Rundgang durch Hochstadt (ausführlich, kurzgefaßt unten))

 

Dieser Rundgang ist etwas anders in der Reihenfolge als in dem kleinen gedruckten Heft, Einen Rundgang durch den alten Ortskern Hochstadts beginnt man aber am besten auf dem Friedhof nahe dem Obertor. Der Blick geht nach Südosten zum Gemeindewald, wo die ältesten Bewohner der Gegend in Hügel­gräbern begra­ben sind. Östlich des Ortes gab es früher eine Ziegelei und noch früher eine Kalkkrennerei („Kalkhaus­straße“). Das Haus Ringstraße 2 gehört zu den ältesten Gebäuden außerhalb der Ringmauer im Osten des Ortes. Im Jahre 1869 wird an Johann Hensel ein Bauplatz am Obertor verkauft. Er bricht 1892 einen Teil der Ringmauer ab und baut das Haus Ringstraße Süd 2. Hier war bis in die Nachkriegszeit ein Lebensmittelgeschäft. Heute ist dort eine Fahrschule untergebracht. Auch die Scheune des Hauses Hanauer Landstraße 24 gehört zu den ältesten Gebäuden außerhalb der Ringmauer im Osten des Ortes.

 

1 Friedhof

Schon während der Typhusepidemie in den Jahren 1813 bis 1815 wird deutlich, daß der alte Kirchhof zu klein ist und eine Erweiterung nötig ist. Die Lutheraner hatten ja nie einen eigenen Friedhof. Dringend wird die Friedhofsfrage dann 1839. Man muß die Gräber viel zu früh wieder einebnen.

Innerhalb der poli­tischen und kirchlichen Körperschaften entsteht ein heftiger Streit: Die eine Partei will die Mauern durch­brechen und den Friedhof bis zur Dorfelderstraße (heute: „Am Felsenkeller“) erweitern (dort standen ja noch keine Gebäude). Etwa zwei Morgen Land hätten dafür hinzugekauft werden müssen. Die andere Partei ist für das Gelände des jetzigen Friedhofs und setzt sich durch. Aber noch viele Jahre tragen sich beide Parteien einen persönlichen Haß nach. Schon 1839 stellt Oberbaumeister Schulz den Plan für den neuen Friedhof auf. Im folgenden Jahr werden Grundstücke für den Friedhof gekauft oder getauscht. Als Letzter wird Wilhelm Heckert 1841 auf dem alten Kirchhof begraben.

Am 19. Dezember 1841 wird der neue Friedhof eröffnet. Philipp Krebs, Am Rathaus 3, wird im Januar 1842 als Erster auf dem neuen Friedhof begraben. Im Totenbuch wird der 14. Januar 1766 als Geburtstag angegeben, aber später am Rand nachgetragen, daß er laut Taufbuch am 14. Februar geboren ist. Auf dem Grabstein steht aber 14. Januar 1766. Gestorben ist er am 12. Januar 1842. Sein Grabstein steht an der westlichen Mauer. Daneben ist ein Grabstein von Andreas Weber, geboren am 24. August 1800, gestorben am 10. Februar 1878. Erst ist der Erste, der auf dem erweiterten Friedhof begraben wurde.

Rechts vom Friedhofseingang wird in­nen eine Sandsteintafel eingemauert, in welcher die Namen der Mitglieder des Gemeinde- und des Kirchen­­vorstandes eingehauen sind (heute verwittert): „Dieser Friedhof ist erbaut worden im Jahre 1841 durch den Herrn Baumeister Augener, durch die Gemeinde-Behörden, welche bestehen in Bürgermeister, Gemeinderat und Ausschuß, als Bürgermeister Johannes Schales, Gemeinderat: Philipp Stein als Beigeordneter, Georg Mankel, Peter Brosch, Karl Schmidt, Wilhelm Schales. Der Gemeinde-Ausschuß: Johannes Weber, Ausschuß-Vorsteher, Peter Weber, Daniel Burger, Andreas Schmidt, Johannes Strohl II., Daniel Wagner, Andreas Schales, Peter Brosch, Andreas Weber, Peter Wagner, Philipp Koch, Michael Mankel“

Im Jahre 1847 sind Dutzende von Maurern und Handlangern im Ort. Es könnte sein, daß sie die Friedhofsmauer errichtet haben. Der Friedhof wurde mehrmals erweitert. Zur Erwei­terung des Friedhofs werden 1876 vier Grundstücke dazu erworben (Grabstein an der west­lichen Mauer). Die Friedhofsmauer wird 1881 zum Teil erneuert. Im Jahre 1891 richtet Pfarrer Schäfer ein scharfes Schreiben an die bürgerliche Gemeinde we­gen der immer noch ausstehenden Friedhofserweiterung; auch 1897 erfolgt nochmals eine scharfe Mahnung. Am 20. November 1898 wird der neue Teil des Friedhofs eingeweiht. Er kostet 2.500 Mark ein­schließlich der Mauer. Im Jahre 1899 kommen nochmals 22 Quadratmeter Fläche zum Friedhof hinzu.

Im Jahre 1901 entsteht der Plan für ein Totenhaus auf dem Friedhof. Eine Zeichnung wird auch gleich an­gefertigt, selbst ein Sektionszimmer ist vorgesehen. Der Kostenvoranschlag wird schließlich im nächsten Jahr aufgestellt. Das Leichenhaus („Bahrhaus“) wird 1903 links am Eingang errichtet, laut Plan 6,83 x 4,75 Meter groß.

Ein neuer Friedhofsteil wird 1914 durch einen Drahtzaun geschützt. Die Mauer wird ausge­bessert und mit Sandsteinplatten abgedeckt. Ein Leichenwagen wird 1924 angeschafft und am 21. Mai erstmals benutzt. Sonderbar ist die Bestimmung von 1924, daß der Friedhof nur dreimal im Monat am Sonntagnachmittag unter Aufsicht des Totengräbers geöffnet ist.

Auf dem alten Teil des Friedhofs vom Eingang links neben der Ruhestätte der Familie Reich sollen ab 1929 Familiengräber gestattet werden. Eine Wasserzapfstelle wird 1932 eingerich­tet. Heute hat der Friedhof als Mittelpunkt ein Denk­mal für die Gefallenen und sonstigen Opfer der Weltkriege. Im Jahre 1975 wurde der Friedhof die Fläche hinter dem Denkmal erweitert.

 

2 Linde

Vor dem Friedhofstor stand bis 1756 eine Linde. Vielleicht wurde sie von einem Blitz getroffen. Jedenfalls wurde sie von einem Sturm umgeworfen. In der Gemeinderechnung heißt es 1756, daß das Holz der alten Linde am Obertor am 15. Juli verkauft wurde. Sie wurde 1757 durch eine Kastanie ersetzt. In der Gemeinderechnung von 1757 heißt es dazu: „drei alb (Albus) für ein Kastanienbäumchen zu setzen vor dem Obertor, wo die alte Linde stand“ (oder nach anderer Überlieferung: „Kaspar Meerbott 10 Albus für 1 Kastanienbäumchen zu setzen an der Oberpforte“). Der Kastanienbaum war 200 Jahre lang ein Blickfang, besonders wenn sie im Frühjahr in voller Blüte stand. Ihre Wurzeln reich­ten bis in die Keller der gegenüberliegen­den Häuser. Diese Kastanie wurde 1957 gefällt, weil immer mehr Zweige herunter gebrochen waren. Im fol­genden Jahr wurde an ihrer Stelle wieder eine Linde gepflanzt. Diese schmückt heute in stattlicher Größe den Eingang zum Friedhof in Hochstadt.

 

3 Obertor

Es gab nur zwei Zugänge zum Dorf: vom Osten das Obertor und im Westen das Untertor. Entsprechend wurden auch die Straßen an das Dorf herangeführt: Ein Weg nach Dörnigheim ging über die heutige Klosterhofstraße und einer über die heutige Hanauer Straße und Jägerstraße.

Das Tor soll 1589 / 1590 errichtet worden sein, aber bezeugt ist dieses Datum in den Ge­meinderechnungen nur für das Untertor. Es ist Teil der rund um den Ort laufenden Ringmauer. Da diese aber älter ist als das Tor, muß an dieser Stelle schon ein Vorgängerbau gestanden haben.

Das kunstlose Turmgebäude hat ein pyramidenförmiges Dach, kleine Fenster und Schießscharten. Die Eck­qua­derung ist aufgemalt. Der Torbogen war durch ein doppelflügeliges Holztor gesichert. Die Angeln des Tores und die Löcher für den Sperrbalken kann man noch sehen. In der Decke des Tor­bogens ist eine viereckige Öffnung, durch die man vielleicht beim Bau das Material hochzog, durch die man aber auch Steine oder Pech oder heißes Wasser auf mögliche Feinde schütten konnte.

Das Tor wurde durch den Schweinehirten („Säuhirt“) auf- und zugeschlossen, der im Haus neben dem Tor wohnte. Mehr hatte der „Pförtner“ nicht zu tun. Er erhielt für das Hüten der Schweine 32 Gulden im Jahr und zusätzlich 2 Gulden für das Schließen des Tores, später auch vier Gulden. Zum Beispiel 1606 bekam jeder Pförtner am Johannistag (dem 24. Juni) und Michaelis (dem 29. September) zwölf Schilling für einen Imbiß.

Im Jahre 1645 im Dreißigjähriger Krieg ist die Lage so unsicher geworden, daß man besondere Maßnahmen gegen umherschweifende Räuberbanden trifft: Der Graben unter der Zugbrücke wird erweitert und ausgemauert, die Brücke wird erneuert und beschlagen, die Wachen werden verstärkt und schießen jedesmal mit ihren Hakenbüchsen, wenn Feinde kommen.

Wenn fremde Reiter gesichtet werden, wird die Zugbrücke hochgezogen. Oft lassen sie sich von der Wache mit Speis und Trank oder mit Geld abfertigen. Oder man nimmt die „Frei­reuter“ zwar auf, holt sich aber aus Hanau Soldaten, um sie in Schach zu halten (aber die Hanauer müssen natürlich auch verpflegt werden). Einmal erhält der Postillion eine Belohnung, weil er vor einer starken Truppe gewarnt hat.

Im Jahre 1771 wird außerdem ein Wachthäuschen am Obertor erwähnt. Hier hatten wohl zu bestimmten Zeiten einzelne Einwohner die „Portenhut“ zu halten, also eine wirkliche Kontrolle. Der Dienst war sehr begehrt, weil er wohl gut bezahlt wurde.

Am 11. Juli 1800 hört man in Hanau eine heftige Kanonade, die von einem Gefecht bei Hochstadt herrührt. Die Österreicher versuchen, vom Wald aus gegen Hochstadt vorzugehen, werden aber von der französischen Artillerie zurückgeschlagen, die ihre Geschütze vom Obertor bis zum „Kerker“ stehen hat. Die Österreicher müssen sich bis zum Neuhof und zum Neuwirtshaus zurückziehen.

Über die „Turnerschlacht bei Hochstadt“ Im Jahre 1861 und die „Erstürmung von Hochstadt“ siehe Felsenkeller.

 

Der kleine Durchgang am Obertor wurde auch tagsüber von Fußgängern benutzt (damit man vor dem anderen Verkehr geschützt war, so wie heute auch). Vor allem diente es aber dazu, den „Spätheimkehrern“ noch einen Zugang zu ermöglichen. Schwierigkeiten hatte der Pfört­ner dabei vor allem mit jungen Leuten, die nachts noch hinaus wollten. Einmal haben die Hochstädter Jugendlichen aber den Schweinehirten bestochen, daß er ihnen das Tor auch nach Einbruch der Dunkelheit noch öffnete. Es kam wie es kommen mußte: Draußen schlugen sie sich mit den Kilianstädtern und holten sich dabei blutige Nasen. Dabei wird der Torwärter jedes Jahr streng ermahnt, ohne Erlaubnis des Schultheißen oder eines anderen zuständigen Mannes niemand durchs Tor zu lassen.

Im Jahre 1866 besiegte Preußen die Österreicher und ihre süddeutschen Verbündeten, auch die Hessen. Der Ort Hochstadt durfte keine Festung mehr sein. Deshalb wurde das Holztor ausgehängt und die Flügel 1868 verkauft.

Im Jahr 1983 wollen Hochstädter Gewerbetreibende (der heute längst nicht mehr bestehenden Einzelhandelsgeschäfte) die neue Verkehrsführung über die Südumgehung und die Sperrung des Obertors nicht hinnehmen. Im Februar 1984 verlangen sie wieder die Öffnung des Ober­tors. Ihrem Verlangen wird schließlich nachgegeben, aber von einer „verkehrsberuhigten Hauptstraße“ kann seitdem nicht mehr die Rede sein.

 

4 Hirtenhaus Hauptstraße 1

Links hinter dem Obertor steht das Hirtenhaus. Es wurde 1722 erbaut, wahrscheinlich von Schultheiß Johann Wilhelm Meerbott, der 1707 geheiratet hat. Später war es im Besitz der Gemeinde und das Haus des Schweinehirten. Dieser war gleichzeitig der Pförtner, der täglich das Tor zu öffnen und zu schließen hatte. Das Haus Hauptstraße 1 war laut Lagerbuch der Gemeinde Hochstadt von vor 1929 ein Wohn­haus mit Hofraum, das vermietet ist. Der letzte Hirt ist Wilhelm Koch. Er stirbt im Dezember 1948 im Hirtenhaus am Obertor im Alter von 75 Jahren. Ein Stallgebäude wurde wegen Baufälligkeit abgebrochen.

Nach langem Hin und Her wurde das Haus seit 1992 von der Architektenfamilie Mechthold saniert. Ende Oktober 1995 schließt sie die Innenrenovierung des Obertors ab. Sie hat eine Verbindung vom Hirtenhaus zum Turm geschaffen und dort ein Schlafzimmer und darüber ein Wohnzimmer geschaffen. Ein an das Haus anschließender Gebäudeteil wurde von der Familie Mechtold neu gebaut und als Küche eingerichtet. Am 22. Oktober 1995 stellt sie bei einem „Tag der offenen Tür“ das Gebäude der Öffentlichkeit vor. Im Jahre 1996 läßt sie auch den Turm von außen renovieren und kurz vor ihrem Auszug noch einmal.

 

Danach wohnte dort Herr Bock­stahler, dem das Haus für seine Zwecke genügte und der den Turm an Urlauber vermietete, der ja noch den alten eigenen Zugang von der Straße herhat. Er zog dann jedoch in die Wachenbucher Straße, weil ihm das Treppensteigen zu schwierig wurde. -Der Kuhhirte wohnte in dem Haus zwischen den Grundstücken „Am Pfarrhof“ Nr. 1 und „Lutherstraße“ Nr. 1 (heute abge­rissen).

 

5 Bauernhof Hauptstraße 2

Rechts hinter dem Obertor steht ein stattlicher Bauernhof mit der Jahreszahl 1537 im Torbogen. Die Buchstaben „PW“ bedeuten wohl „Philipp Weber, weil „Philipp“ damals der übliche Name war und „Weber“ damals der einzige Familienname war, der mit einem „W“ beginnt. Unausrottbar ist die Behauptung, hier zwischen der Kirche und dem Obertor habe ein Kloster gestanden. So hat es schon der Lehrer Henning den Kindern in der Schule erzählt, da muß es doch stimmen. Richtig ist, daß verschiedene Klöster in Hochstadt umfangreichen Grundbesitz hatten, zum Beispiel die Antoniter, Karmeliter und das Liebfrauenkloster. Vielleicht war es dann auch erforderlich, einen Hof zu haben, wo die Abgaben an das Kloster gesammelt wurden. Vielleicht wurde der Hof sogar von einem Laienbruder des Klosters bearbeitet. Aber dann war dort kein Kloster, sondern allenfalls ein Klosterhof. In Hochstadt hatte eine ganze Reihe von Klöstern bis in die jüngste Zeit Grundbesitz, doch ein Kloster gab es hier nicht. -

Die Türe des Hauses Hauptstraße 3 war früher waagrecht geteilt, die Treppe ging direkt hoch.

 

6 Kriegerdenkmal

Im Winkel zwischen diesem Bauernhof und dem Kirch­turm steht das Kriegerdenkmal für die Teilnehmer am deutsch-französischen Krieg 1870/71. Es trägt die Namen der „Kombattanten“ und „Nichtkombattanten“ des Krieges und wurde 1883 eingeweiht. Eine Gedenktafel für die Gefallenen der Freiheitskriege kam schon 1814 in die Kirche. Im Jahre 1934 faßt man den Plan, die Namen der Gefallenen des Ersten Weltkriegs zu sammeln und auf einer Tafel im Turmdurchgang festzuhalten. Heute sind in diesem Turmdurchgang die Namen der Gefallenen beider Weltkriege verewigt.

Der früher Stadtrat Schreiber wollte das Denkmal beseitigen, weil es der deutsch-franzö­sischen Freundschaft widerspreche. Aber es ist nun einmal Geschichte und die die Franzosen haben auch entsprechende Denkmäler zum Ersten Weltkrieg. Heute haben Deutsche und Franzosen ein gutes nachbar­liches Verhältnis. Seit 1973 ist Hochstadt (und Maintal) mit der Stadt Luisant bei Paris verschwistert. Der dortige Bür­germeister ist der erste Ehrenbürger von Maintal. Es besteht ein reger Austausch zwischen Vereinen, Schulen und Pri­vatpersonen und bei den Festen.

 

Kirchturm, Kirchhof und Kirche: Dazu gibt es die eigene Datei „Kirchengebäude“. Hier werden nur die wichtigsten Punkte aufgeführt.

 

7 Kirchturm

Der eigentliche Kirchturm befand sich an der Nordwestecke des Kirchenschiffs. Das kann man sowohl von außen wie von innen noch gut erkennen. Mit Wegfall des ursprünglichen Kirchturms wird der vorhandene Torturm des befestigten Kirchhofs zum Kirchturm umgebaut Er trägt unter dem Schieferdach noch eine Spitze aus Kalkstein. Über dem Tor trägt der Turm eine Tafel mit dem Wappen des Grafen Philipp III. von Hanau und seiner Gemahlin Helene von Pfalz-Simmern und mit der Jahreszahl 1554. In diesem Jahr wurde er anstelle eines alten Wehrturms erbaut, der zur Kirchhofsmauer gehörte. Daß er aber 1554 neu gebaut wurde, bezeugt Konrad Appel in seiner Chronik.

 

 

Unter dem gräflichen Wappen befindet sich die Hacke aus dem Ortswap­pen. Es ist allerdings nur noch die Hacke zu sehen. Das „H“ könnte abgeplatzt sein oder war von Anfang an gar nicht vorhanden. Die Tafel ist durch einen Einschuß beschädigt. Dadurch hat sich der Stein aufgewölbt und es entsteht der Eindruck, hier sei ein Wingertmesser dargestellt. Es handelt sich aber um den oberen Teil einer Hacke.

Eine Sonnenuhr am Kirchturm wird 1596 erstmals erwähnt, als ein Weißbinder aus Bergen für zwei Gulden einen „Sonnenzeiger“ an den Turm malt. ES gab sogar noch eine zweite Sonnenuhr an der Südseite. Die Sonnenuhren wurden wegen ihrer Ganggenauigkeit bewundert.

Eine Kirchturmuhr hat der Turm aber auch schon früh. Im Jahre 1801 für 455 Gulden eine neue Uhr gekauft bei dem Großuhrmacher Kraus. Die heutige Kirchturmuhr ist von 1960 und für 4.000 Mark von der bürgerlichen Gemeinde gekauft worden. Sie ist noch voll mechanisch. Auch das Auslösen des Uhrenschlags konnte 2016 wieder instandgesetzt werden. Nur die genaue Uhrzeit wird mit Funk gesteuert.

Die älteste Nachricht von einer Glocke ist aus dem Jahre 1585, in dem ein Glockenturm mit zwei Glocken erwähnt wird. Die Gemeinde Hochstadt kauft 1657 zwei neue Glocken für 54 und 255 Gulden. Sie werden gegossen von dem Glockengießer und Uhrmacher Schmidt aus Aßlar (Kreis Limburg-Weilburg). Eine dritte Glocke kommt 1687 hinzu. Sie hat ein Gewicht von zwölf Zentnern und hängt heute noch im Turm.

Aber in den Weltkriegen müssen die Glocken jeweils bis auf die große Glocke abgeliefert werden. Im Jahre 1950 werden zwei Glocken beschafft. Die eine ist sieben Zentner schwer und trägt die Inschrift: „Ehre sei Gott in der Höhe“. Die kleinste Glocke mit ihren vier Zentnern setzt das Bibelwort aus der Weihnachtsgeschichte fort mit den Worten „Friede auf Erden“. Die größte Glocke ist von 1957 / 1958, hat den Ton „e“, wiegt zwanzig Zentner und trägt die Inschrift: „Selig sind, die Gottes Wort hören und bewahren“.  Die heutigen Glocken haben also die Töne e g a c. Alle Glocken werden elektrisch geläutet.

An der Rückseite des Turms befindet sich links eine Tafel, die an den Besuch der „Kaiserin Friedrich“ erinnert. Gemeint ist Viktoria, die Frau des Kaisers Friedrich III., der 1888 nur 99 Tage regierte. Seine Witwe kam vom Schloß Rumpenheim (andere sagen aus Kronberg, ihrem Wohnsitz), um die Hochstädter Kirche zu besuchen. Sie wird aber erst von Einwohnern erkannt, als die Dienerschaft das Publikum aufklärt. Bei ihrem zweiten Besuch werden Papierfähnchen an die Schulkinder ausgegeben. Die Kaiserin ist eine gute Hobbymalerin und zeichnet am 26. April und 2. Mai 1898 den altertümlichen Eingang der Kirche. Das Bild ist allerdings verschollen. Die Gedenktafel zum Preis von 40,50 Mark wird 1914 angebracht und stammt aus der Werkstatt Jörg in Hanau.

 

8 Kirchhof

Der Kirchhof ist der erste Befestigungsring des Ortes und unabhängig von der Ringmauer. Die Kirchhofsmauer ist das älteste Bauwerk in Hochstadt (und Maintal) und stammt wahrscheinlich aus dem zwölften Jahrhundert. Beim Anlegen eines Löschwasserteichs nördlich des Kirchhofs wurde ein unterirdischer Gang zum Kirchhof festgestellt, der vielleicht zu dem System der Kalksteinhöhlen nördlich von Hochstadt führte und eine gute Fluchtmöglichkeit bot.

An der Ostseite kann man noch das ursprüngliche „Fisch­grätmuster" im Mauerwerk sehen, ein Zeichen für das hohe Alter. Dort hat die Mauer noch die ursprüngliche Höhe, ist aber restauriert. Auch an der Westseite gibt es noch originales Fischgrätmuster. An der Nordseite ist die Mauer vom Fuß an neu aufgebaut worden. Zum Teil hat man dabei das Fischgrätmuster nachgeahmt. Man hat die Mauer wieder spitz zulaufen lassen, so daß man keine Abdeckung braucht.

 

Bei einem Rundgang sieht man noch eine Reihe alter Grabsteine. Auffällig ist der dritte Stein aus dem Jahre 1706 für Stats Wilhelm von Speckhan. Er zeigt das Wappen der Herren von Speckhan, das zwei Hähne mit Speck im Schnabel darstellt. Der Stein erinnert an den Kornett von Speckhan, der in einem lüneburgischen Reiterregiment diente. Am 7. Februar 1706 erliegt er im Alter von kaum 26 Jahren einem Schlaganfall. Man setzt den Toten in der lutherischen Kirche in Hochstadt bei. Als diese aber nach der Hanauer Union 1818 aufgegeben wird, setzt man 1836 die Gebeine in einem Behälter auf dem reformierten Kirchhof bei und stellt den bisherigen Deckel über der Gruft als Grabstein auf.

An dem Stützpfeiler rechts der Eingangstüre erinnert eine Tafel an die siamesischen Zwillinge die am 10. März 1642 gegen 21 Uhr als Kinder des Schneiders und Weingärtners Johann Scherninck und dessen Frau Elisabeth geboren wurden. Jedes hatte eine menschliche Gestalt, aber am Bauch waren sie zusammengewachsen und sind bald nach der Geburt gestorben.

 

 

9 Kirche

Das Äußere der Kirche:

Sicher hat es an dieser Stelle schon eine frühere Kirche gegeben. Ihre heutige Gestalt könnte die spätgotische Kirche im Jahre 1290 erhalten haben (Zahl über dem Chorbogen). Der Chorraum allerdings ist aus der Zeit nach 1470, vielleicht zwischen 1485 und 1490. Der Engel an der Wand hinter dem Altar hält nämlich das Hanauer und Nassauer Wappen in den Händen.

Das Wappen von Nassau-Dillenburg mit den zehn Schindeln  weist auf Adriana von Nassau-Dillenburg, die seit 1468 verheiratet war mit dem Hanauer Grafen Philipp I. der Jüngere (1458 – 1500).

 

Der Architekt Brück hat aber inzwischen eine andere Abfolge der einzelnen Bauzeiten vorgelegt. Zunächst habe die Kirche von der Westwand bis zur Mitte des Kirchenschiffs gereicht. Diese romanische Kirche (mit oder ohne Seitenschiffe) sei von König Karl (Kaiser Karl der Große) im Jahre 790 zusammen mit der Kirche in Mainz-Kostheim erbaut worden. Beide Kirchen wurden nämlich als einzige im Bistum Mainz dem Heiligen Kilian geweiht zum Dank für den Sieg über den Bayernherzog Tassilo III.

Diese Kirche wurde dann 500 Jahre später im Jahr 1290 bis zur Größe des heutigen Kirchenschiffs erweitert. Das zeigt die Jahreszahl über dem Triumphbogen (die man früher als 1490 gedeutet und auf die Ausmalung der Kirche bezogen hat). Diese Kirche erhielt dann um 1490 den gotischen Chorraum und die Gewölbe im Kirchenschiff samt Ausmalung. Der stärkste Beweis dafür ist ein Schreiben des Bistums Mainz vom 8. August 1489, in dem die Verantwortlichen zur „Herstellung“ des Chors aufgefordert werden. Das könnte eventuell auch die Ausmalung meinen, aber eher ist der Neubau gemeint.

Das Äußere der Kirche stellt sich dar als ein dreischiffiger spätgotischer Bau, eine Halle mit überhöhtem Mittelschiff und mit einem einschiffigen Chor. An der Nordseite des Chors ist die heutige Sakristei angebaut. An der Südseite befindet sich ein weiterer Raum, eine ehemalige Kapelle, die heute für die Heizung genutzt wird.

Das Südportal ist im Renaissance-Stil erbaut. Von Steinen für das Portal und der Neueindeckung des Portals ist 1681 die Rede in der Kirchenrechnung. Auf dem Stein links neben der Tür steht die Jahreszahl 1681. Im Jahre 1717 werden zwei steinerne Säulen beschafft, bei denen es sich um die Säulen des Portals handeln könnte

Das Kirchendach war früher mit „Dachsteinen“ gedeckt. Im Jahre 1768 (als die Pfeiler aufgemauert werden) wird auch der Dachstuhl ausgebessert (aber nicht total erneuert).

 

 

 

 

Das Innere der Kirche:

Die Kirche hatte insgesamt drei Altäre, deren Register aus dem Jahre 1558 im Pfarrarchiv erhalten sind. Der Magdalenen-Altar stand wohl im Chor, der Nikolaus-Altar in der heutigen Sakristei. Heilig-Kreuz-Altar im Raum südlich des Chors. Diese Altäre wurden 1596 abgebrochen und gleichzeitig die Emporen eingebaut. In der reformieren Kirche stand nur ein hölzerner Altartisch, jetzt weiter nach vorne gerückt. Der heutige Altar ist aus Stein und aus der Nachkriegszeit.

Einen Taufstein hatte die Kirche auch. Er stammt wahrscheinlich aus dem 13./14. Jahrhundert und stand vielleicht vor dem Altar. Er wurde 1596 mit entfernt und fand seinen Platz in der 1686 errichteten lutherischen Kirche. Mit der Vereinigung der beiden Kirchen 1818 wurde diese Kirche aber nicht mehr genutzt. Der Taufstein stand noch weiter auf dem Gehöft herum. Dort entdeckt ihn 1904 ein Antiquitätenhändler und nimmt ihn für 500 Mark mit. Er verkauft ihn an das Historische Museum in Frankfurt, wo er hundert Jahre zur ständigen Ausstellung gehört. Seit dem Jahre 2000 ist er wieder als Dauerleihgabe des Historischen Museums Frank­furt in der Kirche aufgestellt. Hier wurden die Kinder bei der Taufe noch richtig untergetaucht. Die drei ausgebesserten Stellen zeigen, daß über dem Becken ein Dreifuß war oder auch ein Deckel. Ein Bogen an der Seite ist etwas schmaler, da ist der Steinmetz am Ende wohl nicht ganz ausgekommen.

Die Kanzel wurde wahrscheinlich 1681 gefertigt oder erneuert, denn aus diesem Jahr ist der (heute nicht mehr erhaltene) Kanzeldeckel. Eine Sanduhr auf der Kanzel wird 1628, 1677 und 1766 erwähnt; sie sollte allzu lange Predigten der Pfarrer verhindern.

Die Emporen werden 1697 errichtet. Die Jahreszahl der Errichtung der Empore findet sich an der Säule vorne rechts. Die vollständige Inschrift lautete: „Sub pastore Phil. Lud. Böhm, praetore Casp. Schmidt, senioribus Nic. Emmel, And. Schmidt, Phil. Burger, Joh. Schwarz, Mich. Pudel, aedili Joh. Georg Weber, anno 1697“ („Zur Zeit des Pfarrers Philipp Ludwig Böhm, das Schultheißen Caspar Schmidt, der Kirchenältesten Nicolaus Emmel, Andreas Schmidt, Philipp Burger, Johannes Schwarz, Michael Püdel und des Kirchenbaumeisters Johann Georg Weber, im Jahre 1697“).

Die Emporen werden 1901 erweitert. Die Säulen werden von der alten Empore übernommen. Bei der Einpassung in die neue Empore wurden die Säulen wahrscheinlich oben gekürzt. Dadurch ist die heute noch sichtbare Inschrift nur noch teilweise erhalten. Die Empore vor der Orgel wurde in den fünfziger Jahren verbreitert.

Die erste Orgel kommt 1697 auf die Empore im westlichen Teil des Mittelschiffs. Sie wird hergestellt von Orgelmacher Valentin Margart, der 1699 dafür 314 Gulden erhält. Das Geld kommt aus Mitteln des Kirchenbaus und aus Kollekten. Zur Taufe von Johanna Koch am 22. August wird die Orgel zum ersten Mal gespielt. Doch 1793 werden Gesimse und Gitter auf der Orgelempore wieder entfernt, weil man sich nur dahinter versteckte und während des Gottesdienstes plauderte oder schlief.

Für 350 Gulden wird 1797 die Orgel aus der Marienkirche gekauft. Doch Pfarrer Theobald (1819 – 1844) verfolgt seit 1819 wieder den Plan, die Orgel ausbessern zu lassen. Vor allem aber will der Pfarrer die Orgel in den Chorraum verlegen, um der Kirche mehr Luft und Raum zu geben und Platz für die ehemaligen Lutheraner schaffen. Die Orgel kommt also in den Chorraum.

Doch 1857 wird bemängelt, daß der Ton der Orgel durch die Versetzung in den Chor entgegen den Erwartungen geringer geworden ist. Dem Pfarrer Pauli (1850 – 1860) ist die Versetzung der Orgel ein Herzensbedürfnis. So wird die Orgel von Orgelbauer Hedwig aus Hanau wieder auf die Empore versetzt. Doch 1858 geben dann 71 Einwohner über 61 Gulden für eine neuerliche Umsetzung der Orgel. Ein Vertrag mit dem Orgelbauer Degenhardt in Hanau wird gemacht, für 70 Gulden will er die Arbeit übernehmen. So kommt die Orgel im September 1858 wieder in den Chorraum, weil sonst auf der Empore 50 Plätze verlorengegangen wären.

Im Jahre 1901 wird der Kauf einer pneumatischen Orgel (bei der die Ventile durch Druckluft bewegt werden) von der Firma Ratzmann aus Gelnhausen für 4.000 Mark beschlossen. Eine Zeichnung des Orgelprospekts befindet sich bei den Pfarramtsakten, auch die Disposition der elf Register (der Charakter der Register).

Der neue Pfarrer Reich (1901-1927) setzt sich leidenschaftlich für die Verlegung der Orgel auf die Empore ein. Aber alle zwölf Presbyter stimmen gegen den Vorschlag. Auch das Konsistorium ist für den Chorraum, auch wenn dieser Platz an sich ungeeignet ist. Schließlich wird 1939 einstimmig beschlossen, die Orgel doch wieder auf die westliche Empore zu verlegen. Die heutige mechanische Orgel wird im Jahre 1966 von der Firma Peter in Köln erbaut und hat 19 Register.

 

die Malereien

Als man 1967 die Sakristei neu ausmalen will, entdeckte der Maler Robert Wölfel aus Langenselbold unter den Farbschichten alte Fresken. Daraufhin suchte man die ganze Kirche, auch Kanzel und Emporen, nach alten Ausmalungen ab. In den Jahren bis 1975 werden sie erst einmal in der Sakristei und im Chorraum freigelegt, im Jahre 1987 dann im Mittelschiff und 1991 in den Seitenschiffen. Seit 1596 waren diese Malereien unter bis zu sechzehn Farbschichten verborgen.

Als man die Sakristei renovieren wollte, wurde zuerst über dem Fenster die Darstellung eines Kaisers mit zwei Ratgebern freigelegt. Dargestellt ist das Martyrium der Zehntausend, die zur Zeit des Kaisers Hadrian von einem hohen Felsen in die Dornen geworfen worden sein sollen, weil sie dem Kaiser die Gefolgschaft versagten und Christen wurden. Das ist zwar eine Legende und nicht historisch, aber es diente den Kreuzfahrern zum Ansporn. Man hat vermutet, die Kirche könnte ursprünglich den Zehntausend Märtyrern geweiht gewesen sein. Aber der Tag der Zehntausend Märtyrer ist der 22. Juli, während der Kirchweihtag am zweiten Sonntag im Juli gefeiert wird, also spätestens am 14. Juli.

Unter dem Bild mit den zehntausend Märtyrern sind weitere Märtyrer dargestellt; Johannes der Täufer (mit dem Lamm und dem großen Zeigefinger), Laurentius (mit dem Bratrost), Georg (mit dem Spieß und einem Rest des Drachenschwanzes) und Petrus (mit Kirche und Schlüssel).

An den Wänden befinden sich Weihekreuze mit den Marterwerkzeugen Kreuz, Ham­mer, Zange, Nägel, Lanze, Dornenkrone und Fackel. An sich hat eine Kirche zwölf Weihekreuze. Diese bezeichnen die Stellen, an denen der Bischof bei der Weihe der Kirche die Wände mit Öl (dem „Chrisam“) gesalbt hat. In der Sakristei der Hochstädter Kirche finden sich nur noch sieben Kreuze. Diese sind entweder nur eine spätere Verzierung oder die anderen Kreuze befanden sich am Altar (an vier Ecken und in der Mitte).

 

Chorraum:

Die braunen Streifen rund durch den Chorraummarkieren den Platz für die „Kirchenstühle“ = Sitzplätze). Der Engelfries wird un­ter­brochen von der im Mittelalter häufig dargestellten Schwurhand und dem Hanauer Wappen. Die erhobene rechte Hand mit drei ausgestreckten Fingern (Daumen, Zeigefinger, Mittelfinger) ruft Gott zum Zeugen für das Ausgesagte auf.

Der Engel hält zwei Wappenschilde in der Hand. Sie zeigen das Hanauer Wappen mit den Sparren und das Wappen von

von Nassau-Dillenburg mit den zehn Schindeln. Es weist auf Adriana von Nassau-Dillenburg), die seit 1468 verheiratet war mit dem Hanauer Grafen Philipp I. der Jüngere (1458 – 1500) Also muß der Chorraum der Hochstädter Kirche nach 1470 erbaut worden sein, vielleicht zwischen 1485 und 1490.

 

 

An der Ostseite des Chorraums wurden drei besonders schöne Grabsteine aufgestellt, die früher auf dem Kirchhof standen. Links der Stein für den Sohn des Schultheißen Meerbott (1738), rechts der Stein für die Tochter des Peter Hatzmann, Kapitän der Miliz (1777). Im linken Seitenschiff steht der Grabstein der Söhne des Landgerichtsschöffen Philipp Hatz­mann von 1794 / 1795.

 

In dem einen Schlußstein ist ein Gänsekopf dargestellt: Hier hat sich nämlich der Pfarrer Genseler (oder: Gänsler) verewigen lassen. Am 14. August 1489 werden nämlich der Pfarrer Heinrich Genseler, der Ritter Emmerich von Carben und seine Neffen, die Edelknechte Hermann und Carl von Car­ben sowie auch alle Zehntherren von „Hoenstadt“ (also die Empfänger der Zehntzahlungen) verurteilt, den Chor der Kirche herstellen und ausmalen zu lassen.

Im hinteren Schlußstein ist das Hanauer Wappen abgebildet, das auch immer wieder an den Wänden des Chorraumes auftaucht. Die Helmzier mit dem Schwan auf dem Hanauer Wappen ist aber nachgemalt worden.

Über dem Triumphbogen zwischen Kirche und Altarraum ist Christus als Weltbeherrscher dargestellt, daneben Maria und Johannes (der Evangelist). Darunter kann man noch schwach eine Darstellung des Jüngsten Gerichts erahnen: Links die Auferstehenden, rechts die Verdammten. Außerdem kann man über dem Bogen die Jahreszahl 1290 erkennen (nicht 1490).

Die Marienkirche in Hanau ist ähnlich ausgemalt. Ja man kann sogar annehmen, daß die in Hanau tätigen Maler nach Vollendung ihrer Arbeit in Hanau im Jahre 1489 anschließend noch in Hochstadt tätig wurden.

Um die Schlußsteine ist die Garten-Pfingstrose gemalt, die „Rose ohne Dorn“, ein Symbol

für Maria oder Christus. In den Zwickeln befinden sich von links nach rechts: Bittersüßer Nachtschatten, Kornrade, Liebstöckel und Echte Kamille.

 

Pflanzen an der De>4. Sie war aber nur halb so groß wie das heutige Gebäude, erst beim Neubau 1852 wurde das Nebenhaus dazugekauft. Die Schule hatte eine Glocke, die ihr vom Hospital in Hanau verehrt wurde. Nach der Vereinigung der Kirchengemeinden im Jahre 1818 wird die Schule geteilt. Die zweite Elementarschule kommt in das ehemals lutherische Pfarrhaus

Erst im Frühjahr 1852 einigt man sich darauf, die neue Schule an der Stelle der alten reformierten Schule neben der Kirche zu bauen. Die Genehmigung liegt schon vor, als einige Männer vorschlagen, das danebenliegende und stark baufällige Haus des Heinrich Heckert gegen die lutherische Schule zu tauschen. Ein neuer Plan für ein Gebäude mit zwei Schulsälen und zwei Lehrerwohnungen wird gemacht. Heinrich Heckert erhält das Grundstück der früheren lutherischen Schule und rund 200 Gulden Wertausgleich. Die Gemeinde nimmt 4.100 Gulden auf zum Bau eines neuen Schulhauses. Der Kostenvoranschlag beläuft sich zunächst auf 5.885 Gulden, die Schule kostet dann aber über 6.696 Gulden.

Das alte Schulhaus wird 1852 an Philipp Bechert auf Abbruch verkauft (ohne Ziegel, Latten, Fundament und Ofen). Das Haus des Heinrich Heckert wird zur Gewinnung von Material an Wilhelm Schales und Johannes Strohl für 90 Gulden verkauft (ohne Ziegel, Latten und Einrichtung). Am 28. Mai wird die Einrichtung der alten Schule verkauft, Maurer decken Ziegel und Latten ab. Am gleichen Tag werden die Mauersteine von Dietesheim angefahren. Am 14. Juni werden die Verträge mit den Handwerkern geschlossen.

Am 17. Juli ist die Grundsteinlegung. Auf ein Glockenzeichen versammeln sich Orts- und Kirchenvorstand, Gesamtausschuß, Lehrer, Schüler und Schulfreunde vor dem Rathaus. Die Urkunden für den Grundstein werden verlesen und von den Anwesenden unterschrieben. Das älteste Mitglied des Gemeinderats und des Presbyteriums tragen die Urkunden dem Zug voran; es werden auch geschmückte Werkzeuge (Axt, Kelle, Hammer, Säge, Winkelmaß) mitgeführt. Man zieht zur Baustelle.

Die Schüler stellen sich im Halbkreis auf dem Fundament auf, die Lehrer auf beiden Seiten des Portals. Vor dem Eingang wird ein Altar errichtet, hinter dem der Pfarrer steht. Auf beiden Seiten des Altars stehen die Vertreter der Orts- und Kirchenbehörden, vor dem Altar die Beamten, hinter ihm die Bauleute. Unter dem Gesang der Schuljugend wird der Grundstein an Ort und Stelle gebracht. Offenbar liegt die Stelle vor dem Altar, heute in der Nähe des Eingangs.

Eingemauert werden eine Flasche Hochstädter Wein von 1848 (die der Wirt Johannes Weber gegeben hat), zwei Silbergroschen Hessischer Prägung, Preislisten und eine Liste aller Oberbehörden und des Ortsvorstandes. Am Schluß der Urkunde heißt es: „Der Herr segne die Arbeit an diesem Hause und schaffe, wenn es vollendet, der Früchte herrliche und viele, die drin gepflanzt werden sollen zu seiner Ehre und Hochstadts Wohlfahrt. Amen!“

Die Urkunde wird eingelegt und mit einer Platte geschlossen. Der Pfarrer hält eine Rede, spricht ein Gebet und weiht den Grundstein. Es folgen drei Bauschläge und der Segen.

Beim Richtfest für die Schule vertrinkt man für 1 Gulden 37 Kreuzer Branntwein. Bei der Einweihung der Schule am 12. Juli 1853 sind der Landrat und der Sekretär zugegen. Die Schulkinder erhalten Stutzweck aus der Bäckerei Koch, die Erwachsenen erhalten einen Schoppen Wein.

Das Gebäude hat zwei Schulsäle, zwei Lehrerwohnungen mit je fünf Zimmern, Küche und Dachstube, Scheune, Stallung, Abortgebäude und Spielplatz. Der Keller des Schulhauses wird für zehn Gulden verpachtet, später sind es nur noch vier Gulden. Ein Stallgebäude stand im Winkel links neben dem Kirchturm.

Nach der Erweiterung der neuen Schule im Jahre 1911 wird in der alten Schule die Dienstwohnung des Hauptlehrers um ein Klassenzimmer vergrößert. Das andere Klassenzimmer bleibt leer stehen für die zu erwartende sechste Klasse. Am 1. November 1934 (oder 1. Dezember) zieht dann die Gemeindeverwaltung in die alte Schule ein. Die Lehrerwohnungen werden dabei stark verkleinert.

 

12 Straße „Am Kirchberg“

Kirchberg 7:

Am 18. Oktober 2010 erschien im „Maintal Tagesanzeiger“ ein Artikel mit der Überschrift

„Ein wahres Schmuckstück im Hochstädter Ambiente“. Dort heißt es: In dem Haus wohnen „bereits seit vielen Jahren Angelika und Klaus Weber. Ihr Fachwerkhaus wurde nach Schätzungen von Experten zwischen den Jahren 1470 und 1540 gebaut. Bereits seit vielen Jahrzehnten ist es im Familienbesitz.“ Im Jahr 2010 hat die Familie die Außenfassade saniert und auch die Wetterseite verschiefert.  Landrat Erich Pipa honorierte diese Arbeit durch die Übergabe eines Schecks in Höhe von 2.500 Euro.

 

, den er dem Ehepaar vor wenigen Tagen in der Hochstädter Altstadt übergab.

Der Denkmalbeirat des Main-Kinzig-Kreises war bei einem Besuch in „Hochstadt zu dem Ergebnis gekommen, daß Angelika und Klaus Weber die Sanierung des äußeren Erscheinungsbildes ihres Fachwerkhauses außerordentlich gut gelungen sei. Davon konnte sich auch Landrat Erich Pipa bei seinem Termin vor Ort ausführlich überzeugen. „Ihr Haus ist ein wahres Schmuckstück für das Erscheinungsbild des Stadtteils Hochstadt“, erklärte Pipa bei dem Rundgang. Bereits vor 25 Jahren unterstützte der Main-Kinzig-Kreis die damals umfangreichen Sanierungsarbeiten.

Professor von Staden schätzt das Wohnhaus auf das 17. bis 18. Jahrhundert. Aber auch diese Angabe dürfte noch zu hoch gegriffen sein, weil die Experten nur von der Art des Fachwerks ausgehen. Über der Haustür steht aber „K.H. 1822“. Die Bewohner deuten das auf Konrad Hofacker, der nach der Familienüberlieferung das Haus umgebaut habe. Doch Konrad Hofacker ist erst 1849 geboren und durch die Heirat 1874 nach Hochstadt gekommen. Er kann also nicht mit der Inschrift über dem Türbalken gemeint sein.

Die Initialen sind aber zu deuten auf „Johann Kaspar Hensel“ (Rufname: Kaspar), der von 1787 bis 1838 lebte und wie seine Nachkommen ein Zimmermann war. Er heiratete 1814 und baute acht Jahre später das Haus. Dieses war sozusagen sein Meisterstück. Daß er dafür traditionelle Formen des Fachwerks übernahm, ist nur verständlich, aber nicht Zeichen eines hohen Alters des Hauses. Sicherlich stand 1822 an dieser Stelle auch schon ein Haus. Die ehemalige Scheune oberhalb des Wohnhauses hat nur schwaches Fachwerk und ist also jünger.

 

Kirchberg 11:

Das Wohnhaus mit Mauer trägt am Kellereingang die Inschrift „17 JIH 23“. (Johannes Heckert). Über der Haustür steht: „Neu 1684, Renovatum 1791“. Im Jahr 1978 werden auch die Balken im Inneren freigelegt

 

Kirchberg 6:

Das Haus ist ein Beispiel für die Verbindung von altem (westlich) und neuem(östlich) Fachwerkbau. Im Hof steht eine eiserne Handpumpe.

 Am oberen Ende der Straße blickt man auf das Evangelische Gemeindehaus aus den Jahren 1975 / 1976. Es wird von verschiedenen kirchlichen Gruppen genutzt und enthält einen Jugendkeller, einen Raum für Mutter-und-Kind-Gruppen, einen Übungsraum für die Chöre und einen Raum für den Kirchenvorstand.

Weiter reicht der Blick zum Felsenkeller, wo sich der Eingang zu den Kalksteinhöhlen befand, zum Schützenhäuschen, dem letzten der drei Weinberghäuser.

 

Das Tunnelsystem der Kalksteinbrüche:

Zwischen Bergen und Hochstadt gibt es ausgedehnte Kalkvorkommen, die aus dem Tertiär stammen. Die Kalksteine wurden genutzt für den Hausbau und den Bau der Ringmauer. Um die Steine zu gewinnen, grub man unterirdische Gänge, damit es keine Schwierigkeiten mit den Grundstückseigentümern gab. Außerdem hatte man gleich Transportwege, denn das Material wurde auf den unterirdischen Wegen mit Schubkarren an die Baustelle gebracht.

In Hochstadt erstreckte sich das Abbaugebiet von der nördlichen Ringmauer bis zum Hochbehälter am Schützenhäuschen und von dort über die Weidekaute bis zur Börrwiese. Durch den unterirdischen Abbau entstanden die heute noch vorhandenen Gänge und Höhlen, die stellenweise fünf Meter hoch und fünf Meter breit sind. Viele Bauern hatten aber auch oberirdische Kalksteinbrüche beiderseits der Straße nach Dorfelden, wo sie Steine für den Eigenbedarf brachen. Der größte Steinbruch war die „Weidekaute“, etwa 100 Meter lang, 50 Meter breit und zwei Meter tief. Sie lag rechts der Straße nach Dorfelden mitten im Gemarkungsteil Weidekaute. Der Steinbruch wurde nach dem Zweiten Weltkrieg als Müllkippe benutzt und dann mit Muttererde abgedeckt (heute noch erkennbar an der veränderten Grasnarbe und dem Fehlen der Bäume).

Die Kalk-Adern verliefen teilweise nur knapp unter der Oberfläche. Deshalb kam es im Laufe der Zeit zu Einbrüchen in das Tunnelsystem oder es wurden Zugänge freigelegt. Schon beim Bau der ersten Wasserleitung für Hochstadt in der Mitte des vorigen Jahrhunderts wurden im Bereich der Börrwiese mehrere Gänge angeschnitten; auch bei späteren Reparaturarbeiten soll man wieder auf sie gestoßen sein.

Um die Jahrhundertwende entdeckte man bei Umbauarbeiten an den Nebengebäuden des Hauses Bogenstraße 12 einen Gang in Richtung Felsenkeller, der als Fluchtweg gedient haben könnte. Das gilt auch für den Gang vom Kirchhof unter dem Haus Kirchberg 6 hindurch in Richtung Felsenkeller. Dieser wurde schon einmal bei Brunnenbauarbeiten angeschnitten und 1943 wieder entdeckt beim Bau eines Löschwasserbeckens an der Kreuzung Wallgraben/ Kirchberg. Der Maurermeister Johannes Fischer stieß dabei an der Ostseite des Beckens auf einen Verzweigungsraum des Tunnelsystems. Den Gang in Richtung Kirchhof hat er etwa 20 Meter weit betreten.

Auf der Nordseite des Grundstücks des Evangelischen Gemeindehauses befand sich bis etwa 1935 ein tiefes Loch, das wohl durch einen Tunneleinbruch entstanden ist und dann als Müllkippe benutzt wurde. Unter dem Haus Nr. 7 befinden sich gemauerte Gewölbe. Am heutigen Hoftor zum Grundstück „Am Felsenkeller“ 9 befand sich eine Wendeltreppe. Sie wurde bis zu einer Tiefe von etwa sechs Metern freigelegt, aber wegen Einsturzgefahr im Jahre 1940 wieder mit Bauschutt verfüllt. Dann reichte das Abstützmaterial nicht mehr.

Die im Krieg in Hochstadt stationierten Bayern hatten bei einer Übung im Gelände am Schützenhäuschen einen schweren Maschinengewehrstand errichtet. Doch der Bereich des Schanzloches sackte um etwa drei Meter ab, wohl infolge des Einbruchs eines Tunnels.

 

Felsenkeller:

Das interessante Objekt in diesem Gebiet ist jedoch der eigentliche „Felsenkeller“ auf dem Gelände des Grundstücks Am Felsenkeller 11. Der Felsenkeller ist wohl kein geplantes Bauwerk, sondern er wurde Zug um Zug durch den Kalkabbau gebildet. Eines Tages waren die Hohlräume so groß, daß sie als Keller und Zufluchtsort genutzt werden konnten. In der Mitte des 19. Jahrhunderts kauft die Brauerei Kaiser aus Hanau eine Parzelle über den Gewölben und errichtet darauf ein Gebäude und legt drei Bierkeller an, der aber unabhängig von dem Höhlensystem ist und auch viel größer als die Gänge.

Im Jahre 1938 legt die SA (nationalsozialistische Organisation) erneut die Stelle frei. Dabei nimmt Otto Gerlach zwei Bilder auf, die in der Stadtbibliothek Hanau aufbewahrt werden. Man dringt damals etwa 30 bis 40 Meter in die Tunnelanlage ein. Mit langen Stablampen werden die Gänge ausgeleuchtet. Gerätschaften werden aber nicht gefunden. Nach diesem Tunnelabschnitt kommt ein Verzweigungsraum, der etwa 12 bis 20 Quadratmeter groß ist und von dem weitere Tunnel abzweigen. In der Mitte der Gänge sind noch die Radrillen der Schubkarren zu sehen, mit denen die Steine transportiert wurden.

Im Jahre 1940/41 wird der Felsenkeller überprüft, ob er sich als Luftschutzkeller eigne. Es wird eine Wendeltreppe freigelegt. Man kommt bis zur 96. Treppenstufe, wo man auf Wasser stößt. Eine große Motorpumpe wird herbeigeschafft, um das Wasser abzupumpen. Dabei nutzt man auch einen weiteren Zugang vom Garten her, der als Bierfaßschacht der Brauerei Kaiser genutzt wurde. Aber das Wasser sickert so schnell nach, daß die Aktion abgebrochen werden muß. Bis 1980 ist der Zugang nur mit Bohlen verlegt, seitdem aber mit Zement überzogen.

Etwa im Jahre 1953 bricht ein Pferdefuhrwerk des Andreas Emmel ein, weil ein Gang eingestürzt war. Die Stelle ist auf dem „Steinkautenweg“, der Verlängerung der Straße nach Dorfelden, kurz hinter der ersten Linksbiegung. In diesem Bereich sieht man auch links und rechts der Straße Einbrüche oder Tagebaureste. Dort befindet sich auch ein unterirdischer Gang, der im Ersten Weltkrieg zu Übungszwecken begangen wurde.

Im Jahre 1978 wird auf dem Grundstück „Am Felsenkeller“ 18 ein Tunneleinbruch verfüllt, neben dem sich ein Verzweigungsraum befindet. Auf dem Grundstück „Am Felsenkeller“ 11 bricht 1980 wieder ein kleines Teilstück ein. Kinder versuchten, durch dieses Loch einzusteigen. Bedienstete der Stadt verfüllen das Loch. Auch im „Bücherweg“ bricht beim Bau des Hauses Nr. 1 b ein Tunnel ein und wird verfüllt.

 

Turnerschlacht bei Hochstadt:

Im Jahre 1861 kommt es zur „Turnerschlacht bei Hochstadt“ und zur „Erstürmung von Hochstadt“. Vom 10. bis 12. August sollte in Berlin der „Deutsche Turntag“ stattfinden. Für Sonntag, den 4. August, lädt die Turngemeinde Hanau die Vereine des Maingaus zu einer geselligen Unterhaltung auf den Felsenkeller außerhalb Hochstadts ein. Das Gelände stellt Herr Rauch, der Wirt des Gasthauses „Zur goldenen Krone“, zur Verfügung, weil die Turner bei ihm ihr Vereinslokal haben.

 

Es sollen 600 bis 700 Turner aus Frankfurt, Offenbach, Fechenheim, Bockenheim, Kesselstadt und Hanau gekommen sein. Doch der Bürgermeister verbietet auf Weisung von oben das Musizieren und Singen freiheitlicher Lieder. Das Obertor ist gleich geschlossen worden. Aber durch das Untertor kommt eine Abordnung der Turner zum Bürgermeister, um ihn umzustimmen.

Da Bürgermeister Weber einen Bruder hat, der zufällig auch Wirt ist, kann man ihm persönliche Gründe unterstellen. Besonders übel wird vermerkt, daß schon vor Ankunft der Turner mehrere mit Schieß- und Spießwaffen versehene Gendarmen auf dem Felsenkeller aufgestellt wurden.

Plötzlich fängt ein Bockenheimer namens Ettlinger an, einen lustigen Marsch zu trommeln. Er läßt sich darin auch nicht durch das Verbot eines Gendarmen stören. Dieser will ihm die Trommel entreißen. Es entwickelt sich ein regelrechtes Handgemenge. Dem Gendarmen wird der Helm vom Kopf geschlagen, die Waffen werden ihm zum Teil abgenommen und weggeworfen.

Da kommt das Gerücht auf, die Abordnung im Dorf werde von den Bauern bedrängt. Ein Turner kommt mit blutender Kopfwunde aus dem Dorf. Die Aufregung der Turner steigert sich. Schließlich kostet der Apfelwein nur zwei Kreuzer je Schoppen und man ist schon in gehobener Stimmung.

Da läßt der Bürgermeister Sturm läuten und die Tore schließen. Das Gerücht verbreitet sich, die Turner seien weiterhin den Mißhandlungen der Einwohner ausgesetzt, die mit Steinen, Sensen und Dreschflegeln gegen sie vorgingen. Die Turner - meist Hanauer - werfen mit Steinen gegen das Obertor. Später wird erzählt, das Obertor sei von den Turnern mit einem Baumstamm eingerammt worden. Doch das stimmt nicht.

Vielmehr klettern einige junge Männer über die mit Efeu bewachsene nördliche Ringmauer und öffnen das Obertor von innen. Die Turner stürmen in das Dorf und werden mit einem Hagel von Steinen empfangen. Mehrere Häuser, aus denen geworfen wurde, werden übel zugerichtet.

Mittlerweile haben die Frankfurter und Offenbacher Turner den Ort umgangen und greifen ihn von Süden an. Weil sie mit einem Bombardement des Untertores drohen, wird auch dieses geöffnet. Die Turner befreien ihre im Rathaus eingesperrten Kameraden. Den Bürgermeister suchen sie vergeblich, er soll sich im Heu versteckt haben.

Die Turner zählen ihre Reihen, aber es wird keiner vermißt. Einige haben durch die Steinwürfe leichte Verletzungen. Aber die Aufregung legt sich doch. Sie wollen wieder in ihre Heimatorte abmarschieren.

Inzwischen hat sich der zweite Gendarm auf sein Pferd geschwungen und den Behörden in Hanau Meldung gemacht. Der Landrat ruft die Garnison zur Hilfe, die in Stärke von etwa zwei Kompanien abends gegen 20 Uhr ausrückt. Als die Turner das erfahren, wird ihnen doch anders und sie rücken alsbald in geordneter Formation ab.

Doch die Hanauer begegnen an der Fasanerie den vom Landrat angeführten Soldaten. Dieser ermahnt sie, ruhig nach Hause zu gehen. Das versprechen die Turner auch brav und bekräftigen dies noch mit einem Hoch auf den Kurfürsten. In Hochstadt findet die Truppe alles in Ordnung und begibt sich nach einem kräftigen Schluck wieder in die Kaserne.

Es kommt dann noch zu Untersuchungen in Hanau, Offenbach, Frankfurt und Bockenheim. Einige Bockenheimer Turner werden in Haft genommen. Da man aber nicht nachweisen kann, wer sich den Gendarmen widersetzt hat, werden sie wieder freigelassen.

Aber die Hanauer Polizeidirektion verbietet den Turnvereinen, auswärtige Turner einzuladen oder bei sich aufzunehmen, sonst würden sie aufgelöst. Erst Ende 1863 wird dieses kleinliche Verbot und das Verbot der schwarz-rot-goldenen Fahnen aufgehoben. Damit war die „Revolution“ in Hochstadt beendet. Die Hanauer Turner mieden die Hochstädter eine längere Zeit und gingen nicht mehr zum Apfelweintrinken nach Hochstadt. Auch die Hausfrauen wollten geraume Zeit nicht mehr bei den Hochstädter Marktfrauen kaufen.

Schießstand:

Die „Flobertschützen-Gesellschaft Tell“ wird 1897 gegründet. Am 25. Oktober 1903 findet erstmals das Stiftungsfest auf der Bleiche statt. Bäckermeister Hermann Koch, der Erste Vorsitzende, hält dabei eine umfangreiche Ansprache. Der erste Schießstand ist der Kalksteinbruch am Felsenkeller. Nach dem Ersten Weltkrieg wird ein Schießstand in der verlängerten Schützenstraße am heutigen Festplatz geschaffen. Dort trifft man sich sonntags um 7 Uhr zum Schießen.

 

Hochstädter Genossen:

Heinrich Huhn wohnt auf dem Felsenkeller. Er ist einer der bekannten Hochstädter „Huhnsbuben“ und hat das Herz auf dem rechten Fleck. Eines Tages fährt er mit dem Zug in Richtung Rhein. Ihm gegenüber sitzt ein gut situierter Herr. Die Fahrt verläuft einsilbig. Dann kurz vor Mainz bricht es aus Heini Huhn heraus: „Dir hab ich auch schon ein paarmal mit dem Pinsel übers Maul gefahren!“ Der andere - es ist der Bundestagsabgeordnete Bernd Reuter aus Heldenbergen - ist erstaunt, läßt sich aber aufklären: Heini hat schon mehrfach Plakate für die Partei geklebt und dabei tatsächlich dem Abgeordneten „übers Maul“ gestrichen. Diese Begegnung aber war der Beginn einer langen Freundschaft.

 

Eingang zum Felsenkeller am Haus Ringstraße-Nord 2:

Herr Röll erzählt, daß in seiner Kindheit sein Vater in einen Schacht im Bereich der heutigen Treppe hinabgestiegen sei. Er war mit einer dicken Sandsteinplatte abgedeckt und war enger als ein Brunnen. Er war auch ziemlich tief, denn sie mußten noch eine weitere Leiter beim Nachbarn holen. Unten war ein Gewölbe, das aber fast bis oben mit Wasser gefüllt war. Beidem Schacht handelt es sich aber wohl nicht um den Eingang - der muß weiter unten gewesen sein - sondern wohl um einen Luftschacht. Der Vater hat den Schacht dann mit Erde verfüllt.

