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Odenwald

 

 

 

Wegemarkierung

Die Entfernung zwischen Paris und New York beträgt  5.700 Kilometer. Dieser Zahl entspricht die Gesamtlänge aller Wanderwege im Odenwald. Dass es bei der Markierung eines solchen Netzes zu Dopplungen und regionalen Besonderheiten kommen musste, ließ sich in einem über Jahrzehnte gewachsenen System nicht vermeiden. Mit einer beispiellosen Aktion –  bei der Hunderte ehrenamtliche Helfer des Odenwaldklubs beteiligt waren - ist in den vergangenen Jahren die gesamte Zeichensetzung zwischen Darmstadt und Kraichgau, Bergstraße und Main einer umfassenden Erneuerung unterzogen worden.

Hierfür hat man auf das bewährte „Seibertsche System“ zurückgegriffen. Danach sind alle Nord-Süd-Verbindungen in den Farben rot und blau und alle West-Ost-Routen weiß und gelb gehalten. Die regionalen Rundwanderwege sind jetzt einheitlich mit gelben Zahlen gekennzeichnet und die örtlichen werden bei 45 Odenwald-Gemeinden auf weiße Zahlen umgestellt.

Parallel zur neuen Zeichensetzung erschienen zwei neue Wanderkarten beim Hessischen Landesvermessungsamt.

Beim Odenwaldklub oder Geopark gibt es insgesamt 20 Wanderkarten, die ein Wanderer aus Heppenheim zusammengestellt hat.

 

Synagogen in Südhessen

Auf dem Gebiet des heutigen Landkreises Darmstadt‑Dieburg standen 1945 noch fünfzehn ehe­malige Synagogen, heute sind gera­de noch vier davon als einstiges Gotteshaus erkennbar, eine weitere steht im Hessenpark. Im Kreis Berg­straße bestehen noch fünf der einst sechs ehemaligen Synagogen, im Kreis Groß‑Gerau noch neun von zehn, und im Odenwaldkreis sind noch drei der vier einstigen jüdi­schen Gotteshäuser erhalten.

Die meisten Juden auf dem Lande waren keine reichen Leute. Sie leisteten sich zwar einen Betsaal, aber für Synagogenbauten hatten sie oft kein Geld. Sie kauften alte Hofreiten und bauten sie zu kleinen Gemeindezentren um. In den alten Wohnhäusern brachten sie Schul­räume und die Wohnungen der Lehrer und Vorbeter unter. Die alten Scheunen wandelten sie in Synago­gen um. Zum Gemeindezentrum gehörten außerdem die Mikwe, das Ritualbad, und das Backhaus, in dem alle gemeinsam ihr Brot buken.

Äußerlich waren Dorfsynagogen ‑ im Gegensatz zu den kleinen christ­lichen Kirchen ‑ oft nicht zu er­kennen. Allenfalls schmale, hohe Fenster, die auf zweige­schossige Innenräume mit Emporen hinwie­sen, ließen die Bedeu­tung des Gebäudes erahnen. Eine typische Synagogen­architektur gab es auf dem Land nicht.

 

 

 

Rundfahrten

Alle Vorschläge müssen nicht unbedingt eine Tagestour darstellen. Statt drei Städte an einem Tag kann man auch jede Stadt einzeln anfahren. Oft wird man erst aktuell entscheiden, wann man abbricht oder welche Alternative für die Rückfahrt man wählt.

 

  • Hessische Bergstraße: Autobahn A 5 bis Abfahrt Pfungstadt – Stadt Pfungstadt - Burg Frankenstein – Bickenbach - Seeheim – Jugenheim- – Alsbach Hähnlein – Zwingenberg – Auerbacher Schloß – Fürstenlager - Bensheim – Heppenheim – Hemsbach – Weinheim – Badische Bergstraße (Großensachsen, Leutershausen, Schriesheim, Dossenheim, Handschuhsheim, Heiligenberg)- Viernheim – Mannheim.

 

  • West:

Reinheim – Groß-Biberau – Fischbachtal – Modautal – Neunkirchner Höhe - Lautertal und Felsenmeer – Lindenfels – Fürth – Rimbach – Mörlenbach - Birkenau – Heiligkreuzsteinbaach  – Schönau.

 

  • Mitte:

Fränkisch-Crumbach – Rodenstein – Reichelsheim – Ober-Ostern – Weschnitz – Hammelbach – Tromm –  Waldmichelbach – Schönmattenwag – Heddesbach – Rothenberg – Raubach – Finkenbach – Wahlen – Airlenbach – Grasellenbach – Mossautal – Rehbach - Brombachtal- Schnellerts – Hummetroth.

 

  • Ost:

Schloß Nauses – Mümling-Grumbach – Höchst – Bad König – Michelstadt – Erbach – Eulbach - Vielbrunn – Kastell Hainhaus – Vielbrunn Wasserwerk – Lützelbach – Burg Breuberg – Wald-Amorbach.

Michelstadt – Würzberg – Hesselbach – Abstecher Waldleiningen – Eutersee - Schöllen­­bach - Kailbach– Gaimühle – Waldkatzenbach - Katzenbuckel Oberdielbach - (nördliche Strecke nach Eberbach) - Ruine Eberbach - Eberbach (schon auf der Strecke „Neckar“ besucht) - Gammelsbach - Beerfelden (diese Rundfahrt ohne Hesselbach kann man auch umgedreht machen)

 

  • Main:

Stockstadt – Bachgau – Großostheim – Niedernberg – Obernburg – Wörth – Kleinheubach – Miltenberg – Amorbach – Walldürn - Buchen – Mudau.

 

  • Neckar:

Schwetzingen – Heidelberg – Ziegelhausen – Neckargemünd – Dilsberg – Neckarsteinach – Neckarhausen – Hirschhorn – Eberbach.

 

 

Der UNESCO‑Geopark Bergstraße‑Odenwald vermittelt durch die Geopark-Wege, die Geopark‑Eingangstore und ein reichhaltiges Veran5taltungskonzept besondere Einblicke in Erdgeschichte und Kulturlandschaft.

 UNESCO Geopark Bergstraße‑Odenwald, Geschäftsstelle Nibelungenstr. 41, 64653 Lorsch

Tel. 062 51 / 707 99 2o , Fax 0 62 51 / 707 99 25, www.geo‑naturpark.de

E‑Mail: info@geo‑naturpark.de.

Odenwaldklub e.V. Prinzenbau im Staatspark Fürstenlager 64625 Bensheim Tel. 0 62 51 / 855 856 www.odenwaldklub.de

 

 

 

Bergstraße

 

Allgemeines

Zwischen Darmstadt und Heidelberg, auf einer Länge von 56 Kilometern, zieht am Rande des Odenwaldes die Bergstraße entlang - ein keltisch-germanischer Völkerweg, von den Römern als strata montana zur Heerstraße ausgebaut. Galt früher die Bezeichnung Bergstraße nur für den Straßenzug selbst, so ist heute der gesamte Landstrich gemeint. Wo einst sich der Ur-Rhein sein Bett aushöhlte, entstand auf eiszeitlichen Ablagerungen und Flugsanddünen eine fast südländisch anmutende fruchtbare Landschaft, die „deutsche Riviera“. Aufgehalten durch die Westabhänge der Odenwaldberge kann die vom Oberrhein hereinströmende warme Luft gemeinsam mit intensiver Sonnenbestrahlung hier vier bis sechs Wochen früher als in anderen Gegenden Deutschlands dem Frühling Einzug gewähren.

 

Wer nicht nur spazierengehen, sondern zu Fuß den Burgenweg an der Bergstraße erobern will, fährt am besten mit öffentlichen Verkehrsmitteln bis Darmstadt-Eberstadt und macht sich von hier aus auf den Weg. Kondition ist notwendig, denn die Strecke zum Alsbacher Schloß ist gute 18 Kilometer weit, nach Heppenheim sind es noch einmal 12 Kilometer mehr. Der Burgenweg ist mit einem blauen „B“ ausgewiesen und führt überwiegend durch liebte Buchenwälder.

Für den Wanderer wurde über der alten Bergstraße der mit einem gelben „B“ gekennzeichnete Blütenweg angelegt, der an der Straßenbahnhaltestelle Malchen beginnt und entlang des Magnet­berges und des Langen Berges zunächst nach Seeheim bringt, aber bis Zwingenberg führt.

 

Anmerkung zu den Ziffern für die Wanderwege: Als Grundregel sei angemerkt, daß gelbe arabische Ziffern, gelb umringt als Rundwanderwege von entsprechenden Parkplätzen aus gehen, während weiße arabische Ziffern, weiß umrandet von Ortschaften kommen und dort wieder hinführen.

 

Pfungstadt

Pfungstadt ist eine alte fränkische Siedlung an der Modau. Der alte Ortskern wurde aus Anlaß des Hessentages 1973 auf Hochglanz gebracht. Das in alten Chroniken genannte „Punckstatt” hat sein 1200jähriges Jubiläum schon hinter sich. Schon 785 wurden in einer Urkunde die Mühlen und eine Braustätte erwähnt. Diese Tradition reicht bis in die Gegenwart. Von 14 Mühlen aus der Blütezeit im Mittelalter arbeitet noch eine, vom Gerstensaft war schon die Rede. In der Neumühle- Ursprung 1676 - lassen immer noch einige Pfungstädter das Korn mah­len, das sie von den Bauernhöfen beziehen, die mitten in der Stadt betrieben werden.

Die wechselhafte Entwicklung von Pfungstadt zeichnet sich in seinem Stadtbild ab. Vieles trifft darin hart und übergangslos aufeinander. Der jüngste Umbruch ist noch nicht vollendet, ein paar Gebäude, die es sich gelohnt hätte, zu retten, sind ihm zum Opfer gefallen, andere gerade noch erhalten. So die Kirchmühle mit Unterbau von 1570, die - fast zu perfekt restauriert - in ein originelles Lokal umgewandelt wurde, das Gäste auch von aus­wärts anzieht.

 

Galgen:

Fährt man nach rechts in Richtung Autobahn, so kommt im Industriegebiet auf der linken Seite am Galgen vorbei: Je sechs Schritte voneinander entfernt stehen im Dreieck Säulen aus Bruch­stein, die ursprünglich durch Balken miteinander verbunden waren (wie der bekannte „dreischläfrige Galgen“ in Beerfelden), an denen die Gehängten für die auf der Wormser Straße Vorüberziehenden als abschreckendes Beispiel noch einige Tage nach der Hinrichtung baumelten. Das Gebiet um den Galgen ist ältestes Naturschutzgebiet in diesem Raum, eine Flugsanddüne, bedeckt mit einem Steppenrasen, wie er nur nördlich und östlich des Schwarzen Meeres beheimatet ist.

Dies ist die mittelalterliche Richtstätte der ehemaligen Zent Pfungstadt. Zehn Orte gehörten zu einem Zentgericht - Malefiz- oder Halsgericht genannt - vor das Diebstahl, Mord, Räuberei und Ketzerei zur Aburteilung gebracht wurden. Ein vom Volk gewählter Centenarius oder Zentgraf, aus dem sich der spätere Gemeindeschultheiß entwickelte, fällte das Urteil über Leben und Tod des Delinquenten.

 

Rathaus:

Im Ort steht rechts das renovierte prächtige alte Rathaus von 1614 mit den ge­schwungenen Schneckengiebeln, vor dem das Zentgericht getagt hat, wie alte Urkunden aussagen. Seine Säulenhalle mit mächti­gen Ständern und schöner Stuckdecke zeigt der Archivar auf Voranmeldung auch außerhalb der Öffnungszeiten von Veranstaltungen oder Ausstellungen. Die Pfarrkirche gegenüber der Mühle hat eine Innenausstattung ganz im Stil der Gründerzeit.

Ein paar Fachwerkhäuser sind sehenswert, ein Torbogenan­wesen, das zur Malzfabrik mitten in der Stadt gehört, die alles Übrige überragt. Gnadenlos mitten hinein  setzte die Stadt ihr glattes neues Stadthaus. Die Modau davor wurde als Parkplatz überdeckt. Sie taucht erst wieder vor dem alten Rathaus ein Stück auf, das sie dann unterfließt. Entlang dem Flußlauf kann man an Anbauten noch an manchem älteren Gebäude erkennen, welches einmal eine Mühle war.

 

Heimatmuseum:

Die Entwicklungen waren hier wechselhaft und kraß. Das Heimatmuseum in der alten „Borngas-Schul” vermittelt davon ein Einblick. Zu Anfang die waldige Urlandschaft, aus welcher der Unterschenkel eines Mammuts geborgen wurde. Dann die Urbanisierung auch durch die Römer, von denen ein verkruste­ter hölzerner Brunnen zurückblieb. Schließlich war bis zum Dreißigjähri­gen Krieg die florierende Mühlenzeit. Aus der Frankensteiner Mühle von 1358 wurde einer der ersten hessischen Industriebetriebe, die Krapp­fabrik (rote Farbe), die später der Bruder des Dichters Georg Büchner in eine Ultramarinfabrik umwandelte.

 

Herrenhaus:

Das „Herrenhaus“, in dem Wilhelm Büchner wohnte, soll erneuert und dann öffentlich genutzt werden. Er und der Brauereibesitzer Justus Ullrich, beide Gemeinderäte und Reichstagsabgeordnete, führ­ten erste soziale Errungenschaften für ihre Arbeiter ein: Ge­winnbeteiligung, Invalidenversicherung und Ziegenzucht - das zu einer Zeit, in der bei der bodenständigen Zündholzindu­strie von Pfungstadt die Kinderarbeit noch gang und gäbe war.

 

Synagoge:

Die Synagoge in Pfungstadt wurde inzwischen denkmalgerecht saniert und zum sehenswerten Kulturzentrum ausge­baut.

 

Burg Frankenstein

Zur Burg kommt man von der Autobahnabfahrt Pfungstadt, indem man zunächst auf der Bundesstraße in Richtung Höchst im Odenwald fährt. Die Auffahrt zur Burg ist auf der rechten Seite ausgeschildert. Man parkt auf dem rechten Parkplatz  und geht aber auf der geteerten Straße (nicht über den oberen Parkplatz) zur Burg. Rechts steht der von Konrad Dippel zerstörte Pulverturm. Durch das Burgtor kommt man zuerst zu dem Restaurant, das mit seinem Beton nicht so recht zur Burg paßt.

Burg Frankenstein steht auf einer dem Odenwaldmassiv vorgelagerten, extrem schmalen Bergzunge, an nördlichster Stelle der Bergstraßen-Höhenburgen. Von hier aus ließen sich Bergstraße wie auch der Zugang zum eigentlichen. Odenwald bestens kontrollieren. Von diesem dominierenden Platz auf dem nördlichen Ausläufer des Magnetberges konnten die Herren von Frankenstein einen Großteil ihrer Besitzungen überblicken: Beerbach, Eberstadt, Pfungstadt, Weiterstadt.

 

Geschichte:

Die Angaben über die erste Erwähnung der Burg schwanken von 1225 über 1240 bis zu 1252. Am wahrscheinlichsten ist eine Ersterwähnung in einer Urkunde aus dem Jahr 1252. Die Burg dürfte einige Jahrzehnte älter sein. Ritter Konrad II. Reitz von Breuberg soll sie erbaut haben, der durch eine Heirat mit Elisabeth von Weiterstadt zu dem Bau gekommen war. Seine Nachkommen legten ihren alten Titel ab und nannten sich nach der Burg Frankenstein.

Aber einen Ritter Arbo­gast von Frankenstein, der der erste Besitzer von Frankenstein gewesen sein soll, hat es nie gegeben. Es wird erzählt, er habe tüchtig Zölle von den Händlern zwischen Fulda und Lorsch kassiert. Die mußten über seinen Berg ziehen, weil der Rhein und der Urstrom-Neckar unpassierbare Sümpfe hinterließen.

Das Herrschaftsgebiet der Frankensteiner, das zunächst Teile von Nieder-Beerbach und Eberbach umfaßte, vergrößerte sich Ende des 13. Jahrhunderts, als Friedrich von Frankenstein den mächtigen Grafen von Katzenelnbogen das Öffnungsrecht an seiner Burg einräumen mußte. Die Katzen­elnbogener als Landesherren konnten fortan im Kriegsfall frei über die Burg verfügen, während der Burgherr ihnen mit seinen Rittern und Soldaten zur Seite stehen mußte. Die Frankensteiner erhielten im Gegenzug Rechte in Groß-Gerau, Zwingenberg und Darmstadt. Das Verhältnis der beiden Häuser blieb indes gespannt. Im 15. und 16. Jahrhundert wurde die Burg weiter ausgebaut, mit Ringmauer und Halsgraben befestigt.

An Streitereien hat es auf dem Frankenstein nie gefehlt. Mal zankte sich die Familie untereinander wegen nicht abgesprochener An- und Umbauten, mal lag man mit dem übermächtigen Landgrafen von Hessen über Kreuz, dessen Gebiet die kleine Grafschaft der Frankensteins fast vollständig umschloß. Obgleich immer wieder mächtige Nachbarn die Hände nach dieser Burg ausstreckten, ist sie nie durch Gewaltanwendung zerstört worden. Sie verwahrloste nach und nach.

Vor allem während der Reformation versuchten die Hessen ihre Nachbarn mit List und Gewalt zum protestantischen Glauben bekehren - vergeblich. Im Gegenzug legte Ludwig von Frankenstein 1606 in seinem Testament fest, daß sein „Schloß“ „nimmermehr an das Haus Hessen gelangen“, sondern höchstens an die Kurpfalz oder Kurmainz verkauft werden darf.

Immer wieder kam es zu Querelen, etwa darüber, wer am Frankenstein Wegezoll kassieren durfte. Zu Beginn des 17. Jahrhunderts starben die beiden Hauptlinien des Geschlechts der Frankensteiner aus. Schon länger beanspruchten die Landgrafen von Hessen als Erben der ebenfalls ausgestorbenen Grafen von Katzenelnbogen die Oberhoheit über die kleine Herrschaft Frankenstein.

 Die Erben, des mehrhundertjährigen Streites mit den Neidern müde, verkauften die Burg schließlich 1662 an Hessen-Darmstadt für 88.000 Gulden. Die Zeit der Frankensteiner war damit vorbei.

Mit dem Erlös aus dem Verkauf erwarben die ehemaligen Herren von Frankenstein einen neuen Besitz in Mittelfranken.

Die Burganlage begann in den Jahren nach dem Verkauf zusehends zu verfallen; die neuen Herren hatten kein großes Interesse an ihr. Von 1765 an existierte nur noch ein Forsthaus auf dem Gelände. Bis zum 18. Jahrhundert diente sie als Invalidenhaus und Militärstrafanstalt. Die Burgmauern wurden abgetragen, die Steine andernorts verbaut. Erst im 19. Jahrhundert wurde die Ausbeutung der Anlage gestoppt und ihrem Verfall entgegengewirkt, es begannen Sanierungs- und Restaurierung. Der Darmstädter Großherzog Ludwig III. gab Anweisung, sie in „romantischer Weise“ zu sichern. Leider wurde sie in der Folge mehr schlecht als recht restauriert, und viele Spuren der ur­sprünglichen Anlage gingen verloren. Ihre heutige Gestalt trägt die Burg erst seit wenig mehr als 100 Jahren. Was jetzt noch zu sehen ist, sind im 19. Jahrhundert rekonstruierte Teile der ursprünglichen Feste.

 

Rundgang:

Gut erhalten ist der Torturm (Brückenturm), durch den man heute den Innenhof der Anlage betritt. Er ist auf der Rückseite offen und sollte es in das Burginnere eingedrungenen Feinden unmöglich machen, sich dort zu verschanzen. Tatsächlich ist die Burg in ihrer langen Geschichte allerdings niemals angegriffen worden.

Dann geht es nach rechts, wo zuerst die Burgkapelle ins Auge fällt. In ihr findet man außerdem mehrere zum Teil reichverzierte Grabmale aus dem 16. und 17. Jahrhundert. Links ist der Grabstein eines Ritters von Frankenstein zu sehen. Heute dient die Kapelle dem Standesamt der nahen Gemeinde Mühltal für  Eheschließungen.

Durch einen Torturm kommt man in den inneren Hof. Rechts sieht man einen Keller. Zur Rechten liegen die Reste des Palas (das Hauptwohngebäudes der Burg) und des Küchentraktes. Daran schließt sich ein Wohnturm an, der turmartige Aufbau, der sich über dem ehemaligen Wohntrakt zum höchsten Aussichtspunkt der Burg erhebt. Er ersetzt zugleich den nicht vorhandenen Berg­fried (aus Platzgründen verzichtete man auf den strategisch notwendigen Bergfried).

Von ihm aus hat man einen weiten Blick über das Rheintal im Westen und bis zum Spessart jenseits des Mains im Osten. Durch die sandsteinumrahmten Fenster im obersten Geschoß pfeift aus allen Himmelsrichtungen der Wind. „Von höchster Zinn des Frankenstein die Blicke ringsum freudig schweifen“, besang vor 150 Jahren der Dichter Hermann Weber die sensationelle Aussieht, die man über Rheinebene und Bergstraße hat.

 Im nördlichen Teil der Anlage  - wo sich früher Pferdeställe, Scheune und Wohnhaus für Knechte und Mägde befanden - wurde in den sechziger Jahren ein Restaurant mit Aussichtsterrasse errichtet. Vom früheren Angebot an Speis und Trank auf der Burg zeugt eines der wohl ältesten Schankrechte Deutschlands.

 

Doch mindestens so aufregend wie der Blick in die Ferne, muß der Blick ins Innere des Berges unter dem alten Gemäuer gewesen sein. Der Sage nach soll es hier ein Gewölbe geben, in dem sich „unermeßliche Schätze an Gold und Silber sowie ein großer Vorrat an köstlichem Wein befindet“. In drei Anläufen versuchten Schatzgräber im 18. Jahrhundert das Gold und die köstlichen alten Weine zu bergen. Im Jahre 1763 sei ein „ganzes Complott Schatzgräber“ auf die Burg gekommen und habe den Berg kreuzweise und in der Länge durchgraben, die allerfürchterlichsten Höhlen und Keller hineingehackt, berichtete der damalige Pfarrer zu Nieder-Beerbach, Philipp Moritz Scriba, im Kirchenbuch. Erst nachdem dem dritten Versuch 1787 nachdem zwei Männer von herabfallendem Gestein erschlagen worden waren, stellten die Schatzgräber ihre sinnlose Sucherei ein (die gleiche Geschichte wird allerdings auch im Zusammenhang mit dem Magnetberg erzählt).

Eine besondere Bewandtnis hat es mit dem „Eselslehen“. Gegen eine Entlohnung von zwölf Malter Korn, zwei Gulden und zwölf Albus durch die Stadt Darmstadt wurde auf der Burg ein Esel gehalten. Dieser wurde am Aschermittwoch nach Darmstadt geschickt. Dort mußten Frauen, die im Zustand aufgestauter Aggression ihre Männer kräftig verprügelt hatten, rückwärts auf dem Esel durch die Stadt reiten, „uff daß die übermütig, stolz, gifftig und bosse Weibsgewalt mag unterdruckt werden und nit weiter einreißt“. Das „Eselslehen der Frankensteiner“ erlosch aber im Jahre 1588.

 

Der „Mythos Frankenstein“:

Auf der Burg Frankenstein finden seit einigen Jahren an drei Wochenenden  zu „Halloween“ ein großes Grusel-Spektakel statt (Eintritt 20 Euro). Es waren in Darmstadt stationierte amerikanische Soldaten, die der Burg in den siebziger Jahren zu neuer Popularität verhalfen, indem sie dort erstmals eine große Halloween-Party veranstalteten. Dabei wurde ein Zeitungsreporter in die Burg geschickt und durch allerhand „Späße“ erschreckt.

Heute lassen sich die Besucher von professionellen Schauspielern und zahlreichen Spezialeffekten erschrecken und unterhalten. Das Fest läuft etwa so ab: Als sich endlich die Tür zum mit roten Tüchern verhängten Speisesaal öffnet, durchdringen jammernde, seufzende Töne die Nebelschwaden des nur von Leuchtern erhellten Raumes. Es ist die Filmmusik des Ur-Frankenstein-Films, die mit fernen Schüssen und Stöhnen in die sechziger Jahre zurück holt. Die Bestecke, in Mikado-Manier auf den Tisch geworfen, entzünden die Fantasie.

Frankenstein, das zusammengeflickte, sabbernde Monster, wird mangels zielgenauer Blitze von Damenhand zum Leben erweckt und erringt schnell die Sympathien des Publikums. Am Ende tanzt dieser Riese auf dicken Holzklötzen mit einer Schönen aus dem Publikum, entführt sie vielversprechend, während die Gäste sich zu wehren haben, nicht mit einer Schnaps-Infusion ins Reich der willenlosen Opfer abzugleiten.

 

Das seit Urzeiten ritualisierte Spiel keltischer Herkunft stammt von dem Meer umtosten westirischen. Auswanderer nahmen diesen Brauch in die USA mit. Nach dem Glauben der Druiden (keltische Priester) sammelte Samhain, Fürst des Totenreichs, in der Nacht zum ersten November die Seelen der Toten des vergangenen Jahres ein. Wegen ihrer Sündhaftigkeit mußten sie in Tierkörpern zum Himmel aufsteigen.

Eine Quelle für diese Veranstaltung ist eine keltische Legende von der  irischen Insel Inishmore, nach der in der Nacht zu Allerseelen (31. Oktober/  1. November), die im Laufe des Jahres Verstorbenen als Geister zurückkehren. Dabei versuchen sie, sich der Körper der Lebenden zu bemächtigen, um selbst wieder lebendig zu werden. Um das zu verhindern, löschten die Menschen am Abend vor Allerheiligen, am „All Hallows Evening“, alle Lichter, hüllten sich in Lumpen und verunstalteten ihre Gesichter mit Dreck und Farbe. Über Auswanderer nach den USA kam die Legende dann wieder nach Deutschland zurück. Das Spektakel auf der Burg Frankenstein hat nicht unwesentlich zur Verbreitung der Halloween-Bräuche beigetragen.

 

Die zweite Quelle ist der Roman der englischen Schriftstellerin Mary Shelley, die mit ihrem späteren Mann Percy Shelley am Genfer See den Sommer im Hause Lord Byrons verbrachte. Da es unablässig regnete, vertrieben der Hausherr und seine Gäste sich die Zeit mit dem Schreiben von Schauergeschichten. Dabei soll Mary Shelleys 1818 veröffentlichter Roman „Frankenstein oder Der neue Prometheus“ entstanden sein. Der Roman erzählt die Geschichte des jungen Schweizer Arztes Victor Frankenstein, der als Student an der damals sehr angesehenen Universität Ingolstadt aus Leichenresten einen menschenähnlichen Körper formt und diesen zum Leben erweckt. 

 

Heute kann man Schriften kaufen, worin allen Ernstes behauptet wird, der hiesige Frankenstein sei die „wahre Heimat des Monsters“. Die Dichterin Mary Shelley wäre durch den Alchemisten Johann Konrad Dippel zu ihrem berühmten Roman Frankenstein inspiriert worden. Demnach entlehnte sie den Namen „Frankenstein“ dem Geburtsort Dippels, der Burg Frankenstein. Auf ihrer Reise durch das Rheintal habe sie die Burg besucht und hier von Experimenten eines Wissenschaftlers mit Leichenteilen gehört und örtliche Sagen erfahren und das in ihrem Roman verarbeitet. Auch aus Briefen der Brüder Grimm sei ihr diese Geschichte bekannt gewesen.

 

Widerlegung der Behauptungen:

Für all diese Schauergeschichten gibt es freilich nicht den geringsten Beleg, und die Quellen, die vorgelegt werden, halten einer wissenschaftlichen Überprüfung nicht stand. Besonders trifft das für folgende Behauptungen zu:

  • Johann Konrad Dippel, das angebliche Vorbild für den Wissenschaftler Victor Frankenstein, ist zwar auf dem Frankenstein 1673 geboren. Er studierte in Gießen Theologie, Medizin und Chemie. Man schreibt Dippel Experimente zu  auf der Suche nach einem „Elixier des Lebens“ mit Leichen. In den umliegenden Dörfern munkelte man, Dippel stehe mit dem Teufel im Bund, er grabe Leichen aus und trenne ihnen „Arm und Bein vom Rumpf ab, schneide ihnen den Leib uff ...“ Auch soll er jungen Mädchen und Kindern Blut abgezogen und es in seinem Labor im Keller der Burg in Flaschen aufbewahrt haben.  Doch gibt es keinen Beleg, daß er als Erwachsener dort irgendwelche Experimente gemacht hätte. Vielmehr gibt es zuhauf Dokumente, die das Gegenteil beweisen.  Auch gibt es keine Belege  dafür, daß Mary Shelley die Biographie kannte,
  • Dippel soll es auch gewesen sein, der bei einem seiner Versuche mit explosiven Chemikalien  den halben Pulverturm der Burg in die Luft gejagt hat. Doch das angeblich von ihm erfundene Nitroglyzerin gab es damals noch nicht. Auch der Bezug zu anderen Naturwissenschaftlern des 18. und 19. Jahrhunderts kann nicht zweifelsfrei bewiesen werden. Der zerstörte Turm - etwas außerhalb und hinter der Südmauer gelegen - wurde nicht wieder aufgebaut. In Neumond-Nächten sei noch heute sein Geist zwischen Burgkapelle und Pulverturm unterwegs, um klagend nach dem Eingang zu seinem verschütteten Laboratorium zu suchen.
  • Die Verbindung eines Romans von Mary Shelley mit der Burg Frankenstein am nördlichen Ende der Bergstraße ist erst später erfolgt, weil die Hauptfigur des Romans zufällig den Namen „Frankenstein“ trägt. Doch zunächst kam niemand kam auf die Idee, diese erfundene Geschichte mit Burg Frankenstein zu verbinden.
  • Ein Aufenthalt von Mary Shelley auf Burg Frankenstein ist nicht zu belegen. Sie hat von der Existenz dieser Burg vermutlich gar nichts gewußt. Angeblich soll sie 1814 oder 1816 vom Rhein aus bei nächtlichem Kurz-Aufenthalt in Gernsheim die Ruine gesehen haben. Das war aber völlig unmöglich, weil der Wald die damals nur halb so hohen Türme verdeckte, und nachts konnte man erst recht nichts sehen. Angebliche Zitate von Mary Shelley, die dennoch einen Besuch der Burg beweisen sollen, haben sich als plumpe Fälschung erwiesen.
  • Die Autorin hat weder behauptet noch angedeutet, die Burg Frankenstein und der dort geborene Alchemist Johann Konrad Dippel wären das historische Vorbild für ihren Frankenstein-Roman. Tatsächlich erwähnte Shelley die Burg Frankenstein oder Johann Konrad Dippel nicht ein einziges Mal, weder im Zusammenhang mit ihrem Roman noch zu einer anderen Gelegenheit. Selbst als sie 1840 (22 Jahre nach der Veröffentlichung von Frankenstein) die Bergstraße bereiste, kam ihr nicht in den Sinn darauf hinzuweisen, daß sich hier die angebliche Inspiration für ihr bekanntestes Werk befindet. Anders als in einigen Verfilmungen ist eine Burg im Roman auch nicht Teil der Handlung.
  • Als weiterer „Beweis“ für Horrorgeschichten wird ein Brief von Jakob Grimm angeführt, worin von einem Monster auf dem Frankenstein die Rede sei. Nachforschungen ergaben aber: Geschichte wie Brief sind dreiste Erfindungen.
  • Das „Monster“ ist wahrscheinlich entstanden  aus der Figur des  Ritter Georg, der in voller Lebensgröße auf seinem Grabmal in der Kirche im benachbarten Ort Nieder-Beerbach verewigt ist - einen Lindwurm zu seinen Füßen. Der Sage nach mußte dem scheußlichen Untier jedes Jahr das schönste Mädchen des Tales geopfert werden. Um seine Geliebte, die reizende Förstertochter Annemarie, zu retten, stellte sich Georg zum Kampf und besiegte den Drachen. Doch diesem gelang es mit letzter Kraft, sein tödliches Gift mit dem Schweif in das Knie des Ritters zu spritzen, der daraufhin mit dem Ungeheuer sterben mußte. In der Nähe der Burg Frankenstein ist eine Quelle, an der Georg den Drachen getötet haben soll. Aus diesem Lindwurm ist dann bei den Verfechtern des Frankenstein-Mythos das „Monster“ geworden.

 

Wirtschaftliche Interessen:

Bücher, Reiseführer, TV-Reportagen, Zeitungen und Internetseiten verbreiten diese Behauptung mit ausdauernder Beständigkeit. Auf Burg Frankenstein werden überteuerte Burgführungen veranstaltet, die ausdrücklich mit dieser Aussage werben. Vor allem der selbsternannte „Burgschreiber“ Walter Scheele  aus Pfungstadt - der sich wiederum auf einen Florescu beruft - hat in seinem Buch „Burg Frankenstein - Mythen, Märchen und das Monster“ aufzeigen wollen, daß die Ruine nicht nur mit ihrem Namen Pate für die bekannte Romanfigur des Doktor Frankenstein stand, sondern wirklich der Ursprung dieses Mythos ist. Aber Scheele hat einfach ein wirtschaftliches Interesse als Buchautor, Fremdenführer und jahrelangem Mitarbeiter des Monsterfestes. Wirtschaftlich profitiert die Region von dem Besucherstrom. Scharenweise kommen doch Touristen, sogar aus Übersee, um hier etwas von diesem Monster aufzuspüren. Sollte man diesen Leuten nicht gefällig sein und das erzählen, was sie hören wollen, und wofür sie gut bezahlen, obwohl alles Unsinn ist?

Besorgniserregend jedoch die Art, wie eine Information völlig ungeprüft ihren Weg durch die Medien findet. Kaum einer hat offenbar nachgesehen, ob die Burg von Gernsheim überhaupt sichtbar ist. Hochschulprofessoren erzählen Behauptungen nach, die nur durch das anonyme Zitat eines „international renommierten Geisterjägers“ belegt werden. Offenbar werden hier wissenschaftliche Grundsätze schnell unter dem Druck wirtschaftlicher Produktion und dem Vorsatz zur Herstellung eines unterhaltsamen und gut verkäuflichen Produktes preisgegeben. Dieses Phänomen beschränkt sich nicht auf die privaten Sendeanstalten. Regelmäßig ist Scheele persönlich oder durch die Wiedergabe seiner Thesen in Beiträgen des Hessischen Rundfunks vertreten. 

Als ebenso unzuverlässig erweist sich die freie Enzyklopädie Wikipedia, in  der Florescus und Scheeles Thesen völlig ungeprüft und unwidersprochen nachzulesen sind, wenn auch zum Teil mit relativierenden Hinweisen. Auch einige Lehrer der Region haben die  Behauptung von dem  Monster längst in ihren Lehrstoff übernommen. Doch Dokumente, die nur einem zugänglich sind, Zeugen die auf Nachfrage von nichts wissen, Verzicht auf Literaturangaben, Ausgedachtes, fehlende Sach-, Quellen- und Literaturkenntnis - man muß die Wirklichkeit schon sehr verbiegen, will man dieser weitverzweigten „Beweiskette“ folgen.

Der Geschichtsverein Eberstadt / Frankenstein hält sich lieber an die Fakten, wie sie sind und nicht, wie man sie gerne hätte, und diese Fakten sind eindeutig: Es gibt keinerlei Zusammenhang zwischen Mary Shelleys Romanfigur „Frankenstein“ und der Burg Frankenstein, die auch ohne erfundenen „Monstermythos“ genug zu bieten hat und allemal einen Besuch wert ist

Unter „www.eberstadt-frankenstein.de“ hat der Verein die wahre Geschichte der Burg dargestellt. Besonders die umfangreichen Aufsätze von Michael Müller „Any monsters at home?“ und von Jörg Helène „Konstruktion eines Mythos“ haben Monster-Phantastereien widerlegt.

 

Führungen auf Burg Frankenstein:

Von einem Wissenschaftler, der hier mit Leichen experimentiert, gar ein Monster erschaffen habe, davon wird man bei den Burgführungen des Vereins nichts hören. Burg Frankenstein hat mit alledem nichts zu tun; es sind lediglich geschäftstüchtige Erfindungen für gutgläubige Besucher.

Die Burgführer des Vereins sind Historiker, die nur das erzählen, was durch wissenschaftliche Forschung einwandfrei belegt ist. Das ist genauso spannend wie erfundene Monstergeschichten.

- Baugeschichte der Burg

- Herrschaft und Familie Frankenstein

- Verfall und Rekonstruktion der Burg

- Grabmale der Kapelle

-  Angebliche Legenden und Schauergeschichten

Die Burgführer sind:

Dipl-Ing. Michael Müller forscht seit Jahren über die Baugeschichte der Burg, über Familie

und Herrschaft Frankenstein. Autor mehrerer Aufsätze über den Frankenstein in wissenschaftlichen Fachzeitschriften, Schöpfer eines virtuellen Computermodells der Burg um 1545.

Dr. Erich Kraft, Oberstudienrat i. R., Historiker, seit Jahrzehnten Beschäftigung mit der Geschichte Eberstadts und des Frankensteins, Mitorganisator historischer Ausstellungen und Jubiläen, Veröffentlichungen zur Regionalgeschichte, ehemaliger Lehrer für Geschichte, Geographie und Musik an einem altsprachlichen Darmstädter Gymnasium.

Elke Riemann, Oberstudienrätin i. R., Forschungen über Genealogie der Familie Frankenstein, Frankensteiner in Frankfurt und Dieburg. Ehemalige Lehrerin für Physik und Mathematik am Darmstädter Ludwig-Georgs-Gymnasium.

Die Führungen sind kostenlos. Anmeldung „eberst.frankenstein@email.de“. Die Burgführer arbeiten ehrenamtlich, daher wird eine frühzeitige Absprache erbeten, auch telefonisch: 06151/57424. Auf Wunsch auch in englischer Sprache. Anerkannt von der Staatlichen Verwaltung Schlösser und Gärten Hessens

 

Entstehung der Legende vom Monster:

Schon am 6. August 1950 stand in der europäischen Ausgabe von Stars and Stripes, einer

Tages­zeitung, die sich in erster Linie an Mitglieder der US-Streitkräfte richtet, daß in der Kapelle der Burg Frankenstein die Steinstatue des Barons, der das Monster erschlug, zu besichtigen wäre. Wahrscheinlich war damit das Grabmal des Ritters Georg gemeint, auch wenn dieses sich nicht in der Kapelle der Burg, sondern in der Kirche von Nieder-Beerbach, im Tal östlich des Frankensteins, befindet. Dieses Grabmal zeigt den 1531 verstorbenen Ritter im Kampf mit einem Ungeheuer, vermutlich eine Anspielung auf die Drachentöterlegende des Namenspatrons des Ritters, dem Heiligen Georg.

Darauf aufbauend entstand eine volkstümliche Sage, die vom Kampf des Ritters Georg mit einem Lindwurm erzählt, den beide – Ritter wie Ungeheuer – nicht überleben. Gut möglich, daß den US-Soldaten, die in der Nachkriegszeit unter anderem auch in den noch halbwegs bewohnbaren Gebäudeteilen der Burg einquartiert waren, diese Geschichte erzählt wurde und sie den Lindwurm allgemein zu einem Monster machten.

Am 31. Oktober 1952 erschien ebenfalls in Stars and Stripes die Ankündigung einer AFN-Halloween-Sondersendung live von Burg Frankenstein. Am selben Abend noch, eben an Halloween, sollte diese Sendung beweisen oder widerlegen, ob etwas dran ist an der Legende, daß ein Monster die Burg alle hundert Jahre heimsucht.

Diese Legende von dem Monster gab es aber überhaupt nicht. Der Journalist John A. Keel, der später mit Büchern über UFOs und paranormale Phänomene bekannt wurde, hatte sie sich für einen Halloween-Scherz ausgedacht und die Burg entsprechend präpariert. Insgesamt drei Reporter (die nicht eingeweiht waren) berichteten dann in der Halloween-Nacht von der Burg. Einer dieser Reporter, Carl Nelson, wurde mit einer schwachen Taschenlampe und einem Mikrofon in einen Gebäudeteil geschickt, der als Gruft bezeichnet wurde. Es ist nicht mehr ganz nachvollziehbar, welcher Teil der Burg damit gemeint war, denn eine Gruft gibt es auf Burg Frankenstein nicht. Allerdings befinden sich seit 1851 drei Grabdenkmäler der Frankensteiner in der  Burg­­kapelle, so daß vermutlich diese gemeint war.

Die „Gruft“ war gut vorbereitet worden. Über Lautsprecher hörte man seltsame Geräusche und man hatte einiges an Gerümpel so plaziert, daß Nelson in der Dunkelheit darüber stolpern und sich erschrecken mußte. Schließlich geriet die Sendung außer Kontrolle. Die Produktionscrew hatte hinter Nelson die Tür verschlossen und in der Dunkelheit wurde der Reporter mehr und mehr desorientiert und verängstigt. Als er im Schein seiner Taschenlampe schließlich einen als Monster verkleideten Soldaten erblickte, brach er in Panik aus, rannte zur Tür und schrie verzweifelt um Hilfe, als er diese verschlossen vorfand. Am Ende nahm ihn das Erlebnis so sehr mit, daß er sogar kurzzeitig das Bewußtsein verlor.

Die Übertragung sorgte für heftige Reaktionen. Unzählige Hörer riefen beim Sender an, um sich über den Gesundheitszustand von Nelson zu erkundigen. Die amerikanische Militärpolizei wurde verständigt und schickte mehrere Einheiten auf die Burg. Da die Sendung auch in England zu empfangen war, meldete sich gar die Londoner Tageszeitung Daily Express mitten in der Nacht bei Keel, um ihn zu fragen, was dort auf der Burg los war. Der Bericht der Zeitung, der tags darauf erschien, machte die Burg Frankenstein einem größeren englisch­sprachigen Publikum als die echte Burg Frankenstein bekannt. Ausschnitte aus der Sendung wurden von verschiedenen US-Radiosendern in der Folgezeit immer wieder zu Halloween wiederholt.

Zwar klärte Keel den Daily Express noch in der Halloween-Nacht auf, daß alles nur ein Spaß

gewesen war, doch gleichzeitig war er auch der Überzeugung, daß er diesen Scherz tatsächlich am Ursprungsort von Shelleys Roman gemacht hatte. In seinem autobiographischen Buch „Jadoo“ von 1957 erklärte er, daß es im 13. Jahrhundert tatsächlich ein Frankenstein-Monster gegeben hätte, das von einem der Barone von Frankenstein getötet wurde, der dabei jedoch eine tödliche Wunde am Knie erlitt. Auch er bezog sich dabei offenbar auf die Sage vom Ritter Georg. Keel, behauptete jedoch darüber hinaus, Shelley hätte diese Geschichte als Inspiration für ihren Frankenstein-Roman genutzt. Wie er zu dieser Erkenntnis gekommen war, verriet er nicht. Daß Shelley ihren Frankenstein auf Basis der Ritter-Georg-Sage geschrieben hat, ist ausgeschlossen, da zwischen beiden Geschichten überhaupt keine Ähnlichkeiten bestehen.

Die Lawine kommt ins Rollen

Die Bekanntheit der Burg wurde durch Keels Halloween-Scherz so gesteigert, daß von nun an in den USA regelmäßig Zeitungsartikel darüber erschienen. Schon am 11. November 1952 berichtete eine Mabel Alston für „The Washington Afro-American“ von der Burg. In dem etwas wirren Beitrag war zu lesen, daß sich das Original-Namensschild von Dr. Frankenstein immer noch am Toreingang befände. Vielleicht ein übriggebliebenes Requisit der Halloween-Nacht?

Ein Jahr später, Halloween 1953, erschien erneut eine kuriose Meldung in der Europaausgabe

von Stars and Stripes. Mit ausdrücklichem Bezug auf die Sendung vom Vorjahr - allerdings ohne zu erwähnen, daß es bloß ein Scherz gewesen war - wurde dort angekündigt, daß sich in dieser Nacht mehrere Soldaten mit drei Bernhardiner-Suchhunden und zwei Affen auf die Suche nach dem Monster begeben würden, das nach diesem Bericht alle 50 Jahre zu „All Hallows Eve“ (also Halloween) erscheinen soll, ungeachtet der Tatsache, daß man in Deutschland Halloween zu dieser Zeit noch überhaupt nicht kannte.

Neben einem Bezug zur Ritter-Georg-Sage (hier reduziert auf Legenden von menschenfressenden Monstern) wurden nun auch andere Ortslegenden mit in die Geschichte verwoben, so die Gerüchte von geheimen Tunneln, die die Burg mit verschiedenen Gebäuden in der Umgebung verbinden und in denen große Schätze lagern sollen. Diese Gerüchte, die es in ähnlicher Form auch für etliche andere Schlösser und Burgen in Südhessen gab, hatten im 18. Jahrhundert mehrfach zu recht wilden Grabungen geführt, bis sie 1788 verboten wurden.

Was aus der Aktion wurde, ob sie überhaupt in dieser Form stattfand (und wozu die Affen gut

waren), ist nicht mehr nachvollziehbar. In den Folgeausgaben von Stars and Stripes wurde

zumindest nicht von einem Ergebnis berichtet. Dennoch belegt diese Meldung, daß sich das Thema bereits ein Jahr nach Keels Halloween-Streich verselbständigt hatte. Keel war hierfür nämlich nicht mehr verantwortlich. Er befand sich zu Halloween 1953 für eine Sondersendung in Ägypten, wo er – allerdings mit deutlich weniger Erfolg – versuchte, einen ähnlichen Unsinn in der Cheops-Pyramide anzurichten.

 

Eine neue Legende wird geboren

Im Jahr1960 erschien in verschiedenen US-amerikanischen und kanadischen Tageszeitungen ein wohl von der British Overseas Airways Corporation (BOAC) lancierter Artikel, der mit den einleitenden Worten begann: „Wußten Sie, daß sich nur eine halbe Stunde Fahrt südlich von Frankfurt, eines der verschiedenen europäischen Ziele der British Overseas Airways Corporation, die Heimat des echten Frankenstein Monsters befindet?“

Autor des Artikels war ein gewisser Bob Morris aus Chicago, so hieß es zumindest in der Zeitschrift „BOAC-  Review“, einem konzerneigenen Magazin, in dem der Artikel zwei Jahre später erneut veröffentlicht wurde. Die Erstveröffentlichung hat man leider nicht ausfindig machen können, die Formulierung im BOAC- Review, daß dieser Artikel ursprünglich zur Unterhaltung von Europareisenden gedacht war, legt allerdings die Vermutung nahe, daß er für eine Broschüre der BOAC entstanden war. Vielleicht war es aber auch bloß eine einfache Pressemitteilung gewesen, die dann von verschiedenen Zeitungen abgedruckt wurde.

Das Bemerkenswerte an dem Artikel ist, daß er die Lücke zu schließen versuchte, die die bis­herigen Artikel hinterlassen hatten. Bislang hatte man das Problem, daß die Ritter-Georg-Sage mit Shelleys Roman keine Gemeinsamkeiten hat, damit gelöst, daß man sich einfach auf den Kern „Frankensteiner tötet Monster“ beschränkte. Man konnte sie aber nicht nacherzählen, weil dann wohl den meisten aufgefallen wäre, daß das eine ganz andere Geschichte ist als die vom Frankenstein-Monster. Um mehr Fluggäste dazu zu bewegen, einen Flug nach Frankfurt zu buchen, wollte die BOAC. aber offenbar eine ausführlichere Hintergrundgeschichte und da die Sage vom Ritter Georg nicht genug hergab, formte man sie um, veränderte sie bis zur Unkenntlichkeit und schuf eine völlig neue Legende.

Im 16. Jahrhundert, so heißt es da, sollen rund um die Burg Frankenstein Menschen, die sich

nachts ins Freie trauten, am nächsten Morgen tot aufgefunden worden sein, ihre Leichen furchtbar verstümmelt. Die Bauern der Gegend beschlossen daher, Jagd auf den Mörder zu machen. Eines Nachts kamen sie auf ein Feld nahe des Waldes, als sich plötzlich der Mond verdunkelte. Sie wandten sich um und sahen ein fürchterliches Monster, das seinen Schatten auf sie warf. Nach einer wilden Flucht baten sie Baron Frankenstein um Hilfe, der seinen Sohn, einen Ritter, losschickte, das Monster zu jagen.

Am nächsten Morgen fand man den enthaupteten Körper des Ritters in einem Teil des Waldes, der aussah, als hätte ein Sturm ihn verwüstet. Das Monster aber war verschwunden. In der Kapelle der Burg könnte man heute noch Überreste des Kampfes ausgestellt sehen, zusammen mit einer Büste des jungen Ritters, die jemand angefertigt haben soll, der ihn persönlich kannte.

Einige rudimentäre Überreste der Sage vom Ritter Georg sind noch vorhanden. So sind beide

Geschichten im 16. Jahrhundert angesiedelt, ein junger Ritter von Frankenstein nimmt den Kampf gegen ein Monster auf und stirbt dabei. Ritter Georg der tatsächlichen Sage tötet den Lindwurm, in dem Zeitungsartikel verschwindet das Monster nach dem Kampf. Von Ritter Georg existiert ein Grabmal, das heute noch in Nieder-Beerbach besichtigt werden kann, vom Ritter des Zeitungsartikels eine Büste.

Der Rest dürfte jedoch in erster Linie durch die Frankenstein-Filme inspiriert sein. Die sehr

visuellen Effekte (ein sich plötzlich verdunkelnder Mond und der Schatten, der auf die

Dorf­bewohner fällt) erinnern auffällig an die teils expressionistischen Stilmittel der frühen Horrorfilme und nicht an Shelleys Roman oder gar Legenden der deutschen Folklore. Hinzu kommt, daß eine solche Sage historisch in Südhessen nicht nachweisbar ist und die Behauptung, es gäbe in der Burgkapelle noch Überreste des Kampfes sowie eine Büste des Ritters, war auch 1960 falsch.

 

Alte Ortssagen, die vor Ort niemand kennt

Diese Geschichte, die vor Ort bis heute völlig unbekannt ist, verbreitete sich in den Folgejahren schnell in den USA und wurde wieder und wieder in unterschiedlichen Fassungen publiziert. Schon am 26. November 1961 behauptete ein Steve Libby in der Tageszeitung Reading Eagle, daß Mary Shelley zweifellos von den Mythen der Frankensteiner gehört hatte. Einen Beleg oder eine Quelle hierfür nannte er nicht. Stattdessen gab er die Geschichte der BOAC zum Besten, nahezu wörtlich. Daß diese Geschichte mehr an die Frankenstein-Filme als an das Buch erinnert und es doch sehr merkwürdig ist, daß Shelley von Erzählmotiven beeinflußt gewesen sein soll, die nicht in ihrem Buch, sondern erst in den Verfilmungen auftauchen, schien niemand zu bemerken.

Etwa ein Jahr später, am 23. September 1962, tauchte dann in den Independent Star-News

(Pasadena, Kalifornien) vermutlich erstmals in diesem Zusammenhang der Name Johann Konrad Dippel auf, wenn auch in falscher Schreibweise. So heißt es: „Mary Wollstonecraft Shelley, die zweite Frau des Dichters Percy Bysshe Shelley, hörte von Gippel [sic!] und seinen Experimenten im frühen 19. Jahrhundert und wurde davon inspiriert, ihren Horrorklassiker ‘Frankenstein, oder der moderne Prometheus’ zu schreiben“.

Leider wird auch hier wieder nicht erwähnt, auf wen man sich mit dieser Aussage eigentlich

be­ruft. Die auffällig falsche Schreibweise von Dippels Namen läßt jedoch den Schluß zu, daß der Verfasser des Artikels seine Informationen mündlich erhalten hatte. Gut möglich, daß als Reaktion auf die vielen amerikanischen Touristen, die die Geschichte von der Heimat des echten Frankenstein-Monsters angelockt hatte, einige Leute mit Ortskenntnissen begannen, den Touristen immer neue scheinbare Verbindungen zwischen der Burg und Shelleys Roman zu präsentieren. Auch die zahlreichen in der Nähe stationierten US-Soldaten, die häufig die Burg besuchten, nahmen solche Geschichten begierig auf.

Abgesehen von diesen nur zu vermutenden Einzelpersonen war das Ganze aber weder unter

Historikern noch unter den deutschen Bewohnern der Gegend ein Thema. Noch 1966, als der

heutige Restaurantbau gerade geplant wurde, antwortete der damalige Pächter Gerhard Meißner auf die Frage, was von dem Neubau zu erwarten wäre: „Wir hoffen, daß wir den Besuchern fast alles bieten können, das heißt alles bis auf das Monster. Das ist alles erfunden. Bis zu 50 Prozent der Leute, die hierher kommen, sind Amerikaner. Sie fragen uns oft, wo das Frankenstein Monster gelebt hat. Und alles, was ich ihnen sagen kann, ist, daß wir damit nichts zu tun haben. Ich muß doch die Wahrheit sagen, oder?“

Es waren also nach wie vor nur Amerikaner, die nach Frankensteins Monster gefragt haben.

Deutsche Besucher sahen diese Verbindung damals üblicherweise noch nicht, was bemerkenswert ist, wenn man bedenkt, daß alles angeblich auf uralte Ortslegenden zurückgehen soll. Uralte Ortslegenden, die vor Ort niemand kennt und die in schriftlicher Form erstmals nach dem zweiten Weltkrieg in amerikanischen Zeitungen erscheinen?

Erst für das Jahr 1970 läßt sich erstmals auch ein deutschsprachiger Zeitungsartikel ausfindig

machen, der nicht nur die Burg Frankenstein, sondern auch Johann Konrad Dippel als Vorbild für Victor Frankenstein ins Gespräch bringt. Der vor allem für seine Arbeiten über Goethe bekannte Fritz Ebner widmete sich am 22. August 1970 mit einem Artikel im Darmstädter Echo dem Thema unter dem reißerischen Titel: „Frankenstein lebt: Das Monstrum und die Burgruine. Gibt es Zusammenhänge? - Unbekanntes über ein bekanntes Thema“.

Der Artikel hält jedoch nicht das, was er verspricht. Unbekanntes wird dort gar nicht erwähnt,

bestenfalls ein paar weniger bekannte Dinge. Ebner präsentiert zunächst einen kurzen Abriß der Geschichte der Burg und eine wenig aufschlußreiche Kurzbiographie Dippels, dann faßt er – sehr fehlerhaft – Shelleys Frankenstein-Geschichte zusammen, macht einen kleinen Exkurs zum Datterich-Autoren Ernst Elias Niebergall, der unter dem Pseudonym E. Streff auch einige Schauergeschichten verfaßt hat, erwähnt noch weiterführende Literatur zum Thema wie Gustav Meyrinks fast 100 Jahre nach Frankenstein entstandenen Roman „Der Golem“ und schließt dann, ohne noch einmal auf Dippel einzugehen, mit der Behauptung, die Burg Frankenstein wäre der Ursprung von Shelleys Roman. Es ist ein reichlich wirrer Artikel.

Wo denn nun die Verbindung zwischen Shelleys Roman und Dippel sein soll, erklärt Ebner nicht, schlußfolgert aber genau das.

Zudem macht er auffällige Fehler. So behauptet er beispielsweise, Shelleys Roman handle von einem Schloßherrn. Möglicherweise soll das eine Verbindung zwischen dem Frankenstein des Romans und Johann Konrad Dippel sein. Doch weder Dippel noch der Frankenstein des Romans waren Schloßherrn. Nur in einigen späteren Verfilmungen lebt Frankenstein auf einer Burg. An dieser Stelle dürfte die Frage erlaubt sein, ob Ebner den Roman überhaupt jemals gelesen hatte.

 

Ein Dracula-Experte jagt Frankenstein:

Im Jahre 1975 veröffentlichte der Historiker Radu Florescu sein Buch „In Search of Frankenstein“, das sich unter anderem mit der Frage beschäftigt, ob Mary Shelley Kenntnis von Dippel und der Burg Frankenstein gehabt hatte.  Florescu ist nicht irgendwer. „In Search of Frankenstein“ war das Nachfolgebuch von „In Search of Dracula“, das bis heute ein Standardwerk zu den historischen Ursprüngen von Bram Stokers „Dracula“ ist und in dem Vlad III. Draculea, auch Tepes („der Pfähler“) genannt, als historisches Vorbild für Graf Dracula identifiziert wird. Lange galt es als anerkannt, daß der walachische Fürst die Inspiration für Stoker war.

Durch den großen Erfolg von „In Search of Dracula“ ermutigt, wollte Florescu nun auch die

historische Person hinter der anderen berühmten Figur des klassischen Horrorfilms identifizieren: Mary Shelleys Frankenstein. Dabei fiel ihm auf, daß Shelley 1814 während einer Reise auf dem Rhein in Gernsheim - nur etwa 15 Kilometer Luftlinie von der Burg Frankenstein entfernt -  einen dreistündigen Aufenthalt hatte. Das war eine vielversprechende Spur. Also flog Florescu nach Deutschland und besuchte die Burg. Dort will er dann als Indiz für seine Vermutung verschiedene Ortslegenden erfahren haben, die aber merkwürdigerweise anderweitig überhaupt nicht nachweisbar sind.

Daß Shelley die Burg tatsächlich bemerkt hatte, ist äußerst unwahrscheinlich. Ohnehin ist die

Burg von Gernsheim aus nur sehr schwer auszumachen, auch heute noch, obwohl die Türme nach den Restaurierungsarbeiten in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts deutlich höher sind als während Shelleys Reise. Zu allem Überfluß aber erreichten die Shelleys Gernsheim erst nach Anbruch der Dunkelheit. Laut dem Tagebuch von Claire Clairmont, Marys Stiefschwester, die ebenfalls an der Reise teilnahm, war es sogar so, daß der Aufenthalt nur deshalb stattfand, weil der Kapitän des Schiffs den Mondaufgang abwarten wollte. Vermutlich war es ihm ohne Mondlicht zu dunkel. Anzunehmen, Shelley hätte da die Burg Frankenstein erkennen können, ist absurd.

 

Ein Detektiv mit Verschwörungstheorien

Florescu war sich durchaus bewußt, daß sich seine These mit den Quellen - sprich Shelleys und Clairmonts Tagebüchern - nicht vereinbaren läßt. Er behauptete daher, daß die beiden alle Spuren der Inspiration für Frankenstein vernichteten, um Shelleys Anspruch auf Originalität zu wahren. Deshalb hätten sie ihre Tagebucheintragungen der Reise von 1814 so verfälscht, daß jeder Hinweis auf Burg Frankenstein verschwand.

Doch das ist ein Hirngespinst. Florescu kann es nicht beweisen, bietet nicht einmal handfeste

Indizien an. Stattdessen weist er darauf hin, daß es auffällige Lücken in den Tagebüchern Shelleys gäbe. So fehle beispielsweise der Aufenthalt in Lord Byrons Villa, während dem sie begann, an Frankenstein zu schreiben. Auch sonst würden keine Tagebucheintragungen über den Entstehungsprozeß des Romans existieren.

Florescu geht davon aus, daß Shelley diese Tagebucheintragungen bewußt vernichtet hat. Nur: Wieso hat sie dann nicht das Gleiche mit den Tagebüchern ihrer Rheinreise gemacht? Warum sollte sie einmal den zweifelsfrei einfacheren Weg wählen, nämlich die Aufzeichnungen zu vernichten, und das andere Mal eine aufwendige Verfälschung durchführen? Diese auffällige Änderung des Modus Operandi scheint Florescu, der sich selbst als literaturwissenschaftlichen Privatdetektiv bezeichnet, nicht zu stören. An dieser Stelle ist er tatsächlich beides: ein schlechter Historiker und ein schlechter Detektiv.

Auch das Motiv, das er für diese Fälschung anbietet, ist an den Haaren herbeigezogen: Shelley soll ihre Inspiration verschleiert haben, weil sie als besonders originell gelten wollte. Doch schon der vollständige Titel des Romans „Frankenstein oder der moderne Prometheus“ gibt ja eine ihrer Inspirationen preis, nämlich die Prometheus-Sage. Das große Interesse, ihre Inspiration zu verschleiern, das nötig wäre, um solch eine aufwendige Fälschungsaktion durchzuführen, hat sie ganz offensichtlich nicht gehabt. Auch an einem übersteigerten Ego dürfte sie zumindest im Bezug auf ihren Roman nicht gelitten haben, Frankenstein erschien zunächst anonym.

Der Strohhalm, an den sich Florescu klammert, ist der dreistündige Aufenthalt der Shelleys in

Gernsheim. Es ist der einzige Fakt, den er nicht mit rhetorischen Taschenspielertricks herbeizaubern muß. In dieser Zeit, von der Mary Shelley nicht mehr schreibt, als daß sie zusammen mit Percy Shelley spazieren gegangen ist, sollen die beiden laut Florescu zur Burg Frankenstein und wieder zurück gelaufen sein und dabei von den Einheimischen noch unzählige Sagen und Gerüchte über Johann Konrad Dippel gehört haben. Drei Stunden waren dazu aber sicher nicht ausreichend. Außerdem war es dunkel, sie kannten das Gelände nicht, sprachen kaum Deutsch, waren knapp bei Kasse und mußten rechtzeitig zurück an Bord sein, sobald der Kapitän wieder ablegen wollte. Längere Exkursionen ins Hinterland dürften damit ausgeschlossen gewesen sein.

 

Experten weisen Florescus Thesen zurück

Interessant ist eine Aussage Florescus zu seiner Motivation für „In Search of Frankenstein“. Die New York Times zitiert ihn am 21. Oktober 1975 mit den Worten: „Ich schrieb Bücher, die niemand las. Ich wäre glücklich gewesen, wenn meine Vorlesung  ‚Ein Überblick über die Geschichte des Balkans‘ von 30 Studenten besucht worden wäre.“

Dann veröffentlichte er „In Search of Dracula“ und hielt seither Vorträge in den ganzen USA vor vollbesetzten Sälen. „In Search of Frankenstein“ war bewußt als Nachfolgebuch konzipiert. Die „In Search of …“- Buchreihe ist also letztendlich das Produkt eines frustrierten Hochschulprofessors, der damit den Weg aus seinem Alltagstrott fand und es mit den Quellen nicht so genau nahm, nur um nicht wieder vor weniger als 30 Studenten Vorträge halten zu müssen.

Anders als von „In Search of Dracula“ war die Fachwelt von „In Search of Frankenstein“ jedoch wenig beeindruckt. Leonard Wolf - wie Florescu gebürtiger Rumäne und Experte für die sogenannte „gothic fiction“ - bezeichnet in dem Standardwerk „The annotated Frankenstein“ von 1977 Florescus Ausführungen als nicht überzeugend und als Verschwörungstheorie. Aija Ozolins beschuldigt Floresu in dem Fachmagazin „Science Fiction Studies“ (Ausgabe Juli 1976) gar fragwürdiger Beweisführung, die die Regeln der Wissenschaft verlasse.

Verglichen mit dem Vorgängerbuch war es ein Flop. Der Mangel an handfesten Belegen und

Florescus unfreiwillig komischer Versuch, gar eine Verbindung zwischen Vlad Tepes und den

Freiherren von Frankenstein herzustellen, war dann den meisten doch zu viel des Guten.

