Eine bebilderte Datei zur Kirche in Hochstadt finden Sie, wenn Sie  hier  klicken. Zum Vergrößern der Schrift auf "Öffnen" klicken.

 

Die evangelische Kirche in Hochstadt

 

Nach alten Urkunden im Pfarrarchiv und im Staatsarchiv Marburg und unter Verwendung von Vorarbeiten zusammengestellt von Peter Heckert, Maulbeerweg 21, Telefon 06181/9451936.

Verwendet wurden von Loki Häger-Hogerland (Luisantring 44) die Ausarbeitung zur Bestimmung der Pflanzen, von Kunsthistoriker Dr. Peter Feldmann aus Bad Homburg die Beschreibung des Baus und der alten Fundamente, von Pfarrer Hermann Langheinrich die Beschreibung der Restaurierungsarbeiten, von Lars Nüthen (Luisantring 90) die Aufrisse, von Reinhard Schellmann die drei Bücher „Hochstadt in alten und neuen Bildern“. Im Jahr 2017 hat der Architekt Franz Christoph Brück aus Enkheim wertvolle neue Erkenntnisse beigesteuert, wenn man auch nicht alle übernehme kann. Mit der Hochstädter Kirche haben sich auch in besonderer Weise befaßt der Architekt Doll aus Hanau und der Kirchenmaler Wölfel aus Langenselbold. Die Fotografien sind zu einem großen Teil von Walter Lenz, Luisantring 3.

Ihnen allen und manch anderen Hinweisgebern sei herzlich gedankt, daß sie ihre Ergebnisse bereitwillig zur Verfügung gestellt haben. Sie sollen hier einem weiteren Leserkreis bekannt gemacht werden. Kopien dürfen jederzeit gemacht werden, die Quellen werden vom Verfasser auf Wunsch gern bereitgestellt.

 

Ganz gleich von welcher Seite man sich Hochstadt nähert, der Kirchturm und die Kirche fallen immer in den Blick und sind das Wahrzeichen des Ortes. Ein Zeichner hat sich ausgedacht, wie Hochstadt - nach den Angaben des früheren Heimatforschers Wilhelm Mankel - in alten Zeiten ausgesehen haben könnte:

 

Zu sehen ist die Ringmauer mit ihren Türmen. Sie umschloß den Ort mit seinen rund 140 Grundstücken. Ein Zugang war nur möglich über das heute noch vorhandene Obertor und das 1874 abgerissene Untertor, das zwischen den Häusern Hauptstraße 38 und 49 stand. Der Siedlungskern war rund um die Kirche und die Kirchhofsmauer. Das Oberdorf ging bis zur Höhe der heutigen Brunnenstraße. Später kam das Unterdorf hinzu und im 13. Jahrhundert wurde die rund 980 Meter lange Ringmauer gebaut.

Die Häuser werden überragt von Kirchturm und Kirche und dem Obertor. In der Mitte des Ortes kann man auf der Zeichnung die lutherische Kirche erkennen, die bis 1820 bestand und von der die Südwand noch bis in die siebziger Jahre des 20. Jahrhunderts als Teil der Ringmauer zu sehen war. Im Westen steht das Untertor mit dem Beginn der Wege nach Dörnigheim und Bischofsheim. Im Hintergrund kann man das Schützenhäuschen bzw. die Hartig sehen. Auch die Weinberge sind gut zu erkennen.

Eine noch ältere, aber nur stilisierte Zeichnung findet ich in einem Buch der deutsch-reformierten Kirche von Pennsylvania, das im 18. Jahrhundert in Amsterdam herauskam. Diese Kirche wurde gegründet von demSohn des Hochstädter Pfarrers Böhm (der auch auf der Emporensäule von 1697 erwähnt wird), der Dorflehrer in der Pfalz wr und mit seiner Gemeinde nach den USA auswanderte und dort die deutsch-reformierte Gemeindee gründete. Diese nahm Beziehungen auf zu den Reformierten in Amsterdam. und als der Schriftverkehr dort in einem Buch veröffentlicht wude, wurde auch das Bild von Hochstadt aufgenommen.

 

Die älteste Fotografie der Kirche ist wahrscheinlich ein Bild, das etwa im Jahr 1890 entstanden ist. Es zeigt einige Männer vor der Gaststätte „Zur goldenen Krone“ und den Blick die Hauptstraße hinauf zum Kirchturm. Ganz links steht der Wirt Georg Rauch.

Immer wieder beherrscht der Kirchturm das Bild Hochstadts, wenn man von Süden kommt.

 

 

 

ÄUSSERES DER KIRCHE          

 

Kriegerdenkmal        

Im Vorgarten rechts vom Turm steht ein Gedenkstein an den preußisch (deutsch) - französischen Krieg von 1870 / 1871. Eine Gedenktafel für die Gefallenen der Freiheitskriege kam schon 1814 in die Kirche. Dieses Denkmal wurde vom Kriegerverein errichtet und

1883 eingeweiht. Es nennt die Namen der „Kombattanten“ und der „Nicht-Kombattanten“ aus Hochstadt und auch das Datum der Verwundung von Soldaten. Gefallen ist damals keiner.

Der frühere Stadtrat Schreiber wollte das Denkmal entfernen, weil es nicht zur deutsch-französischen Freundschaft passe. Aber es ist ein Zeugnis der Geschichte, und sollte als geschichtliches Zeugnis stehen bleiben; auch in Frankreich gibt es entsprechende Denkmäler. Heute haben Deutsche und Franzosen ein gutes nachbar­liches Verhältnis. Seit 1973 ist Hochstadt (und Maintal) mit der Stadt Luisant bei Paris verschwistert. Der dortige Bür­germeister ist der erste Ehrenbürger von Maintal. Es besteht ein reger Austausch zwischen Vereinen, Schulen und Pri­vatpersonen und bei den Festen.

 

Der Text lautet:

 „Zur Erinnerung an die glorreichen Siege der Deutschen über die Franzosen im Jahr 1870-71.

Des Mannes Tugend erprobt allein die Stunde der Gefahr

Wo sie dem Menschen seinen Kampf bereitet

Da bricht die Kraft die unversuchte Bahn

Da knüpft der Ruhm die Namen an die Sterne.

Gewidmet von der dankbaren Gemeinde ihren Kriegern.“

„Nicht-Combattanten: J. Schäfer, H. Habermann, W. Weber (, C. Kraft, A. Krebs,

J. Bauer, B. Goldschmidt, J. Stiebel, A. Schales (, W. Strohl, J. Bechert.

Combattanten: C. Hensel (gest. 8.9.70), M. Fischer, J. Fischer, J. Bechert (verw. 6.8.70), P. Koch, D. Koch, Ph. Stein, P. Stumpf, W. Schäfer, J. Huhn (verw. 1.9.70), Ph. Burger, W. Lind (verw. 1.9.70), C. Fischer, Ph. Schlegel, J. Weber, W. Huhn, J. Fischer, Ph. Lind, P. Stein. Gott war mit uns, Ihm sei die Ehre.“

 

Auf einem zeitgenössischen Gedenkblatt wird noch angegeben, daß Andreas Schales (ein Nicht-Combattant) am 29. Juni 1871 in Mainz gestorben ist. Es erscheinen auch noch weitere Namen auf diesem Gedenkblatt: Combattanten: Georg Stahl, Wilhelm Kuhn, Adam Kübler, Adolph Krämer, Johannes Jost. Nicht-Combattanten: Valentin Köhl. Man beachte, daß unter den „Kämpfern“ auch die Juden Baruch Goldschmidt und Jesel Stiebel sind.

 

                   

 

                                    

Turm außen

Wo heute der Kirchturm steht, war ursprünglich das Eingangstor des Kirchhofs. Deshalb sind auch die beiden Bögen des heutigen Durchgangs unterschiedlich. Die Westseite könnte ausgebrochen und nach einer Beschreibung von 1870 könnte sie spitzbogig gewesen sein.

Der romanische Bogen an der Innenseite des heutigen Turms könnte noch vom alten Eingangstor des Friedhofs stammen und ist an den Ecken abgeschrägt.

 

Der Turm wurde in einem Zug errichtet: Conrad Appel schreibt dazu: „Im Jahre 1554 ist der hiesige Glockenturm von Meister Barthel aus Hanau errichtet worden für 500 Gulden“. Es ist also nicht so, daß dieser Turm schon früher als Wehrturm bestanden habe und erst nachträglich zum Kirchturm umgenutzt wurde. Es gab auch keine zwei Bauabschnitte (der untere Teil mehr romanisch, der obere mehr gotisch).

Das Kirchturmtor war ursprünglich ein geschlossenes Holztor. Im März 1853 wird ein neues Bohlentor zum Kirchhof angefertigt und der Schmied macht zwei Schlüssel dafür.  Das heutige Eisentor wurde von dem Architekten Schäfer aus Bischofsheim entworfen.

 

Tafel:

Dazu paßt die außen am ersten Geschoß angebrachte Sandsteinplatte von 1554. Die Platte zeigt drei Wappen. Zwei Wappen bezeichnen die Hanauer Grafen als Bauherren. Damals regierte Philipp III. (1529-1561), der verheiratet war mit Helene von Pfalz-Simmern. Das Wappen von Kurpfalz und auch das von Pfalz-Simmern zeigt links oben und rechts unten einen nach links gewendeten Löwen und rechts oben und links unten weißblaue Rauten. Das Wappen findet sich auch (stark verwittert) über dem Haupteingang der Marienkirche in Hanau und auch an der Decke der Marienkirche. Auch im Rathaus Wachenbuchen findet sich da Wappen von 1555.

Unter diesen beiden Wappen sieht man das alte Hochstädter: Ein „H“ mit einer nach rechts abgeknickten Hacke. Die Platte ist durch einen Gewehrschuß beschädigt, so daß man den Eindruck gewinnen konnte, es handele sich um eine Winzersichel, das sogennante „Wingertkneip“. Es war aber eher so, daß durch den Schuß am oberen Teil des Hackenstiels einige Teile des umgebenden Gesteins durch die Gewehrkugel bogenförmig angehoben wurden

Aus dieser Jahreszahl kann man nicht auf die Erbauungszeit der gesamten Kirche schließen.

 

Zimmermann will ihr überhaupt keine Bedeutung zumessen, da es sich bei dem Turm um den Nachfolger einer freistehenden Warte gehandelt habe. Doch entstanden ähnliche Bauten gleichzeitig in der Rhön und in Mainfranken in ähnlicher Formenmischung von Gotik und Renaissance.

 

Insgesamt ist der Turm kaum als wehrhaft zu bewerten, da er vom Erdboden aus bequem zugänglich ist und keine Verteidigungseinrichtungen wie Pechnasen oder Schießscharten zeigt. Der Turm wurde nicht als Wehrturm für den Kirchhof erbaut. Die Zeit war längst vorbei, weil man ja die Ringmauer hatte. Zinnen und Wehrgang hatten mehr symbolischen Charakter. Vielleicht war der Grund für den Bau der Wunsch der Einwohner, außer dem unscheinbaren Kirchturm - den man von der Straße aus gar nicht sehen konnte - noch ein repräsentatives Bauwerk im Ort zu haben.

 

 

Sonnenuhr:

Eine Sonnenuhr am Kirchturm wird 1596 erstmals erwähnt, als ein Weißbinder aus Bergen für zwei Gulden einen „Sonnenzeiger“ an den Turm malt. Aber später gab es zwei Sonnenuhren: Die südliche zeigte dabei noch die alte Zeit an, die westliche die mitteleuropäische Zeit. Wegen der sehr genauen Zeitangabe wird die erneuerte Uhr allgemein bestaunt. Noch 1953 sind auf der Höhe des alten Zifferblatts der Turmuhr auf der Südseite des Turms die Stäbe einer zweiten Sonnenuhr zu sehen (auf dem Gesamtnild in Schellmann II,Seite 63, sind sie noch shcwach zu erkennen)

 

Gesimse:

Außen zieht sich am Sockel des Turms ein Gesims entlang. An der Nord- und Ostseite ist es wegen der unterschiedlichen Geländehöhe in der Höhe versetzt. Es besteht aus einer breiten Platte, deren obere Kante durch einen Viertelrundstab gebildet wird und zuoberst einem schmalen Absatz zeigt. Diese Zierform ist als nachmittelalterlich einzuordnen.

In halber Höhe läuft rings um den Turm ein schräg abgedachtes Gesims mit nach unten zeigender Hohlkehle, ein noch gotisch wirkendes Kaffgesims. Die kleinen Rechteckfenster kommen zwischen dem 14. und 16. Jahrhundert vor. Die Fenster im Norden und Süden sitzen tiefer als die im Osten und Westen. Die profilierten, großen Rundbogenfenster des Glockengeschosses und der gemauerte Steinhelm deuten auf das 16. Jahrhundert.

 

Turmhelm:

Kaum jemand würde vermuten, daß sich unter dem Schieferdach ein achteckiger Steinhelm über Trichternischen in den Ecken („Trompen“) befindet. Dieser Helm läßt einen Umgang frei, der außen über einem Kehlgesims ein wenig ausspringt. Der Zugang liegt in der Längsrichtung auf der Ostseite unter einem spitzen Giebel. Vom Turm konnte man gut mögliche Angreifer von Osten beschießen, denn das Obertor war ja anfangs noch nicht in der heutigen Höhe da. 

Erst später hat man ein Schieferdach über den Steinhelm gesetzt. Reinhard Schellmann sagt dazu, das sei vor 1854 gewesen. Er meint auch, der weite Blick in die Umgebung sei wegen der hoch liegenden Gauben nicht mehr gegeben Aber durch die Fenster in den Gauben kann man gut die Umgebung sehen. Man hat gesagt, man habe dem Turm eine „Tarnkappe aus Schiefer“ aufgesetzt, um seinen eigentlichen Charakter zu verschleiern. Die schlanke Schieferhaube steigt jetzt steil achtfach gebrochen über einem flacheren Pyramidenstumpf auf.

                    

Weil das Schieferdach des Turms um 1950 sehr beschädigt ist, hatte Pfarrer Gerlach schon seit Jahren den Vorschlag gemacht, es ganz abzutragen und den angeblich ursprünglichen Zustand mit Steinspitze, Rundgang und Mauerzinnen wieder herzustellen. Das Landeskirchenamt und der Landeskonservator hätten zugestimmt. Am 4. Juli 1951 beschließt auch die Gemeindevertretung, die „Schieferkappe“ abzureißen, um Kosten zu sparen.

Der Kirchenvorstand ist aber strikt dagegen, und er allein kann damals bestimmen über die Form der Unterhaltung kirchlicher Gebäude. Es wurden Modelle des Turms angefertigt (                                                (Bilder Pfarramt, auch Schellmann III, Seite 64): Mit Schieferdach und mit steinernem Turmhelm.

Der Kirchenvorstand lehnte am 17. September 1950 den Vorschlag einstimmig ab, so daß die Wiederherstellung der Turmbeschieferung beschlossen wird. Auch am 19. Juli 1951 beharrt der Kirchenvorstand auf seinem Beschluß, das Schieferdach des Kirchturms wieder herzustellen.

Im September 1951 wird ein Betrag von 1.000 Mark bewilligt, um die bürgerliche Gemeinde in ihrer angespannten Finanzlage zu unterstützen, die ja die ganze Reparatur bezahlen muß.

Im November 1951 wird mit der Reparatur des Schieferdaches begonnen. Ende Februar 1952 wird das Richtfest gefeiert. Dabei gehen die Zimmerleute von Haus zu Haus und sammeln Speck, Eier, Würste und Schinken für ein zünftiges Richtfest. Mit sich führen sie einen verkupferten Hahn, wohl eine Neuanfertigung des 1776 erstmals erwähnten Turmhahns 

 

Im Jahre 1972 wird der Kirchturm erneut repariert. Der Architekt Winfried Demuth soll 1971 die Schallöcher am Kirchturm ausmessen und einen Kostenvoranschlag für deren Gestaltung und die Reparatur der Treppen aufstellen. Nach Genehmigung durch den Landeskonservator soll die bürgerliche Gemeinde die Kosten übernehmen. Am 12. April 1972 kommt Herr Schäfer aus Wiesbaden zu einer Besichtigung des Turms nach Hochstadt. Mitte des Jahres sollen auf dem Kirchenboden durch die Firma Walzer sichere Laufstege und Treppen eingebaut werden. Das Kreisbauamt soll noch prüfen, ob die Treppen des Kirchturms für die bisherigen Zwecke verkehrssicher sind.

Die bürgerliche Gemeinde erklärt sich im Oktober bereit, die Kosten für die Renovierung des Kirchturms zu übernehmen. Deshalb wird beschlossen, den Turm neu zu verputzen. Es wird ein Nachtrag zum ordentlichen Haushalt in Höhe von 16.320 Mark beschlossen, dazu ein Nachtrag zum außerordentlichen Haushalt in Höhe von 3.000 Mark.

Die Firma Julius Hembus aus Frankfurt erhält den Auftrag, den Kirchturm für über 30.000 Mark zu verputzen. Die Firma Umscheid aus Dorfprozelten wird das Gesims am Kirchturm erneuern. Die Firma Schmitz wird vier neue Jalousien an den Schallöchern und vier Fenster im Turm anfertigen. Die Firma Walzer wird zwei neue Treppen im Turm einbauen. Beim Landeskirchenamt wird Ende des Jahres ein Darlehen von 25.000 Mark für die Renovierung des Kirchturms beantragt, das der bürgerlichen Gemeinde zur Verfügung gestellt werden soll, die den Schuldendienst übernimmt

 

Gefallenentafeln:

Fünf Tafeln mit den Namen der Gefallenen der Weltkriege befinden sich im Turmdurchgang. Schon im Jahre 1934 faßt man den Plan, die Namen der Gefallenen des Ersten Weltkriegs zu sammeln und auf einer Tafel festzuhalten. Am 15. Juli 1934 findet der vom Vertreter des Regierungspräsidenten in Kassel gemachte Vorschlag, den Durchgang durch den Kirchturm zu einer kapellenartig wirkenden Gedächtnishalle für die Kriegsgefallenen auszugestalten, den meisten Anklang.

Am 5. Januar 1947 regt der Kirchenvorsteher Philipp Schmidt (Hauptstraße 42) an, die Gedenktafeln für die Gefallenen bald anzubringen. Er hat auch schon seinen Neffen, Bau-Ingenieur Willi Schäfer aus Bischofsheim, mitgebracht. Die Kirche wird gemeinsam besichtigt. Für die Gedenktafeln für die Gefallenen liegt im September 1947 ein günstiges Angebot der Firma E. G. Zimmermann aus Hanau (am Westbahnhof) vor: Vier Marmortafeln sollen 900 Mark kosten, dazu vier Kranzhalter für 112 Mark und Befestigungshaken für 48 Mark. Für die Aufstellung von Blumen sollen noch Konsolen mit Marmorvasen angebracht werden. Zunächst war vorgesehen, alle Platten auf einer Seite anzubringen. Aber dann werden doch die Platten auf beiden Seiten angebracht.

Hergestellt wurden dann fünf Platten aus Muschelkalk. Die mittlere Platte auf der Nordseite ist aber wohl von anderer Hand, denn die Buchstaben sind viel tiefer eingegraben und die Befestigung ist auch anders. Auf der fünften Platte, deren Material stellenweise etwas dunkler ist, wurden noch einige Namen nachgetragen (früheres Todesdatum), weil die Nachricht vom Tod erst später kam.

 

Die Namen der Gefallenen der beiden Weltkriege sind:

 

1914 – 1918

 

Name

Geburtstag

Todestag

Wilhelm Rocholl

02.10.90

21.08.14

Jakob Stein

18.05.83

23.08.14

Wilhelm Weckmann

24.05.92

29.09.14

Heinrich Koch

07.02.81

30.09.14

August Schales

31.08.92

04.10.14

Georg Eibelshäuser

18.03.91

11.10.14

Hermann Bürtel

18.12.90

19.11.14

Karl Reich

22.11.90

03.12.14

Heinrich Wandmacher

09.12.94

00.12.14

Kaspar Schäfer

15.08.92

02.01.15

Wilhelm Emmel

14.5.86

03.02.15

Johannes Höhn

10.11.93

07.02.15

Philipp Rohn

20.01.86

25.02.15

Wilhelm Stein

21.2.94

19.03.15

Georg Lotz

01.04.94

15.03.15

Johannes Koch

08.09.93

19.04.15

Peter Stumpf

050.6.90

05.05.15

Jakob Emmel

21.12.88

09.05.15

Philipp Koch

05.12.98

00.05.15

Karl Reuss

11.10.94

22.6.15

Peter Daubert

07.12.79

09.09.15

Heinrich Kaufeld

19.09.79

09.09.15

Karl Huhn

12.10.83

25.09.15

Philipp Burger

09.04.78

23.2.16

Wilhelm Ebert

20.02.93

3.3.16

Valentin Ziegler

24.01.85

18.4.16

Wilhelm Strohl

07.09.84

04.05.16

Konrad Dornemann

17.12.88

3.105.16

Georg Gebelhardt

25.02.80

02.07.16

Jakob Bauer

08.06.88

01.08.16

Heinrich Bauer

28.01.93

01.08.16

Wilhelm Seibel

26.04.88

01.08.16

Johannes Kohlhepp

01.08.91

09.04.17

Andreas Schmidt

15.02.89

18.04.17

Wilhelm Heckert

11.07.81

26.07.17

 

Philipp Schales

13.10.91

04.08.17

 

 

Wilhelm Strohl

17.08.98

06.08.17

 

 

Justus Hartmann

27.06.73

07.10.17

 

 

Hermann Merz

31.03.82

30.11.17

 

 

Johannes Hensel

13.04.98

10.01.18

 

 

Johannes Heck

27.05.94

12.01.18

 

 

Johannes Seibel

01.07.96

23.01.18

 

 

Wilhelm Seng

06.11.98

13.05.18

 

 

Wilh. Phil. Burger

26.04.90

14.05.18

 

 

Wilhelm Seibel

14.02.80

11.10.18

 

 

Andreas Daubert

02.10.87

00.10.18

 

             

 

 1939 – 1945

 

Friedrich Herbert

06.07.16

27.05.40

Philipp Seng

30.05.06

16.11.40

Otto Gerlach

24.06.13

05.07.41

Philipp Strohl

02.08.20

24.07.41

Georg Burger

13.05.20

25.08.41

Wilhelm Gebelhardt

11.10.13

14.09.41

Ernst Meggle

15.02.14

22.09.41

Hans Mankel

24.09.21

12.02.42

Philipp Mankel

07.12.20

11.03.42

Karl Bechert

09.02.15

01.4.42

Wilhelm Heckert

14.12.09

06.06.42

Jakob Giessel

31.03.10

02.07.42

Wilhelm Pistor

11.07.08

27.07.42

Heinrich Huhn

26.01.11

15.11.42

Wilhelm Huhn

15.12.13

27.12.42

Justus Christ

18.05.21

16.12.42

Philipp Strohl

05.12.16

15.01.43

Heinrich Schwarz

24.07.12

20.02.43

Valentin Weifenbach

03.06.04

07.05.43

Wilhelm Krebs

07.04.11

08.07.43

Philipp Hildebrand

25.04.11

26.9.43

Wilhelm Bürthel

05.10.21

03.10.43

Wilhelm Schäfer

28.06.06

18.10.43

August Seibel

25.02.06

21.10.43

Richard Trimbach

16.03.20

26.10.43

Philipp Koller

23.11.13

14.11.43

Hermann Koch

14.07.12

09.03.44

Peter Stier

28.05.16

16.03.44

Ludwig Liebler

04.11.14

31.03.4

 

DEMUETIGET EUCH UNTER DIE

GEWALTIGE HAND GOTTES

 

Günter Drews

08.05.20

07.11.41

Heinrich Fischer

17.09.98

02.06.40

Bernhard Ebert

09.09.01

08.04.45

Heinrich Fischer

040.8.06

00.04.45

Kurt Zwicker

20.03.18

27.02.45

Hans Gerstung

19.05.21

26.09.48

Heinrich Hock

24.12.18

- - -

Valentin Burger

20.10.14

24.02.42

Herbert Dalek

10.04.19

05.03.42

Otto Lehmann

22.01.04

01.06.42

Wilhelm Seng

10.03.12

28.01.43

Andreas Schäfer

22.11.21

21.03.44

Walter Körner

21.12.19

16.06.44

Joachim Christ

16.07.25

18.08.44

Wilhelm Mankel

15.06.17

20.08.44

Phil. Eibelshäuser

07.10.13

23.08.44

Wilhelm Seibel

05.02.12

00.01.45

Wilhelm Stein

02.06.08

00.02.45

Wilhelm Damm

11.03.15

00.02.45

Wilhelm Klöss

20.09.07

00.03.45

Helmut Rauch

06.03.25

00.01.45

Fritz Drews

08.03.25

00.03.45

Walter Fritsche

15.02.03

00.03.45

Karl Eibelshäuser

09.01.04

27.11.44

Wilhelm Weber

22.11.12

28.6.44

Wilhelm Frischkorn

12.04.16

05.07.44

Heinrich Obmann

04.09.08

08.07.44

Wilhelm Hensel

19.02.14

29.07.44

Karl Wenzel

29.08.22

05.08.44

Hans Burger

19.01.25

17.09.44

Fritz Hensel

03.03.29

14.10.44

Georg Lotz

05.04.11

07.10.44

Jean Schales

24.08.22

07.10.44

Wilhelm Burkhardt

12.05.24

13.10.44

Wilhelm Seibel

06.08.18

01.01.45

Jakob Mankel

22.06.21

17.01.45

Heinrich Muller

16.06.11

19.01.45

Karl Rohrbach

22.05.26

29.01.45

Karl Meffert

09.08.08

05.02.45

Kaspar Lenz

06.03.03

23.07.45

Karl Grossmann

14.09.02

25.03.45

Ernst Seibel

24.03.17

12.04.45

Heinrich Völker

20.08.10

27.04.45

Johannes Mankel

06.08.11

04.06.45

Heinrich Diehl

30.05.15

15.08.45

Justus Koch

12.12.13

11.12.45

Philipp Eibelshäuser

17.08.11

22.11.45

Philipp Heckert

10.12.03

10.10.45

Heinrich Giehsel

06.03.10

00.02.45

Hans Jung

29.01.15

00.02.42

Wilhelm Schmidt

04.07.16

01.3.44

Peter Hohmann

03.05.13

03.4.44

Heinrich Fieres

07.08.09

01.09.43

 

Bei Andreas Schäfer stand ursprünglich das Geburtsdatum 22.11.27 da, er ist aber 1921 geboren. Nicht auf der Tafel aufgeführt ist Rudolf Helmut Rauch, geboren am 6. März 1925, gefallen im Januar 1945. Er steht im Totenbuch der Kirche ohne nähere Angaben. Er ist ein Schulkamerad von Ernst Volk. Er gehört auf der Gedenktafel unter Helmut Rauch.

Auf diesen Tafeln sind alle bekannten Gefallenen aufgeführt, auch wenn keine Trauerfeier in der Kirche stattgefunden hat (zehn Kriegsteilnehmer, darunter auch zwei Bürgermeister). Es handelt sich hier also um die Gedenktafeln der bürgerlichen Gemeinde, für die die Kirche nur den Platz zur Verfügung gestellt hat. Aber trotz mehrfacher Aufforderung in den Jahren 2007 bis 2009 hatte der Bürgermeister zunächst eine Beteiligung an den Kosten der Restaurierung im Jahr 2009 abgelehnt. Die Anregung ging von der Kirchengemeinde und der Kirchenbau­stiftung aus. Schließlich hat sich die Stadt Maintal doch noch an den Kosten beteiligt (für die Gedenktafeln in den anderen Stadteilen ist sie ja auch allein verantwortlich).

 

Hinter diesen Namen stehen Menschen. Von der Familie Bürthel ist ein Angehöriger im Ersten Weltkrieg gefallen und der Sohn im Zweiten Weltkrieg, so daß die Familie ausgelöscht ist. Unter den Gefallenen sind zwei Pfarrerssöhne und zwei Bürgermeister. Außerdem sind Brüder darunter. Einige sind erst nach Kriegsende umgekommen oder gestorben. Nähere Angaben zu dem Schicksal der Gefallenen finden sich in dem Buch von Peter Heckert „Hochstädter Familien“.

 

Die Tafeln sind frei von allem Pathos. Steht auf dem Denkmal vor dem Kirchturm noch etwas von den „glorreichen Siegen über die Franzosen“, so ist hier nur ein Bibelspruch zitiert. Es ist auch recht, daß der Staat nicht mehr einen „Heldengedenktag“ feiert, sondern diesen Tag als „Volkstrauertag“ bezeichnet hat. Ein Held wird man in der Regel erst, wenn man tot ist. Die Gefallenen waren keine Helden, sondern arme Opfer eines verbrecherischen Systems. Wenn wir diese Tafeln heute sehen, dann helfen sie zu einem liebenden Gedenken an die Angehörigen, aber sie mahnen auch, daß der Krieg nicht ein Mittel der Politik sein kann und wir zu einem friedlichen Miteinanderleben aufgerufen sind. Durch die Anbringung im Kirchturm wird deutlich: Die Gefallenen sind nicht vergessen, sie gehören mit zur Gemeinde der Lebenden, die sich bei jedem Vorbeigehen an sie erinnert.

 

Bei dieser Gelegenheit wird das hintere Lattentor entfernt. Das Wasser vom Kirchhof wird durch einen mit einem Eisengitter überdeckten Graben abgefangen und durch einen Kanal unterirdisch durch den Torbogen abgeleitet. Statt des scheunentorartigen Holztors wird ein schmiedeeisernes Tor eingesetzt, entworfen von Architekt Schäfer aus Bischofsheim. Am Kirchturm soll im September 1949 noch eine schmiedeeiserne Lampe nach den Entwürfen des Architekten Schäfer angebracht werden, aber wegen der Kosten wird die Ausführung noch zurückgestellt; die Lampe ist aber inzwischen vorhanden.

Der eiserne Rost kostet 82,70 Mark beim Schmied Huhn. Der Architekt Schäfer erhält 104,46 Mark. Das Kleinpflaster wird von der bürgerlichen Gemeinde gestiftet (221 Mark). Der Restbetrag für das Gedächtnismal der Gefallenen in Höhe von 200 Mark wird im Juli 1950 aus der Kirchenkasse bezahlt. Bis zum 10. September 1967 ist die letzte Gelegenheit, die Namen auf den Gedenktafeln zu vervollständigen. Im November 2009 wurden die Tafeln auf Anregung   Volk noch einmal überarbeitet.

 

 

 

 

Gedenktafel „Kaiserin Friedrich“:

Eine TAFEL befindet sich an der Rückseite des Turms, die an den Besuch der „Kaiserin Friedrich“ erinnert. Gemeint ist Viktoria, die Tochter der Königin Viktoria von England, die Frau des deutschen Kaisers Friedrich III., der 1888 nur 99 Tage regierte. Sie wohnte im heutigen „Schloßhotel“ in Kronberg. Es wurde als „Schloß Friedrichshof“ im englischen Stil als Witwensitz der beliebten Kaiserin Friedrich erbaut.

„Kaiserin Friedrich“ (so bezeichnete sie sich selber) besuchte Ende des 19. Jahrhunderts regelmäßig ihre Tochter Margarethe, die mit ihrem Mann Prinz Friedrich Karl von Hessen und ihrer Familie im Rumpenheim Schloß lebte. Von dort unternahm „Kaiserin Friedrich“ auch Ausflüge über den Main nach Hochstadt. Sie wird aber erst von Einwohnern erkannt, als die Dienerschaft das Publikum aufklärt. Die Papierfähnchen, die zum Winken an die Schulkinder verteilt wurden, kamen wohl erst beim zweiten Besuch zum Einsatz. Die Kaiserin ist eine gute Hobbymalerin und zeichnet am 26. April und 2. Mai 1898 den altertümlichen Eingang der Kirche. Das Bild ist allerdings verschollen.

Im August 1913 werden für eine Tafel zum Andenken an den Aufenthalt der Kaiserin Friedrich 20 Mark aus der Kirchenkasse bewilligt, wenn die bürgerliche Gemeinde das Gleiche tut. Die Gedenktafel zum Preis von 40,50 Mark wird 1914 angebracht und stammt aus der Werkstatt Jörg in Hanau (Weiteres Chronik, Hochstadt, Ergänzungen).

Im Maintal-Kalenders 2014 erschien eine Abbildung von Viktoria von Preußen, genannt „Kaiserin Friedrich“, der Mutter des deutschen Kaisers Wilhelm II. Zu der 33 mal 45 Zentimeter großen Zeichnung „Erinnerung an hohen Besuch in Hochstadt“ wurde Tatiana Berman im Zusammenhang mit dem aktuellen Maintal-Kalender angeregt.

Rechts am Eingang zum Kirchhof war 1936 noch eine Marke zu sehen mit der Inschrift „Ein Halmen Korn“ mit einer nicht mehr lesbaren Jahreszahl. Die Marke gab die Größe einer Ge-treideähre in einem Rekordjahr an.

 

Der Turm wurde früher von der bürgerlichen Gemeinde instandgehalten. Da diese aber immer „kein Geld“ hatte, sah der Turm meist grau und unansehnlich aus. Aber schon vor 1974 heißt es, die Gemeinde habe erhebliche Mittel, den Kirchturm instandsetzen zu lassen. Wann er dann neu hergerichtet wurde, läßt sich nicht mehr feststellen.

Die letzte Renovierung wird in den Jahren 1999 - 2000 vorgenommen Firma Peter Müller in Bischofsheim (Fertigstellung im April 2000) und letztmals von der Stadt Maintal bezahlt. Danach löste die Stadt Maintal - wie in fast allen Gemeinden Hessens - die alten Baulasten durch eine zehnjährige Ratenzahlung an einen Fonds der Landeskirche ab

 

 

 

 

 

Turm innen

Im Mauerwerk der Südwand ist die Stiege aus Stein an der Längstonne vorbeigeführt:

Die oberen Geschosse sind über hölzerne Treppen und Leitern zugänglich. Einfache, unten abgeschrägte Konsolen tragen die Balkenlagen. Im zweiten Stockwerk des Turms sind die Sandsteinkonsolen für die Decke fast vollständig abgebrochen, so daß die Decke von mit Balken abgestützt werden mußte.          

Im dritten Geschoß stand einst das Uhrwerk. Der Gang für das Gestänge zum alten Zifferblatt der Kirchturmuhr ist noch zu sehen.   

 

Kirchturmuhr:

Eine Uhr hatte der Turm schon früh. Eine mechanische Uhr wird erstmals 1584 in der Bürgermeisterrechnung erwähnt: „2 seil an die Uhr“ und 1627 heißt es „vor Blei an das Uhrgewicht“. Im Jahre 1662 wird berichtet, daß der Glöckner die Uhr stellt und aufzieht. Er erhält jährlich dafür drei Gulden. Um 1765 wartet der Hofuhrmacher Mittly aus Offenbach die Uhr. Doch sie ist in einem sehr schlechten Zustand. Der Uhrmacher meint, sie müßte in einen geschlossenen Kasten gebracht werden.

Am 24. Februar 1773 sagt der Schultheiß, daß die Uhr gänzlich verderbt ist und durch einen geschickten Mann repariert werden müßte oder eine neue gekauft werden müßte. Die bürgerliche Gemeinde sei aber durch die Erneuerung der Kirche finanziell erschöpft, so daß die Kirchenbaukasse einen merklichen Beitrag dazu leisten müßte. Der Pfarrer ist nicht abgeneigt, fordert aber, daß man die Uhr samt Turm künftig nicht mehr den Schulbuben überläßt: Die Uhr müsse einem gewissenhaften Mann übergeben werden, der sie täglich zur festgesetzten Stunde aufzieht, so daß sie niemals stille steht (das hatte auch der Uhrmacher schon gefordert). Auch darf die Uhr nicht nach Belieben gestellt werden. Sie muß auch regelmäßig gepflegt und in gutem Stand gehalten werden. Dafür muß auch ein gewisses Geld aufgewendet werden. Die Gemeinde soll einen geschickten Meister aussuchen und vom Konsistorium bestätigen lassen.

 

Nachdem 1798 das Zifferblatt vergoldet wurde, soll eine neue Uhr beschafft werden. Die alte Uhr war seit zehn Jahren unbrauchbar. Weil aber Krieg war, konnte sie nicht erneuert werden. Sie soll durch den Schlosser und Großuhrmacher Georg Friedrich Kraus aus Alt-Hanau für 455 Gulden angefertigt werden. Sie soll so groß werden wie die Uhr in Kleestadt (ein Gutachten aus Kleestadt liegt bei den Akten). Im Jahre 1801 kann die neue Uhr gekauft werden. Das Konsistorium sagt zunächst, die bürgerliche Gemeinde habe allein zu zahlen. Aber dann soll die Kirche doch zunächst 75 Gulden, dann 100 Gulden und dann doch 150 Gulden aus der Kirchenkasse geben.

Im Mai 1802 bewilligt das Konsistorium der Gemeinde, daß die Kirche 150 Gulden zur Anschaffung einer neuen Kirchenuhr gibt, allerdings ohne daß das für die Zukunft Folgen haben soll. Das Presbyterium will den Betrag in Raten zahlen, der Schultheiß ist damit zufrieden.

Aber schon im Oktober 1804 geht die neue Uhr auf dem Kirchturm sehr unregelmäßig und steht öfters still. Der Pfarrer hält deswegen Rücksprache mit dem Lehrer. Dabei ergibt es sich, daß nicht er, sondern sein Sohn von 14 Jahren die Uhr aufzieht. Es lägen aber auch Fehler vor, die dem Uhrmacher Krauß zur Last fallen.

 

Dem Lehrer wird gesagt, daß er selber die Uhr aufziehen soll, damit die Absicht der neu angeschafften Uhr erreicht wird. Er verspricht auch, die Uhr in einem guten Zustand zu erhalten, wenn erst noch einige Fehler abgestellt sind. Der Schulmeister bringt die Uhr zwar wieder in Ordnung, aber die Absicht wird nur eine kurze Zeit erreicht. Deshalb nimmt der Schultheiß dem Lehrer das Amt ab und überträgt es an Christoph Fix. Am 31. Dezember 1804 wird festgestellt, daß Christoph Fix eine natürliche Anlage hat und in mehreren Künsten geschickt ist, so daß die Uhr ordentlich aufgezogen wird, der Gang der Räder wird gut beaufsichtigt und bemerkte Fehler werden behoben. Die Uhr geht besser als vorher und es ist zu hoffen, daß in Zukunft mehr bezweckt wird als bisher.

 

Doch schon 1828 will die Gemeinde eine neue Uhr kaufen, die Kirche soll einen Zuschuß dazu geben. Anfang 1831 fragt das Konsistorium an, ob die Kirchenkasse nicht einen Beitrag leisten könne zur Reparatur der Kirchturmuhr.

Das Presbyterium betont, daß es nicht verpflichtet sei, einen Beitrag zu leisten. Vor allem möchte es nicht, daß aus einer Zahlung eine Verpflichtung entsteht.

Aber es verweist auch darauf, daß die Kirchenkasse sich schon an der Anschaffung der Uhr beteiligt hat, als die Kasse noch nicht so gut da stand wie jetzt. Im Jahre 1801 hat sie 150 Gulden beigetragen. Jetzt aber wieder einen solchen Betrag zu geben, würde sehr schwer fallen. Die Gemeinde wird auch mit einem verhältnismäßigen Beitrag zufrieden sein. Das Konsistorium soll über den Beitrag entscheiden, damit das gute Verhältnis zwischen Kirche und Gemeinde nicht gestört wird. Doch grundsätzlich ist die bürgerliche Gemeinde zur Beitragsleistung bereit.

 

Auch 1920 soll eine neue Turmuhr gekauft werden. Die Turmuhr wird im Lagerbuch der Gemeinde Hochstadt von vor 1929 als Eigentum der (bürgerlichen) Gemeinde aufgeführt.

Das alte Zifferblatt hatte römische Zahlen und saß etwas weiter unten. Heute sind Zeiger und Stundenstriche zwischen den Fenstern und vergoldet

Die heutige Kirchturmuhr ist von 1960 und für 4.000 Mark von der bürgerlichen Gemeinde gekauft worden. Sie ist noch voll mechanisch. Auch das Auslösen des Uhrenschlags konnte 2016 wieder instandgesetzt werden. Nur die genaue Uhrzeit wird mit Funk gesteuert.

Früher gab es in dem Turm auch noch Eulen. Abends zogen sie ihre Runden über die Höfe. Doch Vogelkundler hatten im Turm Drähte gespannt und eine automatische Fotografier­­-   anlage eingebaut. Das wiederholte Blitzlicht hat die Eulen dann vertrieben. Heute sollen Steinkäuze Turmfalken und Schleiereulen im Turm nisten.

 

Glocken:

Im vierten Stockwerk sind nach allen vier Seiten die Gauben mit den Schallfenstern und auch der Glockenstuhl. Bei der Geschichte der Glocken muß man bedenken, daß die ersten Glocken natürlich auf dem alten Kirchturm an der Nordwest-Ecke der Kirche hingen. Dort wurde 1390 eine Glockenstube gebaut und eine neun Zentner schwere Glocke und eine kleinere Glocke aufgehängt. Beim Bau des heutigen Kirchturms im Jahr 1554 hat man die Glocken dann auf diesen gebracht.

Konrad Appel gibt ohne Nennung einer Jahreszahl an: „Die große Glocke wiegt 48 Zentner, habe ich von Velten Bul gehört“. Die Zahl ist an sich kaum zu glauben, aber Franz Brück hält sie doch für realistisch. Zum Vergleich: Die Groß-Oster-Glocke in Schmalkalden von 1555 (die zweitgrößte Glocke Thüringens) wiegt 36 Zentner und hat einen Durchmesser von 1,83 Metern. In Hochstadt standen immerhin 2,22 Meter Innendurchmesser des Turms zur Verfügung. Aber so eine große Glocke für so einen kleinen Ort ist doch sehr unwahrscheinlich.

 

Verläßlicher ist die älteste schriftliche Nachricht von Glocken aus dem Jahre 1585, in dem ein Glockenturm mit zwei Glocken erwähnt wird. Neben der Glocke von 1390 muß es später auch noch eine kleinere Glocke gegeben haben. Beim Bau des heutigen Kirchturms im Jahr 1554 hat man die Glocken dann auf diesen gebracht.

Es wird behauptet, eine kleine Glocke sei von den Spaniern 1627 vom Turm geworfen worden (offenbar ohne Schaden zu nehmen). Daß „beide“ Glocken von den Soldaten samt Seilen mitgenommen worden seien, ist wohl ein Irrtum, denn es ist kaum vorzustellen, daß sie eine neun Zentner schwere Glocke mitgenommen haben, um sie dann in einem See zu versenken

(Die heutige mittlere Glocke hat 7 Zentner Gewicht, die kleine Glocke 4 Zentner). Die Soldaten haben wohl nur die kleinere Glocke mitgenommen, mit der sie offenbar aber auch nichts rechtes anfangen konnten, so daß sie sie im See südlich von Hochstadt versenkt haben.

Davon berichtet eine Sage über eine Glocke aus Hochstadt: Im Dreißigjährigen Krieg richteten die Belagerer von Hanau in der Hochstädter Kirche ein Lazarett ein. Die Soldaten zertrümmerten die Inneneinrichtung der Kirche, rissen die Turmuhr herunter und entfernten die Glocken vom Turm. Als der Krieg längst zu Ende war, erschien ein Mann aus Harheim in Hochstadt und erzählte, daß eine Glocke im Teufelsee im Gemeinde-Eichwald versenkt sei. Im Sommer war der See trocken. Man grub nach und förderte eine Glocke zutage. Sie wurde im Triumphzug nach Hochstadt gebracht. Dem Mann gab man eine Belohnung von drei Gulden elf Schilling [Der Teufelsee lag nördlich der heutigen Thingstraße und ist auch auf den Flurkarten eingezeichnet, ist aber heut längst trocken gefallen und mit Bäumen bepflanzt]. Die Gemeinde hat dann bei einem Glockengießer in Frankfurt eine neue kleine Glocke bestellt. Daß die Glocke später nach Fechenheim verkauft wurde, ist wohl eine Verwechselung mit der großen Glocke.

Dazu paßt ein Schreiben der Gemeinde Hochstadt an den Oberschultheiß in Hanau aus dem Jahre 1629, das im Staatsarchiv Marburg vorhanden ist. Darin wird beschrieben, wie am 25. Juli 1629 die Hochstädter Rechnungsführer die Kriegssteuer abgeliefert haben und ihnen dabei eröffnet wurde, daß die Hochstädter Glocke - die offenbar schon einige Zeit in Hanau steht - für den Glockenguß in Hanau verwendet werden soll. Die Glocke ist also noch da, anders als in der Sage beschrieben. Als die Rechnungsführer wieder nach Hochstadt kommen, machen sie natürlich gleich dem Schultheiß Meldung. Der ruft sogleich alle Einwohner („Nachbarn“) zusammen und legt ihnen die Sache vor.

 

Es wird sofort einstimmig beschlossen, daß niemand damit einverstanden ist, daß ihnen die Glocke entzogen wird, es sei denn mit Gewalt. Sie verweisen darauf, daß die Gemeinde jährlich fünfhundertfünfzig Reichstaler Steuern nach Hanau zahlen muß und wöchentlich mit einer großen Kriegssteuer belastet wird. Sie wollen, daß die Glocke an ihrem jetzigen Platz bleibt.

 

Bei dieser Glocke handelte es sich um die erste Hochstädter Glocke von 1390. Diese wurde

nicht für Rüstungszwecke verwendet (wie man behauptete). Vielmehr mußte sie nach Hanau abgeliefert werden und sollte für einen Glockenguß in Hanau verwendet werden. Dabei kann es sich um eine weitere Glocke für die Marienkirche gehandelt haben, die 1480 ihre erste Glocke erhielt. Sie könnte aber auch für eine Glocke für die ab 1608 benutzte wallonisch-niederländische Kirche vorgesehen gewesen sein (nicht aber für die erst 1658 erbaute Johanneskirche). Zu dieser Verwendung kam es aber offenbar nicht.  Es war aber nicht die Gemeinde Hochstadt, die die Glocke nach Fechenheim verkaufte, weil sie nicht zu den neuen Glocken paßte, sondern sie wurde vom Hanauer Grafen nach Fechenheim verkauft und steht heute noch in einem Vorraum der lutherischen Melanchthonkirche in Fechenheim.

Im Jahre 1636 sind es wohl schon wieder mindestens zwei Glocken, denn es wird berichtet, daß die Glocken vom Turm geholt werden, um Kriegsmaterial zu gewinnen. Das war die Zeit, als der General Lamboy die Stadt Hanau belagerte. Er wird wohl nicht möglich gewesen sein, aus den Glocken im Feld gleich Kanonen zu machen. Aber vielleicht ging es nur um das Material, um tauschen zu können.

Franz Brück ist aber weiterhin der Meinung, die große Glocke habe man auf Befehl des Hanauer Grafen vom Turm geholt und sie sei irgendwo von einem Lagerplatz gestohlen worden. Man habe die Tat nur den „bösen“ Spaniern zugeschoben, weil man ja nicht den Landesherrn beschuldigen konnte. Der Dieb habe die Glocke dann im See versenkt und sie sei vielleicht erst nach dessen Tod gehoben worden und von Hochstadt dann nach Fechenheim verkauft worden.

 

Die Gemeinde Hochstadt kauft sich dann 1657 zwei neue Glocken für 54 und 255 Gulden. Sie werden gegossen von dem Glockengießer und Uhrmacher Schmidt aus Aßlar (Kreis Limburg-Weilburg). Der Glöckner erhält drei Gulden für das Läuten der „großen Glocke“ und der „Weinglocke“. Geläutet wird im Sommer um 21 Uhr und sonst um 20 Uhr, um zum Schließen der Gaststätten zu mahnen (dann wurde wohl mit der „Weinglocke“ geläutet).

 

Eine dritte Glocke kommt 1687 hinzu. Diese Glocke mit dem Ton „g“ hängt heute noch im Turm. Auf dieser Glocke findet sich eine der ältesten Darstellungen des traditionellen Hochstädter Wappens mit der Hacke in dem Buchstaben „H“.  Ein Medaillon zeigt das Relief einer Nymphe mit Pflanzen.Im Bereich der Glockenschulter sind die Namen der Kirchenältesten und der Bürgermeister aufgeführt.                                

Die Glocke trägt die Inschrift:

  „Zu Gottes Ehr bin ich bereit

  der Kirch zu dienen, meld die Zeit,

  hörest du mich leuten, woles tu lauffen

  ins Gottes Haus mit hellen Haufen.

  Philipp Ludwig Böhm Pfarrer 1687.

  In Gottes Namen floß ich,

  Dilman Schmid,

  Adoni Fei zu Aslar goß mich.

  Caspar Schmid, Schultheis, Hans Georg Weber, Johannes Reich, Bürger, 

  Daniel Krebs, Kirchbaumeister, Hochstadt“ [das Wort „Bürger“ meint den

  Bürgermeister, also den Rechnungsführer der Gemeinde].

 

Mitte 1707 ist die mittlere Glocke zersprungen und man muß wieder eine gießen lassen. Die bürgerliche Gemeinde kann aber das Geld für das zusätzlich benötigte Metall nicht aufbringen. Deshalb leiht ihr die Kirchenbaukasse mit Billigung der Kirchenältesten 100 Gulden, die bei nächster Gelegenheit zu ersetzen sind. Es unterschreiben die Bürgermeister (=Rechnungsführer) Peter Schröder und Johann Trapp. Das Geld wird im gleichen Jahr wieder zurückgezahlt.

Die neue Glocke trägt die Inschrift:

„Hr. Henrich Daniel Bender, Pfarrer, Caspar Schmid, Schultheiß, Peter Schröter und Johann Rap, Bürgermeister, Hans Joerg Stein, Kirchenbaum(eister).

  Die Suender schreck ich

  Die Schlafende Weck ich,

  Die Toden bewein ich,

  Des jüngsten Gerichts erinnere

  ich dich,

  In Gottes Namen flos ich. 1707

  Tilman Schmid von Aslar gos mich.“

In der Mitte trug die Glocke eine girlandenartige Verzierung und darunter das Hochstädter Wappen, links und rechts unten eine Ähre. Sie war 88 Zentimeter weit und 90 Zentimeter hoch.