 

Nördliche Ringmauer

Ringmauer

Schon 1231 war den Reichsfürsten befohlen worden, die Städte durch feste Mauern zu schützen. Auch Dörfer umgaben sich mit Ringmauern und Gräben. In unserer Gegend sind dies Bergen, Fechenheim, Hochstadt, Wachenbuchen und Dörnigheim; Bischofsheim hatte einen Wall und Graben und Hecke. Die Ringmauer wurde deshalb wahrscheinlich im 13. Jahrhundert erbaut aus den Kalksteinen, die in der Gemeinde vorkom­men.

Wilhelm Mankel gibt an, die Ortsmauer habe früher auf der Höhe der Brunnenstraße geendet. An der Hauptstraße sei ein Graben mit einer Brücke gewesen. Wenn man sich jenen alten Ortsplan ansieht und sich die heutigen Neubauten im Bereich des Gasthofs „Zur goldenen Krone“ wegdenkt, dann geht tatsächlich eine Linie von der Brunnenstraße zu der Abzweigung der Bogenstraße am Haus 20. Die dortige Grundstücksmauer aus Kalkstein könnte dann ein Rest jener ursprünglichen Ringmauer sein. Auch die (heute nicht mehr verwendeten) Flurbezeichnungen „Oberdorf“ und „Unterdorf“ deuten vielleicht auf eine solche Teilung hin.

 

Die Fläche des Dorfes war bei der Errichtung der Mauer noch nicht vollständig mit Wohnstätten bebaut. Doch die freien Bauplätze wurden nach und nach ausgefüllt. Öfter ist von einem „Hof­raitheplatz“ die Rede, also einem noch unbebauten Grundstück. Am 26. November 1708 wird den Einwohnern befohlen, entweder die Bauplätze im Ortsbereich selber zu bebauen oder innerhalb eines halben Jahres zu verkaufen (bei Androhung von 30 Gulden Strafe). Daß die Mauer früher als die heutigen Häuser errichtet wurde, zeigt auch der gleichmäßige Abstand der Häuser bzw. des Wehrgangs von der Mauer.

 

 

Die Mauer, die heute nur noch an der Nordseite einigermaßen vollständig erhalten ist, war etwa 960 Meter lang (nicht 1.100 Meter, wie man es meist lesen kann), etwa 80 Zentimeter dick und bis zu vier Meter hoch. Die Mauer wurde ergänzt durch Türme. Die niedrigen Türme heißen „Rondell“ und waren durch eine Zwischen­decke aufgeteilt, so daß oben und unten Verteidiger stehen konnten und durch die Schießscharten schießen konnte.

Die Frage ist, wie viele Türme die Mauer hatte und wie hoch diese waren. Die alten Ortspläne sind in dieser Frage nicht eindeutig. Das Original des Plans von 1715 zeigt überhaupt keine Türme. Es gibt aber eine Art Abschrift in Schwarzweiß mit der Überschrift „Flecken Hochstadt 1715“. Dieser Plan dürfte auch alt sein, denn er zeigt alte Schrift, enthält aber auch die Türme. Im Süden sind allerdings nur drei Türme eingezeichnet, es waren aber – wie im Norden - fünf runde Türme.

 

Fünf runde Türme:

Auf der Nordseite hatte die Mauer fünf runde Türme („Rondell“), mindestens drei von ihnen waren hohe Türme. Dazu kommt das viereckige Narrenhaus. Die Türme haben ungefähr folgende Durchmesser:

  • Nordstraße 1: Außenmaße 5,50 Meter, Innendurchmesser 3,90 Meter, ein Rondell wie an der Guldnergasse. Der Abstand zum Obertor und zu dem Turm am Kirchberg ist allerdings nicht sehr groß. Dieser Turm könnte aber als zusätzlicher Schutz für den Kirchhof als den letzten Rückzugsort gedacht gewesen sein
  • Am Kirchberg“: Wenn es einen weiteren hohen Turm gab, dann müßte der am Ende der Straße „Am Kirchberg“ gestanden haben, nämlich ein Ausguck wie der runde Turm an der Westseite. Die heutige Maueröffnung ist jedoch 4,90 Meter breit und auch wenn man 1,60 Meter abzieht für die Mauern des Turms bleiben immer noch 3,30 Meter, also mehr als bei dem anderen hohen Turm. Auf dem Plan von 1920 ist der Turm an der Westseite auch mehr in die Mauer hineingestellt und deutlich im Durchmesser kleiner. Der Turm am Kirchberg ist dagegen deutlich breiter und im Westen noch von außen vor die Mauer gesetzt. So wird es sich hier auch um ein Rondell gehandelt haben. An dieser Stelle ist übrigens eine breitere Grundmauer zu sehen, es könnte sein, daß man die Hauswand mit den Steinen der Ringmauer neu aufgebaut hat. Herr Schellmann zog früher die Existenz eines Turms an dieser Stelle in Zweifel. Aber weshalb hätte man sonst zwischen den Häusern so einen breiten Raum gelassen, der auch auf der Karte von 1715 schon zu sehen ist? Dieses kurze Stück Straße führt nicht zu einem Haus wie die anderen Straßen, die an der Mauer endeten. Dieser Turm ist das Gegenstück zu dem Turm in der Ringstraße Süd 10, der etwa auf der gleichen Höhe steht
  • Guldnergasse: Der hohe Turm am Ausgang der Guldnergasse war offenbar auch ein Rondell, denn der Ansatz zu der Rundung ist auf der Ostseite noch zu sehen und der Durchmesser ist auch ungefähr so wie bei dem Turm Ringstraße-Nordstraße 1. Die Öffnung ist heute 4,70 Meter breit. Man muß aber noch 80 Zentimeter Ansatz der Rundung hinzurechnen, so daß man auf 5,50 Meter kommt. Davon wieder 1,60 Meter Mauerstärke abgerechnet ergibt ein Innenmaß von 3,90 Metern.
  • In der Mitte des Ortes Höhe Bogenstraße 22 Außen 4,50 Meter, innen oben 2,90 Meter. Hier war offenbar das Ende der ersten Dorfmauer, die das Oberdorf nach Westen abschloß.
  • Hoher Turm Höhe Trinkbrunnenstraße 8: Außen 4,50 Meter minus 2 x 80 Zentimeter Mauer ergibt einen Innendurchmesser von 2,90 Metern. Der Durchbruch an der Schützenstraße hat nur ein Innenmaß von 3,30 Meter, hier hat kein Turm gestanden.

 

 

Die Türme an der Nordseite wur­den am Schluß des Ersten Weltkriegs abgerissen. Im Bereich zwischen Güldnergasse und Schützenstraße kann man noch hinter der Mauer hergehen. Einige Schießscharten in der Mauer sind zugemauert, weil sie im Winter oft von Einwohnern genutzt wurden, um Hasen zu schießen. Am 24. Juni 1784 wird über eine besondere Art von Wilddieberei geklagt: das Hasen-Schiessen. Dabei werden vor der nördlichen Ringmauer in mondhellen Winternächten abgeschnittene Apfelbaumzweige ausgelegt. Dadurch werden die Hasen angelockt und können von den Schützen hinter der Mauer geschossen werden. Daraufhin wurden einige Schießscharten in der Mauer zugemauert (heute noch zu sehen). Wenn aber vor der Mauer freies Schußfeld war, vermutet man, daß es damals wohl auch keinen Graben gegeben hat.

Es gibt aber Bilder, auf denen vor der Mauer gewisse Vertiefungen zu sehen sind, die mit Wasser gefüllt gewesen sein könnten. Aber wegen des abschüssigen Geländes kann es keinen durchgängigen Wassergraben gegeben haben. Der jetzige kleine Graben wurde erst in den siebziger Jahren angelegt, vielleicht zusammen mit der neuen Straßenbezeichnung „Wallgraben“.

Im Jahre 1991 werden an der nördlichen Ringmauer Spielgeräte für die Kinder aufgestellt, die aber mit der Zeit wegen Baufälligkeit verschwinden. Am Ausgang der Schützenstraße (Westseite) war lange Zeit die „Happy-Horse-Ranch“. Dort feiert im Juni 1994 der Happy-Horse-Club seinen 20. Geburtstag. Der Verein wird von Klaus Karau geleitet und hat 15 Mitglieder. Bei der „Country-Nacht“ ist Dave Dudley aus Nashville dabei, einer der berühmtesten Country-Sänger unsrer Zeit.

Die Nordseite Hochstadts ist weit und breit das einzige Beispiel für das Aussehen früherer Dörfer. Nur hier ist die Abfolge Wohnbebauung – Ringmauer - Gemüsegärten - Weingärten bzw. Streuobstwiesen noch erhalten. Es hat allerding schon viele Begehrlichkeiten gegeben, hier Bauland auszuweisen. Der ursprüngliche Zustand ist ja auch heute schon gestört durch Hallen, Hütten, Festplatz, Reiterhof, Abfallsammelstelle und Friedhof. Auch der Parkplatz ist nicht unbedingt eine Zierde, wenn auch dringend erforderlich. Der städtische Eigenbetrieb hat das Gelände aber vorbildlich hergerichtet und hält es in Ordnung.

 

Man geht an der Ringmauer ent­lang nach unten. Sie wurde wahrscheinlich im 13. Jahrhundert erbaut aus den Kalksteinen, die in der Gemeinde vorkom­men. Die Mauer war gut 900 Meter lang, ist etwa 80 Zentimeter dick und rund vier Meter hoch. Das Gelände wurde „Schied“ oder „Schütt“ genannt, und zwar an der Nordseite „Bettelschütt“ und an der Südseite „Konradschütt“. Der heutige „Wallgraben“ dient nur der Entwässerung, früher gab es hier nur eine freie Fläche. Man sieht hier auch ein Rondell von innen und erkennt die Auflagen für eine hölzerne Zwischendecke.

Allerdings hätte die Mauer gegen feindliche Truppen nichts ausrichten können. Aber Räuber und einzelne Reitertrupps hat man dadurch schon abwehren können. Zumindest galt Hochstadt sicherer als Bischofsheim, das nur eine dichte Hecke als Befestigung hatte, so daß im 17. Jahrhundert Einwohner von Bischofsheim in Hochstadt Schutz suchten (die Familie der siamesischen Zwillinge stammte aus Bischofsheim).

 

Alte lutherische Schule

Der hohe runde Turm war kein „Hexenturm“. Man geht bis zu dem kleinen Durchgang zur Ritterstraße. Dort sieht man hinein auf das Haus gleich links, Ritterstraße 6. Dieses war früher die Lutherische Schule. Bald nach der Gründung der lutherischen Gemeinde 1686 gibt es auch eine lutherische Schule. Der Lehrer arbeitete in seinem Wohnzimmer am Webstuhl und unterrichtete dabei die Kinder die um ihn herum auf dem Boden saßen.  Hier war bis 1692 die Schule, dann wurde das lutherische Pfarrhaus mit Schulsaal in der Lutherstraße 9 gebaut. Das Haus Ritterstraße 6 ist bis zur Union 1818 noch Lehrerwohnung.

 

20 „Narrenhaus“

Der viereckige Turm an der Nordmauer in der Nähe des Untertores wird bis heute „Narrenhaus“ genannt. Hier wurden die Geisteskranken aus Hochstadt und Umgebung untergebracht. Er könnte aber auch - neben den Tortürmen - als Gefängnis benutzt worden sein.

Einen Eingang gibt es nur von der Seite des Wehrgangs aus. Der untere Raum ist überwölbt. Rechts war bis kurz vor 1900 das Halseisen angebracht, an das die Verbrecher und Geisteskranken angeschlossen wurden; dort waren sie dann völlig von der Außenwelt abgeschnitten, denn kein Lichtstrahl drang in diesen Raum. Noch Ende des 19. Jahrhunderts werden Jugendliche in das Narrenhaus gesperrt: Wer einen Dumme-Jungen-Streich verübt hat, kommt für einige Stunden in den Turm.

Der Turm hat ein Oberstockwerk, aber keine Schießscharten wie die Rondelle, war also wohl mehr ein Beobachtungsturm. Bis um 1800 war er mit einem spitzen Dach versehen, vielleicht wie das auf dem Obertor. Heute ist der Turm wieder mit einem flachen Dach abgedeckt.

In den Schuppen neben dem Turm waren der Krankenwagen und der Leichenwagen untergebracht und zeitweise auch die Feuerwehr. -Im Lagerbuch der Gemeinde Hochstadt von vor 1929 wird gesagt, daß am Narrenhaus eine Transformatorenstation war. Dieses turmartige Gebäude wurde durch einen holzverkleideten Schuppen ersetzt.

 

21 Untertor

Am unteren Ende der Hauptstraße stand das Untertor. Es war eingefügt zwischen dem Geschäftshaus Ecke Hauptstraße / Ringstraße und dem Haus Hauptstraße 36. Die an dem Haus Hauptstraße 49 erkennbare Kalksteinmauer ist nur die Giebelwand des Hauses, die Ringmauer verlief etwa zwei Meter westlich. Es gab nur zwei Zugänge zum Dorf: vom Osten das Obertor und im Westen das Untertor. Entsprechend wurden auch die Straßen an das Dorf herangeführt: Ein Weg nach Dörnigheim ging über die heutige Klosterhofstraße und einer über die heutige Hanauer Straße und Jägerstraße.

 

Ein erstes Untertor soll schon 1283 errichtet worden sein, also etwa im Rahmen des Baus der Ringmauer. Nach den Gemeinderechnungen wurde 1589 / 1590 neu gebaut. Die Steine holt man aus Büdingen.

Über dem steinernen Torbogen befand sich zunächst ein Zwischengeschoß und darüber das das „Bäuelin“, ein Stockwerk aus Holz mit einem Ziegeldach und mit einer Stube, die ursprünglich für den Pförtner gedacht war. Vor dem Tor befanden sich ein Pfortenhaus (mit der schönen alten Hausnummer 0 ½ ) und ein Graben mit einer Brücke.

Den Dienst als Pförtner an der Unterpforte versah anfangs der Kuhhirte. Ab 1648 ist dann der Bäcker für das Untertor zuständig. Vielleicht wurde das Backhaus erst in diesem Jahr gebaut.

Im Jahre 1725 werden jährlich drei Gulden bezahlt. Doch 1731 heißt es, der Gemeindebäcker müsse das Tor ohne besondere Entschädigung öffnen. Später gibt es wieder fünf Gulden und nach später wird für beide Tore nur ein Pförtner bestellt, der sechs Gulden erhält. Die Schlüssel wurden lange von der letzten Pförtnerfamilie aus dem Haus Hauptstraße 49 aufbewahrt, sind aber jetzt im Stadtmuseum.

Am Untertor befand sich das Halseisen, wo zum Beispiel der an den Pranger gestellt wurde, der Wald- oder Felddiebstähle begangen hatte; das Diebesgut wurde dabei neben den Täter gelegt. Vor dem Tor war eine Brücke über einen Graben. Die Reinigung dieses Grabens wird 1746 und auch noch 1879 erwähnt. Ausbesserungsarbeiten an der Mauer beim Untertor gibt es 1768 und 1827.

 

Das äußere Untertor wurde 1827 abgerissen (Stadtarchiv Hanau, Band 52 der Findbücher). Im Jahre 1874 wird auch das eigentliche das Untertor durch den Zimmermann Hensel für 1.890 Gulden (muß es nicht „Mark“ heißen?)  abgebrochen und das Backhaus neu gebaut (Hausnummer 38). Die Fläche des alten Backhauses wurde Teil des Grundstücks Hauptstraße 36.

Es gibt verschiedene Bilder vom Untertor. Das zutreffendste Bild wird noch das Bild des Berger Amtsmanns Usener vom 29. August 1860 sein, denn er hat das Tor ja noch selber gesehen.

 

22 Backhaus

An der Nordseite des Untertors, auf der Südwestecke des Grundstücks Hauptstraße 36, stand das Gemeindebackhaus. Es war nur klein und umfaßte praktisch nur die Backstube und war vom eigentlichen Haus durch einen Gang getrennt. Dieses Wohnhaus war aber zunächst nicht die Wohnung des Bäckers, sondern gehörte einer anderen Familie. Der Gemeindebäcker Rudolph Basermann (seit 1710) wohnte im Haus gegenüber, Hauptstraße 49.

Auf dem Ortsplan von 1715 hat das Gemeindebackhaus die Nummer 46. Die Nummer 47 fehlt, vielleicht hatte diese Nummer das Untertor, in dem ja auch eine Wohnung war. Zur Ablösung dieser alten Numerierung wird kurz vor 1830 ein neues System der Hausnummern eingeführt. Der ganze Ort wird ohne Rücksicht auf die Straßen durchnumeriert. Der Anfang ist wieder am Untertor, aber jetzt auf der anderen Seite der Straße am Gemeindebackhaus (heute: Hauptstraße 36).

Im Juli 1736 kommt es zu einem Mord vor den Toren Hochstadts. Das Opfer ist Johannes Weber, der erst jungverheiratete Sohn des Bischofheimer Lehrers, welcher seinem Vater schon als Gehilfe beigegeben ist. Der Pfarrer schreibt dazu: „Am 8. Juli 1736 wurde abends gegen 9 Uhr Johannes Weber. ev.-lutherischer Hilfslehrer („Schuldadjunkt“) aus Bischofsheim in Hochstadt vor dem Untertor, als er mit seinem Vater nach Hause gehen wollte, durch einen meuchelmörderischen Messerstich ungefähr zwei Finger hoch gerad über dem Nabel, tödlich verletzt („plessiert“). Täter war ein Dörnigheimer mit Namen Johann Philipp Engelhardt, der ihn zusammen mit anderen, weil sie in einen Wortwechsel in des Bierbrauer Steins Haus geraten waren, in dem nach Dörnigheim gehenden Fußpfad abgepaßt hatte.

 

Daraufhin sind morgens um zwei Uhr Herr Amtmann Mochius und Herr Chirurg Hirsch hierher gekommen. Sie haben sich die Wunde angesehen und verbunden. Am 9. Juli nachmittags kam auch Herr Dr. Weiß. Nachdem er die Wunde besehen und alle Umstände erwogen hatte, sagte er an, daß ich mein christliches Amt bei ihm verrichten und ihn zum Tod bereiten möchte. So wurde dann nach der Gnade Gottes getan und der Verwundete zeigte sich zum Abschied ganz willig, betete brennend, auch für seinen Mörder, daß Gott ihn bekehren und ihm verzeihen möchte, gleichwie Gott ihm verziehen hatte. Er bekannte seine Sünden und zeigte herzliche Reue und begehrte Gnade von Gott um Jesu Christi willen, worauf ich ihn von Sünden losgesprochen („absolviert“) und eingesegnet habe. Er starb unter meinem und des heutigen Umstands Gebet abends um 10 Uhr.

Er wurde am 10. Juli durch den genannten Chirurgen geöffnet, wobei sich herausstellte, daß er durch den Magen und eine Wand der Galle gestochen worden war. Der gottlose Täter ist geflohen. Der Ermordete wird unter großer Anteilnahme der Bevölkerung („unter gar volkreicher Begleitung“) am 11. Juli begraben im Alter von 26 Jahren weniger fünf Wochen und fünf Monate nach seiner Heirat“.

Der Backofen stand aber außerhalb der Mauer wegen der Feuergefahr. Er sah etwa so aus, wie heute noch in Oberdorfelden und in Roßdorf einer zu sehen ist, also rund und nach oben zu spitz auslaufend.

 

Daß der Gemeindebäcker im angrenzenden Wohnhaus wohnt, ist erstmals bezeugt im Jahre 1858: Der Bäcker Johann Caspar Eibelshäuser wohnt bis 1857 in der Ritterstraße 15, im folgenden Jahr aber wohnt er dann im Gemeindebackhaus. Dort wohnen auch die folgenden Bäcker aus der Familie Koch: Johannes Koch, sein Bruder Philipp Koch und schließlich Philipp Koch, Sohn des Schuhmachers Daniel Koch, ein entfernter Verwandter. Dieser stirbt im Jahre 1871.

Philipp Koch II. ist der letzte Bäcker im alten Gemeindebackhaus innerhalb der Mauer. Seine Witwe heiratet am 26.03.1873 den Bäcker Konrad Ohl, Sohn des Andreas Ohl aus Kilianstädten. Sie betreiben weiter die Gemeindebäckerei. Für 3.900 Gulden wird nach dem Abriß des alten Gemeindebackhauses eine neue Bäckerei außerhalb der Mauer auf dem Grundstück Hauptstraße 38 errichtet.

Es handelt sich um einen üblichen Bauernhof mit Stallung und Scheune. Links von Hinterausgang ist der Brunnen. Der Bäcker betreibt auch – wie die meisten Einwohner – Landwirtschaft. Die Bäckerei ist mit im Wohnhaus. Wenn man es von der Hauptstraße her betritt, kommt man zunächst in einen breiten Flur, in dem sogar die Kuchenbleche abgelegt werden können. Links ist die Wohnstube, rechts die Backstube. Der gemauerte Ofen steht hinten im Raum und wird mit Holz geheizt, vorwiegend mit Tannen- und Fichtenholz, das in Eigenarbeit im Wald gewonnen wurde.

 

Nachfolger als Unterbäcker ist dann Heinrich Ohl und danach dessen Sohn Valtin Ohl. Damals werden Brot und Brötchen nach den Kunden ins Haus zugestellt. Die Bauern brauchen manchmal 15 Brote, um ihre Familie und das zahlreiche Gesinde versorgen zu können. Sie stellen selber das Mehl für das Brotbacken. Der Müller aus Niederdorfelden liefert das Mehl gleich in der Bäckerei ab.

Aber mit der Zeit entspricht das Gebäude nicht mehr den Vorschriften für eine Bäckerei und einen Backofen (z.B. zu niedrige Decken). Aber für den Bäcker lohnt es sich auch nicht, in einem nur gemieteten Haus größere Investitionen vorzunehmen. Das Gemeindebackhaus wird schließlich von der Gemeinde an den Fahrradhändler Philipp Lutz verkauft. Im Jahre 1935 baut Valtin Ohl im Haus seiner Frau - einer geborenen Höhl - in der Ringstraße Süd 29 eine eigene private Bäckerei. Die neue Unter-Bäckerei wird dann von der Tochter und vom Schwiegersohn Burger weitergeführt. Im Jahre 1985 wird neben der alten Bäckerei die neue Bäckerei errichtet.

 

Hauptstraße 51

In dem großen Gehöft wurde der Gemeindebulle gehalten. Der westliche Giebel aus Kalksteinen gehört zu dem Haus und ist nicht ein Teil der Ringmauer, die ungefähr in der Mitte des heutigen Hauses Hauptstraße 5 3verlief.

 

Hauptstraße 49

Das Haus Hauptstraße 49 hat eine sehenswerte Haustür. Über ihr steht „17 SB 62“ mit Hammer, Kelle und Lot über Dreieck. Das ist ein Hinweis auf eine Maurerfamilie, die lange hier wohnte. Das Fachwerk mit sich überkreuzenden und gebogenen Steben und Gegenstreben. ist aber zum Teil älter. Aber hier wohnte auch zeitweise der Gemeindebäcker (der Backofen und das Backhaus standen gegenüber am Untertor).

 

Hauptstraße 47

Das heutige Grundstück war 1715 ein Teil des derzeitigen Grundstücks Nummer 45, das aber auch größer als heute war. Heute steht hier eines der wenigen alten Backsteinhäuser in Hochstadt. In zwei Kellergewölben befindet sich das Weinlokal „Babbelgass“, im Sommer  mit einer Gartenwirtshaft .

 

Hauptstraße 45

 In dem Haus wohnt 1715 Caspar Schmid. Er ist Schultheiß und heiratet 1676 Ottilia Mosch. Die letzte Nachkommin ist Elisabeth Schäfer geborene Burger (Bogenstraße 1), die wiederum Nachkommen in der Familie Schäfer / Dalek (Hanauer Straße 21) hat. An dem Wohnhaus mit Erker ist am Balken die Jahreszahl „1610“ angebracht. Der Sinnspruch von Schiller wurde etwa 1950 angebracht von dem damaligen Besitzer Huhn:

„Willst du dich selber erkennen,

so sieh, wie es die anderen treiben.

Willst du die anderen verstehen,

blick’ in dein eigenes Herz“.

Die „Mosaiken“ sind aber so unansehnlich, daß man sie entfernen sollte. Ob man das auch mit dem Spruch von Schiller so machen sollte, ist zu überlegen. Das Nebengebäude war ursprünglich das Kelterhaus, das in die Scheune eingebaut war, aber beim Abriß der Scheune erhalten blieb.

 

26 Synagoge, Hauptstraße 43

Das Haus gehört 1715 Johannes von der Au. Er ist aus Storndorf im Vogelsberg (südlich von Romrod) und heiratet vor 1693 in zweiter Ehe seine Frau Anna Maria. Sie haben zwar Kinder und Enkel, aber sonst weiter keine Nachkommen. Das heutige Wohnhaus mit einem Gewölbekeller unter dem nördlichen Teil war die jüdische Schule und wurde 1868 erbaut. Anfangs war hier üblicher Schulunterricht für die jüdischen Kinder und das Haus diente auch. als Wohnung für den jüdischen Lehrer.

Das Hoftor stand etwas weiter hinten in der Gasse als heute. So konnte man von außen durch einen kleinen Gang hinter dem Schulhaus zur Synagoge gelangen. Die Eingangspfosten zu diesem Gang sind noch erhalten. Gleich links in diesem Gang war der Brunnen für das Grundstück. Zum Nachbargrundstück hin steht bis heute ein kleines Toilettengebäude. In der heutigen Waschküche befand sich die „Mikwe“, ein Bad für rituelle Waschungen, etwa so groß wie eine Tischplatte und tief wie eine Badewanne; die Mikwe wurde jedoch im Zweiten Weltkrieg zugeschüttet und mit einem Zementboden überzogen. Nur ein Stück Mosaikfußoden war noch im Jahre 2008 zu sehen (Bild in Schellmann I, Seite 267), ist aber heute auch überbaut

Dahinter auf dem Grundstück Hauptstraße 43 befand sich die Synagoge, das Bethaus der jüdischen Gemeinde. Das letzte Gebäude an dieser Stelle soll um 1850 gebaut worden sein. Es war ein einfacher Fachwerkbau, dessen First aber in gleicher Richtung wie die Ringmauer verlief (also anders als das heutige Wohnhaus). Die Synagoge war zweistöckig und so hoch wie die umliegenden Scheunen und das Schulhaus, aber sie war früher keine Scheune, sondern nur den umliegenden Scheunen ähnlich.

Der Eingang war von der Seite des Schulhauses her. Rechts ging gleich eine Treppe hoch zur Frauenempore, die 53 Sitzplätze hatte. In der Mitte des Raumes stand der „Almenor“, zu dem rechts und links je zwei Stufen hinaufführten. Von dort wurde aus den Thorarollen (Bücher des Mose) vorgelesen. Links davon war ein kleines Vorbeterpult und der Thoraschrein, zu dem auch zwei Stufen hinaufführten. Im Thoraschrein werden die Thorarollen aufbewahrt.

Links vom Eingang standen drei Bänke mit je vier Sitzplätzen, hinten an der Wand dann sechs Bänke mit je vier Sitzplätzen. Unter der Frauenempore befanden sich zwei Bänke. Insgesamt waren es 55 Sitzplätze für die Männer.

Die Synagoge wurde am 10.November 1938 von den Nazis zerstört. Anführer waren fünf Hochstädter Einwohner, viele Hochstädter sahen zu. Ein Anzünden der Synagoge hatte der Bürgermeister verboten, weil das auch die umliegenden Häuser gefährdet hätte. Aber dafür verwüstete man auch gleich noch die andren Gebäude auf dem Grundstück. Ddie letzten jüdischen Einwohner von Hochstadt wurden 1943 deportiert und ermordet.

Das Nebengebäude wurde nach dem Jahr 2000 abgerissen und mit einem größeren Neubau überbaut Dabei wurde die unter dem Zementboden noch vorhandene Mikwe leider zusätzlich zubetoniert. Im Garten waren auch noch Sandsteinreste, die vielleicht Grundmauern der Synagoge waren. Auch die Fundamente des Hauses Nummer 41 könnten noch vorhanden sein.

Der Turm der Ringmauer sollte unbedingt restauriert werden. Es ist nur der Frau Danziger zu verdanken, daß er noch steht, denn die Gemeinde wollte ihn abreißen, aber sie hat das verhindert (er war ja ihr Eigentum).

Hauptstraße 41

Es gab aber ein Haus mit dieser Nummer 41 auf dem Synagogengrundstück in der Südostecke. Dort wohnten zuletzt die jüdischen Schwestern Straus. Ihr Haus wurde 1938 zusammen mit der Synagoge abgerissen. In Schellmann III, Seite 174 ist jetzt eine Aufnahme aus der Ferne erhalten. Das Haus war aber nicht „becheiden“, wie Schellmann sagt, denn der Lageplan zeigt, daß an der Ringmauer das Wohnhaus stand, das bis an die Synagoge reichte, und davor ein Stall und ein Schuppen waren.

 

Hauptstraße 39

Im Jahre 1715 heißt der Besitzer Johann Georg Schmöhl. Er heiratet 1685 Ottilie Schäfer. Sie haben eine Tochter, aber sonst keine Nachkommen.

Über der Haustür steht „Erbaut von M. Stein 1849“. Die Inschrift bezieht sich auf Michael Stein, der 1830 Apollonia Stein heiratet. Sie haben Nachkommen in den Familien Mankel, Schäfer und Schmidt. Wilhelm Mankel (geboren 1912, Hauptstraße 39a) und Johannes Mankel (geboren 1915, Hauptstraße 39, mit den Söhnen Michael, Hauptstraße 39, und Ernst, Bücherweg 7) sind Urenkel von Michael Stein.

 

Der Sinnspruch an dem Haus, der dem Theologen Oetinger zugeschrieben wird, ist erst in neuerer Zeit angebracht worden:

„Der Herr gebe mir Gelassenheit

Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann,

den Mut, Dinge zu ändern, die ich ändern kann,

und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden“.

 

Der südliche Teil des Grundstücks (heute Nummer 39 a) gehörte wahrscheinlich dem Bäcker Johann Casimir Rohrbach, genannt Caspar. Es fehlt die Hausnummer 41, die man auch nicht neu für das Haus Hauptstraße 39 a vergeben hat.

 

24 Altes Fachwerkhaus Hauptstraße 32

Wie eine Untersuchung der Jahresringe in dem verwendeten Holz ergab ist da Oberstockwerk des Hauses von 1538. Daß es aus der Gotik ist, zeigen schon die Balken in Form des „Wilden Mann“ (X-Form). Das Unterstockwerk ist von 1823 ((Inschrift über der Tür „18 HMB 23“). An der Hausecke ist ein kleines Guckfenster durch das man den Verkehr auf der Hauptstraße beobach­ten konnte und kann. Links neben der Torfahrt steht das ehemalige Gesindehaus des Bauernhofes. Im Jahr 1982 gewinnen die Eigentümer, die Familie Rauch, den Fassadenwettbewerb der Stadt Maintal „Schönstes Fachwerk in Maintal“.

 

Ritterstraße und Trinkbrunnenstraße

Ritterstraße 7:

Das Fachwerkhaus wurde 1708 erbaut. Der schräge Balken hat die Form eines Gesichts. Die Inschrift am Haus lautet: „Veracht mich nicht und die Meinigen, sondern bedracht erst dich und die Deinigen. Und wann du dich und die Deinigen hast wohl betracht, so wirst du mich und die Meinigen lasen wohl unveracht. 1708“.

 

Trinkbrunnenstraße 16:

Das Wohnhaus ist aus dem 19. Jahrhundert, der Unterbau vielleicht aus dem 17. Jahrhundert. Hinter diesem Haus stand aber noch ein Haus, das früher die Hausnummer 18 trug und heute abgerissen ist.

 

 

 

Trinkbrunnenstraße 10 und 12:

In der Trinkbrunnenstraße waren die Häuser 10 und 12 ursprünglich e i n Grundstück. Es gehörte der Familie Basermann, die beiden Häuser waren miteinander verbunden. Später erhielt das Vorderhaus zunächst die Nummer 10a, dann die Nummer 12.

 

Trinkbrunnenstraße 14:

Das Haus mit der heutigen Nummer Ritterstraße 4a und früher Trinkbrunnenstraße 16 steht hinter dem Haus Nummer 14 und war nur von der Trinkbrunnenstraße aus durch dieses zu erreichen.

 

Trinkbrunnenstraße 8:

Das Wohnhaus ist vermutlich aus dem 18. Jahrhundert, ein Steinbau mit Leibungen aus Sand

stein

 

Trinkbrunnenstraße 4:

Hier wurden bei „Zieler-Mankel“ auch Backsteine hergestellt, die sogenannten „Russensteine“. Sie heißen wahrscheinlich deshalb so, weil sie beim Brennen stark verrußen. In Hochstadt sind sie heute noch zu sehen an den Häusern Hauptstraße 33 und 26. Zwischen diesem Haus und der Trinkbrunnenstraße 2 stand noch ein Haus, das abgerissen wurde. Das Grundstück gegenüber Nummer 4 ist heute mit Scheunen bzw. Garagen bebaut.

 

Trinkbrunnenstraße 2:

Das Wohngebäude mit Fachwerk ist aus dem 18. Jahrhunderts. Hier war früher zeitweise die Raiffeisen-Sparkasse

 

Alte und neue Hausnummern:

Die Trinkbrunnenstraße 1 fehlt. Diese Nummer hat man wohl für ein Haus gegenüber Nummer 4 freigehalten. Die heutige Nummer 3 war früher die 1, die 5 war Nummer 3 und 7 war Nummer 5. Dem Nebengebäude von Hauptstraße 32 hat man die Hausnummer Ritterstraße 1 gegeben. Die Scheune des nächsten Hauses wurde Nummer 3 und die heutige Nummer 5 war ursprünglich die Nummer 1 (Früher bildeten die heutige Nummer 3 und 5 eine Einheit und hatten eine gemeinsame Torfahrt). Von da an muß man von den heutigen Nummern immer vier Ziffern abziehen, um auf die alten Nummern zu kommen. Bei der heutigen Nummer 11 hat man wohl dem Nebengebäude die Nummer 13 gegeben. Die Nummer 17 ist ein Neubau.

 

Brunnen in der Trinkbrunnenstraße:

In der Straße stand früher der Trinkbrunnen in Höhe des Hauses Nummer 3. Heute noch ist die Abdeckung sichtbar schräg gegenüber Haus Nummer 4. Er wurde beseitigt, weil er angeblich die Dreschmaschine bei der Einfahrt in das Haus Nummer 4 (heute abgerissen) behinderte.

 

16 Schützenstraße

Die Straße ist nach dem Schützenhaus benannt ist, das an der Ostseite des heutigen Festplatzes stand. Die Schützenstraße wird auch „Sieben-Häuser-Gasse“ genannt, hat aber nur sechs Häuser; wahrscheinlich hat man das Haus Trinkbrunnenstraße 2 mitgezählt.

Über den Rathausplatz geht man um den stattlichen Bauernhof Nummer 2 herum in die Bogenstraße.

 

 

 

 

14 Der „Mittelbäcker“

Im Haus Bogenstraße 14 befand sich die Bäckerei des „Mit­telbäckers“. Früher gehörte das Haus dem Freiherrn von Edelsheim. Im Jahr 1673 wird Rat Seiffert in Hanau als Freiherr Johann Georg von Edelsheim in den Adelsstand erhoben, weil er für den irregeleiteten Friedrich Kasimir die Regierungsgeschäfte wieder in Ordnung gebracht hat. Er erbaut 1680 in Hanau in der Steingasse 4 das „Edelsheimsche Palais“. In Hochstadt gehörten ihm ausgedehnte Liegenschaften, besonders Weinberge die aber frei von Abgaben blieben. Zum Teil verpachtete er sie, zum Teil aber bewirtschaftete er sie auch selbst. Deshalb hatte er auch ein Kelterhaus auf seinem Grundstück stehen. Das Gebäude stand aber etwas weiter westlich als die spätere Bäckerei.

Später lebte und arbeitete in dem Haus der „Mittelbäcker“, einer der Söhne des Bäckers im Haus Hauptstraße 21 (westlicher Teil). Das Haus wird 1910 umgebaut, vor allem der hintere Teil, wo die Bäckerei war. Diese war damals die modernste im Kreis und weiß gekachelt (heute unter Gipsplatten verborgen). Der Eingang am Vorderhaus ist vorgesetzt. Die Rückwand des Hauses ist aus Lehm. Die Bäckerei wird 1979 aufgegeben.

 

13 „Herrschaftliche Zehntkelter“ Bogenstraße 14

Das Haus Bogenstraße 14 war früher die Herrschaftliche Zentkelter. So wird das Grundstück auf dem Ortsplan von 1715 bezeichnet und hat die Nummer 105. Fachleute setzen die Entstehungszeit des Kelterhauses im 18. Jahrhundert an. Die Bezeichnung „herrschaftlich“ bedeutet, daß sie den Landesherrn, also den Grafen von Hanau und ab 1736 dem kurhessischen Staat gehörte. Und der „Zehnte“ (das „e“ wird gedehnt gesprochen, heute nur „Zente“) war eine Steuer, die ursprünglich den zehnten Teil des Einkommens einer Familie ausmachen sollte. Und mit der „Kelter“ ist das Kelterhaus gemeint, in dem die Kelter stand. Hier wurde der sogenannte „Weinzehnte“ gekeltert, also der Anteil der Zehntzahlung, der in Form von Weintrauben abgeliefert werden mußte.

Außer dem großen und kleine Zehnten gab es noch den Weinzehnten, der in der herrschaftlichen Weinkelter gekeltert wurde. Aber 1781 wurde darüber geklagt, daß die Hochstädter schlechten Wein als Zehnten abgeliefert hätten. Das Amt verfügte, daß der Wein schon vor der Kelter von den Steuerzahlern eingezogen wird, weil die Hochstädter sonst wieder „ein elendes Getränk“ zusammenschütten, das nicht einmal zum Essig taugt. Bei jeder Ernte stand also jetzt der Zehnter dabei und paßte auf und zweigte gleich den zehnten Teil ab.

Auf dem Grundstück stand auf der Ostseite das Wohnhaus, das aber wohl im 19. Jahrhundert erneuert wurde. Das Kelterhaus stand auf der Westseite des Grundstücks und wurde später als Scheune und Kuhstall genutzt.

In den Jahren 1834/1835 aber wurde der Zehnte abgelöst: Die Gemeinde Hochstadt zahlte eine Ablösesumme an den kurhessischen Staat (den Nachfolger der Grafen von Hanau) und die Einwohner mußten dann jahrzehntelang jährlich eine gewissen Summe an die Gemeinde zahlen. Die Zehntkelter war damit überflüssig. So wurde das Anwesen 1836 für 1.800 Gulden an Johann Wilhelm Heckert verkauft. Der Kaufvertrag zwischen dem (Kur-) Hessischen Staatsministerium und Johann Wilhelm Heckert ist noch vorhanden und gut erhalten (kopiert sind nur die beschriebenen Seiten).

Johann Wilhelm Heckert wird als „Gardegrenadier“ bezeichnet, weil er in seiner Jugend eine Zeit bei der Garde war. Aber im Grunde war er wie alle seine Vorfahren ein Bauer und übte diesen Beruf auch später aus. Das Grundstück wurde damit endgültig zu einem Bauernhof, wo bestenfalls der Eigentümer noch seinen eigenen Wein kelterte (der Name Heckert“ bezeichnet ja einen Weinbauern, aber damals hatten fast alle Bauern noch einen oder mehrere Weingärten).

Heike Heckert, die letzte Bewohnerin aus der Familie, baute zwar mit ihrem damaligen Mann das Nebengebäude zu einem Wohnraum aus. Aber die Scheune ließ man bewußt verfallen.

Die Stadt hatte keine Abrißgenehmigung erteilt, da überließ man das Gebäude dem Zahn der Zeit. Im Jahre 1995 wurde das Grundstück an die Familie Wirth verkauft. Diese ließ die damals schon baufällige Scheune abreißen bis auf die Mauer um das Grundstück. Im Hof errichtete sie eine neue Überdachung. Im Jahre 2016 verkaufte die Familie das Haus wieder. -

Gegenüber an der Güldnergasse steht das Kelterhaus des Herrschaft­lichen Hauses Hauptstraße 10 (siehe Nr. 34). Nach dort geht man jetzt hin durch die Guldnergasse.

 

Hauptstraße 8

Im Hof des Hauses Haupt­straße 8 befindet sich ein alter Brunnen.

 

34 „Herrschaftliches Haus“ Hauptstraße 10

Das Haus wird „Herrschaftliches Haus“ genannt, weil es der „Herrschaft“ gehörte, also den Grafen von Hanau und später dem kurhessischen Staat. Im ersten Stock war ein großer Raum mit einer Säule in der Mitte, der größte Raum in einem Wohnhaus in Hochstadt (heute läßt sich davon allerdings nichts mehr feststellen). Das hohe Dach deutet darauf, daß hier die „Zehntfrüchte“ zwischengelagert wurden, ehe sie nach Hanau abgeliefert wurden. Die Scheune an der Bogenstraße war das herrschaftliche Zehntkelterhaus, aus Bruchsteinen erbaut etwa 1820 (geschätzt).

Das Haus ging dann in den Besitz des Geheimrats von Goldner über (auch: „Herr von Goldner"), der seinen Stammsitz in Offenbach hatte. Nach ihm ist auch die „Güldnergasse“ neben dem Haus (zwischen der Hauptstraße und der Bogenstraße) benannt. Die Herren von Goldner hatten früher in der Hochstädter Gemarkung ausgedehnte Liegenschaften, besonders Weinberge, die sie selbst bebauten, aber auch verpachteten. Im Jahre 1845 ging das Haus in den Besitz der Familien Peter Burger und Philipp Weber über. Es gehört auch heute noch ihren Nachkommen.

 

35 Der Oberbäcker Hauptstraße 11

Im Haus Hauptstraße 11 hat der Oberbäcker sein Geschäft. Gründer der Oberbäckerei ist Philipp Koch, der zweite Sohn Johann Jacob Kochs, der seine Bäckerei im Haus Hauptstraße 21 (Westseite) hatte. Er gibt sein Geschäft an seinen Sohn Hermann Koch weiter. Dessen Frau aus Langenselbold macht aber nicht so richtig mit im Geschäft. Auch er selber fühlt sich mehr zur Homöopathie hingezogen und gibt die Bäckerei deshalb auf. Er praktiziert zunächst in der Schul­straße und später in Hanau.

Die Oberbäckerei wird - nach mündlicher Überlieferung im Jahre 1903 - übernommen von Jacob, der Sohn des Unterbäckers war und den Beruf vom Vater gelernt hatte. Er ist verheiratet seit 15.05.1898 mit Marie Lenz, Tochter des Händlers Caspar Lenz. Jacob Koch wurde aber Eisenbahner, weil der Halbbruder Ohl die Gemeindebäckerei übernehmen würde. Jetzt drängt ihn der Schwiegervater (Kaspar Lenz, Vater des Maurermeisters und späteren Kohlehändlers Kaspar Lenz, Hauptstraße 15) dazu, die lukrative Oberbäckerei zu übernehmen und gibt wohl auch den größten Teil des Geldes dazu. Nach Jacob Koch übernimmt Kaspar Koch die Oberbäckerei, die dann von seiner Tochter Annemarie und ihrem Mann Klaus Günther betrieben wird.

 

Hauptstraße 13

Das Haus hat im Keller ein durchgehendes Kellergewölbe, das unten 80 Zentimeter dick ist und oben 100 Zentimeter. Es ist eines der wenigen Häuser in der Hauptstraße, das nicht bis zur Lutherstraße oder Ringmauer ging, so daß man die Ausfahrt der Bäckerei benutzen mußte (heute Friseurladen).

 

 

 

Hauptstraße 17

Eine Inschrift am östlichen Fenstersims lautet „dis haus is gebuet im jahr 1535“. Die Inschrift wird im ersten Buch von Reinhard Schellmann I, Seite 48, nicht wiedergegeben, weil sie zu verwittert ist und man auf einer Fotografie nichts erkennen könnte. Sie ist aber im dritten Buch (Seite 165) rekonstruiert.

 

33 Gemeindewirtshaus Hauptstraße 19

Das Haus Hauptstraße 19 war für viele Jahrzehnte das Gemeindewirtshaus. Um 1600 gibt es in Hochstadt zwei Wirtschaften: Die eine ist amtlich und befindet sich im „Spielhaus“ (= Rathaus) und der Wirt wechselt von Jahr zu Jahr. Die andere ist eine „Hecker­wirtschaft“, befindet sich also jedes Jahr in einem anderen Privathaus, allerdings ganzjährig und nicht nur in der Saison wie sonst bei einem „Heckewirt“. Später wird allerdings für mehrere Jahre verpachtet.

Im Gerichtsbuch heißt es im Jahre 1600: „Hans Deniges wird der Gemeindewirt und Hans Weber in seinem eigenen Haus. Es haben die Beiden mit Handgelübde an Eides statt versprochen, den in acht Punkten festgelegten Verpflichtungen eines Gemeindewirtes getreulich nachzukommen!“ Deniges hat seine Wirtschaft im Rathaus.

An den Gemeindewirt wird auch die Erhebung des Wegegeldes verpachtet, auch „Pflastergeld“ genannt: Jedes fremde Fuhrwerk, welches durch den Ort kommt, muß einen Kreuzer bezahlen. Im Jahre 1731 bringt das Wegegeld im Jahr zehn Gulden, im Jahre 1782 nur noch fünf Gulden. Das Grundstück umfaßt fast die ganze Fläche zwischen den umliegenden Straßen (außer dem Haus Ecke Hauptstraße / Brunnenstraße. Man konnte von der Hauptstraße hineinfahren und hinten wieder hinaus. Das war besonders praktisch für die Fuhrleute, die auf dem Weg zur Frankfurter Messe hier Halt machten.

Der letzte Pächter des Gemeindewirtshauses ist Johann Georg Koch. Er .auft das Haus 1723 von der Gemeinde. Es wird von da an nur noch „Kochsche Wirtschaft“ genannt. Die Zeichen im Schlußstein des Torbogens im Haus Hauptstraße 19 sind Zunftzeichen: Maischegabel der Bierbrauer und Rethaken für Bender.

Am 31. März 1801 geht die Wirtschaft durch Tausch an Karl Schmidt über. Die Familie Koch zieht in das Haus Hauptstraße 12. Die Nachkommen der Tauschpartner leben heute noch in den Häusern, der Tauschvertrag ist noch vorhanden. Koch hat die Wirtschaft nicht mehr halten können als Folge von Viehseuchen, der Besetzung durch fremde Soldaten (vor allem Franzosen), durch Plünderung fast aller Vorräte und durch Krankheit und Todesfälle in der Familie. Das Gebäude ist von da an nur noch landwirtschaftliches Anwesen.

 

Vor dem Wohnhaus mit der Toreinfahrt und der hohen Außentreppe steht ein Zieh-Brunnen, der letzte von ursprünglich fünf öffentlichen Brunnen. Er blieb erhalten, weil er den Verkehr nicht störte. Die Inschrift „1702..C.S.Schultheis. CT.IK.BGM“ bedeutet CS = Caspar Schmidt, Schult­heiß, die anderen Buchstaben­gruppen nennen die Bürgermeister (= Gemeinderechner). Es handelt sich mit großer Wahrscheinlichkeit um Caspar Trapp (1671 bis 1729) und vielleicht um Jakob Kreischer (gestorben 1729).

Im Jahre 2008 wollte der Magistrat der Stadt Maintal den alten Brunnen vor dem Haus Hauptstraße 19 abreißen lassen. Stadtrat Schächer sagt zwar, der Brunnen bleibe erhalten, nur der Bogen über dem Brunnen solle entfernt werden, aber der obere Teil des Brunnens sei nicht mehr verkehrssicher und für eine Reparatur sei kein Geld mehr da. Doch ohne den Bogen ist natürlich der ganze Brunnen dahin.

Dieser Brunnen gehört unbedingt zum Bild der Hauptstraße dazu. Es gibt Ansichtskarten mit dem Brunnen und blühenden Geranien im Vordergrund und der Kirche im Hintergrund. Maler nehmen den Brunnen gern als Motiv. Ohne diesen Brunnen ist die Hauptstraße nicht mehr das, was sie ist. Da könnte man ja auch das Historische Rathaus oder den Kirchturm abreißen, die kosten viel mehr.

Das kleine Haus zwischen Hauptstraße 19 und Brunnenstraße 1 ist 1715 noch ein eigenes Grundstück und gehört Juliana Schmöhl, der Tochter des Gemeindebäckers. Hier haben zuletzt zehn Personen gewohnt, ein Ehepaar mit acht Kindern.(eins war gestorben). Es war dies die Familie Peter Heckert und Appolonia geborene Seipel, die 1864 geheiratet haben. Da der Zugang vom Hof des Hauses Hauptstraße 19 war und der Vater ein Trinker war, wollte der Besitzer Andreas Emmel (und Frau Susanna) die Familie los werden. Deshalb baute er für sie vor 1912 das Haus in der Hanauer Straße 10, das wesentlich besser ausgestattet war als das ursprüngliche Haus. Dieses ist heute im Grunde noch so erhalten ist, wie die Familie es verlassen hat. Es hat auch noch eine zweigeteilte Tür, wie sie früher in vielen Häusern üblich war. Dahinter war ein Stall für eine Kuh. Im Erdgeschoß waren Wohnzimmer und Küche in einem, im Oberstockwerk die Schlafräume.

Südlich des alten Gemeindewirtshauses war früher ein Graben mit zwei Brücken, der bis um 1800 das Oberdorf vom Unterdorf trennte. Früher soll das Dorf nur bis hierher gegangen sein und durch eine Mauer nach Westen abgegrenzt gewesen sein. Auf dem Lageplan des Ortes kann man ihren Verlauf noch erahnen (Richtung Bogenstraße 22).

 

32 Gasthaus „Zum Tiger“

Auf alle Fälle ist die heutige Gaststätte „Zum Tiger“ die älteste Gaststätte in Hochstadt, die bis zum heutigen Tag ununterbrochen Bestand gehabt hat. Da diese Gaststätte etwa ab dem Jahr 1725 sicher bezeugt ist, wird es Zeit, daß im Jahr 2000 endlich das 275jährige Jubiläum dieses Gasthauses gefeiert wird. Das Gebäude gehört im Jahre 1715 Johann Georg Webers Witwe.

Der westliche Teil des heutigen Gebäudes ist damals noch ein eigenes Grundstück, das Valentin Rohrbach gehört. . In der Hauptstraße war aber nur sein Wohnhaus, denn das Gemeindebackhaus stand ja in der Hauptstraße 36 und wurde jeweils meistbietend verpachtet an einen Bäcker. Der Gemeindebäcker Johann Jacob Koch macht sich 1831 im Haus in der Hauptstraße selbständig und richtet eine private Bäckerei ein. Er wird der Stammvater des Mittelbäckers und des Oberbäckers.

 

Spätestens seit 1746 sind drei Wirtschaften in Hochstadt bezeugt: das frühere Gemeindewirtshaus und spätere „Kochsche Wirtschaft“ in der Hauptstraße 19 (von 1731 bis 1746 im Besitz von Hans Georg Koch), die „Steinsche Wirtschaft“ in der Hauptstraße 21 und noch eine dritte Wirtschaft, die „Meerbottsche Wirtschaft“, die zeitweise von Johann Jacob Stein geführt wurde und vielleicht auf dem Rathaus war.

 

Der älteste Vertreter der Gastwirtsfamilie in der Steinschen Wirtschaft ist Georg Stein, der um 1600 geboren ist. Die Gaststätte in der heutigen Hauptstraße 21 wird 1725 gegründet von Andreas Stein, verheiratet 1724 mit Anna Magdalena Weber

Seit 1795 sind Franzosen in Hochstadt und richten in Feld und Wald schwere Verwüstungen an. Es wird Steinkohle gekauft, damit der Schmied Hufeisen für die französischen Pferde machen kann. Zwar kommt es 1795 zu einem Waffenstillstand. Doch im Frühjahr 1796 stehen sich die Armeen wieder gegenüber. Die Österreicher werden von Erzherzog Karl geführt, die Franzosen von General Jourdan. Am Mittwoch, dem 6. Juli 1796, wird im Hochstädter Rathaus eine kaiserliche Kanzlei eingerichtet. Im Dorf sind 100 Mann Einquartierung. General von Wartensleben ist mit seinem Stab in der Steinschen Wirtschaft untergebracht.

Am Samstag setzen sich die Kaiserlichen in Marsch. Am 10. und 11. Juli kommt es zur Schlacht von Friedberg und Mehlbach, in der Wartensleben von den Franzosen geschlagen wird. Am Mittwoch kommen Teile der österreichischen Armee durch Hochstadt. Am Freitag, dem 15. Juli, sind dann die Franzosen unter den Generälen Dalem und Remarque da. Auf den Feldern bei der Hartig wird ein großes Lager aufgeschlagen.

Eine starke Kavallerieabteilung wird im Ort einquartiert. Die Generäle werden wieder in der Steischen Wirtschaft untergebracht. Dort nehmen auch die Offiziere ihre Mahlzeiten ein. Der Wirt dolmetscht während der sechstägigen Besetzung.

 

Michael Weber (geboren 21.10.1762 als Sohn des Johann Georg Weber und Dorothea geb. Schales), war seit 27.04.1780 verheiratet mit Anna Magdalena Stein, Tochter des Michael Stein. Dabei kann es sich an sich nur um die am 18.04.1764 geborene Anna Magdalena Stein handeln (auch wenn sie bei der Hochzeit erst 16 Jahre alt war, aber es gibt sonst keine Trägerin dieses Namens in der in Frage kommenden Zeit). Ihr Vater war zwar kein Wirt, wohl aber ihr Großvater Andreas Stein, der Gründer der Steinschen Wirtschaft. Michael Weber hat also in eine alteingesessene Gastwirtsfamilie eingeheiratet.

Michael Weber bis mindestens 1799 noch als „Untertan“ bezeichnet, ab mindestens 1804 aber als Gastwirt. Die Gaststätte „Zur goldenen Krone“ besteht nach Wilhelm Mankel seit 1779. Aber damals wäre Michael Weber erst 17 Jahre alt gewesen. Da paßt besser die Jahreszahl 1786, das Jahr, in dem die Gaststätte im Haus Hauptstraße 18 eingerichtet wurde.

 

Philipp Stein, der letzte Besitzer der Steinschen Wirtschaft dieses Namens hat viele Schulden durch die kriegerischen Ereignisse 1806 bis 1813 oder auch durch Krankheit. So kommt es 1815 zum Verkauf an den Gastwirt Michael Weber, der seit 1786 im Haus gegenüberdas Gasthaus „Zur goldenen Krone“ hat. Er erweitert die Steinsche Gaststätte 1817 durch Torbogen und Tanzsaal, wie die Inschrift auf dem Torbogen besagt.

Nach Abschluß der Bauarbeiten übergibt er seine Wirtschaften an die jüngere Generation. Sein Sohn JOHANNES WEBER (geboren 04.05. 1787) erhält die Gaststätte „Zum Tiger“. Weil dieser 1832 Schultheiß wird, heißt die Wirtschaft im Volksmund „beim Scholze“.

Im Haus gegenüber, Hauptstraße Nr. 18, richtet Michael Weber die Wirtschaft für seinen Schwiegersohn Johannes Strohl ein. Die Gastwirtschaften in der Mitte Hochstadts sind also seit 1815 in der Hand einer Familie. Es gibt nun nur noch diese zwei Wirtschaften in Hochstadt, denn die Kochsche Wirtschaft existierte ja nicht mehr.

 

Der letzte Weber in der Gaststätte war Michael Webers, geboren 1843) wird der Schwiegersohn Reinhard Keller, Sohn des Landwirts und Gastwirts Andreas Keller in Bischofsheim, aus der Gaststätte in der Bischofsheimer Obergasse, Ecke Breulgasse. Er wurde 1873 geboren und satrb 1947, verheiratet seit 23.01.1900 mit Marie Weber. Das Ehepaar wurde geschieden und wieder getraut am 15.08.1921. Reinhard Keller wurde nach dem Tod des Schwiegervaters 1912 Inhaber der Gaststätte. Bis dahin hieß die Gaststätte im Volksmund nach ihrem Besitzer „Michel“. Vielleicht hat sie bis dahin keinen speziellen Namen gehabt und der Name „Zum Tiger“ kam erst mit der Familie Keller auf.

 

Seit 1923 war das Gasthaus „Zum Tiger“ das Vereinslokal der Fußballer. In diesem Jahr wurde die Vereinsfahne übrigens auf violett/weiß umgestellt. Nach jedem Spiel traf man sich in der Gaststube. Mancher Sieg wurde hier gefeiert. Und die Pokale wurden natürlich auch in der Gaststätte ausgestellt. Der Wirt Andreas Keller („Scholtse Andres“) war selber ein großer Fußball-Fan. Er hieß deshalb „Flanke“, weil er öfter auf dem Sportplatz den Spielern „Flanke“ zurief. Später trafen sich in der Gaststätte nur noch die „Alten Herren“, weil der Verein eine eigene Gaststätte auf dem Waldsportplatz hat.

Nachfolger Reinhard Kellers wird sein Sohn Andreas Keller, Sohn des Landwirts und Gastwirts Reinhard Keller und dessen Ehefrau Marie Weber, geboren 27.04.1902, verheiratet am 02.09.1931 mit Margarethe Kraft, Tochter des Schweinehändlers Johannes Kraft und Margarethe geborene Koch. Sie haben drei Töchter Elfriede, Christine und Annemarie.

 

Das Anwesen war mit etwas über fünf Hektar ein großer landwirtschaftlicher Hof. Andreas Keller hatte wie viele andere Hochstädter während des Zweiten Weltkriegs einen polnischen „Fremdarbeiter“, wie das damals hieß. Anweisung war, daß die Ausländer beim Essen nicht mit den Deutschen an einem Tisch sitzen durften. In Hochstadt hielt man sich meist daran und verwies den Polen oder Russen beim Essen zumindest in eine Ecke des Zimmers. Keller ließ sich aber von den angedrohten Strafen nicht beeindrucken und war einer von denen, die darauf beharrten, daß der Pole in seinem Haus auch mit am Tisch essen durfte.

Die Gaststätte ist schließlich im Besitz von Frau Elfriede Reismann, der Tochter von Andreas Keller, verheiratet mit Hans Reismann. Er repariert im Hof Autos und beult das Blech mit einem Baumstamm aus. Doch wegen seiner Alkoholsucht verkommt das Grundstück immer mehr. Es war lange Zeit unverkäuflich. Der erzielte Preis langt gerade, in Dörnigheim in der Elbestraße ein Reihenhaus zu erwerben

 

Das Anwesen, einer der stattlichsten Höfe mitten im Dorf, wird von Auswärtigen erworben. Neuer Besitzer wird das Ehepaar Jochims, das vorher in Frankfurt-Sachsenhausen gewohnt hat. Reimer Jochims ist 1935 in Kiel geboren und Lübeck aufgewachsen. Von Beruf ist er Maler und hat auch nebenbei Philosophie und Kunstgeschichte studiert. Außerdem ist er Bildhauer, also Künstler und Kunsttheoretiker.

Von 1967 bis 1971 lehrte er an den Kunsthochschulen Karlsruhe und München. Ab 1971 war er Professor für freie Malerei und Kunsttheorie an der Frankfurter Kunsthochschule (Städelschule) und von 1974 bis 1985 deren Rektor. Bis 1974 unterscheidet er zwei Arbeitsphasen in der Malerei, bei der die erste mehr von Zeichnungen geprägt ist, die zweite mehr von den „Formen der Farbe“. Seit 1976 widmet er sich auch der Bildhauerei und seit 1979 entstanden die Malbücher. Seit 1990 hat er Ausstellungen in vielen deutschen und österreichischen Städten. Bisher liegen sieben Veröffentlichungen von ihm vor.

Seine Frau Heinrike geborene Peters, geboren 1940, ist Psychotherapeutin und hat im Haus ihre Praxis. Das Grundstück in Hochstadt erwarben die Eheleute 1980. Sie leben zusammen mit Freunden in einer christlichen Wohngemeinschaft. Auf Vorschlag eines Freundes gaben sie dem Anwesen den Namen „Eliashof“. Damit beziehen sie sich auf den Propheten Elia aus dem Alten Testament. Von der Gestalt dieses einsamen, aber in seiner Glaubensüberzeugung unbeugsamen Mannes fühlten sie sich angesprochen. Seine Geschichte haben sie im Treppenhaus festgehalten zusammen mit einer Postkarte, die eine Elia-Ikone vom Berg Athos zeigt.