 

Das alljährliche Halloween-Festival

Ein Jahr nach der Veröffentlichung von „In Search of Frankenstein“ organisierte der in Darmstadt als Fotojournalist der US-Armee arbeitende Brian Hill erstmals ein Halloween-Festival in der Burg – für die nahe der Burg stationierten US-Soldaten, denn die Deutschen hatten zu diesem Zeitpunkt noch keinerlei Interesse an Halloween. Der Erfolg der Veranstaltung kam für Hill völlig überraschend. Laut eigenen Aussagen kamen mehr als zehnmal so viele Besucher wie erwartet.

Mit Hills Erfolg begann sich alles zu ändern. Jährlich wurde das Festival größer und weckte nun auch das Interesse der Deutschen. Schon 1979 wird Hill in einer Meldung der Associated Press mit der Aussage zitiert, daß mittlerweile die überwiegende Zahl der Besucher Deutsche wären. Das Festival trug maßgeblich dazu bei, daß Halloween in Deutschland bekannter wurde.

 

Johann Konrad Dippel von Frankenstein?

Etwa zu dieser Zeit muß auch die Behauptung aufgekommen sein, Dippel hätte sich als ein von Frankenstein ausgegeben. Die Idee geht wohl ebenfalls auf Florescu zurück, der behauptete, daß Dippel sich in der Universität Gießen als Frankensteiner eingeschrieben hätte. Das stimmt zwar im Prinzip, aber Florescu versuchte damit zu suggerieren, daß Dippel sich als Frankensteiner stilisierte und somit auch als Frankensteiner bekannt gewesen wäre.

Das jedoch ist Unsinn. Es war damals in den Matrikeln von Schulen und Universitäten lediglich üblich, den Namen des Studenten um dessen Herkunftsort zu ergänzen. So ließen sich beispielsweise Verwechslungen bei Namensgleichheit verhindern. Es wurde also in den Matrikeln lediglich zu Verwaltungszwecken Dippels Geburtsort festgehalten. Ihm selbst dürfte das herzlich egal gewesen sein.

Nun könnte man allerdings noch einwenden, daß es ja nicht darum geht, wie Dippel zum Namen Frankenstein stand, sondern Mary Shelley. War sie vielleicht bei Recherchen auf diesen Matrikel­eintrag gestoßen und hatte sich danach dazu entschlossen, Dippel nicht Dippel sondern Frankenstein zu nennen, damit es nicht zu offensichtlich war?

Auch das ist bei näherer Betrachtung nicht plausibel. Denn tatsächlich steht in den Matrikeln der Universität Gießen für den 9. Mai 1691 nicht etwa Johann Konrad Dippel Frankenstein, sondern:  „Joh. Conr. Dippelius, Strataemontano-Francostenensis“. Wer würde aufgrund dieses Eintrags auf die Idee gekommen, eine Romanfigur Victor Frankenstein zu nennen? Außerdem darf nicht vergessen werden, daß diese Matrikel zu der Zeit, da Shelley ihren Roman verfaßte, noch nicht veröffentlicht waren. Sie hätte also vor Ort recherchieren müssen. In Gießen war sie jedoch nie gewesen.

Eher ins Bild paßt Dippels „Disputatio de Nihilo“, eine Art Abschlußarbeit für sein Grundstudium aus dem Jahr 1693. Bei der Autorenschaft wurde auch hier Dippels Name um eine Her­kunftsbezeichnung  ergänzt:  „Joh. Conradus Dippelius, Franckensteina-Strataemontanus“. Es dürfte aber mehr als nur ein bißchen unwahrscheinlich sein, daß Shelley von einer unbedeutenden Studienarbeit Dippels Kenntnis hatte. Und falls doch, warum nannte sie ihren Victor ausgerechnet Frankenstein und nicht Dippel? Oder Strataemontanus? Oder zumindest Johann oder Konrad? Warum hätte sie ausgerechnet die Hälfte einer Herkunftsbezeichnung für den Namen ihrer Hauptfigur verwenden sollen?

Wenn Shelley Dippels Disputation kannte, wieso spiegelt sich dann absolut nichts von Dippels dort geäußerten philosophischen Ansichten im Charakter des Victor Frankenstein wider? Mehr noch: Wieso spiegelt sich auch sonst nichts von Dippels Ansichten in Victor Frankenstein wider?

Zu guter Letzt bliebe noch Dippels Eintrag in den Matrikeln des Darmstädter Pädagog. Dort wird er am 27. März 1691 als „Johannes Conradus Dippelius Franckensteinensis“ geführt. Auch hier ist es eine Herkunftsbezeichnung. Die lateinische Grammatik ist da eindeutig. Mit ungenügendem Wissen in Latein könnte man dies aber tatsächlich als Namen mißdeuten. Um von diesem Eintrag Kenntnis zu erlangen, hätte Shelley jedoch auch hier direkt im Darmstädter Pädagog recherchieren müssen. Und das alles während eines dreistündigen, abendlichen Aufenthalts in Gerns­heim. Schon aus zeitlichen Gründen ist das ausgeschlossen.

 

Ein Burgschreiber sorgt für Wirbel

Als dann Mitte der neunziger Jahre eine Neuauflage von „In Search of Frankenstein“ anstand, dachte Florescu nicht etwa daran, die Sache noch einmal genauer zu untersuchen und seine Fehler zu korrigieren. Stattdessen erkannte er, daß man die Geschichte einfach nur besser vermarkten mußte. Da traf es sich gut, daß sein Sohn John einer der Produzenten des populären Fernsehmoderators David Frost war. John Florescu überzeugte Frost, das Zugpferd in einer Fernsehdokumentation zu spielen, die die These von Radu Florescu bekannter machen sollte. Neben Letzterem trat in dieser Dokumentation auch der Pfungstädter Walter Scheele auf, der sich selbst später als Burgschreiber der Burg Frankenstein bezeichnet. Dieser sorgte mit einer Reihe von Buchveröffentlichungen in den Folgejahren dafür, daß auch in Deutschland endlich die These von Dippels Vorbildfunktion für Mary Shelley bekannter wurde.

Während Florescu nur annimmt, daß Shelley ihre Tagebücher verfälscht hat, behauptet Scheele, er hätte die unverfälschten Tagebücher einsehen können. Diese befänden sich im Besitz einer Schweizer Bankiersfamilie. Wer diese geheimnisvollen Besitzer dieses zumindest literaturhistorisch sensationellen Dokuments sind, verrät Scheele jedoch nicht. Er verlangt von seinen Lesern, ihm ohne Beleg zu glauben.

Wissenschaftlich ist so etwas von vorne herein wertlos, weil die Möglichkeit der Überprüfung

und der Falsifizierung gar nicht gegeben ist. Aber auch rein hypothetisch stellt sich die Frage,

warum Shelley ein solches zweites Tagebuch hätte führen sollen. Selbst wenn sie Dinge aus ihrem Privatleben verheimlichen wollte, sie hatte ja nie vor, ihre Tagebücher zu veröffentlichen. Stattdessen veröffentlichte sie Reiseberichte, die auf ihren Tagebüchern basieren. Teilweise übernahm sie ganze Textpassagen wörtlich. Ihre Tagebücher an sich waren allerdings rein privater, persönlicher Natur und nicht dazu gedacht, von Fremden gelesen zu werden. Daß sie da noch ein zweites, noch geheimeres Tagebuch geführt haben soll, ist nicht plausibel.

Den einzigen Beweis für dieses Phantomtagebuch, den Scheele anbietet, ist ein Zitat, das zu

ver­öffentlichen ihm die mysteriösen Besitzer nach langem Hin und Her gestattet hätten. Doch

dieses Zitat ist in einem so auffallend holprigen Englisch verfaßt, daß es zumindest sehr

wahr­scheinlich ist, daß es nicht von einem Muttersprachler stammt. Auch ist die darin enthaltene Szene sehr kurios. Es wird eine neblige Nacht im November beschrieben, gleichzeitig aber das silberglitzernde Wasser des Rheins und ein Kirchturm auf der anderen Flußeite erwähnt. In einer nebligen Novembernacht dürfte man das von der Burg Frankenstein aus kaum erkennen können.

Daß Shelley zudem im September 1814 in Hessen war und im November längst wieder in England, dürfte dann endgültig belegen, daß das Zitat eine plumpe Fälschung ist. Dennoch wird in unzähligen Publikationen darauf hingewiesen und so getan, als handle es sich um eine tatsächliche Aussage Shelleys.

 

Ein geheimnisvoller Brief

Hat Scheele diesen Tagebucheintrag also einfach erfunden? Oder ist er selbst auf einen Schwind­ler hereingefallen? Wenn dem so gewesen sein sollte, dann ist es ihm gleich zweimal passiert. Denn er will auf noch eine literaturhistorische Sensation gestoßen sein. In einem Brief, den Jacob Grimm an Mary Shelleys Stiefmutter Mary Jane Clairmont geschrieben haben soll, erwähnt Grimm eine Sage der Burg Frankenstein, die bemerkenswerte Ähnlichkeit mit Shelleys Roman hat. Dumm nur, daß der Brief unauffindbar ist. Außer Walter Scheele hat ihn nie jemand gesehen und Scheele selbst ändert seine Meinung darüber, wo dieser Brief denn überhaupt ist, nach Belieben. So behauptete er im Jahr 2001: „In britischem Privatbesitz liegt, für die Öffentlichkeit nicht zugänglich, ein Brief von Jacob Grimm an Mary Jane aus dem Jahre 1813.“

Im Jahr 2006 erklärte er dagegen in der eher fragwürdigen amerikanischen Fernsehdokumentationsreihe „Decoding the Past“,  der Brief befände sich in der University of Oxford. Dort weiß man jedoch nichts davon. Ein solcher Brief ist nicht im Bestand der Universität und war es auch nie.

Angeblich soll der Autor und Filmemacher Donald F. Glut den Brief ebenfalls gesehen haben, so Scheele. Glut selbst widerspricht jedoch dieser Behauptung. Auf Anfrage des Geschichtsvereins Eberstadt-Frankenstein erwiderte Glut in einer E-Mail vom 11. August 2008 erstaunt, daß er zum ersten Mal von diesem angeblichen Brief höre.

In diesem Zusammenhang behauptete Scheele auch, daß Mary Jane Clairmont die englische

Übersetzerin der Märchen der Gebrüder Grimm gewesen wäre: „Bekannt sind jedoch große Teile der Briefwechsel zwischen den Begründern der deutschen Philologie und der Übersetzerin ihrer Märchen“. Solch eine Korrespondenz existiert aber gar nicht.

 

Unsinn im Minutentakt

Um Florescus These von Dippel als Vorbild von Frankenstein zu unterstützen, stellt Walter Scheele auch sonst reihenweise Behauptungen auf, die vollkommen unhaltbar sind. So nennt er Johann Konrad Dippel konsequent Johann Konrad Dippel von Frankenstein, obwohl  er so nicht hieß und sich auch nie so nannte. Außerdem soll Dippel gar nicht der Sohn von Johann Philipp Dippel, sondern von einem Konrad von Frankenstein gewesen sein, der eine außereheliche Beziehung mit Johann Konrad Dippels Mutter gehabt haben soll. Den Beleg bleibt Scheele ebenso schuldig wie nähere Angaben zu jenem Konrad von Frankenstein oder Aussagen zu seiner Quelle hierfür.

Dann soll Dippel höchstpersönlich den Pulverturm der Burg Frankenstein bei einem mißglückten Experiment mit Nitroglyzerin gesprengt haben, was allein schon deshalb erstaunt, da Nitroglyzerin zu Dippels Zeit noch gar nicht bekannt war. An anderer Stelle behauptet Scheele, Dippel sei einmal zum Tode verurteilt worden, hätte jedoch als Graf nicht hingerichtet werden können. Eine Aussage, die unzählige Male zitiert und für bare Münze genommen wurde.

Doch Dippel wurde nie zum Tode verurteilt, sondern zu lebenslanger Haft, von der er allerdings nur sieben Jahre absitzen mußte. Er war auch kein Graf gewesen. Und selbst wenn er es gewesen wäre, müßte es immer noch sehr zu denken geben, wenn Scheele der Meinung ist, Grafen hätten im 18. Jahrhundert nicht hingerichtet werden können.

 

Wenn Professoren Quellen manipulieren

Die Masse an inhaltlichen Fehlern ist in Scheeles Büchern so gewaltig, daß man ein Ge­sell­schaftsspiel daraus machen könnte: Wer findet die meisten? Oder (wenn es schneller gehen

soll): Wer findet die meisten in einem Kapitel / auf einer Seite? Das Bizarre jedoch ist, daß trotz der offensichtlichen Fehler, mit denen seine Bücher überfüllt sind, Scheele in der Folgezeit die Richtung der Diskussion vorgab und sogar Unterstützung bei Historikern fand, die eigentlich gelernt haben sollten, Quellen kritisch zu lesen.

Charles Robinson von der University of Delaware zitiert in der bereits erwähnten Dokumentationsreihe „Decoding the Past“ aus Shelleys (tatsächlichen) Tagebüchern eine Stelle, an der sie eine Burg mit einem verfallenen Turm und zerstörten Fenstern beschreibt, die auf dem Gipfel eines Hügels stehen würde. Robinson suggeriert, daß das die Burg Frankenstein sein könnte.

Das Ganze ist aber eine ziemlich dreiste Manipulation. Denn liest man an der entsprechenden

Stelle in Shelleys Tagebuch nach, stellt man fest, daß es sich dabei um den Eintrag vom 30. August 1814 handelt, als sich die Reisegruppe zwischen Basel und Straßburg befand. Folglich muß die Ruine, die Mary beschreibt, auch in dieser Gegend zu finden sein. In der Nähe von Burg Frankenstein befinden sie sich erst am 2. bzw. 3. September. Daher ist es ausgeschlossen, daß es sich hierbei um Burg Frankenstein handelt. Robinson sagt dagegen, es handle sich um die Einträge für August und September 1814. Dies würde den Aufenthalt in Gernsheim beinhalten. Das ist eine manipulative Aussage, bei der er sich – offensichtlich im vollen Bewußtsein - die Wahrheit zurechtgebogen hat.

 

Geisterjagd

Anfang 2008 erreichte die Absurdität der Sache schließlich einen besonderen Höhepunkt. Für den amerikanischen „Sci-Fi Channel“ tauchte eine Gruppe Geisterjäger in der Burg auf, die mit tatkräftiger Unterstützung von Walter Scheele versuchten, mit Dippels Geist Kontakt aufzunehmen. Sie verbrachten eine bitter kalte Nacht in der Burg, um mit bestem Kaugummi-Englisch deutsche Geister zu beschwören, auf dem Torturm herumzuklettern und in völliger Dunkelheit Fotos zu schießen.

Ergebnis der Untersuchung war eine aus ungeklärten Gründen klappernde Türklinke, eine Geisterjägerin, die in totaler Finsternis glaubte, einen Schatten gesehen zu haben, und zwei Tonbandmitschnitte, die eine mysteriöse, aber völlig unverständliche Stimme wiedergaben. Walter Scheele identifizierte diese mysteriöse Stimme dennoch als die von Arbogast von Frankenstein, dem ältesten bekannten Ritter der Frankensteiner, der bereits 948 auf der Burg gelebt hatte. So behauptet Scheele es zumindest.

Historisch ist das nicht haltbar. Mag man noch über einen möglichen Vorgängerbau der erst im 13. Jahrhundert entstandenen Burg Frankenstein spekulieren können (alte Flurnamen weisen darauf hin), so ist die Existenz eines Arbogast von Frankenstein im 10. Jahrhundert schon lange widerlegt. Zurück geht diese Legende auf das Rüxnersche Turnierbuch aus dem 16. Jahrhundert. Dort wird tatsächlich ein Arbogast von Frankenstein im Zusammenhang mit einem Turnier in Konstanz genannt, das 948 stattgefunden haben soll.

Heute ist jedoch klar, daß Rüxners Turnierbuch weniger der Dokumentation als vielmehr der

Legitimation der dort erwähnten Adelshäuser diente. Üblicherweise gelten alle bei ihm erwähnten Turniere vor 1284 als frei erfunden. Auch spätere sind oft fragwürdig. So hat beispielsweise das bei Rüxner erwähnte Turnier zu Darmstadt im Jahr 1403 nie stattgefunden.

 

Tatsachen sind langweilig

Einige Monate nach dem Besuch der Geisterjäger auf der Burg widmete sich Michael Müller vom Geschichtsverein Eberstadt-Frankenstein ausführlich dem Thema. In seiner 29-seitigen Arbeit „Any Monsters at home?“ werden die wichtigsten Behauptungen von Florescu und Scheele widerlegt. Besonders hervorzuheben ist hier, daß Müller zeigt, daß Shelley die Burg während ihrer Rheinreise gar nicht gesehen und Dippel die von Walter Scheele behaupteten Experimente auf Burg Frankenstein nicht durchgeführt haben kann.

Einen sonderlichen Eindruck hat diese Widerlegung der Thesen auf die Diskussion jedoch nicht hinterlassen. Zwar wird vor allem im deutschsprachigen Raum seither gelegentlich hinzugefügt, daß die Thesen von Florescu und Scheele umstritten sind. Daß sie tatsächlich widerlegt sind, würde aber die schöne Geschichte kaputt machen und wird daher nicht eingestanden. Viele bleiben gar bei der Formel: Wahrscheinlich ließ sich Mary Shelley von Dippel inspirieren, was zwar allen Fakten widerspricht, sich durch das vorgesetzte „wahrscheinlich“ aber jeglicher Beweispflicht entzieht.

Im englischsprachigen Raum hat die Dippel-These seither sogar noch Aufwind bekommen.

Längst ist Dippel dabei auch im belletristischen Bereich angekommen. Da hier ja (völlig zu) Recht künstlerische Freiheit geltend gemacht werden kann, sind diese Bücher in Anbetracht der schon sehr fantasievollen Sachbüchern natürlich noch weitaus skurriler. Vorläufiger Höhepunkt ist der Roman „Blood Oath“ von Christopher Farnsworth. Hauptfigur des Romans ist ein Vampir, der als Geheimagent des US-Präsidenten regelmäßig die USA vor übernatürlichen Bedrohungen rettet, aber nur, wenn er nicht gerade bei den Anonymen Alkoholikern ist, um seinen Blutdurst zu unterdrücken. Bösewicht des Romans ist Dippel, der heute immer noch lebt, weil er ein Elixier entwickelt hat, das ihn unsterblich macht. Der Geheimdienstvampir muß ihn davon abhalten, eine Armee von Frankenstein-Monstern zu schaffen, was er schon einmal - im Auftrag von Adolf Hitler - versucht hatte.

 

Und wieso nun Frankenstein?

Ein letzter Einwand bleibt: Auch wenn konkrete Belege fehlen, auch wenn sie die Burg niemals erwähnte, niemals besuchte, muß Mary Shelley sie nicht allein deswegen gekannt haben, weil sie ihren Namen verwendete? Den kann sie doch nicht einfach erfunden haben! Mußte sie auch gar nicht. Die Burg Frankenstein ist nicht der einzige Ort dieses Namens. In der Pfalz nahe Bad Dürkheim gibt es ebenfalls eine Burg Frankenstein, samt eines dazugehörigen Dorfes gleichen Namens. Eine dritte Burgruine existiert bei Bad Salzungen. In Sachsen nahe Freiberg gibt es ein Dorf mit Namen Frankenstein und zu Shelleys Zeit existierte im heutigen Polen und im heutigen Tschechien jeweils ein Ort gleichen Namens.

Auch wenn er nicht an jeder Ecke und in jedem Dorf zu finden war, war der Name „Frankenstein“ alles andere als ungewöhnlich. Selbst heute ist das noch so. Der Internetdienst „Geogen“ errechnet etwa 1.040 Namensträger in ganz Deutschland, was normal häufig ist. Es mag die langweiligste Erklärung sein, aber es ist auch die wahrscheinlichste: Shelley dürfte den Namen rein zufällig irgendwo gehört und ihn ohne einen sonstigen Bezug zu der Person, die diesen Namen trug, verwendet haben. Deshalb findet sich auch weder in ihrem Werk noch in ihrem Nachlaß irgendeine Spur auf eine tiefere Bedeutung des Namens: es gibt keine.

Es gibt lediglich seit einigen Jahrzehnten ein großes kommerzielles Interesse daran, einen realen Ort und eine reale Person zu haben, die man als Vorbild für Shelleys Frankenstein ausgeben kann. Dieses Interesse scheint jede kritische Auseinandersetzung zu über­treffen. Welcher TV-Sender würde auch eine Dokumentation produzieren, deren zentrale Aussage Dippel hat nichts mit Shelleys Frankenstein gemeinsam ist? Wie hoch wäre die Einschaltquote einer Reportage über Dippel, die keinen Bezug zu Frankenstein herstellt? Höch­stens für Kurzbeiträge wäre das für einen TV-Sender vertretbar. Aufwendige Produktionen im 45-minütigen Format benötigen jedoch mehr kommerzielles Potential.

Das zentrale Problem des modernen Infotainments wird an diesem Beispiel besonders deutlich. Es ist keineswegs so, daß Dippels Biographie langweilig wäre, im Gegenteil, sein unstetes Leben, seine Neigung sich mit den Obrigkeiten anzulegen, seine Entwicklung vom scharfen Gegner des Pietismus zum radikalen Pietisten und seine exzellente Rhetorik bieten viele Ansätze für eine interessante Geschichte.

Doch um in der modernen Medienlandschaft bestehen zu können, reicht das nicht aus. Es genügt nicht, daß man eine interessante Geschichte zu erzählen hat, es muß die Geschichte sein, die die größtmögliche Anzahl an Personen interessant und spannend findet. Ein Bezug zu popkulturellen Phänomenen wie das Frankenstein-Monster, das nur noch wenig mit dem in Shelleys Roman beschriebenen Wesen gemeinsam hat, ist da naheliegend. Die Verlockung, sich die Wahrheit zu­rechtzubiegen, ist offenbar zu groß, so daß man schnell in Fantastereien verfällt. Das ist mit Burg Frankenstein und Johann Konrad Dippel geschehen.

Eine Rückkehr zur historischen Wahrheit ist genauso wenig erfolgversprechend wie eine Frankenstein-Verfilmung, die sich eng an die Romanvorlage hält. Der Versuch einer werkgetreuen Umsetzung scheiterte 1994 trotz Starbesetzung und großem Budget interessanterweise kurz bevor die These von Dippel als Vorbild für Frankenstein noch einmal richtig Fahrt aufnahm. Es ist nicht Shelleys Roman, sondern die Darstellung Boris Karloffs in den frühen Verfilmungen, die die Vorstellung von Frankensteins Monster bei den meisten Menschen prägt. Diese Darstellung ist zu einer weltweiten Folklore geworden. An die Romanvorlage haben sich diese Filme aber nur sehr oberflächlich gehalten. Etwas Ähnliches ist nun auch mit der Burg Frankenstein und Johann Konrad Dippel geschehen.

Behauptungen, die allein aus kommerziellem Interesse getroffen worden waren, sind zur Folklore geworden, die ihren Ursprung bei einem kleinen Halloween-Scherz Anfang der fünfziger Jahre hatte, von der PR-Abteilung einer Fluggesellschaft ausgebaut, von Radu Florescu verfeinert und von Walter Scheele in einer Weise vollendet wurde, die so absurd ist, daß rationale Argumente kaum noch Wirkung zeigen. Es stimmt nachdenklich, daß sich an dieser Mythenbildung auch Historiker beteiligt haben.

 

 

Sehenswertes in der Nähe der Burg:

Vom rechten Parkplatz führt ein kurzer Rundwanderweg aufwärts zu den Magnetischen Steinen. Glimmer- und Quarzpartikel glitzern hier allenthalben im Gestein. Die Magnetsteine sollen so erzhaltig sein, daß, so wird gesagt, eine Kompaßnadel „verrückt“ spielt.

Der sogenannte „Felsenweg“ führt knapp drei Kilometer durch den Odenwald, vorbei an den Magnetsteinen und einer Schutzhütte. Gekreuzt wird er von dem 1,1 Kilometer langen Magnet-Weg und dem Burgenweg, der von Darmstadt-Eberstadt über Heppenheim bis nach Heidelberg führt.

Auf dem Parkplatz vor der Burg Frankenstein steht eine Tafel, auf der die einzelnen Rundwege genau nachgezeichnet sind. Wanderkarten sind aber auch über den Naturpark Bergstraße-Oden­wald zu beziehen. Gestartet wird vom Parkplatz gegenüber der Burg. Dort führt ein Weg vorbei an der Felsing-Hütte direkt in den Wald. Nach nur wenigen Metern befindet sich links des Weges ein Barfußlehrpfad.
Kurze Zeit später zeigt sich eine kleine Anhöhe. Der Ilbes-Berg soll nach dem Brocken im Harz der zweitbekannteste Hexenkultplatz in Deutschland sein. Außerdem haben die Amerikaner hier einst eine Funkanlage betrieben. Der Funkverkehr wurde allerdings häufig gestört. Grund dafür: Die nur 50 Meter entfernten Magnetsteine. Sie sind heute geologisches Naturdenkmal. Vor Tausenden von Jahren soll ein Blitzeinschlag das Gestein magnetisch aufgeladen haben.

 

Der Jungbrunnen, der durch den burgeigenen Kräutergarten zu erreichen ist, soll einst eine Kultstätte der Kelten gewesen sein. Der Sage nach mußten hier in der ersten Vollmondnacht nach Walpurgis die alten Weiber aus dem Dorf Mutproben bestehen. Diejenige, die den Gang durch Feuer und Wasser am besten überstand, wurde jung wie in der Hochzeitsnacht.

Zu Füßen der Burg liegt außerdem ein verwunschen-schöner Steinbruch:
Einst soll hier ganz in der Nähe Ritter Georg von Frankenstein mit einem Drachen gekämpft haben. Der Lindwurm hatte die Menschen im Beerbacher Tal in Angst und Schrecken versetzt. Nur mit der Braut des Ritters als Opfer hätte dem Treiben ein Ende gesetzt werden können. Doch Georg besiegte das Ungetüm. Im Todeskampf spritzte der Drache allerdings Gift in das Knie des Ritters. So starb nicht nur das Tier, sondern auch der Ritter. Aus Gram über den Tod des Geliebten starb  am Ende auch die Braut. Ein steinerner Lindwurm erinnert heute noch an das Geschehen. Er „wacht“ ganz in der Nähe des Steinbruches direkt über dem Spielplatz „Lindwurmanlage“.

 

 

Nieder - Beerbach

Vom Parkplatz fährt man dann auf der anderen Seite des Bergs hinab. Man kommt nach Nieder-Beerbach. Hier soll eine Vorgängerburg der Burg Frankenstein gestanden haben. Man fährt durch das Dorf und trifft auf einen Brunnen, der den Namen der Gemeinde Mühltal darstellen soll. Dort geht es links ab bis zur die Dorflinde. Hier tagte 1581 bis 1815 das Haingericht. Unter der Linde im Erdreich war das Gefängnis, die sogenannte „Betzenkammer“, die später zugeschüttet wurde. Oben am Hang steht die Kirche mit dem gotischen Torturm, in der  noch Grabmäler der Frankensteiner vorhanden sind. Zurück durch den Ort fährt man in Richtung Ober-Beerbach, biegt aber rechts ab in Richtung Seeheim (Fortsetzung seihe dort).

 

 

Bickenbach

Von Pfungstadt fährt man in Richtung Seeheim-Jugenheim. Gleich hinter der Autobahn geht es rechts nach Bickenbach. Der Ort trägt den Namen nach einem einflußreichen Geschlecht, das hier im 11. Jahrhundert seine Burg erbaute. Unter Landgraf Ernst Ludwig von Hessen-Darmstadt (1688 - 1739) erstand hier wieder ein Schloß, eines der zahlreichen Jagdschlösser, mit denen er seiner ausgeprägten Jagdleidenschaft fröhnte. Die Anlage ist eine der weitläufigsten in Hessen und ist stark verändert noch erhalten. Sie steht dort, wo die Straße nach rechts abknickt und in den Ort hineinführt. Heute ist in dem Schloß das Rathaus untergebracht.

Das älteste Bauwerk Bicken­bachs, das „Kolbsche Haus“ (erbaut im Jahre 1583 ) wurde

renoviert und beherbergt heu­te das Heimatmuseum, das im Rahmen von Sonderausstel­lungen immer neue Aspekte Bickenbachs bzw. der gesam­ten Region zeigt.

Jagdschloß, Kaiserstein und alte Fachwerkhäuser erinnern an die Geschichte. Die Frei­zeitanlage Erlensee, Spazier­wege, Bücherei, Kegelanlagen und Schießsportanlagen laden heute zur sportlichen Betäti­gung ein. In Bickenbach gibt es auch die Reste einer Turmburg („Motte“), die hier auf einem hoch aufgeschütteten Hügel stand.

 

Sumpfbrücke:

Etwa drei Kilometer westlich von Bickenbach in der Gewann „Schifflache“ zwischen Neuhof und Harterau gab es eine 300 Meter lange hölzerne Sumpfbrücke an der Straße von Gerns­heim über Eberstadt nach Dieburg, aus dem Jahre 145 nCh bis etwa 200 nCh, die dann 1967 - 

1976 weitgehend aufgenommen und teilweise ausgegraben wurde. Sie überquert hier an der im weiteren Umkreis engsten Stelle des Sumpfes einen vermoorten Arm des Alt-Neckars und liegt im Zuge der für das 2. Jahrhundert gesicherten römischen Straße von Gernsheim über Darmstadt-Eberstadt nach Dieburg. Die ursprünglich mindestens 300 Meter lange Brücke konnte auf einer Länge von 225 Metern nachgewiesen werden. Sie bestand aus 4,5 Meter breiten Jochen aus je drei Eichenpfählen von etwa 5 Meter Länge und 25 bis 40 Zentimeter Durchmesser; die Jochabstände betrugen 3 Meter. Einige Pfosten zeigten Spuren der Verzapfungen. Nach der dendrochronologischen Untersuchung ergab sich ein Baubeginn im Jahr 145  nCh (± 5 Jahre).

Wie zahlreiche Reparaturen an da Jochen zeigen - ein Pfosten wurde 20 Jahre später erneuert - hatte das Bauwerk längere Zeit Bestand. Gegen Ende des 2. Jahrhunderts oder etwas später geriet die Brücke in Verfall. Eine horizontale Lage von Hölzern wurde auf die Mooroberfläche aufgebracht und durch Bedeckung mit einer Kiesschicht ein Straßendamm hergestellt. Eine unter dieser Schicht gefundene, zwischen 176 und 180 nCh geschlagene Münze gibt hierfür einen terminus minus post quem. Auf ein noch späteres Datum könnte eine im Randbereich unter der Schüttung gefundene Fibel aus dem 4. oder 5. Jahrhundert weisen, doch muß mit der Möglichkeit einer nachträglichen Verschleifung der Deckschicht gerechnet werden.

Vorgänger dieser Brücke war eine Konstruktion aus etwa 15 Zentimeter starken Eichenpfählen, die ihrerseits Nachfolgerin einer aus Weichholzpfählen errichteten Brücke war. Bei den Grabungen kamen, meist im westlichen Randbereich, zahlreiche Funde zutage, darunter 11 Münzen und 11 Fibeln, unter ihnen eine Fibel mit Trompetenkopf mit engen Parallelen in Britannien. Das Fundmaterial setzt in frühvespasianischer Zeit ein.

Die sehr zahlreiche Keramik dieser frühen Periode entspricht etwa dem durch die Anlage des Kastells Groß-Gerau repräsentierten Horizont und reicht damit in die älteste Zeit der römischen Okkupation dieses Gebietes zurück. Bei diesen Funden handelt es sich sicher nicht um die Hinterlassenschaft einer Ansiedlung der einheimischen Bevölkerung - nur wenige germanische Scherben kamen zutage - und auch die Annahme, daß in dieser ersten Zeit der römischen Besetzung hier Jahre später eine Zivilsiedlung ohne militärischen Schutz entstand, ist wenig wahrscheinlich. Einige Funde, wie ein Dolch- oder Schwertscheidenbeschlag, das Fragment eines Panzerhakens und auch die  häufig in militärischem Zusammenhang begegnenden Lunula-Anhänger und Ziernägel geben Hinweise auf die Existenz eines Militärpostens in unmittelbarer Nachbarschaft, dessen Funktion die Sicherung des Moorübergangs gewesen sein dürfte.

 

 

Seeheim (nördlicher Ortsteil):

Von Nieder-Beerbach kommend fährt man die Straße nach Seeheim hinunter. Links geht es ab zum Lufthansa-Schulungszentrum. Dort fährt man auf dem Parkplatz so weit hinauf, wie es geht.

 

Tannenberg:

Nach links geht ein steiler Fußweg hinauf zur Ruine Tannenberg (lauf steinernem Wegweiser 20 Minuten). Eine Brücke führt über den Burggraben, man geht halb um die Burg herum und dann nach rechts hinauf zum Hauptbau der Burg. Das älteste Gebäude ist der Münzenberger Bau, der um 1232 von Ulrich I. von Münzenberg erbaut wurde. Davor liegt eine Steinkugel, die aber wahrscheinlich aus Worms stammt. Die Burg wurde 1239 als adeliger Wohnsitz erwähnt und im Laufe der Erbteilungen ständig vergrößert. Sie hat einen Brunnen und eine Zisterne. Von ihr hat man einen schönen Blick auf Seeheim und den Melibokus.

Ihren Namen hat sie nicht von üppigen Tannenbeständen auf dem Berg erhalten. Wie meist kommt er von dem Namen eines Geschlechtes. In diesem Fall war es ein Godebold von Tanne­berc, der 1254 bei einer drohenden Verpfändung der Anlage  mit seinem Namen bürgte, der Anfang vom Ende der in finanzielle und Erbschwierigkeiten geratenen Burg.

Ungemein liebevoll muß es in den Anfängen der Burg unter den Herren von Hagen, den späteren Münzenbergern, zugegangen sein. Da schwört Konrad I., eine Fahrt ins Heilige Land zu unternehmen, wenn sein Weib Anneels von einer Krankheit gesunde. Er gerät als Sklave eines türkischen Herrn in Gefangenschaft, während Anneels Jahr um Jahr auf die Rückkehr ihres Gemahls wartet. Schließlich nimmt sie ihre Harfe, verkleidet sich als Jüngling und segelt zum Hof des Fürsten. Mit ihren Harfenklängen betört sie den Herrscher und hat dafür jeglichen Wunsch frei. Dadurch  kommt ihr Mann frei.

Als die Burg zum Raubritternest geworden war, wurde es von einem Landfriedensheer 1399 ausgehoben und bis auf den Grund zerstört. Dabei machte eine Frankfurter Büchse von sich reden. Sie wog siebzig Zentner, und man brauchte zwanzig Pferde, um sie fortzubewegen. Sie beinhaltete Steinkugeln von 52 Zentimeter Durchmesser und 170 Kilogramm Gewicht. Mit achtzehn Pfund Pulver je Schuß aufgeladen, brachte sie Festungsmauern zum Wanken.

Am 21. Juli 1399 entschied sie das Schicksal der Burg Tannenberg. Hier hat sich Hartmut von Kronberg, ein Anteiliger der Zwölfer-Besitzergemeinschaft der Burg, mit 62 verwegenen Spießgesellen festgesetzt, aus 340 Meter Höhe die Bergstraße „kontrolliert“, indem Kaufleute, die aus der Schweiz und dem Elsaß gen Frankfurt zur Messe zogen, überfiel, beraubte, einsperrte und Lösegeld forderte.

Um diesem Treiben Einhalt zu gebieten, schlossen sich der Erzbischof von Mainz, der Pfalzgraf und das Landfriedensheer mit Frankfurt, Trier, Worms, Speyer und anderen Freien Reichsstädten zusammen, um das Raubnest auszuheben. Die ersten Angriffe der Belagerer wurden abgeschlagen, zur großen Verwunderung schossen die Burgmannen mit Blei, verteidigten sich also mit einer bis dahin in Deutschland unbekannten Handfeuerwaffe. Doch die Frankfurter Büchse entschied den Kampf. Damit ist die Tannenburg, soweit bekannt, die erste Burg, die durch Schießpulver zerstört wurde.

Aus archäologischem Interesse ließ 1848 Großherzog Ludwig III. die Burg ausgraben und fand in seinem „Pompeji der Bergstraße“ einen Raum, der vollständig mit Beute aus Raubüberfällen angefüllt war, darunter eine Handfeuerbüchse aus Bronze, die älteste in Deutschland (heute im Museum in Nürnberg).

 

Rückweg:

Der Rückweg führt zunächst auf der anderen Seite ein Stück den Berg hinunter. Dann gibt es zwei Möglichkeiten. Die eine führt in einem großen Bogen nach Osten (Odenwald, Seite 52; Wochenende, Seite 11). Mit dem weißen Doppelstrich geht es inks abwärts, an der Sophienhütte vorbei bis zum Zusammentreff mit dem gelben F. Wer sich laben möchte, kann von dieser Stelle der Ausschilderung folgend einen Pfad zur Friedensquelle hinuntersteigen. In bisheriger Wanderrichtung geht es weiter bis zur nächsten Kreuzung im Buchenhochwald, „Märchenteich 2 km“ heißt es da und Brunnenweg, markiert mit den örtlichen Ziffern 17 und 18. Märchenteich, eine Überraschung mitten im Wald. Eigentlich sind es zwei idyllische Teiche, im unteren eine kleine baumbestandene Insel. Vom linken Ufer laufen wir mit dem roten S abwärts zur Straße Seeheim-Oberbeerbach, nach links entlang bis Abzweigung Schulungszentrum Lufthansa.

 

Die andere Möglichkeit führt westlich um den Berg herum. An einer Weggabelung geht es nach links zum Alexandertempel. Man geht aber rechts weiter zum Schulungszentrum. Dieser Westhang des Tannenberges einschließlich des Lufthansageländes war Teil des riesigen Goldschmidt-Parks, der die gleichnamige Ville umgab (Erstbau 1870), die heute ein Restaurant mit Aussichtsterrasse ist. Den Namen erhielten Park und Villa nach Dr. Karl Goldschmidt, dem vierten und letzten privaten Eigentümer. Er erwarb der beides im Jahr 1913 und ließ sie geradezu fürstlich erweitern und ausgestalten. Heute gehört er der Stadt Seeheim.

 

Elsbacher Mühle:

Man fährt wieder hinunter und nun weiter in Richtung Seeheim. Links liegt die kleine Elsbacher Mühle, an der kurioserweise das Wasser aufwärts fließt. Dann fährt man weiter in die Stadt.

 

Schloß Seeheim:

Nach Norden geht die Schloßstraße ab. Hier liegt das Schloß Seeheim. Bereits 1791 wurde ein Haus mit Park angelegt, das im 19. Jahrhundert von den Großherzögen von Hessen - Darmstadt umgestaltet wurde. Nach verschiedenen Nutzungen im 20. Jahrhundert wird das Schloß seit 2002 von einem Investor saniert und die Gartenanlage teilweise rekonstruiert.

 

Altes Rathaus:

Dann geht es direkt auf das Alte Rathaus zu. Es ist von 1599 und hat ein Uhrtürmchen, davor steht der Floriansbrunnen. Hier hat  das Heimatmuseum seinen Standort, in dem auch das Modell der Burg Tannenberg zu sehen ist. Das Pfarrhaus, in dem Tilly übernachtete, ist aus dem Jahre 1592.

Man fährt bis zur Alten Bergstraße und biegt links ab auf die Straßenbahnschienen. Nach links geht es zum Neuen Rathaus, und zu der dahinter liegenden Laurentiuskirche. Man biegt aber recht­­­zeitig nach rechts ab und dann nach links wieder auf die Bergstraße Richtung Alsbach-Hähnlein.

 

 

Jugenheim (Süd: Heiligenberg)

Wenn man von der Autobahn kommt fährt man geradeaus über die Bergstraße in Richtung Balkhausen. Man biegt aber noch nicht am Wegweiser „Schloß Heiligenberg“ ab, sondern erst eine Straße weiter oben an der Gaststätte „Zur Krone“ nach links. Man kommt zu einem fein herausgeputzten Fachwerkhaus auf der rechten Seite. Es ist das alte Rathaus mit einem Brunnen davor. Links steht die ehemalige Kellerei der Grafen von Erbach mit einem tiefen Keller, seit 1852 Forstamt.

Rechts vom Rathaus geht es durch ein Eisentor mit der Inschrift „Schloß Heiligenberg“ in einen Park. Dort geht es links weiter an der „Bergkirche“ vorbei, der evangelischen Pfarrkirche Jugen­heims. Oberhalb der Kirche geht man den gut ausgebauten Weg halblinks hinauf zum Schloß Heiligenberg.  Die Schloßverwaltung bittet darum, Parkplätze im Ort, „Am Nonnenbrünnchen" im Balkhäuser Tal oder oberhalb des Restaurants „Brandhof" im Stettbacher Tal zu  nutzen. Der Fußweg  dauert  jeweils etwa. 15 - 20 Minuten.

(Der Weg nach links führt zunächst leicht abwärts ins Stettbachtal, dann wieder aufwärts und dann hinunter zum Brandhof, der aber nur ein modernes Hotel ist. Mit der weißen 5 im Kreis geht es im großen Rechtsbogen am Waldrand entlang. An der Wegekreuzung, vor der markanten Kaiserbuche, geht es weiter mit der weißen 4. Nach dem Rechtsknick am Talhof ist man bereits im Balkhäuser Tal kommt. Man bleibt auf dem breiten Hangweg - nicht der Spitzkehre der gelben 4 nachgehen! - auch wenn die weiße 4 seltener auftritt, und gelangt direkt aufs Schloßgelände des Heiligenbergs, Odenwald Seite 14).

 

Die Anlage „Schloß Heiligenberg“ wurde ursprünglich 1814 als Landgut vom hessischen Hofkammerrat August Conrad  Hofmann  erstellt. Wer an einem sonnigen Tag die herrliche Anlage um das Schloß bei Seeheim-Jugenheim besucht, wird an Italien oder Südfrankreich erinnert. Das schlichte weiße Gebäude mit den grünen Klappläden und den beiden Vierecktürmen  wurde 1827 von  Prinzessin Wilhelmine aus dem Hause Hessen-Darmstadt gekauft. Sie ließ es 1830 im klassizistischen Stil von dem Darmstädter Oberbaudirektor Georg Moller umbauen. Eine vierflügelige Anlage mit Innenhof entstand, die Proportionen blieben aber eher bescheiden. Unter der Regie des Schwetzinger Gartenbaudirektors Zeyher ließ Wilhelmine den Heiligenberg in einen englischen Landschaftsgarten verwandeln. Auch ihre Liebe zu Rosen fand hier ausreichend Gestaltungsraum.

Heiligenberg wurde ihr Lieblingsschloß. Nach dem frühen Tod der Großherzogin im Jahr 1836 ging das Schloß an ihre jüngsten Kinder Alexander und Marie über. Die Anlage erhielt nach mehreren Um- und Anbauten ihre jetzige repräsentative, nachklassizistische Vierflügelform zwischen 1863 und 1877.

Das Schloß beherbergte bald berühmte Gäste: Wilhelmines Tochter Marie heiratete den späteren russischen Zar Alexander II, und im Sommer kam das Paar häufig zu Besuch. Hausherr wurde nach Wilhelmines Tod ihr Sohn Prinz Alexander von Hessen, der die bürgerliche Julie von Hauke heiratete. Für die Zarenfamilie stattete die Main-Neckar-Eisenbahngesellschaft den Bicken­bacher Bahnhof mit einer Empfangshalle aus, die nur von hohen Gästen betreten werden durfte.
Das Hofgefolge brachte viel Geld nach Jugenheim, und prächtige Villen entstanden.

Doch die Angst vor Attentaten wuchs, und die Polizei versetzte den kleinen Ort immer häufiger in eine Art Belagerungszustand. Im Jahr 1881 wurde Zar Alexander II.  in Petersburg ermordet. Marie war bereits ein Jahr zuvor - von ihrem Gatten betrogen und vereinsamt - gestorben. Ihr Bruder starb 1888, dessen Frau Julie 1895. Sie wurden in einem kleinen Mausoleum an der Spitze des Heiligenbergs beigesetzt.

Nach Jahren eines regelrechten Dornröschenschlafes hat die 2007 ins Leben gerufene „Stiftung Heiligenberg Jugenheim" damit begonnen, Schloß und Park mit neuem Leben zu füllen; im Schloß wurde ein Trauzimmer und eine sich regen Zuspruchs erfreuende Gastronomie eingerichtet, für die Parkanlagen ein Gutachten und Pflegewerk in Auftrag gegeben. Im Russenbau, einem Häuschen, das für die Bediensteten der Zarin Marie, Alexanders Schwester, errichtet worden war, hat die Stiftung 2014 ein kleines, aber sehenswertes Museum über die Geschichte des Heiligenberges und der Battenberger eröffnet.  Das Schloß gehört heute dem Land Hessen und wird als Lehrerfortbildungsstätte genutzt. Von der Bank über dem Springbrunnen hat man einen schönen Blick auf die Rheinebene.
Heute präsentiert sich das Schloß als Kleinod, das regelmäßig für Familienfeiern und Konzerte, Vorträge und Sitzungen genutzt wird. Im Sommer wird die „Juremer Kerb“ hier eröffnet, und im Dezember findet ein stimmungs- voller Weihnachtsmarkt statt. Die Parkanlagen werden Stück für Stück wiederhergestellt, jenseits des Teiches lockt der Kreuzgarten mit der von Wilhelmine romantisch umgestalteten Klosterruine und der 800jährigen Centlinde. Das Schloß ist geöffnet von  11 bis  17.30 Uhr, Führungen gibt es  nach Bedarf

 

Vom Schloß geht man wieder etwas nach unten und an dem Teich links nach oben mit dem Zeichen „B“ für „Burgenweg“. Bald ist man an der künstlichen Kirchenruine, die die Großherzogin Wilhelmine auf  den Fundamenten  eines um 1230 gegründeten Klarissenklosters erbauen ließ, das jedoch schon 1413 aufgelöst wurde und von dem nichts erhalten ist.
Dahinter beginnt ein umzäunter Garten, dessen Tor verschlossen ist. Man sieht aber die uralte Zentgerichtslinde,  die durch Eisenstützen zusammengehalten wird. Sie wurde schon 1447 genannt und ist der letzte Vertreter des über Jahrhunderte hier ansässigen Haingerichts ist. Diese schmale Bergzunge ist historisch gesehen der älteste Teil des Heiligenbergs.

Dahinter steht das 1894 errichtete Mausoleum des 1888 verstorbenen Sohnes der Großherzogin Wilhelmine, des Prinzen Alexander von Hessen. Prinz Alexander begründete die Linie Battenberg-Mountbatten, zusammen mit Julie von Haucke, Hofdame seiner Schwester, aufgeadelte Prinzessin von Battenberg. Weil die Hochzeit mit einer  Bürgerlichen damals nicht möglich war, ernannte man Julie zur Gräfin  von  Battenberg, weil das Geschlecht der Battenberger in Nordhessen längst erloschen  war. Aus dieser Familie stammt Prinz Philipp, der Mann  der  britischen Königin Elisabeth  II. Das Geschlecht nannte sich in England  zunächst „Mountbatten“, aber im Ersten  Weltkrieg  wollte man die deutsche Herkunft verschleiern  und  nannte  sich fortan „Windsor“.

Neben dem Mausoleum leuchtet das in Erinnerung an Wilhelmine errichtete Goldene Kreuz, das diesem Teil des Parks auch seinen Namen „Kreuzgarten“ gegeben hat.  Die Kinder der Großherzogin ließen es im Jahre 1866 zum Gedächtnis der 1866 verstorbenen Fürstin errichteten. Am 29. Mai 2016 wurde das 150. Jubiläum gemeinsam von der Stiftung Heiligenberg Jugenheim und dem Verkehrs- und Verschönerungsverein Jugenheim, sowie der evangelischen und der katholischen Kirchengemeinde gefeiert. Vom Standort dieses Wahrzeichen Jugenheims aus, einem Lieblingsplatz der Großherzogin, hat der Betrachter einen herrlichen Blick in die Ebene, von der Pfalz über Rheinhessen bis hinauf in den Rheingau.  Wenn man weiter um den Zaun herum geht, kommt man zu einer großen Wiese. Von dieser Stelle streift der Blick auf Taunus, Hunsrück, Donnersberg, den Wormser Dom und die Katharinenkirche von Oppenheim.

Der Abstieg erfolgt entweder auf dem gleichen Weg wie beim Aufstieg oder die Teerstraße hinunter (eine Schranke verwehrt dem Unberechtigten die Auffahrt zum Schloß) zur Kirche und durch die Louis-Mountbatten-Straße zum alten Rathaus.

Wenn man die Straße am Rathaus weiter fährt kommt man ins Stettbacher Tal. Es führt hinauf nach Ober-Beerbach. Dort fährt man weiter nach Schmal-Beerbach  Dort nicht nach rechts nach Staffel und Balkhausen, sondern erst einmal links und dann nach rechts nach Beedenkirchen und weiter nach Reichenbach und Bensheim-Schönberg.

 

 

Alsbach-Hähnlein

Aus Richtung Seeheim-Jugenheim kommt man zum Bürgerhaus und zum Gasthaus „Zur Sonne“, an deren Ostseite sich eine Gedenkstätte für die jüdischen Einwohner befindet.

 

Hinkelstein:

Rechts geht es ab in den Weilerweg und von diesem links ab in die Straße „Am Hinkelstein“.

Unmittelbar westlich neben dem Sportplatz steht ein Menhir, der auch Hünen- oder Hühnerstein genannt wurde und im Volksmund zum „Hinkelstein“ wurde. Er ist eines der ältesten Kulturdenkmäler des Landkreises Darmstadt-Dieburg

Peter Keller schreibt am 21.12.2015 im „Darmstädter Echo“: Vor nicht allzulanger Zeit fand der viertausend Jahre alte Menhir seinen Weg zurück ins kollektive Gedächtnis. Seither dient der 67 Zentner schwere Kaventsmann als Namensgeber für alle Arten von Neubauten: Schule am Hinkelstein! Straßenbahn-Endhaltestelle am Hinkelstein! Und ganz aktuell: Hinkelsteinhalle!

Der Begriff Menhir leitet sich ursprünglich aus dem bretonischen ab:„Maen hir“ bedeutet dabei „langer Stein“. In Thüringen wurden die Findlinge zum „Hünenstein“. Mit Hünen waren vorzeitliche Riesen gemeint, denen zugetraut wurde, die schweren Kolosse transportieren zu können. Aus „Hünenstein“ wurde jedoch mit der Zeit „Hühnerstein“. Und weil Hühner im Volksmund auch „Hinkel“ genannt werden, war es zu „Hinkelstein“ nicht mehr weit. Der Name beruht also dem Grunde nach auf einem Mißverständnis.

Der Monolith aus der jüngeren Steinzeit (2000 vor Christus) ist drei Meter lang und ragt er jetzt noch 1,56 Meter aus dem Boden, ist 1,03 Meter breit und 47 Zentimeter dick. Er besteht aus Malachit, einem seltenen plutonischen Ganggestein, das durch Vulkanismus entstand.

Dabei wäre das Kulturdenkmal im 19. Jahrhundert in der Versenkung verschwunden. Denn 1812 ließ der Darmstädter Hofkammerrat August Konrad von Hofmann unter dem Stein graben. Dabei wurde zwar nichts zutage befördert. Allerdings war der Untergrund danach so instabil, daß der Hinkelstein umfiel und kurzerhand eingegraben wurde.

Zum Glück notierte der Besitzer des Ackers - Landwirt Adam Dörr - genau die Stelle, wo „der Stein, den man nennet Hinkelstein“ versenkt wurde. Mit diesen Angaben konnte der Historische Verein für Hessen im Jahr 1866 den Menhir an der alten Stelle wieder aufstellen. Im Jahr 1887 wurde eine Inschrift feierlich enthüllt. Allerdings steht er nicht mehr ganz genau auf der altenStelle, aber ziemlich genau.

Spezialist für den Hinkelstein ist Peter Lähn, Am Hinkelstein 6, ein Lehrer. Er hat sich die Mühe gemacht, betriebswirtschaftliche Berechnungen anzustellen. Er geht davon aus, daß der Stein erst im Steinbruch gebrochen werden mußte. Er stammt aus dem Luftlinie rund zwei Kilometer entfernten Steinbruch am Luciberg zwischen Zwingenberg und Melibokus. Dort mußten erst Löcher gebohrt werden, um den Stein abzusprengen. Etwa fünf Leute waren nötig, um den rund 3,5 Ton­nen schweren Stein fortzubewegen (Gewicht aufgeteilt auf fünf Personen). Dazu legte man ihn auf Holzschienen und hebelte ihn jeweils etwa zehn Zentimeter weiter (mit einfachem Hebel oder Doppelhebel in der Übersetzung 1 : 10). Die Schienen waren notwendig, weil sonst sowohl Stein als auch Hebel im Sand versunken wären.

In der damaligen Jungsteinzeit rechnet man mit nur fünf Familien im Bereich zwischen Eberstadt und Zwingenberg. Diese hatten natürlich ihre übliche Arbeit und konnten nur zeitweise an dem Stein arbeiten. Fünf Erwachsene dürften demnach neun Monate für die Hinkelstein-Lieferung gebraucht haben. Das war sicher eine Knochenarbeit. Und schließlich mußte der Stein auch noch exakt aufgerichtet werden. Lähn schätzt die Kosten für den Hinkelstein ab, wenn an die Arbeitsstunden im Haushalt einer Gemeinde mit den Kosten für einen Außendienstarbeiter einplanen würde. Er kommt auf 5 Millionen Euro.

Die Frage erhebt sich natürlich: Warum tut man so etwas, wenn es nicht von existentieller Bedeutung ist? Darauf gibt es eine einfache Antwort: Der Menhir ist nicht eine Grenzmarkierung wie die anderen „Hinkelsteine“, sondern er ist ein Kalenderstein wie die Anlage auf dem Glau­berg in der Wetterau oder in Stonehenge in England.

Mit Hilfe dieses Steins konnte man die Wintersonnenwende exakt bestimmen und hatte damit einen gewaltigen wirtschaftlichen Vorteil gegenüber den Nachbarn, denn mit diesem Wissen konnte man das Futter für die Tiere viel genauer bis zum Frühjahr einteilen und waren nicht mehr nur auf das Wetter abgewiesen.

Wer zu Sonnenaufgang über die Spitze des Brockens auf die Bergstraße peilt, stellt fest, daß sich am Tag der Wintersonnenwende (21. Dezember) der Menhir in Deckung mit dem Melibo­kus befindet. Zur Tag- und Nachtgleiche (23. März und 21. September) geht die Sonne über dem Dars­berg auf. Bei der Sommersonnenwende (21. Juni) geht sie über der Alexanderhöhe auf. Doch dazu mußte zum Beispiel am 21. Dezember um 9.40 Uhr die Sonne scheinen, damit man sie über dem Hang des Odenwalds aufgehen sah.

Durch den täglich wandernden Schatten des Hinkelsteins konnte man dann bei Sonnenaufgang den Abstand bis zum Frühling bestimmen. Dazu war allerding die Hügelkette der Bergstraße notwendig. Wissenschaftlich durchgeführte Nachmessungen haben das bestätigt. Der Kalender soll bis in die Römerzeit genutzt worden sein. So wurde es auch ab 1978 auf einer Panoramatafel beschrieben, die die Silhouette der Odenwaldhöhen zeigte. Im Jahre 2004 wurde sie abgebaut, weil sie immer wieder beschädigt und beschmiert wurde. In der Folge verschwanden auch die den Stein umgebenden Hecken, um Vandalismus vorzubeugen. Derzeit stehen zwei Bänke vor der kleinen Anlage, von denen aus der Blick über den Kalenderstein auf die Bergstraße schweifen kann.

Der Alsbacher Hinkelstein war also kein Teil eines Megalithgrabes und auch keine Kultstelle zur Götterverehrung. Er diente allein der Bestimmung des jahreszeitlichen Natural­laufs, ist aber deshalb ein umso bedeutenderes Kulturdenkmal.

Die nahegelegene Hinkelsteinschule könnte über den Stein auf ihrer Webseite informieren und ihn auch einmal zum Gegenstand einer Projektwoche machen, mit Ausflug zum Steinbruch, Messung und Berechnung des Gewichts, Fotografien, Zeichnungen zum Sonnenstand, geschichtliche Dokumente, usw.

 

Wieder zurück auf der alten Bergstraße fährt man nach Süden. Wenn man links abbiegt in Richtung Alsbacher Schloß, kommt man zunächst zur Kirche. Sie ist 1604 entstanden und hat an den Emporen bäuerliche Malereien von 1628.

 

Jüdischer Friedhof:

Wieder zurück auf der alten Bergstraße fährt man jetzt geradeaus in Richtung Hähnlein und dann einmal rechts auf die neue Bergstraße. Gleich links liegt der jüdische Friedhof. Man fährt an ihm vorbei und dann nach links in die Straße „In der Pfarrtanne“. Am Aldi oder Lidl kann man parken. Zwischen den Wohnblocks hindurch geht es zum heutigen Eingang des jüdischen Friedhofs.

In Hessen gibt es etwa 350 jüdische Friedhöfe. Etwa 60 davon haben Steine aus der Zeit vor 1800. Alle Friedhöfe wurden 1938 beschädigt, die Steine zum Teil umgetreten, zum Teil aber auch zerschlagen und abgeräumt. Etwa 50 dieser Friedhöfe sind Sammelfriedhöfe. Dazu gehören Altengronau (der schönste jüdische Friedhof in Hessen), Birstein, Eckartrod, Großen Linden, Groß Gerau, Dieburg, Michelstadt und Offenbach-Bieber. Auch zwischen Burghaun und Eschwege findet sich eine große Zahl solcher Sammelfriedhöfe. Diese reichen bis ins späte Mittelalter zurück. Sonst gibt es große Friedhöfe vor allem in den Städten wie Worms, Mainz, Frankfurt und Hanau.

Der Sammelfriedhof für den Raum südlich von Darmstadt war Alsbach. Er ist der größte Landfriedhof in Hessen und hat 2.128 Steine. Die Texte sind alle abgeschrieben und übersetzt worden und in einem Buch von Dr. Heinemann und Frau Wiese dokumentiert worden. Der Friedhof wurde 1616 gegründet, wie aus dem Gerichtsbuch von Alsbach hervorgeht. Zwei Jahre vorher waren die Juden aus Worms vertrieben worden. Der älteste erhaltene Stein ist von 1682.

Es gibt etwa 20 bis 30 Familien, deren Angehörige 350 Jahre hier beerdigt wurden und deren Grabsteine erhalten sind. Es sind bis zu 50 Angehörige aus einer Familie, deren Steine auf diesem Friedhof zu finden sind.

Hier wurden Juden bestattet aus dem Raum zwischen Pfungstadt und Heppenheim und vom Rhein bis zur Bergstraße. Es bestand eine Friedhofsgemeinschaft zwischen 14 jüdischen Gemeinden in 32 Orten. Im Umkreis von etwa 25 Kilometern hat sich keine jüdische Gemeinde einen eigenen Friedhof zugelegt, der Friedhofsverband hat also funktioniert. Die größte Gemeinde, die in Alsbach beerdigt, ist Pfungstadt.

Die Akten dieses Verbandes sind allerdings nicht erhalten, aber vieles läßt sich aus anderen Quellen erschließen: Die Mauer wurde 1743 errichtet, der Vertrag ist noch erhalten und auch der Grabstein des beim Bau Verantwortlichen. Im 18. Jahrhundert gab es drei Erweiterungen und auch Mitte des 19. Jahrhunderts noch einmal drei Erweiterungen. Ein Personenstandsregister gibt es seit 1876 und ein Beerdigungsbuch ab 1889, von dem noch eine Abschrift erhalten ist. Eine Friedhofsordnung mit Verweisen auf ältere Vorschriften gibt es seit dem Jahre 1881.

Es gab eine Beerdigungsbruderschaft, von der noch vier Pokale erhalten sind. Drei davon stehen im jüdischen Museum in Berlin. Der schönste (Silber-) Pokal wurde für 60.000 Dollar von einer Privatperson in Israel gekauft. Auf diesem Pokal stehen 60 Namen von Mitgliedern der Bruderschaft, von denen zwei Drittel auf den Inschriften der Grabsteine wiederzufinden sind. Der Mann mit der Krone ist der Stifter des Pokals, zu dem auch noch ein komplettes Tafelgeschirr gehörte.

Es gab damals wahrscheinlich drei Beerdigungsbruderschaften in Alsbach, Heppenheim und Lorsch (die beiden letzten Orte gehörten zu Kurmainz). Es gab Festmahle, bei denen man aus dem Pokal trank. Diese Vereine hatten aber auch noch andere soziale Aufgaben. Sie wurden vor allem von den wohlhabenderen Gemeindegliedern gebildet. Es mußte zwar jeder an den Beerdigungsverband einen Beitrag zahlen (man war fast Zwangsmitglied), aber dafür wurde auch die Beerdigung besorgt und der Stein gesetzt.

Der Friedhof ist der orthodoxen Richtung des Judentums zuzurechnen. Im 19. Jahrhundert gibt es zum Beispiel keine barocken Formen der Grabsteine mehr. Die Inschriften sind zunächst nur auf Hebräisch verfaßt. Ab 1850 tragen einzelne Steine auf der Rückseite deutsche Inschriften. Während dabei der hebräische Name zum Beispiel „Mordechai, Sohn des Isaaks“ lautet, ist bei der deutschen Inschrift der bürgerliche Name „Max Bendheim“ angegeben (Man muß dabei beachten, daß sich die deutsche Inschrift auf der Seite der Grablege befindet, die eigentliche - hebräische - Inschrift aber auf der Außenseite des Grabes. Dadurch wurde verhindert, daß man über die Grabstellen läuft).

Auf liberalen Friedhöfen paßte man sich mehr den Sitten der übrigen Bevölkerung an: Die Gräber wurden mit Steinen oder Eisenzäunen eingefaßt, es gab mehr deutsche Inschriften und notfalls errichtete man eine Mauer zwischen dem orthodoxen und dem liberalen Teil des Friedhofs. Davon ist in Alsbach nichts zu spüren. Hier hat man die hebräische Schrift an den Außenseiten der Grabsteine durchgehalten.

Es handelt sich um einen Friedhof für die Landbevölkerung. Das sieht man schon daran, daß die Steine nicht so prunkvoll gestaltet sind wie etwa das Rothschild-Grab in Frankfurt. Es finden sich (anders als in Hanau) kaum sogenannte „Hauszeichen“ (außer den Händen für die Priester und der Wasserkanne für die Leviten).

Man sieht es aber auch an der Art der Leute, die hier beerdigt wurden: Es gibt nur das Grab eines berühmten Rabbiners und noch einige andere bedeutende Leute. Aber es gibt Gräber der Vorfahren berühmter Leute, die ausgewandert waren und anderswo Erfolg hatten: Die Familie Oppenheimer kam aus Reichenbach im Odenwald und die Familie Hochschild (die Blei in Bolivien gefördert hat) aus Biblis. Die Großeltern der aus Mainz stammenden Dichterin Anna Seghers kamen aus Auerbach (und vorher aus Alzheim in Rheinhessen). Die Familie Guggenheim stammt aus der Schweiz, aber ein Mitglied ist auch in Alsbach beerdigt mit dem Vermerk, daß er aus der Schweiz stamme.