 

Als der alte Kirchturm 1743 abgerissen wurde, muß Hochstadt drei Glocken gehabt haben, darunter auch die große, die heute noch im Turm hängt. Es ist kaum vorstellbar, daß sie alle in dem alten Kirchturm einen Platz fanden.

Der Turm hatte ein Innenmaß von 2,40 mal 2,20 Meter. Zwei kleinere Glocken hätten durchaus nebeneinander Platz gehabt. Auf der Zeichnung sind auch zwei Schalllöcher zu sehen. Die Dritte müßte dann ein Stockwerk tiefer gehängt haben. Aber drei Glocken auf einem wackligen Turm – er wurde ja wegen Baufälligkeit abgerissen – das wäre schon ein Problem gewesen. Da könnte man doch erwägen, ob die große Glocke nicht von Anfang an auf dem großen Kirchturm hing. Jedenfalls ist nirgendwo erwähnt, daß man die Glocken auf den großen Turm übertragen hat. Das ist natürlich so gewesen, aber vielleicht waren es nur zwei Glocken, die damals zu der großen hinzukamen.

 

Im Jahre 1751 werden neue Glocken gekauft von dem Glockengießer Bach in Windecken. Die Kinder bekommen zur Erinnerung an diesen Tag einen Weck (Brötchen). Die eine Glocke trug die Inschrift: „In Gottes Nahmen Floß ich, Johann Peter Bach in Windecken goß mich. 1751“. Diese Glocke war 80 Zentimeter weit und 74 Zentimeter hoch und war mit Girlanden und freien Verzierungen versehen. Am 22. März 1828 fragt das Konsistorium, ob der Glockengießer Bach die Glocke bezahlt hat, die er im Oktober 1826 von der Kirchengemeinde Hochstadt gekauft hat. Er hat am 16. März 120 Gulden von den ausstehenden 235 Gulden bezahlt.

 

Um das Jahr 1900 wird geläutet um 11 Uhr, um 20 Uhr und bei Einbruch der Dunkelheit. Das 11-Uhr-Läuten stammt aus der Zeit, als die Türken Europa bedrohen. Aber die Bauern nehmen dieses Läuten als Zeichen, vom Feld nach Hause aufzubrechen, um Mittagspause zu machen und das Vieh zu füttern. Der Pfarrer vermerkt dies doch mit etwas Verbitterung, weil das Läuten ja an sich an das Gebet erinnern soll.

 

Weil ein Glockenjoch schadhaft geworden ist, will der Bürgermeister es im August 1901 wieder herstellen lassen, um einen Unfall zu vermeiden. Im November soll das Abendläuten vom Martinstag 11.November bis Ostern um 8 Uhr und von Ostern bis Martinstag um 9 Uhr stattfinden. Außerdem wird das ganze Jahr über beim Eintritt der Dunkelheit geläutet.

Im September 1904 untersucht der Pfarrer mit dem Schmied Krebs den Glockenstuhl, er ist aber in Ordnung. Doch das Joch der zweiten Glocke ist schief und das Eisen, welches das Joch mit der Glocke verbindet, ist durchgescheuert. Wegen der Reparatur soll mit dem Bürgermeister gesprochen werden. Der Bürgermeister verspricht im Oktober, die Arbeit an der zweiten Glocke dem Schmied Krebs zu übertragen. Ende November ist die Glocke dann repariert.

 

Gegen Ende des Ersten Weltkriegs müssen die zwei Glocken und die Prospektpfeifen der Orgel für Kriegszwecke abgeliefert werden. Am 17. Juni 1917 wird dem Presbyterium mitgeteilt, daß zwei Kirchenglocken und die Orgelpfeifen abgeliefert werden müssen. Der Maurermeister Heinrich Bauer soll die Glocken herabnehmen, nur wenn er das nicht kann, soll das der Glockengießer Ulrich aus Apolda machen. Die Firma Rincker in Sinn (Lahn-Dill-Kreis) schafft die vielen Aufträge aber nicht. So baut die Glockengießerei Ulrich aus Apolda die 420 und 310 Kilogramm schweren Glocken am 12. August 1917 aus (nach anderer Angabe sind es aber der Maurermeister Heinrich Bauer und der Zimmermann Johannes Hensel am 25. Juni 1917).

Die eine Glocke ist von 1751, also von dem Glockengießer Bach in Windecken gegossen. Die andere Glocke ist etwa 84 Zentimeter weit und 78 Zentimeter hoch und trägt die Inschrift: „Mich goß And. Hamm in Frankenthal, Giesser der Kölner Kaiserglocke im Jahre 1885 für die Gemeinde Doernigheim“.

Am 12. August 1917 berichtet der Pfarrer über die vom Turm herab genommenen Glocken und über die aus der Orgel entfernten Prospektpfeifen. Am 7. November werden sie auf dem Nordbahnhof in Hanau verladen. Sie tauchen nicht wieder auf, auch nicht nach dem Krieg.

 

Am 6. Juli 1919 wird mitgeteilt, daß keine Hoffnung besteht, daß die abgelieferten Glocken nicht eingeschmolzen worden wären. Deshalb muß man mit der Anschaffung neuer Glocken rechnen. Doch der Erlös für die abgelieferten Glocken wird nur für die Anschaffung einer neuen Glocke reichen. Am 1. August 1920 wird angeregt, freiwillige Gaben für die Anschaffung von zwei neuen Glocken zu sammeln.

Man will zunächst versuchen, einige wohlhabende Gemeindeglieder dafür zu gewinnen. Mit dem Einsammeln von Geldern für neue Glocken beginnt man dann im August 1920. Zunächst bemüht man sich bei anderen Gemeinden, ob diese nicht passende Glocken verkaufen. Es gehen auch mehrere Angebote ein. Am 23. September 1920 teilt der Pfarrer mit, daß Kirchengemeinden Glocken mit den Tönen „fis“ und „cis“ verkaufen wollten, er wolle die nötigen Schritte in die Wege leiten.

 

Anfang 1921 will der Kirchenvorstand, daß der Glockengießer Rincker aus Sinn kommt, damit mit ihm persönlich verhandelt werden kann. Am 29. Januar 1921 verhandelt man mit einem Vertreter der Glockengießerfirma. Der Kostenvoranschlag für zwei Glocken in den Tönen „ais“ und „cis“ und mit einem Durchmesser von 82 und 69 Zentimetern beläuft sich mit allen Nebenarbeiten auf 29.010 Mark. Die Firma will zuerst eine Vorauszahlung, ist dann aber doch mit einer Zahlung nach Lieferung einverstanden.

Daraufhin wird die Bestellung der Glocken beschlossen. Die Inschriften auf den Glocken soll das kleine Presbyterium bestimmen. Am 6. März 1921 wird eine Haussammlung für die neuen Glocken beschlossen. Ab Mittwoch, dem 9. März, soll die erste Gruppe des Presbyteriums sammeln, ab Donnerstag die nächste und so weiter.

Schließlich werden dann für 29.010 Mark zwei neue Glocken bei der Firma Rincker in Sinn bestellt: eine zu 320 Kilogramm mit dem Ton a-is und eine zu 210 Kilogramm mit dem Ton e-is. Eine Arbeitsgruppe für die Haussammlung von Spenden wird gebildet. Am 24. April 1921 sind die Glocken fertig. Sie werden durch die Kirchenvorsteher am 30. April abgeholt.

Am 24. April 1921 wird festgelegt, daß die neuen Glocken am Bahnhof vom „Großen Presbyterium“ (dem erweiterten Kirchenvorstand) abgeholt werden sollen und auch der Bürgermeister soll dazu eingeladen werden. Am Kirchturm soll dann eine Empfangsfeier stattfinden.

 

Am 9. Mai werden die Glocken aufgezogen und am 16. Mai (zweiter Pfingsttag) eingeweiht. Am 20. Mai wird zum ersten Mal mit der Schulglocke geläutet. Die Rechnung für die Glocken über 25.90410 Mark ist im Juni 1921 schon vollständig bezahlt. Beim Aufhängen der Glocken haben die Zimmerleute Johannes Hensel und Wilhelm Walzer geholfen und erhalten im Juni 1921 dafür 258 Mark (Hensel soll allerdings seine Rechnung herabsetzen).

 

Weil jetzt die neuen Glocken da sind, soll im Juni 1921 das Abendläuten wieder eingeführt werden, und zwar ein Läuten bei Einbruch der Dämmerung und ein Neun-Uhr-Läuten von Ostern bis zum 15. August und ein Acht-Uhr-Läuten vom 16. August bis Ostern, wie es vor dem Krieg üblich war. Da aber die bürgerliche Gemeinde hier der Arbeitgeber ist, soll die Sache dem Bürgermeister vorgetragen werden. Der Bürgermeister teilt im Juli 1921 mit, daß nur dem Läuten bei Eintritt der Dämmerung zugestimmt wurde.

Jetzt soll der Kuhhirte Wilhelm Koch mit dem Läuten beauftragt werden. Im Oktober 1924 wird ein neues Seil für die große Glocke bei dem Seiler Kerber in Alzenau bestellt.

Das Presbyterium bittet den Bürgermeister, daß wieder tagsüber geläutet wird. Am 18. Juli erklärt es sich aber bereit, „im Anbetracht der besonderen Zeitverhältnisse“ auf das Morgenläuten zu verzichten. Es ist kein Geld da für die Bezahlung des Läuters. So wird nur noch abends bei Einbruch der Dämmerung geläutet.

Zum Gottesdienst läuten die Konfirmanden. Doch dieses Läuten wird immer erbärmlicher, das Vaterunserläuten fällt manchmal aus. Nach dem ersten Läuten gehen die Konfirmanden nämlich manchmal vom Turm fort, ohne den Gottesdienst zu besuchen. Man sucht zunächst einen Mann zur Beaufsichtigung der Läutejungen. Dann soll eine erwachsene Person, möglichst der Kirchendiener, das Läuten besorgen. Schließlich kommt eine elektrische Läuteanlage ins Gespräch.

Ein Neujahrsläuten findet erstmals 1929 statt: Um Mitternacht wird fünf Minuten geläutet. Der Pfarrer will, daß dabei kein Lärm auf den Straßen herrscht, nur der Glöckner darf auf den Turm. Aber sicherlich wird es auch damals nicht nur ruhig zugegangen sein in der Silvesternacht.

 Auch im Zweiten Weltkrieg müssen die Glocken wieder bis auf die große Glocke abgeliefert werden. Die Beschaffung neuer Glocken war bis März 1949 nicht möglich, weil die Firma Rincker aus Sinn (Lahn-Dill-Kreis) den Guß neuer Glocken von der Beschaffung des Materials (sechs Zentner Bronze) abhängig machte.

Nun bietet die Firma Grüninger aus Neu-Ulm Glocken aus Weiß-Bronze an (die der Rot-Bronze nicht nachstehen soll), aber um ein Drittel billiger sind und in künftigen Kriegen nicht wieder abgeliefert werden müßten. Über die Qualität will man nähere Erkundigungen einziehen.

Nach der Ernte soll von den Kirchenvorstehern für die Beschaffung zweier neuer Glocken gesammelt werden. Ein Aufruf soll gedruckt und an alle Haushalte verteilt werden. Für die neuen Glocken sind Ende Dezember 1949 bereits 2.500 Mark eingegangen. Das ist ein befriedigendes Ergebnis. Der Bürgermeister will extra die Fabrikanten in Hochstadt ansprechen: Spinnereibesitzer Eckhardt und Vater, Sperrholzplattenfabrikant Kling, Nährmittelfabrikant Achenbach. Der Pfarrer macht aber darauf aufmerksam, daß an sich die bürgerliche Gemeinde zur Beschaffung der Glocken verpflichtet ist, so daß auch von ihr eine entsprechende Beihilfe erwartet wird. Die Glocken werden etwa 4.500 Mark kosten.

 

Da es sich bei der Firma Grüninger aber um eine katholische Firma handelt, sollen auch noch Angebote bei der Firma Rincker in Sinn und der Firma Schilling in Apolda bzw. Heidelberg eingeholt werden. Erst jetzt wird festgestellt, daß die große Glocke in den Ton „g“ hat (nicht „fis“), so daß jetzt der Dreiklang g-a-c- (Gloria-Motiv) geschaffen werden soll.

Das Angebot der Firma Rincker erscheint Anfang 1950 am klarsten und vertrauenswürdigsten. Bei Grüninger ist nicht klar, ob Kugellager und ein neues Joch für die alte Glocke geliefert werden sollen. Schilling will weniger Material verwenden und hat hohe Nebenkosten.

Für den Glockenguß entscheidet man sich am 1. Februar 1950 endgültig für die Firma Rincker, die aber schriftlich erklären soll, daß sie keine Nachforderungen stellen wird. Das Landeskirchenamt genehmigt den Kostenvoranschlag im März 1950.

Als Inschrift schlägt der Pfarrer vor für die mittlere Glocke „Ehre sei Gott in der Höhe“ und für die kleine „Friede auf Erden“. Der Kirchenvorstand ist aber nicht mit dem Vorschlag des Pfarrers einverstanden, keine weiteren Inschriften auf die Glocken zu setzen. Er wünscht, daß die Namen des Pfarrers, des Bürgermeister und der Kirchenvorsteher darauf kommen sollen, wie das früher der Fall war.

Damals bestand der Kirchenvorstand aber noch nicht aus 13 Mitgliedern. Man einigt sich schließlich auf den Vorschlag von Wilhelm Seibel, daß außer „Hochstadt 1950“ noch die Namen des Pfarrers und des Bürgermeisters auf die Glocken kommen.

Doch die Firma Rincker schreibt im Juni 1950, daß Namensnennungen auf den Glocken nicht mehr üblich sind, weil zu viel Schrift die Tongebung beeinflußt. Deshalb schließt sich der Kirchenvorstand dieser Meinung an. Philipp Schmidt schlägt schließlich vor, daß die Glocken „gekröpft“ aufgehängt werden, damit der Schwerpunkt tiefer liegt und das Läuten erleichtert wird. Der Pfarrer bittet die Kirchenvorsteher nun dringend, die zugesagten Beträge für die Glocken einzuziehen, weil das Geld für die vertragsmäßige Zahlung dringend benötigt wird.

 

Im Jahre 1950 werden zwei kleinere Bronze-Glocken mit dem Tönen a und c beschafft, die gegossen wurden von der Firma Rincker in Sinn. Im August wird aber festgestellt, daß die beiden neuen Glocken um 37 Kilogramm und 34 Kilogramm schwerer ausgefallen sind. Dadurch erhöht sich der Preis um 169,25 Mark. Außerdem kommen noch hinzu: Für Inschriften 7 Mark und für zwei neue Klöppel 64 Mark. Die bürgerliche Gemeinde hat noch 63 Mark zu zahlen für drei Drahtseile mit Hanf-Enden und 11,25 Mark für drei Porzellan-Seil­füh­rungen.

Für das Läuten der Glocken wird am 19. Juli 1950 folgende Norm aufgestellt: Mittags wird täglich mit der großen Glocke um 11 Uhr geläutet (bürgerliche Gemeinde). Täglich wird morgens 6.45 Uhr oder 7.45 Uhr mit der kleinen Glocke geläutet, abends kurz vor der Dämmerung mit der kleinen Glocke (durch den Kirchendiener). Der Sonntag wird mit drei Glocken eingeläutet und am Abend mit drei Glocken ausgeläutet. Am Sonntag läutet um 9 Uhr die große Glocke, um 9.30 Uhr die mittlere Glocke. Um 10 Uhr läuten am Sonn- und Feiertag alle Glocken zusammen zum Gottesdienst.

Zum Vaterunserläuten wird die kleine Glocke gezogen. Bei Beerdigungen läutet morgens früh die große Glocke vor und die anderen fallen ein. Bei Kindern bis zu einem Jahr wird bei Beerdigungen nur die zweite Glocke geläutet. Bei der Beerdigung selber wird wie beim Sonntagsgottesdienst geläutet.

 

Nach dem Vorschlag des Glockensachverständigen Pfarrer Dr. Lauer wird im Oktober 1957 eine e-Glocke bei der Firma Rincker bestellt zum Preis von 6.264,04 Mark (zum Metallpreis von 4.059,04 Mark). Die dazu passenden Läutemaschinen werden bei der Firma Bockelmann bestellt. Im Jahre 1958 kommt die große Glocke mit dem Ton „e“ dazu.

Das Landeskirchenamt fragt im November 1957 an, weshalb man zur Beschaffung der vierten Glocke nicht die bürgerliche Gemeinde herangezogen hat. Der Kirchenvorstand ist aber der Meinung, daß man das nicht tun könne, weil bürgerliche Gemeinde und Kirchengemeinde nicht mehr den gleichen Personenkreis umfassen und weil Hochstadt immer nur drei Glocken gehabt hat, und nur für diese hat auch die bürgerliche Gemeinde gesorgt.

 

Die neue große Glocke von 1957/1958 wiegt zwanzig Zentner und trägt den Spruch: „Selig sind, die Gottes Wort hören und bewahren“. Die mittlere Glocke ist sieben Zentner schwer und verkündet: „Ehre sei Gott in der Höhe“. Die kleinste Glocke mit ihren vier Zentnern setzt das Bibelwort aus der Weihnachtsgeschichte fort mit den Worten „Friede auf Erden“. Aber die alte Glocke von 1687 mit dem Gewicht von zwölf Zentnern gehört auch noch mit zum Geläut. Dieses besteht also aus vier Glocken mit den Tönen e g a c.

 

 

Über dem Glockenstuhl befindet sich seit 1955 eine Bretterdecke, durch die der klangverschlingende Hohlraum in der Turmspitze abgeschlossen wird. Sie wurde vom Zimmermann Walzer hergestellt. Über eine Leiter kommt man aber in den Raum darüber. Dort kann man den Umgang durch eine Tür betreten und hinter dem ehemaligen Zinnenkranz um den Turm herumgehen.

Die Zinnen sind zwar abgetragen, aber die zwischen ihnen liegenden Sandsteinplatten sind noch erhalten geblieben. Allerdings konnte der Architekt Franz Brück nicht feststellen, ob der Turm früher auch Zinnen hatte, denn mit der Hand konnte er nicht merken, ob die Steine unter dem Auflagebalken rauh waren vom möglichen Abschlagen der Zinnen.

Weiter oben In der Westseite des Steinhelms findet sich noch ein größeres Loch und ein kleineres Loch ist auf der gegenüberliegenden Seite. Sie wurden wohl gebraucht beim Hochziehen der großen Glocke.

Die Glocken wurden an der westlichen Seite des Turms hochgezogen; dabei mußte die Mittelsäule im Fenster vorübergehend herausgenommen werden.

 

Zur vorreformatorischen Zeit und zu den Kirchenpatronen

siehe „Geschichte der Kirchengemeinde“

 

 

 

 

 

 

Kirchhofsmauer

Die Kirchhofsmauer hat im Grundriß eine Form, die einer Ellipse ähnlich ist. Sie hat eine Länge von 120 Metern und eine Dicke von 80 Zentimeter. Ihre Höhe vermindert sich auf der Straßenseite vom Glockenturm hangaufwärts von 4 Meter auf 2,10 Meter. In diesem Bereich stützen fünf breite Pfeiler die Mauer zur Straße hin ab. Im Osten war sie nach der Überbauung durch anliegende Gehöfte deutlich erhöht. Als Baumaterial hat man den in der Gemarkung vorkommenden Kalkstein verwendet

 

Die Kirchhofsmauer ist älter als die Ringmauer. Sie ist das älteste Bauwerk in Hochstadt (und Maintal). Andere Bauteile in Maintal sind allerdings noch älter, aber nicht mehr sichtbar. So könnte die älteste Hochstädter Kirche von 790 stammen. Die Grundmauern der ersten Kirche in Dörnigheim, die 793 oder früher gebaut wurde, hat man bei Ausschachtungsarbeiten an der Ostseite der Kirche gefunden.

Die Kirchhofsmauer in Hochstadt stammt vermutlich aus dem 12. Jahrhundert und zeigt laut Zimmermann noch Spuren eines alten Wehrgangs. Da an der gesamten Anlage alle Merkmale fehlen, die die Bezeichnung Wehrkirchhof rechtfertigen könnten, sollte man weiterhin nur vom Kirchhof im Sinne eines besonders geschützten Bereichs sprechen. Solche befestigten Kirchhöfe dienten als Zufluchtsort in Kriegszeiten. Dorthin flüchteten sich die Menschen mit Vieh und Habe. Diese Aufgabe wird der befestigte Kirchhof auch in Hochstadt vor der Erbauung der Ringmauer gehabt haben.  Der im jetzigen Zustand recht enge Durchgang zwischen Kirche und Mauer im Nordwesten und die späte Chorverlängerung im Osten sprechen jedoch ebenso wie die späte Einfügung des Torturms im Südwesten gegen eine ursprüngliche Planung als Kirchenburg, zumal sonstige Wehreinrichtungen fehlen (Türme, Brunnen, Vorratsgebäude).   

 

Kirchenhäuschen:

Das „Kirchenhäuschen“ stand wahrscheinlich auch beim Turm. Es dürfte der Fachwerkbau sein, den man auf älteren Bildern an der Nordseite des Turms noch innerhalb der Kirchhofsmauer sehen kann. Das Haus wurde 1608 ausgebessert, gleichzeitig mit dem Pflaster vor der Mauer. Vor der Kirche ist offenbar auch schon früher Pflaster gewesen, denn sieben Gulden für den Kirchenbau werden zur Ausbesserung des Pflasters verwendet und am 30. April 1683 an den Maurer und Ziegler Hans Jörg Weber gezahlt.

Ende 2010 kam im Kirchenvorstand der Plan auf, an der Nordseite des Kirchturms einen Schuppen zur Aufbewahrung von allerhand Material für die Kirche zu errichten. Vorbild dafür hätte das kleine Fachwerkhaus mit 16 Quadratmeter Grundfläche und einem Pultdach sein können, das an den Kirchturm angelehnt war, wenn auch nicht unbedingt so hoch wie das Original. Aber dann wurde dort einfach eine Gartenhütte aus dem Baumarkt hingestellt und nur etwas mit Putz getarnt.

 

Von diesem Haus zu unterscheiden ist ein weiterer Fachwerkbau, der in Nord-Süd-Richtung außerhalb der Kirchhofsmauer auf der Straße zu stand. Hier hatte man die Kirchhofsmauer abgebrochen und ein Haus in die Lücke gebaut. So konnte man Platz für ein Stallgebäude gewinnen, das die Lehrer in der gegenüberliegenden Schule nutzten. Das Fachwerkhäuschen war der Stall für das Vieh des Lehrers

Neben dem Schulstall waren noch zwei Schuppen, die mit einer auf die Straße vorspringenden Mauer umgeben waren

 

Bei der Wiederherstellung der Mauer entlang der Straße „Am Kirchberg“ wurden beide Gebäude abgerissen und das fehlende Stück Mauer überwiegend mit Basaltsteinen wieder geschlossen. Im Jahre 1986 wurde die westliche Kirchhofsmauer repariert (nicht ganz neu hergestellt). Die Mauer wurde nur so weit abgetragen, wie sie beschädigt war. Der Sockel sieht nur anscheinend wie ein neue Betonsockel aus, ist aber die originale Fundamentmauer.

 

Durch die Reparaturarbeiten wurde auch zwischen dem vierten und fünften Pfeiler (vom Turm aus gezählt) ein originales Stück Mauer wieder freigelegt. Das Fischgrätmuster gibt einen Anhalt für die Erbauungszeit der Mauer. Es ist ein Merkmal romanischer Architektur und deutet auf das 12. bis 13. Jahrhundert. Schon die Römer haben so gebaut. Wegen der spitzwinkligen Anordnung der Kalksteine im Fischgrätmauerwerk datiert auch Dehio die Erbauung in das 12. bis 13. Jahrhundert. Aber Franz Brück sagt dazu: Die Angabe, es handele sich um „Fischgrätmuster“ sollte man nicht so wichtig nehmen. Das ist keine bewußte Zierform, sondern sie entstand einfach dadurch, daß die Bauern die Steine herankarrten und die Maurer sie entsprechend ihrer Größe nebeneinander einbauten in so einer Art Nest. Wenn die großen Steine all waren, mußte man halt die kleinen nehmen. Daß die Steine etwas schräg gestellt wurden hatte den Sinn, den Druck auf die nächste Reihe Steine besser zu verteilen.

 

Die Mauer vor dem Haus Kirchberg 4 war noch 1979 flach mit Backsteinen abgedeckt, so daß das Regenwasser leichter in die Mauer eindringen konnte.  Man hat die Mauer bei der Renovierung aber spitz zulaufen lassen, so daß man keine Abdeckungswegen des Regens braucht.

 

 

 

An der Nordseite ist die Mauer wegen Baufälligkeit vom Fuß an neu aufgebaut worden, allerdings nur in geringerer Höhe. Das dortige Fischgrätmuster ist sehr exakt ausgeführt, aber nicht original. An der Ostseite kommt die Kirchhofsmauer nahe an die Ringmauer heran. Dazwischen stand nur eie Scheune (heute nur noch ein Schuppenm) und der Gang hinter de Ringmuer. Aber beide Mauern sind unabhä gig voneinander.

 

Im Osten wurde auf einem Stück der Mauer noch ein weiteres Stück aufgesetzt, das auch etwas über die Mauer hinaussteht. Wegen der zwei großen Fenster kann es nicht Teil der Wehrmauer gewesen sein, die man an der gefährdeten Ostseite erhöht hätte. Andrerseits ist die dahinterstehende Scheune ein eigener Fachwerkbau, der nicht die Mauer einbezieht.

Weil an der Ostseite noch landwirtschaftliche Gebäude hinter der Mauer standen, ist sie hier noch höher erhalten

 

An der Ostseite sieht man in der Mauer noch einen zugemauerten alten Durchgang, der zu dem Eingang in die Kalksteinhöhlen beim Haus Nordstraße 1 geführt haben könnte. Nach der Restaurierung im Jahr 2004 ist in dem Bereich links davon noch fast die ursprüngliche Höhe der Mauer erhalten, weil sie lange als Giebelwand für eine Scheune diente. Leider hat man aber das Kellerloch nicht auch mit geschlossen.

 

Reinhard Schellmann gibt an, die Kirchhofmauer sei um 1930 verputzt worden. Wurde sie nur neu verputzt oder war sie es schon immer, wie Schellmann im Zusammenhang mit dem Narrenhaus Seite 29 gesagt hat?

 

 

Franz Brück ist weiterhin der Meinung, die Mauern in Hochstadt seien nur „Schutzmauern“ gewesen, keine Wehrmauern mit Rondellen und Wehrtürmen, weil das nur den Städten gestattet war. Für das Untertor ist bezeugt, daß es 1589 / 1590 errichtet wurde. Man nimmt dieses Entstehungsjahr auch für das Obertor an. Brück meint, auch die hohen Türme seien damals errichtet worden. Aber die Rondelle seien erst später eingefügt worden, der gute Verbund zwischen Mauer und Rondell kann auch beim Bau der Rondelle hergestellt worden sein.

Für die Kirchhofsmauer trifft das zu, daß sie nur eine Schutzmauer war. Doch die Ringmauer in Hochstadt wurde von Anfang an mit Türmen gebaut, und Eingangstore mußte sie natürlich auch haben. Da haben die Hochstädter wohl etwas illegal gehandelt (Auch die Mauer um Bergen war illegal, aber der Hanauer Graf hatte wohl gute Beziehungen zum Kaiser).  

 

 

 

Kirchhof                

Der von der Mauer umschlossene Kirchhof war bis 1841 Bestattungsort für die Verstorbenen. Auf der Nordseite liegt das Bodenniveau etwa einen Meter höher als am Westeingang. Reinhard Schellmann vermutet, das dürfte mit der Schaffung neuer Grabstellen in übereinander liegenden Schichten zusammenhängen. Aber Grund ist hier das hängige Gelände. Wo die Kirche gebaut werden sollte, hat man es begradigt und das Material nach unten geschoben und durch eine Mauer aufgefangen, so daß jetzt südlich der Kirche das Gelände ziemlich eben ist mit einem Anstieg nach Osten zu.

Bei einer Bedrohung von außen wird der Kirchhof in früheren Zeiten der Bevölkerung als letzte Zufluchtsmöglichkeit gedient haben. Er war aber keine Kirchenburg, es gab keine Vorratshäuser. Aber es gab auch Fluchtmöglichkeiten im Falle des Eindringens von Feinden: An der Ostseite war eine Tür, durch die man den Einstieg in die Kalksteinhöhlen erreichen konnte. Und auch unter dem alten Kirchturm war wohl ein Eingang zu einem Fluchttunnel nach Nordosten (siehe dort).

 

Im Jahre 1765 erwog man die Verlegung des Friedhofs. Superintendent Schiede regt anläßlich der Visitation am 30. August 1765 und im Zusammenhang mit der Renovierung der Kirche an, einen Garten für den Totenhof herzugeben. Der Totenhof rund um die Kirche ist zu klein und das Wasser dringt aus dem höher gelegenen Teil in die Kirche. Man sollte am Untertor einen Gemeindegarten zum Friedhof nehmen.

Die durch Geläut zusammengerufenen Gemeindeglieder meinen aber, der Friedhof sei ausreichend. Die Erwachsenen wollten bisher meist am Eingang der Kirche beerdigt werden. Aber man könne für sie doch auch den Platz nehmen, wo bisher fast nur Kinder beerdigt wurden. Das Wasser könnte man durch eine Rinne ableiten. Der Platz am Untertor ist zu abgelegen, aber ein wertvoller Obstgarten. Philipp Meyer bietet gleich an, seinen 8 Ruthen großen Garten zur Verfügung zu stellen, allerdings zum überhöhten Preis von 130 Gulden, obwohl der Wert nur 30 - 40 Gulden beträgt.

 

Solange der Kirchhof noch als Friedhof genutzt wurde, war er nicht mit Grabdenkmälern und Einfassungen vollgestopft, sondern es gab nur schlichte Holzkreuze und später gußeiserne Kreuze. Auf den Grabstellen weidete das Vieh des Lehrers. Auch nach der Verlegung des Friedhofs standen auf dem Kirchhof viele Bäume. Der Lehrer Henning soll im August 1850 auf die Nutzung des großen Nußbaums an der Kirche verzichten gegen die Überlassung des halben Holzes, wenn der Baum gefällt wird.

Aber Anfang 1852 erlaubt er sich, ohne Erlaubnis einige Obstbäume an der Kirchhofsmauer abzusägen. Das Presbyterium will gegen ihn eine gerichtliche Klage auf Schadensersatz erheben. Dafür soll ein Anwalt genommen werden, der Kirchenbaumeister soll diesen bestellen.

 

Im März 1903 plant man zunächst, die Mauer des alten Kirchhofs auszubessern. Aber im November heißt es dann, daß der Schlosser Johannes Bauer auf der Kirchhofsmauer nur einen Drahtzaun nach dem Anwesen des Waldhüters Schlegel (Grundstück Ringstraße Nord 1) zu anbringen soll.

Anfang 1904 wird gefordert, daß die Kirchenkasse die fünf Mark für die Instandhaltung des Buschwerks auf dem Kirchhof nicht mehr bezahlt, weil die Unterhaltung der Kirchhofs Sache der bürgerlichen Gemeinde ist. Der Bürgermeister weist aber darauf hin, daß die Nutzung des Kirchhofs dem Inhaber der Ersten Schulstelle nur deshalb kostenlos überlassen wurde, wenn er den Kirchhof auch instand hält. Vor der Kirche ist 1927 eine Buchsbaumeinfassung, die beschnitten werden soll.

 

Heute wird gern der Begriff „Kirchgarten“ für den Kirchhof verwendet. Das soll an den Paradiesgarten erinnern, den Ausgangspunkt der Schöpfung. Der Garten ist aber auch ein Bild für die künftige Welt Gottes. Deshalb paßt der Ausdruck „Kirchgarten“ gut zu einem früheren Ruheplatz der Toten.

Wie an anderen Orten auch lag der Friedhof rund um die Kirche. Dadurch sollte zum Ausdruck kommen, daß die Gemeinde der Lebenden sich mitten unter der Gemeinde der Verstorbenen zum Gottesdienst versammelt.

Grabsteine

Nach 1841 wurden einige Grabsteine an der Südmauer aufgestellt, drei Steine kamen in die Kirche.  Von den noch erhaltenen Grabsteinen stammt der älteste aus dem Jahr 1592. Die teilweise langen Inschriften auf den anderen Steinen geben neben persönlichen und familiären Angelegenheiten oftmals den Leichentext und die Hoffnung auf Wiederauferstehung wieder.

 

Die Grabsteine gehören zu folgenden Personen (Die vollständigen Inschriften sind in Abschrift von Pfarrer Reich im Pfarrarchiv vorhanden):

 

1. Tobias Stein, geboren 1542, gestorben am 17. August 1617, 75 Jahr („im Alter von 75 Jahren“). Die Buchstaben sind sehr groß.

 

2. Hans Schwarz, geboren 1504, gestorben am 11. März 1580, 76 Jahre alt, von 1550 bis 1580 war er Schultheiß (mit Wappen).

 

3. Wilhelm von Speckhan:

Der Stein erinnert an den Kornett von Speckhan, der in einem lüneburgischen Reiterregiment diente. Er kämpft in Spanischen Erbfolgekrieg am 13. August 1704 in der Schlacht bei Höchstädt an der Donau im Amt Dillingen. Dort siegen die Österreicher und Engländer unter Prinz Eugen gegen die Bayern und Franzosen unter Marschall Tallard. Auf Seiten der Österreicher kämpfen auch die Hannoveraner, bei denen Wilhelm von Speckhan als „Kornett“ (Reiterfähnrich und Standartenträger) dient.

Anfang 1706 liegt das Regiment in Wachenbuchen, wo den Standartenträger ein Schlaganfall trifft, dem er dann am 7. Februar 1706 im Alter von kaum 26 Jahren erliegt. Weil die Wachenbucher Kirche aber reformiert ist, setzt man den Toten in der lutherischen Kirche in Hochstadt bei. “. Als die lutherische Kirche nach der Hanauer Union 1818 aufgegeben wird, setzt man 1836 die Gebeine in einem Behälter auf dem reformierten Kirchhof bei und stellt den Deckel über der Gruft als Grabstein auf.

Der Stein aus dem Jahre 1706 zeigt das Wappen der Herren von Speckhan, das zwei Hähne mit Speck im Schnabel darstellt. Der Text berichtet: Statius Wilhelm Speckhan wurde 1680 geboren als Sohn des Wilhelm von Speckhan, Regierungsrat der Königlichen Majestät von Schweden, und seiner Frau Sophie von Hohenassenberg. Er stammt aus Elßen im Stift Bremen und war Kornett unter der Kurfürstlichen Durchlaucht von Hannover in der Kompanie des Herrn von Bülau. Als Besonderheit wird vermerkt, daß Speckhan in Höchstädt damals mit gesiegt hat und nun in einem Hochstadt beerdigt liegt. Er ist am 7. Februar 1706 in Wachenbuchen gestorben und laut Kirchenbuch am 10. Februar „zwar in aller Stille, doch mit christlichen Zeremonien, als mit Fackeln und etlichen Gesängen, wie auch mit einer gehaltenen Abdankung, abends um 7 Uhr, in unsrer Ev.-Lutherischen Kirche beigesetzt worden

 

4. Johann Adam Heckert:

Johann Adam Heckert, geboren am 30. Dezember 1666, gestorben am 18. Januar 1713, im Alter von 46 Jahren und 18 Tagen, und seine Frau Anne Margretha geborene Stein, geboren am 14. November 1652, gestorben am 22. Februar 1712, im Alter von 59 Jahren und 3 Monaten, verheiratet am 12. März 1691. Weiter ist erwähnt der Sohn Johann Georg, geboren am 7. Mai 1693, gestorben am 27. März 1713 (der Tag des Begräbnisses ist laut Kirchenbuch der 29. März, der Todestag müßte also der 27. März sein, nicht der 20. März, wie es Reich gelesen hat.

Aber heute ist die Zahl nicht mehr zu erkennen, die Altersangabe „und 10 Tage“ paßt aber wieder besser zum 20. März), alt 19 Jahre 10 Monate 10 Tage. Die Umschrift lautet: „Hier ist eine schöne Blumen in einem Gottesgarten eingesetzt samt Stamm und Wurzel“. Hier ist also ein Ehepaar kurz nacheinander gestorben und der Sohn dann innerhalb eines Jahres. Sie erhielten einen gemeinsamen Grabstein. Die Eltern haben aber noch zwei weitere Söhne, von denen der älteste, Andreas, verheiratet war und Nachkommen hatte. Heutiger Nachkomme ist unter anderem Alfred Huhn, Felsenkeller 16.

 

5. Catharina Sebastian geborene Bechtoldt:

Auf dem Grabstein ist als Geburtsname „Sommer“ angegeben, aber laut Chronik Heckert und Lutherischem Kirchenbuch lautet er „Bechtoldt“.  Es handelt sich um die Frau des lutherischen Pfarrers Johann Georg Sebastian. Sie ist geboren am 28. Mai 1681 in Frankfurt. Erzogen wurde sie in Hanau und wurde dort auch verehelicht am 31. Januar 1701. Sie hat drei Kinder geboren, einen Sohn und zwei Töchter (Nur die Tochter Johanna Maria ist 1714 in Hochstadt geboren). Sie stirbt am 11. September 1729, im Alter von 48 Jahren 3 Monaten und 11 Wochen. Am oberen Rand des Grabsteins ist eine Kanne dargestellt, die Schrift ist noch gut zu lesen. Der Stein stand früher an der nördlichen Kirchhofsmauer.

Ihr Mann Johann Georg Sebastian ist von 1713 bis 1733 lutherischer Pfarrer in Hochstadt. Er ist am 7. Januar 1677 in Weimar geboren als Sohn eines Schuhmachers. Zunächst ist er Lehrer und Kantor in Hanau und von 1704 bis 1711 Pfarrer in Rodheim vor der Höhe. Von 1713 bis 1733 ist er Pfarrer in Hochstadt. Am 16. Mai 1730 wird er in zweiter Ehe in Hochstadt getraut mit Johanna Maria Justina Rommel, Tochter des Dietrich Rommel, Lehrer in Rüdigheim. Danach ist er noch Pfarrer in Seckbach (1733 bis 1742) und Babenhausen (1742 bis 1766), wo er am 10. Juli 1766 stirbt.

 

6. Johann Heinrich Weber, Ziegler:

Er ist geboren am 6. Januar 1652 in Hanau, verheiratet laut Kirchenbuch am 25. Oktober 1677 mit Amali Elisabetha Schüler (Schiller) aus Bönstadt (Böhstadt). Sie hat sechs Kinder geboren (drei Söhne und drei Töchter) und ist gestorben am 9. Dezember 1700, 49 Jahre und 7 Tage alt.

Die Frau ist eine Tochter des Hochstädter Lehrers Conrad Schüler, aber demnach schon in Bönstadt geboren (in Hochstadt nur Sterbe-Eintrag mit Altersangabe). Der Stein zeigt am oberen Rand ein Wappen mit Helmzier. Er stand früher an der nördlichen Kirchhofsmauer. Pfarrer Reich hat hier falsch gelesen: Die Hochzeit war nicht am 10. Oktober 1686, denn von der Jahreszahl 1677 ist nur die letzte Ziffer nicht mehr sicher zu lesen. Das Sterbejahr ist nicht 1709 und das Alter nicht 45 Jahre. Nachkommen sind zum Beispiel Ellen Rohn, Hauptstraße 51, und Marie Erdmann, Hauptstraße 19.

 

7. Anna Catharina Weber geborene Meth:

Der Geburtsname der Frau wird sonst „Meed“ geschrieben. Sie ist Frau des Zieglermeisters Johannes Weber, geboren am 10. Februar 1694, verheiratet am 16. März 1713 (der nicht mehr lesbare Monat konnte durch das Kirchenbuch geklärt werden), gestorben am 6. September 1728, im Alter von 34 Jahren und 7 Monaten, gestorben an einer hitzigen Krankheit zugleich mit einem Kind im Mutterleib. Die Ehezeit betrug 15 Jahre 6 Monate. Der Stein stand früher an der nördlichen Kirchhofsmauer. Er zeigt am oberen Rand eine Blumenvase.

Die Eheleute hatten sieben Kinder, von denen drei Kinder zusammen mit der Mutter begraben wurden. Nachkommen hat von den Kindern nur Johann Georg Weber, geboren 1719. Der Mann hat 1729 wieder geheiratet. Heutige Nachkommen sind zum Beispiel Ellen Rohn, geboren 1937, und ihre Geschwister. Die Steine werden auch die „Weber – Steine“ genannt.

 

8. Johann Georg Mehling, geboren am 26. Dezember 1716, getauft am 1. Januar 1717, gestorben am 10. März 1723, 6 Jahre 2 Monate 14 Tage alt. Er ist viertes und letztes Kind des Maurers Hans Caspar Mehling und seiner Frau Anna Margaretha geborene Roth. Nachkommen der Familie sind nicht bekannt.

 

9. Johann Caspar Heckert, Sohn des Johannes Heckert und Maria Elisabetha geborene Burger (Die Geburtsdaten der Eltern sind nicht bekannt, geboren sind sie etwa 1630). Er ist erstes Kind der Eheleute, die insgesamt sechs Kinder haben. Er ist geboren am 1. April 1658, gestorben am 10. Januar 1675 im Alter von 16 Jahren 9 Monaten 10 Tagen. Beim Nachnamen fehlt der Buchstabe „R“. Heutiger Nachkomme ist unter anderen Peter Heckert, geboren 1940, Hauptstraße 13.

 

10. Anna Maria Schwartz

Sie ist Tochter des Schmieds Johann Georg (Jörg) Schwartz, Geschworener und Beisitzer beim Landgericht. Sie stammt aus der Schmiedefamilie Schwartz (oder Schwarz), die lange Zeit in Hochstadt tätig war. Sie wird geboren im März 1718 (laut Taufregister), gestorben ist sie am 26. April 1738. Ihr Stein trägt den Spruch:

Alle die ihr lebet eure Zeit

Lernt allhier die Sterblichkeit.

Eine Jungfrau in ihrem Leben

Geblühet wie Rosen eben

Auch noch jung von 20 Jahren

Doch mußt sie bald erfahren

Daß sie wie alle Menschen

Gewiß sterblich war.

Ihr Name Anna Maria ist.

Sie schloß ins Herz Jesus Christ

Der wie ihr Leben in der Zeit

Also ist auch in Ewigkeit.

Von den vier Kindern hat nur die erste Tochter Maria Magdalena (geboren 1715) geheiratet. Nachkommen sind Rudolf Rauch, geboren 1923, Hauptstraße 32, und seine Geschwister.

 

11. Hans Strohl:

Der Stein zeigt oben einen Engelskopf, unten Rankenwerk. Pfarrer Reich konnte hier noch lesen: „Hier liegt begraben Philipp Strol, gebohren 1649 den 5. Martius, selig gestorben den 6. September 1693, gelebt in der Ehe beynahe 17 Jahr, darin er zeugte 6 Kinder, Gott erfreue indessen seine Seel“. Reich macht folgende Anmerkung zu diesem Grabstein: „Philipp Strohl hat einen Grabstein an der Mauer gegenüber dem Haus des Schreiners Valentin Burger. Dieser Stein war tief hinab gesunken. Ich habe ihn aber am 26.03.1915 durch Konfirmanden heben lassen. [Valentin Burger wohnte Am Kirchberg 1].

 

12. Kleiner Stein, oben Engelskopf, unten Rankenwerk. Er beginnt mit „Allhier“.

 

13. Großer Stein, oben rund und mit Weinlaub und Weinreben, an beiden Seiten Rankenwerk. Er beginnt mit „Allhier ruht“,

 

14. Schöner, großer Giebelstein aus der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Grabstein des Gastwirts Johann Georg Koch, der 1723 die Gemeindewirtschaft ersteigerte. Der Stein ist oben geschwungen und zeigt ganz oben einen Engelkopf.

In der Kartusche sind die Zunftzeichen Rethaken und Maischegabel abgebildet, so wie auch an dem Haus des Gastwirts Hauptstraße 19. Rechts und links sind rahmende Pilaster (halbe Säulen). Unten ist ein Totenschädel. Der an den Tod erinnern soll (Memento mori) (Bild in Schellmann III, Seite 62).

 

An der südlichen Kirchhofsmauer am zweiten Stein von links hinter den Büschen liegt noch

ein Podest für eine toskanische Säule, die ursprünglich am Südeingang Verwendung fand.

Sie zeigt, daß die früheren Säulen einen stärkeren Umfang hatten

 

Nicht mehr vorhanden sind folgende Grabsteine:

1. Ein kleiner Stein in der Südmauer: 12.04.1639 (nicht zu identifizieren).

2. Ein schmaler Stein im Westen: Jeremias Schäfer, Sohn des Barthel Schäfer, geboren 23.01.1670, gestorben 18.11.1691, 21 Jahr 10 Monat 20 Tage (drittes Kind).

3. Ludwig Heynemann, Sohn des lutherischen Pfarrers Johann Gottlieb Heinemann (Heynemann) und dessen Frau Margarethe geborene Brenner, Tochter des gräflichen Rentmeisters Daniel Albrecht Brenner, die er am 25. Februar 1798 in Bergen heiratete. Der Sohn Ludwig wurde geboren am 05.10.1801 und starb am 05.05.1803. Heineman war von 1801 bis 1808 lutherischer Pfarrer in Hochstadt. Er ist geboren am 20. April 1770 in Hanau als Sohn des Hofschneiders Johann Gottlieb Heinemann. Nach dem Studium in Marburg wird er zunächst Pfarrer in Bergen. Von 1801 bis 1808 ist er Pfarrer in Hochstadt. Danach wird er Dritter Lutherischer Pfarrer und Direktor der Bürger- und Realschule in Hanau. Dort starb er am 1. Dezember 1813.

 

 

 

Äußerer Zustand der Kirche

Den größeren Anteil an der Fassade der Kirche bilden die massiven Wandteile. An der ehemals verputzten Fassade ist das Mauerwerk noch deutlich erkennbar. Die Steine sind hauptsächlich aus Basalt. Die Kanten an Langhaus, Sakristei und Chor sind mit Eckquadern (gelegentlich hochkant) verstärkt. Allerdings liegen keinerlei Verzierungen vor, die eine Horizontalgliederung unterstützen würden. Der Haupteingang der Kirche befindet sich an der Südseite, ein weiterer ist an der Westseite. Die Strebepfeiler sorgen für eine senkrechte Gliederung der Fassade. Die Fenster sind gotisch spitzbögig.

 

Dach:

Das heute mit Schiefern gedeckte Dach war früher mit „Dachsteinen“ gedeckt. Im Jahre 1603 wird das ganze Kirchendach „überstrichen“. Auch 1630 wird das Dach ausgebessert. Das Konsistorium genehmigt im Dezember 1743, daß aus Mitteln der Kirchenbaukasse das Kirchendach repariert und die Fenster vergrößert werden. Dadurch soll aber kein Vorwand geschaffen werden, daß die Verpflichtung der Gemeinde aufhört, die Kirche in Dach und Fach zu unterhalten. Deshalb gibt man der Gemeinde auch nur zwei Darlehen: 116 Gulden 40 Kreuzer für den Steindecker und 27 Gulden 26 Kreuzer für den Maurer.

Am 17. Februar 1745 erhalten die beiden Bürgermeister (= Rechnungsführer) über 141 Gulden aus den Zinsen, die die Kirchengemeinde im Vorjahr eingenommen hat, damit sie die Reparatur des Kirchendachs und der Fenster bezahlen können. Den Bürgermeistern (= Rechnungsführern der Gemeinde) Wilhelm Heckerth und Johann Henrich Dietz wird am 7. März 1746 die dritte und letzte bewilligte Bausteuer für den Kirchenbau im Jahre 1745 bezahlt in Höhe von über 134 Gulden (Es ist nicht deutlich, wer die Reparatur nun tatsächlich bezahlt, ob es die Gemeinde ist und die Kirche nur ein Darlehen dafür gibt oder ob die Kirche selber den von der Gemeinde ausgelegten Betrag ersetzen muß).

Der Schultheiß legt am 24. November 1748 eine Aufstellung der Kosten für die Reparatur des Kirchendaches vor. Sie hat über 221 Gulden gekostet. Die Kirchenältesten sind der Meinung, daß man die Hälfte der Kosten übernehmen sollte, ohne damit die Verpflichtung der Gemeinde aufzuheben. Das Konsistorium bewilligt den freiwilligen Beitrag. Der Baumeister des Vorjahres Matthäus Bornkessel übergibt am 31. Januar 1749 dem Bürgermeister (= Rechnungsführer) Johann Caspar Rohrbach den Beitrag der Kirchengemeinde zur Reparatur des Kirchendachs in Höhe von 110 Gulden 49 Kreuzer.

 

Strebepfeiler:

Im Jahr 1768 werden je zwei dicke Strebepfeiler an beiden Längsseiten der Kirche aufgemauert. Die Mauern sollten unter der Traufe auslaufen (wie auf der Südseite), aber auf der Nordseite wurde das nicht erreicht. Die Fundamente waren früher mit Erde bedeckt. Weil aber Feuchtigkeit eindrang, hat man sie wieder freigelegt.

Man hat vermutet, daß man 1768 der Kirche einen neuen Dachstuhl aufsetzen woillte. Doch der heutige Dachstuhl ist aus der Zeit um 1100. Weil man aber die zwei langen Balken unter den Gewölben im Inneren der Kirche herausgesägt hatte, fürchtete man, daß das Dach auseinandergedrückt würde. Man hatte nämlich Risse im Bereich des Südportals und im westlichen Gewölbe festgestellt, die aber vom Abrutschen der Kirche nach Südwesten herrührten. Man kann also 1768 nur Balken ausgewechselt haben bzw. Latten und Ziegel erneuert haben.

Bei den Ausgrabungen für diese Pfeiler legen die Einwohner tüchtig mit Hand an, bekommen dafür aber auch reichlich Getränke für über 13 Gulden. Für das Mauern braucht man 49 Bütten Kalk.

Alle vier Strebepfeiler sind bereits im Pfarreikataster von 1775 abgebildet („Lagerbuch“ des Pfarrarchivs). Die unregelmäßigen Abstände ergeben sich durch die Südtüre. Die Sandsteinkantenquader verraten eine spätere Entstehung als die der Kirche. Der südwestliche Strebepfeiler trägt nach Westen zu knapp über dem Boden eine Inschrift aus späterer Zeit: „Ch... Chr/ m[achte oder mauerte] m[ich] 1802“.

 

Mit Maurer- und Weißbinderarbeiten außen und innen geht es dann 1769 weiter. Die Kosten belaufen sich auf 900 Gulden. Im August 1771 bringt Frau Amhäuser (es handelt sich wohl nicht um die im Juli 1771 ausgewiesene Frau des Paul Ammenhäuser, sondern um eine ganz andere Frau, die nur einen Botengang macht) zwei „Knöpfe“, die auf die Kirche gestellt werden sollen und die der Schultheiß bestellt hat. Sie sind aus Zinn und kosten 20 Gulden. Sie werden am 13. Oktober 1771 auf die First-Ecken gestellt. Der westliche ist noch erhalten, der östliche mußte dem Schornstein weichen.

 

Südlicher Eingang:

Dieser Haupteingang ist im Renaissance-Stil erbaut. Die dem Eingangsbereich vorgesetzte Vorhalle hat ein schiefergedecktes Dach in Form eines Eselsrückens.

 

          

Die spätgotisch profilierte eigentliche Tür setzt in Kniehöhe an und zeigt von außen unter einem flacheren Spitzbogen zwischen Hohlkehlen überkreuzte Birnstäbe. Leider ist das etwas erhabene Wappen in Tartschenform über dem Scheitel nur angedeutet zu erkennen und heute leer. Entweder sind die Hanauer Sparren abgeschlagen worden oder das Wappen war ehemals bloß bemalt (Schellmann III, Seite 94).

Diese reiche Gliederung und die Wappenform sind wohl ein Zeichen dafür, daß man diese reichen Formen ins Ende des 15. Jahrhunderts einordnen kann (im Gegensatz zum schlichteren, großen Westportal). Auch Franz Brück meint, der Südeingang der Kirche wurde 1490 geschaffen, aber noch ohne die heutige Vorhalle. Nach Meinung von Brück wurde in diesem Jahr auch das (damals) neue Pfarrhaus in der heutigen Hauptstraße 9 erbaut, allerdings noch als einstöckiger Fachwerkbau.

Vor der Tür stehen zwei gebauchte kannelierte Sockel. Der linke ist verdreht und trägt die Jahreszahl 1681. Feldmann hält die Steine für Sockelsteine der alten toskanischen Säulen für das Vordach. Ein Podest für eine solche toskanische Säule liegt an der südlichen Kirchhofsmauer am zweiten Stein von links hinter den Büschen. Es zeigt auch, daß die früheren Säulen einen stärkeren Umfang hatten.

Nach Meinung von Franz Brück sollen die Steine früher die Stützen der Westempore getragen haben. Die Jahreszahl müßte dann aber erst 1681 angefügt worden sein. Auch in der Kirchenrechnung ist in diesem Jahr von Steinen für das Portal und der Neueindeckung des Portals die Rede (es muß also damals schon ein Vordach gegeben haben).

Im Frühjahr 1717 läßt man zwei neue streng toskanische Säulen für die kleine Halle vor der Kirchentür machen. Der Steinhauer erhält dafür am 24. April sechs Gulden (so auch in der Kirchenrechnung). Am 11. November 1717 wird dem Steindecker Eller die Deckung des Portals über der Kirchentür mit über 17 Gulden bezahlt. Es besteht also kein Anlaß zu der Vermutung, daß auch nur Teile des Portals vom Hanauer Renaissanceschloß stammen. Stilistisch gehören die Säulen ins Umfeld der Frankfurter Katharinenkirche (1677‑1682).

 

Die vorderen Säulen wurden 2009 erneuert. Die zwei Sandsteinpilaster (halbe Säulen) an der Kirchenwand - vorne mit Schuppen und seitlich mit Rankenwerk verziert - wurden 1981 erneuert. Darüber tragen zwei ausladende Kapitelle (nicht „Voluten“) - vorne mit einem Löwenkopf geschmückt - den S‑förmig geschweiften Dachstuhl. Der linke Löwenkopf soll noch erneuert werden (Schellmann III, Seite 96).

 

Für den Einbau einer Doppeltüre in die Kirche geben die Schreiner Seng und Burger im April 1901 einen gleich hohen Kostenvoranschlag ab. Zunächst will man neu ausschreiben, aber im Oktober 1901 beschließt man dann, daß an der Südseite der Schreiner Seng die Tür machen soll (allerdings nur einflügelig) und an der Westseite der Schreiner Burger. Für die Bezahlung der inneren Glastüren in der Kirche werden Anleihen über 400 Mark verkauft.

 

Rechts vom Südportal sind noch zwei Erinnerungsplatten zu sehen: Peter Schmidt der Junge, gestorben am 12. Juni 1569 (nicht „1562“, wie Reich wiedergibt), der 14 Jahre lahm und krank gelegen hat.

Die andere Platte erinnert an einen Hans, dessen Familienname und Sterbejahr allerdings heute unleserlich ist, er soll 72 Jahre alt geworden sein. Bekannt ist, daß es in den Jahren 1562 / 1563 ein großes Sterben in Hochstadt gab, aber auch in Hanau, Wachenbuchen, Mittelbuchen, Rüdigheim und Dorfelden. Die Orte wurden abgesperrt, die Hanauer Kanzlei wurde nach Steinau verlegt. Doch die Seuche hielt mehrere Jahre an. In Hochstadt mußten angeblich 500 Menschen begraben werden.

Siamesische Zwillinge:

Am rechten Stützpfeiler sieht man den Stein der siamesischen Zwillinge. Er war so verwittert, daß er 1993 erneuert wurde. Die Geschichte ist überliefert im vierten Band des „Theatrum Europaeum“, das Matthäus Merian in Frankfurt herausgegeben hat. Danach wurden dem Schneider und Weingärtner Johann Scherninck und dessen Ehefrau Elisabeth am 10. März 1642 gegen 21 Uhr zwei Kinder geboren, die am Unterleib zusammengewachsen waren. Beide waren voll ausgebildet mit Armen und Beinen, aber mit nur einem Bauch und einem relativ großen Nabel. Zusammen waren sie etwa 80 Zentimeter lang (zweieinhalb Spannen). Das eine Kind sah der Mutter ähnlich, war jedoch bleich und am rechten Arm und Hals und um die Brust etwas blau. Es lebte etwa 10 Stunden und starb am 11. März so zwischen 6 und 7 Uhr. Das andere Kind hatte seine natürliche rote Farbe. Es war dem Vater ähnlich und lebte etwa 24 Stunden, es starb gegen 21 Uhr. Beide Kinder schrien die ganze Zeit mit schwacher Stimme.

 

Interessant ist, daß man anfangs versuchte, die Kinder mit saurem Wein zu laben, der am Ort gewachsen war. Hat man dem Wein damals heilende Kräfte zugeschrieben? Oder wollte man die Kinder nur damit betäuben? Auf alle Fälle ist dies die erste Nachricht über medizinische Maßnahmen in Hochstadt. Der erschrockene Vater holte noch in der gleichen Nacht den Pfarrer und später auch den Schultheißen, weil man damals eine solche Mißgeburt als eine Strafe für ein schweres Vergehen ansah. Beide versuchten, die Eltern mit Gebet und Sprüchen aus der Heiligen Schrift zu trösten.

Doch vielen Zeitgenossen ging es nur um die Sensation: Von nah und fern strömten bald die Neugierigen herbei. Der Torwächter zählte zwischen dem 11. und 15. März über 1.000 Besucher. Am 12. März wurden die Zwillinge in das Hanauer Schloß gebracht und dort von vielen Schaulustigen besichtigt. Bald werden überall die wildesten Gerüchte über die Mißgeburt von Hochstadt erzählt: In Hanau heißt es, die Kinder hätten vier Köpfe und wären am Rücken zusammengewachsen und eins der Kinder hätte sogar gesprochen. In Frankfurt sagt man, eins der Kinder habe einen Totenschädel.

 Die Eltern lehnten den Vorschlag ab, die Leichen durch Einbalsamierung zu erhalten. Am 15. März wurden die Kinder gegen 15 Uhr auf dem Hochstädter Kirchhof beigesetzt. Aus Spenden werden die Kosten für den Stein bestritten, der die Zwillinge auf dem Rücken liegend zeigt.

 

Südlicher Anbau:

An der Südseite des Chors ist ein niedrigerer Raum mit einem Pultdach und einer Fuge nach Westen. Peter Feldmann sieht in dem südlichen Anbau nur eine Art Abstellraum, wahrscheinlich für den Friedhofsbetrieb oder einen Kohlenkeller, der erst beim Bau der Heizung hinzugefügt worden sein soll.  Reinhard Schellmann vermutet, die Tür könnte von dem Gewände der heute zugmauerten Tür im Erdgeschoß des alten Kirchturms stammen.

Im Inneren des Raumes waren zurzeit Pfarrer Reichs noch Reste eines quadratischen gotischen Gewölbes zu sehen. Der Raum diente also ursprünglich gottesdienstlichen Zwecken. Dies war die Seitenkapelle der Kirche, in der der Heilig-Kreuz-Altar stand. Der Raum hat heute nur den Zugang von außen, aber ursprünglich auch vom Hauptschiff.

Wenn hier eine Seitenkapelle war, dann ist die spitzbogige Tür original und alt. Franz Brück vermutet das Jahr 1290. Das Tor besitzt an der Außenseite abgeschrägte Kanten mit einem Übergang zum Sockel in Form einer Halbpyramide aus zwei spitzwinkligen Dreiecken.  Stilistisch ist sie ähnlich wie die Tür zur Sakristei, so daß beide Anbauten wohl zur gleichen Zeit entstanden sind.

 

An der südlichen Chorwand hat der Maler Wölfel eine zugemauerte Öffnung beschrieben, die er für eine Sitznische hielt. Heute ist davon noch eine 1,60 Meter hohe Fuge zu sehen, die teils verstrichen ist. Hier vermutete er eine Öffnung zu dem heutigen Heizungsraum. Aber das ist sehr unwahrscheinlich.

Das Fenster im Nordgiebel der Kirche hat eine Tür mit einem Flugloch für Schleiereulen oder Turmfalken.

 

Über dem heutigen Heizungsraum sieht man in der Wand ein ovales Fenster: Als man den Chor besser beleuchten wollte, war dort gerade noch für dieses Fenster Platz. Peter Feldmann vermutet eine Entstehung in der Barockzeit. Es ist aber erst von 1820, wie aus einer Anmerkung im Kirchenbuch bei einer Taufe in diesem Jahr hervorgeht, denn bei einer Taufe am 14. Dezember 1820 heißt es: „Das Kind konnte, weil gerade ein Fenster dem Altar gegenüber gebrochen wurde, nicht in der Kirche getauft werden“. Heute ist das Fenster von innen vermauert, aber von außen ist die Sandsteinfassung noch zu sehen.

 

Rechts neben dem Heizungsraum ist das südliche Fenster des Chores, das sich besonders hervorhebt, da es dreibahnig ist und in drei Nasen endet. Es ist das größte und schönste Fenster der Kirche. Der Fenstersturz ist allerdings zerbrochen. Ein breiter, nu von innen sichtbarer Riß zieht sich durch das darüberliegende Mauerwerk.

 

Sakristei:

Wenn man um die Kirche herum geht, sieht man an der Nordseite des Chorraums der Kirche die heutige Sakristei. In der Wand ist noch der Auslauf des Handwaschbeckens aus dem Inneren der Sakristei zu sehen.

Das kleine Fenster an der Nordseite der Sakristei läuft im oberen Drittel mit drei Dreipaß­- bögen und zwei Nasen aus.

 

Nordseite der Kirche:

Eine Erweiterung der Kirche nach Westen kam wegen der Nähe zur Kirchhofmauer nicht in Betracht. Deshalb entschloss man sich 1554, am Kirchhofeingang einen neuen Glockenturm zu bauen und 1743 den inzwischen baufällig gewordenen Kirchturm bis zur Traufhöhe abzutragen. Dabei wurde die Nordseite der Kirche im Zusammenhang mit der Neudeckung des Daches verändert. Der eine Kostenvoranschlag für ein Schieferdach, die notwendigen Maurerarbeiten und für neue Fenster beläuft sich auf 612 Gulden. Einen zweiten Vorschlag macht Baudirektor Hermann, der auf 599 Gulden kommt. Er macht längere Ausführungen: Noch brauchbarer Schiefer sollen wieder zurecht gehauen werden. Zwei Dachfenster müssen erneuert werden. Einer der Schieferdecker schlug schon damals vor, aus den fünf (ohne das heutige Fenster im alten Turm) Fenstern das Maßwerk herauszubrechen und die Fenster nach unten zu vergrößern, damit die doppelte Menge Licht in die Kirche fällt. Der hohe Giebel muß mit Steinen ausgeflickt werden, der tiefe Giebel mit Kalk verputzt werden.

 

Bauzeichnung:

Im Staatsarchiv Marburg ist eine Entwurfszeichnung zu den Umgestaltungsplänen der Kirchennordseite von 1743 vorhanden, angefertigt von dem Hanauer Baudirektor Hermann und wiederentdeckt in den Akten von Walter Lenz (Staatsarchiv Marburg STA MR, Bestand 83 Konsistorium Hanau, Nr. 2582).

Im Kirchendach war damals nur ein größeres Dachfenster (heute sind es drei kleinere). Die Spitze des Turms war nur so hoch wie der First des Kirchendaches und hatte höchstens 13 Meter Höhe. Knapp unter der Traufe des Turms waren zwei längliche Fenster mit runden Bögen. Auf der Skizze fehlen das große Fenster im Turm (das erst jetzt ausgebrochen wurde) und die Stützpfeiler. Der Abbruch würde nur 20 Gulden kosten, aber man könnte das Kirchendach dort ohne Kehle schließen und hätte auf Dauer seine Ruhe. Der alte Turm soll bis zur rot punktierten Linie abgebrochen werden und nur bis zur Oberkante der Fenster erhalten bleiben.

Interessant ist dabei auch die Darstellung der Fenster: Bei Buchstabe A. ist das damalige Fenster zu sehen. Das ursprüngliche Maßwerk der großen Fenster unterscheidet sich von dem Maßwerk in dem dreigeteilten Fenster im Chorraum und auch von den einfachen Bögen in den anderen Fenstern des Chorraums. Die Verzierung im oberen Teil („die uhralten Zierrathen in denen Bögen“) hat man ausgehauen und den breiten Mittelsteg entfernt.

Bei Buchstabe C. ist zu sehen, wie man die Fenster verändert hat, um den Lichteinfall zu erhöhen: Sie wurden alle nach unten vergrößert. Auch heute noch kann man am Gewände von außen erkennen, daß jeweils unten ein Sandsteinstück angefügt wurde: Auf der Nordseite sind das etwa 50 Zentimeter, im Süden etwa 90 Zentimeter. Auch im Inneren sieht man, daß die Fensterbänke unterschiedlich hoch sind. Neu eingesetzt wurde jeweils ein Kreuz aus Eisen mit rechteckigen Scheiben.

Aus der verbliebenen Nordseite des alten Turms brach man ein neues Fenster aus, das in der Größe dem benachbarten gleichkommt. Hier geht das Gewände von unten durch und es wird erst oben neu angesetzt.

Am 24. April 1743 schreibt das Konsistorium, die Zinsen der letzten drei Jahre dürften für den Umbau genommen werden. Aber am 22. Mai 1743 wird doch wieder eine Kollekte vorgeschlagen. In einem gesonderten Schreiben vom gleichen Tag (von anderer Hand) wird bestimmt, den Vorschlag Hermann zu verwirklichen, aber es sei noch einmal mit den Handwerkern zu reden, denn das Behauen der Schiefersteine dürfe nur 4 Albus kosten.

 

An dem nordwestlichen Pfeiler waren früher noch Inschriften von Handwerkern wie die Inschrift „Philipp Fix, den 13. Mai 1807“, die aber heute abgeblättert sind. So konnte es noch Pfarrer Reich lesen. Er gibt außerdem an der Sakristeiwand noch an „EBS 1805“ und auf der Nordseite der Kirche „KD 1822“. Allerdings beziehen sich diese Daten auf eine Wiederherstellung der Pfeiler bzw. der Wände.

 

 

Alter Kirchturm:

Heute noch ist an der Nordwestecke der Kirche an zwei Seiten der alte Turm an den Baunähten zu erkennen. Die Nordseite ist fast ausschließlich aus Kalkstein gemauert, die Westseite im oberen Teil fast ausschließlich aus Basalt (dieser wurde erst ab Mitte des 18. Jahrhunderts verwendet). Der Turm wurde außerhalb des mittleren Kirchenschiffes angebaut, in der Zeit um 1100 oder früher. Erst durch das nördliche Seitenschiff wurde er in die Kirche eingebunden. Er war aber nicht höher als das Kirchenschiff, wie eine Zeichnung aus dem Staatsarchiv Marburg aus dem Jahre 1743 zeigt.

Man hat gefragt, weshalb der Turm eigentlich an der Nordwestseite stand und nicht an der Südwestseite, wo der Weg zum heutigen Eingang doch kürzer war. Gab es vielleicht doch zwei Türme an der Westseite der Kirche? Aber zwei Türme müssen nicht unbedingt sein. Aber vor allem war der Baugrund an der Südwestecke der Kirche zu schlecht, so daß man dort keinen Turm errichten konnte.

Anhand der Baunähte kann man heute noch sehen, daß der Turm im Norden eine Seitenlänge von 4,34 Meter und im Westen von 3,97 Meter hatte. Das Innenmaß war im Norden 2,40 Meter und im Westen 2,20 Meter. Daraus ergibt sich, daß die Nordwand 0,87 Meter dick war und die Westwand 0,97 Meter. Die Innenfläche lag bei nur gut 5 Quadratmeter. Da ist an sich wenig Platz für eine Treppe. Platz mußte auch für die Glocke sein, denn Glocken wurden immer innen hochgezogen bzw. abgelassen.

Franz Brück vermutet wohl richtig, auf diesen Turm sei zum 600järigen Jubiläum der Kirche im Jahre 1390 ein Stockwerk für eine Glockenstube gebaut worden, in der ein oder zwei (oder gar drei?) aufgehängt wurden (Die Geschichte der Glocken ist schon beim heutigen Kirchturm behandelt worden).

Beim Bau der Mauer des nördlichen Seitenschiffs wurden einfach Kalkbruchsteine verwendet. Der alte Kirchturm wurde jedoch aus statischen Gründen vorwiegend mit behauenen

Kalksteinquadern gemauert. Die Gewände für Türen und Fenster sind aus Sandstein. Rechts neben dem neuen Fenster sind auch Basaltsteine vermauert. Bei der Renovierung der Kirche hat man außen am alten Turm extra den Verputz ausgespart, um das Bruchsteinmauerwerk mit Eckverstärkung hervorzuheben.

 

Unterer Eingang zum alten Turm:

An der Westseite des alten Turms kann man im Erdgeschoß die Reste eines Bogens erkennen. Dieser ist allerdings nur nachträglich vermauert, während die obere Öffnung einen schön gemauerten Bogen hat.  Es kann durchaus sein, daß es noch einen Eingang ins Erdgeschoß des Turms gab, dieses nach oben aber - wie im Narrenhaus - durch eine durchgehende Decke abgeschlossen war (Dann bliebe allerdings die Frage, wie man eine Glocke innen im Turm hätte hochziehen können, die Zwischendecke müßte also aus Holz gewesen sein) (Bilder in Schellmann III, Seite 88 und 89).

Franz Brück meint, der Turm ginge noch tiefer in den Boden und die Tür sei der Zugang zu einem Fluchttunnel gewesen. Dieser könnte nach seiner Meinung unterhalb der westlichen Kirchhofsmauer zum Schützenhäuschen verlaufen sein. Brück hat dazu geschätzt, wieviel Kalksteine man für den Bau des Turms brauchte. Dabei ist er auf eine Länge von 360 Metern für einen Stollen gekommen, in dem man so viele Steine gewinnen konnte. Dieser Gang habe bis zum Schützenhäuschen gereicht, das einen merkwürdig hohen Sockel hat, in dem der Fluchttunnel geendet habe könnte. Von dort aus wäre man aber auch im Rücken der Angreifer und könnte diese seinerseits angreifen.

Doch der Wegeverlauf vom alten Kirchturm zum Schützenhäuschen ist durchaus nicht gerade, bestenfalls die Straße westlich des Gemeindehauses verläuft in diese Richtung. Und der Einstieg müßte elf Meter tief gewesen sein, wenn man von einer gleichmäßigen Steigung ausgeht

Diesen Fluchttunnel gab es allerdings in anderer Form und er könnte auch von diesem Turm ausgegangen sein.  Wenn man vom alten Kirchturm in Richtung Nordosten eine Linie genau zwischen den Häusern Kirchberg 4 und 6 hindurch zieht, kommt man außerhalb der Ringmauer an die Stelle, wo im Zweiten Weltkrieg ein Löschwasserbecken angelegt wurde. Der Maurermeister Johannes Fischer ist dabei 1943 an der Ostseite des Beckens auf einen Verzweigungsraum des Hochstädter Tunnelsystems gestoßen, der schon einmal bei Brunnenbauarbeiten angeschnitten wurde. Er hat den Gang in Richtung Kirchhof etwa 20 Meter weit betreten. Ein zweiter Gang wird wohl von dem Verzweigungsraum zum Haus Nordstraße 2 geführt haben, wo ein Einstieg war. Ein dritter Gang könnte zur Nordseite des Grundstücks Wallgraben 4 (Gemeindehaus) geführt haben und von dort eventuell doch zum Schützenhäuschen.

Der Haupt-Gang aber führte genau unter Garage des Hauses Wallgraben 2 hindurch: Als man in der Garage noch eine Grube für die Reparatur von Autos anlegen wollte, stieß man auf den Gang und konnte nicht weiter graben. Und wenn man die Linie dann weiter verfolgt, kommt man über die Grundstücke Felsenkeller 7 und 9, wo auch verschiedene Stellen unterhöhlt sind. Endpunkt ist dann das Haus Felsenkeller 11 (das Wohnhaus vorne an der Straße), wo ein Einstieg in das Kalksteinhöhlensystem nördlich und nordöstlich von Hochstadt war (Näheres unter „Ringmauer, Felsenkeller“).

Die untere Tür kann auch nicht dem Zweck gedient haben, einen direkten Zugang zu der Treppe auf den Kirchenboden zu schaffen, die innen kurz hinter dem alten Turm begann. Durch die Tür wäre man ja nur in das Innere des Turms gekommen und nicht zu der Treppe im Kirchenraum. Außerdem ist der eigentliche (bis heute erhaltene) Kircheneingang im Westgiebel ja nur wenig entfernt und ermöglichte einen guten Zugang zu der Treppe auf den Kirchenboden. Besser geht man vom Vertrag vom 26. September 1743 aus, in dem der Maurer Weber aufgefordert wird, die „alte Turmtür“ und auch das „Fenster“ darüber zuzumauern

 

Oberer Eingang zum alten Turm:

Im Jahre 1390 wurde der Fluchtturm zum Kirchturm.  Die Schutzfunktion hatte ja zu dieser Zeit schon die Ringmauer übernommen.  Die zugemauerte obere Öffnung an der Westseite es alten Turms war also kein Fenster, denn das hätte man in der Mitte des Turms angebracht. Es handelt sich um die obere Turmtür in das erste Stockwerk. Diese ist mit etwa 1,60 Meter doch sehr niedrig und schmal, auch wenn die Menschen früher kleiner waren. Hier könnte also - wie in vielen Burgen - der Eingang in den Turm, gewesen sein, damit man einen letzten schwer erreichbaren Zufluchtsort hatte.

Eine Treppe hätte dann von außen einen Zugang geschaffen. Dieser wurde aber nicht - wie der Architekt Doll annahm - von den Bruch­steinfundamenten der Kirchhofsmauer (beiderseits des ehemaligen Wasserzählers) gerade zur Tür hinaufgeführt. Vielmehr muß die Treppe an der Mauer angelegen haben. Weil sie unten erst an den Stufen zur Treppe zum Westeingang beginnen konnte, mußte die Tür oben so weit nach außen gerückt werden. Aber sie ist gerade noch so weit von der Ecke des Turms entfernt, daß sie sich nicht mit der 87 Zentimeter dicken Nordmauer stört. Über diese obere Turmtür waren der Dachstuhl und die Glocken zu erreichen. Vom Oberstockwerk wird es auf der Südseite einen Durchgang zum Dachboden der Kirche gegeben haben.

 

Der Turm ist nicht im Dreißigjährigen Krieg abgebrannt, wie behauptet wurde. Vielmehr war er so baufällig, daß sich kein Schieferdecker mehr hinauf traute, so daß er auf alle Fälle abgetragen werden mußte. Aber dieser Plan war in der Gemeinde noch umstritten. Schließlich wurde 1743 der ganze Turm oberhalb des Kirchendaches abgerissen. Aber im Dachstuhl der Kirche befinden sich noch Reste der vier abgebrochenen Turmwände und auch im Inneren der Kirche kann man noch die Absätze in der Wand sehen. Die Südwand des Turms ist nach dem Mittelschiff zu dünner. Über dem Gewölbe ist der alte Turm noch mit Betonsteinen abgedeckt. Dort sind in Dachstuhlhöhe auch die Ansätze der ausgebrochenen Turmwände noch gut erkennbar.

 

 

 

Westwand der Kirche:

Die Westwand ist leicht schief verzogen und Nachfolgerin zweier früherer Westwände. Sie ist weitgehend verputzt, weil die dort verwendeten Kalksteine sehr gebröckelt haben. Der Weißbinder hatte an sich den Auftrag, nur die schadhaften Stellen in der Wand zu verputzen. Aber er hat das offenbar nicht richtig verstanden und hat die ganze Wand verputzt und nur einzelne Stellen freigelassen. Aber dadurch ist wenigstens die Wetterseite der Kirche besonders geschützt.                    

In der Westwand sind zwei zugemauerte Öffnungen und vier Fensteröffnungen. In der Giebelspitze sieht man ein mannshohes Fenster. Durch dieses konnte man kleinere Lasten auf den Dachboden bringen. Am 14. August 1606 hat nämlich Graf Philipp Ludwig von Hanau einen Kornspeicher „auf die Kirche“ machen lassen (Chronik Appel) Das war nicht ein Speicher auf dem Kirchhof, sondern in das Dachgebälk wurde ein Speicherraum eingebaut, wo Getreidesäcke gelagert worden. War das als Versorgungslager im Verteidigungsfall als gedacht? Zwölf Jahre später brach ja der Dreißigjährige Krieg aus. Im 19. Jahrhundert allerdings wurden dort nur Kartoffelkraut, Bohnenkraut und Stangen festgesellt. Weil man 1828 eine Brandversicherung abschließen will, fordert der Pfarrer, diese Gegenstände sofort zu entfernen.

Die westliche Eingangstüre ist einfacher gestaltet als das Südportal, besitzt aber auf der Außenseite abgeschrägte Kanten mit einer abgesetzten, schräg geführten Kurve am Übergang zum Sockel.                                               

 

Rechts sind dann in der Westwand zwei Fenster. Das obere schmale gotische Fenster auf der Höhe der Empore und der Orgel wurde von der Ostseite des Kirchenschiffs hierher versetzt, als man dort die südliche Seitenkapelle anbaute. Darunter ist ein halbrundes barockes Fenster.

 

Grabplatten:

Rechts vom Westausgang der Kirche ist die Grabplatte für Margreta Lommel eingelassen. Sie war laut Inschrift eine Pfarrfrau, die am 17. April 1580 gestorben ist. Ihr Mann war aber nicht in Hochstadt Pfarrer (vielleicht in Dörnigheim), sie hat wohl als Pfarrwitwe hier gewohnt. Der Name „Lommel“ kommt auch in einem Weinbergregister aus der Zeit vor den Kirchenbüchern vor

.

In der Kirchhofsmauer rechts vom Turm finden sich noch weitere Grab-Platten:

Erste Platte: Astinus Deinges, gestorben am 23. Juni 1571, 64 Jahre alt. Ein Hans Deinges ist später Gemeindewirt.

Zweite Platte: Peter Bricks (Brixius), Pfarrer in Hochstadt, gestorben am 2. Juni 1571, 41 Jahre alt, „ein Liebhaber christlicher Zucht und Wahrheit“.

 

Gegenüber dem Westausgang der Kirche befindet sich noch eine Grabplatte in der Mauer: Karl Valentin Müller, Sohn des Schulmeisters Philipp Jacob Müller und seiner Frau Magdalena geborene Caspari (erste Ehe), geboren am 20. Dezember 1782, gestorben am 21. April 1786 im Alter von 31 Jahren 4 Monate. Der Vater heißt in der Chronik Heckert „Johann Jacob Müller“, aber laut Kirchenbuch muß es „Philipp Jacob Müller“ heißen.

Vor diesem Stein liegt noch ein Sandstein auf dem Boden, der früher der Ableitung des Regenwassers aus den Abfallrohren der Kirche diente. In diesen Stein hat ein Soldat seinen Namen „Fehse“ und die Jahreszahl „1941“ eingeritzt, als Soldaten die Platten vor der Kirche ausbesserten.

Westlicher Anbau:

Franz Brück vermutet westlich der Kirche noch einen Anbau, der allgemein in Kirchen „das Paradies“ genannt wird. Der Raum hat etwa 2,20 Meter über die heutige Westwand hinausgereicht (lichte Weite zwei Meter). In dieser Vorhalle könnte man auch die weltlichen Besprechungen abgehalten und Verkündigungen vorgenommen und Gericht gehalten haben, solange man noch kein Rathaus hatte. Ein sogenanntes „Spielhaus“ hatte man schon 1490, das heutige Rathaus wurde 1593 erbaut. Brück meint sogar, es wäre später auch noch ein Oberstockwerk dazugekommen, von dem aus der Graf direkt in die Kirche hätte gehen können. Aber der Graf von Hanau war sicher selten in Hochstadt und dann ging es ihm vor allem um die Abrechnung der Weinernste. Und sein Quartier war das Herrschaftliche Haus in der Hauptstraße 10.

 

Südweste>An der Nordwestseite hat man einmal für den Wasseranschluß direkt an der Kirchhofsmauer aufgegraben, aber leider nicht an der Südwestecke. Hier vermutet Franz Brück aber eine Taufkapelle, denn in die eigentliche Kirche hätten nur die Getauften gedurft. Doch Ende des 8. Jahrhunderts war nicht mehr die Missionssituation. Bonifatius - der 754 gestorben ist - hatte die arianischen Christen schon römisch-katholisch gemacht.

Diese Ecke der Kirche ist aber aus einem anderen Grund interessant: Um einen ebenen Baugrund für die Kirche zu schaffen, mußte man den Hang ein Stück weit abgraben (deshalb liegt ja auch die Sakristei ein Stück höher). Die abgegrabene Erde füllte man dann südlich wieder auf. In Hochstadt liegt aber schon etwa zwei bis drei Meter unter der Oberfläche eine wasserundurchlässige Schicht im Boden, auf der diese aufgefüllte Erde abrutscht. Deshalb hat man an der Südwestecke schon die Mauer der Kirche verstärkt und 1768 die Strebepfeiler aufgemauert. Franz Brück meint dazu, die Taufkapelle habe man abgerissen, als die Kirche rutschte.

 

 

 

 

 

INNERES DER KIRCHE

 

Baugeschichte

Sicher hat es an der Stelle der heutigen Kirche schon eine frühere Kirche gegeben. Beim Heizungsbau im Jahre 1969 ließ der Architekt Karlheinz Doll die drei Heizungsschächte fotografieren, durch die verschiedene alte Mauern angeschnitten wurden. Leider wurde seinerzeit eine Gesamtaufnahme versäumt, so daß die Grabungsfotos nicht so leicht zuzuordnen sind.

 

Architekt Doll:

Der Befund unter dem Fußboden der Kirche ist laut Doll wie folgt: Neben den Bruchsteinsockeln von Chorbogen („Triumphbogen“) und östlichem Wandpfeiler der Südseite wurde an der Ostwand ein fast ein Meter breiter Mauerabsatz festgestellt, den man damals für eine altes Altarfundament hielt. Es reichte nicht bis zur südlichen Außenwand und übersetzte einen dünnen Längsmauerzug etwa in der Mitte des südlichen Seitenschiffs. Neben diesem Schacht grub man beim Heizungsbau einen anderen Schacht im südlichen Seitenschiff bis fast zur Westwand und bog dann ebenfalls nach Norden in das Mittelschiff um.

Unter dem Fußbodenniveau zweigte von der stärkeren, westlichen Wand eine Quermauer ab. Sie war etwa 80 Zentimeter breit und zog sich ehemals bis zur gegenüberliegenden Nordseite hin. Dieses Fundament passierte den Nordostpfeiler, der es teilweise übersetzte. Zur Außenwand hin schob sich neben dem Pfeiler ein ost-westlich laufender Mauerzug darüber, für Doll die ehemalige nördliche Hochschiffswand. Dann gibt es noch einen fast sechs Meter langen Mauerzug, eine derart große Strecke, daß dafür nur zwei Stellen in Frage kommen, nämlich auf der Südseite in Joch 2 oder im Mittelschiff bei Joch 3 in Querrichtung.

Innen vor der Westtüre und unter der Emporentreppe fanden sich Reste eines vermutlich spätmittelalterlichen Fußbodens (etwa 15 Zentimeter unter der Oberkante des Bruchsteinsockels des achteckigen Emporenpfeilers). Die quadratischen Platten mit einer Seitenlänge von etwa 18 Zentimeter waren diagonal zur Kirchenachse verlegt. Unter dem Treppenaufgang zweigte von einer Nord-Süd-Mauer ein Ansatz nach Westen ab.

An der Südwand auf der Grenze zwischen erstem und zweitem Joch kann man den heute noch sichtbaren Rücksprung um 10 Zentimeter im Mauerwerk verfolgen, das nach Osten hin schmaler wird. Für Doll ist dies der nach außen umbiegende Quer-Arm der Vorgängerkirche. Diese Mauer wäre dann in schwächerer Stärke gebaut worden, als man den Quer-Arm beseitigte.

Reinhard Schellmann meint dazu: Die ältere Mauer im Westen gehörte wohl zu einem Vorgängerbau. Der Sprung setzt sich nach oben bis über das Gewölbe hinaus fort. Im rechten Winkel dazu verlief bei der Öffnung des Fußbodens eine 80 Zentimeter breite Mauer durch das Mittelschiff bis an die Wand des nördlichen Seitenschiffs. Sie dürfte auch von einem Vorgängerbau stammen, der aber doch eher schmaler gewesen ist als die heutige Kirche (vgl. Schellmann III, Seite 117)

Nach Meinung von Doll wurde die Kreuzform eines früheren Gebäudes sichtbar, die der Zeit Ottos I. (936 – 973) zuzuordnen ist, also aus der Zeit vor der Jahrtausendwende stammt. Doll dachte an eine Basilika des 10. Jahrhunderts mit ausladendem Querhaus und drei Apsiden und mit zwei Westtürmen mit ausspringender Vorhalle. Die Fundamente ließen aber darauf schließen, daß die Mauern des alten Gotteshauses in den Bau der heutigen Kirche einbezogen wurden. Dieser teilweise Neubau mit Erweiterung kann aber nach Meinung von Doll noch nicht im 13./14. Jahrhundert erfolgt sein. Aber von außen ist keine Baunaht zu erkennen, wo im Inneren der Rücksprung ist, zumal hier der Strebepfeiler vorgebaut ist.

Für eine Dorfkirche erscheint ein solcher Bau auch als etwas zu hoch gegriffen. In der Wetterau besitzen die bescheidene Kirche in Trais-Münzenberg nur ein Nordseitenschiff und die Stadtkirche in Münzenberg nur ein Südseitenschiff, die Hochstädter Kirche hat jedoch zwei Seitenschiffe. Die alte Kirche war aber in Richtung Westen nicht länger als die jetzige, denn diese wurde erst durch die Fläche südlich des alten Kirchturms erweitert.

All diese Befunde ließen sich jedoch damals nicht zu einem verläßlichen Bild zusammenstellen. Wie ein Vorgängerbau ausgesehen haben könnte, ob er größer oder kleiner war, ließ sich nicht mehr klären. Dazu müßte wohl auch erst der ganze Fußboden unter der Kirche freigelegt werden.

 

Weitere Architekten:

Peter Feldmann aus Bad Homburg hat eine umfangreiche Baubeschreibung der Kirche vorgelegt und dabei auch eine Deutung der Grabungsbefunde versucht. Er konnte fünf Bereiche feststellen, aber einen sechsten Bereich konnte er nicht zuordnen (Erst der Architekt Brück hat diese Stelle hinter dem heutigen Altar identifiziert mit den Fundamenten für die Orgel, die zeitweise hier stand).

 

Auch der Hochstädter Architekturstudent Lars Nüthen hat im Jahr 2008 einen Aufriß angefertigt, der jetzt auch hinten in der Kirche aufgehängt ist. Er meint, zunächst sei im 10. Jahrhundert eine romanische Kirche erbaut worden. Der stärkste Hinweis darauf sei der Rücksprung über dem Chorbogen, hinter dem ein 25 mal 25 Zentimeter großer Balken zu sehen ist. Diese deute auf eine Balkendecke in der ganzen Kirche hin. Dieser Balken läßt sich auf dem Dachboden über den Gewölben der niedrigeren Seitenschiffe genauer betrachten. Im Westen ist ein entsprechender Balken heute von der Orgel ziemlich verdeckt. Er scheint tiefer zu liegen als der Balken über dem Chorbogen. Im 13. Jahrhundert sei die Kirche dann als spätgotischer, dreischiffiger Bau vollendet worden. Lars Nüthen urteilt: Letztendlich wird an vielen Stellen der Kirche deutlich, daß sie durch zwei Baustile geprägt ist und durch die Umbauten keiner klaren architektonischen Linie unterliegt. Durch die Ausmalung und die hervorgehobenen Merkmale wirkt sie im Inneren wie eine Kirche aus der gotischen Zeit.

 

Neue Deutung des Befunds durch Franz Brück:

Die sinnvollste und schlüssigste Deutung der Mauerreste unter der Kirche hat der Architekt Franz Christoph Brück aus Enkheim gemacht. Damit hat er die Diskussion ungemein bereichert und als Erster eine einleuchtende Baugeschichte der Kirche skizziert. Man kann aber nur Weniges durch Urkunden belegen. Deshalb muß man immer bedenken, daß es sich hier um Vermutungen handelt, die aber auf Hinweisen beruhen, auf „Indizien“, unter denen man einen auf zwingenden Begründungen beruhenden Beweis versteht. Wie in der Archäologie muß man vom äußeren Befund ausgehen. Aber mit einer gewissen Unsicherheit muß man sich dabei abfinden.

Ich rücke danach in einigen Punkten von meinen früheren Vermutungen ab, die ich aber auch nur von anderen übernommen habe. Vor allem läßt sich nicht mehr annehmen, daß die heutige Sakristei die Urzelle der Kirche war. Auch der Name „Kilianskirche“ muß neu bedacht werden.

 

Karl der Große:

Im Jahr 550 hat der Bischof Sidonius von Mainz die Georgskirche in Mainz-Kastell gegründet und von dort aus die Mission auf dem rechten Rheinufer organisiert. Es wurden weitere Missionskirchen gebaut wie die Krutzenkirche in Kalbach und die Bergkirche Seckbach in Richtung Bergen. In dieser Siedlungswelle entstanden die Dörfer auf „-heim“: Enkheim, Bischofsheim, Dörnigheim, Issigheim, Ostheim, Großauheim, Steinheim.

Eine zweite Siedlungswelle erfolgte unter dem Frankenkönig Karl (später Kaiser Karl der Große) um das Jahr 800. Hier entstanden vor allem Dörfer mit „-stadt“, wie Hochstadt, Kesselstadt, Butterstadt, Erbstadt. Damals erhielten die Dörfer eigene Kirchen, die aber zum Teil nur Filialkirchen anderer Kirchen waren.

Brück bezeichnet den fränkischen König Karl als Gründer der Kirche in Hochstadt und des dazugehörigen Dorfes im Jahre 790. Aber das ist ja nur das vermutete Gründungsdatum, nicht durch Urkunden belegt. Dörnigheim muß also nicht um seinen zeitlichen Vorrang fürchten. Es ist zwar erst im Jahre 793 erstmals urkundlich erwähnt (Frankfurt 794), aber es ist auch sicher älter als die erste urkundliche Erwähnung.

Das Jahr 790 paßt gut zu den Lebensdaten des Königs Karl. Der König hatte im Jahr 788 den Aufstand des Bayernherzogs Tassilo III. niedergeschlagen und war 789 gegen die Slaven gezogen. Im Jahr 789 hat er auf der Maaraue einen Streit zwischen zwei Grundherren geschlichtet und ein entsprechendes Dokument gesiegelt, in dem der Ort Kostheim erstmals erwähnt wird. Anschließend hat er zum 100. Todestag Kilians die Kilianskirche in Kostheim mit eingeweiht.

In den Reichsannalen heißt es zum Jahr 790: „Um nicht den Eindruck zu erwecken, er sei im Nichtstun erschlafft und vertrödele die Zeit, fuhr der König zu Schiff den Main hinauf nach Salz, seiner Pfalz, die er oben am Fluß Saale erbaut hatte“. Im Jahre 790 besuchte Karl also erstmals die Pfalz Salz in der Nähe von Bad Neustadt an der (fränkischen) Saale. Diese bestand schon etwa seit 741 / 743 und wurde vielleicht von Karl als Vorposten gegen die Slaven ausgebaut.

Auf dem Hinweg zu seiner Pfalz Salz im Juli 790 kam König Karl auf dem Main auch ganz nahe an Hochstadt vorbei. Es könnte durchaus sein, daß er bei dieser Gelegenheit zusammen mit dem Bischof von Mainz die neue Kirche in Hochstadt eingeweiht hat. Die Weihe der Kirche war auch der Abschluß der Ortsgründung. Davon ist jedenfalls Brück fest überzeugt, weil Karl ja der Gründer der Kirche war. Als König und Leiter der zweiten Siedlungsphase sei er verpflichtet gewesen, der Weihe der Kirche beizuwohnen.

Der Bau zweier Kirchen in Kostheim und Hochstadt ist auch Ausdruck der Dankbarkeit des Königs für den Sieg gegen die Bayern und Slaven. Im Jahre 791 zog er gegen die Awaren, im Jahr 793 begann er den Rhein-Main-Donau-Kanal und 794 war die Synode in Frankfurt, an der er teilnahm.

 

Brück will auch noch die Urzelle des Dorfes Hochstadt gefunden haben: Er hat die Mittelachse der Kirche nach unten verlängert und einen Teil des heutigen Ortes in drei Quadrate mit je 180 Königsfuß Länge eingeteilt – sinnbildlich für die Heilige Dreifaltigkeit. Die Neigung der Quadrate entspricht noch heute der Richtung der Fluren oder der Guldnergasse (obwohl diese nicht einen Rand eines Quadrats bildet).

Das östliche werde gebildet von der Kirche mit dem ellipsenförmigen Kirchhof (unter Einbeziehung einiger Häuser westlich der Kirche). Das nächste Quadrat sei noch freigeblieben und das dritte Quadrat sei dann die Urzelle von Hochstadt gewesen. Dieses untere Quadrat soll aus fünf Grundstücken bestanden haben, die heute alle den Gasthof „Zur goldenen Krone“ bilden (Hauptstraße 18, Rathausplatz 4). Die Kirche habe für sich allein oben auf dem Berg gestanden. Rund 30 Einwohner hätten die erste kleine Kirche gefüllt, die also mehr eine Kapelle war. Ursprünglich habe man ein Straßendorf geplant. Aber schon bei der ersten Erweiterung hat man das nicht weiter verfolgt und vor allem die Südseite der Hauptstraße ist nicht mehr nach diesem Schema aufgebaut.

Nun sind zwar im Bereich der Hauptstraße 18 bis heute fünf Grundstücke. Doch davon liegen drei an der Hauptstraße und zwei dahinter an der Bogenstraße, also nicht parallel nebeneinander, wie Brück das gezeichnet hat. Allerdings ist der Ostrand dieser Grundstücke die Grenze zwischen Oberdorf und Unterdorf (Linie Brunnenstraße zu der Stichstraße westlich des Hauses Bogenstraße 20). Überlieferung in Hochstadt ist, daß sich der Ort von der Kirche aus nach unten entwickelte und zuerst das Oberdorf bebaut war, während das Unterdorf noch frei war. Es könnte auch durchaus zuerst das zweite Viereck bebaut worden sein.

Brück meint aber, der Ort habe weiter unten gestanden, weil man lieber im flachen Gelände gebaut und den Hang erst später in Angriff genommen habe. Er muß auch zugeben, daß das untere Quadrat eine Abweichung von 5 Grad hat, was aber auf eine Erweiterung auf das Marienpatrozinium schließen lasse.

 

Orientierung der Kirche:

Daß Kilian der Kirchenpatron war, darauf deutet noch ein weiterer Umstand: Man sagt immer, die Kirchen seien nach Richtung Osten erbaut, weil man von dort die Auferstehung

Christi erwartete. Sie weichen aber mehr oder weniger von dieser Richtung ab, weil man sie auch einem oder zwei Heiligen widmen wollte. Dabei spielte die Richtung des Sonnenaufgangs am Gedenktag des Heiligen eine Rolle.

Zunächst galt es, die exakte Ostrichtung festzustellen. Dazu steckte man einen Stab senkrecht in den Boden und zog dann einen Kreis um ihn im Abstand, wie weit die Spitze des Schattens reichte. Wenn der Schatten dann wieder diesen Kreis erreichte, hatte man genau die Himmelsrichtung Westen. Dabei sollte die Fläche des Kreises aber möglichst eben sein. In Hochstadt spielte das aber keine so große Rolle, weil der Hang nur nach Süden abfällt. Heute gibt jede Landkarte – ob in Papier oder digital – die genauen Himmelsrichtungen an.

 

Dann ging es um die Abweichung von der Ostrichtung, weil man die Kirche einem Heiligen widmen wollte. Wo am Gedenktag des Heiligen die Sonne aufging, dorthin wurde die Kirche ausgerichtet. Die Sternwarten der Bistümer hatten schon damals die Daten für den Sonnenaufgang an allen Tagen des Jahres. In Hochstadt sollte die Kirche dem Heiligen Kilian gewidmet sein. Also hätte man sie entsprechend der Abweichung in Mainz (nicht Hochstadt) ausrichten können.

Nun steht aber die Hochstädter Kirche in Wirklichkeit in einem Winkel von 26 Grad abweichend von der Ostrichtung. Daraus schließt man, daß sie noch einem anderen Heiligen gewidmet war. Dafür wäre neben Kilian auch Martin von Tours in Frage gekommen.  Diese Kombination wurde aber schon in Kostheim verwendet, denn diese Kirche weicht um 9 Grad von der Ostrichtung ab.

Das wäre auch in Hochstadt günstiger gewesen, denn dann wäre man im Nordosten nicht so sehr in den Berg hineingekommen. Weil diese Möglichkeit aber schon für Kostheim vergeben war, widmete man die Kirche in Hochstadt außer Kilian noch dem Heiligen Dionysius von Paris, dem Missionar Galliens, bei dem die Abweichung plus 10 Grad beträgt. Aus der Kombination von minus 36 Grad und plus 10 Grad ergibt sich dann eine Abweichung von minus 26 Grad. Das bedeutet, daß die Kirche um 26 Grad nach Norden abweichend von der exakten Ostrichtung verschoben ist.

 

Diese Orientierung kann man heute nachprüfen auf der Internetseite „www.stadtklima-stuttgart.de/klima.sonnenstand“, die eigentlich für die Berechnung gedacht ist, ob sich Photovoltaikanlagen lohnen. Hier kann man die Abweichung des Sonnenaufgangs auch für andere Städte ablesen. Man klickt zunächst auf „Städte in der BRD“ und stellt rechts unter „Ort“ auf „Mainz“ als die für Hochstadt nächstgelegene Bischofsstadt Mainz ein. Als Datum gibt an zunächst den Kilianstag ein. Dieser ist nach dem heutigen Kalender der „12.07.0790“ (julianisch 8. Juli). Dann geht man auf die Schaltfläche „Berechnen“ (in der Mitte). Unter „Erläuterungen“ erscheint dann ganz unten „Himmelsrichtung bei Sonnenaufgang“ und die Zahl 53 Grad 17 Minuten, also rund 54 Grad. Die Differenz zu 90 Grad beträgt dann 36 Grad.

Der Tag des Heilige Dyonisius ist der 13. Oktober. Wenn man also die Abweichung an diesem Tag feststellen will und „13.10.0790“ eingibt, wird ein Wert von 100 Grad 54 Minuten angezeigt, also rund 10 Grad über 90 Grad. Aus der Kombination von minus 36 Grad und plus 10 Grad ergibt sich dann eine Abweichung von minus 26 Grad.

 

Um solche Orientierungen analysieren zu können, muß man sich schon mit der Materie ausgiebig beschäftigen, meint Brück. Erst wenn man viele Ausrichtungen analysiert hat, gewinnt man eine Vorstellung davon, was üblich war, wie also Kirche oder Landesherrn oder wie Merowinger oder Karolinger orientiert haben. Es kommt letztlich darauf an, eine schlüssige Lösung zu finden.

 

 

Ob diese Abweichung wirklich in Hochstadt angewendet wurde, stellt man folgendermaßen fest: Auf Google Earth gibt man den Ort „Maintal-Hochstadt Kirche“ ein. Auf der Leiste oben in der Mitte ist das Werkzeug „Lineal“. Dieses klickt man an und es erscheint eine neue Schaltfläche. Auf dieser schaltet man den Mauszeiger aus und zieht eine Linie entlang des Firsts des Kirchendaches. Auf der Schaltfläche erscheint dann die Zahl 63 Grad 51 Minuten. Das bedeutet also minus 26 Grad im Verhältnis zu 90 Grad. Um diese Grade ist die Kirche nach Norden verschoben. Bei jeder künftigen Erweiterung oder bei einem Neubau wurde diese Ausrichtung immer beibehalten.

Die Kirche in Hochstadt ist also nach Brück dem Heiligen Kilian und dem Heiligen Dionysius gewidmet, vor allem aber Kilian. Der vorreformatorische Name „Kilianskirche“ wäre also berechtigt, auch wenn er heute an sich nicht mehr gebraucht wird, weil es sich um eine evangelische Kirche handelt.

 

Der Heilige Kilian:

Eine Kirche wurde damals einem Heiligen gewidmet. In Hochstadt soll das in erster Linie der Heilige Kilian gewesen sein. Dieser war ab 686 ein Missionsbischof ohne festen Bischofssitz und erlitt schon 689 den Märtyrertod in Würzburg. Im Jahre 742 wurde Würzburg zum Bistum und 752 wurde Kilian zum Bistumsheiligen bestimmt (aber zunächst nur im Bistum Würzburg). Als Papst Hadrian dann Mainz zum Erzbistum erhob, wurde Würzburg ein Bistum im Bereich dieses Erzbistums.

Im Jahre 788 wurde Kilian zum Reichsheiligen erhoben. Erst seitdem war es möglich, ihn auch zum Schutzpatron einer Kirche außerhalb des Bistums Würzburg zu machen. So wurde 789 zum 100. Todestag Kilians erstmals eine Kirche außerhalb des Bistums Würzburg dem Kilian gewidmet, nämlich die Kirche in Mainz-Kostheim im Winkel der Mündung des Mains in den Rhein. Urkundlich erwähnt ist sie allerdings erst 880 / 882, als sie dem Salvatorstift in Frankfurt geschenkt wurde. Allerdings wird sie auch hier als „Königskapelle („capella regis“) bezeichnet.

Ein Jahr später als Kostheim folgte dann 790 die Kirche in Hochstadt, weil sie die einzige weitere Kilianskirche im Bistum Mainz ist (Es gibt zwar noch zwei weitere Kilianskirchen im Bistum Mainz, nämlich in Aschaffenburg-Nilkheim und in Nierstein, aber diese Bezeichnungen sind erst später hinzugekommen).

 

Die Kirche wird urkundlich erstmals im 13. Jahrhundert in dem Lehensverzeichnis Gerhard III. von Eppstein erwähnt. In dieser Aufstellung von Grundbesitzverhältnissen wird die Lehensübertragung von Graf Poppo von Wertheim (1165-1212 nachweisbar) an Gerhard III. von Eppstein beschrieben. Der lateinische Text lautet: „Item de comite Bapone curiam unam in Hohinstat et investituram ecclesie eiusdem loci“. Zu Deutsch: „...weiterhin vom Grafen Poppo ein Hofgut in Hochstadt übertragen und das Recht an der Kirche dieses Ortes den Pfarrer einzusetzen“

Wahrscheinlich kurze Zeit später hat Gerhard III. seine Rechte und die damit verbundenen Einkünfte aus den Ländereien als Unterlehen an die Herren von Karben weitergegeben, die ihrerseits wieder kleinere Anteile des Grundvermögens an verschiedene Personen verpachtet haben. Nach dem Aussterben der Familie von Karben 1729 fiel das Patronat an das Erzbistum Mainz. Es fiel aber nur deshalb an Mainz, weil dieses schon vorher der Ober-Lehnsherr war und damit wohl auch Poppo von Wertheim belehnt hatte.

 

 

In einer Urkunde im Staatsarchiv Marburg vom 29. Oktober 1499 wird gesagt, daß Heinrich Genseler von Helfferich für die „ecclesia sancti Kiliani martyris“ (die Kirche des heiligen Märtyrers Kilian) in Hochstadt ein ewiges Stiftungsgeld aussetzt hat. Auf dem Altar der Maria Magdalena sollen in Zukunft drei Messen gelesen werden, die mit Häusern, Einkünften und Grundstücken zu Hochstadt, Dörnigheim, Mittelbuchen und anderen Orten ausgestattet werden.

Man hat diese Urkunden angesehen als nachträglichen Versuch des Bistums Würzburg, diese Kirche für sich zu beanspruchen, auch wenn kein Rechtsanspruch darauf bestand. Aber Brück meint, so ganz unrecht hat Würzburg damit wohl nicht, wenn die Kirche seit ihrer Gründung diesen Namen trug. In Würzburg wußte man wohl noch um diese alte Widmung und wollte sie nun für seine Zwecke ausnutzen, auch wenn die Widmung durch Mainz geschehen war. Die Kirche ist aber nicht im Jahr 1499 dem heiligen Kilian geweiht worden, denn geweiht wurde sie ja schon bei ihrer Fertigstellung. Schon gar nicht ist die Kirche in Hochstadt von Kilian gegründet worden.

 

Der Kilianstag am 8. Juli (nach dem julianischen Kalender, nach dem gregorianischen Kalender am 12. Juli) paßt zu dieser Namensgebung, denn um diese Zeit findet das Kirchweihfest statt. Die Einweihung der Kirche könnte durchaus am Kilianstag gewesen sein. Dieser fiel im Jahre 790 auf einen Donnerstag. Eine Weihe wird natürlich gern am Sonntag vorgenommen werden. Aber der Tag des Kirchenheiligen ist natürlich auch ein starkes Argument. Dazu kommt der Reiseplan des Königs, der gerade den Main hinauf fuhr und schnell mal von Dörnigheim (das ja schon länger bestand) zu seiner neuen Gründung kommen konnte. Vielleicht spielte aber auch der Wunsch eine Rolle, an diesem Tag ein großes (weltliches) Fest zu veranstalten, das vielleicht nicht zum Sonntag gepaßt hätte. Das Kirchweihfest wird bis heute am zweiten Sonntag im Juli gefeiert. Dazu paßt auch wieder der Kilianstag (8. Juli julianisch bzw. 12. Juli gregorianisch).

 

 

Doch diese Ableitung von Brück muß man doch kritisch sehen. Er geht von der Behauptung aus, die Kirche sei eine Kilianskirche. Also müßte die Kirche auch nach Kilian ausgerichtet sein, also minus 26 Grad. Sie hat aber eine Ausrichtung vom 36 Grad.  Deshalb wird Dionysius von Paris als zweiter Heiliger herangezogen, der eine Abweichung vom 10 Grad plus hat. Doch dieser kommt im Zusammenhang mit der Hochstädter Kirche nirgends vor. Hier war mehr der Wunsch der Vater des Gedankens. Hätte man nichts von Kilian gewußt, hätte man wohl die minus 36 Grad Abweichung einem anderen Heiligen zugeordnet (und nicht zwei Heiligen).

 

Es gibt auch die Vermutung von Restaurator Pracher, die Kirche bzw. deren Vorgängerbau sei den „Zehntausend Märtyrern“ geweiht, die ihn der Sakristei dargestellt sind. Diese Geschichte von den Märtyrern ist nicht historisch, sondern in der Zeit der Kreuzzüge entstanden zur inneren Stärkung der Kreuzritter. So richtig populär wurde die Geschichte erst um 1500, also in der Zeit, als die Kirche ausgemalt wurde. Die Malereien in der Sakristei waren aber nicht schon bei der Gründung der Kirche vorhanden und können deshalb nicht die Namensgebung bewirkt haben. Außerdem gibt es verschiedene Angaben für den Gedenktag der Zehntausend Märtyrer, nämlich 22. Juli und auch der 22. Juni angegeben. Das alles paßt nicht zum zweiten Sonntag im Juli und dem Datum der Kirchweihe.

 

 

Die Abfolge der Kirchenbauten (laut Franz Brück):

 

1. Eine erste romanische Kirche stand im westlichen Teil der Kirche, von dem heutigen Westeingang etwa vier Meter nach rechts und etwa sieben Meter nach Osten. Von dieser Kirche gibt es keine Steinfundamente, denn vor dem Jahre 1000 gab es in unserer Gegend nur Holzbauten, bei denen die Schwellen auf Holzpfosten aufgesetzt waren.

 

2. Die zweite Kirche reichte schon etwa neun Meter in die heutige Kirche hinein und reichte in der Breite fast bis an die heutigen Pfeiler (bei Brück rot dargestellt). Sie war eine offene Halle und hatte einen Querbau. Weil sich aber Risse zeigten, baute man in engem Abstand eine weitere Kirche drumherum. Oder ging es vielleicht auch darum, einen Fachwerkbau durch einen Steinbau zu ersetzen?

 

3. Die dritte Kirche war nur unwesentlich größer (bei Brück hellgrün eingezeichnet). Die Mitte des heutigen Kirchenschiffs wurde erreicht und der heutige Hintereingang markierte jetzt die Mitte der Kirche. Damit ist auch der Fundamentzug quer durch die Kirche erklärt (der allerdings nur im Süden und Norden durch die Heizungskanäle angeschnitten wurde):

Er ist die Ostwand dieser dritten Kirche. Diese Kirche hatte einen kleineren quadratischen Chorraum und die Westwand war etwas weiter nach außen gerückt als vorher. Eventuell erhielt die Kirche jetzt schon Seitenschiffe in Art einer Basilika. Dann muß aber auch der (alte) Kirchturm dazugekommen sein, denn man hätte nicht wieder einen Teil des Seitenschiffs abgerissen, um dort einen Turm zu errichten. Es kann aber auch sein, daß Seitenschiffe und Turm erst im nächsten Bauabschnitt angefügt wurden.

 

4. Die vierte Kirche entstand in der Zeit um 1100 und war noch ganz im romanischen Baustil erbaut. Jetzt wurden die Außenwände der Seitenschiffe erhöht auf die heutige Höhe. Die Kirche erhielt wieder eine neue Westwand und wurde bis zur heutigen Ostwand des Kirchenschiffs vorgezogen.

 

5. Die fünfte Kirche entstand im Jahr 1290, genau 500 Jahre nach der Weihe der ersten Kirche. Dazu wurde der jetzige Chorbogen geschaffen und ein Chorraum angefügt. Dieser viereckige Chorraum war kleiner als der heutige. Aber wenn der Chorbogen gotisch ist, dann war es auch der Chorraum. Er ragte bis zur Hälfte des heutigen Chorraums in diesen hinein und war so breit wie der Chorbogen.

Die Jahreszahl an diesem Bogen lautet 1290. Die zweite Ziffer sah man früher als eine halbe Acht an. Aber es ist deutlich der untere Querstrich der Zwei nach rechts zu sehen. Dieser Querstrich liegt tiefer als die Verlängerung des oberen Kreises einer Acht. Es fehlt auch ein entsprechender Querstrich nach links für eine halbe Acht. Bei der Ausmalung der Kirche war diese Zahl schon vorhanden und wurde zum Teil übermalt: Das Teufelchen ist über die „0“ gemalt). Hier muß also die Jahreszahl „1290“ gestanden haben, Diese Jahreszahl ist ein weiterer Hinweis darauf, daß die erste Kirche im Jahre 790 erbaut wurde.

 

Wie es in Kirchen üblich war stand die Kanzel rechts, auf der sogenannten „Epistelseite“, von der auch am Altar die Texte aus den Briefen des Neuen Testaments („Epistel“) verlesen wurden. Der Aufgang erfolgte auf einer geraden Treppe von rechts. Das Fundament der Kanzel hat man beim Heizungsbau gefunden (es ist also kein Altarfundament). Die Kanzel war etwas niedriger als die heutige Kanzel und wurde auf die andere Seite versetzt, als man die Süd­-empore der Kirche einbaute.

Schräg rechts vorne von der alten Kanzel ist nach Meinung von Franz Brück das Ehepaar Jaekel bestattet, denn dieser Pfarrer war schon vor der Reformation seit 1520 verheiratet und war vielleicht der erste, der schon reformatorisch gepredigt hat. Erstmals erwähnt wird er 1539 als Stellvertreter des offiziellen Pfarrstelleninhaber Rudolf Forstmeister und 1542 als Stellvertreter für Eitel von Carben. Stelleninhaber war er von 1543 – 1547. Ganz sicher evangelisch gepredigt hat aber Ulrich Buchner ab 1549.

 

Immer noch für sich allein stand auf dem Kirchhof ein Gebäude, das wohl ein „Beinhaus“ war, also dem Lagerraum für auf dem Friedhof ausgegrabene Knochen, auch „Kerner“ genannt. Es hat ein Tonnengewölbe, das etwas niedriger ist als der heutige Chorraum, hat aber keinen gewinkelten Chorschluß. Der Boden ist etwa 60 Zentimeter höher als der der Kirche. Das Fundament kann man links neben der Kanzel noch erkennen, dort geht die Wand nicht gerade nach unten, sondern etwas schräg in Richtung Kirchenschiff.

Der Chorraum der Kirche reichte noch nicht bis an dieses Gebäude heran. Deshalb muß es einen kleinen Übergang zu diesem Haus gegeben haben. Dieses gestaltete man 1290 zu einer Laurentiuskapelle um (Brück meint, die Herren von Carben hätten den Altar dazu gestiftet und hätten damit dann auch das Recht erhalten, den Altaristen für diesen Altar einzusetzen).

Die Frage ist dann, ob die Malereien auch schon aus dieser Zeit sind. Unter den Heiligen an der Wand ist nämlich Laurentius dargestellt, in der unteren Reihe der Zweite von links mit dem Bratrost (ein Hinweis auf die Art seines Märtyrertodes). Diese Darstellung paßt doch gut zu einem Laurentiusaltar. Aber die Malereien in der Sakristei sind  ganz anders als die Blumenmalerei in der Kirche.

 

Auch die südliche Kapelle wurde im Jahre 1290 angebaut, weil man ja nun ein neues Beinhaus brauchte.  Der Raum ist quadratisch, hat die Größe wie heute und war mit einem Kreuzrippengewölbe versehen. Beim Bau der südlichen Kapelle wurde das schmale Fenster von der südöstlichen Stirnseite des Kirchenschiffs an die Südwestseite des Kirchenschiffs versetzt, um dorthin mehr Licht zu bringen.

Die Kapelle war nach der Kirche zu offen, eine Tür zum Chorraum ist unwahrscheinlich trotz einer Baunaht im Chor. Aber der Raum hatte einen Zugang von außen. Die Außentüre auf der Südseite entspricht nämlich stilistisch der Türe zur Sakristei. Der Zugang ist von außen, denn der Priester konnte seine Seelenmesse oder „Stille Messe“ auch ohne Gemeinde lesen (die Kapellen waren ja auch für die Gemeinde nicht einsehbar). Die Kapelle mußte auch deshalb einen gesonderten Zugang haben, weil der Boden des Chorraums höher war.

 In vorreformatorischer Zeit setzte man den Chorraum ja gern durch seine Höhe von der Gemeindekirche ab. Diese Ansicht wird noch gestützt durch die Tatsache, daß das Grab der Tochter des Pfarrers Filber links vor dem früheren Hochaltar heute nur 60 Zentimeter tief liegt, während die beiden Gräber rechts vorne im Mittelschiff ungefähr 150 Zentimeter tief liegen. Erst mit der Entfernung der alten Altäre hat man dann wohl den Boden tiefer gelegt und den Altar mehr nach vorne gerückt. Heute wird die ehemalige Seitenkapelle als Abstellraum und Heizungsraum genutzt.

 

6. Die heutige Kirche ist die sechste Kirche an dieser Stelle. Angeregt wurde sie um das Jahr 1490, also 700 Jahre nach der Weihe der ersten Kirche. Damals wollte das Erzbistums Mainz die Kirche erweitern und im Stil der neuen Zeit gestalten.

 

Eine Mainzer Urkunde von 1489 lautet (Wiedergabe im Archiv Schellmann): „14. August 1489: Wolf von Bicken, Generalvicar des Erzbischofs Berthold vom Mainz, verurteilt in Sachen des Mainzer Fiscals gegen das Nonnenkloster zum Throne, den Pfarrer Heinrich Genseler, Ritter Emmerich von Carben, dessen Neffen, die Edelknechte Hermann und Carl von Carben und alle Zehntherren in hoenstad, daß die Verklagten verpflichtet seien, den Chor der Pfarrkirche zu Hoenstadt herzustellen. Zeugen: Mag. Nicolaus Eltvel und Johann Crauwel, Mainzer Prokuratoren, Zeichen des Notars Eberhardi aus Königsberg“ [Ein Kloster Thone gab es in Mainz, aber hier ist wohl eher das Kloster Throne bei Wehrheim im Taunus gemeint]. Mit dem Jahr 1489 wird eine Kirche erstmals wieder nach dem 13. Jahrhundert urkundlich gesichert erwähnt.

Es wurde damals nicht die Ausmalung der Kirche gefordert (wie man immer wieder lesen kann), sondern erst einmal die „Herstellung“ des Chors. Es geht also um den Bau in mehr gotischem Baustil und deutlich größer als der vorherige Chorraum. Außerdem geht es um die Einwölbung des Chores mit seinen beiden Seitenkapellen. Nördlich des Chorraums wurde das frühere Beinhaus (und spätere Laurentiuskapelle) zur Sakristei ausgebaut, denn sie reichte ja jetzt direkt an den Chorraum heran.

Der Bau der Gewölbe und die Ausmalung sind wohl in nahen zeitlichen Zusammenhang erfolgt, denn die Al-Fresco-Technik erfordert ja nassen Putz, auf den gemalt wird. Franz Brück meint allerdings, so eine große Aufgabe hätte man schon ab etwa 1480 anpacken müssen. Zu den Malereien in der Sakristei vergleiche das Kapitel „Malereien“.

 

Pfarrer“ oder „Pastor“:

Franz Brück sieht einen Unterschied in den Amtsbezeichnungen „Pastor“ und „Pfarrer“ und sagt, erst nach der Reformation habe man beides gleichgesetzt. Er schreibt dazu: „Priester werden unterschieden als Weltpriester (Leutpriester, Pleban) oder als Ordenspriester (Mönch, Kanoniker). Erstere unterstehen direkt der bischöflichen Aufsicht, während letztere der ihres Ordensoberen unterstehen.  Wenn jedoch ein Ordenspriester (wie Genseler) ein Amt in der Gemeinde ausübt, untersteht er im Rahmen dieser Tätigkeit, wie der Weltpriester, der bischöflichen Aufsicht. Im 14. Jahrhundert kam für die in einer Gemeinde tätigen Priester die Bezeichnung Pastor auf. In diesem Sinne kann also auch Genseler als Pastor bezeichnet werden, da er in der Gemeinde ein Amt ausübt. Umgekehrt ist aber nicht jeder Pastor ein Pfarrer. Eine Gemeinde kann mehrere Pastoren haben, aber nur einen Pfarrer. Genseler war in Hochstadt von Anfang an Pfarrer!“

Und noch einmal: „Das was Sie in Hochstadt ‚Plebanstelle‘ nennen, ist meines Erachtens die Stelle des stellvertretenden Pfarrers (Vikarie). Die Priester in einer Gemeinde sind wie Emmel im Normalfall Plebane (Leutpriester, Weltpriester), aber ausnahmsweise auch Kanoniker (Ordenspriester) wie Genseler. Pleban ist also keine Stellenbezeichnung“.

 

In dem Eintrag vom 8. August 1487 über einen Grundstücksverkauf an Genseler wird Genseler als „Pastor“ bezeichnet. So nennt ihn der Siegler, Philipp von Rumpenheim, der sich selber auch als „Pastor zu Rumpenheim“ bezeichnet. Dieser Grundstücksverkauf wird aber erst rechtskräftig am 14. August 1489, als der Notar Mathens Eberhard aus Königsberg sein Zeichen darunter setzt. Hier wird Heinrich Genseler als Pfarrer von Hochstadt bezeichnet. Brück will aber daraus nicht lesen, daß Genseler zwischen 1487 und 1489 zum Pfarrer aufgestiegen ist, sondern er hält die Bezeichnung „Pastor“ in der Urkunde von 1487 für einen Fehler (vielleicht des Schreibers).

 

Aber in so wichtigen Dokumenten darf man doch keine Fehler machen. Sicher haben alle Beteiligte es gelesen, und auch der Notar ist ja gerade dazu da, die Richtigkeit zu überprüfen und zu bescheinigen. Aus diesem Wechsel kann man nicht lesen, daß Genseler noch nicht „Pfarrer von Hochstadt“ war. Der Pfarrer von Rumpenheim war im gleichen Rang wie der Pfarrer in Hochstadt, beide Begriffe wurden gleichwertig behandelt. Auch wenn in den späteren Urkunden nur die Bezeichnung „Pastor“ vorkommt, ist das nicht überzeugend. Der Wechsel der Bezeichnungen zeigt gerade, daß beide Bezeichnungen gleichberechtigt waren. Würdwein schreibt auch ganz lapidar: „Hochstadt hat einen Pastor und einen Plebanus und sonst nichts!“.

 

Es hat also einen Pfarrstelleninhaber im Leonhardstift in Frankfurt gegeben und einen Leutpriester, der vor Ort die Arbeit macht. Brück hat insofern recht, daß es keine eigene Stelle für einen Pleban gab, sondern Pleban war nur die Dienstbezeichnung für den Pfarrer, die seinen Rang anzeigt. Er war der Stellvertreter des Stelleninhabers vor Ort. Ob man ihn deshalb als „Vikar“ oder „Pfarrvikar“ bezeichnen sollte (wie Brück das tut), ist fraglich.

 

Aus der Urkunde von 1489 geht auch hervor, daß das Erzbistum Mainz schon damals das Lehen auf dem Weg über das Kloster Thron an die Herren von Carben vergeben hatte. Diese waren nunmehr Nutznießer gewisser Grundstücke in Hochstadt, die dem Erzbistum gehörten. Als Gegenleistung wurden sie zu Bau und Erhaltung von Chor und Pfarrhaus verpflichtet. Aber auch das Kloster Thron als eigentlicher Lehensnehmer und alle Zehntherren von Hochstadt werden verpflichtet.

 

Mit den „Zehntherren“ sind die Empfänger des Zehnten gemeint (nicht die Zehntzahler). Über Unterverlehnung („Afterlehen“) und den Erwerb von „Gülten“ (Pachten) gab es im Laufe der Zeit einige Personen, die Anteile am Patronat des Chores hatten und somit sich den Zehnten entsprechend teilten. Pfarrer Genseler selbst hat übrigens einige Gülten aufgekauft und somit Patronatsrechte erlangt (wie das Recht der Präsentation eines Pastors, der nach Bestätigung durch das Archidiakonat eingesetzt wurde). Er wird also vielleicht nicht nur als Pfarrstelleninhaber verpflichtet, sondern auch als Empfänger eines Teils des Zehnten.

 

Die Wappen in der Kirche in Hochstadt:

Die Wappen in einer Kirche können Auskunft geben über das Alter der Kirche bzw. einen bestimmten Bauabschnitt, denn es war damals üblich, daß man das Wappen des Auftraggebers in der Kirche anbrachte. Sicherlich hat der Landesherr wiederholt einen großen Teil der Kosten übernommen, er war ja auch der eigentliche Eigentümer der Kirche.

Das Wappen des Hanauer Grafenhauses mit den roten Sparren auf goldenem Grund taucht in Stein gehauen oder gemalt über 15-mal in der Kirche auf. In der Hochstädter Kirche kann es jedoch nur darum gehen, das Alter des jetzigen sichtbaren Zustands des Chors der Kirche zu bestimmen, aber in dem Bewußtsein, daß der größte Teil der Kirche älter ist, als es die Wappen angeben.

Das erste Wappen der Herrschaft und der Grafschaft Hanau war seit Reinhard I. ein steigender Löwe, wahrscheinlich mit roter Zunge und nach links gewandt. Ein solcher Löwe findet sich heute noch auf dem Wappen der Stadt Hanau, allerdings seitenverdreht und von sieben Kreuzchen umgeben (rechts sind dann die roten Sparren auf goldenem Grund - die Darstellung im Scheiblerschen Wappenbuch „goldene Sparren auf rotem Grund“ ist falsch).

 

 

Das Wappen der Stadt ist zu unterscheiden von dem Wappen der Grafschaft. Nachdem Ulrich I. im Jahre 1271 Elisabeth von Rieneck geheiratet hatte, fühlte man sich aufgewertet und übernahm etwa 1276 von den Rieneckern das rot-goldene Wappen. Die Rienecker hatten je fünf (!) rote und fünf goldene Balken in ihrem Wappen. Die Grafschaft Hanau ging allerdings von der Balkenform ab und verwendete die Sparrenform. So jedenfalls die eine Lesart. Es gibt aber auch die Angabe, daß es das Sparrenwappen schon früher gegeben habe (Wikipedia: Liste der Wappen mit hanauischen Sparren).

Neben dem Sparrenwappen führte Ulrich I. aber auch noch das „Sekretsiegel“ mit demnach rechts gewandtem Löwen auf der linken Seite und drei Sparren auf der rechten Seite. Unter Ulrich II. (1306–1346) kam dann noch die Rienecker Helmzier mit dem wachsenden halben Schwan zum Wappen der Grafschaft Hanau hinzu. Auch unter Philipp I. (1452-1500) gab es zunächst                           nur das Wappen mit den Sparren.

Bei der Teilung der Grafschaft Hanau im Jahre 1496 wurde aber das geteilte Wappen von Münzenberg aufgenommen: ein breiter roter und ein breiter goldener Balken. Nach dem Tod Reinhards III. von Rieneck führte Hanau-Münzenberg ab 1559 das viergeteilte Wappen mit den Hanauer Sparren links oben und rechts unten sowie je fünf roten und fünf goldenen Balken der Rienecker rechts oben und links unten. Das Münzenberger Wappen fand sich nur noch klein in der Mitte des Schildes (Abbildung in: Hanau, Stadt und Land, Seite 82).

 

Die Hanauer Grafen:

(nach Wikipedia „Hanau Adelsgeschlecht“, nur Regierungszeiten, nur Auszug):

Reinhard I.                              1225 – 1281, heiratet vor 1250 Adelheid von Münzenberg

Ulrich I.                                   1281 – 1306, heiratet 1271 Elisabeth von Rieneck

Ulrich II.                                  1306 - 1346

Reinhard II.                             1404 – 1451, der erste Graf von Hanau, verheiratet seit 1407

           mit Katharina von Nassau-Beilstein

Reinhard III.                            1451 – 1452

Philipp I. der Ältere               1452 - 1458

Danach kam es zur Teilung des Landes:

Philipp I. der Ältere heiratet 1458 Anna von Babenhausen und wird Graf von Hanau-Babenhausen (später Hanau-Lichtenberg) und ist damit getrennt von Hanau-Münzenberg.

Er wird Vormund von Philipp I. dem Jüngeren bis zu dessen Volljährigkeit im Jahre 1467.

Philipp I. der Jüngere regierte als Graf in Hanau weiter und nannte sich ab 1496 „von Hanau-Münzenberg“.

 

Philipp I. der Jüngere            458 - 1500,

                                                  seit 1468 verheiratet mit Adriana von Nassau – Dillenburg

Reinhard IV.                            1496 - 1512 (Mitregent 1496 – 1500)

Philipp II.                                1512 - 1529 verheiratet seit 1523 mit Juliane von Stolberg

Philipp III. (der Ältere)         1529 - 1561 verheiratet mit Helene von Pfalz-Simmern

Philipp Ludwig I.                    1561 - 1580, verheiratet mit Magdalene von Waldeck

Philipp Ludwig II.                   1580 - 1612

Philipp Ludwig III.                  1638 - 1641

 

In der Hochstädter Kirche gibt es zwei Wappendarstellungen: Das eine Wappen ist das Hanauer Wappen mit den Hanauer Sparren. Es findet sich im hinteren Schlußstein des Chorraums, in den Schlußsteinen des Mittelschiffs und in einem Schlußstein des nördlichen Seitenschiffs und in der einen Hand des Engels an der Wand hinter dem Altar.

Das andere Wappen ist das Nassauer Wappen in der anderen Hand des Engels hinter dem Altar. Das ist wohl ein Zeichen dafür, daß das Hanauer Grafenpaar den Bau der Kirche unterstützt hat.

 

Das rechte Wappen in der Hand des Engels zeigt einem Löwen, der nach links gewendet ist und von zehn Schindeln (Rechtecken, Rauten) umgeben ist. Hier kann es sich also nicht um das alte Hanauer Wappen handeln, denn darauf sieht der Löwe nach rechts und ist von sieben Sternen umgeben (wie heute im Hanauer Stadtwappen). Hier handelt es sich um ein Nassauer Wappen.

Das Haus Nassau trennte sich unter anderem in die Linien Nassau-Beilstein (ältere Linie), die bis 1561 bestand, und in die Linie Nassau-Dillenburg (ältere Linie), die von 1341 – 1606 bestand. Beide gehören sie aber zur ottonischen Linie des Hauses Nassau (zu der auch das niederländische Königshaus gehört, dessen Wappen auch von zehn Schindeln umgeben ist).

Für die Zuordnung des Wappens in der Hochstädter Kirche kommen nur diese beiden Linien in Frage.

 

Als Bauherren der Kirche in Hochstadt hat man bisher vermutet:

1. Reinhard II. von Hanau (1404 bis 1451), verheiratet am 18. Januar 1407 mit Katharina von Nassau‑Beilstein (Annahme von Feldmann).

2. Philipp Ludwig III. (1410 bis 1450) (Annahme von Elbwart und Heckert)

[Diese Angabe ist völlig falsch, einen Philipp Ludwig III. gibt es erst 1638- 1641 und die angegebene Zeit deckt sich fast mit der von Reinhard II.]

3. Philipp I., der Jüngere (1452 bis 1500) verheiratet 1467 mit Adriana von Nassau‑Dillenburg (Annahme von Zimmermann und Lindenberger) [Es ist Philipp I. und nicht Philipp II. der Jüngere, der Graf von Babenhausen war, geboren 1462, verheiratet mit Anna von Isenburg].

 

Nicht in Frage kommt die Meinung von Pfarrer Reich, daß hier Juliane von Stolberg als Witwe Philipps II. gemeint sei (gestorben 1500). Sie war in zweiter Ehe verheiratet seit 1529 mit Wilhelm von Nassau-Dillenburg, der bis 1551 als Vormund regierte. Das Sparrenwappen wurde nämlich nach 1496 mit dem Münzenberger Wappen vereint und geviertelt (vergleiche das Wappen am Turm).

 

Es hängt alles an der Frage, welchem Hanauer Grafenpaar das Nassauer Wappen zuzuordnen ist. In Frage käme Reinhard II., der von 1404 bis 1451 regierte und der erste Graf (!) von Hanau war. Er war seit 1407 verheiratet mit Katharina von Nassau-Beilstein und starb 1451. Aus diesen beiden Eckdaten kam man auf eine Bauzeit um 1430. Diese Datierung vertrat der bekannte Heimatforscher Heinrich Heusohn aus Hanau im Jahre 1920 und seitdem ging man von diesem Datum aus.

Nun gibt es unterschiedliche Darstellungen des Wappens von Nassau-Beilstein ältere Linie (Beilstein liegt nördlich von Wetzlar im Lahn-Dill-Kreis, sogenannte „Kalenberger Zent“, heute Ortsteil von Greifenstein). Einmal heißt es, Beilstein habe von 1341 bis 1561 das ottonische Wappen der Nassauer geführt (als es an Nassau-Dillenburg fiel), nämlich das mit den zehn Schindeln um den Löwen herum.

Es handelt sich um goldene aufgerichtete Schindeln, die in Form und Anzahl variieren und in der Form rechteckig-senkrecht, aber auch rautenförmig oder schräggestellt sein können. Sie sind frei in die Lücke zwischen Löwe und Schildrand eingefügt, nie verschwindet eine Schindel halb am Schildrand. Offenbar wurde mit jedem Gebietszuwachs eine neue Schindel hinzugefügt.

Eine Nachfrage in Greifenstein ergab aber, daß rechts oben im Ortswappen das Wappen von Beilstein zu sehen ist, das aber nur sieben Schindeln hat. Also kann der Chorraum der Hochstädter Kirche nicht in der Zeit gebaut worden sein, als eine Prinzessin aus Beilstein die Hanauer Gräfin war.

 

In der Hochstädter Kirche sind zehn Schindeln rund um den Löwen zu sehen. Eine Schindel allerdings ist schwer zu erkennen: Sie befindet sich rechts oben an dem Schwanz des Löwen. Dort ist nicht ein Haarbüschel des Löwen, sondern eine weitere Schindel, wie der Vergleich mit dem offiziellen Wappen zeigt, bei dem an dieser Stelle auch eine Schindel ist.

Das Wappen ist dann das Wappen von Nassau-Dillenburg mit den zehn Schindeln. Es weist auf Adriana von Nassau-Dillenburg (nicht: Adriane), die seit 1468 verheiratet war mit dem Hanauer Grafen Philipp I. der Jüngere (1458 – 1500) (Die Grabplatte der Gräfin in der Hanauer Marienkirche hat allerdings keine Schindeln rund um den Löwen). Also muß der Chorraum der Hochstädter Kirche nach 1470 erbaut worden sein, vielleicht zwischen 1485 und 1490.

Das Hauptargument für die Datierung ist aber das Schreiben des Erzbistums Mainz vom 8. August 1489, in dem die Verantwortlichen zur „Herstellung“ des Chors aufgefordert werden, also zum Bau des Chors und seiner Ausmalung. Dazu kommt noch, daß aus dem Jahre 1489 berichtet wird, daß es während des Gottesdienstes in die Kirche hineinregnete. Damals waren die Gewölbe wohl noch nicht eingebaut, denn bei einem Gewölbe wäre das Regenwasser eher nach außen abgelaufen (obwohl natürlich auch zwischen den Gewölben sich das Wasser einen Weg hätte suchen können).

 

Für einen Balken aus der Decke des Chorraums hat man ein dendrochronologische Gutachten (Vergleich der Jahresringe) machen lassen. Danach wurde der Bau für das Holz kurz nach 1480 gefällt und verarbeitet.

Weil aber das Datum 1430 stimmen sollte, behauptete man, dieser Balken sei schon einmal ausgewechselt worden. Es ist aber kaum vorstellbar, daß man nach relativ wenigen Jahren einen Balken wieder ausgewechselt hätte. Man muß schon fragen: Weshalb hat man ausgerechnet diesen Balken bestimmen lassen und nicht einen, der augenscheinlich nicht ausgewechselt wurde?

 

Wieder fällt der Erweiterungsbau der Kirche in eine bedeutende Zeit für die Grafschaft Hanau. Graf Philipp I. der Jüngere regierte von 1458 bis 1500 und war seit 1468 verheiratet mit Adriana von Nassau–Dillenburg. In seiner Zeit wurde die Hanauer Grafschaft getrennt in Hanau-Babenhausen (später Lichtenberg) und Hanau-Münzenberg (ab 1496 nannte er sich Philipp I. „von Hanau-Münzenberg“).

 

 

Das Dachgebälk der Kirche

Das mit Schiefern gedeckte Dach basiert auf einem Pfettendach mit Strebehängwerkonstruktion (siehe unten).  In der Sakristei ist seit 1967 eine Klappe in der Decke (neuerdings mit einer ausziehbaren Faltleiter aus Metall versehen), durch die man auf den Kirchenboden kommt. Zunächst gelangt man auf das Gewölbe der Sakristei und über eine kleine Treppe in den Raum über dem Chorraum.  Einige Balken liegen über den kleinen Gewölben, darüber wölbt sich der Dachstuhl des Chorraums:

 

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Nach rechts geht es dann einige Stufen höher in Richtung Kirchenschiff. Reinhard Schellmann vermutet hier einen früheren Durchgang auf den früheren Dachboden der Kirche.

Doch dann müßte die Decke niedriger gewesen sein als die Balken über dem Chorbogen und über der Orgel.

 

Über eine weitere kleine Treppe kommt man dann auf die Ebene über den Gewölben. Hier sieht man links schon das mächtige Gewölbe neben dem Chorbogen.  Das Dach der Kirche liegt auf den Außenwänden auf. Die Zeichnung von Nüthen täuscht etwas, denn sie sieht so aus, als sei das Dach erst über den Gewölben aufgesetzt. Aber das war nicht anders zu zeichnen, weil er die Gewölbe darstellen wollte. Das Dach ist jedenfalls aus einem Guß und besteht nicht aus drei Dächern wie bei einer Basilika.

 

An sich hatte man in der Romanik eine flache Balkendecke in den Kirchen. Aber vor allem auf den Dörfern gab es auch den offenen Dachstuhl in einer Halle ohne Arkaden und ohne Einteilung in Schiffe. Das war eine billige Lösung, aber man konnte halt in das Gebälk hineinsehen. So war es auch in Hochstadt bis 1490, als man die Gewölbekuppeln einbaute.

Auch in anderen Kirchen hat man zum Zusammenhalten der Wände bis heute solche Balken quer durch das ganze Kirchenschiff, die in der Mitte am Firstbalken angehängt sind (In neuerer Zeit verwendet man dazu Eisenanker zur nachträglichen Stabilisierung).

Ein weiterer Hinweis auf die offene Kirchendecke ist, daß die Giebelwand höher verputzt ist als notwendig, also noch über den heutigen Gewölben (Das könnte allerdings auch daran liegen, daß die Handwerker ordentliche Leute waren und auch die Wand dort verputzt haben wollten, wo man sie in der Regel nicht sah).

Wenn man mehr Geld hatte, konnte man eine Holzdecke (als Flachdecke oder imitiertes Gewölbe) einziehen und diese zum Beispiel bemalen. Weil man aber oft Gewölbe einbaute, ist der offene Dachstuhl heute aber nur noch ganz selten erhalten, zum Beispiel auf der Insel Reichenau. Ein Beispiel aus unserer Nähe ist die Kirche von Ilbenstadt aus dem 12. Jahrhundert).

 

Man stand vor der Entscheidung, ob man den Raum einwölben will und zu diesem Zweck Arkaden errichten soll. In Hochstadt hat man um 1490 die aufwendigere Möglichkeit gewählt.

Es wurden zunächst nur das Mittelschiff und das südliche Schiff eingewölbt. Die nördliche Arkade blieb dabei etwa 15 Zentimeter niedriger, aber es lag eine Mauerlatte auf ihr auf. Von dieser Mauerlatte zur nördlichen Kirchenwand wurden dann neue Balken verlegt, die die Holzdecke des nördlichen Seitenschiffs trugen. Das kann man daran sehen, weil dort die Wand bis oben an die Balkenlage verputzt ist und weil in der Wand der Arkade noch die Auflage für einen Balken ist. Die kurzen Balken über den Seitenschiffen sind also nicht dadurch entstanden, daß man Balken über dem Mittelschiff herausnahm. Sie wurden aber abgeschnitten (und die Köpfe sind heute unter der Auflage des Daches noch zu sehen), als man das Nordschiff auch einwölbte. Am Fuß der Sparren liegt noch ein Holz auf, das die Last besser auf die Mauer verteilt. Das Gewölbe im nördlichen Seitenschiff ist also erst später entstanden als die Gewölbe im Mittelschiff und im südlichen Seitenschiff, es hat auch andere Schlußsteine.

 

Die beiden langen Balken quer durch die Kirche sind auch nach dem Bau der Gewölbe dort geblieben. Sie haben natürlich gestört, und deshalb hat man sie später herausgesägt. Aber dann hatte man doch Angst, die Wände könnten nach draußen gedrückt werden. Der Dachstuhl wurde 1768 teilweise erneuert. Das heutige Dach ist noch aus der Zeit von vor 1290. Die Angabe ist also falsch, daß man 1768 das Dach erneuert habe. Aber vielleicht war die Erneuerung des Daches doch recht umfangreich (Auswechseln schadhafter Balken, Latten, Dachdeckung), es wurde aber kein neuer Dachstuhl konstruiert.

Zur Sicherheit wurden von außen noch die Stützpfeiler errichtet. Die Kosten für die Erneuerung in Höhe von über 1500 Gulden wurden durch Abholzung eines Waldstücks am Butterbaum aufgebracht.

Noch später hat man dann aus dem gleichen Grund eine Brückenkonstruktion aus Holz knapp über den Gewölben zur weiteren Verstärkung eingebaut (kenntlich an den Maschinenschrauben).  Auch nach dem Jahre 2000 waren wieder umfangreiche Sanierungsarbeiten am Kirchengebälk nötig. Wieder hat man die Balken verstärkt, damit die Wände nicht auseinandergetrieben werden. Leider hat man kein dendrochronologische Gutachten erstellen lassen. Die Stützpfeiler hat man auch neu verfugt, damit nicht mehr die Feuchtigkeit ins Innere der Kirche dringt.

 

Das heutige Erscheinungsbild des Gebälks ist wie folgt: In der Kirche war kein Dachstuhl eingebaut, wie er in Fachwerkhäusern üblich ist (ein Viereck aus Balken, auf dem die Sparren aufliegen). Vielmehr verlaufen die Balken parallel zur Neigung des Daches, um den First zu stärken. Auch sind die Sparren, auf denen die Ziegel aufliegen, durch Querverstrebungen verstärkt. Oben am First waren nämlich zwei Balken angehängt. Sie trugen zwei tieferliegenden Balken, die über die ganze Breite der Kirche von 13 Meter Länge gingen und die Außenwände zusammenhielten.

Dazu kommen noch zwei weitere Balken, die das ganze Kirchenschiff überspannten. Der eine ist auch im Inneren der Kirche über dem Chorbogen zu sehen. Er setzt sich im Dachraum auf beiden Seiten fort und hat in der Mitte seine Auflage auf der Chorwand. In der Höhe der Orgel ist auch ein solcher Balken, allerdings etwas tiefer, so daß die alte Kirchendecke eine leichte Steigung nach vorne gehabt hätte (laut Nüthen).

Heute sitzen die Hängebalken auf einer Lage von etwa 60 Zentimeter auseinanderliegenden Balken. Diese wurde aber erst eingebaut, als man 1606 über den Kuppeln einen Speicherraum schaffen wollte.  Auf diesen Balken sitzen jetzt die zwei Balken auf, die am First der Kirche verankert sind.

 

Am Giebel der Westseite sieht man noch geringe Reste des alten Turms. Bilder von den Resten des alten Kirchturms finden sich in Schellmann III, Seite 137 und138.

 

In der Nähe des alten Turms ist auch eine Aussparung in der unteren Kehlbalkenlage, weil hier die Treppe endete, die aus dem Kirchenschiff in der Nähe der Westtüre auf den Dachboden führte und den 1606 eigebauten Lagerraum erschloß. Nur so konnte man dort landwirtschaftliche Materialien auf dem Dachboden lagern (Den Dachboden durfte man dafür nutzen, nicht aber den Raum über dem Chor).

 

Beim Rückweg nach unten bemerkt man noch eine farbige Umrandung der Tür über dem Chorbogen. Aber man kann nicht sagen, daß sich die Malereien an der Chorwand noch im Dachraum fortsetzen. Hier geht es nur um die Tür, der Chorbogen ist ein ganzes Stück weiter rechts, dort lassen sich keine Malereien feststellen. Diese Tür muß aber erst im Zusammenhang mit dem Bau der Gewölbe geschaffen worden sein. Hier hat wohl nur der Maurer anzeichnen wollen, wo die Tür hin soll.

 

 

Die Gewölbe über dem Chorraum sind aus Kalkstein, die über dem Kirchenschiff sind aus Ziegelmauerwerk. Die Ausmalung ist so umfangreich, daß sie sich bis 1493 / 1494 hingezogen haben mag, denn die Kapellen mußten ja auch noch fertiggestellt werden. Aber alles ist in einem Zug geschaffen worden.

 

Zusammenfassung:

Die heutige Kirche ist keine „Pseudobasilika“, denn sie gibt gar nicht vor, eine Basilika zu sein. Bei einer Basilika ist das Mittelschiff doppelt so hoch wie die Seitenschiffe und die oberen Teile des Mittelschiffs sind von außen sichtbar und haben Fenster. Die Dächer der Seitenschiffe lehnen sich in halber Höhe an den Mittelbau an.

Treffender ist die Bezeichnung „Hallenkirche“ oder „Stufenhalle“. Nach außen sieht sie gotisch aus, aber im Inneren ist sie noch teilweise romanisch: Das Mittelschiff ist doppelt so hoch wie die Seitenschiffe, hat aber oben keine (runden) Fenster wie in der Romanik. Es wird aber durch die schmaleren und etwas niedrigeren Seitenschiffe abgestützt.

Die Kirche ist etwas schräg zur Höhenlinie auf kalkigem Grund erbaut. Das führt dazu, daß sie nach Südwesten zu abzurutschen droht. Deshalb ist an der Südwestseite  die Mauer von Anfang an stärker gewesen, während sie östlich des Südportals schwächer ist. Durch die Stützpfeiler hat man dann auch das weitere Abrutschen verhindert.

Dennoch ist die Süd-West-Ecke nach dem Turm zu nicht mehr im rechten Winkel, und es bilden sich Risse im Bereich des Südportals und im westlichen Gewölbe. Auch im Inneren der Kirche war östlich vor der heutigen Westwand noch eine Wand, die aber nicht im rechten Winkel zu den anderen Wänden in der Kirche stand.

 

 

 

 

Rundgang durch die Kirche

Die geschlossen erhaltene Kirche bietet mit ihrer freundlichen weißen Fugenmalerei auf hellrotem Grund, den hellen Wandflächen mit den abwechslungsreichen Malereiresten einen guten Eindruck einer stattlichen, spätmittelalterlichen Dorfkirche. Die Reste der barocken Ausstattung runden das Bild ebenso ab wie die schöne Lage hoch über dem Maintal. Vor allem die freigelegten Malereien beeindrucken.

 

Die Pfeiler und Bögen:

Die Kirche ist in Bruchstein gemauert und setzt sich im Wesentlichen aus vier Bauteilen zusammen: Im Westen beginnend mit einem längseckigen Kirchenschiff (Hauptschiff), dann daneben das nördliche Seitenschiff und das südliche Seitenschiff und schließlich der Chorraum im Osten mit den ehemaligen Seitenkapellen. Eine farbige Grundrißzeichnung von Jonas Klöckner aus dem Ingenieurbüros Frischmuth findet sich in Schellmann III, Seite 83.

 

Die einzelnen Schiffe unterteilen sich in Längsrichtung in je drei Joche, wobei das Mittelschiff breiter und höher ist als die anschließenden Seitenschiffe. Als man nach den Gewölben im Chor und deren Ausmalung dann 1490 auch die ganze Kirche mit Gewölben versehen sollte, brauchte man die Arkaden, bestehend aus Pfeilern und Bögen.

Zwei Pfeilerreihen gliedern das Mittelschiff sowie die beiden Seitenschiffe. Die Pfeilerreihen sind ungleich ausgebildet. Die Pfeiler sind nicht ganz im gleichen Abstand errichtet und vor allem nicht gleich breit, sondern an der Nordseite sind sie (vom Mittelgang gesehen) nach Westen verbreitert. Nur die hinteren Pfeiler stehen auf Steinfundamenten.

Der hintere Pfeiler auf der Nordseite steht etwas außerhalb der Flucht in Richtung Norden: Die nördliche Arkade verläuft vom Altar aus zunächst parallel zur Außenwand, dann knickt sie jedoch nach Norden ab, um noch die Ecke des alten Turmes zu erreichen.

 

Die nördliche Pfeilerreihe weist über rechteckigem Grundriss weist rundbogige Arkaden auf.

Die Scheidbögen zwischen dem Mittel- und den Seitenschiffen sind auf der Nordseite rund, so daß sie älter sind als die Bögen auf der Südseite, die schon eine kleine Andeutung eines gotischen Spitzbogens haben (Es ist kaum vorstellbar, daß einer der großen Bögen erst später noch gotisch umgearbeitet wurde). Die südlichen Pfeiler stehen auf einem Sockel, der auf einem achteckigen Grundriß basiert und laufen erst über den Ecken durch Eckausläufe und Abschrägung der Kanten in achteckige Pfeiler über. Die Arkaden sind leicht spitzbogig ausgebildet. Die vier Pfeiler werden durch weiße Fugenmalerei auf rotem Grund hervorgehoben. Aber die Fugen sind keine echten Fugen, sondern sie sind nur darüber gemalt

 

Die Scheidbögen zwischen dem Mittel- und Süd-Seitenschiff sind auf der Nordseite rund, so daß sie älter sind als die Bögen auf der Südseite, die schon eine kleine Andeutung eines gotischen

 

Bei drei Pfeilern endet die Rippe schon oben am Pfeiler in einer sogenannten gekehlten „Rippenkonsole“. An der Westwand und Ostwand des Mittelschiffes und in den Seitenschiffen laufe die Rippen einfach in den Wänden aus Der Nordostpfeiler dagegen hat eine wohl ehemals bis auf den Erdboden heruntergezogene Pfeilervorlage. Vielleicht stand hier einmal eine Heiligenfigur. Oder man hat die Vorlage hier abgeschlagen, um einen weiteren Sitzplatz in begehrter Lage zu schaffen.

 

Es gibt eine Zeichnung von Ernst Wenzel aus dem Jahre 1910. Diese erweckt den Eindruck,

daß die anderen Arkaden an der Nordseite nicht so hoch gewesen wären wie heute. Zum Einbau der nördlichen Empore hätte die Turmwand nahezu bis auf die Höhe der anderen Arkaden aufgebrochen werden müsse. Auch die Fenster hätten dann nicht gepaßt. Aber hier geht es nur um die Perspektive der Zeichnung, anders hätte man es nicht darstellen können. Richtig ist aber, daß der hintere Arkadenbogen bis heute niedriger ist, er wurde ja erst in die Wand des alten Turms gebrochen, als man die Emporen einbaute.

 

Der dritte Bogen konnte an der Südseite problemlos angeschlossen werden, er ist allerdings nicht so weit gespannt wie die anderen beiden. An der Nordseite hat dieser dritte Bogen ursprünglich gar nicht bestanden. Er wurde erst beim Abbruch des alten Turms neu aus der Wand des alten Turms herausgebrochen und ist deshalb schmaler und etwas nach Norden versetzt. Der Bogen sollte sozusagen die Arkaden im Mittelschiff fortführen, war aber nicht so breit war wie diese, weil er ja nur bis zur Westwand gehen konnte. Aber dann merkte man, daß die Empore nicht darunter paßt und erhöhte den Bogen noch etwas; er ist allerdings heute noch sehr niedrig und man muß aufpassen, daß man sich nicht am Kopf stößt.

Die jeweils drei Gewölbejoche sind also auch nicht gleich groß: nach jeweils zwei längsrechteckigen Jochen folgt im Westen ein quadratisches, weil hier die Breite des alten Turmes den Platz begrenzte. Man hat also vor dem Bau der Gewölbe deren Größe nicht symmetrisch berechnet.

 

 

Der spitze Chorbogen („Triumphbogen“) zeigt vom Fußboden an aufwärts eine breitere Eckabschrägung („Fasen“) zum Chor hin. Zum Schiff hin aber ist diese Eckabschrägung nur im Bogenbereich breiter ausgeführt, auf der Kanzelseite ist sie noch etwas weiter nach unten geführt. Das ist die spätgotische Eigenart der Kantenbrechung.

 

Auf die Pfeiler stützen sich die Kreuzrippengewölbe des Langhauses. Die Dienste des Gewölbes sind nur schwach ausgeprägt und enden schon kurz vor den Pfeilern. Es liegt kein gebundenes System vor, einem Joch des Mittelschiffs wird jeweils ein Joch der Seitenschiffe zugeordnet. Im nördlichen Seitenschiff sind die Rippen vom ersten zum zweiten Joch „verschnitten“, das heißt: Sie laufen nicht gleichmäßig ineinander. Noch stärker ist das im südlichen Seitenschiff im Westen, wo die Rippen sogar nur in der Wand auslaufen.

Die einfache Rippenform entsteht durch seitliche Auskehlung, so daß eine dünne Stirnfläche frei bleibt. Auch das deutet auf eine späte Bauzeit. Vom Dachboden aus sieht man, daß die Mittelgrate der Gewölbekappen eine winkelförmige Anordnung haben und aus regelmäßigen 31 mal 5 Zentimeter langen Steinen bestehen.

Die Gewölbe über dem Chorraum sind aus Kalkstein, die über dem Kirchenschiff sind aus Ziegelmauerwerk. Die Ausmalung ist so umfangreich, daß sie sich bis 1493 / 1494 hingezogen haben mag, denn die Kapellen mußten ja auch noch fertiggestellt werden. Aber alles ist in einem Zug geschaffen worden.

 

Langhausfenster:

Die heutigen sechs Fenster sind hoch, oben abgerundet und nur leicht spitzbogig geschlossen, aber trotz ihrer Größe ganz ohne Maßwerk. Das liegt daran, daß man bei dem Umbau von 1743 die Mittelstege und das Maßwerk herausgeschlagen hat und die Fenster nach unten verlängert hat, um mehr Licht in die Kirche zu lassen. Auf der Nordseite ist das westlichste Fenster erst nachträglich in den alten Turm gebrochen worden.

Die Fenster waren bis nach dem Krieg mit einfchen großflächigen Schiben veryglast. Heute haben sie sechseckige bleigefaßte Scheiben ähnlich wie Butzenscheiben. Nur das südliche Fenster ist dreibahnin und entsprechend breiter

 

 

Alter Turm:

Man kann die Größe des alten Turms auch im Inneren der Kirche noch heute an den Mauervorsprüngen erkennen. Im Vertrag vom 26. September 1743 wird festgelegt: Der Turm ist schon halb abgebrochen (also der Teil, der oben aus dem Dach herausragte). Jetzt soll der Maurer Weber nur noch die zwei Innenwände in der Kirche abreißen. Es soll ein Loch gebrochen werden für ein Fenster, damit vor allem die Pfarrsitze mehr Licht erhalten. Die alte Turmtür soll zugemauert werden, auch das Fenster darüber (Die Stellen sind von außen im Mauerwerk an der Westseite des Turms noch heute zu sehen). Die Säule, an der die beiden Wände zusammenstoßen, darf nicht beschädigt werden. Der Bogen soll im Lot stehen. Genaue Maße werden angegeben. Die Kosten sollen 55 Gulden betragen.

Doch dann stellt sich heraus, daß der Schultheiß Johann Wilhelm Meerbott und sein Schwiegersohn Hans Jakob Stein eigenmächtig gehandelt haben und einen Vertrag mit dem Maurer Weppler in Hanau gemacht haben (Schultheiß Johann Wilhelm Meerbott heiratet 1707 Anna Catharina Will. Die Jahreszahl verweist darauf, daß er doch länger als 1733 im Amt war). Einige Bürger beschweren sich am 14. Dezember 1744, man hätte die Mauern auch stehen lassen können.

 

Durch den Abbruch des Turms sollten laut einem Schreiben von Pfarrer Eberhard vom 18. Dezember 1743 rund 50 Sitzplätze gewonnen werden. Heute sind dort maximal 20 Sitzplätze

Die Zahl 50 kann also nur so gemeint sein, daß auch die Plätze auf der Empore oben drüber mitgezählt werden (Die gesamte Kirche hat heute 341 Sitzplätze, davon 107 auf der Empore). Das bedeutet aber, daß die Westempore anfangs nicht durchgehend war und das Stück Empore an der Nordwand erst jetzt hinzugefügt werden konnte.

 

Wegen des Wegfalls des alten Turms wurde eine (Holz-) Säule nötig, um die Orgel zu tragen. Diese Emporensäule ist auf einen alten Grabstein aufgesetzt, an dem man noch Reste einer Inschrift erkennen kann. Am 6. Januar 1744 wurde mit dem Zimmermann vereinbart, daß er für 2 Gulden 40 Kreuzer eine kleine Säule und einen Querbalken oben an der Orgel anfertigt, damit die Orgel abgestützt wird. Mit dem Schreiner Schott wird am 13. Januar 1744 ein Vertrag gemacht, daß er die Bänke für den Platz anfertigt, wo der alte Turm gestanden hat. Auch soll er die Bänke reparieren, die beim Abbruch des Turms beschädigt wurden (Aktenstück im Staatsarchiv Marburg).

Mit zu den Arbeiten gehören das Streichen der Bänke und ein Geländer an der Orgel. Der Schreiner erhält 4 Gulden für das Material und 4 Gulden 30 Kreuzer für die Arbeit (Hier ist einmal gesagt, daß es sich um Bänke handelt, obwohl nachher gleich wieder von den „Weiberstühlen“ die Rede ist). Am 9. Februar 1744 erhält der Baumeister 20 Gulden, um die neuen Bänke bezahlen zu können. Inspektor Grimm urteilt 1744 bei der Visitation: Die Kirche ist nach Abbruch des Turms hell und schön! Aber der Maurer Conrad Weber beschwert sich am 31. März 1745 beim Amt, daß ihm das Geld noch nicht gezahlt wurde.

 

Fußboden:

Das Innere der Kirche war mit Platten belegt. Am 29. Juli 1740 wird mit dem Maurermeister Felix Häuser aus Marköbel ein Vertrag gemacht über das Belegen der Kirche mit Platten mit Ausnahme des Stücks im hintersten Gang, das damals mit gebrannten Steinen belegt war (falls dort doch noch Platten hinkommen sollten, dann ist ein Zusatzvertrag zu machen). Auch der ganze Chorraum soll mit Platten belegt werden. Als Preis werden 16 Gulden vereinbart. Der Gerichtsmann Peter Schröder (oder Bürgermeister) vereinbart in Vertretung des Schultheißen mit dem gleichen Maurer, daß die Wege auf dem Kirchhof und die neuen Treppen an den Türen und am Kirchturm mit Platten belegt werden. Die bürgerliche Gemeinde wird den Preis von zwölf Gulden zahlen.

Am 14. Oktober 1740 erhält der Maurermeister Felix Häuser noch 6 Gulden für die Gänge in der Kirche, im Chor und auch in der hintersten Reihe der Kirche und für das Aushauen des Pfarrsitzes. Der Steinhauer erhält für 1000 „Schuplatten“ (Platten in Größe eines Schuhs?) für die Gänge in der Kirche über 34 Gulden. Der Kalk wird dem Hochstädter Ziegler bezahlt. Im März 1741 zahlt Johann Jakob Heckerth vier Gulden für die alten Platten aus der Kirche. Andreas Heckerth zahlt 10 Albus für den alten Tritt am Pfarrersitz. Der Schreiner erhält für den Pfarrersitz und das Anbringen einiger Bänke 4 Gulden. Die Verträge über das Verlegen von Platten sind von 1740. Damals bestand aber noch der alte Turm, der erst 1743 / 1744 richtig abgebrochen wurde. Diese Stelle muß man also später erst noch belegt haben.

 

Früher waren in den Fußboden Inschriften und Grabsteine eingelassen. Im Boden an der südlichen Tür befand sich eine Inschrift und in der Nähe die Jahreszahl 1681 (wie auf dem Stein vor der südlichen Kirchentür). Ein Grabstein befand sich auch vor dem Platz der Kirchenältesten rechts in der Kirche (wo heute der Taufstein steht).

Hinter dem heutigen Altar lag die ganz unkenntlich gewordene Grabplatte der Tochter des Pfarrers Jakob Filber, die 1678 an der roten Ruhr gestorben ist. Im April 1680 mahnt der Kirchenvorstand den früheren Pfarrer Filber, der vor zwei Jahren versprochen hat, eine Grabplatte für das Grab seiner Tochter in der Kirche herstellen zu lassen. Er sagt schriftlich zu, bis in vier Tagen die Stelle mit dem Grabstein und Platten verschließen zu lassen. Wenn es nicht geschehen würde, will der Kirchenvorstand die Arbeit auf seine Kosten vornehmen lassen. Diese ganz unkenntlich gewordene Platte wurde beim Neubelegen des Chors herausgenommen (laut Feldmann).

Im Fußboden des alten Turms befand sich zur Zeit des Pfarrers Reich eine Platte mit der Inschrift „17 MBKm 40“. Pfarrer Reich hielt das für den Namen des Kirchenbaumeisters „MB“ (für diese Zeit ist allerdings kein Kirchenbaumeister dieses Namens bezeugt). Franz Brück hält diese Platte für den Verschluß des Eingangs in den Fluchttunnel.

 

Opferstock:

An beiden Eingängen der Kirche steht je ein Opferstock, in den die Gaben der Gemeindeglieder eingelegt werden. Ursprünglich gab es nur einen Opferstock, der neue Opferstock am Westausgang wurde 1957 ohne Auftrag von der Bodenplattenfirma Umscheid geliefert, aber dann doch behalten und bezahlt.  Reinhard Schellmann gibt an, der Opferstock am Südeingang sei die Nachbildung (Schellmann III, Seite 115).

Der Opferstock wurde nur alle Vierteljahr geleert. Aber Anfang 1724 wird vom Konsistorium angeordnet, daß nichts in der Kirche bleiben darf, das man stehlen könnte, nachdem an verschiedenen Orten die Kirchen aufgebrochen wurden. Vor allem sollen die Almosen nicht mehr in den Almosenstock kommen, sondern in einen Kasten, zu dem der Pfarrer und der Kirchenbaumeister je einen Schlüssel haben. Auch nachdem im Jahre 1753 in Eckenheim und Enkheim verschiedene Sachen aus den Kirchen gestohlen wurden, wird den Pfarrern auf dem Land noch einmal eingeschärft, daß alle Kirchengeräte und alles, was entwendet werden könnte, in Verwahrung zu bringen ist, am Besten im Pfarrhaus.

 

Nummerntafeln:

Im September 1912 möchte der Pfarrer gern Nummerntafeln für die Kirchenlieder anschaffen. Doch das Presbyterium will erst Zeichnungen und Preise sehen. Am 3. November wird ein Katalog für Liedertafeln vorgezeigt, es sollen aber noch bei zwei Firmen angefragt werden. Anfang 1913 wird wegen der Anfertigung von Liedertafeln mit dem Schreiner Valentin Burger verhandelt. Für eine Liedertafel aus Kiefernholz will er im Februar 12,50 Mark haben, das Presbyterium will den Preis aber auf 10 Mark drücken. Man einigt sich dann auf 10,50 Mark. Das Aufhängen der Tafeln soll so bezahlt werden wie das Aufhängen der Lampen durch den Schmied Carl Huhn. Ein Nummerntäfelchen (auf beiden Seiten mit einer Ziffer versehen) kostet 20 Pfennig. Im August 1914 wünschen die alten Männer eine besondere Tafel für die Nummern der Kirchenlieder.

 

Bänke:

Bis nach dem Zweiten Weltkrieg hatte die Kirche solche Bänke, wie sie in den meisten Kirchen zu finden waren: Eine senkrechte Rückenlehne mit einer oben überstehenden Leiste, die den Besucher in den Rücken drückte und ihn wachhalten sollte. An der Südseite der Kirche war eine Bank, die durch verschiebbare Holzgitter abgeteilt war. Hier hatten die Kirchenvorsteher und Kirchenvorsteherinnen ihren Platz (die Eingangstür ist heute noch an dem Südportal erhalten).

Der besondere Sitz für die Pfarrersfamilie an der Nordseite war nicht mehr vorhanden, aber die Familie Gerlach saß immer noch auf der dortigen Bank. Es war auch üblich, daß die Männer auf der Empore saßen und die Frauen unten im Kirchenschiff. Mit der Verlegung neuer Fußbodenplatten in der Kirche kamen auch neue Bänke in die Kirche

 

Kanzel:

In dem Buch von Hermann Langheinrich wird das 17. Jahrhundert als Entstehungszeit der Kanzel angegeben. Doch das beruht nicht auf Urkunden, sondern auf einer kunstgeschichtlichen Einschätzung. Eine Kanzel wird erstmals 1636 bei der Schilderung der Kriegsschäden erwähnt. Eine ähnliche Kanzel steht in der Dörnigheimer Kirche (dort von 1705).

Die Kanzel stand anfangs rechts in der Kirche. Beim Einbau der Südempore 1697 hat man den Kanzelkorb nach links versetzt mit einem geraden Aufgang von links. Der Kanzeldeckel war durch einen Balken abgestützt, der vom Boden am Pfeiler entlang bis zum Kanzeldeckel ging; das Fundament der Säule ist noch erhalten. Der Kanzeldeckel wurde 1681 entweder gefertigt oder erneuert. Er ist allerdings heute nicht mehr erhalten, nur die Aufhängungen sind noch zu erkennen.

 

Eine Sanduhr auf der Kanzel wird 1628, 1677 und 1766 erwähnt; sie sollte allzu lange Predigten der Pfarrer verhindern. Im Juli 1680 wird aus dem Almosenkasten eine neue Kanzelbibel für sieben Gulden beschafft. Eine Tür auf der Kanzel und eine Tür rechts neben der Kanzel werden 1724 erwähnt. Im August 1850 wird die Anschaffung einer neuen Bibel auf der Kanzel beschlossen. Die Kanzel war zuletzt dunkelbraun übermalt und wurde bei der Renovierung 1967 in ihrer Farbigkeit wieder hergestellt.

 

Neben der Kanzel steht an der Ostwand des nördlichen Seitenschiffes ein Grabstein für die Söhne des Landgerichtsschöffen Philipp Hatzmann und seiner Frau Anna Margaretha geborene Krebs von 1794 / 1795. Der Mann ist der jüngste Bruder der Anna Maria Hatzmann, deren Grabstein rechts im Chor der Kirche steht. Die beiden Steine stimmen weitgehend in ihrer Gestaltung überein, der Stein im Chor hat nur oben noch einen Aufsatz.

Der Grabstein bezieht sich auf das zweite und dritte Kind von vier Kindern der Familie:

1. Philipp Hatzmann, geboren 3. Mai 1791, gestorben 14. August 1794 an Blattern, im Alter von 3 Jahren 3 Monaten und 11 Tagen.

2. Peter Hatzmann, geboren am 19. Juli 1795, gestorben 25. Juli 1795, 6 Tage alt.

Beide Familien Hatzmann sind Nachkommen des Pfarrers Hatzmann. Er war von 1661 bis 1677 Pfarrer in Hochstadt war. Er wurde 1638 in Birlenbach in Nassau geboren. Seit 1659 ist er Gehilfe („Adjunkt“) des Pfarrers Cress in Hochstadt. Er heiratet eine der Töchter des Pfarrers, aus der Ehe entstammen zehn Kinder. Am 16. September 1689 stirbt er in Bischofsheim. Er ist der einzige Pfarrer, der Nachkommen in Hochstadt hinterlassen hat, von denen auch noch einige im Ort leben, allerdings unter anderem Familiennamen.

 

Taufstein:

Der schöne, schlichte Taufstein könnte nach der Meinung Peter Feldmanns gleichzeitig mit einem Ausbau der jetzigen Kirche im 15. Jahrhundert entstanden sein. Die Angabe beruht aber nicht auf Urkunden, sondern auf einer kunstgeschichtlichen Einschätzung. Nach Meinung anderer ist er aus dem 13. bis 14. Jahrhundert, laut Aussagen des Historischen Museums Frankfurt wahrscheinlich aus dem 12. Jahrhundert.

Der Taufstein ist so groß, daß die Kinder bei der Taufe noch richtig untergetaucht wurden. Vielleicht stand er ursprünglich entweder vor oder hinter dem Altar oder dort, wo er jetzt auch wieder steht, nämlich unter dem Chorbogen an der Südseite.

Der Taufstein wurde wahrscheinlich 1596 bei der Umgestaltung der Kirche mit entfernt und fand später seinen Platz in der 1686 errichteten lutherischen Kirche. Mit der Vereinigung der beiden Kirchen im Jahre 1818 wurde diese Kirche aber nicht mehr genutzt. Der Taufstein stand dann noch weiter auf dem Hof herum und diente als Blumenkübel. Später stand er im Garten des Gehöfts vor der Ringmauer.

Dort entdeckt ihn 1904 ein Antiquitätenhändler und kaufte ihn für 500 Goldmark. Er verkaufte ihn an das Historische Museum in Frankfurt, wo er rund hundert Jahre zur ständigen Ausstellung gehörte, aber wenig beachtet wurde.

 

Im Jahre 1986 kehrt er noch einmal an seinen ursprünglichen Ort zurück und wurde zunächst im Rathaus Bischofsheim und dann in der Hochstädter Kirche ausgestellt. Nach langen Verhandlungen erklärte sich das Historische Museum bereit, den Taufstein der Hochstädter Kirchengemeinde als Dauerleihgabe zur Verfügung zu stellen.

Von dem mächtigen Taufstein in Kelchform aus rotem Sandstein ist nur die Schale erhalten. Aber nach den Ansätzen im Stein war auch der Schaft in etwa zu ergänzen. Bemerkenswert erscheinen die runde (nicht etwa mehreckig gebrochene) Schale und die Verzierung aus fünfzehn runden Blendbögen. Zusammen mit dem Schaft deutet das auf die spätgotische Zeit, als auch Bogenfriese an Türmen wieder rundbogig ausgebildet wurden. Der Steinmetz hat allerdings gegen Ende seiner Arbeit gemerkt, daß er mit dem Maß nicht auskommt und hat deshalb zwei Bögen erst größer und dann drei Bögen - heute an der Vorderseite - etwas schmaler gemacht.

Der Taufstein hat allerdings einiges abbekommen. Man sieht ihm den Zahn der Zeit an. Von der Steinmetzfirma Hennrich ist er restauriert worden und hat einen neuen Sockel bekommen. Drei Fehlstellen auf der Oberseite wurden ausgebessert: Hier saßen die Eisen auf, die über dem Taufbecken einen Dreibock bildeten.

 

Im Advent 2000 konnte der alte Taufstein wieder in der Kirche aufgestellt und neu in Gebrauch genommen werden. Pfarrer Rau sagte bei der Wiederaufstellung: „Jetzt ist der Taufstein wieder zu Hause. Er hat seinen Platz gefunden. Er bildet nun einen neuen Eckpunkt. Ein Dreieck von Altar, Kanzel und Taufstein ist entstanden. Könnte er reden, ich glaube, er würde uns sagen, wie sehr er sich freut, daß er jetzt endlich wieder seinen eigentlichen Sinn und Auftrag erfüllen darf: Mit Wasser gefüllt zu werden. Er darf ein Gefäß sein, an dem Menschen getauft werden, kleine und große Menschen. Er umfaßt das Wasser und erinnert uns an das Wasser, mit dem in den vergangenen Jahrhunderten unsere Vorfahren im Namen des dreieinigen Gottes getauft wurden und neue Menschen geworden sind, wie es im Taufritus der Christenheit seit 2000 Jahren heißt. Da wird Gottes Bund sichtbar, den er mit uns Menschen schließt!“

Der Stein wurde bei der Wiedereinweihung mit Wasser gefüllt. Das Wasser wurde aus allen vier Himmelsrichtungen gebracht, verbunden mit Lebensworten aus der Bibel: „Der Herr ist mein Hirte, nichts wird mir fehlen. Er läßt mich lagern auf grünen Auen und führt mich zu frischem Wasser“ (Psalm 23, 2), „Gesegnet ist der Mensch, dessen Hoffnung der Herr ist. Er ist wie ein Baum, am Wasser gepflanzt“ (Jeremia 17, 7 – 8), „Wie der Hirsch verlangt nach frischem Wasser, so verlangt meine Seele, Gott nach dir“ (Psalm 42, 2), „Wen dürstet, der komme. Und wer da will, der nehme das Wasser des Lebens umsonst“ (Offenbarung 22, 17b).

 

Altar (siehe unten unter „Chorraum“).

 

Emporen:

Schon nach der Vertreibung des Pfarrers Gereum (1578 - 1596) sind wahrscheinlich die Altäre in der Kirche abgebrochen und der Taufstein und die Bilder entfernt bzw. überstrichen worden. Falls das aber damals noch nicht der Fall war, ist es spätestens im Jahre 1697 geschehen, als die Kirche ganz nach den Vorstellungen der reformierten Kirche umgestaltet wurde. Damals wurden vor allem die Malereien übertüncht (und dadurch auch bis in unsere Zeit erhalten).

Die Emporen wurden 1697 eingebaut, um eine Predigtkirche zu schaffen, denn nun war nicht mehr der Altar mit der Feier der Messe die Mitte, sondern es ging um die Verkündigung des Wortes Gottes. Durch die an der Westseite eingebaute Empore wurde auch Platz für eine Orgel geschaffen, die erst jetzt in Auftrag gegeben wurde. Die Empore ging allerdings nur bis an den alten Turm und konnte erst verlängert und durch die Nordempore erweitert werden, als der Turm auch im Inneren der Kirche abgebrochen war.

 

Die Jahreszahl der Errichtung der Empore findet sich an der Säule vorne rechts. Bei der Renovierung im 20. Jahrhundert wurden die Säulen von der alten Empore übernommen. Sie haben zwei Farbfassungen unter der Standölfarbe. Das Erscheinungsbild der Erstfassung läßt eine Marmorierung vermuten.

 

Bei der Einpassung in die neue Empore wurden die Säulen aber oben gekürzt. Dadurch ist die Inschrift an der vorderen Säule nur noch teilweise erhalten.  Die vollständige Inschrift lautete: „Sub pastore Phil. Lud. Böhm, praetore Casp. Schmidt, senioribus Nic. Emmel, And. Schmidt, Phil. Burger, Joh. Schwarz, Mich. Pudel, aedili Joh. Georg Weber, in anno 1697.“ („Zur Zeit des Pfarrers Philipp Ludwig Böhm, das Schultheißen Caspar Schmidt, der Kirchenältesten Nicolaus Emmel, Andreas Schmidt, Philipp Burger, Johannes Schwarz, Michael Püdel und des Kirchenbaumeisters Johann Georg Weber, im Jahre 1697“).

 

Caspar Schmidt war mindestens seit 1683 Schultheiß, wahrscheinlich bis 1719; seine Anfangsbuchstaben finden sich auch auf dem Brunnen vor dem Haus Hauptstraße 19.

Niclas Emmel als Kirchenältester erwähnt 1698, gestorben ist er 1713.

Andreas Schmidt        als Kirchenältester erwähnt 1693 bis 1702, gestorben 1715.

Philipp Burger             als Kirchenältester erwähnt 1699 und 1701, gestorben 1701.

Johannes Schwartz     erwähnt 1697 bis 1731, „der Ältere“, gestorben 1731.

Michael Püdel (nicht „Buddel“) ist nicht als Kirchenältester bezeugt. Er hat 1671 geheiratet und ist 1703 gestorben.

 

Pfarrer Philipp Ludwig Böhm war zweimal Pfarrer in Hochstadt, die zweite Amtszeit ging von 1691 bis 1701. Einer seiner Söhne wurde Lehrer in der Pfalz und wanderte von dort mit einem ganzen Teil der Gemeinde nach Pennsylvania in den USA aus. Dort wurde er der Gründer der Deutsch-Reformierten Kirche in Pennsylvania und gab eine Kirchenordnung heraus. Die Kirche pflegte einen reichen Austausch mit der reformierten Gemeinde in Amsterdam. Die Schreiben sind in einem Buch festgehalten, das gleich am Anfang ein (stilisiertes) Bild von Hochstadt enthält – die älteste Darstellung Hochstadts.

 

Am 12. April 1901 erwägt man, die Empore für die Männer zu verbreitern, so daß man vier Sitzreihen gewinnen könnte. Dann wäre auch eine Verlängerung der Empore für die Burschen nicht nötig, die Licht weggenommen hätte. Im April 1902 fertigt Baurat Becker eine Zeichnung zur Verbreiterung der Emporen an. Diese würden dann bis zu den Innenkanten der Pfeiler gehen.

Zur Abgabe eines Angebots werden aufgefordert die Schreiner Valentin Burger, Seng und Daubert und die Zimmerleute Johannes Hensel III. und Johannes Hensel IV. Einen Voranschlag reichen aber nur Burger und Seng ein. Der Zuschlag wird dann Burger erteilt, der 1.200 Mark gefordert hat. Die Arbeit soll nach Pfingsten begonnen werden und nach drei Wochen beendet sein. So werden also damals die Südempore und auch die Westempore verbreitert.

Es sind aber noch weitere Arbeiten erforderlich: Der Zimmermann Johannes Hensel IV. verlangt im Mai 1902 für eine Treppe aus Eichenholz und Erweiterung der Orgelempore im Chorraum der Kirche 359 Mark. Der Schreiner Seng verlangt für das Abbrechen der alten   Orgelemporenbrüstung und Errichtung einer neuen Brüstung 240 Mark. Beide werden aufgefordert, ein neues Angebot abzugeben, weil der Preis zu hoch erscheint.

Im Mai 1902 erklärt sich der Zimmermann Johannes Hensel III. bereit, die Treppe zur Orgelempore zu bauen. Auf einen Kostenvoranschlag wird verzichtet, weil man ihm vertraut, daß er richtig abrechnet. Auf Johannes Hensel IV. wird verzichtet. Nachdem im Juni die   Emporen-Erweiterung fast vollendet ist, sollen die die Kinderlehre besuchenden Jungen nicht mehr unter der Orgel sitzen, sondern die vordersten Bänke auf der Empore für die Burschen einnehmen, die jüngsten Jahrgänge ganz vorne, die anderen dahinter.

Für die Bezahlung des Schreiners Valentin Burger soll der Pfarrer im Juli 1902 eine Anleihe über 600 Mark dem Pfarreiklassenschrank in Bergen entnehmen und verkaufen. An den Rechnungen der Schreiner Burger und Seng werden im September 3 bzw. 4 Mark abgezogen, aber sonst sind sie in Ordnung. Für die Reinigung der Kirche während der Bauarbeiten erhält der Kirchendiener Caspar Burger pro Stunde 35 Pfennig, seine Frau und die Witwe Weigel erhalten nur 20 Pfennig.

Zur Bezahlung der Baurechnungen werden Ende 1902 noch einmal Anleihen in Höhe von 500 Mark verkauft. Das alte Holz aus der Kirche wird auf drei Mark geschätzt und an den Pfarrer verkauft. Die Rechnung des Zimmermanns

 

 

 

 

Orgel:

Die erste Orgel, von der man weiß, kommt 1697 auf die neu eingebaute Empore im westlichen Teil des Mittelschiffs. Sie wird hergestellt von Hanauer Orgelmacher Valentin Margart (Markert), der 1699 dafür 314 Gulden erhält. Das Geld kommt aus Mitteln des Kirchenbaus und aus Kollekten. Reinhard Schellmann schreibt, sie sei von der Marienkirch n Hanu übernommne, aber das ist wohl eine Verwechslung miz 1797.

Zur Taufe von Johanna Koch am 22. August 1697 wird die Orgel zum ersten Mal gespielt.

Noch am gleichen Tag schließt das Presbyterium nach dem Nachmittagsgottesdienst mit Herrn Spieß einen Vertrag, wonach dieser bis zum Ende des Jahres 1698 für seine Mühe, die Orgel zu spielen („schlagen“) acht Gulden erhält.

 

Am 14. November wird beschlossen, an einem bestimmten Tag für die Orgel sammeln, der Schultheiß soll den Termin für die Sammlung festlegen. Am 13. Februar 1698 wird beschlossen, daß Johann Philipp in Zukunft die Orgel spielen und 20 Gulden im Jahr dafür erhalten soll. Es wird sich dabei wohl um einen Sohn von Wilhelm Philipp handeln, der von 1686 bis 1702 lutherischer Lehrer ist: Entweder ist es der 1669 geborene Sohn Johann Philipp oder gar der erst 1684 geborene Sohn gleichen Namens. Im Oktober wird die Bezahlung bei Amtshandlungen geregelt: Der Lehrer und Organist sollen für das Orgelspielen jeweils einen halben Gulden haben, wenn ihm jemand mehr gibt, soll es nicht verboten sein

Bei der Übergabe des Heberegisters von 1699 am 23. August 1700 werden dem Kirchenverwalter Schmidt in Hanau zwei Quittungen vorgelegt, mit denen man die 350 Gulden für die Orgel teilweise abgezahlt hat. Die erste Quittung ist vom 1. Juli 1699 und beläuft sich auf 200 Gulden, die zweite vom 26. April 1700 beläuft sich auf 100 Gulden. Es bleibt noch ein Rest von 50 Gulden und 16 Gulden Zinsen.

 

Im April 1702 erhält der Orgelmacher Wilcke (?) 20 Reichstaler (das entspricht 30 Gulden) für die Reparatur der Orgel. Jesaja Ermentraut erhält 1702 zwei Gulden im Jahr für das Balgtreten bei der Orgel. Er wird auch für das kommende Jahr wieder als Bälgetreter angenommen. Wenn er bei einer Hochzeit den Balg tritt, erhält er vier Albus. - Ein Aktenstück aus dem Jahren 1705-1760 über die Orgel in der reformierten Kirche in Hochstadt ist zwar im Findbuch des Stadtarchivs Hanau erwähnt, aber nicht im Staatsarchiv Marburg vorhanden.    

Im Jahr 1706 macht der Orgelmacher Schäfer zwei neue Blasebälge und erhält dafür 35 Gulden. Er hat verspricht, dafür auch noch den Tremulant (Möglichkeit zum tremulieren der Orgel) zu machen und die Orgel zu überprüfen und zu stimmen.

Eine Reparatur im Jahre 1721 geht nur aus einem Schreiben des Pfarrers Sebastian vom 11. November 1721 an das Lutherische Konsistorium hervor: An der reformierten Kirche ist gerade ein berühmter Orgelbauer tätig. Diesen möchte der lutherische Pfarrer verpflichten, für seine Kirche eine Orgel mit sechs Registern zu bauen.

An dem Aufgang zur Orgel soll im Juli 1724 ein Riegel angebracht werden, damit die Leute nicht den Lehrer beim Orgelspielen stören. Am 4. Januar 1733 bringt Johann Caspar Meerbott zwei Schlösser mit, die der Baumeister gekauft hat. Sie sollen angebracht werden an der kleinen Türe an der Kirche und an der Tür der Kammer im Chorraum, und der Pfarrer erhält die Schlüssel dazu. Eine Reparatur der Orgel und des Blasebalgs wird 1759 bis 1761 durchgeführt.

Doch 1793 werden Gesimse und Gitter auf der Orgelempore wieder entfernt, weil man sich nur dahinter versteckte und während des Gottesdienstes plauderte oder schlief. Die Jugend hat offenbar wegen der Entfernung des Geländers gehörigen Krach gemacht, denn sie war es ja, die sich hinter dem Gitter ungestört unterhalten wollte.

Im folgenden Jahr muß die Orgel von Orgelmacher Petter in Hanau auf Kosten der bürgerlichen Gemeinde wieder einmal repariert werden.

Für 350 Gulden wird 1797 die Orgel aus der Marienkirche gekauft. Doch Pfarrer Theobald verfolgt seit 1819 wieder den Plan, die Orgel ausbessern zu lassen. Ein Kostenvoranschlag für die elf Register beläuft sich auf 425 Gulden. Vor allem aber will der Pfarrer die Orgel in den Chorraum verlegen, um der Kirche mehr Luft und Raum zu geben. Außerdem muß man Platz für die ehemaligen Lutheraner schaffen, die ja seit der Hanauer Union von 1818 mit in die Kirche kamen. Das Konsistorium gibt die Erlaubnis, Kollekten zu sammeln und den Auftrag an den Orgelmacher Burg (oder Burgy) aus Homburg vor der Höhe zu vergeben.

 

Das Konsistorium genehmigt 1820 auch die Versetzung der Orgel in den Chorraum. Das Holz dazu könne aus der Lutherischen Kirche genommen werden. Am 5. April 1820 wird dann der Vertrag geschlossen. Er lautet auf 440 Gulden einschließlich Umsetzung. Am 12. März 1821 nimmt der Organist Försch die überholte Orgel ab. An den Orgelbauer müssen schließlich 540 Gulden gezahlt werden. Doch schon 1830 müssen nach einer Durchsicht für über 30 Gulden die beiden Blasebälge erneuert und ein Register geändert werden.

 

Die Orgel steht also zunächst im Chorraum. Eine Zeichnung aus dem Jahre 1916 zeigt die Orgel, die den ganzen Chorraum ausfüllt. Der Mittelgang der Kirche erscheint hier sehr breit. Über dem Chorbogen ist ein transparentartiges Schriftband zu sehen. Links ist noch die Ecke der Empore zu erkennen. Das Fenster ist an dieser Stelle nicht so vorhanden, sondern von der Südseite des Chorraums übernommen.

Aber schon 1848 kommt wieder die Meinung auf, die Orgel in das Kirchenschiff zu verlegen, und das heißt doch wohl, wieder auf die Empore. Doch erst einmal werden 1851 für 177 Gulden zwei Register und zwei Blasebälge erneuert und die Orgel überholt. Auch 1857 wird bemängelt, daß der Ton der Orgel durch die Versetzung in den Chor entgegen den Erwartungen geringer geworden ist. Auch seien der Chor und der Altar sehr eingeschränkt. Der Kirchenvorstand hat aber Bedenken, daß durch eine Verlegung der Orgel auf die Empore der Platz für die Jugend zu sehr eingeengt wird. Doch dem Pfarrer ist die Versetzung der Orgel ein Herzensbedürfnis. So wird die Orgel von Orgelbauer Hedwig aus Hanau 1857 wieder einmal auf die Empore versetzt.

 

Doch 1858 geben dann 71 Einwohner über 61 Gulden für eine neuerliche Umsetzung der Orgel. Ein Vertrag mit dem Orgelbauer Degenhardt in Hanau wird gemacht, für 70 Gulden will er die Arbeit übernehmen. Das Konsistorium stimmt schließlich zu, damit Friede in der Gemeinde wird. So kommt die Orgel im September 1858 wieder in den Chorraum, weil sonst auf der Empore 50 Plätze verlorengegangen wären.

 

Die Orgel stand auch im Chorraum auf einer Empore und darunter standen drei Bankreihen und links und rechts die damaligen vergitterten Sitzplätze für die Kirchenvorsteher. Der hölzerne Altar war mit einem schwarzen Tuch bedeckt und hatte ein Holzgitter, das aber zur Kirche hin einen Stehplatz für den Pfarrer zuließ. Der Aufgang zur Kanzel lag auf der linken Seite. Um 1935 stand gegenüber der Kanzel vor dem Chorbogen ein gußeiserner Ofen.

Bei der Visitation am 10. Juli 1901 bezeichnet der Organist Paulstich die Klangwirkung der aus elf Registern bestehenden Orgel als kläglich. Die Firma Ratzmann aus Gelnhausen könne für knapp 4.000 Mark eine pneumatische Orgel bauen (bei der die Ventile durch Druckluft bewegt werden). Noch im Jahre 1901 wird der Kauf einer neuen Orgel für 4.000 Mark beschlossen. Der Vertrag wird am 22. Juli 1901 abgeschlossen.

Wegen des Verkaufs der Pfeifen der alten Orgel kommt es noch einmal zu einer gewissen Unruhe, weil ein Hochstädter Spengler sich übergangen fühlt und sogar von Betrug spricht. Doch es hat niemand etwas von dem großen Interesse des Spenglers gewußt, der Verkauf war also völlig korrekt.

 

Eine Zeichnung des Orgelprospekts befindet sich bei den Pfarramtsakten, auch die Disposition der elf Register (der Charakter der Register). Wieder setzt sich der Pfarrer - jetzt Pfarrer Reich - leidenschaftlich für die Verlegung der Orgel auf die Empore ein. Aber alle zwölf Presbyter stimmen gegen den Vorschlag. Auch das Konsistorium ist für den Chorraum, auch wenn dieser Platz an sich ungeeignet ist.

 

Am 8. August 1917 müssen die Prospektpfeifen für die Zwecke des Krieges abgeliefert werden, obwohl der Pfarrer die doppelte Menge an Zinn zur Verfügung stellen will. Sie werden aber 1920 durch die Firma Ratzmann wieder erneuert. Ein elektrischer Winderzeuger für 420 Mark kommt 1929 hinzu. Schließlich wird 1939 einstimmig beschlossen, die Orgel doch wieder auf die westliche Empore zu verlegen.

Die heutige mechanische Orgel wird im Jahre 1966 von der Firma Peter in Köln erbaut und hat 19 Register.                                       

 

 

 

 

 

 

Malereien im Mittelschiff

Zunächst Grundsätzliches von Loeki Häger-Hogerland (Hochstadt, Luisantring 44) in etwas überarbeiteter Form: Von den ersten Anfängen im frühen Mittelalter an waren Kirchengebäude nicht nur Zweckbauten. Sie waren nicht nur mit Symbolen geschmückt, die mehr verhüllten als offenbarten, sondern sie waren auch immer Trägerin pflanzlichen Schmucks. Die Frühzeit der mittelalterlichen Baukunst wird von stilisierten Pflanzen beherrscht. Aber es wird nicht ein „Garten Eden“ dargestellt, sondern ein botanischer Garten voll herrlicher Pflanzen aus Gottes Schöpfung, die Mann, Frau, Kind und Vieh gesund erhielten.

Die Malereien in der Hochstädter Kirche sind im Jahre 1490 angebracht worden, wahrscheinlich von den gleichen Malern, die vorher in der Marienkirche in Hanau tätig waren. Die Hochstädter Kirche und der Chor der Marienkirche in Hanau sind nahezu zeitgleich erbaut worden. Wenn auch der Hanauer Bau im Vergleich mit einer Dorfkirche ungleich aufwändiger ist, so ergeben sich doch einige Übereinstimmungen in der Ausgestaltung: Die Decke des Chores in der Marienkirche in Hanau sind ähnlich ausgeführt wie die in Hochstadt. Weitere Parallelen sind der Heilige Laurentius auf dem Bratrost in der Sakristei, der Heiligkreuzaltar und das frühere Wandbild mit der Legende von den 10.00 Märtyrern. Das legt nahe, daß in beiden Kirchen die gleichen Künstler tätig waren (Schellmann III, Seite 119).

Die Darstellung der Pflanzen ist aber schon ein Zeugnis einer neuen Zeit, die ihre Kraft nicht mehr nur aus den Verheißungen des Glaubens zog. An die Stelle phantastischer Figuren traten Früchte, naturgetreue Blätter, Zweige und Äste, also botanisch genau bestimmbare Pflanzen. Sie dürfen sich wie in der Natur spielerisch ausbreiten. Die Pflanzen mußten aber nicht naturgetreu ausgeführt werden (nur Weinranken und Weinblätter wurden genau nach der Natur wiedergegeben).

 

Die farbenfrohe Blumendekore haben eine lange mystisch-religiöse Vorgeschichte: Rot, die Farbe des Lebens, der Liebe, der Leidenschaft und des Feuers, wurde mit dem Blut christlicher Glaubenshelden verbunden. Die weiße Farbe ist ein Symbol für Reinheit und Unschuld. Goldgelb oder Ocker ist die Farbe der Sonne, des Reichtums und der Freude. Grün ist die Farbe der Unreife, der Hoffnung und der Frühlingsfreude. Schwarz in Kombination mit Gelb oder Schwarz mit Rot sind die kräftigen Farben des Teufels.

Ihren eigentlichen Symbolwert erlangten die an die Kirchen gebundenen Gewächse im Bereich der Volksmedizin. Es sind auch zum größten Teil Heilkräuter, die in Kirchen abgebildet wurden. Körperliche Gebrechen hinderten die volle Entfaltung des Gotteslobes, und man meinte damals, vor allem Dämonen brächten Krankheit und körperliche Gebrechen.

Nur das getreue Bild der gegen sie gewachsenen Pflanzenwelt trieb die Dämonen wirklich zur Flucht. Bäume und Sträucher, die trotz der winterlichen Kälte nicht ihre Blätter verloren, waren wichtige Mittel im Kampf gegen die Dämonen. Ihr winterliches Grün wies nicht an erster Stelle hin auf das Paradies, sondern auf die unerschöpfliche Lebenskraft der Natur, die man damals gegen Krankheit und Not zur Hilfe rief.

 

Der Maler war kein Biologe. Als Künstler nahm er sich die Freiheit, die Pflanzen zu malen, wie er sie sah. Besonders die Blätter hatten es ihm angetan. Er mußte auch seine Pflanzen um ein Vielfaches vergrößern und durfte sich nicht in Einzelheiten verlieren, damit sie noch sichtbar waren. Die Besucher der Kirche haben die Pflanzen bestimmt wiedererkannt und sich an den Wandmalereien erfreut. An wissenschaftlichen Feinheiten aber waren sie nicht besonders interessiert, denn Pflanzen waren für sie ein Teil der Schöpfung Gottes.

So ist diese Kirche überreich ausgestattet mit verschiedenen Blumen. Im Chorraum sieht man an der Decke Pfingstrosen rund um die Schlußsteine. In der Mitte des Blumenkranzes sollte eigentlich Christus stehen. Aber hier in Hochstadt finden wir auf den Schlußsteinen das Wappen der Grafen von Hanau und das Wappen des Pfarrers Genseler, der damals die Ausmalung im Auftrag des Erzbischofs vom Mainz in die Wege leiten mußte. Es war damals so etwas wie eine Pflicht, daß man die zeitgenössischen Amtspersonen wie Graf, Landrat, Bürgermeister und Pfarrer in Kirchen verewigte. Auch das war Zeichen eines neuen demokratischen Gemeinschaftsgefühls in der Zeit der „frühbürgerlichen Revolution“ an der Schwelle der Neuzeit. Die kostbaren Ziergewölbe um 1500 bekunden die besondere geistige und gesellschaftliche Stellung der Bauherren, sagt ein Kunsthistoriker.

 

In den Zwickeln zwischen den Rippenbbögen sieht man bittersüßen Nachtschatten, Kornrade, Liebstöckel und echte Kamille. Das Wappen des Hanauer Grafenpaares und der mehrfach gezeigte Schwan als das Hanauer Wappentier zeigen die Verbundenheit zum Landkreis. Über dem Chorbogen ist das Schöllkraut gemalt. Das eigentliche Bild zeigt Christus auf dem Regenbogen, flankiert von Maria Johannes, beim letzten Gericht: Links sieht man die Gerechten, rechts werden die Verdammten in die Hölle gestürzt.

Im Mittelschiff ist zunächst die Akelei dargestellt, einmal mehr stilisiert und nach Westen zu mehr nach der Natur; es folgen dann der Schlafmohn. Der große Leuchter ist vom Ruprechts­kraut umgeben. Ganz hinten dann noch der Löwenzahn. Das nördliche Seitenschiff zeigt wilden Majoran und bittersüßen Nachtschatten, das südliche Seitenschiff Weinstock, Seifenkraut und Löwenzahn, Sauerklee und eine freigestaltete Blume.

 

 

 

An den Sandsteinbögen findet sich eine typische Frankenstreifenmalerei mit Streifen und Punkten. Diese gibt es in ganz Deutschland in verschiedenen Farbkombinationen. In Norddeutschland sind die Kombinationen gelb-rot und blau-grün-grau üblich, in Franken rot-weiß-blau, in der Oberpfalz blau-weiß-gelb und in Ostdeutschland grün, rot und schwarz-weiß und ocker. Da in Hochstadt die letzte Kombination vorherrscht, könnte man vermuten, daß der Wandmaler aus Ostdeutschland stammte oder von dort aus beeinflußt wurde oder dort sein Fach gelernt hat.

In der ganzen Hochstädter Kirche finden sich die Ornamente, die gewöhnlich als Feuerflammen gedeutet werden. Doch eher handelt es sich hier um eine Darstellung der Sonne und ihrer Strahlen, denn im Mittelschiff wechseln die Sonnenstrahlen sich ab mit Regentropfen. Die geraden oder geschlängelten „Flammen“ sind also in Wirklichkeit Sonnenstrahlen mit Regentropfen.

Die Decke der Leipziger Thomaskirche ist ähnlich ausgemalt. Die Pflanzen rund um die Schlußsteine sind allerdings viel kleiner, während in Hochstadt die Felder fast ganz gefüllt sind. Auch die Sonnenstrahlen sind in Leipzig vorhanden. Auch die Kirche des Klosters Michelsberg in Bamberg ist reich mit Blumen ausgemalt, so wie viele andere Kirchen auch.

Hensel senior war um mehr als 100 Mark geringer als Hensel junior verlangt hatte. Sie wird für richtig befunden. Die Rechnungen des Spenglers Bauer und des Schlossers Bauer werden geprüft und angenommen.

Die alte Orgeltreppe wird im November 1903 an Wilhelm Fischer verkauft, für zwölf oder allenfalls zehn Mark. Eine Leiter von der Sakristei zum Kirchenboden soll angeschafft werden (wurde jetzt schon ein Loch in die Decke der Sakristei gebrochen?).

 

Im Jahre 1902 wurden also die Südempore und auch die Westempore verbreitert bis zu den Innenkanten der Pfeiler. Man gewann dadurch vier Sitzreihen, aber Ende der dreißiger Jahre soll die Empore im südlichen Kirchenschiff zwecks Freistellung der Pfeiler wieder zurückverlegt werden. Auch die neue Orgelempore soll um 1,25 Meter zurückverlegt werden. Die Empore vor der Orgel wurde aber 1956 wieder verbreitert, um Platz für den Chor zu schaffen.

 

 

 

 

Erstes Joch: Akelei

Im Schlußstein des ersten Jochs findet sich das Wappen von Hanau, umgeben von Pflanzen.

Hier ist die AKELEI (aquilegia vulgaris) dargestellt, ein Hahnenfußgewächs. Die 30 bis 60 Zentimeter hohe Staude ist verzweigt. Die obersten Blätter sind dreilappig und sitzend, die unteren sind doppelt dreiteilig gefiedert und haben lange Stiele. Die Blüte ist nickend und hat blumenblattartig entwickelte Nektarblätter, deren fünf Sporne bogig verlaufen und an der Spitze hakenförmig gekrümmt sind. Die Pflanze blüht in den Monaten Juni bis August. Die Farbe der Blüte ist violett, rosa oder weiß. Akelei kommt auf Kalk vor und wächst in lichten Laubwäldern, am Waldrand, an steinigen Hängen, auch auf Wiesen.

In Hochstadt findet sie sich nicht mehr wild, die Art steht auf der „roten Liste“. Bei den Germanen war die Heilpflanze der Göttermutter Frigga geweiht. Sie erscheint häufig auf Bildern des Christgeburts-Zyklus und weist auf Maria als Gottesmutter hin.

    

Auch am Übergang zum zweiten Joch ist die Akelei dargestellt, und zwar auf der Seite nach dem Chorraum zu stilisiert, nach der Orgel hin mehr nach der Natur: Die Blüte hat eine nickende Form und die Blätter sind nach drei Seiten ausgebreitet. Die vier grünen Blätter unter dem Blütenkelch sind schmal und spitz.

 

Auf der anderen Seite des Jochs dagegen in Richtung Chorraum hat der Maler seine Phantasie walten lassen. Es könnte sogar sein, daß er hier und am Schlußstein den Schlafmohn hat darstellen wollen (papaver somniferum), dessen Blüten zu einer Frucht mit einer sehr große Porenkapsel wird, die eiförmig, kugelig oder lang und schmal ist und die sich an der Spitze mit Löchern öffnet, aber oft auch geschlossen bleibt. Der Same ist ohne Anhängsel, weiß bis schwarz.

Es handelt sich hier aber nicht um die Rote Heckenkirsche (lonicera xylosteum), wie Feldmann angibt. Diese ist ein Geißblattgewächs, mit breiten, elliptisch, spitz und kurz gestielten Blättern (nicht stengelumfassend). Es hat röhrenförmige und zweilippige Blüten, die aus der Röhre wachsen, die auf dem Stengel aufsitzt. Dieser ein bis zwei Meter hohe Strauch findet sich zum Beispiel am Rand der Hartig.

 

In den Scheidbögen zu den Seitenschiffen hin sind Sonnenstrahlen dargestellt.

Zweites Joch: Ruprechtskraut                                              

Das Mitteljoch zeigt einen mäßig weiten Ringschlußstein mit 70 Zentimeter Durchmesser. In ihm befindet sich eine Öffnung, die vielleicht zum Hochziehen kleinerer Lasten oder einer „himmelfahrenden“ Christusstatue diente. Im Jahre 1994 wurde hier ein Kronleuchter aufgehängt, der die Malerei erst richtig ausleuchtet. Wenn eine Birne ausfällt, muß der ganze Kronleuchter herabgelassen werden.

 

Dargestellt ist hier das RUPRECHTSKRAUT (geranium robertianum). Die Pflanze ist ein Storchschnabelgewächs. Sie ist einjährig und wird 20 bis 50 Zentimeter hoch. Sie gilt als „unausrottbares Unkraut“, riecht unangenehm, wird aber dennoch auch „Gottesgnadenkraut“ genannt.

Die Blätter sind tiefhandförmig Blättern, gelappt oder geteilt und haben Nebenblätter; im

Herbst verfärben sie sich rot. Die Blüten sind fünfzählig mit borstiger Spitze. Die Frucht hat meist einen langen geraden oder gedrehten Schnabel, es handelt sich um Schleuderfrüchte.

In der Kirche ist die Pflanze im Wesentlichen richtig wiedergegeben, nur die Schleuderfrüchte sind eher wie „Engelsflügel“ dargestellt. Die Pflanze wächst im Wald und an schattigen Stellen an Mauern und Felsen, auch in Hochstadt. Die Heilpflanze enthält ätherische Öle, Gerb- und Bitterstoffe. Sie hilft als Tee bei Durchfall und Ohrenschmerzen, bei Magen- und Darmkatarrh und Gicht.

 

An der Westseite des zweiten Jochs ist WIESEN-LÖWENZAHN (taraxacum officinale) gemalt. Der Löwenzahn ist eine 5 bis 40 Zentimeter hohe formenreiche Staude. Die Blätter sind länglich bis verkehrt-lanzettlich, grob gezähnt und buchtig eingeschnitten und stehen in einer Grundrosette. Die Blüten stehen einzeln auf einem hohlen Stengel, der Pappus ist schirmförmig. Löwenzahn findet sich auf Grünland und auf Unkrautfluren. Als Heilpflanze wurde er verwendet bei Augenentzündungen, unreiner Haut, Gallenleiden, Nierenleiden, Hämorrhoiden und Zuckerkrankheit. Die Löwenzahnwurzeln dienten als Kaffee-Ersatz. Der Löwenzahn hat blutreinigende Wirkung. Er wurde auch gern in der Küche verwendet und mit ausgebackenem Speck gegessen.

 

Drittes Joch:

Das östliche Joch hat einen Schlußstein mit Flammenornamenten, aber ein Wappen fehlt. Hier wurden auch nicht alle Bereiche der Decke freigelegt, weil der Blick von unten wegen der Orgel sowieso nicht die gesamte Fläche erfassen kann.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Malereien in den Seitenschiffen

 

Nördliches Seitenschiff:

Im Nordschiff sind das erste und das zweite Schiff ähnlich gestaltet: An der Decke ist jeweils ein Schlußstein mit dem Hanauer Sparrenwappen (ohne den rahmenden Dreipaß mit Eckspornen) und mit Strahlen umgeben.

 

Im Zwickel des ersten Jochs sieht man DOST (origanum vulgare), auch „Wilder Majoran“ oder „Oregano“ genannt. Die 20 bis 60 Zentimeter hohe Staude wird als Küchengewürz geschätzt und ist vor allem als Gewürz auf der Pizza bekannt. Er blüht in den Monaten Juli bis September. Die Pflanze ist dank des hohen Gehalts an ätherischen Ölen würzig und aromatisch duftend. Der Stengel wächst aufrecht. Wenn die Pflanze genügend Platz hat, bilden sich an Blattachseln zahlreiche Seitentriebe. Die Blütenstände der rosa- bis weinroten oder braun-roten Lippenblüten stehen in lockeren Scheindolden oder in endständigen oder seitenständigen Rispen. Die Blätter sind spitz-eiförmig, nicht gezahnt oder nur fein gekerbt gezähnt, ganzrandig und gestielt.

Dost kommt in ganz Mittel- und Osteuropa auf Kalkboden vor, auf Trockenrasen, im lichten Gebüsch, am Wald- oder Heckenrand und an Böschungen. In Hochstadt kommt er häufig vor auf den Wiesen unterhalb der Hartig und westlich davon.

Die Heilpflanze wurde in der Volksheilkunde gegen Durchfallerkrankungen und Blähungen angewendet, auch zur Behandlung von Entzündungen im Mund- und Rachenraum und bei Katarrhen und bei Wunden und Ekzemen. Verwendet werden das blühende Kraut und die Blätter, hauptsächlich als Tee oder als Tinktur (Hustentropfen).

In der Kirche ist diese Pflanze sehr naturgetreu wiedergegeben, nur die Blätter sind nicht kerbzähnig. Es handelt sich hier nicht um die Wasserminze, denn diese hat gesägt gekerbte Blätter und sie ist auch keine Heilpflanze. Es handelt sich auch nicht um Wasserdost, denn diese Pflanze hat handförmige Blätter.

 

Am Übergang vom ersten zum zweiten Joch ist BITTERSÜSSER NACHTSCHATTEN (solanum dulcamara) dargestellt. Die Pflanze ist ein Nachtschattengewächs. Sie kommt vor in feuchten Gebüschen, Auwälder, Bruchwäldern, Hecken und Röhrichten und auf feuchten Böden. Der Halbstrauch oder die Staude ist kletternd oder niederliegend, meist behaart, oft mit Stacheln. Er wird 30 bis 250 Zentimeter hoch. Die länglichen Blätter sind eiförmig oder herzförmig und stehen wechselständig oder paarweise, sie sind einfach bis gefiedert, die obersten Blätter sind spießförmig bis ohrförmig, ungeteilt oder am Grund mit ein bis vier gefiederten Lappen. Die Stengel sind am Grund verholzt und mit kriechendem Wurzelwerk. Die Blütezeit reicht von Juni bis August.

Die Blüten sind violett, die fünf Kronblätter sind zurückgeschlagen, die Staubbeutel sind gelb und säulenförmig vereint. Die Beeren sind scharlachrot, eiförmig uns bis 1,5 Zentimeter lang. In der Kirche sind immer nur vier Kronblätter gezeichnet.

Die Pflanze kommt an nassen und feuchten Stellen, im Gebüsch und in Bruchwäldern vor. In Hochstadt ist sie selten. In unserer Gegend findet man Standorte am Obermooser See und in Büdingen-Dudenrod. Auch im Kräutergarten des Klosters Seligenstadt ist sie zweimal vertreten. Die Hauptwirkstoffe dieser giftigen Heilpflanze sind Solanin, Bitter- und Gerbstoff. Sie wurde angewendet bei Hautkrankheiten, Muskel- und Gelenkrheumatismus, Blasenkatarrh und Lippenbläschen. Die Pflanze ist auch im Chorraum links abgebildet.

     

Im Zwickel des zweiten Jochs ist wieder der Dost dargestellt, aber nur als Kopie der Pflanze im ersten Joch. Es könnte auch sein, daß die Decke des zweiten Jochs eine Kopie des ersten Jochs ist, aber beim Dost ist das sicher. Das zeigt eine Wiedergabe der Kopie aus der Zeit kurz nach der Restaurierung.

 

Das nordwestliche Gewölbe zeigt einen abweichenden quadratischen Schlußstein unserer Zeit mit der Inschrift „HV 1957“, eine Erinnerung an die Renovierung von 1957. Es ist aber kaum vorzustellen, daß sich hier der Malermeister verewigt hat. Feldmann meint, das Gewölbe sei hier ganz neu aufgeführt oder grundlegend hergestellt worden, aber das hat keinen Anhalts­punkt.

 

 

Südliches Seitenschiff:

Die Schlußsteine des südlichen Seitenschiffs bestehen alle aus einem rahmenden Dreipaß mit Eckspornen (Dreieckspitzen). Das Zeichen im östlichen Schlußstein hat man gedeutet auf eine Wingerthacke oder einen schwarzen Mauerhaken, Aber an sich ist es eine Wolfsangel, ein aus Eisen geschmiedetes Jagdgerät, das früher zum Fang von Wölfen eingesetzt wurde. Die mit Widerhaken versehenen Enden wurden mit Ködern (zum Beispiel mit den Eingeweiden erlegter Jagdtiere) bestückt und an einem Baum so hoch aufgehängt, dass der Wolf danach springen musste, um zuschnappen zu können. Allerdings wird die Wolfsangel meist mit noch einem Querbalken dargestellt. Der zweite Schlußstein zeigt ein Wingertmesser (oder eine Sichel) und der Schlußstein im Westen ist leer.

 

Erstes Joch: Weinstock

Hier ist der echte WEINSTOCK (vitis vinifera) dargestellt. Der Kletterstrauch hat drei- bis fünflappige Blätter und bringt Beeren hervor. Die Weinrebe gehört zu den ältesten Kulturpflanzen und gedeiht vor allem in Ländern mit gemäßigt warmem Klima mit schneller Bodenerwärmung. Der wirkstoffhaltige Traubensaft bietet zahlreiche gesundheitsfördernde Möglichkeiten. Er hilft bei schlechter Verdauung, nervösem Magen und wetterbedingter Müdigkeit und Erkältungen. Bei starker Schweißabsonderung helfen Hautwaschungen. Bei Schienbeinverletzungen helfen Weinessig-Umschläge. Das Weindestillat „Franzbranntwein“ ist ein Universalmittel. Gemischt mit Honig und Eigelb ist der Wein auch ein Kräftigungsmittel für alte Menschen

 

Die Weintrauben sind an dieser Stelle überraschend. Vielleicht wurde der Wein unter die Heilpflanzen gerechnet. Aber eher handelt es sich um einen Hinweis auf den Weinbau, der früher in Hochstadt und Umgebung verbreitet war. Man muß damit rechnen, daß die Themen der Malerei in der Tradition vorgegeben waren. Der Chor der Marienkirche in Hanau ist ähnlich ausgemalt. Ja man kann sogar annehmen, daß die in Hanau tätigen Maler nach Vollendung ihrer Arbeit in Hanau im Jahre 1489 noch anschließend in Hochstadt tätig wurden. Während die anderen Motive in der Kirche vielleicht eher traditionell sind, könnte hier an einer wichtigen Stelle eine lokale Besonderheit eingefügt worden sein, hier könnten die Maler seine eigenen Vorstellungen verwirklicht haben.

 

 

Zweites Joch: Seifenkraut und Löwenzahn

Östlich und westlich des Schlußsteins sieht man GEMEINES SEIFENKRAUT (saponaris officinalis). Die schwach giftige Pflanze gehört zu den Nelkengewächsen. Die 30 bis 70 Zentimeter hohe kahle Staude ist eine kriechende Pflanze, die auch als „Waschkraut“ bezeichnet wird. Die Blätter sind länglich-lanzettlich. Die Blüten haben Kronblätter, die nicht ausgerandet sind und aus dem Kelch herausragen. Das Echte Seifenkraut ist eine ausdauernde, krautige Staude mit einer rübenartigen Hauptwurzel und zahlreichen Ausläufern. Die Stengel werden 40 bis 80 Zentimeter hoch und treiben gedrängt stehende weiße bis rosafarbene Blüten.

Die Frucht ist eine Kapsel, die in der Reife aufspringt und kleine schwarzbraune Samen enthält. Die Pflanze findet sich in Unkrautfluren, am Wegrand, auf Schuttplätzen, an Böschungen und auf Bahnhöfen. Die Hauptwurzel enthält Saponine. Zerriebene Blätter waren früher Seifenersatz, da sie Wasser zum Schäumen bringen. Aber die Saponine aus der Wurzel bewährten sich auch auswurffördernd und harntreibend. Man benutzte die Wirkstoffe auch gegen Gicht, Rheuma, Husten und Wassersucht

       

Nördlich und südlich des Schlußsteins sieht man Löwenzahn (Beschreibung siehe Mittelschiff). Feldmann vermutet, daß es sich hier um Nelken- und Distelgewächse handelt (caryophyllacee oder cirsium bzw. carduus).

 

 

Drittes Joch: Wald-Sauerklee und Sumpfdotterblume

Der WALD-SAUERKLEE (oxalis acetosella) ist ein Sauerkleegewächs, das 8 bis 15 Zentimeter hoch wird. Die Blätter sind dreizählig gefiedert, die Blättchen sind bei Lichtmangel herabhängend.

Die Blüte ist fünfzählig. Sauerklee wächst im Wald an schattigen Stellen. Die Heilpflanze wurde angewendet bei Fettleibigkeit, Entzündungen und früher vor allem bei Fieber. Die zerstoßenen Blätter dienten als äußere Auflage bei Entzündungen. Der Tee diente zur Nierenanregung und als Erfrischung bei Fieber. Der Saft aus frischen Blättern sollte bei Vitaminmangel helfen. Feldmann vermutet hier auch die Pflanze „Bittersüßer Nachtschatten“ (solanum dulcumara) (

 

Am Giebel der Westseite findet sich eine Pflanze mit nierenförmigen Blättern, die wohl mehr eine freie Erfindung des Malers ist. Man hat vermutet, daß hier eine SUMPFDOTTERBLUME (caltha palustris)dargestellt  ist Sie ist ein Hahnenfußgewächs, sehr formenreich, kräftig und kahl. In der Ebene steht sie aufrecht, in Berggebieten ist sie niederliegend. Die Blätter sind groß und kreisrund bis herz- und nierenförmig und dunkelgrün glänzend. Die Blüte ist gelb und hat ein rundes Köpfchen. Die Sumpfdotterblume findet sich auf nassen Wiesen, in Hochstadt auf der nassen Kratzdistelwiese zwischen Südumgehung und Autobahn und in der Langen Weid. Sie steht auf der „roten Liste“.  Die Heilpflanze ist ein schweiß- und harntreibendes Mittel und soll helfen bei Ekzemen, Gürtelrose, Bronchitis, Regelstörungen und Migräne.

 

Es handelt sich nicht um die Trollblume, denn diese hat handförmige Blätter. Es handelt sich auch nicht um die gelbe Teichrose (nuphar lutea), auch „große Mummel“ genannt, die zu den Seerosengewächsen gehört. Die ist zwar auch eine Heilpflanze, findet sich aber in langsam fließenden Gewässern und Teichen unter der Wasseroberfläche und hat keinen verzweigten Stengel und runde Blätter.

 

Wegen der vielen Heilpflanzen in der Kirche hat der Restaurator Pracher aus Würzburg die Theorie entwickelt, daß es in Hochstadt ein Hospiz gegeben haben könnte, in dem Reisende untergebracht und verpflegt wurden. Unter Umständen hätten sie auch gepflegt werden können, wenn sie erkrankt waren. Dieses Hospiz wäre dann in dem Hof neben der Kirche untergebracht gewesen. Aber das ist reine Spekulation. Der Hof Hauptstraße 2 war der sicher kein Kloster oder Hospiz, könnte aber ein Klosterhof gewesen sein, wo man die Früchte für ein Kloster einsammelte. Außerdem waren Heilpflanzen ein gängiges Motiv in vielen Kirchen, ohne daß auch ein Hospiz dabei war.

 

 

Chorraum

 

Malereien im Chorbogen:

Im Chorbogen sind Darstellungen des Jüngsten Gerichts dargestellt. Christus sitzt auf einem Regenbogen als Weltenrichter in der „Mandorla“. Unter ihm ist als runde Scheibe die Erde zu sehen. Links von Jesus kniet Maria, rechts steht Johannes, der „Lieblingsjünger“. Zur Deckenfläche hin wird die Malerei von einem breiten Band (15 Zentimeter) rot-braun-violetter Farbe mit schwarzen Begleitern begrenzt.

Unterhalb des Balkens ist eine Darstellung von Himmel und Hölle zu vermuten. Links sieht man oben einen Engel, etwas weiter unten und etwas nach links eine Heiligengestalt (mit Nimbus). Sie deuten stellvertretend die Heiligen an, die zu Gott kommen. Rechts ist der Bereich der Hölle. Die Sünder (Figuren und Fabeltiere) werden in den Rachen der Hölle mit Feuerzungen geworfen.

An der linken Seite muß sich ein Durchbruch in der Mauer befunden haben, da sich hier eine sauber verputzte Eckkante befindet (Die Malerei reicht jedoch über diese Ecke hinweg). Während der Restaurierungsarbeiten 1987 sah man in der Wand links neben dem Bildnis der Maria einen Riß. Entsprechende Risse traten auch nach der Restaurierung wieder auf.

Reinhard Schellmann vermutet hier die Südseite eines früheren Durchgangs vom Dachboden des Chors auf die zuvor flache Decke des Mittelschiffs. Auf den Seiten 132 und 133 zeigt er eine Rekonstruktion der vermuteten Tür. Schellmann III, 108 und 135

Wenn man sich aber die Gewölbe wegdenkt, haben Chorraum und Kirchenboden nicht die gleiche Höhe. Und der Balken im Chorbogen liegt auch deutlich höher. Dieser Balken - der auch über die Seitenschiffe geht und zu dem hinter der Orgel ein entsprechender Balken zu sehen ist - könnte schon der Anfang einer zumindest geplanten Balkendecke sein, deren Ausführung man aber zugunsten eines Gewölbes fallen ließ. Wenn es einen Durchgang vom Dachboden des Chors zum Mittelschiff gegeben haben sollte, dann müßte dort eine sehr viel niedrigere Balkendecke geplant gewesen sein.

Anders ist es mit der heutigen Tür von Kirchenboden zum Dachboden des Chors. Durch die Erweiterung dieses Durchgangs vom Kirchenschiff zum Dachboden über dem Chor könnte es zu einer Schwächung des Mauerwerks und dann zur Rißbildung gekommen sein. Aber Risse gibt es auch an anderen Stellen der Kirche, sie sind oft nur im Putz und an sich in alten Gebäuden natürlich.

 

Bei der Nachreinigung mit destilliertem Wasser zeigte sich direkt über dem Chorbogen unter dem Balken - unter einer hauchdünnen Kalkschicht verdeckt - eine Jahreszahl. Die Zahlen sind 17 bis 22 Zentimeter groß, zumindest die 1 und die 9 kann man gut erkennen. Der Restaurator hat hier die Zahl als „1490“ gelesen und als Jahreszahl der Erbauung der Kirche vermutet.

Die Jahreszahl an diesem Bogen lautet aber 1290. Die zweite Ziffer sah man früher als eine halbe Acht an. Aber es ist deutlich der untere Querstrich der Zwei nach rechts zu sehen (es fehlt ein entsprechender Querstrich nach links für einen halbe Acht). Bei der Ausmalung der Kirche war diese Zahl schon vorhanden und wurde zum Teil übermalt (das Teufelchen ist über die „0“ gemalt, aber vielleicht war dieses Teufelchen damals schon kaum noch zu sehen). Diese Jahreszahl ist ein weiterer Hinweis darauf, daß die erste Kirche im Jahre 790 erbaut wurde. Die Jahreszahl „1290“ und gibt das Jahr der Erbauung des Chorbogens und damit des gesamten Kirchenschiffs an

 

Über dem Chorbogen ist das SCHLKRAUT (chelidonium majus) dargestellt. Die Pflanze ist sehr naturgetreu dargestellt (nur die Blüten sind etwas groß). Die Pflanze gehört zu den Mohngewächsen. Die Staude ist fast kahl, der Stengel ist verzweigt. Die Blätter sind stumpfgrün und fiederspaltig bis gefiedert. Die Blüte ist gelb. Beim Zerreiben sondert die Pflanze einen orangefarbenen Milchsaft ab.

 

Das Schöllkraut findet sich in Unkrautfluren, an Wegrändern und an schattigen Stellen und ist sehr häufig in Hochstadt. Es ist ein alter Kulturbegleiter und Siedlungsanzeiger und ein Zeigerpflanze für Stickstoff. Der giftige Milchsaft wird verwendet als Mittel gegen Hühneraugen und Warzen. Schöllkraut stand aber auch in dem Ruf, den grauen Star heilen zu können, und wurde so zum Symbol des Heilmittels gegen geistliche Blindheit. Man nahm auch an, die Schwalbe könnten ihren Jungen durch den Saft des Schöllkrauts („Schwalbenkraut“) das Augenlicht zu geben.  Es könnte sich bei der Pflanze aber auch um Ehrenpreis handeln

 

Im Chorbogen sind Darstellungen des Jüngsten Gerichts dargestellt. Christus sitzt auf einem Regenbogen als Weltenrichter in der „Mandorla“. Unter ihm ist als runde Scheibe die Erde zu sehen. Links von Jesus kniet Maria, rechts steht Johannes, der „Lieblingsjünger“.  Unterhalb des Balkens ist eine Darstellung von Himmel und Hölle zu vermuten. Links sieht man oben einen Engel, etwas weiter unten und etwas nach links eine Heiligengestalt (mit Nimbus). Sie deuten stellvertretend die Heiligen an, die zu Gott kommen. Rechts ist der Bereich der Hölle. Die Sünder (Figuren und Fabeltiere) werden in den Rachen der Hölle mit Feuerzungen geworfen.

 

Chorraum:

An das Mittelschiff schließt sich östlich ein längs-rechteckiger Chor mit dreiseitiger Apsis mit polygonalem Abschluss an. Der Chor ist etwa 3,50 Meter niedriger als das Mittelschiff, jedoch insgesamt etwas breiter ausgebildet. Das Bodenniveau des Chors liegt eine Trittstufe höher als das Kirchenschiff. Der Über­gang zwischen Chor und Mittelschiff erfolgt durch einen spitzbogigen Triumphbogen.

Der Chor hat keine Strebepfeiler, wie sie an sich für ein Gewölbe nötig sind, um den Druck auf die Außenwände abzufangen. Der heutige Chorraum wurde von Anfang an mit den Kreuzrippenbögen gebaut und erhielt dabei auch seine Ausmalung. Man muß unterscheiden zwischen Wandmalereien und Deckenmalereien, aber beide sind um 1489 entstanden. Doch erst als die drei Altäre standen, konnte man auch an die Wandmalereinen gehen.

Man könnte annehmen, daß man 1489 nur die bisherige Kirche noch etwas erweitern wollte durch einen größeren Chorraum. Es könnte aber auch sein, daß man die ganze Kirche neu bauen wollte, denn der Chorraum ist etwa 35 Zentimeter breiter als das Mittelschiff (der vorherige Chorraum war so breit wie das Mittelschiff).

Es könnte aber auch sein, daß man dann den Plan einer größeren Kirche aufgegeben hat und sich darauf besonnen hat, daß man ja schon einen großen Kirchenraum hatte.

 

Franz Brück meint, der Chorraum sei nur von Pfarrer Genseler und dem Grafen von Hanau finanziert worden, weil nur deren Wappen in den Schlußsteinen sind. Der Brief aus Mainz aus dem Jahre 1489 mit dem Auftrag zur „Herstellung“ umfaßte ja nicht unbedingt auch die Ausmalung. In ihm ist nicht einmal gesagt, ob der Graf von Hanau auch Geld gegeben hat. Doch das ist wohl anzunehmen, ist aber nicht Gegenstand des Briefs aus Mainz.

Wenn aber das Bistum Mainz so eine große Rolle spielte beim Bau des Chors, ist es umso erstaunlicher, daß der ganze Chorraum nicht dem Bistum Mainz, sondern den Grafen von Hanau gewidmet ist. Er war halt der Landesherr, während Mainz nur ein Grundbesitzer in diesem Land war. Die vielen Wappen und Schwäne könnten zwar auch später entstanden sein.

Hier hat sich der Landesherr dargestellt, die Wappen und Schwäne dienen dem Repräsentationsbedürfnis des Grafen. Diese zusätzlichen Malereien könnten den Sinn gehabt haben, das durch das Übertünchen der Deckenmalereien im Jahr 1596 etwas schmucklose reformierte Bethaus wieder etwas erbaulicher zu gestalten.

Franz Brück sieht es als Besonderheit an, daß die Kirche zwei Eigentümer hatte. Doch daß der Landesherr der eigentliche Eigentümer ist, das ist üblich (aus dem Eigenkirchenrecht erwachsen). Es ist auch üblich, daß die geistliche Oberhoheit bei der Kirche liegt und diese das entscheidende Wort bei der Präsentation eines Pfarrers zu sagen hatte. In Hochstadt bestand nur die Besonderheit, daß das Bistum Mainz auch Grundeigentümer in Hochstadt war und als solcher auch zum Bau und zur Unterhaltung von Chor der Kirche und Pfarrhaus verpflichtet war.

 Doch diese Rechte und Pflichten bestanden schon vorher und entstanden nicht erst, weil Mainz die Finanzierung des Chors übernommen hatte. Ursache waren Schenkungen an das Bistum Mainz. Dieses blieb auch nach der Reformation noch Eigentümer dieser Grundstücke, bezog aus ihnen Pachten und blieb deshalb auch zum Unterhalt von Chor und Pfarrhaus verpflichtet.

Brück dagegen leitet die Verpflichtung des Bistums Mainz von einem Grundstückskauf her: Im Jahr 1290 sei der Hanauer Graf wegen vieler Bauvorhaben in finanziellen Schwierigkeiten gewesen. Deshalb habe er Grundstücke an das Bistum Mainz verkaufen müssen. Dazu habe er die Grundstücke nördlich der Kirche genommen, also Kirchberg 6, Kirchberg 4 und Ringstraße 1 (heute Teil von Hauptstraße 2), vielleicht auch Hauptstraße 2. Das Bistum Mainz habe dann diese Grundstücke an das Kloster Roden (wahrscheinlich auf dem Kirchenhügel von Oberroden gelegen) weitergegeben, denn im Keller des Hauses Kirchberg 6 hat man eine Kachel aus diesem Kloster mit dem Mainzer Rad gefunden (das Kloster Roden war zusammen mit Kloster Lorsch an Mainz gekommen).

Ein Teil des Grundstücksgeschäfts mit Mainz sei auch der Bau eines neuen Pfarrhofs gewesen, meint Brück. Das frühere Pfarrhaus habe ursprünglich westlich der Kirche gestanden, weil nur so das Gelände rund um die Kirche eine Ellipsenform erhält. Erst mit dem Bau des Chors und der Regelung des künftigen Unterhalts im Jahre 1490 sei der Pfarrhof auf das spätere Grundstück Hauptstraße 9 verlegt worden. Mainz habe vielleicht als direkte Gegenleistung den „Mainzer Hof“ (Prägung von Herrn Brück) – heute Hauptstraße 2 – erhalten, allerdings nur die Grundstücksfläche bis zur Ringmauer.

 

 

Decke des Chorraums:

Die Schlußsteine an der Decke des Chorraums sind typisch für das 15. Jahrhundert und bestehen aus nach Westen zeigenden Dreiecken mit vor jede Seite gelegten kleineren Halbkreisen. Sie sind mit Wappen gefüllt.

Auf dem hinteren Schlußstein ist das Hanauer Wappen abgebildet, sechsfach gesparrt und gold‑rot. Hier handelt es sich wohl um einen Hinweis auf die Zugehörigkeit Hochstadts zu den Grafen von Hanau.

In dem anderen Schlußstein ist ein Gänsekopf dargestellt. Es handelt sich also nicht um den Schwan aus dem Hanauer Wappen, sondern hier hat sich wohl der Pfarrer Genseler (oder: Gänsler) verewigen lassen, als „Pfarrer inmitten der gläubigen Gemeinde“. Er wird 1487 und 1489 erwähnt. Er war allerdings nur der Pfarrstelleninhaber und gehörte zum Leonhardstift in Frankfurt, die Arbeit vor Ort überließ er einem Stellvertreter.

Im Jahre 1489 kam eine Mahnung aus Mainz zum Ausbau des Chors. Diese ist mit einem Siegel des Pfarrers Genseler versehen, von dem ein Abdruck im Pfarramt erhalten ist. Er stimmt mit der Darstellung in der Kirche überein. Über dem Gänsehals steht der Buchstabe „M“, links ein „D“ und rechts ein „A“.

 

Es gibt verschiedene Deutungsmöglichkeiten. Wenn man die Buchstaben als römische Zahlen liest und statt „A“ ein „X“ liest, ergibt sich im Uhrzeigersinn die Zahl 1490, das Jahr der Ausmalung der Kirche. Gegen den Uhrzeigersinn gelesen ergibt sich die Lesart „AMD“, die vielleicht „ad maiorem dei gloriam“ (zur größeren Ehre Gottes) bedeuten könnte (aber dabei fehlt das G). Wenn man die Buchstaben „MD“ als „minister dei“ (Diener Gottes) deutet, dann paßt das „A“ nicht: Es kann nicht der Vorname des Pfarrers sein, denn der hieß Heinrich. Das „A“ könnte aber auch eine Abkürzung sein für „a canonibus est“ (er ist ein Prediger). „MVD“ wiederum würde heißen „minister verbi divini“ (Diener am Wort Gottes). Im Uhrzeigersinn ergeben sich die Buchstaben „MAD“, vielleicht der Anfang des Gebetes „Agnus Dei“: „Magnificat anima mea Domi­num“). Diese Deutung von Brück ist wohl noch die beste.

 

Daß der Pfarrer sein Wappen mit in der Kirche verewigte, sollte man ihm nicht übelnehmen. Er hatte sicher bei der Organisation die meiste Arbeit und den meisten Ärger. Auch später haben sich gern Gemeindevorsteher, Bürgermeister und Pfarrer auf Gedenktafeln, Glocken, usw. verewigt. Es war sogar so etwas wie eine Pflicht, daß man die zeitgenössischen Amtspersonen aufführte. In der Mitte des Blumenkranzes sollte aber eigentlich Christus stehen und nicht ein Pfarrer oder ein Graf. Wenn in der Hochstädter Kirche die Menschen im Mittelpunkt des Blumenkranzes stehen, so hat das nichts mit „Gotteslästerung“ zu tun, denn der Raum einer Hallenkirche war damals auch Symbol eines neuen demokratischen Gemeinschaftsgefühls. Man spricht heute von einer „frühbürgerlichen Revolution“. Hermann Meuche sagt: „Die kostbaren Ziergewölbe um 1500 bekunden die besondere geistige und gesellschaftliche Stellung der Bauherren“.

Die dekorative Ausstattung der Decke scheint damals von den Interessen der Auftraggeber bestimmt gewesen zu sein. Sie stellt ja so etwas wie das Symbol des Lebensbaumes dar und entsprach damit der fröhlichen Festlichkeit und gelösten Weite dieser Kirchenräume. Für die Bauherren hatte die Lebensbaumvorstellung eine etwas andere Bedeutung als für die Menschen, die diesen Raum für den Gottesdienst benutzten. Für diese hatte sich nämlich das bürgerliche Element in der Architektur durchgesetzt. Die Hallenkirchen vom Anfang des 16. Jahrhunderts sind - vor allem im Obersächsischen und Böhmen - Ausdruck eines neuen Erlebnisgefühls für Schönheit und nicht für Frömmigkeit.

Um beide Schlußsteine ranken sich Blumenkreise in Form einer Krone. Auf dem ersten Blick erwartet man in einer Kirche eine Dornenkrone als Hinweis auf die Leidensgeschichte Christi. Eine solche Dornenkrone ist jedoch geflochten aus drei Ranken, die auf die drei Stufen der Buße hinweisen: Zerknirschung (contritio), Beichte (confessio) und Wiedergutmachung durch die Tat (satisfactio). Rosensträucher haben aber stachelige Zweige, die Blätter sind ungefie­dert und es stehen immer fünf Blätter beisammen. Es handelt sich auch nicht um die Hundsrose (rosa canina). 

In der Hochstädter Kirche sind immer sieben Blätter gezeichnet. Hier windet sich nicht eine Dornenkrone, sondern ein runder Kranz aus Laub- und Blumengewinde ohne Dornen um die Schlußsteine. Hier ist eine GARTEN-PFINGSTROSE dargestellt, eine Heilpflanze gegen Rückenschmerzen. Aus den Knollen wurde früher in der Volksmedizin eine Essenz zubereitet und dem Badewasser zugegossen. Mit der „Rose ohne Dornen“ ist in der christlichen Symbolik immer die Pfingstrose als Mariensymbol oder als Christussymbol gemeint. Albrecht Dürer hat die Pfingstrose oft auf seinen Gemälden abgebildet.

 

Im Alten Testament ist der Blumenkranz ein Zeichen der Freude. Im Neuen Testament ist die Rede von der „Krone der Gerechtigkeit“ (2 Tim 4,8: „...die Krone der Gerechtigkeit, welche mir der Herr an jenem Tage der gerechte Richter geben wird“), von der „Krone des Lebens“ (Jakobus 1,12: „Selig ist der Mann, der die Anfechtung erduldet; denn nachdem er bewährt ist, wird er die Krone des Lebens empfangen, welche Gott verheißen hat denen, die ihn liebhaben“) und von „dem unverwelkten Kranz der Herrlichkeit“ für die Gemeindevorsteher, wenn sie ihre Pflichten erfüllen werden (Petrus 5,4).

 

 

Weitere Pflanzen an der Decke des Chorraums:

Zwickel links: BITTERSÜSSER NACHTSCHATTEN (solanum dulcamara).

Die Pflanze ist ein Nachtschattengewächs. Sie kommt vor in feuchten Gebüschen, Auwälder, Bruchwäldern, Hecken und Röhrichten und auf feuchten Böden. Der Halbstrauch oder die Staude ist kletternd oder niederliegend, meist behaart, oft mit Stacheln. Er wird 30 bis 250 Zentimeter hoch. Die länglichen Blätter sind eiförmig oder herzförmig und stehen wechselständig oder paarweise, sie sind einfach bis gefiedert, die obersten Blätter sind spießförmig bis ohrförmig, ungeteilt oder am Grund mit ein bis vier gefiederten Lappen. Die Stengel sind am Grund verholzt und mit kriechendem Wurzelwerk.

Die Blütezeit reicht von Juni bis August. Die Blüten sind violett, die fünf Kronblätter sind zurückgeschlagen, die Staubbeutel sind gelb und säulenförmig vereint. Die Beeren sind scharlachrot, eiförmig uns bis 1,5 Zentimeter lang. In der Kirche sind immer nur vier Kronblätter gezeichnet).

Die Pflanze kommt an nassen und feuchten Stellen, im Gebüsch und in Bruchwäldern vor. In Hochstadt ist sie selten. In unserer Gegend findet man Standorte am Obermooser See und in Büdingen-Dudenrod. Auch im Kräutergarten des Klosters Seligenstadt ist sie zweimal vertreten. Die Hauptwirkstoffe dieser giftigen Heilpflanze sind Solanin, Bitter- und Gerbstoff. Sie wurde angewendet bei Hautkrankheiten, Muskel- und Gelenkrheumatismus, Blasenkatarrh und Lippenbläschen. Die Pflanze findet sich auch doppelt im nördlichen Seitenschiff.

 

Zwickel halb-links: KORNRADE (agrostemma githago).

Die Abbildung in der Kirche stellt auf jeden Fall ein Nelkengewächs dar. Es kann sich jedoch nicht um Leimkraut handeln, denn dieses hat spitze, elliptische und tief gespaltene Blätter. Es handelt sich auch nicht um die Lichtnelke, denn diese hat eiförmige Blätter.

In Frage kommt nur die einzige Heilpflanze unter den Nelkengewächsen, nämlich die 30 - 100 Zentimeter hohe Kornrade, die in den Monaten Juni bis September blüht. Sie ist einjährig und keimt oft schon im Herbst. Sie ist in allen Teilen filzig-grau behaart, meist unverzweigt oder mit wenigen Seitentrieben. Die Blätter sind schmal und ganzrandig.

Die Blüten haben meist fünf Kelchblätter, die nicht gespalten sind wie sonst bei den Nelkengewächsen. Die Kelchblätter laufen spitz zu und überragen die purpurvioletten Kronblätter.

Die auffallende Blüte wird etwa zwei Zentimeter groß und zeigt sich von Juni bis August. Insbesondere Falter (besonders Tagfalter, weniger Bienen) suchen hier Nahrung, oft findet aber Selbstbestäubung statt. Die Kapsel ist eiförmig, der Samen nierenförmig und schwarz und verhältnismäßig groß (3-4 Millimeter).

In der Kirche sind die Blätter zu stark gezähnt wiedergegeben, die Spitzen an den Früchten sind zu lang (vielleicht liegt eine Verwechslung mit dem Ruprechtskraut vor). Die Pflanze stammt aus dem Mittelmeer. In unserem Gebiet ist sie besonders gut an die Kultur von Wintergetreide angepaßt. Mit ihren tiefen Keimtemperaturen paßte sie sich perfekt den Wuchsbedingungen der Wintergetreidefelder an. Der Samen der Kornrade enthält allerdings einen giftigen Inhaltsstoff (Saponin) und war früher ein gefürchtetes Unkraut im Kornfeld, das den Bauern das Wintergetreidekorn verderben (vergiften) konnte, weil der Same noch nicht ausgesiebt werden konnte. Der reife Samen der Heilpflanze wurde zur Tinktur gegen Gelbsucht, Magenentzündung und schmerzhaften Stuhl verwendet.

 

Die Kornrade stammt wahrscheinlich aus dem Vorderen Orient und gilt in Zentraleuropa als Archäophyt, die mit der Einführung des Ackerbaus hier Fuß fassen konnte. Seit dem frühen Mittelalter ist die Kornrade eine der häufigsten Segetalpflanzen (Ackerwildkräuter). Die Licht liebende Art ist anspruchslos gegenüber dem Basenhaushalt oder Feuchtigkeitsgrad der Böden. Sie benötigt jedoch nährstoffreiche und regelmäßig (im Herbst) bearbeitete oder gepflügte Standorte, um vegetationsfreie Stellen zum Aufkeimen der Saat zu finden.

Als Kaltkeimer ist die Kornrade auf eine Herbstaussaat angewiesen bzw. muß spätestens im zeitigen Frühjahr ausgebracht werden, damit das Samenkorn Minustemperaturen ausgesetzt ist und so zum Wachstum angespornt wird. Da ihr Samen im Boden nur wenige Monate keimfähig bleibt, muß er bei den heutigen Anbaumethoden jedes Jahr wieder neu ausgesät werden. Die Kornrade gehört zu der sogenannten Ackerbegleitflora und war bis in die sechziger Jahre neben vielen anderen Wildkräutern eine häufige Pflanze im Wintergetreide. Infolge moderner Anbaumethoden innerhalb der Landwirtschaft (insbesondere Saatgutreinigung und Herbizidspritzungen) ist die Kornrade heute ausgestorben oder zählt zu den stark gefährdeten Arten (sogenannte „Rote-Liste-Arten“). Mit der Wahl zur Blume des Jahres 2003 wurde für den Erhalt der Kornrade geworben, stellvertretend für alle Ackerwildkräuter und für eine historische Nutzungsweise der Ackerflächen und Ackerraine.

 

Zwickel halb-rechts: LIEBSTÖCKEL (levisticum officinale):

Es handelt sich hier in der Kirche nicht um die Kleine Bibernelle (pimpinella saxifraga), die weiße Dolden und rundovale Früchte hat. Vielmehr ist hier das Liebstöckel dargestellt, im Volksmund auch „Maggikraut“ genannt. Die Pflanze liebt nährstoffreiche und frische Böden. Der 100 - 200 Zentimeter große Doldenblütler blüht im Juli und August und duftet stark aromatisch. Das Blatt ist zwei- bis dreifach gefiedert, die Abschnitte sind breit gezähnt, die Hüllblätter sind zahlreich, am Grund sind sie verbunden. Die rückständigen Rippen sind etwas klaffend. Die Blüten sind blaßgelb und dienen als Bienenweide. Die Frucht ist elliptisch, gelb oder braun.

              

 

Die Heilpflanze wächst wild in Italien, Frankreich und Süddeutschland. Aber sie wird auch kultiviert. Der Erdstock ist bis zu 40 Zentimeter lang, mehrköpfig und nach unten verzweigt. Die Wurzeln wurden im Frühjahr von den zwei- bis vierjährigen Pflanzen gesammelt. Sie wurden der Länge nach gespalten und zum Trocknen aufgehängt. Die Rinde besitzt zahlreiche gelbliche Balsambehälter, die beim Drücken ihren Inhalt abgeben. In der Medizin wurde Liebstöckel angewendet bei Halsschmerzen.

 

Zwickel ganz rechts: ECHTE KAMILLE (matricaria chamomilla):

Die aufrechte Pflanze ist ein Korbblütler. Die Blätter sind zwei- bis dreifach gefiedert. Die Blüten stehen einzeln, sie sind weiß, die Blütenblätter sind zurückgeschlagen, die Köpfchen sind hohl und duftend. Die Kamille bevorzugt kalkhaltige Böden und findet sich gerne auf Äckern.

Die aromatische Heilpflanze ist die „Pflanze der Mutter“ und ein Universalheilmittel. Sie gehört zu den heilkräftigsten Pflanzen, die die Natur bietet. Kamillentee wirkt krampflindernd und schmerzstillend. Er hilft bei Erkrankungen im Magen- und Darmbereich und sorgt für einen ruhigen Schlaf. Als Wickel, Kompresse oder als Zusatz zu von Bädern und Dämpfen hat die Kamille eine entzündungshemmende Wirkung.

 

Wie schwer die Bestimmung der Pflanzen ist, zeigt sich darin, daß Frau Häger-Hogerland von ihrer ersten Meinung jetzt in einigen Punkten abweicht: Im Chor hält sie statt der Kamille auch eine Karthäuser-Nelke für möglich. Im Mittelschiff in Joch 1 nimmt sie jetzt doch eine rote Heckenkirsche an. Und im südlichen Seitenschiff in Joch 2 vermutet sie jetzt den doldentraubigen Milchstern.

 

 

 

Dreibahniges Fenster:

Nur das südliche Fenster im Chor ist dreibahnig und entsprechend breiter. Sonst ist es wie die übrigen Chorfenster oben ganz schlicht mit „Nasen“ geschlossen (die von links und rechts unter dem oberen Kreis in das Fenster hineinragen). Auf einem Foto aus den vierziger Jahren ist es ohne jedes Maßwerk und mit einfacher Fensterverglasung. Sicherlich war das Maßwerk aus Luftschutzgründen herausgenommen worden.

 

Der Engel verdeckte die frühere Sakramentsnische für das Brot für das Abendmahl, die in Kirchen immer links ist und die man ja jetzt wegen des neuen Hochaltars nicht mehr brauchte. Die heute noch vorhandene Nische in der Südwand des Chorraums wurde vielleicht genutzt für die Aufbewahrung von Öl und Kerzen.

 

Altäre:

Es ist natürlich ein sehr schöner Gedanke, daß zum 700jährigen Jubiläum der Kirche im Jahre 1490 der neue Hauptaltar in der Kirche aufgestellt wurde. Dieser hat dann vielleicht einen Kiliansaltar von 790 ersetzt, den man in einer Kilianskirche ja erwarten könnte. Im Staatsarchiv in Marburg liegt eine Reihe von Akten seit dem Jahre 1487 vor, die mit den Altären in der Kirche zu Hochstadt zu tun haben (Bestand 80. Geheimer Rat II):

Am 4. Februar 1497 übertrug Heinrich Genseler, Pastor zu Hochstadt und Kanonicus von St. Leonhard in Frankfurt, dem Kleriker Johann Pistoris zu Hochstadt den Maria-Magdalena-Altar in der Kirche zu Hochstadt.

Am 12. Oktober 1497 übertrug auf Bitten des Hochstädter Pastors Heinrich Genseler der Mainzer Generalvikar Erhard die Einnahmen vom Laurencius-Altar in der dortigen Sakristei auf den Kreuz-Altar. Im Jahre 1499 wird gesagt, daß Heinrich Genseler diesen Altar gestiftet habe. Im Jahre 1498 werden als Altäre genannt der Frühmeßaltar St. Nikolaus, der Altar St. Maria Magdalena und der „neue“ Heilig-Kreuz-Altar. Aus dem Jahre 1558 sind im Pfarrarchiv die Abrechnungen von drei Altären erhalten, für die auch nach der Reformation noch Abgaben gezahlt wurden. Es waren dies ein Nikolaus-Altar und ein Maria-Magdalena-Altar (auf einem Blatt erhalten), dazu kommt noch der Heilig-Kreuz-Altar.

 

 

Hier wäre noch zu prüfen, welcher Altar 1558 die meisten Einnahmen hatte. Bei den Abrechnungen werden beim Nikolaus- sowie beim Kreuz- Altar auch die Ausgaben gegengerechnet, jedoch nicht beim Maria-Magdalena-Altar. Brück sagt, beim Maria-Magdalena-Altar seien keine Ausgaben angegeben, weil zumindest der Überschuß an die Patrone ging.

Die die Abrechnung des Nikolaus-Altars zeigt, daß unter den Ausgaben auch Zahlungen an den Pfarrer und den Glöckner waren. Beim Magdalenen-Altar hätte man dann vielleicht schreiben müssen, daß der Graf alles erhielt. Weil die Bevölkerung das aber nicht wissen sollte, hat man hier die Ausgaben weggelassen. Aber es kann auch einfach so sein, daß die Angaben zu den Ausgaben verloren gingen.

Einnahmen für den Nikolausaltar sind bereits für 1491 verzeichnet, aber das kann dann nur

eine Sammlung für den geplanten Bau des Altars gewesen sein (zumal der Betrag sehr hoch ist). Aufgestellt wurde der Altar erst 1493 und mit einer Frühmesse versehen (bzw. die Frühmesse am Laurentiusaltar fortgeführt).

Die „Rechnung die gefelle des Heiligen Creutzaltar zu Hoestadt betreffend“ liegt für die Jahre 1558 und 1559 vor. Hier sind auch die Ausgaben angegeben: dem Pfarrer, dem Glöckner, dem Kirchenbau, dem Stadtschreiber [von Hanau für die Reinschrift der Rechnung] und einem Studenten. Laut dem Register der Gaben für den Altar Maria Magdalena geben 35 Personen kleinere Beträge, meist nur ein, gelegentlich zwei Groschen. Die Zahler kommen auch aus den umliegenden Orten, es handelt sich also um Pachtzahlungen.

 

Der Hauptaltar war wohl der Maria-Magdalena-Altar, weil auch die Hanauer Marienkirche einen Maria-Magdalena-Altar hat. Der Hauptaltar stand ganz hinten an der Wand des Chorraums. Er hatte vermutlich einen schrankartigen Altaraufsatz („Retabel“) mit einem Altarbild. Darunter war die sogenannte „Predella“, in der das Altarsakrament aufbewahrt wurde.

Hinter dem Altar waren keine Engelsfiguren an der Wand.

Franz Brück meint, der Heiligkreuz-Altar sei in der Sakristei gewesen und der Nikolausaltar in der südlichen Kapelle. Aber eher war es umgekehrt: In der Sakristei war seit 1290 ein Laurentius-Altar, denn Laurentius ist mit dem Bratrost dargestellt (in dem unteren Feld der Bilder der zweite Heilige von links. Die Gemälde dort könnten dann allerdings von 1290 sein). Dieser Altar wird 1498 und 1558 nicht mehr erwähnt und ist deshalb wohl 1493 vom Nikolausaltar ersetzt worden. Den Heilig-Kreuz-Altar gibt es erst seit 1497.

 

Der Hochaltar aus vorreformatorischer Zeit wurde 1596 abgebrochen und nach Sitte der Reformierten durch einen einfachen Holztisch „aus vier Brettern“ ersetzt, man sagt auch „ein aus Dielen gemachtes Viereck“. Dieser Altar war mit schwarzen Tüchern zugehängt.

Im Jahre 1681 kommt ein Geländer um den Altar, und der Altar wird mit einem neuen schwarzen Tuch versehen: Hans Strohls Erben geben am 16. März 1681 fünf rheinische Gulden für ein Tuch „auf den Tisch im Chorraum“. Im Jahre 1731 soll der Pfarrer eine neue Bibel für die Kirche anschaffen. Bei der Visitation 1765 wird ein neues schwarzes Tuch für den Altar verlangt und 1766 auch angeschafft. Von einem schwarzen Tuch mit Fransen (für den Altar oder die Kanzel) ist im Jahre 1851 die Rede.

Den Altar von 1596 ersetzt Pfarrer Hoene im Jahre 1818 durch einen neuen Altar, ohne vorher den Kirchenvorstand zu fragen. Das Konsistorium rügt ihn deswegen und bemängelt auch, daß der Altar zu teuer sei. Das Konsistorium fragt am 4. Oktober 1819 bei dem neuen Pfarrer an, welche Bewandtnis es mit dem im vorigen Jahr in der Kirche aufgestellten Altar habe. Ob die Rechnung nicht überhöht sei? Wozu der alte Altar verwendet wurde? Der Kirchenvorstand antwortet am 22. Oktober 1819, daß Pfarrer Hoene alles veranlaßt hat, ohne den Kirchenvorstand zu fragen. Allerdings sei der alte Altar zu schlecht gewesen. Aber man wisse nicht, ob mit den Handwerkern ein Vertrag abgeschlossen wurde. Der Baurat Heerwagen habe aber den alten Altar gesehen, er sei nur aus altem, unbrauchbarem Holz gewesen. Hoenes Erben zahlen 1820 noch über 361 Gulden für diesen Altar. Im Juni 1830 berichtet der Pfarrer über die Bezahlung der Bronzierung des Altars. Neue Altarbehänge wurden 1901 angeschafft.

Im April 1955 soll ein neuer Altar nach der Zeichnung des Architekten Schäfer in Eschwege (aber aus Bischofsheim) bestellt und auf einem Podest im Altarraum aufgestellt werden. So ist es dann auch geschehen. Seitdem steht der Pfarrer nicht mehr hinter dem Altar, sondern vor ihm.

 

Engel:

An der Ostseite des Chorraums befindet sich das Relief ein kleiner, kniender Engel mit großen, eingeknickten Flügeln. Er wurde aus drei Stücken wieder zusammengesetzt. Er hält zwei gegeneinander geneigte Wappen, unten recht flach abgerundet. Sein volles Lockenhaar wird von einem Stirnband mit Rosette zurückgehalten, seine Gesichtszüge sind voll. Ein Knopf mit Rosette hält sein Gewand auf der Brust zusammen; die unteren Mantelfalten laufen gegen drei Rosetten. Die beiden Wappen in seinen Händen wurden schon oben beschrieben.

 

Grabsteine:

Zwei besonders schöne Grabsteine sind im Chorraum aufgestellt. Sie standen früher auf dem Kirchhof und wurden wahrscheinlich 1841 bei der Auflösung des Friedhofs in die Kirche gebracht. Ursprünglich standen sie auf einer Höhe mit dem Fußboden der Kirche, bei der Renovierung 1967 wurden sie etwas höher gesetzt.

 

Links steht ein Stein mit zwei Wappen unter dem Helm und einem Engel, der einen Vorhang beiseite rafft, seitlich der Inschrift sind Ranken zu sehen. Es ist der Grabstein von Andreas Meerbott, Sohn des Schultheißen Meerbott (1738) und der Anna Catharina Will, viertes von sieben Kindern. Er war von Beruf Bender, geboren am 29. Mai 1716, getauft am 2. Juni 1716, gestorben am 16. Mai 1738, im Alter von 21 Jahren 11 Monaten 17 Tagen. Zwei Schwestern waren verheiratet, aber es sind keine noch heute lebenden Nachkommen festzustellen.

 

Der rechte Stein zeigt zwei Engel, die eine Krone über Blumen tragen. Der Stein stimmt mit dem Grabstein im nördlichen Seitenschiff überein, er hat nur noch zusätzlich eine Bekrönung. 

Es ist der Grabstein für Anna Maria Hatzmann, Tochter Peter Hatzmanns und seiner Frau Anna Maria Heckert, sechstes Kind von acht Kindern. Sie ist geboren am 9. Juni 1763, gestorben am 18. Dezember 1777, im Alter von 14 Jahren 6 Monaten 9 Tagen.

Auf dem Stein steht ein schöner Spruch:

Was an mir Erde war, das hat die Erde hier,

was himmlisch war, hat zu sich der Himmel aufgenommen,

bald werden Seel und Leib zusammen wieder kommen

wann die Posaun erschallt ob meiner Grabes Tür.

Drum wischt die Tränen ab, ihr Eltern, Freund und Lieben,

laßt mich in guter Ruh im Schoße Abrahams.

Warum wollt ihr euch doch noch länger so betrüben,

indem ich auch dereinst hier wieder aufersteh.

 

 

 

Chorwand:

Die rotbraune Farbe im Chorraum besteht nämlich vorwiegend aus Mennige, das anfangs orangefarben ist und später nachdunkelt. Bleimennige wird aber erst seit 1687 in Deutschland industriell hergestellt.

 

An der Chorwand sieht man in Übermannshöhe zwischen den Fenstern sieben Medaillons, dazwischen jeweils eine Engelhalbfigur. Die Schwurhand (nicht: lehrende oder segnende Hand) wurde im Mittelalter häufig dargestellt: Die erhobene rechte Hand mit drei ausgestreckten Fingern (Daumen, Zeigefinger, Mittelfinger) ruft Gott zum Zeugen für das Ausgesagte auf. Die Schwurhand hat also nichts mit einem Gerichtsverfahren zu tun, denn Gericht wurde ja in der Vorhalle der Kirche oder im „Spielhaus“ (seit 1598 Rathaus) gehalten.

 

Die rotbraune Sockelzone ist durch Rankenmalerei belebt und zeigt ausgesparte Tartschenwappen: die Hanauer rot‑gelben Sparren bzw. schwarz‑weiß gevierteilt. Diese Wappen sind also aus einer späteren Zeit als der wappenhaltende Engel im Chor.

 

An der Nordseite gibt es in dem umlaufenden grünlichen Band einen Absatz. Doch hierbei dürfte es sich nur um einen Fehler eines Malers oder zweier Maler handeln, die getrennt angefangen haben, aber nachher nicht übereinkamen. Unter dieser Stelle vermutet Reinhard Schellmann die frühere Sakramentsnische.

 

Diese ganze Chorwand ist allerdings 1973 / 1974 von dem Restaurator Wölfel in großen Teilen nachgemalt worden. Einigermaßen original ist nur der Engel links neben der Sakristeitür, nach dessen Vorbild die anderen Engel rekonstruiert wurden. Auf einer Fotografie ist links oben ist noch ein Engel zu sehen, daneben ein Medaillon, in der Mitte sieht man das Hanauer Wappen mit Helmzier.

 

Aber es ist nicht so, daß Herr Wölfel alles frei erfunden hätte. Er hat einfach den Engel kopiert - manchmal seitenverkehrt - und so den Egelfries geschaffen. Auch die Schwäne und die Helmzier mit dem auf dem Hanauer Wappen sind stark nachgemalt. Überhaupt hatte man damals noch andere Ansichten üb er eine Restaurierung und hat mit Originalfarben (Ochsenblut, Kasein, Eier) kräftig nachgemalt

 

Die senkrechten braunen Streifen im unteren Teil der Wandgestaltung deutet Franz Brück als die Stangen des Heiligen Zeltes, das das Volk Israel auf der Wüstenwanderung mit sich führte. Die Engel schauen dann von oben in dieses Zelt hinein. Aber eher hängen die Streifen damit zusammen, daß der Chorraum mit Stühlen ausgestattet war. Conrad Appel schreibt: „Im August 1613 wurden in dem Chorraum der Kirche einige neue Stühle an der Mauer herum gemacht. Der Baumeister ist der junge Peter Schmied gewesen“ und „Am 6. Mai 1616 sind in der Kirche drei neue Kirchenstühle neben der Bibliothek und mitten durch einen Gang gemacht worden; der Baumeister war Konrad Spilmann“.

(Die „Kirchenstühle“ sind abgeteilte Kirchenbänke, an sich nur für jeweils eine Frau, die allesamt im Kirchenschiff saßen. Wenn hier von Kirchenstühlen im Chorraum die Rede ist, so sind diese für den Kirchenpatron und die Amtspersonen im Ort. „Neben der Bibliothek“ könnte die Sakristei meinen, und mit dem „mitten‘“ könnte gemeint sein, daß ein Gang mitten durch ging).

 

 

 

SAKRISTEI

Auf der Nordseite der Kirche liegt die Sakristei zwei Stufen höher (nicht eine, wie Peter Feldmann schreibt). Die Tür zur Sakristei trägt an der Außenseite abgeschrägte Kanten mit einer abgesetzten, quer einschneidenden Kurve am Übergang zum Sockel. Innen ist sie von einem gemalten Kielbogen und vor‑ und zurückspringender Scheinquaderung eingerahmt. Der Raum ist in Längsrichtung tonnengewölbt. Darüber ist ein Raum, der durch ein Anheben des Daches entstanden ist. Im Jahre 1967 hat man die Decke der Sakristei im Westen durchbrochen, um eine Treppe zu diesem Raum zu schaffen. Von diesem gelangt man dann auf den Dachboden der Kirche. Zwei Fenster gehen nach Norden und Osten. Das nördliche Fenster hat unter der Stichkappe auch Nasen.

    

In einer Hanauer Urkunde vom 20. April 1439 wird berichtet, daß in der Kirche in Hanau ein Altar zu Ehren des Heiligen Kreuzes, der Heiligen Maria, der 10.000 Märtyrer und des Heiligen Antonius eingerichtet wird. Auch dort gab es also die Verbindung von Heiligkreuz-Altar und den Zehntausend Märtyrern (Staatsarchiv Marburg). Aber das bedeutet nicht, daß die Kirche ursprünglich den Zehntausend Märtyrern gewidmet war, die im Juli ihren Gedenktag haben, in der Zeit, in der auch die Kirchweih gefeiert wird.

 

Der Raum wurde wohl 1290 zur Laurentiuskapelle umgestaltet. Die Gemälde sind dann schon aus dieser Zeit. Die Wandbilder wurden in Freskotechnik (also auf den noch feuchten Putz) gemalt. Die ganz bemalte Ostwand ist in vier Zonen aufgeteilt:

 

Zuoberst thront über dem Fenster Kaiser Hadrian (mit Pelzkappe und Stab) zwischen zwei Ratgebern.  Darunter ist dargestellt das Martyrium der Zehntausend um den Nothelfer Achaz, die zur Zeit des Kaisers Hadrian von einem hohen Felsen in die Dornen geworfen werden, weil sie dem Kaiser die Gefolgschaft versagten und Christen wurden. Beiderseits wirft jeweils ein Knecht einen ungehorsamen Soldaten über eine Brüstung. Im Hintergrund warten die übrigen gefesselt auf die Urteilsvollstreckung. Die Märtyrer liegen links und rechts des kleinen Spitzbogenfensters in verrenkter Haltung jeweils zu zweien in den Dornen.

 

 

Unter diesem Bild sind dargestellt in einer Zone, die nicht thematisch zur oben erzählten Geschichte gehört, aber weitere vier Märtyrer darstellt: (von links nach rechts): Johannes der Täufer (mit dem Lamm und dem großen Zeigefinger), Laurentius oder Lorenz (mit dem Bratrost), Georg (Ritter mit der Lanze und einem Rest des Drachenschwanzes) und Petrus (mit Kirche und Schlüssel, vielleicht in langem Bischofsgewand).

Diese Heiligen stehen auf einem Plattenboden, zwischen den Figuren befinden sich Ranken. Die unterste Zone dieser Wand ist bis in Brusthöhe dunkelrot. Dieser Teil konnte erst ausgemalt werden, nachdem der Altar von der Wand abgerückt worden war.

 

Auf der Nordseite ist ein Ausguß zum Reinigen der Hände und der Heiligen Geräte bemerkenswert; der Auslauf ist außen an der Kirche zu sehen. Daneben befindet sich ein Wandschrank mit dem Hanauer Sparrenwappen.

 

An der Südwand ist eine vergitterte Wandnische für die Kirchengeräte vorhanden. Hier werden auch heute noch die Kirchengeräte aufbewahrt. Die beiden alten Abendmahlskelche sind erst in neuerer Zeit von Herrn Kania vergoldet worden.

 

An den Wänden der Sakristei finden sich noch sieben Medaillons mit den entsprechenden Marterwerkzeugen Christi. An der Ostwand sieht man links im Medaillon ein „T“ (?), rechts ein „Andreaskreuz“ (oder „X“, gekreuzte Lanzen?). Auf der Südseite ist links eine Dornenkrone dargestellt, rechts ist ein ganz abgestoßenes Bild. Auch im Westen ist das Bild abgestoßen. An der Nordwand zeigt das Medaillon links ein Kreuz (oder eine Spitzhacke?), rechts einen klar erkennbaren Zimmermannshammer.

 

An sich hat eine Kirche zwölf Weihekreuze. Diese bezeichnen die Stellen, an denen der Bischof bei der Weihe der Kirche die Wände mit Öl (dem „Chrisam“) gesalbt hat. Die aufgemalten oder eingemeißelten oder vorgeblendeten Kreuze symbolisieren außerdem die Erbauung der Kirche auf dem Grund der Apostel (vergleiche Epheserbrief Kapitel 2, Vers 30).

 

Hier sind nur sieben Kreuze zu sehen. Die anderen fünf könnten am Altar der Seitenkapelle angebracht gewesen sein (vier an den Ecken, eins in der Mitte). Oder man muß die Medaillons an den Seitenwänden im Chor mitzählen, so daß sich die üblichen Weihekreuze als Symbol für die zwölf Apostel (nur sind diese von 1490 und zeigen Schwurhände).

Nach Meinung von Franz Brück sind die Medaillons keine Weihekreuze, die bei der Weihe des Raums zu gottesdienstlichen Zwecken angebracht wurden. Vielmehr sind sie ein schöner Schmuck, eben Medaillons.

 

Am 5. Juli 1911 wird nach dem Bettagsgottesdienst die Sakristei besichtigt und am 16. Juli wird beschlossen, daß die beiden Wandschränke wieder mit Türen versehen werden. Im August 1913 wird für die Sakristei ein Lutherbild von Lukas Cranach angeschafft. Eine Vervielfältigung der Prachtadresse, die die Pfarrer der Generaldiözese Hanau an den in den Ruhestand getretenen Generalsuperintendenten Pfeiffer gerichtet haben, wird im November 1913 für die Sakristei angeschafft.

 

 

 

 

 

DIE RESTAURIERUNGSARBEITEN IN DER KIRCHE

Die ursprüngliche Ausmalung der Kirche ist heute wieder sichtbar. Als man 1967 die Sakristei neu ausmalen will, entdeckt der Maler Robert Wölfel aus Langenselbold unter den Farbschichten alte Fresken. Zuerst wird über dem Fenster die Darstellung eines Kaisers mit zwei Ratgebern freigelegt.

Daraufhin sucht man die ganze Kirche, auch Kanzel und Emporen, nach alten Ausmalungen ab. In den Jahren bis 1975 werden sie erst einmal in der Sakristei und im Chorraum freigelegt, im Jahre 1987 dann im Mittelschiff und 1991 in den Seitenschiffen. Seit 1596 waren diese Malereien unter bis zu sechzehn Farbschichten verborgen. Ein Beispiel für die früheren Farbgebungen ist eine Aufnahme der Emporensäule bei den Restaurierungsarbeiten.

 

Nach der Sakristei wird der Chor von Malermeister Wölfel ausgemalt, der auch Kirchenmaler ist. Er erneuert die gesamten Farbflächen in kräftigen Originalfarben. Man muß ja bedenken, daß die Kirche durch das getönte Glas und die fehlende Beleuchtung ziemlich dunkel war. Um etwas erkennen zu können, mußten die Farben schon kräftig sein. Der Maler hat die chemische Zusammensetzung der alten Farben ermitteln lassen und dann mit den alten Farben wie Grünspan, Kasein, Mennige und Ochsenblut den ursprünglichen Zustand wieder hergestellt. Dazu hat er zum Beispiel jeden Tag eine Kupferplatte naß gemacht, um Grünspan zu gewinnen. Auch die Kanzel wurde 1983 von Malermeister Wölfel restauriert.

Die Freilegung der Malereien an der Decke des Kirchenschiffs erfolgt ab dem Jahre 1987 durch das Restaurierungsbüro Peter Pracher in Würzburg. Nun ging man aber wesentlich vorsichtiger bei der Restaurierung vor. Allerdings wurden auch im Kirchenschiff die Umrisse (Konturen) nachgezogen und einzelne Teile wurden auch retuschiert. Die üblichen Malerarbeiten führt dann die Firma Schäfer entsprechend dem alten Befund aus.

 

Im Fundbericht vom Juli 1986 heißt es: Die Malerei ist in Fresco-Secco-Technik ausgeführt und deshalb unterschiedlich gut erhalten. Die reine Fresco-Malerei (Malerei auf nassen Putz) ist sehr gut erhalten, zum Beispiel die braune Gestalt unter dem Balken im Chorbogen rechts unten. Die Secco-Malerei (Malerei auf trocknen Putz) ist durch mechanische Beschädigungen (abwaschen, abreiben) nur an geschützten Stellen gut erhalten und deshalb heute nur schwer zu deuten.

Die Freilegungsarbeiten beginnen am 26. Januar 1987. Die vorhandene Malerei im Bereich der Schlußsteine, Querrippen und Schildbögen der Langseite wird freigelegt. Eine sehr dicke und kompakte Deckschicht aus mehreren Kalkschichten ist zunächst mit kleinen Hämmerchen und Skalpellen abzutragen. Die Originalmalerei ist auf einer unregelmäßig, stark streifig geschlämmten Kalkmasse entworfen. Der Unterputz ist stark sandhaltig und schwach gebunden, weil man von vornherein wenig Kalk verwendet hat und der verwendete Kalk sich naturgemäß mit der Zeit abbaut.

Schon nach Ablauf einer Woche ergibt sich bei den Restaurierungsarbeiten eine weit ausladendere Form der Malerei als zunächst vermutet. Sie kann in ausgezeichnetem Zustand freigelegt werden, mit fast vollständiger ornamentaler Form. Nur die farbliche Festigkeit und die Kompaktheit der Farbgebung in sich sind durch die abgenommene Überkalkung verschieden stark gemindert.

Ein Zwickel des ersten Joches mit Ornamentmalerei und ein Zwickel mit Flamm-Malerei werden zunächst einmal retuschiert, um eine Teilfläche zeigen zu können. Dazu wird die gesamte Oberfläche (Malerei und Kalkhintergrund) gefestigt sowie die bei der Freilegung aufgebrochenen kleinen Putz-Fehlstellen, die wieder angekittet werden.

Als Festigungsmaterial wird Kasein in der Verdünnung 1 : 8 verwendet. Zur Putzfestigung und für die wenigen Hinterspritzungen nimmt man stark verdünntes Primal. Die Auskittung wird mit Kalk und Quarzmehl ausgeführt, bei grober Fläche unter Zusatz von Quarzsand.

Die Retuschierarbeiten werden zurückhaltend ausgeführt. Mit Kasein und trockenen Mischfarben werden die Linien zusammengeführt und so die Form der Ornamentik von Blumen und Flammen geschlossen.

 

Bei einem Termin am 19. Februar 1987 können die fertiggestellten Zwickel des ersten Joches vorgestellt werden sowie weitere inzwischen freigelegte Malerei. Es wird beschlossen, die Malerei der gesamten Deckenfläche freizulegen und nach den beiden schon erstellten Zwickeln zu retuschieren und einzustimmen. Das Landesamt für Denkmalpflege fordert daraufhin, die farbige Fassung an den Rippen der Manschetten zum Schlußstein für die gesamten Rippen zu übernehmen.

Bis 5. März 1987 wurde das erste Joch vollständig freigelegt, gefestigt und konserviert, die Malerei und der Hintergrund retuschiert. An der Chorwand werden am 23. März 1987 die Freilegungsarbeiten aufgenommen.

Leider zeigt diese Fläche nicht die Vielfalt und den Reichtum der Deckenpartien. Die Darstellungen sind nur andeutungsweise und schemenhaft zu erahnen, vor allem oberhalb des Balkens. Am 8. April 1987 werden die Restaurierungsarbeiten abgeschlossen.

 

Das nördliche Seitenschiff wurde seit 1991 restauriert. Die vorhergehende Überarbeitung der Deckenmalerei im nördlichen Seitenschiff erfolgte 1957, wie auf dem dritten Schlußstein festgehalten wurde. Im dritten Joch gibt es keine Malerei, weil 1743 die restlichen Turmmauern in der Kirche eingerissen wurden. Der Erhaltungszustand der Farbe ist schlechter als im Mittelschiff. An verschiedenen Stellen schlug der Lehmputz bis zur Oberfläche durch. Das Original setzt sich aus zwei Schichten zusammen: als Untergrund ein hellgelblicher alter Kalk und dann die eigentliche Farbschicht. Fehlstellen werden bei der Retuschierung in dunkleren Farbtönen gestrichelt und damit besser sichtbar gemacht. Mit retuschiert wird dabei der schwarze Begleitstrich entlang der Rippen (entgegen dem Protest von Professor Reimer Jochims, Hauptstraße 21).

Auf der originalen Malschicht befanden sich sieben weitere Kalkanstriche. Der letzte weiße Anstrich war mit grauschwarzen und grauroten Flammenornamenten gefaßt. Die Schlußsteine werden jetzt in demselben Rot-Ton wie die Manschetten bemalt.

Im ersten Joch ist ein Entlüftungsloch, das die im Joch stehende Raumluft klimatisiert und Kondenswasser verhindert. Von dem 21-köpfigen „Rosenstock“ (in Wirklichkeit Dost) sind nicht mehr alle Teile erkennbar.

Zwischen dem ersten und dem zweiten Joch befindet sich das Blumenmotiv des „bittersüßen Nachtschattengewächses“, das auch schon im Chorraum zu finden ist. Die Pflanze im zweiten Joch wird nach der Vorlage im ersten Joch beinahe vollständig rekonstruiert. Die wappenförmigen Schlußsteine der ersten beiden Joche tragen das Hanauer Wappen, von Flammenmotiven umgeben.

Das südliche Seitenschiff wurde im Herbst 1991 restauriert. Die freigelegten ornamentalen Malereien sind in Fresko-Sech-Technik ausgeführt. Etwa 30 Zentimeter vom Schlußstein entfernt war die Spitzkappe mittig durchbrochen. Die Lüftungslöcher werden wieder geöffnet. Die Malschicht wird gefestigt und in Strichretusche retuschiert. Ein Buch über die Restaurierungsarbeiten an den Malereien gibt es im Pfarramt Ringstraße 13, Telefon 06181 /431747, zum Preis von zehn Euro.

 

 

BAUARBEITEN IM KIRCHENINNEREN UND AM PFARRHAUS

Die Kirche mußte natürlich durch all die Jahrhunderte erhalten werden. Der Chorraum wurde ja vom Patron und später vom Staat instandgesetzt. Und die bürgerliche Gemeinde hatte die Kirche „in Dach und Fach“ zu erhalten. Die Kirchengemeinde trug vor allem die Reparaturen im Inneren.

Als der Pfarrer Filber 1677 neu in die Gemeinde kommt, möchte er gleich bauliche Veränderungen vornehmen. Die Sakristei bei dem Chor ist sehr verfallen. Den Kanzeldeckel empfindet er als zu schmal, um der besseren Verständlichkeit der Predigt willen sollte er breiter gemacht werden. Außerdem soll die Kanzel mit einem schwarzen Tuch bekleidet werden und eine neue Sanduhr muß angeschafft werden (Dazu vermerkt Pfarrer Böhm am Rand, daß das Tuch erst 1680 angeschafft wurde. Gleichzeitig wird das Gitter an der Kirchenältestenbank und ein Geländer angebracht).

Nach dem Dreißigjährigen Krieg und dem Abzug der Schweden wird ab 1650 die Kirche wiederhergestellt. Die Bänke („Stühle“) werden 1653 erneuert, ebenso die Dielen. Im Jahre 1682 wird über die Reparatur der Kirche gesprochen, die man nach der Ernte in Angriff nehmen will. Auch über die Sakristei wird gesprochen, aber sie wird dann erst 1685 repariert.

 

Ein „Pfarrstuhl“ wird aus den Mitteln einer Spende gebaut. Das ist ein abgeteilter und besonders gestalteter Sitzplatz für den Pfarrer und seine Familie: Hans Jörg Löbert überreicht dem Pfarrer am 13. November 1680 einen vom Landgericht bestätigten Kaufbrief, nach dem er nach seinem Tod ein Viertel Weinberg am obersten Bücherweg der Hochstädter Kirche vermachen will, wenn diese von dem erlösten Geld etwas in der Kirche zu seinem Gedächtnis bauen will.

Nachdem er nun gestorben ist, wird der Weinberg im März 1684 für 18 Gulden an den Schneider Johannes Reich verkauft. Im Juni wird das Geld zum Bau eines Pfarrstuhls verwendet. Falls noch Geld übrigbleibt, soll es für die Kirchentüre verwendet werden. Auch 1691 wird wieder gesagt, daß 13 Gulden für den Kirchensitz der Pfarrfamilie (wohl eine Reparatur oder Ergänzung) und ein Wetterdach über der hinteren Kirchentür ausgegeben werden. Der Schlosser macht Beschläge an dem „Pfarrstuhl“, aber offenbar macht er auch noch andere Schlosserarbeiten in der Kirche. Dieser Sitz war an der Nordwand der Kirche. Auch als er beseitigt war, saß die Pfarrerfamilie noch dort auf der Bank.

 

Größere Bauarbeiten nimmt man ab dem Jahre 1715 in Angriff: Am 19. Mai 1715 wird darüber geklagt, daß die Bänke im Chorraum der Kirche zerbrochen sind und daß deswegen die jungen Burschen auf der Empore stehen. Am 5. Juni 1715 teilt der Pfarrer dem Konsistorium mit, daß die Stühle im Chor der Kirche schadhaft sind. Laut dem Protokoll des Kirchenvorstandes von 1715 haben die Herren von Carben früher die Bänke im Chor bezahlt und sich auch einen geschlossenen Kirchenstuhl machen lassen

Im Jahre 1716 fertigt der Schreiner Johann Martin Neumeyer aus Wachenbuchen neue Kirchenbänke für die Mädchen und erhält 4 ½ Gulden für eine Kanzelbekleidung. Die Herren von Carben übernehmen die Kosten für zehn Sitzplätze in Höhe von zehn Gulden. Es ist allerdings nicht so ganz deutlich, ob es Bänke in der Kirche oder im Chorraum waren, es wird nur später behauptet, es seien Bänke in der Kirche gewesen.

Im Sommer 1716 soll die Kirche auch insgesamt ausgemalt werden. Am 27. Mai 1716 ist schon der Weißbinder bestellt. Er will 85 Gulden haben. Das Konsistorium empfiehlt aber am 27. Mai 1716 den Hanauer Weißbinder Bachmann. Die Ölfarbe müßten allerdings die Gemeindeglieder unabhängig von der Kirchenbaukasse bezahlen.

 

Am 21. Februar 1722 fordert das Konsistorium wieder die Herren von Carben auf, den Chor der Kirche reparieren zu lassen, weil das Gewölbe bereits einen Schaden erlitten hat. Die Herren von Carben antworten erst am 12. März 1725: Nach einer Besichtigung der Gebäude wollen sie den Chor der Kirche und das Pfarrhaus in einen besseren Stand versetzen lassen. Sie sind aber der Meinung, daß der Schulmeister durch das Aufhängen seines Tabaks das Chordach beschädigt hat und für diesen Schaden aufkommen sollte. Pfarrers Bender teilt am 22. März 1725 mit, daß dem Schulmeister schon gesagt worden ist, daß er in Zukunft den Tabak nicht mehr unter dem Chordach aufhängen darf.

 

Die Herren von Carben werden dann noch einmal vom Konsistorium zur Reparatur aufgefordert, aber das nächste Schreiben ist erst von 1732. Da schreibt Pfarrer Eberhard am 26. August 1732 an das Konsistorium: Die Herren von Carben bestätigen, daß sie den Chor der Kirche zu unterhalten haben, weil sie ja das entsprechende Lehen in Hochstadt nutzen. Aber für die Bänke seien sie nicht zuständig. Deshalb soll der 1732 und 1733 eingezogene Zehnte für die Reparatur des Kirchenchors und der Pfarrgebäude verwendet werden.

Im Dezember 1733 werden an den Schreiner folgende Aufträge vergeben: Zwei Fensterläden („Schalen“) an die Fenster hinter der Orgel, eine andere Tür an dem Altar („Tisch im Chor“) und ein neues Gesims über dem Platz des Pfarrers (mit Streichen).

Der Schreinermeister Geier täfelt für 17 Gulden auch die Mauer, wo das noch nicht geschehen ist. Der Schultheiß sorgt dafür, daß das Holz durch Frondienste herbeigeschafft wird.

Am 25. August 1737 werden die Kirchensitze in der neu gemachten mittleren Reihe für je einen Gulden an acht Frauen vergeben. Die Frauensitze werden dazu an die Mauer herangerückt. Die Kirche hatte damals also keinen Mittelgang, sondern die Bänke waren im Schiff durchgehend.

Die Reparaturen an den Bänken sind bereits am 22. September 1739 vom Konsistorium genehmigt worden. Am 18. Mai 1740 wurde die Reparatur der Gänge genehmigt. Der Pfarrer übergibt am 21. September 1740 eine Aufstellung der Kosten für die Reparatur der Gänge in Kirche und Chor (300 Platten) für rund 18 Gulden, die Reparatur der Bänke und der Täfelung im Chorraum kostete etwa 10 Gulden.

Die Wände des alten Turms in der Nordwestecke werden 1743 bis 1745 abgerissen. Am 6. März 1743 schreibt der Schultheiß an das Konsistorium: Das Fach der Kirche in Hochstadt ist so verdorben, daß das Wasser bei stärkerem Regen bis in die Kirche durchdringt. Auch ist es wegen der kleinen Fenster besonders in der Winterzeit und bei trübem Wetter sehr dunkel, so daß viele gehindert werden, ihrem Gott mit Gesang zu dienen. Die Fenster sind auch so verwittert, daß sie sowieso neu gemacht werden müssen. Die bürgerliche Gemeinde Hochstadt kann aber kein Geld geben, weil sie mit vielen Schulden beladen ist und eine Hungersnot war. Im Kirchenbaukasten ist aber ein Überschuß durch die erwirtschafteten Zinsen.

Es wird deshalb darum gebeten, die Kirchengelder für die Reparatur der Kirche nehmen zu dürfen, ohne künftigen Nachteil für die Kirche. Das Konsistorium stimmt am 27. März 1743 dem Vorschlag im Prinzip zu, aber die Verpflichtung der Gemeinde Hochstadt darf nicht aufgehoben werden und es wird nur ein Zuschuß gegeben. Es wird um einen Kostenvoranschlag gebeten.

Der Pfarrer schreibt am 17. April 1743: Für die Reparatur des Daches und der Fenster wird man mindestens 600 Gulden brauchen. Die bürgerliche Gemeinde hat aber schon 342 Gulden Schulden bei der Kirchenbaukasse. Wenn die Gemeinde etwas beitragen sollte, dann müßte eine Umlage unter den Einwohnern gemacht werden, die aber durch Mißernten beim Wein kaum Geld für ihr Brot haben.

Die Kirchenbaukasse dagegen gibt kaum etwas aus und hat einen ansehnlichen Bestand. Andererseits trägt die bürgerliche Gemeinde ja auch zur Kirchenbaukasse bei durch die jährlichen Zinsen und die Almosensteuer. Der Pfarrer Eberhard bittet um Erlaubnis, daß die Zinserträge der vergangenen Jahre als freiwillige Gabe zur Bestreitung der Kirchenbaukosten gereicht werden dürfen. Falls die Weinernte gut sei, werde man den Betrag durch eine höhere Almosensteuer wieder ersetzen. Und die Leute würden lieber geben, wenn sie sehen, daß die Kirche etwas zu den Baukosten gibt.

 

Am 20. April 1746 schreibt Pfarrer Eberhard an das Konsistorium: Das durchlöcherte Leichentuch muß unbedingt ersetzt werden. Statt des kleinen hölzernen Kirchenbaukastens möchte man einen größeren eisernen nach Frankfurter Maß kaufen, zum Preis von etwa 30 Gulden. Die Anschaffungen werden noch am gleichen Tag vom Konsistorium genehmigt.

 

Ab dem Jahre 1766 erfolgt eine größere Reparatur der Kirche, die man offenbar seit 1760 geplant hat (ein Aktenstück von 1760 über die Reparatur der reformierten Kirche in Hochstadt ist im Staatsarchiv Marburg). Zum Beispiel fehlt am Dach oben ein ganzes Stück. Die Kosten werden auf über 1.000 Gulden geschätzt. Aber die Gemeinde Hochstadt will auf einmal nichts geben, die Kirche habe über 6.000 Gulden Rücklagen.

Das Konsistorium verweist aber am 2. Mai 1766 darauf hin, daß laut Konsistorialprotokoll die bürgerliche Gemeinde ein Drittel zu tragen hat. Am 14. Januar 1766 nimmt die bürgerliche Gemeinde 2.804 Gulden Kapital bei neun Gläubigern auf (unter anderem bei den Wirten Philipp Koch und Andreas Stein). Die Kirche soll zunächst 200 Gulden geben. Im Presbyterialprotokoll steht, die Kirchengemeinde zahle insgesamt 158 Gulden dazu. Aber die Regierung in Hanau hält fest, man habe dann doch 277 Gulden aus der Kirchenkasse genommen, 184 Gulden aus der Gemeindekasse. Der Rest von 92 Gulden soll geteilt werden.

Im Jahr 1768 zahlt die Kirche 50 Gulden an den Handelsmann Reiner, weil er das Eisen für die Erneuerung der Kirche geliefert hat. Im Juli 1768 fordert das Konsistorium einen Überschlag der Kosten für die Erneuerung der Kirche.

Am 30. Juli 1769 wird mitgeteilt, daß das Konsistorium Anweisung gegeben hat, mit den Kirchenältesten und der Gemeinde zu verhandeln wegen der Ausmalung und dem Anstreichen der Kirche. Das Presbyterium ist wohl damit zufrieden.

Der Schreinermeister Mohr reicht für die Ausbesserung der Bänke und Stühle und Anfertigung einiger Läden eine Rechnung von 18 Gulden ein. Das Presbyterium ist aber am 7. März 1770 der Meinung, er könnte mit 12 Gulden zufrieden sein. Am 5. Juli 1770 nimmt der Kirchenbaumeister 22 Gulden aus der Kirchenbaulade, um den Handelsmann Buchtal zu bezahlen.

 

In Anwesenheit des Rechnungsprüfers Gerstung, der Schultheiß Caspar Schales, des Kirchenältesten Philipp Schales, des Gerichtsmanns Peter Brosch, des Bürgermeisters (=Rechnungsführer) Kaspar Weber und des Pfarrers Kühn werden am 13. August 1771 die Kosten für die Kirchenerneuerung in den Jahren 1767 bis 1771 aufgestellt und mit Belegen bewiesen. Dabei wird unterschieden, was die Kirchenbaukasse bezahlt hat und was die Gemeinde. Der Rechnungsprüfer Gerstung nimmt die Unterlagen gleich mit nach Hanau.

 

Es folgt dann eine tabellarische Übersicht über die Kosten in Höhe von 892 Gulden 9 Albus 4 Pfennige. Die Gemeinde trägt davon 470 Gulden 23 Albus. Das Geld erhielten (die Handwerker müssen nicht alle aus Hochstadt sein) Ziegler Weber (zweimal), Handelsmann Reiner, Handelsmann Bechtel ( zweimal), Handelsmann Dietrich, Steindecker Eller (zweimal), Steinhauer Bauer, Maurer Becher, Zimmermann Hofmann, Zimmermann Lehr, Schmied Bornkessel (zweimal), Schmied Becker (zweimal), Bender Meerbott (zweimal), Kutscher Suppes (zweimal), Zinngießer, Spengler Schefler, Weißbinder Sauer (dreimal), Ziegler Koch, Glaser Geisel, Schlosser Muffay und Schreiner Mohr.

Dazu kommen Mauersteine für 47 Gulden. Um Platz zu gewinnen für die Stützpfeiler müssen Gräber ausgegraben werden; das kostet auch wieder 13 Gulden. Außerdem werden gezahlt an Lehrer Braun 5 Gulden 7 Albus und an den Rechnungsprüfer Gerstung 4 Gulden 10 Albus. Für drei Wege nach Hanau wird ein Gulden gezahlt, die Trinkgelder betragen immerhin 12 Gulden 28 Albus und die Unkosten beim Aufsetzen der Rechnung sogar 5 Gulden 5 Albus. Für den neuen Kirchensitz für Schultheiß Weber werden im April 1775 über 9 Gulden ausgegeben.

Am 14. März 1775 wird bekannt, daß das Konsistorium angeordnet hat, daß zwischen der bürgerlichen Gemeinde und der Kirchenbaukasse abgerechnet wird über die jeweiligen Kosten bei der Erneuerung der Kirche in den Jahren 1767 bis 1771. Die Schulden der Gemeinde werden (nachdem sie schon über 61 Gulden bezahlt hat) auf über 114 Gulden festgesetzt. Es unterschreiben der Schultheiß Johan Caspar Schales, die Gerichtsmänner (= Gemeindeverordneten) Daniel Burger und Peter Hatzmann und die Kirchenältesten Philipp Kauß und Andreas Burger sowie der Pfarrer.

 

Im April 1792 wird über die Reparatur des Chors der Kirche gesprochen. Besonders das Dach verfällt immer mehr, das Holz droht in Fäulnis überzugehen. Man will wieder beim Konsistorium vorstellig werden, weil Kurmainz für die Reparatur zuständig ist. In einem Nachtrag heißt es: Das Dach des Chors ist auf Mainzer Rechnung durch den Maurer Dimer aus Kesselstadt umgedeckt und frisch mit Kalk verstrichen worden.

 

Am 12. Juli 1800 findet ein Gefecht zwischen den kurmainzer und den französischen Truppen statt. Als die Mainzer sich zurückziehen, werden die Fenster am Chorraum der Kirche sehr zerschossen. Einstweilen soll das Geld aus der Kirchenbaukasse bezahlt werden. Aber wenn die kurmainzer Behörde nicht zahlt, dann soll der Ertrag des kommenden Jahres aus den Mainzer Gütern beschlagnahmt werden. Für die Fenster im Schiff der Kirche ist aber die Gemeinde zuständig. Sie werden im Oktober durch den Glasermeister Rommel aus Hanau repariert.

 

Im Jahre 1819 werden die reformierte und die lutherische Kirche im Bereich Hanau vereinigt. Dadurch kann die lutherische Kirche in Hochstadt verkauft werden. Die reformierte Kirche wird 1818 mittels des Inneren der lutherischen Kirche ausgebessert und verschönert. Aber man muß ja auch in der nun gemeinsamen Kirche die Empore erweitern, um Platz für die ehemaligen Lutheraner zu schaffen.

Im Juni 1819 wird von den Schreinern Stein und Alt aus Hochstadt und Fischer aus Wachenbuchen je ein Kostenvoranschlag eingereicht über die Erweiterung der Emporen, die an das Konsistorium weitergereicht werden. Am 24. Juli 1819 wird der Bauvertrag geschlossen zwischen den Schreinern Andreas Stein und Peter Alt und der Kirchenbaukasse: Die Schreiner führen die Arbeiten aus, die im Voranschlag genannt sind. Dazu kommen noch eine Orgeltreppe und Dielen. Der Lohn beträgt 270 Gulden.

Offenbar wird auch der Zimmermann Hensel beauftragt, denn am 12. August 1819 schreibt der Pfarrer an das Konsistorium: Die Schreinerarbeiten wurden den hiesigen Schreinern übertragen. Beim Abbrechen der alten Bänke ergab sich jedoch, daß die Unterlagen völlig verfault waren. Es waren aber nur fünf Floßtannen vorrätig („Floßtannen“ sind wohl mit einem Floß herbeigeführte Tannen), weitere zehn waren erforderlich. Sie sind durch den Zimmermann Hensel vom dem Handelsmann Deines für über 21 Gulden gekauft worden. Weil die Sache dringend ist, konnte die Genehmigung nicht vorher eingeholt werden. Die Späne hat der Lehrer für 2 Gulden 5 Albus gekauft, das alte Holz Daniel Wagner der Jüngere.

 

Mit dem Weißbinder Birr aus Hanau wird im Juni 1819 ein Vertrag geschlossen über das Weißen der Kirche und Streichen aller Holzteile mit Ölfarbe zum Preis von 300 Gulden. Die Schreinerarbeiten belaufen sich auf 270 Gulden, weil sich beim Abbruch der Bänke herausstellt, daß auch die Dielen erneuert werden müssen. Die Arbeiten von Schreiner, Zimmermann, Schlosser und Schmied kosten 490 Gulden. Am 19. September 1819 werden verschiedene Handwerker bezahlt: Schreiner Stein 124 Gulden, Maurer Bauer 23 Gulden 20 Kreuzer (von 1817), Zimmermann Hensel für die Unterlagen der Bänke 22 Gulden. Dem Maurer Bauer werden 1 Gulden 20 Kreuzer abgezogen, weil er für das Wegschaffen des Schutts („Kummer“) aus der Kirche zu viel angesetzt hat.

Es werden dann noch die Fenster ausgebessert und gereinigt. Nur den Chor spart man aus, weil den „die Herrschaft“ bezahlen soll (Patron ist jetzt nicht mehr Mainz, das als weltliche Macht nicht mehr existiert, sondern der Staat, vertreten durch die Hanauer Verwaltung). In einem Brief an das Konsistorium wird darum gebeten, daß die fürstliche Rentkammer die Kosten für die Ausbesserung der Fenster im Chorraum der Kirche übernimmt.

Ende Januar 1820 rügt das Konsistorium die 4 Gulden Zehrgeld bei der Abholung des Bauholzes. Es will wissen, wozu das Bauholz gebraucht wurde, wieviel Fronfuhren dazu gebraucht wurden und wie viele wirklich erforderlich waren. Wie die Kirchenältesten und der Zimmermann sich erinnern handelte es sich um die elf oder zwölf Stück Bauholz Floßtannen. Sie waren über den Main herbei geflößt und mit Pferdewagen nach Hochstadt gebracht worden. Zur Abholung waren zwei Wagen erforderlich, die aber noch zusammengespannt wurden. Auch der Zimmermann, der das Holz ausgesucht hat, hat etwas von der Verpflegung („Zehrung“) erhalten. Im Februar 1820 kauft Andreas Brosch für 2 Gulden die Abfälle von zwei Floßtannen. Ende Oktober bezahlt Lehrer Henning Holzspäne.

Die „Kastenzettel“ (= Kassenzettel) für die im Jahr 1819 vorgenommenen Bauarbeiten werden am 26. März 1820 vorgelegt. Am 28. Oktober 1820 werden die „Kastenzettel“ aus dem Jahre 1819 an das Konsistorium eingesandt. Es sind die Handwerkerrechnungen für die Erneuerung der Kirche. Das Konsistorium muß noch die Zahlungsverfügung geben. Wegen der hohen Ausgaben für die Reparatur der Kirche und der Orgel bittet das Presbyterium am 16. April 1820 das Konsistorium, ihm doch alle außerordentlichen Lasten zu erlassen.

 

Auf Tagelohn haben im Sommer 1820 an der Ausbesserung der Kirche gearbeitet: Zimmermeister Hensel an der neuen Orgelempore (zwei Tage mit vier Mann, einen halben Tag mit zwei Mann), Maurermeister Andreas Bauer beim Legen der Platten im hintersten Teil des Chorraums (eineinhalb Tage mit zwei Mann, am ersten Tag noch mit zwei Lehrlingen).

 

Maurermeister Bechert liefert die Platten für den vorderen Teil des Chorraums (ein halber Tag mit vier Mann), Schreinermeister Alt bessert die hintere Bank im Chorraum aus (mit seinem Gesellen zwei Tage). Außerdem wurden noch gebraucht zwei starke Floßtannen und Bretter für die Orgelempore. Während der Bauarbeiten bis Herbst 1820 benutzt man die lutherische Kirche.

Im Jahre 1838 wird dann der Chor der Kirche versichert. Eine Treppe wird 1843 in der Kirche hergestellt. Im Jahre 1846 wird die Kirche erneut mit Ölfarbe gestrichen. Am 25. August 1850 schlägt der Pfarrer das Weißen der Kirche vor und den Anstrich der Frauenbänke, der Emporen und der Kanzel mit Ölfarbe. Das Tünchen der schadhaften Stellen soll wegen der vorgerückten Jahreszeit sofort erfolgen. Auch 1851 gibt es für mehr als 236 Gulden einen Neuanstrich der Kirche, bei dem Altar, Kanzel und Orgel vergoldet werden. Am 8. Dezember 1885 kann man sich über die Erneuerung der Fundamente der Kirche nicht schlüssig werden. Aber eine Feuerversicherung für die Kirche wird weiter in Erwägung gezogen.

 

Am 9. Juni 1890 schlägt der Pfarrer vor, für die Kirchenvorsteher einen abgetrennten Kirchplatz einzurichten. Diese Bank war bis zur Erneuerung der Kirche im Jahre 1967 gleich rechts von der Seitentür. Sie war durch verschiebbare Gitter von der Kirche abgetrennt, so daß die Kirchenvorsteher zwar nach draußen sehen konnten, aber von draußen nur schwer erkannt werden konnten.

Am 9. Juni 1890 wird die Herstellung einer dritten Tür in der Kirche vorgeschlagen. Auf Antrag des Pfarrers werden am 21. August 1890 neue Kirchentüren bestellt. Am 23. Januar 1891 macht der Pfarrer den Vorschlag, statt einer dritten Kirchentüre die Treppe zum Ausgang so zu verbreitern, daß zwei bis drei Personen nebeneinander gehen können. Der Vorschlag des Pfarrers, eine breitere Treppe einzubauen, wird genehmigt. Also verbreitert man nur die Treppe an der Westseite und spart so die Tür.

Aber nun muß die westliche Kirchentür ein neues Gewände erhalten. Herr Baurat Arnold aus Hanau soll eine Skizze und einen Kostenvoranschlag anfertigen. Die Gemeinde soll die Maurerarbeiten bezahlen. Am 4. Februar 1892 werden die Zeichnung und der Kostenvoranschlag für bauliche Veränderungen an der Kirche, aufgestellt von Bauführer Müller, vorgelegt. Das große Presbyterium ist mit der Ausführung der Arbeiten einverstanden (ausgenommen die Anlegung von Schläuchen?).

Im März 1892 genehmigt das Konsistorium die Zeichnung, nur der Vorbau soll weggelassen werden und die Orgel soll aus dem Chorraum entfernt werden. Doch das große Presbyterium ist mit den Auflagen des Konsistoriums nicht zufrieden. Wenn auch die Ausführung des Kirchenumbaus wünschenswert wäre, so ist das Presbyterium doch bereit, auf sie zu verzichten. Es erklärt sich nicht bereit, die Orgel aus dem Chorraum der Kirche zu entfernen, weil dann (auf der Empore) kein Platz für die Burschen der Gemeinde wäre. Dennoch wird das Konsistorium noch einmal gebeten, einzelne Punkte des Plans zu genehmigen. Dafür wäre es auch bereit, auf andere Punkte zu verzichten.

 

Am 6. April 1892 schreibt das große Presbyterium an das Konsistorium: Die Entfernung der Orgel aus dem Chorraum ist wegen Mangels an Raum zur Unterbringung derselben nicht zu empfehlen. Wenn die Ausmalung der Kirche nur genehmigt wird, wenn auch die Orgel versetzt wird, verzichtet das Presbyterium auf die geplanten Arbeiten. Es bittet aber um Genehmigung der Punkte 17 und 22 und 27 bis 34 des Kostenvoranschlags.

 

 

Das Konsistorium genehmigt im Mai die Reparatur der Kirche. Die Farbmuster für Wände, Decken, Holz und Rippen werden am 4. Juli 1892 dem Presbyterium vorgelegt und dazu bemerkt, daß sie von der Behörde vorgeschrieben sind. Bauführer Müller soll über die auszuführenden Arbeiten zu Rate gezogen werden.

Am 15. August 1892 werden die Angebote der Handwerker geöffnet. Folgende Arbeiten werden vergeben: Abbruch der Bänke und des Fußbodens an Zimmermann Johannes Hensel III. für 10 Mark, die Maurerarbeiten wie Trittstufen und Platten an Maurer Jacob Bauer IV. für 77 Mark, Herstellung einer neuen Treppe zur Empore am Zimmermann Johannes Hensel III., für 320 Mark, die Dielung der nordwestlichen Ecke der Kirche und Herstellung einer neuen Lamberie zum Preis von 4,50 Mark pro Quadratmeter an Schreiner Valentin Burger. Die Weißbinderarbeiten werden an Johannes Bechert übertragen, der sie für 32 Prozent unter dem Kostenvoranschlag ausführen will, also zum Preis von 1.288 Mark. Wegen der Ausmalung des Chorraums soll aber noch der Rat eines Fachmanns eingeholt werden.

Am 25. September 1892 werden Einzelheiten der Ausmalung der Kirche besprochen, zum Beispiel die Vergoldung des Altars. Das alte Holz soll verkauft werden. Die Orgel soll durch Orgelbauer Ratzmann durchgesehen werden. Eine neue Kanzelbekleidung wird angeschafft. Auch die Anschaffung zweier neuer Altardecken und neuer Altarlichter wird erwogen. Eine neue Kniebank für die Konfirmation wird angeschafft. Die Kosten für die Erneuerung der Kirche werden durch den Verkauf preußischer Staatsanleihen bestritten. Die Rechnungen für die Erneuerung der Kirche belaufen sich im Februar 1893 auf: Weißbinder Johannes Bechert 1.398 Mark, Zimmermann Hensel 369 Mark, Maurer Jacob Bauer 100 Mark, Schreiner Valentin Burger 257 Mark.

Im Juli 1894 wird die bürgerliche Gemeinde zur Reparatur des nördlichen Kirchendachs und der Schutzdächer über den Kirchentüren aufgefordert. Auch wird ein Neu-Anstrich der Kirche von außen beantragt. Im September soll der Maurer Bauer einen Stein („Tonstein“?) an der Kirche herstellen

 

Man erwägt auch einen Vorbau für die Tür an der Westseite, baut dann aber 1901 die Doppeltüren mit Glas ein. Die Außentüre wird also auch erneuert. Die Zeichnung dafür macht Baurat Becker aus Hanau, gefertigt wird sie von Valentin Burger aus Hochstadt. Im gleichen Jahr wird auch erwogen, einen zweiten Ausgang aus dem Kirchhof zu brechen, damit die Kirchenbesucher nicht eingesperrt werden, falls einmal etwas mit dem Turm geschieht.

Durch den Einbau der inneren Glastüre am Westeingang sind die Plätze für die Lehrerfrauen weggefallen. Deshalb soll im November 1901 der Platz Nummer 26, der bisher der „Trauungssitz“ war, an die Lehrerfrauen überwiesen werden, weil er nur bei Trauungen benutzt wird. Allerdings heißt es im Januar 1902: Da man noch nicht weiß, ob nach Aufstellung eines zweiten Ofens noch ein Zugang zu den bisherigen Sitzen der Lehrerfrauen möglich ist, sollen die Sitze vorläufig ihnen noch nicht zugeschrieben werden.

Ende 1904 hält man die Bänke für die alten Männer für zu eng. Sie sollen durch den Schreiner Burger erweitert werden. Diese Bänke waren wahrscheinlich unten im Schiff, weil doch die Bänke auf den Emporen erst erweitert worden waren. Am 15. Juni 1906 gibt der Pfarrer seinem Unwillen über den Diebstahl eines Huthakens auf der Männerempore vor dem hintersten Fenster Ausdruck.   

 

Im März 1907 ist das Fenster im westlichen Giebel der Kirche zerbrochen. Der Bürgermeister wird einen eisernen Rahmen herstellen und mit neuen Scheiben versehen lassen, entsprechend den übrigen Fenstern. Im September ist das neue Kirchenfenster fertiggestellt. Im April 1907 soll noch das Altargeländer aufgebessert werden.

Entsprechend einem Erlaß im Amtsblatt vom November 1907 soll ein Maurer in jedem Frühjahr und Herbst den Zustand der kirchlichen Gebäude überprüfen. Im März 1908 überprüfen dann auch Maurermeister Bauer und Zimmermeister Walzer die kirchlichen Gebäude. Der Bürgermeister überträgt dem Zimmermeister Walzer die Reparatur eines verfaulten Balkens am Kirchendach und die Anbringung von Leisten am Turmdach an der Westseite. Der Bürgermeister will auch noch zum Besteigen des Kirchenbodens eine Leiter in der Sakristei anbringen lassen.

Anfang 1908 möchte der Pfarrer unbedingt eine zweite Tür am Kirchhof haben, denn wenn durch ein Unglück am Turm der einzige Ausgang versperrt wäre, könnte die Gemeinde auf dem Kirchhof eingeschlossen sein.

Im Mai 1908 werden im großen Presbyterium die Ziegel, die für die Neudeckung des nördlichen Kirchendaches vorgesehen sind, vorgezeigt. Im August 1908 beschließt die Gemeindebehörde, daß das nördliche Kirchendach neu gedeckt werden soll. Baurat Becker soll den Kostenvoranschlag des Maurers Heinrich Bauer überprüfen. Im September wird gefordert, daß die Neudeckung des nördlichen Kirchendaches beschleunigt werden muß, weil der Regen schon geschadet hat.

Das Gitter im „Bräutigamsstuhl“ der Kirche und der hintere Teil des „Taufstuhls“ sollen im Juni 1908 herausgenommen werden, weil es dort so dunkel ist, daß man nicht lesen kann. Im Bräutigamsstuhl soll in Zukunft auch ein Teil der konfirmierten Jugendlichen bei der Kinderlehre stehen.

Im August 1913 wird festgestellt, daß das Dach über dem Südeingang der Kirche reparaturbedürftig ist. Die bürgerliche Gemeinde soll unterrichtet werden. Sie soll auch an ihre Baupflicht in Bezug auf den Chor der Kirche erinnert werden.

Im August 1913 soll ein Vorhang für das Fenster südlich des Altars angeschafft werden.

Am 28. September 1913 beklagt sich der Pfarrer darüber, daß bei dem Manöver ohne sein Wissen und seinen Willen Soldaten den Turm bestiegen hätten, um von dort aus abends Lichtsignale zu dem Kirchturm in Fechenheim zu geben; er betont, über die kirchlichen Gebäude habe nur der Kirchenvorstand und in Eilsachen der Pfarrer zu verfügen. Als aber an den Pfarrer der Wunsch herangetragen wurde, daß am 18. Oktober ein Chor vom Turm Choräle blasen solle, stimmt das Presbyterium am 28. September 1913 zu. Aber ein Kirchenältester soll die Aufsicht übernehmen und das Anschlagen der Glocken verhindern. Das Tor des Kirchhofs wird im Dezember 1925 durch Schreiner Klees repariert. Wegen des Anstrichs des Inneren der Kirche sollen schon im August 1927 Vorverhandlungen geschehen. Von der politischen Gemeinde soll im April 1930 die Instandhaltung des Vordachs der Kirche gefordert werden. Im Jahr 1930 plant an, das Innere der Kirche im Jahre 1931 zu renovieren. Doch am 18. Mai 1931 muß die Innen-Erneuerung der Kirche wegen der wirtschaftlichen Notlage zurückgestellt werden.

Auf der Empore für die jungen Männer ist an der Nordseite eine Stelle, wo die Schutzbrüstung fehlt. Damit dort niemand hinunterstürzt, soll im Februar 1932 eine Brüstung angebracht werden. Die Mitteltür soll mit einem automatischen Türschließer versehen werden, die westliche Türe soll an kalten Tagen geschlossen bleiben.

 

Auf dem Kirchhof soll im Juli 1932 eine Wasserleitung mit Zapfstelle vom Kirchberg her nach dem Westausgang zu angelegt werden

 

Obwohl das Landeskirchenamt eine Innenerneuerung der Kirchen anmahnt, bestätigt man am 10. Januar 1932 den Beschluß, sie in Hochstadt zunächst zurückzustellen. Zwar hat der Kirchenbaurat die Kirche besichtigt, um wegen der stilgerechten Ausführung der Arbeiten zu beraten. Dabei wurde manche Arbeit aber nur als wünschenswert empfohlen und viele nebensächliche Dinge erwähnt, die aber doch hohe Kosten verursachen. Deshalb will der Kirchenvorstand doch selber entscheiden, welche Arbeiten notwendig sind.

Der Ortsausschuß für Heimatpflege regt im April 1933 an, den Kirchhof und die Kirche tagsüber für Besucher offen zu lassen. Der Kirchenvorstand lehnt das aber ab, weil bei dem unübersichtlichen Kirchhof dem Unfug von Kindern Tür und Tor geöffnet würde. Eine Tafel am Kirchentor soll aber dennoch darauf hinweisen, daß der Schlüssel beim Kirchendiener zu haben ist.

Von der Notwendigkeit der Kirchenrenovierung ist der Kirchenvorstand auch im Oktober 1933 noch überzeugt, doch es kann nichts beschlossen werden, ehe nicht die Geldbeschaffung geklärt ist. Doch am 30. Oktober 1933 wird die Innenrenovierung der Kirche beschlossen, wenn die Kosten von 5.700 Mark sich nicht nachträglich erhöhen und ein Zuschuß oder ein Darlehen zu erhalten ist und wenn der Staat („Fiskus“) 3.100 Mark für den Chor übernimmt.

Im November 1936 will man noch einmal mit dem Regierungsbaurat Rücksprache nehmen, damit die Kirche im Jahre 1937 innen erneuert werden kann, nachdem bisher keine Antwort aus Kassel kam auf den Antrag aus Hochstadt.

Die Ausmalung des Inneren der Kirche ist im September 1937 genehmigt, jedoch müsse erst die äußere Instandsetzung durch die Gemeinde erfolgen. Diese könnte jedoch erst 1938 einen Betrag einplanen. Deshalb hat Regierungsbaurat Tuscek aus Hanau, der die Bauleitung übernommen hat, mit Bürgermeister Stein abgesprochen, daß aus dem Kirchenbaufonds eine Summe von 3.200 Mark zur Verfügung gestellt wird, die im nächsten Jahr zurückgezahlt wird. Der Regierungspräsident hat im Juli 1938 auf den Antrag auf eine Beihilfe von 3.000 Mark für die Innenerneuerung der Kirche noch nicht geantwortet.

 

Nach Beratung mit dem Landeskonservator wird am 3. September 1939 (nach Beginn des Krieges!) über das Innere der Kirche beschlossen:

1. Die Orgel wird aus dem Chorraum auf die westliche Empore im Mittelschiff versetzt

2. Die Empore im südlichen Kirchenschiff wird zwecks Freistellung der Pfeiler zurückverlegt

3. Die neue Orgelempore wird um 1,25 Meter zurückverlegt und verlängert bis zur nördli-

    chen Außenwand und dann umbiegend bis an das nördliche Mittelfenster.

4. Alle elektrischen Leitungen werden unter Putz gelegt.

5. Die Pfeiler und Bogen werden in Rot angestrichen, die Felder in Weiß.

6. Die Bänke des Gestühls werden um 7 bis 10 Zentimeter verbreitert.

Offenbar wird wenigstens die Orgel versetzt, denn am 4. Februar 1940 heißt es: Die Treppe zur alten Orgelempore soll verkauft werden

Unter der vordersten Bank der Empore sollen im September 1941 Bretter angebracht werden, damit man seinen Hut unter der Bank unterbringen kann. Auf den hinteren Bänken können keine Huthaken eingeschraubt werden, weil dort keine Sperrholzplatten, sondern massive Bretter verwendet wurden (?).

 

In der Kirche werden im September 1942 zum Luftschutz 20 Tüten mit Sand aufgestellt und eine Spritze und zwei Feuerpatschen wurden beschafft. Weiterhin sollen zwei Bottiche mit Wasser und zwei Eimer bereitgestellt werden.

Der Bürgermeister soll veranlaßt werden, die Kirche von der direkt neben der Kirche untergebrachten Brandwache betreuen zu lassen; dafür sollen die Kirchhofstüre und die Kirchentüre abends offengehalten werden.

Am 5. Januar 1947 will man die im Jahre 1940 abgebrochenen Renovierungsarbeiten möglichst bald fortführen, auch wenn bei der bald zu erwartenden Währungsumstellung der Kirchenbaufonds sich verflüchtigen wird. Der Kirchenvorsteher Justus Hartmann regt an, in dem Beutelager am Bahnhof Metall zu kaufen zur Wiederbeschaffung der beiden im Krieg beschlagnahmten Kirchenglocken.

Weil man eine neue Geldentwertung befürchtet, will man im September 1950 die vorhandenen Gelder des Kirchbaufonds bald verwenden. Deshalb erscheint die Renovierung der Kirche im Inneren eine vordringliche Aufgabe zu sein. Es sind aber zurzeit nur 4.000 Mark verfügbar.

Die Erneuerung des Gestühls wird nicht möglich sein, höchstens eine Verbreiterung der Sitzflächen und ein Neu-Anstrich. Im Chorraum sollte das Gestühl neu erstellt werden, auch der Einbau zweiter Register in der Orgel wäre noch in Erwägung zu ziehen.

Die Firma Hetterich in Gelnhausen soll im Juli 1955 die sechs großen Fenster in der Kirche erneuern. Dazu soll die sich mit dem Architekten Schäfer in Verbindung setzen und ein Probefeld liefern. Die 2.580 Mark für die sechs Fenster in der Kirche können im Oktober 1955 aus der Kirchenkasse bezahlt werden.

 

Im Jahr 1956 soll das Gestühl im Kirchenschiff erneuert werden. Dabei soll auch die Heizungsanlage überholt werden. Auf Wunsch des Landeskonservators soll eine neue Beleuchtungsanlage eingebaut werden, die auf 14.000 Mark geplant ist. Die Empore vor der Orgel soll verbreitert werden, damit der Kirchenchor dort Platz hat.

Anfang 1957 sind die neuen Bänke fertig und werden von Weißbindermeister Strohl geölt (gemeint ist wohl „mit Ölfarbe gestrichen’“). Im März werden Probelampen für die Kirche besichtigt. Nach den Ratschlägen des Landeskonservators und des Architekten Schäfer sollen sie vom Elektriker Maienschein eingebaut werden. Der Kirchenmaler Velte soll im Juni 1957 mit der Leitung der Malerarbeiten in der Kirche beauftragt werden. Die Weißbinder Strohl und Heckert sollen für fast 7.000 Mark die Malerarbeiten übernehmen.

Der Kirchenvorstand beschließt am 27. März 1957, die Baulastverpflichtung für den Chorraum der Kirche durch eine einmalige Zahlung von 7.440 Mark durch den Hessischen Staat ablösen zu lassen (Durch diese Ablösesummen hat die Kirchengemeinde wenigstens noch etwas davon gehabt, denn im Jahre 2004 hätte sie vertraglich sowieso auf all diese Rechte verzichten müssen).

 

Im Jahre 1961 wird das Kirchendach nach dem von kirchlichen Baupfleger Doll geprüften Voranschlag von der Firma Züngerle repariert. Im August 1962 wird eine Firma aus Lampertheim mit der Bekämpfung der Nagekäfer beauftragt (Preis: 8.000 Mark). Anfang 1962 werden für die Kirche 5 bis 6 neue Liedertafeln angeschafft. Auch 1968 werden wieder fünf neue Liedertafeln mit je sechs Zeilen angeschafft.

Anfang 1963 werden für 4.730 Mark die Sandsteinplatten vor der Kirche von der Firma Zeller verlegt. Staubsauger und Rasenmäher werden 1964 angeschafft. Auch wird eine zweite Altardecke angeschafft. Die Altarstufe in der Kirche erhält 1967 einen Teppich mit Schaumstoffunterlage.

 

Mit dem Bürgermeister wird 1967 über die Schaffung von Parkplätzen für die Kirchenbesucher verhandelt. Das Landeskirchenamt fordert einen Finanzierungsplan für Parkplätze für Kirchenbesucher. Es wird ein Endpreis der Firma Kellermann aus Hanau von 17.144,75 Mark genannt (Es handelt sich wohl um den Parkplatz südlich des ehemaligen Pfarrhauses). Das Landeskirchenamt wird um Genehmigung und Vertragsentwurf mit der bürgerlichen Gemeinde gebeten.

 

Mit dem Beginn der Amtszeit des Pfarrers Langheinrich 1967 geht man im großen Stil an eine Neugestaltung der Kirche. Er soll Vorschläge für die Gestaltung und Bestuhlung des Chorraums der Kirche einholen. Im Juni 1967 wird der Architekt Doll beauftragt, ein Angebot über Ausmalung, Heizung, Renovierung der Sakristei, Bestuhlung des Chorraums und Liedertafeln einzuholen. Im Juli 1967 werden verschiedene Angebote für eine Erneuerung der Heizungsanlage in der Kirche eingeholt.

Der Bau der Kirchenheizung soll in zwei Abschnitte aufgeteilt werden. Die Firma Esch soll um eine Verkürzung der Lieferzeit gebeten werden. Gleichzeitig mit dem Einbau der Heizung soll der Schuppen am Kirchturm abgerissen werden, die Gemeinde Hochstadt wird deswegen verständigt.

Im September 1967 werden die Arbeiten in der Kirche vergeben: Die Heizung an die Firma Esch (Dannheim?), Maurerarbeiten Firma Kellermann (Hanau), Malerarbeiten Firma Wölfel (Langenselbold), Elektroarbeiten Firma Jost (Hochstadt), Sandsteinplatten Firma Umscheid (Dorfprozelten) und Asphaltarbeiten Firma Deutsche Asphalt (Frankfurt). Die Schreinerarbeiten und Parkettarbeiten werden neu ausgeschrieben.

Am 3. Dezember 1967 werden die von Herrn Doll vorgelegten Türentwürfe gutgeheißen und sollen von der Firma Schmitz hergestellt werden. Die Westtüre öffnet sich nach außen, die Südtüre nach innen. Über die Windfangtüren wird an Ort und Stelle beraten. Für die Freilegung und Restaurierung der Malereien in der Sakristei soll die Firma Wölfel einen Kostenvoranschlag vorlegen.

Der Chorraumwird mit neuen Platten belegt. Die Grabsteine werden dort aufgestellt, etwas erhöht auf einem Sockel. Die Gitter vor den Sitzen der Kirchenvorsteher an der Südwand werden beseitigt. In der Sakristei wird eine Zugtreppe eingebaut, damit man von dort auf den Boden des Chorraums und des Kirchenschiffs kommen kann.

Anfang 1968 soll Herr Doll eine Aufstellung der zusätzlichen Arbeiten in der Kirche machen, damit sie vom Landeskirchenamt genehmigt werden können. Im Februar besichtigen der Kirchenbaumeister Kehn (?) aus Kassel und Frau Lünenschloß vom Landesdenkmalamt in Wiesbaden die Kirche.

Im Mai 1968 sollen 40 Geflechtstühle mit Gesangbuchablage beschafft werden. Rechts neben der Orgel sollen neue Bänke aufgestellt werden, die möglicherweise transportabel sind. Über die Erneuerung des gesamten Gestühls auf der Empore soll später verhandelt werden.

Für den kleinen Wandschrank in der Sakristei soll Ende des Jahres ein Gitter angefertigt werden. Für 825 Mark soll die Firma Schmitz einen Wandschrank in der Kirche einbauen. Der von der Firma Bodenplattenfirma Umscheid ohne Auftrag gelieferte Opferstock wird behalten, aber erst im nächsten Rechnungsjahr bezahlt.

Im Jahr 1970 werden in Kirche (und Jugendheim) insgesamt vier Feuerlöscher angebracht. Die Schäden an der Kirchenheizung werden von der Firma Hill beseitigt, mit Herrn Hill wird ein Wartungsvertrag über die Kirchenheizung abgeschlossen. Für die Anschaffung eines neuen Rasenmähers werden 1.100 Mark zur Verfügung gestellt.

 

 

In die Kirchenheizung wird im Mai 1971 ein Luftfilter eingebaut. Die Heizungsanlagen in der Kirche und im Pfarrhaus werden nicht dem Sammelvertrag des Kirchenkreises mit der Firma Braun (Großauheim) angeschlossen.

Im Jahr 1972 soll die Restaurierung des Chorraums der Kirche durch Maler Wölfel erfolgen.

Für die Innenrenovierung des Chorraums der Kirche soll Mitte 1973 ein neuer Kostenvoranschlag gemacht werden. Daraufhin erhält die Firma Wölfel für 5.425 Mark den Auftrag, den Chorraum der Kirche nach Malereien zu untersuchen. Ende des Jahres heißt es aber, die Restaurierungsarbeiten im Chorraum der Kirche sollen 14.019,30 Mark kosten. Dafür sollen Beihilfeanträge an die Gemeinde Hochstadt, das Landeskirchenamt und den Landeskonservator gestellt werden. Anfang 1974 wird für die Restaurierung des Chorraums der Kirche ein Finanzierungsplan aufgestellt. Zuschüsse geben die bürgerliche Gemeinde (3.000 Mark), das Landeskirchenamt (3.000 Mark), der Landeskonservator (4.000 Mark).

 

Ende 1972 wird für die Sakristei ein neuer Schrank zur Aufbewahrung der Einzelkelche angeschafft. Auflagen für die Sitzbänke werden 1972 und 1973 angeschafft. Im Jahre 1974 bauen die Firmen Kellermann und Schröder eine Wasserleitung in die Kirche. Mitte 1975 wird eine Leitungswasserversicherung für Kirche und Pfarrhaus und eine Sturmschadenversicherung abgeschlossen werden.

Die Firma Schönvandt erhält im September 1975 den Auftrag, für 646,20 Mark Lampen für den Chorraum der Kirche zu liefern. Die Firma Foto-Schneider wird im März 1977 beauftragt, tausend Fotografien des Chorraums der Kirche im Format 13 mal 18 Zentimeter zum Preis von 1.000 Mark zu liefern.

 

Im Haushaltsplan für 1977 werden für die Restaurierung der Kanzel 3.500 bis 4.000 Mark vorgesehen. Weiterhin wird vorgesehen eine Beihilfe für die Reparatur des an den Kirchhof angrenzenden Daches (2.000 bis 3.000 Mark). Aber im April 1978 muß die Familie Seibel, Hauptstraße 2, aufgefordert werden, den durch den Abbruch verursachten Schutt am Kirchhof zu entfernen.

Bei der Stadt Maintal wird die Außenrenovierung der Kirche für das Jahr 1979 beantragt, weil diese die Baulastverpflichtung hat. Der arbeitslose Heinz-Günther See wird Ende 1977 unter Inanspruchnahme von Arbeitsbeschaffungsmitteln für fünf Monate als Maler und Lackierer angestellt. Herrn Heinrich Leis aus Bischofsheim wird Ende 1977 gestattet, einen Nistkasten für Eulen im Kirchenboden aufzustellen. Der Kirchenvorstand beabsichtigt im Oktober 1978 nicht, eine Lautsprecheranlage für die Kirche anzuschaffen.

 

Heizung:

Anfang 1887 wird eine Heizung in die Kirche eingebaut. Diese besteht allerdings zunächst nur aus einem Kohleofen, den die Firma Wilhelm Bock aus Hanau für 182 Mark liefert und in die Kirche setzt. Der Ortsdiener Philipp Burger übernimmt die Bedienung des Ofens. Im Juni 1889 wird die Vergütung für die Heizung wird von 15 auf 20 Mark im Jahr erhöht.

Anfang 1901 soll alles unternommen werden, um die immer empfindlich kalte Kirche besser erwärmen zu können: Die zerbrochenen Fensterscheiben sollen ersetzt werden, die undichten Kirchentüren sollen repariert werden, eventuell Doppeltüren eingesetzt und ein zweiter Ofen beschafft werden.

 

 

 

Mit der Aufstellung eines zweiten Ofens in der Kirche will man im Oktober 1901 noch warten, weil die Anbringung eines Schornsteins am Westgiebel der Kirche nicht so leicht ist. Der Maurer Bauer soll einen Kostenvoranschlag einreichen wegen Schaffung eines Ausgangs aus dem Kirchhof gegenüber der westlichen Türe. Auch ein Hanauer Steinlieferant hat im November einen Entwurf für eine neue Türe und Treppe zum Kirchhof eingereicht. Wenn die Blasebälge aus der Sakristei entfernt sind, soll eine Treppe zum Dachraum der Kirche angeschafft werden.

Im Oktober 1904 muß ein neuer Kirchenofen angeschafft werden. Er soll aber nicht so groß sein, weil man ja vorhat, einen zweiten Ofen bei den Plätzen der alten Männer aufzustellen, wenn die Leitung des Rohrs durch ein Kirchenfenster möglich ist. Ende November wird aber doch ein größerer Ofen für die Kirche bestellt. Ende des Jahres entschließt man sich, doch zwei neue Kirchenöfen zu beschaffen, auch wenn dazu die Aufnahme eines Darlehens erforderlich ist. Ein Darlehen von 400 Mark soll bei der Landeskirchenkasse in Hanau aufgenommen werden. Im Juni 1905 liefert der Spenglers Bauer ein Rohr für den neuen Kirchenofen und zwei neue Ofenschirme für 83,60 Mark.

Der Kirchendiener Kaspar Burger erhält für die Bedienung des zweiten Ofens und für die Besorgung der Beleuchtung pro Winterhalbjahr 20 Mark. Am großen Kirchenofen müssen im Oktober 1924 die inneren Teile ersetzt werden, weil bei der Heizung der Kirchenraum von Rauch erfüllt ist.

Im April 1930 soll geprüft werden, welches System für eine Heizung der Kirche in Frage kommt. Die Heizung soll im Herbst eingebaut werden. Eine Gruppe des Kirchenvorstandes besichtigt im Juni 1930 die elektrische Kirchenheizung in Kilianstädten. Man hält auch in Hochstadt eine elektrische Fußbank-Heizung verbunden mit Fensterheizkörpern für das Praktischste, weil die Wärme dorthin kommt, wo sie gebraucht wird. Bei einer Ofenheizung müßten die Abzugsrohre in die Wände eingefügt werden. Auch eine Niederdruckdampfheizung würde wesentlich mehr kosten. Die Kilowattstunde bei einer elektrischen Heizung kostet 6 Pfennige, die Bänke können blockweise eingeschaltet werden. Man rechnet mit einem Kostenaufwand von 6.000 Mark.

 

Die Kirchengemeinde erhält aber keine Unterstützung für die geplanten Bauvorhaben. Sie hat noch ein Guthaben von 2.500 Mark. Der Rest der Kosten für die Heizung müßte durch eine Sammlung beschafft werden. Etwa 1.500 Mark sind im September 1930 bereits als Darlehen zugesagt. Oberingenieur Wild aus Frankfurt hält einen Vortrag über die elektrische Beheizung der Hochstädter Kirche. Er wird beauftragt, die Bedingungen für einen Vertrag mit einer Firma und eine Materialaufstellung zu machen.

Mit 5:4 Stimmen entscheidet sich der Kirchenvorstand am 8. Oktober 1930 für das Angebot der Firma O. Laakmann (Röhrenheizkörper) gegen die Firma Brown Boverie) (Fußbankflachheizkörper), weil das um 300 Mark billiger ist.

 

Beleuchtung:

Für eine ausreichende Beleuchtung der Kirche soll der Spengler Bauer im März 1901 die nötige Anzahl von Lampen liefern zum Preis von 11 Mark pro Stück; das Muster hat der Pfarrer bei Trapert in Hanau eingesehen.

Im November 1901 erhält der Spengler Bauer 138,62 Mark für die neuen Lampen in der Kirche. Im Jahre 1910 sollen von den gebrauchten Lampen in der Kirche zu Seckbach fünf Lampen für die Kirche in Hochstadt gekauft werden.

 

Die Kirche wurde ursprünglich mit Petroleum-Leuchten erhellt. Denn am 31. Januar 1915 heißt es, daß wegen Mangels an Petroleum die nächste Kriegsbetstunde vielleicht bei Kerzenschein wird stattfinden müssen. Der Pfarrer rügt, daß die früher benutzten hölzernen Wandarmleuchter spurlos verschwunden sind.

Wegen der elektrischen Kirchenbeleuchtung stellt der Pfarrer am 24. Oktober 1926 noch die Frage, ob die Herstellungskosten tragbar seien und ob bei den wenigen Abendgottesdiensten eine elektrische Beleuchtung den spärlichen Gottesdienstbesuch anheben würde.

Am 4. Juli 1928 wird eine Beleuchtung der Kirche erwogen. Die Leitungen würden 520,71 Mark kosten, die Armaturen 363,40 Mark und die Lampen etwa 50 Mark. Die Arbeiten sollen an den Elektriker Leis übertragen werden. Die Rechnung für die Kirchenbeleuchtung beläuft sich im März 1929 doch auf 1.261,46 Mark (Gottesdienstbesucher am 6. Juni 2010).

 

Der schönste Schmuck einer Kirche sind aber die Menschen, die dort zum Gottesdienst gehen. In der Regel ist in Hochstadt am Sonntag um 10 Uhr Gottesdienst und um 11 Uhr Kindergottesdienst. Lassen Sie sich einladen, nicht nur das Gotteshaus zu besuchen, sondern auch die lebendige Gemeinde von heute.

 

 

 

PFARRHAUS / GEMEINDEHAUS

Das Grundstück Hauptstraße 9 war früher der Pfarrhof. Feldmann gibt 1683 als Baujahr des alten Pfarrhauses an, nennt aber keine Quelle. Den einstöckigen Fachwerkbau mit Stallungen, Scheune und Kelterhaus hatten die Kirchenpatrone - die Herren von Carben im Auftrag des Erzbistums Mainz - zu unterhalten. Doch die Gebäude waren die meiste Zeit äußerst baufällig. Die Herren von Carben machten aber möglichst wenig daran. Im Jahre 1668 reisten die Kirchenältesten zum Konsistorium, um dort um ein neues Pfarrhaus zu bitten.

 

Schon 1722 muß unbedingt das Pfarrhaus repariert werden. Doch noch am 14. April 1733 klagt Pfarrer Eberhard: Das Haus ist so baufällig, daß der Pfarrer kaum weiß, welche Stube er mit seiner Familie bewohnen soll und wo er sein Vieh hintun soll. Das Fundament am Kelterhaus und die Mauer um den Hof verfallen immer mehr. Die Reparatur müßte unbedingt noch dieses Frühjahr erfolgen. Das Konsistorium bittet am 6. Mai 1733 die Regierung, eine Mahnung an die Kurmainzer Regierung zu schicken.

Die Antwort von Kurmainz kommt am 16. Juli 1733: Da nach dem Aussterben der Herren von Carben das Patronat (und der Zehnte) wieder an Mainz zurückgefallen ist, muß jetzt erst wieder eine Bestandsaufnahme gemacht werden. Die Zuständigkeit für das Pfarrhaus lehnt man ganz ab.                                               

 

Auch im Februar 1735 erinnert Pfarrer Eberhard an die Notwendigkeit der Reparatur des Pfarrhauses. Der Registrator Theobald übergibt am 28. September 1736 einen Kostenvoranschlag. Er soll an die Rentkammer weitergereicht werden. Am 28. November 1736 heißt es: Der Stadtbaumeister Löw hat mit dem Registrator Theobald das Pfarrhaus besichtigt.

Das Haus ist tatsächlich sehr baufällig: Die Fenster müssen verändert werden, ein Stück Wand ist am Wasserstein herauszubrechen, Schwellen sind zu erneuern, das Kellergestell ist zu machen, im Kelterhaus ist in der Stube ein Durchzug zu ziehen.

 

 

An der Scheune ist die Vorderwand und das Tor zu machen, mit Hebezeug anzuheben und der Schuppen neben der Scheune ist zu erneuern. Ebenso ist der Stall im Hof zu erneuern (7 Meter lang, 3 Meter breit und 2,70 Meter hoch) und in drei Ställe eingeteilt werden. Zum Garten und zum Nachbarn hin müssen Planken aufgestellt werden. Die Gesamtkosten belaufen sich auf über 88 Gulden. Das Holz einschließlich Fuhrlohn wird noch einmal über 9 Gulden kosten.

Im Kostenvoranschlag für die Maurerarbeiten vom 22. September werden weitere Punkte genannt: Die Brandmauer ausbessern, den Ofen abbrechen und erneuern, die hölzerne Kellertreppe durch ein steinerne ersetzen, in der hintersten Einfahrt ist das Tor zu erneuern. Die Mauer zum Nachbar Meerbott, wo das Kelterhaus steht, ist zu erneuern. Dazu kommen weitere Arbeiten an den Nebengebäuden. Insgesamt sind dafür über 102 Gulden anzusetzen. Die Mauer am Kelterhaus soll noch einmal 80 Gulden kosten.

Auch 1768 ist das Pfarrhaus in einem jammervollen Zustand: Das Dach ist schadhaft, die Fensterrahmen verfault, das Hoftor droht zusammenzufallen. Das Konsistorium gibt keine Antwort auf die Bitte um Genehmigung der Reparaturen. Unterhaltspflichtig sind die Herren von Carben bzw. der Erzbischof von Mainz. Steuern sind keine zu zahlen.

 

Auch 1770 werden viele Schäden am Pfarrhaus und an den Wirtschaftsgebäuden aufgezählt: Das Tor zur Straße und die Türen der Gebäude befinden sich in einem jammervollen Zustand und bilden eine Gefahr für die Vorübergehenden. Die Fenster sind schadhaft, vor die Gefache sind Bretter genagelt, der Zaun fällt um. Aus den Schilderungen geht hervor, daß Scheune, Schweinestall und Holzschuppen zu den Straßen hin standen.

Nach Mainz wird die flehentliche Bitte gerichtet, nun endlich etwas zu tun. Es kommt auch ein Kammer-Assessor und bestätigt die Angaben des Pfarrers. Zunächst soll alles erst einmal notdürftig ausgeflickt werden, die eigentliche Reparatur soll dann im nächsten Jahr erfolgen.

Einen besseren Feuerschutz will der Pfarrer dann 1773 haben: An die Stelle der hölzernen Stangen im Schornstein sollen eiserne treten, ebenfalls eiserne Beschläge an den Türen, zwei Ledereimer und eine Feuerspritze. Außerdem will er eine Gesindestube haben, denn seine Familie müsse immer noch mit dem Gesinde an einem Tisch sitzen, das sei ihm peinlich.

Auch 1797 sind die Pfarrgebäude in einem schlechten Zustand. Im Jahre 1838 wird es samt Anbau, Scheune, Viehstall und Kelterhaus in die Brandkasse aufgenommen.

 

Deshalb baut man 1861 / 1862 das heutige Haus. Das einstöckige Fachwerkhaus wurde durch ein steinernes zweistöckiges Haus mit dem Eingang von der Hauptstraße her ersetzt. Das Haus ist sehr geräumig, weil es ja auch für eine große Pfarrfamilie samt Angestellten reichen sollte.

Die Einzäunung des Pfarrgartens wird 1916 erneuert. Wegen Geldmangels kann das Haus zunächst nicht an das elektrische Netz angeschlossen werden. Darum wird zunächst nur das halbe Haus beleuchtet, die übrigen vier Räume werden 1924 mit Leitungen versehen. Im Oktober 1924 wird beschlossen, das Haus an die Wasserleitung anzuschließen. Der Kreispfarrer verlangt 1926, daß Telefon in das Haus gelegt wird. Aber bis in die fünfziger Jahre hat das Haus noch kein Telefon, wie sich die Tochter des Pfarrers Gerlach erinnert.

 

Über die Errichtung eines Gemeindehauses mit Kleinkinderschule (Kindergarten) und Wohnung für die Kinderschwester und Diakonisse wird schon im November 1916 gesprochen. Ein Jugendheim wird 1919 vom Pfarrer eingerichtet. Wahrscheinlich ist das ein Raum im Pfarrhaus gewesen, denn der Pfarrer bekommt eine kleine Vergütung für Beleuchtung und Reinigung.

Nach dem Krieg wird 1952 die Pfarrscheune zum Jugendheim und Gemeindehaus ausgebaut. Im Erdgeschoß entstehen zwei Räume, im Dachgeschoß ist die Küsterwohnung

Im Jahre 1956 löst der Hessische Staat die Unterhaltspflicht am Pfarrhaus ab. Das alte Pfarrhaus wird an die bürgerliche Gemeinde verkauft und dort die Gemeindeverwaltung untergebracht. Aus dem Gesamterlös des alten Pfarrhauses wird 1957 ein zweckmäßiges Pfarrhaus in der Ringstraße Süd Nr. 13 erbaut

Als 1991 das neue Rathaus in der Klosterhofstraße fertig war, sollte laut Beschluß der Stadtverordnetenversammlung von 1992 in dem ganzen Haus das Heimatmuseum von Maintal eingerichtet werden. Man brachte dort aber zunächst Asylbewerber unter. Als das Haus 1996 wieder frei wurde, hat man im Unterstockwerk die Stadtteilbücherei untergebracht und für das Museum blieb nur das Oberstockwerk. Hier werden in sechs Räumen folgende Themen dargestellt: Handwerk (Diamantschleifer, Schuhmacher, Schreiner), Wein- und Apfelweinherstellung, Küche, Apfelweinwirtschaft, Kleidung und Schlafzimmer. Im Jahre 1997 wurde das Museum eröffnet. Es wird getragen vom Verein „Heimatmuseum Maintal“ (Auf dem Denkmalschild sieht es so aus, als sei nur das Wohnhaus ein Fachwerkbau gewesen. Doch der vorgeschlagene Text lautete: „Früherer Pfarrhof mit Pfarrhaus, Stallungen, Scheune und Kelterhaus in Fachwerkbauweise“. Danach waren alle Gebäude in Fachwerkbauweise errichtet).

Nach dem Verkauf an die Gemeinde wird in den Nebengebäuden die Feuerwehr untergebracht. Im Jahre 2000 wird das südliche Gelände an einen Privatmann verkauft, der die Gebäude ganz ansprechend verändern läßt.

 

Das Gemeindehaus am Wallgraben wird 1975 / 1976 gebaut. Es wird von verschiedenen kirchlichen Gruppen genutzt und enthält einen Jugendkeller, einen Raum für Mutter-und-Kind-Gruppen, einen Übungsraum für die Chöre und einen Raum für den Kirchenvorstand

 

 

 

 

 

 

 

DIE LUTHERISCHE KIRCHE

Über diese Kirche gibt es noch eine Menge Material im Staatsarchiv Marburg, das noch nicht ausgewertet wurde. Die wesentlichen Grundzüge der Geschichte dieser Kirche dürften aber aus den anderen Materialien erfaßt sein. Die Kirche stand auf dem Grundstück Lutherstraße 9. Ihre Südwand aus Basaltsteinen und mit Strebepfeilern war noch als Teil der Ringmauer bis in die fünfziger Jahre zu sehen. Dann hat man auch diese Mauer abgerissen und dort einen Neubau erstellt. Das bis heute erhaltene alte Gebäude an der Lutherstraße war die lutherische Schule.

Durch den Haupt-Rezeß vom 26. August 1670 werden den Reformierten und den Lutheranern die ungehinderte Ausübung der Religion zugestanden. Der rechtliche und tatsächliche Stand der reformierten Kirche muß „unverrückt“ bleiben. Aber auch die Lutheraner dürfen sich zu einer Gemeinde zusammenschließen, wenn mindestens acht Familien am Ort vorhanden sind. Sie dürfen Kirchen und Schulen bauen und Pfarrer und Lehrer anstellen, müssen aber alles aus ihren eigenen Mitteln unterhalten. In Hochstadt allerdings hat man das nicht unbedingt eingehalten.

Die lutherische Gemeinde Hochstadt wird 1686 gegründet. Zunächst hält man in einem Privathaus Gottesdienst. Die Kirche wird im Jahre 1687 erbaut auf dem Grundstück in der Lutherstraße Nr. 9 (Bornkessel/Brosch/Demuth). In dieser Kirche wird der Taufstein aus der reformierten Kirche aufgestellt, der heute wieder in der evangelischen Kirche steht. Den Gottesdienst hält zunächst ein Schulrektor aus Hanau. Wahrscheinlich handelt es sich um Johann Martin Junker, den späteren ersten lutherischen Pfarrer in Hochstadt.

 

Im Staatsarchiv Marburg sind unter anderem noch folgende Aktenstücke erhalten:

Einnahme und Ausgabe beim Bau der lutherischen Kirche Signatur                   1689 (?)

Kirchensachen der lutherischen Gemeinde                                                             1691-1807

Bestellung der Kirchenältesten und Baumeister                                                     1704- 1814

Spende der Frau von Westerfeld für die lutherische Kirche                                  1731 (?)

Kirchenbaurechnungen                                                                                                1739   

Bestellung eines lutherischen Kirchenbaumeisters                                                 1739

Schenkung des Michel Schröder an die lutherische Kirche                                    1740

Die beabsichtigte auswärtige Konfirmation einiger lutherischer Kinder              1752

Anschaffung eines Kastens für die Aufbewahrung der Akten                                1758-1792

Der verstorbene Kirchenbaumeister Johannes Ebert hat Schulden hinterlassen   1773

Stück- und Lagerbuch der lutherischen Pfarreigüter                                               1776

Verkauf Solms-Rödelheimer Grundstücke an das lutherische Konsistorium       1784-1790

Reparaturen an der lutherischen Kirche                                                                     1792

Verkauf der lutherischen Kirche, des Pfarrhauses und der Glocken                      1820-1821

 

Orgelbau 1721:

Vom 11. November 1721 gibt es ein Schreiben des Pfarrers Sebastian an das Lutherische Konsistorium: An der reformierten Kirche ist gerade ein berühmter Orgelbauer tätig. Diesen möchte der lutherische Pfarrer verpflichten, für seine Kirche eine Orgel mit sechs Registern zu bauen. Das Konsistorium rügt zwar am 12. November 1721, daß der Vertrag schon ohne seine Zustimmung abgeschlossen wurde, es will sich jetzt aber nicht querlegen. Es gibt auch zu bedenken, daß man vielleicht nicht immer einen Lehrer haben wird, der auch Orgel spielen kann. Wenn es paßt wird noch einmal jemand vom Konsistorium nach Hochstadt hinauskommen, ansonsten erbittet man einen Bericht über die Fertigstellung des Werks.

Am 14. Januar 1722 schreibt das Konsistorium: Wegen der neu aufgestellten Orgel wird man nicht umhin können, den Altar zu versetzen oder ganz zu entfernen. Wieder wird der voreilige Vertrag gerügt und gesagt, daß man mit einer Versetzung des Altars nicht sehr glücklich wäre. Es soll berichtet werden, wo man die Orgel aufzustellen gedenke. Der Pfarrer soll in acht Tagen nach Hanau kommen und dort seine Meinung mündlich vortragen (Staatsarchiv Marburg)

Am 17. Juni 1759 wird vom Konsistorium genehmigt, daß Johannes Bechert die Orgelbälge (ohne Entgelt) treten darf. Er ist entsprechend einzuweisen. Im Jahre 1763 reichen die lutherischen Gemeinden in Hochstadt und Kesselstadt ein Gesuch ein, daß ihnen der Wein zum Abendmahl aus den Mitteln der (bürgerlichen) Gemeinde geliefert wird.

 

Anschaffung einer Glocke 1779:

Pfarrer Körber schreibt am 4. November 1779 an das Konsistorium: Schon beim Antritt der Pfarrstelle stellte Körber fest, daß die größere Glocke gesprungen war. Schulmeister Mohr teilte dazu mit, daß das schon zur Zeit des Pfarrers Kraus geschehen sei. Seitdem geht der Sprung immer weiter, so daß man die Glocke überhaupt nicht mehr läuten lassen kann.

Der Glockengießer Bach aus Windecken behauptet, daß eine Reparatur nicht möglich sei. Nun haben sich die Gemeindeglieder in Hochstadt und den Filialen bereit erklärt, das nötige Geld für eine neue Glocke aufzubringen. Deshalb wird um Genehmigung gebeten.

Am 10. November verlangt das Konsistorium, daß für das Umgießen der Glocke ein Kostenvoranschlag eingereicht wird.

 

Am 30. November 1779 berichtet Pfarrer Körber, er möchte sich dem Spott und Hohn der Reformierten entziehen. Der Glockengießer Bach bittet um Lieferung der alten Glocke, weil ein Guß in der kalten Jahreszeit nicht möglich ist. Er bittet um Erlaubnis, den Auftrag vergeben zu dürfen. Das Schreiben des Glockengießers Bach und den Kostenvoranschlag fügt er bei. Dieses Schreiben vom 8. November ist dann auch bei den Akten. Die Glocke wiegt 324 Pfund. Und der Neuguß soll etwas über 73 Gulden kosten.

 

Pfarrer Körber schreibt am 7. Dezember 1779 an das Konsistorium: Die Sammlung ist nicht nach Wunsch verlaufen, weil der Pfarrer selbst in Dörnigheim nur acht Gulden zusammenbekommen hat und die vorher den größten Mund hatten, die zögen sich nun zurück. Aber das lag daran, daß keiner dem anderen vorgreifen wollte. Sie würden aber das Ihrige dazu beitragen, wenn das Konsistorium den Befehl dazu erteilt. Dann will er auch in Hochstadt und Kesselstadt sammeln. Das Konsistorium schreibt aber am 15. Dezember 1779: Das Konsistorium legt Wert darauf, daß der Pfarrer auch das Geld zusammenbringt.

Am 31. Januar 1780 teilt der Pfarrer mit, daß er schließlich etwas über 25 Gulden zusammengebracht hat. Dann bittet er darum, noch 10 Gulden aus der Kirchenbaukassse von Kesselstadt nehmen zu dürfen, damit wenigstens die 40 Gulden für die Anzahlung zusammenkommen.

Das Konsistorium antwortet am 6. Februar 1780: In Kesselstadt müssen aber erst noch zwei neue Kirchenvorsteher berufen werden, damit man über den Antrag entscheiden kann.

Das Konsistorium schreibt am 26. Juli 1780: Die Kirche ist dem Glockengießer den Rest der Summe schuldig geblieben. Der Pfarrer soll jetzt eine genaue Abrechnung über die Spenden für die Glocke vorlegen. Wenn er das nicht umgehend macht, wird man ihm einen Warteboten schicken, der bis zur Erledigung wartet.

Der Pfarrer hat tatsächlich keinen Bericht gemacht und die Kollekte nicht abgeliefert. Deshalb wird ihm am 9. August 1780 angedroht, daß der Diener des Konsistoriums zu ihm geschickt wird und er muß die Kosten tragen muß.

Am 11. August 1780 wird dann festgestellt: Der Pfarrer hat endlich die Abrechnung über die eingegangenen Gelder vorgelegt und versprochen, die gut 10 Gulden Anfang nächster Woche zu entrichten. Von der Glockengießerrechnung sind noch über 68 Gulden zu zahlen. Jetzt bittet Registrator Blum aus Hanau (wahrscheinlich Rechner des Konsistoriums) um Auskunft, auf welche Weise die 58 restlichen Gulden bezahlt werden sollen. Er schlägt vor, 38 Gulden aus der „hiesigen“ Kirchenkasse zu nehmen und 10 aus der Hochstädter Kirchenkasse. Der Rest soll durch Spenden der Gemeindeglieder aufgebracht werden, vor allem von denen, die bisher noch nichts gegeben haben. Er rügt auch, daß die neue Glocke 38 Pfund schwerer geworden ist als die alte und deshalb auch die Rechnung höher ist.

Es folgt dann die Aufstellung über die Einnahmen und Ausgaben und die Spendenliste mit vielen Spenden aus Wachenbuchen und Dörnigheim, auch einschließlich 10 Gulden aus der Kesselstädter Kirchenklasse und eine Quittung über 20 Gulden von dem Glockengießer. Den Klöppel hat der Schmied in Wachenbuchen gemacht. Es folgt bei den Akten die Abrechnung des Glockengießers und eine Bescheinigung des Wiegemeisters (313 Pfund).

Am 16. August 1780 wird der Pfarrer Körber noch einmal gerügt, weil er voreilig den Neuguß der Glocke in Auftrag gegeben hat und nun die Bezahlung nicht gesichert ist. Er erhält sogar einen Verweis und ihm wird die Auflage erteilt, die fehlenden 10 Gulden bis zum 30. des Monats beim Registrator Blum einzuzahlen, eine Anrechnung über die Kirchengelder vorzulegen und einen Vorschlag für die Bezahlung des Glockengießers zu machen.

 

Der Pfarrer hat am 8. November 1780 immer noch nicht berichtet, wie es mit der Sammlung für die Glocken steht. Auch am 29. November geht aus der Akte nicht hervor, daß der Pfarrer schon berichtet hat. Der Bericht hat bis zum nächsten Mittwoch zu erfolgen, sonst wird ein Wartebote auf Kosten des Pfarrers abgeschickt.

Am 13. Dezember 1780 sind etwas mehr als 30 Gulden Abschlag gezahlt werden. Der Pfarrer soll innerhalb von zwei Monaten das restliche Geld (38 Gulden) aufbringen und notfalls auch etwas aus der Kirchenkasse nehmen. Es folgt die Quittung über die 30 Gulden

Am 1. August 1781 erhält der Pfarrer erneut einen Verweis, weil er das Geld für die Glocke nicht abgeliefert hat. Außerdem fehlt jetzt auch noch die Kollekte für das Waisenhaus. Er soll sich jetzt in acht Tagen persönlich beim Konsistorium einfinden. Der Pfarrer bittet um eine Fristverlängerung von 14 Tagen, erhält aber nur eine bis zum nächsten Montag.

Am 13. August 1781 schreibt Pfarrer Körber: Die Kirche hat noch eine Darlehenszurückzahlung von gut 10 Gulden zu erwarten. Der Pfarrer hat aber nur weitere 4 Gulden auftreiben können. Es wird darum gebeten, daß dem Glockengießer gesagt wird, daß er sich mit dieser Zahlung erst einmal zufriedengeben muß.

Am 22. August 1781 heißt es: Der Pfarrer soll die in Aussicht gestellten 14 Gulden beim Konsistorium einzahlen, sobald die Rückzahlung eingeht. Die fehlenden 24 Gulden sind aus der Kirchenkasse zu nehmen, damit der Glockengießer bezahlt werden kann. Aber am 5. Juni 1782 muß der Pfarrer zugeben, daß er das ausstehende Darlehen aus dem Amt Ortenberg nicht eintreiben kann. Er bittet darum, auch diese 14 Gulden aus der Kirchenkasse nehmen zu dürfen, bis das Geld eingeht.

 

Orgelbau 1801:

Am 1. September 1801 legt der Orgelbaumeisters Johann Heinrich Schmidt einen Kostenvoranschlag für die Reparatur der Orgel mit 24 Gulden vor. Es handelt sich um eine Durchsicht des ganzen Instruments. Der Kantor Luja soll den Kostenvoranschlag überprüfen und nach der Besichtigung darüber zu berichten. Dieser schreibt am 6. Oktober, daß er den Kostenvoranschlag für berechtigt halte.

Am 7. Oktober 1801 protokolliert das Konsistorium: Der Kantor Luja soll den Orgelmacher Schmidt beauftragen. Bei der eingereichten Reisekostenrechnung soll er aber erst begründen, weshalb er für die Prüfung sich einen Tag in Hochstadt aufgehalten hat und ob er ein Reitpferd benutzt hat. Dieser antwortet am 19. Oktober: Der Schulmeister sei an diesem Morgen im Wald gewesen und man habe erst am Nachmittag mit der Prüfung der Orgel beginnen können. Er habe zwar kein Pferd benutzt, aber seiner Kenntnis nach werde bei solchen Fällen immer ein Pferd in Rechnung gestellt. Die Reisekostenrechnung von über 4 Gulden wird am 21. Oktober 1801 anerkannt und ausgezahlt.

 

Glockenseile 1803:

Pfarrers Heinemann schreibt am 15. Februar 1803: Die Glockenseile sind sehr schadhaft. Das für die große Glocke ist schon gerissen. Bei dem für die kleine Glocke muß man jeden Tag das Gleiche befürchten. Es ist so oft zusammengeknüpft, daß man es nicht mehr verlängern kann. Für eine Neubeschaffung hat die arme Gemeinde kein Geld.

Deshalb bittet der Pfarrer darum, daß das Konsistorium einmal in seinem Magazin nachsieht, ob dort noch alte Glockenseile sind, die man bekommen könnte. Der Pfarrer soll aber neue Glockenseile anschaffen und die Rechnung darüber beim Konsistorium einreichen.

 

Ende der Kirche:

Trotz mancher Anfeindungen hat sich die lutherische Gemeinde in Hochstadt behauptet. Im Jahre 1818 kommt es aber zur „Hanauer Union“, der Vereinigung der reformierten und lutherischen Gemeinde. Die lutherische Kirche war damit überflüssig geworden.

Im Februar 1820 wird in Hochstadt bekannt, daß das Konsistorium die lutherische Kirche verkaufen und das Geld für sich behalten will. Die Hochstädter möchten aber nicht den sicheren Besitz von Liegenschaften gegen unsicheres Kapital eintauschen. Wenn aber doch verkauft werden sollte, müsse das Geld in die Hochstädter Kirchenkasse, um die Lehrerbesoldung zu verbessern.

Das Konsistorium fragt an, ob man nicht gleich auch das Pfarrhaus mit verkaufen wolle. Der lutherische Lehrer muß auch entschädigt werden; er wohnt mit Erlaubnis des Pfarrers Schulz im Pfarrhaus. Die Kirche ist allein schwer verkäuflich und hat nur einen gewinnbringenden Keller. Der Keller unter der lutherischen Kirche wird 1831 noch einmal auf drei Jahre verpachtet.

Die Angaben über den Verkauf der lutherischen Kirche sind etwas widersprüchlich. Zunächst wird gesagt, daß Schultheiß Weber am 28. März 1832 die Kirche für 400 Gulden gekauft habe und weitere 200 Gulden noch schuldig geblieben sei.

Aber am 12. April 1832 kauft dann angeblich die bürgerliche Gemeinde die Kirche für 200 Gulden, um sie abzubrechen und den Schulhof zu erweitern (Schule wurde ja zunächst weiter dort gehalten).

Am 6. Mai 1833 heißt es dann, die Kirche solle „auf Abbruch“ verkauft werden, also zur Gewinnung von Baumaterial. Sie bringt nunmehr 315 Gulden ein. Käufer ist Bürgermeister Johannes Weber. Die Kirche wird zu einer Scheune umgewandelt. Nur die Südwand bleibt noch stehen.

Der in der Kirche befindliche Grabstein des Herrn von Speckhan kommt auf den Kirchhof. Der große Taufstein bleibt zunächst noch im Garten stehen. Am 21. August findet man den Grundstein der lutherischen Kirche. Er soll in der Kirche aufbewahrt werden, die Münzen kommen in die Kirchenbaulade. Genutzt wird jetzt nur noch die reformierte Kirche.

 

 

 

 

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