Die Nebengebäude werden neu errichtet. Im Jahre 1989 ist die Renovierung abgeschlossen. Ein Tisch und zwei Bänke aus der Gaststätte befinden sich heute im Gaststättenraum des Stadtmuseums.

Doch das Grundstück soll nicht nur dem Wohnen von Menschen dienen. Zur Erinnerung an die frühere Landwirtschaft werden auch noch Tiere gehalten und zwei Weinstöcke (weiß und rot) gepflegt. Die Familien besitzen auch eine Streuobstwiese am Schützenhäuschen, zwei Familien auch einen größeren Garten. Überhaupt setzt sich die Gemeinschaft für den Umweltschutz ein und pflegt zum Beispiel die alten Weiden auf der Gemeindeweide in der nördlichen Hochstädter Flur.

Die Gaststätte war dann lange verpachtet an Andreas Sielaff, geboren 1981 in Frankfurt. Nach Hochstadt kam er, weil seine Eltern seit 1965 (?) dort wohnten. Er wohnt in der Vogelsberg­straße, ist verheiratet und hat ein Kind. Die Gaststätte führt er seit 1987, im Jahre 1989 hat er sie renoviert und in der heutigen Form eingerichtet. Die Gaststätte ist täglich von 17 bis 1 Uhr geöffnet. Spezialität im Angebot der Gaststätte ist die Pizza, die auch nach außerhalb geliefert wird. Zwei Küchenkräfte und zwei Bedienungen stehen dazu bereit.

 

 

 

 

31 Gasthaus ,,Zur goldenen Krone"

Die Firma Höhl sagt heute: „Gasthaus und Kelterei (!) werden 1779 von Michael Weber gegründet und bis 1817 geführt. Michael Weber ist der Erste, der im Apfelwein eine gewerbliche Erwerbsquelle sieht und nicht mehr nur auf den Wein baut“. In der Festschrift zum 225jährigen Jubiläum heißt es unter der Überschrift „Der gute Stern des Michael Weber“: „Michael Webers Sternstunde kam im Jahre 1779. Sein Stern hatte die Gestalt eines Apfels. Michael Weber zögerte keinen Augenblick und gründete eine Apfelweinkelterei. Es gehörte damals eine Menge Mut dazu, den Apfel als Lebens- und Existenzgrundlage zu wählen. Denn im Jahre 1779 war Hochstadt eine blühende Weinbaugemeinde. Der Anbau von Äpfeln und anderem Obst wurde nur so nebenbei betrieben!“ Doch das ist wohl mehr ein Wunschdenken, das die heutige Werbung für den Apfelwein etwas unterstützen soll.

Bei Michael Weber ist nur die Rede davon, daß er Wirt ist. Er wird also vor allem Wein und Bier ausgeschenkt haben. Wahrscheinlich hat er für den Hausgebrauch auch etwas Apfelwein hergestellt. Aber seine Gäste wären dumm gewesen, wenn sie nur Apfelwein getrunken hätten, wo es doch Wein gab. Es kann also keine Rede davon sein, daß schon er im Apfelwein eine gewerbliche Erwerbsquelle gesehen hätte. Michael Weber hat nicht nur Apfelwein gekeltert, denn im Jahre 1805 wird gesagt, daß Frantz Fuchs aus Polnisch-Preußen als Branntweinbrenner bei Wirt Michael Weber ist.

Das Wort „Apfelwein“ ist in den Gemeinderechnungen des 16. und 17. Jahrhunderts nicht zu finden, obwohl man den Obstwein als Getränk für den Hausgebrauch kennt. Im Jahre 1753 gibt es drei Wirtschaften in Hochstadt. Jede zahlt Abgaben an die Gemeinde für 10 Ohm Wein und 55 Ohm Bier. Es wird also offenbar mehr Bier als Wein ausgeschenkt, von Apfelwein oder Branntwein ist nicht die Rede. Die Gastwirtstradition der Familie Höhl reicht hinter das Jahr 1779 zurück. Das muß aber nicht unbedingt für die Keltertradition gelten und schon gar nicht für das Apfelweingeschäft. Das Apfelweingeschäft begann erst mit dem Gastwirt Georg Rauch.

 

Michael Webers Vorfahren hatten zunächst nichts mit dem Gastwirtsberuf zu tun. Der älteste bekannte Vorfahre ist Hans Weber, ein Leineweber aus Hanau. Sein Sohn Heinrich heiratet 1677 die Tochter des Lehrers Schüler und kommt so nach Hochstadt. Sein Grabstein steht noch heute auf dem Kirchhof rechts an der Mauer (Nummer 6). Sein Sohn Johannes ist wieder Ziegler. Das ist auch bei Johann Georg Weber, dem Vater des Michael Weber, anzunehmen, obwohl dessen Beruf nicht genannt wird.

Der Ausgangspunkt für Michael Weber war die Gaststätte Stein (heute: „Zum Tiger“). Zwei Söhne des Andreas Stein werden nacheinander Wirt in der Steinschen Wirtschaft, nicht aber Johann Michael Stein, der Vater der Anna Magdalena Stein, die nachher Michael Weber geheiratet hat. Es waren die Onkels der Anna Magdalena Stein, die die Wirtschaft führten. Der ältere Onkel Johannes (nach 1775 gestorben) hat aber wohl bald die Wirtschaft aufgegeben, weil der jüngere Onkel Andreas bei seiner Trauung 1772 schon Wirt ist.

Am 21. Oktober 1762 ist Michael Weber geboren als Sohn des Johann Georg Weber und Dorothea geborene Schales. Im Jahr 1779, das von der Familie Höhl im Anschluß an ein Gutachten von Wilhelm Mankel als Gründungsdatum ihrer Firma angegeben wird, war er also gerade einmal 17 Jahre alt. In diesem Jahr hat er sich vielleicht verlobt mit Anna Magdalena Stein, Enkelin des Benders Andreas Stein (1695 bis 1759).

Danach hat er wahrscheinlich seine Lehre in der Steinschen Gaststätte gemacht oder dort mit geholfen. Am 27. April 1780 heiratet er Anna Magdalena Stein, Tochter des Michael Stein. Dabei kann es sich nur um die am 18. April 1764 geborene Anna Magdalena Stein handeln (auch wenn sie bei der Hochzeit erst 16 Jahre alt war, aber es gibt sonst keine Trägerin dieses Namens in der in Frage kommenden Zeit).

 

Ihr Vater war zwar kein Wirt, aber ihr Großvater Andreas Stein, der Gründer der Steinschen Wirtschaft. Michael Weber hat also in eine alteingesessene Gastwirtsfamilie eingeheiratet. Das Paar macht sich im Jahre 1786 selbständig. Aber Michael Weber „kauft“ nicht das gegen­überliegende Haus Hauptstraße 18, um dort eine Gaststätte einzurichten. Der obere Teil der heutigen Gaststätte gehörte ja schon der Familie. Den unteren Teil erbt er von seiner Mutter, 7die eine Enkelin des Johannes Trapp ist, der 1715 das Haus besaß. Auch der dritte Teil des Hauses nach dem Rathausplatz zu gehörte 1715 Gregor Trapp, einem Onkel des Johannes Trapp (der allerdings auch andere Nachkommen hat).

 

Michael Weber führt die Gaststätte in der Hauptstraße 18 bis zum Jahre 1817. Beim Tod ist er nur noch „Landwirt“, weil er die Führung der Gaststätte schon abgegeben hatte. Als er am 9. September 1836 stirbt, wohnt er auch in der Hauptstraße 21. Die Eheleute haben neun Kinder, von denen aber nur drei heiraten. Sein Sohn Johannes wird der Schultheiß und führt die Steinsche Wirtschaft.

Die Tochter Anna Magdalena, das sechste Kind (1795 bis 1867), heiratet 1812 den Witwer Johannes Strohl (1779 bis 1848), der „der Dicke“ genannt wird. Er ist im Jahre 1817 noch „Landwirt“, aber ab 1819 ist er dann „Gastwirt“. Er führt die Gaststätte „Zur goldenen Krone“ bis 1829. Dann wird die Wirtschaft auf sechs Jahre an Kaspar Schäfer verpachtet, der später die Gaststätte „Zum Neuen Bau“ baut. Während dieser Zeit heiratet das dritte Kind des Besitzers Johannes Strohl, nämlich die Tochter Anna Katharina (1817 bis 1875), den Ortsbürger Wilhelm Schales (1810 bis 1861), der dann 1835 die Wirtschaft übernimmt. Er wird 1836 und 1857 als Gastwirt erwähnt.

Die Tochter Katharina (1836 bis 1893, das älteste Kind) heiratet 1858 den Ackermann (Johann) Georg Rauch (1833 bis 1911), Sohn des Gastwirts Johannes Rauch in Dörnigheim. Als Wilhelm Schales am 24. April 1861 (nicht 1860) im Alter von kaum 50 Jahren stirbt, übernimmt sein Schwiegersohn Georg Rauch von 1861 bis 1908 die Gaststätte. Bei der Geburt der Tochter Katharina am 6. Januar 1861 wird er noch als „Ackermann“ bezeichnet. bei der Geburt des Sohnes Wilhelm im Jahre 1862 ist kein Beruf angegeben. Bei der Geburt der Tochter Elisabethe 1863 lautet der Beruf „Gastwirt“.

 

Georg Rauch ist der Gründer des Apfelweingeschäfts, das er mit einem Versandhandel verbindet. Er erweitert den Kundenkreis auch auf Offizierskasinos und eine Militärreitschule. Die „besseren Kreise“ (Beamte, Unternehmer, Offiziere, Adlige) lassen sich den Apfelwein gern faßweise ins Haus senden. Der „kleine Mann“ dagegen trinkt seinen Schoppen eher im Stammlokal. Georg Rauch wird von den Hochstädtern „der alte Schorsch“ genannt, von den Gästen aus Hanau aber „Löwenschorsch“. Georg Rauch stellt schon „Hochstädter Speierling“ her, nach dessen Rezept noch heute „Der alte Hochstädter“ hergestellt wird. Außerdem vertreibt er auch Traubenwein der Marke „Hochstädter Riesling“.

Der Name „Gasthaus zur Krone“ taucht in den Kirchenbüchern erstmals 1892 auf beim Tod der Wirtin Catharina Rauch. Bis 1896 wird für das Gasthaus die Hausnummer 103 (heute Klinkerbau) angegeben. Im Jahre 1899 ist es die Hausnummer 104 (Fachwerkbau). Die Familie ist wohl inzwischen in den anderen Teil des Hauses gezogen.

Das Gebäude Hauptstraße 18 ist ein Doppelhaus. Das westliche Haus war ursprünglich niedriger als das weiter oben gelegene. Es hatte zwei Freitreppen und eine Torfahrt. Hier hatte die Familie ihre Privatwohnung. Durch drei Treppenstufen waren die beiden Häuser miteinander verbunden. Das linke Haus wurde 1908 abgerissen und durch einen Neubau ersetzt. Die Zeichnung stamm­te vom Kreisbaumeister, der darauf bestand, daß das Oberstockwerk in Fachwerk ausgeführt wurde. Die Decke über dem Erdgeschoß besteht aus Balken, von denen einer neben dem anderen liegt. Die aus Blendstein gemauerte Südwestecke ist bis zur 41. Schicht aus Steinen gemauert, die ein Maurer an Ort und Stelle zu einem stumpfen Winkel geschliffen hat.

Das Grundstück ist nämlich nicht rechtwinklig, und deshalb paßten die angelieferten Steine nicht. Der Mann hatte so für einige Zeit einen bequemen Posten, bis dann die vom Werk gefertigten Steine ankamen. Das ganze Haus wurde mit Azetylengas vom Keller bis zum Dachboden erleuchtet.

Die vier großen Fenster im rechten Gebäude gehören zum alten Tanzsaal. Hinter den Fenstern rechts und links der Tür unterhalb des Saals befand sich bis 1906 die Gaststube. Heute ist rechts von der neuen Tür das Kolleg der Gaststätte. Mit zur Familie gehören auch die Gebäude am Rathausplatz bis in die Bogenstraße hinein. Dieser Gebäudeteil ist von 1911 (Inschrift: „Wilhelm Rauch 1911“).

 

Georg Rauch hat als erster Inhaber einen Sohn, der die Wirtschaft übernimmt (auch die Vorgänger hatten Söhne, aber offenbar wollte keiner die Wirtschaft haben). Es ist Wilhelm Rauch (1873 bis 1922), der zwar schon im Jahre 1899 als Gastwirt bezeichnet wird, aber erst von 1908 bis 1921 offiziell das Geschäft führt. Nach seinem Tod führt seine Witwe Elisabeth Rauch geborene Koch das Geschäft bis 1934 weiter.

Die Eheleute haben fünf Kinder:

1. Wilhelm Rauch (geboren 1895) heiratet am 1920 Maria Katharina Keller, Tochter des Gastwirts Reinhard Keller aus dem Gasthaus „Zum Tiger” (Kinder Andreas, Rudolf und Marianne).

2. Andreas Rauch (geboren 1896) stirbt schon im Alter von 22 Jahren.

3. Die Tochter Margarete (geboren 1899) heiratet den Zahnarzt Möbus.

4. Philipp Rauch (geboren am 6. Februar 1901) wird Nachfolger in der Gaststätte.

5. Die Tochter Magdalene (geboren 1902) heiratet 1926 Wilhelm Höhl, der die Kelterei übernimmt und zu einem Großbetrieb ausbaut.

Im Jahre 1934 übergibt Elisabeth Rauch die Gaststätte an ihren Sohn Philipp Rauch. Dieser heiratet 1923 Wilhelmine Maria Schäfer, die Witwe seines früh verstorbenen Bruders Andreas Rauch. Deren Kinder sind: Rudolf (gefallen), Elfriede Schöpel (Inhaberin der Gaststätte) und Wolfgang Rauch (Inhaber des Hotels). Philipp Rauch stirbt am 28. Mai 1968. Matthias Schöpel, der Enkel Philipp Rauchs, ist heute Eigentümer der Gaststätte und des Hotels und auch keltert selber wieder im alten Keller unter dem Hotel.

 

Die Kelterei übergibt Elisabeth Rauch damals ihrem Schwiegersohn Wilhelm Höhl. Dieser baut dann in der Hauptstraße 63 eine für damalige Verhältnisse moderne Großkelterei. Erst Wilhelm Höhl macht die Apfelweinherstellung zu seinem alleinigen Erwerbszweig, ohne selber eine Gaststätte zu haben. Seit 1963 ist die Kelterei im Osten Hochstadts ansässig. Als „Landkelterei Höhl“ war die lange Zeit der Marktführer bei der Apfelweinherstellung. Seit 2006 arbeitet sie bei eingeschränkter Produktion mit den Keltereien Heil (Laubuseschbach) und Rapps (Karben) zusammen. Danach ging sie ganz in das Eigentum von Rapps und damit des Hassia-Konzern über.

 

30 Rathaus

Das Historische Rathaus nimmt einen bevorzugten Platz innerhalb des Ortes ein. Frei steht es an der Hauptstraße und kündet jedem vom Stolz der Hochstädter Bürger aus vergangenen Tagen. Der Mittelpunkt eines Ortes hieß anfangs nicht Rathaus, sondern „Spielhaus“. Das Wort kommt von der Bezeichnung für „Rede, Erzählung“ in der mittelhochdeutschen Sprache. Diese Silbe „spiel“ kommt heute noch in dem Wort „Kirchspiel“ vor, das den Bereich bezeichnet, aus dem die Gemeinde zum Reden und Hören zusammenkommt. Das Haus war also für die ganze Gemeinde bestimmt. Hier gingen die „Nachbarn“ hin, wenn sie unter der Halle etwas bereden und Neuigkeiten erfahren wollten. Hier wurden Verordnungen bekanntgemacht.

Hier meldeten sich wegmüde Wanderer, wenn sie die Mildtätigkeit der Gemeinde in Anspruch nehmen wollten. Der Bürgermeister reichte ihnen dort Speise und Trank oder auch Almosen aus dem Gemeindesäckel. In Hochstadt wurden jährlich sechs Gulden „um Gottes willen“ gegeben.

Im Jahre 1598 wird in Hochstadt erstmals ein „Spiel­haus“ genannt. Das Unterstockwerk eines solchen Hauses bestand in der Regel aus einer offenen Halle mit Arkaden, so daß die Redewendung war „unter dem Spielhaus“. Hier hielt das Gericht seine Sitzungen ab. Meist war auch eine Trinkstube in einem solchen Haus. Mit der Zeit gab es aber immer mehr Herbergen und Wirtshäuser. Andererseits vermehrten sich die Schreibereien und Geschäfte des Bürgermeisters immer mehr. So nahm dann die Gemeindeverwaltung das Haus in seinen alleinigen Besitz und es wurde zum Rathaus.

Zeitweise muß im Rathaus auch Wirtschaft gewesen sein. Um 1600 gibt es in Hochstadt zwei Wirtschaften: Die eine ist amtlich und befindet sich zunächst im „Spielhaus“ (Rathaus) und der Wirt wechselt von Jahr zu Jahr. Sie wird noch 1787 als „Wirt­schaft auf dem Rathaus“ bezeichnet. Die andere Wirtschaft ist eine „Heckerwirtschaft“, befindet sich also jedes Jahr in einem anderen Privathaus, allerdings ganzjährig und nicht nur in der Saison wie sonst bei ei­nem „Heckewirt“. Später wird allerdings für mehrere Jahre verpachtet.

 

Das alte Hochstädter Rathaus soll im Dreißigjährigen Krieg zerstört worden sein. In den Jahren 1683/84 wird es neu aufgebaut. Es war ein Fachwerkbau auf offener Steinhalle. Darüber war der Sitzungsraum der Gemeinde­vertreter, der „Geschworenen, und wohl auch ein Dienstzimmer für den Bürgermeister.

Das Rathaus ist Tagungsort des Dorfgerichtes. Am Ostermittwoch 1605 zum Bei­spiel wird nach altem Brauch unter dem „Gemeindespielhaus“ das Dorfgericht gehalten. Die Feldschützen berichten über Verstöße gegenüber Nachbarn. Die Weinmeister bringen vor, was die Wirte, Metzger, Bäcker und Krä­mer sich an Betrügereien geleistet ha­ben. Die Gemeinde ist verpflichtet, Got­teslästerungen und Scheltworte anzu­bringen. Im Herbst findet immer ein sogenannter „Rügetag“ statt. Im Anschluß daran wird die Schließung der Weinberge ver­kündet. Seit 1614 darf der Rügetag auf Befehl des Amtmanns aber nicht mehr am Sonntag gehalten werden. Die Versamm­lung findet auf dem Rathaus statt, jeder muß bei Strafe von fünf Gulden erschei­nen.

 

Die Inschrift über der heutigen Eingangstür lautet: „Vorsteher als HW Schultheis Gerichtsleith DB HS HMB PB PM HS PS CMB AST. 17 Burgermeister als MW HST 84, Gerichtsdiener A ST“.

Der Schultheiß ist Johann Weber (= Hans Weber). Er ist 1733 geboren und tritt 1784 sein Amt an. Unter den „Gerichtsleuten“ sind die Gemeindeverordneten zu verstehen, aber diese lassen sich natürlich nur schwer identifizieren. Wahrscheinlich handelt es sich um folgende Personen (mit Jahreszahl der Erwähnung in den Kirchenbüchern und mit dem Hochzeitsdatum):

„DB“   = Daniel Burger                                 1767 und 1790            (verheiratet 1752)

„HS“   = Johannes Stein                                1773                            (verheiratet 1762)

„HMB“ = Johann Meerbott                           1769 bis 1781             (verheiratet 1773)

„PB“   = Peter Brosch (Johann Peter)           1786                            (verheiratet 1753)

„PM“  = Philipp Jakob Müller, Lehrer          1781 bis 1789 (?)

„HS“  = Johannes Schales                             1787 bis 1799             (verheiratet 1771)

„PS“   = Peter Schmidt (Schmitt)                  1797                            (verheiratet 1771)

„CMB“ = Johann Caspar Meerbott               1782 bis 1806             (verheiratet 1773)

„AST“ = Andreas Stein                                 1801 und 1807            (verheiratet 1772).

 

Die zwei Bürgermeister sind die Rechnungsführer der Gemeinde. Ihre Namen ließen sich aber nur über die Gemeinderechnung feststellen. Allerdings fehlt ausgerechnet die Gemeinderechnung von 1784. Doch die Bürgermeister haben auch noch in späteren Jahren Gelder in die Gemeindekasse eingezahlt, so daß sich die Namen „Michael Weber“ und „Jakob Stein“ feststellen lassen (diesen Hinweis gab Herr Werner Jung, Zum Groschlag 1). Es handelt sich um Michael Weber, der kurz nach 1800 die Steinsche Wirtschaft (Hauptstraße 21) übernimmt. Und mit „HST“ ist wahrscheinlich der 1742 geborene Johann Jacob Stein gemeint. Und Gerichtsdiener ist dann wohl sein Vater gewesen, der gelernte Bierbrauer Andreas Stein, geboren 1719, der seit 1746 „Gemeindediener“ ist.

 

Östlich des Rathauses ist auf dem Ortsplan von 1715 ein Brunnen eingezeichnet. Allerdings ist das nicht gleich zu erkennen, weil das Symbol kleiner ist als an den anderen Stellen. Bei genügender Vergrößerung kann man aber erkennen: Das Zeichen östlich des Rathauses besteht aus einem Kreis (unten) und einem Zeichen, das wie ein „D“ aussieht (oben) und den anderen vier Zeichen für die Brunnen entspricht, die laut Legende der Karte die Brunnen markiert. Wann diese Brunnen errichtet wurden, liegt im Dunkeln. In Schellmann I, Seite 58, ist eine Fotografie erhalten.

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Es fällt aber auf, daß alle reichen Bauern in Hochstadt rund um den Rathausplatz ge­wohnt haben. Dort auf dem „Tanzplacken“ stellten die durchziehenden Solda­ten ihre Wagen und Geräte ab. Und so wie die Soldaten die Bauern beraubten und bestahlen, konnte es ja auch einmal umgedreht sein. Eine günstige Gelegenheit wäre der Rückzug der Franzosen im Jahre 1813 ge­wesen. Dazu paßt dann die Geschichte von einer Truhe, die sich im Besitz der Nachkommen befand und in den 70iger Jahren von einem Antiquitätenhändler gekauft wurde und jetzt in einem Museum in Würzburg stehen soll. Einige Zeit nach dem Kauf hat der Händler nämlich noch einmal bei den Verkäufern vorge­sprochen und nach Schlössern zu der Truhe gefragt. Die Truhe muß nämlich ursprünglich mit 36 Schlössern (bezie­hungsweise einem Schloß mit 36 Riegeln) ausgestattet gewesen sein. Solche Truhen waren vor allem auf Schiffen und auch zum Transport von Kriegskassen üblich. Solche „Kriegskassen“ gibt es auch heute noch in nicht geringer Zahl. Und auch wenn ein „N“ darauf gestanden hat, dann muß das noch nicht „Napoleon“ heißen.

Und so entsteht dann die Vermutung, die Familie Schales sei durch den Raub ei­ner französischen Kriegskasse zu ihrem Reichtum gekommen. Doch Napoleons Kriegskasse soll auch schon in Rothen­bergen gestohlen worden sein. Das ist ei­ne „Sage“, die immer wieder an immer anderen Orten erzählt wird, und die et­was erklären soll, was ganz natürliche Ursachen hat. Der Reichtum der Familie Schales hat wohl eher seine Ursache in Fleiß, Ge­schick und Sparsamkeit der Familie. Mi­chael Schales lief zum Beispiel fast jedes Jahr einmal oder zweimal zu Fuß nach Bad Nauheim, hielt sich dort einige Stunden auf und kam wieder zu Fuß zurück, obwohl er sich doch eine Kutsche hätte leisten können (Oder hat er dort in der Spielbank sein Glück versucht? Das wäre dann aber eine neue Sage).

 

Unruhen gibt es wieder im Zusammen­hang mit der ersten deutschen Nationalversammlung in der Frankfurter Pauls­kirche 1848. Auch in Hanau kommt es zu einer Volksversammlung, die dem Lan­desherrn ein Ultimatum stellt und eine erfolgreiche Delegation nach Kassel schickt.

In Hochstadt kommt es zu Unruhen, die aber wohl vor allem von Auswärtigen angezettelt werden. Diese halten von En­de März bis Anfang Mai das Rathaus be­setzt, erpressen Lebensmittel wie Schin­ken, Wurst, Fleisch, Wein und Apfel­wein. Bei der „Turnerschlacht“ von Hochstadt im Jahre 1861 (siehe Obertor) befreien die Turner ihre im Rathaus eingesperrten Kameraden. Den Bürgermei­ster suchen sie vergeblich, er soll sich im Heu versteckt haben.

 

Große Instandsetzungen gibt es 1752, neue Fenster werden 1768 eingesetzt. Eine neue Wetterfahne aus Niederdorfelden wird 1843 aufgesetzt. Im Jahre 1883 wird vermerkt, daß das Haus mit Kohlen beheizt wird. Größere Reparaturen gibt es noch einmal 1892 und 1896.

 

Das Unterstockwerk dient in dieser Zeit auch als Gefängnis und enthielt einen Raum für den Nachtwäch­ter und für Durchreisende.

Zeitweise wird das Rathaus auch als Schule genutzt. Die 1903 in der heutigen Klosterhof­straße errichtete neue Schule hat zunächst nur ein Klassenzimmer und keine Lehrerwohnung. Die Klassen 4 und 5 werden im Rathaussaal unter­richtet. Erst 1910 wird die neue Schule um drei Klassenzimmer erweitert. Der Wert des Rathauses wird 1915 mit 5000 Mark angegeben. Zu einem Dach­stuhlbrand kommt es 1916. im Jahre 1927 wird wieder repariert.

 

In den sechziger Jahren des 20. Jahrhunderts will man das Rathaus abreißen und die Hauptstraße begradigen. Der Landeskonservator muß alle Energien aufbringen, um dieses Vorhaben zu verhindern. Aber 1963 wird das Untergeschoß durchbrochen, um für die Fußgänger einen Durchgang zu schaffen.

Am 23. Mai 1964 kommt es zu einem großen Dachstuhlbrand, verursacht durch einen elektrischen Kurzschluß in den Behelfswohnungen im Dachgeschoß. Zahlreiche Feuerwehren sind im Einsatz, darunter auch die Hochstädter Wehr. Diese hatte es nicht weit, denn sie war im

mittleren Raum des Untergeschosses untergebracht ist. Das Rathaus mit seinen vielen Mannfiguren und geschnitzten Eckständern wird m Jahre 1981in der alten Form wieder aufgebaut

bzw. umgebaut, die Fassade erneuert und neue Fenster eingesetzt.

Die Fertigstellung erfolgt 1983. Im Unterstockwerk wird eine Gaststätte eingerichtet. Zunächst soll sie reihum von den Vereinen genutzt werden. Doch es findet sich dann ein Pächter für den Dauerbetrieb, nämlich die Kelterei Höhl, die zwei Angestellte abstellt, um die Gaststätte zu betreiben. Die ehemals geöffnete Arkade wird heute von der Gaststätte genutzt. Diese hat auch im Sommer einige Tische und Stühle vor dem Haus stehen.

Im Oberstockwerk entsteht 1983 ein Ausstellungsraum, der für viele kulturelle Veranstaltungen genutzt werden kann: Kunst-Ausstellungen, Dichterlesungen, Vorträge. Im Januar 1990 liest der Fernsehmoderator llja Richter zusam­men mit seiner Mutter Eva aus deren Buch „Der Deutsche Jude“. Im Juli 1998 findet eine Ausstellung mit Bildern von Hans Ticha, Hauptstraße 8, im Histori­schen Rathaus statt. Im Dachgeschoß des Hauses wird das Gestühl für die Veranstaltungen gelagert, außerdem befindet sich dort das Stadtarchiv.

 

Von den Feten rund um das Rathaus (das zweitägige Straßenfest seit dem Wie­deraufbau des Rathauses, das Altstadtfest des Posau­nenchors und des Humor- und Musikver­eins Ende Juni und der Weihnachtsmarkt am zweiten Advent) blieb nur der Weihnachtsmarkt. Die Anregung zum Weihnachtsmarkt kommt 1981 vom Humor- und Musikver­ein. Unter Federführung von Helmut Roog wird der Markt zwei Jahre lang von drei bis vier Vereinen bestritten. Danach übernimmt Pfarrer Langheinrich die Initiative, nach weiteren zwei Jahren nimmt der Gewerbeverein die Sache in die Hand. Seit 1985 die Hauptstraße fertig ist, steigt die Beteiligung immer mehr. Seit 1990 ist eine Interessengemeinschaft für den Weihnachtsmarkt zuständig. Bewußt hält man die Zahl der Verpflegungsstände klein und bevorzugt das Kunstgewerbe.

                                   

Der Platz nördlich hinter dem Rathaus ist der „Tanzplacke“, der heutige Rathausplatz. Hier wurde das „Gebet“ abgehalten, hier wurde die Gemeinde „ins Gebet genommen“. Wenn mit der kleinen Glocke geläutet wurde, mußte jeder Einwohner erschei­nen. Kein Einwohner darf diese Versammlung versäumen. Nur den Pfarrern und Amtsträgern wer­den die amtlichen Verordnungen ins Haus geschickt. Es wurden die öffentlichen Bekanntmachungen verlesen (später ging der Ortsdie­ner mit der Schelle herum und rief die Bekanntmachungen aus). Nach den Bekanntmachungen wurde über Gemeindeangelegenheiten beratschlagt.

Auf der Tanzplacke wird auch die „Kirchweih“ gefeiert. Bei schlechtem Wetter konnte man so auf den Rathaussaal, dem einzigen größeren Raum im Ort. Dafür mußten die Kerb­burschen allerdings 1 Gulden 15 Albus bezahlen. Auch die Fastnacht wurde schon auf dem Rathaus gefeiert.

An dem Fest betei­ligt sich die ganze Gemeinde. Die Famili­en schaffen Tische und Bänke auf die Tanzplacke, dazu Wein, Kuchen und Hausgeschlachtetes. Auch Verkaufsbu­den werden aufgestellt. Der Platz wird mit Birkenbäumen geschmeckt, die nach Beendigung des Festes dann verkauft werden. Im Jahr 1747 nimmt die Hanauer Grafenfamilie an der Feier der. Kerb teil. Sie wird im Rathaussaal von den Dorfjung­frauen mit Kuchen und Wein bewirtet. Auf der Tanzplacke wird mit den Kerb­burschen getanzt, die anschließend auf die Gesundheit der gräflichen Familie trinken und die Gläser wegwerfen. Auch die Fastnacht wurde schon auf dem Rathaus gefeiert.

Später wird die Kerb in den Gaststätten Zur Goldenen Krone, Zum Tiger, Neuer Bau und Strohl gefeiert. Deshalb gehörte zu jedem Gasthaus auch ein Tanzboden. Für die Kerb mußten die Wirte jedesmal drei Mark bezahlen, um eine öffentliche Lustbarkeit abhalten zu dürfen. Erst als die Tanzkapellen für die Wirte zu teuer wurden, griff man zur Lösung einer Zeltkerb, weil man dafür nur eine einzige Kapelle brauchte.

 

Vor dem Rathaus und vor dem Grund­stück des Schmieds Klees befand sich die „Weed“. Sie war länglich und ging von der untersten Ecke des Rathauses bis zur Mitte der Hauptstraße und längs dersel­ben bis ungefähr an die Treppe des Hau­ses Hauptstraße 22 (zwischen der Weed und den Häusern war allerdings noch genügend Platz). Die „Weed“ war etwa fünf bis sechs Meter breit und an drei Seiten von einer etwa 80 Zentimeter hohen Mauer umgeben.

Nur an der oberen Seite befand sich ein starkes Holzgeländer, damit bei starkem Regen oder bei Vereisung keine Stauung auftreten konnte. Das Wasser war teilweise Grundwasser, zum Teil lief es als Regenwasser vom Oberdorf. hinein. In der Mitte von der Hauptstraße her war ein Eingang, durch den man hineingehen oder reiten konnte. Unten befand sich der Überlauf, das sogenannte „Weedfloß“. Die „Weed“ war Viehträn­ke, vor allem Pferdetränke (,,da wo man pflegt die Pferd zu tränken und sie vom Stäube abzuschwenken“). Gleichzeitig diente sie auch zu Feuerlöschzwecken (so noch im Jahre 1951).

Ab 1862 wurde die Weed mit einem Gewölbe versehen. Dieser Teil mit einem Eingang in der Ecke vor dem Rathaus blieb noch lange bestehen. Erst im Zuge des Neubaus der Ortsdurchfahrt wurde die Weed vollständig beseitigt. Die Wap­pensteine mit dem alten Hochstädter Wappen (ein großes H mit einer Hacke) befinden sich heute auf der Treppe vor dem Stadtmuseum.

Am Rathaus gab es im ersten Stock eine „Freilufttoilette“, die in den „Gengel“ zum Nachbarhaus entleert wurde. Wer also diesen schmalen Gang benutzen wollte - und der Schmied mußte das mehrmals am Tage - mußte er darauf achten, daß die Luft rein war.

Etwas weiter unten vor dem Haus des Spenglers Burger, Hauptstraße 37, befand sich die kleinere „Unter­weed,  auch das“ Krähnchen“ genannt“. Sie wurde auch bei Bränden als Feuerlöschbecken genutzt. Im Jahre 1770 werden in der Gemeinderechnung zwei Pferdeschwemmen er­wähnt, für deren Säuberung die Gemeinde bezahlt, dabei könnte es sich um die Oberweed und die Unterweed gehan­delt haben.

 

Hauptstraße 20

Das Haus unterhalb des Rathauses mit dem Krüppelwalmdach war die Wohnung eines Schmiedes, der seine Werkstatt nach dem Rathausplatz zu hatte. Das Unterstockwerk wurde 1590 erbaut. Das Fachwerk ist von 1786. Das Haus hat schöne Steinmetzarbeiten, an der mittleren Konsole ist ein Kopf und links   und rechts Schmuckrosen, dazu Steinmetzzeichen. Daß das Haus aus Baumaterial aus Groschlag gebaut sei und die Wohnung des letzten Einwohners von Groschlag gewesen sei, ist nicht erwiesen.

Hauptstraße 24

Das Oberstockwerk des Hauses ist noch alt und hat Balken mit sogenannten „gotischen Nasen“. Aus dem Haus stammt Johann Meerbott, der vom Hanauer Erbprinzen an die Engländer verkauft wurde, um im Unabhängigkeitskrieg gegen die Amerikaner zu kämpfen. Er setzte sich aber ab und wurde der Stammvater aller Meerbotts („Marbut“) in den USA. Seit dieser Zeit ist das Haus im Besitz der Familie.

 

Hauptstraße 23

In dem Bauernhaus mit Scheuen und kühlem Keller war die Metzgerei Nix, die dann von Johannes Bauer übernommen wurde. Er hat die Metzgerei neu eingerichtet, neben dem Hoftor war der Eingang zum Laden. Bauer hat teilweise zusammen mit dem jüdischen Metzger Stern, Hauptstraße 31, gearbeitet, weil dieser die Hinterteile der Kühe nicht verwenden durfte. Auch die Tochter (Mutter von Frau Kleiner) war gelernte Metzgerin, Gesellenbrief und Bilder sind noch vorhanden.

 

27 Haus Hauptstraße 33

Auf dem Haus Hauptstraße 33 befand sich das Storchen­nest, solange es noch Feuchtgebiete in der Umgebung Hochstadts gab. Das Fachwerk dieses Hauses ist mit soge­nannten „Russensteinen“ ausgemauert. Vor dem Haus stand ein großer Brunnen. Hier war früher auch die Haltestelle der Postkutsche. Der Bauernhof hinter den beiden Wohnhäusern ist abgebrannt und wurde durch Neubauten ersetzt.

 

28 Bahnhofstraße und Lutherische Kirche

Der weitere Weg geht dann in die Bahnhofstraße. Links sieht man in der Lutherstraße das mit Eternit verkleidete Haus Lutherstraße 9. Es war früher die lutherische Schule. Rechts davon stand die lutherische Kirche. Sie wurde 1668 erbaut und bis 1818 genutzt. Nachdem die lutherische Gemeinde sich mit der reformierten zusammengeschlossen hatte, blieb nur noch die südliche Mauer der Kirche stehen und wurde als Teil einer Scheune genutzt, bis diese 1967 auch abgerissen wurde. Der Grabstein Speckhan kam auf den Kirchhof der reformierten Kirche (dritter Stein rechts). Der Taufstein aus der reformierten Kirche stand lange im Garten des Grundstücks der Lutherischen Kirche und kam dann ins Historische Museum Frankfurt.

 

Der Ausgang von der Bahnhofstraße in die Ringstraße-Süd wird „Rußloch“ genannt. Nach dem Bau der Eisenbahn im Jahre 1843 schuf man dort einen kleinen Durchbruch durch die Mauer, damit man leichter zum Bahnhof gelangen konnte. Der Durchgang wurde „Rußloch“ genannt, weil die Steine durch die Fackeln der Leute geschwärzt wurden, die früh zur Bahn gingen. Vielleicht kommt der Name aber auch daher, daß man die Öffnung mit „Russensteinen“ ausmauerte (wie an der Ritterstraße). Aber die Leute, die zum Bahnhof wollten, trampelten bald einen Pfad quer durch die Privatgrundstücke bis zur Jägerstraße. Dann wird dort eine Scheune gebaut (Heute Ringstraße Süd 19 Hinterhaus) und der Weg scharf um sie herum gelegt, so daß sich die Leute oft verlaufen und in den Grundstücken herumirren. Da ließ der Gastwirt Wilhelm Rauch mit Genehmigung des Eigentümers eine Laterne an der unübersichtlichen Stelle anbringen. Sie verlöschte von selbst, wenn das Petroleum verbraucht ist. Noch vor dem Ersten Weltkrieg wurde der Durchgang erweitert und eine Straße aus Schotter gebaut, die der „Neue Weg“ genannt wurde.

 

  • In der Ringstraße Süd sieht man nach rechts zu dem hohen Turm, der das Gegenstück zu dem entsprechendneT1urm an der Nordseite ist und der nur durch den Einsatz der damaligen Anwohnerin vor dem Abriß gerettet werden konnte. Man geht nach links in die Ringstraße -Süd und entlang der Reste der Ringmauer.
  • Bahnhofstraße: Auf dem Plan von 1715 fehlt hier ein Turm. Aber auf einem den Plänen von 1855 und 1920 ist hier ein Turm (bzw. ein Rest der Fundamentmauern) eingezeichnet, daü ein Turm an diese Stelle nicht zu leugnen ist. Wenn man von der westlichen Grundstücksgrenze zur Bordsteinkante im Osten geht, so sind es wieder bei den Türmen üblichen 5,70 Meter.
  • Brunnenstraße: Auf dem Plan von 1715 ist ein Turm eingezeichnet, der 1920 fehlt. Dieser Turm war aber der südliche Eckturm des alten Dorfes, entsprechend dem Turm in Höhe der Bogenstraße 22. Der Abstand zwischen den Häusern beträgt zwar nur 2,60 Meter, aber die Mauer stand ja mindestens einen Meter außerhalb. Wenn man dort von Grund­stücksgrenze zu Grundstücksgrenze geht, sind das wieder die üblichen 5,70 Meter, also ein Innenmaß von 3,90 Meter.
  • Höhe Lutherstraße 3: Der Ansatz zu diesem Turm kam wieder zum Vorschein, als die neuen Eigentümer des Hauses den Rest der Ringmauer entfernten und die Mauern neu aufmauerten. Aber auf dem Plan von 1715 ist dieser Turm auch nicht eingezeichnet. An der Straße Am Pfarrhof stand kein Turm, sondern das Haus des Kuhhirten. Aber hier beginnt wieder die erhaltene Ringmauer, die an dieser Stelle früher sogar noch weiter in die Straße ragte.
  • Ringstraße 10: Östlich des Hauses Ringstraße 10 ist eine Einfahrt und in Verlängerung dieser Einfahrt hat der Turm gestanden. Es gibt drei Schwarz-Weiß-Bilder, die den Zustand zeigen, als der Turm noch zur Hälfte stand. Alle drei Bilder zeigen den gleichen Turm, einmal von rechts, einmal von vorne, einmal von links. Dieser Turm ist auf dem Plan von 1920 richtig eingezeichnet, weil er damals noch vorhanden war, denn die Straße war noch nicht bebaut (weil die dortigen Häuser keine alten Hausnummern hatten). Als man das Rondell abriß, schloß man die Lücke notdürftig mit einigen Steinen (nicht in Mauerstärke). Der untere Teil der Mauer ist aber herausgebrochen und den oberen Teil hat man mit einem Eisenstempel abgestützt, der auf der gegenüberliegenden Wand aufsitzt. In diesem Bereich der Ringmauer gibt es noch vier zugemauerte Schießscharten.

 

Ein Gang durch Hochstadt läßt sich beschließen mit einem Gang durch das Stadtmuseum Hauptstraße 9. Für einen Besuch der Kirche sollte man einen eigenen Termin vorsehen, denn die Besichtigung dauert allein eine Stunde.

 

 

 

 

Rundgang durch Hochstadt

(Kurzfassung, Bearbeitung des Hefts „Rundgang durch Hiochstadt“)

 

Das kleine Heft ist 1992 erschienen. In 25 Jahren sind neue Erkenntnisse hinzugekommen, andere haben sich als falsch herausgestellt. Deshalb wird hier noch einmal eine verbesserte Auflage angeboten.

 

Hochstadt, Stadtteil von Maintal im Main-Kinzig-Kreis, ist auch heute noch ein beliebter Ausflugsort. Kamen die Gäste aus Hanau und Frankfurt früher zu Fuß oder in der Kutsche, so kommen sie heute mit dem Fahrrad und dem Auto. Es sind nicht so sehr die Amerikaner und Japaner, die dieses Dorf in der Stadt aufsuchen, sondern mehr die Leute aus der Nachbarschaft.

Es sind die Apfelweinliebhaber, die das ganze Jahr über wie in alten Tagen sich auf den harten Bänken im Historischen Rathaus niederlassen. Es sind die jungen Leute, die im Sommer mit dem Fahrrad durch den malerischen Ort kom­men. Und es sind die Maintaler selbst, die zum Beispiel aus Dörnigheim kommen, um sich in dem Streuobstwiesen­gebiet nördlich des Ortes zu erholen.

Hochstadt hat ein ganz eigenes Gepräge, wie man es in kei­nem Ort der Umgebung wiederfindet Vor allem die in sich geschlossene Hauptstraße hat eine besondere Atmosphäre. Das gilt besonders beim Weihnachtsmarkt im Winter.

Allen Besuchern kann dieses Heft ein Leitfaden sein und sie zu einem kürzeren oder längeren Rundgang durch den Ortskern einladen. Aber auch die Hochstädter selbst - seien sie alteingesessen oder zugezogen - werden vielleicht noch Neues in ihrer vertrauten Umgebung entdecken und man­ches Gebäude mit anderen Augen ansehen. Besonders schon wäre, wenn sie dann selber ihre Gäste fachkundig durch den Ort führen könnten.

 

Einen Rundgang durch den alten Ortskern Hochstadts beginnt man am besten auf dem Friedhof nahe dem Obertor. Der Blick geht nach Südosten zum Gemeindewald, wo die ältesten Bewohner der Gegend in Hügelgräbern begra­ben sind. Östlich des Ortes gab es früher eine Ziegelei und noch früher eine Kalkbrennerei („Kalkhaus­straße“). Das Haus Ringstraße 2 (Hensel) und die Scheune des Hauses Hanauer Landstraße 24 gehören zu den ältesten Gebäuden außerhalb der Ringmauer im Osten des Ortes.

 

1  Friedhof

Der Friedhof wurde am 19. Dezember 1841 eröffnet, die Mauer ist wahrscheinlich 1847 errichtet worden. Er wurde viermal erweitert und hat heute als Mittelpunkt ein Denk­mal für die Gefallenen und sonstigen Opfer der Weltkriege. Im Jahre 1903 wurde ein Leichenhaus links am Eingang errichtet, das heute durch einen Neubau ersetzt ist. Der Friedhof wird aber nur noch in Ausnahmefällen belegt

 

Linde

Vor dem Friedhofstor stand bis 1756 eine Linde, die aber bei einem Gewittersturm umgeworfen wurde. Sie wurde 1757 durch eine Kastanie ersetzt, die 2OO Jahre lang ein Blickfang war, besonders wenn sie im Frühjahr in voller Blüte stand. Ihre Wurzeln reichten bis in die Keller der gegenüberliegen­den Häuser. Diese Kastanie wurde 1957 gefällt und im fol­genden Jahr an ihrer Stelle wieder eine Linde gepflanzt.

 

3  Obertor

Durch das Obertor kommt man in das Innere des Ortes. Das Tor soll 1589 / 1590 errichtet worden sein und ist Teil der rund um den Ort laufenden Befestigungsanlagen. Aber nur für das Untertor ist das Jahr 1589 in den Gemeinderechnungen bezeugt. Aber auf jeden  Fall muß hier auch früher ein Tor gestanden haben. Der Torbogen war durch ein doppelflügeliges Holztor gesichert.

Die Angeln des Tores und die Löcher für den Sperrbalken kann man noch sehen, ebenso eine Öffnung in der Decke des Tor­bogens. Es könnte auch vom Bau herrühren, weil man hier das Baumaterial hochzog. Aber das schließt nicht aus, daß es nachher zu Verteidigungszwecken genutzt werden konnte, indem man Steine oder Pech auf mögliche Feinde schütten konnte.

Im Jahre 1866 besiegte Preußen die Österreicher und ihre süddeutschen Verbündeten, auch die Hessen. Hochstadt durfte keine Festung mehr sein. Deshalb wurde das Holztor beseitigt und der Ort geöffnet.

 

4  Hirtenhaus

Links hinter dem Obertor steht das Hirtenhaus, das Haus des Schweinehirten. Dieser war gleichzeitig der Pförtner, der täglich das Tor zu öffnen und zu schließen hatte.

Der Kuhhirte wohnte in dem Haus zwischen den Grundstücken „Am Pfarrhof“ Nr. 1 und „Lutherstraße“ Nr. 1 (heute abge­rissen).

 

5  Bauernhof

Rechts hinter dem Obertor steht ein stattlicher Bauernhof mit der Jahreszahl 1537 im Torbogen. Die Buchstaben „PW“ bedeuten wohl „Philipp Weber, weil „Philipp“ damals der  übliche Name war und „Weber“ damals der einzige Familienname  war, der mit einem „W“ beginnt. Der Hof soll nach einer volkstümlichen Überlieferung ein Kloster gewesen sein. Doch er war höchstens ein Klosterhof, in dem die Feldfrüchte gesammelt wurden, die als Pacht an ein Kloster gegeben werden mußten. In Hochstadt hatte eine ganze Reihe von Klöstern bis in die jüngste Zeit Grundbesitz, doch ein Kloster gab es hier nicht.

 

6  Kriegerdenkmal

Im Winkel zwischen diesem Bauernhof und dem Kirch­turm steht das Kriegerdenkmal für die Teilnehmer am deutsch-französischen Krieg 1870 / 18571. Es trägt die Namen der „Kombattanten“ und „Nichtkombattanten“ des Krieges und wurde 1883 eingeweiht.

Heute haben Deutsche und Franzosen ein gutes nachbar­liches Verhältnis. Seit 1973 ist Hochstadt (und Maintal) mit der Stadt Luisant bei Paris verschwistert. Der dortige Bür­germeister ist der erste Ehrenbürger von Maintal. Es besteht ein reger Austausch zwischen Vereinen, Schulen und Pri­vatpersonen und bei den Festen.

 

7  Kirchhof

Der Kirchhof ist der erste Befestigungsring des Ortes und unabhängig von der Ringmauer. Hierhin zogen sich die Einwohner in unruhigen Zeiten zurück. Die Kirchhofsmauer ist das älteste Bauwerk in Hochstadt (und Maintal) und stammt wahrscheinlich aus dem zwölften Jahrhundert. An der Ostseite kann man noch das ursprüngliche „Fisch­grätmuster" im Mauerwerk sehen, ein Zeichen für das hohe Alter. An der Nordseite führte wahrscheinlich ein unterir­discher Gang zu dem System von Kalksteinhöhlen nördlich des Ortes.

 

8  Kirchturm

Der Kirchturm trägt unter dem Schieferdach noch eine Spitze aus Kalkstein. Die Tafel an der Vorderseite trägt das Wappen des Grafen Philipp III. von Hanau und seiner Gemahlin Helene von Pfalz-Simmern und die Jahreszahl 1554. Der Kirchturm hatte sicherlich einen Vorgängerbau als Eingang zu dem befestigten Kirchhof. Aber der heute sichtbare Turm ist von 1554.

 

In germanischer Zeit gehörten Hochstadt und Wachenbuchen zum Gau Wet­terau, während Bischofsheim zum Niddagau und Dörnig­heim zum Maingau gehörten. Später brachten die Grafen von Hanau den Ort und das ganze Amt Büchertal unter ihre Herrschaft. Sie hatten ihre Burg zunächst südlich von Wachenbuchen und verlegten sie dann nach Hanau. So wurden die Grafen von Hanau die Herren von Hochstadt und wurden als „Herrschaft“ bezeichnet.

Unter dem gräflichen Wappen befindet sich das Ortswap­pen von Hochstadt. Es ist allerdings nur noch die Hacke zu sehen. Das „H“ könnte abgeplatzt sein oder war von Anfang an gar nicht vorhanden. Das Wappen ist durch einen Einschuß beschädigt.

 

Die Son­nenuhr wurde 1596 erstmals erwähnt. Der Turm hatte auch schon früher eine Uhr, doch die heutige Uhr ist modern und funkgesteuert, enthält aber noch mechanische Teile.

Im Turm hängen vier Glocken mit den Tönen e, g, a, c. Die alte Glocke mit zwölf Zentnern Gewicht ist 1687 von Tilman Schmid aus Aslar (Kreis Limburg-Weilburg) gegossen und trägt die Inschrift:

Zu Gottes Ehr' bin ich bereit

der Kirch zu dienen, meld‘  die Zeit,

hörst du mich läuten, wollest du laufen

ins Gotteshaus mit hellen Haufen.

Die größte Glocke wiegt zwanzig Zentner, ist von 1957 und trägt die Inschrift: „Selig sind, die Gottes Wort hören und bewahren“. Die beiden kleinen Glocken sind sieben und vier Zentner schwer und tragen die Inschriften: „Ehre sei Gott in der Höhe“ und „Friede auf Erden“. Alle Glocken werden elektrisch geläutet.

Im Turmdurchgang befinden sich die Gedenktafeln für die Verstorbenen der beiden Weltkriege. Links auf der Rück­seite des Turms ist eine Gedenktafel, die an den Besuch der Frau des Kaisers Friedrich III., Tochter der Queen Viktoria, im Jahre 1898 erinnert. Sie zeichnete den Eingang der Kir­che bei ihren zwei Besuchen.

Auf dem Kirchhof befinden sich viele alte Grabsteine. Hervorzuheben ist der dritte auf der rechten Seite; er erinnert an den Kornett von Speckhahn, der 1706 im Alter von 26 Jahren einem Schlaganfall erlag. 

An dem Pfeiler rechts vom Eingang erinnert eine Tafel an die siamesischen Zwillinge, die 1642 in Hochstadt gebo­ren wurden. Am 10. März 1642 gegen 21 Uhr wurden dem Schneider und Weingärtner Johann Scherninck und seiner Frau Elisabeth zwei Kinder geboren, die am Bauch zusammengewachsen waren. Das eine Kind sah seiner Mutter ähnlich; es war bleich. und auf der rechten Seite etwas blau und starb nach 10 Stunden. Das andere Kind sah dem Vater ähnlich; es hatte eine natürliche rote Farbe, starb aber auch nach 24 Stunden. Anfangs hat man versucht, sie mit saurem Wein zu „laben“. Nach ihrem Tod brachte man sie ins Hanauer Schloß, wo sie von vielen Schaulustigen. besichtigt wurden. Am 15. März wurden die Kinder bestattet und aus Spenden der Gedenkstein in den Pfeiler eingefügt. Der Gedenkstein wurde etwa 1995 erneuert.

 

Kirche

Die erste Kirche war dem Heiligen Kilian geweiht und wurde wahrscheinlich gleichzeitig mit der Kirche in Mainz-Kiostheim im Jahr 790 errichtet. Sie wurde im Jahr 1290 erweitert auf die Größe des heutigen Kirchenschiffs. Der heutige Chorraum ist ein spätgotischer Bau aus der Zeit um 1490. Das geht hervor aus einem Schreiben des Erzbistums Mainz vom 8. August 1487, in dem die Schutzherren („Patrone“) der Kirche und der zuständige Pfarrer aufgefordert weeden, den Chor der Kirche „herzustellen“. Dieser Zeitraum wird  auch bestätigt durch  die Wappen im Chroraum, die ein Engel hält. Sie zeigen die Wappen von Hanau und Nassau-Dillen­burg mit dem Löwen und den zehn Schindeln (nicht Nassau-Beilstein, das nur sieben Schindeln hat). Sie beziehen sich auf Philipp I. der Jüngere (1458 – 1500) von Hanau, der seit 1468 verheiratet war mit Adriana von Nassau - Dillen­burg.

 

Aus der mittelalterlichen Kirche hatte sich seit der Refor­mation Martin Luthers im Jahre 1517 eine protestantische Kirche entwickelt. Der wahrscheinlich erste evangelische Pfarrer war Wolf Jaekel, der 1543 sein Amt antrat. In der Folgezeit kam es zu einer Aufspaltung in eine reformierte und eine lutherische Kirche. Hochstadt war überwiegend reformiert, weil die Landesherren dieser Konfession anhingen. Von 1686 bis 1818 gab es auch eine lutherische Gemeinde (vgl. Nr. 29). Dann schloß man sich wieder zu einer einheitlichen. evangelischen Kirche zusammen.

 

Die Reformierten legten die Bibel sehr wörtlich aus und waren deshalb gegen Bilder in den Kirchen eingestellt („Du sollst dir kein Bildnis machen“). Im Jahre 1596 hat man deshalb die Altäre und den Taufstein entfernt und auch die Malereien übertüncht. Seit 1967 wurden diese wieder freigelegt.

In der heutigen Sakristei stand der Nikolaus-Altar. Ein Sakra­mentshäuschen und ein Handwaschbecken kann man heute noch sehen. Hier ist das Martyrium der Zehntausend dargestellt, dazu Johannes der Täufer (mit Taube), Laurentius (mit Lattenrost), Georg (mit dem Dra­chen) und Petrus (mit Schlüssel). An den Wänden befinden sich Weihekreuze mit den Marterwerkzeugen Kreuz, Ham­mer, Zange, Nägel, Lanze, Dornenkrone und Fackel. In der südlichen Kapelle stanbd ein Maria­-Magda­lena-Altar (heute Heizungsraum).

Über dem Triumphbogen zwischen Kirche und Altarraum ist Christus als Weltbeherrscher dargestellt, daneben Maria und Johannes (der Evangelist). Darunter kann man noch schwach eine Darstellung des Jüngsten Gerichts erahnen: Links die Auferstehenden, rechts die Verdammten. Außerdem kann man über dem Bogen die Jahreszahl 1290 erkennen (nicht 1490), in  dem die Kirche erweitert wurde.

Im Chorraum stand der Heilig-Kreuz-Altar. Führend bei der Ausmalung war der Pfar­rer Genseler, der sich auch gleich durch einen Gänsekopf in einem Schlußstein des Altarraums verewigen ließ. Die brauen Streifen sollen das Zelt Gottes symbolisieren, in das die Engel von oben hineinsehen. in den Zwickeln der Gewölbe kann man (von links nach rechts) bittersüßer Nachtschatten, Kornrade, Lebstöckel und echte Kamille sehen.

Die Decke der Kirche zeigt vor allem Heilpflanzen, aber an der Südostseite auch Weintrauben, ein Hinweis auf den früher in der Gegend verbreiteten Weinbau.

 

Der Hang nördlich von Hochstadt und Bischofsheim und weiter nach Bergen und Seckbach war früher ein Weinbaugebiet. Der Wein schuf die Grundlage für den relativen Reichtum vieler Hochstädter. Fast in jedem Haus wurde gekeltert und gab es gewölbte Weinkeller. Doch um die Jahrhundertwende ging der Weinbau immer mehr zurück und wurde vom Obstbau abgelöst. Jetzt war es vor allem der Apfelwein, der den Ruf Hochstadts in der Umgebung begründete. Heute sind Apfelweine wie „Alter Hochstädter“, „Blauer Bock“ und „Schoppen­petzer“ bekannt und beliebt. Aber viele Einwoh­ner keltern auch noch für den Hausgebrauch. Der Wein bzw. Apfelwein gehört mit zum Leben dazu und darf auch in der Kirche ein bescheidenes Plätzchen finden.

 

Der Taufstein wurde 1905 an das Historische Museum in Frankfurt verkauft,  steht aber seit dem Jahr 2000 als Dauerleihgabe des Museums wieder in der Kirche.

Die Emporen wurden 1697 in die Kirche eingebaut und gleichzeitig eine Orgel aufgestellt. Zeitweise stand die Orgel auch im Altarraum. Die heutige Orgel mit 21 Regi­stern ist aus dem Jahre 1966 und wurde von der Firma Peter in Köln gebaut.

In der Nordwestecke der Kirche stand der eigentliche Kirchturm, den man auch an der Außenwand noch erkennen kann; er wurde wegen Baufälligkeit abgeris­sen und der Wehrturm zum Kirchturm umgebaut.

 

10 Pfarrhaus

Das Grundstück Hauptstraße 9 war früher der Pfarrhof. Dort stand das Pfarrhaus mit Stallungen, Scheune und Kel­terhaus. Das heutige Haus wurde 1861 / 1862 gebaut. Als 1956 ein neues Pfarrhaus in der Ringstraße 15 gebaut wurde, hat man in dem Haus die Gemeindeverwaltung untergebracht. Laut Beschluß der Stadtverordnetenversammlung von 1992 sollte es zum Heimatmuseum werden. Das alte Pfarrhaus ist seit 1997 Stadtmuseum, betreut vom Verein Heimatmuseum Maintal.

 

11  Schule  

Das Haus Hauptstraße 4 war früher die Schule. Ein „Glöckner“, der gleichzeitig Lehrer war, wird aber bereits 1535 sowie 1538 und 1539 erwähnt. Die erste Schule in Hochstadt wird 1555 erwähnt. Sie wurde 1851 durch den heutigen Bau ersetzt, der auch gleichzeitig die Lehrerwohnungen enthielt; bei dieser Gelegenheit wurde sie auch gleich durch Einbeziehung eines weiteren Grundstücks vergrößert. Ein Stallgebäude stand im Winkel links neben dem Kirchturm.

Weitere Schulen standen in Hochstadt auf dem Gelände des jetzigen Verwaltungsgebäudes in der Klosterhofstraße: Eine Schule von 1911 mit Kindergarten (heute abgerissen) und eine Schule von 1954 (heute ein Teil des Verwaltungsgebäudes an der Sandgasse). Die heutigen Schulen stehen im Bücherweg, ein Kindergarten ist in der Ahornstraße, wei­terführende Schulen sind in Dörnigheim und Bischofsheim.

 

12  Straße „Am Kirchberg“

An der Straße „Am Kirchberg“ fallen die Häuser Nr. 7 und Nr. 11 als Beispiele für gut erhaltene Fachwerkbauten auf. Das Haus Nr. 6 ist ein Beispiel für die Verbindung von altem und neuem Fachwerkbau. Am oberen Ende der Straße blickt man auf das Evangelische Gemeindehaus aus den Jahren 1975 / 1976, zum Felsenkeller (wo sich der Eingang zu den Kalksteinhöhlen befand), zum Schützenhäuschen (dem letzten der drei Weinberghäuser)  und an der Ringmauer ent­lang, vor der sich der Wallgraben befand.

 

13  „Herrschaftliche Zehntkelter“

Parallel zur Ringmauer verläuft die Bogenstraße. In der Scheune des Hauses Nr. 14 befand sich die „Herrschaftliche Zehntkelter“ Der Zehnte war eine Steuer, die. an die Lan­desherrschaft gezahlt werden mußte, aber auch an die Kir­che. Die Zehnt­-Einnehmer kontrollierten auf den Feldern und in den Weinbergen die Ernte und zweigten gleich den zehnten Teil ab. Im Dorf gab es bestimmte Häuser, in denen diese Naturalien gelagert und zum Teil verarbeitet wurden. So gab es auch die Zehntkelter, in der der Wein für die Herr­schaft abgeliefert und gekeltert wurde. Weil 1834 aber der Zehnte abgeschafft wurde, war die Zehntkelter überflüssig. So wurde das Anwesen 1836 für 1.800 Gulden an Wilhelm Heckert verkauft und zur Scheune umgebaut. Gegenüber an der Güldnergasse steht das Kelterhaus des Herrschaft­lichen Hauses Hauptstraße 10 (siehe Nr. 34).

 

14  Der „Mittelbäcker“

Im Haus Bogenstraße 14 befand sich die Bäckerei des „Mit­telbäckers". Früher gehörte das Haus dem Freiherrn von Edelsheim, der wegen seiner Verdienste um das Hanauer Land geadelt worden war und in Hanau ein „Palais“ besaß., In Hochstadt gehörten ihm ausgedehnte Liegenschaften, besonders Weinberge, die er zum Teil verpachtete, zum Teil aber auch selbst bewirtschaftete. Deshalb hatte er auch ein Kelterhaus auf seinem Grundstück stehen. Der Freiherr von Edelsheim hatte seinen Hof nicht direkt auf dem Grundstück des späteren Mittelbäckers, sondern zum Teil auch etwas weiter westlicher.

 

15  Ringmauer.

Durch die Güldnergasse kommt man wieder zur Ring­mauer. In diesem Bereich kann man noch hinter der Mauer hergehen. Sie wurde wahrscheinlich im 13. Jahrhundert erbaut aus den Kalksteinen, die in der Gemeinde vorkom­men. Auf der Nordseite hatte sie zwei hohe und drei niedrige Türme, die „Rondell“ genannt wurden.

Herr Schellmann dürfte Recht haben, wenn er  meint, an der Nordseite seien nur die heute noch vorhandenen zwei hohen Türme gewesen. Aber nicht zustimmen kann man ihm, wenn  er meint, an der Straße „Am Kirchberg“ sei gar kein Turm gewesen. Wozu hätte man dann die breite Lücke zwischen den Häusern gelassen? Vor der Ringmauer war kein Wallgraben. die Mauer ist nur etwa 980 Meter lang gewesen, 80 Zentimeter dick und bis zu vier Meter hoch.

Einige Schießscharten in der Mauer sind zugemauert, weil sie im Winter oft von Einwohnern genutzt wurden, um Hasen zu schießen. Hier war kein Wallgraben, sondern eine ebene Fläche.

Die südliche Ringmauer wurde bis auf einen Rest am Obertor und im west­lichen Bereich abgerissen. Die Türme an der Nordseite wur­den nach dem ersten Weltkrieg abgerissen, der Wallgraben zugeschüttet.

 

16  Schützenstraße

Durch den Gang hinter der Mauer kommt man zur Schüt­zenstraße, die nach dem Schützenhaus benannt ist, das an der Ostseite des heutigen Festplatzes stand.

 

17  Trinkbrunnenstraße

Durch die Schützenstraße kommt man in die Trinkbrunnenstraße, auf der früher der Trinkbrunnen stand. Danach kommt man in die Ritterstraße (früher Nordstraße), deren letztes Haus rechts an der Ringmauer die erste lutherische Schule war.

 

18  Lutherische Schule, Haus Nummer 6.

 

19  Runder Turm

Durch eine kleine Tür in der Mauer, kommt man wieder in die „Schütt“, das Gelände vor der Ringmauer (nicht Wallgraben). Rechts ist ein hoher runder Turm, der aber wohl kaum ein „Hexenturm“ war.

 

20  „Narrenhaus“

Links dagegen ist ein viereckiger hoher Turm, das „Narren­haus". Hier hat man in früheren Zeiten Geistesgestörte und Verbrecher untergebracht, aber keine vermeint­lichen „Hexen“. Die Eingangstür befindet sich im Wehrgang. Über eine Stufe gelangt man in den überwölbten Raum. Rechts befand sich bis etwa 1900 ein Halseisen. Bis zu die­ser Zeit wurden hier noch Jugendliche eingesperrt, die Streiche begangen hatten. Der Turm hat bis etwa 1800 ein spitzes Dach gehabt (vielleicht ähnlich wie das Obertor), aber keine Schießscharten. Der Turm hat heute wieder  ein Dach, wenn auch ein flaches. In den Schuppen neben dem Turm waren der Krankenwagen und der Leichenwagen untergebracht und zeitweise auch die Feuerwehr.

 

21  Untertor

Am unteren Ende der Hauptstraße stand das Untertor. Es war eingefügt zwischen dem Ladengeschäft Ecke Hauptstraße / Ringstraße und dem Haus Hauptstraße 36. Die Kalksteinwand an dem Haus Hauptstraße 51 ist aber nicht ein Rest der Ringmauer, denn diese stand etwas weiter westlich.

 Das Untertor soll schon 1283 errichtet worden sein, nach anderer Überlieferung aber erst 1589 / 1590. Über dem steinernen Torbogen befand sich das „Bäuelin“, ein Stockwerk aus Holz mit einem Ziegeldach und mit einer Stube für den Pförtner.

Vor dem Tor befand sich ein Graben mit einer Brücke. Am Tor befand sich ein Hals­eisen an dem an den Pranger gestellt wurde, wer Feld- oder Walddiebstähle begangen hatte; dabei wurde das Diebesgut neben den Übeltäter gelegt.

Die Schlüssel wurde lange von der Familie im Haus Hauptstraße 34  aufbewahrt, befindet sich aber heute im Museum.

 

 

22  Backhaus

An der Nordseite des Untertors befand sich das Backhaus. Der spitz nach oben zulaufende Backofen stand dabei außerhalb der Mauer wegen der Feuergefahr. Der Bäcker hatte gleichzeitig die Aufgabe, das Untertor auf- und zuzu­schließen. Der letzte Bäcker in dem Gemeindebackhaus war Konrad Ohl. Er nutzte allerdings den Backsteinbau im Garten außerhalb der Mauer als Bäckerei. Sein Sohn hatte die Bäckerei in der Ringstraße. Diese Tradition wird vom „Unnerbäcker“ fortgeführt.

 

23  Außerhalb der Mauer

steht rechts an der Hauptstraße zunächst eine alte Schmiede. Dann das, Haus, in dessen Stube der Bürgermei­ster jahrelang seine Amtsgeschäfte führte, ehe die Gemein­deverwaltung in die Schule Hauptstraße 4 kam. Schließlich steht dort das Gasthaus „Zum Neuen Bau“, das 1839 als viertes Haus außerhalb der Ringmauer gebaut wurde.

Links vor dem Haus Nr. 55 war die Gemeindewaage, auf der die Fuhrwerke gewogen wurden. Im Haus Nr. 57 war lange Zeit die Post untergebracht. Und das Haus Hauptstraße 61 war das Verwaltungsgebäude der Apfelweinkelterei Höhl, die hier ihre ersten Fabrikationsräume hatte. Dahinter bil­den Kreissparkasse, Verwaltungsgebäude und katholische Kirche einen modernen städtebaulichen Akzent.

Nach rechts geht es in die Bischofsheimer Straße und die 1914 angelegte Weinbergstraße und zu zwei Aussiedlerhöfen. Noch weiter entfernt ist das Neubaugebiet am Luisantring, der nach der französischen Partnerstadt Hochstadts in der Nähe von Paris genannt ist. Weiter südlich im Bereich der Hofge­richtstraße und der Fahrgasse lag der Ort Groschlag, der bis zum 30jährigen Krieg bestand und dessen „Höfisches Gericht“ bis ins 19. Jahrhundert gehalten wurde. Südlich der Autobahn liegen das Industriegebiet und die Siedlung Niederfeld.

 

24  Zwei alte Fachwerkhäuser

Die Hauptstraße hochwärts liegen rechts zwei alte Fach­werkhäuser mit sehenswerter Haustür bzw. einer alten Steinmetzarbeit. Links steht das Haus Hauptstraße 32, das älteste Wohnhaus in Hochstadt. Es wurde 1538 erbaut und 1822 umgebaut, wie eine Untersuchung der Jahresringe in dem verwendeten Holz ergab. Sehr schön zu sehen sind an diesem gotischen Haus die „Wilden Männer“, die Balken in X - Form. An der Hausecke ist ein kleines Guckfenster durch das man den Verkehr auf der Hauptstraße beobach­ten konnte und kann. Links neben der Torfahrt steht das ehemalige Gesindehaus des Bauernhofes.

 

26  Synagoge

Gegenüber befindet sich in zwei Kellergewölben das Weinlokal „Babbelgass“. Daneben ein Fachwerkhaus von 1610. Und dahinter auf dem Grundstück Hauptstraße 43 befand sich die Synagoge, das Bethaus der jüdischen Gemeinde, mit einem Schulhaus und einem Wohnhaus. Die Synagoge wurde 1938 zerstört, die letzten jüdischen Einwohner 1941 verschleppt und ermordet.

 

27  Haus Hauptstraße 33

Auf dem Haus Hauptstraße 33 befand sich das Storchen­nest, solange es noch Feuchtgebiete in der Umgebung Hochstadts gab. Das Fachwerk dieses Hauses ist mit soge­nannten „Russensteinen“ ausgemauert. Vor dem Haus stand ein großer Brunnen.

 

28  Bahnhofstraße     

Neben dem Haus sieht man in die Bahnhofstraße. Nach dem Bau der Eisenbahn im Jahre 1843 schuf man dort einen kleinen Durchbruch durch die Mauer, damit man leichter zum Bahnhof gelangen konnte. Der Durchgang wurde „Rußloch“ genannt, weil die Steine durch die Fackeln der Leute geschwärzt wurden, die früh zur Bahn gingen. Es gibt auch noch eine andere Erklärung für das „Rußloch“: Die Öffnung wurde mit „Russensteinen“ ausgemauert:

 

29  Lutherische Kirche

Von der Bahnhofstraße zweigt links die Lutherstraße ab, in der auf dem Grundstück Nr. 9 die lutherische Kirche stand. Sie wurde 1668 erbaut und bis 1818 genutzt. Nachdem die lutherische Gemeinde sich mit der reformierten zusammengeschlossen hatte, wurde blieb von der Kirche nur die südliche Wand, die 1967 zusammen mit der Scheune auch abgerissen wurde.

 

30  Rathaus

Im Mittelpunkt des Ortes steht das Rathaus. Im Jahre 1598 wird erstmals ein Rathaus erwähnt, damals noch „Spiel­haus" genannt. In den Jahren 1683 / 1684 wird es neu aufge­baut, ein Fachwerkbau auf einer offenen Steinhalle. Nach dem Brand von 1964 wurde es in der heutigen Form wieder aufgebaut. Im Unterstockwerk befindet sich heute eine Gaststätte. Das Oberstockwerk dient kulturellen Veran­staltungen, vor allem Ausstellungen.

 

Am Rathaus gab es im ersten Stock eine ,,Freilufttoilette“, die in den „Gengel“ zum Nachbarhaus entleert wurde. Wer also diesen schmalen Gang benutzen wollte - und der Schmied mußte das mehrmals am Tage - mußte er darauf achten, daß die Luft rein war.

 

An der Südwestecke des Rathauses befand sich die „Weed“, eine Pferdetränke und Pferdeschwemme, die auch als Löschwasserbecken genutzt wurde. Das Haus unterhalb des Rathauses war eine Schmiede und wurde 1590 erbaut und hat schöne Schmuckrosen. Daß es aus Baumaterial aus Groschlag gebaut sei und die Wohnung des letzten Einwohners von Grosch­lag gewesen sei, ist nicht erwiesen.

 

Der Platz hinter dem Rathaus ist der „Tanzplacke“, auf dem früher die „Kerb“ stattfand, die Kirchweih. Hier kam die Gemeinde auch zusammen, um öffentliche Bekannt­machungen entgegenzunehmen. Später ging der Ortsdie­ner mit der Schelle herum und rief die Bekanntmachungen aus. Um diesen Platz herum stehen stattliche Bauernhäu­ser, in denen früher die wohlhabendsten Bauern wohnten.

 

31  Gasthaus „Zur goldenen Krone"

Das Haus Hauptstraße 18 ist das Gasthaus „Zur Goldenen Krone“. Angeblich wurde es 1779 von Michael Weber gegründet. Aber das kann wohl kaum stimmen, denn da war Michael Weber erst 17 Jahre alt. Eher kommt in Frage das Jahr 1785, als er heiratete. Das Gasthaus  ist  aber die Keimzelle der späteren Großkelterei Höhl an der Straße nach Wachenbuchen. Auf dem Erker des Hauses stand ein „Bembel“, ein Apfelweinkrug, mit einem durch­schossenen (?) Henkel; er ist aber heute nicht mehr da.

 

32  Gasthaus „Zum Tiger“

Gegenüber steht das Gasthaus „Zum Tiger“". Oberhalb die­ses Hauses war früher ein Graben mit zwei Brücken, der bis um 1800 das Oberdorf vom Unterdorf trennte. Früher soll das Dorf nur bis hierher gegangen sein und durch eine Mauer nach Westen abgegrenzt gewesen sein. Auf dem Lageplan des Ortes kann man ihren Verlauf noch erahnen (Richtung Bogenstraße 22).

 

33  Gemeindewirtshaus

Das Haus Hauptstraße 19 war für viele Jahrzehnte das Gemeindewirtshaus. Im Jahre 1723 wurde es an Johann Georg Koch verkauft und hieß seitdem ,,Koch'sche Wirt­schaft". Im Jahre 1801 kam es zum Tausch mit dem Besitzer des Hauses Haupt­straße 12. Danach war es nur noch landwirtschaftliches Anwesen. Vor dem Haus steht der letzte der ehemals fünf öffentlichen Brunnen; er blieb erhalten, weil er den Verkehr nicht störte.

 

34  „Herrschaftliches Haus“

Das Haus Hauptstraße 10 war das „Herrschaftliche Haus“. Es diente den Grafen von Hanau zur Einsammlung der Abgaben. Später gehörte es den Herren von Goldner, die in Offenbach ihren Stammsitz hatten. Daher kommt der Name „Güldnergasse“ für die schmale Straße, die hier abzweigt. Im Jahre 1845 ging das Haus in den Besitz der Familie Burger / Weber über. Im ersten Stock war ein großer Räum mit einer Säule in der Mitte, der der größte Raum in einem Privathaus in Hochstadt war.

 

35  Der Oberbäcker

Zu erwähnen ist noch das Haus Hauptstraße 11, in dem der Oberbäcker sein Geschäft hat. Außerdem das Haus Haupt­straße 8, in dessen Hof sich ein alter Brunnen befindet.

 

Damit schließt sich der Rundgang durch das alte und das gegenwärtige Hochstadt. Es wäre schön, wenn sich dem­nächst auch ein Rundgang durch das Heimatmuseum im alten Pfarrhaus anschließen könnte.   

 

 

Zeittafel

 

2200 v.Chr.     Hügelgräber im Töngeswald südlich der Straße nach Hanau

83 n.Chr.         Die Römer dehnen ihre Herrschaft in die Wetterau aus

 

5. Jahrh.          Mögliche Entstehungszeit der Siedlung Hochstadt

6. Jahrh.          Die Franken besiedeln das Land planmäßig Hochstadt wird im Zusammenhang mit dem Weinbau um 819 erwähnt,,

846                  Geroch vermacht seine Güter in Hochstadt dem Kloster Lorsch (erste urkundliche Erwähnung Hochstadts am 1.3.846

12. Jahrh.        Errichtung der Kirchhofsmauer (rund um die Kirche)

13. Jahrh.        Bau der Ringmauer um den Ort

1270                Erstmals Groschlag erwähnt (südwestlich von Hochstadt)

1398                Ulrich V. von Hanau versetzt Hochstadt für 600 Gulden an Frankfurt

um 1430         Bau der heutigen Kirche (1490 Ausmalung)

1543                Erster evangelischer Pfarrer in Hochstadt

1589/90          Bau des Obertors und Untertors (Untertor evtl. schon 1283)

1615                Der letzte Bewohner Groschlags stirbt, sein Haus wird abgerissen

1622                Die bayerische Armee unter Tilly richtet den Ort übel her

1624                Hochstadt wird von evangelischen Kriegsvölkern drangsaliert

1627                Tillys Armee besetzt Hochstadt für 18 Wochen

1628                Die Kalkbrennerei wird wieder in Betrieb genommen

1631                Die Schweden befreien Hanau und Umgebung

1634-36          Schwerste Notzeit im 30jährigen Krieg (1618-48)

1642                Geburt siamesischer Zwillinge

1650                Nach Abzug der Schweden ist die Hälfte der Bevölkerung ausgerottet

1683/84          Neubau des Rathauses, später noch Umbauten

1743                Franzosen verwüsten nach der Schlacht bei Dettingen das Land

1759                Nach der Schlacht bei Bergen halten sich die Franzosen auch an Hochstadt schadlos

1779                Gründung des Gasthauses „Zur Goldenen Krone“

1800                Schlacht mit den Franzosen in Hochstadt und Umgebung

1813                Gefecht am Schützenhäuschen mit den abziehenden Truppen Napoleons

1843                Erste Wasserleitung von der Börrwiese in den Ort

1841                Eröffnung des Friedhofs an der Ringmauer

1846/47          Schwere Dürre und Hungersnot

1848                Eröffnung der Eisenbahnstrecke Hanau - Frankfurt

1851                Neubau der Schule Hauptstraße 4

1861                Erstürmung Hochstadts durch auswärtige Turner

1866                Die Preußen annektieren Hessen und beseitigen die Torflügel am Obertor

1890                Gründung des Vereins „Arbeiterschutz“, Vorläufer der SPD

1894                Errichtung einer Postagentur bei Daubert, Hauptstraße 57

1914                Auch Hochstädter ziehen in den 1. Weltkrieg

1918                Bildung eines Arbeiter- und Bauernrates

1926                Der Segelflieger Espenlaub kommt zu Vorführungen an den Kochberg

1926                Bau der Wasserleitung und des Hochbehälters

1933                Der Tag der Machtergreifung Hitlers wird auch in Hochstadt groß gefeiert (30. Januar)

1934                Die Gemeindeverwaltung zieht in die alte Schule, Hauptstraße 4 (1.11.)

1945                Die Amerikaner besetzen Hochstadt (28. 3.)

1946/47          Kalter Winter, im Frühjahr Überschwemmung

1948                Währungsreform (20. 6.)

1964                Einweihung des Bürgerhauses

1973                Verschwisterung mit Luisant in Frankreich

1974                Stadt Maintal

 

 

 

Rundgang durch Hochstadt (ausführlich)

 

Dieser Rundgang ist etwas anders in der Reihenfolge als in dem kleinen gedruckten Heft

Einen Rundgang durch den alten Ortskern Hochstadts beginnt man am besten auf dem Friedhof nahe dem Obertor. Der Blick geht nach Südosten zum Gemeindewald, wo die ältesten Bewohner der Gegend in Hügel­gräbern begra­ben sind. Östlich des Ortes gab es früher eine Ziegelei und noch früher eine Kalkkrennerei („Kalkhaus­straße“). Das Haus Ringstraße 2 (Hensel) und die Scheune des Hauses Hanauer Landstraße 24 gehören zu den ältesten Gebäuden außerhalb der Ringmauer im Osten des Ortes.

 

1  Friedhof

Schon während der Typhusepidemie in den Jahren 1813 bis 1815 wird deutlich, daß der alte Kirchhof zu klein ist und eine Erweiterung nötig ist. Die Lutheraner hatten ja nie einen eigenen Friedhof. Dringend wird die Friedhofsfrage dann 1839. Man muß die Gräber viel zu früh wieder einebnen.

Innerhalb der poli­tischen und kirchlichen Körperschaften entsteht ein heftiger Streit: Die eine Partei will die Mauern durch­brechen und den Friedhof bis zur Dorfelderstraße (heute: „Am Felsenkeller“) erweitern (dort standen ja noch keine Gebäude). Etwa zwei Morgen Land hätten dafür hinzugekauft werden müssen. Die andere Partei ist für das Gelände des jetzigen Friedhofs und setzt sich durch. Aber noch viele Jahre tragen sich beide Parteien einen persönlichen Haß nach. Schon 1839 stellt Oberbaumeister Schulz den Plan auf. Im folgenden Jahr werden Grundstücke für den Friedhof gekauft oder getauscht. Als Letzter wird Wilhelm Heckert 1841 auf dem alten Kirchhof begraben.

Am 19. Dezember 1841 wird der neue Friedhof eröffnet. Philipp Krebs, Am Rathaus 3, wird im Januar 1842 als Erster auf dem neuen Friedhof begraben. Im Totenbuch wird der 14. Januar 1766  als Geburtstag angegeben, aber später am Rand nachgetragen, daß er laut Taufbuch am 14. Februar geboren ist. Auf dem Grabstein steht aber 14. Januar 1766. Gestorben ist er am 12. Januar 1842. Sein Grabstein steht an der westlichen Mauer. Daneben ist ein Grabstein von Andreas Weber, geboren am 24. August 1800, gestorben am 10. Februar 1878. Erst ist der Erste, der auf dem erweiterten Friedhof begraben wurde.

Rechts vom Friedhofseingang wird in­nen eine Sandsteintafel eingemauert, in welcher die Namen der Mitglieder des Gemeinde- und des Kirchen­­vorstandes eingehauen sind (heute verwittert): „Dieser Friedhof ist erbaut worden im Jahre 1841 durch den Herrn Baumeister Augener, durch die Gemeinde-Behörden, welche bestehen in Bürgermeister, Gemeinderat und Ausschuß, als Bürgermeister Johannes Schales, Gemeinderat: Philipp Stein als Beigeordneter, Georg Mankel, Peter Brosch, Karl Schmidt, Wilhelm Schales. Der Gemeinde-Ausschuß: Johannes Weber, Ausschuß-Vorsteher, Peter Weber, Daniel Burger, Andreas Schmidt, Johannes Strohl II., Daniel Wagner, Andreas Schales, Peter Brosch, Andreas Weber, Peter Wagner, Philipp Koch, Michael Mankel“

 

Im Jahre 1847 sind Dutzende von Maurern und Handlangern im Ort. Es könnte sein, daß sie die Friedhofsmauer errichtet haben. Der Friedhof wurde mehrmals erweitert. Zur Erwei­terung des Friedhofs werden 1876 vier Grundstücke dazu erworben (Grabstein an der west­lichen Mauer). Die Friedhofsmauer wird 1881 zum Teil erneuert. Im Jahre 1891 richtet Pfarrer Schäfer ein scharfes Schreiben an die bürgerliche Gemeinde we­gen der immer noch ausstehenden Friedhofserweiterung; auch 1897 erfolgt nochmals eine scharfe Mahnung. Am 20. November 1898 wird der neue Teil des Friedhofs eingeweiht. Er kostet 2.500 Mark ein­schließlich der Mauer. Im Jahre 1899 kommen nochmals 22 Quadratmeter Fläche zum Friedhof hinzu.

Im Jahre 1901 entsteht der Plan für ein Totenhaus auf dem Friedhof. Eine Zeichnung wird auch gleich an­gefertigt, selbst ein Sektionszimmer ist vorgesehen. Der Kostenvoranschlag wird schließlich im nächsten Jahr aufgestellt. Das Leichenhaus („Bahrhaus“) wird 1903 links am Eingang errichtet, laut Plan 6,83 x 4,75 Meter groß.

Ein neuer Friedhofsteil wird 1914 durch einen Drahtzaun geschützt. Die Mauer wird ausge­bessert und mit Sandsteinplatten abgedeckt. Ein Leichenwagen wird 1924 angeschafft und am 21. Mai erstmals benutzt. Sonderbar ist die Bestimmung von 1924, daß der Friedhof nur dreimal im Monat am Sonntagnachmittag unter Aufsicht des Totengräbers geöffnet ist.

Auf dem alten Teil des Friedhofs vom Eingang links neben der Ruhestätte der Familie Reich sollen ab 1929 Familiengräber gestattet werden. Eine Wasserzapfstelle wird 1932 eingerich­tet. Heute hat der Friedhof als Mittelpunkt ein Denk­mal für die Gefallenen und sonstigen Opfer der Weltkriege. Er wurde 1975 um die Fläche hinter dem Denkmal erweitert.

 

2  Linde

Vor dem Friedhofstor stand bis 1756 eine Linde. Vielleicht wurde sie von einem Blitz getroffen. Jedenfalls wurde sie von einem Sturm umgeworfen. In der Gemeinderechnung heißt es 1756, daß das Holz der alten Linde am Obertor am 15. Juli verkauft wurde. In der Gemeinderechnung von 1757 heißt es dann: „drei alb (Albus) für ein Kastanienbäumchen zu setzen vor dem Obertor, wo die alte Linde stand“ (oder nach anderer Überlieferung: „Kaspar Meerbott 10 Albus für 1 Kastanienbäumchen zu setzen an der Oberpforte“)., die aber bei einem Gewittersturm umgeworfen wurde. Sie wurde 1757 durch eine Kastanie ersetzt, die 200 Jahre lang ein Blickfang war, besonders wenn sie im Frühjahr in voller Blüte stand. Ihre Wurzeln reich­ten bis in die Keller der gegenüberliegen­den Häuser. Diese Kastanie wurde 1957 gefällt, weil immer mehr Zweige herunter gebrochen waren. Im fol­genden Jahr wurde an ihrer Stelle wieder eine Linde gepflanzt. Diese schmückt heute in stattlicher Größe den Eingang zum Friedhof in Hochstadt.

 

Ringstraße Süd

Ringstraße Süd 2:

Im Jahre 1869 wird an Johann Hensel ein Bauplatz am Obertor verkauft. Er bricht 1892 einen Teil der Ringmauer ab und baut das Haus Ringstraße Süd 2. Hier war bis in die Nachkriegszeit ein Lebensmittelgeschäft. Heute ist dort eine Fahrschule untergebracht.

Ringstraße Süd 6:

Das frühere Haus Ringstraße 6 stand im Bereich der Nummer 8 und war so etwas wie das Gemeinde-Armenhaus, Nummer 4 war eine Scheune.

 

3  Obertor

Durch das Obertor kommt man in das Innere des Ortes. Die Hauptstraße war jahrhundertelang Zentrum des öffentlichen Lebens. An ihr liegen das Rathaus, die Gasthäuser, die Kirche mit dem Kirchhof und das Obertor. Besonders stolz waren schon die alten Hochstädter darauf, daß ihre Hauptstraße so schön breit ist und daß sie schon frühzeitig mit Steinen gepflastert war, genau wie die Straßen in Frankfurt.

Es gab nur zwei Zugänge zum Dorf: vom Osten das Obertor und im Westen das Untertor. Entsprechend wurden auch die Straßen an das Dorf herangeführt: Ein Weg nach Dörnigheim ging über die heutige Klosterhofstraße und einer über die heutige Hanauer Straße und Jägerstraße.

Das Tor soll 1589 / 1590 errichtet worden sein, aber bezeugt ist dieses Datum in den Ge­meinderechnungen nur für das Untertor. Es ist Teil der rund um den Ort laufenden Ringmauer. Da diese aber älter ist als das Tor, muß an dieser Stelle schon ein Vorgängerbau gestanden haben.

Das kunstlose Turmgebäude hat ein Zeltdach, kleine Fenster und Schießscharten. Die Eck­qua­derung ist aufgemalt. Der Torbogen war durch ein doppelflügeliges Holztor gesichert. Die Angeln des Tores und die Löcher für den Sperrbalken kann man noch sehen. In der Decke des Tor­bogens ist eine viereckige Öffnung, durch die man vielleicht beim Bau das Material hoch zog, durch die man aber auch Steine oder Pech oder heißes Wasser auf mögliche Feinde schütten konnte.

Das Tor wurde durch den Schweinehirten („Säuhirt“)  auf- und zugeschlossen, der im Haus neben dem Tor wohnte, mehr hatte der „Pförtner“ nicht zu tun. Er erhielt für das Hüten der  Schweine 32 Gulden im Jahr und zusätzlich 2 Gulden für das Schließen des Tores, später auch vier Gulden. Zum Beispiel 1606 bekam jeder Pförtner am Johannistag (dem 24. Juni) und Michaelis (dem 29. September) zwölf Schilling für einen Imbiß.

Im Jahre 1645 im Dreißigjähriger Krieg ist die Lage so unsicher geworden, daß man besondere Maßnahmen gegen umherschweifende Räuberbanden trifft: Der Graben unter der Zugbrücke wird erweitert und ausgemauert, die Brücke wird erneuert und beschlagen, die Wachen werden verstärkt und schießen jedesmal mit ihren Hakenbüchsen, wenn Feinde kommen, um die Einwohner zu alarmieren. Wenn fremde Reiter gesichtet werden, wird die Zugbrücke hochgezogen. Oft lassen sie sich von der Wache mit Speis und Trank oder mit Geld abfertigen. Oder man nimmt die „Freireuter“ zwar auf, holt sich aber aus Hanau Soldaten, um sie in Schach zu halten (aber die Hanauer müssen natürlich auch verpflegt werden). Einmal erhält der Postillion eine Belohnung, weil er vor einer starken Truppe gewarnt hat.

Im Jahre 1771 wird außerdem ein Wachthäuschen am Obertor erwähnt. Hier hatten wohl zu bestimmten Zeiten  einzelne Einwohner die „Portenhut“ zu halten, also eine wirkliche Kontrolle. Der Dienst war sehr begehrt, weil er wohl gut bezahlt wurde.

Gelegentlich findet man aber auch Menschen erfroren vor dem Tor, so einen Mann aus Schlüchtern, einen Handwerksburschen und einen Hutmachergesellen aus der Schweiz.

Am 11. Juli 1800 hört man in Hanau eine heftige Kanonade, die von einem Gefecht bei Hochstadt herrührt. Die Österreicher versuchen, vom Wald aus gegen Hochstadt vorzugehen, werden aber von der französischen Artillerie zurückgeschlagen, die ihre Geschütze vom Obertor bis zum „Kerker“ stehen hat. Die Österreicher müssen sich bis zum Neuhof und zum Neuwirtshaus zurückziehen.

Über die „Turnerschlacht bei Hochstadt“ Im Jahre 1861 und die „Erstürmung von Hochstadt“ siehe Felsenkeller.

 

Der kleine Durchgang am Obertor wurde auch tagsüber von Fußgängern benutzt (damit man vor dem anderen Verkehr geschützt war, so wie heute auch). Vor allem diente es aber dazu, den „Spätheimkehrern“ noch einen Zugang zu ermöglichen. Schwierigkeiten hatte der  Pförtner dabei vor allem mit jungen Leuten, die nachts noch hinaus wollten. Einmal haben die Hochstädter Jugendlichen aber den Schweinehirten bestochen, daß er  ihnen das Tor auch nach Einbruch der Dunkelheit noch öffnete. Es kam wie es kommen mußte: Draußen schlugen sie sich mit den Kilianstädtern und holten sich dabei blutige Nasen. Dabei wird der Torwärter jedes Jahr streng ermahnt, ohne Erlaubnis des Schultheißen oder eines anderen zuständigen Mannes niemand durchs Tor zu lassen.

Im Jahre 1866 besiegte Preußen die Österreicher und ihre süddeutschen Verbündeten, auch die Hessen. Der Ort Hochstadt durfte keine Festung mehr sein. Deshalb wurde das Holztor ausgehängt und die Flügel 1868 verkauft.

Sperrung des Obertors:  Im Jahr 1983 wollen Hochstädter Gewerbetreibende (der heute längst nicht mehr bestehenden Einzelhandelsgeschäfte) die neue Verkehrsführung über die Südumgehung und die Sperrung des Obertors nicht hinnehmen. Im Februar 1984 verlangen sie wieder die Öffnung des Ober­tors. Ihrem Verlangen wird schließlich nachgegeben, aber von einer „verkehrsberuhigten Hauptstraße“ kann seitdem nicht mehr die Rede sein.

Von 1992  bis 1995 wurde der Turm von der Familie Mechtold zu Wohnzwecken  hergerichtet (Schlafzimmer und Wohnzimmer).

 

4  Hirtenhaus Hauptstraße 1

Links hinter dem Obertor steht das Hirtenhaus. Es wurde 1722 erbaut, wahrscheinlich von Schultheiß Johann Wilhelm Meerbott, der 1707 geheiratet hat. Später war es im Besitz der Gemeinde und das Haus des Schweinehirten. Dieser war gleichzeitig der Pförtner, der täglich das Tor zu öffnen und zu schließen hatte. Das Haus Hauptstraße 1 war laut Lagerbuch der Gemeinde Hochstadt von vor 1929 ein Wohn­haus mit Hofraum, das vermietet ist. Der letzte Hirt ist Wilhelm Koch. Er stirbt im Dezember 1948 im Hirtenhaus am Obertor im Alter von 75 Jahren. Ein Stallgebäude wurde  wegen Baufälligkeit abgebrochen.

Nach langem Hin und Her wurde das Haus  seit  1992 von der Architektenfamilie Mechthold saniert. Ende Oktober 1995 schließt sie die Innenrenovierung des Obertors ab. Sie hat eine Verbindung vom Hirtenhaus zum Turm geschaffen und dort ein Schlafzimmer und darüber ein Wohnzimmer geschaffen. Ein an das Haus anschließender Gebäudeteil wurde von der Familie Mechtold  neu gebaut und als Küche eingerichtet. Am 22. Oktober  1995 stellt sie bei einem „Tag der offenen Tür“ das Gebäude der Öffentlichkeit vor. Im Jahre 1996 läßt sie auch den Turm von außen renovieren und kurz vor ihrem Auszug noch einmal. Danach wohnte dort Herr Bock­stahler, dem das Haus für seine Zwecke genügte und der den Turm an Urlauber vermietete, der ja noch den alten eigenen Zugang hat. Er zog dann jedoch in die Wachenbucher Straße, weil ihm das Treppensteigen zu  schwierig wurde.

Der Kuhhirte wohnte in dem Haus zwischen den Grundstücken „Am Pfarrhof“ Nr. 1 und „Lutherstraße“ Nr. 1 (heute abge­rissen).

 

5  Bauernhof Hauptstraße 2

Rechts hinter dem Obertor steht ein stattlicher Bauernhof mit der Jahreszahl 1537 im Torbogen.  Die Buchstaben „PW“ bedeuten wohl „Philipp Weber, weil „Philipp“ damals der  übliche Name war und „Weber“ damals der einzige Familienname  war, der mit einem „W“ beginnt. Unausrottbar ist die Behauptung, hier zwischen der Kirche und dem Obertor habe ein Kloster  gestanden. So hat es schon der Lehrer Henning den Kindern in der Schule erzählt, da muß es doch stimmen. Richtig ist, daß verschiedene Klöster in Hochstadt umfangreichen Grundbesitz hatten, zum Beispiel die Antoniter, Karmeliter und das Liebfrauenkloster. Vielleicht war es dann auch erforderlich, einen Hof zu haben, wo die Abgaben an das Kloster gesammelt wurden. Vielleicht wurde der Hof sogar von einem Laienbruder des Klosters bearbeitet. Aber dann war dort kein Kloster, sondern allenfalls ein Klosterhof. In Hochstadt hatte eine ganze Reihe von Klöstern bis in die jüngste Zeit Grundbesitz, doch ein Kloster gab es hier nicht.

Die Türe des Hauses Hauptstraße 3 war früher waagrecht geteilt, die Treppe ging direkt hoch.

 

6  Kriegerdenkmal

Im Winkel zwischen diesem Bauernhof und dem Kirch­turm steht das Kriegerdenkmal für die Teilnehmer am deutsch-französischen Krieg 1870/71. Es trägt die Namen der „Kombattanten“ und „Nichtkombattanten“ des Krieges und wurde 1883 eingeweiht. Eine Gedenktafel für die Gefallenen der Freiheitskriege kam schon 1814 in die Kirche. Im Jahre 1934 faßt man den Plan, die Namen der Gefallenen des Ersten Weltkriegs zu sammeln und auf einer Tafel im Turmdurchgang festzuhalten. Heute sind in diesem Turmdurchgang die Namen der Gefallenen beider Weltkriege verewigt. Heute haben Deutsche und Franzosen ein gutes nachbar­liches Verhältnis. Seit 1973 ist Hochstadt (und Maintal) mit der Stadt Luisant bei Paris verschwistert. Der dortige Bür­germeister ist der erste Ehrenbürger von Maintal. Es besteht ein reger Austausch zwischen Vereinen, Schulen und Pri­vatpersonen und bei den Festen.

 

Kirchturm, Kirchhof und Kirche: Dazu gibt es die eigene Datei „Kirchengebäude“. Hier werden nur die wichtigsten Punkte aufgeführt.

 

 

7  Kirchturm

Der eigentliche Kirchturm befand sich an der Nordwestecke des Kirchenschiffs. Das kann man sowohl von außen wie von innen noch gut erkennen. Mit Wegfall des ursprünglichen Kirchturms wird der vorhandene Torturm des befestigten Kirchhofs zum Kirchturm umgebaut Er trägt unter dem Schieferdach noch eine Spitze aus Kalkstein. Über dem Tor trägt der Turm eine Tafel mit dem Wappen des Grafen Philipp III. von Hanau und seiner Gemahlin Helene von Pfalz-Simmern und mit der Jahreszahl 1554. In diesem Jahr wurde er anstelle eines alten Wehrturms erbaut. Unter dem gräflichen Wappen befindet sich die Hacke aus dem Ortswap­pen. Die Tafel ist durch einen Einschuß beschädigt.

Eine Sonnenuhr  am Kirchturm wird 1596 erstmals erwähnt, als ein Weißbinder aus Bergen für zwei Gulden einen „Sonnenzeiger“ an den Turm malt. Eine Kirchturmuhr hat der Turm aber auch schon früh. Im Jahre  1801 für 455 Gulden eine neue Uhr gekauft bei dem Großuhrmacher Kraus. Heute hat der Turm eine moderne funkgesteuerte Uhr, hat aber auch noch mechanische Teile.

Die älteste Nachricht von einer Glocke ist aus dem Jahre 1585, in dem ein Glockenturm mit zwei Glocken erwähnt wird. Die Gemeinde Hochstadt kauft 1657 zwei neue Glocken für 54 und 255 Gulden. Sie werden gegossen von dem Glockengießer und Uhrmacher Schmidt aus Aßlar (Kreis Limburg-Weilburg). Eine dritte Glocke kommt 1687 hinzu, die heute noch im Turm hängt. Auch im Zweiten Weltkrieg müssen die Glocken bis auf die große Glocke abgeliefert werden. Im Jahre 1950 werden zwei Glocken beschafft. Die eine ist sieben Zentner schwer und trägt die Inschrift: „Ehre sei Gott in der Höhe“. Die kleinste Glocke mit ihren vier Zentnern setzt das Bibelwort aus der Weihnachtsgeschichte fort mit den Worten „Friede auf Erden“. Die größte Glocke ist von 1957 / 1958, hat den Ton „e“, wiegt zwanzig Zentner und trägt die Inschrift: „Selig sind, die Gottes Wort hören und bewahren“. Die alte Glocke mit dem Gewicht von zwölf Zentnern hängt weiter im Turm. Die heutigen Glocken haben also die Töne  e  g  a  c. Alle Glocken werden elektrisch geläutet.

An der Rückseite des Turms befindet sich links eine Tafel, die an den Besuch der „Kaiserin Friedrich“ erinnert. Gemeint ist Viktoria, die Frau des Kaisers Friedrich III., der 1888 nur 99 Tage regierte. Seine Witwe kam vom Schloß Rumpenheim (andere sagen aus Kronberg, ihrem Wohnsitz), um die Hochstädter Kirche zu besuchen. Sie wird aber erst von Einwohnern erkannt, als die Dienerschaft das Publikum aufklärt. Die Kaiserin ist eine gute Hobbymalerin und zeichnet am 26. April und 2. Mai 1898 den altertümlichen Eingang der Kirche. Das Bild ist allerdings verschollen. Die Gedenktafel zum Preis von 40,50 Mark wird 1914 angebracht und stammt aus der Werkstatt Jörg in Hanau.

 

8  Kirchhof

Der Kirchhof ist der erste Befestigungsring des Ortes und unabhängig von der Ringmauer. Die Kirchhofsmauer ist das älteste Bauwerk in Hochstadt (und Maintal) und stammt wahrscheinlich aus dem zwölften Jahrhundert. Beim Anlegen eines Löschwasserteichs nördlich des Kirchhofs wurde ein unterirdischer Gang zum Kirchhof festgestellt, der vielleicht zu dem System der Kalksteinhöhlen nördlich von Hochstadt führte und eine gute Fluchtmöglichkeit bot.

An der Ostseite kann man noch das ursprüngliche „Fisch­grätmuster" im Mauerwerk sehen, ein Zeichen für das hohe Alter. Dort hat die Mauer noch die ursprüngliche Höhe und ist noch nicht restauriert. An der West und Nordseite ist die Mauer vom Fuß an neu aufgebaut worden. Zum Teil hat man dabei das Fischgrätmuster nachgeahmt. Man hat die Mauer wieder spitz zulaufen lassen, so daß man keine Abdeckung braucht.

Bei einem Rundgang sieht man noch eine Reihe alter Grabsteine. Auffällig ist der dritte Stein aus dem Jahre 1706 für Stats Wilhelm von Speckhan. Er zeigt das Wappen der Herren von Speckhan, das zwei Hähne mit Speck im Schnabel darstellt. Der Stein erinnert an den Kornett von Speckhan, der in einem lüneburgischen Reiterregiment diente. Am 7. Februar 1706 erliegt er im Alter von kaum 26 Jahren einem Schlaganfall. Man setzt den Toten in der lutherischen Kirche in Hochstadt bei. Als diese aber nach der Hanauer Union 1818 aufgegeben wird, setzt man 1836 die Gebeine in einem Behälter auf dem reformierten Kirchhof bei und stellt den Deckel über der Gruft als Grabstein auf.

An dem Stützpfeiler rechts der Eingangstüre erinnert eine Tafel an die siamesischen Zwillinge die am 10. März 1642 gegen 21 Uhr als Kinder des Schneiders und Weingärtners Johann Scherninck und dessen Frau Elisabeth geboren wurden. Jedes hatte eine menschliche Gestalt, aber am Bauch waren sie zusammengewachsen und sind bald nach der Geburt gestorben.

 

 

9  Kirche 

Das Äußere der Kirche:

Sicher hat es an dieser Stelle schon eine frühere Kirche gegeben. Beim Heizungsbau im Jahre 1967 wurde die Kreuzform eines früheren Gebäudes sichtbar, die der Architekt Doll der Zeit Ottos I. zuordnete, also aus der Zeit vor der Jahrtausendwende stammt. Die alte Kirche war aber in Richtung Westen nicht länger als die jetzige, denn diese wurde erste durch die Fläche südlich des alten Kirchturms erweitert. Die Fundamente lassen darauf schließen, daß die Mauern des alten Gotteshauses in den Bau der heutigen Kirche einbezogen wurden. Dieser teilweise Neubau mit Erweiterung kann aber nach Meinung von Doll noch nicht im 13./14. Jahrhundert erfolgt sein.

Ihre heutige Gestalt könnte die spätgotische Kirche nach bisheriger Auffassung  in der Zeit zwischen 1400 und 1450 erhalten haben. Der Engel an der Wand hinter dem Altar hält nämlich das Hanauer und Nassauer Wappen in den Händen. Es wurde bisher auf das Hanauer Grafenpaar Reinhard II. von Hanau (1370 bis 1451) und Katharina von Nassau-Beilstein (gestorben 1459 gedeutet, die am 18. Januar 1407 geheiratet haben. Doch das Wappen von Beilstein hatte nur sieben Schindeln rund um den Löwen. In der Kirche sind aber zehn Schindeln dargestellt (rechts oben am Schwanz des Löwen ist auch eine Schindel).

Der Architekt Brück hat aber inzwischen eine andere Abfolge der einzelnen Bauzeiten vorgelegt. Zunächst habe die Kirche von der Westwand bis zur Mitte des Kirchenschiffs gereicht. Diese romanische Kirche (mit oder ohne Seitenschiffe) sei von König Karl (Kaiser Karl der Große) im Jahre 790 zusanmmen mit der Kirche in Mainz-Kostheim erbaut worden. Beide Kirchen wurden nämlich als einzige im Bistum Mainz dem Heiligen Kilian geweiht zum Dank für den Sieg über den Bayernherzog Tassilo III.

Diese Kirche wurde dann 500 Jahre später im Jahr 1290  bis zur Größe des heutigen Kirchenschiffs erweitert. Das zeigt die Jahreszahl über dem Triumphbogen (die man früher als 1490 gedeutet und auf die Ausmalung der Kirche bezogen hat). Diese Kirche erhielt dann um 1490 den gotischen Chorraum und die Gewölbe im Kirchenschiff samt Ausmalung.

Der stärkste Beweis dafür ist ein Schreiben des Bistums Mainz vom 8. August 1489, in dem die Verantwortlichen zur „Herstellung“ des Chors aufgefordert werden. Das könnte eventuell auch die Ausmalung meinen, aber eher ist der Neubau gemeint. Die Wappen, die der Engel im Chorraum hält, unterstützen diese Angabe nur noch: Das Wappen von Nassau-Dillenburg mit den zehn Schindeln um den Löwen deutet auf das Grafenpaar Philipp der Jüngere von Hanau und Adriana von Nassau, die 1467 geheiratet haben. Auch wurde im Gebälk des Chorraums ein Balken gefunden aus den Jahren nach 1480.

Das Äußere der Kirche stellt sich dar als ein dreischiffiger spätgotischer Bau, eine Halle mit überhöhtem Mittelschiff und mit einem einschiffigen Chor. An der Nordseite des Chors ist die heutige Sakristei angebaut. An der Südseite befindet sich ein weiterer Raum, eine ehemalige Kapelle, die heute für die Heizung genutzt wird.

Das Südportal ist im Renaissance-Stil erbaut. Von Steinen für das Portal und der Neueindeckung des Portals ist 1681 die Rede in der Kirchenrechnung. Auf dem Stein links neben der Tür steht ebenfalls die Jahreszahl 1681. Im Jahre 1717 werden zwei steinerne Säulen beschafft, bei denen es sich um die Säulen des Portals handeln könnte

Das Kirchendach war früher mit „Dachsteinen“ gedeckt. Im Jahre 1768 (als die Pfeiler aufgemauert werden) wird auch der  Dachstuhl ausgebessert (aber nicht total erneuert).

 

Das Innere der Kirche:

Der Hauptaltar war ein Heilig-Kreuz-Altar. Die Kirche hatte insgesamt drei Altäre, deren Register aus dem Jahre 1558 im Pfarrarchiv erhalten sind. Der Heilig-Kreuz-Altar stand wohl im Chor, der Nikolaus-Altar in der heutigen Sakristei, der Magdalenen-Altar wohl im Raum südlich des Chors.

Diese Altäre wurden 1596 abgebrochen und gleichzeitig die Emporen eingebaut. In der reformieren Kirche stand nur ein hölzerner Altartisch, jetzt weiter nach vorne gerückt. Im Jahre 1681 kommt ein Geländer um den Altar und der Altar wird mit einem Tuch versehen. Der heutige Altar ist aus Stein und aus der Nachkriegszeit.

Einen Taufstein hatte die Kirche auch. Er stammt wahrscheinlich aus dem 13./14. Jahrhundert und stand vielleicht vor dem Altar. Er wurde 1596 mit entfernt und fand seinen Platz in der 1686 errichteten lutherischen Kirche. Mit der Vereinigung der beiden Kirchen 1818 wurde diese Kirche aber nicht mehr genutzt. Der Taufstein stand noch weiter auf dem Gehöft herum. Dort entdeckt ihn 1904 ein Antiquitätenhändler und nimmt ihn für 500 Mark mit. Er verkauft ihn an das Historische Museum in Frankfurt, wo er hundert Jahre zur ständigen Ausstellung gehört. Seit dem Jahre 2000 ist er wieder als Dauerleihgabe des Historischen Museums Frank­furt in der Kirche aufgestellt. Hier wurden die Kinder bei der Taufe noch richtig untergetaucht. Die drei ausgebesserten Stellen zeigen, daß über dem Becken ein  Dreifuß war oder auch ein Deckel. Ein Bogen an der Seite  ist etwas schmaler, da ist der Steinmetz am Ende wohl nicht ganz ausgekommen.

Die Kanzel wurde wahrscheinlich 1681 gefertigt oder erneuert, denn aus diesem Jahr ist der (heute nicht mehr erhaltene) Kanzeldeckel. Eine Sanduhr auf der Kanzel wird 1628, 1677 und 1766 erwähnt; sie sollte allzulange Predigten der Pfarrer verhindern.

Die Emporen werden 1697 errichtet. Die Jahreszahl der Errichtung der Empore findet sich an der Säule vorne rechts. Die vollständige Inschrift lautete: „Sub pastore Phil. Lud. Böhm, praetore Casp. Schmidt, senioribus Nic. Emmel, And. Schmidt, Phil. Burger, Joh. Schwarz, Mich. Pudel, aedili Joh. Georg Weber, anno 1697“ („Zur Zeit des Pfarrers Philipp Ludwig Böhm, das Schultheißen Caspar Schmidt, der Kirchenältesten Nicolaus Emmel, Andreas Schmidt, Philipp Burger, Johannes Schwarz, Michael Püdel und des Kirchenbaumeisters Johann Georg Weber, im Jahre 1697“).

 

Philipp Ludwig Böhm war von 1679 bis 1687 der Pfarrer (und noch einmal 1691 - 1701).

Caspar Schmidt war mindestens seit 1683 Schultheiß, wahrscheinlich bis 1719; seine Anfangsbuchstaben finden sich auch auf dem Brunnen vor dem Haus Hauptstraße 19.

Niclas Emmel             als Kirchenältester erwähnt 1698, gestorben ist er 1713.

Andreas Schmidt        als Kirchenältester erwähnt 1693 bis 1702, gestorben 1715.

Philipp Burger            als Kirchenältester erwähnt 1699 und 1701, gestorben 1701.

Johannes Schwartz     erwähnt 1697 bis 1731, „der Ältere“, gestorben 1731.

Michael Püdel            ist nicht als Kirchenältester bezeugt. Er hat 1671 geheiratet und ist 1703

                                   gestorben (der Name ist nicht „Buddel“)

Johann Georg Weber war Ziegler, Sohn des gleichnamigen Vaters.

Die Emporen werden 1901 erweitert. Die Säulen werden von der alten Empore übernommen.

Bei der Einpassung in die neue Empore wurden die Säulen wahrscheinlich oben gekürzt. Dadurch ist die heute noch sichtbare Inschrift nur noch teilweise erhalten. Die Empore vor der Orgel wurde in den fünfziger Jahren verbreitert.

 

Der Fußboden der Kirche ist neu. Früher waren in ihn Inschriften und Grabsteine eingelassen. Im nordwestlichen Teil der Kirche kann man noch erkennen, daß hier der untere Teil des Turms war. Dort befand sich im Fußboden eine Platte mit der Inschrift "17 MBKm 40“, die Pfarrer Reich für den Namen des Kirchenbaumeisters „MB“ hielt. Im Boden an der südlichen Tür befand sich eine Inschrift und in der Nähe die Jahreszahl 1681. Vor dem alten Altar an der Rückwand des Chors lag die Grabplatte der Tochter des Pfarrers Jakob Filber, die 1678 an der roten Ruhr gestorben ist. Ein Grabstein befand sich auch vor dem Platz der Kirchenältesten rechts in der Kirche.

 

Die erste Orgel kommt 1697 auf die Empore im westlichen Teil des Mittelschiffs. Sie wird hergestellt von Orgelmacher Valentin Margart, der 1699 dafür 314 Gulden erhält. Das Geld kommt aus Mitteln des Kirchenbaus und aus Kollekten. Zur Taufe von Johanna Koch am 22. August wird die Orgel zum ersten Mal gespielt. Doch 1793 werden Gesimse und Gitter auf der Orgelempore wieder entfernt, weil man sich nur dahinter versteckte und während des Gottesdienstes plauderte oder schlief. Die Jugend hat offenbar wegen der Entfernung des Geländers gehörigen Krach gemacht, denn sie war es ja, die sich hinter dem Gitter ungestört unterhalten wollte.

Für 350 Gulden wird 1797 die Orgel aus der Marienkirche gekauft. Doch Pfarrer Theobald (1819 – 1844) verfolgt seit 1819 wieder den Plan, die Orgel ausbessern zu lassen. Vor allem aber will der Pfarrer die Orgel in den Chorraum verlegen, um der Kirche mehr Luft und Raum zu geben und Platz für die ehemaligen Lutheraner schaffen. Die Orgel kommt also in den Chorraum.

Doch 1857 wird bemängelt, daß der Ton der Orgel durch die Versetzung in den Chor entgegen den Erwartungen geringer geworden ist. Dem Pfarrer Pauli (1850 – 1860) ist die Versetzung der Orgel ein Herzensbedürfnis. So wird die Orgel von Orgelbauer Hedwig aus Hanau wieder auf die Empore versetzt. Doch 1858 geben dann 71 Einwohner über 61 Gulden für eine neuerliche Umsetzung der Orgel. Ein Vertrag mit dem Orgelbauer Degenhardt in Hanau wird gemacht, für 70 Gulden will er die Arbeit übernehmen. So kommt die Orgel im September 1858 wieder in den Chorraum, weil sonst auf der Empore 50 Plätze verlorengegangen wären.

Im Jahre 1901 wird der Kauf einer pneumatischen Orgel (bei der die Ventile durch Druckluft bewegt werden)  von der Firma Ratzmann aus Gelnhausen für 4.000 Mark beschlossen. Eine Zeichnung des Orgelprospekts befindet sich bei den Pfarramtsakten, auch die Disposition der elf Register (der Charakter der Register).

Der neue Pfarrer Reich (1901-1927) setzt sich leidenschaftlich für die Verlegung der Orgel auf die Empore ein. Aber alle zwölf Presbyter stimmen gegen den Vorschlag. Auch das Konsistorium ist für den Chorraum, auch wenn dieser Platz an sich ungeeignet ist. Schließlich wird 1939 einstimmig beschlossen, die Orgel doch wieder auf die westliche Empore zu verlegen. Die heutige mechanische Orgel wird im Jahre 1966 von der Firma Peter in Köln erbaut und hat 19 Register.

 

die Malereien

Als man 1967 die Sakristei neu ausmalen will, entdeckte der Maler Robert Wölfel aus Langenselbold unter den Farbschichten alte Fresken. Daraufhin suchte man die ganze Kirche, auch Kanzel und Emporen, nach alten Ausmalungen ab. In den Jahren bis 1975 werden sie erst einmal in der Sakristei und im Chorraum freigelegt, im Jahre 1987 dann im Mittelschiff und 1991 in den Seitenschiffen. Seit 1596 waren diese Malereien unter bis zu sechzehn Farbschichten verborgen.

In der heutigen Sakristei stand der Nikolausaltar. Ein Sakra­mentshäuschen und ein Handwaschbecken kann man heute noch sehen. Es handelt es sich hier aber wohl nicht um eine erste kleine Kirche für Hochstadt. Als man die Sakristei renovieren wollte, wurde zuerst über dem Fenster die Darstellung eines Kaisers mit zwei Ratgebern freigelegt.

Dargestellt ist das Martyrium der Zehntausend, die zur Zeit des Kaisers Hadrian von einem hohen Felsen in die Dornen geworfen worden sein sollen, weil sie dem Kaiser die Gefolgschaft versagten und Christen wurden. Das ist zwar eine Legende und nicht historisch, aber es diente den Kreuzfahrern zum Ansporn. Man hat vermutet, die Kirche könnte ursprünglich den Zehntausend Märtyrern geweiht gewesen sein. Aber der Tag der Zehntausend Märtyrer ist der 22. Juli, während der Kirchweitag am zweiten Sonntag im Juli gefeiert wird, also spätesnes am 14. Juli.

Unter dem Bild mit den zehntausend Märtyrern sind weitere Märtyrer dargestellt; Johannes der Täufer (mit dem Lamm und dem großen Zeigefinger), Laurentius (mit dem Bratrost), Georg (mit dem Spieß und einem Rest des Drachenschwanzes) und Petrus (mit Kirche und Schlüssel).

An den Wänden befinden sich Weihekreuze mit den Marterwerkzeugen Kreuz, Ham­mer, Zange, Nägel, Lanze, Dornenkrone und Fackel. An sich hat eine Kirche zwölf Weihekreuze. Diese bezeichnen die Stellen, an denen der Bischof bei der Weihe der Kirche die Wände mit Öl (dem „Chrisam“) gesalbt hat. In der Sakristei der Hochstädter Kirche finden sich  nur noch sieben Kreuze. Diese sind entweder nur eine spätere Verzierung oder die anderen Kreuze befanden sich am Altar (an vier Ecken und in der Mitte).

Im Chorraum stand der Heilig-Kreuz-Altar und in der südlichen Kapelle ein Maria-Magda­lena-Altar (heute für die Heizung genutzt). Die braunen Streifen rund durch den Chorraum

könnten die Stangen des Zeltes Gottes darstellen, in  as die Engel von oben hineinsehen. Der Engelfries wird  un­ter­brochen von der im Mittelalter häufig dargestellten Schwurhand und dem Hanauer Wappen. Die erhobene rechte Hand mit drei ausgestreckten Fingern (Daumen, Zeigefinger, Mittelfinger) ruft Gott zum Zeugen für das Ausgesagte auf.

In dem einen Schlußstein ist ein Gänsekopf dargestellt: Hier hat sich nämlich der Pfarrer Genseler (oder: Gänsler) verewigen lassen. Vorbild ist sein persönliches Siegel, das im Pfarramt noch erhalten ist. Am 14. August 1489 werden nämlich der Pfarrer Heinrich Genseler, der Ritter Emmerich von Carben und seine Neffen, die Edelknechte Hermann und Carl von Car­ben sowie auch alle Zehntherren von „Hoenstadt“ (also die Empfänger der Zehntzahlungen) verurteilt, den Chor der Kirche ausmalen zulassen.

Im hinteren Schlußstein ist das Hanauer Wappen abgebildet, das auch immer wieder an den Wänden des Chorraumes auftaucht. Die Helmzier mit dem Schwan auf dem Hanauer Wappen ist aber nachgemalt worden.

An der Ostseite des Chorraums wurden drei besonders schöne Grabsteine aufgestellt, die früher auf dem Kirchhof standen. Links der Stein für den Sohn des Schultheißen Meerbott (1738), rechts der Stein für die Tochter des Peter Hatzmann, Kapitän der Miliz (1777). Im linken Seitenschiff steht der Grabstein der Söhne des Landgerichtsschöffen Philipp Hatz­mann von 1794 / 1795.

Über dem Triumphbogen zwischen Kirche und Altarraum ist Christus als Weltbeherrscher dargestellt, daneben Maria und Johannes (der Evangelist). Darunter kann man noch schwach eine Darstellung des Jüngsten Gerichts erahnen: Links die Auferstehenden, rechts die Verdammten. Außerdem kann man über dem Bogen die Jahreszahl 1290 erkennen (nicht 1490).

Die Marienkirche in Hanau ist ähnlich ausgemalt. Ja man kann sogar annehmen, daß die in Hanau tätigen Maler nach Vollendung ihrer Arbeit in Hanau im Jahre 1489 anschließend noch in Hochstadt tätig wurden.

 

 

10  Pfarrhaus

Das Grundstück Hauptstraße 9 war früher der Pfarrhof. Dort stand ein einstöckiger Fachwerkbau mit Stallungen, Scheune und Kel­terhaus. Der Eingang zum Gehöft war wahrscheinlich von Westen her (heute Straße „Am Pfarrhof“). Das Pfarrhaus - ein Fachwerkbau an der Stelle des späteren Pfarrhauses Hauptstraße  9 - war schon immer in einem schlechten Zustand. Das lag vor allem daran, daß die Herren von Carben zum Unterhalt verpflichtet waren, aber möglichst wenig daran machten. Im Jahre 1668 reisen die Kirchenältesten zum Konsistorium, um dort um ein neues Pfarrhaus zu bitten (Feldmann gibt 1683 als Baujahr des alten Pfarrhauses an, nennt aber keine Quelle).

Schon 1722 muß unbedingt das Pfarrhaus repariert werden. Doch noch am 14. April 1733 klagt Pfarrer Eberhard: Das Haus ist so baufällig, daß der Pfarrer kaum weiß, welche Stube er mit seiner Familie bewohnen soll und wo er sein Vieh hintun soll. Das Fundament am Kelterhaus und die Mauer um den Hof verfallen immer mehr. Die Reparatur müßte unbedingt noch dieses Frühjahr erfolgen. Das Konsistorium bittet am 6. Mai 1733 die Regierung, eine Mahnung an die Kurmainzer Regierung zu schicken.

Die Antwort von Kurmainz kommt am 16. Juli 1733: Da nach dem Aussterben der Herren von Carben das Patronat (und der Zehnte) wieder an Mainz zurückgefallen ist, muß jetzt erst wieder eine Bestandsaufnahme gemacht werden. Die Zuständigkeit für das Pfarrhaus lehnt man ganz ab (Lageplan des Pfarrhauses von 1775).

Auch im Februar 1735 erinnert Pfarrer Eberhard an die Notwendigkeit der Reparatur des Pfarrhauses. Der Registrator Theobald übergibt am 28. September 1736 einen Kostenvoranschlag. Er soll an die Rentkammer weitergereicht werden. Am 28. November 1736 heißt es: Der Stadtbaumeister Löw hat mit dem Registrator Theobald das Pfarrhaus besichtigt.

Das Haus ist tatsächlich sehr baufällig: Die Fenster müssen verändert werden, ein Stück Wand ist am Wasserstein herauszubrechen, Schwellen sind zu erneuern, das Kellergestell ist zu machen, im Kelterhaus ist in der Stube ein Durchzug zu ziehen.

An der Scheune ist die Vorderwand und das Tor zu machen, mit Hebezeug anzuheben und der Schuppen neben der Scheune ist zu erneuern. Ebenso ist der Stall im Hof zu erneuern (7 Meter lang, 3 Meter breit und 2,70 Meter hoch) und in drei Ställe eingeteilt werden. Zum Garten und zum Nachbarn hin müssen Planken aufgestellt werden. Die Gesamtkosten belaufen sich auf über 88 Gulden. Das Holz einschließlich Fuhrlohn wird noch einmal über 9 Gulden kosten.

Im Kostenvoranschlag für die Maurerarbeiten vom 22. September werden weitere Punkte genannt: Die Brandmauer ausbessern, den Ofen abbrechen und zu erneuern, die hölzerne Kellertreppe durch ein steinerne ersetzen, in der hintersten Einfahrt ist das Tor zu erneuern. Die Mauer zum Nachbar Meerbott, wo das Kelterhaus steht, ist zu erneuern. Dazu kommen weitere Arbeiten an den Nebengebäuden. Insgesamt sind dafür über 102 Gulden anzusetzen. Die Mauer am Kelterhaus soll noch einmal 80 Gulden kosten.

 

Auch 1768 ist das Pfarrhaus in einem jammervollen Zustand: Das Dach ist schadhaft, die Fensterrahmen verfault, das Hoftor droht zusammenzufallen. Das Konsistorium gibt keine Antwort auf die Bitte um Genehmigung der Reparaturen. Unterhaltspflichtig sind die Herren von Karben bzw. der Erzbischof von Mainz. Steuern sind keine zu zahlen.

Auch 1770 werden viele Schäden am Pfarrhaus und an den Wirtschaftsgebäuden aufgezählt: Das Tor zur Straße und die Türen der Gebäude befinden sich in einem jammervollen Zustand und bilden eine Gefahr für die Vorübergehenden. Die Fenster sind schadhaft, vor die Gefache sind Bretter genagelt, der Zaun fällt um. Aus den Schilderungen geht hervor, daß Scheune, Schweinestall und Holzschuppen zu den Straßen hin standen.

Nach Mainz wird die flehentliche Bitte gerichtet, nun endlich etwas zu tun. Es kommt auch ein Kammer-Assessor und bestätigt die Angaben des Pfarrers. Zunächst soll alles erst einmal notdürftig ausgeflickt werden, die eigentliche Reparatur soll dann im nächsten Jahr erfolgen. Der Eingang zum Gehöft war wahrscheinlich damals von Westen her (heute Straße „Am Pfarrhof“).

Einen besseren Feuerschutz will der Pfarrer dann 1773 haben: An die Stelle der hölzernen Stangen im Schornstein sollen eiserne treten, ebenfalls eiserne Beschläge an den Türen, zwei Ledereimer und eine Feuerspritze. Außerdem will er eine Gesindestube haben, denn seine Familie müsse immer noch mit dem Gesinde an einem Tisch sitzen, das sei ihm peinlich.

Auch 1797 sind die Pfarrgebäude in einem schlechten Zustand. Im Jahre 1838 wird es samt Anbau, Scheune, Viehstall und Kelterhaus in die Brandkasse aufgenommen.

Das einstöckige Fachwerkhaus wird 1861 abgebrochen und 1862 durch ein steinernes zweistöckiges Haus mit dem Eingang von der Hauptstraße her ersetzt. Die Einzäunung des Pfarrgartens wird 1916 erneuert. Wegen Geldmangels kann das Haus zunächst nicht an das elektrische Netz angeschlossen werden. Darum wird zunächst nur das halbe Haus beleuchtet, die übrigen vier Räume werden 1924 mit Leitungen versehen. Im Oktober 1924 wird beschlossen, das Haus an die Wasserleitung anzuschließen. Der Kreispfarrer verlangt 1926, daß Telefon in das Haus gelegt wird aber bis in die fünfziger Jahre hat das Haus noch kein Telefon, wie sich die Tochter des Pfarrers Gerlach erinnert.

Über die Errichtung eines Gemeindehauses mit Kleinkinderschule (Kindergarten) und Wohnung für die Kinderschwester und Diakonisse wird schon im November 1916 gesprochen. Ein Jugendheim wird 1919 vom Pfarrer eingerichtet. Wahrscheinlich ist das ein Raum im Pfarrhaus gewesen, denn der Pfarrer bekommt eine kleine Vergütung für Beleuchtung und Reinigung.

Nach dem Krieg wird 1952 die Pfarrscheune zum Jugendheim und Gemeindehaus ausgebaut. Im Erdgeschoß entstehen zwei Räume, im Dachgeschoß ist die Küsterwohnung

Im Jahre 1956 löst der Hessische Staat die Unterhaltspflicht am Pfarrhaus ab. Das alte Pfarrhaus wird an die bürgerliche Gemeinde verkauft und dort die Gemeindeverwaltung untergebracht. Laut Beschluß der Stadtverordnetenversammlung von 1992 werden in dem Haus die Stadtteilbibliothek und das Stadtmuseum untergebracht. Aus dem Gesamterlös des alten Pfarrhauses wird 1957 ein zweckmäßiges Pfarrhaus in der Ringstraße Süd Nr. 13 erbaut.

Nach dem Verkauf an die Gemeinde wird in den Nebengebäuden die Feuerwehr untergebracht. Im Jahre 2000 wird das Gelände an einen Einzelhändler verkauft.

 

 

11  Alte Schule Hauptstraße 4   (vergleiche auch die eigene Date „Schule und Lehrer“)

Die erste Schule in Hochstadt wird 1555 erwähnt, ein „Schulmeister“ schon 1535 sowie 1538 und 1539. Die Schule hatte ihren Platz neben der Kirche auf dem Grundstück in der Hauptstraße Nr. 4. Sie war aber nur halb so groß wie das heutige Gebäude, erst beim Neubau 1852 wurde das Nebenhaus dazugekauft. Die Schule hatte eine Glocke, die ihr vom Hospital in Hanau verehrt wurde.

Nach der Vereinigung der Kirchengemeinden im Jahre 1818 wird die Schule geteilt. Die zweite Elementarschule kommt in das ehemals lutherische Pfarrhaus. Doch zur Schulstelle gehört zunächst nur eine Hälfte des Hauses, des Hofs und des Gartens. Aber 1831 verkauft die Kirche ihren Anteil an die bürgerliche Gemeinde. Diese führt 1835 einen Prozeß gegen Caspar Schäfer um den Verkauf des lutherischen Pfarrhauses.

Erst im Frühjahr 1852 einigt man sich darauf, die neue Schule an der Stelle der alten reformierten Schule neben der Kirche zu bauen. Die Genehmigung liegt schon vor, als einige Männer vorschlagen, das danebenliegende und stark baufällige Haus des Heinrich Heckert gegen die lutherische Schule zu tauschen. Ein neuer Plan für ein Gebäude mit zwei Schulsälen und zwei Lehrerwohnungen wird gemacht. Heinrich Heckert erhält das Grundstück der früheren lutherischen Schule und rund 200 Gulden Wertausgleich. Das alte Schulhaus wird 1852 an Philipp Bechert auf Abbruch verkauft (ohne Ziegel, Latten, Fundament und Ofen). Das Haus des Heinrich Heckert wird zur Gewinnung von Material an Wilhelm Schales und Johannes Strohl für 90 Gulden verkauft (ohne Ziegel, Latten und Einrichtung).

Die Gemeinde nimmt 4.100 Gulden auf zum Bau eines neuen Schulhauses. Der Kostenvoranschlag beläuft sich zunächst auf 5.885 Gulden, die Schule kostet dann aber über 6.696 Gulden. Am 28. Mai wird die Einrichtung verkauft, Maurer decken Ziegel und Latten ab. Am gleichen Tag werden die Mauersteine von Dietesheim angefahren. Am 14. Juni werden die Verträge mit den Handwerkern geschlossen. Die Aufstellung der Baukosten ist eine Fundgrube für die Hochstädter und zum Teil auch für die Hanauer Handwerker im Jahre 1852.

Am 17. Juli ist die Grundsteinlegung. Auf ein Glockenzeichen versammeln sich Orts- und Kirchenvorstand, Gesamtausschuß, Lehrer, Schüler und Schulfreunde vor dem Rathaus. Die Urkunden für den Grundstein werden verlesen und von den Anwesenden unterschrieben. Das älteste Mitglied des Gemeinderats und des Presbyteriums tragen die Urkunden dem Zug voran; es werden auch geschmückte Werkzeuge (Axt, Kelle, Hammer, Säge, Winkelmaß) mitgeführt. Man zieht zur Baustelle.

Die Schüler stellen sich im Halbkreis auf dem Fundament auf, die Lehrer auf beiden Seiten des Portals. Vor dem Eingang wird ein Altar errichtet, hinter dem der Pfarrer steht. Auf beiden Seiten des Altars stehen die Vertreter der Orts und Kirchenbehörden, vor dem Altar die Beamten, hinter ihm die Bauleute. Unter dem Gesang der Schuljugend wird der Grundstein an Ort und Stelle gebracht. Offenbar liegt die Stelle vor dem Altar, heute in der Nähe des Eingangs.

Eingemauert werden eine Flasche Hochstädter Wein von 1848 (die der Wirt Johannes Weber gegeben hat), zwei Silbergroschen Hessischer Prägung, Preislisten und eine Liste aller Oberbehörden und des Ortsvorstandes. Am Schluß der Urkunde heißt es: „Der Herr segne die Arbeit an diesem Hause und schaffe, wenn es vollendet, der Früchte herrliche und viele, die drin gepflanzt werden sollen zu seiner Ehre und Hochstadts Wohlfahrt. Amen!“

Die Urkunde wird eingelegt und mit einer Platte geschlossen. Der Pfarrer hält eine Rede, spricht ein Gebet und weiht den Grundstein. Es folgen drei Bauschläge und der Segen.

Beim Richtfest für die Schule vertrinkt man für 1 Gulden 37 Kreuzer Branntwein. Bei der Einweihung am 12. Juli 1853 sind der Landrat und der Sekretär zugegen. Die Schulkinder erhalten Stutzweck aus der Bäckerei Koch, die Erwachsenen erhalten einen Schoppen Wein.

 

Das Gebäude hat zwei Schulsäle, zwei Lehrerwohnungen mit je fünf Zimmern, Küche und Dachstube, Scheune, Stallung, Abortgebäude und Spielplatz. Der Keller des Schulhauses wird für zehn Gulden verpachtet, später sind es nur noch vier Gulden. Ein Stallgebäude stand im Winkel links neben dem Kirchturm.

Nach der Erweiterung der neuen Schule im Jahre 1911 wird in der alten Schule die Dienstwohnung des Hauptlehrers um ein Klassenzimmer vergrößert. Das andere Klassenzimmer bleibt leer stehen für die zu erwartende sechste Klasse. Am 1. November 1934 (oder 1. Dezember) zieht dann die Gemeindeverwaltung in die alte Schule ein. Die Lehrerwohnungen werden dabei stark verkleinert.

Im Lagerbuch der Gemeinde Hochstadt von vor 1929 wird gesagt, daß das Haus Hauptstraße 4 ein Wohnhaus mit Dienstwohnung in der ehemaligen Schule, dazu Hofraum, Scheune, Kuhstall, Schweinestall, Stallgebäude und einem Holzstall, der vermietet ist.

 

12  Straße „Am Kirchberg“

Kirchberg 7:

Am 18. Oktober 2010 erschien im „Maintal Tagesanzeiger“ ein Artikel mit der Überschrift

„Ein wahres Schmuckstück im Hochstädter Ambiente“.  Dort heißt es: In dem Haus wohnen „bereits seit vielen Jahren Angelika und Klaus Weber. Ihr Fachwerkhaus wurde nach Schätzungen von Experten zwischen den Jahren 1470 und 1540 gebaut. Bereits seit vielen Jahrzehnten ist es im Familienbesitz.“ Im Jahr 2010  hat die Familie  die Außenfassade saniert und auch die Wetterseite verschiefert.

Landrat Erich Pipa honorierte diese Arbeit durch die Übergabe eines Schecks in Höhe von 2.500 Euro, den er dem Ehepaar vor wenigen Tagen in der Hochstädter Altstadt übergab.

Der Denkmalbeirat des Main-Kinzig-Kreises war bei einem Besuch in „Hochstadt zu dem Ergebnis gekommen, daß Angelika und Klaus Weber die Sanierung des äußeren Erscheinungsbildes ihres Fachwerkhauses außerordentlich gut gelungen sei. Davon konnte sich auch Landrat Erich Pipa bei seinem Termin vor Ort ausführlich überzeugen. „Ihr Haus ist ein wahres Schmuckstück für das Erscheinungsbild des Stadtteils Hochstadt“, erklärte Pipa bei dem Rundgang. Bereits vor 25 Jahren unterstützte der Main-Kinzig-Kreis die damals umfangreichen Sanierungsarbeiten.

Daß die Eheleute Weber außerordentlich gerne in dem Kulturdenkmal wohnen, erläuterten sie im Gespräch mit dem Landrat. Auch wenn die Sanierungsarbeiten oftmals von „Überraschungen“ geprägt seien und sie am Ende teurer ausfielen als ursprünglich angenommen, lieben die Webers ihr Fachwerkhaus. Für die Unterstützung des Main-Kinzig-Kreises bedankten sich die beiden Hochstädter herzlich beim Landrat.

Professor von Staden schätzt das Wohnhaus auf das 17. bis 18. Jahrhundert. Aber auch diese Angabe dürfte noch zu hoch gegriffen sein, weil die Experten nur von der Art des Fachwerks ausgehen. Über der Haustür steht aber „K.H. 1822“. Die Bewohner deuten das auf  Konrad Hofacker, der nach der Familienüberlieferung das Haus umgebaut habe. Doch Konrad Hofacker ist erst 1849 geboren und durch die Heirat 1874 nach Hochstadt gekommen. Er kann also mit der Inschrift über dem Türbalken nicht gemeint sein.

Die Initialen sind aber zu deuten auf „Johann Kaspar Hensel“ (Rufname: Kaspar), der von 1787 bis 1838 lebte und wie seine Nachkommen ein Zimmermann war. Er heiratete 1814 und baute acht Jahre später das Haus.

Dieses war sozusagen sein Meisterstück. Daß er dafür traditionelle Formen des Fachwerks übernahm, ist nur verständlich, aber nicht Zeichen eines hohen Alters des Hauses. Sicherlich stand 1822 an dieser Stelle auch schon ein Haus. Vielleicht hat er von diesem die Art des Fachwerks übernommen, so daß die Experten das hohe Alter annahmen. Daß Kaspar Hensel etwa nur den Türsturz erneuert und seinen Namen darauf gesetzt hätte, ist wohl unwahrscheinlich, denn wenn er schon Zimmermann war, dann wollte er auch etwas Richtiges schaffen. Die ehemalige Scheune oberhalb des Wohnhauses hat nur schwaches Fachwerk und  ist also jünger.

 

Kirchberg 11:

Das Wohnhaus mit Mauer trägt am Kellereingang die Inschrift „17 JIH 23“. Über der Haustür steht: „Neu 1684, Renovatum 1791“, im Jahr 1978 werden auch die Balken im Inneren freigelegt

 

Am Kirchberg 6:

Das Haus ist ein Beispiel für die Verbindung von altem und neuem Fachwerkbau. Am oberen Ende der Straße blickt man auf das Evangelische Gemeindehaus aus den Jahren 1975 / 1976. Es wird von verschiedenen kirchlichen Gruppen genutzt und enthält einen Jugendkeller, einen Raum für Mutter-und-Kind-Gruppen, einen Übungsraum für die Chöre und einen Raum für den Kirchenvorstand. Weiter reicht der Blick zum Felsenkeller, wo sich der Eingang zu den Kalksteinhöhlen befand, zum Schützenhäuschen, dem letzten der drei Weinberghäuser.

 

 

Der Felsenkeller

Das Tunnelsystem der Kalksteinbrüche:

Zwischen Bergen und Hochstadt gibt es ausgedehnte Kalkvorkommen, die aus dem Tertiär stammen. Die Kalksteine wurden genutzt für den Hausbau und den Bau der Ringmauer. Um die Steine zu gewinnen, grub man unterirdische Gänge, damit es keine Schwierigkeiten mit den Grundstückseigentümern gab. Außerdem hatte man gleich Transportwege, denn das Material wurde auf den unterirdischen Wegen mit Schubkarren an die Baustelle gebracht.

In Hochstadt erstreckte sich das Abbaugebiet von der nördlichen Ringmauer bis zum Hochbehälter am Schützenhäuschen und von dort über die Weidekaute bis zur Börrwiese. Durch den unterirdischen Abbau entstanden die heute noch vorhandenen Gänge und Höhlen, die stellenweise fünf Meter hoch und fünf Meter breit sind. Viele Bauern hatten aber auch oberirdische Kalksteinbrüche beiderseits der Straße nach Dorfelden, wo sie Steine für den Eigenbedarf brachen. Der größte Steinbruch war die „Weidekaute“, etwa 100 Meter lang, 50 Meter breit und zwei Meter tief. Sie lag rechts der Straße nach Dorfelden mitten im Gemarkungsteil Weidekaute. Der Steinbruch wurde nach dem Zweiten Weltkrieg als Müllkippe benutzt und dann mit Muttererde abgedeckt (heute noch erkennbar an der veränderten Grasnarbe und dem Fehlen der Bäume).

Die Kalk-Adern verliefen teilweise nur knapp unter der Oberfläche. Deshalb kam es im Laufe der Zeit zu Einbrüchen in das Tunnelsystem oder es wurden Zugänge freigelegt. Schon beim Bau der ersten Wasserleitung für Hochstadt in der Mitte des vorigen Jahrhunderts wurden im Bereich der Börrwiese mehrere Gänge angeschnitten; auch bei späteren Reparaturarbeiten soll man wieder auf sie gestoßen sein.

Um die Jahrhundertwende entdeckte man bei Umbauarbeiten an den Nebengebäuden des Hauses Bogenstraße Nr. 12 einen Gang in Richtung Felsenkeller, der als Fluchtweg gedient haben könnte. Das gilt auch für den Gang vom Kirchhof unter dem Haus Kirchberg Nr. 6 hindurch in Richtung Felsenkeller. Dieser wurde schon einmal bei Brunnenbauarbeiten angeschnitten und 1943 wieder entdeckt beim Bau eines Löschwasserbeckens an der Kreuzung Wallgraben/Kirchberg. Der Maurermeister Johannes Fischer stieß dabei an der Ostseite des Beckens auf einen Verzweigungsraum des Tunnelsystems. Den Gang in Richtung Kirchhof hat er etwa 20 Meter weit betreten.

Auf der Nordseite des Grundstücks des Evangelischen Gemeindehauses befand sich bis etwa 1935 ein tiefes Loch, das wohl durch einen Tunneleinbruch entstanden ist und dann als Müllkippe benutzt wurde.

Am heutigen Hoftor zum Grundstück „Am Felsenkeller“ Nr. 9 befand sich eine Wendeltreppe. Sie wurde bis zu einer Tiefe von etwa vier Metern freigelegt, aber wegen Einsturzgefahr im Jahre 1940 wieder mit Bauschutt verfüllt. Unter dem Haus Nr. 7 befinden sich gemauerte Gewölbe, die bis zum Haus „Ringstraße Nord“ Nr. 1 am Obertor führen sollen. Dort war jedenfalls an der Westseite des Hauses der Eingang in einen gemauerten Gang, der auf dem Bild von Usener deutlich zu sehen ist.

 

Die im Krieg in Hochstadt stationierten Bayern hatten bei einer Übung im Gelände am Schützenhäuschen einen schweren Maschinengewehrstand errichtet. Doch der Bereich des Schanzloches sackte um etwa drei Meter ab, wohl infolge des Einbruchs eines Tunnels.

Das interessante Objekt in diesem Gebiet ist jedoch der eigentliche „Felsenkeller“ auf dem Gelände des Grundstücks Am Felsenkeller Nr. 11. Der Felsenkeller ist wohl kein geplantes Bauwerk, sondern er wurde Zug um Zug durch den Kalkabbau gebildet. Eines Tages waren die Hohlräume so groß, daß sie als Keller und Zufluchtsort genutzt werden konnten.

 

 

In der Mitte des 19. Jahrhunderts kauft die Brauerei Kaiser aus Hanau eine Parzelle über den Gewölben und errichtet darauf ein Gebäude und legt drei Bierkeller an. Ein Industrieunternehmen aus Dietesheim läßt 1900 eine Eingangsstelle freilegen und macht dadurch eine Besichtigung der Gänge möglich. Aber Gebäude und Keller stehen mehrere Jahre leer, und die Keller laufen voller Wasser.

Im Jahre 1904 oder 1905 zieht dann die Familie Kraft in das Haus ein, muß aber wegen säumiger Miete bald wieder ausziehen. Im Jahre 1907 wird das Anwesen von einem Hanauer Juden für Philipp Klees ersteigert.

Im Jahre 1938 legt die SA (nationalsozialistische Organisation) erneut die Stelle frei. Dabei nimmt Otto Gerlach zwei Bilder auf, die in der Stadtbibliothek Hanau aufbewahrt werden. Man dringt damals etwa 30 bis 40 Meter in die Tunnelanlage ein. Mit langen Stablampen werden die Gänge ausgeleuchtet. Gerätschaften werden aber nicht gefunden. Nach diesem Tunnelabschnitt kommt ein Verzweigungsraum, der etwa 12 bis 20 Quadratmeter groß ist und von dem weitere Tunnel abzweigen. In der Mitte der Gänge sind noch die Radrillen der Schubkarren zu sehen, mit denen die Steine transportiert wurden.

Im Jahre 1940/41 wird der Felsenkeller überprüft, ob er sich als Luftschutzkeller eigne. Es wird eine Wendeltreppe freigelegt. Man kommt bis zur 96. Treppenstufe, wo man auf Wasser stößt. Eine große Motorpumpe wird herbeigeschafft, um das Wasser abzupumpen. Dabei nutzt man auch einen weiteren Zugang vom Garten her, der als Bierfaßschacht der Brauerei Kaiser genutzt wurde. Aber das Wasser sickert so schnell nach, daß die Aktion abgebrochen werden muß. Bis 1980 ist der Zugang nur mit Bohlen verlegt, seitdem aber mit Zement überzogen.

Etwa im Jahre 1953 bricht ein Pferdefuhrwerk des Andreas Emmel ein, weil ein Gang eingestürzt war. Die Stelle ist auf dem „Steinkautenweg“, der Verlängerung der Straße nach Dorfelden, kurz hinter der ersten Linksbiegung. In diesem Bereich sieht man auch links und rechts der Straße Einbrüche oder Tagebaureste. Dort befindet sich auch ein unterirdischer Gang, der im Ersten Weltkrieg zu Übungszwecken begangen wurde.

Im Jahre 1978 wird auf dem Grundstück „Am Felsenkeller“ Nr. 18 ein Tunneleinbruch verfüllt, neben dem sich ein Verzweigungsraum befindet. Auf dem Grundstück „Am Felsenkeller“ Nr. 11 bricht 1980 wieder ein kleines Teilstück ein. Kinder versuchten, durch dieses Loch einzusteigen. Bedienstete der Stadt verfüllen das Loch. Auch im „Bücherweg“ bricht beim Bau des Hauses Nr. 1 b ein Tunnel ein und wird verfüllt.

 

Turnerschlacht bei Hochstadt:

Im Jahre 1861 kommt es zur „Turnerschlacht bei Hochstadt“ und zur „Erstürmung von Hochstadt“. Vom 10. bis 12. August sollte in Berlin der „Deutsche Turntag“ stattfinden. Für Sonntag, den 4. August, lädt die Turngemeinde Hanau die Vereine des Maingaus zu einer geselligen Unterhaltung auf den Felsenkeller außerhalb Hochstadts ein. Das Gelände stellt Herr Rauch, der Wirt des Gasthauses „Zur goldenen Krone“, zur Verfügung, weil die Turner bei ihm ihr Vereinslokal haben.

Es sollen 600 bis 700 Turner aus Frankfurt, Offenbach, Fechenheim, Bockenheim, Kesselstadt und Hanau gekommen sein. Doch der Bürgermeister verbietet auf Weisung von oben das Musizieren und Singen freiheitlicher Lieder. Das Obertor ist gleich geschlossen worden. Aber durch das Untertor kommt eine Abordnung der Turner zum Bürgermeister, um ihn umzustimmen.

Da Bürgermeister Weber einen Bruder hat, der zufällig auch Wirt ist, kann man ihm persönliche Gründe unterstellen. Besonders übel wird vermerkt, daß schon vor Ankunft der Turner mehrere mit Schieß- und Spießwaffen versehene Gendarmen auf dem Felsenkeller aufgestellt wurden.

 

Plötzlich fängt ein Bockenheimer namens Ettlinger an, einen lustigen Marsch zu trommeln. Er läßt sich darin auch nicht durch das Verbot eines Gendarmen stören. Dieser will ihm die Trommel entreißen. Es entwickelt sich ein regelrechtes Handgemenge. Dem Gendarmen wird der Helm vom Kopf geschlagen, die Waffen werden ihm zum Teil abgenommen und weggeworfen.

Da kommt das Gerücht auf, die Abordnung im Dorf werde von den Bauern bedrängt. Ein Turner kommt mit blutender Kopfwunde aus dem Dorf. Die Aufregung der Turner steigert sich. Schließlich kostet der Apfelwein nur zwei Kreuzer je Schoppen und man ist schon in gehobener Stimmung.

Da läßt der Bürgermeister Sturm läuten und die Tore schließen. Das Gerücht verbreitet sich, die Turner seien weiterhin den Mißhandlungen der Einwohner ausgesetzt, die mit Steinen, Sensen und Dreschflegeln gegen sie vorgingen. Die Turner - meist Hanauer - werfen mit Steinen gegen das Obertor. Später wird erzählt, das Obertor sei von den Turnern mit einem Baumstamm eingerammt worden. Doch das stimmt nicht.

Vielmehr klettern einige junge Männer über die mit Efeu bewachsene nördliche Ringmauer und öffnen das Obertor von innen. Die Turner stürmen in das Dorf und werden mit einem Hagel von Steinen empfangen. Mehrere Häuser, aus denen geworfen wurde, werden übel zugerichtet.

Mittlerweile haben die Frankfurter und Offenbacher Turner den Ort umgangen und greifen ihn von Süden an. Weil sie mit einem Bombardement des Untertores drohen, wird auch dieses geöffnet. Die Turner befreien ihre im Rathaus eingesperrten Kameraden. Den Bürgermeister suchen sie vergeblich, er soll sich im Heu versteckt haben.

Die Turner zählen ihre Reihen, aber es wird keiner vermißt. Einige haben durch die Steinwürfe leichte Verletzungen. Aber die Aufregung legt sich doch. Sie wollen wieder in ihre Heimatorte abmarschieren.

Inzwischen hat sich der zweite Gendarm auf sein Pferd geschwungen und den Behörden in Hanau Meldung gemacht. Der Landrat ruft die Garnison zur Hilfe, die in Stärke von etwa zwei Kompanien abends gegen 20 Uhr ausrückt. Als die Turner das erfahren, wird ihnen doch anders und sie rücken alsbald in geordneter Formation ab.

Doch die Hanauer begegnen an der Fasanerie den vom Landrat angeführten Soldaten. Dieser ermahnt sie, ruhig nach Hause zu gehen. Das versprechen die Turner auch brav und bekräftigen dies noch mit einem Hoch auf den Kurfürsten. In Hochstadt findet die Truppe alles in Ordnung und begibt sich nach einem kräftigen Schluck wieder in die Kaserne.

Es kommt dann noch zu Untersuchungen in Hanau, Offenbach, Frankfurt und Bockenheim. Einige Bockenheimer Turner werden in Haft genommen. Da man aber nicht nachweisen kann, wer sich den Gendarmen widersetzt hat, werden sie wieder freigelassen.

Aber die Hanauer Polizeidirektion verbietet den Turnvereinen, auswärtige Turner einzuladen oder bei sich aufzunehmen, sonst würden sie aufgelöst. Erst Ende 1863 wird dieses kleinliche Verbot und das Verbot der schwarz-rot-goldenen Fahnen aufgehoben. Damit war die „Revolution“ in Hochstadt beendet. Die Hanauer Turner mieden die Hochstädter eine längere Zeit und gingen nicht mehr zum Apfelweintrinken nach Hochstadt. Auch die Hausfrauen wollten geraume Zeit nicht mehr bei den Hochstädter Marktfrauen kaufen.

 

Bodenfunde:

Aus römisch-fränkischer Zeit gibt es folgende Funde: Eine römische Urne wurde „in den Weinbergen“ gefunden. Ein fränkischer Grabfund soll 1898 „am Weg nach Dörnigheim“ gefunden worden sein, nach anderer Angabe am Felsenkeller. Zu diesem Fund gehören eine Scharnierfibel, ein Wiegemesser, ein Beil, ein Messer, zwei Ringe und ein Topf aus blaugrauem Ton mit horizontal geraden Linien und Wellenlinien. Vor allem gehört dazu aber auch eine Kette aus Glas- und Bernsteinperlen, die zunächst als fränkisch eingeschätzt wurde, heute aber eher als unecht angesehen wird.

 

Bebauung:

Einige Häuser außerhalb der alten  Ortslage sind auf der Karte von 1856 eingezeichnet, die etwas sagen über die Bebauung im Jahre 1887: In der Hanauer Straße ist das Haus Nummer 24 einschließlich Scheune zu sehen. Außerdem zwei Häuser an der Ecke der „Rosenstraße“ (die noch nicht vorhanden ist) und die Häuser im oberen Teil der Hanauer Straße bis zur Kurve nach Süden. In der Ringstraße stehen fünf Häuser.

In der Straße „Am Felsenkeller“ stehen im oberen Bereich zwei Häuser, Nummer 11 (der eigentliche „Felsenkeller“) und etwas weiter südlich (etwa bei Nummer 7) ein Haus direkt vorne an der Straße, von dem aber heute nichts mehr bekannt ist.

 

Am Felsenkeller im Jahre 1923:                    (früher: Dorfelder Straße)

(  4)                                         Seibel, Philipp, Ackermann, und Bahnarbeiter, und Katharina

 geb. Klees

(  6)                                         Nix, Philipp, Hilfsweichensteller

(  8)                                         Schöner, Peter, Tagelöhner, und Katharina geb. Burger

Wigand, Nikolaus, Tagelöhner, und Elisabeth geb. Fiedler

(12)                                         Fischer, Wilhelm, VIII., Portefeuiller, und Marie geb. Seibel

                                               Huhn, Karl, Maurer, und Margarethe geb. Sessin

(11)                                         Klees, Wilhelm, Schuhmacher, und Katharina geb. Gerlach.

 

Schießstand:

Die „Flobertschützen-Gesellschaft Tell“ wird 1897 gegründet. Am 25. Oktober 1903 findet erstmals das Stiftungsfest auf der Bleiche statt. Bäckermeister Hermann Koch, der Erste Vorsitzende, hält dabei eine umfangreiche Ansprache.

Der erste Schießstand ist der Kalksteinbruch am Felsenkeller. Nach dem Ersten Weltkrieg wird ein Schießstand in der verlängerten Schützenstraße am heutigen Festplatz geschaffen. Dort trifft man sich sonntags um 7 Uhr zum Schießen.

 

Hochstädter Genossen:

Heinrich Huhn wohnt auf dem Felsenkeller. Er ist einer der bekannten Hochstädter „Huhnsbuben“ und hat das Herz auf dem rechten Fleck. Eines Tages fährt er mit dem Zug in Richtung Rhein. Ihm gegenüber sitzt ein gut situierter Herr. Die Fahrt verläuft einsilbig. Dann kurz vor Mainz bricht es aus Heini Huhn heraus: „Dir hab ich auch schon ein paarmal mit dem Pinsel übers Maul gefahren!“ Der andere - es ist der Bundestagsabgeordnete Bernd Reuter aus Heldenbergen -  ist erstaunt, läßt sich aber aufklären: Heini hat schon mehrfach Plakate für die Partei geklebt und dabei tatsächlich dem Abgeordneten „übers Maul“ gestrichen. Diese Begegnung aber war der Beginn einer langen Freundschaft.

 

Pfarräcker:

Ein Teil der Pfarräcker („Pfarr-Eller“) lag im Flurstück Kenner (zwischen dem Felsenkeller und dem Schützenhäuschen). Im Dreißigjährigen Krieg und danach lagen sie brach. Im Jahr 1668 erhalten zwei Einwohner den Auftrag, sie zu roden und das erste Jahr zu bebauen. Die Arbeiten sollen bezahlt werden von den 30 Gulden, die der frühere Pfarrer Kress noch zu zahlen hat. Die Landscheider sollen das Land neu vermessen. Auf den Pfarräckern werden 1750, 1752 und 1754 Steine gesetzt. Auch 1773 werden die Landscheider vom Konsistorium angewiesen, die Pfarrgüter zu vermessen und auszusteinen.

 

Baustelle:

In der Zeit vom 20. Juni bis 30. September darf Eckhart Anders an Sonn- und Feiertagen Arbeiten an der Baustelle „Am Felsenkeller“ Nr. 15 ausführen; er hat das Haus so gut wie ganz in Eigenarbeit gebaut.

 

Eingang zum Felsenkeller:

Herr Röll erzählt, daß in seiner Kindheit sein Vater in einen Schacht im Bereich der heutigen Treppe hinabgestiegen sei. Er war mit einer dicken Sandsteinplatte abgedeckt und war enger als ein Brunnen. Er war auch ziemlich tief, denn sie mußten noch eine weitere Leiter beim Nachbarn holen. Unten war ein Gewölbe, das aber fast bis oben mit Wasser gefüllt war. Beidem Schacht handelt es sich aber wohl nicht um den Eingang -  der muß weiter unten gewesen sein - sondern wohl um eine Luftschacht. Der Vater hat den Schacht dann  mit Erde verfüllt.

 

Felsenkeller:

Otto Decker (Am Felsenkeller 9) hat in der Nähe des Eingangs seines Hauses etwa sechs Meter in die Tiefe gegraben und dabei eine Treppe freigelegt. Dann reichte das Abstützmaterial nicht mehr. Auch auf dem Gelände des Evangelischen Gemeindehauses hat man beim Bau mehrere Gänge angeschnitten.

Der Bierkeller unter dem Haus Am Felsenkeller 11 ist unabhängig von dem Höhlensystem und auch viel größer als die Gänge und erst um 1890 entstanden.

 

 

15  Ringmauer

Man geht an der Ringmauer ent­lang nach unten. Sie wurde wahrscheinlich im 13. Jahrhundert erbaut aus den Kalksteinen, die in der Gemeinde vorkom­men. Die Mauer war 980 Meter lang, ist etwa 80 Zentimeter dick und rund vier Meter hoch. Auf der Nordseite hatte sie zwei hohe und drei niedrige Türme, die „Rondell“ genannt wurden. Ein Rondell war sicherlich auch am Ausgang der Straße „Am Kirchberg“. Einen „Wallgraben“ hat es nicht gegeben. Einige Schieß­scharten in der Mauer sind zugemauert, weil sie im Winter oft von Einwohnern genutzt wurden, um Hasen zu schießen. Im Bereich zwischen Güldnergasse und Schützenstraße kann man noch hinter der Mauer hergehen. Man sieht auch ein Rondell von innen und erkennt die Auflagen für eine hölzerne Zwischendecke. An der Schützenstraße war kein Rondell. Die südliche Ringmauer wurde bis auf einen Rest am Obertor und im west­lichen Bereich abgerissen. Die Türme an der Nordseite wur­den nach dem ersten Weltkrieg abgerissen.

 

19  Runder Turm

An dem halbrunden hohen Turm geht man vorbei. Hier ist man in der „Schütt“, wie das Gelände vor der Ringmauer genannt wird.  Der hohe runde Turm war aber wohl kaum ein „Hexenturm“. Man geht bis zu dem kleinen Durchgang zur Ritterstraße.

 

Ritterstraße

Ritterstraße 6: 18  Lutherische Schule

Bald nach der Gründung der lutherischen Gemeinde 1686 gibt es auch eine lutherische Schule. Sie ist im Hause Ritterstraße Nr. 6 untergebracht, gleich links wenn man durch den kleinen Durchgang kommt. Hier war bis 1692 die Schule, dann wurde das lutherische Pfarrhaus mit Schulsaal in der Lutherstraße Nr. 9 gebaut. Das Haus Ritterstraße 6 ist bis zur Union 1818 noch Lehrerwohnung.

 

Ritterstraße 7:

Das Fachwerkhaus wurde 1708 erbaut. Der schräge Balken hat die Form eines Gesichts. Die Inschrift am Haus lautet: „Veracht mich nicht und die Meinigen, sondern bedracht erst dich und die Deinigen. Und wann du dich und die Deinigen hast wohl betracht, so wirst du mich und die Meinigen lasen wohl unveracht. 1708“.

 

17  Trinkbrunnenstraße

Trinkbrunnenstraße 16:

Wohnhaus aus dem 19. Jahrhundert, Unterbau vielleicht aus dem 17. Jahrhundert        

Trinkbrunnenstaße 18:

Hinter diesem Haus stand aber noch ein Haus, das früher die Hausnummer 18 trug und heute abgerissen ist.

Trinkbrunnenstraße 10 und 12:

In der Trinkbrunnenstraße waren die Häuser 10 und 12 ursprünglich e i n Grundstück. Es gehörte der Familie Basermann, die beiden Häuser waren miteinander verbunden. Später erhielt das Vorderhaus zunächst die Nummer 10a, dann die Nummer 12. Das Haus mit der heutigen Nummer Ritterstraße 4a und früher Trinkbrunnenstraße 16 steht hinter dem Haus Nummer 14 und war nur von der Trinkbrunnenstraße aus durch dieses zu erreichen.

Trinkbrunnenstraße   8:

Wohnhaus vermutlich aus dem 18. Jahrhundert, Steinbau, Leibungen aus Sandstein

Trinkbrunnenstraße   4:

Wohnhaus von 1769 (nach Auskunft des früheren Eigentümers)

Zement wird 1842 erstmals erwähnt, wird aber nur in kleinsten Mengen verkauft. Seitdem werden in der Trinkbrunnenstraße Nr. 4 bei „Zieler-Mankel“ auch Backsteine hergestellt, die sogenannten „Russensteine“. Sie heißen wahrscheinlich deshalb so, weil sie beim Brennen stark verrußen. In Hochstadt sind sie heute noch zu sehen an den Häusern Hauptstraße Nr. 33 und Nr. 26.

Trinkbrunnenstraße   2:

Wohngebäude mit Fachwerk des 18. Jahrhunderts, früher zeitweise Raiffeisen-Sparkasse

Trinkbrunnenstraße 1:

Das Grundstück gegenüber Nummer 4 ist heute mit Scheunen bzw. Garagen bebaut.

 

Alte und neue Hausnummern:

Die Trinkbrunnenstraße 1 fehlt. Diese Nummer hat man wohl für ein Haus gegenüber Nummer 4 freigehalten. Die heutige Nummer 3 war früher die 1, die 5 war Nummer 3 und 7 war Nummer 5. Dem Nebengebäude von Hauptstraße 32 hat man die Hausnummer Ritterstraße 1 gegeben. Die Scheune des nächsten Hauses wurde Nummer 3 und die heutige Nummer 5 war ursprünglich die Nummer 1 (Früher bildeten die heutige Nummer 3 und 5 eine Einheit und hatten eine gemeinsame Torfahrt). Von da an muß man von den heutigen Nummern immer vier Ziffern abziehen, um auf die alten Nummern zu kommen. Bei der heutigen Nummer 11 hat man wohl dem Nebengebäude die Nummer 13 gegeben. Die Nummer 17 ist ein Neubau.

 

Brunnen in der Trinkbrunnenstraße (Buch Schellmann Seite 10):

In der Straße stand früher der Trinkbrunnen in Höhe des Hauses Nummer 3. Heute noch ist die Abdeckung sichtbar schräg gegenüber Haus Nummer 4. Er wurde beseitigt, weil er angeblich die Dreschmaschine bei der Einfahrt in das Haus Nummer 4 (heute abgerissen) behinderte.

 

16  Schützenstraße

Die Straße ist nach dem Schützenhaus benannt ist, das an der Ostseite des heutigen Festplatzes stand.

Schützenstraße  3: Wohnhaus von 1547 (nach Auskunft des Eigentümers, Fachwerk aber aus dem 17. Jahrhundert)

Schützenstraße  4: Wohnhaus von 1547 (nach Auskunft des Eigentümers, Fachwerk aber aus dem 17. Jahrhundert)

Schützenstraße  6:  Wohnhaus vermutlich 17. oder 18. Jahrhundert, zweigeschossig, Überhang.

Die Schützenstraße wird auch „Sieben-Häuser-Gasse“ genannt, hat aber nur sechs Häuser; wahrscheinlich hat man das Haus Trinkbrunnenstraße Nr. 2 mitgezählt.

Über den Rathausplatz geht man um den stattlichen Bauernhof Nummer 2 herum in die Bogenstraße.

 

14  Der „Mittelbäcker“

Im Haus Bogenstraße 14 befand sich die Bäckerei des „Mit­telbäckers". Früher gehörte das Haus dem Freiherrn von Edelsheim. Im Jahr 1673 wird Rat Seiffert in Hanau als Freiherr Johann Georg von Edelsheim in den Adelsstand erhoben, weil er für den irregeleiteten Friedrich Kasimir die Regierungsgeschäfte wieder in Ordnung gebracht hat. Er erbaut 1680 in Hanau in der Steingasse Nr. 4 das „Edelsheimsche Palais“. In Hochstadt gehörten ihm ausgedehnte Liegenschaften, besonders Weinberge die aber frei von Abgaben blieben. Zum Teil verpachtete er sie, zum Teil aber bewirtschaftete er sie auch selbst. Deshalb hatte er auch ein Kelterhaus auf seinem Grundstück stehen. Das Gebäude stand aber etwas weiter westlich als die spätere Bäckerei.

Später lebte und arbeitete in dem Haus der „Mittelbäcker“, einer der Söhne des Bäckers im Haus Hauptstraße 21 (westlicher Teil). Das Haus wird 1910 umgebaut, vor allem der hintere Teil, wo die Bäckerei war. Diese war damals die modernste im Kreis und weiß gekachelt (heute unter Gipsplatten verborgen). Der Eingang am Vorderhaus ist vorgesetzt. Die Rückwand des Hauses ist aus Lehm. Die Bäckerei wird 1979 aufgegeben.

 

13  „Herrschaftliche Zehntkelter“ Bogenstraße 14

Parallel zur Ringmauer verläuft die Bogenstraße. Das Haus Bogenstraße 14 war früher die Herrschaftliche Zentkelter. So wird das Grundstück auf dem Ortsplan von 1715 bezeichnet und hat die Nummer 105. Fachleute setzen die Entstehungszeit des Kelterhauses im 18. Jahrhundert an. Die Bezeichnung „herrschaftlich“ bedeutet, daß sie den Landesherrn, also den Grafen von Hanau und ab 1736 dem kurhessischen Staat gehörte. Und der „Zehnte“ (das „e“ wird gedehnt gesprochen) war eine Steuer, die ursprünglich den zehnten Teil des Einkommens einer Familie ausmachen sollte. Und mit der „Kelter“ ist das Kelterhaus gemeint, in dem die Kelter stand, in der sogenannte „Weinzehnte“ gekeltert wurde, also der Anteil der Zehntzahlung, der in Form von Weintrauben abgeliefert werden mußte. Auf dem Grundstück stand auf der Ostseite das Wohnhaus. Das Kelterhaus stand auf der Westseite des Grundstücks. Hier wurden die Trauben aus den gräflichen Weingärten gekeltert, aber vor allem auch die Trauben, die die Hochstädter als Steuer abliefern mußten.

 

Der Zehnte:

Der Zehnte war an sich eine kirchliche Abgabe. Aber die weltlichen Herrscher haben sie an sich gebracht, im Hanauer Land im Jahre 1543 im Zusammenhang mit der Reformation. Dafür übernahmen sie aber auch die Verpflichtung, das Kirchengebäude zu erhalten und den Pfarrer zu besolden. Einige Güter waren allerdings auch zehntfrei, sogenannte „Temporalgüter“, die von Zeit zu Zeit an immer andere Pächter vergeben werden: Herrschaftliche Weinberge (über fünf Morgen), Antoniter Weinberge (über zwei Morgen) und Antoniter Klostergut (über fünf Morgen). Diese hatten aber die Verpflichtung, den Stier für die Tierzucht („Faselochsen“) zu stellen und zu unterhalten. Dieses Amt hat man der Einfachheit halber dem Pfarrer übertragen, später einem Landwirt, der dafür eine Vergütung erhielt.

Der „große Zehnte“ wurde vom Getreide erhoben (Roggen, Weizen, Gerste, Hafer, Erbsen, Linsen, Wicken, Hülsenfrüchte). Schon auf dem Feld wurde jedes zehnte Gebund von den vier vereidigten Zehntern herausgestellt und in die Zehntscheune gefahren, die vielleicht auf dem Gelände des Pfarrhofs stand. Erst danach konnte der Besitzer sein eigenes Getreide in seine Scheune fahren. Das Zehntgetreide kam nach Hanau ins Magazin, um für Notzeiten und für die Ausgabe von Saatgut bereitzustehen.

Der „kleine Zehnte“ wurde erhoben von Lämmern, Kälbern, Ferkeln, Hühnern und Gänsen, aber auch von Rüben, Kraut, Leinen, Flachs, Obst, Tabak und Kartoffeln (nach anderer Angabe gehören allerdings Obst, Heu und Kraut zum großen Zehnten).

Dieser kleine Zehnte war überwiegend für kirchliche Zwecke gedacht. Doch der Pfarrer er­hielt davon nur ein Viertel als Besoldungsanteil. Das Übrige ging an den Patron, also zunächst an die Herren von Karben und nach deren Aussterben an den Dom zu Mainz. Deshalb wird der kleine Zehnt auch „Mainzer Zehnt“ oder „Domkapitularischer Zehnt“ genannt. Der Patron hatte dafür an sich eine ganze Reihe von Pflichten gegenüber Gemeinde und Kirche zu erfüllen, aber das hat man immer nur widerwillig getan; zum Beispiel gab es immer wieder Streit um die Unterhaltungskosten für das Kirchengebäude.

Außerdem gab es noch den Weinzehnten, der in der herrschaftlichen Weinkelter gekeltert wurde. Aber 1781 wurde darüber geklagt, daß die Hochstädter schlechten Wein als Zehnten abgeliefert hätten. Das Amt verfügte, daß der Wein schon vor der Kelter von den Steuerzahlern eingezogen wird, weil die Hochstädter sonst wieder „ein elendes Getränk“ zusammenschütten, das nicht einmal zum Essig taugt. Bei jeder Ernte stand also jetzt der Zehnter dabei und paßte auf und zweigte gleich den zehnten Teil ab.

Später (zumindest nach 1800) wurde der staatliche Zehnte wie folgt eingeteilt: Ein Zehntel von Zweidrittel aller Feldfrüchte ist der große Zehnte, ein Zehntel von einem Drittel ist der kleine Zehnte. Jetzt wird teilweise auch schon in Geld gezahlt. Im Jahre 1814 werden für den kleinen Zehnten 30 Gulden angegeben, aber 1819 schon über 592 Gulden.

Seit 1817 wurde der große Zehnte versteigert. Philipp Stein der Junge ersteigerte ein Drittel des großen Zehnten für 18 Gulden. Er mußte aber die Gehilfen, Zehntschreiber und den Transport bezahlen. Es war genau festgelegt, was er an das Amt abliefern muß. Ab 1826 war Schultheiß Stein der Meistbietende mit über sechs Gulden, in den nächsten Jahren waren es wieder 18 Gulden.

Der Pächter haftete mit seinem Vermögen für die richtige und pünktliche Ablieferung der Gelder zum Martinitag (11. November). Aber er muß auch Naturalien liefern: 15 Achtel Roggen, 15 Achtel Gerste, ein Fuder Roggenstroh und über sechs Gulden in bar („Sporteln“ sind an sich Gebühren oder Geschenke). Die Früchte müssen trocken und marktrein sein und jedes Gebund Stroh muß mindestens 20 Pfund wiegen.

 

Die Teilung der Äcker führte immer wieder zum Streit um die Festsetzung des Steueranteils. Rechner und Zehnter hatten bald keinen Überblick mehr. So wurden 1804 Verhandlungen über die Ablösung des dem Staat gehörenden Zehnten geführt. Man berechnete den Rein-Ertrag des letzten 15 Jahre und kam auf die Ablösesumme von 10.552 Gulden. Ein weiterer Teil der Verpflichtungen wurde 1818 in Geld umgerechnet: Für die Zahlung des „Land­bereiter­sich­lings“ (für den Amtsboten) wurden über 62 Gulden als Ablösung festgesetzt, für die Hühnersteuer 172 Gulden. Der Betrag wurde dann auf die Steuerpflichtigen umgelegt.

Um 1820 wurde der kleine Zehnte fast nur noch in Geld gezahlt. Der Staat zog jetzt auch die Geldzahlungen vor. Aber 1826 wurde wieder in Naturalien bezahlt, weil wahrscheinlich die Magazine leer waren.

Im Jahre 1833 fertigte die Finanzkammer in Hanau eine genaue Aufstellung der Zehntablieferung in den Jahren 1818 bis 1833 an. Sie verlangte das Zwanzigfache des durchschnittlichen jährlichen Zehntertrags als Ablösung. Das sind dann rund 11.354 Gulden, denn es sind in den 15 Jahren etwa 6.000 Gulden großer Zehnt und 1.850 Gulden kleiner Zehnt und 108 Gulden Weinzehnt (jährlich) eingegangen.

Zunächst einmal kaufte die Gemeinde den Zehnten vom Staat, mußte aber nun den Faselochsen und den Eber halten. Am 30. Mai 1835 wurde in Hanau die Urkunde über die Zahlung von über 8.568 Gulden Zehntablösung unterschrieben. Die Gemeinde mußte ein Darlehen aufnehmen. Die Einwohner haben noch viele Jahrzehnte Abzahlungen zu leisten, die von einem Zehntgeld­erheber eingesammelt wurden. Im Jahre 1882 wurde mit 1,67 Mark der letzte Rest des großen Zehnten abgelöst.

 

Weinbau:

Schon in den ältesten Urkunden über Hochstadt wird der Wein erwähnt, so in der nicht mehr vorhandenen Urkunde von 819 und der ältesten vorhandenen Urkunde von 846. Eingeführt wird der Weinbau wohl schon von den römischen Grundherren, die sich in der Gegend nieder­gelassen hatten. Die Klöster sorgten dann für die Verbreitung und Veredlung des Weins.

Der Wein ist der Haupterwerbszweig der Bewohner für viele Jahrhunderte. Er ist das tägliche Getränk, selbst Knechte erhalten ihren täglichen Anteil. Der Wein gehört zu jedem Kauf und Vertrag, zum Verdingen von Gesellen und Gesinde und zu den Verhandlungen des Gemeinderats.

Der Hang von Seckbach über Bergen und Bischofsheim nach Hochstadt war ein einziger Weinberg. Der in Hochstadt verzapfte Wein war zumeist Hochstädter Gewächs. Nur wenig wird von außerhalb bezogen, etwa von Bergen oder Hanau. Es wird aber auch Wein nach außerhalb verkauft.

Die Herrschaft hat im Amt Büchertal 48 ¾ Morgen Weinberge, in Hochstadt sind es um 1500 rund 3 ½ Morgen im Wert von 405 Gulden, im Jahre 1754 aber sind es schon 512 Morgen.

 

Die Herrschaft versucht aber auch, den Weinzehnten an sich zu ziehen. So wird 1527 ein Friedberger Burgmann gestraft, weil er in den Weinzehnten der Herren von Karben zu Hochstadt eingegriffen hat und mehr genommen hat, als ihm bei der Teilung zugestanden wurde. Im Jahre 1539 kauft die Herrschaft den vierten Teil des Weinzehnten von den Herren von Karben, der Äbtissin vom Throne (Kloster Thron bei Mainz) und Pfarrer Forstmeister. Die von Karben müssen allerdings erst die Erlaubnis einholen, weil ihr Teil des Zehnten ein Königstein‘sches Lehen ist.

Im Jahre 1599 findet man schon im Juli reife Trauben und beginnt am 5. September mit der Weinlese. Es gibt einen guten Wein. Das Fuder bringt zunächst nur 42 Gulden, aber im nächsten Jahr schon 100 Gulden. Die Gemeinde gibt in diesem Jahr 766 Gulden für ihren Weinbau aus (für Schreiber, Steuern für die Herrschaft und Lohn für den Wirt); aber sie nimmt auch 928 Gulden ein. Der Wirt erhält von jeder Ohm Wein (150 Liter) vier Gulden, von jeder Ohm Bier zwei Gulden. Der Überschuß geht an die Gemeindekasse.

Oft werden Wingerte verkauft. Meist sind es nur winzige Stückchen, die aber sehr teuer sind. So kostet 1605 ein Viertel Wingert 40 Gulden (= ein Viertel Morgen), im Jahre 1612 kosten 1 Viertel 2 Ruthen Weingarten 26 bis 27 Gulden. Ein Maß Wein kostet zwei Batzen.

Es haben auch Auswärtige ihre Weinberge in Hochstadt. Im Jahre 1650 sind es 17 Auswärtige aus Hanau, Kesselstadt, Mittelbuchen, Bischofsheim und Frankfurt. Sie müssen die Trauben an extra für die Auswärtigen bestimmten Tagen lesen (1673). Eine Weinleseordnung wird im Jahr 1681 erlassen.

Im Jahre 1834 haben 20 Einwohner Wein zu versteuern. Die Lese ist gut ausgefallen. Die etwa 150 Ohm werden größtenteils nach Hanau verkauft. In den bevorzugten Lagen wird die Sorte „Gutedel“ für den Hanauer Markt angebaut, sonst werden noch „Riesling“ und „Sylva­ner“ angebaut.

 

Im Jahre 1842 heißt es in einer Beschreibung des Kurfürstentums Hessen, daß der Weinbau im Hanauer Gebiet wieder im Steigen begriffen sei und sich die Weine durch Feuer auszeichnen. Doch 1857 werden nur noch Bergen-Enkheim, Bischofsheim, Hochstadt, Kilianstädten und Langenselbold als Weinorte genannt. Im Jahre 1858 wird sogar eine Polizeiverordnung erlassen, wonach die Weinberge nicht zum Ziehen von Gemüse und Feldfrüchten verwendet werden dürfen und nicht mit Bäumen bepflanzt werden dürfen.

In den Weinbergen werden jetzt Obstkulturen angelegt. So sind seit 1917 keine Weinberge mehr in Hochstadt vorhanden. Im Jahre 1921 sind alle Weinberge durch Wiesen und Obstbaumanlagen ersetzt, seit 1924 wird der Weinbaubezirk Bergen-Enkheim nicht mehr im Reichsgesetzblatt geführt. Der letzte Weinberg befand sich an der Enggasse in der verlängerten Schützenstraße, links vor dem Anstieg, wo sich heute noch eine Weinbergmauer befindet und wo seit einigen Jahren wieder Wein angebaut wird. Auch hat sich ein Winzerverein gebildet, der einen Weinberg am Hohen Rain hat.

 

Weinernte:

Wenn dann die Trauben anfangen zu reifen, werden die Wingerte geschlossen. Früher wurde dazu eine Dorfversammlung gemacht, später wird der Termin durch die Ortsschelle bekannt­gemacht. Es ist immer ein Werktag, meist ein Samstag, der „Ruhetag“ genannt wird. Dann läuten alle Glocken, damit jeder weiß, daß jetzt die Weinberge geschlossen sind. Damit sind die Weinberge Sperrbezirk. Niemand darf mehr hinein außer dem Gemeindevorstand und den Feldschützen. An den Feldwegen werden Schlagbäume aufgestellt.

Zum Abernten von Obst wird ein Tag freigegeben, meist der Freitag, weil am Samstag der Markt in Hanau ist. So sollen die Weinberge vor Dieben geschützt werden. Jetzt haben die Feld- oder Weinbergschützen den Höhepunkt ihrer Tätigkeit. Sie stellen auch zusammen mit dem Schultheißen die Reife der Trauben fest.

Zunächst muß eine Probe auf die Ratskammer nach Hanau gebracht werden. Erst wenn die Trauben dort für reif befunden werden, kann der Beginn der Weinlese bestimmt werden.

Die Keltern werden in Ordnung gebracht, die Fässer werden sauber geschwenkt, Botten und Eimer blank geputzt. Meist bekommen die Männer neue Schürzen und Schuhe. Auch die Frauen und Mädchen putzen sich heraus. An den Weinlesetagen wird besser gelebt: Kuchen wird gebacken, zum Frühstück wird ein Preßkopf oder ein Schwartemagen bereitgehalten, mittags gibt es Schweinefleisch und Sauerkraut, abends dann Hammelbraten.

An dem geschmückten Schützenhäuschen geht es besonders festlich her. Dort werden von den Feldschützen zwei Fichten aufgepflanzt: Die eine senkrecht, an der Spitze mit Bändern geschmückt. Die andere wird waagrecht in die am Häuschen befestigten Eisen gesteckt (heute noch vorhanden) und auch mit Bändern geschmückt. Beide werden miteinander verbunden und vorne an den Querbaum wird ein mächtiger Kranz aus den schönsten Trauben gehängt.

Eine Musikkapelle spielt. Gegen Mittag wird im Schützenhaus Sauerkraut und frisches Schweinefleisch zubereitet, der Wein fließt in Strömen. Die Weinbauern kommen und essen und trinken mit den Weinbergschützen, für die bei dieser Gelegenheit ein gutes Trinkgeld abfällt.

Die Schuljugend ist auch dabei und vertreibt sich mit Freudenfeuerchen und anderen Spielen die Zeit. Von Zeit zu Zeit geben die Weinbergschützen aus ihren Pistolen Schüsse ab. Auch die jungen Burschen schießen mit Pistolen, schließlich gehören ja alle jungen Leute der Schützengilde an. Es gibt allerdings auch Unglücksfälle.

Ist der Wein einigermaßen geraten, so findet am Abend das Winzerfest mit Tanz statt. In besonders guten Weinjahren wird es an mehreren Abenden wiederholt. Der „Herbst“, also die Weinlese, ist das höchste Fest im Jahr.

Nach der Weinlese wird sofort mit dem Keltern begonnen. Die Trauben werden aus den Bütten in einen Trog geleert, mit einem Stampfer zerstampft und auf die Kelter gebracht und ausgepreßt. Nachbarn oder die nächsten Verwandten und Bekannten helfen sich dabei gegenseitig. Zu der beschwerlichen Arbeit gibt es immer Kartoffelsalat und frische Bratwurst. Jeder Weinbauer keltert selber, hat auch sein eigenes Kelterhaus und seinen Weinkeller (nach einer Schilderung von Wilhelm Mankel).

 

Ablösung des Zehnten:

In den Jahren 1834/1835 aber wurde der Zehnte abgelöst: Die Gemeinde Hochstadt zahlte eine Ablösesumme an den kurhessischen Staat (den Nachfolger der Grafen von Hanau) und die Einwohner mußten dann jahrzehntelang jährlich eine gewissen Summe an die Gemeinde zahlen. Die Zehntkelter war damit überflüssig. So wurde das Anwesen 1836 für 1.800 Gulden an Johann Wilhelm Heckert verkauft. Der Kaufvertrag zwischen dem (Kur-) Hessischen Staatsministerium und Wilhelm Heckert ist noch vorhanden und gut erhalten (kopiert sind nur die beschriebenen Seiten).

Johann Wilhelm Heckert wird als „Gardegrenadier“ bezeichnet, weil er in seiner Jugend eine Zeit bei der Garde war. Aber im Grunde war er wie alle seine Vorfahren ein Bauer und übte diesen Beruf auch später aus. Das Grundstück wurde damit endgültig zu einem Bauernhof, wo bestenfalls der Eigentümer noch seinen eigenen Wein kelterte (der Name Heckert“ bezeichnet ja einen Weinbauern, aber damals hatten fast alle Bauern noch einen oder mehrere Weingärten).

 

Aussehen der Gebäude:

Zum Wohnhaus führt eine Treppe hinauf. Geradeaus kam man in die kleine Küche, rechts waren zwei Wohnräume, links zwei Schlafräume. Eine hohe Treppe führt ins Oberstockwerk, wo die Aufteilung der Räume ähnlich war.

Das Nebengebäude quer zum Wohnhaus war das Stallgebäude. Unten war später auch eine  Werkstatt und oben war ein Lagerraum für Holz und Ähnliches; heute ist das Nebengebäude zum Wohnraum ausgebaut. Zur Scheune hin war ein „Gengel“, ein Lücke zwischen den Gebäuden

Wenn man durch das Tor in den Hof kam, war links der Misthaufen. Die Scheune hatte  rechts die Tenne und links den Kuhstall für vier Kühe. Dahinter war noch ein tiefer Keller, der nach oben aber nur mit einer Bretterdecke abgedeckt war. An der Rückwand der Tenne stand eine Windfege, um die Spreu vom Weizen zu trennen.

Heute ist von der Zehntkelter noch das Stück Mauer links vom Eingangstor erhalten. Unmittelbar neben dem Kelterhaus war noch eine kleine Tür mit einem  Pfosten wie an dem großen Tor, die heute mit Backsteinen zugemauert ist. Auch die Grundmauern der späteren Scheune sind sicher noch alt. Auch der Dachstuhl in Fachwerkbauweise war sicherlich noch vom Kelterhaus. Aber das  Unterstockwerk wurde 1895 mit Backsteinen erneuert und ein Kuhstall eingebaut. Das zeigt der  Deckenstein im Kuhstall mit der Jahreszahl 1895. Er ist heute auf dem Grundstück Hauptstraße 13 in die Mauer zum Nebengrundstück Hauptstraße 15 eingefügt und trägt die Inschrift „K H K 1895“ (Kaspar Heckert). . Auch im Erdgeschoß des Wohnhauses wurde irgendwann das Fachwerk durch Backsteinwände ersetzt.

 

Bewohner des Hauses:

Johann Wilhelm Heckert (1766 – 1841) stammt aus ein alteingesessenen Hochstädter Familie, die sich bis etwa 1620 zurückverfolgen läßt und deren ältestes bekanntes Ehepaar auf einem Grabstein auf dem Kirchhof erwähnt ist. Er heiratet 1800 in erster Ehe Anna Catharina Schäfer und hat mit ihr vier Kinder. Und im Jahre 1813 heiratet er Maria Elisabetha Ebert, mit der er einen Sohn hat.

Nach ihm wohnt Johann Heckert (1804 – 18732) in dem Haus, ein Sohn aus erster Ehe, verheiratet seit 1831 mit Magdalene geborene Weber (1801 – 1841). Es folgt Caspar Johann Heckert (1835 – 1909), verheiratet 1866 mit Elisabetha Huhn (18423 – 1907).

Im Jahre 1922 ist Peter Heckert (1877 – 1961) der Besitzer, zusammen mit seiner Ehefrau Elisabeth geborene Lind (1881 – 1963). Diese stammt aus dem Haus Hauptstraße 13, wo die Eheleute auch wohnten und  arbeiteten und den Hof in der Bogenstraße nur in Reserve hatten. Aber Peter Heckert bezeichnete die Scheune immer noch als das „Kelterhaus“.

In dem Haus Bogenstraße 14 wohnte der Sohn Wilhelm Heckert mit Familie, mit Frau Mat­h­ilde und Sohn Walter. Im Oberstockwerk wohnte die Familie Sauer. Durch Erbteilung kam das Grundstück dann an Walter Heckert, der in Wachenbuchen verheiratet war. Er vermachte das Haus dann an seine Tochter Heike. Diese baute mit ihrem damaligen Mann das Nebengebäude zu einem Wohnraum aus. Die Scheune aber ließ man bewußt verfallen. Die Stadt hatte keine Abrißgenehmigung erteilt, da überließ man das Gebäude dem Zahn der Zeit. Ein Bild hält noch den Zustand fest.

Aber 1995 wurde das Grundstück an die Familie Wirth verkauft. Diese ließ die damals schon baufällige Scheune abreißen bis auf die Mauer um das Grundstück. Im Hof errichtete sie eine neue Überdachung. Im Jahre 2016 verkaufte die Familie das Haus wieder.

Gegenüber an der Güldnergasse steht das Kelterhaus des Herrschaft­lichen Hauses Hauptstraße 10 (siehe Nr. 34). Dort geht man jetzt hin durch die Guldnergasse.

 

34  „Herrschaftliches Haus“ Hauptstraße 10

Das Haus wird „Herrschaftliches Haus“ genannt, weil es der „Herrschaft“ gehörte, also den Grafen von Hanau und später dem kurhessischen Staat. Im ersten Stock war ein großer Raum mit einer Säule in der Mitte, der größte Raum in einem Wohnhaus in Hochstadt (heute läßt sich davon allerdings nichts mehr feststellen). Das hohe Dach deutet darauf, daß hier die „Zehntfrüchte“ zwischengelagert wurden, ehe sie nach Hanau abgeliefert wurden. Die Scheune an der Bogenstraße war das herrschaftliche Zehntkelterhaus, aus Bruchsteinen erbaut etwa 1820 (geschätzt).

Das Haus ging dann in den Besitz des Geheimrats von Goldner über (auch: „Herr von Goldner"), der seinen Stammsitz in Offenbach hatte. Nach ihm ist auch die „Güldnergasse“ neben dem Haus (zwischen der Hauptstraße und der Bogenstraße) benannt. Die Herren von Goldner hatten früher in der Hochstädter Gemarkung ausgedehnte Liegenschaften, besonders Weinberge, die sie selbst bebauten, aber auch verpachteten. Im Jahre 1845 ging das Haus in den Besitz der Familien Peter Burger und Philipp Weber über. Es gehört auch heute noch ihren Nachkommen.

 

 

35  Der Oberbäcker Hauptstraße 11

Im Haus Hauptstraße 11 hat der Oberbäcker sein Geschäft. Gründer der Oberbäckerei ist Philipp Koch, der zweite Sohn Johann Jacob Kochs, der seine Bäckerei im Haus Hauptstraße 21 (Westseite) hatte. Er gibt sein Geschäft an seinen Sohn Hermann Koch weiter. Dessen Frau aus Langenselbold macht aber nicht so richtig mit im Geschäft.

Auch er selber fühlt sich mehr zur Homöopathie hingezogen und gibt die Bäckerei deshalb auf. Er praktiziert zunächst in der Schul­straße und später in Hanau.

Die Oberbäckerei wird - nach mündlicher Überlieferung im Jahre 1903 - übernommen von Jacob, der Sohn des Unterbäckers war und den Beruf vom Vater gelernt hatte. Er ist verheiratet seit 15.05.1898 mit Marie Lenz, Tochter des Händlers Caspar Lenz. Jacob Koch wurde aber Eisenbahner, weil der Halbbruder Ohl die Gemeindebäckerei übernehmen würde. Jetzt drängt ihn der Schwiegervater (Kaspar Lenz, Vater des Maurermeisters und späteren Kohlehändlers Kaspar Lenz, Hauptstraße 15) dazu, die lukrative Oberbäckerei zu übernehmen und gibt wohl auch den größten Teil des Geldes dazu. Nach Jacob Koch übernimmt Kaspar Koch die Oberbäckerei, die dann von seiner Tochter Annemarie und ihrem Mann Klaus Günther betrieben wird.

 

Hauptstraße 8

Im Hof des Hauses Haupt­straße 8 befindet sich ein alter Brunnen. Ein Rundgang durch Hochstadt läßt sich beschließen mit einem Gang durch das Stadtmuseum Hauptstraße 9.

 

Hauptstraße 13

Das Haus hat im Keller ein durchgehendes Kellergewölbe, das unten 80 Zentimeter dick ist und oben 100 Zentimeter. Es ist eines der wenigen Häuser in der Hauptstraße, das keine Ausfahrt nach der Straße hatte, so daß man die Ausfahrt der Bäckerei benutzen mußte (heute Friseurladen).

 

Hauptstraße 17

Eine Inschrift am östlichen Fenstersims lautet „dis haus is gebuet im jahr 1535“ (Schellmann I, Seite 48). Die Inschrift wird im Buch nicht wiedergegeben, weil sie zu verwittert ist und man auf einer Fotografie nichts erkennen könnte.

 

33  Gemeindewirtshaus Hauptstraße 19

Das Haus Hauptstraße 19 war für viele Jahrzehnte das Gemeindewirtshaus. Um 1600 gibt es in Hochstadt zwei Wirtschaften: Die eine ist amtlich und befindet sich im „Spielhaus“ (= Rathaus) und der Wirt wechselt von Jahr zu Jahr. Die andere ist eine „Hecker­wirtschaft“, befindet sich also jedes Jahr in einem anderen Privathaus, allerdings ganzjährig und nicht nur in der Saison wie sonst bei einem „Heckewirt“. Später wird allerdings für mehrere Jahre verpachtet.

Im Gerichtsbuch heißt es im Jahre 1600: „Hans Deniges wird der Gemeindewirt und Hans Weber in seinem eigenen Haus. Es haben die Beiden mit Handgelübde an Eides statt versprochen, den in acht Punkten festgelegten Verpflichtungen eines Gemeindewirtes getreulich nachzukommen!“ Deniges  hat seine Wirtschaft  im Rathaus.

Der Wirt ist zunächst von der Gemeinde direkt angestellt. Später wird der Weinschank verpachtet und die Wirte zahlen 15 Gulden Pacht und von jedem Fuder Wein noch einmal 15 Gulden. Die Pachtzeit beträgt zunächst drei Jahre (nach dem Dreißigjährigen Krieg sechs Jahre). Irgendwann wird die Gemeindewirtschaft in das Haus Hauptstraße Nr. 19 verlegt und bleibt 100 Jahre dort. . Das muß vor 1715 gewesen sein, denn auf dem Ortsplan aus diesem Jahr ist das Haus Hauptstraße 19 als Gemeindewirtschaft ausgewiesen.

An den Gemeindewirt wird auch die Erhebung des Wegegeldes verpachtet, auch „Pflastergeld“ genannt: Jedes fremde Fuhrwerk, welches durch den Ort kommt, muß einen Kreuzer bezahlen. Im Jahre 1731 bringt das Wegegeld im Jahr zehn Gulden, im Jahre 1782 nur noch fünf Gulden.

Das Grundstück umfaßt fast die ganze Fläche zwischen den umliegenden Straßen (außer dem Haus Ecke Hauptstraße / Brunnenstraße. Man konnte von der Hauptstraße hinein fahren und hinten wieder hinaus.  Das war besonders praktisch für die Fuhrleute, die auf dem Weg zur Frankfurter Messe hier Halt machten.

Der letzte Pächter des Gemeindewirtshauses ist Johann Georg Koch. Es ist nicht sicher, wann seine  Pachtzeit begonnen hat. Sein Vorgänger Daniel Porta soll bis 1710 der Gemeindewirt gewesen sein. Wilhelm Mankel gibt 1702 als Beginn der Pachtzeit Kochs  an, aber da wäre er erst 19 Jahre alt gewesen. Eine weitere Angabe spricht von 1707. Sicher  ist dagegen, wie lange die  Pachtzeit ging:  „Am 9. Januar 1723 ist das Haus bei Licht durch den Herrn Amtmann von Hanau öffentlich verkauft worden; und hat Johann Georg Koch mit 2.000 Gulden das letzte Gebot erhalten!“ (Nach anderer Angabe waren es  1.100 Gulden oder auch 2.100 Gulden). Johann Georg Koch kauft also das Haus von der Gemeinde.  Es wird von da an nur noch „Koch‘sche Wirtschaft“ genannt.  Die Zeichen im Schlußstein des Torbogens im Haus Hauptstraße 19 sind Zunftzeichen: Maischegabel der Bierbrauer und Rethaken für Bender (Schellmann I, Seite 50)

Am 31. März 1801 geht die Wirtschaft durch Tausch an Karl Schmidt über. Die Familie Koch zieht in das Haus Hauptstraße Nr. 12. Die Nachkommen der Tauschpartner leben heute noch in den Häusern, der Tauschvertrag ist noch vorhanden. Koch hat die Wirtschaft nicht mehr halten können als Folge von Viehseuchen, der Besetzung durch fremde Soldaten (vor allem Franzosen), durch Plünderung fast aller Vorräte und durch Krankheit und Todesfälle in der Familie. Das Gebäude ist von da an nur noch landwirtschaftliches Anwesen.

Vor dem Wohnhaus mit der Toreinfahrt und der  hohen Außentreppe steht ein Zieh-Brunnen, der letzte von ursprünglich fünf öffentlichen Brunnen. Er blieb erhalten, weil er den Verkehr nicht störte. Die Inschrift „1702....C.S.Schultheis. CT.IK.BGM“ bedeutet CS = Caspar Schmidt, Schult­heiß, die anderen Buchstaben­gruppen nennen die Bürgermeister (= Gemeinderechner). Es handelt sich mit großer Wahrscheinlichkeit um Caspar Trapp (1671 bis 1729) und vielleicht um Jakob Kreischer (gestorben 1729).

 

Im Jahre 2008 wollte der Magistrat der Stadt Maintal den alten Brunnen vor dem Haus Hauptstraße 19 in Hoch­stadt abreißen lassen. Stadtrat Schächer sagt zwar, der Brunnen bleibe erhalten, nur der Bogen über dem Brunnen solle entfernt werden. Der obere Teil des Brunnens sei nicht mehr verkehrssicher. Aber für eine Reparatur sei kein Geld mehr da. Doch ohne den Bogen ist natürlich der ganze Brunnen dahin.

Dieser Brunnen gehört unbedingt zum Bild der Hauptstraße dazu. Es gibt Ansichtskarten mit dem Brunnen und blühenden Geranien im Vordergrund und der Kirche im Hintergrund. Maler nehmen den Brunnen gern als Motiv. Ohne diesen Brunnen ist die Hauptstraße nicht mehr das, was sie ist. Da könnte man ja auch das Historische Rathaus oder den Kirchturm abreißen, die kosten viel mehr.

Natürlich steht der Brunnen wie die ganze Hauptstraße unter Denkmalschutz. Den privaten Besitzern werden Auflagen mit hohen finanziellen Kosten gemacht, wenn sie ihr Haus renovieren wollen, aber die Stadt will nicht einmal bei einem so vergleichsweise kleinen Objekt mit gutem Beispiel vorangehen. Es ist doch nichts weiter zu tun als den „Querbalken“ anzuheben und durch zwei Metallstifte zu sichern. Das kann jeder Steinmetzbetrieb machen, so wie man sonst Grabsteine sichert.

Der Brunnen ist ein handgreifliches Zeugnis Hochstädter Geschichte. Hier ist ein Schultheiß verewigt und dazu zwei seiner Gemeinderechner. Will der jetzige Bürgermeister von Maintal das Andenken an einen seiner Vorgänger auslöschen?

Südlich des alten Gemeindewirtshauses  war früher ein Graben mit zwei Brücken, der bis um 1800 das Oberdorf vom Unterdorf trennte. Früher soll das Dorf nur bis hierher gegangen sein und durch eine Mauer nach Westen abgegrenzt gewesen sein. Auf dem Lageplan des Ortes kann man ihren Verlauf noch erahnen (Richtung Bogenstraße 22).

 

 

32  Gasthaus „Zum Tiger“

Der Zeitpunkt der Gründung des Gasthauses „Zum Tiger“ in der Hochstädter Hauptstraße ist nicht genau festzustellen. Wilhelm Mankel, der früherer Hochstädter Bürgermeister und Geschichtsforscher, gibt an, daß das Gasthaus ab 1731 erwähnt wird. Er nimmt Johann Jakob Stein als Gründer an. Aufgrund der Angaben in den Kirchenbüchern ist das jedoch unwahrscheinlich.

Auf alle Fälle ist die heutige Gaststätte „Zum Tiger“ die älteste Gaststätte in Hochstadt, die bis zum heutigen Tag ununterbrochen Bestand gehabt hat. Da diese Gaststätte etwa ab dem Jahr 1725 sicher bezeugt ist, wird es Zeit, daß im Jahr 2000 endlich das 275jährige Jubiläum dieses Gasthauses gefeiert wird.

 

Ursprünglicher Besitzer:

Das Gebäude gehört im Jahre 1715 Johann Georg Webers Witwe. Dabei könnte es sich um den Ziegler Johann Georg Weber handeln, der am 17. Februar 1693 Margarethe Emmel aus Mittelbuchen heiratete. Das letzte der sieben Kinder wird 1710 geboren, so daß die Frau zwischen 1710 und 1715 Witwe geworden wäre.

 

Bäckerei:

Der westliche Teil des heutigen Gebäudes ist damals noch ein eigenes Grundstück, das Valentin Rohrbach gehört. Dabei handelt es sich wohl um Johann Valtin Rohrbach (geboren am 30.01.1670 in Bischofsheim, gestorben am 01. August 1730), verheiratet am 18.11.1693 mit Anna Margaetha geb. Hirst (geboren am 17.10.1667, gestorben am 12.06.1735). Die Eheleute haben 11 Kinder, geboren zwischen 1693 und 1724.

Rohrbach wird schon 1695 als Gemeindebäcker in den Gemeindeakten erwähnt. In der Hauptstraße war aber nur sein Wohnhaus, denn das Gemeindebackhaus stand ja in der Hauptstraße 36 und wurde jeweils meistbietend verpachtet an einen Bäcker.

Noch 1830 wohnt der Gemeindebäcker in dem Haus in der Hauptstraße (damals Hausnummer 101). Es handelt sich um Johann Jacob Koch, der 1830 noch als Gemeindebäcker erwähnt wird, während es 1831 schon einen neuen Gemeindebäcker gibt.

So müßte sich Koch 1831 im Haus in der Hauptstraße selbständig gemacht und eine private Bäckerei eingerichtet haben. Er wird aber noch 1859 als „Gemeindebäcker“ bezeichnet, obwohl er nicht mehr im Gemeindebackhaus backt. Als am 12. Juli 1853 bei der Einweihung der Schule in der Hauptstraße 4 die Schulkinder Stutzweck aus der Bäckerei Koch erhalten, kommen diese also aus der Bäckerei in der heutigen Hauptstraße 21.

Johann Jakob Koch ist geboren am 22.05.1802 und verheiratet mit Katharine Stein. Nach seinem Tod am 24.07.1849 wird zunächst sein Sohn Johannes sein Nachfolger. Er ist am 02.08.1830 geboren und seit 02.02.1859 verheiratet mit Elisabeth Huhn. Er stirbt am 12.12.1877. Seine Frau heiratet am 05.10.1879 Philipp Kraft. Bei der Hochzeit wird sie als „Witwe des Bäckers Johann Koch“ bezeichnet.

Die Bäckerei wird danach weitergeführt von Peter Koch, dem dritten Sohn Johann Jakob Kochs. Er ist am 11.08.1844 geboren und seit 30.01.1867 verheiratet mit Katharine Eibelshäuser. Aber er muß 1893 die Bäckerei aufgeben. Er zieht mit der Tochter Marie in die Trinkbrunnenstraße 4. Die Tochter heiratet dort Philipp Schäfer, dessen Nachkommen Wilhelm und Friedel Seng in der Klosterhofstraße 2 sind.

Sein ältester Sohn Jacob, geboren 15.06.1867, zieht in das Anwesen seiner Frau - einer geborenen Meerbott - in der Bogenstraße 16, und wird damit der neue „Mittelbäcker“. Er hat die Kinder: Heinrich Koch (geboren 1891), Philipp (geboren 1893) und Katharina (geboren 1901). Die Bäckerei wird vom Sohn Otto im Oktober 1979 aufgegeben.  

           

Philipp Koch, der zweite Sohn Johann Jacob Kochs (geboren am 05.01.1839), verheiratet ab 22.04.1863 mit Anna Maria Eibelshäuser (geboren 10.01.1846), gründet die Oberbäckerei. Diese hat bei seinem Tod am 08.06.1886 die Hausnummer 93, heute Hauptstraße 11. Er gibt das Geschäft an seinen Sohn Hermann Koch weiter. Dieser ist am 23.03.1865 geboren und verheiratet ab 03.07.1892 mit Anna Maria Lamm aus Langenselbold.

Die Frau macht aber nicht so richtig mit im Geschäft. Auch er selber fühlt sich mehr zur Homöopathie hingezogen und gibt die Bäckerei deshalb auf. Er praktiziert zunächst in der Schulstraße und später in Hanau.

 

Das Gemeindebackhaus ist nach der Einrichtung der Bäckerei in der Hauptstraße 21 weiterhin in Betrieb. Offenbar ist dort 1843 ein Bäckermeister Philipp Koch der Pächter, denn bei der Geburt seines Sohnes Johannes, geboren am 27.08.1843 (gestorben 28.05.1864) wird als Wohnung „Gemeindebackhaus“ angegeben.

Im Jahre 1848 wirkt der Bäcker Eibelshäuser im Gemeindebackhaus, der im Haus in der heutigen Ritterstraße 7 auch als Barbier tätig ist. Er stirbt 1848, seine Witwe führt das Geschäft erst noch einige Zeit weiter (heutige Nachkommin ist Frau Lesch).

Im Jahre 1863 ist Philipp Koch I. der Pächter des Gemeindebackhauses, Sohn des Johann Jacob Koch. Bei der Geburt seines Sohnes Johannes am 27.08.1863 wird als Wohnung noch „Gemeindebackhaus“ angegeben. Er ist Gründer der Oberbäckerei und nicht der in den Gemeindeakten angegebene letzte Bäcker im Gemeindebackhaus,

Ein Philipp Koch wird nämlich 1868 in den Gemeindeakten als Bäcker im Gemeindebackhaus erwähnt. Er ist der letzte Bäcker  im alten Gemeindebackhaus innerhalb der Mauer, das wohl zusammen mit dem Untertor im Jahre 1874 abgerissen wurde. Aber dabei handelt es sich um Philipp Koch II., denn bei seinem Tod am 23.12. 1871 wird ausdrücklich als Wohnung angegeben  „Am Unterthor“. Er ist am 26.09.1837 geboren, stammt aber nicht aus dem Beruf, denn sein Vater Daniel Koch (verheiratet mit Apollonia Heckert) und sein Großvater Hieronymus Koch waren noch Landwirte (wohnhaft im Haus Nummer 20).

 

Der Sohn Philipp Koch’s II., Jacob Koch, übernimmt die Oberbäckerei, nach mündlicher Überlieferung im Jahre 1903. Er ist geboren am  26.12.1867 und verheiratet seit 15.05.1898 mit Marie Lenz, Tochter des Händlers Caspar Lenz (geb. 30.10.1875).

Jacob Koch lernte den Beruf eines Bäckers beim Vater, wird aber Eisenbahner, weil der Halbbruder Ohl die Gemeindebäckerei übernehmen würde. Aber dann drängt ihn der Schwiegervater Kaspar Lenz (Vater des Maurermeisters und späteren Kohlehändlers Kaspar Lenz, Hauptstraße 15) dazu, die lukrative Oberbäckerei zu übernehmen. Er gibt wohl auch den größten Teil des Geldes für den Kauf des Geschäfts. Nach Jacob Koch übernimmt Kaspar Koch die Oberbäckerei, die dann von seiner Tochter Annemarie und ihrem Mann Klaus Günther betrieben wird.

 

Die Witwe Philipp Kochs II., Anna Maria geborene Wiegel, heiratet am 26.03.1873 den Bäcker Konrad Ohl, Sohn des Andreas Ohl aus Kilianstädten. Sie betreiben weiter die Gemeindebäckerei. Für 3.900 Gulden wird nach dem Abriß des alten Gemeindebackhauses eine neue Bäckerei außerhalb der Mauer auf dem Grundstück Hauptstraße Nr. 38 errichtet. Es handelt sich um einen üblichen Bauernhof mit Stallung und Scheune. Links von Hinterausgang ist der Brunnen.

Der Bäcker betreibt auch – wie die meisten Einwohner – Landwirtschaft. Die Bäckerei ist mit im Wohnhaus. Wenn man es von der Hauptstraße her betritt, kommt man zunächst in einen breiten Flur, in dem sogar die Kuchenbleche abgelegt werden können. Links ist die Wohnstube, rechts die Backstube. Der gemauerte Ofen steht hinten im Raum und wird mit Holz geheizt, vorwiegend mit Tannen- und Fichtenholz, das in Eigenarbeit im Wald gewonnen wurde.

Die Pacht des Gemeindebackhauses beträgt jetzt 137 Mark im Jahr. Im Jahre 1889/90 wird das Backhaus an Konrad Ohl für 216 Mark verpachtet. Aber er wird auch verpflichtet, für eine Vergütung von 68 Mark den Zuchteber (das Faselschwein) zu halten, so daß er seine Abfälle gut verwerten kann. Ohl stirbt 1894, seine Frau führt das Geschäft noch weiter. Nachfolger ist sein Sohn Heinrich Ohl und danach dessen Sohn Valtin Ohl.

Damals werden Brot und Brötchen nach den Kunden ins Haus zugestellt. Die Bauern brauchen manchmal 15 Brote, um ihre Familie und das zahlreiche Gesinde versorgen zu können. Sie stellen selber das Mehl für das Brotbacken. Der Müller aus Niederdorfelden liefert das Mehl gleich in der Bäckerei ab. Die Bauern zahlen dann nur noch 10 Pfennig Backlohn für den Laib.

Aber mit der Zeit entspricht das Gebäude nicht mehr den Vorschriften für eine Bäckerei und einen Backofen (z.B. zu niedrige Decken). Aber für den Bäcker lohnt es sich auch nicht, in einem nur gemieteten Haus größere Investitionen vorzunehmen. Die Tochter Marie wird noch im Gemeindebackhaus geboren. Aber 1935 baut Valtin Ohl im Haus seiner Frau - einer geborenen Höhl - in der Ringstraße Süd 29 eine eigene private Bäckerei.

Das Gemeindebackhaus wird von der Gemeinde an den Fahrradhändler Philipp Lutz verkauft.

Die neue Unter-Bäckerei wird dann von der Tochter und vom Schwiegersohn Burger weitergeführt. Im Jahre 1985 wird neben der alten Bäckerei die neue Bäckerei errichtet.

 

Johann Jakob Stein:

Um 1750 gibt es in Hochstadt eine Gastwirtsfamilie Meerbott. Der erste Vertreter ist Johann Caspar Meerbott (geboren am 01.05.1681), verheiratet ab 04.01.1703 mit Anna Margarethe Schales. Bei der Geburt des ältesten Sohns Johann Caspar am 14.10.1703 wird er als Mitnachbar und Wirt bezeichnet. Von da an bis zu seinem Tod am 13.02.1737 ist er also als Wirt bezeugt.

Bis 1744 könnte dann sein Sohn Johann Caspar Meerbott junior (geboren 14.10.1703, gestorben 21.03.1746) die Gaststätte gehabt haben, obwohl bei der Geburt seiner Kinder nicht der Beruf „Wirt“ angegeben wird. Er heiratet am 10.02.1729 Anna Margaretha Heckert, mit der er einen Sohn Johannes Meerbott hat, geboren 19.06.1735.

Danach könnte Johann Jakob Stein (geboren 09.07.1710, gestorben 20.3.1791) die Wirtschaft geführt haben. Er ist verheiratet ab 31.7.1732 mit Anna Catharina Meerbott (geboren 29.12.1709), Tochter des Wilhelm Meerbott, Schultheiß (geboren 14.03.1683), verheiratet mit Anna Catharina Will. Diese Meerbotts sind aber nicht direkt verwandt mit den anderen Meerbotts (bis 1650 keine gemeinsamen Vorfahren).

Bei den vor 1744 geborenen Kindern Johann Jakob Stein wird noch kein Beruf angegeben. Aber anläßlich der Taufe seines Sohnes Johannes im Jahre 1744 wird er erstmals als „Bender und Bierbrauer“ bezeichnet. So geschieht das auch bei den weiteren Kindern. Beim siebten Kind Friedrich (geboren 24.9.1749) wird er sogar als „Bender- und Bierbrauermeister” bezeichnet. Pate des Kindes ist übrigens Prinz Friedrich zu Hessen. Auch bei der Geburt von Johann Bernhard (geboren 31.03.1752) wird wieder der Beruf „Wirt“ angegeben.

Johann Jakob Stein hat übrigens ein schweres Schicksal. Er ist höfischer Schultheiß von Groschlag (wie schon früher sein Schwiegervater) Wilhelm Meerbott. Ein „höfischer Schultheiß“ betreute den früheren Ort Groschlag, der südwestlich von Hochstadt im Bereich der heutigen Hofgerichtstraße und Fahrstraße lag. Dieser Ort war eng mit Hochstadt verbunden und wurde praktisch auch von Hochstadt aus verwaltet. Selbst der „höfische Schultheiß“ wohnte oft in Hochstadt. Er hatte an sich nur die Aufgabe, das sogenannte „höfische Gericht“ in Groschlag abzuhalten, eine Pflichtveranstaltung für die Pächter von Grundstücken des Dinghofs in Groschlag (weitere Einzelheiten in dem Buch von Peter Heckert „Aus dem Leben der alten Hochstädter“).

 

Johann Jakob Stein hat ein schweres Schicksal: Er hat einen Teil des von den Groschlager Pächtern abgelieferten Gültweins (Pacht in Naturalien) nicht an die Grafen von Solms-Rödelheim abgeliefert. Er flieht nach Frankfurt. Aber als er zurückkommt, wird er verhaftet und kommt nach Hanau ins Gefängnis. Bei Schanzarbeiten an den neuen Festungswällen macht er einen Fluchtversuch unter dem Vorwand, austreten zu müssen. Er durchschwimmt zunächst die Kinzig. Doch die Wachtposten holen ihn ein und schlagen ihn halbtot, so daß einige Zeit Lebensgefahr besteht. Die sieben höfischen Schöffen drohen mit Rücktritt, falls ihm nicht Genugtuung verschafft wird, die wohl auch erfolgte.

 

Wegen seiner Schulden wird aber 1756 eine Zwangsversteigerung angeordnet. Nur das Vermögen seiner Frau bleibt erhalten, weil sie weder lesen noch schreiben kann und auch sonst wohl ein wenig beschränkt ist. Ihre Familie aber ist sehr reich. Die Gaststätte kann aber nicht vom Schwiegervater Wilhelm Meerbott ersteigert worden sein (so Mankel), weil dieser schon 1750 gestorben ist. Es muß sich also um einen anderen Verwandten aus der Familie der Frau gehandelt haben.

Aber es ist unwahrscheinlich, daß Johann Jakob Stein etwas mit der  Wirtschaft in der Hauptstraße 21 zu tun gehabt hat. Er ist auch kein Alteingesessener, denn sein Vater Adam Velten (Valentin) Stein ist erst aus Wachenbuchen zugezogen. Weder der Vater noch die Kinder Johann Jacob Steins werden als Wirt bezeichnet. Und der von Wilhelm Mankel als Wirt in der Gaststätte Hauptstraße 21 angegebene Philipp Stein gehört nicht in die Familie Johann Jakob Steins, sondern in die andere Gastwirtsfamilie Stein.

Bei der Geburt des letzten Kindes Maria Catharina am 11.06.1753 wird keine Berufsangabe mehr gemacht. Das wird daran liegen, daß inzwischen Johannes Meerbott herangewachsen war (er feierte Mitte am 19.06.1753 seinen 18. Geburtstag) und von da an die Gaststätte führte. Er ist verheiratet ab 19.03.1767 mit Johanna Maria Meerbott (geb. 19.09.1745, Todestag unbekannt, Tochter von Johann Wilhelm Meerbott jun. und Anna Margaretha Weber).

Er wird bei der Geburt der Kinder als „Bender, Bierbrauer und Wirt“ bezeichnet. Er stirbt am

20.06.1770. (Von da ist es nicht mehr weit bis zu Michael Weber, der 1779 seine Wirtschaft angefangen hat. Es könnte sein, daß er die Wirtschaft Meerbotts übernommen hat und dann 1786 in das Haus Hauptstraße 18 verlegte).

 

Spätestens seit 1746 sind drei Wirtschaften in Hochstadt bezeugt: das frühere Gemeindewirtshaus und spätere „Koch’sche Wirtschaft“ in der Hauptstraße 19 (von 1731 bis 1746 im Besitz von Hans Georg Koch), die „Stein’sche Wirtschaft“ in der Hauptstraße 21 und noch eine dritte Wirtschaft, die „Meerbott’sche Wirtschaft“, die zeitweise von Johann Jacob Stein geführt wurde und vielleicht auf dem Rathaus war.

Auch 1753 wird noch einmal erwähnt, daß es drei Wirtschaften in Hochstadt gab. Die Wirte haben in dieser Zeit von jeder Ohm Wein zwei Gulden, von jeder Ohm Bier zehn Albus an die Gemeinde zu entrichten. Doch jeder Wirt hat angeblich 10 Ohm Wein und 55 Ohm Bier ausgeschenkt. Entweder haben sie sich aus Steuergründen abgesprochen oder es handelt sich sowieso um eine Pauschale. Offenbar wird mehr Bier als Wein ausgeschenkt, von Apfelwein oder Branntwein ist nicht die Rede.

 

Die Stein‘sche Wirtschaft:

Eine andere Gastwirtsfamilie Stein ist im 17. und 18. Jahrhundert durchgehend bezeugt. Ihre Mitglieder werden vorzugsweise als „Wirt“ bezeichnet, während der Inhaber der dritten Wirtschaft meist „Bender und Bierbrauer“ genannt wird. Zeitweise wird auch die Bezeichnung „Unterwirt“ verwendet, erstmals 1772 oder 1775.

Das soll nicht bedeuten, daß er nur vertretungsweise Wirt war, sondern daß es sich um eine Gastwirtschaft handelt, die unterhalb des traditionellen Gemeindewirtshauses Hauptstraße 19, der späteren Koch’schen Wirtschaft, gestanden hat. Denn 1775 und 1779 wird der dortige Wirt Philipp Koch als „Oberwirt“ bezeichnet.

Der älteste Vertreter dieser Familie ist Georg Stein. Das geht hervor aus dem Eintrag des Paten bei der Taufe von Johann Georg Stein am 14.12.1662. Er dürfte also um 1600 geboren sein. Sein Sohn Andreas Stein, gestorben 27.09.1688, war verheiratet mit Margreta, geboren 1621, gestorben am 27.03.1695 (im Alter von 74 Jahren).

Sie hatten mindestens einen Sohn mit Namen Johann Georg Stein, der später auch Hans Jörg oder Hans Georg genannt wird. Er ist geboren am 14.12.1662 und gestorben am 12.02.1730. Verheiratet ist er seit 19.1.1693 mit Juliane Koch, geboren am 1.5.1870 und gestorben am 29.3.1720. Sie haben sieben Kinder. Der jüngste Sohn Hans Georg (geboren 31.01.1712, gestorben 15.06.1781) heiratet in die Gaststätte „Zum Hirsch“ in Dörnigheim ein.

 

Der älteste Sohn Andreas Stein (geboren am 02.07.1695, gestorben 13.01.1759) heiratet am 09.03.1724 Anna Magdalena Weber (geboren am 16.3.1704, gestorben 25.10.1771). Das erste Kind Juliana wird am 23.8.1726 getauft. Dabei wird der Vater als Bender (=Küfer, Faßmacher) und Wirt bezeichnet. Die Gaststätte in der heutigen Hauptstraße 21 wird also 1725 gegründet worden sein. Er könnte allerdings auch schon früher Wirt gewesen sein, weil man in früherer Zeit allgemein die Berufe nicht mit vermerkt hat oder weil ein anderer Kirchenbuchführer (also der Pfarrer) sie nicht für wichtig hielt (1726 gab es einen Pfarrstellenwechsel).

Andreas Stein wird auch in den Bürgermeisterrechnungen 1731 als Wirt erwähnt. Dabei wird vermerkt, daß mehr Bier als Wein getrunken wurde. Andreas Stein schenkt etwas über 7 Ohm Wein aus, aber über 55 Ohm Bier. Der Wechsel ist wohl bedingt durch den Dreißigjährigen Krieg, in dem viele Weinberge wüst liegengeblieben sind. Auch bei der Taufe der neun Kinder bis 1749 wird Andres Stein als „Bendermeister und Wirt“ bezeichnet, 1740 auch als „Bierbrauer“, am Schluß nur noch als „Wirt“.

 

Nachfolger wird zunächst das vierte Kind Johannes Stein, (geboren 22.9.1734, gest.?) verheiratet 14.1.1762 mit Catharina Sibylla Koch, (geboren 09.10.1740, gestorben 11.01.1778), Tochter des Johann Philippus Koch, Bierbrauer und Wirt in der Koch’schen Wirtschaft von 1746 bis 1771 (wie aus dem Taufeintrag beim ersten Kind hervorgeht).

Johannes Stein wird bei der Taufe der sechs Kinder meist als „Bendermeister“ bezeichnet, aber auch als Bierbrauer und Wirt. Bei der Geburt von Anna Margaretha am 29.12. 1773 wird er bezeichnet als „Gerichtsmann, war auch Gastwirt dahier“ und „Sohn des Gemeindegastwirts Andreas Stein, Bender und Bierbrauermeister“. Und bei der Geburt von Johann am 14.09.1775 heißt es „Unterwirt und Gerichtsmann“.

Der Eintrag von 1773 klingt so, als sei er zu diesem Zeitpunkt nicht mehr Wirt gewesen. Dazu paßt, daß das neunte Kind des Andreas Stein schon bei der Hochzeit im Jahre 1772 als „Unterwirt“, aber auch als „Bender und Bierbrauer, Gemeindegastwirt und Gerichtsmann“ und „Sohn des Gemeindegastwirts Andreas Stein, Bender und Bierbrauermeister“ bezeichnet wird. Er heißt auch Andreas Stein (geboren 24.1.1749, gestorben 20.2.1830) und heiratet am 16.07.1772 Anna Maria Burger, Tochter Peter Burgers und Anna Margaretha Weber. Bei der Hochzeit und bei der Geburt des jüngsten Sohns wird er als „Unterwirt“ bezeichnet. Patin bei der Tochter Anna Margaretha wird übrigens Anna Margaretha Koch, die Tochter des ersten Inhabers der Koch’schen Wirtschaft Johann Georg Koch, Tante der Kindesmutter.

 

Nachfolger Andreas Steins wird Philipp Stein. Dabei handelt es sich aber nicht um einen seiner beiden Söhne mit Namen Philippus, sondern um  Philipp Stein, ältester Sohn des Johannes Stein, also um seinen Neffen. Johann Philippus wurde geboren am  2 9.7.1763 (gestorben 27.12.1837) und heiratet am 25.02.1790 Apollonia Meerbott (Johann Meerbotts Tochter). Er wird bis zur Geburt seines letzten Kindes 1802 als „Wirt“ bezeichnet.

 

Die Wirtschaft im 18. Jahrhundert:

In den Jahren 1782 und 1787 werden die Wirtschaften in Hochstadt von der Herrschaft verpachtet und die Pacht im Verhältnis 5 : 4 geteilt. So gehen 1787 dann 105 Gulden an die Herrschaft und 84 Gulden an die Gemeinde.

Seit 1787 ist eine Notzeit. Die fürstliche Fruchtverwaltung gibt Korn an Bedürftige ab. Auch 1789 gehen die Zahlungen an die Herrschaft nur schleppend ein. Die Ausfuhr von Getreide aus der Grafschaft wird streng verboten.

Seit 1795 sind Franzosen in Hochstadt und richten in Feld und Wald schwere Verwüstungen an. Es wird Steinkohle gekauft, damit der Schmied Hufeisen für die französischen Pferde machen kann. Zwar kommt es 1795 zu einem Waffenstillstand. Doch im Frühjahr 1796 stehen sich die Armeen wieder gegenüber.

Die Österreicher werden von Erzherzog Karl geführt, die Franzosen von General Jourdan. Am Mittwoch, dem 6. Juli 1796, wird im Hochstädter Rathaus eine kaiserliche Kanzlei eingerichtet. Im Dorf sind 100 Mann Einquartierung. General von Wartensleben ist mit seinem Stab in der Stein'schen Wirtschaft untergebracht.

Am Samstag setzen sich die Kaiserlichen in Marsch. Am 10. und 11. Juli kommt es zur Schlacht von Friedberg und Mehlbach, in der Wartensleben von den Franzosen geschlagen wird. Am Mittwoch kommen Teile der österreichischen Armee durch Hochstadt.

Am Freitag, dem 15. Juli, sind dann die Franzosen unter den Generälen Dalem und Remarque da. Auf den Feldern bei der Hartig wird ein großes Lager aufgeschlagen. Eine starke Kavallerieabteilung wird im Ort einquartiert. Die Generäle werden wieder in der Stein'schen Wirtschaft untergebracht. Dort nehmen auch die Offiziere ihre Mahlzeiten ein. Der Wirt dolmetscht während der sechstägigen Besetzung.

Johannes Schales muß auf Kosten der Gemeinde Kalb- und Hammelfleisch aus Hanau herbeischaffen, auch Weck und Weißbrot müssen besorgt werden. Beim Schmied Georg Klees (Hauptstraße Nr. 20) wird eine französische Schmiede eingerichtet, die Franzosen ziehen den ganzen Vorrat an Hufeisen, Nägeln und Kohlen ein.

Im Ort geht es zu dieser Zeit drunter und drüber. Es kommt zu einem Tumult, auch im Lager am Hartigfeld. Es entsteht ein großer Flurschaden, so daß eine Kommission aus vier Schultheißen sechs Tage zu tun hat, um den Schaden abzuschätzen.

Drei Forstleute müssen drei Tage lang den Schaden an der Hartig feststellen, weil die Franzosen viele Bäume für ihre Lagerfeuer abgehauen haben. Die Bauern müssen viele Vorspanndienste leisten, sowohl für die Österreicher als auch für die Franzosen.

 

Michael Weber:

Michael Weber (geboren 21.10.1762 als Sohn des Johann Georg Weber und Dorothea geb. Schales), war seit 27.04.1780 verheiratet mit Anna Magdalena Stein, Tochter des Michael Stein. Dabei kann es sich an sich nur um die am 18.04.1764 geborene Anna Magdalena Stein handeln (auch wenn sie bei der Hochzeit erst 16 Jahre alt war, aber es gibt sonst keine Trägerin dieses Namens in der in Frage kommenden Zeit). Ihr Vater war zwar kein Wirt, wohl aber ihr Großvater Andreas Stein, der Gründer der Stein’schen Wirtschaft. Michael Weber hat also in eine alteingesessene Gastwirtsfamilie eingeheiratet.

Michael Weber bis  mindestens 1799 noch als „Untertan“ bezeichnet, ab mindestens 1804 aber als Gastwirt. Die Gaststätte besteht nach Wilhelm Mankel seit 1779. Aber damals wäre Michael Weber erst 17 Jahre alt gewesen. Da paßt besser die Jahreszahl 1786, das Jahr, in dem die Gaststätte im Haus Hauptstraße 18 eingerichtet wurde.

Wenn sie vorher schon bestand, dann könnte Michael Weber die Meerbott’sche Wirtschaft übernommen haben, die vielleicht auf dem Rathaus war. Vielleicht war Michael Weber anfangs noch nicht als offizieller Gastwirt anerkannt, weil er nur als „Unterthan“ bezeichnet wird und noch nicht als Gastwirt. Das Todesdatum läßt sich nicht feststellen, weil im Kirchenbuch die Jahre 1819 bis 1823 fehlen. Der Tod müßte in diesen Jahren erfolgt sein. Seine Frau starb am 15.11.1813.

 

Verkauf der Wirtschaft 1815:

Philipp Stein, der letzte Besitzer der Stein’schen Wirtschaft dieses Namens hat viele Schulden durch die kriegerischen Ereignisse 1806 bis 1813 oder auch durch Krankheit. So kommt es 1815 zum Verkauf an den Gastwirt Michael Weber, der seit 1786 im Haus gegenüber das Gasthaus „Zur goldenen Krone“ hat. Er erweitert die Stein’sche Gaststätte 1817 durch Torbogen und Tanzsaal, wie die Inschrift auf dem Torbogen besagt.

Nach Abschluß der Bauarbeiten übergibt er seine Wirtschaften an die jüngere Generation. Sein Sohn JOHANNES WEBER (geboren 04.05. 1787) erhält die Gaststätte „Zum Tiger“. Weil dieser 1832 Schultheiß wird, heißt die Wirtschaft im Volksmund „beim Scholze“.

Im Haus gegenüber, Hauptstraße Nr. 18, richtet Michael Weber die Wirtschaft für seinen Schwiegersohn Johannes Strohl ein. Die Gastwirtschaften in der Mitte Hochstadts sind also seit 1815 in der Hand einer Familie. Es gibt nun nur noch diese zwei Wirtschaften in Hochstadt, denn die Koch’sche Wirtschaft existierte ja nicht mehr.

 

Gaststätte „Zur goldenen Krone”:

Die Tochter Michael Weber, Anna Magdalena (geboren 18.02.1795) heiratet am 20.09.1812  den Witwer  Johannes Strohl, der die Gaststätte übernimmt. Ihre Tochter Anna Katharina (geboren 22.03.1817, gestorben 16.06.1875) heiratet am  12.11.1835 Wilhelm Schales II, (geboren am 09.09.1810, gestorben 24.04.186), Landwirt und Gastwirt.

Das älteste der drei Kinder ist Katharina Schales (geboren 09.10.1836, gestorben 17.01.1893), verheiratet ab 20.05.1858 mit Johann Georg Rauch (07.11.1833 – 23.11.1911, Sohn des Gastwirts Johannes Rauch in Dörnigheim).

Von den sechs Kindern wird Wilhelm Rauch der Nachfolger in der Gaststätte „Zur goldenen Krone” (geboren am 16.03.1873) verheiratet ab 22.07.1894 mit Elisabeth Koch (gestorben am 25.11.1922). Sie haben fünf Kinder:

1. Wilhelm Rauch (geboren 20.01.1895) heiratet am 17.10.1920 Maria Katharina Keller (geb. 21.07.1900), Tochter des Gastwirts Reinhard Keller aus dem Gasthaus „Zum Tiger” (Kinder Andreas, Rudolf und Marianne).

2. Andreas Rauch stirbt schon im Alter von 22 Jahren

3. Die Tochter Margarete heiratet den Zahnarzt Möbus.

4. Philipp Rauch (geboren am 06.02.1901) wird Nachfolger in der Gaststätte „Zur goldenen Krone”. Er heiratet am 30.12.1923 Wilhelmine Maria Schäfer (geboren  am 24.11.1896), die Witwe seines frühverstorbenen Bruders Andreas Rauch. Ihre Kinder sind: Rudolf (gefallen), Elfriede Schoepel (Inhaberin der Gaststätte) und Wolfgang Rauch (Inhaber des Hotels). Philipp Rauch stirbt am  28.05.1968.

5. Die Tochter Magdalene (geboren 18.05.1902) heiratet am 21.07.1926 Wilhelm Höhl (geboren am 30.06.1902), der die Kelterei übernimmt und zu einem Großbetrieb ausbaut.

 

Gaststätte „Zum Tiger“:

Johannes Weber (geboren 01.06. 1787), verheiratet am 15.10.1808 mit Marie Elisabeth Strohl. Bei der Geburt des vierten Kindes Michael, geboren 15.06.1817, wird als Wohnung noch die Hausnummer 59 (wohl die Nummer des Gasthauses „Zur goldenen Krone“) angegeben, bei seinem Tod am 29.03.1855 die Hausnummer 100, die Hausnummer des Gasthauses „Zum Tiger“.

Bei der Geburt des fünften Kindes Elisabetha am 06.02.1821 wird Johannes Weber erstmals als Gastwirt bezeichnet, obwohl der Vater die Gaststätte schon 1817 für ihn gekauft hatte. Es könnte sein, daß die Gaststätte bis 1821 noch auf Michael Webers Namen lief  und er 1820/1821gestorben ist.

Im Jahre 1842 wird erwähnt, daß Johannes Weber sich einen Brennergehilfen geholt hat. Aber danach hat er wohl bald die Gaststätte an den gerade verheirateten dritten Sohn abgegeben. Peter Weber (geboren 17.03.1815, gestorben 22.08.1870) ist ab 13.10.1842 verheiratet mit Elisabeth Weber, Tochter des Peter Weber und der Elisabeth Schröder. Er wird  1853 als Gastwirt in den Gemeindeakten erwähnt. Das Amt fragt 1861 an, weshalb nur die Wirte die Branntweinsteuer zahlen und nicht auch die anderen Brenner. Die Antwort lautet: „Das war schon immer so! Wenn auch die anderen zahlen sollen, würden die Ehrlichen bezahlen und die anderen heimlich Branntwein brennen!“

 

Nachfolger in der Gaststätte wird sein erstes Kind Michael Weber  (geboren 11.10.1843, gestorben 20.04.1912), verheiratet am 04.05.1870 mit Katharina Schales. (geboren 18.04.1880, gestorben 19.11.1937). Das fünfte Kind ist Marie, geboren 18.04.1880, später verheiratete Keller.

 

Das alte Hochstadt:

Es war ein lustiges Leben in Hochstadt in der guten alten Zeit, in der Zeit vor dem ersten Weltkrieg. Aus Nah und Fern, zu Fuß und mit der Bahn strömten die Ausflügler herbei, um sich an den Hochstädter Lokalgenüssen gütlich zu tun. Jeden Sonntag waren die Wirtschaften gedrängt voll, oftmals war kaum ein Platz zu bekommen.

Aber man war in Hochstadt nicht wählerisch: Selbst ein bescheidener Sitz in der Nachbarschaft des Misthaufens wurde nicht verschmäht, wenn nur der Apfelwein nichts zu wünschen übrigließ.

Da wurde gesungen und gelacht, jedermann war heiter und vergnügt. Der Apfelwein tat seine Schuldigkeit: Er löste eine Fröhlichkeit aus, wie man sie an anderen Orten vergeblich sucht. Das war eine echte „Hochstadt-Stimmung“. Überall wurden Apfelweinkrüge herumgereicht. In den Küchen zischten die Eierkuchen in den Pfannen und erfüllten das Haus mit lieblichem Duft. Und schließlich gar die Handkäse, die Würste, die Schinken - alles in vorzüglicher Beschaffenheit und für wenig Geld.

Zuweilen wurde allerdings das Leben und Treiben an den Sonntagnachmittagen zu bunt und artete in Ungemütlichkeit aus. Unter den Fremden befanden sich oftmals auch solche, die nicht „geeicht“ waren und nicht Maß zu halten wußten. Dadurch wurde die Hochstädter Gemütlichkeit mitunter sehr gestört. Es soll auch einen Wirt gegeben haben, dem man den Beinamen „Der grobe Wirt“ gegeben hatte. Der verstand keinen Spaß, wenn es zu toll wurde: Mit Krakeelern machte er wenig Federlesens und setzte sie einfach kurzer Hand an die Luft.

Die eigentlichen Hochstadtgänger verlegten deshalb ihre Besuche lieber auf die Wochentage, an denen es beschaulicher und gemütlicher zuging. Auch soll der Apfelwein mitunter in der Woche merkwürdigerweise besser gewesen sein als an Sonntagen.

 

So bildeten sich im Laufe der Zeit einzelne Gesellschaften, die ihren bestimmten Hochstadttag in der Woche hatten: Die einen kamen am Dienstag, die anderen am Mittwoch oder am Donnerstag. Man konnte fast mit mathematischer Sicherheit an jedem Tag in der Woche bestimmte Gesichter in Hochstadt sehen. Natürlich hatte auch jeder Wirt seine treuen Anhänger. Diese schworen auf „Strohl“, jene hielten es mit „Rauch“ und wieder andere standen fest und treu zu „Michel“ (Gasthaus „Zum Tiger“, seit 1873 im Besitz von Michael Weber). Die Frankfurter gingen gerne zu „Strohl“, die Hanauer ehe in die Gaststätten in der Ortsmitte. Vor allem die Gold- und Silberschmiede aus Hanau brachten viel Geld mit. Sie fuhren mit der Hanauer Straßenbahn bis zur Gaststätte „Rosenau“ und liefen dann durch den Wald nach Hochstadt. Viele kamen auch mit der Bahn. Und wer es sich leisten konnte, der kam mit der Kutsche, so daß manchmal die ganze Hauptstraße mit Fahrzeugen voll gestellt war. Abends gingen sogar Sonderzüge, um die Gäste zurückzubringen.

 

In die Gaststätte „Zum Tiger“ kamen die beliebten „Weinzer“, die Mitglieder eines Hanauer Gesangvereins, die zur Freude der Anwesenden auch einmal ihre Gesänge anstimmten, wenn es ganz gemütlich wurde:

Ein schmuckes enges Gäßchen

führt in das Dorf hinein.

im hohen Neste sitzet

der Storch auf einem Bein.

Geht rechts man um die Ecke,

kommt man zum Gastwirt Rauch,

da gibt es Wurst und Schinken,

und Apfelwein gibt's auch.

(Anmerkung: Der Storch hatte sein Nest auf dem Haus Hauptstraße 33. Um wenn man rechts aus der Bahnhofstraße um die Ecke bog, dann kam man nicht nur zum Gastwirt Rauch, sondern auf der rechten Seite auch zum Gasthof „Zum Tiger“). 

 

 „Die Weinzer" trafen sich regelmäßig am Samstag im „Tiger“ Auch der Bürgermeister beteiligte sich öfter an der Tafelrunde. Eines Tages klagt er den Sangesbrüdern sein Leid, daß die Turmuhr nicht mehr geht, weil der Hufschmied Krebs erkrankt ist und niemand anders sie zu reparieren weiß. Die Hanauer versprechen ihm, am nächsten Samstag einen Mann mitzubringen, der die Uhr wieder in Gang bringt. Ein Goldschmied bringt einen Gehilfen mit, der auf dem Turm die Zeiger auf die richtige Uhrzeit einstellt und auch das Pendel hin und her bewegt.

Der Bürgermeister wird gerufen und stellt mit großer Freude fest, daß die Uhr wieder geht. Als er nach zehn Minuten wieder aus dem Lokal auf die Straße tritt, geht die Uhr immer noch richtig. Da stiftet er den größten Bembel, den das Gasthaus hat, und bezahlt ihn aus der eigenen Tasche. Der Uhr hat es allerdings nicht auf Dauer geholfen.

 

Ein Unfall mit einem Pferdegespann ereignete sich 1905 an der Treppe des Gasthauses. Das Führen eines Pferdegespanns konnte damals durchaus gefährlich werden. Die Pferde waren noch nicht durch Kreuzung lammfromm geworden wie heute. Sehr gern schlugen sie mit den Hinterbeinen aus oder sie gingen mit dem Gespann durch. So geschah es 1905 dem Landwirt Peter Stein, Hauptstraße Nr. 53: Die Pferde rasten mit einer Fuhre Mist die Hauptstraße hoch und stießen an die Treppe des Gasthauses „Zum Tiger“. Bei dem Aufprall brachen die Deichselarme ab und die Pferde galoppierten ohne Wagen davon. Peter Stein starb einige Jahre später auf dem Transport ins Hanauer Krankenhaus, nachdem seine Pferde wieder gescheut hatten und er sie aufhalten wollte und sich dabei einige Rippen brach, von denen eine in die Lunge eindrang.

In den Gaststätten  Zur Goldenen Krone, Zum Tiger, Neuer Bau und Strohl wurde früher die Kerb gefeiert. Deshalb gehörte zu jedem Gasthaus auch ein Tanzboden. Für die Kerb mußten die Wirte jedesmal drei Mark bezahlen, um eine öffentliche Lustbarkeit abhalten zu dürfen. Erst als die Tanzkapellen für die Wirte zu teuer wurden, griff man zur Lösung einer Zeltkerb, weil man dafür nur eine einzige Kapelle brauchte.

 

Gastwirte Keller:

Nachfolger Michael Webers wird der Schwiegersohn Reinhard Keller, Sohn des Landwirts und Gastwirts Andreas Keller in Bischofsheim, aus der Gaststätte in der Bischofsheimer Obergasse, Ecke Breulgasse. Er wurde geboren 22.10.1873, gestorben 25.01.1947, verheiratet seit 23.01.1900 mit Marie Weber. Das Ehepaar wurde geschieden und wieder getraut am 15.08.1921.

Reinhard Keller wurde nach dem Tod des Schwiegervaters 1912 Inhaber der Gaststätte. Bis dahin hieß die Gaststätte im Volksmund nach ihrem Besitzer „Michel“. Vielleicht hat sie bis dahin keinen speziellen Namen gehabt und der Name „Zum Tiger“ kam erst mit der Familie Keller auf.

 

Nach dem Ersten Weltkrieg nahm der Zuzug nach Hochstadt einen ungeahnten Umfang an. Die Apfelweinquellen aber rannen auch andernorts spärlicher und stellenweise versiegten sie ganz. Das waren sehr schlimme Zeiten für die Ur-Hochstadtgänger. Oftmals fanden sie ihre gewohnten Plätze besetzt und ihr ehrlich erworbenes Apfelweinbürgerrecht bedroht. Zudem wurden die Wirtschaften nur mittwochs und samstags am Spätnachmittag geöffnet.

So strömte an diesen Tagen alles, was in nah und fern Apfelweindurst hatte, in Hochstadt zusammen. Oft war es so voll, daß kein Apfel zur Erde fallen konnte. Dann wurde auch einmal der Misthaufen im Hof abgedeckt, um mehr Platz zum Sitzen zu gewinnen. Zeitweise wurde die Ausgabe von Apfelwein eingeschränkt: den Männern wurden höchstens vier, den Frauen nur zwei Schoppen zugebilligt.

Selbstverständlich wurde auch schon damals der „Hohenastheimer“ (scherzhafte Bezeichnung für den Apfelwein) fleißig gehamstert. Manch einer kam mit Reisetasche und Rucksack an, in denen Flaschen und andere Gefäße verborgen waren. Mit einem Trichter bewaffnet wurde der Apfelwein unter dem Tisch dann abgefüllt. Mancher Liter wurde so heimlich fortgeschleppt.

Die schlimmste Zeit brach für Hochstadtfreunde herein, als Hochstadt vorübergehend eine französische Besatzung hatte. Da konnte es mancher Stammgast erleben, daß sein angestammter Sitz von Franzosen besetzt war. Sie verlangten immer wieder „cidre“ (Bezeichnung für den französischen Apfelwein) und führten sich manchmal sehr laut auf.

Auch den berühmten Hochstädter „Handkäs“ gab es nicht mehr. Dieser wurde aus „Käsmatte“ geformt und auf Gestelle hoch oben an der Zimmerdecke gelegt zum Reifen. Ein solches Gestell war auch in einem der Wirtshäuser. Der Qualm aus den Pfeifen der Gäste und der Apfelweindunst stiegen feierlich in die Höhe. Kein Wunder, daß sich unter diesen Umständen ein aromatisches Produkt entwickelte.

 

Seit 1923 war das Gasthaus „Zum Tiger“ das Vereinslokal der Fußballer. In diesem Jahr wurde die Vereinsfahne übrigens auf violett/weiß umgestellt. Nach jedem Spiel traf man sich in der Gaststube. Mancher Sieg wurde hier gefeiert. Und die Pokale wurden natürlich auch in der Gaststätte ausgestellt. Gerade in jener Zeit erlebte der Verein einen großen Aufschwung durch die Verpflichtung von Georg Bauer, dem besten Spieler Frankfurts, und stieg in die Spitze der A-Klasse auf.

Der Wirt Andreas Keller („Scholtse Andres“) war selber ein großer Fußball-Fan. Er hieß deshalb „Flanke“, weil er öfter auf dem Sportplatz den Spielern „Flanke“ zurief. Heute treffen sich in der Gaststätte nur noch die „Alten Herren“, weil der Verein eine eigene Gaststätte auf dem Waldsportplatz hat.

 

Zwischen den (entfernten) Verwandten in den beiden Gaststätten kommt es 1920 noch einmal zu einer Hochzeit. Wilhelm Rauch, Bruder von Philipp Rauch, der die Gaststätte „Zur goldenen Krone“ erhielt, heiratet 1920 Marie Keller, die Tochter Reinhard Kellers. Aus diesem Anlaß pflanzt er die Kastanie, die heute noch den Hof prägt.

Als Beruf Wilhelm Rauchs wird im Kirchenbuch „Gastwirt“ angegeben. Aber er war eher Landwirt im Haus Hauptstraße 32 und hat nur in der Gaststätte Tiger ausgeholfen, vor allem in der Zeit, als die Schwiegereltern geschieden waren

 

Im Jahre 1923 ereignete sich kurz nach dem Abschluß der Elektrifizierung des Ortes eine Begebenheit, die Wilhelm Rauch in einem Gedicht festgehalten hat. Teilgenommen haben an der Suchaktion Andreas Keller (Scholtse Andres, „Flanke"), Georg Schmidt (Sozbächer Schorsch), Jakob Koch (Sattler-Jakob), Heinrich Jost (Wirt in der Gastwirtschaft Strohl) und Wilhelm Rauch (Schorsche Willem).

 

(Erläuterungen: Schale = Fensterladen, Scholtse = Wirt des Tigers, („Schulze“), schickisch = gescheckte  Kuh, Schitt =Schütt,  d.h. Platz vor der Mauer, Schoab=Schneidermeister Scharf, Bran= Flur „Im Brand“).

 

      De gestoule Kouh

Beim Kronenwirt waar Maskeball

do woar Betrieb wei iwerall,

wu Mensche nix wei Faßnoachtsbosse

un domme Straach vom Stapel losse.

Drim woar in Tiger neit vill lus

poar aansche Huschter Birjer bluß,

hun do ihrn Öppelwei geschwabbelt

un iwer annern Leut bebabbelt,

's woar su rächt gemietlich

un jeder dat sich gietlich.

 

Uf aamol kimmt ien aaner Hast

Scholtse's Nochbern ogerast,

dei kreischt vo weirem schun "O wei,

hoalt de Schorndaarm nur schneel ebei,

'n Deibes het euch iengebroche,

er ies dorsch's Schaleloach gekroache.

De Deiwel suoll den Stromer huole

e huot e schickisch Kouh gestuoloe

 

un huot se awe uscheniert

durchs Hiennerdierche fuortgefiehrt,

doas stieht noach uff bis hienewitt,

sie sei enuonner ien di Schitt,

vleicht kuonnt 'r se noach kreje,

das Vieh kann doach neit fleije.

Druff macht sich alles uff die Soacke,

 

e Kouh doas ies kan schlächte Broacke,

sie laafe ien die Noacht enaus

un gucke fast ien jedes Haus,

si rinne wierer bis bein Schoab

un schließlich noach 'm Bran enoab,

doach hun se nix gefuonne

's Käuche woar verschwonne.

Do mant de Schorsch: Bei meiner Ihr

die Sach, dei kimmt mehr bossisch fir.

Etz gieh mer ham uff jeden Fall

un gucke irscht mol ien de Stall.

Un wei se hamwärts sei marschiert,

do hout sich alles ufgekliert:

De Stallknächt hebt sein Leib fir Lache:

Woas macht 'r nur fir domme Sache,

ihr huot euch werrlich oasch blamiert

eich hat dei Kouh bein Ochs gefiehrt,

der ies de Bauern gout gesonne,

e mächt metuonner Iwwerstounne

un aabsolfiert sei Voatterflicht,

wanns sei muß aach beim Lambelicht!

 

 

Nachfolger Reinhard Kellers wird sein Sohn Andreas Keller, Sohn des Landwirts und Gastwirts Reinhard Keller und dessen Ehefrau Marie Weber, geboren 27.04.1902, verheiratet am 02.09.1931 mit Margarethe Kraft, Tochter des Schweinehändlers Johannes Kraft und Margarethe geborene Koch. Sie haben drei Töchter Elfriede, Christine und Annemarie.

Das Anwesen war mit etwas über fünf Hektar ein großer landwirtschaftlicher Hof. Andreas Keller hatte wie viele andere Hochstädter während des Zweiten Weltkriegs einen polnischen „Fremdarbeiter“, wie das damals hieß. Anweisung war, daß die Ausländer beim Essen nicht mit den Deutschen an einem Tisch sitzen durften. In Hochstadt hielt man sich meist daran und verwies den Polen oder Russen beim Essen zumindest in eine Ecke des Zimmers. Keller ließ sich aber von den angedrohten Strafen nicht beeindrucken und war einer von denen, die darauf beharrten, daß der Pole in seinem Haus  auch mit am Tisch essen durfte.

 

Die Gaststätte ist schließlich im Besitz von Frau Elfriede Reismann, der Tochter von Andreas Keller, verheiratet mit Hans Reismann. Er repariert im Hof Autos und beult das Blech mit einem Baumstamm aus. Doch wegen seiner Alkoholsucht verkommt das Grundstück immer mehr. Es war lange Zeit unverkäuflich. Der erzielte Preis langt gerade, in Dörnigheim in der Elbestraße ein Reihenhaus zu erwerben

 

Ehepaar Jochims:

Das Anwesen, einer der stattlichsten Höfe mitten im Dorf, wird von Auswärtigen erworben. Neuer Besitzer wird das Ehepaar Jochims, das vorher in Frankfurt-Sachsenhausen gewohnt hat. Reimer Jochims ist 1935 in Kiel geboren und Lübeck aufgewachsen. Von Beruf ist er Maler und hat auch nebenbei Philosophie und Kunstgeschichte studiert. Außerdem ist er Bildhauer, also Künstler und Kunsttheoretiker.

Von 1967 bis 1971 lehrte er an den Kunsthochschulen Karlsruhe und München. Ab 1971 war er Professor für freie Malerei und Kunsttheorie an der Frankfurter Kunsthochschule (Städelschule) und von 1974 bis 1985 deren Rektor. Bis 1974 unterscheidet er zwei Arbeitsphasen in der Malerei, bei der die erste mehr von Zeichnungen geprägt ist, die zweite mehr von den „Formen der Farbe“. Seit 1976 widmet er sich auch der Bildhauerei und seit 1979 entstanden die Malbücher. Seit 1990 hat er Ausstellungen in vielen deutschen und österreichischen Städten. Bisher liegen sieben Veröffentlichungen von ihm vor.

Seine Frau Heinrike geborene Peters, geboren 1940, ist Psychotherapeutin und hat im Haus ihre Praxis. Das Grundstück in Hochstadt erwarben die Eheleute 1980. Sie leben zusammen mit Freunden in einer christlichen Wohngemeinschaft. Auf Vorschlag eines Freundes gaben sie dem Anwesen den Namen „Eliashof“. Damit beziehen sie sich auf den Propheten Elia aus dem Alten Testament. Von der Gestalt dieses einsamen, aber in seiner Glaubensüberzeugung unbeugsamen Mannes fühlten sie sich angesprochen. Seine Geschichte haben sie im Treppenhaus festgehalten zusammen mit einer Postkarte, die eine Elia-Ikone vom Berg Athos zeigt.

Die Nebengebäude werden neu errichtet. Im Jahre 1989 ist die Renovierung abgeschlossen. Ein Tisch und zwei Bänke aus der Gaststätte befinden sich heute im Gaststättenraum des Stadtmuseums.

Doch das Grundstück soll nicht nur dem Wohnen von Menschen dienen. Zur Erinnerung an die frühere Landwirtschaft werden auch noch Tiere gehalten und zwei Weinstöcke (weiß und rot) gepflegt. Die Familien besitzen auch eine Streuobstwiese am Schützenhäuschen, zwei Familien auch einen größeren Garten. Überhaupt setzt sich die Gemeinschaft für den Umweltschutz ein und pflegt zum Beispiel die alten Weiden auf der Gemeindeweide in der nördlichen Hochstädter Flur.

Als Beispiel für das Wirken Professor Jochims wird hier ein Artikel aus der „Frankfurter Rundschau“ vom Beginn des Jahres 2000 wiedergegeben:

Gefäß-System Mensch

Reimer Jochims zeigt eigene und archäologische Werke (Von Sandra Danicke)

Wer nicht weiß, was es ist, dem kann eine ägyptische Schminkpalette, fünftausend Jahre alt und aus Schiefer, genausogut ein monochromes Bild sein. Und wer nicht in Kategorien denkt, für den mag ein viertausend Jahre alter Alabaster-Becher aus Permen ein schlicht-vollkommenes Objekt sein. Für Reimer Jochims ist die kategorische Trennung zwischen Kunst und Kunstgewerbe obsolet: ,,Formkraft, Ausdruck, Inspiration sind Kriterien der Unterscheidung von kunsthandwerklichem Fleiß oder bloßer ästhetischer Perfektion".

1990 zeigte Reimer Jochims im Portikus ein Exponat aus dem Museum für Vor- und Frühgeschichte. Es war ein Faustkeil aus Israel, circa 100000 vor Christus, und nur eines von zahlreichen archäologischen Fundstücken, mit denen der Künstler seine Malerei konfrontiert hatte. „Bilder und Vorbilder“ hieß die Ausstellung und die reichten von afrikanischen Masken bis zum chinesischen Ritualgefäß. Jetzt hat besagtes Museum den Maler zu einer Ausstellung geladen, wofür sich dieser aus dem Bestand bediente.

Unter dem Titel „Erde und Licht“ sind nun also 18 prähistorische Objekte sechs Bildern des ehemaligen Städelschulprofessors gegenübergestellt. Zum Beispiel der Alabaster-Becher, der mit seiner schlichten Form und von oben beleuchtet, den diffus changierenden Farbbildern Jochims' optisch am nächsten kommt.

Es sind fast ausschließlich Gefäße, für die sich der Künstler entschieden hat, mittel- und vorderasiatische, antike und vorgeschichtliche - eine symbolträchtige Form:  „Der Mensch ist ein Gefässystem“, schreibt Reimer Jochims im Katalog, „er wird gefüllt mit Speise und Trank, mit Luft und Sonnenenergie ... Wenn wir wahrnehmen, füllt sich unser Geist mit Erfahrung und Erkenntnis, die im Bewußtsein verdaut werden.“

Vom Menschen geformte Vasen symbolisierten neben ihrer aufbewahrenden Funktion die „Gefäßhaftigkeit als Grundform des Lebens“. Die gerundete Kontur der Gefäße findet sich auch in den Bildträgern des 1935 in Kiel geborenen Malers wieder: Spanplatten mit konvexer oder konkaver Silhouette, deren Bemalung Ausdehnung, Durchlässigkeit und (oder Tiefe) suggerieren. Häufig sind es die puristischen Formen, die Jochims faszinieren, bisweilen jedoch auch aufwendig Bemaltes oder Modelliertes wie etwa ein persisches Vogelgefäß (1. Jahrtausend v. Chr.) mit Schnabelausguß und lustig eingerollten Füßen.

Außer den Schalen, Kannen, Vasen und Bechern hat Reimer Jochims drei weibliche Statuetten ausgewählt, keine höher als 20 Zentimeter, und dennoch ausdrucksstark in ihrer Vereinfachung und darin modernen Kunstwerken sehr nahe.

 

Die Gaststätte war dann lange verpachtet an Andreas Sielaff, geboren 1981 in Frankfurt. Nach Hochstadt kam er, weil seine Eltern seit 1965 (?) dort wohnten. Er wohnt in der Vogelsberg­straße, ist verheiratet und hat ein Kind. Die Gaststätte führt er seit 1987, im Jahre 1989 hat er sie renoviert und in der heutigen Form eingerichtet. Die Gaststätte ist täglich von 17 bis 1 Uhr geöffnet. Spezialität im Angebot der Gaststätte ist die Pizza, die auch nach außerhalb geliefert wird. Zwei Küchenkräfte und zwei Bedienungen stehen dazu bereit.

 

31  Gasthaus ,,Zur goldenen Krone"

Die Firma Höhl sagt heute: „Gasthaus und Kelterei (!) werden 1779 von Michael Weber gegründet und bis 1817 geführt. Michael Weber ist der Erste, der im Apfelwein eine gewerbliche Erwerbsquelle sieht und nicht mehr nur auf den Wein baut“. In der Festschrift zum 225jährigen Jubiläum heißt es unter der Überschrift „Der gute Stern des Michael Weber“: „Michael Webers Sternstunde kam im Jahre 1779. Sein Stern hatte die Gestalt eines Apfels. Michael Weber zögerte keinen Augenblick und gründete eine Apfelweinkelterei. Es gehörte damals eine Menge Mut dazu, den Apfel als Lebens- und Existenzgrundlage zu wählen. Denn im Jahre 1779 war Hochstadt eine blühende Weinbaugemeinde. Der Anbau von Äpfeln und anderem Obst wurde nur so nebenbei betrieben!“ Doch das ist wohl mehr ein Wunschdenken, das die heutige Werbung für den Apfelwein etwas unterstützen soll.

Bei Michael Weber ist nur die Rede davon, daß er Wirt ist. Er wird also vor allem Wein und Bier ausgeschenkt haben. Wahrscheinlich hat er für den Hausgebrauch auch etwas Apfelwein hergestellt. Aber seine Gäste wären dumm gewesen, wenn sie nur Apfelwein getrunken hätten, wo es doch Wein gab. Es kann also keine Rede davon sein, daß schon er im Apfelwein eine gewerbliche Erwerbsquelle gesehen hätte. Michael Weber hat nicht nur Apfelwein gekeltert, denn im Jahre 1805 wird gesagt, daß Frantz Fuchs aus Polnisch-Preußen als Branntweinbrenner bei Wirt Michael Weber ist.

Das Wort „Apfelwein“ ist in den Gemeinderechnungen des 16. und 17. Jahrhunderts nicht zu finden, obwohl man den Obstwein als Getränk für den Hausgebrauch kennt. Im Jahre 1753 gibt es drei Wirtschaften in Hochstadt. Jede zahlt Abgaben an die Gemeinde für 10 Ohm Wein und 55 Ohm Bier. Es wird also offenbar mehr Bier als Wein ausgeschenkt, von Apfelwein oder Branntwein ist nicht die Rede.

Die Gastwirtstradition der Familie Höhl reicht hinter das Jahr 1779 zurück. Das muß aber nicht unbedingt für die Keltertradition gelten und schon gar nicht für das Apfelweingeschäft. Das Apfelweingeschäft begann erst mit dem Gastwirt Georg Rauch.

 

Michael Webers Vorfahren hatten zunächst nichts mit dem Gastwirtsberuf zu tun. Der älteste bekannte Vorfahre ist Hans Weber, ein Leineweber aus Hanau. Sein Sohn Heinrich heiratet 1677 die Tochter des Lehrers Schüler und kommt so nach Hochstadt. Sein Grabstein steht noch heute auf dem Kirchhof rechts an der Mauer (Nummer 6). Sein Sohn Johannes ist wieder Ziegler. Das ist auch bei Johann Georg Weber, dem Vater des Michael Weber, anzunehmen, obwohl dessen Beruf nicht genannt wird.

Der Ausgangspunkt für Michael Weber war die Gaststätte Stein (heute: „Zum Tiger“). Zwei Söhne des Andreas Stein werden nacheinander Wirt in der Stein’schen Wirtschaft, nicht aber Johann Michael Stein, der Vater der Anna Magdalena Stein, die nachher Michael Weber geheiratet hat. Es waren die Onkels der Anna Magdalena Stein, die die Wirtschaft führten. Der ältere Onkel Johannes (nach 1775 gestorben) hat aber wohl bald die Wirtschaft aufgegeben, weil der jüngere Onkel Andreas bei seiner Trauung 1772 schon Wirt ist.

Am 21. Oktober 1762 ist Michael Weber geboren als Sohn des Johann Georg Weber und Dorothea geborene Schales. Im Jahr 1779, das von der Familie Höhl im Anschluß an ein Gutachten von Wilhelm Mankel als Gründungsdatum ihrer Firma angegeben wird, war er also gerade einmal 17 Jahre alt. In diesem Jahr hat er sich vielleicht verlobt mit Anna Magdalena Stein, Enkelin des Benders Andreas Stein (1695 bis 1759).

Danach hat er wahrscheinlich seine Lehre in der Stein’schen Gaststätte gemacht oder dort mit geholfen. Am 27. April 1780 heiratet er Anna Magdalena Stein, Tochter des Michael Stein. Dabei kann es sich nur um die am 18. April 1764 geborene Anna Magdalena Stein handeln (auch wenn sie bei der Hochzeit erst 16 Jahre alt war, aber es gibt sonst keine Trägerin dieses Namens in der in Frage kommenden Zeit).

Ihr Vater war zwar kein Wirt, aber ihr Großvater Andreas Stein, der Gründer der Stein’schen Wirtschaft. Michael Weber hat also in eine alteingesessene Gastwirtsfamilie eingeheiratet.

 

Das Paar macht sich im Jahre 1786 selbständig. Aber Michael Weber „kauft“ nicht das gegen­überliegende Haus Hauptstraße 18, um dort eine Gaststätte einzurichten. Der obere Teil der heutigen Gaststätte gehörte ja schon der Familie. Den unteren Teil erbt er von seiner Mutter, 7die eine Enkelin des Johannes Trapp ist, der 1715 das Haus besaß. Auch der dritte Teil des Hauses nach dem Rathausplatz zu gehörte 1715 Gregor Trapp, einem Onkel des Johannes Trapp (der allerdings auch andere Nachkommen hat).

Wenn Michael Weber sich aber als Wirt selbständig machte, dann setzt das wohl voraus, daß er schon vorher in einer Gaststätte tätig war. Aber es war wohl nicht die Wirtschaft im Rat­haus, die noch 1787 als „Wirtschaft auf dem Rathaus“ bezeichnet wird. Eher war er doch wohl in der Wirtschaft Stein beschäftigt.

Im Jahre 1799 ist Michael Weber noch „Untertan“ und nicht Bender oder Wirt. Im Jahr 1790 wird er erstmals als „Wirt“ bezeichnet. Das ist bei der Beerdigung von Johann Adam Noll. Von ihm wird gesagt, er sei Knecht bei dem „Wirt“ Michael Weber. Auch im März 1803 wird Anna Katharina Weber Patin in der Familie des Zieglers Andreas Weber, eine Tochter des „Gastwirts“ Michael Weber.

Aber bei den Taufen der eigenen Kinder wird er erst im Jahre 1804 als „Unterthan und Gastwirt“ bezeichnet. Vielleicht war er anfangs noch nicht als offizieller Gastwirt anerkannt, weil er nur als „Unterthan“ bezeichnet wird und noch nicht als Gastwirt.

Von den Kirchenbüchern her gesehen wird Michael Weber erst um 1790 Gastwirt. Wie Wilhelm Mankel auf das Jahr 1779 gekommen ist, das ist nicht recht deutlich. Hat er noch andere Quellen ausgewertet, zum Beispiel die Gemeinderechnungen? Jedenfalls schreibt er in einem Gutachten vom 26. Februar 1951: „1779 wurde von dem hiesigen Einwohner Michael Weber in Hochstadt eine Gastwirtschaft auf der Hauptstraße gegenüber dem Rathaus, verbunden mit einer Wein- und Apfelweinkelterei, gegründet...“

Michael Weber führt die Gaststätte in der Hauptstraße 18 bis zum Jahre 1817. Beim Tod ist er nur noch „Landwirt“, weil er die Führung der Gaststätte schon abgegeben hatte. Als er am 9. September 1836 stirbt, wohnt er auch in der Hauptstraße 21. Die Eheleute haben neun Kinder, von denen aber nur drei heiraten. Sein Sohn Johannes wird der Schultheiß und führt die Stein’sche Wirtschaft.

 

Die Tochter Anna Magdalena, das sechste Kind (1795 bis 1867), heiratet 1812 den Witwer Johannes Strohl (1779 bis 1848), der „der Dicke“ genannt wird. Er ist im Jahre 1817 noch „Landwirt“, aber ab 1819 ist er dann „Gastwirt“. Er führt die Gaststätte „Zur goldenen Krone“ bis 1829. Dann wird die Wirtschaft auf sechs Jahre an Kaspar Schäfer verpachtet, der später die Gaststätte „Zum Neuen Bau“ baut. Während dieser Zeit heiratet das dritte Kind des Besitzers Johannes Strohl, nämlich die Tochter Anna Katharina (1817 bis 1875), den Ortsbürger Wilhelm Schales (1810 bis 1861), der dann 1835 die Wirtschaft übernimmt. Er wird 1836 und 1857 als Gastwirt erwähnt.

 

Die Tochter Katharina (1836 bis 1893, das älteste Kind) heiratet 1858 den Ackermann (Johann) Georg Rauch (1833 bis 1911), Sohn des Gastwirts Johannes Rauch in Dörnigheim. Als Wilhelm Schales am 24. April 1861 (nicht 1860) im Alter von kaum 50 Jahren stirbt, übernimmt sein Schwiegersohn Georg Rauch von 1861 bis 1908 die Gaststätte. Bei der Geburt der Tochter Katharina am 6. Januar 1861 wird er noch als „Ackermann“ bezeichnet. bei der Geburt des Sohnes Wilhelm im Jahre 1862 ist kein Beruf angegeben. Bei der Geburt der Tochter Elisabethe 1863 lautet der Beruf „Gastwirt“.

 Georg Rauch ist der Gründer des Apfelweingeschäfts, das er mit einem Versandhandel verbindet. Er erweitert den Kundenkreis auch auf Offizierskasinos und eine Militärreitschule. Die „besseren Kreise“ (Beamte, Unternehmer, Offiziere, Adlige) lassen sich den Apfelwein gern faßweise ins Haus senden. Der „kleine Mann“ dagegen trinkt seinen Schoppen eher im Stammlokal. Georg Rauch wird von den Hochstädtern „der alte Schorsch“ genannt, von den Gästen aus Hanau aber „Löwenschorsch“.

Georg Rauch stellt schon „Hochstädter Speierling“ her, nach dessen Rezept noch heute „Der alte Hochstädter“ hergestellt wird. Außerdem vertreibt er auch Traubenwein der Marke „Hochstädter Riesling“.

Der Name „Gasthaus zur Krone“ taucht in den Kirchenbüchern erstmals 1892 auf beim Tod der Wirtin Catharina Rauch. Bis 1896 wird für das Gasthaus die Hausnummer 103 (heute Klinkerbau) angegeben. Im Jahre 1899 ist es die Hausnummer 104 (Fachwerkbau). Die Familie ist wohl inzwischen in den anderen Teil des Hauses gezogen.

Das Gebäude Hauptstraße 18 ist ein Doppelhaus. Das westliche Haus war ursprünglich niedriger als das weiter oben gelegene. Es hatte zwei Freitreppen und eine Torfahrt. Hier hatte die Familie ihre Privatwohnung. Durch drei Treppenstufen waren die beiden Häuser miteinander verbunden.

Das linke Haus wurde 1908 abgerissen und durch einen Neubau ersetzt. Die Zeichnung stamm­te vom Kreisbaumeister, der darauf bestand, daß das Oberstockwerk in Fachwerk ausgeführt wurde. Die Decke über dem Erdgeschoß besteht aus Balken, von denen einer neben dem anderen liegt.

Die aus Blendstein gemauerte Südwestecke ist bis zur 41. Schicht aus Steinen gemauert, die ein Maurer an Ort und Stelle zu einem stumpfen Winkel geschliffen hat. Das Grundstück ist nämlich nicht rechtwinklig, und deshalb paßten die angelieferten Steine nicht. Der Mann hatte so für einige Zeit einen bequemen Posten, bis dann die vom Werk gefertigten Steine ankamen. Das ganze Haus wurde mit Azetylengas vom Keller bis zum Dachboden erleuchtet.

Die vier großen Fenster im rechten Gebäude gehören zum alten Tanzsaal. Hinter den Fenstern rechts und links der Tür unterhalb des Saals befand sich bis 1906 die Gaststube. Heute ist rechts von der neuen Tür das Kolleg der Gaststätte. Mit zur Familie gehören auch die Gebäude am Rathausplatz bis in die Bogenstraße hinein. Dieser Gebäudeteil ist von 1911 (Inschrift: „Wilhelm Rauch 1911“).

 

Georg Rauch hat als erster Inhaber einen Sohn, der die Wirtschaft übernimmt (auch die Vorgänger hatten Söhne, aber offenbar wollte keiner die Wirtschaft haben). Es ist Wilhelm Rauch (1873 bis 1922), der zwar schon im Jahre 1899 als Gastwirt bezeichnet wird, aber erst von 1908 bis 1921 offiziell das Geschäft führt. Nach seinem Tod führt seine Witwe Elisabeth Rauch geborene Koch das Geschäft bis 1934 weiter.

Die Eheleute haben fünf Kinder:

1. Wilhelm Rauch (geboren 1895) heiratet am 1920 Maria Katharina Keller, Tochter des Gastwirts Reinhard Keller aus dem Gasthaus „Zum Tiger” (Kinder Andreas, Rudolf und Marianne).

2. Andreas Rauch (geboren 1896) stirbt schon im Alter von 22 Jahren.

3. Die Tochter Margarete (geboren 1899) heiratet den Zahnarzt Möbus.

4. Philipp Rauch (geboren am 6. Februar 1901) wird Nachfolger in der Gaststätte.

5. Die Tochter Magdalene (geboren 1902) heiratet 1926 Wilhelm Höhl, der die Kelterei übernimmt und zu einem Großbetrieb ausbaut.

Im Jahre 1934  übergibt Elisabeth Rauch die Gaststätte an ihren Sohn Philipp Rauch. Dieser  heiratet 1923 Wilhelmine Maria Schäfer, die Witwe seines früh verstorbenen Bruders Andreas Rauch. Deren Kinder sind: Rudolf (gefallen), Elfriede Schöpel (Inhaberin der Gaststätte) und Wolfgang Rauch (Inhaber des Hotels). Philipp Rauch stirbt am 28. Mai 1968. Matthias Schöpel, der Enkel Philipp Rauchs, ist heute Eigentümer der Gaststätte und des Hotels und auch keltert selber wieder im alten Keller unter dem Hotel.

 

Die Kelterei übergibt Elisabeth Rauch damals ihrem Schwiegersohn Wilhelm Höhl. Dieser baut dann in der Hauptstraße 63 eine für damalige Verhältnisse moderne Großkelterei. Erst Wilhelm Höhl macht die Apfelweinherstellung zu seinem alleinigen Erwerbszweig, ohne selber eine Gaststätte zu haben. Seit 1963 ist die Kelterei im Osten Hochstadts ansässig. Als „Landkelterei Höhl“ war die lange Zeit der Marktführer bei der Apfelweinherstellung. Seit 2006 arbeitet sie bei eingeschränkter Produktion mit den Keltereien Heil (Laubuseschbach) und Rapps (Karben) zusammen. Danach ging sie ganz in das Eigentum von Rapps über.

 

Übrigens ist auch Valentin Höhl, der Großvater des Keltereigründers Wilhelm Höhl, von Beruf Gastwirt. Er ist geboren in Griesheim bei Darmstadt, woher seine Eltern stammen, und heiratet 1873 Margaretha Hartmann, die noch in Bergen geboren wurde, woher ihre Eltern stammen. Diese war bereits in erster Ehe verheiratet mit dem Gastwirt Jacob Schäfer, der am 15. Dezember 1872 gestorben war und die Gaststätte „Zum Neuen Bau“ hatte. Der Name „Höhl“ wird damals noch „Hehl“ geschrieben, wie man es im Dialekt ausspricht. Noch bei der Taufe des zweiten Kindes im Jahre 1877 wird angegeben, er sei Gastwirt von Beruf.

 

30  Rathaus

Das Historische Rathaus nimmt einen bevorzugten Platz innerhalb des Ortes ein. Frei steht es an der Hauptstraße und kündet jedem vom Stolz der Hochstädter Bürger aus vergangenen Tagen. Der Mittelpunkt eines Ortes hieß anfangs nicht Rathaus, sondern „Spielhaus“. Das Wort kommt von der Bezeichnung für „Rede, Erzählung“ in der mittelhochdeutschen Sprache. Diese Silbe „spiel“ kommt heute noch in dem Wort „Kirchspiel“ vor, das den Bereich bezeichnet, aus dem die Gemeinde zum Reden und Hören zusammenkommt. Das Haus war also für die ganze Gemeinde bestimmt. Hier gingen die „Nachbarn“ hin, wenn sie unter der Halle etwas bereden und Neuigkeiten erfahren wollten. Hier wurden Verordnungen bekanntgemacht.

Hier meldeten sich wegmüde Wanderer, wenn sie die Mildtätigkeit der Gemeinde in Anspruch nehmen wollten. Der Bürgermeister reichte ihnen dort Speise und Trank oder auch Almosen aus dem Gemeindesäckel. In Hochstadt wurden jährlich sechs Gulden „um Gottes willen“ gegeben.

Im Jahre 1598 wird in Hochstadt erstmals ein „Spiel­haus“ genannt. Das Unterstockwerk eines solchen Hauses bestand in der Regel aus einer offenen Halle mit Arkaden, so daß die Redewendung war „unter dem Spielhaus“. Hier hielt das Gericht seine Sitzungen ab. Meist war auch eine Trinkstube in einem solchen Haus. Mit der Zeit gab es aber immer mehr Herbergen und Wirtshäuser. Andererseits vermehrten sich die Schreibereien und Geschäfte des Bürgermeisters immer mehr. So nahm dann die Gemeindeverwaltung das Haus in seinen alleinigen Besitz und es wurde zum Rathaus.

Zeitweise muß im Rathaus auch Wirtschaft gewesen sein. Um 1600 gibt es in Hochstadt zwei Wirtschaften: Die eine ist amtlich und befindet sich zunächst im „Spielhaus“ (Rathaus) und der Wirt wechselt von Jahr zu Jahr. Sie wird noch 1787 als „Wirt­schaft auf dem Rathaus“ bezeichnet. Die andere Wirtschaft ist eine „Heckerwirtschaft“, befindet sich also jedes Jahr in einem anderen Privathaus, allerdings ganzjährig und nicht nur in der Saison wie sonst bei ei­nem „Heckewirt“. Später wird allerdings für mehrere Jahre verpachtet.

Das alte Hochstädter Rathaus soll im Dreißigjährigen Krieg zerstört worden sein. In den Jahren 1683/84 wird es neu aufgebaut. Es war ein Fachwerkbau auf offener Steinhalle. Darüber war der  Sitzungsraum der Gemeinde­vertreter, der „Geschworenen, und wohl auch ein Dienstzimmer für den  Bürgermeister.

Das Rathaus ist Tagungsort des Dorfgerichtes. Am Ostermittwoch 1605 zum Bei­spiel wird nach altem Brauch unter dem „Gemeindespielhaus“ das Dorfgericht gehalten. Die Feldschützen berichten über Verstöße gegenüber Nachbarn. Die Weinmeister bringen vor, was die Wirte, Metzger, Bäcker und Krä­mer sich an Betrügereien geleistet ha­ben. Die Gemeinde ist verpflichtet, Got­teslästerungen und Scheltworte anzu­bringen. Im Herbst findet immer ein sogenannter „Rügetag“ statt.  Im Anschluß daran wird die Schließung der Weinberge ver­kündet. Seit 1614 darf der Rügetag auf Befehl des Amtmanns aber nicht mehr am Sonntag gehalten werden. Die Versamm­lung findet auf dem Rathaus statt, jeder muß bei Strafe von fünf Gulden erschei­nen.

 

Die Inschrift über der heutigen Eingangstür lautet: „Vorsteher als HW Schultheis Gerichtsleith DB HS HMB PB PM HS PS CMB AST. 17 Burgermeister als MW HST 84, Gerichtsdiener A ST“.

Der Schultheiß ist Johann Weber (= Hans Weber). Er ist 1733 geboren und tritt 1784 sein Amt an. Unter den „Gerichtsleuten“ sind die Gemeindeverordneten zu verstehen, aber diese lassen sich natürlich nur schwer identifizieren. Wahrscheinlich handelt es sich um folgende Personen (mit Jahreszahl der Erwähnung in den Kirchenbüchern und mit dem Hochzeitsdatum):

„DB“     =  Daniel Burger                               1767 und 1790           (verheiratet 1752)

„HS“     =  Johannes Stein                              1773                           (verheiratet 1762)

„HMB“ =  Johann Meerbott                          1769 bis 1781             (verheiratet 1773)

„PB“     =  Peter Brosch (Johann Peter)         1786                           (verheiratet 1753)

„PM“    =  Philipp Jakob Müller, Lehrer        1781 bis 1789 (?)

„HS“    =  Johannes Schales                           1787 bis 1799             (verheiratet 1771)

„PS“     =  Peter Schmidt (Schmitt)                1797                           (verheiratet 1771)

„CMB“ = Johann Caspar Meerbott               1782 bis 1806             (verheiratet 1773)

„AST“  = Andreas Stein                                  1801 und 1807           (verheiratet 1772).

 

Die zwei Bürgermeister sind die Rechnungsführer der Gemeinde. Ihre Namen ließen sich aber nur über die Gemeinderechnung feststellen. Allerdings fehlt ausgerechnet die Gemeinderechnung von 1784. Doch die Bürgermeister haben auch noch in späteren Jahren Gelder in die Gemeindekasse eingezahlt, so daß sich die Namen „Michael Weber“ und „Jakob Stein“ feststellen lassen (diesen Hinweis gab Herr Werner Jung, Zum Groschlag 1).

Es handelt sich um Michael Weber, der kurz nach 1800 die Stein’sche Wirtschaft (Hauptstraße 21) übernimmt. Und mit „HST“ ist wahrscheinlich der 1742 geborene Johann Jacob Stein gemeint. Und Gerichtsdiener ist dann wohl sein Vater gewesen, der gelernte Bierbrauer Andreas Stein, geboren 1719, der seit 1746 „Gemeindediener“ ist.

 

Das Haus steht auch im Mittelpunkt ver­schiedener Geschichtlicher Ereignisse: Im April 1609 ereignet sich ein regelrech­ter Krawall: Die Vorwache, die bis 23 Uhr Dienst tut, befindet sich gerade am Rathaus, als Hans Appel betrunken aus dem Wirtshaus kommt und einen Wäch­ter gegen den anderen stößt, so daß die­ser hinfallt und seinen Kameraden durch den Spieß in große Gefahr bringt. Der Täter flüchtet und bewirft die Verfol­ger mit Steinen. Inzwischen eilt die Ablö­sung der Wache herbei, Hörner werden geblasen, das Volk läuft auf die Straße, Steine fliegen. Appel kommt fünf Tage in den Turm, die Krawaller werden ernst­lich verwarnt.

Im Dreißigjährigen Krieg wird Hochstadt 1624 von protestantischen Kriegsvölkern schwer drangsaliert. Am 13. oder 14. August 1624 ziehen die kursächsischen Truppen ab. Aber danach kommen noch einmal Soldaten zu Fuß und wer­den drei Tage und Nächte auf dem Rat­haus verpflegt.

Das alte Hochstädter Rathaus soll im Dreißigjährigen Krieg zerstört worden sein. In den Jahren 1683 / 1684 wird es neu aufgebaut als ein Fachwerkbau auf offener Steinhalle.

 

Östlich des Rathauses ist auf dem Ortsplan von 1715 ein Brunnen eingezeichnet. Allerdings ist das nicht gleich zu erkennen, weil das Symbol kleiner ist als an den anderen Stellen. Bei genügender Vergrößerung kann man aber erkennen: Das Zeichen östlich des Rathauses besteht aus einem Kreis (unten) und einem Zeichen, das wie ein „D“ aussieht (oben) und den anderen vier Zeichen für die Brunnen entspricht, die laut Legende der Karte die Brunnen markiert. Wann diese Brunnen errichtet wurden, liegt im Dunkeln.

Norbert Mankel schrieb noch 2013 über den Brunnen am Rathaus: „Dieser war als Halbbrunnen ausgeführt. Somit befand sich die eine Hälfte innerhalb des Rathauses, die andere an der Straße.“  Diese Angaben seien auch „seit längerem in den bekannten Publikationen im Umlauf“. Aber am 14. Januar 2014 nahm er das nach dem Studium der Bilder in Schellmanns Buch  in einem Artikel im Tagesanzeiger zurück. Aber jetzt spricht er von „Vollziehbrunnen“ und „Halbziehbrunnen“, aber auf dem Foto ist nicht sichtbar, daß es sich um einen Ziehbrunnen gehandelt haben könnte.

Hier wäre erst einmal zu prüfen, was wirklich im Rechnungsbuch steht. Außerdem nennt Mankel die „Publikationen“ nicht näher. Aber wenn in dem Buch von Ernst Zimmermann nur zwei Brunnen erwähnt sind, dann heißt das nur, daß bei denen Ausgaben entstanden, das sagt aber nichts über die Gesamtzahl der Brunnen.

Es ist auch nicht gesagt, daß die Brunnen alle „Ziehbrunnen“ waren. Ziehbrunnen waren eindeutig die Brunnen vor dem Haus Hauptstraße 19 und in der Trinkbrunnenstraße, denn die hatten einen Bogen aus Stein, an dem man die Rolle für das Seil befestigen konnte. Aus den anderen Brunnen mußte man das Wasser in einem Eimer am Seil hochziehen ohne Hilfe einer Umlenkrolle. Es gibt auch die Mitteilung, daß der Brunnen am Rathaus im Jahre 1857 neu hergestellt wurde.

 

Am Mittwoch, dem 6. Juli 1796, wird im Hochstädter Rathaus eine kaiserliche Kanzlei eingerichtet. Im Dorf sind 100 Mann Einquartierung. General von War­tensleben ist mit seinem Stab in der Stein‘schen Wirtschaft (heute Gasthaus „Zum Tiger“) untergebracht.

Im Jahr 1807 zerschlagen Kosaken und Franzosen auf dem Rathaus vier Kisten und ei­nen Bücherschrank. Beim Abzug Napoleons im Jahre 1813 kommt es zur Plünderung des Salzes auf dem Rathaus und zur Plünderung von Pferdegeschirren. Aus diesem Ereignis hat sich dann eine „Sage“ rund um die Familie Schales entwickelt, die sich hartnäckig in Hochstadt hält, aber kei­nen historischen Hintergrund hat. Mi­chael Schales baute im Jahre 1909 das Haus Bischofsheimer Straße 9. Er war da­mals der reichste Mann am Ort Man hat sich, natürlich gefragt, woher dieser Reichtum gekommen ist. Allein aus Weinbau und Landwirtschaft soll er nicht kommen können, denn die Bedin­gungen waren für alle Bauern gleich.

Es fällt aber auf, daß alle reichen Bauern in Hochstadt rund um den Rathausplatz ge­wohnt haben. Dort auf dem „Tanzplacken“ stellten die durchziehenden Solda­ten ihre Wagen und Geräte ab. Und so wie die Soldaten die Bauern beraubten und bestahlen, konnte es ja auch einmal umgedreht sein.

Eine günstige Gelegenheit wäre der Rückzug der Franzosen im Jahre 1813 ge­wesen. Dazu paßt dann die Geschichte von einer Truhe, die sich im Besitz der Nachkommen befand und in den 70iger Jahren von einem Antiquitätenhändler gekauft wurde und jetzt in einem Museum in Würzburg stehen soll. Einige Zeit nach dem Kauf hat der Händler nämlich noch einmal bei den Verkäufern vorge­sprochen und nach Schlössern zu der Truhe gefragt. Die Truhe muß nämlich ursprünglich mit 36 Schlössern (bezie­hungsweise einem Schloß mit 36 Riegeln) ausgestattet gewesen sein. Solche Truhen waren vor allem auf Schiffen und auch zum Transport von Kriegskassen üblich. Solche „Kriegskassen“ gibt es auch heute noch in nicht geringer Zahl.  Und auch wenn ein „N“ darauf gestanden hat, dann muß das noch nicht „Napoleon“ heißen.

Und so entsteht dann die Vermutung, die Familie Schales sei durch den Raub ei­ner französischen Kriegskasse zu ihrem Reichtum gekommen. Doch Napoleons Kriegskasse soll auch schon in Rothen­bergen gestohlen worden sein. Das ist ei­ne „Sage“, die immer wieder an immer anderen Orten erzählt wird, und die et­was erklären soll, was ganz natürliche Ursachen hat.

Der Reichtum der Familie Schales hat wohl eher seine Ursache in Fleiß, Ge­schick und Sparsamkeit der Familie. Mi­chael Schales lief zum Beispiel fast jedes Jahr einmal oder zweimal zu Fuß nach Bad Nauheim, hielt sich dort einige Stunden auf und kam wieder zu Fuß zurück, obwohl er sich doch eine Kutsche hätte leisten können (Oder hat er dort in der Spielbank sein Glück versucht? Das wäre dann aber eine neue Sage).

Mit dem Abzug Napoleons sind die Pro­bleme für die Gemeinde nicht zu Ende. Am 4. Juni 1814 sind russische Kosaken da mit 18 Offizieren, 450 Mann und 548 Pferden. Im Rathaus wird ein Lazarett eingerichtet. Immer neue Lieferungen werden erforderlich. Sogar eine Trom­mel und ein Säbel sowie Kautabak müs­sen geliefert werden.

Unruhen gibt es wieder im Zusammen­hang mit der ersten deutschen Nationalversammlung in der Frankfurter Pauls­kirche 1848. Auch in Hanau kommt es zu einer Volksversammlung, die dem Lan­desherrn ein Ultimatum stellt und eine erfolgreiche Delegation nach Kassel schickt.

In Hochstadt kommt es zu Unruhen, die aber wohl vor allem von Auswärtigen angezettelt werden. Diese halten von En­de März bis Anfang Mai das Rathaus be­setzt, erpressen Lebensmittel wie Schin­ken, Wurst, Fleisch, Wein und Apfel­wein.

Bei der „Turnerschlacht“ von Hochstadt im Jahre 1861 (siehe Obertor) befreien die Turner ihre im Rathaus eingesperrten Kameraden. Den Bürgermei­ster suchen sie vergeblich, er soll sich im Heu versteckt haben.

Große Instandsetzungen gibt es 1752, neue Fenster werden 1768 eingesetzt. Eine neue Wetterfahne aus Niederdorfelden wird 1843 aufgesetzt. Eine neue Wetterfahne aus Nieder­dorfelden wird 1843 auf das Rathaus ge­setzt. 

 

Unruhen gibt es wieder im Zusammen­hang mit der ersten deutschen Nationalversammlung in der Frankfurter Pauls­kirche 1848. Auch in Hanau kommt es zu einer Volksversammlung, die dem Lan­desherrn ein Ultimatum stellt und eine erfolgreiche Delegation nach Kassel schickt.

In Hochstadt kommt es zu Unruhen, die aber wohl vor allem von Auswärtigen angezettelt werden. Diese halten von En­de März bis Anfang Mai das Rathaus be­setzt, erpressen Lebensmittel wie Schin­ken, Wurst, Fleisch, Wein und Apfel­wein.

Im Jahre 1883 wird vermerkt, daß das Haus mit Kohlen beheizt wird. Größere Reparaturen gibt es noch einmal 1892 und 1896. Größere Reparaturen gibt es noch einmal 1892 und 1896. Das Unterstockwerk dient in dieser Zeit auch als Gefängnis und enthielt einen Raum für den Nachtwäch­ter und für Durchreisende.

Zeitweise wird das Rathaus auch als Schule genutzt. Die 1903 in der heutigen Klosterhof­straße errichtete neue Schule hat zunächst nur ein Klassenzimmer und keine Lehrerwohnung. Die Klassen 4 und 5 werden im Rathaussaal unter­richtet. Erst 1910 wird die neue Schule um drei Klassenzimmer erweitert. Der Wert des Rathauses wird 1915 mit 5000 Mark angegeben. Zu einem Dach­stuhlbrand kommt es 1916. im Jahre 1927 wird wieder repariert. Im Lagerbuch der Gemeinde Hochstadt von vor 1929 wird gesagt, daß das Rathaus (mit der Hausnummer „Am Rathaus 1“) als Sitzungsort der Gemeindevertretung auch Spritzenhaus und Aufbewahrungsort der Feuerwehrutensilien mit Holzremise ist.

 

In den sechziger Jahren des 20. Jahrhunderts will man das Rathaus abreißen und die Hauptstraße begradigen. Der Landeskonservator muß alle Energien aufbringen, um dieses Vorhaben zu verhindern. Aber 1963 wird das Untergeschoß durchbrochen, um für die Fußgänger einen Durchgang zu schaffen.

Am 23. Mai 1964 kommt es zu einem großen Dachstuhlbrand, verursacht durch einen elektrischen Kurzschluß in den Behelfswohnungen im Dachgeschoß. Zahlreiche Feuerwehren sind im Einsatz, darunter auch die Hochstädter Wehr. Diese hatte es nicht weit, denn sie war im

mittleren Raum des Untergeschosses untergebracht ist. Dieses Unterstockwerk diente zeitweise auch als Gefängnis und enthielt einen Raum für den Nachtwächter und für Durchreisende.

Das Rathaus mit seinen vielen Mannfiguren und geschnitzten Eckständern wurde aber in der alten Form wieder aufgebaut.

Im Jahre 1981wird das Haus umgebaut, die Fassade erneuert und neue Fenster eingesetzt. Die Fertigstellung erfolgt 1983. Im Unterstockwerk wird eine Gaststätte eingerichtet. Zunächst soll sie reihum von den Vereinen genutzt werden. Doch es findet sich dann ein Pächter für den Dauerbetrieb, nämlich die Kelterei Höhl, die zwei Angestellte abstellt, um die Gaststätte zu betreiben. Die ehemals geöffnete Arkade wird heute von der Gaststätte genutzt. Diese hat auch im Sommer einige Tische und Stühle vor dem Haus stehen.

Im Oberstockwerk entsteht 1983 ein Ausstellungsraum, der für viele kulturelle Veranstaltungen genutzt werden kann: Kunst-Ausstellungen, Dichterlesungen, Vorträge. Im Januar 1990 liest der Fernsehmoderator llja Richter zusam­men mit seiner Mutter Eva aus deren Buch „Der Deutsche Jude“. Im Juli 1998 findet eine Ausstellung mit Bildern von Hans Ticha, Hauptstraße 8, im Histori­schen Rathaus statt. Im Dachgeschoß des Hauses wird das Gestühl für die Veranstaltungen gelagert, außerdem befindet sich dort ein Teil des Stadtarchivs.

 

Rund um das Rathaus und in der Haupt­straße finden folgende Feste statt: An­fang Juni das zweitägige Straßenfest (früher: Rathausfest), das seit dem Wie­deraufbau des Rathauses im Jahre 1984 bis etwa 2010 gefeiert wird, das Altstadtfest des Posau­nenchors und des Humor- und Musikver­eins Ende Juni und der Weihnachtsmarkt am zweiten Advent.

Die Anregung zum Weihnachtsmarkt kommt 1981 vom Humor- und Musikver­ein. Unter Federführung von Helmut Roog wird der Markt zwei Jahre lang von drei bis vier Vereinen bestritten. Danach übernimmt Pfarrer Langheinrich die Initiative, nach weiteren zwei Jahren nimmt der Gewerbeverein die Sache in die Hand. Seit 1985 die Hauptstraße fertig ist, steigt die Beteiligung immer mehr. Seit 1990 ist eine Interessengemeinschaft für den Weihnachtsmarkt zuständig. Bewußt hält man die Zahl der Verpflegungsstände klein und bevorzugt das Kunstgewerbe.

Im November 1988 wird der Grundstein zu dem neuen Verwaltungsgebäude der Stadt Maintal in der Klosterhofstraße gelegt. Ab 30. September 1999 aber wird das städtische Verwaltungsgebäude in Hoch­stadt offiziell zum Rathaus für Maintal, nachdem man das Rathaus in Bischofsheim aufgegeben hat. So geht das Jahr­tausend zu Ende mit einer Aufwertung Hochstadts, das sowieso schon immer der schönste Stadtteil Maintals war.

                                  

Der Platz nördlich hinter dem Rathaus ist der „Tanzplacke“, der heutige Rathausplatz .Hier wurde das „Gebet“ abgehalten, hier wurde die Gemeinde „ins Gebet genommen“. Wenn mit der kleinen Glocke geläutet wurde, mußte jeder Einwohner erschei­nen. Kein Einwohner darf diese Versammlung versäumen. Nur den Pfarrern und Amtsträgern wer­den die amtlichen Verordnungen ins Haus geschickt. Es wurden die öffentlichen Bekanntmachungen verlesen (später ging der Ortsdie­ner mit der Schelle herum und rief die Bekanntmachungen aus). Nach den Bekanntmachungen wurde über Gemeindeangelegenheiten beratschlagt.

Auf der Tanzplacke wird auch die „Kirchweih“ gefeiert. Bei schlechtem Wetter konnte man so auf den Rathaussaal, dem einzigen größeren Raum im Ort. Dafür mußten die Kerb­burschen allerdings 1 Gulden 15 Albus bezahlen. Auch die Fastnacht wurde schon auf dem Rathaus gefeiert.

An dem Fest betei­ligt sich die ganze Gemeinde. Die Famili­en schaffen Tische und Bänke auf die Tanzplacke, dazu Wein, Kuchen und Hausgeschlachtetes. Auch Verkaufsbu­den werden aufgestellt. Der Platz wird mit Birkenbäumen geschmeckt, die nach Beendigung des Festes dann verkauft werden. Die Famili­en schaffen Tische und Bänke auf die Tanzplacke, dazu Wein, Kuchen und Hausgeschlachtetes. Dann wird bei Spiel und Tanz gefeiert. Auch Verkaufsbu­den werden aufgestellt. Der Platz wird mit Birkenbäumen geschmeckt, die nach Beendigung des Festes dann verkauft werden. Im Jahr 1747 nimmt die Hanauer Grafenfamilie an der Feier der. Kerb teil. Sie wird im Rathaussaal von den Dorfjung­frauen mit Kuchen und Wein bewirtet. Auf der Tanzplacke wird mit den Kerb­burschen getanzt, die anschließend auf die Gesundheit der gräflichen Familie trinken und die Gläser wegwerfen. Auch die Fastnacht wurde schon auf dem Rathaus gefeiert.

Später wird die Kerb in den Gaststätten  Zur Goldenen Krone, Zum Tiger, Neuer Bau und Strohl gefeiert. Deshalb gehörte zu jedem Gasthaus auch ein Tanzboden. Für die Kerb mußten die Wirte jedesmal drei Mark bezahlen, um eine öffentliche Lustbarkeit abhalten zu dürfen. Erst als die Tanzkapellen für die Wirte zu teuer wurden, griff man zur Lösung einer Zeltkerb, weil man dafür nur eine einzige Kapelle brauchte.

 

Vor dem Rathaus und vor dem Grund­stück des Schmieds Klees befand sich die „Weed“. Sie war länglich und ging von der untersten Ecke des Rathauses bis zur Mitte der Hauptstraße und längs dersel­ben bis ungefähr an die Treppe des Hau­ses Hauptstraße Nr. 22 (zwischen der Weed und den Häusern war allerdings noch genügend Platz). Die „Weed“ war etwa fünf bis sechs Meter breit und an drei Seiten von einer etwa 80 Zentimeter hohen Mauer umgeben.

Nur an der oberen Seite befand sich ein starkes Holzgeländer, damit bei starkem Regen oder bei Vereisung keine Stauung auftreten konnte. Das Wasser war teilweise Grundwasser, zum Teil lief es als Regenwasser vom Oberdorf. hinein. In der Mitte von der Hauptstraße her war ein Eingang, durch den man hineingehen oder reiten konnte. Unten befand sich der Überlauf, das sogenannte „Weedfloß“. Die „Weed“ war Viehträn­ke, vor allem Pferdetränke (,,da wo man pflegt die Pferd zu tränken und sie vom Stäube abzuschwenken“). Gleichzeitig diente sie auch zu Feuerlöschzwecken (so noch im Jahre 1951).

Ab 1862 wurde die Weed mit einem Gewölbe versehen. Dieser Teil mit einem Eingang in der Ecke vor dem Rathaus blieb noch lange bestehen. Erst im Zuge des Neubaus der Ortsdurchfahrt wurde die Weed vollständig beseitigt.

Die Wap­pensteine mit dem alten Hochstädter Wappen (ein großes H mit einer Hacke) befinden sich heute auf der Treppe vor dem Stadtmuseum.

Am Rathaus gab es im ersten Stock eine „Freilufttoilette“, die in den „Gengel“ zum Nachbarhaus entleert wurde. Wer also diesen schmalen Gang benutzen wollte - und der Schmied mußte das mehrmals am Tage - mußte er darauf achten, daß die Luft rein war.

Etwas weiter unten vor dem Haus des Spenglers Burger befand sich die kleinere „Unter­weed“. Sie wurde auch bei Bränden als Feuerlöschbecken genutzt. Im Jahre 1770 werden in der Gemeinderechnung zwei Pferdeschwemmen er­wähnt, für deren Säuberung die Gemeinde bezahlt, dabei könnte es sich um die Oberweed und die Unterweed gehan­delt haben.

 

Hauptstraße 20

Das Haus unterhalb des Rathauses war eine Schmiede und wurde 1590 erbaut und hat schöne Schmuckrosen. Daß es aus Baumaterial aus Groschlag gebaut sei und die Wohnung des letzten Einwohners von Groschlag gewesen sei, ist nicht erwiesen.

 

Hauptstraße 23

Hier war die Metzgerei von Johannes Bauer, des Großvaters von Else Kleiner. Der vorherige Besitzer hieß Nix. Die Metzgerei wurde von Bauern neu eingerichtet, neben dem Hoftor war der Eingang zum Laden. Bauernhaus mit Scheuen und kühlem Keller. Bauer hat teilweise zusammen mit dem jüdischen Metzger Stern, Hauptstraße 31, gearbeitet, weil dieser die Hinterteile der Kühe nicht verwenden durfte. Auch die Tochter (Mutter von Frau Kleiner) war gelernte Metzgerin, Gesellenbrief und Bilder sind noch vorhanden.

 

Hauptstraße 24

Das Oberstockwerk des Hauses ist noch alt und hat Balken mit sogenannten „gotischen Nasen“. Aus dem Haus stammt Johann Meerbott, der vom Hanauer Erbprinzen an die Engländer verkauft wurde, um im Unabhängigkeitskrieg gegen die Amerikaner zu kämpfen. Er setzte sich aber ab und wurde der Stammvater aller Meerbotts („Marbut“) in den USA. Seit dieser Zeit ist das Haus im Besitz der Familie.

Johann Philipp Meerbott (1719-1756) ist der Vater von Johann Meerbott (geboren 1756) und der vierte Urgroßvater von Katharina Heckert, verheiratet mit Heinrich Burger (später verheiratete Jordan).

2064    Anthon Mehrbott       (geb. 1713)   oo Anna Margreta

2193    Johann Caspar M.      (1681-1758)  oo Schales, Anna Margreta    

2373    Johann Caspar M.      (1703-1746), oo Heckert, Anna Margretha 

2600    Caspar M.                   (1743-1808)  oo Burger, Maria Elisabetha

  496    Anna Maria Meerbott           (1773-1826) oo Heckert, Johann Caspar

   17     Conrad Heckert          (1802-1866)

 326     Peter Heckert                         (1840-1883)

1079    Philipp Heckert           (1881-1962)

1555    Katharina Heckert      (geb. 1907) oo Burger, Heinrich

                                               Tochter Katharina, geboren 02.05.1937

 

27  Haus Hauptstraße 33

Auf dem Haus Hauptstraße 33 befand sich das Storchen­nest, solange es noch Feuchtgebiete in der Umgebung Hochstadts gab. Das Fachwerk dieses Hauses ist mit soge­nannten „Russensteinen“ ausgemauert. Vor dem Haus stand ein großer Brunnen.

 

24  Altes Fachwerkhaus Hauptstraße 32

Links steht das Haus Hauptstraße 32, das nachweislich älteste Wohnhaus in Hochstadt. Es wurde 1538 erbaut und 1823 (Inschrift über der Tür „18 HMB 23“) umgebaut, wie eine Untersuchung der Jahresringe in dem verwendeten Holz ergab. Das Haus ist aus der Gotik, wie schon die Balken in Form des „Wilden Mann“ zeigen (X-Form). An der Hausecke ist ein kleines Guckfenster durch das man den Verkehr auf der Hauptstraße beobach­ten konnte und kann. Links neben der Torfahrt steht das ehemalige Gesindehaus des Bauernhofes. Im Jahr 1982 gewinnen die Eigentümer, die Familie Rauch, den Fassadenwettbewerb der Stadt Maintal „Schönstes Fachwerk in Maintal“.

 

26  Synagoge

Gegenüber befindet sich in zwei Kellergewölben das Weinlokal „Babbelgass“. Daneben ein Fachwerkhaus von 1610.

Und dahinter auf dem Grundstück Hauptstraße 43 befand sich die Synagoge, das Bethaus der jüdischen Gemeinde, mit einem Schulhaus und einem Wohnhaus.

Das heutige Wohnhaus mit einem Gewölbekeller unter dem nördlichen Teil war die jüdische Schule und wurde 1868 erbaut. Anfangs war hier üblicher Schulunterricht. Das Hoftor stand etwas weiter hinten in der Gasse als heute. So konnte man von außen durch einen kleinen Gang hinter dem Schulhaus zur Synagoge gelangen. Die Eingangspfosten zu diesem Gang sind noch erhalten. Gleich links in diesem Gang war der Brunnen für das Grundstück. Zum Nachbargrundstück hin steht bis heute ein kleines Toilettengebäude. In der heutigen Waschküche befand sich die „Mikwe“, ein Bad für rituelle Waschungen, etwa so groß wie eine Tischplatte und tief wie eine Badewanne; die Mikwe wurde jedoch im Zweiten Weltkrieg zugeschüttet und mit einem Zementboden überzogen.

Die eigentliche Synagoge stand auf dem hinteren Teil des Grundstücks bis an den Wehrgang hinter der Ringmauer. Das letzte Gebäude an dieser Stelle soll um 1850 gebaut worden sein. Es war ein einfacher Steinbau mit einem Satteldach aus Fachwerk, dessen First aber in gleicher Richtung wie die Ringmauer verlief (also anders als das heutige Wohnhaus). Die Synagoge war zweistöckig und so hoch wie die umliegenden Scheunen und das Schulhaus.

Der Eingang war von der Seite des Schulhauses her. Rechts ging gleich eine Treppe hoch zur Frauenempore, die 53 Sitzplätze hatte.

In der Mitte des Raumes stand der „Almenor“, zu dem rechts und links je zwei Stufen hinaufführten. Von dort wurde aus den Thorarollen (Bücher des Mose) vorgelesen. Links davon war ein kleines Vorbeterpult und der Thoraschrein, zu dem auch zwei Stufen hinaufführten. Im Thoraschrein werden die Thorarollen aufbewahrt.

Links vom Eingang standen drei Bänke mit je vier Sitzplätzen, hinten an der Wand dann sechs Bänke mit je vier Sitzplätzen. Unter der Frauenempore befanden sich zwei Bänke. Insgesamt waren es 55 Sitzplätze für die Männer. Die Synagoge wurde 1938 von den Nazis zerstört, die letzten jüdischen Einwohner 1943 deportiert und ermordet.

 

 

Die Häuser Hauptstraße 41 - 45

Hauptstraße 39: Im Jahre 1715 heißt der Besitzer Johann Georg Schmöhl. Er heiratet 1685 Ottilie Schäfer. Sie haben eine Tochter, aber sonst keine Nachkommen.

Über der Haustür steht „Erbaut von M. Stein 1849“. Die Inschrift bezieht sich auf Michael Stein, der 1830 Apollonia Stein heiratet. Sie haben Nachkommen in den Familien Mankel, Schäfer und Schmidt. Wilhelm Mankel (geboren 1912, Hauptstraße 39a) und Johannes Mankel (geboren 1915, Hauptstraße 39, mit den Söhnen Michael, Hauptstraße 39, und Ernst, Bücherweg 7) sind Urenkel von Michael Stein.

Der Sinnspruch an dem Haus, der dem Theologen Oetinger zugeschrieben wird, ist erst in neuerer Zeit angebracht worden:

„Der Herr gebe mir Gelassenheit

Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann,

den Mut, Dinge zu ändern, die ich ändern kann,

und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden“.

 

Der südliche Teil des Grundstücks (heute Nummer 39 a) gehört wahrscheinlich dem Bäcker Johann Casimir Rohrbach, genannt Caspar. Nachkommen gibt es in den Familien Brosch, Strohl, Meerbott, Rohrbach, Eibelshäuser, Klees, Schales, Schröder, Heckert, Hohmann und Huhn.

Das Grundstück an der Ringmauer gehört dem Förster Jonas Dietz, der im Jahre 1712 Susanna Petronella Schmöhl heiratet, oder auch seinem gleichnamigen Vater. Nachkommen gibt es in den Familien Weber, Eibelshäuser, Heckert, Burger, Huhn, Schäfer, Strohl und Bauer.

Hauptstraße 41: I. Andreas Heckert: Er heiratet 1701 Anna Margretha Hatzmann und 1711 in zweiter Ehe Anna Margretha Bautz. Er hat zwar vier Kinder, aber sonst keine Nachkommen.

II. Andreas Kuhn: Er heiratet 1708 Juliana Ebert und 1717 Anna Maria Füller aus Mittelbuchen. Er hat zwar Kinder, aber weiter keine Nachkommen (Das Haus ist bei der Zerstörung der Synagoge mit abgerissen worden).

Es fehlt die Hausnummer 41, die man auch nicht neu für das Haus Hauptstraße 39 a vergeben hat. Das Haus stand an der Ostseite des Synagogengrundstücks direkt an der Mauer und wurde von den Schwestern Straus  bewohnt, bis es  1938  mit der Synagoge zerstört wurde.

 

Hauptstraße 43: Das Haus gehört 1715 Johannes von der Au. Er ist aus Storndorf im Vogelsberg (südlich von Romrod) und heiratet vor 1693 in zweiter Ehe seine Frau Anna Maria. Sie haben zwar Kinder und Enkel, aber sonst weiter keine Nachkommen.

Das heutige Gebäude ist 1860 (?) erbaut und diente als jüdische Schule. Nach der Ringmauer zu schloß sich ein Nebengebäude mit Mikwe an und daran wieder die Synagoge, ein Fachwerkbau, der in der Nacht zum 10. November 1938 von nationalsozialistischen Fanatikern zerstört wurde

Das Nebengebäude  wurde nach dem Jahr 2000 abgerissen und mit einem Neubau überbaut worden. Dabei wurde die unter dem Zementboden noch vorhandene Mikwe leider zusätzlich zubetoniert. Im Garten waren auch noch Sandsteinreste, die vielleicht Grundmauern der Synagoge waren. Auch die Fundamente des Hauses Nummer 41 könnten noch vorhanden sein.

Der Turm der Ringmauer sollte unbedingt restauriert werden. Es ist nur der Frau Danziger zu verdanken, daß er noch steht, denn die Gemeinde wollte ihn abreißen, aber sie hat das verhindert (er war ja ihr Eigentum).

 

Hauptstraße 45: In dem Haus wohnt 1715 Caspar Schmid. Er ist Schultheiß und heiratet 1676 Ottilia Mosch. Sie haben Nachkommen in den Familien Schmidt, Lenz, Eibelshäuser, Seibel und Klees. Die letzte Nachkommin ist Elisabeth Schäfer geborene Burger (Bogenstraße 1), die wiederum Nachkommen in der Familie Schäfer / Dalek (Hanauer Straße 21) hat. An dem Wohnhaus mit Erker ist am Balken die Jahreszahl „1610“ angebracht. Der Sinnspruch von Schiller wurde etwa 1950 angebracht von dem damaligen Besitzer Huhn:

„Willst du dich selber erkennen,

so sieh, wie es die anderen treiben.

Willst du die anderen verstehen,

blick’ in dein eigenes Herz“.

Am Haus Hauptstraße 45 sollte man  das erst vor einigen Jahren angebrachte Brett „erbaut 1610“ wieder entfernen, weil die Zahl ja sowieso auf dem Balkan steht. Auch die „Mosaiken“ sind so unansehnlich, daß man sie entfernen sollte. Ob man das auch mit dem Spruch von Schiller so machen sollte, ist zu überlegen.  Das Nebengebäude war ursprünglich das Kelterhaus, das in die Scheune eingebaut war, aber beim Abriß der Scheune erhalten blieb.

 

Hauptstraße 47: Das heutige Grundstück war 1715 ein Teil des derzeitigen Grundstücks Nummer 45, das aber auch größer als heute war.

 

Hauptstraße 49:

Das Haus Hauptstraße 49 hat über der Tür eine alte Steinmetzarbeit, vielleicht Hinweis auf eine Maurerfamilie, die lange hier wohnte.

 Das Haus Hauptstraße 51 hat eine sehenswerte Haustür.

 

21  Untertor

Am unteren Ende der Hauptstraße stand das Untertor. Es war eingefügt zwischen dem Geschäftshaus Ecke Hauptstraße / Ringstraße und dem Haus Hauptstraße 36.  Die an dem Haus Hauptstraße 49  erkennbare Kalksteinmauer ist nur die Giebelwand des Hauses, die Ringmauer verlief etwas zwei Meter westlich.

Es gab nur zwei Zugänge zum Dorf: vom Osten das Obertor und im Westen das Untertor. Entsprechend wurden auch die Straßen an das Dorf herangeführt: Ein Weg nach Dörnigheim ging über die heutige Klosterhofstraße und einer über die heutige Hanauer Straße und Jägerstraße.

Das Untertor soll schon 1283 errichtet worden sein, also etwa im Rahmen des Baus der Ringmauer. Nach anderer Überlieferung wurde es aber erst 1589 / 1590 gebaut, und zwar

neu gebaut. Die Steine holt man aus Büdingen.

Über dem steinernen Torbogen befand sich zunächst ein Zwischengeschoß und darüber das das „Bäuelin“, ein Stockwerk aus Holz mit einem Ziegeldach und mit einer Stube, die ursprünglich  für den Pförtner gedacht war.

Den Dienst als Pförtner an der Unterpforte versah anfangs der Kuhhirte. Ab 1648 ist dann der Bäcker für das Untertor zuständig. Vielleicht wurde das Backhaus erst in diesem Jahr gebaut.

Im Jahre 1725 werden jährlich drei Gulden bezahlt. Doch 1731 heißt es, der Gemeindebäcker müsse das Tor ohne besondere Entschädigung öffnen. Später gibt es wieder  fünf Gulden   und nach später wird für beide Tore nur ein Pförtner bestellt, der sechs Gulden erhält. Die Schlüssel wurden lange  von der letzen Pförtnerfamilie aufbewahrt, sind aber jetzt im Stadtmuseum.

Am Untertor befand sich das Halseisen, wo zum Beispiel der an den Pranger gestellt wurde, der Wald- oder Felddiebstähle begangen hatte; das Diebesgut wurde dabei neben den Täter gelegt. Vor dem Tor war eine Brücke über einen Graben. Die Reinigung dieses Grabens wird 1746 und auch noch 1879 erwähnt. Ausbesserungsarbeiten an der Mauer beim Untertor gibt es 1768 und 1827.

Vor dem Tor soll sich ein Graben mit einer Brücke befunden haben, aber auf den historischen Bildern ist das nicht zu erkennen. Das äußere Untertor wurde 1827 abgerissen (Stadtarchiv Hanau Band 52 der Findbücher). Im Jahre 1874 wird das Untertor durch den Zimmermann Hensel für 1.890 Gulden abgebrochen und das Backhaus neu gebaut (Hausnummer 38).

Im Jahre 1874 wird das Untertor durch den Zimmermann Hensel für 1.890 Gulden (muß es nicht „Mark“ heißen?) abgebrochen. Die Hensels waren eine weitverzweigte Zimmermannfamilie. Allein sechs Männer kommen in der fraglichen Zeit in Frage. Am wahrscheinlichsten sind die Zimmermeister Johannes Hensel (1805-1875) oder sein gleichnamiger Sohn (1835-1908).   Weil das Backhaus 1874 abgerissen wurde, kann m an annehmen, daß dabei auch das  Untertor abgerissen wurde. Auch die Verpachtung an Konrad Ohl paßt zu dieser Angabe. Die Fläche des alten Backhauses wurde Teil des Grundstücks Hauptstraße 36.

Bilder:

Es gibt verschiedene Bilder vom Untertor. Das zutreffendste Bild wird noch das Bild des Berger Amtsmanns Usener vom 29. August 1860 sein, denn er hat das Tor ja noch selber gesehen.

Mit seiner Darstellung stimmt weitgehend überein das Bild von Friedrich  Christian Reiner­mann, das in dem Buch „Hanau, Stadt und Land“, Seite 259, veröffentlicht wurde. Es soll 1849 entstanden sein, nur ist Reinermann schon 1835 gestorben. Wenn es von diesem erwähnten Reinermann ist, dann muß es früher entstanden sein, stammt aber auch noch von einem Augenzeugen. Oder es könnte 1849 von einem Namensvetter (Sohn?) gemalt worden sein.

Nicht auf einen Augenzeugen dürfte das Bild zurückgehen, das die Stadt Maintal 2007 erworben hat, denn der Maler soll die Gegend erst 1893 bereist haben. Er folgt aber offenbar der Vorlage von Reinermann: Der Schornstein des Backhauses, der hohe Giebel auf der rechten Seite, die Schießscharten, selbst die Fahne auf dem Dach. Er gestaltet die Szene romantisch, in Art des Malers Spitzweg, mit einem Schloß hinten links.

Ganz auf Fantasie beruht eine (Bleistift-) Zeichnung, die von Professor Noelpp aus den 30iger Jahren stammen könnte. Es zeigt  den Blick aus dem Inneren des Dorfes auf das Untertor. Hier ist das Untertor viel niedriger und die Durchfahrt ist rundbogig, der Backofen allerdings entspricht wohl mehr den Tatsachen. Dieses großformatige  Bild hing bei Wilhelm Mankel in der Bogenstraße 7 über dem Sofa, ist aber heute nicht mehr vorhanden.

 

 

22  Backhaus

An der Nordseite des Untertors, auf  der Südwestecke des Grundstücks Hauptstraße 36, stand das Gemeindebackhaus. Es war nur klein und umfaßte praktisch nur die Backstube und war vom eigentlichen Haus durch einen Gang getrennt. Dieses Wohnhaus war aber zunächst nicht die Wohnung des Bäckers, sondern gehörte einer anderen Familie. Der Gemeindebäcker Rudolph Basermann (seit 1710) wohnte im Haus gegenüber, Hauptstraße 49.

Der Bäcker Konrad Spielmann wird erstmals 1648 als Pächter erwähnt. Doch meist hat er nur die von den Einwohnern hergestellten Brote gebacken, denn er erhält drei Albus Backlohn für das Verbacken von einem Achtel Mehl (später sind es nur zwei Albus).

Auf dem Ortsplan von 1715  hat das Gemeindebackhaus die Nummer 46.  Die Nummer 47 fehlt, vielleicht hatte diese Nummer das Untertor, in dem ja auch eine Wohnung war. Zur Ablösung dieser alten Numerierung wird kurz vor 1830 ein neues System der Hausnummern eingeführt. Der ganze Ort wird ohne Rücksicht auf die Straßen durchnumeriert. Der Anfang ist wieder am Untertor, aber jetzt auf der anderen Seite der Straße am Gemeindebackhaus (heute: Hauptstraße 36).

Wahrscheinlich hatte die Wohnung im Oberstockwerk des Untertors die Hausnummer „0“ und das Wachthäuschen daneben die schöne Hausnummer  „0 ½“.  Es war also  bewohnt. Das „Pfortenhäuschen am Untertor“ wird 1868 erwähnt, es stand auf dem Platz des heutigen Hauses Hauptstraße 38. Im Jahre 1866 wohnte Jacob Bauer „Am Untertor im Wachthäuschen“. Das Wachhaus war auch bewohnt, denn es hatte die schöne Hausnummer „0 ½“.

Ein Schulgarten beim Untertor wird 1623 erwähnt. Im Jahre 1866 werden noch einmal zwei Schulgärten gekauft.

Im Juli 1736 kommt es zu einem Mord vor den Toren Hochstadts. Das Opfer ist Johannes Weber, der erst jungverheiratete Sohn des Bischofheimer Lehrers, welcher seinem Vater schon als Gehilfe beigegeben ist. Der Pfarrer schreibt dazu: „Am 8. Juli 1736 wurde abends gegen 9 Uhr Johannes Weber. ev.-lutherischer Hilfslehrer („Schuldadjunkt“) aus Bischofsheim in Hochstadt vor dem Untertor, als er mit seinem Vater nach Hause gehen wollte, durch einen meuchelmörderischen Messerstich ungefähr zwei Finger hoch gerad über dem Nabel, tödlich verletzt („plessiert“). Täter war ein Dörnigheimer mit Namen Johann Philipp Engelhardt, der ihn zusammen mit anderen, weil sie in einen Wortwechsel in des Bierbrauer Steins Haus geraten waren, in dem nach Dörnigheim gehenden Fußpfad abgepaßt hatte.

Daraufhin sind morgens um zwei Uhr Herr Amtmann Mochius und Herr Chirurg Hirsch hierher gekommen sind. Sie haben sich die Wunde angesehen und verbunden. Am 9. Juli nachmittags kam auch Herr Dr. Weiß. Nachdem er die Wunde besehen und alle Umstände erwogen hatte, sagte er an, daß ich mein christliches Amt bei ihm verrichten und ihn zum Tod bereiten möchte. So wurde dann nach der Gnade Gottes getan und der Verwundete zeigte sich zum Abschied ganz willig, betete brennend, auch für seinen Mörder, daß Gott ihn bekehren und ihm verzeihen möchte, gleichwie Gott ihm verziehen hatte. Er bekannte seine Sünden und zeigte herzliche Reue und begehrte Gnade von Gott um Jesu Christi willen, worauf ich ihn von Sünden losgesprochen („absolviert“) und eingesegnet habe. Er starb unter meinem und des heutigen Umstands Gebet abends um 10 Uhr.

Er wurde am 10. Juli durch den genannten Chirurgen geöffnet, wobei sich herausstellte, daß er durch den Magen und eine Wand der Galle gestochen worden war. Der gottlose Täter ist geflohen. Der Ermordete wird unter großer Anteilnahme der Bevölkerung („unter gar volkreicher Begleitung“) am 11. Juli begraben im Alter von 26 Jahren weniger fünf Wochen und fünf Monate nach seiner Heirat“.

Im Jahre 1759 muß der lutherische Pfarrer Rump den Deserteur Vogel vor seiner Hinrichtung in Dörnigheim geistlich begleiten. Der Soldat ist geboren in Berlin und in Breslau in Schlesien erzogen worden. Dann ist er Soldat im Königlich-Französischen Regiment Madame la Dauphine und wird schließlich in der Kompanie des Oberstleutnant von Dumur hingerichtet („harquebussiert“), weil er desertiert ist und wieder gefangen wurde. Weil er ein Lutheraner ist, wird der Hochstädter Pfarrer beordert, ihn zum Tod zu bereiten. Das tut er auch und begleitet ihn hinaus. Er geht mit solcher Freude seinem Tod entgegen, daß sich jedermann darüber wundert. Er hat sich so zubereitet, „daß ich das Amt bei ihm mit größter Freudigkeit verrichtet habe“. Er ist ungefähr 18 Jahre alt.

 

Vor dem Untertor findet man einmal eine arme Frau, die verstorben ist, vor dem Obertor einen Mann aus Schlüchtern. Dann findet man einen Handwerksburschen, einen Hutmachergesellen aus der Schweiz, erfroren vor dem Tor. Ein Armensarg kostet drei Gulden, später sechs Gulden.

Daß der Gemeindebäcker im angrenzenden Wohnhaus wohnt, ist erstmals bezeugt im Jahre 1858: Der Bäcker Johann Caspar Eibelshäuser wohnt bis 1857 in der Ritterstraße 15, im folgenden Jahr aber wohnt er dann im Gemeindebackhaus. Dort wohnen auch die folgenden Bäcker aus der Familie Koch: Johannes Koch, sein Bruder Philipp Koch und schließlich Philipp Koch, Sohn des Schuhmachers Daniel Koch, ein entfernter Verwandter. Dieser stirbt im Jahre 1871.

Der Backofen stand aber außerhalb der Mauer wegen der Feuergefahr. Er sah etwa so aus, wie heute noch in Oberdorfelden und in Roßdorf einer zu sehen ist, also rund und nach oben zu spitz auslaufend. Auf der Zeichnung des Amtmanns Usener aus Bergen ist das deutlich zu sehen (siehe Chronik „Aus dem Leben der alten Hochstädter“, Seite 25).

 

Ein Philipp Koch II. ist der letzte Bäcker  im alten Gemeindebackhaus innerhalb der Mauer. Seine Witwe heiratet am 26.03.1873 den Bäcker Konrad Ohl, Sohn des Andreas Ohl aus Kilianstädten. Sie betreiben weiter die Gemeindebäckerei. Für 3.900 Gulden wird nach dem Abriß des alten Gemeindebackhauses eine neue Bäckerei außerhalb der Mauer auf dem Grundstück Hauptstraße Nr. 38 errichtet.

Es handelt sich um einen üblichen Bauernhof mit Stallung und Scheune. Links von Hinterausgang ist der Brunnen. Der Bäcker betreibt auch – wie die meisten Einwohner – Landwirtschaft. Die Bäckerei ist mit im Wohnhaus. Wenn man es von der Hauptstraße her betritt, kommt man zunächst in einen breiten Flur, in dem sogar die Kuchenbleche abgelegt werden können. Links ist die Wohnstube, rechts die Backstube. Der gemauerte Ofen steht hinten im Raum und wird mit Holz geheizt, vorwiegend mit Tannen- und Fichtenholz, das in Eigenarbeit im Wald gewonnen wurde.

Nachfolger als Unterbäcker ist dann Heinrich Ohl und danach dessen Sohn Valtin Ohl. Damals werden Brot und Brötchen nach den Kunden ins Haus zugestellt. Die Bauern brauchen manchmal 15 Brote, um ihre Familie und das zahlreiche Gesinde versorgen zu können. Sie stellen selber das Mehl für das Brotbacken.

Der Müller aus Niederdorfelden liefert das Mehl gleich in der Bäckerei ab. Die Bauern zahlen dann nur noch 10 Pfennig Backlohn für den Laib.

Aber mit der Zeit entspricht das Gebäude nicht mehr den Vorschriften für eine Bäckerei und einen Backofen (z.B. zu niedrige Decken). Aber für den Bäcker lohnt es sich auch nicht, in einem nur gemieteten Haus größere Investitionen vorzunehmen.

Die Tochter Marie wird noch im Gemeindebackhaus geboren. Aber 1935 baut Valtin Ohl im Haus seiner Frau - einer geborenen Höhl - in der Ringstraße Süd Nr. 29 eine eigene private Bäckerei. Die neue Unter-Bäckerei wird dann von der Tochter und vom Schwiegersohn Burger weitergeführt. Im Jahre 1985 wird neben der alten Bäckerei die neue Bäckerei errichtet.

I(m Lagerbuch der Gemeinde Hochstadt von  vor 1929 wird erwähnt, daß das Haus Hauptstraße 38 vermietet ist an den Bäcker Heinrich Ohl, und zwar  Wohnhaus mit Backhaus und Hofraum, Stallgebäude und Halle. Das Gemeindebackhaus wird schließlich von der Gemeinde an den Fahrradhändler Philipp Lutz verkauft.

 

In Hochstadt hießen alle Bäcker „Koch“

Das Gemeindebackhaus in Hochstadt stand am Untertor, auf dem heutigen Grundstück Haupt­straße 36. Der Bäcker Konrad Spielmann wird erstmals 1648 als Pächter erwähnt.

Doch meist hatte er nur die von den Einwohnern hergestellten Brote gebacken, denn er erhielt drei Albus Backlohn für das Verbacken von einem Achtel Mehl (später sind es nur zwei Albus). Der Gemeindebäcker hatte aber auch das Untertor auf- und zuzuschließen und erhielt dafür drei Gulden jährlich.

Die Bäcker wohnten nicht unbedingt im Backhaus. Der 1695 in den Gemeindeakten als Gemeindebäcker erwähnte Valentin Rohrbach wohnt 1715 im westlichen Teil des heutigen Hauses Hauptstraße 21 (Gasthaus „Zum Tiger“). Auch 1830 wohnte der Gemeindebäcker in dem Haus in der Hauptstraße (damals Hausnummer 101).

Es handelt sich um Johann Jacob Koch. Er wird 1830 noch als Gemeindebäcker erwähnt, während es 1831 schon einen neuen Gemeindebäcker gibt. So müßte sich Koch 1831 im Haus Hauptstraße 21 selbständig gemacht und eine private Bäckerei eingerichtet haben. Er wird aber noch 1859 als „Gemeindebäcker“ bezeichnet, obwohl er nicht mehr im Gemeindebackhaus backt. Als am 12. Juli 1853 bei der Einweihung der Schule in der Hauptstraße 4 die Schulkinder Stutzweck aus der Bäckerei Koch erhielten, kamen diese also aus der Bäckerei in der Hauptstraße 21.

Johann Jakob Koch  wurde geboren am 22.05.1802 und war verheiratet mit Katharine Stein. Nach seinem Tod am 24.07.1849 wurde zunächst sein Sohn Johannes sein Nachfolger. Er wurde am 02.08.1830 geboren und starb am 12.12.1877.

Die Bäckerei in der Hauptstraße wurde danach weitergeführt von Peter Koch, dem dritten Sohn Johann Jakob Kochs, geboren am 11.08.1844. Aber er mußte 1893 die Bäckerei aufgeben. Er zog mit der Tochter Marie in die Trinkbrunnenstraße 4. Die Tochter heiratete dort Philipp Schäfer, dessen Nachkommen Wilhelm und Friedel Seng in der Klosterhofstraße 2 sind.

Sein ältester Sohn Jacob, geboren am 15.06.1867, zog in das Anwesen seiner Frau - einer geborenen Meerbott - in der Bogenstraße 16, und richtete eine neue Bäckerei ein und wurde der „Mittelbäcker“. Die Bäckerei wurde von seinem Sohn Heinrich Koch weitergeführt und von dessen Sohn Otto im Oktober 1979 aufgegeben.

 

Philipp Koch, der zweite Sohn Johann Jacob Kochs, gründete die Oberbäckerei. Diese hatte bei seinem Tod am 08.06.1886 die Hausnummer 93, heute Hauptstraße 11. Er gab das Geschäft an seinen Sohn Hermann Koch weiter. Dieser war verheiratet mit einer Frau aus Langenselbold, die aber nicht so richtig im Geschäft mitmachen wollte. Auch er selber fühlte sich mehr zur Homöopathie hingezogen und gab die Bäckerei deshalb auf. Er praktizierte zunächst in der Schulstraße und später in Hanau.

Das Gemeindebackhaus war nach der Einrichtung der Bäckerei in der Hauptstraße 21 weiterhin in Betrieb. Doch der Bäcker Caspar Gruner (1831) war so arm, daß die Gemeinde ihm die Arznei bezahlen mußte. Die Bäcker wechselten jetzt sehr oft. Im Jahre 1848 wirkte der Bäcker Eibelshäuser im Gemeindebackhaus, der im Haus in der heutigen Ritterstraße 7 auch als Barbier tätig war. Er starb 1848, seine Witwe führte das Geschäft erst noch einige Zeit weiter (heutige Nachkommin ist Frau Lesch).

Im Jahre 1863 ist Philipp Koch I. der Pächter des Gemeindebackhauses, Sohn des Johann Jacob Koch. Bei der Geburt seines Sohnes Johannes am 27.08.1863 wird als Wohnung noch „Gemeindebackhaus“ angegeben. Er ist Gründer der Oberbäckerei und nicht der in den Gemeindeakten angegebene letzte Bäcker im Gemeindebackhaus,

Ein Philipp Koch wird nämlich 1868 in den Gemeindeakten als Bäcker Gemeindebackhaus erwähnt. Er war der letzte Bäcker  im alten Gemeindebackhaus innerhalb der Mauer, das wohl zusammen mit dem Untertor im Jahre 1874 abgerissen wurde. Aber dabei handelt es sich um Philipp Koch II., denn bei seinem Tod am 23.12. 1871 wird ausdrücklich als Wohnung angegeben  „Am Unterthor“. Er wurde am 26.09.1837 geboren, stammte aber nicht aus dem Beruf, denn sein Vater Daniel Koch (verheiratet mit Apollonia Heckert) und sein Großvater Hieronymus Koch waren noch Landwirte (wohnhaft im Haus Nummer 20).

Der Sohn Philipp Kochs II., Jacob Koch, übernahm jedenfalls die Oberbäckerei, nach mündlicher Überlieferung im Jahre 1903. Er war verheiratet seit 15.05.1898 mit Marie Lenz, Tochter des Händlers Caspar Lenz. Jacob Koch hatte auch den Beruf eines Bäckers beim Vater erlernt, wurde aber Eisenbahner, weil der Halbbruder Ohl die Gemeindebäckerei übernehmen würde. Jetzt drängte ihn der Schwiegervater (Kaspar Lenz, Vater des Maurermeisters und späteren Kohlehändlers Kaspar Lenz, Hauptstraße 15) dazu, die lukrative Oberbäckerei zu übernehmen. Nach Jacob Koch übernahm Kaspar Koch die Oberbäckerei, die dann von seiner Tochter Annemarie und ihrem Mann Klaus Günther betrieben wurde.

 

Der Gemeindebäcker Philipp Koch II. (1837 bis 1871) stirbt 1871.  Seine Witwe Anna Maria geborene Wiegel heiratet am 26.03.1873 den Bäcker Konrad Ohl, Sohn des Andreas Ohl aus Kilianstädten. Sie betrieben weiter die Gemeindebäckerei. Konrad Ohl  ist 1874 der letzte Bäcker im alten Backhaus innerhalb der Ringmauer, denn im Zusammenhang mit der Abtragung des Unter­tores wird 1874 auch das Backhaus abgerissen.

Außerhalb  der Ringmauer wurde  dann für 3.900 Gulden (muß es nicht „Mark“ heißen?)  ein neues Backhaus erbaut auf dem heutigen Grundstück Hauptstraße 38. Beim Bau wurden wahrscheinlich Steine vom Untertor verwendet, denn das Erdgeschoß des Hauses ist aus Kalksteinen errichtet (das Obergeschoß aus Backsteinen).

Auch das neue Gebäude in der Hauptstraße 38 ist Gemeindebackhaus und wird weiterhin verpachtet. Die Pacht beträgt zunächst 137 Mark im Jahr. Im Jahre 1889/90 wird das Backhaus an Konrad Ohl für 216 Mark verpachtet. Aber er wird auch verpflichtet, für eine Vergütung von 68 Mark den Zuchteber (das Faselschwein) zu halten, so daß er seine Abfälle gut verwerten kann.

Das Haus ist ein üblicher Bauernhof mit Stallung und Scheune, denn der Bäcker betrieb wie die meisten Einwohner auch eine Landwirtschaft. Die Bäckerei war mit im Wohnhaus. Wenn man es von der Hauptstraße her betrat, kam man zunächst in einen breiten Flur, in dem sogar die Kuchenbleche abgelegt werden konnten. Links war die Wohnstube, rechts die Backstube. Der gemauerte Ofen stand hinten im Raum und wurde mit Holz geheizt, vorwiegend mit Tannen- und Fichtenholz, das in Eigenarbeit im Wald gewonnen wurde.  Links vom Hinterausgang war der Brunnen.

 

Konrad Ohl stirbt 1894, seine Frau führt das Geschäft noch weiter. Damals wurden Brot und Brötchen nach den Kunden ins Haus zugestellt. Die Bauern brauch­ten manchmal 15 Brote, um ihre Familie und das zahlreiche Gesinde versorgen zu können. Sie stellten selber das Mehl für das Brotbacken. Der Müller aus Niederdorfelden lieferte das Mehl gleich in der Bäckerei ab. Die Bauern zahlten dann nur noch 10 Pfennig Backlohn für den Laib.

Elisabeth Ohl, die Tochter Konrad Ohls, heiratet im Jahre 1900 den Bäcker Wilhelm Sauerwein aus Langstadt. Aber seit dem Jahre 1905 ist er nicht mehr Bäcker, sondern Tagelöhner.

Nachfolger in der Bäckerei wird Heinrich Ohl, der Sohn Konrad Ohls, der 1895 heiratet und auch  1905 im (neuen) Gemeindebackhaus erwähnt wird. Auch dessen Sohn und Nachfolger Valentin Ohl wohnt bei der Trauung 1930 noch im Haus Hauptstraße 38.

 

Aber mit der Zeit entsprach das Gebäude nicht mehr den Vorschriften für eine Bäckerei und einen Backofen (zum Beispiel zu niedrige Decken). Doch für den Bäcker lohnte es sich auch nicht, in einem nur gemieteten Haus größere Investitionen vorzunehmen. Die Tochter Marie wurde noch im Gemeindebackhaus geboren. Aber 1935 baute Valtin Ohl im Haus seiner Frau - einer geborenen Höhl - in der Ringstraße Süd 29 eine eigene private Bäckerei. Das Gemeindebackhaus wird von der Gemeinde an den Fahrradhändler Philipp Lutz verkauft. Heute ist es im Besitz der Familie Reichert.

Die Tradition des Unterbäckers geht aber über auf die neue Bäckerei in der Ringstraße. Sie wird dann von der Tochter und vom Schwiegersohn Burger weitergeführt und dann dessen Sohn Martin Burger. Im Jahre 1985 errichtet dieser  neben der alten Bäckerei die neue Bäckerei.

In Hochstadt hießen im 19. und weit bis ins 20. Jahrhundert alle Bäcker „Koch“: der Gemeindebäcker, der alte und der neue Mittelbäcker, der alte und der neue Oberbäcker und auch der Unterbäcker heiratet in die Familie des Gemeindebäckers Koch ein. Sicherlich haben sie sich auch untereinander Konkurrenz gemacht. Aber die Einwohnerzahl wuchs ja auch, so daß wohl alle zusammen mit ihrer Landwirtschaft ein Auskommen hatten (nach Informationen von Wilhelm Seng, Wilhelm Merz, Marie Burger, Otto Koch, Annemarie Günther, Margarethe  Mathias sowie den Kirchenbüchern).

 

 

20  „Narrenhaus“

Von hier aus macht man nun noch einen Abstecher zum „Narrenhaus“. Der viereckige Turm an der Nordmauer in der Nähe des Untertores wird bis heute „Narrenhaus“ genannt. Hier wurden die Geisteskranken aus Hochstadt und Umgebung untergebracht. Er könnte aber auch - neben den Tortürmen - als Gefängnis benutzt worden sein.

Einen Eingang gibt es nur von der Seite des Wehrgangs aus. Der untere Raum ist überwölbt. Rechts war bis kurz vor 1900 das Halseisen angebracht, an das die Verbrecher und Geisteskranken angeschlossen wurden; dort waren sie dann völlig von der Außenwelt abgeschnitten, denn kein Lichtstrahl drang in diesen Raum. Noch Ende des 19. Jahrhunderts werden Jugendliche in das Narrenhaus gesperrt: Wer einen Dumme-Jungen-Streich verübt hat, kommt für einige Stunden in den Turm.

Der Turm hat im oberen Teil keine Schießscharten wie die Rondelle, war also wohl mehr ein Beobachtungsturm. Bis um 1800 war er mit einem spitzen Dach versehen, vielleicht wie das auf dem  Obertor. Heute ist der Turm wieder mit einem flachen Dach abgedeckt.

In den Schuppen neben dem Turm waren der Krankenwagen und der Leichenwagen untergebracht und zeitweise auch die Feuerwehr.

Im Lagerbuch der Gemeinde Hochstadt von vor 1929 wird gesagt, daß am Narrenhaus eine  Transformatorenstation war. Dieses turmartige Gebäude wurde durch einen holzverkleideten Schuppen ersetzt. Beim Narrenhaus war auch eine Kranken- und Leichenwagenhalle.

 

23  Außerhalb der Mauer

Hauptstraße 53

Im Jahre 2007 wollte die neue Eigentümerin, Frau Schütz aus Wachenbuchen, das Haus nach altem Vorbild umbauen. Das war eins ehr freundliches Vorhaben, denn der frühere HL-Markt verschandelte den Eingang zur historischen Hauptstraße, vor allem der nie benutzte Balkon. Der abgerissene frühere Bau an dieser Stelle aus der Zeit nach 1900 ist aber auch nicht unbedingt vorbildlich, ein kasernenartiger Klinkerbau mit großer Torfahrt. Andererseits wäre aber ein altertümlicher Bau (mit Fachwerk usw.) auch nicht angebracht, weil die historische Straße erst ein Haus weiter beginnt.

Ich rege Folgendes an:

Es wurde vorgeschlagen:

1. Die Front des Hauses sollte parallel zum Verlauf der Hauptstraße verlaufen.

2. Vorbild könnte das gegenüberliegende Haus Hauptstraße 38 sein, das etwa um 1875 entstanden ist.

3. Im Erdgeschoß sollten Fenster eingebaut werden, die dem Format der Fenster im Vorgängerbau entsprechen, also höher als im Oberstockwerk (wo man aber auch ändern könnte)

4. Das Haus hat keinen Keller mehr, deshalb ist eine Treppe zum Hauseingang nicht erforderlich.

5. Der Eingang könnte schräg an die Ecke gesetzt werden, mit einem Erker darüber mit einem spitzen Dach (ähnlich einem Turm).

6. Der andere Baukörper entlang der Ringstraße sollte auch Fenster erhalten und möglichst ein steiles Dach.

Der Fachdienstes antwortete am 21. August 2007: Da Bauvorhaben an dieser Stelle im Bereich der Gestaltungssatzung von Hochstadt liegen, können entsprechende Anforderungen an die Gestalt gestellt werden und wird somit auch in Ihrem Sinne eine Verbesserung des Baukörpers erreicht werden. Da die Stadt Maintal jedoch nicht der Eigentümer ist, können Ihre Anregungen leider auch nur beschränkt Einfluß finden.

Das Haus wurde ohne Rücksicht auf seine früheres Aussehen noch mehr verschandelt: Zuerst wurde auf den Balkon ein Aufbau aus Glas und Metall gesetzt, dann wurde die Wand in der Ringstraße aufgebrochen und mit Pfeilern und Türen versehen. Nach der Hauptstraße zu blieb der Fahrradladen mit den großen Schaufenstern. Ein kleiner Aufzug an der  Südseite soll die Türme der Ringmauer zitieren.

 

Hauptstraße 55 und 57:

Links vor dem Haus Nr. 55 war die Gemeindewaage, auf der die Fuhrwerke gewogen wurden. Im Haus Nr. 57 war lange Zeit die Post untergebracht.

 

Im Brand 2:

Das Haus wurde von Anfang an  von der Familie Bauer bewohnt. Der Maurer Conrad Bauer aus Schlüchtern heiratete 1771 die Tochter eines Unteroffiziers aus Hanau. Er ist vermutlich wegen seines Berufs nach Hochstadt gekommen. Die Wohnung der Familie ist aber nicht bekannt.

Der Sohn Johann Philipp Bauer heiratete 1804 und war ebenfalls Maurer. Er müßte das Haus Im Brand 2 gebaut haben, wenn es 1836 errichtet wurde. Aber im Jahre 1851 wohnte er Hauptstraße 17 und 1860 im Wachthaus vor dem Untertor.

Das Haus wurde weiter bewohnt von seinem Sohn, dem Maurermeister Johannes Bauer, der 1832 geheiratet hatte. Im Jahre 1835 wohnt er noch Kirchberg 6, aber 1838 schon Im Brand 2, wo er auch 1873 bezeugt ist.

Sein Sohn Johannes Bauer ist Schlosser und heiratet 1874. Er ist im Jahr 1881 in dem Haus bezeugt, wohnt aber 1882 in der Ringstraße 9.

Ihm folgt der Schlosser Heinrich Bauer, verheiratet seit 1900, seit 1903 in dem Haus bezeugt. Sein Sohn Heinrich Bauer ist ebenfalls Schlosser und heiratet 1937. Sein Sohn ist Helmut Bauer (später Weinbergstraße 10).

 

Falls aber die alte Numerierung das Alter des Hauses angibt, dann wäre die Reihenfolge der Errichtung der Häuser im untersten Teil der Hauptstraße und dann östlich des Obertors wie folgt gewesen: Hauptstraße 55, Hauptstraße 57 (1830), Im Brand 2 (1836), Hauptstraße 44 (1837), Hauptstraße 59, Bischofsheimer Straße 1, Hauptstraße 40 (1843), ein weiteres Haus, Hanauer Straße 4, Klosterhofstraße 2 (1846), Kalkhausstraße 1, zwei weitere Häuser, Klosterhofstraße 1, Ringstraße 1, Am Felsenkeller 11, Hanauer Straße 6 (erbaut 1901), Ringstraße 7, Bischofsheimer Straße 5, Bischofsheimer Straße 4 und Ringstraße 5.

Die Inschrift über der Haustür sieht aus wie „HB 1836“. Der erste Buchstabe, der fast wie „M“ aussieht, ist in Wirklichkeit ein „H“ (wie an dem Haus Lutherstraße 3). Der Familienname ist „Bauer“. Der Vorname wird von der Familie als „Heinrich Bauer“ gedeutet. Aber es gibt keine passende Person um das Jahr 1836. Der Sohn Heinrich Bauer wurde erst 1844 geboren (er war übrigens der erste Spengler in der Familie).

„HB“ heißt also „Hans Bauer“, also „Johannes Bauer“. Von den Lebensdaten her kommt nur Johannes Bauer (1806 bis 1873) in Frage (sein Vater Johann Philipp hatte nur den Beinamen Johannes und wäre mit seinem eigentlichen Vornamen „Philipp“ angegeben worden, den man wohl „Ph.“ abgekürzt hätte.

Mit im Haus wohnte zeitweilig die Familie Hock. Heinrich Hock, geboren 1917 in Altengronau, heiratet 1937 Katharine Bauer. Sie haben zwei Kinder und wohnen Im Brand 2.

 

Hauptstraße 59:

In der Hauptstraße 59 wohnt 1855 der Landgeometer C. Brandenburg. In seiner Wohnung stirbt am 16. Juni 1855 Valentin Friedrich Brandenburg, ein Waisenkind. Der Landvermesser hielt sich wohl wegen einer Neuvermessung der Flur im Ort auf. Der Geometer Friedrich Karl Pabst aus Niedermittlau wohnt im Jahre 1861 in der Ringstraße 1.

 

Lehmann: Willy Herbert Lehmann, geboren 1914 in Sprakten, Wohnung in Falkenreut Kreis Insterburg, heiratet 1941 Katharine Margarethe Studenroth. Sie haben eine Tochter und wohnen Hauptstraße 59.

 

Studenroth: Johannes Studenroth und Elisabeth Katharine geborene Sparwald aus Bischofsheim haben drei Kinder, die alle in Bischofsheim geboren sind:

1.) Johannes Studenroth, geboren 1891 in Bischofsheim, heiratet 1914 Marie Catharine Heckert. Sie haben drei Kinder und wohnen Ringstraße Süd 23. Der Enkel ist Rainer Studenroth (Jägerstraße 21).

2.) Johann Heinrich Studenroth, geboren im Jahre 1895, Milchhändler, heiratet 1919 Karoline Krieg. Sie wohnen Hauptstraße 59 und haben zwei Kinder Margarete Lehmann und Maria Ziegler (Thingstraße 18).

3.) Elisabeth Studenroth, geboren 1896, heiratet im Jahre 1921 Wilhelm Seibel. Sie haben ein Kind und wohnen Ringstraße 1.

Falls aber die alte Numerierung das Alter des Hauses angibt, dann wäre die Reihenfolge der Errichtung der Häuser im untersten Teil der Hauptstraße und dann östlich des Obertors wie folgt gewesen: Hauptstraße 55, Hauptstraße 57, Im Brand 2, Hauptstraße 44, Hauptstraße 59, Bischofsheimer Straße 1, Hauptstraße 40, ein weiteres Haus, Hanauer Straße 4, Klosterhofstraße 2, Kalkhausstraße 1, zwei weitere Häuser, Klosterhofstraße 1, Ringstraße 1, Am Felsenkeller 11, Hanauer Straße 6 (erbaut 1901), Ringstraße 7, Bischofsheimer Straße 5, Bischofsheimer Straße 4 und Ringstraße 5.

 

 

 

Hauptstraße 61:

Hier war das Verwaltungsgebäude der Apfelweinkelterei Höhl, die hier ihre ersten Fabrikationsräume hatte Dahinter bil­den Kreissparkasse, Verwaltungsgebäude und katholische Kirche einen modernen städtebaulichen Akzent.

 

Hauptstraße 40 und 42:

Rechts an der Hauptstraße steht zunächst eine alte Schmiede (Hauptstraße 40). Dann mit der Nummer 42 das, Haus, in dessen Stube der Bürgermei­ster jahrelang seine Amtsgeschäfte führte, ehe die Gemein­deverwaltung in die Schule Hauptstraße 4 kam, und in dem auch einmal ein Geschäft war. Schließlich steht dort das Gasthaus „Zum Neuen Bau“, das 1839 als viertes Haus außerhalb der Ringmauer gebaut wurde.

 

Gasstätte „Zum Neuen Bau“, Hauptstraße 44:

Für die Hochstädter war der „Neue Bau“ eine Institution, die aus dem Leben nicht wegzudenken ist. Hier trafen sich viele Vereine, in der Gaststätte traf man sich zum Stammtisch  und  in der Metzgerei versorgte man sich mit Fleisch- und Wurstwaren.  Die Gaststätte gehört nicht zu den ganz  alten Gaststätten in Hochstadt, denn sie  ist ja außerhalb der Hochstädter Ringmauer gebaut.

Weil man lange Zeit annahm, daß die  Bebauung außerhalb der Ringmauer erst 1839 erlaubt wurde und die Gaststätte das erste Haus  außerhalb  gewesen sei, datiert man die Entstehungszeit auf das Jahr1839.  Wenn man jedoch die alten Hausnummern heranzieht, so  erkennt man,  daß auch schon  vorher Häuser außerhalb der Ringmauer gebaut wurden, weil man die Häuser in der Reihenfolge ihrer Entstehung  numerierte. Diese begann am Untertor und endete zunächst mit den Nummern 128 (Hauptstraße 1, Hirtenhaus) und 129 (Obertor).

Die Hausnummer 130  ist dann das älteste Haus außerhalb der Ringmauer, nämlich das Haus Hauptstraße 55 (Engelhardt). Es folgt daneben das Haus Numner 131 (Daubert/ Kegelmann), an dem  früher über der  Tür die Jahreszahl  1830 zu lesen war. Auch vom nächsten Haus Im Brand 2 (Bauer) weiß  man, daß es 1836 erbaut wurde. Und dann erst folgt  Hauptstraße  44 mit der Nummer 133. Das nächste bekannte Datum ist die Schmiede Huhn in der Hauptstraße 40, die nach den Häusern Hauptstraße 59  und Bischofsheimer Straße 1 im Jahre  1843 erbaut wurde, wie auch die Inschrift über dem Hoftor ausweist.

Das Haus muß also zwischen 1836  und 1843 erbaut worden sein. Genauer kann man das Jahr eingrenzen, wenn man die Lebensdaten  des ersten Gastwirts Caspar Schäfer heranszieht.

Dieser wohnte an sich im Haus  Hauptstraße 10 und war seit 10. Oktober 1830 verheiratet mit Katharina Stein, Tochter des Schultheißen Johann Jacob Stein, der aus der Gastwirtsfamilie Hauptstraße 21 stammt („Stein‘sche Wirtschaft“).

Bei der Geburt des Sohnes Philipp am 1. Mai 1838 wohnt das  Ehepaar noch  Hauptstraße 10.

Aber bei der Geburt des Sohnes Johannes am 20. Juli 1840 wohnt es Hausnummer 133, das entspricht Hauptstraße 44.  Der „Neue Bau“ wird also im Jahr 1839  erbaut worden sein. Er  ist deshalb ein neuer Bau, weil er von Anfang an als Gaststätte  vorgesehen war,  nämlich als erste Gaststätte außerhalb der Ringmauer.

Der Wirt Caspar Schäfer stammt aus einer Landwirtsfamilie,  hatte aber schon Erfahrung mit der Gastwirtschaft, denn seine Frau stammte aus einer Gastwirtsfamilie und sie  hatten von 1829 bis 1835 die Gaststätte  „Zur  goldenen Krone“ gepachtet. In dieser Zeit war er übrigens auch „höfischer Schultheiß“ des ehemaligen Dorfes Groschlag und hatte noch die Ländereien  des ehemaligen Klosterhofs zu verwalten.

Caspar Schäfer wird noch 1854 als Wirt bezeichnet und stirbt am 11. Oktober 1856. Nun übernimmt sein Sohn Jacob Schäfer die Gaststätte. Er ist geboren am 7. Mai 1834, heiratete am 9. November 1865 Margarethe geborene Hartmann, starb aber am 15. Dezember 1872.

Seine Witwe heiratete dann am  14. August 1873 Valentin Höhl aus Griesheim bei Darmstadt und hatte mit ihm den Sohn Konrad  Höhl,  nach dem die Straße in Hochstadt benannt ist, die aber mehr zu Ehren dessen Sohnes Wilhelm Höhl so genannt wurde, der dort  eine neue Großkelterei erbaute.

Nachfolger in der Gaststätte wird der Sohn aus erster Ehe, der auch Jacob heißt. Er ist geboren am 14. August 1871 und wird 1894  noch als Gastwirt bezeichnet.  Aber offenbar war er krank, denn er starb schon 26. März 1903. Seine Krankheit könnte der  Grund für den Verkauf der Gaststätte  sein. Wenn es aber heißt, als Wirt sei von 1869 bis 1896 Jacob Schäfer genannt worden, so handelt es sich dabei im Vater und Sohn des gleichen Namens. 

Das Haus bestand zunächst nur aus dem heutigen Mittelteil. Man konnte also von  zwei Seiten

 in den Hof fahren:   von der Hauptstraße (Grenze zum Haus Nr. 42) und von der Bischofsheimer Straße her. Die Gaststätte war Unterkunftsmöglichkeit für die Fuhrleute, die erst nach dem Schließen der Tore ankamen.

Im Jahre 1898 wurden die Anbauten links und rechts an das Haus angebaut. Links war das Ladengeschäft Nickel, das später in die Schulstraße (heute: Klosterhofstraße) verlegt wurde.

Bis etwa zum Jahre 1885 war die Fläche der Metzgerei und des späteren Eis-Cafés mit einem Lattenzaun eingefriedet. Darin pausierten oder übernachteten Schlachttiere für Frankfurt, wie Rinder, Schafe, Schweine, die aus dem Vogelsberg herangetrieben wurden. Für die Viehtreiber werden wohl Stroh- oder Heulager zur Verfügung gestanden haben. Mein Großvater, der 1876 geboren wurde, konnte sich noch an diesen Pferch an der westlichen Hausecke erinnern.

Zur Herstellung der ursprünglichen Situation könnte der heutige Freisitz auf dem öffentlichen Fußweg, zumindest einseitig, mit einem halbhohen Lattenzaun versehen werden  (Hans Fischer am 11.06.16 im  HA).

 

Im Jahre 1896 kauft die Familie Huhn die Gaststätte. Der Stammvater Gottlieb Huhn (geboren 1764) kam aus dem Amt Maulbronn in Württemberg nach Hochstadt. Er heiratet 1802, 1803 und 1810. Aus der dritten Ehe stammt der Sohn Heinrich Huhn, der aber Landwirt ist. Auch dieser ist dreimal verheiratet. Seine zweite Frau ist Katharine geborene Emmel. Deren Sohn Johannes Huhn (1851 bis 1907) heiratet 1873 Marie Elisabeth Seip aus Bischofsheim. Er ist an sich (Milch-) Händler und kauft die Gastwirtschaft im Grunde für seine Tochter Eleonore. Diese ist geboren am 10. April 1875 und heiratet am 10. Oktober 1897 Philipp Eibelshäuser, geboren am  28. April 1873.

Dessen Vater Philipp war Maurer und stammte aus der Familie, die dann im Haus Bischofsheimer Straße 7 wohnte (der Schuhmacher „Russe Peter“). Er führt später ein Milchgeschäft und fährt die Milch bis nach Bergen aus. Auf dem Weg schnitzt er aus Zigarrenkisten ein Karussell mit Pferden und Öllämpchen, das dann an Weihnachten aufgebaut wird und heute noch im Besitz der Familie ist. Die Enkelin ist Frau Breining in der Schützenstraße 4.

Die Gaststätte wird aber zunächst von dem Vater Johannes Huhn geführt und erst nach dessen Tod 1907 von der Tochter Eleonore und ihrem Mann Philipp Eibelshäuser. Von da an bleibt die Gaststätte im Besitz der Familie Eibelshäuser, aber in Familienbesitz ist sie im Grund seit 1896.

Nach dem Tod des Vaters übernimmt dann (Wilhelm) Philipp Eibelshäuser II. (1898 bis 1958) die Gaststätte. Er ist Metzger und Gastwirt und heiratet  am 24. Oktober  1920 Catharine geborene Basermann, geboren 17. November  1897, aus dem Haus Trinkbrunnenstraße 10/ 12).

Sein Bruder  Wilhelm Eibelshäuser, geboren 5. April 1900, ist Metzger und arbeitet mit im Haus, er  heiratet am 24. April 1918 Magdalene Bechert, geboren am 27. März 1901. Für ihn wird unmittelbar nach dem Ersten Weltkrieg die Metzgerei mit Schlachthaus eingerichtet.

Die Landwirtschaft und auch das Haus in der Bischofsheimer Straße geht an den Schuhmacher Peter Eibelshäuser („Russe Peter“). Dessen Tochter ist Frau Breining, die später das Haus ihrer Patin in der Schützenstraße übernimmt.

 

Der  volkstümliche Name „Heckewirt“ wird nicht auf die Familie Schäfer zurückgehen, sondern paßt eher zu der Nachfolgefamilie Eibelshäuser, die vorher nichts mit der Gastwirtschaft  zu tun hatte. Ein „Hecker“ war ein Weinbauer, der einige Wochen im Jahr in seinem Wohnhaus eine „Heckewirtschaft“  öffnen durfte, so wie  das sonst bei einer  Straußwirtschaft der Fall ist (das hat also nichts mit einer Hecke am Haus zu tun).

 

Unter der Familie Eibelshäuser ist die Gaststätte der Schauplatz zahlreicher Sänger- und Musikerwettstreite. Später finden dort bis in die fünfziger Jahre die Dorfunterhaltungsabende statt. Hier haben auch die Fastnachtsveranstaltungen der Humoristen ihren Ursprung. Hier feiern die Vereine ihre Weihnachtsfeiern, Kappenabende, Oktoberfeste, Singstunden und Vorstandssitzungen, hier werden viele Familienfeste ausgerichtet. Für die Irlandfahrer ist der „St. Patricksday“ zu einem festen Begriff geworden. Die Fans des FC Bayern München verfolgen hier jedes Spiel ihres Vereins.

Vereine wie der Humor- und Musikverein „Edelweiß“, die Sängervereinigung und der Schützenverein Tell trafen sich schon seit über 100 Jahren in ihrem Vereinslokal. Auch das Walzer’sche Doppelquartett, die CDU, der Obst- und Gartenbauverein, die Geflügelzüchter, die Vogelschützer, die Versehrtenspielgemeinschaft und die Nashville Rodeo Dancers waren. ebenfalls seit vielen Jahren dort zu Hause. Der Turnverein turnte im großen Saal mit Barren, Reck, Bock, Pauschenpferd  und Bodenmatten. Im  Hof war eine Weitsprung und eine Hochsprunganlage angelegt. Nach der Straße zu war das Grundstück durch eine Mauer abgeschlossen, an der eine Kegelbahn entlang führte. Anfang der siebziger Jahre wird eine komplett neue Metzgerei eingerichtet und das rückwärtige Kolleg  (im Hof) angebaut.

Philipp Eibelshäuser. Der Sohn Philipp Eibelshäusers ist (Wilhelm) Philipp Eibelshäuser, geboren am 27. Januar 1925, ist auch Metzger und führt zusammen mit seiner Frau Gretel zunächst die Gaststätte. Anfang der siebziger Jahre wird eine komplett neue Metzgerei eingerichtet und das rückwärtige Kolleg angebaut.

Die Gaststätte war dann an Helmut Roog, Walter Müller und Dieter Dimter verpachtet, ehe 1984 mit Gerhard Eibelshäuser wieder die Familie die Gaststätte übernimmt. Sie bietet aber weiter ausgezeichnete Wurstwaren nach alten Familienrezepten an: Hochstädter Rindswurst, Preßkopf und Hausmacherwurst.

Die Gaststätte wird bei den Einwohnern immer noch nach dem „Kättche“ benannt. Sie ist die Großmutter des heutigen Wirts, Katharina Eibelshäuser, die zunächst in der Metzgerei verkaufte und seit 1984 hinter der Theke stand. Sie war zwar kurzsichtig, hatte aber beim Griff in die Kasse immer das passende Wechselgeld parat. „Wie sie das machte, weiß ich nicht, das hat sie irgendwie gefühlt!“ sagt Verwaltungsmitarbeiter Wilfried Seng, der in seiner Jugend wie viele seiner Altersgenossen die Gaststätte besuchte. Gerhard Eibelshäuser erzählt: „Jeden Morgen hat sie im Wirtsraum eine Runde am Spielautomaten gespielt und ein Gläschen Korn getrunken!“

Die Gaststätte wird bei den Einwohnern immer noch nach dem „Kättche“ benannt. Sie ist die Großmutter des heutigen Wirts, Katharina Eibelshäuser, die zunächst in der Metzgerei verkaufte und seit 1984 hinter der Theke stand. Sie war zwar kurzsichtig, hatte aber beim Griff in die Kasse immer das passende Wechselgeld parat.

Die Metzgerei wurde aber geschlossen. Wurst und Schinken wurden nur noch an die Fassade des ehemaligen Geschäftes gemalt („Scheinmetzgerei“ haben die Humoristen dazu gesagt). Ende Juni 1998 wurde mit einem viertägigen Fest gefeiert, daß die Gaststätte seit 100 Jahren in Familienbesitz ist. Später  wurde Eis-Salon in der ehemaligen Metzgerei eingerichtet.  Im Jahre 2005 wird die Gaststätte wieder verpachtet an die Familie Hamburger und um einen Biergarten erweitert.

           

Im Jahre 2011 kauften Jennifer und Uwe Eibelshäuser den Eltern Eibelshäuser das umfangreiche Gebäude in Hochstadt ab, um es in Familienbesitz zu behalten, und begannen mit der Sanierung.  „Das Haus war in einem stark renovierungsbedürftigen Zustand", erinnert sich Uwe Eibelshäuser, der Sohn Gerhard Eibelshäusers, der gemeinsam mit seiner Frau eine Gartenbaufirma betreibt. „Bei Starkregen liefen regelmäßig die Keller voll.“ Viel ist in den vergangenen Jahren schon gemacht worden, jetzt war die Fassade an der Reihe.

Im  Jahr 2016 wurde sie vollständig erneuert. „Erst ließen wir die Jahreszahl 1859 hinschreiben, so wie es in vielen Unterlagen zur Historie Hochstadts stand“, sagt Jennifer Eibelshäuser. Doch das Jahr 1859 steht in keinen  Hochstädter Unterlagen, wo doch andererseits  behauptet wird, das Haus sei das erste außerhalb der Ringmauer gewesen. Doch Reinhard Schellmann hatte ein anderes Datum im Kopf, nämlich das von 1839. Also rief er die Familie Eibelshäuser an, und die ließ nach Recherchen in den Kirchenbüchern die Jahreszahl korrigieren. Nun prangt die 1839 über der Tür sowie der Schriftzug „Zum Neuen Bau“.

Die alte Inschrift über der Tür lautete „1898“, das Jahr der Anbauten.  Im Zuge früherer Renovierungsarbeiten wurde sie überputzt und verschwand. Jetzt hat Renate Schwab-Mankel von der ortsansässigen „Kreativwerkstatt“ die richtige Jahreszahl und die Ornamente entworfen, die jetzt den Eingang auf der Straßenseite zieren.

Ende Juni 1998 wird mit einem viertägigen Fest gefeiert, daß die Gaststätte seit 100 Jahren in Familienbesitz ist. Über die Eibelshäuser  und die Gaststätte  erschien 1998  ein mehrseitiger Beitrag im  „Maintal Tagesanzeiger“ (9. Juni 2016). In dem Zeitungsartikel sind aber Fehler: Die Schmiede Huhn ist nicht gegenüber, sondern zwei Häuser weiter auf  der gleichen Straßenseite. Und der Bürgermeister hatte seine „Amtsstube" nicht in der Gaststätte, sondern zunächst einmal im Rathaus. Nur der Bürgermeister Schäfer (um 1916) wickelte seine Amtsgeschäfte in seinem Haus  Hauptstraße 42 ab.

Die Gaststätte wird seit 2013 von dem Elsässer Pächter Thierry Zuchner geführt („Thierrys Küche“), Im linken Gebäudeteil, wo sich früher die Metzgerei befand, ist heute die kleine Brauerei vom „Hochstädter Landbier“, geführt von Ingo Rohman, der auch die Gaststätte „Schalander“ in der Bischofsheimer Straße 13 hat. Im ersten Stock befindet sich die Geschäftsstelle des Humor-Musik-Vereins „Edelweiß“.

Ende 2016 werden die Räume der Eis-Diele von den beiden Frauen von „Pearson & Puppe“ übernommen, die dort ein Café eröffnen werden. Michelle Blythe  (geborene Pearson) und Katharina Puppe sind in und um Hochstadt bekannt für ihre hausgemachten Torten und Gebäckspezialitäten. Im hauseigenen Biergarten kann man außerdem die Sommerabende bei einem kühlen Schluck Bier und einer Stärkung für den Magen verbringen.

 

Klosterhofstraße:

Westlich der katholischen Kirche stand seit 1905 die Hochstädter Schule, erbaut von der Firma Mesenberg aus Hanau. Die Gesamtkosten belaufen sich auf über 25.000 Mark. Doch die Schule hat zunächst nur e i n Klassenzimmer und keine Lehrerwohnung. Die Klassen 4 und 5 werden im Rathaussaal unterrichtet.

Erst 1910 wird die neue Schule um drei Klassenzimmer erweitert. Sie hat auch eine Wohnung für Lehrerinnen und eine Schuldienerwohnung, dazu Konferenzzimmer, Turn- und Spielplatz und ein Abortgebäude. Der Bau wird am 26. Juli 1911 in Gegenwart des Landrats und weiterer Vertreter des Landratsamtes übergeben. Zugegen sind auch Gemeinderat, Lehrer, Handwerker und Lieferanten. Der Erweiterungsbau kostet über 36.000 Mark.

 

Weitere Schulen standen in Hochstadt auf dem Gelände des jetzigen Verwaltungsgebäudes in der Klosterhofstraße: Eine Schule von 1911 mit Kindergarten (heute abgerissen) und eine Schule von 1954 (heute ein Teil des Verwaltungsgebäudes an der Sandgasse). Die heutigen Schulen stehen im Bücherweg, ein Kindergarten ist in der Ahornstraße, wei­terführende Schulen sind in Dörnigheim und Bischofsheim.

 

Nach rechts geht es in die Bischofsheimer Straße und die 1914 angelegte Weinbergstraße und zu zwei Aussiedlerhöfen.

Noch weiter entfernt ist das Neubaugebiet am Luisantring, der nach der französischen Partnerstadt Hochstadts in der Nähe von Paris genannt ist.

Weiter südlich im Bereich der Hofge­richtstraße und der Fahrgasse lag der Ort Groschlag, der bis zum 30jährigen Krieg bestand und dessen „Höfisches Gericht“ bis ins 19. Jahrhundert gehalten wurde. Südlich der Autobahn liegen das Industriegebiet und die Siedlung Niederfeld.

 

28  Bahnhofstraße

Der weitere Weg geht durch die Ringstraße Süd. Hier steht noch ein runder hoher Turm, der Ringmauer, der nur durch den Einsatz der damaligen Anwohnerin vor dem Abriß gerettet werden konnte.

Man geht dann nach links in die Bahnhofstraße. Vor den ersten Häusern verlief die Ringmauer. Nach dem Bau der Eisenbahn im Jahre 1843 schuf man dort einen kleinen Durchbruch durch die Mauer, damit man leichter zum Bahnhof gelangen konnte. Der Durchgang wurde „Rußloch“ genannt, weil die Steine durch die Fackeln der Leute geschwärzt wurden, die früh zur Bahn gingen. Vielleicht kommt der Name aber auch daher, daß man die Öffnung mit „Russensteinen“ ausmauerte (wie an der Ritterstraße).

 

29  Lutherische Kirche

Von der Bahnhofstraße zweigt nach rechts die Lutherstraße ab, in der auf dem Grundstück Nr. 9 die lutherische Kirche stand. Sie wurde 1668 erbaut und bis 1818 genutzt. Nachdem die lutherische Gemeinde sich mit der reformierten zusammengeschlossen hatte, blieb nur noch die südliche Mauer der Kirche stehen und wurde als Teil einer Scheune genutzt, bis diese 1967 auch  abgerissen wurde.  Der Grabstein Speckhan kam auf den Kirchhof der reformierten Kirche (dritter Stein rechts). Der Taufstein aus der reformierten Kirche stand lange im Garten des Grundstücks der Lutherischen Kirche und kam dann ins Historische Museum Frankfurt. Über die Straße „Am Pfarrhof“ kommt man wieder zur Hauptstraße und damit zum Ausgangspunkt des Rundgangs.

 

 

 

 

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