Im Jahre 1938 wurde der Friedhof geschändet. Dabei waren Hunderte von Leuten zugegen. Ganze Schulklassen mit ihren Lehrern traten hier an, um 600 Steine umzuwerfen. Nach dem Krieg haben die Amerikaner die Steine wieder aufrichten lassen. Allerdings wurden einige Steine so in Beton eingegossen, daß man ausgerechnet die Jahreszahl des Todes nicht mehr sehen kann. Es kam auch nach dem Krieg immer wieder zu Schändungen, zuletzt im Juni 2004 (Hakenkreuze). Auf dem neueren Teil des Friedhofs wurden im Jahre 2000 Steine wieder aufgestellt. Allerdings hat man nicht in jedem Fall auf die richtige Ausrichtung geachtet.

 

Die Gesamtüberwachung für die jüdischen Friedhöfe hat der Landesverband der jüdischen Gemeinden, der für jeden Friedhof einen Beauftragten ernennt. Die Pflege übernimmt die bürgerliche Gemeinde, die Kosten dafür tragen je zur Hälfte das Land und der Bund. Bei größeren Arbeiten gibt es einen Zuschuß vom Regierungspräsidenten.

Der heutige Eingang wurde 1850 geschaffen und nach altem Vorbild 1950 wieder errichtet. Dabei wurde der Schuppen für den Leichenwagen beseitigt. An der Außenseite der Mauer etwa 25 Meter in östlicher Richtung befindet sich ein Trittstein (nicht sehr groß, mit Efeu zugewachsen). Er diente den Angehörigen der „Kohanim“. Diese führen sich auf die Priester der Antike zurück, hatten aber keine priesterliche oder sonstige religiöse Funktion mehr. Die Gräber sind kenntlich an den zwei Händen, die oft gespreizt sind und wahrscheinlich segnende Hände darstellen (nur bei erwachsenen Männern). Diese Gruppe bestand oft aus ganz strengen Juden, die nicht auf den Friedhof gehen durften, weil sie sich dann verunreinigt hätten. Deshalb hat man draußen diese Trittsteine angebracht, damit sie von dort aus besser auf den Friedhof sehen konnten. Deshalb befinden sich diese Gräber vor allem am Rand des Friedhofs.

Der Plan des Friedhofs enthält mit den Buchstaben A, B und C eine ältere Aufteilung und mit den Ziffern 1 bis 9 die Aufteilung von 1890. Seit damals wurde auf allen Feldern des Friedhofs beerdigt.

Wenn man durch das Tor geht, kommt man auf den neueren Teil des Friedhofs. Zunächst befinden sich dort die Plätze der „Kohanim“, vor allem auf Grabfeld 5 auf der rechten Seite. Dahinter liegen dann die Gräber im Grabfeld 6. Hier liegen Verheiratete ab dem Jahre 1867: Jetzt wurden auch Mann und Frau zusammen beerdigt, während es vorher streng der Reihe nach ging.

Vor allem auf der linken Seite bestehen die Grabsteine nicht mehr aus einem Monolith (einem einzigen Stein), sondern aus drei Teilen: Sockel, Stein und Abdeckung. Ab 1880 findet sich auch Basalt und Marmor als Material. Hier findet man auch ein Beispiel, dafür, daß man auf verwitterten Grabsteinen eine neue Grabplatte angebracht hat (Ehepaar Hahn). Ansonsten hat man auch Grabsteine ganz erneuert (und dann mit der Grabnummer des Plans von 1890 versehen).

Man geht dann weiter nach links zum Grabfeld 4. Dies ist der jüngste Teil des alten Friedhofs von 1830 bis 1865 und Kinder von 1800 bis 1860. Hier befindet sich eine große Freifläche, die dadurch entstand, daß man hier die alte Mauer abriß, als man 1860 einen neuen Teil des Friedhofs dazu kaufte. Außerdem befinden sich hier Kindergräber, aber nicht jedes Kind erhielt einen Stein (Es starben ebenso viele Kinder wie Erwachsene). Hier befinden sich an der Außenseite auch Gräber für Durchreisende und Kriminelle.

Es folgt mit Grabfeld 3 der neue Teil des alten Friedhofs von 1800 bis 1850 (die gestrichelte Linie gibt die Grenze seit 1810 an). Ein großer Grabstein ist von Salomon Marx, New York. Er wurde von einem nach Amerika ausgewanderten Sohn errichtet und mußte deshalb geduldet werden, auch wenn er aus der sonst strengen Ordnung des Friedhofs herausfällt. Im 19. Jahrhundert sind viele Juden aus Deutschland ausgewandert. Akten darüber gibt es kaum, aber solche Grabsteine zeugen von der Auswanderung. Der hohe rote Grabstein mit einer ausführlichen deutschen Inschrift gehört zu einem Vorsteher des Friedhofsverbandes, nämlich Anschel Bendheim aus Auerbach. Die hebräische Inschrift ist dabei blumiger als die deutsche („gefallen ist die Krone Auerbachs“)

Im Bereich C sind wieder Gräber des Priesterstammes von 1733 bis 1869. Das Grabfeld 2 ist das alte Feld bis 1810 mit einer großen Freifläche (vielleicht für Kindergräber). In diesem Bereich stehen viele Bäume. Ursprünglich war der Friedhof aber eine Freifläche und trug keine Büsche und Bäume, höchstens einmal einen einzelnen Baum.

 

Der älteste Grabstein steht unter den Eichen in der Nordost-Ecke. Der einzelnstehende Stein ist der Stein des Rabbi Gernsheimer. In der Nähe ist ein Nachfahre beerdigt, der aus Darmstadt stammte, aber weil er sich dort Feinden ausgesetzt sah, in Alsbach beerdigt wurde. Rechts davon stehen die Steine einer Gruppe von Männern, deren Frauen westlich unter einer Eiche beerdigt sind. Weiter östlich steht eine kleine Gruppe von kleinen Steinen mit barocken Formen des 18. Jahrhunderts.

An der östlichen Mauer befindet sich eine Gedenktafel von 1988 an der Stelle, wo das alte Torhaus gestanden hat. Es wurde im Jahr 1850 aufgestockt und dort ein Betraum geschaffen. Aus diesem Grund hat man wohl dieses kleine Gebäude im Jahre 1938 gesprengt. Dabei bediente man sich der Mithilfe von Steinbrucharbeitern. Die Haupttäter wurden nach dem Krieg bestraft wegen Vergehens gegen das Sprengmittelgesetz (nicht wegen Schändung des Friedhofs). Heute sind nur noch einige Fundamente des Torhauses zu sehen. Rechts von diesem alten Tor sind in Grabfeld 1 Kindergräber von 1857 bis 1890.

Auf der Anhöhe an der Südseite des Friedhofs (Feld A) stehen die ältesten Steine vom Ende des 17. Jahrhunderts bis 1730, mit Rosetten und anderen Schmuckformen: Hier sind begraben der Vorsteher der Landjudenschaft und der Mann, der sich um die Mauer um den Friedhof verdient gemacht hat. An der Mauer liegen die Wöchnerinnen von 1750 bis 1886 (Feld B). Westlich von dieser Stelle steht ein breiter Stein mit Aufsätzen links und rechts: Hier ruht ein Ehepaar aus Worms, das einem Raubmord zum Opfer fiel, der in allen Einzelheiten geschildert wird.

Wenn man weiter nach Westen geht, kommt man zu einer Reihe, wo die die Familie Boden­heimer aus Biblis es geschafft hat, diese Reihe für sich allein zu reservieren (sie ist wirklich eine Familie, während der häufig vertretene Name „Bendheim“ verschiedenen Familien zuzuordnen ist).

Dann kommt man wieder zum Hauptweg mit den Ledigen ab 1865 (Feld 8). Die Kinder ab 1873 liegen im Südwesten (Feld 9) erkennbar an den kleineren Steinen (Die kleinen Steine zwischen den großen Steinen in Feld 8 dagegen sind Markierungssteine für die Grabfelder). Dort ist auch eine Fläche für Ostjuden, die nach dem Krieg in einem Lager für „Displaced Persons“ starben und mit ganz anderen Riten beerdigt wurden als die Einheimischen (die Bräuche sind also im Judentum nicht einheitlich). Und schließlich befindet sich hier noch ein schmales Feld für die Wöchnerinnen ab 1881 (Feld 7), die ja auch als unrein galten und deshalb ein eigenes Feld erhielten.

Wenn man den Hauptweg wieder in Richtung Tor geht und am letzten Querweg links abbiegt, kommt man zu den letzten Beerdigungen. Hier stehen auch echte Doppelgrabsteine (vor 1880 gab es nur Doppelgräber, wenn Verwandte innerhalb eines Jahres gestorben waren und deshalb der Stein noch nicht gesetzt war). Es sind auch zwei Soldatengräber aus dem 1. Weltkrieg zu sehen (mit Pickelhaube). Zwei Steine liegen auf der anderen Seite des Weges auf dem Boden. Das sind Bestattungen nach 1938, bei denen man die Steine nur noch liegend verwenden konnte. Die letzte Frau wurde 1941 beerdigt ohne Stein neben ihrem Mann.

Westlich ist noch eine Fläche bis an die Eisenbahn frei. Die Regel, daß jüdische Friedhöfe nicht wieder belegt werden dürfen, ließ sich in Alsbach durchhalten, weil dort Platz war. Die Fläche umfaßt 22.000 Quadratmeter. Der Ort ist etwa einen Kilometer entfernt.

Auf dem Rückweg sieht man noch auf der anderen Seite des Hauptwegs in der zweiten Reihe einen Stein mit einem Vorhang als besondere Schmuckform. Die häufig verwendeten Fortsätze auf den Steinen sind nur eine Schmuckform und haben keine besondere Bedeutung.

 

 

Zwingenberg

Man fährt von Norden in den Ort und biegt nach rechts Richtung Altstadtparkplatz in die „Wiesenpromenade“ ein. Dort kann man auf der linken Seite parken. Entlang dem Bahndamm kommt man in die Scheuergasse und durch diese zum Löwenplatz vor dem Gasthaus „Zum Löwen“. Nach rechts kommt man zum „Schlößchen“, früher Sitz eines Burgmannen, dem heutigen Rat­haus. Von dort läuft man außen an der Stadtmauer entlang und wieder nach links zum Marktplatz mit dem Amtsgericht und den Schulen.

Der Platz wird überragt von der Bergkirche von 1258. Die hochgelegene Kirche war ehemals befestigt und gehörte früher dem Grafen von Katzenelnbogen. Das Treffen von König Rudolf von Habsburg mit Graf Diether V. von Katzenelnbogen im Jahr 1274 in Oppenheim zählt zu den wichtigsten Begebenheiten, die Zwingenbergs Geschichte bestimmt hat. Per Königsurkunde, mit der sich Rudolf beim Grafen für dessen Unterstützung zu Beginn seiner Regentschaft bedankte, ist vor 725 Jahren ein Dorf zur Stadt und damit ein bißchen mächtiger geworden. Deshalb führt die Stadt nur zu gerne den Untertitel „älteste Stadt an der Bergstraße“ und ist ein Kleinod mittelalterlicher Fachwerkromantik. Im Dreißigjährigen Krieg wurde die Stadt wiederholt geplündert und verwüstet.

Der Marktplatz entstand zu Beginn des 17. Jahrhunderts und trägt noch heute deutlich die Schrift seiner Baumeister. Fachwerk­häuser und stattliche Stein­häuser sind noch in ihrer ursprünglichen Form zu sehen.

Die Scheuergasse wurde um 1500 errichtet, um den Lebensraum auf den Hausgrundstücken etwas zu erweitern. Die heutigen Scheunen wurden nach einem Großbrand um 1850 errichtet.

Bekannt ist die Bergstraßenstadt nicht nur wegen ihre schmucken Altstadt, sondern auch durch den Wein: Vier Winzer sind aktiv, insgesamt werden 18 Hektar Rebfläche mit den Lagen Auerbacher Rott, Steingeröll und Alte Burg bewirtschaftet. Das milde, niederschlagsarme Klima der Bergstraße begünstigt das Reifen von Riesling und Spätburgunder. Dennoch hat der Bergsträßer Wein nicht einmal den Ruf eines Geheimtips, einfach weil die Anbaufläche zu klein für einen überregionalen Verkauf ist. Zwischen Zwingenberg und Schriesheim trinkt man sein Traubenerzeugnis am liebsten selbst.

 

 

Melibokus

Am Nordrand von Auerbach zeigt ein Wegweiser östlich zum Auerbacher Schloß und zum Melibokus. Man fährt die Straße hinauf bis zum Parkplatz „Not-Gottes-Kapelle“ (wo die Straße scharf rechts zum Auerbacher Schloß abbiegt). Eine Schautafel orientiert über den Weg zur Wallfahrtkapelle „Not-Gottes“, die 1557 abgebrochen wurde, aber wieder aufgebaut wurde (das Kruzifix ist von 1893).

Der eigentliche Parkplatz liegt etwas links im Wald, an der Zufahrt zum Melibokus. Leider ist die Auffahrt zum Melibokus gesperrt. Es wird nicht empfohlen, es dennoch zu versuchen, denn die Polizei kontrolliert. Wenn man die Teerstraße hinauf laufen will, so hat man einen Weg von etwa vier Kilometern vor sich, mit 15 Kurven (ohne die Schwenks der Straße zu rechnen).

Im oberen Teil kommt man an einer Quelle vorbei und dann an der Forstmeister-Paul-Kurz-Hütte und der Förster-Dörr-Eiche. Von dort sind es noch etwa 650 Meter. Auf dem Berg sieht man zuerst die Station zur Überwachung des Funkverkehrs, die aber nicht mehr in Betrieb ist. Man muß links herum gehen und kommt zum Aussichtsturm.

Seit fast vierhundert Jahren hat einer der schönsten Berge des Odenwaldes, die höchste Erhebung der Bergstraße   mit 517 Metern Höhe, die offizielle Bezeichnung „Melibocus“. Bis heute wurden die Einheimischen mit diesem Namen nicht vertraut und sagen stattdessen liebevoll „Malchen“, was soviel heißt wie: „weit sehen“. Er wird auch als „Malsen“ oder „Malschenstein“ bezeichnet. In einer Urkunde von 1012 wird er „mons Malscus“ genannt. . Zum Spitzberg wurde er im 16. Jahrhundert (althochdeutsch malsc = steil, hochragend).

Der Namenswechsel zu „Melibokus“ geht wohl auf die Humanisten zurück. Den Namen haben sie einer Schrift des Geographen Ptolemäus (um 91 bis 160 nCh) über Germanien entlehnt. Nur hatte der Grieche mit „Melibocus“ den Harz gemeint, wie Generationen später einwandfrei bewiesen werden konnte. Doch da hatte sich der fremdartige Name längst eingebürgert.

Der Malchen   ist einer der schönsten und wegen seiner Aussicht besuchenswertesten Berge des Odenwalds. Der weit gegen die Ebene heraustretende Berg gewährt schon von der Ferne, besonders von Südwesten, einen prächtigen, charakteristi­schen Anblick; seine Form wird mit der des Vesuvs ver­glichen. Er ist bis zum Gipfel mit herrlichem Laubwald bedeckt. Der 21 Meter hohe steinerne Aussichtsturm wurde 1772 errichtet. Er ist aber nur am Wochenende geöffnet, dann gibt es auch im Sommer Erfrischungen.

Die Rundsicht vom Turm ist außergewöhnlich malerisch und weitreichend. Am Fuß des Berges zieht sich die reiche Bergstraße hin mit ihren vielen stattlichen Orten, ihren Ruinen, Gärten und Weinbergen. In der Ebene breiten sich Wiesen, Felder und Nadelwälder aus. Jenseits des blinkenden Rheins schließen die Mittelgebirge vom Taunus über Hunsrück, Donnersberg, Haardt bis zu den Vogesen den Horizont ab. Man erblickt die Türme von Mainz und die Dome von Worms und Speyer. Im Osten   Felsberg, Otzberg, Neunkircher Höhe und die dunklen Höhen des Spessart.

 

Der Berg hat im Laufe der Jahrhunderte ungezählte Menschen auf seine Spitze gezogen. Nur zur Anlage eines Ringwalls oder zum Bau einer Burg schien er nicht geeignet. Aber die Kunde von der prächtigen Aussicht, die der Pädagoge Heinrich Campe 1785 als „wohl unstrittig als eine der größten, mannigfaltigsten und schönsten in Deutschland“ gepriesen hat, drang auch an den Hof in Darmstadt. Landgraf Ludwig IX. ließ 1772 einen 21 Meter hohen Aussichtsturm auf dem Melibocus errichten. Doch der Standort war schlecht gewählt der Turm stürzte ein, bevor er fertiggestellt war. Erst im zweiten Anlauf wurde der Turm vollendet.   Nun unternahmen auch im 19. Jahrhundert die Kurgäste aus Jugenheim Ausflüge zum „Weißen Turm“, nicht nur zu Fuß, sondern auch auf Eselsrücken.

Der Turm wurde 1945 wurde als „militärisches Objekt“ von deutschen Soldaten wenige Tage vor Ende des Zweiten Weltkriegs gesprengt. Durch Privatinitiative ist er 1966 wieder aufgebaut und ein kleines Restaurant unter dem Turm untergebracht worden Zugang über die Treppe). Allerdings hat der Hüttenwirt den Turm und die kleine Gaststätte nur am Wochenende und Feiertagen geöffnet. Nur von ihm kann man auch den Schlüssel zur Besteigung des Turms erhalten. Ansonsten muß man mit der Aussicht von der Terrasse vorlieb nehmen, die aber nur in einer Richtung möglich ist. Der Turm aber bietet   (um noch einmal Campe zu zitieren) „eine grenzenlose Fläche gleich einer ausgebreiteten Landkarte“, entsprechendes Wetter vorausgesetzt, die Sicht vom Taunus über das Ried und den Rhein bis Haardt und Pfälzerwald. Auf der anderen Seite blickt man über das Balktal zum Felsberg mit Ohlyturm und sieht den Fernsehmast auf der Neunkircher Höhe (605 Meter)

Dabei mögen auch einig Felsstücke in unmittelbarer Nähe auffallen, sie erinnern an einen Riesen, der hier auf dem Berg gehaust habe und aus purem Übermut einen solchen Brocken bis an oder in den Rhein schleudern wollte. Es mißlang, der Stein war ihm aus der Hand gerutscht und flog nur bis Alsbach, wo er noch heute liegt, der sogenannte „Hinkelstein“).

 

 

Auerbach

Die evangelische  Pfarrkirche von 1479 liegt über der Stadt. Sie hat gotisierende Maß­werkfenster und Chor. In der Stadt sind viele Fachwerkhäuser. Gut erhalten ist die Synagoge in Auerbach dank des „Auerbacher Synagogenvereins“, der sich 1984 zusammenfand und beschloß, das ehemalige barocke jüdische Gottes­haus in der malerischen Bachgasse wieder in Ordnung zu bringen. Eine rührige Bürgerinitiative enga­giert sich auch für den Erhalt der großen Zwingenberger Synagoge. Sie stammt aus dem frühen 20. Jahr­hundert. Im Innern sind noch die Empore, wie auch interessante Reste der einstigen Art‑Deco‑Wandbe­malung auf der Frauenempore erhalten. Die ehemalige Synagoge ist zur Zeit in Privatbesitz ‑ über mögliche zukünftige Nutzungen wird nachgedacht. Die „Alte Dorfmühle“ Bachgasse 71)  ist ein schön restaurierter Fachwerkbau.

 

Auerbacher Schloß

Man fährt den Schildern „Melibokus“ nach. Wenn man vom Melibokus kommt, fährt man hoch zum Schloß auf dem 340 Meter hohem Bergkegel, nicht nur bis zum Parkplatz „Auerbacher Schloß, sondern bis zum Parkplatz unmittelbar vor der Brücke.

Daß man den Rhein selbst in der Ferne nur erahnen kann, dürfte den Grafen eher gefreut als geschmerzt haben. Konnte er daran doch ermessen, wie reich und mächtig sein Geschlecht mittlerweile geworden war. Die Stammburg der Familie befand sich nämlich mehr als einhundert Kilometer entfernt in dem kleinen Ort Katzenelnbogen im nördlichen Taunus, wo sie Heinrich I., Vogt des Klosters Bleidenstadt, um 1095 erbaut hatte.

Dort also begann im 12. Jahrhundert der märchenhafte Aufstieg der Familie. Ihren schnell wachsenden politischen Einfluß verdankten die Katzenelnbogener nicht zuletzt ihren verwandtschaftlichen Beziehungen zu den damals in Deutschland herrschenden Staufern. Im Jahre 1138 wurde Heinrich II. von Katzenelnbogen von König Konrad III. in den Reichsgrafenstand erhoben. Drei Jahre später berief Konrad III. Philipp von Katzenelnbogen zum Bischof von Osnabrück, 1174 ernannte Kaiser Friedrich I. Hermann von Katzenelnbogen zum Bischof von Münster. Hermanns Bruder Diether war Kanzler des Kaisers und starb 1191 bei dessen Italienfeldzug. Sieben Angehörige der Familie unternahmen Orientreisen oder nahmen an Kreuzzügen teil.

Die Burg wurde vermutlich vom Kloster Lorsch gegründet. Als Besitz der Grafen von Kat­zen­elnbogen wird sie 1224 erwähnt. Um 1235 wurde sie begonnen. Der hohe dreistöckige Palas und die kleinen Blendarkaden lassen die einstige höfische Pracht zur Zeit der Kat­zen­elnbogener Grafen, der Erbauer, noch erkennen. Ihr Behauptungswille zeigt sich am hoch aufragenden Mauerwerk und am tiefen Halsgraben an der gefährdetsten Stelle des nach drei Seiten steil abfallenden Berges. Die Vorburg entstand um 1370. Im Jahre 1424 wurde die Burg als Lehen an Mainz gegeben, seit Aussterben der Grafen von Katzenelnbogen ist sie seit 1510 hessisch.

Die Grafen von Katzenelnbogen waren aber nicht nur einflußreich in der Politik, sie waren auch geradezu unermeßlich reich. Dazu verhalfen ihnen vor allem ihre zahlreichen Zollstellen am Rhein, wie etwa Gernsheim, Mainz, Kaub, St. Goar, Boppard, Oberlahnstein, Linz, Bonn und Düsseldorf. Im Jahr 1245 ließ Diether V. von Katzenelnbogen die linksrheinische Zollburg Rheinfels bei St. Goar errichten. Darüber hinaus warfen auch die zahlreichen landwirtschaftlichen Güter der Grafen erhebliche Gewinne ab. Hinzu kamen schließlich noch nicht weniger als sechzehn Burgen, die sich im Besitz der Familie befanden. In der Reichssteuerliste des Jahres 1431 stand das Haus Katzenelnbogen hinter dem Haus Württemberg an zweiter Stelle.

Die Familiengeschichte war bis dahin allerdings nicht immer harmonisch verlaufen. So hatte sich das Haus Karzenelnbogen 1260 in zwei Linien gespalten. Die ältere Linie mit Sitz auf der Burg Rheinfels herrschte fortan über die Niedergrafschaft Katzenelnbogen mir den Orten Katzenelnbogen, Hohenstein, Braubach, Reichenberg, Burgschwalbach, Neu-Katzenelnbogen und St. Goar. Die jüngere Linie verwaltete die südlicher gelegene Obergrafschaft mit Darmstadt, Reinheim, Lichtenberg, Auerbach, Zwingenberg, Dornberg und Rüsselsheim. Eberhard I., der Begründer der jüngeren Linie, trat 1275 in die Dienste des Königs Rudolf von Habsburg und wurde einer seiner bewährtesten Räte. Sein Nachfahre Wilhelm I. erhielt 1330 von Kaiser Ludwig IV. das Stadtrecht für seinen Ort Darmstadt. Erst 1402 wurde durch die Heirat der Gräfin Anna (ältere Linie) mit Graf Johann IV. (jüngere Linie) das Haus wieder geeint.

Bei der Sicherung und Verteidigung ihrer umfangreichen Besitzungen an der Bergstraße profitierte die jüngere Linie davon, daß die Katzenelnbogener schon um 1230 - also gut 30 Jahre vor der Teilung der Grafschaft - auf dem Urberg bei Bensheim im Odenwald eine mächtige Wehrburg errichtet hatten. Das Land hatten sie hauptsächlich vom Kloster Lorsch erworben. In der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts ließen die neuen Herren dann umfangreiche Neu- und Erweiterungsarbeiten ausführen, durch die die Anlage in etwa ihre heute noch sichtbare Gestalt erhielt und die ihr auch die Bezeichnung „Schloß“ eintrugen.

 

Unter einem Schloß mag man sich etwas anderes vorstellen, die Bezeichnung ist erst seit dem vorigen Jahrhundert geläufig, nachdem Teile der Burg restauriert worden waren. Vorher hieß es „Burg Bickenbach“. Wahrscheinlich war es Gottfried I. von Bickenbach (bezeugt 1211-1241, gestorben vor 1245), der die Burg erbauen ließ. Er hatte seinen eigentlichen Stammsitz auf einem Hügel in der Ebene in Bickenbach, der eine Turmburg mit doppeltem Wassergraben trug.

Als der letzte Graf von Katzeneinbogen, Philipp der Ältere, am 14. Juli 1479 ohne männliche Nachkommen starb, fiel sein gesamter Besitz - 225 Ortschaften, neun Städte und ein Dutzend Schlösser und Burgen - an seinen Schwiegersohn Heinrich III., den Landgrafen von Hessen. Bis heute ist der Titel „Graf zu Katzenelnbogen“ Bestandteil des Familiennamens im Hause Hessen. Und das mit gutem Recht, denn erst mit dem Katzenelnbogener Erbe begann unter Philipp dem Großmütigen (1517 - 1567) der Aufstieg der kleinen Landgrafschaft Hessen zu einem der bedeutenderen Staaten des Alten Reiches.

Nach Philipps Tod allerdings war es damit auch schon wieder vorbei. Das Land zerfiel in vier Teile: Hessen-Kassel, Hessen-Marburg, Hessen-Rheinfels und Hessen-Darmstadt. Die Linien Rheinfels und Marburg starben schon bald wieder aus; danach stritten Kassel und Darmstadt lange um das hessische und damit auch um das Katzenelnbogener Erbe, das zwischen den beiden konkurrierenden Häusern aufgeteilt wurde.

Solange Schloß Auerbach den Landgrafen von Hessen- Darmstadt gehörte, wurde es von einem Amtmann oder Burggrafen verwaltet.   Nach der Gründung des Rheinbundes 1806 gehörten die südlichen ehemals katzenelnbogischen Gebiete zum neu entstandenen Großherzogtum Hessen (Darmstadt), die nördlichen Teile fielen an das Herzogtum Nassau (Kassel), im  Jahre 1866 dann an Preußen. Erst 1945 wurde das geteilte Katzenelnbogener Land wieder im neuen Bundesland Hessen vereint, mit Ausnahme der linksrheinischen Besitzungen wie St. Goar, die seitdem zu Rheinland-Pfalz gehören.

Hier fand Herzog Ulrich von Württemberg Zuflucht, als er vom schwäbischen Bauernaufstand vertrieben worden war, bis er 1534 zusammen mit Landgraf Philipp sein Land zurückeroberte. Das Alsbacher Schloß wurde zerstört, wurde aber wieder aufgebaut. Im Jahre 1536 gab es Neubauten und Erweiterungen.

Im Jahre 1551 kam es zu Geheimverhandlungen auf Burg Bickenbach zwischen den Unterhändlern des Kurfürsten Moritz von Sachsen und des Königs von Frankreich. Durch deren Bündnis wurde Kaiser Karl V. gezwungen, Deutschland zu verlassen. Die Regierung übernahm sein Bruder Ferdinand I. Die Burg war im Dreißigjährigen Krieg Zufluchtstätte der Alsbacher Bürger, wurde dann Raubritternest und verfiel langsam und wurde. Im Reunions­krieg 1674 wurde sie zum ersten Mal in ihrer Geschichte erobert und schwer beschädigt durch den französischen Feldherrn Turenne zerstört. Er  zog im Krieg des französischen Königs Ludwig XIV. gegen Holland den Rhein herunter und fiel mit seinen Truppen in die Städte und Dörfer an der Bergstraße ein. Die Bewohner von Auerbach, Hochstätten und Balkhausen suchten Schutz hinter den vermeintlich sicheren Mauern der Burg. Doch durch einen unterirdischen Gang drangen Turennes Soldaten in die Burg ein.

In den folgenden Jahrzehnten begann die Anlage immer weiter zu zerfallen, und nur ihre schwer zugängliche Lage verhinderte, daß das Mauerwerk vollständig abgetragen und zum Häuserbau benutzt wurde. Im Jahre 1820 stürzte der nördliche Turm ein. Erst dreißig Jahre später baute man ihn wieder auf. Der Burgenromantik des 19. Jahrhunderts war es zu verdanken, daß der Großherzog von Hessen sich nun wieder intensiver um seinen Besitz kümmerte.

Im Jahre 1863 wurde die Burg durch den Großherzog von Hessen restauriert.

 

Durch das mächtige Doppeltor kommt man zur eigentlichen Burg. Diesen Eingang mit dem doppelten Tor heißt „Barbacan“, hier konnten Eindringlinge mit glühendem Pech übergossen werden. Im Burghof stehen eine Steinschleuder und andere Geräte. Eine Tafel informiert über eine Parforcejagd im Jahr 1758.

Besonders markant ist der dreieckige Grundriß, auf dessen Südseite sich der vierstöckige Palas erhebt. In der Ostecke des Burghofs befand sich der Brunnen. Von den ursprünglich drei Türmen sind zwei erhalten. Der dicke runde Turm, die Außenmauern mit den Toren und der Graben lassen die Besucher die Dimensionen erahnen, die die Burg früher hatte.

Anstelle des im 14. Jahrhundert nach einem Erdbeben eingestürzten Bergfrieds errichtete man an der dem Berg zugewandten Ostseite der Burg eine starke Bastion zur Aufstellung der Kanonen. Zwei Ringmauern umfassen die Anlage. Die ältere ist mit einem Wehrgang ausgestattet, den man erklimmen kann.

Auf dem Weg zum nördlichen Turm passiert man in luftiger Höhe eine im Mauerwerk wurzelnde Waldkiefer, die mehr als 300 Jahre alt ist. Nach den schweren Zerstörungen  waren alle Zu- und Aufgänge für Generationen verschüttet. So konnte sich auf der Schildmauer ein daher gewehter Same ungestört entfalten, eine Kiefer wurde der heimliche Star des Schlosses. Wie alte Ansichten zeigen, hat der Baum wenigstens seit dem frühen 19. Jahrhundert sein Wachstum eingestellt. Nur so konnte er gegen die ungebremst heran brausenden Stürme und auf einem extrem nahrungsarmen Boden bestehen. Ganze sieben Meter mißt dieses Wunder der Anpassung an die unwirtlichen Bedingungen. Seit den ersten Sicherungs- und Restaurierungsarbeiten in der Mitte des vorigen Jahrhunderts hat es niemand gewagt, die Kiefer zu entfernen.

Spätestens beim Erklimmen des Auerbacher Schlosses weiß man, was der Habsburger Kaiser Joseph II. angesichts des hiesigen müden Klimas gemeint hat, als er ausrief: „Hier fängt Deutschland an, Italien zu werden!“ Von der Mauerkrone reicht der Blick an klaren Herbsttagen bis zum Taunus.

Der Bergfried kann bestiegen werden. Im Zwinger kann man um die Burg herumgehen. Dort ist auch ein Teil des Kräutergartens. Die ehemalige, dem Zwinger vorgelagerte Scheune ist in ein stilvolles Restaurant umgewandelt worden. Mit ihm erhielten die langjährigen Restaurierungsarbeiten am Schloß ihren repräsentativen Abschluß. Im Sommer gibt es im Burghof zuweilen Freilichtaufführungen oder Ritterspektakel. Im Sommer kann es gut sein, daß der Burghof zu einer Freiluft-Bühne umfunktioniert wird: Regelmäßig finden auf Schloß Auerbach Theateraufführungen und Konzerte statt.

 

Vom Auerbacher Schloß fährt man wieder ein Stück zurück bis zum Parkplatz „Auerbacher Schloß“ und von dort auf der anderen Seite des Berges hinunter (die Straßen dort sind Einbahnstraßen). Man kommt in den Mühlgrund und fährt dort über Balkhausen und Hochstätten nach Fürstenlager.

 

 

Staatspark Fürstenlager

Auf das schöne Flecken Erde wurde der Landgraf von Hessen-Darmstadt aufmerksam geworden, weil die Untertanen dort auf die heilende Wirkung einer Mineralquelle schworen. Zu den heilkräftigen Quellen kamen „die Leute aus Darmstadt, Frankfurt, Heidelberg, Mannheim und sogar über Rhein und Main in großen Scharen, um in Krügen und Fässern Wasser allhier zu holen“.  Im Jahre 1738 wurde das Rinnsal durch Oberschultheiß Gerst Auerbach als Brunnen gefaßt, es begann ein leidlich florierender Kurbetrieb. Die Kunde von der Heilkraft veranlaßte die Regierung, ein „Badbiet“ zu errichten: Der „Gute Brunnen“ wurde in einer Rundanlage für wassertrinkende Gäste gefasst. Ein provisorisches Badehaus entstand im Jahre 1766, ein pavillonartiger Kursaal und ein Brunnenwärterhäuschen folgten.

Am Gesundbrunnen errichtete man schon bald ein Badehaus sowie zwei Pavillons und plante das enge Tal als repräsentatives Kurbad auszubauen. Diese Pläne kamen nie zur Ausführung. Stattdessen entstand Ende des 18. Jahrhunderts für die Landgrafen und Großherzöge von Hessen - Darmstadt ein Sommersitz mit einem weitläufigen Landschaftspark, der zu den frühesten seiner Art in Deutschland zählt. Zusammen mit den im Zentrum liegenden herrschaftlichen Gebäuden - dem so genannten Dörfle  - stellt der Park ein bedeutendes und einzigartiges Gesamtkunstwerk in Deutschland dar.

Das Fürstenlager bei Auerbach an der Bergstraße ist ein Gesamtkunstwerk, das seinen ur­sprünglichen Charakter bis heute weitgehend bewahrt hat. Ein höfischer Kurbetrieb konnte sich auf Dauer jedoch nicht etablieren. Ab 1783 entstand unter Ludwig X. und Luise von Hessen - Darmstadt ein ländlicher Sommerssitz abseits der strengen Hofetikette der Residenzstadt Darmstadt.

Für das Landgrafenpaar und die Mitglieder des Hofes wurden Pavillons errichtet, die sich dorfartig um den Gesundbrunnen gruppieren. Bezüglich ihrer Bauweise unterschieden sich Wohn- und Wirtschaftsgebäude kaum voneinander. Nur das Herrenhaus trat aus dem Ensemble gestalterisch hervor. Während viele Dörfer in den Parks dieser Zeit lediglich als Staffage entstanden, damit der Adel an der scheinbaren Idylle des bäuerlichen Lebens teilhaben konnte, waren die Gebäude im Fürstenlager tatsächlich bewohnt.

Kavalier-, Prinzen- und Damenbau dienten als Wohnung für die Hofgesellschaft, ersterer auch als Unterkunft für Kurgäste. Das Herrenhaus blieb der Landgräflichen und Großherzoglichen Familie vorbehalten. Im ersten Stock des Fremdenbaus war ab 1821 die Wohnung des zweitältesten Sohns Luises, Prinz Emil, untergebracht. Einen Eindruck der Einfachheit und Intimität biedermeierlicher Wohnkultur, wie sie hier zur Zeit der Großherzogin Luise vorgeherrscht hatte, vermitteln diese seit 1997 wieder eingerichteten Wohnräume.

Die kleinen, fast schmucklosen Räume sind heute mit adäquaten historischen Objekten ausgestattet. Angepasst an die Vorstellung des einfachen, idyllischen Landlebens repräsentieren sie durch ihre schlichte Eleganz und lichte Farbigkeit das damals vorherrschende Bedürfnis nach Behaglichkeit und Genügsamkeit. Eine Dauerausstellung gibt Auskunft über das Gebäude und den Park. Gemeinsam bieten die Räume dem Besucher einen lebhaften Einblick in die Geschichte des Fürstenlagers.

Die Landgrafen von Hessen-Darmstadt ließen das Tal zwischen 1766 und 1807 zu einem rund 30 Hektar großen Landschaftsgarten im englischen Stil gestalten. Großherzog Ludwig I., 1790 an die Regierung gekommen, ließ nach seinem Regierungsantritt 1790 die Gebäude erbauen, wie sie heute noch stehen. Er ließ seinen favorisierten Aufenthaltsort bei Auerbach zu einem repräsentativen Som­mersitz ausbauen. Regelmäßig kam er samt Hofstaat für mehrere Monate von Darmstadt herüber. Vom landgräflichen Schloß in Darmstadt rollten Federbetten, Geschirr, Lampen, Bücher und  sogar das Klavier die Bergstraße hinunter zur Sommerresidenz Fürstenlager, wo Großherzog Ludwig I. im Geleit von Hausmeister, Lakaien, Lichtkämmerer, Konditor und Weißzeugnäherinnen die Badesaison „an den Wassern von Auerbach“ eröffnete.

Nach Plänen des Hofgärtners Carl Ludwig Geiger entstand ab 1790 der weitläufige, heute rund 42 Hektar große Landschaftspark nach dem Vorbild der in England weit verbreiteten „ornamental farm“ (gestaltetes Gut). Geiger berücksichtigte sowohl ästhetische als auch wirtschaftliche Aspekte und bezog vorhandene Acker- und Wiesenflächen, Weinberge und Obstwiesen in die Parkgestaltung ein.

 

Eine alte Lindenallee führt zum Fürstenlager, vorbei am Schwanenweiher, dem Nadelöhr des Parkes. Schon taucht zwischen Trauerweide, Bleistiftzeder und anderen Baumriesen am Ententeich der Fremdenbau auf, wo einst gräfliche Gäste logierten und heute seltene Weihrauchzedern stehen. Es folgen die Meierei und die Küchenbauten, der Stallbau mit den ehemaligen Remisen und Pferdeboxen.

Daran schließt sich der Kavalierbau an, den im 19. Jahrhundert Darmstädter Beamte zur Sommerfrische frequentierten. Nicht zu versäumen der Riesen­lebensbaum gegenüber. Zu besichtigen sind im „Fremdenbau” einige historische Räumlichkeiten sowie ein Informationszentrum des „Vereins Naturpark Bergstraße-Odenwald”.

Im Herrenhaus hat ein gehobenes Hotel mit Res­taurant-Cafe adäquate Räumlichkeiten gefunden.  Ihm vorgelagert sind rechts der Prinzenbau und links der Damenbau samt Brunnen, an den fast „angeklebt“ das niedliche Weißzeughäuschen. Das Wachhäuschen mit Uhrturm steht am Rande der Herenwiese mit einem Vogelhäuschen als Pendant auf der gegenüberliegenden Seite. In der Mitte überragt alle seltenen Gehölze der mit 53 Metern größte Mammutbaum Deutschlands.

 

Nicht nur der längliche Charakter der Anlage sondern auch die spannungsreiche Topografie des Geländes tragen wesentlich zum besonderen Reiz des Fürstenlagers bei. Vom Dorf im Zentrum der Anlage erschließt ein Netz aus geschwungenen Alleen das enge, lang gestreckte Tal und zu Schmuckplätzen, kleinen Parkgebäuden und Aussichtspunkten auf den Kuppen der umgebenden Anhöhen. Dort bieten sich vielfältige Blicke zum Dörfchen, in den Park oder in die abwechslungsreiche Landschaft des Odenwaldes.

Hainartige Waldpartien, weite Wiesen, teils mit Obstgehölzen bestanden, und ausgedehnte Alleen bestimmen auch heute noch den besonderen Charakter des Landschaftsparks, der inmitten einer vielfältigen Kulturlandschaft gelegen ist. Von kleinen Schmuckplätzen oder Pavillons eröffnen sich reizvolle Ausblicke in die Landschaft der Bergstraße.

Typisch für sentimentale Landschaftsparks ist die Vielzahl an Parkbaulichkeiten, die zur Erinnerung an Personen oder bestimmte Ereignisse aufgestellt wurden. Ebenso wie mystisch gestaltete Bereiche, beispielsweise Grotten, oder lichte Haine sollten sie beim Betrachter wechselnde Gefühle hervorgerufen und zum Innehalten anregen. Auf einem Rundgang passiert der Besucher die Grotte und das Luisendenkmal im Norden sowie den Freundschaftstempel und den Freundschaftsaltar im Süden des Parks.

Am Übergang von der Parklandschaft zum Wald liegt abgeschieden die Eremitage. Sie wurde um 1787 in Form einer Kapelle mit Apsis und Glockenturm im östlichen Parkteil errichtet und diente dem Adel als Rückzugsort in die Einsamkeit der Natur. Das Bauwerk ist mit Rinde verkleidet und mit Schilfrohr gedeckt.

Hofgärtner Georg Friedrich Schnittspahn ließ ab 1865 auf der Herrenwiese und an der Voliere zahlreiche exotische Gehölze pflanzen. Aus dieser Zeit ist auch einer der ältesten Mammutbäume Deutschlands erhalten. Weitere dendrologische Kostbarkeiten sind eine Pyramideneiche, eine Gurkenmagnolie oder ein Ginkgo.

Im Rahmen der Gartendenkmalpflege wird von der Schlösserverwaltung auf Basis von historischen Abbildungen und Spuren im Gelände der Zustand vom Anfang des 19. Jahrhunderts wiederhergestellt. So konnte der Freundschaftstempel 1999 rekonstruiert werden, der am Ende der Herrenwiese wieder einen besonderen Blickfang bildet. Außerdem wurden die charakteristischen Pappelalleen teilweise wieder angelegt. Auch die „Neun Aussichten“, ehemals neun Sichtschneisen zu markanten Punkten in der Umgebung, und die Jawandtsburg sollen wieder erlebbar gemacht werden.

Man muß heutzutage nicht unbedingt erholungsbedürftig sein, um auf den alten Alleen zu lustwandeln, den Blick auf weite Rasenflächen. Weinberge und exotische Bäume zu genießen und überdies barocke Architektur zu inspizieren: Der Spaziergang durch den Park, den die Orkanstürme 1989  1990 so arg zerzaust hatten, daß die Verwaltung Staatlicher Schlösser und Gärten ein Intensivpflege-Programm auflegen mußte, beginnt natürlich am Entree auf der Lindenallee.

 

An dem ockergelben Gebäude hat man die Wahl, geradeaus in den mit heimischen und exotischen Gehölzen bepflanzten Park wei­terzugehen oder gleich rechts hinauf mit der für den Rückweg gültigen Markierung blaues „B“ an der Herrenwiese ent­lang zum achtsäuligen Monopteros-Tempel.

Bergan führen Pfade an den Hängen des Parks entlang. Am Parkende, oberhalb des Herrenhauses, beginnt links mit der Ziffer 7, Schild Champignonhöhe, die Rundwanderung zu den „Rastplätzen“ für Kurzweil und Besinnung, wie sie dem Geist des neunzehnten Jahrhunderts entsprachen. Da sind zunächst die kleinen terrassenförmig angeordneten Steintischgruppen, die in ihrer Gestalt an Champignons erinnern und an denen man mit Gästen ein Picknick einnahm, plauderte und hinunter auf das Fürstenlager schaute.

Weiter hinauf und über den Kamm ein Stück abwärts gelangt man zur Grotte, von deren Wänden ursprünglich Gesteinskristalle aus dem Bergwerk Ems an der Lahn glitzerten. Es geht wieder zurück und weiter mit der 7 über das Luisendenkmal zu den 247 Meter hohen Neun Aussichten, deren Blick auf Melibocus, Auerbacher Schloß, Felsberg, Krehberg und Schönberg nicht mehr ganz frei ist.

Und weiter führt die 7 zur Eremitage, einem Rindenrasthäuschen mit Reetdach, in dem der Anfang zu Ernst Paques Liebesgeschichte „Es steht ein Baum im Odenwald“ gespielt hat. Kommt man den Hügel der Eremitage herunter, geht man kurz links dann mit der gelben 2 wiederum links. Sie führt über freies Gelände zurück zum Efeutempel am oberen Ende der Herrenwiese. Mit der 5, am Fuße der Wiese, steigt man noch einmal bergan, zum Altarberg, dem schönsten Aussichtspunkt der Umgebung, von dem der Blick über die Rheinebene zum Hunsrück reicht. Mit der 2 geht der Wanderer nach Auerbach zurück (Odenwald, Seite 26).

Empfehlenswert ist auch die Apfelallee nach Schönberg. Im südlichen Teil des Parks wollen Ludwigslinde, Efeutempel und der Altarbergplatz entdeckt werden.

 

Die Wege im Park wurden ursprünglich nur für Spaziergänger und Pferdefuhrwerk, nicht aber für den neuzeitlichen Autoverkehr angesagt. Aus diesem Grund kann das Befahren und Parken von Fahrzeugen jeglicher Art sowohl zum Wohle des Besuchers, als auch um Schutz der Anlage nicht gestattet werden.

 

Parkplätze:

Nahe dem Fürstenlager stehen Ihnen folgende kostenlose Parkplätze zur Verfügung:

P 1: Parkplatz am Schönberger Sportplatz, Zufahrt über die Schönberger Straße (Fußweg etwa 10 Minuten)

P 2: Mehrere Parkplätze sowie Parkstreifen entlang der Bachgasse (Fußweg etwa 10 Minuten)

P 3: Parkplatz vor der Kirche am Kirchweg (Fußweg etwa 6 Minuten)

P 4: Parkplatz am Friedhof Bensheim-Auerbach, am Kirchweg (Fußweg etwa 5 Minuten)

P 5: Parkplatz an der oberen Bachgasse, in Höhe des Abzweig Mühltalstraße (Fußweg etwa 6 Minuten); hier sind zusätzlich zwei Busstellplätze ausgewiesen

P 6: Parkplatz vor dem Fürstenlager, unterhalb des Friedhofs an der oberen Bachgasse (Fußweg etwa 5 Minuten). Achtung: Dies ist die letzte Parkmöglichkeit vor der Parkanlage! Keine Wendemöglichkeit mehr!

 

 

Bensheim:

Römischer Gutshof und Straßenstück

Der römische Gutshof (villa rustica) liegt am Südwest-Rand des „Hemsberges“, dessen Kuppe sich zwischen Bensheim und Heppenheim erhebt. Auf halber Höhe gelegen hatte das Gebäude den ganzen Tag Sonne. Die Wasserversorgung wurde durch den in nur 30 Meter Entfernung vorbei­fließenden Klingenbach gewährleistet. Bereits 1898 untersuchten am Hems­berg H. Gieß und E. Anthes die römische Mauern und legten das Hauptgebäude des Gutshofs frei, in dessen Innern damals nur zwei „für sich abgeschlossene Einbauten“ gefunden und als Keller bzw. Feuerungsanlage gedeutet wurden. Nach Angabe der Ausgräber lagen im Keller ausgedehnte Brandschuttschichten.

Im Jahre 1962 untersuchte das Landesamt für Denkmalpflege in Hessen den Bau und ermittelte den Grundriß einer Risalitvilla (26,8 mal 21,25 Meter), deren Hauptfront zum Rheintal hin ausgerichtet war. Die Innenraumeinteilung war nicht in allen Teilen befriedigend zu klären. In der Südost-Ecke eines 15 mal 12,50 Meter großen Innenhofes wurde die bereits von Gieß festgestellte Feuerungsanlage wieder aufgefunden.

Die drei Räume der Nord-Front des Baus waren teilweise unterkellert, westlich schloß sich ein kleiner langrechteckiger Raum an, vor dem der Nordwest-Eck-Risalit lag. Die Raumeinteilung an der Süd-Front des Baus konnte aufgrund des schlechten Erhaltungszustandes der Mauern nicht mehr festgestellt werden. Durch Suchschnitte ließen sich aber die Fortsetzung der östlichen Gebäudeabschlußmauer sowie die Reste des Eck-Risalit-Fundaments feststellen. Die schwächere Fundamentierung dieses Teils deutet auf einen späteren Anbau. Zwischen den Eck-Risaliten der Hauptfront lag wohl eine an wenigen Mauerstücken erkennbare Vorhalle (porticus). Das aus dem Bereich der Villa geborgene Fundmaterial gehört in die 2. Hälfte des 2. und in das beginnende 3. Jahrhundert nCh. Viele Scherben zeigen Brandspuren, die das Ende der Villa durch eine Feuerbrunst anzeigen.

 

Geschichte:

Die Ersterwähnung der Stadt Bensheim erfolgte 765, im Jahre 772 kam die Stadt an Lorsch, 1232 mit Lorsch an Mainz und 1461 an die Pfalz, 1648 an das Kurfürstentum Mainz und 1802 wurde sie hessisch.

 

Rundgang:

Wenn man aus Richtung Lautertal kommt, fährt man zunächst nicht Richtung Autobahn, sondern nach links Richtung Markt. Dann fährt man um die Altstadt herum und parkt im Westen der Fußgängerzone in der Nähe des Rinnentors (Rest der Stadtbefestigung). Hier steht das Denkmal der „Frau von Bensheim“ mit Laterne, Stock und Kater. An der Bergstraße gibt es ein geflügeltes Wort, dessen Ursprung wohl jeder dort Ansässige kennt: „Hinnerum wie die Fraa vun Bensem“. Es soll im Jahre 1644 gewesen sein, als Schweden und Franzosen in die Stadt eindrangen und so fürchterlich brandschatzten und mordeten, daß das Blut der Erschlagenen den Marktplatz herunterfloß. Die nachrückenden Bayern versuchten vergeblich, den Feind aus den wehrhaften Mauern zu vertreiben. Da zeigte ihnen eine alte Frau aus der Vorstadt einen geheimen unterirdischen Gang, durch den sie die Befreier „hinnerum“ in die Stadt eingeschleust haben soll und damit der grausamen Besatzung ein Ende bereitete.

Dort geht man die Straße „Am Rinnentor“ parallel zum Bach und kommt zur Brücke mit den Heiligenstandbildern von 1745. In der Nähe ist auch die katholische Pfarrkirche St. Georg, die 1826 von Georg Moller erbaut wurde anstelle einer romanischen Michaelskirche. Im originellsten Fachwerkhaus neben der St. Georgkirche ist das Stadtmuseum untergebracht. Zwischen vollständig eingerichteten Barock-, Biedermeier- und Gründerzeitzimmern (inklusive Giraffenhalsklavier) sind - als einzigartige Rarität Südhessens - Ausmalungen im freigelegten Innenfachwerk aus dem 16. Jahrhundert zu bewundern.

Der über 1200 Jahre alte Ort besitzt noch zahlreiche Bauzeugen vergangener Tage. Es gibt Reste der Stadtbefestigung mit dem quadratischen Bürgerturm aus dem 15. Jahrhundert und dem „Roten Turm“. Zahlreiche Adelshöfe stehen am Marktplatz und in den alten Gassen. Das Dalberger Anwesen von 1590 ist heute Restaurant und Kulturzentrum.

Dann geht man nach rechts durch die breite Straße. Es gibt weitere Herrenhäuser aus dem 16. bis 18. Jahrhundert. Die Straße führt zum Hospital mit der Seminarkirche von 1662 mit einem großen Ölgemälde im Chor. Nach rechts geht es wieder zum Rinnentor.

 

In Bensheim gibt es auch schöne Villen und auch ein Beispiel für den Jugendstil. Typisch für den Heimatstil mit dem gelben Sandstein und großen behütende Walmdächer ist das Haus Metzendorf in der Ernst-Ludwig-Straße in Bensheim).

 

Im Städtischen Weinberg über der Stadt ist das Weinberghäuschen mit dorischen Säulen. Wenn dort die Fahne gehißt wird, ist die Gaststätte geöffnet. Spät erst reift der Bergsträßer Riesling an den Hängen des Bensheimer Kirchbergs, der unmittelbar an der Stadt aufsteigt. Das Weinlaub ist gelb, die Beeren schrumpeln schon, versprechen einen feinen, rassigen Wein. Etwas Besonderes ist der Bergsträßer ohnehin, begünstigt durch Klima und Lage, zudem noch rar und vorwiegend nur dort selbst zu kosten. Nur drei bis vier Millionen Liter werden davon jährlich geerntet.

Der Bensheimer Hausberg ist vom Bahnhof aus - wo man auch parken kann - schnell erreicht. Die Rodensteiner- und Nibelungenstraße links hoch beginnt der Aufstieg am Stadtpark - auch „Kurpark”. Alte Bensheimer nennen ihn sogar „Hessenfriedhof”, denn das Heer der hessischen Landgrafen ist 1504 hier verblutet und begraben, als es vergeblich gegen die damals starke Stadtbefestigung anrannte. Bensheim wurde erst 1802 hessisch. Ein Wegstein mit dem Mainzer Rad in der Anlage erinnert, daß es davor teils kurmainzisch, teils kurpfälzisch war.

Der Park, begrenzt durch den barocken „Rodensteiner Hof” mit schmuckem Turm von 1739, wirkt etwas ungepflegt, darin stehen wie verloren steinerne Putten und ein ungelenker bronzener Rübezahl für das böhmische Patenstädtchen Arnau. Ungeachtet dessen ist der Kurpark seit vielen Generationen ein Lieblingsplatz von Liebespärchen.

Rechts oberhalb stößt der Wingert unmittelbar an. Die Gesamtsicht stimmt noch weitgehend mit einem Stich von Merian überein. Im Einzelnen hat sich spätestens seit der Umlegung Einschneidendes verändert. Die typischen Hohlwege sind beseitigt. Breite, nackte Asphaltbänder führen jetzt in die Höhe - freilich trockenen Fußes und sehr aussichtsreich.

An der Spitze lockt das klassizistische „Kirchberghäuschen” (einige Bensheimer betonen die dritte Silbe), mit einem Säulenvorbau wie ein griechisches Tempelchen. Weht die rot-weiße Fahne, hat das beliebte Ausflugslokal geöffnet (täglich 9 bis 19 Uhr, im Sommer 8 bis 24 Uhr, außer dienstags).

Einer der bedeutendsten Architekten der Epoche hat es erbaut, der Darmstädter Hofbaudirektor Georg Moller. Für Bensheim entwarf Moller 1824 die nach Kriegszerstörungen stark verändert wieder aufgebaute Pfarrkirche am Markt. Das Kleinod auf dem Kirchberg war ein Nebenprodukt, das dem Großbaumeister Vergnügen bereitet haben dürfte - wie anschließend einigen Bensheimer Familien, die zu dem Lusthäuschen Schlüssel besaßen.

 

Staatsdomäne:

Weine aus „Deutschlands Frühlingsgarten“: An der Hessischen Bergstraße beginnt der Frühling ein wenig früher, bleibt die herbstliche Sonnenwärme ein bißchen länger erhalten als in anderen deutschen Weinbauregionen. Inmitten des 450 Hektar deinen, klimabegünstigten Anbaugebietes, im Schutz des Odenwalds, liegt die Staatsdomaine Bergstraße in Bensheim. Wo Mandelbäume und Blütenpracht toskanisches Flair verbreiten, gedeihen anspruchsvolle Weinreben vorzüglich. Gleichzeitig bringt die Vielfalt an Bodentypen eine Vielzahl von Rebsorten und Geschmacksvarianten hervor. In den Toplagen der Staatsdomaine, dem Heppenheimer Centgericht, Steinkopf oder Schönberger Herrnwingert, wachsen neben dem dominierenden Riesling vorwiegend Grau-, Weiß- und Spätburgunder.

Das 1904 vom Großherzog von Hessen-Darmstadt gegründete Weingut erweiterte in seiner rund einhundertjährigen Geschichte die Rebflächen auf 38 Hektar. Die Staatsdomaine ist damit das größte Gut an der Bergstraße. Wie es von einem mit Musterfunktion beauftragten Betrieb erwartet werden darf, gibt das Weingut seit Jahren Impulse für den hiesigen Weinbau. Daß in Bensheim die erste Beerenauslese und der erste Eiswein an der Bergstraße erzielt werden konnten, ist als Resultat vorbildlicher Weinbergspflege und Kellerwirtschaft zu werten. Auch in puncto Weinvermarktung beschritt die Domaine neue Wege. Im gutseigenen Versteigerungssaal werden alljährlich die inzwischen traditionellen Herbstauktionen ausgerichtet. Sie setzen Maßstäbe für Qualität und Preise der Bergsträßer Gewächse.

 

Schönberg:

Zwei nebeneinander stehende Bergvorsprünge mit Kirche und Schloß bestimmen das Landschaftsbild. Dem „Schönen Berg“ oder Schönberg bei Bensheim an der Bergstraße hat schon früh das Augenmerk der geistlichen und weltlichen Obrigkeit gegolten. Diese Bergnase war prädestiniert für Verteidigungszwecke. Im Jahre 1230 errichteten die Schenken von Erbach als pfälzische Lehnsherren hier erstmals eine Burg zum Schutze des Amtes Schönberg. Herren waren die Fürsten von Erbach-Schönberg. Burg Schönberg wurde 1504 zerstört.

Ihr Wiederaufbau vollzog sich im 16. und 17. Jahrhundert nicht mehr unter dem Gesichtspunkt der Wehrhaftigkeit, sondern wurde dem Wandel der Zeiten entsprechend als Schloß ausgeführt. Mit der Erweiterung der Residenz durch die Grafen Erbach-Schönberg 1728 und der Anlage eines Lustgartens war man auf dem Schönberg ganz modern.

Wenn man von Lautertal kommt, sieht man rechts das Schild „Alte Schloßstraße“ (gegenüber der Sparkasse). Man fährt aber die danebenliegende „Neue Schloßstraße“ hinauf bis zur katholischen Kirche. Von dort man muß laufen. Links ist die Fürst-Alexander-Ruhe. Sie führt zu einem Denkmal für Alexander von Battenberg, der 1879 erster Fürst des neu entstandenen Staates Bulgarien wurde; er war ein Bruder der Fürstin.

Auf der Fahrstraße geht es hinauf zum Schloß. Halbkreisförmig gruppieren sich um den Hof das Herrenhaus mit Treppengiebeln und halbrundem Treppenhaus und die Wirtschaftsgebäude. Als Ruhrknappschafts-Erholungsheim ist das Schloß für die Öffentlichkeit leider nicht freigegeben. Aber den östlich gelegenen gepflegten „Lustgarten“ kann man besuchen. Hier ist der größte Teil der Exoten erhalten. Eine doppelzeilige Lindenallee links und rechts einer Wiese, seltene Arten wie Gingko- und Tulpenbäume konnten zu Naturdenkmälern erklärt werden. Der Park ist eine Ergänzung zum nahegelegenen Fürstenlager.

Diesen Park kann man auch erreichen, wenn man in Schönberg ein Stück weiter in Richtung Bensheim fährt und dann nach rechts zum Naturparkplatz Sportplatz (am Ortsrand nach links abbiegen, ziemlich oben auf der Höhe). Dort beginnt der Herrschaftswingert und man kann zu dem oberen Teil des Staatsparks wandern.

 

Kriegsgräberstätte:

Die Kriegsgräberstätte Bensheim-Auerbach gehört zu den größten in Hessen. Insgesamt wurden hier 1961 Opfer des Zweiten Weltkriegs (davon 576 ausländische) beigesetzt. Neben deutschen Wehrmachtssoldaten, Angehörigen der Waffen-SS und Bombenopfern haben auch Kriegsgefangene und Zwangsarbeiter aus Ost- und Südosteuropa ihre letzte Ruhe gefunden. Die Todestage reichen bis ins Jahr 1946 hinein. Im April 1945 wurden von den amerikanischen Streitkräften verschiedene Gräberfelder angelegt. Die Soldaten unterschiedlicher Nationalitäten waren in den Kampfgebieten um Ludwigshafen, Würzburg, Nürnberg und Heilbronn (vor allem junge Leute von siebzehn oder achtzehn Jahren) gefallen.

Einige deutsche Kriegsgefangene kamen Ende März 1945 bei einem Unglücksfall auf dem Weg ins Lager ums Leben: Eine provisorische Fähre mit 150 Gefangenen wurde durch ein Schnellboot zum Kentern gebracht, weil die Besatzung die Gefangenen hatte fotografieren wollen. Nur etwa 20 Männer konnten sich schwimmend retten. Im nördlichen Teil der Kriegsopferstätte liegt ein Massengrab für 385 sowjetische Gefangene, die in der als Lazarett dienenden Heil- und Pflegeanstalt Heppenheim ums Leben kamen (zum Teil durch gezielte Vernachlässigung der Ernährung und der medizinischen Versorgung).

Viele westeuropäische Kriegstote wurden in ihre Heimatländer überführt. Der Friedhof für die osteuropäischen und deutschen Kriegstoten blieb erhalten. Der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge hat die Grabfelder Ende der fünfziger Jahre zusammengefaßt. Es wurden weitere Überführungen vorgenommen, vor allem aus Heppenheim. Hinzu kamen über 500 verstorbene Kriegsgefangene und Zwangsarbeiter aus Polen, Griechenland, Ungarn, der Sowjetunion und Jugoslawien, darunter auch Frauen und Kinder. Am 29. September 1957 wurde die Stätte eingeweiht und in die Obhut der Stadt Bensheim übergeben.

 

 

Heppenheim

Ein landschaftlicher Dreiklang prägt unverwechselbar die Umgebung von Hessens südlichster Kreisstadt. Im Westen der Heppenheimer Gemarkung erstreckt sich die Weite der Riedebene, im Osten der Odenwald und dazwischen, gewissermaßen als Bindeglied, die Gebirgskette der Bergstraße mit ihren südlich anmutenden Obst- und Rebenhängen. Und über allem thront, schon von weitem unverkennbar, auf einem Bergkegel die Starkenburg, die einer ganzen Region ihren Namen gab. Von der Starkenburg bewacht liegt Heppenheim fast genau in der Mitte zwischen Darmstadt und Heidelberg. Wie alle Städte an der Bergstraße hat auch Heppenheim eine reizvolle Altstadt, in der viele alte Fachwerkhäuser bereits renoviert sind.

 

Römische Funde:

Die römische Bergstraße wurde im Frühling 1955 in der Darmstädter Straße aufgedeckt. Es ließen sich drei übereinander liegende alte Straßenkörper feststellen, von denen der unterste 1,43 Meter unter der heutigen Oberfläche lag. Das Straßenpflaster bestand aus großen unregelmäßigen Steinen, zumeist Granit und Quarzit aus Odenwälder Steinbrüchen. Ein größeres Stück dieses Straßenpflasters wurde herausgenommen und in einer Anlage am Feuerbachplatz wieder originalgetreu verlegt. Man findet die Stelle, wenn man von der Autobahn kommt und nach rechts auf die B 3 fährt. Dort biegt man bald nach rechts in die Karl-Marx-Straße ab, von der rechts die Karlstraße abbiegt. Hier ist der Feuerbachplatz, das Pflaster liegt an der Ostseite.

Ende des 19. Jahrhunderts traf man beim Ausräumen des Löwenbrunnens im Erbacher Tal (östlich der Stadt) zwischen vier Holzschwellen auf ein Sandsteinrelief, das eine männliche Gestalt mit einem Musikinstrument darstellt. Das Relief gelangte in das Hessische Landesmuseum nach Darmstadt, wo es derzeit im Magazin aufbewahrt wird. Das an drei Seiten abgeschlagene Bildwerk stellt Apollo als nackten Jüngling dar, der in seiner Linken die Leier (Kithara) hält. Die einfache Arbeit stammt aus einer einheimischen Werkstatt.          

 

Fränkische Zeit:

Schon die fränkischen Könige hatten hier eine Villa. Karl der Große schenkte 773 die Mark Heppenheim dem Kloster Lorsch. Heppenheim hatte das Glück, von kriegerischen Einwirkungen in jüngster Vergangenheit verschont geblieben zu sein. Am schlimmsten noch waren die früheren Brandkatastrophen. Gleich zweimal - 1369 und 1693 - mußten nach Feuerbrünsten weite Teile der Altstadt wieder aufgebaut werden.

 

Geschichte:

Heppenheim wurde 755 erstmals erwähnt. Im Jahre 773 schenkte Karl der Große den Ort und die Mark Heppenheim, die damals schon große Teile des Odenwaldes umfaßte und bis an den Neckar reichte, dem neu gegründeten Kloster Lorsch. Im Jahre 1065 ließ Abt Udalrich auf der Bergkuppe oberhalb von Heppenheim in aller Eile eine Befestigungsanlage bauen, um die Selbständigkeit des Klosters zu verteidigen Diese wurde dann zu einer Schutzburg ausgebaut. I m Jahre 1228 übergab Papst Gregor IX. die Verwaltung des Klosters und seiner Besitzungen dem Mainzer Erzbischof. Dieser verpfändete im Jahre 1461 für 100.000 Gulden das mainzische Amt Starkenburg an Friedrich von der Pfalz. Mit der Einführung der Reformation in der Pfalz endete auch die Geschichte des Klosters Lorsch. In den Wirren des Dreißigjährigen Krieges war die Burg oft umkämpft und wechselte mehrfach die Besatzungen. In der Zeit nach 1650 wurde die Starkenburg wieder vollkommen instandgesetzt. In den nachfolgenden Jahren konnte sie sogar den französischen Truppen trotzen, die aus Wut darüber die Stadt völlig niederbrannten. Im 18. Jahrhundert verlor die Burg ihre strategische Bedeutung.

 

Starkenburg:

Wenn man auf der Durchgangsstraße nach Fürth fährt, geht nach links (Wegweiser) der Starkenburgweg. Auf dem holprigen Pflaster kann man hoch fahren und hat nach links einen schönen Blick auf Hambach. Am Parkplatz fährt man möglichst weit auf der Straße nach oben.

Dort steht ein Schild, das zum „Planetenweg“ gehört, der schon in der Stadt beginnt. Der Planetenweg ist Ausdruck einer mehr als 30 Jahre währenden Verbindung der Kreisstadt Heppenheim und ihrem kulturellen Leben mit der Starkenburg-Sternwarte. Beginnend mit der Sonne, die man hier an der Starkenburg-Sternwarte findet, führt der Weg auf höchst attraktive Weise sowohl durch die Weinberge mit Blick auf Heppenheim, als auch maßstabsgerecht durch das Sonnensystem. Man wandert vorbei an allen Planeten, begleitet durch Kometen, den „Wanderern im Sonnensystem“, bis hin zum Planteten „Pluto“, den man am Haus des Gründungsmitgliedes und Ehrenvorsitzenden der Starkenburg-Sternwarte Alfred Sturm in der „Kleinen Bach 3“ findet.

Ein Schild weist auch auf den „Weinlagenweg“, der ebenfalls in der Stadt beginnt (Hinweis am Beginn des Starkenburgwegs). „Heppenheimer Schloßberg“ ist seit Jahrhunderten die Bezeichnung für den landschaftsprägenden und majestätischen Berg mit der um 1065 erbauten Starkenburg. „Heppenheimer Schloßberg“ ist aber auch die weinrechtlich erlaubte Großlagenbezeichnung für die in seiner eng begrenzten Umgebung und den Heppenheimer, Hambacher und Erbacher Gemarkungsteilen erzeugten Weine. Die Boden-, Lage- und Klimaverhältnisse an den Hängen der hier einmündenden drei Seitentäler sind sehr verwandt und erlauben die Erzeugung von Weinen mit sehr ähnlichem Charakter. In den steilsten Lagen überwiegen die Buntsandsteinverwitterungsböden, während die größten Teile aus Löß- und Lößlehmböden bestehen. Hier gedeihen ausdrucksvolle, kräftige und rassige Weine, vorwiegend Riesling, aber auch Ruländer, Silvaner und Spätburgunder. Die bestockte Rebfläche ist etwa 240 Hektar groß.

 

Auf dem Weg zur Burg kommt man zunächst an der Sternwarte vorbei (Uhr). Rechts ist die Kuppel mit dem Fernrohr, links die Kugel für die Radioastronomie. Ein Kreis versierter Hobbyastronomen richtet dort die Fernrohre in die Weite des Universums wie zu den Nachbargestirnen (bis zu vier Milliarden Lichtjahre). Ein Blick durch das lichtstarke Maksutow-Tele­skop zeigt die Flecken und Protuberanzen auf der Sonne. Die Krater, Berge und „Meere“ auf dem Mond werden zum Greifen nahe. In Heppenheim befindet sich die einzige Sternwarte Südhessens. Nach der Anschaffung hochwertiger Elektronik hat man sich verstärkt auf die fotografische Astronomie und Radioastronomie verlegt.

Vollautomatisch werden die Teleskope bei den mehrminütigen Belichtungszeiten der Erd-Rotation nachgeführt, die Daten mit Hilfe von Computern ausgewertet und zu Truccolor-Bildern zusammengesetzt. Die Ergebnisse sind mehr als sehenswert. Aus dem glitzernden Meer der Lichtpunkte am Firmament wurden Galaxien und einzelne Sonnen herausgefiltert, die sich auf dem Hintergrund der weiß, lila oder rosarot leuchtenden Gaswolken wie surrealistische Gemälde ausnehmen.

Neben diesen fotodokumentarischen Arbeiten haben sich die Heppenheimer bei der Berechnung von Kometen- und Planetoidenbahnen einen Namen gemacht. Die höchste Anerkennung gab es im vergangenen Sommer: Für die exakte Bestimmung der Kreisbahn eines Himmelskörpers zwischen Jupiter und Mars wurde dieser von einem amerikanischen Wissenschaftsgremium als „Starkenburg“ gekennzeichnet.

Lediglich in Ausnahmefällen ist es den Gästen jedoch möglich, durch die Fernrohre zu blicken. Zum einen sind die Tage mit wirklich optimalen Wetter- und Lichtverhältnissen ständig am Abnehmen. Die „Heppenheimer Sterngucker“, wie sich der aus 160 Mitgliedern bestehende Betreiberverein nennt, arbeiten jedoch keineswegs unter Ausschluß der Öffentlichkeit. Bei schönem Wetter steht an den Wochenenden die Tür jedermann weit offen. Ein kurzer Anruf genügt, und auch interessierte Laien dürfen in wolkenlosen Nächten bei der Beobachtung von Sonne, Mond und Sternen dabei sein. Sonst ist geöffnet Freitag 20 Uhr. Das Hauptengagement der Heppenheimer Himmelsgucker bilden aber regelmäßige Dia-Vorträge mit Fachleuten aus aller Welt und Einführungsseminare in die Geheimnisse der Astronomie. Je nach Zuspruch hält der Leiter der Sternwartekleine Einführungen in die Astronomie.

 

Vor der Burg steht ein Denkmal der Studentenverbindung „Starkenburgia“ von 1826. Der Name „Starkenburg“ spricht für sich. Sie wäre wohl nie hoch über Heppenheim entstanden, hätte nicht Erzbischof Adalbert von Bremen, Berater des vierzehnjährigen Königs Heinrich IV., das Reichskloster Lorsch als Schenkung in seinen Besitz gebracht. Doch er hatte die Rechnung ohne den Wirt gemacht, nämlich ohne Abt Udalrich und seine Mönche, die keineswegs gewillt waren, ihre Selbständigkeit aufzugeben. Sie errichteten 1065 in aller Eile auf dem Berg „Burcheldon“ (Burghalden), einer vorgeschichtlichen Befestigungsanlage, in der Nähe des Klosters eine Schutzburg. Erzbischof Adalbert rannte noch im gleichen Jahr mit seinen Truppen vergebens dagegen an. Als er kurz darauf in Ungnade fiel, hatte sich die Angelegenheit von selbst erledigt. Die Starkenburg aber erstarkte weiter. Im Jahre 1206 wurde die Burg erstmals „Starkimberg“ genannt.

Nach Auflösung der Fürstabtei Lorsch im Jahre 1232 schenkte Kaiser Friedrich II. die Fürstabtei Lorsch mit der Starkenburg dem Erzstift Mainz. Stadt und Burg bildeten das neue Amt Starkenburg. Von 1267 an hatte die Burg eigene Burggrafen, die auch das Amt verwalteten. Im Dreißigjährigen Krieg wurde sie wiederholt eingenommen und geplündert. In den Jahren 1621 - 1622 eroberten die kaiserlichen Truppen unter General Tilly die Burg und hielten sie bis Oktober 1623 (spanischer Friedhof vor der Burg).

Im Jahre 1680 gab es Umbauten und Neubauten (Zwinger, Vorwerke, Bastionen, Sternschanzen, Mannschaftsbaracken, Backhaus, großer Bau mit neun Kachelöfen, Schieferdach). Die Burg widerstand jedoch im Orleanischen Krieg allen Belagerungen. Erst nachdem sie militärisch bedeutungslos geworden war, gab Mainz die Anlage 1765 zur Versteigerung frei. Viel zu spät wurde dem Abbruch Einhalt geboten. Knapp bevor mit dem „Demolierungsbefehl“ ganze Arbeit geleistet worden war, besann sich 1787 aber Erzbischof Friedrich Karl Joseph von Erthal noch eines besseren. Er empfahl die Burg der Aufmerksamkeit seiner Beamten „als ein Denkmal alter deutscher Kunst und Sitte, dessen Namen schon interessant ist, eine Zierde, die einen unbeschreiblichen Eindruck von Ruhe und Erhabenheit rund um sich verbreitet, die niemand ohne innigste Rührung ansieht“.

Im Jahre 1803 kommt das Oberamt Starkenburg durch den Reichsdeputationshauptschluß an die Landgrafschaft Hessen-Darmstadt. Die neue Regierung bedroht die Abfuhr von Steinen mit harten Strafen. Im Jahre 1816 stellt Großherzog Ludwig I. die Starkenburg unter den Schutz der Gesetze. Im Jahre 1930 wird der neue Bergfried als Aussichtsturm mit zehn Geschossen eingeweiht. Seit 1960 gab es Arbeiten zur Erhaltung der Ruine und der Bau der Burggaststätte.

Das Verbliebene der Starkenburg ist noch immer imposant genug, um sowohl aus der Rheinebene wie von oben aus der Nähe zu faszinieren. Fast vergeblich sucht man hier altes Gemäuer. Ringmauer und Ecktürme sind noch erhalten. Im Osten stehen die Geschütztürme. In den Kirchhäuser Wehrturm im Südosten wurde ein Stein eingefügt, der 1836 gefunden wurde. Im Hof ist ein Brunnen, in dem ein Stein sechs Sekunden braucht, bis der die Wasseroberfläche erreicht.

Der Bergfried aus dem 12. Jahrhundert, der frei in der Burgmitte stand, mußte wegen Einsturzgefahr 1924 gesprengt werden. Dafür wurde 1930 an der Ringmauer der Aussichtsturm gebaut mit einer phantastischen Fernsicht über die Rheinebene bis zur Pfalz.

Innen nach der Durchfahrt zu ist ein Relief angebracht von dem unterfränkischen Bildhauer Zacharias Juncker dem Jüngeren; es zeigt das Wappen des Anselm Franz von Ingelheim, Kurfürst von Mainz, der die Festung letztmals 1680 ausbauen ließ

Auf der Rückseite des Turms ist unten eine Brunnenplatte mit zwei fischartigen Fabelwesen eingelassen, eine Kreuzung aus Salamander und Fisch, die an ihren Schwanzenden zusam­men­gebunden sind. Sie sollten Sinnbild des nie versiegenden Wassers auf der Burg sein. Die zwischen den beiden erkennbare stilisierte Lilie deutet auf die Renaissance und damit auf die Entstehungszeit um 1600 hin. Die Platte stammt von der 1765 abgebrochenen Zisterne und wurde in einem Kirschhäuser Anwesen wiedergefunden und von der Stadt Heppenheim an ihren Platz zurückgebracht.

Der Turm ist nur geöffnet von Karfreitag bis Ende September. Anstelle des Palas von 1680 steht seit 1959 die Jugendherberge. Ein Modell des mutmaßlichen Aussehens der Burg steht im Eingang der Jugendherberge.

 

Rundgang:

Nach der Abfahrt von der Burg parkt man kurz vor der Altstadt rechts im Bensheimer Weg (eine Stunde). Gegenüber dieser Abzweigung steht im Starkenburgweg der Gedenkstein für die neue Synagoge (1900 - 1938). Daneben befindet sich ein Bildstock. Von hier geht man in Richtung Altstadt. An der Ampelkreuzung geht man erst ein kleines Stück nach links und dann gegenüber in die kleine Bachgasse. Dort trifft man geradeaus in Nummer 3 auf die Alte Synagoge (1796 - 1900). Dann geht man nach links weiter durch die kleine Bachgasse mit schönen Fachwerkhäusern:

Das Haus Kleine Bach 12 liegt an der Ableitung des Stadtbachs und ist von 1560. Das Fachwerk ist gefügt mit starken Bundpfosten und Andreaskreuzen (Sanierung 1995).

Das Haus Nummer 14 ist das älteste Fachwerkhaus aus der Zeit um 1430; es ist ein Ständerbau mit gotischem Gefüge, Verblattungen und Verzapfungen

Das Haus Nummer 16 von 1526 hat spätgotisches Fachwerk, das konstruktive Gefüge ist ohne Schmuck (Sanierung 1999).

Das Haus Bogengasse 1 am zweiten Stadtmauerring hat einen Gewölbekeller aus dem 11. Jahrhundert, das Gebäude ist 1745 erbaut (Totalsanierung 2003 - 2005).

 

Nach rechts biegt man dann ein in die Amtsgasse mit dem tadellos restaurierten ehemaligen Kurmainzischen Amtshof. Der Kurmainzer Hof ist eine weiträumige Gebäudegruppe, zum Teil aus dem 13. Jahrhundert. Hundert Jahre später wurde das Obergeschoß in eine Kapelle umgebaut. Wandmalereien aus dieser Zeit sind im Kurfürstensaal zu besichtigen. An dem Hof wurde seit dem Mittelalter an- und umgebaut. Heute ist er ein passender Ort für ein Heimat- und Volkskundemuseum und für Theateraufführungen.

 

Weiter nach oben kommt man zum Marktplatz. Das Haus Großer Markt 8 ist aus der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts; im Giebelgefüge sieht man die Fachwerkfigur „Wilder Mann“ mit geschweiften Gegenstreben und, vertiefter Raute. Dies ist das Geburtshaus der Margarethe Berg, Großmutter mütterlicherseits von Fürstin Gracia Patricia von Monaco.

Das Haus Großer Markt 9 ist ein Backsteinbau von 1895, erbaut anstelle von zwei abgebrannten Fachwerkhäusern. Es ist ein viergeschossiges Giebelhaus im Stil des Historismus, ehemals Textilwaren Franz Georg Nack

Der Marktplatz ist der ganze Stolz und das Herz der Stadt Heppenheim. Das Fachwerk - Rat­haus hat Erker und einen Pranger. Auf dem Renaissance-Sockel von 1551 (Jahreszahl auf dem Portal) wurde nach dem letzten Brand ein zweigeschossiger Barockbau gesetzt, auf den später noch ein Türmchen mit einem Glockenspieltürmchen für das täglich mehrmals erklingende Glockenspiel kam. Der Marktbrunnen mit der Mariensäule ist von 1729 und zeigt die „Maria Immakulata“.

 

Links am Rathaus vorbei kommt man wieder nach links in die Kirchengasse. Das Haus Kirchengasse 6 - 8 ist das älteste Schulhaus mit Fachwerk aus der Zeit um 1680. In den Untergeschossen der Rückseite finden sich Mauerreste eines Wohnturmes des frühen Kirchenzwingers. Das zweigeschossige Traufenhaus hat im Erdgeschoß konstruktives Fachwerk, in den Brüstungen finden sich überkreuzte und vertiefte Rauten, im Gefüge ist eine Mannfigur mit geraden Gegenstreben.

 

Die die mächtige Basilika St. Peter wird „Dom der Bergstraße” genannt. Sie ist ein neugotischer Neubau, auf romanischem Untergeschoß errichtet und mit Doppelturmfront. Sie wurde im Jahre 1900 an gleicher Stelle wie die erste Kirche von 755 erbaut (Architekt: Prof. Ludwig Becker, Mainz). Der uralte linke Turm hat eine Inschrift oben in der Mitte etwa aus dem 11. Jahrhundert. Unten sieht man die Scharten vom Wetzen der Sensen. Die dreischiffige Basilika hat Ostquerhaus, Haupt- und Nebenchor, Maßwerk und Fensterrosen, eine Zweiturmfassade im Westen und eine achtseitige Vierungskuppel.

Vor der Kirche steht eine barocke Kreuzigungsgruppe von 1705. Im Pfarrhaus von St. Peter rechts lebte als Kaplan von 1910 bis 1911 der Theologe und Religionsphilosoph Romano Guardini (1885 - 1968). Links hinter der Kirche ist ein Feuerwehrmuseum.

 

Man geht wieder zurück zum Marktplatz und macht einen Abstecher in die Kellereistraße, die am Gasthof „Zum goldenen Engel“ beginnt. Er wurde nach dem Stadtbrand von 1685 erbaut, das Fachwerk ist aus der Zeit um 1700. Beim Umbau 1782 wurde die Fassade neu gestaltet. Das Portal hat Sprenggiebel und Girlandenschmuck. Über verputztem Erdgeschoß ist das Giebelhaus mit seitlicher Traufenwand und mit vertiefter Raute in überkreuztem Queroval

Die Schwellen sind reich profiliert. Über den Giebel ist ein Traufgesims geführt. Die Schneiderzunft - die vornehmste aller Zünfte - erkor den Gasthof im Jahre 1798 zu ihrer Herberge.

 

Das ehemalige Ackerbürgerhaus Kellereigasse 2 ist aus der ersten Hälfte 18. Jahrhunderts; es besteht aus zwei Giebelhäusern, verbunden durch zurückgesetzten Flügel mit Toreinfahrt. Das Haus hat im Giebel Schmuckfachwerk, es hat Mannfiguren mit geschweiften Gegenstreben, vertiefte Rauten in dekorativen Brüstungen.

 

Das Landratsamt war die neue Kellerei (Rechnungsamt), die gegen Ende des Dreißigjährigen Krieges vom Amtshof an diese Stelle verlegt wurde. Das Gebäude hat eine Wendeltreppe mit Stufenspindel in spätgotischer Profilierung und ein Portal aus der Zeit um 1530. Um 1600 erfolgte die Tieferlegung der Wendeltreppe. Das Beschlagswerk ist aus der Renaissance. Die dritte Bauepoche erfolgte unter Erzbischof Kurfürst Johann Friedrich Karl Graf von Ostein (1743 - 1763), dessen Wappen am Turm ist. Seit 1821 ist das Gebäude der Sitz des Landrats. In den Jahren 1907 bis 1909 wurde der Westflügel entlang der Kellereigasse unter Ernst Ludwig errichtet, aus den Jahren 1956 / 1957 ist der östliche Erweiterungsbau. Gegen über in der Kellereigasse an der Stadtmauer steht die alte Kellerei. In den Zaun des Landratsamts unten an der Straße ist das Portal des ehemaligen Postgasthauses „Zur Sonne“ aus dem 17. Jahrhundert eingefügt, das nach Abbruch des Gebäudes in der Darmstädter Straße 1970 hierher versetzt wurde.

 

Man geht dann wieder zurück zum Markplatz und von dort in die Marktstraße. Hier steht rechts steht die „Liebigapotheke“, die ehemalige Apotheke Pirsch. Hier verbrachte der weltbekannte Chemiker Justus Liebig 1818 ein Lehrjahr. Wie groß die Gefahr eines dritten Stadtbrandes durch Liebigs Experimente war, verschweigt die Ortschronik höflich. Jedenfalls brachte es der gerade 15 Jahre alte Junge fertig, bei einem mißglückten Versuch mit Knallquecksilber das Dach seiner Lehrstätte in die Luft zu jagen. Daß er sich damit selbst an die Luft gesetzt hat, wird dem jungen Justus so unrecht nicht gewesen sein. Endlich konnte er den ungeliebten, vom Vater aufgedrängten Apothekerberuf aufgeben und seiner erklärten Leidenschaft, der Chemie, nachgehen. Er hat später faktisch die moderne Chemie begründet. Er erfand Mineraldünger und Chloroform, im Nebenprodukt auch Fleischextrakt und Backpulver. Die Apotheke existiert seit einigen Jahren nicht mehr. In ihren Räumen werden jetzt in einem Restaurant mit dem sinnigen Namen „Alchemia“ Speisen angerührt.

 

Das Haus Marktstraße 6 - 10 ist aus der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts; im Hof stehen Mauerreste eines Stadtturmes aus dem 12. Jahrhundert; die ehemaligen Ackerbürgerhäuser sind giebelständig, der Zwischenbau mit Torbogen ist von 1575, das barocke Fachwerk ist aus der Zeit um 1720. Das Haus Nr. 8 ist ein Massivbau mit Fenster mit Renaissanceprofilen und einem Kellerschieber aus Sandstein im Sockel.

Das Haus Marktstraße 12 ist ein ehemaliges Ackerbürgerhaus von 1579, ein zweigeschossiges Giebelhaus mit massivem Sockel- und Erdgeschoß, die Fenster mit Renaissanceprofilen und Eckblumen. Das kräftige, breit gelagerte Fachwerk mit Beistrich hat in den Brüstungen Feuer­böcke, das Rahmholz ist profiliert.

Am Ende der Marktstraße das Wormser Tor, durch das man in die Fußgängerzone in der Friedrichstraße kommt. Von dort geht man wieder zurück zum Parkplatz. Von der Stadtbefestigung aus dem 12. Jahrhundert sind ein Rest des Mönchturms von 1180 und längere Mauerstrecken erhalten. Reste der Stadtmauer mit den malerischen „Wiekhäusern“ sind erhalten.

 

 

Weinheim

Der Kupferstecher Matthaeus Merian fertigte im Jahre 1645 ein Bild der Stadt Weinheim an. In seiner Beschreibung, dazu heißt es unter anderem: „Es sollen schon vor 700 Jahren viel Weingärten hier gewesen sein. Es gibt außer Fisch und Wein auch gute ‚Schnabelweid‘ hier, zum Beispiel in großer Anzahl aus dem angrenzenden Odenwald.“ So ist es bis heute geblieben: Weinheim ist ein Anziehungspunkt für Kenner der Bergsträßer Spitzenweine und der guten Küche. folgt. Eine Bergsträßer Besonderheit sind die Weinberge mit dem begrasten Boden.

Den Odenwald im Rücken, die Rheinebene zu Füßen, reiht sich entlang der Bergstraße zwischen Darmstadt und Heidelberg Städtchen an Städtchen. Mit wenigen Ausnahmen sind sie auf halber Bergeshöhe angesiedelt, meist burgengekrönt, und gerade diese Lage macht den besonderen Reiz aus. Hinzu kommt natürlich die üppige Vegetation in dem vom Klima so begünstigten, fast südländischen Landstrich. Ein Beispiel ist Weinheim, weniger Weinort, als der Name vermuten läßt, vielmehr ein Hort seltener Baum- und Pflanzenarten in Schloßgarten, Exotenwald und Staudengarten Hermannshof.

Wenn man von der Autobahn kommt, fährt man an der ersten Abfahrt nach rechts vorbei und an der zweiten dann (nicht in Richtung Fürth) nach rechts in Richtung Weinheim-Stadtmitte. In der Stadt fährt man zuerst ein Stück links auf die Bergstraße (B 3) und dann rechts in die Bahnhofstraße. Von ihr geht es dann gleich rechts ab in die Albert-Ludwig-Grimm-Straße. Man kann auch den Schildern „Schloß“ und „Exotenwald“ folgen. Man muß aber nicht auf den ausgewiesenen gebührenpflichtigen Parkplätzen parken, sondern auch in den Straßen unterhalb des Schlosses (in der Albert-Ludwig-Grimm-Straße allerdings nur eine Stunde, das ist für Exotenwald, Schloß und Stadt zu kurz). Dafür gibt es noch die andere Möglichkeit, über die Lützelhauser Straße nach links in die Bodelschwingh-Straße zu fahren und dort unterhalb des Altenheims zu parken (zum Beispiel gegenüber dem Mausoleum).

 

Man geht zuerst zum ehemaligen Schloß. Es setzt sich aus Bauteilen verschiedener Epochen zusammen. Zum ältesten Baubestand aus der Zeit um 1400 gehört die Durchfahrt des Obertorturms, der durch den Umbau Ende des 17. Jahrhunderts seinen wehrhaften Charakter verlor. Nördlich schließt sich der Renaissancebau des Kurpfälzischen Schlosses von 1537 an. Hier verbrachten Mitglieder der kurfürstlichen Familie wie Ottheinrich, Johann Wilhelm und seine Frau Anna Maria Luisa Medici sowie Elisabeth Auguste längere Zeit.

Dann folgt der von der Familie Berckheim in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts umgebaute Schloßteil mit dem 1868 errichteten neugotischen Turm. Der südlich des Obertors gelegene barocke Schloßteil wurde 1725 durch die Familie Ullner von Dieburg errichtet. Heute ist das ehemalige Schloß das Rathaus und der Sitz der Stadtverwaltung. Das Schloß war Sitz der Adelsfamilie Ullner von Dieburg, die einst Honore de Balzac als Gast beherbergten. Angeblich soll Balzac auch in Weinheim seinen Roman „Louis Lambert“ vollendet haben.

Hinter dem Schloß überquert man die Obertorstraße, das Obertor ist rechts. Auf der anderen Seite der Straße steht das Schloß Berckheim, entstanden aus dem Adelshof der Schwende und Ullner und dem Kurpfälzischen Schloß von 1537, der Turm ist von 1868,

Man geht auch durch dieses Schloß hindurch und rechts vorbei zum „Blauen Turm“. Seinen Namen verdankt der Blaue Hut der Farbe seines ehemaligen Schieferdaches. Er ist südwestlicher und wohl ältester Teil der Stadtbefestigung aus der Zeit um 1250 bis 1300. Der nur über den Wehrgang zugängliche Tür diente in früheren Zeiten als Gefängnis mit einem acht Meter tiefen Verließ. Hier sind ein Teil der Stadtmauer und des ehemaligen Zwingers erhalten.

Etwas unterhalb des Turms ist ein Heilpflanzengarten angelegt und eine Vogelvoliere mit ihrem exotischen Tierbesatz. Nach rechts geht es weiter und durch ein Türbogen in den Exotenwald. Hier stehen ganze Bestände fremdländischer Bäume, die es in anderen europäischen Waldregionen nicht gibt, abgesehen von meist künstlich angelegten Parkanlagen, die jedoch mit einer Waldlandschaft von der Größe des Weinheimer Exotenwaldes nicht zu vergleichen sind, er ist der größte seiner Art in Mitteleuropa, die einzige zusammenhängende Waldfläche dieser Art in ganz Europa.

Die ersten Pflanzungen nahm Christian Freiherr von Berckheim in den Jahren 1872 bis 1884 (nach anderer Angabe 1860  - 1868) vor. Ausschlaggebend war das Interesse des Grafen an der Fähigkeit exotischer Pflanzen zu Anpassung an andere Umweltbedingungen, das ihn veranlaßte, Pflanzensamen von Reisen nach Amerika und Asien in seinem heimatlichen Besitz auszustreuen und den Waldpark in englischem Stil anzulegen. Er pflanzte zunächst längs der Wege baumartenreiche und von wertvollen Bäumen geprägte Alleen. Zwischen den Alleen legt er Waldbestände mit interessanten fremdländischen Bäumen an. Sie stammen vorwiegend aus Nordamerika, Klein­­asien, Nordafrika und dem Mittelmeergebiet. Während ein Großteil der Alleen bereits früh ausfällt, entwickeln sich die Waldbestände zu hochinteressanten und beeindruckenden Baumbeständen. Der Anbau dient sowohl der Präsentation interessanter Baum- und Straucharten als auch der Beobachtung und Dokumentation des Wachstumsverhaltens der Bäume unter Weinheimer Bedingungen.

Nach einem „Dornröschenschlaf“ von 50 Jahren beginnt in den dreißiger Jahren des vergangenen Jahrhunderts eine zweite Anbauphase, die neben Tochterbeständen der Gründerzeit insbesondere japanische und ostasiatische Baumarten einbringt. Im Jahre 1955 erwirbt das Land Baden-Württemberg das besondere Waldgebiet und leitet damit eine dritte, bis heute andauernde Anbauphase ein. Durch Geländezukäufe wächst der Exotenwald auf nahezu 60 Hektar. Neben dem weiteren Anbau interessanter fremdländischer Bäume und Sträucher wird er auch als stadtnahes Ruhe- und Erholungswaldgebiet gestaltet.

Hier finden sich Himalaya-Zedern, kanadische Weißfichten, japanische Tannen (Sicheltanne), japanischer Kataurabaum, China-Eschen, Gingko-Baum, russischer Korkbaum, kalabrische Schwarzkiefer, Lärchen aus den  Karpaten, Orientbuchen aus der Türkei, Serbische Fichten, Silberlinden aus Kleinasien und Morindafichten aus Indien und Afghanistan.

Bemerkenswert ist, daß Waldbestände und keine Einzelbäume wie in Parks angepflanzt werden. Im Exotenwald sind heute rund 140 verschiedene Baumarten aus 18 Waldregionen in Europa, Amerika, Asien und Afrika zu bewundern. Jährlich kommen drei bis fünf neue dazu. Die höchsten Bäume – im Jahre 2002 bereits 130 Jahre alt - sind mehr als 55 Meter hohe Mammutbäume (Sequoiadendron giganteum) mit mächtigen, rotberindeten Stämmen. Ihre Heimat ist ursprünglich das westliche Nordamerika. Sie zählen zu den höchsten Bäumen in Europa.

Botaniker, Forstfachleute, Studiengruppen, natürlich auch viele Touristen, kommen von überall her. Vor allem aus den USA, aus lateinamerikanischen Ländern, aus dem Nahen Osten, Indien und Japan machen die Besucher Station.

Der Exotenwald ist heute ein stadtnaher Erholungswald. Auf gut begehbaren, gekennzeichneten Rundwegen können die Laub- und Nadelbaumarten besichtigt werden. Das Waldgebiet ist Eigentum des Landes Baden-Württemberg und öffentlich zugänglich. Der Eintritt ist frei. An den Exotenwaldeingängen weisen Tafeln auf drei Rundwege verschiedener Länge hin. Diese Rund­wege sind im Wald ausgeschildert. Ein Teil des Baumbestandes wird durch Hinweistafeln erläutert.

Auf drei verschiedenen Wanderwegen erfährt durch informative Beschilderung alles Wissenswerte über diesen Zauberwald. Man folgt am besten dem Wanderzeichen roter Strich, den mittleren Weg. Wo er sich teilt, geht es links auf dem geteerten Weg zur Kneippanlage. Man geht aber den geschotterten Weg rechts hinauf (Nummer 3). Er führt zu den Umweltmammutbäumen, die aus China stammen und lange Zeit als ausgestorben galten. Sie stehen in der ersten Linkskurve.

Um die Wendthütte herum (nur ein kleine Schutzhütte) geht es dann rechts weiter und wieder abwärts zu den Riesenmammutbäumen. Diese stammen aus Amerika, wo Exemplare mit einem Alter von 3000 Jahren stehen. Amerikanische Wissenschaftler bezeichneten die Bestände an Mammutbäumen im Weinheimer Exotenwald als die schönsten, die sie je außerhalb Amerikas gesehen haben.

Am Altersheim kommt man wieder aus dem Wald heraus. Dort steht auch eine Übersichtstafel über den Exotenwald. Etwas unterhalb steht das Mausoleum der Adelsfamilie Berckheim, in den Jahren 1908 - 1913 entstanden. Vor diesem geht man rechts hinab wieder zum Eingangstor in den Exotenwald.

Man kann aber auch beim Altersheim parken und zunächst den westlichen Weg am Hochbehälter vorbei in den Wald gehen. Nach einem Stück Weg zweigt dann rechts der Weg Nummer 1 ab, der zur Kneippanlage und zum Teich führt. Dieser Weg führt dann wieder zurück zu der Stelle, wo der Weg mit dem roten Strich aufwärts zu den Urweltmammutbäumen führt. Hier kann man noch den anfangs beschriebenen Weg gehen oder auch den Weg nach rechts wieder direkt zum Altersheim (Weg Nummer 2 / 3).

Der Exotenwald ist aber noch größer. Die Übersichtskarte gibt die Grenze des Waldes an, der dann in den üblichen Wald übergeht. Ein ausgezeichnetes Beispiel, wie harmonisch ein Park und ein „natürlicher“ Wald ineinander übergehen können, bietet die Umgebung Weinheims. Der   „Naturpark Odenwald“ ist neueren Datums, größeren Ausmaßes und weniger ausdrucksvoll. In ihm soll schlicht die Schönheit der Landschaft bewahrt und dem Menschen für seine Erholung zugänglich gemacht werden, worin Parks in herkömmlichem Sinn mit eingeschlossen sein können.

 

Vom Eingangstor zum Exotenwald geht man geht man aber links um die Springbrunnen herum durch den Schloßpark. Den Ursprung des Schloßparkes bilden um 1700 zwei Barockgärten, ehe vermutlich der Kurfürstliche Gartendirekt Ludwig von Sckell den Schloßpark zu einem englischen Garten umgestaltet. Ihre endgültige Form erhält diese großzügige Parkanlage im 19. Jahrhundert durch Gräfin Auguste von Waldner-Freundstein und was später durch Freiherrn Christian von Berckheim. Ihm ist vor allem der Artenreichtum des wertvollen Baumbestandes zu verdanken. Im Jahre 1938 gehen das Schloß und der Park in den Besitz der Stadt über.

Aufgrund seiner Vielfalt läßt sich der Park aus jedem Blickwinkel neu erleben. Als botanische Entdeckungsreise, zum Verweilen, Entspannen: Für die einen ist er Ort der Ruhe und Entspannung, für die anderen jedoch eine Insel exotischer Schönheit mit seltenen und teils sehr alten Gehölzen. Mit seinen neu gestalteten Spielplätzen bietet er auch Kindern die Möglichkeit, sich in der Natur auszutoben.

Es gibt historische und moderne Skulpturen. In der Mitte steht der Schloßparkweiher mit seinen Fontänen. Ein Rundweg führt zu herrlichen Ausblicken auf Odenwald, Schloß und Burgen. Große Rhododendren und Eiben sowie Buchs, Stechpalmen, Tannen, Fichten, Eßkastanien und Kiefern prägen das Bild des Parks.

Glanzpunkte sind: Die älteste Zeder Deutschlands im Kleinen Schloßpark unmittelbar am Schloß, den man durch ein Tor erreicht. An der Mauer stehen alte Grabsteine. Hier steht die mit 250 Jahr älteste und größte Libanon-Zeder Deutschlands von viereinhalb Meter Umfang. Weitere markante Gehölze oder Gehölzgruppen sind: Eisenholzbaum, Bitterzitrone, Japanische Schnurbäume, Ginkgo, Sassafras, Amberbaum,  Geweihbaum und Stieleiche.

 

Man geht jetzt wieder über den Schloßplatz zur Obertorstraße, aber nach links zum Marktplatz hinunter. Auf dem Marktplatz endet der Sommertagszug, bei dem seit rund 100 Jahren der Winter symbolisch verbrannt wird.

Links steht die katholische St. Laurentius-Kirche. Sie wurde neu erbaut in den Jahren 1911 / 1913 und birgt in ihrem Innern zahlreiche Grabdenkmäler aus dem 13. - 18. Jahrhundert und einige aus dem 14. Jahrhundert stammende Wandmalereien aus der alten Kirche. Die Hoch- und Seitenaltäre stammen aus der Zeit um 1730. Überragt wird das Langhaus der Laurentiuskirche durch den bereits 1850 nach Plänen des in Weinheim geborenen badischen Baumeisters Heinrich Hübsch errichteten Turm.

Gegenüber im Eckhaus Obertorstraße / Mittelgasse (Obertorstraße 1) wohnte von 1818 bis 1838 der Pädagoge, Schriftsteller und Politiker Albert Ludwig Grimm (1786 - 1872). Grimm war nicht verwandt mit den Brüdern Grimm, veröffentlichte aber unter anderem als Erster eine Bearbeitung des Märchens „Schneewittchen” in deutscher Sprache. Das „Fürstenzimmer” im 1. Stock zeigt noch die ursprüngliche Ausstattung mit reichen Stuckarbeiten vom Ende des 18. Jahrhunderts. Hier starb 1795 Fürst Friedrich zu Schwarzenberg.

Unten rechts steht das Alte Rathaus von 1557 mit einem Turm. Das Erdgeschoß des um 1557 als Kaufhaus geschaffenen Baus war ursprünglich eine offene Halle. Darüber befindet sich der mit reicher Renaissancemalerei ausgestattete Bürgersaal. Ab 1752 bis nach dem Ersten Weltkrieg diente das Gebäude als Rathaus. Der Staffelgiebel und der hölzerne Balkon wurden 1861 / 1862 stilgerecht erneuert. In den Jahren 1968 und 1997 - 2002 wurde das Gebäude einer umfassenden Renovierung unterzogen. An der Vorderfront zeigt ein Schildhalter im zweiten Obergeschoß die drei Bestandteile des Weinheimer Wappens: den pfälzischen Löwen, die weiß-blauen Wittels­bacher Rauten und die Weinleiter. In unmittelbarer Nachbarschaft stehen der Marktbrunnen aus dem Jahre 1928 mit der Statue der Justitia und der prächtige Fachwerkbau der Löwenapotheke aus dem Anfang des 17. Jahrhunderts.

 

Vom Marktplatz biegt man rechts in die Hauptstraße. Dort steht links die evangelische Stadtkirche. Sie ist in die Häuserreihe der Hauptstraße eingefügt. Im Jahre 1731 wurde der Grundstein gelegt, die Kirche jedoch erst 1736 eingeweiht.

Wenn man die Hauptstraße weiter geht kommt man rechts zum Müllheimer Tor, an das ein Sandsteinrelief erinnert. Es war das östliche der drei Weinheimer Stadttore, wurde 1608 errichtet und 1882 abgerissen. Der Torbogen mit der Inschrift wurde erhalten und bildet nun den Eingang zum Schloßpark.

Etwas weiter links in der Gundelbachstraße steht der Hexenturm. An dem heute unterirdisch fließenden Grundelbach gelegen, stehen die Überreste des im 13. Jahrhundert erbauten Hexenturms; ein ehemaliger Doppelturm, worauf der noch halber Höhe sichtbare Verbindungssteg hinweist. Der Name entstand erst im 19. Jahrhundert: in den Unterlagen der Stadt gibt es keine Hinweise auf Hexenprozesse.

 

Weiter geht es am offenen Bach entlang in die Stadtmühlengasse und nach rechts in das Gerberbachviertel, das besterhaltene kleinstädtische Gerberviertel des Mittealters (man kann auch von der Hauptstraße gleich links die Höllenstaffel hinuntergehen). Im Wasser des offenen Bachlaufs wurde früher Leder gegerbt, heute wird er von Kindern zur Gerberbachregatta des Altstadtfestes genutzt. Das Gerberbachviertel wirkt mit seinen winkligen Gassen und alten Fachwerkhäusern sehr malerisch. In diesem am Bach gelegenen Viertel sind noch heute zahlreiche ehemalige Gerberhäuser und -werkstätten zu sehen, zum  Beispiel Gerbergasse 14, Lohgasse 5, Gerbergasse 3. Quergasse 1 und Münzgasse 8.

Links, wo es die Höllenstaffel hinauf geht, steht das Geburtshaus des Pfarrers Georg Friedrich Schlatter, Alterspräsident des badischen Landtags  von 1849. Nach links geht es durch die Gerbergasse am offenen Bach entlang. Rechts steht ein nur 2,35 Meter breites Haus, das als Ferienhaus genutzt wird. Links steht ein Gerberhaus vom Ende des 16. Jahrhunderts. Die Münzgasse wird gequert.

In der Münzgasse 13 steht das „Kerwehaus“. Das 1559 erbaute Fachwerkhaus ist seit 1970 im Besitz des „Heimat- und Kerwevereins Alt Weinheim“. Es bildet den Mittelpunkt des jährlich Anfang August stattfindenden Weinheimer Kerwe (Kirchweih). Bei der „Kerwe“ findet hier ein Handwerkermarkt statt.

In die Stadtmühlgasse 2 gehört die Ullner Kapelle, die aber nur Chor und Langhaus von der Gerberbachseite aus sichtbar sind. Sie wurde um 1350 dank einer Stiftung der Hildegund von Weinheim erbaut. Das Hauptportal der Kapelle, von einem Wohn- und Geschäftshaus zur Marktplatzseite überbaut, zeigt im Schmiedewerk das Wappen der Ullner, der späteren Besitzer der Kapelle. Das zur Stiftung gehörende, an die Kapelle angebaute frühere Armen- und Altenspital wurde mehrfach umgebaut.

Die nächste Straße ist die Judengasse, in die man nach links einbiegt. Dort steht rechts der Büdinger Hof von 1582, wahrscheinlich das Zunfthaus der Gerber. Am 1582 errichteten Treppenturm sind unter anderem  die Initialen des Erbauers Thomas Büdinger und das Schabmesser als Zunftzeichen der Gerber zu sehen. An der Stelle des Nebengebäudes auf der linken Seite befand sich im Mittelalter vermutlich die Synagoge der 1298 erstmals erwähnten jüdischen Gemeinde Weinheims. Ein Stück weiter in der Straße steht rechts der Judenturm. Im Hof des Hauses Judengasse 9 sind Fundamente des im 14. Jahrhundert erbauten, viereckigen, ehemals mächtigen Turmes erhalten. Er stand in der Nord-Ost-Ecke der befestigten Stadt.

 

Man überquert dann die Hauptstraße. Links steht das Museum, das ehemalige Deutschordenshaus (Amtsgasse 2). Es wurde 1710 unter dem Hochmeister Franz Ludwig von der Pfalz errichtet. Sein Herrschaftswappen schmückt das stattliche ehemalige Eingangsportal. Im Innenhof des Gebäudes befindet sich eine 1949 geschaffene Nachbildung des Merian-Stiches von Weinheim aus dem Jahr 1618. Das Museum zeigt u. a. Funde der Vor- und Frühgeschichte, den Nächstenbacher Bronzefund, Fresken des 13. und 14. Jahrhunderts aus der Peterskirche, Ansichten Weinheims und seiner Umgebung, Biedermeier- und Historismusmöbel aus dem Weinheimer Schloß und bietet Informationen zur Stadtgeschichte. (Öffnungszeiten: Dienstag bis Samstag 14 bis 17 Uhr. Sonntag 10 bis 17 Uhr)

Durch das Schlossergäßchen kommt man zur Institutsstraße, in die man nach links einbiegt. Rechts steht das Molitorsche Haus, ein ehemaliger Adelshof, der sich im Besitz der Familie Ullner von Dieburg befand. Der Massivunterbau und der achtseitige Treppenturm entstanden 1557 /  1558. Die Konstruktion des Fachwerkobergeschosses und des Giebels datiert aber von 1344  und gilt damit als das älteste Fachwerk zwischen Rhein, Main und Tauber.

 

Man kommt wieder zum Marktplatz und geht nach rechts in die Rote-Turm-Straße. Links steht das katholische Pfarrhaus. Dieses war das ehemalige Karmeliterkloster (Rote Turmstraße 1). Der Klosterbau, dessen Grundstein 1720 an der Stelle eines Vorgängerbaus gelegt wurde, dient seit der Aufhebung des Klosters im Jahre 1802 als katholisches Pfarrhaus.

Rechts steht der Rote Turm aus dem 14. Jahrhundert. Er diente bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts als Gefängnisturm. Der Pyramidenkegel über dem Zinnenkranz trug früher ein rotes Ziegeldach, das dem Turm seinen Namen gab. Im Inneren ist in der pyramidenförmigen Steinspitze das Holzgebälk aufgehängt.

 

Wenn man nach links weitergeht kommt man wieder zum Schloßeingang und geht nach rechts hinunter in die Albert-Ludwig-Grimm-Straße. Von dieser zweigt nach rechts die Babostraße ab. Dort ist links der Stadtpark, der an der Stelle von Weinbergen und später zwei Friedhöfen angelegt wurde. Drei bedeutende Denkmäler hat diese Parkanlage zu bieten: Das 1999 aus rotem Odenwälder Sandstein errichtete Mahnmal für die Opfer von Gewalt, Krieg und Verfolgung, das Babo-Denkmal und das Kraused -Avis-Grabmal, das an die frühere Nutzung des Geländes als Friedhof erinnert. Interessant ist auch der historische Geißenbrunnen.

 

Rechts geht es in den Hermannshof, der große Staudengarten „Schau- und Sichtungsgarten Her­mannshof“ mit einem großen Myrtenbaum, der im Winter gegen die Kälte eingehaust wird. Die ursprünglich über 200 Jahre alte, rund 2,2 Hektar große Gartenanlage inmitten der Stadt wurde 1981 - 1983 von der Industriellenfamilie Freudenberg zu einem Schau- und Sichtungsgarten für Stauden umgestaltet.

Der Park ist kein botanischer Garten im üblichen Sinn, sondern ein lebendiges Gartenlehrbuch, das Pflanzbeispiele und Gestaltungsideen zeigt. Mit seiner 22.000 Quadratmeter großen, über 200 Jahre alten Gartenanlage,  dient er als gärtnerisch-botanische Versuchsstätte für Stauden unzähliger Arten und Größenordnungen. Er beherbergt über 2.500 Staudenarten und seltene Gehölze. Ferner prägen alte, in Deutschland zum Teil sehr seltene Gehölze die Anlage. Ein Besuch gibt Gartenfreunden Fachleuten viele Anregungen für neuartige, ansprechende Gartengestaltung.

Das Konzept lautet:

o Der Hermannshof arbeitet wissenschaftlich und experimentell an der Entwicklung einer modernen Pflanzenverwendung. Drei Ziele stehen dabei im Vordergrund:

o Die Untersuchung der Konkurrenzverhältnisse zwischen den Pflanzen bei unterschiedlichen Wachstums- und Standortbedingungen.

o Die Gestaltung von Pflanzenkombinationen, die aufgrund von Harmonie bzw. Kontrast der Formen und Farben von hohem ästhetischem Reiz sind. Hier werden Pflanzenbilder mit natürlich Charakter gestaltet

o Die Etablierung dauerhafter Pflanzungen mit vermindertem Pflegeaufwand und einer lang-anhaltenden Attraktivität.

o .Die häufigsten Standortsituationen von Stauden werden in sieben verschiedenen Lebensbereichen dargestellt: Gehölz, Gehölz, Freiflächen, Steinanlagen, Wasserrand und Wasser sowie Beet.

 

Zwei Burgen:

Von der Autobahn kommend fährt man erst ein Stück links und dann rechts in die Bahnhofstraße. Die Wegweiser „Zwei Burgen“ weisen den Weg.

Kurz vor der Weschnitz kommt man an der Alten Post vorbei (Alte Postgasse 41). Die Alte Post am Südufer der Weschnitz wurde nach fünfjähriger Bauzeit 1582 fertiggestellt. Bis Anfang des 19. Jahrhunderts beherbergte sie als Wirtshaus „Zum Goldenen Bock” auch berühmte Leute, etwa Goethe auf dessen Durchreise 1775. Im Jahre 1801 kam das Gebäude in den Besitz des kaiserlichen Posthalters Hübsch, der es nach einem Umbau bis 1840 als Posthalterei benutzte. Das 1836 in klassizistischer Form erbaute, zweigeschossige Haus mit seinen drei Arkaden im Erdgeschoß beherbergt seit über 150 Jahren die Gemeinde- und Ortsteilverwaltung Sulzbach. Über dem mittleren Bogen ist das Sulzbacher Wappen, ein fünfstrahliger silberner Stern im blauen Feld, angebracht.

Ein Stück weiter in der Birkenauer Talstraße steht die Peterskirche. Die erste Nachricht über eine Kirche in Weinheim stammt aus dem Jahre 861. Möglicherweise handelte es sich hierbei um einen Vorgängerbau der um 1000 errichteten Peterskirche. Die Peterskirche erfuhr im Lauf der Jahrhunderte viele bauliche Veränderungen. Im Jahre 1910 wurde sie abgerissen und durch den jetzigen neo-romanischen Bau ersetzt. Die mittelalterlichen Fresken sind heute im Museum der Stadt Weinheim zu sehen. Seit Einführung der Reformation in der Kurpfalz 1555 / 1556 diente die Peterskirche, von kurzen Unterbrechungen abgesehen, der evangelisch-reformierten Gemeinde.

 

Ruine Windeck:

Das Zeichen offenes weißes Viereck führt für den Fußweg vom Bahnhof nach rechts zunächst durch die Neustadt und schließlich über einen Treppenabgang durch das Gewinkel der Gassen zum Schloßberg. Mit dem Auto fährt man den Wegweisern „Zwei Burgen“ nach. Es geht nach rechts in die Gundelbachstraße und dann nach links in die Schloßbergstraße, die zu beiden Burgen führt. Zuerst geht es an einer Bank rechts ab zur Windeck. Man kann auf dem ausgewiesenen Parkplatz parken, aber auch noch auf dem Weg zum Burgtor.

Die Burg steht auf dem 222 Meter hohen Schloßberg und gilt als das älteste Baudenkmal Weinheims. Ihre Geschichte ist auf das engste mit der des Klosters Lorsch verbunden. Im Jahre 773 hatte Karl der Große dem Kloster die gesamte Mark Heppenheim bis Weinheim geschenkt. Als die Fronhöfe zu klein wurden, den Pachtzins der Hübner in Form von Wein, Getreide und Früchten aufzunehmen, entschlossen sich die Äbte 1107 auf dem Berg über der Weschnitz eine größere, befestigte Kellerei zu bauen, besonders für die Lagerung des Weines (Weinmagazin). Die Windeck war also eine Schutzburg des Klosters Lorsch.

Festungscharakter hatte die Anlage allerdings zunächst nicht. Erst nachdem auf Befehl Kaiser Heinrichs V. im Jahre 1114 die Burg geschleift worden war, wurde sie in ihrer heutigen Ausdehnung errichtet. Im Dreißigjährigen Krieg wurde sie stark zerstört. Im Jahre 1674 wurde sie endgültig durch den französischen General Turenne zerstört. Seit 1978 ist die Burgruine im Besitz der Stadt Weinheim, die sich um den Erhalt der Burg bemüht.

Es ist erstaunlich, wieviel Mauerwerk noch von der Burg erhalten ist. Immerhin diente sie den Weinheimern Ende des 17. Jahrhunderts über Jahre als Steinbruch für die Wiederherstellung ihrer Häuser. Achtundzwanzig Meter ragt der Bergfried empor, von dem die große Heerstraße des Mittelalters, die Bergstraße, beobachtet werden konnte. Eine architektonische Rarität ist die in die Mauer des Bergfrieds eingelassene Wendeltreppe. Der Turm kann bestiegen werden.

Im Südosten der Anlage ist der vierstöckige ehemalige Palas zu erkennen, unter dem sich das mächtige Kellergewölbe befindet. Von den Wirtschaftsräumen auf der Westseite ist nur noch der Grundriß vorhanden, eine Burgschänke steht an dieser Stelle.

Man fährt wieder zurück bis zu der Bank und dann rechts hinauf zu Wachenburg. Man kann auf dem zunächst angezeigten Parkplatz parken. Es gibt aber auch noch weiter oben einen Parkplatz links vom Eingang zur Burg.

 

Wachenburg:

Die Wachenburg liegt auf dem der Windeck gegenüberliegenden Bergkegel in 328 Meter Höhe, fast auf der Kuppe. Man könnte die Burg für die besterhaltene mittelalterliche Anlage halten, mit ihrem Bergfried, Palas, Ehrenhof, Toren und der Burgschänke, wüßte man nicht, daß sie erst kurz vor und nach dem Ersten Weltkrieg entstanden ist (1907 bis 1928).

Erbaut wurde sie vom Weinheimer Seniorenkonvent der Vereinigung studentischer Korps an den deutschen Technischen Hochschulen und Bergakademien als Gedenk- und Begegnungsstätte des Weinheimer Senioren-Convents und seiner aktiven studentischen Corps. Über dem Wappentor sind die Embleme der 62 angeschlossenen Korporationen eingelassen. Die Burg ist Mahnmal für die Gefallenen des Korps. Ein Mahnmal für die Gefallenen des Weinheimer Seniorenkonvents, der Vereinigung des studentischen Korps an den deutschen Technischen Hochschulen, wurde 1938 errichtet. Mittelpunkt des gesellschaftlichen Lebens des WSC ist das alljährlich in der Himmelfahrtswoche stattfindende Treffen.

Der Panoramaradius von der „Studentenburg“, wie der Volksmund sie nennt, ist noch umfassender, weitreichender als der von der Windeck. Das Zeichen roter Strich weist den Weg zur Vogesenschau, einem Aussichtspavillon.

 

Ortsteile:

In den Jahren 1971 bis 1973 wurden die umliegenden Ortschaften Hohensachsen, Lützelsachsen, Oberflockenbach, Ofling, Rippenweier, Ritschweier, Sulzbach und Waid eingemeindet. In den Bergstraßenorten Hohensachsen, Lützelsachsen und Sulzbach spielte der Wein- und Obstbau eine große Rolle. Die im Odenwald gelegenen Ortsteile werden durch bewaldete Höhen und Wiesen geprägt.

Der an der Kreuzung der Wege von Ritschweier nach Oberkunzenbach und von Weinheim nach Oberflockenbach gelegene Bildstock stammt aus dem 16. / 17. Jahrhundert, vielleicht sogar aus spätgotischer Zeit. Seinen Namen „Am kalten Stein” bzw. „Kalter Herrgott” trägt er wohl nach dem kalten Wind, der über diese Hochfläche weht.

Das Oberflockenbacher Ortsbild weist noch eine Reihe schöner, größtenteils in das 18. und 19. Jahrhundert zu datierender Hofanlagen auf. Der „Atzelhof“ (Bildstockweg 7) mit einem Fachwerkbau aus dem frühen 17. Jahrhundert ragt durch Alter und Ausstattung daraus hervor.

 

Rippenweiher / Heiligkreuz::

Die 1545 erstmals erwähnte Hessenmühle (Odenwaldstraße 2) wurde im Dreißigjährigen Krieg zerstört. Das große Fachwerkgehöft mit Mühlenbau stammt aus dem 18. Jahrhundert und wurde zeitweilig als Papiermühle und Kupferschmelze genutzt. Die Kapelle zum Heiligen Kreuz wurde erstmals 1496 erwähnt. Sie wurde von 1699 bis 1969 als Simultankirche von beiden Konfessionen genutzt. Chor und Ostteil des Langhauses der heutigen evangelischen Kirche reichen in die erste Hälfte des 14. Jahrhunderts zurück. Der Turm mit Spitzhelm stammt aus dem 15. Jahrhundert. Ende des 18. Jahrhunderts wurde das Langhaus umgebaut und verlängert.

 

 

Hemsbach

Das badische Städtchen hat sich im Verlauf seiner Geschichte längst an diesen Außen-Posten gewöhnt unter zweimaliger Herrschaft der Kurpfalz und zwischenzeitlich des Fürstbistums Worms. Sie alle haben dem Ort im Laufe der Jahrhunderte ihren Stempel aufgedrückt, beginnend mit dem Bau einer Wasserburg um 1264.

Einst galt der Ort zwischen Heppenheim und Weinheim als „Kellerei”, in welcher neben dem Schultheiß der „Keller” fast ebenso viele Befugnisse hatte. Den Weinbau an den oberhalb der Bergstraße aufsteigenden Odenwaldhängen hat es laut Lorscher Codex schon um die Zeit gegeben, als das Dorf Hemsbach darin 795 vermerkt wurde.

Trotz bedauerlicher Sanierungskahlschläge und trotz rasanten Wachstums in den letzten 20 Jahren um mehr als die Hälfte auf 13.000 Einwohner hat Hemsbach zumindest in seinem Herzen dörflichen Charakter behalten. Alte Dorfhäuser, Güter, Höfe, Scheuern, Tore, rundbogige Kellereingänge mit Jahreszahlen aus dem 16. und 17. Jahrhundert dienen allerdings seit der Aussiedlung der Bauern vor allem dazu, die Zahl der immer schon reichlich vorhandenen Gasthäuser zu vermehren. Ausgediente Scheunen und Keller geben heute urige Lokale ab, in denen der Hemsbacher Rittersberg kredenzt wird. Aus einer solchen Scheune machte ein Sammler-Wirt ein „Weinbaumuseum” mit alten Eichenkeltern, Fässern und tonnenschweren Winzergeräten, das allabendlich außer montags zum Umtrunk einlädt.

Auch das älteste Gebäude ist heute Lokalität. Fälschlicherweise heißt es „Zehntscheuer”. Die eigentliche Zehntscheuer ist an der Frankfurter Straße nur noch zur Hälfte vorhanden. Das, was sich jetzt so nennt, ist das gebliebene Ritterhaus einer früheren Wasserburg. Das Wasser hat diesem früheren „Alten Schloß” der Erbauer des neuen abgegraben, ein Regierungs-, Hofkammer- und Jagdrat der Kurpfälzer Herrschaft des 18. Jahrhunderts.

Die Hemsbacher machen so wenig Aufhebens auch von diesem historischen Bau, der später von der Frankfurter Bankiersfamilie Rothschild gekauft wurde, daß sie ihn nur nach ihrer jetzigen Funktion bezeichnen: „Rathaus“. Und auch sein Aussehen erinnert kaum an ein Schloß, eher an ein Kurhaus.

Im Zentrum des Ortes steht die große Synagoge, die 1981 vom Synagogenverein gekauft wurde. Sie blieb 1938 erhalten, weil ise zu nahe an den anderen Häusern steht. Sie wurde von der Familie Rothschild gestiftet, die in Hemsbach Besitzungen hatte, unter anderen ein Sommerhaus.

In der Nähe des Ortes ist der jüdische Friedhof, der in einem Sumpfgebiet für die Juden aus Nordbaden und Südhessen angelegt wurde, weil niemand sonst Land für den Friedhof verkaufen wollte. Die letzte Beedigung fand 1942 statt, ehe die besssischen Juden verschlepppt wurden. Danach sollte ein Steinmetz die Steine abbauen, aber das unerblieb, weil man sich über den Preis nicht einig wurde.

 

Hemsbach ist auch sonst gut für Entdeckungen und Überraschungen. Jenseits der Bundesstraße 3, der Bergstraße, steigt der Mühlweg hoch zum Kreuzberg mitten im Naturpark Neckartal-Odenwald. Am Weg gegenüber der ehemaligen Ölmühle am plätschernden Hemsbach weist Eingeweihte ein fast unscheinbarer Kruzifixus auf die Geheimnisse des Berges hin. Der weiße Hirsch mit Kreuz zwischen dem Geweih am Fuß des Bildstocks soll einst einem Oberjäger erschienen sein. Er verzichtete daraufhin auf den Schuß, berichtet eine Version der Sage. Die andere, daß er nach dem Schuß blind wurde, Quellwasser vom Berg ihn aber heilte. Jedenfalls stiftete er aus Dankbarkeit das Kreuz, und der Berg benannte sich danach, hatte er doch schon lange kultische Bedeutung. Nicht nur, weil die Natur einen Granitblock in Form eines „Steinernen Gaul” ihm aufgeladen hat.

Dichtung und Wirklichkeit umspinnen den Berg, hinter dem sich die weite, stille Odenwaldlandschaft auftut, dort, wo der „Vierritterturm” steht. Der Name täuscht ebenfalls. Die Ruine ist nur ein Überbleibsel eines mittelalterlichen Hofs.

Zum Schluß noch ein Leckerbissen für den Sonntagsbesucher: Das Musikmuseum über dem zweistöckigen „Bacchuskeller”, Mittelgasse 2 (Eingang von der Rückseite). Es ist das Hobby eines Privatmannes, der alte Musikgeräte sammelt, restauriert und in Gang setzt, welche die Urgroßelterngeneration in Schwung brachten. Die Weisen der schrankgroßen Orchestrions, Kirmesorgeln, spanischen Straßenklaviere gehen heute den Besuchern in die Beine, die für einen Groschen dabei sein können. Einziger Lohn für die viele Mühe ist dem Besitzer, der selbst Museumswärter spielt, wenn sich die Besucher sonntags zwischen 15 und 18 Uhr mit ihm freuen.

 

Das lebensfrohe Weinstädtchen verfügt über eine gut geführte Gastronomie. Hier wird so manches Fest gefeiert. Hemsbach verfügt über ein großes Freizeit und Erholungsgelände, den Wiesensee mit Strandbad und Campingplatz. Bei der Jugend ist die Hemsbacher Rollsporthalle überaus beliebt. Die Gemeinde organisiert Weinproben und geführte Wanderungen. Auf einem Wein- und Waldlehrpfad wird der Wanderer in die Geheimnisse der Natur eingeweiht. Am Pfingstmontag findet eine Wallfahrt von Hemsbach zum Kreuzberg statt.

 

Die Grenze zwischen Hessen und Baden ist in diesem Bereich ist zum Teil markiert durch große Findlinge wie das liegende Pferd oder durch Bäume wie den Rüsterstumpen.

 

 

Badische Bergstraße südlich von Weinheim

Diese Tour hat die Schwierigkeit, daß man immer von der Bergstraße erst wieder in die Dörfer hineinfahren muß, eine direkte Verbindung der Dörfer gibt es nicht. Deshalb ist immer angegeben, ob sich der Abstecher lohnt oder nicht. Ladenburg kann man auch mit einer Fahrt nach Mannheim und zurück durchs hessische Ried verbinden. Auch der Einstieg ist schwierig zu finden. Wenn man von der Autobahn kommt, muß man schon nach einem kurzen Stück rechts abbiegen und dann immer weiter diese Straße entlang fahren bis über die Eisenbahn und dann gleich rechts.

 

Friedrichsfeld-Nord:

In Weinheim muß man schon nach rechts auf die B 38 einbiegen (Richtung Burgen), darf aber noch nicht nach rechts in die südliche Bergstraße einbiegen, sondern muß noch weiter in die Stadt fahren und erst nach Querung der Schienen gleich nach rechts. Friedrichsfeld ist ein wichtiger Bahnknotenpunkt (nach Darmstadt, Heidelberg. Mannheim, Schwetzingen) mit bedeutende Industrie. Der Ort wurde 1684 von französischen Emigranten gegründet. Hier fand 1462 die Schlacht bei Seckenheim statt, in der Friedrich der Siegreiche seine Feinde gefangennahm: den Herzog Ulrich von Württemberg, den Markgrafen Karl von Baden und dessen Bruder, den Bischof Georg von Metz (Gedicht: „Das Mahl zu Heidelberg” von Schwab).

 

Lützelsachsen:

Bald nach dem Ende der vielen Schienen in Friedrichsfeld muß man von der Bergstraße einmal nach links abbiegen, um auf die Weinheimer Straße und nach Lützelsachsen zu kommen. In Lützelsachsen  wächst ein ausgezeichneter Wein („Lützelsachser Roter“). Von dort geht ein bequemer Weg auf den Geiersberg und von dort durch den Kastanienwald nach Weinheim. Die 1773 erbaute reformierte Kirche war der erste Kirchenbau im Ort. Im Jahre 1908 wurde an den dreiachsigen Saalbau ein neubarocker Glockenturm angefügt. In den Jahren 2000 und 2001 wurde die Kirche renoviert und der Innenraum neu gestaltet. An der Kirche in Leutershausen vorbei kommt man dann nach Hohensachsen.

 

Hohensachsen:

Das Rathaus brannte 1674 nieder. Es wurde 1538 erbaut, wie die Jahreszahl auf dem Giebelstein ausweist. Zwölf Jahre später wurde das Rathaus wiederaufgebaut und im 18. Jahrhundert mit einem Dachreiter gekrönt. Die St. Jakobuskirche wurde 1772 nach Plänen des Heidelberger Maurermeisters Matthias Morath errichtet. Im Jahre 1813 setzte Baudirektor Dyckerhoff dem Bau noch einen Dachreiter auf. Das Pfarrhaus entstand 1787. Das Deutschordenskreuz im Portalsturz weist darauf hin, daß das Patronatsrecht dem Deutschen Orden übertragen war. Der Ort ist sehenswert, man fährt aber wieder nach rechts zur Bergstraße (aber nicht geradeaus auf die Scheune zu, sondern links ab).

 

Großsachsen:

An der Bergstraße hat Großsachsen im Tal des Apfelbaches seinen Charakter als Bauerndorf am meisten bewahrt. Dank des bekannten Bergsträßer Klimas und der fruchtbaren Böden wachsen hier edle Obstsorten und manch edles Tröpfchen.

Etwa ein Kilometer westlich von Großsachsen liegt die Villa rustica  „Alter Weg“. Der Bau dieses römischen Gutshofes wurde bereits im ersten Jahrhundert nCh begonnen und wurde bis Mitte des dritten Jahrhunderts zu einem stattlichen Gebäudekomplex ausgebaut. Die Villa rustica ist einer der wenigen systematisch ergrabenen Gutshöfe des Neckarmündungsgebietes und läßt viele weiterführende Schlüsse in Bezug auf die römische Besiedlung der Bergstraße zu. Die freigelegten Fundamente sind jederzeit zu besichtigen, der Weg zur Villa rustica ist ausgeschildert.

Von Großsachsen zieht östlich ein reizendes Tal nach Heiligkreuz hinauf, das in der Richtung nach dem Eichelberg viel durchwandert wird: Aufstieg auf rot-blau bezeichnetem Weg über den Hundskopf, mit Schutzhütte und schöner Aussicht, und weiter über die Rottmannshöhe.

Ein sehr beliebter Spaziergang führt von Großsachsen über Hohensachsen durch das Tal nach Ritschweier und von da über den Geiersberg nach Weinheim.

Die drei  „Sachsendörfer", von Karl dem Großen gegründet, sind schöne, wohlhabende Orte und geschätzte Ausflugsziele mit guten Weinwirtschaften. Hirschberg an der Bergstraße ist eine Gemeinde-Neubildung, die seit 1975 aus den Ortsteilen Großsachsen und Leutershausen besteht.

 

Leutershausen:

Der Ort wurde erstmals im Codex des Klosters Lorsch erwähnt, in dessen Besitz es im Jahre 877 überging. Später war er Lehen der Herren von Hirzberg, von deren Schloß Hirschburg hoch oben im Wald noch überwachsene Trümmer zu finden sind. Sehenswert sind das Schloß, die Wallfahrtskirche und die vielen Fachwerkhäuser, die noch heute den Charakter des Ortes bestimmen. Diese liegen aber im nördlichen Teil des Ortes, man muß erst wieder von der Bergstraße nach links abbiegen.

 

Schriesheim:

Der Ort  ist ein sehr alter, großer und wohlhabender Marktflecken. Es gibt Wein- und Obstbau und bedeutende Porphyrwerke und Mühlen. An mehreren Stellen des Tals wurde früher Bergbau auf Graphit und Schwerspat betrieben. Bekannt ist es auch durch viele preisgekrönte Weine. In der Stadt gibt es einen Zehntkeller.

Am Abhang des 450 Meter Ölbergs steht die romantische Ruine Strahlenburg (204 Meter) mit Burgwirtschaft und reizender Aussicht in die Rheinebene. Von der nicht sehr umfangreichen Burg sind der gotische Palas, eine mächtige Schildmauer und der runde Bergfried erhalten.

Die Burg wurde im 13. Jahrhundert erbaut und gehörte ehemals der Abtei Ellwangen, dann kam sie als Lehen an die Herren von Strahlenburg, dann durch Verkauf an die Pfalz, später wieder in andere Hände und wurde 1470 durch Friedrich den Siegreichen von der Pfalz erobert und zerstört.

Jetziger Eigentümer der Ruine ist Graf von Oberndorff. Der besteigbare Turm ist noch heute, ummantelt von einigen Mauerresten, das Wahrzeichen Schriesheims. Ein Hauch Romantik umweht das Mauerwerk der Ruine. Sie ist mit der Sage des „Käthchen von Heilbronn” verbunden, Heinrich von Kleist hat sie zum Schauplatz eines Teils seines gleichnamigen Ritterdramas gewählt. Die Burg ist von der Bergstraße aus zu sehen, man muß nicht unbedingt zu ihr hinfahren.

Das wegen seiner Schönheit vielbesuchte Schriesheimer Tal oder Ludwigstal, ein Wald- und Wiesental, ist durch Mühlen belebt. Reichlich eine halbe Stunde oberhalb des Ortes liegt, im Waldtal eingebettet, die Lungenheilanstalt Stammberg.

In der Grube „Anna Elisabeth“ (östlich des Ortes, an der Straße nach Stamberg) wurde im 15. und 16. Jahrhundert Silbererz abgebaut, später Eisenvitriol. Im Jahre 1985 wurde die Grube von einem privaten Trägerverein zu einem Besucherbergwerk ausgebaut und seither erhalten Interessierte (immer am ersten Sonntag im Monat von Mai bis Oktober) unter fachkundiger Führung einen Einblick in die über 500 Jahre alte Grubenbaue und die Arbeitsweise der Bergleute.

Eine Rarität für den Kunstkenner ist das Museum Theo Kerg. Dem Mitbegründer des Taktilis­mus ist hier eine ständige Ausstellung gewidmet.

 

Ladenburg:

Der Ort liegt westlich von Schriesheim, der Besuch kann aber auch mit einer Fahrt nach Mannheim und zurück durchs hessische Ried verbunden werden. „Lokwodunon“ lautete der Name Ladenburgs in grauer Vorzeit. Auf einem keltischen Steinkastell entstand 98 nCh ein Verwaltungsmittelpunkt. Die Römer nannten es „Lupodunum“. Der nächste Name der Stadt von 500 bis 538 war „Lobdenburg. Hauptstadt des Lobdengaus“. Das Lobdengau-Museum erzählt noch heute von dieser Zeit. Danach bestimmten die Bischöfe von Worms ein Jahrtausend lang die Geschicke der Stadt.

Einmalig in der Region Bergstraße ist die Ladenburger Altstadt-Sanierung. Erhalt von Bausubstanz und Erneuerung von Gebäuden wurden nahezu perfekt realisiert und bei einem Bundeswettbewerb ausgezeichnet. Am Wormser Tor steht das Standbild des heiligen Martin zu Pferde. Die einschiffige St. Galluskirche ist ein gotischer Bau aus der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts, die Türme sind von 1412 und 1416. Außen ist ein Ölberg zu sehen, innen Grabmäler der Sickingen, unter dem Chor finden sich Reste von Wandgemälden. Im Jahre 1912 wurden hier Quadern von einer römischen Basilika, etwa aus dem 3. Jahrhundert aufgedeckt. Andere römische Bauteile sind an der Westseite der romanischen St. Sebastianskirche, die karolingische Tierbilder und Masken aufweist. Ferner sind sehenswert der Wormser Bischofshof mit Wappen von 1431 (heute noch eines der besterhaltenen Bauwerke) und verschiedene Adelshöfe.

Ein berühmter Einwohner Ladenburgs war Carl Benz. Seine Villa ist heute noch zu besichtigen, ebenso wie das Mechanische Musik- und Fahrzeugmuseum. Ein alljährlich an Pfingsten stattfindendes Mercedes-Veteranen-Treffen erinnert an den weltbekannten Bürger. Hertha Benz ließ sich bei ihrer ersten Überlandfahrt ihren „Patent-Motor-Wagen“ auftanken in der Stadtapotheke von Wiesloch (etwas weiter südlich), die damit die erste „Tankstelle“ der Welt wurde.

 

Dossenheim:

Der Ort gehörte früher dem Kloster Lorsch und war später im Besitze der Herren von Schauen­burg. Die alte Kirche ist 1375 von den Herren von Handschuhsheim  erbaut worden. In einem Seitental finden sich die Reste einer mittelalterlichen Burganlage, die Kronenburg. Dossenheim hat große Porphyrbrüche und ausgedehnten Obst- und Gemüsebau; insbesondere werden Kirschen und Erdbeeren weithin versandt. Aber ein Besuch ist nicht unbedingt notwendig.

Dossenheim hat keine sehenswerte Altstadt wie seine berühmten Nachbarn Bensheim, Heppenheim oder Weinheim. Aber man kann eine kleine Wanderung zu einem sehr ungewöhnlichen Ort unternehmen: zu der Höhle eines Einsiedlers, der im 18. Jahrhundert einsam im Wald hauste. Auch die Ruine Schauenburg über Dossenheim ist ein lohnendes Ziel.

Anfahrt zur Ruine Schauenburg: Durch Dossenheim Richtung Osten bis Ortsende, letzte Möglichkeit zwischen Waldrand und Ort links Richtung Norden, Parkplatz am Ende der Straße. Von dort auf Weg R etwa 25 Minuten bergauf.

Die Burg wurde um 1100 vom Kloster Lorsch zur Absicherung und Verwaltung seines Besitzes erbaut. Ehemals war es eine große Anlage. Im Jahre 1130 wohnte hier Gerhard von Schauenburg, ein Lehensmann des Klosters. Seine Familie herrschte über Dossen-, Handschuhs- und Seckenheim, denn diese Dörfer gehörten alle dem Kloster Lorsch. Um 1280 starb der Letzte aus der Familie Schauenburg, ohne einen Erben zu hinterlassen. Im Jahre1320 erwarb das Bistum Mainz die Burg. Im Jahre 1460 wurde die Burg durch Friedrich I. den Siegreichen von der Pfalz zerstört. Deren Besatzung - 18 Ritter und 30 Schützen - verteidigte sich tapfer. Doch schließlich mußte sie sich der feindlichen Übermacht ergeben. Die Burg wurde binnen sechs Wochen niedergerissen. Seitdem dienten ihre Überreste als Baumaterial für die umliegenden Dörfer. Die evangelische Kirche in Dossenheim soll aus Steinen der Schauenburg bestehen.

Ein etwas längerer Spaziergang führt zur Klause des Eremiten. Der Weg beginnt linker Hand des Parkplatzes. Überhaupt gilt für diese Rundtour: immer links halten. Der Spaziergang verläuft auf einem breiten Weg, es gibt kaum Steigungen. Nach etwa 45 Minuten erreicht man die Zimmerholzhütte an den gleichnamigen Wiesen, durch die sich der Mühlbach schlängelt.

Von der Schutzhütte aus geht es weiter links auf dem breiten Weg, bis zur Klause.

Anfahrt zur Eremitenklause: in Dossenheim Richtung Osten auf die Kuppen des Odenwaldes zufahren. Am Tennisplatz mit Gaststätte und Parkplatz vorbei, die Straße rechts den Berg hinauf. Dann am ersten Parkplatz im Wald auf der linken Seite parken. Der Rundweg zur Klause des Eremiten dauert etwa 2,5 Stunden.

Hier hauste im 18. Jahrhundert der Eremit Johann Georg Kernstock mitten im Wald in einer Erdhöhle unter einem großen Felsbrocken. Die Höhle ist nur durch zwei schmale Eingänge zu erreichen. Der Raum, wo der Einsiedler lebte, ist etwa zwei Meter breit und drei Meter lang. An der Rückseite Schloß Kernstock ihn mit einer Mauer ab.  Vorne ist das Erdloch nur knapp 60 Zentimeter  hoch. Kaum vorstellbar, daß hier wirklich jemand hauste. Laut Eintrag in einem katholischen Kirchenbuch von 1765 war Kernstock ein konvertierter Lutheraner.

Um die Klause herum stehen mächtige Eichen, die als Naturdenkmäler gekennzeichnet sind. Der Rundweg folgt nun ein Stück dem Waldlehrpfad Mühltal-Kirchberg. Jetzt geht es stetig bergab, etwa 25 Minuten, bis zum Tennisplatz im Tal. Der Waldlehrpfad Mühltal-Kirchberg beginnt beim Parkplatz hinter dem Tennisplatz und führt drei Kilometer den Mühlbach entlang wieder zurück zum Ausgangspunkt.

 

Handschuhsheim:

Das Dorf mit hübschen Landhäusern ist nach Heidelberg  eingemeindet. Es ist sehr alt und wurde schon 765 im Lorscher Codex erwähnt. Wie der größte Teil der Bergstraße, kam es unter den Frankenkönigen durch Schenkung an das Kloster Lorsch, welches seine Dienstmannen damit belehnte.

Die Burg  - ehemalige Lorscher Vogtsburg - ist jetzt noch als Ruine vorhanden. Sie wurde vermutlich im 16. Jahrhundert erbaut, ist quadratisch angelegt und war von einem breiten Wassergraben umgeben (Wasserburg oder Tiefburg). Im Jahre 1689 wurde die Burg zerstört. Mitten im Ort liegt die restaurierte Ruine, sie  duckt sich im längst trockengelegten Graben. Ihre Wehrmauern sehen romantisch aus, besonders wenn sie in der Abendsonne rötlich leuchten.

Die Geschichte der Burg und ihrer Herrschaft ist lückenhaft überliefert. Im 13. Jahrhundert sollen die Edlen von Handschuhsheim die Tiefburg erbaut haben, ohne daß sie auch gleichzeitig das umgebende Dorf regierten. Vielmehr gehörte Handschuhsheim selbst zur Nachbarburg Schauenburg. Das Geschlecht der Handschuhsheimer war schon erloschen, als im Dreißigjährigen Krieg der siegreiche Feldherr Tilly sein Hauptquartier in der Burg aufschlug und furcht­bar in der Gegend wütete.

Immer noch beflügelt die Burggeschichte die Fantasie. Im Jahre 1997 erst erschien das Kinder- und Jugendbuch „Das Geheimnis der Tiefburg“. Eine Gedenktafel an der Tiefburgmauer erinnert an den letzten Ritter Hans von Handschuhsheim, der im Jahre 1600 als 15-Jähriger an den Folgen eines blutigen Streites mit dem jungen Friedrich von Hirschhorn starb.

Hans von Handschuhsheim hatte mit 16 Lenzen ein Wundfieber zu Silvester 1600 hingerafft. Es war die Folge eines Schwerthiebes, den ihm der Herr von Hirschhorn beigebracht hatte. Bei der Prunkhochzeit von Kurfürst Friedrich IV. im großen Heidelberger Schloß waren sie aneinandergeraten, als der Jüngling zum Ritter geschlagen wurde. Der Länge nach soll der Hirschhorner dem Handschuhsheimer das Schwert in den Schenkel getrieben und dann auch noch in der Wunde herumgedreht haben, ehe er es auf Flehen des Getroffenen wieder herauszog. Bewirkte es der Fluch der trauernden Mutter, daß Reuetaten dem Wüterich nicht halfen und auch mit ihm sein Geschlecht ausstarb? Ohne männliche Erben gelangte die Burg der Ritter von Handschuhsheim anschließend in den Besitz der Grafen von Helmstatt.

Im Ritterhaus sind nicht nur Rüstungen, Waffen, Bilder, Dokumente seiner einstigen Geschichte zu bestaunen, sondern auch das Rätsel des „eingemauerten Ritters”. Beim Blick in die berühmte Mauernische im Burginneren wird sich mancher in Johann Ferdinand Joseph von Helmstatt hineinversetzen, der im  Jahre 1770 hinter der hohl klingenden Wand einen geharnischten Ritter entdeckte. Beim Aufbrechen der Mauer sollen dessen menschliche Überreste in sich zusammengesackt sein. War er einst als Gefangener nach mittelalterlicher (Un-) Sitte auf diese Weise umgebracht worden? Zum Bedauern heutiger Historiker verschenkte Helmstatt die anschließend verschollene, reich mit Gold verzierte uralte Ritterrüstung. Der Geharnischte wurde nachgestellt, wie er in der zugemauerten Nische stehend gefunden worden sein soll.

Die Tiefburg ist mehr als Kulisse, vielmehr werden Hof und Rittersaal für zahlreiche Stadtteilfeste genutzt. Am dritten Wochenende im Juni zur „Hendsemer Kerwe” öffnet sich die efeuumwucherte Tiefburg zu Besichtigung und Gelage, und das Gedränge kann beängstigend werden. Aber die Burgruine im tiefen Graben gibt auch zu sonstigen Öffnungszeiten (dienstags 9 bis 11, freitags 16 bis 18 und sonntags 11 bis 12.30 Uhr, Voranmeldung Telefon 062211400843), ihre Geheimnisse preis; der Eintritt ist dafür frei.

 

Mitten im Leben steht auch das benachbarte Schlößchen, das Anfang des 18. Jahrhunderts etwa sein heutiges Aussehen erhielt, und das die Musikschule beherbergt. Im Park des „Schlößchens” steht das Geburtshaus des Malers Carl Rottmann (1797 bis 1850). Von Vater Rottmann bewahrt das Kurpfälzische Museum in der Stadt eine Grafik der historischen Stunde auf, als 1795 bei Handschuhsheim die Österreicher die Franzosen schlugen. Sohn Carl Rottmann ist mit einer monumentalen Vorarbeit „Aegina” vertreten. Sie gehört zum Griechenlandzyklus, den der spätere Hofmaler im Auftrag des Bayernkönigs Ludwig I. für die Neue Pinakothek in München schuf. Handschuhsheim ist stolz auf diesen schwelgerischen Künstler.

 

Die  St. Vituskirche ist die älteste Kirche Heidelbergs. Man findet sie, wenn man an der Gabelung der Hauptstraße nach links abbiegt in die Rottmannstraße und dann wieder nach links fährt, und erst dann zur Burg kommt. Der Turm der Kirche stammt noch von der ersten (romanischen) Anlage. Die von Abt Arnold von Lorsch um die Mitte des 11. Jahrhunderts errichtete, später umgebaute Kirche enthält im Innern schöne Grabmäler des Handschuhsheimer Rittergeschlechts. Eine der vielen Grabplatten erinnert an den Toten Hans und sein mit 13 Jahren gestorbenes Schwesterchen. Die Kirche überstand als einzige die schlimmen Brandschatzungen durch die Franzosen 1674 und 1689, als Dorf und Burg zerstört wurden. Hier begegnen Besucher dem bereits von der Tiefburg vertrauten Wappenschild wieder: ein Handschuh. Auch heute noch beliebtes Symbol des Stadtteils und hie und da auf Werkstatt- und Hausschildern zu finden. Der heilige Vitus ist Schutzpatron der Bauern. Zumindest Gemüse- und Obstbauern gibt es in Handschuhsheim noch, die auch den Frankfurter Markt mit ihren im Bergstraßenklima früh reifenden Früchten versorgen.

Mitte des 19. Jahrhunderts erkoren Heidelberger Studenten Handschuhsheim zum Ausflugsziel, nachdem einer von ihnen 1845 im Handschuhsheimer „Roten Ochsen“ bei der Wirtin Felicitas Brunner seinen Jagdausflug hatte ausklingen lassen. Folglich avancierte „Tante Felix“ mit ihrem urwüchsigen Humor schnell zur Studentenmutter und half so, die Wirtsstuben des damals noch eigenständigen Dorfes zu füllen - bis heute übrigens: ein Nebenraum des „Roten Ochsen“ wurde nach ihr benannt.

 

Heiligenberg:

Viele Wanderwege haben den Heiligenberg erschlossen. Immer aber kann man noch aufsteigen durch die uralten Hohlwege durch Gärten und Wald mit Eßkastanien, wo einst  Prozessionen oder fromme Büßer unter Geißelungen sich hinauf bemühten. Man kann den Berg aber auch mit dem Auto erreichen: Wenn man von Norden auf der Bergstraße kommt, muß man aber rechtzeitig nach links abbiegen, und zwar kurz nachdem sich die Straße aufteilt nach links in die Mühltalstraße. Man kommt südlich an der Tiefburg vorbei und fährt dann immer weiter, bis ein Schild nach rechts zum Heiligenberg weist (geradeaus geht es in das reizvolle Siebenmühlental). Auf dem Chaisenweg geht es dann immer den Schildern nach zum Heiligenberg. Er ist aber nur von dieser Seite aus zu erreichen.

 

Heidenloch:

Zuerst trifft man links auf das „Heidenloch“, wenn man rechts schon den Aussichtsturm sieht. Der Schacht ist überdeckt mit einem Gebäude, das man als Wanderhütte ansehen könnte. Wenn man in die Hütte kommt, ist rechts ein Lichtschalter, durch den man den Schacht beleuchten kann.

Im Jahre 1936 ließ die Stadt Heidelberg das Heidenloch durch P. H. Stemmermann vom Kurpfälzischen Museum freilegen und untersuchen. Der drei bis vier Meter weite Schacht war 56 Meter in den Pseudomorphosen-Sandstein des Berges hineingetrieben. Zuoberst mußte vorher ein mittelalterliches Tonnengewölbe mit Schöpfloch beseitigt werden, das die Mönche des naheliegenden Stephansklosters im 12. Jahrhundert angelegt hatten. Bis in eine Tiefe von etwa 30 Meter kamen spätmittelalterliche Funde aus Metall und Keramik zutage. Die beigemengten Baureste stammten offensichtlich aus dem im 16. Jahrhundert zerstörten Stephanskloster.

In größerer Tiefe hörten die Funde völlig auf, nur Steinschutt und Erde füllten den Schacht. Überraschend stieß man in 52 Meter Tiefe auf einen 2,10 Meter hohen Brunnenmantel von 1,08  bis 1,28 Meter Durchmesser, der unten von einer Bodenplatte abgeschlossen wurde.

Darunter entdeckte man nach Entfernung des Steinmantels im Jahre 1937 eine römische Ziegelschicht und eine gleichzeitige Vermauerung einer Felsspalte. Im Jahre 1938 würden die Untersuchungen eingestellt und der Schacht für lange Jahre mit Baumstämmen abgedeckt. Trotzdem gelangte immer wieder Schutt in das Heidenloch, das zuletzt wieder bis 18 Meter über der Schachtsohle verfüllt war.

Im Jahre 1987 faßte die Stadt Heidelberg auf Anregung der Schutzgemeinschaft Heiligenberg e.V. den Beschluß, das Heidenloch erneut freizulegen und über dem Schachtkopf mit Unterstützung der Schutzgemeinschaft, des Forstamtes Heidelberg und des Landesdenkmalamtes Baden-Württemberg ein Schutzgebäude errichten zu lassen.

Bei der erneuten Freilegung des Schachtes konnten weitere wichtige Beobachtungen gewonnen werden. Die Sohle lag bei 56 Meter Tiefe. Die dort wiederentdeckten Quader des 1938 heruntergestürzten Brunnenmantels zeigten in Bearbeitungstechnik und lateinischer Numerierung, daß sie um das Jahr  1100 gefertigt wurden. Weit älter sind die Meißelspuren im Fels, die ein­getieften Balkenlöcher oder die eigenartige Gestaltung des sogenannten Frauenbildnisses.

Wie alt genau das Heidenloch ist, kann schwerlich beantwortet werden. Sehr wahrscheinlich ist es aber in der Keltenzeit entstanden und als Brunnen oder Kultschacht genutzt worden (Zugang zur Unterwelt). Nur im 5. - 3. Jahrhundert gab es in der Zeit der großen befestigten Höhensiedlung die Voraussetzung für seine Entstehung. Als keltische Anlage wäre der Schacht wegen seiner Weite und Tiefe als einzigartig zu bezeichnen. Seine Entstehung beruht jedenfalls auf einer gewaltigen technischen Leistung.

Klimatische Veränderungen ließen das aus Tonschichten einsickernde Wasser mehr und mehr versiegen. In der Römerzeit hat man zwar die Felsspalten ausgemörtelt, vermutlich aber kaum Wasser gewonnen. Um 1100 wird noch einmal der Versuch unternommen, das Sickerwasser durch einen eingesetzten Brunnenmantel aufzufangen; weil aber das Wasser ausblieb, begann man schon wenig später mit der Verfüllung.

Schon in der Klosterzeit von St. Michael war der auf die vorchristliche Zeit hinweisende Name „Heidenloch” in Gebrauch. Der tief in die vordere Kuppe des Heiligenberges reichende Schacht wurde als Werk der Heiden gedeutet. Er mußte also bereits lange vor dem Mittelalter entstanden sein. Zahlreiche Sagen und Vermutungen hat diese geheimnisvolle Örtlichkeit angeregt. Die Phantasie der letzten Jahrhunderte beschäftigte sich besonders damit.

Von einer unheimlichen Nacht auf dem Heiligenberg berichtet 1542 Graf Froben Christoph von Zimmern und fügt seiner Erzählung hinzu, daß dort ein später zugeschüttetes Loch liege, in das man einst eine Gans hineingelassen habe, die beim Kloster Neuburg wieder herausgekommen sei. Im Jahr 1548 erwähnt Sebastian Münster in seiner „Cosmographia“ alte heidnisch gemauerte Löcher. Auch der Berner Pfarrer Johann Ampelander gibt 1605 in einer Beschreibung des Heiligenberges einen ähnlichen Hinweis, daß nämlich die Heiden früher in den Berg ein tiefes Loch gegraben hätten, worin vor Zeiten der Satan gesessen und seine falschen Weisungen verkündet habe. Er fügt noch hinzu, daß das Loch vielleicht auch deswegen geschaffen worden sei, um das Neckarwasser auf die Bergesspitze zu bringen.

Genauere Auskunft über das Heidenloch gibt der Geograph Matthias Quad kurz nach 1600, der den viereckigen Einstieg in das Gewölbe am Schachtkopf und den Felsschacht aufzählt, der mit Schutt von der Kirchenruine St. Stephan in der Tiefe gefüllt sei. Er fügt die phantastische Geschichte von einem unterirdischen Raum hinzu, in dem von Kettenhunden bewachte Schatzkisten gestanden hätten.

Zuletzt hat der große französische Dichter Victor Hugo um 1840 dem Heiligenberg einen nächtlichen Besuch abgestattet und sein unheimliches Erlebnis in einer Schrift festgehalten. Darin wird vermutet, das Heidenloch könne das leere Grab eines Riesen sein, vielleicht auch ein Druidenzimmer oder der Schacht eines Römerlagers, das Wasserbecken eines verschwundenen byzantinischen Klosters oder gar der Beinkeller eines zerstörten Galgens.

Wohl im Zusammenhang mit dem Bau der „Thingstätte” tauchte 1934 die Vermutung auf, das Heidenloch müsse eine germanische Sternbeobachtungsstätte oder ein Heiligtum gewesen sein.

Im April 1986 wurde der Planungsauftrag an das Architekturbüro Frauenfeld in Heidelberg-Handschuhsheim gegeben. Ein Jahr später, im März / April 1987, genehmigten Bau- und Finanzausschuß des Gemeinderats die Ausführung. Im Mai 1987 begann man mit der Räumung des Brunnenschachts; im Juli war dann Baubeginn.

Die Räumung des Brunnenschachts wurde mit einem Autokran vorgenommen, der auch zur Personenbeförderung zugelassen war. TÜV-Messungen ergaben, daß man im Brunnenschacht ohne zusätzliche Sauerstoffversorgung arbeiten konnte. So fuhren dann zwei Arbeiter mit dem Förderkorb in die Tiefe und förderten jeden Tag einen bis anderthalb Kubikmeter Schutt zutage, bei zunehmender Tiefe war es dann nur noch ein halber Kubikmeter. In 25 Tagen wurde eine etwa 18 Meter starke Schuttschicht herausgeholt. Es war harte Arbeit, die da geleistet werden mußte, denn bei 50 Meter Seillänge schwankte der Greifer beträchtlich, und der Regen tropfte im Grund des Schachtes von den Wänden.

Sicherung und Erneuerung des „Heidenlochs” samt dem Bau des achteckigen Pavillons kosteten 270.000 Mark. Die „Schutzgemeinschaft Heiligenberg” beteiligte sich an diesen Kosten mit 50.000 Mark, und das Landesdenkmalamt gab einen Zuschuß von 43.700 Mark. Die Dach­­deckerarbeiten stellen eine Stiftung der Heidelberger Firma Krämer dar. Am 19. September 1987 konnte das fertige Erneuerungswerk der Bevölkerung übergeben werden.

Die achteckige Schutz- und Informationshütte war zunächst nicht öffentlich zugänglich, es gab nur Führungen. Man ließ  nur an den Ecken Sichtschlitze frei. Vorder- und Rückwand stellen eine Gitterkonstruktion dar, durch die man ins Innere sehen konnte. Der First des Daches, das auf einer soliden Holzkonstruktion ruht, wurde in Glas ausgebildet, so daß genügend Tageslicht ins Innere fallen kann. Der Brunnenschacht ist nun mit einem Gitter abgedeckt. Wie das Gebäude, so kann auch der Schacht beleuchtet werden. Heute ist die Hütte allerdings frei zugänglich.

 

Stephanuskloster:

Ein Stück oberhalb des Heidenlochs liegt rechts das Stephanuskloster, das jüngere der beiden Klöster. Ein „Verschönerungsverein“ hat 1885 das Kloster bis auf die Grundmauern abgetragen. Aus den Trümmern des Vierungsturms der Kirche und des Stephanusklosters entstand in den Jahren 1885 / 1886 der beliebte Aussichtsturm mit freier Sicht auf Heidelberg.

 

Ringwälle:

Hinter dem Parkplatz steht ein Hinweisschild auf die keltischen Ringwälle. Der vom Gebirge durch einen Einschnitt getrennte Heiligenberg gewährt einen vorzüglichen Blick über die Ebene und ins Neckartal. Er wurde deshalb schon in den frühesten Zeiten aufgesucht. Um 1000 vCh ließ man sich dauerhaft auf ihm nieder. Man schützte sich dann durch einen umfangreichen doppelten Ringwall (Auf einem Stein weiter oben steht, er sei 400 vCh von den Kelten gegen die vordrängenden Germanen angelegt worden). Er ist  2,1 Kilometer lang und Teil eines großen Ringwallsystems mit heute noch sichtbarem Gesteinsband. Ein Wanderweg erschließt die Ringwälle. Auf dem Heiligenberg befand sich vermutlich auch eine keltische Fliehburg.

Der Heiligenberg war ein Zentrum keltischer Macht. Auch in keltischer Zeit erlaubte der karge Boden Ackerbau und Viehzucht nur in sehr geringem Umfang. Deutliche Hinweise auf die Erwerbsgrundlage der Höhenbewohner geben Stücke von Eisenerz, zahllose Eisenschlacken und Reste tönerner Gußtiegel, die Abbau und Verhüttung der Eisenerzvorkommen schon durch die Siedler der Frühlatènezeit vermuten lassen. Die Ausbeute lokaler Rohstoffvorkommen, wie das Eisenerz, schaffte der Höhensiedlung ein Machtmonopol, das nur Familien der sozialen Oberschicht inne hatten. Anscheinend war der Heiligenberg im 5. und 4.  Jahrhundert vCh politisches, religiöses und kulturelles Zentrum des gesamten Umlandes und verlor erst im 3. Jahrhundert seine Mittelpunktfunktion an Lopodunum (Ladenburg).

Der Hauptgipfel trug möglicherweise bereits in keltischer Zeit ein Heiligtum. Schon bei den Sueben war die Spitze des 440 Meter hohen Berges ein Heiligtum, wo sie Wotan anbeteten. Jedenfalls entstand in der Römerzeit hier ein heiliger Bezirk mit gut ausgestatteten Steinbauten.

 

Thingstätte:

Hinter der Gaststätte „Waldschänke“ verbirgt sich rechter Hand hinter einem Hang die so genannte „Thingstätte“ der Nationalsozialisten. Das heils- und wunderträchtige Fluidum des Berges machten sich die Nazis zunutze und legten ein Amphitheater als „Thingstätte” an für ihre großsprecherischen Veranstaltungen. In zwölfmonatiger Bauzeit schuf der Reichsarbeitsdienst 1934 / 1935 mit Hilfe Heidelberger Studenten auf dem angeblichen germanischen Kultplatz die sogenannte „Thingstätte auf dem heiligen Berg“, eine Freilichtanlage für NS-Veranstaltungen. Großes hatten die Nazis vor mit ihrem gigantischen Bauwerk, wollten sie doch alte germanische Volksversammlungsplatze wieder aufleben lassen. Die Thingstätte ist ähnlich gebaut wie die Waldbühne in Berlin und hat 8.000 Sitzplätze.

Bombastisch und wortgewaltig war die Eröffnung am 22. Juni 1935 als riesige Sonnenwendfeier. Propagandaminister Joseph Goebbels übernahm Einweihung der Thingstätte, die er als „wahre Kirche des Reichs“ und Stätte des „steingewordenen Nationalsozialismus“ rühmte. Goebbels Auftritt samt Fahnenwald, Uniformen, Musik und Riesenchor lockte über 20.000 Menschen auf die steinernen Zuschauerränge, eine Zahl, die bei späteren Sonnenwendfeiern und Singspielen nie mehr erreicht wurde.

Der Heiligenberg gehörte in den ersten  Jahren nach der Machtergreifung zum festen Bestandteil der nationalsozialistischen Blut- und Bodenmystik. Im Jahre 1936 wurde per Erlaß der Begriff „Thingstätte“ durch „Feierstätte Heiligenberg“ ersetzt. Die Nationalsozialisten hatten das Interesse an der „Thingbewegung“ verloren. An ihre Stelle traten Film und Rundfunk mit dem Volksempfänger, einem wirkungsvollen Propagandainstrument.

Der Eingang zur leeren Bühne wirkt heute bedrückend düster, davor erhebt sich das grasüberwachsene weite Theaterhalbrund. Erst in jüngster Zeit finden dort sporadisch Open-Air-Konzerte statt. Die Akustik ist hervorragend. Ohne die Stimme laut zu erheben, ist eine Verständigung zwischen Bühne und Treppenspitze möglich.

 

Michaeliskloster:

Erst ab dem 7. Jahrhundert gibt es wieder Belege für die Anwesenheit von Menschen. Der Berg wurde mit einem Wall befestigt, der im Wesentlichen der Trasse des keltischen Ringwalls folgte und sie lediglich im Süden am Rand (etwa oberen am Rand der Thingstätte) abschnitt. Auf der Spitze des Berges begann man um 600 nCh, die antiken Baureste als Begräbnisstätte zu nutzen. In der Karolingerzeit entwickelte sich über ihnen eine Gruppe von festen Steinbauten, vielleicht Sitz eines Vertreters des Königs. Die in ihrer Gesamtheit als Relikte eines befestigten Königshofes angesehene Anlage, wird im 9. Jahrhundert in den Quellen „Aberinsburg” genannt. Im Jahre 882 erfahren wir nämlich, daß „Aberinsburg” bis dahin dem König gehörte und nun Besitz der Abtei Lorsch wurde.

Die Schriftquellen berichten, daß der Lorscher Abt Thiotroch um 870 auf dem Berg ein Kloster errichtet habe, von dem kaum Baureste erhalten blieben. In der Folge kam die Kirche durch Schenkungen und Verehrung des hier verstorbenen Hirsauer Abtes Friedrich zu beträchtlichem Besitz. Um 1025 wurde durch Abt Reginbald ein regulärer Konvent eingerichtet, verbunden mit einem Neubau von Kirche und Klausurgebäuden.

Im Innern wurden die teilweise noch aufrecht stehenden Reste eines Merkurtempels zum Ausgangspunkt aller späteren Sakralbauten. Christliche Wallfahrtsstätte wurde das im neunten Jahrhundert erbaute Michaeliskloster mit dreischiffiger Pfeilerbasilika in der Form eines lateinischen Kreuzes. Der Besucher wandelt heute durch die eindrucksvollen Grundmauern von Kirche und angrenzendem Kloster. Der Zustand entspricht im Wesentlichen dem des elften Jahrhunderts.

Der monumentale Charakter dieser Anlage wird durch die streng axiale Aufeinanderfolge von drei Bereichen unterschiedlicher Funktion bestimmt: Im Westen eine Grablege im Westvorhof, daran anschließend der mächtige Westbau (flankiert von zwei Türmen); der kirchliche Bereich der dreischiffigen Basilika mit dreiabsidialem Abschluß; schließlich folgt der mönchische Bereich mit Kreuzgang und Klausurgebäuden.

Der frühromanische Kirchenbau entstammt mit seinen Ostteilen wohl dem späten 10. Jahrhundert, mit seinen mächtigen westlichen Teilen der Zeit des Abtes Reginbald um das Jahr  1030. Dieser gehört wohl auch der Entwurf zu der großartigen Gesamtanlage an. Besondere Merkmale sind die Anlage einer zweiten Krypta, die bedeutenden Abmessungen der flankierenden Treppentürme, die Anlage eines gesonderten Begräbnishofes westlich vor der Kirche, die Anordnung der Klausurbauten östlich hinter der Kirche (nicht - wie zumeist - seitlich derselben).

St. Michael ist aber nie selbständig, sondern (wie das Stephanskloster auf dem vorderen Gipfel) stets eine Propstei von Lorsch gewesen und hat dessen Schicksale geteilt. Im 13. Jahrhundert nahm der Erzbischof von Mainz alle Lorscher Klöster an sich und besetzte sie neu mit Prämonstratensern aus Allerheiligen im Schwarzwald. Diese bauten das Michaelskloster mehrmals um, zum Teil sogar ganz neu auf. Bedeutend war die Wallfahrt zum Grab des Mönches Friedrich von Hirsau. Bevor sich das Kloster nach der Reformation auflöste, begrub ein einstürzender Vierungsturm 1503 noch die drei letzten Mönche in ihren Betten unter sich. Danach ist nur noch von der Schwarzkünstlerei eines der letzten Gottesmänner die Rede. Die Anlage wurde um 1550 vom Pfalzgrafen aufgehoben. Die Gebäude erhielt die Universität, welche sie 1589 zum Abbruch freigab.          .

St. Michael wurde bald zum unsicheren, legendenumwobenen Ort. Bäuerinnen  aus Handschuhsheim, die auf der Klosterweide Heu machten - seit alters her ein Ärgernis - sollen nach der Begegnung mit dem Teufel  Schwänze gewachsen sein. Später habe der Berg Gesindel als Unterschlupf gedient, bis die Erforschung der einstigen Besiedlungsspuren Ende des 19. Jahrhunderts den Berg aus seinem Dämmerschlaf riß. Die Wiederfreilegung ab 1886 brachte zugleich die Probleme der Erhaltung und des Schutzes vor neuerlicher Zerstörung. In den letzten Jahren hat die Stadt Heidelberg mit der Hilfe des Landes Baden-Württemberg außerordentliche Anstrengungen zur Sicherung und Ergänzung der bedrohten Bauteile unternommen. Die Ruinen des Michaelsklosters wurden restauriert, zwei Türme wurden hochgezogen, der Blick vom höchsten reicht bis zur Pfalz. Die Krypta ist wiedererstanden (Besichtigung täglich von 8 bis 17 Uhr).

 

Stationen der Rundgänge:

1) Eingangshalle der Kirche, im 12.Jahrhundert nachträglich an deren Langhaus angefügt.

2) Mittelschiff des Kirchenlanghauses mit besonderen Einbauten (Laienbrüderchor? Altarplatz?) am Ostende. Das Langhaus als Pilgerkirche war von den Querhäusern im Osten durch Schranken geschieden. Die Säulen zeigen typisch frühromanische Formen des 11. Jahrhunderts.

3) Westbau der Kirche, einst vermutlich eingewölbt. Der Eingang in der westlichen Außenwand wurde erst spät eingebrochen. als der Westvorhof genügend aufgehöht war. Ein Em­porengeschoß war durch die seitlichen Treppentürme zu erreichen.

4) Abgang zur Krypta des Westbaus. Der mit seinen 10 Kreuzgewölben wiederhergestellte Raum dient jetzt der Aufbewahrung von Architekturstücken.

5) Vierung der Kirche. Dies war der von einem Turm überragte Chorraum der Mönche. mit Aufgang zum Hauptaltar im Osten.

6) Östliche Krypta, unter dem Altarhaus des späten 10. Jahrhunderts, einst mit neun Kreuzgewölben eingewölbt. In den Felsgrund eingetieft das Grab des heiligen Friedrich von Hirsau (gestorben 1070). Der erste Abt der Schwarzwälder Benediktinerabtei war als wundersamer Wohltäter suspekt geworden, abgesetzt und ins Gefängnis geworfen worden. Da flüchtete er sich in das Michaeliskloster auf dem Heiligenberg und sorgte von dort aus für Arme und Kranke. Dabei kam er im eisigen Winter 1070 selbst um.

7) Südliches Querhaus der Kirche, gleich dem nördlichen tiefer gelegen als Langhaus bzw. Chor und als Begräbnisstätte dienend.

8) Westlicher Raum des Klausur-Südflügels. Ursprünglich war er gegen den Kreuzgang offen  und wurde als Kapitelsaal gedeutet. Die unterirdische Kammer in der Mitte vermutlich eine späte Zisterne.

9) Südlicher Kreuzgangsflügel mit frühgotischen Fensterbänken. Darunter der Kanal der Hofentwässerung. Unter der Südostecke des Kreuzganges noch Reste eines vorklösterlichen turmartigen Gebäudes, an der ehemals höchsten Stelle des Gipfels.

10) Großer Saal des Klausur-Südflügels, vermutlich Arbeitsraum der Mönche. Das östliche Viertel wurde nachträglich abgeteilt. Beachte den kleinen (zum Schlafsaal führenden?) Treppenschacht in der Innenwand.

11) Raum mit Eckkamin, vermutlich Wärmeraum, von Raum 10 durch einen Erschließungsgang getrennt  und nachträglich unterteilt.

12) Östlicher Kreuzgangsflügel mit Zutritt zu dem als Begräbnisstätte dienenden Hof.

13) Räume des Küchentraktes, aus Unterteilung eines größeren Saales entstanden. Der südliche Teilraum war vermutlich Speiseraum. Beachte den Fischkasten im mittleren. den Herdunterbau im nördlichen Teilraum.

14) Kellerräume der Klausur, von Raum 13 durch Erschließungsgang getrennt (beachte dort die Luke neben dem Außeneingang).

15) Nördlicher Kreuzgangsflügel mit hochgotischen Strebepfeilern und Fensterbänken sowie Treppe (zu einer Wohnung des Klosterverwalters führender?).

16) Nebenraum, nachträglich dem Nordquerhaus angefügt, vielleicht Sakristei.

17) Ort der Apsis eines (nach Norden gerichteten) Baues des römischen Merkurheiligtums. unter dem Kirchenlanghaus. In der Mitte der Michaelskirche sind Reste eines römischen Merkurtempels zu erkennen. Bemerkenswert ist, daß die Erinnerung an das Gipfelheiligtum des heidnischen Seelengeleiters Merkur die Völkerwanderung überdauerte

18) Unterer Abschnitt des Westvorhofes mit späterem Zugang zum Mittelteil. Vor Errichtung der starken Quermauer war der Vorhof eine einheitliche Anlage des 11.Jahrhunderts. Die Pfeiler an den Außenwänden waren für (nicht ausgeführte) Gewölbe bestimmt. Auch die im oberen Abschnitt noch sichtbaren Umgangspfeiler gehören einem älteren Stadium an. Nach Aufhöhung führte dort ein Aufgang zur Kirche hinauf (vgl.  Raum 3). Lange Zeit war der Vorhof Begräbnisstätte: in seinem Untergrund fanden sich  - wie auch unter der Kirche - fränkische Gräber.

19) Nebenraum, dem Kellerflügel im 15.Jahrhundert nachträglich angefügt, vielleicht Küche für Verwalterwohnung in dessen Obergeschoß.

20) Zisterne, vom Klausurhof aus gespeist (vgl. bei Raum 9), in der Spätzeit vermutlich aufgegeben.

 

Nach der Besichtigung des Klosters geht man erst noch einmal links herum um den Gipfel. Der Weg führt wieder zur Spitze der „Thingstätte“. Etwas vorher geht ein Weg links ab, an dem eine Informationstafel über den fränkischen Königshof steht (der aber in Wirklichkeit in der Mitte der Klosterkirche stand). Von dort kann man auch südlich um die „Thingstätte“ herumgehen.

Bei der Rückfahrt biegt man auf dem Mühltalweg am Karl-Kollnig-Platz links ab und fährt dann links in die Bergstraße und auf dieser immer weiter bis Neuenheim und am Neckar dann links abbiegen. Am nördlichen Ufer hat man einen ausgezeichneten Blick auf Alt-Heidelberg. In Neckargemünd fährt man dann über den Neckar.

 

Wanderwege:

Das in das Gebirge, zwischen Heiligenberg und Nistler, aufwärts ziehende Siebenmühlental mit zahlreichen Mühlen ist ein beliebtes Ausflugsziel. Von hier führen schöne Wege über den Heiligenberg und Zollstock nach Heidelberg.

Von Neuenheim steigt man zu dem aussichtseichen Philosophenweg zur Bismarcksäule und zum Heiligenberg empor.

Zum Schriesheimer Hof  führt eine Straße, auch Radfahrern sehr zu empfehlen, durch das freundliche Schriesheimer oder Ludwigs-Tal, und vom Schriesheimer Hof östlich, weiter über das nahe Wilhelmsfeld nach Altneudorf im Steinachtal.

Von hier im Steinachtal aufwärts nach  Schönau. Nach Heiligkreuzsteinach auch von Wilhelmsfeld auf blau bez. Fußweg, nach Schönau auf rot-blau bezeichnetem Fußweg über „Linde”, zwei Stunden vom Schriesheimer Hof.

Nach Dossenheim Bergstraßen-Randweg über Strahlenburg und Schauenburg oder über den Hartenbühl.

Nach Heidelberg über den Hartenbühl, Wegkreuzung  „Sieben Wege“, Hohen Nistler (496 Meter), das Siebenmühlental kreuzend und über die Mönchberghütte.

 

 

Viernheim

In der Viernheimer Heide gibt es Silbergras und  die Gottesanbeterin. Die Sandsteppe wird gepflegt von einer Schafherde und einer Ziegenherde. Sieben Esel scharren den Sand wieder frei für die Ansiedlung seltener Pflanzen.

 

 

Mannheim

Mannheim, über 250.000 Einwohner, größte badische Stadt, an der Mündung des Neckars in den Rhein gelegen, war im 18. Jahrhundert Residenz der pfälzischen Kurfürsten. In diese Zeit fällt das Aufblühen des kulturellen und künst­lerischen Lebens der Stadt, die damals weltbekannter Mittel­punkt des geistigen Lebens wurde, trotz aller Rückschläge in rascher Entwicklung seit ihrer erst 1607 erfolgten Er­hebung zur Stadt. Seine überragende Bedeutung als Wirt­schaftszentrum und Handelsplatz erlangte Mannheim vor­nehmlich zu Beginn des 19. Jahrhunderts und verdankt es der um diese Zeit in Angriff genommenen Rheinkorrektion. es wurde bedeutendster Handelsplatz Süddeutschlands, Industrie von Weltruf.  Die Hafenanlagen (Hafenrundfahrt) gehören zu den größten und sehenswürdigsten des europäischen Binnenlandes.

Die Straßen der durch einen alleeartigen Ring begrenz­ten Altstadt durchqueren diese in geraden Linien und bilden hierdurch in diesem Teil der Stadt regelmäßige Rechtecke, die Mannheim das charakteristische Gepräge verleihen. Die Außenstadtteile haben moderne Bauweise, besonders die neu erschlossenen Villenviertel der Oststadt mit ihren Prachtbauten.

Von Wissenschaft förderndem Bürgersinn zeugt die 1908 gegründete Hochschule für Wirtschaftswissenschaften, die einen hervorragenden Lehr­körper aufweist. Großen Ruf genießt das Mannheimer Musikleben. Unter den musikalischen Veranstaltungen sind vor allem die bekannten „Akademien” des Nationaltheater-Orchesters zu nennen. Mannheim be­sitzt eine Musikhochschule mit beachtenswertem Namen.

Links vom Hauptbahnhof das Schloß, das größte deutsche Fürstenschloß der Barockzeit, 1720 -1760 erbaut, 1896 bis 1903 erneuert, mit prunkvollen Räumen. Es beherbergt das Schloßmuseum. Reiche kultur­geschichtliche, kunstgewerbliche und archäologische Sammlungen, welche teils Eigentum des Staates, der Stadt und des Altertumsvereins sind. Die Schloßgalerie ist im rechten Flügel des Schlosses. Sie enthält Gemälde des 16. -18. Jahrhunderts.

Das Kupferstichkabinett hat eine große Sammlung von Graphik bis 1800. Die Städtische Schloßbücherei hat einen herrlichen Rokokosaal (Holzschnitze­reien, Deckengemälde von Brahe). Im linken Schloßflügel ist die sehenswerte Schloßkirche. Im Schloßhof steht das Kaiser-Wilhelm-Denkmal von Eberlein und zwei monumentale Brunnen von demselben Künstler.

In der Innenstadt gibt es zahlreiche hervorragende Barockbauten. Nahe dem Schloß ist die Jesuitenkirche, 1733 - 1756 erbaut, eine der bedeutendsten Architekturschöpfungen des süddeutsch-italienischen Barockstils. Ihr gegenüber steht der langgestreckte Bau des Nationaltheaters (bekannt durch die Uraufführung von Schillers „Räuber"). Vor dem Theater stehen Standbilder von Schiller (1862, von Cauer), Iffland und Dalberg. In der Nähe ist das ehemalige Zeughaus, im bolognesischen Barockstil, mit dem  Museum für Natur- und Völkerkunde, davor das Moltkedenkmal (1902, von Uphues)  und ein Veteranendenkmal. Außerdem ist dort die Kur­fürst-Friedrich-Schule, der größte Schulbau Deutschlands, mit einem Relief-Reiterbild des Stadtgründers, und andere mo­derne Schulbauten.

Am Markt steht das Alte Rathaus, 1700 erbaut, ältestes öffentliches Gebäude Mannheims.  Es hat eine  eigenartige Turmverbindung mit der Unteren Pfarrkirche. Auf dem Platz steht das  Sandsteindenkmal von Peter und Johannes Match. van den Branden. Dem Alten Rathaus ähnelt das am Paradeplatz zentral in der Innenstadt gelegene neue, 1730 - 1746 erbaute Rathaus (früher Kaufhaus) mit prächtiger Fassade und Arkaden, Stadtratssaal mit Marmor­standbild Großherzog Friedrichs I. und Bürgerausschuß­saal. Auf dem Paradeplatz steht ein Brunnen mit einer von Grupello gegossenen Statue und acht phantastischen Figurengruppen.

Am Ostrand der Altstadt liegt der von hohen Arkadenbauten umschlossene Friedrichsplatz, einer der schön­sten und größten städtischen Schmuckplätze Deutschlands, mit dem 1885 /  1886 von Halmhuber erbauten Wasserturm und der Stadt. Fest- und Konzerthalle Rosengarten, erbaut von Bruno Schmitz 1899 - 1903. Im Nibelungensaal (5.000 Per­sonen) und Musensaal (2.000 Personen) gibt es große musikalische und sonstige Veranstaltungen. Im Neuen Theater  gibt es Vorstellun­gen des Nationaltheaters. Gegenüber steht die 1906 / 1907 von Billing erbaute monumentale Städtische Kunsthalle. Sie enthält Gemälde und Skulpturen des 19. und 20. Jahrhunderts, unter anderem von Feuerbach, Thoma, Trübner, Liebermann, Kallmorgen, Schönleber, Schuch, Slevogt, Corinth, Delacrois, Manet.

 

 

Odenwald West

 

Ober-Ramstadt

Wo die Modau sich entschließt, aus der Süd-Nord-Richtung nach Westen abzudrehen, genau in diesem Knie liegt Ober-Ramstadt, altes Siedlungsgebiet, wie zahlreiche Funde aus Vor- und Frühgeschichte beweisen. Erste Spuren einer Besiedlung finden sich in der Gemarkung Ober-Ramstadt aus der Jungsteinzeit. Auch in der nachfolgenden Bronze- und Eisenzeit sowie zur Zeit der Römer und der Franken gab es hier Siedlungen. Ein römischer Gutshof lag unter einer Fabrikhalle in der Flur „Ober der Pfingstweide“. Ein römisches Brandgrab fand sich unter dem Haus Heyerstraße 8.

 

Im Mittelalter gehörte Ober-Ramstadt zum königlichen Bannforst Dreieich. Nach dem Aussterben der Grafen von Katzenelnbogen fiel Ober-Ramstadt an den Landgrafen von Hessen. Am 22. Juli 1310 wurde in Frankfurt im Auftrag König Heinrichs VII. eine Urkunde gesiegelt, die der Stadt „Ramstadt“ gleiche „Freiheiten und Rechte“ zusicherte, wie der „städtischen Gemeinde Frankfurt“: eine Befestigung der Stadt und ein Wochenmarkt am Donnerstag. Käufer wie Verkäufer dieses Marktes genossen „des Reiches besonderen Schutz und den Vorzug der Marktfreiheit“. Über viele Jahrzehnte wurde das Marktrecht genutzt. Ober-Ramstadt war mindestens seit 1316 Sitz eines Zentgerichts und Mittelpunkt des oberen Modauta­les.

 

Als ein wichtiger Vorgang für die Geschichte unserer Stadt erwies sich 1621 der Tausch von sieben Höfen des Landgrafen gegen kommunales Waldgebiet. Dadurch wurde die Vergabe der Höfe an Lehnsherren unmöglich. Große Bauten des Kleinadels, wie sie in vielen Gemeinden der Umgebung anzutreffen sind, gab es folglich nicht in Ober-Ramstadt. Als im frühen 19. Jahrhundert der Zehnte durch eine Grundsteuer abgelöst wurde, hatten die Einwohner von Ober-Ramstadt nur diese neue Steuer zu zahlen, während in den Gemeinden mit Kleinadel zusätzlich eine große Zahl von Privilegien abgelöst werden mußte.

Der 30jährige Krieg wütete auch in der Gemarkung Ober-Ramstadt. Durch Krieg, Besatzung und Pest wurde die Bevölkerung stark dezimiert. Das Ende des 30jährigen Krieges brachte jedoch nicht den ersehnten Frieden. Die Truppen des französischen „Sonnenkönigs“ verwüsteten die Gegend. Trotzdem bemühte sich die wieder zunehmende Bevölkerung um den Wiederaufbau.

 

In Ober-Ramstadt wurde 1688 der landgräfliche Eisenhammer errichtet. Heute ist die in den Jahren 1980-1984 restaurierte Hammermühle mit ihren Nebengebäuden ein Glanzpunkt des Stadtzentrums mit Bürgersaal, Bücherei und Restaurant. Attraktionen sind das große Mühlrad im angrenzenden Hammerbach und die technische Einrichtung im Inneren. Im Scheunensaal der Hammermühle finden unterschiedliche Veranstaltungen statt, von wöchentlichen Übungsstunden der Musik- und Gesangvereine bis zu Künstler-Aus­stellungen und Vorträgen.

 

Die Modau fließt mitten durch das Städtchen, Lebensader des einst hier stark vertretenen Mühlengewerbes. Ihre Wasserkraft betrieb auf kürzester Distanz nicht weniger als zwölf Mahl-, Öl-, Pulver-, Loh-, Schleif- und Hammermühlen. Im Südbereich Ober-Ramstadts konzentrieren sich die Mühlen. Wasserläufe prägen in starkem Maße das Landschaftsbild des Odenwalds. Sie streben von den Höhen des Gebirges Rhein, Main oder Neckar zu. Weschnitz, Mümling, Gersprenz, Itter, zahllos sind die Namen all der Flüßchen, Bäche und ihrer Zubringer, die Täler voller Reiz, Ortschaften an ihrem Rand nicht minder.

 

Die auf einer Höhe liegende Kirche wurde 1717 nach Plänen des Darmstädter Hofbaumeisters L. R. Delafosse errichtet. Der alte Kern um die Barockkirche ist sehenswert.

Davor steht das zum Heimat- und Technikmuseum umgewidmete frühere Rathaus, Prälat-Diehl-Straße (Öffnungszeiten ganzjährig sonntags 14.30 bis 17.30 Uhr). Hier bewahrt man vor allem die Erinnerung an die beiden größten Söhne der Stadt, den Autokonstrukteur Hans Gustav Röhr, der hier von 1927bis 1930 den legendären „Röhr 8“ baute (Siehe unten) und der Experimental-Physiker und Aphoristiker Georg Christoph Lichtenberg (1742 in Ober-Ramstadt geboren).

Im Jahre 1732 errichtete der hiesige Pfarrer Johann Conrad Lichtenberg, in seiner Freizeit leidenschaftlicher Baumeister, das „Alte Rathaus“. Sein hier geborener jüngster Sohn Georg Christoph (1742 - 1799) studierte nach seinem Schulbesuch in Darmstadt an der Universität Göttingen. Zu Lebzeiten war er als Experimentalphysiker weltberühmt. Nach seinem Tod, besonders nach der Veröffentlichung seiner „Sudelbücher“, wurde das Interesse an dem Literaten und Aphoristiker vorrangig. Das Museum Ober-Ramstadt zeigt eine biographische Dauerausstellung und sammelt in einer Spezialbibliothek das Schrifttum zu Leben und Werk des Wissenschaftlers. Ober-Ram­stadt ist auch Sitz der internationalen Lichtenberg-Gesellschaft.

 

Im 19. Jahrhundert begann der Wandel von der landwirtschaftlich orientierten Gemeinde zum Industriestandort. Schon 1816 standen den 71 Bauern und 23 in Mühlen tätigen Personen 115 Handwerker und 21 Händler gegenüber. Im Jahre 1832 begründete Wilhelm Heim eine Werkstatt als Kammmacher. Daraus ging 1862 die erste hiesige Fabrik hervor, die Schildpatt und Horn zu Haarschmuck verarbeitete. Das Unternehmen entwickelte sich bis 1900 zur „größten Schildpatt verarbeitenden Fabrik Europas“. Bei der ersten Jugendstil-Ausstellung auf der Mathildenhöhe in Darmstadt (1901) wurde der Haarschmuck dieser Firma prämiert. Es folgte eine Einladung zu einer Ausstellung in Petersburg. Im Museum Ober-Ramstadt ist die größte deutsche Ausstellung von Haarschmuck aus Schildpatt und Horn zu bewundern.

Die Firma Heim war die Keimzelle für eine große Zahl weiterer Firmengründungen in Ober-Ram­stadt und Umgebung, die sich in unterschiedlichen Bereichen der Kunststoffverarbeitung betätigten. Nach dem Bau der Eisenbahnverbindung zwischen Darmstadt und Erbach erhielt Ober-Ramstadt 1870 einen Bahnanschluß. Im Jahre 1876 wurde ein „Leih- und Sparverein“ gegründet. Diese beiden Einrichtungen beschleunigten die weitere wirtschaftliche Entwicklung der Kommune.

Die Jahre zwischen 1890 und 1910 waren auch für Ober-Ramstadt die eigentliche „Gründerzeit“. In die kommunale Infrastruktur wurde kräftig investiert: 1901 in eine zentrale Wasserversorgung und 1907 in ein kommunales Elektrizitätswerk. Ein Frankfurter Verleger gründete eine Lokalzeitung. Feinmechanische Werkstätten für hochpräzise Meßgeräte entstanden ebenso wie zwei Farbenfabriken, von denen eine, die „Deutschen Amphibolinwerke“, heute zu den weltweit Großen zählt. Die Möbelfabrik Schröbel vertrieb bereits Anfang der dreißiger Jahre europaweit Küchenmöbel im Stil des „Gelsenkirchener Barocks“.

Im Ersten Weltkrieg baute Max Walbinger mit einer Munitionsfabrik einen völlig neuen Industriezweig auf. Nach dem Krieg wurden auf dem Gelände Autos gefertigt, zuerst von der Firma Falcon, dann von Hans Gustav Röhr und seinem Team. Röhr entwickelte viele Innovationen für den Automobilbau. Auf internationalen Ausstellungen wurde für seine Fahrzeuge geworben mit dem Slogan: „Das sicherste Auto der Welt“. Die „Hoch-Zeit“ mit H. G. Röhr dauerte jedoch nur wenige Jahre. Nach dem Wechsel des Firmengründers zu Adler in Frankfurt übernahm eine Schweizer Holding den Betrieb. Im Jahre 1935 fand der Automobilbau aus politischen Gründen ein Ende. Fahrzeuge dieser Epoche sind im Museum Ober-Ramstadt ein besonderer Anziehungspunkt.

Im Jahre 1929 baute die Gemeinde ihr neues Rathaus.  Der Zweite Weltkrieg brachte für Ober-Ramstadt nur relativ geringe Verluste. Die Entwicklung der Stadt verlief sehr positiv. Durch die Ausweitung der bestehenden Industrien und Neugründungen, durch neue Wohngebiete und den Zuzug von Heimatvertriebenen vergrößerte sich Ober-Ram­stadt beträchtlich. Im Jahre 1959 wurden dem Ort die Stadtrechte erneut verliehen. In der Begründung stand, daß dabei „die ältere Bedeutung und neueste Entwicklung“ berücksichtigt werden. Zu Beginn des 21. Jahrhunderts wohnten 15.500 Personen in der Stadt.

 

 

Wanderung im Süden Ober-Ramstadts:

Auf der Hauptdurchgangsstraße von Ober-Ramstadt, der südlich gelegenen B 426 fährt man weiter bis zum Ortsausgang in Richtung Reinheim (rechts am Parkplatz Schwimmbad kann man den Wagen abstellen). Der „Waldenserweg“ mit der gelben Ziffer 4 begleitet auf der gesamten Strecke. Der Hohen Straße folgend geht es hinauf zum Wald. Erster Anlaufpunkt ist das genau südlich gelegene weiße Gebäude eines Naturfreundehauses, das unübersehbar oben am Waldrand thront. Hinter dem Gebäude schwenkt man links in den Wald.

Südlich des Naturfreundehauses liegt der Silberberg, ein langgestreckter Bergrücken, der in einer Höhe von 328 Metern gipfelt. Haselberg war sein ursprünglicher Name, doch der Volksmund benannte ihn um, nachdem hier Ende des 16. Jahrhunderts auf Veranlassung Landgraf Georgs I. Bergbau betrieben worden war. Ein Versuch, den Wohlstand seines durch den Schmalkaldischen Krieg stark mitgenommenen Landes zu verbessern. Der Landgraf knüpfte dabei an die Überlieferungen an, daß bereits 1507 in diesem Bereich eine Schmelzhütte in Tätigkeit gewesen war. Er nahm 70 Jahre später den Erzbergbau auf, vornehmlich zur Silber- und Kupfergewinnung.

 

Fast auf der Höhe des Silberberges wird mineralogischer Anschauungsunterricht zuteil durch sechs etwas links vom Weg aufgestellte Gesteinsproben: Buntsandstein, Basalt, Granit, Porphyr, Syenit und Gabbro. Kurz nach Waldbeginn aus Richtung Nieder-Modau, zwischen Jagen 104 und 105, biegt man mit der verwitterten gelben 2 halbrechts ab, ein Weg, der sich durch das ehemalige Schürfgebiet schlängelt, zwischen tiefen Furchen, Gräben und Schluchten, von hohem Buchenwald überzogen.

Die Blütezeit der „Gnade Gottes“, wie die Grube damals genannt wurde, währte nicht lange. Obwohl stets fündig - rund 40 Pfund Kupfer und sechs Lot (etwa 100 Gramm) Silber auf einen Zentner - verschlang sie mehr Geld zum Ausbau der Schächte bis in 28 Meter Tiefe, eines Poch- und Schmelzwerkes, als sie einbrachte. Bereits 1586 kam das Bergwerk zum Erliegen. Spätere Verkaufsverhandlungen scheiterten. Die Grube blieb 300 Jahre verschlossen. Erst 1907 wurden umfangreiche Aufschlußarbeiten begonnen, der Betrieb jedoch nicht wiederaufgenommen trotz guten Zustandes der Schächte.

 

Aufgelockerter Buchen- und Kieferbestand begleitet hinunter nach Nieder-Modau mit der ehemaligen Burg auf dem nördlich gelegenen Schloßberg. Man quert die Durchgangsstraße und folgt ihr auf einem parallel verlaufenden Sträßchen bis zum Wiesenweg. Wie sein Name verrät, führt er über eine Kuppe hinaus in die offene Landschaft.

Nach einem Rechts-links-Haken geht man gerade auf Rohrbach und durch ein Neubaugebiet zur Ortsmitte. Eine ungewöhnliche Anlage in Rohrbach: Alle Häuser der um den Dorfplatz herumgeführten Straßen stehen in Traufstellung und umrahmen die Kirche.

Das liegt daran, daß der Ort zu den Waldenserdörfern zählt: Der 24. Juni 1699 gilt als Einwanderungsdatum der Waldenser-Glaubensgemeinschaft in die drei landgräflichen Gutshöfe Rohrbach, Wembach und Hahn. Ihr wurde freie Religionsausübung und der Gebrauch der französischen Muttersprache zugesichert. In drei großen Wellen sind protestantische Glaubensflüchtlinge aus Frankreich und Wallonen nach Deutschland gekommen. Nach den großen Schüben im 16. Jahrhundert und der Aufhebung des Ediktes von Nantes 1685 kam es ausgangs des 17. und zum beginnenden 18. Jahrhundert zu einer dritten Fluchtbewegung.

Diesmal waren es vor allem „Waldenser“ aus Piemont und den Savoyen im heutigen französisch-italienischen Grenzgebiet. Hatten hierzulande zunächst Frankfurt, Hanau und Hessen-Kassel die Hauptlast getragen, war es jetzt die Landgrafschaft Hessen-Darmstadt, die sich von den fleißigen Flüchtlingen Wohlstand versprach. Dabei kam es, wie in (Mörfelden-Walldorf) zu Neugründungen, den Ankömmlingen wurden die Ländereien herrschaftlicher Höfe zugewiesen, wie in Rohrbach, Wembach und Hahn im Vorderen Odenwald.

Landgraf Ernst Ludwig überließ den in Frankreich und Italien aus Glaubensgründen Verfolgten 1699 die drei Hofgüter, aus denen sich später die Dörfer entwickelten. Rund 50 Familien aus Pragela im oberen Chisonetal fanden eine neue Heimat. Es waren Landwirte, Strumpfwirker und Weber, die aus den Dörfern blühende Gemeinwesen machten. Im 19. Jahrhundert zählte man 90 Strumpfwebstühle - Kristallisationskern der stürmischen Industrialisierung Ober-Ramstadts, zu dessen Gemeindegebiet heute die drei Waldensergründungen gehören. Gleichwohl haben sie sich ihren ländlichen Charakter bewahrt. Seit 1974 sind Rohrbach, Wembach und Hahn mit Pragelato verschwistert, dem heute italienischen Tal, aus dem die Waldenser stammen.

 

 

Reinheim

Der Ort liegt 160 Meter hoch, ein hübsches, lebhaftes Städtchen am Austritt des Gersprenztals in die Mainebene, als Stützpunkt für Ausflüge in den nördlichen Odenwald geeignet. Im 13. Jahrhundert war es im Besitz der Grafen von Katzenelnbogen. Seit 1318 hat es Stadtrecht und kam 1479 in den Besitz der Landgrafschaft Hessen. Der quadratische Grundriß der planmäßig im 13. Jahrhundert angelegten Stadt blieb ebenso erhalten wie der fast geschlossene Fachwerkbestand.

Das sogenannte Kubische Haus ist aus dem 15. Jahrhundert mit reicher Strebekonstruktion. Ihm gegenüber liegt das Hofgut, ein gelungenes Beispiel, wie mit durchdachter Architektur auch moderner Prägung ein historischer Komplex seiner dominanten Lage und stadtgeschichtlichen Bedeutung gemäß gestaltet werden kann. Gruppiert um ein Renaissancegebäude von 1695 entstand ein Bürgerzentrum mit vielfältigen Nutzungsmöglichkeiten, vom Standesamt über Ausstellungsräume bis zu einem Café. Die Einbindung des Hofgutes in das städtische Gefüge unterstreicht die Zugänglichkeit von allen Seiten. Einbezogen sind auch die Teile der jetzt besteigbaren Stadtmauer und ein Turmstumpf mit Zutritt in den Stadtpark.

Nicht in den Komplex eingeschlossen - weil in einem separaten Fachwerkgebäude untergebracht - ist das sehenswerte Heimatmuseum (Heimatmuseum im Kulturzentrum Hofgut Reinheim, Kirchenstraße 41, jeden Sonntag 14.30 bis 17 Uhr). „Wohnen und wirtschaften im bäuerlichen Haus“ heißt das Motto, das die Stadt Reinheim beim Aufbau des Museums gewählt hat, nachdem das alte Pfarr- und Schulhaus aus dem Jahre 1600 von Grund auf für diesen Zweck erstanden war. Da sieht man förmlich die Bäuerin am gemauerten Herd bei offenem Feuer im Kessel rühren, Getreideröster, Eierpfanne und Waffeleisen in die Glut schieben, den Strohsack im (für heute viel zu kurzen) Himmelbett schütteln oder Häubchen, Schulter-Freud-und-Leid-Tuch im angebauten Schrank ordnen. Auch an Universellem fehlt es nicht, beispielsweise der Milchbank, die zur Aufbewahrung der Milchtöpfe diente, zur Unterbringung des Kleinkindes verwendet werden konnte und ebenso sicherer Hort für Hühner- und Gänseküken während der Feldarbeit war.

Die Evangelische Kirche mit Fachwerkturm ist von 1611 und wurde im 18. und 19. Jahrhundert vergrößert und erweitert. Sehenswert sind auch besonders schöne Fachwerkhäuser und ehemalige Adels­höfe.

Im Reinheimer Teich leben noch echte europäische Sumpfschildkröten, und zwar die ganz dunklen. Die südeuropäischen sind heller, die amerikanischen sind größer. Die Schildkröten werden im Exotarium in Frankfurt nachgezogen und dann in Reinheim als einzigem Standort in Hessen ausgewildert.

 

 

Groß-Biberau

Seit 1312 hat der Ort das Stadtrecht. Die Kirche ist von 1730. Der Ort hat schöne alte Fach­werkhäuser. In der Umgebung gibt es Reste vorgeschichtlicher und römi­scher Siedlungen. Die ehemalige Rothenhäuser Hofreite im Zentrum der Stadt, die im Kern auf das 17. Jahrhundert zurückgeht, wurde saniert und beherbergt die Diakonie, Seniorenwohnungen und die evangelische Gemeindebücherei.

Ludwig Reinheimer ist Wirt im Groß-Bieberauer Gasthaus „Zum Odenwald“. Dort gibt es „Dunkes“, eine braune Soße, das Odenwälder Traditionsgericht, ursprünglich aber ein „Arme-Leute-Essen“. Vor 20 Jahren hat der Odenwälder das Mahl aus kargen Zeiten wiederentdeckt. Doch mit Pellkartoffeln und Soße allein ist kein Staat zu machen. Deshalb hat er gemeinsam mit Freunden eine Dunkes-Zeremonie entwickelt, auf Neudeutsch: einen Groß-Bieberauer Event.

Dabei steht das Essen nach wie vor im Mittelpunkt. Die Pellkartoffeln aus der Region müssen vom Gast aufgespießt und eigenhändig geschält werden. Darüber kommt „Warmdunkes“, eine Mehlschwitze mit Zwiebeln und Dörrfleisch, verfeinert durch Lorbeerblatt, Liebstöckel, Essig, Knoblauch und Zucker-Couleur. Wer will, kann darüber noch „Kaltdunkes“ geben, eine Marinade mit viel Zwiebeln. Dazu wird hausgemachte Wurst gereicht. Und zum Nachtisch gibt es noch „Trockendunkes“: Wasserweck, die in Salz und Kümmel eingetunkt werden. Im Dreißigjährigen Krieg, als Franzosen, Schweden, Bayern und die Pest 90 Prozent der Bevölkerung in der Region ausrotteten, schlug die Geburtsstunde des „Dunkes“: Im Jahr 1647 entdeckten die Odenwälder, daß die Kartoffel eßbar ist. Und die Zwiebel eignete sich hervorragend als Zutat.

 

 

Fischbachtal

Billings:

In Gadernheim geht es rechts ab Richtung Modautal - Fischbachtal. Über Brandau kommt man nach Billings. Obwohl Bodenfunde darauf schließen lassen, daß schon während der Jüngeren Steinzeit - 4000 bis 1800 vor Christus - menschliche Ansiedlungen existierten, beginnt die Geschichte Billings mangels Aufschreibungen offiziell erst im 15. Jahrhundert.

Der Name des Ortes könnte von einem alten Gerät stammen. Heimatforscher Georg Lortz zeigt einen antiken, eigenartig geformten Hammer-Meißel aus Holz und sagt: „Das hier, das nennen wir im Odenwald eine Bille. Die brauchte der Müller, um die Schränzen der Mahlsteine nach­zuschärfen!“

Ein friedvolles, stattliches Dorf sei es gewesen. bis der Dreißigjährige Krieg das stille Tal in Aufruhr versetzte. Die Billingser flohen ins Schloß Lichtenberg und verkrochen sich in Erdhöhlen. Die Schweden und Kaiserlichen plünderten die Höfe und jagten die Einwohner mit „menschen­spürigen“ Hunden, berichtet die Chronik. Wer Hunger und Folter entging, den raffte im Winter 1634 / 1635 die Pest hin. Danach war Billings leer, ausgestorben für vier Jahrzehnte.

Die Neubesiedelung des Fischbachtales gelang erst nach dem zweiten Anlauf 1698 mit zwei Familien aus dem Vogelsberg. Die hauchten auch den drei vorhandenen Mühlen neues Leben ein. Heute existiert nur noch die sehenswerte Mittelmühle, in der Heimatkundler Georg Lortz in sechster Generation mit dem Mühlrad im Fischbach Tradition pflegt. Allerdings mahlt er - obwohl er gelernter Müller ist - damit kein Getreide mehr, sondern erzeugt im Schnitt 8500 Kilowatt Strom im Jahr.

Billings gleicht in der Woche und tagsüber einem verschlafenen, ja ängstlichen Dorf. Dicht drängen und stapeln sich alte und neue Häuser an- und übereinander an einen Felshang, von dem man auf Schloß Lichtenberg sehen kann.

 

In Billings ist auch der Neiheiser Hof (Wiesenweg 8) mit Ausstellung und Verkauf von Dekorationsartikeln.

Der nächste Ort ist Niedernhausen. Hier gibt es das Porsche-Traktoren-Museum der Brüder Papst mit 17 restaurierten Porsche Traktoren. Von Niedernhausen aus sieht man schon das Schloß Lichtenberg. Man muß aber erst im großen Bogen fahren und findet erst ein ganzes Stück hinter dem Ort die Auffahrt nach links. Von Westen her kommt man zuerst zum Parkplatz Riedbusch.

 

Lichtenberg:

Dort beginnt der „Geographisch-historische Lehrpfad“. Er hat eine Länge von sechs Kilometern und ist in 36 beschilderten Stationen ausgeschildert. Wie ein Malerwinkel begrüßt Dorf Rodau inmitten grüner Wiesen an buntgesprenkeltem Waldsaum. Danach ein natürlich gebildetes Biotop, in dem zwar die Bäume absoffen, aber das Leben weiter boomt: Mücken tanzen, Wasserflöhe rudern im Entengries, ein tellergroßer Pilz saugt an einen verwesenden Baumstamm. Buchenblätter verdichten sich zu einem weichen Teppich. Zitterpappeln, Rotbuchen, Schwarzerlen, Berg­ahorn: alle mit Visitenkarte versehen.

Auf dem Schild fünf Schritte weiter steht „Bierbach-Teich“. Wo es geradeaus zum Hottenbacher Hof mit netter Versperstube (nur Freitag, Samstag, Sonntag) abgeht, geht m an links in den „Hubert Henke-Weg“, benannt nach dem früheren Förster vom Kernbachwald. Der ansteigende Weg sieht aus wie frisch gekehrt. Die vom Laub befreiten Bäume gewähren der Sonne viel Durchblick und uns Blick auf das Dorf Billings.

Die Heuneburg (Parkplatz) ist ein keltisch-germanischer Ringwall auf der Altscheuer, eventuell eine ovale Thingstätte. Diorithquader aus der Magmakammer der Erde liegen hier überall im Wald. Wie auf einem Trichterrand führt der Weg nun um einen tiefen Krater bergabwärts. Gespenstische Buchen teilen sich hoch oben und „umarmen“ sich. Hinter dem Parkplatz „Templer-Eiche“ erhebt sich das Schloß Lichtenberg. Zurück klettert man hinter der Alten Schule über eine Holzschwellenstaffel hinunter zum Eselsbrunnen und zum Parkplatz.

 

Mit dem Auto geht es weiter in die Stadt (Parken unmittelbar vor dem Schloß). Der Ort hat eine herrliche, beherrschende Lage auf waldiger Höhe und ist als Luftkurort beliebt. Prächtig wie die Sicht auf Schloß Lichtenberg ist auch der Blick von dort über den kleinen Ort gleichen Namens und den welligen Odenwald hinweg zum fernen Horizont - bei klarem Wetter bis zu den Spitzen der Burg Frankenstein. Nach der Anfahrt durch unauffällige Ortschaften und ländliche Täler kommt es unweigerlich zum „Oh“-Effekt, wenn aus dem Fischbachtal (so auch er Name für den Gemeindeverband, zu dem Lichtenberg heute gehört) auf hoher Bergspitze der Feudalbau erscheint. Nicht nur in den Maßen sprengt er das sonst in dieser Gegend übliche. Seit seiner Renovierung ist das Schloß leuchtend hell, abgesetzt mit roten Sandsteinfassungen und Zierat, das Schieferdach bei Sonne glänzend. Eine Art Fata Morgana im stillen Odenwald, majestätisch himmelragend.

Ob der geistreiche Aphoristiker und Naturwissenschaftler Georg Christoph Lichtenberg und das Schloß gleichen Namens miteinander zu tun haben, darüber darf spekuliert werden. Sicher ist jedoch, daß beide dem gleichen Landstrich entstammen: dem nördlichen Odenwald, denn Lichtenbergs Geburtsort ist Ober-Ramstadt.

 

Besiedelt war das Gebiet schon lange vor der Zeitrechnung. Aber erst als die Burgen zu neuen Zentralorten wurden, kam Leben auf den Lichtenberg, der alle natürlichen Gegebenheiten für den Bau einer Höhenburg mitbrachte. Nach drei Seiten steil abfallend, war er fast uneinnehmbar. Die ersten. die diesen geostrategischen Vorteil mit einer Befestigung sicherten, waren die Katzeneln­bogener Grafen. Wo sie erst einmal Fuß gefaßt hatten, erstellten sie mächtige Anlagen, wie beispielsweise noch an Burg Rheinfels bei St. Goar, einer der größten jemals erstellten Burgen. eindrucksvoll zu sehen ist.

Schon die beengte Geländeformation auf dem Lichtenberg zwang, im Odenwald eine Nummer kleiner zu planen. Aber selbst die noch erkennbaren gotischen Mauerfundamente unterhalb des Schlosses zeigen, daß hier fast für die Ewigkeit gebaut wurde. Spielte die Natur nicht mitunter Schicksal, hätte dem weiteren Aufstieg der Katzenelnbogener sicherlich nichts im Wege gestanden - und die Landgrafschaft Hessen wäre unbedeutend und auf Nordhessen beschränkt geblieben.

 

Die Burg Anfang entstand Anfang des 13. Jahrhunderts unter Graf Dieter II. von Katzeneln­bogen. Das Kurfürstentum Mainz, das von Dieter III. von Katzenellenbogen als Lehnsmann die Erlaubnis erhielt, die Burg Lichtenberg zu erbauen, sah in diesem Stützpunkt wohl hauptsächlich ein Gegengewicht zu dem unter fuldischer Lehnshoheit stehenden Veste Otzberg. Die ursprüngliche Anlage der Burg mit Tor, Schmiede, Marstall und Zehntscheuer (mit Kapelle) muß beim Aufstieg zum Schloß noch durchschritten werden. Im Jahre 1312 erhielt Lichtenberg Stadtrechte. Die gut erhaltene Stadtmauer ist aus dem 14. Jahrhundert.

Nach Aussterben des Geschlechts fiel die Burg an die Landgrafen von Hessen. Wie das dynastische Leben so spielt, war einer der Ihren, Heinrich III. beim Ableben des letzten männlichen Katzenelnbogeners 1479 mit der Erbtochter Anna liiert. Das war die beste Partie, die Hessen je gemacht hat. Mit einem Schlag faßte die Landgrafschaft am Rhein. an der Bergstraße und im Odenwald Fuß.

Bald nach der Erbauung der Burg entstand dann in ihrem Schutz die bürgerliche Siedlung, die mit in die Befestigungsanlage einbezogen wurde. Zur Stadtbefestigung gehört aber das wuchtige Bollwerk, ein mit Zinnen bewehrter Turm aus dem Jahre 1503 (andere Angabe: 1480), wird das „Krautfaß“ genannt. Der Geschützturm hat angeblich sechs Meter dicke Mauern, die man beim Blick durch Schießscharten ins düstere Innere abschätzen kann. Der dicke Turm ist – nach anderer Ansicht – ein Rest einer Vorgängerburg, die bereits abgetragen war, als Landgraf Georg I. 20jährig bei der testamentarischen Vierteilung Hessens dessen südlichen Zipfel erbte und damit Lichtenberg.

Kein Wunder, daß sich die Nachfahren von Heinrich und Anna beeilten, der veränderten Kriegführung mit dem Bau eines gewaltigen Geschützturmes (sechs Meter Mauerstärke) an der gefährdeten Westseite Lichtenbergs Rechnung zu tragen. Nachdem Darmstadt zur Residenz einer der 1567 in vier Teile zerfallenen Landgrafschaft geworden war, zögerte der erste Hessen-Darm­städter Regent. Georg I. nicht, seinem bescheidenen Territorium repräsentativen Glanz zu verleihen. Noch vor der Hauptstadt beglückte er das kleine Lichtenberg mit dem ersten Bau eines Renaissance-Schlosses im südhessischen Raum.

Von 1570 – 1581 entstand das Schloß in strengen Renaissanceformen. Bis auf die Fundamente wurde die Katzenelnbogener Burg fast völlig abgetragen und an ihrer Stelle eine hoch aufragende Dreiflügelanlage erstellt, für die sich Georg in Italien anregen ließ. Er soll auch selbst die Pläne entworfen haben. Gleichzeitig verpflichtete sich Landgraf Georg damit auch zum Bau eines ansehnlichen Witwensitzes, mit dem er die umworbene Magdalena zu Lippe gewann.

Es wurde dann ein Witwersitz, genauer gesagt, eine wenig genutzte Zweitwohnung. Georgs Gemahlin Magdalena starb bereits mit 35 Jahren lange vor ihrem Gatten. Schloß Lichtenberg wurde zu einem Symbol für die Verlagerung der Machtzentren vom ländlichen Raum in die Städte und blieb ein Stiefkind der Darmstädter Regenten. Andererseits konnte die abgeschiedene Lage in kriegerischen Zeiten von Nutzen sein. Mehrmals diente die von der mächtigen Geschützbastion unverändert gedeckte Schloßanlage während des Dreißigjährigen Krieges dem Darmstädter Hof samt seinen Untertanen als letzte Zufluchtsstätte. So nahe dürften die hohen Herrschaften ihrer bäuerlichen Basis in der qualvollen Enge, in der es keinen Platz zum Liegen gegeben haben soll, selten gewesen sein.

Während des Dreißigjährigen Krieges blieb Lichtenberg zwar von kriegerischen Auseinandersetzungen verschont, doch forderten Pestilenz und andere Seuchen zahlreiche Opfer. Als die Grafen von Katzenelnbogen - später auch „von Lichtenberg“ genannt - ausstarben, fiel das Gebiet an Hessen-Darmstadt. Landgraf Georg I. von Hessen-Darmstadt ließ durch den Hofbaumeister Jakob Kesselhut (Erbauer des Darmstädter Schlosses) die mittelalterliche Burg von 1570 - 1585 in die landesfürstliche Renaissancefestung umgestalten.

 

Das Schloß zeigt das extrovertierte Selbstbewußtsein des humanistischen Zeitalters. Dem Heimatforscher Hans H. Weber ist sie auch ein dauerndes Denkmal einer gestörten Vater-Sohn-Beziehung. Habe doch der Sohn Georg stark unter der Neben-Ehe seines Erzeugers gelitten und derlei frühkindliche Schäden mit Bauwut zu kompensieren gesucht. Im 17. und 18. Jahrhundert hatte Schloß Lichtenberg keine Bedeutung mehr.

Kurze Lebenserwartung zwang frühere Herrscher, sich früh aller Welt zu beweisen und vorzusorgen: So förderte es seine Heiratsverhandlungen, daß er für Magdalena zur Lippe mit einem geplanten Schloßneubau bereits vor der Hochzeit den künftigen Witwensitz anbieten konnte.

Neuerdings wird Georg - nicht der Baumeister Jakob Kesselhut - als der eigentliche Entwerfer dieses Schlosses im „neuen” Stil angesehen, den er bei Reisen (auch das ist ungewöhnlich) nach Heidelberg, Stuttgart, Venedig kennengelernt hatte. Lichtenberger Renaissancestil kennzeichnet heute noch die Bauten seiner Epoche im engen Einflußbereich: in Darmstadt Schloß Kranichstein, Residenz, Rathaus. Nach kurzer Blüte mit zeitweiliger Nutzung als Jagdschloß und Residenz unter Landgraf Ernst Ludwig von 1688 bis 1739 versank das Schloß in Vergessenheit. Zuletzt erfüllte sich sein Schicksal als Aktenmagazin für das Darmstädter Staatsarchiv und Fruchtspeicher.

Schloß Lichtenberg stellt Bollwerk und Burgsiedlung zu seinen Füßen im wahrsten Sinn in den Schatten. Mit einer luftigen Leichtigkeit erhebt es sich über ihnen. Ein kurzes Sträßchen entlang, und darüber öffnet sich ein Torbau umgeben von Mauern. Hier schon der typische Renaissancegiebel. An Marstall und Zehntscheuer vorbei hoch auf den ebenen Schloßhof, den Georgs Bau von drei Seiten umstellt: die Innenseite ebenmäßig streng. Einziger Schmuck zwischen Fensterreihen das Wappenportal mit seinem und der Eheliebsten Wappen und ein Treppentürmchen an der Nahtstelle zweier Schloßflügel.

Beim Rundgang um die Außenseite kommt man in eine kleine Anlage mit buntem Bauerngarten. Man sieht ebenfalls die Regelmäßigkeit der Fensterfronten, unterbrochen nur durch schmale Vorsprünge mit den „Secreten”. Einzige Zier des hohen Flügelbaues sind die typischen Schneckengiebel an jeder Ecke.

Ehe Georgs Nachfolger dazu kamen, von Lichtenberg aus ihrer Jagdlust zu frönen, wurde die Festung benötigt als Zufluchtsort vor Pest und Kriegen. Immerhin hielt sie stand, auch als in den Kriegswirren des 17. Jahrhunderts alles mit Flüchtlingen so vollgestopft war, daß diese im Festungsschloß wegen Enge nur stehen, nicht aber sitzen und liegen konnten - behauptet die Chronik. In solchen Zeiten reichte die Wasserleitung ohnehin nicht, die der in vielem fortschrittliche Georg von einer Quelle mit Hilfe von Holzrohren in den jetzt als Blumenbecken benutzten Renaissancebrunnen im Hof hatte legen lassen. Denn Wasserträger waren knapp und in der Burgsiedlung Lichtenberg kaum zu finden. Dort pochten die Bewohner auf ihre Burgfreiheit, die sie dazu nicht verpflichtete. Zu leiden hatte das Schloß auch unter Blitzschlag, Bränden, Erdbeben und am Ende dem Einsturz des letzten alten Burgbaues, durch den die heutige Terrasse mit dem schönen Blick über Zinnen ins weite Land frei wurde.

 

Es mußten wohl erst republikanische Zeiten anbrechen. um die adlige Heimstatt einer sinn- und zinnvollen Nutzung zuzuführen. In den frühen fünfziger Jahren wurde das Schloßmuseum aufgebaut. Durch Laufsteg und Handreling hat man bei der Präsentation besonders an die Kinder gedacht, die zudem mit einem Nachbau des Zirkus „Sarasani“ auf ihre Kosten kommen. Für die Erwachsenen rentiert das häufigere Wiederkommen durch mehrmals wechselnde Ausstellungen der Sommergalerie moderner Kunst und verschiedene Sonderschauen. Geöffnet ist das Museum mittwochs und freitags, 14 bis 17 Uhr; samstags, sonntags, feiertags auch 10 bis 12 Uhr von Ende März bis Ende Oktober / Anfang November, je nach Wetter, außerdem nach Vereinbarung, Telefon 0 61 66/404.

Im Schloßmuseum das im Ostflügel des Schlosses werden in 14 größeren und kleineren Räumen Schausammlungen zur Geschichte des Odenwalds mit bäuerlichen Geräten oder Zeugnissen von längst untergegangenen Handwerkszweigen ebenso hergezeigt wie eine alte Apotheke, historisches Spielzeug und die originelle Puppenstuben-Kollektion. Leben auf einem Odenwaldhof im Jahr 1000 vor der Zeitrechnung. Später: Germanensturm auf die Heuneburg, deren Ringwälle auf der höchsten Erhebung gegenüber Lichtenberg noch zu besichtigen sind. Oder die Römer im Odenwald und Karls des Großen Hofhaltung im nahen Groß-Bieberau. Auch vom gewöhnlichen Alltag der Odenwaldbevölkerung berichtet das Museum. Vom Leben und Vergehen - sichtbar vom Gebärstuhl bis zur „mehrschläfrigen” Mausefalle. Auch wie es manchen zu viel wurde und sie in der Auswanderung ihr Heil suchten, heute aber ihre Nachfahren in ihre schöne Stammheimat gerne als Besucher zurückkehren.

 

Unübertroffene Attraktion aber ist unter all den Stücken die einzigartige Zinnfiguren-Sammlung. In Dioramen werden mit den daumengroßen Mini-Plastiken Szenen aus der Antike und dem bürgerlichen Leben in der südhessischen Region präsentiert. Einen beträchtlichen Teil der 1200 Quadratmeter Ausstellungsfläche nehmen die Dioramen Tausender von Zinnfiguren ein. Die gesamte Menschheitsgeschichte,. ist dort buchstäblich mit Adam und Eva beginnend über Hannibals elefantösen Leistungen bis zu den „Friedensuniformen der deutschen Regimenter von 1914“ in einer gesonderten Abteilung auf Zinnfigurengröße geschrumpft.

Eine Rarität: die Blei-Soldaten-Kollek­tion aller deutschen Regimenter der Kaiserzeit in Friedensuniformen. Insgesamt 11.000 Zinnfiguren sind in zwei großen Räumen aufgestellt. Zur Tauschbörse reisen jedes Jahr die Liebhaber dieser Kleinst-Objekte aus ganz Deutschland an.

Mit vollem Namen hieß das Museum im Renaissanceschloß von Lichtenberg bis vor wenigen Jahren „Landschaftsmuseum in Verbindung mit Zinnfiguren- und Bleisoldaten-Sammlung sowie einer Sommergalerie für moderne Kunst“. Das sagt schon einiges über die Bandbreite der Exponate und Themen der Ausstellungen. Es verrät aber noch nicht alles, zumal der Name „Landschaftsmuseum“ - wie es heute verkürzt heißt- der Phantasie ein weites Feld öffnet.

Über das Naheliegende der Darstellung geologisch-topographischer Eigenarten des nördlichen Odenwaldes hinaus kommt das Leben in Vergangenheit und Gegenwart der Region zu ihrem Recht. Mit viel Liebe und Sachverstand ist anhand zahlreicher bäuerlicher Gebrauchsgegenstände dokumentiert, womit sich die Altvorderen ihr täglich Brot abringen mußten. Im abgelegenen Fischbachtal - und doch nur 15 Kilometer Luftlinie von Darmstadt entfernt - lebte man fast autark. Selbst waren die Frau und der Mann, wenn es neben der anfälligen Feld- und Hausarbeit um das Backen, Buttern. Räuchern, Weben und die Herstellung von Rübenöl für das „Geleucht“ ging.

Das Schloß ist jetzt teilweise Fremdenheim, teilweise Archiv. Das Schloß ist von einem uralten Park umschlossen und bietet malerische Fernblicke, besonders von der Terrasse. Das Schloß wird mit viel Phantasie immer wieder ins Gespräch gebracht. So durch die ständigen originellen Ausstellungen und Veranstaltungen. Ein Dauer-Hit sind die von Musikliebhaber Mahr vor beinahe 25 Jahren initiierten Schloßkonzerte im Kaisersaal. Bei 135 Musikaufführungen erklangen Töne aus der Klassik bis zur Moderne. Tradition ist ein Jazz- Frühschoppen im Schloßhof.

In Fischbachtal-Steinau ist das „kleine Felsenmeer“.

 

 

Neukirchen (nordwestlich Reichelsheim)

Der Ort wird 1222 erstmals genannt. Um 1400 hieß es „Nuwenkirchen“. Die Wallfahrtskirche St. Cosmas und Damian von 1222 wurde 1742 zum barocken Saalbau umgebaut.

Lützelbach  wird1346 erstmals erwähnt als Besitz der Junker von Rodenstein  und hat schöne alte Fachwerkhäu­ser.

Die Neunkir­cher Höhe ist mit 605 Metern die höchste Erhebung im hessischen Odenwald mit Kaiserturm und Radarstation. Sie ist Quellgebiet vieler Bäche und Flüsse,  unter anderem der  Gersprenz, Modau, Lauter  und der Fischbach.

Zu Brandau gehören die Orte Lützelbach und Neunkirchen.

 

 

Lautertal und Felsenmeer

Beedenkirchen:

Hier ist ein „Felsenmeermuseum“.

 

Reichenbach:

Reichenbach, einer der neun Ortsteile von Lautertal, ver­kehrsgünstig gelegen zwischen Bensheim und Lindenfels an der B 47 (Nibelungenstraße), ist meist Ausgangsort für die „klassische“ Odenwaldtour zum Felsenmeer, der giganti­schen einstigen Steinmetzwerkstatt der Römer. Felsenmeere setzen sich aber auch südlich Reichenbachs fort, in einer Höhe, die fast an den Katzenbuckel heranreicht. Eine lohnende Heraus­forderung für Wanderer ist der 576 Meter hohe Krehberg, zu dessen Besonderheit außerdem die ungewöhnlich hohen Buchen­wälder gehören, die auf dem fruchtbaren Diorit - Untergrund des Blockmeeres seit Jahrhunderten heranwachsen.

 

Felsenmeer                                                                                                  Führungsblatt 80

Anfahrt über die A 5 bis Bensheim (nicht: Bensheim-Auerbach). Dort Richtung Michelstadt fahren. In Lautertal-Reichenbach rechts ab zum Felsenmeer, Parkplatz „Felsenmeer“. Es gibt auch noch andere Parkplätze (Talweg bei Reichenbach, Römersteine bei Beedenkirchen, Kuralpe). Doch es empfiehlt sich der 280 Meter hoch gelegene Parkplatz am Fuß des Felsenmeers, weil man von dort zuerst den steilen Aufstieg hat und auf dem Rückweg bequem bergab laufen kann.

Im westlichen, dem kristallinen Odenwald, der im Zuge des variskischen Gebirgsbildungszyklus vor etwa 350 ‑ 270 Millionen Jahren (Karbon) ent­standen ist, erhebt sich nördlich von Lautertal‑Reichenbach der Felsberg mit 515 Metern über das Tal der Lauter. Er besteht aus Melaquarzdiorit (früher: Hornblendegranit). Die Gesteinsmassen seiner Felsenmeere  sind  aus glutflüssiger Magma entstanden, das ab er nicht bis an die Oberfläche kam. Sie lagen ursprünglich nach ihrer Er­kaltung viele tausend Meter tief. Durch Erosion der Deckschichten ge­langte das Tiefengestein im Laufe von Millionen Jahren an die Ober­fläche. Die im Gestein vorgegebenen Spalten vertiefend, haben Wind, Wasser und Frost den ursprünglichen festen Block oft metertief in weg­waschbaren Granitgrus verwandelt ‑ nur die widerstandsfähigen Kerne blieben zurück. Die Witterungsbedingungen gaben ihnen die für die Gra­nitverwitterung typische „Wollsack“‑Form (sie sehen so aus wie die Säcke, in d iei die  Hirten die Wolle ihrer Schafe stopfen). Schnellfließende Bergbäche schließlich trugen den Granitgrus weg und ließen so in ihren Betten die Blockmeere entstehen. Die großen Steine blieben dabei oben liegen, die kleineren wurden nach unten gespült. Zwischen ihnen leben heute viele Feuersalamander.

In dieser durch Ero­sion freigelegten Ansammlung gewaltiger, an natürlicher Formschönheit kaum zu überbietender Steinblöcke, hinterlie­ßen zudem römische Steinmetze Spuren ihres hohen hand­werklichen Könnens. Vom dritten Jahrhundert an nutzten und bearbeiteten sie dieses harte Gestein für ihre monu­mentalen Bauwerke in Mainz und Trier. Den endgültigen Beweis, daß der Felsberg den Römern als Steinbruch diente, erbrachte jedoch erst der Nachweis, daß Felsberggranit beim Bau der Trierer Basilika (328 ‑ 337 nCh) unter Kaiser Konstantin (306 ‑ 337) verwendet worden war. So ist der bekannte Trierer Domstein der Rest einer monolithischen Säule gleich der „Riesensäule“. Die in unmittel­barer Nachbarschaft gelegenen Marmorbrüche im Hochstädter Tal bei Auerbach lieferten die zugehörigen Kapitelle.

Nach heutiger Kenntnis wurde der Felsberg von den Römern erst im 4. Jahrhundert nChristus ausgebeutet, also nach dem Fall des Limes im  Jahr  260 nCh, und nur wenige Beobachtungen deuten auf eine Tätigkeit bereits vor dem Jahr 260 hin. Daß die römischen Steinarbeiter außerhalb des Reichsgebie­tes tätig werden konnten, ist auf die militärische Stärke der Römer in konstantinischer Zeit am Rhein zurückzuführen.

 

Vom Gasthaus läuft man zum Fuß des Felsenmeeres. Rechts ist die Siegfriedquelle, wo nach einer der vielen Überlieferungen im Odenwald Siegfried von Hagen erstochen worden sein soll. Man folgt dem Fußweg Nummer 3 (nicht mit Weg 1 nach links abbiegen). Schon hier kann man verschiedene Steine sehen, die von Steinmetzen bearbeitet und wieder verworfen wurden. Dann folgt man Weg Nummer 2, an dem rechts das „Krokodil“ liegt. Man geht bis zur ersten Tafel des Geologisch-Historischen Lehrpfades.

Der Verein Naturpark Bergstraße‑Odenwald hat im zen­tralen Bereich des Felsenmeeres einen geologisch‑histori­schen Lehrpfad in Form eines Rundweges angelegt. Sechzehn Hinweistafeln informieren über geologische Begebenheiten, die Entstehung der Randgebirge beim Absinken des Rhein­grabens und speziell die Naturschöpfungen des Blockmeeres als Rest eines langen Verwitterungsprozesses. Es wird auf die römische Steinindustrie eingegangen, ihre Arbeitsmethoden und die verbliebenen intakten und mißlungenen Werkstücke. Sie sind alle mit roten Ziffern gekennzeichnet.

An der Tafel geht man links. Etwas unterhalb des Weges ist die „Kreisplatte“. Sie zählt zu den beeindruckendsten Werkstücken am Felsberg (Nr. 291). Das einen Durchmesser von 3,50 Meter aufweisende Werkstück könnte als Abschluß eines Polygons der Trierer Basilika vorgesehen gewesen sein. Ähnlich wie an Block Nr. 99 war auch hier bereits mit dem Herausarbeiten der endgültigen Form begonnen worden. Eine natürliche Kluft führte jedoch zu einer Unterschneidung und machte die gesamte Arbeit zunichte.

An der Brücke von 1989 geht man nach rechts auf dem Weg Nummer 3. rechts liegt die Hütte „Lautertalblick“, links ist ein kleines Felsenmeer und die „Wollsack-Granitverwitterung“. Der Weg geradeaus (Nummer 4)  führt zum Parkplatz „Römersteine“.

Man geht aber links ab auf dem Weg Nummer 3, kommt durch einen Rastplatz mit gesetzten Mauern und an dem „Riesensessel“ vorbei, der auf natürliche Art und Weise entstanden ist. Man kreuzt wieder das Felsenmeer, läßt den direkten Anstieg zum Kiosk rechts liegen und geht bis zum Wegweiser „Riesensäule, Olyturm“. Dort geht man nach rechts zum Kiosk und zur Riesensäule (Nr. 259), dem wohl bekannteste Einzelstück .Sie wird bereits im 15. Jahrhundert im Rahmen von Grenz­streitigkeiten zwischen Bensheim und Reichenbach genannt.

Sie ist das Wahrzeichen des Felsber­ges. Von den Römern wegen Fehler im Stein aufgegeben, scheint sie im Mittelalter vorübergehend aufrecht gestanden zu haben. Hierfür spricht eine wap­penschildförmige Einarbeitung am oberen Ende sowie eine wohl für ein Heiligenbild gedachte Nische auf der Unterseite. Nach dem Dreißigjäh­rigen Krieg soll versucht worden sein, sie zu zersägen und nach Heidel­berg zu schaffen. Noch im 17. Jahrhundert stand sie im Mittelpunkt von ländlichen Frühlingsfesten. Nach den Befreiungskriegen (1813 ‑ 1815) wurde erwogen, sie auf dem Schlachtfeld bei Leipzig aufzustellen.

Am Weg oberhalb der Riesensäule steht links die „Pyramide“ (Nr. 142). Sie ist nicht sehr hoch. Sie demonstriert die einzige Spaltung im Hebgang sowie eine gelungene Kopfspaltung. Weitere Spaltversuche mißlangen aber und führten zusam­men mit zwei Stichen zur Aufgabe des Steines.

Der Weg macht einen Linksbogen. Dann macht man eine Abstecher zu der Schautafel „Römische Steinindustrie“ (bei Stein 160). An den zahlreichen Halbfabrikaten, Abfällen und mißlungenen Stücken lassen sich die Techniken der antiken Steinarbeiter nachvollziehen. Da die Blöcke meist frei lagen, entfiel ein Herauslösen aus dem Verband. Nur im Bereich des ehemaligen Steinbruches „Schnapsloch“ wurde der Granit steinbruchmäßig erschlossen (heute nicht mehr sichtbar, westlich der Siegfriedquelle).

Um den Stein in die gewünschte Form zu bringen, bedienten sich die Steinmetzen zweier Techniken: dem Spalten und dem Sägen. Besonders beim Spalten zeigte sich die Erfahrung des Handwerkers, die vorgegebe­nen Spaltrichtungen - „Gänge“ oder „Züge“ genannt ‑ der Blöcke zu erkennen. Dies wird am Felsberg durch das Freiliegen der Steine zusätzlich erschwert, da der in jedem Steinbruch vorhandene „Haupt­gang“ hier von Stein zu Stein verschieden orientiert ist. Eine gelungene Hauptgangspaltung war der erste Schritt zur Herstellung der „Riesen­säule“.

Sehr beliebt, und am Felsberg häufig zu beobachten, war die senkrecht zum Hauptgang ansetzende „Kopfspaltung“. Sie ist ebenso wie die Spaltung im „Hebgang“ (also parallel zu den Bankungs­fugen) besonders gut an der „Pyramide“ zu beobachten.

Steinarbeiter aller Epochen fürchteten die sogenannten „Stiche“ ‑ feine Risse und Sprünge von unregelmäßigem Verlauf, welche nicht den gesamten Stein durchziehen. Werden sie übersehen, können sie leicht das Werk­stück verderben. Dies ist im oberen Drittel der „Riesensäule“ sowie am „Sarg“ (Nr. 24) der Fall gewesen. Das Abspitzen der Oberfläche, wie am „Schiff“ (Nr. 1), diente dazu, über den Klang möglichen Stichen vor dem Spaltvorgang auf die Spur zu kommen.

Gespalten wurden die Blöcke mittels eiserner Keile. Dicht nebeneinan­der in vorher ausgehauene   „Taschen“ gesetzt und mit einem schweren Hammer gleichmäßig angezogen, spalten sie den Block durch Auseinanderzwängen der Wände. Die unterschiedliche Breite der Keiltaschen ist chronologisch bedingt. In eine ältere Phase gehören die breiteren Löcher.

Schmalere Taschen sind jünger. Sie finden sich meist in Verbindung mit einer „Keilnut“, das heißt einer in den Stein ge­schlagenen Rinne. Moderne Steinmetzen arbeiten mit noch schmaleren, eng gesetzten Keilen ‑ auch dies ist an einigen Stellen zu sehen. Die Keilnut dient einmal der sauberen Aus­richtung der Keile und verkürzt zum anderen den Spaltweg, wodurch das Risiko eines Ausbrechens beim Spaltvorgang verringert wird.

Diese Technik ist für unsere Region erst seit dem 4. Jahrhundert nCh  belegt, während die größeren Taschen dem frühen 2. Jahrhundert angehören ‑ ein weiterer Hinweis auf die Benutzungszeit des Felsberges. Mit der Größe der Keiltaschen scheint auch das Werk­zeug zu wechseln: Waren die älteren zumindest teilweise mit dem Spitz­meißel hergestellt, so dominiert bei den jüngeren der „Zweispitz“. Keil­taschen der älteren Form sind gut an Block 153 / 154, nördlich der „Pyra­mide“ zu sehen. Direkt daneben, an Block 156, werden beide Techniken sichtbar: Das Vorhaben, den Stein mittels breiter Keil­löcher zu spalten, war zunächst fehlgeschlagen. Ein später durchgeführ­ter Versuch, bei dem zunächst eine tiefe Keilnut für schmalere Taschen herausgearbeitet wurde, führte schließlich zum Erfolg.

Das Areal um „Pyramide“ und „Altar­stein“ war als der Hauptwerkplatz anzusprechen. Über 200 bearbeitete Steine sind hier zu finden. Der „Altarstein“ (Nr. 87) liegt etwas oberhalb und ist ein Beispiel für die Sägetechnik der Römer. An fünf Blöcken finden sich die Spuren der antiken Steinsäge. Im Gegensatz zur Holzsäge wird hier ein stumpfes Blatt verwendet ‑ die Funktion der Zähne übernimmt reichlich beigegebener Quarzsand, Wasser sorgt für die nötige Kühlung. Da das Sägeblatt aus weichem Eisen bestand, konnten sich die Sandkör­ner etwas eindrücken, so daß derselbe Effekt wie bei einer modernen Säge mit Diamantbesatz entstand. Mit der für den Felsberg angenomme­nen Steinsäge konnten Schnitte bis etwa 0,90 Meter Tiefe bewerkstelligt werden. War ein Block mächtiger, kam zusätzlich die Keilspaltung zum Zuge. Besonders am „Altarstein“ ist dies gut zu sehen.

Mittels der Kombination Sägen und Anspalten wurden Balken von 40 ‑ 55 Zentimeter Stärke gewonnen, die wahrscheinlich zur Herstellung kleinerer Säulen dienten. Es war den antiken Steinarbeitern sicher bekannt, daß sich die Spaltung am tiefsten Punkt des Schnittes seitlich absetzen würde, da der Gang schräg lag. Weshalb die Schnitte 3 und 4 nicht zu Ende gebracht wurden, bleibt unklar.

Nordwestlich des „Altarsteins“ gibt Block 70 ein gutes Beispiel für eine Kopfspaltung. Eine weitere Abspaltung durch Nut und Keillöcher war bereits vorbereitet worden. Ein halbfertiger rechteckiger Block (Nr. 99) liegt nordöstlich des „Altarsteins“: hier sind bereits zwei Flächen bis auf breite Bossen (Randwulst) mit dem Meißel überarbeitet. Südsüd­östlich des „Altarsteines“ liegt ein Säulenrohling (Nr. 128). Die Mittelpunkte sind bereits angegeben und auch der Umfang ist markiert. Das Stück wurde jedoch aufgegeben, da der Mittelteil zu schmal war und außerdem einen Stich aufwies.

An der S. Grieshammer-Ruhe (1971) befindet sich eine Beschreibung der Transporttechnik. Dort liegt auch ein Stein, den man durch eine Fuge spalten wollte. Man geht noch etwas nach links und nach oben zum „Geschramm­ten Stein“ und dann nasch rechts auf dem Weg bis zu dem Wegweiser. Dort geht man nach links in Richtung Felsberg. Am Restaurant steht die „Gabelsberger Eiche“ zur Erinnerung an den Erfinder einer Kurzschrift. Etwas weiter westlich steht auf einem 495 Meter hohen Berg der Ohlyturm (hier so geschrieben), der aber nicht besteigbar ist.

Auf Weg Nummer 6 (im rechten Winkel zu dem Weg, auf dem man heraufgekommen ist) geht es abwärts. Nach einiger Zeit geht es im rechten Winkel links ab, weiter hinunter, links liegt das Naturdenkmal „Gralsburg“. Durch einen Rechts-Links Bogen und einen großen Linksbogen (oberhalb die „Teufelskanzel“) kommt man wieder an die Stelle, wo der Wegweiser „Felsberg, Olyturm“ steht. Dort geht es im rechten Winkel nach rechts hinunter mit der Nummer 3. Nach Rechtsbogen, Linkskehre und Linksbogen kommt man zum Weg Nummer 2, den man links ein Stück hoch geht. Links liegt die „Riesenkiste“. Dann geht man nach rechts zur Brücke hinunter.

Den Abstieg nimmt man nun aber nicht wieder über den Weg Nummer 3, sondern man läuft auf dem bequemeren Weg Nummer 4 erst geradeaus. Ehe es nach rechts hinunter geht, läuft man erst noch einige Schritte gerade aus zum „Langen Stein“ oder „Schlangensäule“. Dann geht es wieder zurück und den Weg hinunter. Man kommt wieder am „Krokodil“ vorbei, einem natürlich entstandenen Stein auf der rechten Seite.

Man kreuzt wieder das Felsenmeer, geht einen Linksbogen und biegt dann links ab, geht aber nicht auf dem Weg Nummer 1 hinauf, sondern den Weg daneben steil hinunter. Man kommt auf einen breiten Weg, auf dem man erst ein Stück nach rechts geht und dann wieder nach links, so daß man wieder zum unteren Teil des Felsenmeeres und zur Siegfriedquelle kommt (dieser Weg ist auf den Schautafeln nicht dargestellt). Abseits der größeren Werkplätze sind noch zahlreiche Einzelobjekte zu finden. Der Volks­mund hat ihnen Namen gegeben wie „Sarg“ oder „Schiff“ (ganz oben).

Der Transport der oft tonnenschweren Bauteile - die „Riesensäule“ etwa wiegt rund 27,5 Tonnen - gelang den römischen Ingenieuren unverkennbar. Eine Tatsache, die uns noch heute in Atem hält. Als Transportfahrzeuge sind Wagen und Schlitten anzunehmen, wobei als weitere Hilfsmittel Walzen, schiefe Ebenen oder frisch gefälltes Holz in Gebrauch waren. Die Abfahrroute führte auf der Berghöhe nach Westen, wo über Auerbach-Fürstenlager der Rhein erreicht wurde. Waren die Steine erst einmal auf dem Wasser, war der Weitertransport entschieden einfacher.

Nach den Steinarbeiten durch die Römer geriet der Felsberg lange Zeit als Steinbruch in Vergessenheit. Erst Mitte des 19. Jahrhunderts lebte der Betrieb wieder auf und hielt bis in die sechziger Jahre des 20. Jahrhunderts an. Durch die „Umwandlung“ des Felsbergs in ein Naturschutzgebiet  im Jahre  1972 wurden sowohl das Felsenmeer als auch die Zeugnisse römischer Steinmetzkunst als Natur- und Kulturdenkmäler gesichert.

 

Lautertal-Gadernheim

Der Ort hat ein schönes Rathaus direkt an der Durch­gangsstraße (Südseite) und einen bemerkenswertem Kirchturm.

 

 

Lindenfels

In der Ortsmitte von Fürth biegt man dann ab nach Norden in Richtung Modautal. Man kommt zuerst nach Ellenbach. Dort steht links in der Schlierbacher Straße 40 (Hauptstraße) ein beachtenswertes Beispiel der „Schlangenhäuser“, erbaut 1797, mit der Darstellung einer Schlange an der Hausecke. Gegenüber steht die Kirchenschule.

 

Der nächste Ort ist Schlierbach. Es gilt als eines der schönsten Dörfer des Odenwalds. alte Anwesen aus pfälzischer Burgherrenzeit, die von 1277 bis 1803 währte, und schmucke Fachwerkhäuser zeichnen das Haufendorf aus. Schlierbachs Besonderheit aber ist sein Friedhof. Man findet ihn, wenn man von der Durchgangsstraße in Richtung Kirche nach links abbiegt. Es handelt sich nämlich um einen richtigen Kirchhof, denn er umfaßt noch heute den Raum um das Gotteshaus. Das Gotteshaus ist ein schlichter Saalbau, entstanden 1810 unter Verwendung gotischen Mauerwerks seiner Vorgängerin. Die Kirche ist Mittelpunkt eines bis zur Reformation über zwanzig Ortschaften umfassenden Kirchspiels.

Hier sieht man an vielen Ruhestätten die schlichten weißen, mit Blumen bemalten Grabbretter. Der Ursprung der Totenbretter oder „Stickel“, wie sie im Volksmund heißen, soll aus der Reformationszeit herrühren. Die Aufschrift beginnt jeweils mit der Formel „Hier ruht in Frieden“ (während es sonst „Hier ruht in Gott“ heißt). Ihr folgen Name, Ort und Todesjahr des Verstorbenen (Wanderung in: Odenwald, Seite 35).

Ein Stück nördlich des Kirchplatzes sieht man die alte Mühle von Schlierbach mit vielen Mühlsteinen und einem stimmungsvollen Hof. Man fährt aber auf dem Weg zurück, den man gekommen ist, und auf der Hauptstraße weiter. Hier steht der Gasthof „Zum Römischen Kaiser“. Weit lädt das schmiedeeiserne Wirtshausschild mit dem römischen Kaiser im purpurnen Krönungsmantel über die Straße. Wie es zu dieser Namensgebung kam, ist unbekannt. Soviel glaubt man zu wissen, daß der Forstmeister Wreden, inzwischen zum bayerischen Feldmarschall befördert, das Schild von einem Feldzug mitgebracht hat.

Es ziert seither das zweihundertjährige Fachwerkhaus, das zugleich das älteste Odenwälder „Schlangenhaus“ ist. Das heißt, in den Eckpfosten des Oberstockes ist eine Schlange einge­schnitzt, die im Maul eine Schriftplatte mit dem Namen des Erbauers trägt: „Hans Michel Meister hat das Haus gebaut in dem Jahre 1766“.

Im Gasthaus werden zwei Gläser aufbewahrt, das der kurpfälzische Forstmeister von Wreden den früheren Besitzern des Gasthauses geschenkt hat. Bei den jungen Wirtsleuten Hansjoerg und Annaberbel war der Umgangston im Laufe Jahre zunehmend rauher wurde. Der Forstmeister bemerkte es mit Schmunzeln, wenn er auf seinen Inspektionsritten immer wieder dort einkehrte. Eines Tages im 1791 überreichte er den beiden zwei Henkelgläser aus der Glashütte im benachbarten Seidenbach, auf die er das ihm so vertraute Bild des temperamentvollen Paares hatte eingravieren lassen: Annaberbel in Odenwälder Tracht, händeringend und wie üblich rufend: „Mord schwer noth Hansjoerg“, während er, sein Glas hebend, seelenruhig mit Götzens bekanntem Zitat antwortet: „Ei leck mich im Arsch Annaberbel“.  Hansjoerg und Annaberbel hatten Sinn für Humor, sonst hätten sie nicht das originelle Geschenk ihren Nachkommen als wertvolles Erbe wahren können.

Die Edelobstbrennerei Dieter Walz ist in der Obergasse 5.

Eine Straße führt dann direkt nach Lindenfels hinauf. Man biegt nach rechts ab in Richtung Krankenhaus und parkt dann links auf dem alten Markt unterhalb der Burg.

 

Lindenfels:

Der Ort hat eine große Gemarkung und bedeutenden Waldbesitz. Er gehörte ebenso wie Birkenau und Mörlenbach zur „Heppenheimer Mark“ und kam durch Schenkung Kaiser Karls des Großen 773 an das Kloster Lorsch. Die Staufer begannen das Bollwerk auf dem Burgberg: Im 12. Jahrhundert kam es an Pfalzgraf Konrad von Hohenstaufen, dann an Baden und die Wittelsbacher, 1410 an Kurpfalz, später an das Erzbistum Mainz, seit dem Jahre 1802 ist es hessisch.

Der alte Marktplatz mit dem Löwenbrunnen und dem Rathaus ist der Mittelpunkt des historischen Stadtbereiches. Wenn man um die evangelische Kirche herumgeht, kommt man zum Bürgerturm aus dem Jahre 1392, den man auch besteigen kann. Von der alten Stadtbefestigung stehen auch sonst noch einige malerische von Grün umsponnene Tore und Türme.

Dann geht man hinauf zur Burg. Nebeneinander stehen an der Westseite der Straße das heutige Kurmittelhaus, das 1723 erbaut wurde als Kreisamt und Präparandenanstalt. Gegenüber liegt der für jedermann zugänglichen Kurgarten.

Neben dem Kurmittelhaus steht das Rathaus, das vor 1737 erbaut wurde als kurpfälzisches Oberamtsgebäude und nachher Rentamt und Försterei war. In der ehemaligen Zehntscheuer nebenan ist das Museum eingerichtet. Das Museum ist von April bis Oktober an Sonn- und Feiertagen von 14.00 bis 16.00 Uhr geöffnet. Eintritt: Erwachsene eine Mark, Kinder frei. Es folgen katholisches Pfarrhaus und die aus dem Jahre 1745 stammende katholische Kirche Peter und Paul mit schöner Barockausstattung.

Durch das äußere Fürther Tor tritt man in die Burg ein. Schon wegen der Aussicht sollte man auch zur Ruine hinaufsteigen, denn von dort hat man eine wunderbare Aussicht in alle Täler rundherum. Man kann auch vom Kurgarten aus erst einmal um die Außenmauer mit ihren viereckigen Türmen laufen

Urkundlich erwähnt wurde die Burg Lindenfels bereits im Jahre 1123. Als Burgherr ging damals ein gewisser Graf Bertolfus in die Annalen ein, der allerdings bereits wenig später seinen mächtigen Gebäudekom­plex an Konrad von Hohenstaufen, den Bruder des legendären „Barbarossa”, vermachte. Anfang des 13. Jahrhunderts resi­dierte dann der Markgraf Hermann von Baden auf dem 400 Meter hohen Bergkegel. Im Jahre 1277 kaufte der Wittelsbacher Pfalzgraf Ludwig II. das wehrhafte Bauwerk, das nun fortan etwa 500 Jahre lang von der Kurpfalz beherrscht wurde.

Während dieser Zeit widerstand die Burganlage sämtlichen Kriegswirren, auch dem Dreißigjährigen Krieg. Ihr unrühmli­ches Ende verdankte sie schließlich den kurpfälzischen Macht­habern, die sich - geplagt von Geldnöten - vom Abbruch der Gemäuer Ende des 18. Jahrhunderts eine gute Kasse erhofften. So ganz ging die kurpfälzische Rechnung jedoch nicht auf, wie die mittlerweile restaurierten Teile beweisen. Die Burgruine darf ganzjährig besucht werden.

Die Anlage ist sehr ausgedehnt. Von der 1779 abgerissenen Burg sind nur einzelne Bauteile, besonders Mauern und Tore, erhalten. Hinter dem Eingangstor gehen links und rechts zwei Keller in die Tiefe. In der Mitte des Burghofs sieht man die Fundamente des Bergfrieds. Von der Mauer nach der Stadt zu sieht man im Norden die Litzelröder Höhe in dem Einschnitt zwischen zwei Bergen. Dort ist eine Bismarckwarte erbaut, von der aber die Fernsicht nicht besser sein kann als von der Burg.

Man kann Spaziergänge machen durch den Schloßwald, zum Aussichtspunkt Ludwigs­höhe und zur Bismarckwarte die beiden, etwa dreistündigen Routen auf die Neunkirchner Höhe (Kaiserturm) sowie zu der sagenumwobe­nen Ruine Rodenstein (bewirtschaftetes Marstallgebäude).

 

Winterkasten:

Man muß wieder ab Bensheim über die Nibelungenstraße in den Odenwald fahren. Von Lindenfels kann man dann weiter nach Osten fahren bis zum Gumpener Kreuz (273 Meter), das die  Wasserscheide ist zwischen Rhein  und Main, und dann nach links abbiegen in Richtung Reichelsheim. Man kann aber auch schon kurz vorher nach links abbiegen in Richtung Winterkasten.

Der Stadtteil mit 780 Einwohnern reiht sich als langgezogenes Straßendorf über 2,5 Kilometer in eine Talmulde am Fuß der Neunkirchner Höhe mit dem Kaiserturm. Hier stand um 795 eine Zehntscheune, die in einer Grenzbeschreibung Karls des Großen als „Winterchastro“ erwähnt wird. Im zehnten Jahrhundert siedelten Bauern um jene Scheune, die als Motiv seit 1971 zusammen mit drei silbernen, sechsstrahligen Sternen (Grafschaft Erbach) das Wappen von Winterkasten ziert.

Der Ort gilt als Musterbeispiel einer frühmittelalterlichen Waldhufensiedlung. Die muß man sich vorstellen wie eine quer gestreifte Strickjacke mit Reißverschluß. Rechts des Reißverschlusses (Straße) standen die mächtigen Bauernhöfe, deren Grund und Boden als streifenförmiges Gewann (Hufe) links und rechts der Straße bis zur jeweilig nächsten Gemarkungsgrenze verlief.

Einheiratende Männer hatten es schwer, ihrem Namen Geltung zu verleihen, weil die Anwohner immer bei den ursprünglichen Grundstücksnamen der Frau blieben. Noch bis vor 50 Jahren galt ein ungeschriebenes Gesetz, daß man sich weder Frau noch Vieh von außerhalb des „Wooi­weech“ (Weg, auf dem die Rodensteiner Wein aus Worms transportierten) holen möge, weil das nix taugen könne. 

Durch das Wiesental eilt der Mergbach. Die Mühlen, die hier standen, sind zwar verschwunden. Doch mehr als zwei Dutzend Betriebe und eine mit höchsten Auszeichnungen dekorierte Wurstfabrik sorgen dafür, daß niemand arbeitslos sein muß. Heinrich Pfeifer ist bekannt als der „Schindelschnitzer vom Gersprenztal“. Es gibt Feste wie das „Scheese-Rennen“ mit selbst gebauten Mobilen der Marke „schnell und originell misse se soi.“ An den Hängen rodeln die Kinder bei Frost und Schnee bis vor die Haustüre. Und wer den Aufstieg nicht scheut, findet eine ordentliche Skiabfahrt vom Schenkenberg. Wenn man weiter fährt in Richtung Laudenau, liegt links die Eleonorenklinik, eine Heilstätte  für Herz-, Kreislauf- und Stoffwechselkrankheiten. Sie ist Winterkastens größter Arbeitgeber.

 

 

Fürth

Erlenbach:

Der Ort ist um 1094 als Waldhufensiedlung entstanden. Westlich des Ortes sieht man einen Steinbruch. An der Hauptstraße rechts steht das Gasthaus „Beim Schorsch“. Der Wirt Georg („Schorsch“) hat es auf die größte private Uhrensammlung im Odenwald gebracht. Etwa 700 Exemplaren aller Größen und Jahrgänge ticken an den Wänden seines „Museums“, das in Wirklichkeit eine Gastwirtschaft ist, in der es vor allem Hausgemachtes gibt.   

Die Gemeinde hat ihre Abgeschiedenheit auf besondere Weise genutzt. Sie unterhält einen Gebirgstiergarten. Man fährt durch den Ort steil hinauf, einige wenige Parkplätze sind rechts und links vom Kassenhäuschen. Das Areal ist sechs Hektar groß, über 200 Tiere fühlen sich dort heimisch. Etwa 20 Arten aus Europa, Asien, Südamerika und Australien tummeln sich im Freigehege nebeneinander. Keine Gatter und Zäune trennen die europäischen Wisente von den asiatischen Jaks, den Last- und Reitrindern aus dem Himalaja. Südamerika ist mit drei Kamelarten vertreten, dem Lama, dem Guanako und dem Zwergkamel Alpaka.

Ein Rundweg führt um das gesamte Gelände. Man hält sich erst rechts und geht auch den Bogen bis ganz oben aus. Bei den Emus kann man den Tiergarten verlassen und außen herum zum Kassenhäuschen gehen. Man kann aber auch über die überdachte Brücke wieder zurück gehen. Von Erlenbach fährt man wieder zurück auf die Bundesstraße und hinein nach Fürth.

 

Wenn man von Erlenbach kommt und nach Fürth will, so liegt links die evangelische Kirche. Man fährt dann nach links in die Stadt. Dort stehen links das Amtsgericht und danach der Marktplatz mit dem Rathaus. Sehenswert sind die Fachwerkhäuser und der Heilig - Blut - Bildstock in der Mosbacher Straße 8. Rechts findet sich dann die katholische Kirche. Das altertümliche Städtchen mit seinen schönen Fachwerkbauten ist seit 773 Besitz des Klosters Lorsch durch Schenkung Karls des Großen. Im Jahre 1232 kam es an Mainz, 1803 an Hessen.

Der staatlich anerkannte Erholungsort wurde im Jahr 795 bei der Beschreibung der Mark Heppenheim zum ersten Mal urkundlich erwähnt. Fürth liegt mit seinem Kern im Weschnitztal, dem einzigen natürlichen Zugang von der Bergstraße her, und die elf ihm angegliederten Dörfer verteilen sich auf die umliegenden Berge. Zu manchem Weiler führt nur ein schmales Sträßchen hinauf, irgendwo in den Weiden als Sackgasse endet.

Als wirtschaftlicher Mittelpunkt des vorderen Odenwaldes ist Fürth mit seinen vielen Handwerksbetrieben, Fach- und Einzelhandelsgeschäften ein attraktives Einkaufsziel. Mit seinem anregenden und milden Klima sowie gut markierten Wanderwegen ist Fürth ein ideales Wandergebiet. Reizvolle grüne Täler und Mischwälder mit herrlichen Fernblicken zeigen dem Besucher die Schönheit der vielfältigen Landschaft.

 

 

Rimbach

Rimbach im Weschnitztal wird 795 erstmals erwähnt und gehört im 8. Jahrhun­dert zu Kloster Lorsch, 1232 zur Pfalz, kam 1409 an Erbach und 1806 an Hessen.

Die ältesten Teile der evangelischen Kirche stammen aus dem 14. Jahrhundert. Eine Turmerhöhung erfolgte 1589 / 1590. Die Kirche besitzt einen der schönsten Zwiebeltürme landesweit. Der heutige Bau ist von 1778. Der Jüdische Friedhof kann in Absprache mit der Gemeindeverwaltung / Ordnungsamt besichtigt werden. Rimbach war die bedeutendste jüdische Gemeinde im Gebiet des heutigen Kreises Bergstraße. Sehenswert und zu Recht bekannt ist der Rimbacher Pfingstmarkt. Der Ortsteil Zotzenbach – im Jahre 877 erstmals als „Willa Zozunbach“ erwähnt - ist eine der ältesten Waldhufensiedlungen in Deutschland.

 

 

Mörlenbach

Erstmals erwähnt wird der Ort 795 als „Morlenbach“. Der älteste Teil der katholischen Kirche „St. Bartholomäus“ stammt aus dem 12. Jahrhundert. Die Orgel stammt aus der Kapelle des Friedrichbaus des Heidelberger Schlosses.

In der Nähe des Ortes gibt es seit 2010 einen „geomantischen“ Wanderweg.

 

 

Birkenau

Im Birkenauer Tal soll einst die mit einem Tor verschlossene Eingangspforte zu einem heiligen Hain des germanischen Gottes Odin gewesen sein. Im Tal liegen mehrere Mühlen. Die Eisenbahn fährt durch mehrere Tunnel und über mehrere Viadukte und in Birkenau mitten durch den Ort.

Dieser wurde im Jahre 795 erstmals urkundlich erwähnt. Insgesamt wohnen 10.500 Einwohner in der Großgemeinde Birkenau, die sich zusammensetzt aus der Kerngemeinde Birkenau und den Ortsteilen Nieder-Liebersbach, Reisen, Löhrbach, Hornbach und Buchklingen.

Wenn man aus Richtung Löhrbach kommt, sieht man links hinter dem Bahnübergang das Alte Rat­haus. Es ist das älteste vollkommen erhaltene Rathaus im Kreis Bergstraße. Es stammt aus dem Jahre 1552 und besticht durch seine wunderschönen Fachwerkschnitzereien und seinen Pranger mit Hand- und Halseisen (Die Normal-Elle, die für den damaligen Handel sehr wichtig war, ist allerdings nicht mehr zu sehen, vielleicht ist sie im Inneren des Hauses).

Wenn man von Weinheim kommt und am Porphyrsteinbruch vorbeifährt kommt man wieder nach Hessen in den Ort Birkenau. Direkt an der Straße liegt bald nach der Kirche links das Barockschloß des Freiherrn von Wamboldt von Umstadt, ein prunkvoller Barockbau aus dem Jahre 1772. Zum Schloß gehört ein herrlicher Schloßpark auf der anderen Seite der Bundesstraße, der 1787 von dem Baumeister Friedrich Ludwig von Sckell im englischen Stil angelegt wurde. Da­rin befindet sich eine Teichanlage mit Springbrunnen, und eine Vielzahl von Wasservögeln ist hier zuhause. Hier tummeln sich schwarze Schwäne und Pfauen, zum Teil handzahm. Zum Rathaus muß man in diesem Fall aber nach rechts über die Schienen fahren

Einen besonderen Namen gemacht hat sich Birkenau durch die vielen Sonnenuhren, die man überall an Häusern, in Gärten und Anlagen vorfindet. Mehr als 80 Exemplare mit unterschiedlicher Gestaltung, oftmals versehen auch mit sinnvollen Sprüchen, geben dem Ort ein besonderes Gepräge. „Mach es wie die Sonnenuhr, zähl die heiteren Stunden nur“, oder „Erst der Schatten zeigt das Licht“ - zwei Sinnsprüche nur aus einer Vielzahl ähnlicher Aussagen.

Birkenau gilt als das Dorf mit den meisten Sonnenuhren in Deutschland. Diese „Bergstraßer Sonnenuhren Ära“ geht zurück in die Zeit um das Jahr 1950. Damals lebte hier der Regierungsbaumeister a.D. Otto Seile. Und Otto Seile wollte zu seinem Haus, gut sichtbar, eine Uhr haben. Jedoch keine mit Räderwerk, sondern eine Sonnenuhr, die ihm nur die sonnigen Stunden des Tages anzeigen sollte. Gedacht, getan. Seit dieser Zeit ziert eine Sonnenuhr die Südseite seines Anwesens.

Nun wollten auch andere Bürger in Birkenau eine Sonnenuhr an ihrem Haus haben. Otto Seile hatte alle Hände voll zu tun. Bis zu seinem 80. Lebensjahr hatte er 53 Sonnenuhren gebaut. Ihm gelang es, Einheimische dafür begeistern, mit entsprechendem Nachhilfeunterricht im Ausloten der Wandrichtung und Anbringen des Schattenstabs. Da die Konstruktionszeichnungen von Otto Seile auch nach seinem Ableben erhalten blieben, konnten die lautlosen Zeitmesser in den unterschiedlichsten Formen weiter gebaut werden. Längst sind die Birkenauer selbst Sonnenuhrexperten geworden, egal ob es sich um Horizontal-, Vertikal- oder Äquatorialformen handelt. Bei einem Rundgang kann der Besucher sich von der Vielfalt beeindrucken lassen. Nicht selten sind diese Uhren mit mehr oder weniger schlauen Sprüchen versehen. Selbst an einer Trafostation läßt sich bei gutem Wetter die Zeit ablesen.

Die Uhren ohne Werk gehören zu den uralten Chronometern der Menschheit. Vor rund 4000 Jahren waren es die Ägypter und Babylonier, die als erste Sonnenuhren entwickelten. Dabei ging es ihnen nicht so sehr um die Uhrzeit im Sinne heutiger Präzisionsnotwendigkeit. Vielmehr war es für die Menschen am Nil wichtig zu wissen, wann die nächste Flut kommt. Da der Schatten des Stabes, je nach Jahreszeit, unterschiedlich lang ist, konnten die Priester am Nil recht genaue Datumsangaben machen.

In Deutschland wurden die ersten Sonnenuhren um das Jahr 800 verwendet. Auch in dieser jüngeren Zeit war das Interesse an einer genauen Uhrzeit noch geringer, wenn überhaupt, ging es darum, den Punkt des höchsten Sonnenstandes als Teilung des Tages in Vor- und Nachmittag zu ermitteln. Verfeinert wurden die Sonnenuhren um das Jahr 1200. Die Menschen hatten inzwi­schen herausgefunden, daß die Neigung des Stabes der Uhr vom Breitengrad des Standortes abhängig war. Kaum zu glauben, daß im 16. Jahrhundert winzige tragbare Sonnenuhren mit eingebautem Kompaß der Renner waren.

Im Ortsbild fallen allerdings die Sonnenuhren nicht besonders auf. Eine ist an dem Haus neben dem alten Rathaus. Eine weitere sieht man, wenn man aus Richtung Löhrbach an der Eisenbahn entlang fährt auf der rechten Seite. Und wenn man die Bahn überquert hat, ist auch links und rechts eine zu sehen.

 

 

Heiligkreuzsteinach

Heiligkreuzsteinach und Eiterbach entstanden wie die anderen Dörfer der Kellerei Waldeck als Rodungssiedlungen erst im Hochmittelalter, nicht vor 1100. Der Hauptort Heiligkreuz­steinach wird im Jahr 1293 als „Heilecrutzsteina“ erstmals erwähnt. Der Name hängt mit dem Kirchenpatronizium zusammen, und dieses gehört wohl in die Zeit der Kreuzzüge. Es gibt eine in Heiligkreuzsteinach eine katholische Kirche und eine evangelische Kirche.Sehenswert ist das Fachwerkhaus am Marktplatz von 1813.

Die Orte waren Rodungssiedlungen, die von den Herren von Hirschberg-Strahlenberg in ihrer Herrschaft Waldeck angelegt wurden. Reste der Burg Waldeck finden sich westlich des Ortes. Im Jahre 1357 wurden sie von der Kurpfalz erworben. Nach deren Auflösung 1803 gehörten sie zu Baden. Im Jahre 1828 versuchte Eiterbach selbständig zu werden und erlangte einige Rechte, wie einen eigenen Verwaltungsrat. Es blieb aber Neben­ort von Heiligkreuzsteinach. Im Jahre 1840 wurde die sogenannte „Obergemeinde“, zu der Lampenhain, Bärsbach, Vorderheubach und Hilsenhain gehörten, vom Hauptort abgetrennt. Im Jahre 1935 wurde Hinterheubach in Lampenhain eingemeindet und Eiterbach wurde wieder voll in Heiligkreuzsteinach eingegliedert. Am 1. Januar 1975 entstand der heutige Ort durch die Eingemeindung des Ortes Lampenhain in Heiligkreuz­steinach.

Im Namen von Eiterbach (1316 Eyterbach) steckt vermutlich eine alte mit Euter zusammenhängende, im Odenwald bei der Itter nochmals wiederkehrende Gewässerbezeichnung. Die beiden Siedlungen wurden durch die Besitzer der Herrschaft Waldeck, wohl die Herren von Hirschberg-Strahlenberg, angelegt.

Eiterbach hatte deutlich den in der ganzen Kellerei Waldeck bevorzugten Charakter einer Einzelhofreihe, mit unregelmäßigen blockförmigen Grundstücken und Wald im Gemeinschaftsbesitz der Hofbauern. Die Heiligkreuzsteinacher Huben scheinen von Anfang an weniger geschlossen gewesen zu sein. Taglöhnersiedlungen aus dem späten 18. und frühen 19. Jahrhundert schlossen sich in Eiterbach an beiden Gemarkungsenden an, in Heiligkreuz­steinach hauptsächlich in der Hüttengasse an die erhöht gelegene Kirche.

Die Gebiete der Gemarkung Lampenhain stammen zum größten Teil aus dem historisch einheitlichen Bezirk der Kellerei Waldeck mit dem Zentrum in Heiligkreuzsteinach. Seit dem Spätmittelalter war Hinterheubach davon abgetrennt. Hilsenhain ist anderen siedlungs- und territorialgeschichtlichen Ursprungs.

Die Orte der Kellerei Waldeck wurden vom 12. Jahrhundert an in die ursprünglich dem Bistum Worms zustehenden Teile des Odenwaldes hineingesetzt. Bärsbach (Berlesbach, vielleicht von Berlin = kleiner Bär) ist zufälligerweise zuerst 1293 erwähnt. Es folgen 1316 Lampenhain (Lampenhan, Einhegung vermutlich mit einem Personennamen gebildet), Vorderheubach (Heydebach) und das wieder ausgegangene, später zur Gemarkung Altenbach gekommene Hohenöd.

Die ältesten unter diesen Ansiedlungen scheinen nach der Vorgeschichte der Burg Waldeck und den Zehntverhältnissen Bärsbach und Lampenhain zu sein.

 

Die Anlage von Vorder- und Hinterheubach steht vielleicht im Zusammenhang mit der Verlegung der Burg. Hohenöd könnte als jüngste Siedlung im ganzen Bereich der Kellerei zusammen mit Altneudorf der Anlaß dazu gewesen sein, daß sich 1315 die Strahlenberger verpflichten mußten, keine neuen Dörfer mehr in der Ladenburger Allmend anzulegen.

 

 Schönau

Von Neckarsteinach kommt man in westlicher Richtung in das hübsche Wiesental der Steinach, das von hohen Waldbergen eingeschlossen ist und bald nach Norden umbiegt. Schönau liegt 180 Meter hoch und ist ein freundliches, gewerbreiches Städtchen in schöner Lage. Im  Jahre 1562 erhielt Schönau das Stadtrecht, im Jahre 1803 kam der Ort an Baden.

Ehemals hatte es ein berühmtes Zister­zienserkloster, das 1142 gegründet wurde. Es war Grablege welfischer und wittelsbacher Pfalzgrafen. Im Dreißigjährigen Krieg wurde es zerstört. Das ehemalige Sommerrefektorium des Klosters aus dem. 12. - 13. Jahrhundert ist jetzt zur evangelischen Kirche umgebaut. Es ist ein Rundgang durch die Stadt ausgezeichnet.

Die Kirche wurde vermutlich in der Zeit von 1167 bis etwa 1215/20 als dreischiffige romanische Basilika erbaut, Trotz aller zisterziensicher Schlichtheit symbolisierten die verwendeten Materialien die Vollkommenheit der Ausführung und die gewaltigen Ausmaße (Länge 84 Meter) die Bedeutung der Abtei. Fundamente der Westfassade sind restauriert. Das auf die Hauswand gemalte Portal soll einerseits den Eindruck von der Höhe der Klosterkirche (Giebelhöhe vermutlich 23 Meter) vermitteln.

Der im Westen der Klosterkirche befindliche Konversenbau: (Länge 66,5 Meter) war von den Klausurgebäuden durch die Konversenbau, so wie auch die Konversenmönche (Laienbrüder), die für die Klosterwirtschaft zuständig waren, eine eigene Gemeinschaft bildeten. Von sozialen Spannungen blieb deshalb auch die Zweiklassengesellschaft im Kloster Schönau nicht verschont

Im 16. Jahrhundert erfolgte unter Friedrich III. die Niederlassung wallonischer Tuchmacher. Die Perlenfischerei in der Steinach, die auf das Jahr 1760 zurückgeht, hat heute nur noch geringe Bedeutung.

 

 

 

Odenwald Mitte

 

Fränkisch-Crumbach

Etwa 1.800 Einwohner, in einem Seitentälchen der Gersprenz. Der Ort gehörte Jahrhunderte zur Burg Rodenstein. In der 1485 erbauten Kirche dieses Ortes sind die Grabmäler der Roden­stein­schen Geschlechter, unter ihnen ein Werk, von dem vermutet wird, daß es ein Tilman Riemenschneider oder Hans Backoffen sei. Die Kirche war im 12. oder 13. Jahrhundert ein romanisches Langhaus, später eine gotische Kirche. Sie war ursprünglich Laurentius geweiht und erhielt 1579 den ersten evangelischen Pfarrer. Der Chor von 1485 (darunter die Gruft) wurde im Auftrag des Junkers erbaut. Sie hat eine Walkerorgel von 1866. An der Wand des Heimatmuseums westlich der Kirche befindet sich eine Darstellung des Rodensteiners in Stein gehauen.

Neben der Kirche steht der „Kellerbau“, der Sitz der Kellerei, der im Zusammenhang mit dem Schloß erbaut wurde. Heute ist dort das Heimatmuseum. An der Vorderfront befinden sich Wappen der Berufe, die 1987 im Ort vertreten waren.

Hinter diesem Bau westlich der Kirche steht das Herrenhaus der Freiherrn von Gemmingen.

Es wurde erstmals 1572 bis 1574 von Philipp von und zu Rodenstein erbaut. Im Dreißígjährigen Krieg wurde es bis auf den Keller zerstört. Im Jahre 1645 erfolgte ein Neubau für Neithart von Rodenstein, der aber 1650 verkauft wurde an den General von Rabenhaupt. Dessen Frau verheiratete sich später mit Freiherr Werprecht von Gemmingen. Heute gehört das Haus der Familie von Gemmingen-Hornberg, die dort auch wohnt.

 

Sarolta-Kapelle mit Mausoleum im Schloßpark (Bahnhofstraße):

Ein „Klassiker” und Kleinod ist sie schon: die Saroltakapelle im Gemmingen'schen Park in Fränkisch-Crumbach. Wenn man vom Osten in den Ort hinein fährt, steht sie unübersehbar an der Kreisstraße 75 und erstrahlt  - im Frühjahr inmitten herrlicher Blütenpracht, in den Sommermonaten im Grün alter Parkbäume, im Herbst als idyllisches Bild in buntem Laub, und in den Wintermonaten schneebedeckt. Dann nimmt sie, in der Dunkelheit beleuchtet, gar eine märchenhafte Gestalt an.

Daß dem wieder so ist, verdankt sie dem Verein „Crumbacher-Denk-Mal“, der im Jahr 2000 gegründet wurde und die Kapelle seither restauriert. Im Jahre 1892 war der historische Sakralbau im neoromanisch-byzantinischen Stile auf Initiative des Bischofs Ketteler aus Mainz von Baron Adolf von Gemmingen-Hornberg und dessen Ehefrau Gräfin Sarolta erbaut worden. Der untere Teil des Mausoleums ist seither Ruhe- und Gedenkstätte der Familie von Gemmingen Hornberg.

Bis Anfang der sechziger Jahre diente die Kapelle kirchlichen Zwecken und wurde für Gottesdienste, Beichtgelegenheiten, Taufen und Hochzeiten genutzt. Danach wurde es still in und um die Kapelle. Wildwuchs im Park verhinderte den Blick von der Bahnhofstraße, und die Witterung sowie einiger Vandalismus beschleunigten den Verfall.

Jetzt ist die Kapelle ein Schmuckstück, das weit und breit ihresgleichen sucht. Da sind etwa die atemberaubenden und künstlerisch einzigartigen Marmorsarkophage, in denen die Gräfin Sarolta (eine Sternkreuzordensdame ihrer Majestät der Kaiserin und Königin von Österreich-Ungarn) und Adolf von Gemmingen-Hornberg (Hessischer Kammerherr) mit den Töchtern Franziska und Ernestine ruhen. Auch die Gedenktafeln ihrer weiteren fünf Kinder schmücken den Raum aus. Herrliche bleiverglaste Fenster zieren neben dem mit bunten Fliesen ausgelegten Fußboden, dem Klinkermauerwerk mit seinen Terrakotta-Säulen und der bemalten Holzdecke den Innenraum und die Außenansicht. Sehr dekorativ wirken dabei die weiße und die schwarze Madonna auf dem Altar mit Tabernakel, die 1935 in Altötting gesegnet wurden.

Im Jahre 2003 wurde die Kapelle mit dem Hessischen Denkmalschutzpreis ausgezeichnet. Seitdem finden hier wieder Taufen und Hochzeiten statt. Anfang 2008 wurde die Renovierung beendet.

 

In der Erbacher Straße 17 wohnte die Familie Oppenheimer, die als Inhaber einer Zigarrenfabrik der größte Arbeitgeber am Ort waren. Als Juden wurden sie alle deportiert bis auf Ruth David, die als Kind  nach England kam und später in den USA lebte.

 

 

Rodenstein

Von  Reichelsheim fährt man durch das nordwestlich gelegene Eberbach immer geradeaus. Wo sich der Weg teilt, geht es rechts zum Parkplatz Rodenstein. Zur 320 Meter hoch gelegenen  Burg biegt man aber links ab zum Hofgut Rodenstein. Direkt hinter diesem ist die Burg am Hang gebaut. Die Burg Rodenstein war einst Stammsitz jenes Geschlechts gleichen Namens.  Sie erbauten um 1250 westlich des Ortes eine Hangburg im Wald und nannten sie nach dem verwendeten Sandstein „Rodenstein“. Wohl kein Name ist mit der Geschichte des Odenwaldes so eng verknüpft wie dieser. Doch nicht außergewöhnliche Heldentaten haben den Ruhm des Rodensteins begründet, vielmehr hat der Volksglaube einen Kranz von Mythen und Sagen um ihn gewoben. Sie fanden Eingang in Balladen, Erzählungen und Dramen, vornehmlich die Gestalt des Wilden Jägers, der zwischen den Burgen Rodenstein und Schnellerts mit einem Heer durch die Lüfte saust. Bekannt sind Scheffels Rodensteinlieder. Die Grafen von Rodenstein starben 1671 aus.  Die Burg­ruine  ist  heute im Besitz des Freiherrn von Gemmingen.

 

 

Reichelsheim

Das Städtchen liegt  230 Meter hoch, ist hübsch gelegenes im oberen Gersprenztal, an der Mündung des Mergbaches. Reichelsheim, dessen Ersterwähnung auf das Jahr 1303 fällt, hat sich seinen historischen Ortskern rund um den heutigen Rathausplatz und entlang der Bismarckstraße erhalten. Die Häuser entlang dieser Wege haben sich geändert. Viele ehemals freie Plätze wurden bebaut und alte Bausubstanz verschwand. Die meisten der anderen Anwesen haben im Laufe der Jahrhunderte ihr Gesicht völlig verändert, viele wurden zwischen 1800 und 1900 stark umgebaut oder neu errichtet. Im Brandkataster aus dem 19. Jahrhundert lassen sich für viele der Gebäude die wichtigsten Daten herauslesen und so eine Karte des sich ständig vergrößernden Ortes erstellen.

 

Burg Reichenberg:

Wenn man von Süden nach Reichelsheim kommt, biegt man nach links ab bei den braunen Schildern „Burg Reichenberg und „Burg Rodenstein“.   Zuerst geht es dann rechts ab zur Burg Reichenberg. Auf dem über 300 Meter hohen Reichenberg thront die Burg gleichen Namens. Beherrschend rücken sich die Bergbauten ins Landschaftsbild, sie krönen die Kuppe. Darum auch wurde Burg Reichenberg in früheren Jahren gerne liebevoll „Krone des obe­ren Gersprenztales” genannt. Die Burg, die zur Odenwaldge­meinde Reichelsheim gehört, hat eine wechselvolle Geschichte hinter sich.

Die Burg Reichenberg ist die älteste Burganlage der Gegend. Sie soll um 1250 von Schenk Johann I. von Erbach als Stützpunkt und Befestigungsanlage errichtet worden sein. Die Burg wurde 1307 zuerst urkundlich erwähnt. Sie hat einen romanischem Ring, Palas und Bergfried.

Die Schenken von  Erbach waren ursprünglich Ministerialen und Vögte des Klosters Steinbach. Dieses unterstand dem Königsklosters Lorsch, dessen Bedeutung aber im Laufe der Zeit sank. Diesen Niedergang und die damit verbundenen Streitigkeiten nutzten die Erbacher aus und bereicherten sich vor allem an klösterlichem und kirchlichem Grundbesitz (auch die mainzische Wasserburg Fürstenau gelangte so in ihre Hand). Trotz kriegerischer Auseinandersetzungen war es ihnen eine Zeitlang möglich, ihre Burgenpolitik erfolgreich auf eigene Faust zu betreiben. Schließlich mußten sie sich aber dem Druck der mächtigeren Kurpfälzer beugen, deren treue Anhänger und Bundesgenossen sie wurden.

Zwar ging die Schloßchronik bei einem Brand verloren, aber die wesentlichsten Daten blieben erhalten Auch kriegerische Ereignisse fehlen nicht in der Reichenberg-Geschichte: Im  Jahre  1504 ließ Landgraf Wilhelm II. von Hessen die Burg belagern. Fast 150 Jahre später - im Sommer 1652 - setzten plündernde Kroaten zur Erstürmung der Burg an. Da ihr Angriff erfolglos blieb, ließen sie ihre Wut in Reichelsheim aus und zündeten dort 16 Häuser an. Die Burg war unter anderem Verwaltungsmittel­punkt des Amtes Reichenberg, in Kriegszeiten Fliehburg und Zufluchtsort für die Bewohner des Umlandes, diente zeitweilig als Residenz der Grafen von Erbach, danach als gräflicher Wit­wensitz.

Als ältester Bauteil der Reichenberg ist die obere Burg mit dem „Krummen Bau” anzusehen. In den starken Außenmauern seines östlichen Abschnitts sind noch Reste des romanischen Palas aus dem 13. Jahrhundert erhalten, während der jüngere Verlängerungsflügel aus der Mitte des 16. Jahrhunderts datiert.

Bauliche Erweiterungen erfuhr Burg Reichenberg im 14. Jahrhundert durch die Anlage einer Vorburg. Aus dieser Zeit stammt auch die kleine, aus dem 14. Jahrhundert stammende Burgkapelle, die wie einige andere Bauwerke der Burg im Laufe der Jahrhunderte zerfallen ist. Größere Neu- und Umbauten fanden schließlich im 17. und 18. Jahrhundert statt. Die noch erhaltenen Bauten stammen aus dem 14. bis 18. Jahrhundert

Von dem einstmals etwa 25 Meter hohen Bergfried kündet noch ein nachgemauerter Stumpf. Im inneren Burghof befindet sich ein Renaissance-Ziehbrunnen von 1557. In der ersten Hälfte des 18. Jahr­hunderts kam das Amtshaus im Vorburgbereich hinzu, der Sitz des Verwalters des Erbacher Amtes Reichenberg.

Im 15. Jahrhundert hatte auf Burg Reichenberg Dieter von Erbach, der spätere Mainzer Kurfürst und Erzbischof, seine Jugendjahre verlebt.  Hier wurde 1776 Christian Gottfried Daniel Nees von Esenbeck als Sohn des Rentmeisters Johann Conrad Nees geboren.  Auf dem Rei­chenberg verbrachte er seine Jugend. Er war einer der bekannte­sten Botaniker seiner Zeit. Nach einer Professur in Erlangen wechselte Nees von Esenbeck nach Bonn und avancierte zum Präsidenten der Kaiserlich Leopoldinischen-Karolingischen Akademie der Naturforscher. Im Odenwald blieb er als „Wis­senschaftler vom Reichenberg” bekannt.

Seltsame Spukge­schichten, Sagen und Legenden haben sich von der Burg auf dem Reichenberg erhalten, solche von Gespenstern in eisernen Rü­stungen, dem unheimlichen blauen Licht, einem winzigen Ko­bold und geisternden Trompetern. Mehr als 700 Jahre spannende Vergangenheit werden auf Schloß Reichenberg lebendig. In der mittelalterlichen Burganlage ist für Wagemutige der Verliesturm zugänglich, der einst finsteren Gesellen zu einer besseren Gesinnung verhelfen sollte.

Schließlich bezogen in den Gebäuden eine Erziehungs­anstalt, ein DRK-Müttergenesungsheim, ferner ein privates Kur- und Erholungsheim sowie eine Erholungsstätte für Postbe­dienstete Domizil.  Heute ist die Oberburg Privatbesitz. In der Unterburg eta­blierte sich eine christliche Tagungs- und Begegnungsstätte. Empfehlenswert das Burgcafé - von seiner Terrasse genießt der Besucher freien Ausblick auf die Berg-und-Tal-Landschaft des vorderen Odenwaldes.

 

Bergbau:

die Bergbauforschung um Reichelsheim lieferte vollkommen neue Einblicke in die Geschichte des Odenwälder Bergbaues, die nun im Regionalmuseum Reichels­heim präsentiert werden. So wurden z.B. in mühsamer Kleinarbeit in einer durch die Arbeitsgemeinschaft Altbergbau Odenwald durchgeführten montanarchäologischen Untertagegrabung die Spuren einer einstmals bedeutenden Eisenerzgrube aus dem Mittelalter freigelegt. Der dabei geborgene, hervorragend erhaltene Holzausbau wurde in einem Diorama in der neu gestalteten Bergbauabteilung des Museums wieder aufgebaut. Der Besucher erhält hier nicht nur einen Einblick in einen historischen Bergwerksstollen mit Originalausbau, sondern wird auch aktuell über die neuesten Forschungsergebnisse informiert. Auch die Dauerausstellung wurde durch interaktive Elemente neu belebt und eignet sich vor allem für Kinder, Familien und Schulklassen.

 

Geopark-Lehrpfad „Bergbaulandschaft Reichelsheim“:

Der 13 Kilometer Rundweg mit Infotafeln und Bergwerksstollen ist eine Reise in die Geschichte des Erz- und Manganabbaus, der einmal ein wichtiger Wirtschaftsfaktor für die Region war.

Es gibt Expertenführungen nach Vereinbarung. Sonst täglich bewanderbar. Die Sonderausstellung im Regionalmuseum ist sonntags von 15:00 - 17:00 Uhr und nach Vereinbarung geöffnet.

Weitere Infos: Telefon: 06164 50826, -2369 oder –2483

Internet: www.geo-naturpark.net

 

Kirchen:

Die evangelische Michaelskirche (Rathausplatz 6) vereint die Stilrichtungen Gotik und Barock. Erst im Jahre 1890 wurde die aus hellem Sandstein errichtete, selbständige evangelisch-lutherische Christuskirche am Krautweg 12 eingeweiht.  Hinweistafeln zur Abbaustätte des eigenartigen weißen Sandsteins, mit dem die Kirche erbaut wurde, verweisen auf den neu eröffneten Geo-Naturpark-Lehrpfad „Baustein, Erz und schwerer Spat“ in Ober-Kainsbach.

 

Jüdische Gemeinde:

Reichelsheim hatte eine bedeutende jüdische Gemeinde. Im Gerichtsbuch des Amtes Reichenberg ist bereits 1733 ein Flurstück am Kirchpfad erwähnt, das „Der Judenfriedhof“ genannt wird. Bis zum Jahre 1857 beerdigten die Juden von Reichelsheim, Pfaffen-Beerfurth und Fränkisch-Crum­bach ihre Verstorbenen in der Regel auf dem Judenfriedhof in Michelstadt. Da aber eine Überführung der Verstorbenen in Seuchenzeiten über große Strecken untersagt war, behalf man sich mit einem eigenen Begräbnisplatz, der jedoch nur für Notfälle vorgesehen war.

Im Jahre 1856 kaufte der „Israelische Bruderverein Reichelsheim“ dann das Stück Acker „An der Ruh“ und beantragte die Einrichtung eines jüdischen Friedhofs. Er war zunächst Begräbnisplatz für die Juden von Reichelsheim und Fränkisch-Crumbach. Im Jahre 1860 wurden auch die Juden von Pfaffen-Beerfurth in den Friedhofsverband aufgenommen. Seit 1906 war dann die Israelische Religionsgemeinschaft Reichelsheim Eigentümerin des Friedhofs, der 1929 /  1930 erweitert wurde. Heute hat die Gemeinde Reichelsheim die Betreuung des jüdischen Friedhofs übernommen. Sie erhält dazu einen Landeszuschuß.

Nachkommen ausgewanderter Juden besuchen von Zeit zu Zeit den Friedhof. Zum Zeichen der Trauer und Verehrung legen sie Steine auf die Grabstätte. Im Jahre 1992 hat ein Angehöriger der jüdischen Familie Meyer für seine ermordeten Eltern und Geschwister auf dem Gelände einen Gedenkstein setzen lassen.

 

Bismarckstraße 42:

 „Es Neibäckersch“. Hier errichtete Johannes Dingeldein I. (geboren 1796) im Jahr 1839 ein neues Haus und fungierte als Bäcker und Gastwirt. Seine Frau und sein Sohn Johannes Dingel­dein V. (geboren 1817) führten die Bäckerei und Wirtschaft  „Zur Linde“ weiter. Nach 1855 werden verschiedene Besitzer als Gastwirte und Bäcker erwähnt. Zuletzt nach dem Zweiten Weltkrieg Bäckermeister Franz Rohde. Es handelte sich um ein typisches Fachwerkgebäude, dessen einer Eckständer aus einem anderen Gebäude übernommen sein mußte, da er eine andere Herstellungsart aufwies. Von der Straßenseite abgewandt waren Scheune und Stall angebaut, denn wie üblich in ländlichen Gegenden gehörte eine kleine Landwirtschaft als weiteres Standbein zum Broterwerb der Familie hinzu.

 

Darmstädter Straße 17:

Das Haus befindet  sich von Anfang bis heute in Familienbesitz. Die lange Geschichte des Hauses beginnt mit Philipp Hertel, dem ältesten Sohn des Reichelsheimer Präzeptors Hertel. Er war Schuhmachermeister und entschloß sich, dort ein Haus zu errichten, wo  Reichelsheim in diesen Jahren im Begriff war, sich über die alten Grenzen hinaus zu erweitern: an der „Chaussee“, der heutigen Nibelungenstraße. Im Brandversicherungsverzeichnis erscheint es als „einstöckiges Wohnhaus mit Stall und Keller“. Letzterer besteht noch heute aus Natursteinen. Das Erdgeschoß wurde aus Backsteinen der damaligen Reichelsheimer Ziegelei aufgemauert. Der Keller wurde teilweise als Stall genutzt. Hinter dem Haus lag ein kleiner Garten. Das Haus hat in jeder Generation zahlreiche Verwandlungen über sich ergehen lassen müssen und auch seine Umgebung hat sich verändert. Die heutige Belastung durch den Verkehr hätte sich der Erbauer damals nicht vorstellen können.

 

Reichelsheim-Rohrbach:

Auch der „Alte Stollen“ der Manganerzgrube Georg ist geöffnet. Der Stollen war von 1890 bis 1904 in Betrieb, besitzt eine gut erhaltene Ziegelmauerung und wurde im Rahmen der Arbeiten für den Bergbaulehrpfad „Manganerzbergbau“ wieder hergestellt und gesichert.  Der Stollen befindet sich im Ortsteil Rohrbach, oberhalb der Gaststätte „Zum Fürstengrund“, direkt am Verlauf des Lehrpfades.

 

 

Ober-Ostern

Entzücken erfaßt den Besucher beim Anblick des lieblichen Ostertals. Mit der Idylle einer Heimatfilm-Kulisse schlängelt sich das Teilstück der Deutschen Fachwerkstraße entlang des Osterbachs bergan. Einhard, der Biograf Kaiser Karls des Großen, fand die Gegend 735 zu langweilig. Er schätzte das kaiserliche Lehen zwischen Gersprenz und Mümmling gering und zog mit seiner Frau nach Seligenstadt. Überliefert ist seither der alte Name des Ortes: „Osternaha“.

Der Name kommt vielleicht von „Moortal“. Tatsachlich findet man noch heute zwei bis drei Meter tief dunklen Moorboden unter der Grasnarbe. Schon drei Mal in der Vergangenheit hat man das Tal, das von unsäglich vielen Rinnsalen wie ein Schwamm bewässert wird, trocken gelegt: Im Jahr 1850 mit eingegrabenen Astbündeln, um 1900 mit ausgebohrten Eichenstämmen und 1937 mit - reichsarbeitsdienstlichen - Tonrohren, die noch heute die Drainage besorgen.

Die Sage erzählt auch etwas von der silbernen Ostara-Höhle, das ehemalige Silberbergwerk der Grafen von Erbach. Reich wurde damit niemand. Ergiebiger war der Abbau von Schwerspat, ein Mineral mit hoher Dichte, auch Baryt genannt, das man im 18. und 19. Jahrhundert säckeweise als feingemahlenes Mehl an Lebensmittelproduzenten verkaufte. Die mischten es unter Butter, Mehl und Zucker, um die Käufer im Gewicht zu betrügen.

Ober-Ostern ist noch ein richtiges Bauerndorf. Die weit auseinander liegenden Hofreiten gliedern sich seit dem neunten Jahrhundert vertikal vom Tal den Berg hinauf in so genannte Huben: im Tal die Weiden, darüber Ackerflächen, Höfe, riesige Ställe mit Milchvieh und Wald und unter dem Himmel die Almen.

Am Eingang des Ortes steht links die „Villa Kunterbunt“. Der 1900 als Schule entworfene Fachwerkbau zählt zu den wenigen Jugendstilgebäuden des Künstlers Josef Maria Olbrich außerhalb der Mathildenhöhe in Darmstadt. Hier wird alljährlich das Bild eines großen Osterhasen aufgestellt, das ins Guinessbuch der Rekorde aufgenommen wurde. Bei der Gaststätte „Zum Ostertal“ gibt es einen Teich und viele freilaufende Haustiere.

 

Der historische Stollen am Ranzenberg entstand in den Jahren 1923 bis 1925 als Versuchsstollen auf Schwerspat. Der Stollen wird im Rahmen der Führungen des Regionalmuseums „Geologie für Kinder“ als Besucherstollen genutzt. Der Weg zum Stollen ist ab dem Gasthaus „Zum Ostertal" im Ortsteil Ober-Ostern ausgeschildert.

Nach links biegt man ab nach Unter-Ostern. Links liegt das Freilandmuseum Keilvelterhof.

 

 

Weschnitz

Östlich von Weschnitz an der Nibelungenstraße ist der Parkplatz Kapellenberg mit einer Schau­tafel mit Wanderwegen. Von dort läuft man zur Walpurgiskapelle. Der Weg führt zunächst schräg den Hang hinauf in Richtung zum mit lauter Holzkreuzen geschmückten originellen Friedhof (keine Parkmöglichkeit). Links auf dem Berg sieht man schon die Kapelle liegen. Der Anstieg ist steil. Ein Serpentinenweg (Markierung F 3 oder gelbe zwei) führt hinauf (nicht auf den kreuzenden Forstwegen weitergehen). Im oberen Teil kommt man an einem Steinbruch vorbei (die Informa­tionstafel ist kaum noch zu lesen).

Die Kapelle ist an sich nichts Besonderes, denn die Kapelle aus dem 14. Jahrhundert besteht nicht mehr. Nach wechselvoller Geschichte wurde 1815 die jetzige Kapelle errichtet. Hinter ihr befindet sich ein Außenaltar. Aber hier wird ein keltisches Quellheiligtum vermutet. Am Wochenende ist die Kapelle geöffnet.

Von der Rheinebene her haben die Menschen vom Weschnitztal Besitz ergriffen. Schon der Name „Weschenz“ - aus dem keltischen „Visgoz“, was soviel wie „zwei Quellbäche“ bedeutet - spricht für sich. Die Christen übernahmen die Opferstätte der Kelten und weihten sie der heiligen Walburga.

Etwas weiter oben (300 Meter) liegt in 476 Meter Höhe der Kahlenbergstein. Er ist der wahrscheinlich älteste Grenzstein im Überwald von 1575. Außerdem  dokumentiert ein alter Weg­weiserstein mit Orts- und Zeitangaben diesen Wanderweg als alten Handelsweg. Hier gibt es drei Generationen von Grenzsteinen zwischen Fürther und Hammelbacher Cent. Außerdem ist hier die Weschnitzquelle.

Darüber liegt der Kahlenberg. Die beherrschende Lage ermöglicht eine freie Weitsicht. Der Berg wurde auf Geheiß Karls des Großen 795 als Versammlungsort eines Schiedsgerichtes gewählt, das die Grenzen der neuen Mark Heppenheim festzulegen hatte. Es ging um  Besitzstreitigkeiten zwischen dem reichsunmittelbaren Kloster Lorsch einerseits und Mainz, Worms und  Amorbach (die sich die Königsmark Heppenheim teilten) andererseits. Diese Grenze galt danach fast tausend Jahre zwischen der Fürther Zent (Oberamt Heppenheim) gegenüber der Grafschaft Erbach, bis sie 1806 zur heutigen Kreisgrenze wurde. Von diesem Stein kann man auf dem ausholenden Panoramaweg zum Parkplatz zurückkehren.

Man kann aber auch, nachdem man zuerst dem Weg 3 gefolgt ist, nach links abbiegen in Richtung Wegscheide. Dabei läuft man in großem Bogen parallel zur Bundesstraße um den Kahlen­berg herum auf dem „Steinbruchweg“ oder „Grenzweg“. Zwischen den Bäumen heben sich deutlich erkennbar unnatürliche Erhebungen an der Bergflanke ab, Spuren, die der einstigen Erzabbau am Kapellenberg hinterlassen hat. Erzgruben werden bereits 795 urkundlich erwähnt. Bis zu Beginn des 18. Jahrhunderts hat man hier Mangan-Erz im Tagebau gefördert und teilweise vor Ort in primitiven Schmelzen verhüttet. Gänzlich erlosch der Erzabbau 1883.

 

 

 

Hammelbach

Hammelbach wird 753 erstmals genannt, gehörte zu Kurpfalz und kam 1803 zu Hessen.

In Hammelbach stehen eine gotische Kirchenruine und ein Pranger. Am südlichen Ortsende ist ein natürlicher Springbrunnen (rechts in den Grasellenbacher Weg). Im Bereich des Ortes liegen im Norden die Weschnitzquelle (nach links in den Weschnitzquellenweg)  und im Westen die Ulfenbachquelle (Hammelbach?), die nach Süden fließt. Hier verläuft die Wasserscheide von Rhein, Main und Neckar.

In der Schulstraße 38 (im Westen) ist ein Reklamemuseum mit Reklameschildern und Ladeneingängen, geordnet nach Kaiserzeit, Dreißiger Jahre und Nachkriegszeit.

 

In der Gaßbach östlich von Hammelbach (keine Autozufahrt? Eventuell über Grasellenbach, Außerhalb 2) liegt ein Gasthaus, das Café Bauer mit einer Kaffeetassensammlung mit 1200 Tassen. In der Nähe ist die bekannte Felsenquelle, an der sich Frauen und Mädchen das Osterwasser holten und wo die Burgunder angeblich ihre Küche während der Jagd aufbauten.

 

 

Tromm

Die beste Auffahrt ist von Wahlen aus. Man fährt nach Westen in Richtung Hammelbach und Fürth. Aber bald geht es links ab links ab in Richtung Scharbach und Tromm. Nach Unterscharbach muß man wieder nach links abbiegen. Im Ort Tromm biegt man am Ende der Straße links ab

in die Straße „Auf der Tromm“. Hier ist in Nummer 13 das Hoftheater von Jürgen Flügge, wo der „Trommer Theatersommer“ durchgeführt wird.

Man kommt zum Parkplatz bei der Gaststätte mit dem Odenwald-Institut. Der Weg zum Irene-Turm geht nach Westen aufwärts, aber dann gleich wieder nach links. Hier befindet man sich auf dem Kunstweg, dem man ein Stück in den Wald hinein folgt. Dann aber geht es rechts ab (Wanderzeichen gelbe Zwei im Kreis und gelbe Drei im Kreis).

Der Berg Tromm ist ein knapp 600 Meter hohes Bergmassiv, das sich von Fürth bis Wald-Michel­bach erstreckt. Es ist eine reizvolle Landschaft am Übergang vom vorderen zum hinteren Odenwald, oder in der Sprache der Geologen ausgedrückt: an der Grenze zwischen westlichem kristallinem Odenwald (Granit) und östlichem Bundsandstein-Odenwald.

Wenn man auf den Irene-Turm will, muß man schon jetzt den Schlüssel holen bei der Familie Oberle in Tromm, Hausnummer 2. Dazu darf  man aber nicht am Parkplatz am Odenwaldinstitut parken, sondern muß ein Stück noch weiterfahren: „Von der Schönen Aussicht am Odenwaldinstitut vorbei der dritte Weg rechts“ (Telefon 06207-3624). Georg Oberle pflegt und hegt diesen Bau aus Familientradition. Bis 1991 war seine Mutter, und davor sein Großvater Turmwart dieses Wahrzeichens auf der Tromm.

Der Ireneturm auf der Tromm ist eines der Wahrzeichen des Überwaldes. Er wurde vom Odenwaldklub, Sektion Wald-Michelbach, auf Zotzenbacher Gemarkungsgebiet erbaut. Er ist der einzige hölzerne Aussichtssturm im Odenwald, der die Zeiten - dank ständiger Pflege - unbeschadet überstanden hat.

Am 15. Juni 1890 wurde der erste Irene-Turm auf der Tromm errichtet. Das Bauwerk kostete damals 2.250 Mark, war 23 Meter hoch und nach Prinzessin Irene von Preußen (1866 -  1953), Tochter des Großherzogs Ludwig IV. von Hessen-Darmstadt, benannt. Nach der Einweihung schrieb die Tageszeitung: „Auf der luftigen waldbedeckten Höhe der Tromm, dem zweithöchsten Punkt des hessischen Odenwaldes, wurde der unlängst fertig gestellte Aussichtsturm eingeweiht. Die Feier gestaltete sich zu einem kleinen Volksfest. Alsbald übergab der ausführende Zimmermeister, Johann von Unter-Scharbach, den Tromm-Turm den Vertretern der Sektion Fürth, Rimbach, Zotzenbach und Wald-Michelbach.“

Der erste Turm hielt nur wenige Jahre. Im Jahre 1910 wurde dann ein neuer Turm errichtet, der  dank seiner Außenverkleidung heute noch erhalten ist. Der Turm ist 27 Meter hoch, hat 107 Stufen und wurde ganz aus Holz gebaut. Von seiner Plattform hat man einen weiten Blick in das Weschnitztal hinein und über fast den gesamten Überwald.

Am Turm erfährt man, daß der Schlüssel bei der Familie Oberle zu haben ist, man solle nur dem weißen Kreis folgen. Diese Zeichen weisen auf den Weg, auf dem man gekommen ist, aber sie hören bald auf.

Auf der Tromm ist auch das Brandschneiderkreuz: Ein Schneider wollte Hexen bei ihrem unheiligen Tun beobachten und hatte sich dazu hinter einer Egge versteckt, die die Hexe angeblich abhalten sollte. Aber die Hexen entdeckten ihn und ritten ihn auf ihren Besen zu Tode.

Abfahren kann man dann, wenn man hinter Oberscharbach nach links abbiegt und über Litzelbach nach Hammelbach kommt.

 

 

Waldmichelbach

Wenn auf eine Landschaft die Bezeichnung Naturpark in ihrer ursprünglichen Bedeutung des Gewachsenseins zutrifft, dann ist es der südliche Odenwald in seiner Geschlossenheit der Wälder, Berge und lieblichen Täler, eine Oase der Ruhe für den Wanderer. „Überwald“ nennt sich dieses Gebiet, das schon zum Neckar hin ausgerichtet ist in einer Höhe zwischen dreihundert und sechshundert Metern. Etwa zwanzig Ortschaften gehören dazu, bekannte wie Grasellenbach oder Wald-Michelbach, in der Mehrzahl jedoch Weiler, hineingetupft in die Täler des Steinach-, Ulfenbach- oder Finkenbachtales.

 

Hinter Rimbach und vor Mörlenbach biegt man links ab in Richtung Waldmichelbach. An Zotzen­bach vorbei kommt man zur Kreidacher Höhe, einem Wintersportort.

Die Gemeinde Waldmichelbach wurde im 11. Jahrhundert von den Mönchen des Klosters Lorsch angelegt. Die Waldhufensiedlung „Michinbach“ wurde Mittelpunkt der gleichnamigen Zent und 1238 erstmals urkundlich erwähnt. Katholische Laurentiuskirche ist von 1739, evangelische Kirche von 1752. 

 

Im ehemaligen Fachwerk-Rathaus aus dem Jahre 1594 wurde das Überwälder Heimatmuseum eingerichtet. Schwerpunktthema ist der „Wald als Lebensgrundlage im Überwald“. Eine Besonderheit ist die über 250 Exponate umfassende Kleiderbügelsammlung.

Dem Arzt und Heimatdichter Dr. Adam Karillon(1853 – 1938)  - Ehrenbürger von Wald-Mi­chel­bach  - wurde ein eigenes Zimmer gewidmet. Verschiedene Ensembles aus einer alten Dorfschule, der Werkstatt des letzten Küfers im Überwald, Schuster-, Sattler- und Schneiderwerkstatt runden das Bild ab. Die Abteilung Bergbau weist auf den um die Jahrhundertwende florierenden Manganerzbergbau hin. Einen Eindruck von der mühevollen Arbeit im Berg bekommt man beim Besuch des Besucherstollens der ehemaligen Grube Ludwig. Öffnungszeiten des Museums: Mitte März bis Ende Oktober: Do. von 15.00 Uhr - 18.00 Uhr, So. von 14.00 Uhr - 17.00 Uhr.

 

Im Ort gibt es außerdem das Stöwer-Museum für alte Autos.  Der Eintritt ist frei, geöffnet ist  am ersten Sonntag im Monat.

 

Das Hamer-Schlößchen in Aschbach liegt  am Ulfenbach (die Hammerstraße geht rechts von der L 3105 Richtung Affolterbach ab)

 

Östlich von Aschbach liegt (nur zu Fuß zu erreichen, „gelber Punkt“) das idyllisch gelegene Forsthaus Dürr-Ellenbach, dem einzig erhaltenen Wohnhaus einer früheren Siedlung. Im Jahre 1939 - vor der Eingliederung nach Aschbach - war Dürr-Ellenbach die kleinste selbständige Gemeinde Deutschlands mit 3 Personen: der Förster, sein erwachsener Sohn und eine Haushälterin.

 

 

Schönmattenwag (Ober-, Unter-) Schönmattenwag:

„Schimetewoog“ = schäumende Woog = Teich heißt es im Odenwälder Dialekt.

In Unter-Schönmattenwag gibt es die barocke katholische Pfarrkirche St. Johannes Baptist (1719 bis 1779), die  ab 1755 nach Plänen des Mainzer Architekten Jakob Schneider erbaut wurde.  Die ursprünglich barocke Innenausstattung ist weitestgehend erhalten, Altäre und Kanzel wurden 1789 geschaffen. Das Turmgeschoß der Kirche war einst Chor einer 1461 von den Herren von Hirschhorn erbauten Kapelle.

 

Heddesbach (noch ein ganzes Stück südlich von Schönmattenweg)

Hier steht die  Ruine Harfenberg, erbaut um 1200 von Bligger III. von Steinach, dem Sohn des Minnesängers Bligger II. Er nahm für sich und sein Geschlecht den Namen „Harfenberg“ an (Harfe im Wappen), das 1322 ausstarb.

 

Rothenberg. (nördlich von Hirschhorn)

Im Jahre 1353 erstmals urkundlich erwähnt wurde es als Lehen vom Kaiser an die Herren von Hirschhorn gegeben. Es ist Mittelpunkt des Amtes Rothenberg. Seit 1806 gehört Rothenberg zu Hessen.

Die Evangelische Kirche von 1882 ist der Nachfolgebau einer Wehrkirche

Die Alte Pumpe (L 3410 zwischen Rothenberg und Kortelshütte) wurde 1902 erbaut mit einem Antrieb durch den Schmid‘schen Wassermotor (Unikat). Eine Quelle speist einen Wassermotor, der Wasser aus dem Gammelsbacher Tal hochpumpt.

 

Ober-Hainbrunn gehörte seit 1353 mit zur „Herrschaft Rothenberg“.

 

 

Raubach

Raubach und Kortelshütte sind Gründungen des 18. Jahrhunderts. Die Raubach besteht aus drei Gasthöfen und einigen Wohnhäusern. Und doch hat Raubach einen legendären Ruf im Überwald. Den verdankt es dem Raubacher Jockel, mit bürgerlichem Namen Jakob Ihrig, einem Original, das von 1866 bis 1941 lebte. Er war Gemeindediener, Totengräber, Feldschütz, Köhler, Uhrmacher, Töpfer, vor allem aber Musikant, der sechs Instrumente beherrschte. Sein Mutterwitz und seine Streiche sind noch heute im weiten Umkreis bei den Einheimi­schen in aller Munde. Selbst den Grafen von Erbach-Fürstenau duzte er respektlos, als dieser ihm eines Tages im Wald begegnete und nach dem Weg bis Raubach fragte. „Doo muscht erscht de Buckel nuff, dann de Buckel nunner und dann wirrer enuff und nochher kimmscht in die Raubach.“ Der Graf, verärgert ob der Anrede, wies den Jockel zurecht, doch der antwortete ungerührt: „Wenn de aach de Graf bischt, gehste net de Buckel enuff un wirrer nunner, kimmscht de del Lebtag riet in die Raubach.“ Liebevoll pflegten die Raubacher das Grab ihres Jockels auf dem kleinen Waldfriedhof.

 

 

Finkenbach

Ober-Finkenbach war seit 1347 ständiger Besitz der Grafen von Erbach, während Unter-Finkenbach ein Teil der „Herrschaft Rothenberg“ war. Hier stet eine alte, schön restaurierte Mühle

 

 

Wahlen

Am südlichen Eingang des Ortes soll links die Ruine einer ehemaligen Burg liegen, gleich bei den ersten Häusern auf der anderen Seite des Baches. Davon ist aber nichts zu sehen.

Wenn man von dieser Straße nach Norden fährt, kommt man nach Hüttenthal. Wenn man dort im Richtung Westen fährt geht links die Molkereistraße ab. Dort ist die einzige Privatmolkerei Hessens, gegründet 19802, geführt von Kurt Kohlhage.

 

 

Airlenbach

Dicke Eiche (an der Landstraße nach Airlenbach) 

Ein anderes Denkmal, diesmal von der Natur geschaffen, befindet sich vor dem Beerrfelder Stadtteil Airlenbach: die „Dicke Eiche“. Geschätzt wird ihr Alter auf 800 bis 1000 Jahre. Ihr Umfang beträgt 8,60 Meter und der Durchmesser 2,70 Meter. Der Stamm sieht aus, als gehöre er zu einem längst abgestorbenen Baum. Einige grüne Aste in der Kronenspitze zeigen, daß noch Leben in ihr ist. Der Baum gilt als einer der mächtigsten in diesem Lande.

 

 

Grasellenbach

Die Kur- und Erholungsgemeinde Grasellenbach besteht aus fünf Ortsteilen: Hammelbach (mit dem Sitz der Verwaltung und den beiden Kirchen), Wahlen, Gras-Ellenbach (Kneippheilbad mit dem Kurzentrum), Scharbach (mit der Tromm) und Litzelbach. Es existiert ein gut markiertes örtliches Wanderwegenetz (weißer Kreis mit Buchstaben „G“, „H“, „Wa“ und „S“ als Kürzel für die Ortsteile).

Im 8. Jahrhundert war der Ort ein Teil einer Schenkung Karls des Großen an das damals mächtige Kloster Lorsch. Im Jahre 795 wurde Alt-Hammelbach als „Richgisesbura“ erstmals erwähnt. Die erste urkundliche Erwähnung mit dem Namen Hammelbach und von Gras- Ellenbach geht auf das Jahr 1324 durch König Ludwig der Bayer zurück. Im Jahre 1320 wurde der Ortsteil Litzelbach als „Lützelbach“, und 1359 die Ortsteile Wahlen als „Waldau“ und Scharbach als „Scharpach“ erwähnt. Die Gemeinde hat eine außergewöhnliche Geschichtsträchtigkeit, liefen doch die Grenzen von Kurpfalz, Kurmainz und der Grafschaft Erbach durch die Gemarkung. Der Ort ging schließlich an Kurpfalz, 1803 an Hessen.

Daß ein bekannter und geschätzter Kurort eine Oase der Ruhe bleiben kann, dafür ist das Kneippheilbad Gras-Ellenbach im Odenwald beispielhaft. Selbst den Siegfriedbrunnen am nahen Spessartkopf braucht es als Anreiz für den Fremden nicht, das Überland, die einzigartige Mittelgebirgslandschaft, spricht für sich. Autofahrer können an der Post oder an der Nibelungenhalle parken

Das einzige Kneippheilbad im Odenwald lockt seine Gäste mit „lauschigen Plätzchen“, „saftigen Wiesen“ und „stimmungsvollen Seitentälern“. Doch die historische Komponente hat dem Dorf seit Entdeckung des Siegfriedbrunnens ein besonderes Flair gegeben und Touristen angelockt. Gäste können in Pension Kriemhildenruh oder im Gasthaus Gudrun übernachten und im Gasthaus Hagen speisen, bevor sie sich auf die Spuren der nordisch-germanischen Nibelungen begeben.

Die Gemeinde hat sich ganz den Nibelungen verschrieben. Und zuletzt kam noch aus Anlaß der Feierlichkeiten „800 Jahre Nibelungenlied” ein neuer Nibelungenbrunnen vor der Nibelungenhalle hinzu.

Weitere Sehenswürdigkeiten sind das Zentgefängnis mit Pranger, Lindenstein, Krumme Tanne,      Weschnitzquelle, Kalter Brunnen und das Hirtenhaus aus dem 18. Jahrhundert.

 

Wanderung zum Siegfriedbrunnen:

Gegenüber der Bushaltestelle nimmt man an der alten Kastanie die Markierung rotes Kreuz auf und steigt mit ihr - unter dem gleichzeitigen Hinweis „Siegfriedbrunnen“ - die Siegfriedstraße hinauf. Die wenigen Häuser, meist schmucke Pensionen, bleiben zurück. Beim kurzen Gang durch die Felder offenbart sich der ganze Liebreiz dieser schmalen Tallandschaft des Ulfenbaches, an dessen grünen Wiesenhängen auch rote Dächer in der Sonne leuchten. Dann schließt sich der Wald für lange Zeit. Die hohe Fichte dominiert, doch die Ränder der Wege sind hell und freundlich aufgelockert durch Birken, Farn und Gräser.

Den steilen Waldweg hinauf zum Siegfriedsbrunnen säumen Werke des Künstlers Guntram Proschaska, der die Nibelungensage in Holzskulpturen nachgeformt hat. Vorbei an „Brunhild, der Unbesiegbaren“ und „Tarnkappen-Alberich“, der aussieht wie eine Figur von den Osterinseln, geht es Schritt für Schritt der Quelle entgegen.

Nach ständigem Anstieg weist die Markierung vom Hauptweg einen Haken zum Siegfriedbrunnen, der aus lose aufgesetzten Steinen rinnt. Der sagenhafte Ort auf der Waldlichtung ist unscheinbarer als erwartet: An dem Brunnen, an dem Siegfried sein Leben ausgehaucht haben soll, plätschert ein kleines Rinnsal aus dem moosigen Stein. Darüber steht ein gotisches Kreuz mit der eingravierten Strophe aus dem Nibelungenlied, das vom tödlichen Ende der Lindenblatt-Geschichte berichtet: „Er schoß ihm durch das Kreuzte, daß aus der Wunde sprang. Das Blut von seinem Herzen an Hagens Gewand.“

„Da der Herr Siegfried an der Quelle trank, traf Hagen ihn durch das Zeichen hindurch mit dem Speer, daß sein Herzblut im hohen Bogen aus der Wunde an Hagens Wams spritzte. Eine so schwere Untat kann heute kein Held mehr begehen.” So wird im „Nibelungenlied”, Strophe 981, der berühmteste Mord der deutschsprachigen Literaturgeschichte beschrieben. Wo aber war der Tatort? Das in der Zeit um 1200 entstandene Vers-Epos läßt der Phantasie und freihändigen Lokalisierung immerhin soviel Raum, daß ein realer Hintergrund denkbar ist. Wenn schon Worms als Hauptstadt des Burgunderreiches und der nahe Odenwald als der edlen Recken liebstes Jagdrevier genannt wird, warum soll sich dann nicht auch Hagens Racheakt in Odins Wald abgespielt haben?

Seit der akribischen Namenserforschung durch den Geheimen Hofrat Dr. Knapp aus Darmstadt zur Mitte des 19. Jahrhunderts glaubt man zwischen Rhein und Main gerne daran, im Mittelpunkt der Heldensaga um die Nibelungen zu stehen. Danach meint man sogar nahe Grasellenbach die Quelle der Quellen entdeckt zu haben.

Der Darmstädter Hofrat Dr. Johann Friedrich Knapp brachte Mitte des vorigen Jahrhunderts diese Quelle mit der Nibelungensage in Zusammenhang. Bei seinen Forschungen war er 1844 im Wald oberhalb von Gras-Ellenbach auf die Quelle gestoßen und hatte geographische Ähnlichkeiten mit den Angaben im Nibelungenlied entdeckt. Danach fand die verhängnisvolle Jagd im Gebirge statt, und zwar im „Otenwalde“ oder auch „Waskenwalde“. Den Ort „Ottenhain“, wo die Siegfriedquelle fließen sollte, identifizierte er mit dem Flurstück nahe Gras- Ellenbach.

Die Zahl der Siegfriedbrunnen, die im Odenwald, den frühen Jagdgründen der Burgunder, plätscherten ist groß. Dies ist durchaus verständlich, denn der Dichter des Nibelungenliedes im 12. Jahrhundert machte über die Ortsangabe, an der der Recke Siegfried „wart erslagen“, nur vage Andeutungen. Platz zwei der „Echtheit“ nimmt der „Lindelbrunnen“ bei Hüttenthal, und an dritter Stelle steht eine Quelle in Odenheim zwischen Wiesloch und Bruchsal. Fand Siegfried am Lindelbrunnen in der Gemeinde Mossautal sein Ende? Oder wurde er gar im Reichenbacher Felsenmeer erdolcht? Weder noch, lautet die Antwort aus Gras-Ellenbach, denn die Gemeinde wähnt sich selbst auf dem wahren Nibelungenboden: Gras-Ellenbach nennt sich selbstbewußt „Nibelungendorf“ und feiert sein Brunnen - Jubiläum drei Tage lang.

 

 

Mossautal

„So lang wie Mosse“ sagt man im  Volksmund. Es ist ein typisches langgestrecktes Straßendorf im mittleren Odenwald. Im Jahre 1443 wird Kirch-Mossau genannt. Die Johanniterkirche ist aus dem 12. Jahrhundert. Seit 1558 heißt der Ortsteil Ober-Mossau. Interessant sind die Waldhuben- oder Waldhufenhöfe und Dörfer, deren älteste Formen sich im Odenwald befinden (Reihendorf in Rodungsgebieten, bei dem sich der Landbesitz des Eigentümers in gereihten Streifen an die Hofanlage anschließt).

In Unter-Mossau ist der Natur- und Wildpark „Brudergrund mit seinem Rot- und Damwild. Und wo sonst ein Kassenhäuschen die Besucher empfängt, steht ledig­lich ein geschnitztes Schild mit einem röhrenden Hirsch, der Eintritt ist frei.

Rehbach

Glaubt man einer römischen Sage, nimmt das Dorf plötzlich ganz andere Dimensionen an: An seiner Stelle in der Rehbacher Gemarkung soll einmal eine „blühende Stadt” mit Namen Klein- Worms gestanden haben. Doch über den sagenhaften „verflossenen Reichtum” schweigen die historischen Quellen, von einer „versunkenen Stadt” sind aber bislang keine Spuren zu entdecken.

Noch zwei Jahre nach Friedensschluß nach dem Dreißigjährigen Krieg war Rehbach „menschenleer”. Schließ­lich wurden die Ackergründe im Jahre 1690 zu drei Hofgütern zusammengefaßt und in Erb­pachtbewirtschaftung gegeben, jedoch nicht an einheimische Bauern: Pächter aus Tirol und aus der Schweiz übersiedelten nach Rehbach. Heute findet man dort noch zwei alte herrschaftliche Höfe. In Rehbach findet man zwei alte herrschaftliche Höfe. Einer liegt südlich der Bundesstraße. Der andere liegt an der Abzweigung nach rechts nach Brombachtal. Dieser „Hohenloher Hof“ ist das größte Hofgut im Odenwald. Dort sind im Kuhstall nahe der Straße romanische Säulen zu sehen (aber das gibt es auch auf anderen Bauernhöfen). Heute ist der Hof ein Reiterhof mit Lamas

 

Am Ortsausgang links ist der Friedhof mit einem auffälligen Chorturm. Dieser gehörte zu einer aus dem zwölften Jahrhundert stammenden Kirche. Zunächst gehörte diese Kirche den Benediktinern in Steinbach. Nach 1200 stand das Gotteshaus für längere Zeit unter dem Patronat des Ordens der Johanniter mit Stützpunkt in Ober-Mossau. Im Dreißigjährigen Krieg blieb von dem ganzen Dorf nur der Turm erhalten. Als ältestes Rehbacher Baudenkmal wurde der 1860 renovierte und mit einem Satteldach versehen und in jüngster Zeit bei der Errichtung der Friedhofskapelle integriert.

Links vom Eingang des Friedhofs erinnern steinerne Särge an eine noch ältere Epoche Reh­bachs. Für wen diese aus einem Stein gehauenen Särge aus der Karolingerzeit einmal bestimmt waren, ist ungeklärt. Wahrscheinlich stehen sie im Zusammenhang mit der Einhards­basilika im Stadtteil Steinbach. Einer soll einen verzierten Deckel gehabt haben. Sie wurden die Mitte des 19. Jahrhunderts ausgegraben.

 

Nördlich des Orts und östlich der Straße nach Langenbrombach auf der knapp 300 Meter hohen Rehbacher Höhe liegt das Naturdenkmal Russeneiche, die schon von weither sichtbar ist. Das mehrhundertjährige Naturdenkmal, wiederholt vom Blitz getroffen, hat alle Wirrnisse der Vergangenheit gut überstanden. Unter dem heute knapp 30 Meter hohen Baum - sein Umfang beträgt fast sechs Meter - sollen im Jahre 1813 russische Soldaten gelagert haben. Daraufhin haben die Rehbacher den Baum einfach „Russeneiche“ genannt. So will es zumindest die Legende. Tatsache ist, daß im Jahre 1813 etwa 900 Russen im benachbarten Höchst einquartiert waren. Wahrscheinlich gehörten sie zu den Truppen, die Napoleon auf seinem Rückzug verfolgten.

 

 

Brombachtal: (nicht zu verwechseln mit „Brombach“ östlich von Heddesbach)

In Langenbrombach geht es links ab nach Kirchbrombach. Dort kann man die St. Alban geweihte Wehrkirche besichtigen. Die Kirche hat einen Schnitzaltar von 1510 aus der Riemenschneiderzeit (oder von Mathias Grünewald).  Er zeigt den Heiligen Alban, der als Märtyrer vor den Toren der Stadt Mainz starb, mit einer Darstellung der Stadt Mainz im Hintergrund, die älteste Darstellung der Stadt. Außerdem ist in  der Kirche ein Kruzifix von Tilmann Riemenschneider. Etwas oberhalb in der Straße ist der Burghof.

 

Der Sattelhof Balsbach wird 1426 erstmals erwähnt, seine einstige Nutzung war als kaiserlicher Jagdhof, im Jahre 1784 wurde das Wohnhaus umgebaut, im Jahre 1844 erfolgte ein Scheunenanbau und 1935 der Neubau eines Stalls mit Tenne.

 

 

 

Brensbach

Der 175 Meter hoch gelegene Ort hat 1.200 Einwohner, ein Marktflecken in breitem Wiesengrund und eine Sommerfrische. Die gotische Kirche ist aus dem 15. Jahrhundert mit beachtenswerter Steinkanzel von 1526. Eine schöne. Aussicht hat man von der Schäfereiche, die dem Andenken des hier geborene Odenwald­dichters Karl Schäfer gewidmet ist.

 

 

Schnellerts                                                                                                   Führungsblatt 142

Von der B 38 geht es durch Niederkainsbach nach Stierbach. Dort ist dann nach links der Weg zum Parkplatz ausgeschildert. Von dort führt der Weg erst im großen Bogen nach rechts um das Wildgehege herum bis zu einer Schutzhütte links im Wald. Von dort geht es mit dem waagrechten Strich hinauf zur Ruine. Man kann aber auch schon am Beginn des Wochenendhausgebietes parken und durch diese Anlage links-rechts-links die geteerte Straße hinaufgehen. Beim Haus Nummer 26 geht man rechts den Feldweg hoch und rechts an einer Bank vorbei (schöne Aussicht auf Fränkisch-Crumbach). Im Wald hält man sich etwas links und kommt auf den Weg, der durch ein gelbe Sechs und den waagrechten Strich gekennzeichnet ist.

Der Schnellerts erhebt sich am Ausgang des Kainsbachtales zum Tal der Gersprenz mit einer Höhe von 350 Metern etwa 170 Meter über die Gersprenz-Auen. Die nach allen Seiten gleichmäßig abfallende Kuppe wird von den Gneisen des kristallinen Odenwalds gebildet.

Verkehrsgeographisch liegt der Schnellerts recht günstig. Im Hügelland westlich von Kirchbrombach führt von Süden her die „Alte Erbacher Straße“ in knapp zwei Kilometer Entfernung an der Burgruine vorbei. Auch das Kainsbachtal dürfte von der Paßstelle der Erbacher Straße bei der Spreng aus als Zugang zum Gersprenztal genutzt worden sein.

Die in den Jahren 1975 bis 1993 von Helfern der Forschungsgemeinschaft Schnellerts e.V. freigelegten und auf Kosten dieses Vereins konservierten Mauerreste der ehemaligen Burg auf dem Schnellertsberg erheben nicht den Anspruch eines Weltkulturdenkmals. Was dieser Ruine zu überregionaler Berühmtheit verhalf, ist die Sage vom mysteriösen „Schnellertsgeist“, der im Inneren des Burghügels seine Behausung hat.

Er zieht mit seinem „Wilden Heer“ immer dann geräuschvoll und unsichtbar aus dem Berg aus und durch die Lüfte, wenn dem Reich Gefahr droht, und er kehrt erst dann wieder ebenso geräuschvoll zurück, wenn diese Gefahr vorüber war. Das Krieg und Frieden ankündigende Geisterheer (oder Totenheer) wird begleitet von lautem Hundegebell, Peitschengeknall, Pferdegetrappel, Hui-Rufen und Wagengerassel. Nur zu sehen ist nichts, was von einem Geist fast zu erwarten war.

Es ist immer der gleiche Weg, den der Zug nimmt. Fast immer geht es zunächst durch die Scheunen des Haalbauern am Fuße des Burgberges, um einen Haken über Oberkainsbach zu schlagen oder auf direktem Wege über Fränkisch-Crumbach zur Burg Rodenstein zu ziehen. Aber auch durch die Küche eines ehemaligen Adelshofes in Brensbach soll er schon gezogen sein, wird gesagt.

Jeder Auszug des „Schnellertsgeistes“ sprach sich schnell herum und verbreitete Angst und Schrecken, nicht nur unter den Bewohnern der Region. Auch den Territorialherren, deren Hoheitsgebiete seit dem Dreißigjährigen Krieg durch Truppendurchmärsche immer wieder in Mitleidenschaft gezogen worden waren, saß die Angst im Nacken. Im Jahre 1742 ordnete der regierende Graf zu Erbach an, die Aussagen über den Schnellertsgeist aufzuschreiben. Vorgeladen - möglicherweise auch freiwillig - erschien der Bauer Simon Daum (1695 - 1752) aus dem Haalhof in Ober-Kainsbach am 28. August 1742 auf Burg Reichenberg und gab dort zu Protokoll, daß sowohl sein Vater Jeremias Daum als auch er selber den Geist mehrfach aus- und einziehen hörten, dabei aber noch nie etwas gesehen hätten.

Erster Protokollführer war der gräflich Erbachische Amtmann Georg Philipp Wittich, der auf dem Reichenberg 1742 unter anderem festhielt: „Es befindet sich nächst dem Dorfe Ober-Kainsbach ... ein gewisser Berg und auf demselben ein uraltes Schloß, wovon nur noch wenige Rudera zu sehen sein sollen, der Schnellerts genannt, wovon aber, und wer eigentlichen die ehemaligen Possesores sotanigen Berg-Schlosses gewesen, keine weitere Nachricht zur Zeit bekannt geworden. ... Dieses also zum Voraus gesetztet, so ist die gemeine Rede ... nicht nur in alten und vorigen Zeiten schon gegangen, ... daß ein gewisser Geist auf dem Schnellerts zwar seinen Aufenthalt habe, doch aber sich niemalen merken lasse, außer wenn Kriegszeiten, außerordentliche wichtige Dinge vorkomme!“

Solche und ähnlich lautende Aussagen wurden in einem Protokollbuch auf dem Reichenberg zunächst von Amtmann Wittich, später von seinem Nachfolger Carl Ludwig Bock bis zum Jahre 1796 festgehalten. Sie decken sich haargenau mit den Beobachtungen früherer und späterer Geschlechter. Die Berichte über den Aus- und Einzug des „Schnellertsgeistes“ setzen sich bis weit in dieses Jahrhundert hinein fort. Ohrenzeugen versichern, den Geisterzug bei Beginn und Ende der beiden Weltkriege gehört zu haben. Es gibt Menschen, die schwören, daß sie den Schnellerts­geist und sein Gefolge beim Ausbruch des Ersten und des Zweiten Weltkrieges gehört haben. Andere sagen, daß er nach dem Ersten Weltkrieg nicht wiedergekommen ist. Das wäre logisch, denn der Schnellertsherr zog nur aus, wenn für das Reich Gefahr in Verzug war. Er gilt als kaisertreu, doch Kaiser Wilhelm II. ging nach dem verlorenen Krieg ins holländische Exil.

Romantiker des 19. und 20. Jahrhunderts nutzten die Sage und die Berichte der Umwohner als Stoff für Dichtungen, Balladen, Erzählungen, Dramen und sogar Opern, was sich in zahlreichen Veröffentlichungen niederschlug. Die Originale der „Reichenberger Protokolle“ verbrannten im Zweiten Weltkrieg, ihr Inhalt ist jedoch durch zahlreiche Abschriften erhalten. Die Literaten meinen, Wodans Heere seien mit von der Partie. Die Naturforscher hingegen behaupten, die akustische Fata Morgana, die zu Beginn und zum Ende des Zweiten Weltkrieges zum letztenmal  vernommen wurde, sie auf eine Erdfaltung zurückzuführen, die ferne Geräusche nah ertönen läßt.

 

Bisher ist nicht ein Schriftstück aufgetaucht, in dem die Burg oder die dort lebende Adelsfamilie erwähnt ist. Das ist ungewöhnlich, denn häufig waren die Klöster Garanten der Überlieferung. Der Einflußbereich des mächtigen Klosters Lorsch ging bis dorthin und auch das Kloster Fulda hatte seine Herrschaft bis in den Odenwald ausgedehnt. In der lokalen Literatur hat man die Burg zur Ganerbenburg gemacht. Beleg hierfür war ein bis heute nicht nachgewiesener, den Burghof angeblich für zwei Ganerbenfamilien teilender Mauerzug. Weder das eine noch das andere läßt sich nachweisen, solange nicht tatsächlich Schriftquellen darüber berichten.

Die bisherigen Nachforschungen erbrachten lediglich schwache Hinweise auf einen Konflikt zwischen den benachbarten und verwandten Herrschaften Breuberg und Erbach um Besitzrechte an der Erbacher Burg. Der Streit brach offenbar in der Zeit vor 1300 aus. Im Jahre 1303 wird in einer Schlichtungsurkunde erwähnt, daß es zu Waffenanwendung kam und daß auch „castra“, also Burgen, betroffen waren. Namen werden nicht genannt. Möglicherweise wurde der Schnellerts als Breubergische Anlage im Zuge dieses Streits mit erobert und wieder verlassen.

 

Da es keine Schriftquellen zu der Anlage gibt, bleibt es nun - nach der archäologischen Datierung - dem Historiker überlassen, im entsprechenden Zeitraum nach möglichen Entstehungs- und Zerstörungsursachen zu suchen. Dieser „schriftquellenlose Zustand“ öffnet zuweilen auch wilden Spekulationen Tür und Tor. Ein vorsichtiger und verantwortungsbewußter Umgang mit vermeintlich die Burg betreffenden Quellen ist geboten.

So wurde der Schnellerts durch die Sage mit der Burg Rodenstein in Verbindung gebracht. Die Herren von Rodenstein residierten reichsunmittelbar über Fränkisch-Crumbach. Romantiker schrieben den Schnellertsgeist den Nachbarn auf dem Rodenstein zu. Die Überlieferung setzt den „Schnellertsherr“ gleich mit Hans von Rodenstein (1418 -1520). Das ist aber völlig ungeschicht­lich. Vielleicht fanden es die Schriftsteller interessanter, weil man das Geschlecht der Roden­steiner bis ins 17. Jahrhundert nachweisen kann. Die Ursage hat aber mit dem Rodenstein nichts zu tun. Man glaubt zu wissen, daß die Burg nicht dem Rodensteiner gehörte.

 

Die Funde und die Gestalt der Burg datieren die Erbauung in die zweite Hälfte des 13. Jahrhunderts. Die Besiedlungszeit der einphasigen Anlage war offenbar sehr kurz. Die stratigraphischen Befunde ergaben keinerlei Hinweise auf mehrere und längere Besiedlungsphasen. Es wurde nur ein Laufhorizont festgestellt. Im Keramikmaterial ist keine chronologisch faßbare Entwicklung ablesbar. Eroberung und Auflassung mögen spätestens um 1300 stattgefunden haben (nach anderer Angabe 1320).

Nun ist noch eine weitere Sage dazugekommen: Ein Gönner der Forschungsgemeinschaft aus Frankfurt berichtete von einem Bekannten, der 1998 mit einem Metallsucher auf dem Schnellerts zu Gange war und dem dort ein Mann und eine Frau begegneten, die „nicht wie Du und ich gewesen sind“. Sie hätten altmodisch geschraubt geredet, seien merkwürdig altertümlich gekleidet gewesen - und später einfach verschwunden. Und sie datierten die Zerstörung der Schnellertsburg auf das Jahr 1399. Nun steht sozusagen die Geistaussage gegen die Erkenntnisse der Wissenschaft.

 

Der Baubestand der Schnellerts-Burg zeigt eine gängige Anlage des 13. Jahrhunderts: Eine Höhenburg mit sechseckiger Burgmauer. Dem Tor gegenüber stand, an die östliche Ringmauer gerückt, ein runder, recht schlanker Bergfried von knapp 7 Meter Durchmesser. Der 2 Meter im Durchmesser messende Innenraum bot kaum Bewegungsfreiheit. Die Mauerstärke betrug etwa 2,5 Meter. Der Turm erweist sich so als Gebäude mit reiner Wehrfunktion.

 

Der Burghof war stellenweise mit Bruch des anstehenden Granits geschottert. Das Tor war von einem Torhaus - höchstwahrscheinlich in Fachwerkbauweise - überbaut. Die Torgasse selbst war wie Ringmauer und Turm aus dem anstehenden Gestein gemauert. Bei der Freilegung konnte einer der Tor-Angelsteine geborgen werden.

Viel Platz für eine Burg war auf dem Gipfel nicht. Vielleicht 20 Personen haben dort oben gewohnt. Mindestens zwei Wohnhäuser und einen Stall gab es. Anthes stellte bei seiner Untersuchung 1886 zwei parallel verlaufende Fundamentmauern an der südlichen Ringmauer fest. Die Forschungsgemeinschaft fand die Reste eines zerstörten Fachwerkbaus am nordwestlichen Ringmauerabschnitt. In beiden Bereichen konzentrierten sich die Funde von spätmittelalterlichen Ofenkacheln, so daß auf beheizbare Wohngebäude geschlossen werden kann.

Die beiden tiefreichenden Mauerwangen des Anbaus im Nordosten könnten Stützmauern für die Nordostecke sein: eine Entstehung der Mauern im 19. Jahrhundert, vielleicht in Zusammenhang mit einem Schnellertsfest (Kühlraum?), muß aber auch in Betracht gezogen werden. Zahlreiche Dachziegel belegen, daß die Dächer zumindest zum Teil mit der üblichen „Mönch- und Nonne-Deckung“ versehen waren.

Befunde zur Wasserversorgung liegen nicht vor. Es ist recht unwahrscheinlich, daß die Burganlage einen Brunnen besaß. Wasser konnte zum Beispiel von den ziegelgedeckten Dächern in Fässern aufgefangen oder mit Tragtieren aus dem nahegelegen wasserführenden Taleinschnitt nördlich der Burg besorgt werden.

 

Die Archäologie erlaubt es, einen Blick auf seine Lebensverhältnisse zu werfen. Die zahlreichen Funde zeigen uns das Leben auf einer Niederadelsburg, von ihrer Erbauung (Baubefunde) über den Alltag der Burgbewohner (Kochtöpfe, Weinbecher, Ofenkacheln, Werkzeug), die Repräsentationspflichten des Burgherren (goldene Beschläge Zaumzeugzier) bis zum gewaltsamen Untergang (Armbrustbolzen, Schleuderkugeln). Selbst der Speisezettel läßt sich erschließen (Knochenfunde).

Das Fundmaterial ist sehr einheitlich. Wie bei allen mittelalterlichen Fundplätzen überwiegt die Keramik. Der größte Anteil entfällt auf die einfache (Koch) Topfkeramik. In der Küche des Schnellerts fanden bauchige, hartgebrannte Töpfe mit einfach umgeschlagenen Rändern Verwendung, die möglicherweise in der näheren Umgebung hergestellt wurden. Bei den größeren Gefäßen wird es sich um Vorratsgefäße gehandelt haben.

Als Trinkgeschirr diente ein Service aus eiförmigen Bechern und mindestens einer Kanne aus rot engobierter Irdenware. Das Service stammt vermutlich aus der spätmittelalterlichen Töpferei von Aulendiebach bei Büdingen und nicht - wie bisher angenommen - aus dem nahegelegenen Töpfereizentrum in Dieburg. Vergleichsfunde liegen außer aus Aulendienbach vor allem aus der Altstadt von Frankfurt am Main vor, wo die Becher in die zweite Hälfte des 13. Jahrhunderts datiert werden können.

Fast alle Ofenkacheln -   gängige Becherkacheln - sind aus derselben Produktion. Die Detailformen finden sich an einigen weiteren Fundplätzen des Odenwalds und angrenzender Regionen (zum Beispiel Dieburg, Otzberg, Eberbach). Sie passen gut in das Formenspektrum des 13. Jahrhunderts. Anhand der Kacheln lassen sich zwei Kuppelöfen rekon­struieren, die den Burgbewohnern den Aufenthalt in rauchfreien Wohnstuben ermöglichten.

Ein von vielen Burganlagen bekanntes Fundstück ist das Wächter- oder Aachenhorn aus Keramik. Es gibt - wie Blasversuche mit einer Nachbildung ergeben haben - laute, durchdringende Signaltöne von sich. Diese Hörner waren im gesamten Mittelalter verbreitet. Vergleichsstücke liegen beispielsweise von der mittelhessischen Burgruine Wartenberg (zerstört 1265) und dem Tannenberg an der Bergstraße (zerstört 1399) vor. Bildquellen, wie die Manessische Liederhandschrift, zeigen uns die Verwendung der Hörner bei der Jagd. Eine Spardose aus Keramik entspricht ebenfalls in Form und Ausführung vielen Vergleichsstücken aus Burgen und Städten des späteren Mittelalters.

Alle sieben Münzfunde - die nicht in Zusammenhang mit der Spardose gefunden wurden - erhärten die Datierung der Anlage in die zweite Hälfte des 13. Jahrhunderts. Es handelt sich um Handheller, von denen zwei ins frühe 13. Jahrhundert, alle anderen in dessen Mitte oder zweite Hälfte datieren. Bei einem Stück handelt es sich aber um eine Fälschung.

Bei den weiteren Metallfunden fällt zuerst die große Gruppe der Armbrustbolzeneisen auf. Sie lagen überall im Burghof verstreut, einige der Stücke zeigen deutliche Schußeinwirkungen. Die Bolzen, einige Schleuderkugeln und die Zerstörungsspuren an mindestens einem der Gebäude belegen, daß im Innern der Burg gekämpft wurde. „Die Bewohner sind vielleicht überrascht worden. Der Kampf hat wohl hauptsächlich im Innenbereich stattgefunden.“ Zahlreiche Pfeilspitzen und Armbrustbolzen haben die Forscher innerhalb der Anlage gefunden. Die Waffen und außerdem Keramikgefäße, ein Bronzesteigbügel oder Ofenkacheln sind im „Schnellerts-Museum“ in Brensbach ausgestellt.

Nach dem Kampf wurde die Anlage aufgegeben. Das erklärt, warum insgesamt doch recht viele Metallgegenstände gefunden wurden. Metalle wurden in der Regel der Wiederverwertung zugeführt, da ihr Wert wegen der aufwendigen Gewinnung sehr hoch war. Auf dem Schnellerts konnten nach den Kämpfen viele Metallgegenstände nicht mehr geborgen werden. So blieben zahlreiche Messer, eine eiserne Schöpfkelle, Schlüssel, Tür- oder Truhenschlösser und Bauelemente wie Nägel und Bauklammern genauso liegen wie einige vergoldete Bronzeblechbeschläge, Riemenschnallen und -zungen und die Reste eines prunkvollen Pferdegeschirrs.

Die vergoldeten und verzierten Bronzebeschläge stammen sicher von Kästchen, wie sie in der adeligen Welt des Spätmittelalters gebräuchlich waren. Die kleinen Bronzeschnallen wurden an Schuhen getragen, eventuell dienten sie auch der Steigbügelaufhängung. Der vergoldete Bronzesteigbügel ist mit einer Palmettenranke, einem im gesamten Mittelalter beliebten Ornament. verziert.

Der Kreuzanhänger mit seiner Rosette zeigt nun zwei weitere weitverbreitete Verzierungselemente des Mittelalters. Die Rosette begegnet auf vielen Materialien immer wieder: geprägt auf Schuhleder, gestickt auf Textilien (Pferdedecken), als metallener Besatz von Kleidern, Gürteln und Pferdezaumzeug. Auch in Inventaren spätmittelalterlicher Adelssitze werden - gerade bei der Kleidung immer wieder „geslagen Rosen“ genannt.

Das Kreuz als offen getragenes Symbol bedarf im christlichen Mittelalter wohl keiner Erklärung. Ähnliche Kreuzanhänger sind außer als archäologische Vergleichsfunde (Wartenberg) von Bildquellen und aus der Plastik bekannt. So tragen beispielsweise die Pferde einiger der Ritter in der Manessischen Liederhandschrift (1300-1320) solche Kreuzanhänger am Stirnriemen des Zaumzeugs. Vergoldete Schmuckstücke dieser Art gehörten zum Erscheinungsbild des Adeligen im Mittelalter. Ein gewisses repräsentatives Auftreten war nötig. um den eigenen Stand zu unterstreichen. Beim Schnellerts handelt es sich sicher nicht um eine wohlhabende Burg. Der Burgherr war kein mächtiger Territorialherr, er ist eher als Abhängiger anzusehen. Aber auch er - als „Niederadeliger“ - mußte den Repräsentationspflichten seines Standes nachkommen.

 

Die Tierknochen von der Burgruine Schnellerts weisen vielfach zum Teil Hackspuren vom Schlachtvorgang, Schnittspuren von der Zerlegung, Bratspuren oder eine Zertrümmerung der Röhrenknochen für die Markgewinnung auf und zeigen damit an, daß es sich überwiegend um Speisereste handelt. Nur wenige Knochen - etwa vom Siebenschläfer oder von der Erdkröte - sind möglicherweise zu späterer Zeit durch natürliche Umstände, wie dem Verenden beim Überwintern, in den Boden und damit in das Fundmaterial gelangt.

Die Auswertung der Knochenuntersuchung gestattet Aussagen über die Tierarten, die Tierartenanteile und unter Zugrundelegung der Knochenmaße über die Wuchsform der Tiere. Weiterhin kann unter Umständen eine Alters- und Geschlechtsbestimmung erfolgen.

Bezogen auf die Gesamtknochenzahl beträgt der Haussäugeranteil etwa 85 Prozent, der der Wildsäuger knapp 30 Prozent, Der Hausgeflügelanteil ist mit etwa 11 Prozent bemerkenswert hoch. Lediglich zwei Fischknochen (0, 1 Prozent der Gesamtknochenzahl) gelangten zur Untersuchung und wurden tierartlich als Salmonide bzw. Schellfisch angesprochen. Besondere Beachtung verdient dabei der bis weit ins Inland verbrachte und vermutlich als Trockenfisch konservierte Meer­wasserfisch, der wohl als Freitags- oder Fastenspeise diente.

Untersucht man die Verteilung der Säugetierknochen näher, so ist das nahezu völlige Fehlen von Pferdeknochen auffällig. Im vorliegenden Material befindet sich nur ein Zahnbruchstück vom Pferd. Dennoch ist anhand vieler Funde die Pferdehaltung auf der Burg dokumentiert.

Der Hauptfleischlieferant war offenbar das Rind mit dem überwiegenden Anteil von 50 Prozent der Haus- und Wildsäugerknochen. An zweiter Stelle steht das Schwein mit etwa 31 Prozent, Schaf und Ziege folgen mit etwa 10 Prozent. Wenige Knochen liegen vom Haushund und der Hauskatze vor. Spuren, die von der Fleischgewinnung herrühren könnten, sind nicht festzustellen.

Bei den Wildsäugern sind Knochenzahl und Tierartenspektrum klein. Rothirsch, Reh, Feldhase, Rotfuchs und Siebenschläfer ließen sich nachweisen. Lediglich die Knochen vom Feldhasen sind etwas häufiger vertreten.

Beim Hausgeflügel überwiegt deutlich der Anteil des Haushuhns, der fast 80 Prozent der Geflügelknochen ausmacht. Hierin spiegelt sich die wichtige Funktion des Haushuhns im mittelalterlichen Abgabensystem wider. Demgegenüber ist der Prozentanteil der Hausgans mit 20 Prozent wesentlich geringer, ganz abgesehen von der unbedeutenden Knochenanzahl von Haustaube bzw. Hausente.

Bei den Wildvögeln fanden sich Knochen vom Rebhuhn, der Raben- oder Saatkrähe und dem Eichelhäher. Aus dem Mittelalter wird neben Hetzjagden auf Wildschwein, Hirsch und Reh auch eigens von Rebhuhnjagden berichtet. Bekannt ist ebenfalls, daß die verschiedensten Wildvogelarten auf dem Speiseplan standen. Dies könnte man für den Eichelhäher und für die Krähe ebenso annehmen.

Die Rinder wiesen die für das Mittelalter typische kleine Statur auf und wurden überwiegend  -  um sie länger als Dung- bzw. Milchlieferanten oder auch als Zug- und Zuchttier nutzen zu können - im Erwachsenenalter geschlachtet. Eine ausgeprägte Kleinwüchsigkeit ist gleichfalls beim Haushuhn zu beobachten. Bei Schaf Ziege und beim Schwein ist eine ähnliche Schlachtalter­verteilung wie beim Rind gegeben. Die Schweineknochen lassen auch eine Angabe über die Geschlechterverteilung zu. Die männlichen Tiere sind eindeutig in der Überzahl.

Die bearbeiteten Knochen stammen vom Rind. mit der Ausnahme einer Geweihsprosse vom Rothirsch. Die tierartliche Zuordnung eines kleinen Spielwürfels mit fünf bis sechs Millimeter Seitenlänge bleibt dabei unbestimmt. Ein Langzinkenkamm und ein Bruchstück eines ebensolchen sind aus Mittelfußknochen, ein mit Kreisaugen verzierter Messergriff aus einem Mittelhandknochen vom Rind angefertigt. Ein kubisches Knochenstück von einer Speiche sowie die obenerwähnte zur Bearbeitung vorbereitete Geweihsprosse deuten auf die Herstellung von Werkstücken auf der Burg hin.

 

So hat die Erforschung dieses archäologischen Denkmals die gesicherte Datierung der Anlage erbracht. Ausstattung und Gestalt können ansatzweise rekonstruiert werden. Einige Hinweise auf die geschichtlichen Zusammenhänge können jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, daß die Identität des „Schnellertsherrn“ noch immer ungeklärt ist.

Als Fachmann für den Schnellerts gilt Georg Dascher, im Odenwald als „Herr Schnellerts“ bekannt. Er hat noch nie das Getöse des „Wilden Jägers“ gehört, wie der Schnellertsgeist auch genannt wird. Georg Dascher ist historisch an der Ruine interessiert. Er hat vor mehr als 23 Jahren mit der Gründung der Forschungsgemeinschaft Schnellerts (FGS) dazu beigetragen, daß die kleine Burgruine heute als eine der am besten konservierten Ruinen im Odenwald gilt. Die FGS entstand aus Angst vor „Schatzsuchern“: „Zweimal habe ich Leute erwischt, die dort unauthorisiert gegraben haben.“ Er überredete sie, dem Museum ihre Funde zu stiften. Seit mehr als 20 Jahren wird nun offiziell jeden Samstag zwischen den niedrigen Mauerresten gearbeitet

 

Ober-Kainsbach

Hier gibt es den Geo-Naturpark-Lehrpfad „Baustein, Erz und schwerer Spat“.        

 

 

Haselburg                                                                                                     Führungsblatt 55

Zufällig war 1979 auf einem landwirtschaftlich genutzten Gelände beim Verlegen einer Erdgas-Pipeline zwischen der Sowjetunion und Frankreich eine römische Villa entdeckt worden. Völlig überrascht waren Fachkreise allerdings nicht, auf Mauerwerk gestoßen zu sein. Schon vor 180 Jahren wußte man von Häuserresten römischen Ursprungs. Untersuchungen im Auftrag Graf Franz zu Erbach-Erbach ergaben, daß es sich um ein Kastell handele. Das dabei zutage geförderte Steinmaterial findet sich noch heute in mancher Häuser- und Scheunenwand umliegender Dörfer wieder. Der „Steinbruch“ verfiel alsbald einen Dornröschenschlaf. Sie hat ihren Namen von den früher an drei Seiten auf den damals noch vorhandenen Schuttwällen der Umfassungsmauer dicht wachsenden Haselstauden.

Unter den rund 300 in Hessen bisher bekannten römischen Villen (villae rusticae) ist die Haselburg bei Hummetroth eine der größten Anlagen. Solche „Villen“ waren eine Art „Aussiedlerhof“, einzeln liegende Gutshöfe oder größere Gutsbetriebe, von denen aus das Land bewirtschaftet wurde. Die Haselburg ist erbaut auf der Hochfläche zwischen Gersprenztal im Westen und Mümlingtal im Osten, rund viereinhalb Kilometer südwestlich von Höchst im Odenwald. Wenig westlich der Anlage entspringt einer der Quellzuflüsse des Flüßchens Kinzig. Sie liegt an der Grenze zwischen Sandstein-Odenwald und Vorderem (Granit-) Odenwald, bei einem der wenigen Kalkvorkommen des Mittelgebirges.

 

Die Römer waren nicht die ersten, die hier auf der Hochfläche siedelten. Grabfunde aus vorgeschichtlichen Zeiten belegen. daß das Mittelgebirge zumindest in seinen Randzonen schon früh erschlossen wurde. Bei der Grabung 1985 fanden sich ein Hockergrab vom Ende der Jungsteinzeit (3. Jahrtausend vCh) mit einem großen Gefäß (hinten links) sowie Gräber aus frühkeltischer Zeit (4. / 3. Jahrhundert vCh) mit Gefäßbeigabe und Trachtbestandteilen aus Eisen und Bronze, dabei ein prächtiger Scheibenhalsring mit Koralleneinlagen. Ein Zusammenhang des Kultbezirkes mit in der Nähe liegenden über 400 Jahre älteren keltischen Bestattungen ist nicht gegeben.

 

Der Gutshof entstand wohl im zweiten Viertel des 2. Jahrhunderts nCh, nachdem um 90 nCh das Land unter römische Herrschaft gekommen und um 100 nCh der Odenwaldlimes angelegt worden war, der um 159 an den Main vorgeschoben wurde. Er lag auf dem Gebiet des zivilen Verwaltungsbezirkes civitas Auderiensium mit dem Hauptort Dieburg, gegründet zwischen 120 und 130 nCh. Der Besitzer war sicher ein wohlhabender Mann, der vielleicht hier nur seinen Landsitz hatte und sonst in der Stadt, dem Verwaltungssitz Dieburg, tätig war. Sein Ende fand er wie die anderen römischen Siedlungen im rechtsrheinischen Gebiet um 260 nCh, als unter dem Ansturm germanischer Stämme der Limes aufgegeben und die Grenze des Römischen Reiches an den Rhein zurückverlegt wurde.

Die Umfassungsmauer mit Seitenlängen von 183,5 Meter der Südwest- und Nordostseite und 185,50 Meter der Nordwest- und Südostseite umschließt einen fast quadratischen Hofbezirk von knapp 3,5 Hektar Fläche. Bisher wurde ein Tor mit 3,60 Meter Durchfahrtsbreite etwa in der Mitte der Nordwestseite aufgedeckt (in der Nähe des Parkplatzes); nach alten Berichten wurden an ihm um 1880 „zwei mächtige Sandsteinquader mit eingelassenen Torpfannen ausgebrochen“. Seine Grundmauern sind heute restauriert, ebenso wie die vier Ecken der Hofmauer, und lassen zusammen mit Hecken, die zur Verdeutlichung im Verlauf der Mauern gepflanzt sind, die Gesamtausdehnung des Gutshofes hervorragend überblicken. Ein weiteres Tor lag vielleicht in der Nordostmauer nahe der Ostecke, wo die geophysikalische Prospektion einen nach außen springenden Mauerwinkel andeutet. Ein früher vermutetes Tor an der Südostseite ist bisher nicht gefunden.

 

Die Höfe sind stets nach einem ähnlichen Schema gebaut. Die Idealrekonstruktion eines römischen Gutshofes sieht so aus: Innerhalb einer steinernen Umfassungsmauer, die den Hofbezirk einschloß, stand ein repräsentatives Wohnhaus für den Besitzer. Mit Vorliebe hat man das Herrenhaus an einen sonnigen Hang oder auf eine beherrschende Höhe mit schöner Aussicht gebaut. Dieses Haus, das wohl auch von einem Ziergarten umgeben war, überschaute einen ausgedehnten Wirtschaftshof, in dem sich Ställe, Scheunen, Schuppen und die Unterkünfte von Sklaven oder anderem Gesinde befanden; die Wirtschaftsgebäude konnten aus Stein oder aus Fachwerk bestehen.

Der Plan der Haselburg zeigt die Gesamtausdehnung und die Bebauung des Gutshofes, soweit er bis jetzt ergraben oder geophysikalisch prospektiert wurde und ergänzt werden kann. Innerhalb der Umfassungsmauer mit einem Tor auf der Nordwestseite lag nicht ganz zentral das Jupiterheiligtum und in der Mitte der Osthälfte das Hauptgebäude (Herrenhaus). Östlich daran anschließend befand sich ein rechteckiger ummauerter Bereich mit Pfostenstellungen, dabei ein Keller, zweifellos ein Wirtschaftstrakt. An die Nordostmauer waren in Stein und Holz Schuppen angebaut. Ein bisher nur aus der geo-elektrischen Prospektion bekannter, nach außen gerichteter Maueransatz könnte für ein weiteres Tor in diesem Bereich sprechen.

Südlich vor dem Herrenhaus fand sich ein Wasserbecken, nach der Mitte zu ein Mauerwinkel von einem größeren Gebäude oder abgetrennten Hofbereich. In der Südecke, an die Hofmauer der Südwest- und der Südostseite angebaut, lag ein größeres, unterteiltes Wohn-(?) Gebäude. Drainagen und Kanäle durchziehen die Anlage, deren Wasserversorgung von den westlich und nordwestlich in höherhegendem Gelände entspringenden Quellen her erfolgt sein muß.

 

Die Beschreibung der Einzelheiten folgt dem auf einem in der römischen Villa ausliegenden Merkblatt vorgeschlagenen Rundgang (Beginn an der Nordostseite):

1.) Kopie einer Säulentrommel der Jupitergigantensäule aus dem Heiligtum. Sie stand etwa in der Hofmitte, etwa 50 Meter westlich vom Hauptgebäude entfernt. Wenn man durch das Nordwesttor in den Gutsbezirk kam, gelangte man an dem Jupiterheiligtum vorbei zum Hauptgebäude. Es kann als Glücksfall gelten, daß hier einmal der genaue Standort einer Säule festgestellt worden ist. Meist finden sich nur die Bruchstücke der als heidnische Götzenwerke zerschlagenen und vergrabenen Säulen. Dieses Schicksal hat allerdings auch die Säule von der Haselburg erlitten.

Die Säule bestand aus zwei mehrseitigen Sockeln mit Götterdarstellungen und einem hohen Schaft, darauf eine Gruppe, bestehend aus Jupiter zu Pferd und einem Giganten. Die - übliche - Jupitergigantensäule des Gutshofes war ungewöhnlich groß. Sie stand in einem rund 17 mal 10 Meter großen rechteckigen, durch eine Innenmauer geteilten Mauergeviert.

Daneben ist das Modell einer römischen Wasserleitung zu sehen, wie sie im unteren Hofgelände in 1,80 Meter Tiefe gefunden wurde. Der Wirtschaftstrakt wurde durch einen Wasserkanal mit Frischwasser versorgt. Das Modell zeigt im Maßstab 1:1 den Aufbau des Kanals und ist aus Originalbauteilen errichtet.

2.) Darstellung eines Anbaues (annex) durch Plattenreihen. Es wurden keine Mauern errichtet, weil der Annex aus einer anderen Bauphase stammt als die halbrunde Apsis. Der Zweck des Annex ist noch unbekannt.

3.) Auf der Plattform, Schild am Geländer, Blick nach Südwesten: Vorn das Herrenhaus der Villa; rechts der Wohntrakt, links Hof oder Garten, umgeben von einem Säulengang (einer Portikus). Dahinter liegt das Bad. Hinter den Bäumen befindet sich das Heiligtum, Standort der Jupiter­gigantensäule. Halbrechts sieht man das rekonstruierte Tor, ganz hinten rechts oben ist die Westecke, links unten die Südecke der Umfassungsmauer. Vor der Südecke wurde durch Erdwiderstandsmessungen der Grundriß eines 15 mal 20 Meter großen Gebäudes mit 50 Meter langer Hofmauer ermittelt.

4.) Blick nach Südosten. Vorn Wirtschaftsgebäude oder Wirtschaftshof mit überdachtem Umgang (Portikus). Links Umfassungsmauer, daran angebaut ein kleines Gebäude. Im Hintergrund unten die rekonstruierte Ostecke der Umfassungsmauer. Am Horizont ist zu sehen der Sendemast des Hessischen Rundfunks bei Würzberg an der Stelle eines römischen Limeswachturms.

5.) Nordostseite der Anlage und Rekonstruktionszeichnung der Villenansicht von Nordosten. Gebäudehöhen und Tür- und Fensteranordnungen sind von bestehenden Rekonstruktionen abgeleitet.

6.) Abflußkanal, original, früher abgedeckt. Im unteren Bereich rekonstruiert.

7.) Anbau (Annex) an die Umfassungsmauer: Kleines Wirtschaftsgebäude oder kleiner Torbau, dahinter Fundamentsteine für Holzpfosten eines Daches. Von hier führte ein Streifen Granitgrus (der Rest des Unterbaus eines Weges?) vor die Mitte des Herrenhauses. Etwa 20 - 30 Meter südlich vom Annex bezeichnet ein Viereck aus Buchsbaum ein Wasserbecken aus römischer Zeit, vielleicht eine Zisterne.

 

8.) Großes Wirtschaftsgebäude oder Wirtschaftshof. Vielleicht stand hier ein Vorgängerbau. Er kann nicht mit dem Herrenhaus zusammen bestanden haben. Oder es war ein Wirtschaftshof, der einen umlaufenden Portikus mit Unterstellmöglichkeit für Geräte und Vieh enthielt. Vorhanden  sind zwei originale Fundamentsteine, die Pfosten eines Gebäudedaches oder eines Portikusdaches trugen. Ein originaler Stein mit eingemörtelter Öse. Hinten rechts Aufschüttung zum Schutz moderner Versorgungsleitungen.

Das eigentliche Wirtschaftsgebäude des Gutshofes sind noch nicht ergraben, mit Ausnahme einiger östlich des Hauptgebäudes an die Umfassungsmauer angelehnten schuppenartigen Überdachungen. Von diesen war ein Raum aus Stein erbaut, die anderen nur an Unterlegsteinen für Holzpfosten erkennbar und unbekannt, ob offen oder mit geschlossenen Wänden. Ein Wasserbecken unterhalb des Hauptgebäudes mag Wirtschaftszwecken gedient oder auch nur Wasser für einen Nutzgarten oder zur Tränkung des Viehs geliefert haben.

Ob der Mauerwinkel südwestlich des Herrenhauses von einem Gebäude stammt, ist noch ungewiß. Vielleicht war es nur eine Mauer zur Abtrennung eines Teiles des Hofbezirks, wie es auch für eine Pfostenreihe im nordwestlichen Hofbereich anzunehmen ist. Weitere Gebäude sind also noch zu erwarten.

Ein größeres Steingebäude wurde schon 1886 teilweise ausgegraben. Es lag - verbunden mit der Hofmauer - in der Südecke. Die geophysikalische Prospektion der vergangenen Jahre hat seine Ausmaße erbracht. Danach war es ein rechteckiger Bau von insgesamt etwa 22,5 Meter Länge und 15 Meter Breite, der durch eine Längsunterteilung (im schmäleren Teil eine oder zwei Querteilungen) gegliedert ist. Aus dem Grundriß geht nicht klar hervor, ob es sich um ein Wohn- oder ein Wirtschaftsgebäude handelt.

Etwa 16 Meter vor dem Gebäude läuft parallel zur Umfassungsmauer der Südwestseite eine Struktur, vielleicht eine Hofabtrennung, die mindestens 50 Meter weit zu verfolgen ist. Eine sichere Deutung ist, wie auch bei anderen Strukturen, allein aufgrund des Meßbildes nicht möglich.

 

9.) Rekonstruktion des Kellers: In einer römischen Villenanlage ist ein Keller (vermutlich mit darüberliegender Küche) außerhalb des Hauses nicht üblich. Der vorgefundene Keller mit seitlichem Zugang war stark zerstört. Er mußte mit Rücksicht auf die darunterliegende Ferngasleitung etwas erhöht und versetzt neu aufgebaut werden. Dieser Bauteil war sicher ein Wirtschaftstrakt mit Küche, Vorratsräumen, Öfen, Herden und anderem mehr. Wahrscheinlich war es ein großer, hallenartiger Bau mit Pfostenstützen und Innenteilungen.

Aber es ist noch nicht geklärt,  welche Mauern überhaupt gleichzeitig bestanden haben und wie der Keller in den Komplex eingebunden war. Die verbindende Mauer steht nicht auf römischen Fundamenten. Der Keller ist innen wie außen mit Sandsteinen verkleidet, besitzt einen Steinfußboden (früher einen Dielenfußboden) und eine Holzdecke und enthält einige Bauteile als Anschauungsmaterial und das Modell eines Raumes mit Hypokaustheizung.

Links die Nachbildung eines Reliefsteines, der drei Fruchtbarkeitsgöttinnen (Matronen) eines keltisch-germanischen Kultes vom römischen Niederrhein zeigt. Das Original unbekannter Herkunft befindet sich in Mümling-Grumbach, aber die ursprüngliche Herkunft ist unbekannt.

 

10.) Wohntrakt der römischen Villa:

Das Hauptgebäude geht in seinem Grundriß auf den in unseren Breiten ungewöhnlichen und von den Römern aus dem östlichen Mittelmeerraum übernommenen Typ des Peristylhauses zurück. In der Mitte ein Saal mit Apsis als Wohn- oder Empfangsraum (oecus), in dessen Apsis das C-förmige Speisesofa (triclinium) stand. An beiden Seiten sin d Eß- und Schlafräume, wenn das Haus Wohnzwecken gedient hat. Sonst wäre es auch möglich, daß es sich um Versammlungs- und Speiseräume gehandelt hat. Die Räume waren teilweise mit einer Unterflur-Wand-Heizung (Hypokaustum) versehen. Apsis und der westlich anschließende Raum waren durch Hypokaust­anlagen teilweise heizbar, der östliche Raum erwärmbar.

Die Mauerverstärkungen an den Enden der hinteren Räume deuten darauf hin, daß die Räume teilweise überwölbt waren. Im Eingang liegt die originale Türschwelle aus Sandstein mit Türanschlag und Löchern für Riegel und Türflügelstützen.

Vielleicht war links vorne ein Schlafraum (cubiculum) und links hinten ein teilweise geheizter Speiseraum (triclinium). Vielleicht war rechts vorne ein Schlafraum und rechts hinten ein Speiseraum für den Sommer.

Die Ausstattung war prächtig genug mit Wandmalereien, nach Funden von Bauteilen (Verkleidungsziegeln) wahrscheinlich auch bemalten Decken und verglasten Fenstern. Außen war der Bau verputzt und weiß, der Sockel rot gestrichen. Einige Räume waren durch Hypokaustanlagen teilgeheizt (Zirkulation von in Feuerungskanälen erhitzter Luft unter dem auf Ziegelpfeilern hohl liegenden Estrichfußboden und durch kleine Kamine aus Hohlziegeln in den Wänden). Die Dächer waren mit Ziegeln gedeckt.

Vor dem Wohntrakt befand sich ein Hof oder Garten (Gartenhof, peristylium), der an drei Seiten umgeben war von einem überdachten Gang (Säulengängen, Portikus). Das Dach wurde von Holz­pfosten getragen, die auf der Einfassungsmauer des Gartenhofes standen. Die Quermauern dienten vielleicht zum Gefälleausgleich oder stammen von verschiedenen Bauphasen. Im Hof liegt ein Stück des originalen Abwasserkanals frei, der vom Keller kommend am, Badetrakt vorbeiführt.

 

11.) Badetrakt der römischen Villa:

Das an der Südwestecke angebaute Badegebäude ist über die Säulengänge des Gartenhofes erreichbar, in deren Apsiden sicher Statuen standen. Das Bad enthält alle Räume, die auch in großen Thermen zur Verfügung waren. Gewöhnlich badete man von Warm nach Kalt, doch war dies dem Geschmack des Einzelnen überlassen.

Hinten rechts befindet sich der Feuerungsraum mit Feuerstelle (praefurnium) für die Unterflurheizung (hypokaustum). Heizkanäle führen in die angrenzenden Räume. An der Oberseite des Präfurniums ist eine Öffnung für den Metallkessel (testude), aus dem das heiße Wasser im Überlauf in das Warmwasserbecken des Warmbades floß.

Hinten links ist der Warmbaderaum (caldarium) mit Hypokaustum. Dahinter ist ein Anbau für die Warmwasserwanne. Die Grundmauern der Warmwasserwanne und Plattenreihen am Boden deuten auf einen älteren Bauzustand, der bedeutend kleiner war. Mitte links der Lau-Baderaum (tepidarium) mit Hypokaustum, aber niedrigerer Temperatur wegen der größeren Entfernung von der Feuerstelle. Er diente zur Anpassung des Körpers an die Temperaturunterschiede zwischen Warm- und Kaltbad.

Vorne links der Kaltbaderaum (frigidanum) mit der Kaltwasserwanne (piscina). Mitte rechts Schwitzbad (sudatorium) wegen seiner Nähe zur Feuerstelle oder Winterapodyterium wegen seiner Größe, auch Salb- und Gymnastikraum, mit Hypokaustum. Vorne rechts der ungeheizte Umkleideraum (apodyterium). Der an den Umkleideraum anschließenden große Raum könnte ein Schwitzbad (sudatorium) gewesen sein oder auch ein weiterer gering geheizter Raum (tepidarium), der als Winterapodyterium diente.

Ganz vorne links kleiner Korridor mit Eingang zur Toilette (latrina). Dort Platz für mehrere Sitze (wahrscheinlich vier), ein Sitz (durchlochter Sitz) ist rekonstruiert, darunter eine  restaurierte Grube mit Abfluß, Wasserspülung aus der Kaltwasserwanne. Vor den Sitzen Wasserrinne zur Körperreinigung. Wie sinnreich und überlegt die ganze Anlage errichtet war, sieht man daran. daß das ablaufende Wasser der Wanne des Kaltbades (F; mit einem Plattenfußboden anderer Art als dem heute rekonstruierten) zugleich zur Spülung der Toilette genutzt wurde.

Wichtig, auch für den Betrieb des Bades, war die Versorgung mit Frischwasser. Im Westen des Gutshofes liegende Quellen konnten dazu dienen. Eine Wasserleitung hat sich allerdings noch nicht gefunden.

 

12.) Restaurierter Abflußkanal: Er führte das aus Kaltwasserwanne und Toilette und vom Keller her kommende Wasser ab.

13.) Frontseite der Anlage und Rekonstruktionszeichnung der Villenansicht von Südosten. Gebäudehöhen und Tür- und Fensteranordnungen sind von bestehenden Rekonstruktionen abgeleitet. Etwa 20 - 30 Meter südlich vom Bad bezeichnet eine Hainbuchenhecke einen Mauerwinkel aus römischer Zeit. Im Hintergrund unten sieht m an  die rekonstruierte Südecke der Umfassungsmauer.

14.) Südwestseite der Anlage und Rekonstruktionszeichnung der Villenansicht von Südwesten. Gebäudehöhen und Tür- und Fensteranordnungen sind von bestehenden Rekonstruktionen abgeleitet.

15.) Rückseite der Anlage und Rekonstruktionszeichnung der Villenansicht von Nordwesten. Gebäudehöhen und Tür- und Fensteranordnungen sind von bestehenden Rekonstruktionen abgeleitet. Darüber Blick auf die Nordwestseite des Hauptgebäudes, besonders mit dem Feuerungsraum für die Hypokaustheizung. Der Anbau war aus Dachziegeln aufgeführt. Die Feuerstelle ist nicht rekonstruiert.

 

16.) Das Jupiterheiligtum: Einfriedigung und Standplatz - bisher nur durch Steine markiert - einer Jupitergigantensäule. Diese gehört zu einem keltisch-römischen Kult, der nicht in Italien, sondern in den römischen Nordprovinzen verbreitet war. Im Hintergrund oben die rekonstruierte West-Ecke der Umfassungsmauer.

Im Raum hinten Fundament und eine Säulentrommel der Jupitergigantensäule. Die Säule bestand zwei mehrseitigen Sockeln, dem Schaft und einer Figurengruppe (Jupiter zu Pferd und Gigant). Ihre Höhe wird auf annähernd zehn Meter geschätzt. Links am Weg zum Tor bezeichnen die kleinen Bäume eine Pfostenreihe von vielleicht einem Zaun aus römischer Zeit.

17.) Rekonstruktion der bisher einzigen nachgewiesenen Toranlage in der Umfassungsmauer. Die Umfassungsmauer wird rundum durch Hainbuchenhecken markiert.

18.) Rekonstruktion der Nordecke der Umfassungsmauer des Villenareals.

 

Insgesamt ist aus dem Verlauf bzw. der Überschneidung einiger Mauerzüge und unterschiedlichen Ausrichtungen zu ersehen, daß der gesamte Komplex des Herrenhauses verschiedene Bauphasen hatte, wohl auch einmal eine fast vollständige Neuerrichtung erfolgte. Bisher ist es nicht gelungen, ein Gesamtbild der ursprünglichen Anlage und ein sicheres Bild des letzten Bauzustandes zu gewinnen.

Das weithin sichtbare, aufwendige Bauwerk muß recht exotisch auf die damalige Bevölkerung gewirkt haben. Mit Fußbodenheizung und ausgedehntem Bade-Bereich, war das Römer-Domizil auch im Innern sehr luxuriös ausgestattet - einschließlich antiker Stein-Toiletten.

Die Römer legten großen Wert auf eine schöne Aussicht bei ihren Villen; hier ist der Anspruch voll erfüllt. Hier hat man eine wunderbare Aussicht auf die schöne Landschaft des Odenwaldes: nach Westen die ansteigende Höhe, nach Nordosten ein Blick über die Berge in Richtung Main, im Osten in das Mümlingtal und vor allem der Blick nach Südosten über Einschnitte und Berge hinweg bis zur Höhe zwischen Michelstadt und Eulbach, 500 Meter hoch und 15 Kilometer entfernt.

Heute sieht man dort am Horizont den Sendemast des Hessischen Rundfunks bei Würzberg, damals an der gleichen Stelle möglicherweise ein Fackellicht auf einem Wachtturm des Limes, der dort vorüberzog, nach heutiger Bezeichnung der Wachtposten 24 der Limesstrecke 10.

 

Lebensgrundlage auch dieses großen und reichen Gutshofes war die Landwirtschaft. Daneben hat man möglichst viel der benötigten Geräte, Werkzeuge und Kleidung im Hause selbst hergestellt, und es mag, wie auch bei anderen größeren Gutshöfen, außerhalb der landwirtschaftlichen Saison eine weitere spezialisierte Produktion hinzugekommen sein. Für die Haselburg böte sich hier wegen ihrer Lage bei einem der wenigen Kalkvorkommen des Odenwaldes Kalkbrennerei und Ziegelproduktion an. Dies ist auch schon vor nunmehr fast einhundert Jahren von den damaligen Ausgräbern H. Gieß und E. Anthes erwogen worden, doch fehlen bis heute die Beweise für beides, die nur durch die Auffindung der Produktionsstätten erbracht werden könnten (dagegen ist Kalkbrennerei wie auch Erzabbau in der Umgebung für das Mittelalter bis in die Neuzeit erwiesen).

So kann eine schon 1839 im Hauptgebäude gefundene Ziegelplatte mit eingeritzter Kontroll-Inschrift des Ziegeleibetriebes, die mit einer normalen Ziegellieferung auf die Haselburg gekommen sein wird, nicht dafür herangezogen werden. Und für die ins Auge fallenden hellen Ziegelplatten, die zur besseren Haftung des Verputzes mit Rollstempelmustern versehen sind, konnte eine Produktion im Civitas-Hauptort Dieburg wahrscheinlich gemacht werden.

Von der Haselburg stammt ein beträchtlicher Teil dieser vor allem in Südhessen verbreiteten Ziegel der „Dieburger Gruppe“, von deren fünf Stempeltypen einer als „Typ Haselburg“ bezeichnet wird. Ihr häufiges Vorkommen im Bereich des Hauptgebäudes legt nahe, daß sie als Deckenverkleidung verwendet wurden, vor allem wohl in den geheizten Räumen des Herrenhauses. Möglicherweise bildeten die Verkleidungsplatten dort die Grundlage eines bemalten Deckenverputzes, wie er von anderen Fundorten unseres Raumes bekannt ist.

Ein großer römischer Gewerbebetrieb käme wegen der ungünstigen Verkehrslage - die Antike nutzte für schwere Lasten den Wasserweg - für die Haselburg sowieso nicht in Frage. Immer notwendig war jedoch die Versorgung mit Lebensmitteln der Bevölkerung in den größeren Siedlungen und Städten und nicht minder der Truppen am Limes. Daran wird auch die villa rustica „Haselburg“ ihren guten Teil gehabt haben.

 

 

Odenwald Ost

 

Schloß Nauses

Wenn man von Westen kommt fährt man vor Höchst (noch vor der Eisenbahnunterführung) nach links in Richtung Otzberg und kommt zunächst nach Schloß Nauses. Dort liegt gleich am Dorfeingang links die Wasserburg. Wenn manche Burgen und Schlösser in ihrer wesentlichen Bausubstanz Jahrhunderte überstanden, dann lagen sie meist „weit weg vom Schuß“; die Bewohner waren unauffällig, ohne Machtgehabe, blieben weitgehend unbehelligt oder hatten einfach Glück, daß sich der „rote Hahn“ nicht auf ihrem Dache niederließ. Ein Beispiel dafür ist das ehemalige Wasserschlößchen Nauses.

Historisch gesehen kam der Anlage nie irgendwelche Bedeutung zu, entsprechend spärlich fließen die Quellen zur Entstehungs- und Entwicklungsgeschichte. Vermutlich wurde sie als Talsperre zum Otzberg errichtet, genannt erstmals 1357, als ein Ritter Eberhard Kilian sie an Diether Ganß von Otzberg verkaufte. Rund 350 Jahre blieb das „Sloßlin Nuwses“, das neue Schloß, im Besitz dieses Familienstammes.

Die Gebäude, auf steinernem Sockel mit Fachwerkobergeschoß, werden immer noch als Guts­hof genutzt. Wie die Anlage vor etwa zweihundert Jahren als herrschaftliches Gehöft aussah, hat detailgetreu der Heidelberger Romantiker und Nazarener Carl Philipp Fohr (1795 - 1818) mit einem Aquarell der Nachwelt überliefert. Es hängt im Landesmuseum Darmstadt.

 

 

Mümling-Grumbach

An der Ostseite der Durchgangsstraße geht es steil hoch zum Friedhof (nicht hochfahren, keine Wendemöglichkeit).  In der nördlichen Längswand der Friedhofkapelle ist innen ein 1,5 Meter hohes und 1,25 Meter breites Sandsteinrelief eingemauert: ein Matronenstein, der Fruchtbarkeitsgöttinen mit Fruchtkörben zeigt. Er ist aus der Zeit um 300 von einem einheimischen Meister geschaffen worden.

 

 

Höchst

Der Ort liegt 156 Meter hoch und ist ein sehr alter Marktflecken mit Land­wirtschaft und Gewerbe Er gehörte einst den Grafen von Wertheim, später denen zu Erbach, seit 1806 ist er hessisch. Die Kirche ist aus dem 16. Jahrhundert und hat einen romanischen Turm.

Der Ort wird 1158 erstmals erwähnt, er wurde von der Abtei Fulda verwaltet. Um 1200 erfolgte die Gründung eines Augustinerinnenklosters. das 1506an die Benediktiner überging und 1548 (1567) aufgehoben wurde. Von der Klosterkirche ist der Turm noch erhalten. Heute wird da Kloster als Bildungsstätte der Evangelischen Kirche von Hessen-Nassau genutzt. Die Fachwerkhäuser sind teils mit Schnitzereien versehen. Die Pfarrkirche ist von 1568. In Sandbach ist die Gruftkirche der Wertheimer Grafen.

 

Römische Siedlung bei Breuberg-Sandbach:

In Sandbach folgt man dem Schild „Ernst-Ludwig-Klinik“ nach Norden und dann nach rechts.  Am Parkplatz unterhalb der Schranke kann man parken. Man geht dann die Teerstraße durch die Klinik aufwärts und dann auf einemWaldweg im Rechtsbogen um den Berg herum. Nach rechts geht dann im spitzen Winkel ein Weg hoch. Der Weg endet auf der Karte im Wald, ist aber jetzt wieder freigeschnitten (Die dort eingezeichnete Wiese ist aber längst zugewachsen). Wenn er nach links abbiegt, trifft er auf einen gut ausgebauten, geschotterten Forstweg, die alte Frankfurter Straße.  Hier geht man noch etwa 100 Meter nach rechts und sieht dort schon die Informationstafel für die römische Siedlung, im Volksmund das „Wamboltsche Schlößchen“ genannt.

Das Adelsgeschlecht der Wambolt ist seit dem 13. Jahrhundert im Umstädter Raum ansässig.  Zu seinen Besitzungen gehört auch das Waldstück am „Alten Frankfurter Weg“, was noch heute die historischen Grenzsteine von 1802 belegen. Die noch deutlich sichtbaren Schutthügel auf diesem Gelände, die Reste ehemaliger Steinbauten, nährten die Überlieferung, daß hier einmal eine Burg gestanden hätte, der eigentliche Stammsitz der Wambolt von Umstadt.

Der  historische Verein für das Herzogtum Hessen ließ im August 1878 im Rahmen eines Ausflugs zu den Ruinen des „Wambolt’schen Schößchens“ einen Schnitt durch den größten Hügels legen. Der große, westlich der Straße gelegene Schutthügel wurde angegraben und einige Ziegel- sowie Mörtelbruchstücke neben dem Teil eines Mahlsteins konnten geborgen werden. Eine Mauer aus behauenen Steinen von ein Meter Stärke  wurde freigelegt. Die Frage nach Alter und Zweckbestimmung der Anlage wurde  aber damals nicht geklärt. In einer Nachgrabung im gleichen Jahr konnte anhand von Funden dann der römische Ursprung der Anlage nachgewiesen werden.

Die inzwischen aufgegebene Planung der Odenwald Autobahn, die das „Wamboltsche Schlößchen“ tangiert hätte, veranlaßt das Landesamt für Denkmalpflege Hessen 1977 zu einer Sondierungsgrabung. Es wurden Teile vorn sogenannten „Gebäude I“ freigelegt, die Umfassungsmauern wurden zweimal geschnitten. Der römische Ursprung wurde bestätigt,  die wenigen Funde lassen jedoch keine Zweckbestimmung oder genauere Datierung zu. Wegen der offensichtlichen Bedeutung der Anlage beauftragt die Obere Denkmalschutzbehörde, Außenstelle Darmstadt, die „Archäo­logische und Volkskundliche Arbeitsgemeinschaft  e.V. (AVA) mit der Fortführung der Ausgrabungsarbeiten.

Ab 1980 erfolgte die systematische Ausgrabung von Gebäude I und den Anschlußstücken der Umfassungsmauern durch die  AVA. Neben laufendender Dokumentation des Grabungsfortgangs und wichtiger Befunde durch  Fotos und Zeichnungen und dem Vermessen der Mauern kam es zur Abtragung der zum Teil schiefen und gestörten  Mauern bis auf die Fundamentsteine. Auf den Fundamenten und in Originallage wurden die Mauern  in der vorgefundenen Schalenbauweise und bis zu einer durch die Ausgrabungen belegten Höhe wieder errichtet. Als letztes Teilstück wurde die Südost-Ecke der Umfassungsmauer freigelegt und restauriert.

Im 25. Lebensjahr der AVA, im Mai 19956, kam die in Teilen restaurierte und durch Informationstafeln ergänzte Anlage der Bevölkerung vorgestellt und übergeben werden. Sie ist das Beispiel  für eine Anlage im Hinterland des Limes, bei der sich das Mauerwerk in hervorragendem Zustand und in noch beträchtlicher Höhe erhalten hat und die nahezu 2000 Jahre in ungestörtem Zustand als Ruine überdauert hat.

Deutlich im Waldboden als Wall zu erkennen ist eine scharfwinklige Umfassungsmauer von unregelmäßiger Seitenlänge (Süd-West etwa 60 Meter, Nord-West 75 Meter, Nord-Ost etwa 80 Meter, Südostseite 90 Meter). In einen Mauerwinkel dieser Front ist ein Gebäude eingezogen, das in einer Grabung 1977 teilweise untersucht werden konnte. