliniken lag der Sandhof. In einem Wald wurde hier 1539 der befestigte und von einem Wassergraben eingeschlossene Sandhof erbaut. Er gehörte dem Deutschen Orden und lag zwischen dem Königsbach und Niederrad. Nach einem Protest der Stadt Frankfurt durfte er aber nicht stark befestigt werden und vor allem keine Mauer haben. Nach der erfolglosen Belagerung Frankfurts im Jahre 1552 wurde auch der Sandhof verbrannt. Den wieder aufgebauten Hof schenkte Gustav Adolf von Schweden 1633 mitsamt Äckern, Wiesen und Waldungen an die Herren von Holzhausen. Aber nach dem Frieden von Münster mußte der Hof wieder an den Deutschen Orden zurückgegeben werden.

 

Henninger Turm:

Durch ein halbes Jahrtausend war der Turm des Domes das höchste Bauwerk Frankfurts. Dann für zwei Jahre der neue Gasometer am Osthafen. Dann war es mit seinen 120 Metern der Getreidesilo einer Brauerei am Hainerweg. Damit hat Sachsenhausen zugleich das höchstgelegene Restaurant weit und breit erhalten, außerdem die weiteste Fernsicht, das einzige drehbare Haus in Frankfurt, den längsten Lift, die höchste Treppe (an der Außenfront) und das Haus mit den wenigsten Fenstern im Vergleich zu seiner Größe.

Der 1961 erbaute rund 120 Meter hohe Henninger Turm im Stadtteil Sachsenhausen galt lange als das höchste Gebäude Frankfurts. Das fensterlose Silo diente der Henninger-Brauerei nebenan nur ein paar Jahre als Getreidelager. Aber das runde Drehrestaurant an der Spitze zog jahrzehntelang Besucher an, bis es 2002 geschlossen wurde. Weit über Frankfurt hinaus bekannt wurde der Henninger Turm mit dem Radsportklassiker am 1. Mai: Von 1962 bis 2008 hieß es dann „Rund um den Henninger Turm“. Ab dem Jahr 2013 wurde das Gebäude nach und nach abgetragen.

Der alte Henninger Turm ist seit 2013 aus der Frankfurter Skyline verschwunden. Hier entstand das einstige Wahrzeichen am alten Ort neu - als Luxus-Wohnturm mit 24-Stunden-Portier-Service. Die Silhouette des geplanten Baus aus Glas und Naturstein erinnert an das alte, fensterlose, rund 20 Meter kleinere Brauerei-Getreidesilo. Der neue Henninger Turm wird mit etwa 140 Metern eines der höchsten Wohnhochhäuser Deutschlands und soll im Dezember 2016 fertig sein.

Die Öffentlichkeit bleibt nicht außen vor: In der Spitze des markanten Bauwerks ist ein Restaurant und eine Aussichtsplattform für bis zu 200 Menschen geben. Die Plattform im 39. Stock führt ins Freie. Im obersten Stockwerk (40.) ist die Gastronomie untergebracht. Plattform und Gastronomie freuen auch die Stadt, die eine gemischte Nutzung von Hochhäusern anstrebt und sich ein Lokal im Henninger Turm gewünscht hat. Es gibt wenige Restaurants in so einer Höhe mit so einem Blick. Es sind 203 Wohnungen im Turm, der mittlere Quadratmeterpreis liegt bei 6.500 Euro pro  Quadratmeter.

Der Henninger Turm ist nur ein Teil eines Neubaugebiets auf dem alten Brauerei-Areal. Im Sockelgebäude des Wohnturms entstehen zudem ein Fitnessstudio, zwei Supermärkte, eine Drogerie, eine: Apotheke, eine Wäscherei und andere kleine Geschäfte sowie ein Lokal mit Terrasse. Ein Parkhaus mit 450 Stellplätzen sei auch geplant. Die gesamte Bebauung des etwa neun Hektar großen ehemaligen Henninger-Areals wird voraussichtlich 2018 abgeschlossen sein. Rund 800 Wohnungen und Häuser sollen bis dahin neben dem Turm entstehen, das erste von drei Baufeldern werde etwa zeitgleich mit diesem fertig sein.

Das Gelände und der angrenzende rund zwei Hektar große Park samt denkmalgeschützter Villa gehören der Familie Hopp. Was aus der Villa werden könnte, verrät Janson noch nicht. In dem Haus hatte der ehemalige Inhaber der Henninger-Brauerei Bruno H. Schubert (1919 bis 2010) Wohnrecht auf Lebenszeit.

 

Sachsenhäuser Warte:

Die Sachsenhäuser Warte war über fünf Jahrhunderte unübersehbarer Mittelpunkt und die Spitze des 147 Meter hohen Sachsenhäuser Bergs. Der Standort, vortrefflich vom Rat gewählt, hart an der Grenze zur Grafschaft Hanau, ließ niemanden unbesehen hinunter in die Reichsstadt gelangen. Angreifer konnten schon von weitern ausgemacht werden.

Räuberische Überfälle benachbarter Ritter auf Kaufmannszüge und auf die städtischen Gehöfte, im besonderen die Niederlage Frankfurts in der Schlacht bei Eschborn 1389 gegen die Taunusritter, hatten 1393 zum Beschluß des Rates geführt, das Stadtgebiet durch eine „Landwehr“, von Gräben, Hecken und Warten zu sichern. Sie führte bis zu 2,5 Kilometer vor der Stadtmauer meist entlang der Gemarkungsgrenze.

 

 

Zur Verstärkung der Landwehren war zwanzig Jahre später der Bau von Warten notwendig geworden. Die Doppelgräben mit dazwischen ineinander verflochtenen Buchenhecken weit außerhalb des Mauerrings reichten allein nicht mehr aus, den Versuchen der Fürsten rundum standzuhalten, die neuerworbenen Freiheiten der Städte niederzuschlagen. An den Hauptstraßen wurden anstelle von Holztürmen steinerne gotische Warten errichtet: kleine Burgen mit Wehrhof, Mannschaftsgebäuden, Waffenlager, Brunnen und zylindrischen, 25 Meter hohen Türmen.

Als erste entstand die Galluswarte (1414, Galgen warte. Es folgten die Bockenheimer Warte 1434- 1435), gegen massive Einsprüche benachbarter Herren, die Sachsenhäuser oder Isenburger Warte 1471 (als Ersatz für eine steinerne Warte am Mühlberg von 1414) und schließlich die Friedberger Warte 1476.

Nachdem sich 1552 die militärische Unzulänglichkeit der Warten gezeigt hatte, dienten sie fortan nur noch als Beobachtungsposten und Sammelstelle für den Verkehr. Sie schützten einst das Stadtgebiet, jahrhundertelang kündeten sie, an welcher Stelle Frankfurts Territorium begann. Das Stadtgebiet hat sich erweitert, die Warten haben sich verändert, sie dienen als Gaststätte oder als Entlüftung der städtischen Kanalisation. Aber sie haben sich als wichtige Zeugen der Vergangenheit erhalten.

Im Innenhof der Sachsenhäuser Warte aber wurde 1767 anstelle des baufälligen Wächterhauses durch Johann Andreas Liebhardt ein barockes Gebäude errichtet: Der linke Teil diente als Wohnung für den Förster, der rechte für den Wartmann, der vorspringende Mittelteil für die Geleitsherren, die dort bis 1802 die Nürnberger Kaufleute zu Beginn einer jeden Messe empfingen.

Von der Sachsenhäuser Warte sah man einst über die Wein‑ und Obstgärten mit ihren Sommer‑ und Landhäusern auf die gesamte Stadt hinab. Hochhäuser haben heute den Blick verstellt. Aber die Sachsenhäuser Warte ist noch immer einen Besuch wert. Man kann im Rest des ehemaligen Barockhauses oder im Hof einkehren. Man kann sich auch nur beim Anblick des Bauwerks in die Vergangenheit zurückversetzt fühlen. Nahebei liegt der 1868 angelegte Südfriedhof.

Südwestlich gegenüber erstreckt sich das Kleinod Boehlepark der Sachsenhäuser Warte sein. Der Park ist benannt nach dem Frankfurter Maler und Bildhauer Fritz Boehle (1873‑1916), der sich nebenan 1910 sein Wohnhaus mit Atelier baute. Sein 1910 nach eigenem Entwurf gebautes romantisch‑skurriles Haus noch steht Hier steht das Wasserwerk Süd 1, erbaut in den Jahren 1900 bis 1902 mit kunstvollen Sandsteinarbeiten an den drei Kammereingängen, Lichthöfen und Wustraden. Der Hochbehälter mit einem Speichervolumen von rund 30.000 Kubikmetern ist unverändert im Betrieb.

Neben dem Friedhof steht die katholische Kirche Sankt Wendel, ein kühner Bau aus Natursteinen.

 

Goethe-Turm:

Die Goetheruhe liegt am höchsten Punkt des Frankfurter Stadtwaldes auf dem Sachsenhäuser Berg Dort errichtete 1867 der Frankfurter Verschönerungsverein einen 22 Meter hohen, hölzernen Aussichtsturm. Natürlich kannte Goethe weder die kleine, nach ihm benannte Erhebung noch den Turm. Als der Turm nach dem Ersten Weltkrieg wegen Baufälligkeit abgerissen wurde, forderten die Frankfurter einen neuen Goetheturm. Im November 1931, kurz vor Beginn des Goethejahres, wurde der „neue“, noch heute aktuelle Goetheturm eingeweiht. Er liegt 147 Meter über dem Meeresspiegel und ist mit seinen 43 Metern Höhe der höchste hölzerne Aussichtsturm Deutschlands. Neben dem Turm ist ein beliebtes Ausflugslokal entstanden, die „Goetheruhe“, deren Innenräume nach Goethes Farbenlehre ausgemalt sind.

 

Babenhäuser Landstraße:

Hier steht - neben Hamburg - die erste Moschee in Westdeutschland mit zwei schlanken Minarettchen.

 

 

 

 

Niederrad

Carl-von-Weinberg-Park:

Am Rande Niederrads und des Stadtwaldes liegt ein gepflegter Waldpark, der nicht nur vielfältige Erholung bietet, sondern auch an eine Frankfurter Familie, an ihre Bedeutung für die Stadt und an ihren wohltätigen Gemeinsinn erinnert. Er gehörte zur Villa Waldfried Carl von Weinbergs. Wo diese Villa stand, befindet sich nur noch eine Wiesenfläche. Erhalten blieben das ehemalige Pförtnerhaus und außerhalb des Parks die Gärtnerei, ein Wirtschaftshof und andere Nebenhäuser. Eine Büste im Park erinnert an den Bauherrn.

Der Kaufmann Carl Weinberg, 1861 in Frankfurt am Main geboren, wurde 1892 Teilhaber der väterlichen Firma „Leopold Cassella & Comp.”, die man 1894 mit der von seinem Onkel Leo Gans an der Mainkur gegründeten „Frankfurter Anilinfarbenfabrik“ zusammenlegte. Leo Gans, Carl Weinberg und dessen ein Jahr älterer Bruder Arthur (der Physik und Chemie studiert hatte) führten die Cassella zu Weltruhm. Anerkennung fanden die Brüder Weinberg in der Verleihung des Adelstitels und in zahlreichen anderen Ehrungen (Ehrenbürgerrecht für Arthur von Weinberg). Im Jahre 1925 gelang es ihnen und anderen Industriellen, die deutschen chemischen Werke zur I.G. Farbenindustrie zusammenzuschließen, die ihren Verwaltungssitz in Frankfurt erhielt.

Im Jahre 1898 hatten sich Carl von Weinberg und seine aus einer vornehmen englischen Familie stammenden Frau Mary auf Schwanheimer Gemarkung die Villa Waldfried von den Architekten Bäppler und Kaufmann im englischen Landhausstil erbauen lassen. Eine Fülle von Kunstwerken schmückte die Räume. Ein Teil des Gartens war im römischen Stil gestaltet. Der Florentinerbrunnen von dort steht heute neben dem Nebbienschen Gartenhaus in der Bockenheimer Anlage. Arthur und Carl von Weinberg und ihre Ehefrauen gaben zahlreichen wissenschaftlichen Institutionen (so der Universität) reiche Zuwendungen und schufen viele soziale Einrichtungen. Weit über Frankfurt hinaus bekannt wurden die Weinbergs durch die Gründung des Gestüts Waldfried. Auch die Anlage des Golfplatzes und des ehemaligen Poloplatzes gehen auf sie zurück.

In der nationalsozialistischen Zeit widerfuhr Arthur und Carl von Weinberg, die jüdischer Abstammung waren, großes Leid. Im Jahre 1939 verließen sie Frankfurt. Arthur von Weinberg wurde mit dem ersten Transport von München ins KZ Theresienstadt deportiert, wo er im März 1943 starb, Carl von Weinberg starb im selben Monat in Italien. Wie die Villa Waldfried, so wurde auch das Haus Arthur von Weinbergs, Haus Buchenrode in Niederrad, an das heute ein Gedenksteine erinnert, ein Opfer der Bomben.

 

Forsthausstraße:

An der Kennedyallee (Forsthausstraße) steht eine Ruhbank. Im Frankfurter Raum begegnen uns noch heute mehrere solcher uralten „Ruhebänke“, also historische Rastplätze für alle die, die einst schwere Lasten zu tragen hatten: Marktfrauen, Wäscheträgerinnen, Weinbergsarbeiter.

 

Stadtwald:

I. Zwischen Autobahn 661 und Darmstädter Eisenbahn:

 Die Sachsenhäuser Warte steht noch immer außerhalb am Stadtrand. Wo früher Obst‑ und Weinbau betrieben wurde, die Bauern ihre Felder bestellten, findet man auch heute noch alte Baumbestände, Wiesenraine und Schrebergärten, und nicht zuletzt beginnt hier der Stadtwald, der einstige Reichsforst Dreieich.

Südlich des Boehle-Parks geht es weiter durch das 1. Wartegäßchen und durch ein Kleingartengebiet. Am Ende der geteerten Strecke biegt man links ab und fährt dann wieder rechts in den Lerchesbergring in eine Villengegend. Am Bischofweg geht es dann rechts hinunter bis fast zu den Eisenbahnschienen am Bahnhof Loiusa.

Links liegt die Apfelweingaststätte „Zur Buchscheer“. Als Adam Theobald 1876 seine Geschäftsidee verwirklichte und südlich von Frankfurt in der Gemarkung Buchscheer ein Lokal mit eigener Apfelweinkelterei eröffnete, hatte er als Kundschaft keineswegs die Städter im Sinn. Vor 125 Jahren waren es nicht die Ausflügler, die sich auf den Weg machten, um in die Buchscheer einzukehren. Felder, Wälder und Wiesen umrahmten damals die Gastwirtschaft. Feld‑ und Waldarbeiter gehörten zu den Besuchern. Auch die in der nahe gelegenen Pferdewechselstation rastenden Kutscher tranken dort ihren Ebbelwei. Angeblich soll sogar Napoleon dort die Pferde gewechselt haben. Christian und Robert Theobald bewirten in fünfter Generation das Lokal.

Die Bezeichnung „Buchscheer“ leitet sich ab aus Buche und „Scheer“, auf Mittelhochdeutsch „Mäh- und Weideland“. Gewiß hat sich vieles verändert seit der Gründung der Kelterei und Apfelweinwirtschaft „Zur Buchscheer“. Es wurde um und angebaut. Und nachdem eine Brandbombe 1944 das Gebäude bis auf die Grundmauern zerstöre, eröffnete das Lokal mit der postalischen Adresse Schwarzsteinkautweg 17 erst wieder 1955 die Türen. An die Regel, ausschließlich Selbstgekelterten zu servieren, halten sich die Nachfahren von Adam Theobald. Etliche Zigtausend Liter Wein lagern im Gewölbekeller und in Kühlräumen hinter dem Lokal in Sachsenhausen.

Hinter dem Lokal läuft der Königsbach, der einzige natürliche Wasserlauf, der den Stadtwald durchfließt. Man fährt aber vor der Gaststätte links in den Ziegelhüttenweg. Es geht über den Königsbach. Man hält sich links und kommt unter der Eisenbahn hindurch geradeaus in den Königswiesenpfad.

Unmittelbar nach der Eisenbahnunterführung beginnt der „Schäfersteinpfad“. Die Informationstafel ist allerdings nicht mehr vorhanden. Der erste Stein steht links, der zweite kurz da­hinter auf der rechten Seite. Danach geht die hier markierte Grenze mit einem Trampfelpfad in den Wald.

Namen wie Königsforst, Königsbach, Königsbrunnen und Königsbrünnlein erinnern an den ehemaligen königlichen Reichswald, den die Frankfurter Stadtväter am 2. Juni 1372 von Kaiser Karl IV. für 8.800 Gulden erworben hatten. Es gab aber einen hundert Jahre währender Rechtsstreit zwischen der Freien Reichsstadt Frankfurt und dem Deutschherrnorden. Dieser war seit 1221 ansässig in der Stadt mit verbrieftem Eigentum und Weiderecht im Königsforst, dem heutigen Stadtwald. Die Stadt erhob aber auch Anspruch auf die Holzhecke, das Wald- und Wiesengelände des Ordens. Dieser legte jedoch größten Wert auf diesen Besitz als Weideland für seine Schafzucht.

Die Kontrahenten einigten sich schließlich 1488, in annähernd der dritten Generation, mit einem Vergleich, wonach der Rat die Holzhecke käuflich erwarb und dem Deutschorden  ein bestimmtes Weidegebiet auswies, das mit Grenzsteinen gekennzeichnet wurde. In die Frankfurter Stadtgeschichte sind sie als „Schäfersteine“ eingegangen.

Bis auf einige wenige sind die ursprünglich 60 Schäferstein-Steine noch vorhanden. Sie sind durchnumeriert von 1 bis 49, verteilen sich auf einem östlichen und einem westlichen Strang. Die Wege selbst sind nicht markiert. Holzschilder weisen ein. An jedem Stein erwartet den Wanderer durchweg ein Erholungsplatz mit Bank. Um die Steine besser unterscheiden zu können, haben sie ein hölzernes Pendant mit eingebranntem Phantasienamen, vom Mauerblümchen zum Wilddieb, dem Scheppe, Otto I. und so weiter.

Eines haben alle Schäfersteine gemeinsam: das gemeißelte Ortskreuz auf der Weideseite und das „F“ auf der Verbotsseite. Doch darauf, daß der Buchstabe ein „F“ ist, muß man erst kommen, denn es ist spiegelverkehrt. Lange Zeit hat man es für ein gotisches „F“ gehalten, dann aber herausgefunden, daß der Steinmetz des Lesens und Schreibens unkundig, sich des Fehlers nicht bewußt war (Eine vollständige Beschreibung des Schäfersteinweges findet sich in Frankfurt I, Seite 76).

Mit der Verpfändung des kaiserlichen Schultheißenamts war die Stadt in den Besitz des riesigen Forstes südlich der Stadt gekommen. Dadurch wurde sie zum größten kommunalen Waldbesitzer Deutschlands bis auf den heutigen Tag. Vorbildlich hat sich die Stadt seit dieser Zeit um den Bestand der Bäume gekümmert. Nur in Ausnahmefällen durfte abgeholzt werden. Schon Ende des 14. Jahrhunderts gab es erste Aufforstungsmaßnahmen. Die Eichen- und Bucheckernmast der Frankfurter Haustiere war genauestens reglementiert. Im Jahre 1729 begannen „reitende Förster“, dem nie zu verhindernden Wald‑ und Jagdmißbrauch Einhalt zu gebieten.

Wenn die Stoltzeschneise erreicht ist, biegt man links ab, kommt über den Bach und biegt dann scharf rechts ab. Man kommt zum Königsbrünnchen, der aber etwas unscheinbar etwa zehn Meter rechts vom Weg im Wald steht. Der gemauerte Königsbrunnen mit dem Wappen der Stadt Frankfurt und der Jahreszahl 1607 diente einst als Viehränke. Das Wasser läuft an der Seite in den Bach. Der Weg führt dann zur geteerten Oberschweinstiegschneise. Rechts geht es über die Straßenbahnschienen zum „StadtWaldHaus“ (auf der Landkarte noch „Waldschulheim Oberschweinstiege“).

Seit vielen Jahren konnten sich Spaziergänger im Stadtwald, die über den Erholungswert hinaus etwas über den Wald und seine ökologischen Zusammenhänge erfahren wollten und auf Waldlehrpfaden und vor allem in der vom Frankfurter Forstamt unterhaltenen Fasanerie durch Lehrschauen in einem dafür errichteten Blockhaus informieren. Auch ein kleines Wildgatter und Volieren gab es ergänzend. Von der Fasanenzucht, die nach dem Krieg zum biologischen Forstschutz ‑ Insektenvertilgung ‑ angelegt worden war, ist nur der Name geblieben. Auch der Anschauungsunterricht dort galt didaktisch und pädagogisch nicht mehr als zeitgemäß. Nach mehrjähriger Planung und Bauzeit wurde 1995 das neue forstlich-ökologische Informationszentrum, schlicht „StadtWaldHaus“ genannt, eröffnet.

Man steht vor dem ungewöhnlichen, verspielt wirkenden Bauwerk, dessen gegeneinander versetzte, begrünte Pultdächer fast den Boden berühren. Aus der Mitte ragt ein Eichenstamm mit begehbarem Baumhaus über den Wipfeln hervor, Äste und Wurzeln verzweigen sich in dem von einem Miniaturbach durchflossenen, ganz aus Glas und Holz konstruierten „StadtWaldHaus“. Durch eine Baumstammtür gelangt man ins Innere.

Die Idee, die hinter dieser Bauweise steckt, läßt sich erahnen ‑ beim Besucher „Naturverständnis wecken durch Natur Erleben“, was die Themen der Dauerausstellung bestätigen und Antwort auf die Fragen geben soll: Was ist ein Baum? Wie wächst ein Baum? Baumgemeinschaft Wald, Holz, Werkstoff des Menschen; Stadtwald als Lebensgemeinschaft für Pflanzen und Tiere. Angesprochen sind alle Altersgruppen, Schulklassen, Vereine, Spaziergängen Es gibt die Möglichkeit des Mikroskopierens und „Forschens“ im Erlebnisraum, auf dem Bildschirm Programme abzurufen, bezüglich Umwelt, Wetter, Quizfragen zu beantworten. Die Zeit vergeht wie im Flug.

Was gibt’s da schon zu sehen? Ein Bullauge, schlammig‑trübes Wasser. Ein paar Pflanzen. Das soll aufregend sein? Rainer Berg nickt. „Natürlich. Das ist mein Lieblingsplatz. Wie Fernsehen. Ich setz mich mit einer Tasse Kaffee hier hin und schaue. Das ist spannend und entspannend“, behauptet Berg, der Leiter des 1995 eingerichteten Stadtwaldhauses, wo man durch ein Bullauge unter Wasser in einen kleinen Teich schauen kann. Dabei ist da gar nichts zu sehen.

Oder doch? „Schauen Sie hin“, sagt Berg und deutet auf ein Tierchen, das sich irgendwie seltsam über Kopf zu bewegen scheint. Eine Wanze ‑ der Rückenschwimmen Das Pendant zum Wasserläufer.“ Räuberisch. „Der Wasserläufer grast sozusagen von oben, der Rückenschwim­mer von unten die Wasseroberfläche nach Kleininsekten ab.“ Mit den Mundwerkzeugen können sie auch Menschen stechen. „Soll schmerzhaft wie ein Bienenstich sein“, sagt Berg. Er deutet auf den wegen der Reflexion silbern glänzenden Luftfilm, der den Körper der Wanze umgibt. „Deshalb haben die solche Mühe, nach unten zu schwimmen. Tun sie nix, hängen sie immer mit dem Bobbes an der Wasseroberfläche.“

Interessant. Doch mal näher hinschauen? Berg grinst und deutet auf tausende winzig kleine Punkte, von denen man denken könnte, sie seien die Staubkörner des eineinhalb Meter tiefen Teichs. Von wegen. Das sind Kleinkrebse. Die ernähren sich von Pflanzen. Kaum zu glauben.

Im Frühjahr, wenn die Kröten zum Ablaichen an ihr Geburtsgewässer zurückkehren, sehe man ein paar Wochen später hunderte Erdkrötenkaulquappen an der Scheibe. Aber die wenigsten werden erwachsen. Wäre ja auch schlimm. Man stelle sich vor: Hunderte fetter Erdkröten um den winzigen Teich. Man könnte ja keinen Schritt mehr gehen. Ist die krabbenartig aussehende Gelbbrandkäferlarve schuld am Kaulquappensterben? Sie gilt nämlich als extrem gefräßig und ernährt sich von Kaulquappen. Libellenlarven, Schnakenlarven, Eintagsfliegen­larven, Berg deutet hier hin und da hin und langsam, langsam kapiert man: Da ist jede Menge los im Teich.

Man muß ihn nur lesen können. Und Rainer Berg kann das. Räumt endlich auf mit der Mär, daß Libellen irgendwie gefährlich seien. „Die können gar nicht stechen.“ ‑ Wischt den Irrglauben vom Tisch, daß Eintagsfliegen nur einen Tag leben. „Die Fliege schon, aber die Larve dafür mehrere Monate.“ Ähnlich sei das Verhältnis bei den Libellen. Die erwachsene Libelle fliegt ein paar Wochen rund um den Teich, aber ihre Larve hält sich bis zu fünf Jahre im Wasser.“

Als die drei Zentimeter große Spitzschlammschnecke mit dem spitz zulaufenden Haus ihre gemächliche Reise über die Scheibe des Bullauges aufnimmt, ist das schon gar kein Ereignis mehr. Zu aufregend ist das Bild des übrigen Teichlebens, das Berg vor dem inneren Auge entstehen läßt.

Daß das Wasser auch für andere Lebewesen unersetzlich ist, die gar nicht im Teich leben, hat Berg diesen Sommer beobachten können: Wenn’s richtig heiß war, hockten da dutzende Bienen, aber auch Wespen und Hornissen am Ufer und saugten Wasser. Die fliegen dann zu ihren Nestern, besprühen die Waben und zappeln mit den Flügeln, um Verdunstungskälte zu erzeugen.

„Oh schnell, schauen Sie.“ Fast ein wenig aufgeregt deutet Berg auf ein Libellenpaar, das wie ein Hubschrauber im Landeanflug über den Teich brummt: Das Männchen hält das Weibchen am Kopf fest und das Weibchen taucht sekundenkurz mit dem Hinterleib ins Wasser, um seine Eier abzulegen. Ein aufwendiges Manöver.

Natürlich muß der Teich gepflegt werden, denn die Pflanzen im Wasser vermehren sich stark, verbrauchen dabei Sauerstoff und gefährden damit das Gleichgewicht des Gewässers. Wenn zu viele Seerosen gedeihen, verdunkeln sie die Oberfläche, so daß die tiefer lebenden Pflanzen kein Licht mehr erreicht. Sie verfaulen und verbrauchen auch wieder Sauerstoff. Deshalb muß ständig auf­geräumt werden. Die überschüssigen Rohrkolben, die sich am Ufer rasend schnell vermehren, müssen regelmäßig rausgeholt werden. Dumm sei nur, daß die sich mit ihren Wurzeln so energisch festhalten, „daß man mit den Händen ganz tief ansetzen muß, um sie herauszubekommen. Unsere Forstwirte in Ausbildung machen das regelmäßig und fallen ebenso regelmäßig ins Wasser“, sagt Berg schmunzelnd.

Sogar im Winter ist der kleine Teich am Stadtwaldhaus interessant. Es gibt kein Gewässer, wo man so leicht die Eisdicke bestimmen kann: 18 Zentimeter waren es im letzten Jahr. Und unter der Eisschicht sitzen dann die Rückenschwimmer und ziehen über hohle Halme Sauerstoff. Und Fische gibt’s gar nicht? Nein, die würden ja alles fressen.

Geöffnet ist das Ausstellungshaus montags bis donnerstags von 9 bis 15 Uhr, samstags von 12 bis 18 Uhr (November bis März von 12 bis 16 Uhr), sonn‑ und feiertags von 10 bis 18 Uhr, im Winter von 10 bis 16 Uhr. Freitags ist es geschlossen.

 

Wenn man aber auf der Oberschweinstiegschneise nach links fährt, kommt man zum Jacobiweiher. Der geteerte Weg führt zum Gasthaus „Oberschweinstiege“. Man kann aber auch schon vorher abbiegen an dem Schild „Jacobiweiher 50 m“. Dieser von den Frankfurtern volkstümlich „Vierwaldstätter See“ genannte 5,6 Hektar große Teich wurde 1932 von Oberforstmeister Dr. Jacobi durch Anstauen des Luderbaches als Rückhaltebecken angelegt. Der Königs‑ oder Luderbach entspringt in der Nähe des Hofgutes Neuhof und mündet unterhalb der Friedensbrücke in den Main. In Zeiten des Hochwassers überschwemmte er immer wieder die Riedhofsiedlung. Seit seiner landschaftsverschönernden Bändigung reihen sich Bänke einladend entlang dem Ufer unter schattigen alten Weiden.

Im Jacobiweiher finden sich der nordamerikanische Sonnenbarsch, der Zwergwels, der Blaubandbärbling und die Rotwangenschmuckschildkröte. In den siebziger Jahren war sie bei Aquarienfreunden beliebtes Tier, das jedoch schnell über seine ursprüngliche Fünfmarkstückgroße hinauswuchs und unzählige Aquarien zu sprengen drohte. Aus Sicht des Naturschutzes sind größere Fischarten in kleineren Gewässern wie den Weihern im Stadtwald, die nicht durch Sport‑ oder Berufsfischer bewirtschaftet werden, unerwünscht. Und schon gar in diesen Mengen und schon gar diese „Exoten“. Die nicht so heißen, weil sie aus besonders exotischen Breiten kämen, sondern weil sie im Frankfurter Stadtwald normalerweise nicht vorkommen, also standortfremd sind. Die ausgesetzten großen Fische und Wasserschildkröten im Weiher machen den Amphibien, die hier, in dem alten Laubmischwald, einen idealen Lebensraum finden, das Leben schwer bis unmöglich.

Normalerweise müßte an so einem Weiher ein regelrechtes Quakkonzert zu hören sein. Aber da ist nichts! Die Frösche fehlen. Sie sind alle schon im Kaulquappenstadium aufgefressen von den großen Fischen, die hier gar nicht hingehören. Sogar der Nachwuchs der Erdkröte, der unappetitliche Bitterstoffe produziert und deshalb für viele Fische ungenießbar ist, ist verschwunden. Die nordamerikanischen Fischarten stören sich offenbar nicht an dem bitteren Geschmack. Ohne sie gäbe es hier wohl auch den seltenen Springfrosch, der als bedrohte Tierart auf der Roten Liste steht.

Am Jacobiweiher ist nur das Rufen der Enten zu hören ist, der Flügelschlag des Graureihers, tiefer im Wald auch der Gesang von Kleiber, Rotkehlchen oder Trauerschnäpper. Das Wasser im Jacobiweiher müßte im September abgelassen werden. Man müßte ihn abzufischen und drei Monate ruhen zu lassen. Begleitend könnte man dann an einigen Stellen das Ufer abflachen, damit sich Schilf und Röhricht bilden kann ‑ ein idealer Rückzugsraum für viele Frösche, aber auch Bedingung dafür, daß sich Haubentaucher, Bleßhühner und Teichrohrsänger hier wieder ansiedeln könnten. Beispiele an anderen Orten zeigen, daß sich innerhalb weniger Jahre wieder große Populationen von Amphibien bilden. Auch Libellen hätten dann wieder eine Chance.

Dem Fisch darf man allerdings auch nicht den Garaus machen. Kleinere Fischarten wie Dreistachliger Stichling, Moderlieschen und Ukelei sind nämlich die bevorzugte Nahrung des Eisvogels, dessen durchdringendes Pfeifen deshalb an frühen Wintermorgen oft an den Bächen rund um den Jacobiweiher zu hören ist. Und auch Graureiher und Kormorane, die hier im Winter zu beobachten sind, fressen bevorzugt kleine Fische.

Nichts einzuwenden ist gegen einen Exoten, der sich in etwa neun Brutpaaren am Jacobiweiher angesiedelt hat: Die Mandarinente aus Ostasien stört nicht das sensible Gleichgewicht der Arten. Im Gegenteil, der extrem bunte, schön anzusehende Höhlenbrüter scheint besonders gut in den Stadtwald mit seinen vielen alten Laubbäumen zu passen, wo ‑ selten in Deutschland ‑ der Gesang aller Tieflandspechtarten nebeneinander zu hören ist, Grün‑, Mittel‑, Klein‑, Schwarz‑, Grau- und Buntspecht.

Die großen Höhlen, die der Schwarzspecht hinterläßt, nutzt die Mandarinente als Brutplatz. Werden die jungen Enten flügge, erleben sie gleich einen Schock. Aus der hoch am Baum gelegenen Schwarzspechthöhle plumpsen die noch flugunfähigen Jungtiere nämlich auf den Boden, wo sie, leicht wie sie sind, meist unbeschadet landen und dann ihrer Mutter hinter­herwatscheln. Auch die aus China stammende Ente ist offenbar Opfer großer Raubfische, Hechte haben im vergangenen Jahr fast alle Jungen aufgefressen.

Entlang des sich nahezu idealtypisch dahinschlängelnden, von alten Erlen umstandenen Luderbachs sind am frühen Morgen rund 25 verschiedene Vogelarten zu hören. Hier gibt es eine sehr hohe Singvogeldichte mit mehr als 100 Brutpaaren auf zehn Hektar. Hier finden sich Sommergoldhähnchen, Gartenbaumläufer, Mönchsgrasmücke und Zaunkönig. Und wer den Blick aufmerksam zur Erde neigt, kann seltene Laufkäferarten wie den Kleinen Puppenräuber, ebenfalls eine gefährdete Rote‑Liste‑Art entdecken. Seinen Namen hat das zwei Zentimeter große Tier von dem von bevorzugten Nahrungsmittel: Er lebt auf Bäumen und ernährt sich von Schmetterlingsraupen.

Seit 2006 steht am Jakobiweiher der „Pinkelbaum“ von Philip Waehter (nicht: F.K. Waechter). An ihm steht: „300 Jahre hat man mich angepinkelt - jetzt pinkele ich euch an“. Wenn man an den Baum herantritt, kommt ein Wasserstrahl aus einem Rohr (nicht im Winter). Waechter hat eine ganze Serie von Objekten geschaffen, die am Grüngürtel-Rundwanderweg aufgestellt wurden, zum Beispiel das Grüngürteltier in Bonames und eine Eule.

 

Man fährt südlich um den See herum auf dem Weg unmittelbar am Ufer (auch wenn dort an einer Stelle das Schild „Mendelsohnweg“ steht). Am dem Ende des Sees heißt der Zulauf des Sees „Luderbach“. Der Name kommt daher, daß dieses Gebiet zur Zeit der Messen und vor allem bei Königswahlen für ein ganz bestimmtes „Gewerbe“ vorgesehen war und so mancher Goldgulden verschwand in dem Sparstrumpf der „gelüstigen Fräuleins“. Außerdem hatte die Stadt ihre liebe Not, die Fürstlichkeiten und ihr zahlreiches Gefolge in standesgemäßen Quartieren unterzubringen. Auch Klöster und vornehme Bürgerhäuser nahmen die Gäste nach strengem Protokoll auf. Fremde durften während der Wahlen in der Stadt nur mit einem kurfürstlichen Erlaubnisschein wohnen. Das Heer der, Neugierigen und Abenteurer biwakierte vor der Toren. Schausteller bauten ihre Buden auf, Akrobaten sorgten für Kurzweil.

Am Ende des Sees hält man sich etwas rechts und kommt nach einem Rechtsknick zu den Straßenbahnschienen. Nach deren Überquerung geht es gleich wieder links, unter der Autobahn hindurch zum Bahnhof „Stadtgrenze“ der Waldbahn.

Am Ortseingang von Neu-Isenburg steht links der historische Gasthof „Frankfurter Haus“ (seit 1704). Auf einem Reitweg östlich der Darmstädter Landstraße kommt man wieder unter der Autobahn hindurch. Nach rechts geht es dann in die Schillerschneise. Gleich rechts hinter dem Gatter steht die „Schillerruhe“, ein Denkmal. Man fährt weiter auf der Schillerschneise, Links stößt der Hainer Weg auf die Schneise. Man biegt jedoch erst an der Mörderbrunnenschneise nach links ab, ohne allerdings einen Brunnen zu finden, Nach Überquerung des Luderbaches geht es nach rechts auf die Beckerschneise. Am Försterwiesenweiher vorbei fährt man bis zur Schutzhütte. Dort geht es rechts ab am Kesselbruchweiher entlang. Bei schönem Wetter kann man am Ufer sehen, wie die dort lebenden Wasserschildkröten ein Sonnenbad nehmen und wie groß die Wasserschildkröte werden können.

Am Ende des Weihers geht es in spitzem Winkel auf die Kesselbruchschneise. Diese fährt man entlang bis kurz vor das Gatter, wo es links zum Lehrpfad und zum Vogelschutzgehölz „Grastränke“ geht. Vogelschutz war dem Rat der Stadt schon früh ein besonderes Anliegen. Laut Senatsdekret vom 14. August 1567 sollte keiner Feldhühner und „sunsten alle anderen Vögel, doch Spatzen ausgenommen, von Johannes Baptiste (8. März) bis auf Laurentii (13. August), es wäre mit Garnen, Leimruten oder wie es sunsten geschehen möcht, bei Straf zween Gulden fangen“. Das Feld‑ und Forstpolizeigesetz von 1880 und das Vogelschutzgesetz von 1888 beendeten endgültig das Fangen und Töten von Amsel, Drossel, Fink Star. Die ersten Vogelschutzgehölze von Niederrad 1906/07 wurden 1964 vom Reservat „Grastränke“ nahe dem Monte Scherbelino abgelöst.

Der Ort ist verwunschen. Anders ist             es gar nicht denkbar. Wenn das Tor unter dem prächtigen Rundbogen aus Holz ins Schloß gefallen ist, beginnt eine andere Welt. Nicht mal über grunzende Schweine oder lautstark saufende Kühe, die hier im vorletzten Jahrhundert wohl noch von den Bauern zur Tränke geführt wurden, würde man sich wundern. Die Grastranke, nahe der Babenhäuser Landstraße, nicht weit vom Monte Scherbelino, ist der einzige Naturweiher im Frankfurter Stadtwald. Seit ungefähr 500 Jahren gibt es den hier, sagt der in zahlreichen Naturschutzverbänden engagierte Norbert Disser, 76, der das Vogelschutzgebiet seit 38 Jahren betreut.

Eine Lehmschicht dichtet den Weiher nach unten ab. Normalerweise bedeckt die Wasserlinse, Indikator für ein stabiles Gewässer, großflächig das Gewässer. Wie eine Grasfläche wirkt dann der Weiher im Sonnenlicht und die Stille, die das unbewegte Wasser umgibt, macht es den Besuchern nur zu leicht, einmal innezuhalten, und auszusteigen aus dem hektischen Mah­l­strom der Stadt.

In den fünfziger Jahren hatte Disser zusammen mit anderen Vogelkundlern rund um den ersten Leiter der Staatlichen Vogelschutzwarte, Sebastian Pfeifer, im Oberräder Wald Vögel beringt und Vogelführungen gemacht. Aber als die den Autobahnzubringer bauten, hatte Vogelschutz dort keinen Sinn mehr. Viele Vögel fielen den Autos zum Opfer. Das Forstamt bot den Hobby‑Ornithologen 1962 die Grastränke als Ersatz an. Rund um den Weiher, in dem Berg‑, Kamin‑ und Fadenmolch ebenso wie der gefährdete Springfrosch zu Hause sind, fühlen sich zahlreiche Vogelarten wohl, darunter Zwergtaucher, Bläßhuhn, Pirol, Eisvogel und das Grünfüßiges Teichhuhn. Zwar wurde hier später mit der Babenhäuser Landstraße auch eine Straße mehrspurig ausgebaut, aber damit mußten sich die Vogel‑Fans abfinden. Ersatz gab es nicht mehr.

Stattdessen begann die Gruppe um Norbert Disser, das Gelände um einen Waldlehrpfad zu erweitern. Schließlich stehen hier 450 Jahre alte Eichen, starke Buchen, die Schwarzkiefer und sogar noch einige Ulmen, deren Bestand der Ulmensplintkäfer vor Jahren im Stadtwald fast völlig vernichtet hat. Die haben hier überlebt, weil der Mischwald sie geschützt hat. In den siebziger Jahren waren regelmäßig Schulklassen zu Gast, die hier eine Rundum-Information zur Natur erhielten.

Die mit liebe gestalteten Schaukästen mit Vogelpräparaten, die Infotafeln, die über Vogelarten, Rinde und Blattformen von Laubbäumen informieren, der Blütentisch mit frisch gepflückten Stengelchen der aktuell blühenden Wildpflanzen des Stadtwalds, die Schautafeln mit aufgesammelten Vogel‑, Wespen‑ und Hornissennestern, mit Präparaten von Hirschkäfern, Tag‑ und Nachtfaltern vermitteln noch heute ein umfassendes Bild des Pflanzen- und Tierlebens im Stadtwald.

Die ehrenamtlichen Helfer des Deutschen Bundes für Vogelschutz und der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald kümmern sich dort nicht nur um ornithologische Aufgaben. Anhand von Schautafeln, Herbarien, ausgestopften Tieren sowie Blumen, Gräsern und Blättern werden anschaulich die komplexen Vorgänge im „Ökosystem Wald“ demonstriert. Die „Grastränke“ ergänzt so ideal den am Hainerweg startenden Waldlehrpfad „Weilruh“. An 38 Stationen erhält man einen Einblick in Flora und Fauna des Frankfurter Stadtwalds und nebenbei in seine Geschichte.

Im späten Frühjahr herrscht in den Nistkästen und den Brutplätzen Hochbetrieb. Rund 50 verschiedene Arten, darunter Seltenheiten wie Wespenbussard, Kernbeißer und Heckenbraunelle, brüten in diesen Tagen oder füttern ihren Nachwuchs. An Wochenenden und Feiertagen dürfen Interessierte dabei zuschauen. In einem Blockhaus, in dessen Wände Nistkästen eingelassen sind, kann die Jungenaufzucht der Höhlenbrüter wie Meisen oder Trauerschnepper vom abgedunkelten Innenraum aus beobachtet werden. Die Arbeit der Grastränkehelfer hat mit dazu beigetragen, daß sich die Vogelpopulation im Stadtwald stabilisiert hat.

Der seltene Springfrosch an der ökologisch hochwertigen Grastränke mit einer rund tausendköpfigen Population vor, einer der größten in Südhessen. Hier können in kühlen, feuchten Märznächten auch Feuersalamander beobachtet werden, die zu den Bächen wandern, um hier ihre Larven im Wasser abzusetzen. Wasserfrösche, Libellen, Bergmolche, möglicherweise sogar der europaweit gefährdete Kammolch und die Ringelnatter finden sich hier. An der Grastränke wimmelt es nur so von eben geschlüpften Libellen wie der leuchtend roten frühen Adonislibelle oder der knallblauen Hufeisenazurjungfer.

Daß der Grundwasserspiegel so stark gestiegen ist, bereitet Disser Sorge: „Die Bäume sind zu Flachwurzlern geworden und sind sehr störanfällig.“ Vier Bäume sind in den vergangenen Wochen umgefallen. Was will man machen? So wird der Rundweg um den Weiher immer lichter. Das mag Sonnenhungrige erfreuen.

Disser erinnert sich dagegen wehmütig an die ersten Jahre an der Grastränke, „da war’s hier im Sommer dunkel unter dem dichten Laub. Bei Regen wurde man nicht naß. Waldsterben. „Die ersten Angsttriebe habe ich vor 20 Jahren gesehen!“

Disser und die sechs Naturfreunde, die sich außer ihm noch regelmäßig um die Grastränke kümmern, werden langsam mit dem Vogelschutzgebiet alt. „Ich würde mich ja gerne zurückziehen und die Jungen dranlassen!“ Aber es gibt keine Jungen. In den Siebzigern waren die Leute von der Grastränke noch eine Gruppe von 14 Freiwilligen. Da gab es auch noch einen hauptamtlichen Mitarbeiter des Forstamts, der gewährleistete, daß die Grastränke jeden Tag geöffnet war. Als das zu teuer wurde, erklärte sich als ehrenamtliche Grüppchen bereit, dafür zu sorgen, daß die Frankfurter wenigstens am Wochenende in die erschlossene Natur eintauchen konnten.

Seit das Stadtwaldhaus vor ein paar Jahren eröffnet wurde, gehen die Besucherzahlen stark zurück, auch wenn es bei dem schönen Wetter an Ostern wieder mal richtig voll war. Jetzt ist nur noch sonntags geöffnet. Beim Blick ins gemütlich eingerichtete Blockhaus läßt sich leicht vorstellen, wie hier in früheren Jahrzehnten das Leben tobte. Heute ist nur das Ehepaar Disser da und die Wildpflanzenspezialistin Elisabethe Just. Ein bißchen einsam ist es.

Die Grastränke ist an Sonn‑ und Feiertagen zwischen dem 1. April und dem 30. Oktober von .30 bis 17.30 Uhr geöffnet.

 

Ein Abstecher zum „Monte Scherbelino“ und dem dortigen Weiher lohnt nicht, weil das frühere Erholungsgelände wegen Bauarbeiten Gelände gesperrt ist. Man fährt über den Parkplatz und die Babenhäuser Straße, geht durch ein Gatter und kommt zu einer Schutzhütte. Dort geht es halbrechts auf den Steinweg (an der Gabelung rechts halten). Man kommt zum Maunzen­weiher mit einer Schutzhütte.  „Minz und Maunz, die Katzen, erheben ihre Tatzen“ heißt es im Struwwelpeter. Der bekannte Frankfurter Dichter Dr. Heinrich Hoffmann hat wohl bei der Namensgebung an das „Maunzen“ der Wildkatzen im Stadtwald gedacht, das vermutlich dem Maunzenweiher seine Bezeichnung gab. Er war der erste, den Oberforstmeister Dr. Jacobi 1931 als Waldsee anlegen ließ. Er entstand in einer Senke, in der früher Töpfer aus Oberrad Trichter angelegt hatten, um Letten (Lehm) zur Herstellung von irdenen Gefäßen zu gewinnen. Enten, Teichhühner und Zwergtaucher brüten auf den beiden künstlichen Inseln; Karpfen, Schleie und Zander lassen sich von den Spaziergängern füttern.

Am Ende des Maunzenweihers fährt man im rechten Winkel nach links auf den Wolfsweg.

(Ein Abstecher zum Buchrainweiher auf einem Weg entlang der vom Maunzenweiher aus sichtbaren Kleingärten lohnt nicht). Man kommt zum Waldfriedhof Oberrad und fährt links daran vorbei. Etwa hundert Meter geht es auf gutem Weg nach rechts und dann nach links auf den Sachsenhäuser Landwehrweg (nicht auf die Teerstraße). Dieser führt an den Fußballplätzen vorbei zum Waldspielplatz Scheerwald. Neben Fußball, Federball- und Handballplätzen, Rollerbahn, Tischtennishallen und Bocciafeldern bildet den Hauptanziehungspunkt ein 600 Quadratmeter großes Sprühfeld, in dem bei Sonneneinfall alle Regenbogenfarben aufleuchten. Das Wesentliche auf diesem Gelände ist aber die Minigolfanlage.

Weiter auf dem Weg kommt man zum Gelände am Goetheturm. Rechts ist die „Goetheruhe“, ein Aussichtspunkt mit einer liegenden Säule und einem Goethezitat. Goethe weilte gerne im Gartenhaus von Frau Dubois auf dem Mühlberg. Sie überlieferte den Frankfurter Bürgern die Kunde vom Lieblingsplatz des Dichters, dem Hexeneck am Wendelsweg, Ziel seiner ausgedehnten Spaziergänge im Stadtwald. Als im Jahre 1860 der Heimatdichter Ehrt in Versen von dieser Stelle als „Goethes Ruhe“ sprach, spazierte die Frankfurter Bürgerschaft hinfort zur Goetheruhe.

Im Jahre 1867 errichtete man einen 22 Meter hohen Aussichtsturm und genoß den Blick über das Maintal und auf den Taunus. Ein zweiter, höherer Turm ersetzte im Goethejahr 1932 den wegen Baufälligkeit abgebrochenen ersten. Mit seinen 43 Metern und 196 Stufen ist er der höchste hölzerne Aussichtsturm Deutschlands. Er steht links vom Sachsenhäuser Landwehrweg. Heute ist hier ein Lieblingsplatz der Kinder, die sich im Spielpark zu Füßen des Turmes tummeln. Es ist einer der populärsten Spielparks Frankfurts. Populär wurde durch ihn auch ein Minister: Als 1955 der damalige Kultusminister Dr. Henning anläßlich der Einweihung die 25 Meter hohe Rutschbahn hinabglitt, konnte man am nächsten Tag das Bild vom „Minister‑Rutsch“ in der Presse entsprechend glossiert sehen.

 

Weiter geht es über den Sachsenhäuser Landwehrweg zur Sachsenhäuser Warte. Oder man fährt weiter südlich über die Straße „Zum Goetheturm“ vorbei am Forsthaus Oberrad und an einer Moschee an der Babenhäuser Landstraße.

 

Anmerkung: Auf diesem Rundweg kommt man nicht zu den „Kaisertannen“ am Hainer Weg. Südlich der Bushaltestelle Hainer Weg biegt das hölzerne Eichenblatt-Zeichen gleich nach rechts vom Hauptweg auf einen Saumpfad ab. Einer der ersten Haltepunkte ist an den „Kaisertannen“. In Wirklichkeit handelt es sich um naturgeschützte, fast 300 Jahre alte Kiefern. Sie erinnern an die Nürnberger „Tannensäher“, die 1421 auf dem sandigen Boden des Stadtwalds Kiefern heimisch machten. Heute bedecken sie gut 40 Prozent der Gesamtfläche. Abwechslung bringen Buchen, Roteichen, Bergahorn, Eschen, Lärchen, Robinien und die nur mit drei Prozent vertretene Fichte ins Gesamtbild (Wochenende, Seite 138 und 152; Frankfurt II, Seite 65 und 71).

Grastränke: Siehe oben 

 

II. Zwischen Darmstädter Eisenbahn und Autobahn

Waldschadenlehrpfad:

Die Funktionen des Waldes zugunsten von uns Menschen sind vielfältig. Am meisten schätzen wir als Großstädter wohl seinen Erholungswert, sehen ihn angesichts gefällter Bäume und Holzstapel auch als Rohstofflieferanten, vergessen aber leicht, daß der Wald vor Lärm und Bodenerosion schützt, Wassermengen schnell aufnimmt und speichert, lebensnotwendigen Sauerstoff produziert, starken Frost und große Hitze mildert, und schließlich in seinem Schutz vielfältiges Tier‑ und Pflanzenleben in Wechselbeziehung zueinander gedeiht. Manch einer, der im Schatten (noch) dichten Laubdaches spazierengeht, meint, da alles um ihn herum schön grün ist, das mit dem Waldsterben sei maßlos übertrieben, Statistiken könne man nicht verallgemeinern. Seit 1984 wird im gesamten Bundesgebiet auf fest ausgewiesenen Flächen in einem Stichprobenraster die Entwicklung der Waldschäden kontrolliert. Im Frankfurter Stadtwald gibt es ebenfalls eine Probefläche. Dieses Projekt dient zwar vorrangig dem Arbeitsteam, bestehend aus Forstwissenschaftlern, Ökologen, Meteorologen, Pflanzenphysiologen und Chemikern dazu, Schäden am Waldökosystem zu ergründen, es wurde aber auch gleichzeitig als „Waldschadenslehrpfad“ der interessierten Bevölkerung zugänglich und verständlich gemacht.

Um die Schäden zu erkennen, sollte man den Blick hinauf zu den Baumkronen richten. Voll belaubt ‑ sind sie nicht geschädigt. Je schütterer die Belaubung, desto stärker die Schäden, absterben ist die zwangsläufige Folge. Das gilt nicht nur für Laub‑, sondern auch für Nadelbäume. Dabei galten Kiefer, Buche und Eiche bisher als widerstandsfähig. Wieweit sich das alles zum Schlechteren verändert hat, wird an 85 am Rand des Lehrpfades gekennzeichneten Bäumen deutlich. Bei keinem einzigen hat sich der Krankheitszustand zum Besseren verändert. Sie stehen übrigens nicht nur direkt am Wegrand, manchmal auch ein paar Meter abseits und in Gruppen.

Gegenüber dem Bahnhof am Waldstadion überquert man die Flughafenstraße und wird ab der großen Tafel „Lehrpfad Waldschäden“ von Holztäfelchen mit den beiden Symbolen geschädigter Bäume nach rechts in die Vierherrnsteinschneise geleitet. Schon am ersten Pfosten wird das Fortschreiten der Schäden seit 1985 von der Stufe 0 bis Stufe 3 (absterbend oder bereits tot) deutlich. Von den 85 ausgewählten und auf diese Weise markierten Bäumen hat sich die Erkrankung seitdem nicht gebessert, 31 wurden zur Stufe 2 (geschädigt, krank), 29 zur Stufe 3 gezählt. Das war der Stand 1991. Ein Fortschreiben der „Krankenblätter“ wird jährlich vorgenommen.

Man schwenkt, längst bevor die Vierherrnsteinschneise auf die A 3 stößt, links in die Liefersteinschneise und kurz darauf rechts in die Steingrundschneise. An deren Ende trifft man auf die Böschung der B 43 und wendet sich nach links auf den asphaltierten Weg. Die Flugriesen setzen kurz hintereinander zur Landung auf dem nahen Flughafen an. Industrie‑ und Autoabgase verdichten sich zur Schadstoffkonzentration in der Atmosphäre. Der Wald zahlt den Preis mit Absterben. Auf der Versuchsfläche waren es bis 1991 knapp 50 Prozent, davon am stärksten betroffen die Altbestände.

Mit der Tiroler Schneise wendet man sich von der Straße ab wieder auf festen Waldweg und schwenkt vor den hier ganz in der Nähe konzentrierten Sportstätten, Sportschulen und Sportverbandssitzen in die Sperberschneise, die zum nahen Ausgangspunkt zurückleitet (Frankfurt I, Seite 58),

 

Schäfersteinpfad, westlicher Zweig:

Im Jahre 1484 endete durch Vergleich ein hundertjähriger Rechtsstreit des Ritterordens mit der Stadt Frankfurt um Weiderechte im Stadtwald, den diese 1372 von Kaiser Karl IV als Lehen erworben hatte. Gegen Zahlung einer erklecklichen Summe erhielt die Stadt das Recht, in einem bestimmten Teil des Waldes ihre Schafe zu weiden, die damals als Grundlage der Tuchproduktion von erheblicher wirtschaftlicher Bedeutung waren. Zur Begrenzung des annähernd ovalen Weidegebietes wurden 60 durch einen Graben verbundene Grenzsteine aus Basalt gesetzt. Zum Frankfurter Weidegebiet zeigte das Deutschordenskreuz, zum Ordensgebiet das verkehrte „F“. Insgesamt 49 dieser Steine stehen heute noch und sind durch einen Wanderweg erschlossen.

Der südliche Abschnitt ist nicht begrenzt, der westliche beginnt am Bahnhof Neu‑Isenburg. Allgemein muß gesagt werden, daß der westliche Teil nicht ganz so in Schuß ist wie der östliche und mancher Ergänzung und Auffrischung bedürfte, besonders in Nähe der Straßenführungen.

Am Bahnhof Neu‑Isenburg nimmt die Bahnunterführung, den Treppenaufgang und biegt an der Informationstafel rechts in den Wald ein, nach etwa 200 Metern links, dort steht der Zöllner, Stein Nummer 22. Der gerade Verlauf der Grenzsteine wird durch die Autobahn unterbrochen. In einem Bogen kommt man zur Unterführung, nach links wieder in den Kurs, unmittelbar neben der Autobahn. Der Weg knickt ab zur Otto-Fleck-Schneise, auf die man nach rechts einbiegt.

Von Stein Nummer 29 zu Stein 31 geht es kurz links, dann rechts und wieder links auf den Tiroler Weiher zu, der südlich umgangen wird auf die Mörfelder Landstraße zu.

Die Route des Schäfersteinpfads geht unter der Eisenbahnbrücke hindurch (die Fußgängerbrücke über die Straße bringt zum Waldstadion). Dann geht es rechts zunächst an den Schienen entlang, an der Barriere rechts und an den Tennisplätzen nach links querwaldein. Am Oberforsthaus östlich vorbei.

Mit Erreichen des Straßenkreuzes heißt es zunächst rechts entlang, dem Parkstreifen, an der Ampelregelung auf die linke Seite der Mörfelder Landstraße. Der an der Mörfelder Landstraße, gleich an der Einmündung des Schwarzsteinkautenweges in den Wald führende Weg ist das Ende des Schäfersteinpfades, der bald vom asphaltierten Weg rechts abzweigt. Bei den Sitzbänken steht links einer der Steine, die von einer weit zurück reichenden Geschichte erzählen: Auf der Vorderseite ist das etwas verwitterte Kreuz des Deutschen Ordens zu erkennen, der im Mittelalter einen Stützpunkt am Sachsenhäuser Mainufer unterhielt und größter Grundbesitzer im reichsstädtischen Gebiet war. Die Rückseite zeigt ein spiegelverkehrtes altes „F“, das für Frankfurt steht. Das spiegelverkehrte F wurde lange als „das Frankfurter gotische F” bezeichnet. Heute nimmt man an, daß ein Versehen des Lesens unkundiger Steinmetze vorliegt, die die F-Schablone verkehrt aufgelegt haben.

Man fährt nun nach rechts weiter, an der nächsten Gabelung links zur Bürgerwiese (davor rechts ein weiterer Grenzstein), an der der Pfad gleich wieder in den Wald führt und an zwei weiteren Schäfersteinen vorbei.

Auf dem Weg westlich der Mörfelder Landstraße nach wenigen Metern links ab nochmals in den Wald, wo sich die Steine 44 bis 49 aufreihen. Zwischen Kennedyallee und Mörfelder Landstraße geht es über die Bürgerwiese (rechts Hügelgräber) und dann nach links auf die Niederräder Landstraße. Dort steht der letzte Stein links an der Niederräder Landstraße

Schwanheim

Auf dem Weg nach Schwanheim fährt man mit dem Auto durch die Goldsteinsiedlung. Am besten fährt man auf dem südlichen Mainufer bis zur Lyoner Straße, in die man nach links einbiegt. An der ersten Kreuzung geht es nach rechts in die Goldsteinstraße. Die führt schließlich unter der Autobahn hindurch und dahinter gleich nach rechts in die Straße „Morgenzeile“.

Dort steht rechts das Haus Nummer 15 (große Hausnummer), ein schlichtes Häuschen mit einseitigem Schrägdach: Das ist ein typisches Goldstein-Haus, dessen Grundform sich über die Jahrzehnte hin weitgehend erhalten hat. Die Goldstein-Siedlung entstand aus einem seinerzeit beispielhaften Projekt „Zur Milderung der Arbeitslosigkeit durch Errichtung von Kleinsiedlerstellen”. Dafür hatte die Stadt Frankfurt 1932 Reichsmittel erhalten und stellte das freie Gelände zwischen Niederrad und dem vier Jahre zuvor eingemeindeten Schwanheim zur Verfügung. Hinzu kamen Baumaterial und standardisierte Pläne für einfache Häuschen ohne Unterkellerung und Wasseranschluß. Hiermit ausgerüstet sowie der Bereitschaft zu 3000 -4000 Stunden Eigenleistung - nach heutiger Rechnung etwa zwei Arbeitsjahre - kamen hier um die 400 arbeitslose Siedler mit ihren Familien zu einem bescheidenen Eigenheim im Grünen.

Von dort fährt man wieder ein Stück zurück in den Libellenweg (die Goldsteinstraße ist Einbahnstraße), biegt nach links in den Tränkweg und rechts in die Straße „Am Goldsteinpark“ und vor der Kirche gleich wieder links. Es folgt das Altenzentrum, in dessen Nähe man parken sollte.

Am Altenzentrum geht man durch die Passage in den Innenhof. Dort steht das um 1860 erbaute spätklassizistische Herrenhaus. Dieses ist der letzte Rest des Hofgute Goldstein, das auf eine im 13. Jahrhundert erstmals erwähnte Wasserburg zurückgeht und auch der Siedlung den Namen gab.

Die Wasserburg befand sich im Besitz des Frankfurter Patriziergeschlechts „Zum Goldstein“.

Sie wurde wahrscheinlich 1348 durch den Frankfurter Bürger Johann Goldstein erbaut. Der Hof besaß einen besonderen Schutz durch einen wasserführenden Doppelgraben und den separat auf einer kleinen Insel gelegenen Wohnturm. Der Frankfurter Rat erwarb den Hof 1397 bzw. 1400 von der Familie Goldstein, die 1466 ausstarb. Im Schmalkaldischen Krieg wurde der Hof 1552 beim Abzug der Kaiserlichen niedergebrannt. Er blieb bis ins 17. Jahrhundert eine Ruine.

Ein Hofgut mit ausgedehnten Ländereien bestand weiter. Frankfurt hat 1826 das linksmainische Goldsteiner Gebiet gegen Gelände bei Niederrad an Nassau ausgetauscht. Als der Hof nach 1849 erneuert wurde, planierte man die mittelalterlichen Baureste. Um 1860 entstand ein neues, spätklassizistisches Herrenhaus. Die neue Hofanlage folgte in ihrer oktogonalen Form dem von Salins de Montfort entworfenen Riedhof.

Der Hof nahm im 20. Jahrhundert noch einmal beachtlichen Aufschwung, bis der Bauboom der Nachkriegszeit die landwirtschaftliche Nutzung des Bodens zunehmend unrentabel machte. Im Jahre 1976 wurde schließlich der größte Teil des Hofgutes Goldstein abgerissen. In den Baugruben kamen einige gotische Grundmauern zutage. Nur das Herrenhaus blieb stehen und an seiner Stelle die bereits erwähnte Alten-Wohnanlage errichtet. Das Herrenhaus erhielt nach umfassender Renovierung seine heutige Funktion als beliebter Alten-Treffpunkt. Hinter dem Herrenhaus befindet sich der baumreiche Goldsteinpark, den das Flußbett des ehemaligen Schwarzbachs durchzieht.

Wieder zurück auf der Straße geht man um den ehemaligen Luftschutzbunkers auf der linken Seite herum. An der Längsfront ist das Reliefbild einer Mutter mit Kindern aus dem Jahre 1941. In dem Häuschen daneben ist heute das „Heimathaus Goldstein” untergebracht. Während des Krieges befand sich hier eine heimliche Seidenraupenzucht für die Fallschirmfabrikation.

In der Goldsteinstraße biegt man rechts ab in die Straße „Zur Waldau“, dann rechts in die Straßburger Straße und dann wieder links ab in die Straße „Am Försterpfad“, die um Waldfriedhof Goldstein führt. Westlich des Friedhofs steht das 1952 erbaute Forsthaus Goldstein.

Hier beginnt die Radtour.

Zuerst fährt man auf der Dammschneise nach Westen weiter und biegt dann rechts in den Harthweg ein. Kurz vor den Schienen geht es nach links in den 900 Meter langen Lehrpfad „Schwanheimer Eichen“. Er behandelt die Themen:

* Symbolkraft der Eiche.

* Hute-Eiche (Die typisch gedrungene Gestalt der Eichen entstand dadurch, daß sie als Hut- und Fruchtbäume im lichten Wald standen, was das Dickenwachstum auf Kosten der Höhe förderte. Sie hießen folglich „Huteeichen“ und unter ihnen wuchs nur noch Gras, weil die gierigen Tiere neben Eicheln alles Grün, vor allem aber junge Sämlinge, auffraßen. Immerhin 600 bis 1200 Kilogramm Eicheln pro Hektar lieferte der Schwanheimer Hutewald.

* Kronberger Malerkolonie: Die Schwanheimer Alteichen sind schon lange ein fester Begriff und zogen speziell Maler des letzten Jahrhunderts an; am bekanntesten sind zwei Zeichnungen Ludwig Richters. Im 19. Jahrhundert sah der heutige Wald noch aus wie eine lichte Landschaft, wie ein Park. Es ist kaum zu glauben, daß es vor 100 Jahren hier noch so aussah, wie auf Fritz Ferdinand Wucherers Bild von 1899. Ein Schweinehirte lehnt da am Stamm einer mächtigen, knorrigen Eiche und der Blick reicht kilometerweit über plattes Grasland in die Ferne. Das im Holzrahmen schwenkbare Bild Wucherers lockt zum direkten Vergleich mit der Natur. Die Schweine, Ziegen und Schafen fraßen alles, was frisch und appetitlich war. Außer den nahrhaften Eicheln auch Pflanzentriebe: Neben den mächtigen Eichen kam nichts hoch. So entstand der vermeintliche Park. Ein Bild findet sich auch im Waldmuseum im Wildpark Alte Fasanerie bei Klein-Auheim. Erst nach dem Zweiten Weltkrieg begann das Frankfurter Forstamt, den lichten Eichenwald mit Buchen, Ahorn und Kastanien aufzuforsten.

* Nahrungsquelle: Hunderte Jahre lang haben die Bauern ihre Schweine von den Pferchen an Ober‑ und Unterschweinstiege morgens in den Wald getrieben und unter den mächtigen Eichenkronen gehütet.

* Stil-Eiche.

Bei der Stele „Stieleiche I“ geht der Weg an sich noch einmal links herum und dann wieder links in den Wald, aber dieses Stück lohnt sich nicht, man fährt besser geradeaus weiter Richtung Schwanheim, über die Schienen und zur Straßenbahnhaltestelle.

 

Am Ortseingang von Schwanheim liegt links das Stadtwerke-Verkehrsmuseum, das alte Straßenbahnzüge und eine sehr interessante Fotodokumentation zur ehemaligen Waldbahn beherbergt (Sa./ So. 10—18 Uhr). Vom früheren Waldbahnhof fuhr seit 1889 die mit Dampf betriebene Waldbahn nach Frankfurt. Genau hier ist das Verkehrsmuseum der Stadtwerke Frankfurt am Main untergebracht. Der Ausstellungstitel „Von der Pferdebahn bis zur Neuzeit“ verspricht nicht zu viel. Der älteste, noch von einem Pferd gezogene Wagen, stammt aus dem Jahr 1872. Und mit dem letzten Prototyp der weißroten Züge von heute wurde 1968 das U-Bahn-Zeitalter eingeläutet. Dazwischen liegen weitere Generationen robuster Wagen mit offenem Perron und Holzlattensitzen. Hinter dem Verkehrsmuseum liegt der Kobelt-Zoo (Tiergehege)

Nach rechts geht es in die Straße „Alt Schwanheim“ (Einbahnstraße). Man kommt am Lokal „Zehnthof“ auf der linken Seite vorbei. Ein Stück weiter steht das bekannteste Schwanheimer Lokal, der „Frankfurter Hof”, unter Insidern nur als das „Seppche” bekannt: Die urgemütliche Abbelwoikneipe mit Gartenwirtschaft bietet nicht nur das weltberühmte Frankfurter Stöffche an, sondern auch gutes Essen - und im Sommer jeden Mittwochabend Blasmusik!

Gleich daneben steht der klassizistische Bau (um 1820/30) der Alten Schule, heute „Wilhelm-Kobelt-Haus” genannt, nach jenem bekannten Schwanheimer Arzt und Heimatforscher. Der rechte Seiteneingang führt ins das 1973 eröffnete Heimatmuseum, das leider nur sonntags von 10 - 12 Uhr geöffnet ist. An Wilhelm Kobelt erinnert auch die Kobelt-Ruhe an den Schwanheimer Wiesen östlich der Schwanheimer Bahnstraße. Ein Findling erinnert an den Schwanheimer Arzt, Naturwissenschaftler und Heimatforscher Dr. Wilhelm Kobelt (1840 -1916) und Frau. Er erforschte nicht nur die Spuren der Vergangenheit in der Schwanheimer Umgebung, sondern hatte die Gemeinde auch dazu bewogen, gemäß einer populären Idee der Zeit, hier eine „Walderholungsstätte” einzurichten. Mit offener Halle, Sitzbänken und Liegestühlen war sie bis nach dem Ersten Weltkrieg ein beliebter Treffpunkt der Schwanheimer. Ein Pumpbrunnen spendete Wasser, Blumenbeete blühten und die Skatfreunde hatten ihren eigenen Bezirk.

Neben dem Heimatmuseum steht die ehemalige Kirche von 1687, ein Saalbau mit kleinem Haubendachreiter. An der Ecke zur Martinskirchstraße steht links das ehemalige Fachwerk-Rathaus.

Rechts geht es zur Martinuskirche. Die Schwanheimer Kirche wurde 1911 von Otto Christian Heinrich Bäppler gebaut. Der Frankfurter Architekt (geboren 1868 in Offenbach und verstorben 1922 in Oberursel) war nach seinem Studium in Offenbach ab 1900 in Frankfurt tätig. Da seit der Jahrhundertwende Wettbewerbe in Mode gekommen waren, bot sich den Architekten eine gute Gelegenheit, ihre Ideen zu präsentieren und zu verwirklichen. Prämierte Arbeiten wurden nämlich im Fachblatt „Deutsche Konkurrenzen” veröffentlicht – und auch Bäppler ist hierin mehrfach erwähnt.

Mit der Schwanheimer Kirche lehnte er sich stilistisch an leicht neoromanische Stilformen an.

Nach einer detaillierten restauratorischen Voruntersuchung des Kircheninneren konnten Mörtel- und Malschichten chronologisch erfaßt und den einzelnen Veränderungsphasen in der Geschichte des Gebäudes zugeordnet werden. Neben den aussagekräftigen Malerei-Freilegun­gen dienten zwei historische Schwarz-Weiß-Photographien dazu, mittels digitaler Bildbearbeitung originale Malereifriese zu identifizieren und zu präzisieren.

Die farbliche Ausmalung von 1911 stellt sich als äußerst interessant dar. Die polychrome Farbfassung vermochte es, der großflächig angelegten architektonischen Gliederung des Kircheninnenraums eine feingliedrige optische Strukturierung und Aufteilung zu verleihen. Zentraler Blickfang ist dabei der Chorbereich, der sich nach oben zu einem markanten blauen Sternenhimmel öffnet. Auf kräftig blauem Hintergrund präsentiert er in Form und Anordnung deutlich differenzierte, vergoldete Sterne. Nach unten zur Chorwand hin ist der Sternenhimmel von einem Malereifries begrenzt. Um die in der Originalmalerei dargestellte Sternenkonstellation mit ihren exakten Sternplazierungen wieder sichtbar zu machen, wurde sie freigelegt und restauriert.

Am Chorbogen und an allen Fenstern wurden die Laibungen malerisch mit beigen Stein-Quadern und Fugenstrichen versehen. Das Kirchenschiff selbst wurde nach Befundvorgabe polychrom rekonstruiert. Ein umlaufendes Wellenband gliedert die Wandbereiche in Wandsockel und aufsteigende Wandfläche. Lebensgroße, musizierende Engel erhielten eine leichte polychrome Fassung; einschließlich Inkarnat und dezenter Vergoldung. Der Fußboden wurde entsprechend der Ausgestaltung zur Bauzeit mit Linoleum belegt.

 

Von der Martinuskirche fährt man aber wieder nach Westen an der Mauritiuskirche vorbei in die Mauritiusstraße und nach links in die Geisenheimer Straße. Von dieser biegt man nach rechts ab und auf der Brücke über die Bundesstraße zum Kelsterbacher Weg. Wo auf der rechten Seite der Wald anfängt, steht - etwas verdeckt - eine Informationstafel zum Naturschutzgebiet Schwanheimer Dünen. Dort fährt man nach rechts den schmalen Weg weiter. Als Schwanheim 1928 nach Frankfurt eingemeindet wurde, erhielt es auch eine jahrmillionenalte Urlandschaft in Form von Dünen und Sumpfwald. Sie war Teil der 1800 Hektar großen Feld‑Wald‑Gemarkung, die Schwanheim der Stadt einbrachte. Vierzig, Jahre zuvor hatte die Waldbahn Stadt und Dorf einander näher rücken lassen. Am Weg liegen rechts einige Betonblöcke von der ehemaligen Lorenbahn, mit der Sand und Kies abtransportiert wurde.

Der Sand der Schwanheimer Dünen stammt aus dem Main. Er wurde während der letzten Eiszeit vor 10.000 Jahren aus dem Flußbett angeweht, und es entstand eine offene Dünenlandschaft, die allmählich von Eichen und Kiefern überwachsen wurde.

Das Naturschutzgebiet, das wir heute wegen seiner Sandrasen, der Gewässer und den Streuobstwiesen schützen, ist eigentlich eine von Menschenhand geschaffene Kulturlandschaft. Hätte der Mensch nicht eingegriffen, wäre hier alles bewaldet. Auf dem Sandboden wächst allerdings kein dichter Buchenwald. Denn erst seit einigen Jahren sorgen Schafe dafür, daß auf den wertvollen Trockenrasenflächen keine Bäume hochkommen. Den lichten Wald, der die Dünen bis vor 200 Jahren vermutlich bedeckte, hat der Mensch im 19. Jahrhundert abgeholzt und Kirschbäume gepflanzt, die auf dem kargen Boden allerdings nicht gedeihen wollten. Aber das Gelände war wieder offen und wurde zur Schafhaltung genutzt, bis auch dieser Zweig menschlichen Wirtschaftens sich im Laufe des 20. Jahrhunderts nicht mehr rechnete und auf der Düne wieder wuchs, was wollte.

Erst 1984 setzten sich die Naturschützer durch und erreichten, daß das Gebiet, das bedrohten Arten wichtigen Lebensraum gibt, unter Schutz gestellt wurde. Unter Naturschutz steht die Düne seit 1984, sie ist 37,6 Hektar groß, soll aber auf rund 58,5 Hektar erweitert werden. Die Schmidt’sche Grube stünde dann nicht nur zur Hälfte, sondern komplett unter Naturschutz.

Zehn beziehungsweise 11,4 Prozent der wenigen Hektar Grasnelken‑ und Silbergrasrasen, die es in Hessen noch gibt, sind in der Schwanheimer Düne zu finden.

Die Streuobstwiesen in der Schwanheimer Düne gelten als hervorragender Lebensraum für viele Vogelarten, aber auch rund um die Gewässer fühlen sich viele Vögel wohl. Deshalb sind in der Düne seltene Vogelarten wie Brachpieper, Heidelerche, Neuntöter, Uferschwalbe, Steinschmatzer und Wiedehopf zu finden. Die Experten gehen davon aus, daß hier das größte Nachtigallen‑Vorkommen Frankfurts zu finden ist. Neben Blindschleiche, Zauneidechse und Ringelnatter haben die Biologen hier zahlreiche Libellen‑ und Käfer-Arten gefunden, darunter die Rote-Liste‑Arten „Gemeine Winterlibelle“ und „Kleine Pechlibelle“ sowie die für Sanddünen typischen Schnecken „Heide‑ und Vielfraßschnecke“. In den Gewässern gibt es die Rote‑Liste‑Arten „Kreuz‑ und Wechselkröte“. Auch Seefrosch, Teichfrosch, Erdkröte und Teichmolch wurden registriert.

 

Weiter geht es dann gerade aus auf dem Bohlenweg. Informationstafeln berichten von

Silbergras: Der Sandboden am westlichen Ende Schwanheims ist eine echte Herausforderung an die Pflanzenwelt. An den Extremstellen, wo die Schwanheimer Düne so richtig sandig ist, finden die Experten im so genannten Silbergras‑Rasen im Prinzip nur noch drei Pflanzen: Silbergras, Sandbauernsenf und Frühlings‑Spark. Echte Spezialisten, die mit den rauhen Bedingungen im Sand zurechtkommen, der trocken ist und nährstoffarm. Weil der Regen im Sandboden sehr schnell versickert, trocknet der Boden leicht aus und enthält deshalb sehr viel Luft. Weil Luft ein schlechter Wärmeleiter ist, wie einen die Thermoskanne beim Teetrinken täglich lehrt, heizt sich die Düne im Sommer extrem auf: Nährstoffe halten sich im durchlässigen und beweglichen Sand ebenfalls kaum. So wird der Sandboden zum Extremstandort für Überlebenskünstler.

Das Silbergras hat bloß das Problem, daß es „konkurrenzschwach“ ist, also auf fruchtbarem Boden von anderen Arten schnell untergebuttert wird. Nur hier, auf diesem kargen Dünenboden, hat das silbrig schimmernde Gras seinen Wettbewerbsvorteil: Die Spezialisten sind halt die Einzigen, die es hier aushalten.  Das liegt beim Silbergras daran, daß es ein filzartiges Netz von Wurzeln ausbildet, die sich in der Fläche ausdehnen, um so an möglichst viel Wasser heranzukommen. Es vernäht den Sand, so daß er sich nicht mehr bewegen kann. Sein silbriger Schimmer reflektiert die heißen Sonnenstrahlen im Sommer und hält so viel Feuchtigkeit wie möglich.

Konkurrenz kann auch die in Hessen nur noch selten vorkommende, gefährdete Sand‑ Strohblume nicht vertragen, die auf dem dichter als der Silbergrasrasen bewachsenen Grasnelken‑Rasen wächst. Das gelb blühende, lichthungrige Pflänzchen gedeiht nur da, wo auch sonst wenig hochkommt. Die Existenz von Raublättrigem Schafschwingel und Sand‑ Grasnelke hält sie gerade noch aus, in der kargen Pflanzengesellschaft des Grasnelkenrasens. Das zarte Pflänzchen ist angewiesen auf offene Sandstellen im Rasen, der von Kaninchen oder Schafen freigekratzt wird. Gegen die Sonne wehrt sich die Sand‑Strohblume mit einem dichten Mantel aus toten Haaren. Sie verleihen den lanzenförmigen Blättern einen weißlichen Schimmer, der die Sonne reflektiert. Die Haare bremsen den Wind ab und schaffen verdunstungsarme Räume auf der Blattoberfläche.

Der Schafschwingel wiederum hat im Laufe der Evolution gelernt, seine Blätter einzurollen, so daß sich die Feuchtigkeit im Innern des so geschaffenen Halbrunds hält. Mit dem Sandboden hat alles zu tun, was hier hochkommt. Dabei kommen die meisten Pflanzen nicht besonders hoch. Die Landschaft ist geprägt von kargem, oft nur wenige Zentimeter hohem Bewuchs wie dem einjährigen Sandbauernsenf, der keine große Hitze vertragen kann und deshalb sein Geschäft des Wachsens, Blühens und Aussamens bis Mai erledigt hat. Dann wird es zu heiß für das unscheinbare, weiß blühende Blümlein, das, nur gedeiht, wenn vom Winter noch ein wenig Restfeuchte im Boden ist.

Der lichte Wald aus Eichen und Kiefern, der sich die Dünenkuppen zurückerobert hat, gibt der Landschaft eine ungewohnte Kontur, die auch vom Bohlenweg aus genossen werden kann.

Im größten Weiher, die Schmitt’sche Grube, ist die seltene Kreuzkröte ebenso zu finden wie die Wechselkröte. Hier nisten Graureiher, Haubentaucher und Teichrohrsänger. Aber die Angelsportgemeinschaft Schwanheim möchte auch hier angeln und sieht hier den idealen Ersatz für ihr beim Bau des Leunabrücken-Zubringers weggefallenes Angelgewässer. Aber Frösche, Kröten und Molche hätten keine Chance gegen die fetten Karpfen, die für die Angler in den Teichen heranwachsen:

 

Am Ende des Bohlenwegs geht es rechts herum, am nördlichen Rand des Naturschutzgebiets entlang bis zu seinem Ende, wo wieder eine Informationstafel steht. Dort fährt man wieder in das Naturschutzgebiet hinein, an einem kleinen Teich auf der rechten Seite vorbei und wieder zum Anfang des Bohlenweges und auf dem schmalen Weg zur Teerstraße Kelsterbacher Weg.

Nach etwa 1900 Metern geht es links ab und über die Bundesstraße bis zu einem Blick über die Schwanheimer Wiesen. Ihr Verlauf folgt dem südlichen Ufer des alten Mainarms, abgegrenzt durch die Kelsterbacher Terrassen, die als Uferböschung des urzeitlichen Flußbetts gelten. Erst später nahm der Main den schwungvollen Bogen bei Höchst. Man fährt aber wieder zurück, aber jetzt links an der Brücke vorbei und nach links auf den Römerweg.

An der Kleinwiesenschneise biegt man links und nach etwa zehn Metern nach rechts in den Rohseeweg. Der Rohsee ist bald erreicht, ein Graben, der einmal ein alter Mainarm war, heute der Schwanheimer Urwald (Kobelt). Er zog sich noch vor 100 Jahren als feuchte Senke vom damaligen Dorf Schwanheim bis in den Schwanheimer Wald. Das Gewässer hat keinen Zufluß, sondern verändert je nach Grundwasserstand seine Tiefe. In Phasen großer Trockenheit, etwa in den siebziger Jahren, ist der 1,2 Hektar große See auch schon völlig trocken gewesen. Zum ersten Mal ist dieses Trockenfallen in alten Chroniken 1474 erwähnt.

Die mehrere hundert Jahre alten Eichen machen es möglich, daß hier der seltene Mittelspecht einen Lebensraum gefunden hat. Der braucht nämlich einen Eichenbestand, der älter als 100 Jahre ist. Die von dem Specht mit der roten Kappe auf dem Kopf (der Buntspecht hat nur einen roten Fleck im Nacken) mit Fleiß gebauten Höhlen ziehen Folgenutzer wie Hornissen, Fledermäuse und Hohltauben an. Flatterulmen mit ihren mächtigen bis zu zwei Meter tiefen Brettwurzeln suchen Feuchtigkeit. Winterlinden, Sumpfschwertlilien und Sumpfdotterblumen runden das Pflanzenbiotop ab.

Bei niedrigem Wasserstand wie in diesem Sommer können Spaziergänger ausgiebig die seltsamen Wurzelstöcke der im Wasser stehenden Schwarzerlen bewundern. „Wie Stelzen oder die Wurzeln amerikanischer Mangroven fahren die Erlen ihre fühlerartigen Wurzeln aus und suchen so Halt im weichen Untergrund. Ein weiterer Grund für die ungewöhnliche Wurzelform sei jedoch die jahrhundertelang hier gepflegte Form der Bewirtschaftung: Erlenstämme wurden gerne ausgehöhlt und als Brunnenrohre genutzt, weil das Holz nicht so schnell fault. Also sind die Bäume alle 100 Jahre gefällt worden.

Aus den Wurzelstöcken schlugen neue Bäume aus. Die Wurzelstöcke sind tausend, auf jeden Fall aber mehrere hundert Jahre alt. Um die gewaltigen, längst hohlen oder faulen Wurzelstöcke müssen sich die neuen Wurzeln erst ‑ stelzenartig ‑ ihren Weg bahnen. Die gegenwärtig himmelsstürmenden Schwarzerlen haben ein Alter von etwa 125 Jahren erreicht und werden der Axt nicht mehr zum Opfer fallen.

Bei den Tieren sind der vom Aussterben bedrohte Springfrosch, der Seefrosch, der Ulmenzipfelfalter, der stahlblaue Erlenblattkäfer und die Gemeine Winterlibelle ebenso zu nennen wie 42 Brutvogelarten. Es wurden auch drei Stockentenpaare gesichtet, die sich auf die im Wasser stehenden Wurzelstöcke zurückziehen, wo sie geschützt vor Fuchs, Iltis und Marder brüten können.

Trocken ist es hier in den vergangenen sechs Jahren nicht mehr gewesen. Vor ein paar Jahren mußten die Förster sogar erstmals nach 30 Jahren wieder die Rohre unter der Wanzenschneise öffnen, damit das Wasser aus dem Rohsee Richtung Riedwiese abfließen kann. Dort stehen die Stauden, zunehmend auch Schilf, mannshoch im sumpfigen Untergrund.

Vom Rohsee geht es wieder zurück zum Römerweg und nach Westen weiter. Wo er sich etwas von der Bundesstraße entfernt, ist rechts der Römerbrunnen zu sehen. So unscheinbar der Brunnen jetzt auch wirkt, so entpuppte er sich bei seiner Aushebung im Mai 1973 doch als seltener Fund: ein Brunnengrab. Eingebettet in eine gesonderte Steinlage fanden die Forscher in 1,50 Meter Tiefe ein menschliches Skelett. Über dieser Grabschicht befand sich Erdreich mit vereinzelten Steinen und Dachschieferfragmenten, darunter eine über einen Meter dicke Konzentration von Dachschiefer. In dieser Füllung fanden sich außerdem Keramik, Leder-, Eisen-, Glasreste, eine Tonplatte mit dem Stempel der 22. Legion und die in zwei Teile zerbrochene Skulptur eines Stieres.

Aus dieser Fundanordnung läßt sich schließen, daß die Wasserstelle schon in römischer Zeit ausgetrocknet gewesen sein muß und als Mülldeponie benutzt wurde. Die große Dachschiefermenge wird dahingehend gedeutet, daß nach den ersten Alamannen-Einfällen die römischen Siedler zurückkehrten und das teilweise zerstörte Landgut wieder aufbauten. In diese Zeit muß auch der Tod jenes Menschen gefallen sein, dessen Skelett zwischen zwei Steinlagen gefunden wurde. Anthropologische Untersuchungen ergaben, daß es sich dabei wahrscheinlich um einen Sklaven gehandelt hat, einen etwa zwanzigjährigen Mann aus dem östlichen Mittelmeerraum, der während seiner Jugend schwerste körperliche Arbeit hatte verrichten müssen und an den Folgen eines Schwerthiebs gegen das linke Stirnbein gestorben war.

Etwa 30 Meter vom Brunnen entfernt spärliche Fundamentreste einer römischen Villa Rustica (Landgut) zu sehen (links vom Brunnen?)

Ein Stück weiter liegt links die Riedwiese. Hier ist das südliche Ufer des alten Mainarmes, wo eine Siedlung der mittleren Bronzezeit stand (14. – 13. Jahrhundert vCh). Die Riedwiese grünt übrigens - wie auch die nahen Schwanheimer Wiesen und der sie umgebende Wald - auf Böden, die der Main vor etwa 6.000-10.000 Jahren ablagerte, fruchtbare Auelehme, die darauf hindeuten, daß der Strom mittlerweile in ruhigeres Fahrwasser geraten war: Vor etwa 20.000 Jahren hat er sich sein heutiges Bett gegraben, nachdem die eiszeitlichen Gletscher weitgehend abgeschmolzen waren.

Wo der Römerweg endet geht es links in die Langschneise und dann nach rechts steil hoch in den Bergweg. Es geht dann rechts und links weiter und dann links in die Grenzschneise (nicht bis zur Eisenbahn). Jetzt geht es immer die Grenzschneise entlang, ein Stück weit heißt sie auch Lichtetalschneise. Die Grenzschneise bildete einst die Grenze zwischen Schwanheimer Gemeinde und Frankfurter Stadtwald. Auch die Grenze zwischen dem Herzogtum Nassau und der Stadt Frankfurt verlief auf dieser Linie, wovon noch einige Grenzsteine aus der Zeit um 1803 mit den jeweiligen Initialen HN und SF und der Wall mit Graben zeugen. Der Grenzschneise als alte Verbindung zwischen Mainz und Aschaffenburg wird auch „Bischofsweg“ genannt. Auf ihr zogen die Mainzer Erzbischöfe an Frankfurt vorbei ins Oberstift. Von den Hügelgräbern im Norden kann man vom Weg aus allerdings nichts sehen.

Überall im Wald findet man Wildschweinsuhlen (auch schon am Rohsee). In der Suhle wälzen sich die Sauen, um ihr Fell von Ungeziefer zu befreien. Ein leicht zu erkennender Hinweis auf Wildschweinsuhle sind auch die umstehenden „Malbäume“, an deren Stämme sich die Sauen sauber wetzen und so eine braune Schmutzspur in Kniehöhe an den Bäumen hinterlassen.

Schließlich kommt man an die Schwanheimer Bahnstraße. Sie wurde so benannt nach ihrer früheren Funktion als Verbindungsweg von Schwanheim zur Haltestelle der 1862 in Betrieb genommenen Bahnlinie Frankfurt - Mainz. Die Trasse der Bahnstraße ist freilich noch viel älteren Ursprungs, denn auf dieser Route verlief einst die Römerstraße zwischen den Kastellen Heddernheim und Esch bei Groß-Gerau mit einer Mainbrücke beim heutigen Schwanheim.

Die Straße führt in Richtung Schwanheim abwärts. Aber oben steht man noch auf der alten Kelsterbacher Terrasse. Unten floß einst der Urmain, ein gewaltiger Strom, gegen den der heutige Fluß wie ein Bächlein wirkt! Vor 100.000 Jahren, während der letzten Eiszeit, wälzten sich hier die Fluten abschmelzender Gletscher gen Westen und schoben vom vereisten Spessart und Odenwald gewaltige Buntsandsteinmassen vor sich her - aus denen sich die Kelsterbacher Terrasse bildete, auf der man zuvor geradelt ist. In deren Böschung finden sich kubikmetergroße Felsblöcke, deren Kanten nicht rundgeschliffen, sondern bloß leicht angekratzt sind: Indiz dafür, daß sie in mächtigen Eisschollen ein- und angefroren die Reise hierher machten. Erst 50.000 Jahre später schnitt der Main sich dann in seine ehemaligen Ablagerungen ein. Wind-Erosion blies daraufhin die Terrassensedimente aus und türmte sie zu Dünen auf, deren beiden größten der Pfingstberg und Tannenkopf sind (östlich von Schwanheim).

Die Grenzschneise führt jetzt weiter Richtung Osten durch die „Hölle unter dem Wartweg“.

Die Sprachforschung kennt erklärt den Namen aus indogermanischen Wortwurzeln, die die Bedeutungssippe „neigen” haben, hier im Sinne von „Halde, Steilhang”,

Nach Überquerung der Neufeldschneise liegt rechts das größte Hügelgräberfeld. des Stadtwaldes. Die 67 Hügel sind das größte derartige Gräberfeld im Stadtwald. 370 Hügelgräber sind in einem Dutzend Gruppen im Stadtwald noch nachweisbar. Sie stammen zumeist aus der älteren Eisenzeit (700 – 450 vCh, Hallstattkultur) und ziehen sich in fast regelmäßigen Abständen von etwa 1,5 Kilometer entlang der Südkante des Maintals hin, wo ein frühgeschichtlicher Fernweg verlief, der spätere Bischofsweg.

Die eisenzeitlichen Friedhöfe lagen mit Vorliebe an kleinen Taleinschnitten, wo Querwege von der Siedlungsterrasse in die Niederungen des Hinterlandes abzweigten. Inzwischen folgt man bereits dem Historischen Wanderweg Schwanheim, dessen Markierung „Hallstattzeit-Urne“ freilich etwas spartanisch ausfiel.

Am etwas nördlicher gelegenen Höllenweg sieht man auf das Ergebnis jenes gewaltigen Aushubs, der das Fundament abgab für den Frankfurter Hauptbahnhof. Im Jahre 1881 wurde damit begonnen, Kies und Sand hier abzubauen, um damit das ehemalige Galgenfeld aufzu­schütten, wo der neue Zentralbahnhof entstehen sollte.

Auf der Taubenlachstraße fährt man nach rechts und dann wieder links auf den Tannenweg.

Die Unterschweinstiegschneise (der Name erinnert an die früher allgemein übliche Waldweidewirtschaft: Während Rinder und Schafe die Lichtungen abgrasten, machten sich die Schweine über Waldfrüchte wie Bucheckern und Eicheln her) und der Wartweg werden gequert. Jetzt fährt man wieder durch ein Hügelgräberfeld bis zum Spessarteichenweg auf der „Hölle über dem Wartweg“. In diesen Weg biegt man links ein und fährt zur Unterschweinstiegschneise und auf dieser wieder zum Waldfriedhof Goldbach.

(Frankfurt I, Seite 67; Rhein-Main, 164).

 

 

Gewässer

 

Gewässer-ABC

Ein See ist ein größeres, stehendes Gewässer im Landesinneren ohne direkte Verbindung zum Meer. Gespeist wird ein See durch Zuflüsse, Grundwasser oder Schmelzwasser. Ein See zeichnet sich durch seine große Tiefe aus, so daß der Gewässergrund nicht mehr von der Sonne erreicht wird. Charakteristisch für Seen sind deshalb die  in den verschiedenen Schichten unterschiedlichen Temperaturen, die jahreszeitlichen Schwankungen unterworfen sind.

Weiher ist - per Definition - ein natürlich entstandener, flacher See. Selten ist ein Weiher tiefer als zwei Meter. Häufig ist ein Weiher der letzte Rest eines Sees.

Ein Teich ist ein künstlich angelegter Weiher. Meist haben Teiche einen Zu- und Abfluß und können deshalb trockengelegt werden.

Ein Tümpel ist ein meist nur wenige Dezimeter tiefes Gewässer, das durch starke Wasserspiegelschwankungen geprägt ist - es läuft mal über oder fällt im Extremfall sogar trocken. Gespeist werden Tümpel vom Regen oder Grundwasser, durch Zuflüsse oder Überschwemmungen. Es gibt Quell- und Auentümpel, Moortümpel, Karsttümpel und Überschwemmungstümpel.

In ganz Frankfurt gibt es nicht einen natürlich entstandenen See. Dafür aber mehr als 50 Gewässer - Weiher, Teiche und Tümpel. Aufgestaute wie den Jacobi-Weiher im Stadtwald, frühere Kiesgruben wie die Schmitt’sche Grube in der Schwanheimer Düne, Alttarme des Mains wie das Enkheimer Ried, Löschwasserteiche wie der Rechneigrabenweiher, Hafenbecken wie der Schwedler See.

 

Altarme des Mains

Nach der Eiszeit vor 12 000 Jahren bildete der Main durch die Felsbarriere, die zwischen Röderberg und Mühlberg lag, Seitenarme aus. Zwei solcher Flußarme formten sich im Gebiet des heutigen Erlenbruchs und im Bereich Seckbacher und Enkheimer Ried. Die zwei Arme verbanden sich auf dem Gelände des heutigen Ostparks. Im Laufe der Jahrhunderte versandeten die Main­arme mehr und mehr. Es entstanden Auen- und Bruchwälder. Auf dem tonigen Untergrund der Auen bildeten sich Stillgewässer und nasse Zonen, die es bis heute gibt, darunter Riedteich, Bachrainweiher, Sausee, Erlenbruch und Ostparkweiher. Aktuell wird geplant, die alte Fließverbindung zwischen Enkheimer und Seckbacher Ried zum Ostparkweiher wiederherzustellen, auch um die Wasserqualität im Ostparkweiher zu verbessern. Auch der Rohsee im Schwanheimer Wald ist ein Rest eines weiteren Altarms des  Mains.

Stausee: Aufgestaut ist in Frankfurt eigentlich nur ein Gewässer - der Jacobiweiher im Stadtwald, gleichzeitig die größte stehende Wasseroberfläche Frankfurts. Ursprünglich war er als Hochwasserrückhaltebecken geplant, um den Sachsenhäuser Riedhof besser zu schützen. Der Weiher, der eigentlich ein Teich ist, entstand durch den aufgestauten Königs- oder Luderbach.

Kiesgruben gibt es viele in Frankfurt: darunter die Teiche in der Schwanheimer Düne, den Fechenheimer Weiher und den Kesselbruchweiher im Stadtwald, wo die Bauindustrie Kies und Sand gewann.

Tongruben: Weil die Oberräder Töpfer Ton abbauten, entstanden Geländemulden im östlichen Stadtwald, die sich später mit Wasser füllten, wie der Maunzenweiher.

Torfstich ist die Ursache für die Entstehung des Riedsees im Enkheimer Ried.

Hafenbecken: Aus dem Aushub für ein Reservehafenbecken, das nie gebraucht worden ist, ist der grundwassergespeiste Schwedler See im Osthafen hervorgegangen.

Künstlich angelegte Teiche bilden die Mehrheit der Gewässer in Frankfurt. Vor allem in den Wallanlagen sind bereits im 19. Jahrhundert künstliche Becken angelegt worden, die je nach Zeitgeschmack gestaltet und zum Teil auch als Löschwasserteiche verwendet worden sind. Darunter sind der Rechneigrabenweiher, der Odeon- oder Bethmannweiher und der Teich in der Bockenheimer Anlage.

Burggraben sind der Teich um das Holzhausenschlößchen, der Schelmenburgweiher und der Weiher im Bernuspark.

Auffanghecken für das Drainagewasser beim Bau der Autobahn A 3 im Jahr 1958 war ursprünglich der Försterwiesenweiher im Stadtwald.

Versickerungsbecken: Den Tiroler Weiher im Stadtwald haben die Stadtwerke 1907 als Versickerungsbecken für das damals noch saubere Mainwasser angelegt.

 

Rohsee Schwanheim

Der Rohsee zog sich noch vor 100 Jahren als feuchte Senke vom damaligen Dorf Schwanheim bis in den Schwanheimer Wald. Das Gewässer hat keinen Zufluß, sondern verändert je nach Grundwasserstand seine Tiefe. In Phasen großer Trockenheit, etwa in den siebziger Jahren, ist der 1,2 Hektar große See auch schon völlig trocken gewesen. Die Eichen sind abgestorben, weil es zu wenig Wasser gab.  Zum ersten Mal ist dieses Trockenfallen in alten Chroniken im  Jahre 1474 erwähnt.

Dann ist auch  der Genuß des Tobens und Würmerwühlens im feuchten Matsch für die Wildschweine  verwehrt. Kaum Regenwürmer in den staubtrockenen Bröseln. Zwar trug der Rohseeweg auf ganzer Länge die Spuren ihrer Wonne: zerwühlt, zerwälzt, umgegraben war die Erde.

Die Wildschweine  sind da, auch wenn man sie nicht sieht. Dann liegen sie tagsüber im Schlamm. Versunken bis zum Bauch. Das mögen die bei der Hitze.

Der Rohsee verlockt nicht zum Baden. Die sumpfige Feuchte zwischen Main und Kelsterbach betört mehr von außen - ein Erlenbruch, der seinen Zauber wohl vor allem frühmorgens im November entfaltet, wenn Nebelschwaden emporsteigen und die Stelzwurzeln der Schwarzerlen umspielen.  Um  den Rohsee liegt eine gruselig-schöne Märchenlandschaft.

Für Naturliebhaber ist dort ein interessantes Kleinod, das längst auf der Vorschlagsliste des Regierungspräsidiums Darmstadt für den europäischen Biotop-Verbund Flora-Fauna-Habitat (FFH) steht. Der Rohsee hat keinen Zufluß. Das stehende Gewässer ist aus einem ehemaligen Altarm des Mains entstanden und führt je nach Grundwasserstand mal mehr und auch mal weniger Wasser.

Bei niedrigem Wasserstand können Spaziergänger ausgiebig die seltsamen Wurzelstöcke der im Wasser stehenden Schwarzerlen bewundern. Wie Stelzen oder die Wurzeln amerikanischer Mangroven fahren die Erlen ihre fühlerartigen Wurzeln aus und suchen so Halt im weichen Untergrund. Ein weiterer Grund für die ungewöhnliche Wurzelform ist jedoch die jahrhundertelang hier gepflegte Form der Bewirtschaftung: Erlenstämme wurden gerne ausgehöhlt und als Brunnenrohre genutzt, weil das Holz nicht so schnell fault. Also sind die Bäume alle 100 Jahre gefällt worden. Aus den Wurzelstöcken schlugen neue Bäume aus.  Man geht davon aus, daß die Wurzelstöcke tausend, auf jeden Fall aber mehrere hundert Jahre alt sind. Um die gewaltigen, längst hohlen oder faulen Wurzelstöcke müssen sich die neuen Wurzeln erst - stelzenartig - ihren Weg bahnen. Die gegenwärtig himmelsstürmenden Schwarzerlen haben ein Alter von etwa 125 Jahren erreicht und werden der Axt nicht mehr zum Opfer fallen.

Ein kleiner Urwald ist am nicht mehr bewirtschafteten Rohsee entstanden, wo tote Bäume eben umfallen und liegen bleiben, bis irgendwann ein Sumpf daraus wird. Morsche Aste brechen ab, Stämme bersten in Stürmen auseinander. Wie jene Erle mitten im Wasser, deren Bruchstelle im Stamm noch so frisch ist, daß das Holz rötlich leuchtet. Bei Wind und Sturm sollte deshalb keiner am Rohsee entlang spazieren. Zwar achtet das Forstamt darauf, dafür Sorge zu tragen, daß keinem Spaziergänger ein Ast auf den Kopf fällt. Aber im „Schwanheimer Urwald“, wie Heimatforscher Wilhelm Kobelt den Rohsee nannte, ist das bei starkem Wind nicht auszuschließen.

Kaum vorstellbar, wie es hier noch im 19. Jahrhundert ausgesehen haben soll: eine lichte Landschaft wie in einem Park? Wie auf den Bildern der Kronberger Künstlerkolonie, die gerne auf die Schwanheimer Wiesen zog, um die prächtigen Eichen mit ihren ausladenden Kronen auf der Leinwand festzuhalten?

Die Hute-Eichen zeigen: Hunderte Jahre lang haben die Bauern ihre Schweine von den Pferchen an Ober- und Unterschweinstiege morgens in den Wald getrieben und unter den mächtigen Eichenkronen gehütet. Die Schweine, Ziegen und Schafen fraßen alles, was frisch und appetitlich war. Außer den nahrhaften Eicheln auch Pflanzentriebe: Neben den mächtigen Eichen kam nichts hoch - so entstand der vermeintliche Park auf den Bildern der Kronberger Künstler.

Die mehrere hundert Jahre alten Eichen am Rohsee machen es möglich, daß hier der seltene Mittelspecht einen Lebensraum gefunden hat, wie das Forschungsinstitut Senckenberg bei seiner Biotopkartierung vor zwei Jahren festgestellt hat. Der braucht nämlich einen Eichenbestand, der älter als 100 Jahre ist. Die von dem Specht mit der roten Kappe auf dem Kopf (der Buntspecht hat nur einen roten Fleck im Nacken) mit Fleiß gebauten Höhlen ziehen Folgenutzer wie Hornissen, Fledermäuse und Hohltauben an. Flatterulmen mit ihren mächtigen Brettwurzeln - die wie ein hochkant gelegtes Zwei-Meter-Brett Halt im morastigen Untergrund suchen. Winterlinden, Sumpfschwertlilien und Sumpfdotterblumen runden das Pflanzenbiotop ab.

Bei den Tieren sind der vom Aussterben bedrohte Springfrosch, der Seefrosch, der Ulmenzipfelfalter, der stahlblaue Erlenblattkäfer und die Gemeine Winterlibelle ebenso zu nennen wie 42 Brutvogelarten, die die Fachleute vom Senckenberg-Institut hier gezählt haben. Es wurden auch schon drei Stockentenpaare gesichtet, die sich auf die im Wasser stehenden Wurzelstöcke zurückziehen, wo sie geschützt vor Fuchs, Iltis und Marder brüten können.

Trocken ist es hier in den vergangenen Jahren nicht mehr gewesen. Vor ein paar Jahren mußten die Förster sogar erstmals nach 30 Jahren wieder die Rohre unter der Wanzenschneise öffnen, damit das Wasser aus dem Rohsee Richtung Riedwiese abfließen kann. Dort stehen die Stauden, zunehmend auch Schilf, mannshoch im sumpfigen Untergrund.

Die neueste Auflage der Grüngürtelkarte verzeichnet den im äußersten Nordwesten des Schwanheimer Walds gelegenen Rohsee endlich auch

 

Scherbelino-Weiher

Auf der Mülldeponie lagerte die Stadt Frankfurt zwischen 1925 und1968 rund 20 Millionen Kubikmeter Haus- und Industriemüll ab. So entstand der „Monte Scherbelino“ auf 24 Hektar Grundfläche. Wegen der auf dem Müllberg häufig entstehenden Brände legte die Stadt den Weiher als Löschteich an. Das Wasser, das oben auf den Brandherd gespritzt wurde, floß unten wieder in den Weiher zurück - belastet mit ausgespülten Schadstoffen, wie Ende der achtziger Jahre entdeckt wurde.

Rostrotes Wasser? Kann doch nicht stimmen. Weiherwasser hat blau zu sein, grün oder braun-schlammig, aber rostrot? Muß geschwindelt sein. Von weitem bestätigt die stahlblau schimmernde Wasserfläche im Sonnenlicht. Das Wasser des Weihers am ehemaligen städtischen Müllberg Monte Scherbelino ist rot. Rostrot, rotbraun. Aber sehen kann man das nur im flachen Wasser am Ufer.

Warum der Anfang der sechziger Jahre entstandene Weiher diese Färbung zeigt, wissen auch die für die Sanierung des Monte Scherbelino Zuständigen nicht mit Sicherheit zu sagen. Eisen, Mangan, Huminstoffe - Stoffe also, die nach der Zersetzung von organischen Stoffen entstehen, sind schuld an der Farbe, mutmaßt man. Daß es vor allem am Eisen liegt, darauf deutet zumindest der astronomisch hohe Eisenwert von 41,4 Milligramm pro Liter an einer Meßstelle.

Ein Müllberg als Paradies für Naherholungssuchende? Die ohnehin schon bizarre Vorstellung, daß sich in den  siebziger Jahren die Frankfurter in Scharen Richtung Neu-Isenburg aufmachten, um kurz vor der Stadtgrenze einen Müllberg zu besteigen, hier zu grillen, sonnenzubaden und zu toben, wird auf dem Weg zum Monte vollends zur Siebziger-Jahre-Schrulle. Von 1972 bis 1992 diente der „Monte Scherbelino“ als gern besuchter Naherholungspark. Danach wurde er geschlossen. Wenn etwa 2010, die Sanierung beendet ist und die Pflanzen Zeit hatten, das aufgeschüttete Erdreich mit ihren Wurzeln festzuhalten, sollen die Frankfurter wieder „zur stillen Erholung“ herkommen dürfen.

Seit Mitte der neunziger Jahre wird am Monte Scherbelino saniert - für rund 75 Millionen Euro. Um die Ende der achtziger Jahre entdeckte Verunreinigung des Grundwassers zu verhindern, haben die vom Umweltamt beauftragten Firmen eine 1800 Meter lange Schlitzwand in den Ton­boden gerammt und so eine Art Topf hergestellt, auf den bis Anfang 2007 eine Art Deckel kam: Eine 60 Zentimeter dicke Tonschicht und darüber zwei Meter rekultivierter Boden sollen dafür sorgen, daß oben kein Regenwasser reinfließt. Die Betonwand mit innenliegender Folie rund um den Berg (der Topf soll verhindern, daß unten schadstoffbelastetes Wasser die Deponie verläßt) auf daß das 800 bis 1000 Meter rund um Müllberg verseuchte Grundwasser in paar Jahren wieder giftfrei ist.

Der Weiher am städtischen Müllberg Monte Scherbelino ist ein grundwassergespeister ehemaliger Steinbruch. Er ist etwa 1,5 Hektar groß, inklusive der 700 Quadratmeter großen Insel und hat eine durchschnittliche Wassertiefe von 1,80 Metern. Im Monte-Weiher kann man  nicht baden. Zehn bis 15 Jahre dauert es, bis die Schadstoffe weg sind. Anorganische und organische Schadstoffe sind das vor allem, Benzol etwa, Polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK), Adsorbierbare organische Kohlenwasserstoffe (PAK) und Halogenierte Kohlenwasserstoffe (HKW). Erst seit fünf Monaten wird das kontaminierte Grundwasser am Monte abgepumpt und über eine Sickerwasserreinigungsanlage geführt. Nach und nach müßte aber die Qualität des Weiherwassers besser werden.  Doch das kann lange dauern. Wenn vielleicht 2020 erst wieder Bäume ihre Blätter auf dem längst verlassenen Berg entfalten und das letzte Kohlenwasserstoffteilchen vor Jahren im Weiher nachgewiesen wurde, wird hier vielleicht auch wieder geplanscht. Rostrot wird der Müllberg dann wohl immer noch sein.      

Das Umweltamt muß höllisch aufpassen, daß der Weiher einen bestimmten Wasserstand nicht übersteigt: Dann besteht die Gefahr, daß das Weiherwasser in den Main fließt. Zwei bis drei Wochen lang sind beim im Auftrag des Umweltamts täglich fünf bis sechs Tankwagen mit abgepumptem Weiherwasser in die Kläranlage Niederrad gefahren worden.

Bei Wasserproben, die an der Oberfläche genommen werden, sind zwar fünf bis sechs Milli­gramm Sauerstoff pro Liter gemessen worden. Das ist ein guter Mittelwert. In den Brunnen rund um den Weiher ist dagegen kein Sauerstoff mehr meßbar.

 

Ostparkweiher

Drei oder vier Schwäne, ein paar Stockenten und Wasserhühnchen können  schon einmal tot am Ostparkweiher gefunden werden. In einem städtischen Gewässer weiß man natürlich nie so genau, was die Ursache plötzlicher Todesfälle ist. Schließlich verhalten sich die Stadtmenschen in ihrem wohlmeinenden Drange nicht immer ganz tiergerecht. Idiotischerweise werden die Vögel ja immer noch gefüttert. Ganze Brotlaibe schwimmen da im Wasser. Die sinken dann auf den Boden und verfaulen. Und die Grillfreunde werfen ohnehin alles Mögliche rein. Aber nicht nur die Einkaufswagen, Fahrräder, Gemüsekisten, Autoteile. Alles schon dagewesen. Könne durchaus sein, daß sich der eine oder andere Schwan auch einfach nur den Magen verdorben hat und daran verendet ist.

Aber bei den meisten Vögeln dürfte die Todesursache feststehen: Botulismus. Eine auch beim Menschen als so genannte Wurstvergiftung bekannte, durch ein Nervengift ausgelöste Krankheit, die zunächst zu Muskelversagen führt und tödlich verläuft. Gut, daß der Wasservogelerreger eine andere Sorte ist, als jener, der für den Menschen gefährlich werden kann.

Bei Verdacht auf Botulismus müssen die Kadaver dringend aus dem dieses Jahr bis zu 28 Grad warmen Wasser geholt werden, weil sie die gefährlichsten Seuchenherde sind. Wenn sich erst Fliegen auf die Kadaver setzen, die diese fressen, können auch Singvögel vom Himmel fallen. Sonst sind vor allem Enten und Gänse, aber auch Schwäne betroffen, die mit dem Schnabel im Schlamm gründeln und so die dort stets vorhandenen, im aufgeheizten Wasser aber keimenden Sporen aufnehmen. 

So schnell wie möglich muß bei Botulismus der Sauerstoffgehalt im Weiher erhöht, die Wassertemperatur gesenkt werden. Die widerstandsfähigen Sporen der Botulismus-Bakterien sind in jedem Gewässer vorhanden. Gefährlich werde es erst, wenn der Sauerstoffanteil im Gewässer bedrohlich sinkt und dieses zu kippen droht.  Bei hohen Temperaturen führt das zu enormem Algenwachstum. Dadurch wird noch mehr Sauerstoff verbraucht. Im aufgewärmten Wasser löst sich der Sauerstoff obendrein schlechter als sonst. Besonders im schlammigen Uferbereich keimen die gefährlichen Sporen aus. Kadaver von bereits am Botulismus gestorbenen Vögeln sind besonders gefährliche Giftherde, die zu einer rasanten Ausbreitung führen können, wenn sich Fliegen auf sie setzen.

Fische sind immun gegen das Botulismusbakterium. Aber  Rotauge, Zander, Karpfen, Karausche und Giebel - das ist ein relativ geringes Artenspektrum. Eine Menge könnte man machen, um den Ostparkweiher ökologisch aufzuwerten. Mehr Röhricht am Ufer wachsen lassen, Wasser- und Sumpfpflanzen, die zum Laichen für viele Fischarten wichtig sind. Auch fehlt es an Flachwasserzonen mit nur zwei bis drei Zentimeter Tiefe, die die Jungfische als Rückzugsgebiet brauchen,

 

Bethmannpark

Mitten in der City, umtost von Verkehr, liegt der Bethmannpark wie eine Oase, grün, blumig, friedlich. Hektik und Streß sind wie weggewischt. Mütter und Kinder, Rentner, Banker und Arbeitslose genießen einträchtig Frankfurts kleinsten, intensivst gepflegten Park. Was ihn vor allem auszeichnet, ist der chinesische Garten: ein fernöstliches Idyll auf rund 4000 Quadratmetern. Pavillon, Tore, Brücke, die steinernen Löwen, 22 Landschaftsfenster, alles stammt aus dem Reich der Mitte, hergestellt in Handarbeit.

Die Familie von Bethmann begann bereits, Pflanzen aus Übersee und fernöstliche Gehölze im Park anzusiedeln. Wegen dieser gewachsenen Struktur sollte im Jahre 1983 der chinesische Garten Münchens in den Bethmannpark verlegt werden.  Die Bayern-Metropole behielt dann ihren Garten doch lieber, und Frankfurt übernahm die Idee, um sie schließlich wahr zu machen im direkten Fernost-Kontakt. Für den Bau kamen eigens 16 chinesische Facharbeiter her. Mit ihnen gemeinsam hat Diplomingenieur Werner Breuckmann vom Grünflächenamt, der sich damals drei Wochen in China aufhielt, das Werk in die Tat umgesetzt, von Mai bis September 1989. Beim Aufbau traf moderne westliche Technik auf uraltes chinesisches Handwerk. Alle Gerüste waren aus Bambus. Am 7. Oktober vor 14 Jahren war Eröffnung. Für China war es der erste exportierte Garten. Er gilt bis heute in Fachkreisen, hiesigen wie dortigen, als der schönste chinesische Garten außerhalb Chinas.

Seitdem rauscht der Wasserfall; Ingwer, Weide und Bambus sprießen. Maulbeer-, Amber- und Pfirsichbaum wiegen sich im Wind. Fische gleiten durch den Teich, und die weiße Marmorbrücke hält dank ihrer Zick-Zack-Form böse Geister ab: Die können bekanntlich nur geradeaus gehen. Das harmonische Flair zieht viele an.  Ein  Teil heißt „Frühlingsblumengarten“ mit dem Schwerpunkt Pflanzen, originalgetreu aus der Provinz Anhui westlich von Shanghai.

Ein Hügel, um dem Himmel und Buddha ein Stück näher zu sein, fehlt darin natürlich nicht. Er bietet dazu Aussicht auf krasse Kontraste: dort rasender Verkehr, hier fernöstlich-ruhige Natur - zwei Welten hüben und drüben der weißen Mauer.

Zeichner skizzieren Natur-Motive, Fotografen nehmen Models vorm Pavillon auf, und regelmäßig trainiert eine Tai Chi-Gruppe hier.

 

Universitätsteich

Anstelle eines Wasserbeckens sollte nach den ursprünglichen Plänen der I.G. Farben an diesem Ort ein Hochhaus entstehen. Nach drei Monaten wurden die Bauarbeiten dann aber aufgegeben, unter anderem weil der Boden dafür nicht geeignet war.  Auch wenn die Anlage demnach aus der Not geboren wurde, paßt sie sich doch harmonisch dem Gesamteindruck des Geländes an. Das Becken ist mit den für den Poelzig-Bau charakteristischen Travertin Sandsteinen eingefaßt. Tritt man aus der Rotunde im Hauptgebäude hinaus ins Freie, gleitet der Blick über das Becken und dann unweigerlich hinauf zum Casino. Vorn der Terrasse dieses Gebäudes, in dem die Mensa untergebracht ist, können die Studenten bei schönem Wetter während des Essens den Blick auf das Wasserbecken genießen.

Mamie Eisenhower, die Gattin des damaligen Generals sah in der Nymphe eine sittliche Gefahr für die amerikanischen Soldaten  und hatte für ihren Abtransport gesorgt. Fast 50 Jahre lang  war sie ihres Platzes verwiesen. Erst 1991 kehrte die Statue „Am Wasser“, von dem Künstler Fritz Klinisch geschaffen, zurück an ihren Bestimmungsort: An die Nordseite des Wasserbeckens auf dem Gelände des Poelzig-Baus, dem heutigen Campus Westend.

An sonnigen Tagen sitzt die Nymphe hier nicht allein, sie ist umringt von jungen Menschen. Studierende, die auf dem Rand des Wasserbeckens die Zeit zwischen Vorlesung und Seminar überbrücken oder sich vom Lernen in der Bibliothek erholen, essen, lesen, Neuigkeiten austauschen, träumen. Am vorderen Teil des Beckens spenden zwei mächtige alte Weiden Schatten. Ihre langen Äste reichen bis ins Wasser, der Wind läßt sie hin und her taumeln. Stark beschädigt waren die Bäume gewesen, als die Universität das Gelände übernommen hat. Die Gartenanlage rund um das Wasserbecken wurde nach den alten Pflanzplänen wieder aufgebaut.

An der rechten Seite des Beckens wurde eine kleine Rampe angebracht, damit die Enten leichter aus dem Wasser heraus kommen. Vielleicht sind ja auch Fische im 900-Quadratmeter-Becken, die jemand aus seinem Aquarium ausgesetzt hat. Was in dem Becken schwimmt und wächst, das ist noch nie untersucht worden.

Unterhalb der Balustrade rauscht ein Wasserfall. An dessen Fuß schäumt das Wasser auf, so, als ob jemand Waschpulver in das Becken gekippt hätte. Das ist tatsächlich schon mal passiert.

Grundsätzlich halten die Studenten den neuen Campus aber sehr sauber. Sie identifizieren sich mit diesem Gelände.

Obwohl das Becken nur 80 Zentimeter tief ist, kann man nicht bis zum Boden schauen. Das Wasser ist trüb, aufgewühlt durch den Wasserfall. Eigentlich darf man in das Becken nicht einsteigen, aber davon lassen sich die Studenten natürlich nicht abhalten.  Die Universität ist mit Bestrafungen generell sehr zurückhaltend.

 

Palmengartensee

Verlorengehen kann man beim Bootstrip im Palmengarten nicht: Der einzige Weiher mit Bootsverleih in Frankfurt ist so klein, daß der Bootsverleiher einen fast immer im Blick hat. Hermann Schmidt steht von März bis Oktober im Palmengarten vor seinem kleinen Blockhaus am Weiherrand und wartet auf Kundschaft. 2,50 Euro kostet die halbe Stunde Boot fahren für Erwachsene, die zweite Person nur 50 Cent. Schmidts Vater verlieh seit 1949 die Boote am Weiher.

Im Jahre 1974 übernahm der Sohn die 20 Polyester-Nußschalen: „Mal kommen zehn Leute, mal 30, mal 50, an sehr guten Sonntagen können es auch mal 400 sein: Ich muß halt so viel verdienen, daß ich im Winter davon leben kann.“ Sechs Wochen lang ist er in der kalten Jahreszeit damit beschäftigt, seine Flotte, von der das älteste Boot 40 Jahre auf dem Buckel hat, wieder flott zu kriegen.

Eine Bootsfahrt auf dem lauschigen Weiher mit der schwimmenden Fontäne in der Mitte und dem rauschenden Wasserfall gilt vielen Frankfurtern als ideale Kulisse für romantische Entwürfe. Kein Wunder, daß jede Menge Brautpaare hier in voller Montur aufkreuzen, um sich bootschaukelnd unterm Weidenbaum fürs Hochzeitsfoto aufnehmen zu lassen.

Das Wasser im 1,2 Meter tiefen Weiber stammt aus der Quelle Leonhardsbrunnen, die aber unterschiedlich ergiebig ist. Das Regenwasser von den Wegen in der Gartenanlage im Westend wird deshalb ebenfalls in den Weiher geleitet. Die Fontäne schießt acht Meter in die Höhe. Die schafft aber locker die doppelte Höhe. Das  Regenwasser von den Dächern des Palmenhauses und der meisten Gewächshäuser wird aufgefangen und zum Gießen der Pflanzen benutzt. Nur was dafür nicht gebraucht wird, fließt weiter in den Weiher. In den Kanal geht so gut wie nichts. Auch der Überlauf vom Wasserfall im Palmenhaus findet seinen Weg hierher.

 Das Weiherwasser selbst näßt die Rhododendron- und Heidegärten, weil die Moorpflanzen keinen Kalk vertragen. Ganze 12.000 Kubikmeter Wasser im Jahr darf der Palmengarten aus dem eigens für die Bewässerung der Pflanzen Ende des 19. Jahrhunderts gegrabenen, 13 Meter tiefen Brunnen fördern. Doch alle Sparsamkeit wird im Supersommerjahr 2003 nur wenig helfen: Nur 266, 3 Liter Regen sind bis Ende August im Palmengarten pro Quadratmeter gefallen. im Jahr sind es normalerweise 600 bis 700 Liter. Da sind wir weit davon entfernt.

Eine Vielzahl von Wasservögeln tummelt sich hier. Die Stockente sowieso, aber auch Streifen- und Bläßgänse, Hawaii-, Kanada- und Graugänse, Teich- und Bleßrallen sowie zwei schwarze Schwäne. Im Winter kommt auch der Eisvogel zu Besuch. Nilgänse kommen  eher selten, aber da ist man auch froh drum, die sind nämlich ganz schön aggressiv. Werden es mal zu viele Vögel, werden sie eingefangen und an Privatleute verkauft. Sonst trampeln die im Frühjahr die empfindlichen Beetpflanzen kaputt und die Gärtner kriegen Anfälle.

Eine besondere, wenn auch unerwünschte Attraktion für die Besucher sind die 37 ausgesetzten Gelbwangen- und Rotwangenschildkröten, die sich gerne auf den Baumstämmen im Wasser sonnen. In heißen Sommern versuchen sie sogar, sich statt im heißen Sand der nordamerikanischen Strände im warmen Sand der wassergebundenen Palmengartenwege zu vermehren. Die kommen nachts aus dem Weiher, pinkeln den harten Weg weich und laichen dann in einer 25 Zentimeter großen Kuhle ab.

 

Tillybad

Das seit 1994 geschlossene Tillybad in Höchst war früher einmal von der Nidda durchflossen. Heute speist Regenwasser das 30 mal 100 Meter große von Anglern genutzte Becken, das in der Sprunggrube drei Meter, sonst maximal 2,20 Meter tief ist. Auf den Wiesen hat die Angelsportgemeinschaft Schwanheim aufgeräumt. Sie  ist seit ohne Gewässer, weil sie ihre Angelgrube an die Trasse zwischen Leunabrücke und B 40a verloren hat: Auf der Liegewiese gleich hinter dem Eingangsgebäude türmten sich laut Eckhard Krumpholz vom Umweltamt im vergangenen Winter noch haushoch die Brombeeren und anderes Gestrüpp. Jetzt könnte man sich hier schon wieder problemlos sonnen. 1300 Arbeitsstunden haben die Angler ins Tillybad gesteckt, drei bis vier Baucontainer mit Müll gefüllt, der über den Zaun geschmissen worden war, haben am östlichen Ende des Grundstücks eine enorme Bernjeshecke aufgeschichtet - aus dem Gestrüpp, das sie mühsam von Hand weggehackt haben.  Aus dem Urwald mit Schwimmbecken ist ein lauschiges, baum- und buschumstandenes Gewässer geworden, eine rauhe Parklandschaft.

Der Vorsitzende des Vereins hat das einzige Angebot der Stadt, nämlich das Tillybad für zunächst sechs Jahre als Angelgewässer zu pachten, gerne angenommen. Geeignet wäre das Becken, um hier die Jugend ans Angeln heranzuführen. Er hat viele Ideen gehabt. Zum Beispiel hier Jugendzeltlager zu veranstalten mit Angelkursen, ein Fisch- und Pflanzenlehrpfad. Das Gelände wäre ideal: Jede Menge Wiese, mit der wir ja eigentlich nichts anfangen können. Aber der Vorsitzende wurde enttäuscht. Seine Vorstandskollegen konnten sich für die Idee nicht erwärmen. Die wollen hier wohl lieber alleine angeln. Von der 16-köpfigen Jugendgruppe, die er selbst vor Jahren aufgebaut habe, sind im Verein ohne Gewässer gerade mal ein, zwei übriggeblieben. Insgesamt zählt der Verein ohnehin nur noch 54 von einst 92 Köpfen.

Angeln ist zur Zeit ohnehin gar nicht möglich: Zu niedrig ist der Wasserstand, um das zum Weiher gewordene Becken mit Angelfischen zu besetzen. Jetzt warten die Angler auf Regen. Zwar hält sich hartnäckig das Gerücht, das früher mit der Nidda verbundene Tillybad sei grundwassergespeist. Aber hier kommt nur Regenwasser rein. Also muß es erst mal ordentlich regnen, bis Fische reingesetzt werden können.

Hechte sind schon drin, 20 bis 90 Zentimeter lang. Schiefer: Die sind wohl hier reingeworfen worden, als die vom Höchster Schwimmbad drüben am Jahresende ihr Becken saubergemacht haben. Die jetzt rausangeln? Der Vorsitzende schüttelt den Kopf Das ginge eindeutig gegen die Anglerehre. Die hätten ja keine Chance, die sind völlig ausgehungert, leben von den paar Fröschen und die Brut hat sich gegenseitig aufgefressen. Wenn man da jetzt eine Angel reinhängt, ist das Becken in zwei Tagen leer. Das sei nicht Sinn der Sache. Erst mal müssen Futterfische wie Rotauge und Rotfeder rein, damit die Hechte sich satt fressen können, dann Karpfen und Aale: Das Spannende ist ja, nicht zu wissen, was an die Angel geht.

 

Schwedler See im Osthafen

Der grundwassergespeiste Schwedler See, das einzige Naturbad Frankfurts, verdankt seinen Namen dem Bauingenieur Johann Wilhelm Schwedler, der Eisenbahnbrücken wie die Deutschherrnbrücke entwarf. Er ist seit 1921 Vereinsbad des Ersten Frankfurter Schwimmclubs und bietet obendrein seltenen Vogelarten wie Kormoran und Eisvogel sowie Libellen, Wasserschildkröten, Muscheln und zahlreichen Fischarten wie Schleie, Rotauge, Aal, Hecht und Karpfen einen Lebensraum.

Man denkt, Fische schwimmen weg, wenn ein Mensch badet. Nicht aber die 1,40 Meter langen Löffelstöre, von denen noch zwei Exemplare im Schwedler See herumschwimmen.  Vor zwölf Jahren wurden drei Störe zusammen mit einigen der bis zu ein Meter groß werdenden Chinesischen Graskarpfen ausgesetzt, um einer Schlingpflanze namens Hornkraut den Garaus zu machen, die früher den ganzen See bedeckte. Durchaus erfolgreich, wie man mit Blick auf das schlingpflanzenfreie Gewässer zugeben muß.

Peter Klein von der „Frankfurter Fischer- und Schifferzunft von 945 e.V.“ stimmt kopfschüttelnd zu: Der Löffelstör sucht tatsächlich den Menschen. Ganz dicht unter der Wasseroberfläche schwimmt der Vegetarier auf Futtersuche hin und her in dem ein Hektar großen Gewässer, das offiziell keineswegs ein See ist, sondern der nicht ausgebaute Teil des Hafenbeckens im Osthafen. Das war nämlich 1908 nur bis zur Schwedler Straße ausgebaut worden. Der hintere Teil, noch rund 400 Meter weiter bis zur Intzestraße, wurde zwar ausgebaggert, aber vorerst nicht genutzt.

Fortschrittsorientiert wie die Stadtplaner damals waren, hätten sie wohl gedacht, daß mehr und mehr Güterverkehr auf Main und Rhein schon bald ein weit größeres Hafenbecken erforderlich machen würde. Aber dann kam der Erste Weltkrieg, die Wirtschaftskrise, dann der Zweite Weltkrieg, und inzwischen hatten sich die Güter andere Verkehrswege gesucht. Die ausgebaggerte Grube hatte sich längst mit Grundwasser gefüllt und wurde seit 1921 mit Genehmigung der Stadt vom EFSC als Trainingsgewässer benutzt.

Eine Handvoll Badegäste, Frauen und Kinder zumeist, haben ihre Handtücher auf dem schmalen, längst von der Sonne verbrannten Rasenstreifen am Südufer des Sees ausgebreitet. Ein paar haben Liegestühle aufgestellt oder es sich auf Stühlen bequem gemacht. Im von der wochenlangen Hitze lauwarmen Wasser tummeln sich vor allem die Kinder. Zwei Übungsleiter des Vereins lassen sich auf Surfbrettern treiben und von der Sonne rösten. In der nach dem Hochwasser im vergangenen Winter zerstörten und gerade erst als rot-weiß gestrichene Holzveranda wiedereröffneten Vereinsgaststätte, die 50 bis 60 Leuten Platz bieten würde, sitzt an diesem Nachmittag trotz brütender Hitze keiner herum.

Das mag auch daran liegen, daß der Schwedler See nun mal kein offizielles Badegewässer ist, sondern eben ein nicht ausgebautes Hafenbecken. Nur Mitglieder des EFSC und Menschen, die im Hafen wohnen oder arbeiten, dürfen das mitten im Hafen-Sperrgebiet liegende Grundstück betreten und im See baden - zusammen mit dem Chinesischen Graskarpfen und den beiden Löffelstören.

Wenn es nach dem neuen Pächter der Vereinswirtschaft geht, soll das bald anders werden. Laut Gottschalk hat er eine Konzession beantragt, um hier künftig nicht nur Vereinsmitglieder, sondern in der Mittagspause auch Angestellte aus den Werbeagenturen und Start-up-Firmen rund um die Hanauer Landstraße bewirten zu können.

Die Terrasse könnte im nächsten Winter wieder ein Opfer des Hochwassers werden, das dann vom Main her mit Macht in den sonst nur 2,30 Meter tiefen Schwedler See dringt. Rund 1,20 Meter hoch stand beim letzten Mal hier das Wasser. Dann kam der Frost. Küche, Einrichtung - alles hin. Der Vereinschef deutet auf einen beachtlichen Haufen Schrottholz, das die ohnehin schon schmale Liegewiese noch weiter verkleinert: Das da ist alles, was das Hochwasser übriggelassen hat.

Der Schwedler See war 1921 wichtige Station des Leistungsschwimmsports in Frankfurt. Zuvor konnten die EFSC-Schwimmer nur im Main trainieren - bis zum Ersten Weltkrieg auch in der Ochs’schen Badeanstalt am Eisernen Steg - inklusive aller Widrigkeiten wie Strömung, Schiffahrt, Wellengang. „Mitstromschwimmen und Gegenstromschwimmen, zwischen Eisernem Steg und Gerbermühle“, nannte man das damals übliche Training. Enorme Leistungen waren das. Es gab ja noch keine Schwimmstile. Nach dem Ersten Weltkrieg war es vorbei mit dem Mainschwimmen: Zu hohe Verschmutzung wegen der Industrialisierung war der wichtige Grund, außerdem waren die Anforderungen an den Schwimmsport gestiegen.

Im Jahre 1926 wurde das Stadionbad eröffnet, es folgten weitere. Einen Abend in der Woche - mittwochs - konnten die EFSC-Schwimmer auch im ersten Hallenbad Frankfurts trainieren, dem Alten Stadtbad Mitte nahe des heutigen Börneplatzes. Als es Anfang der sechziger Jahre geschlossen wurde, war der EFSC ein „VoW“ - „Verein ohne Winterbad“.

Bis in die  sechziger Jahre hinein trainierten die Schwimmer des mit heute 2000 Mitgliedern größten Frankfurter Schwimmvereins im Schwedler See, wo ein 50-Meter-Becken abgesteckt war. Im Jahre 1977 wurde der größte Teil des Sees zugeschüttet, um Platz für Lagerhallen an der Lindleystraße zu schaffen. Seit Mitte der sechziger Jahre wurde nur noch in den Hallenbädern trainiert,

Und der Schwedler See konnte sich ganz darauf konzentrieren, Biotop und Paradies für jene Vereinsmitglieder zu sein, die sich für 10 Euro Mitgliedsgebühr im Monat das Recht erkaufen, im Sommer mitten im Osthafen mit den Fischen zu schwimmen. Zuletzt Anfang der neunziger Jahre, als die EU-Badewasserverordnung verschärft wurde und eine teure 14-tägige Wasserqualitätsanalyse vorschrieb. Dabei war die Wasserqualität immer gut. Keine Kolibakterien, keine Salmonellen. Nur die vorgeschriebenen 60 Zentimeter Sichttiefe erreicht man nicht - wegen der Schwebealgen. Da Schwimmclub-Mitglieder ja schwimmen können müssen, war das kein Hindernis, nur öffentliches Badegewässer durfte der See nicht sein.

Text! Sie können ihn mit Inhalt füllen, verschieben, kopieren oder löschen.

 

.

Druckversion | Sitemap
© Homepage von Peter Heckert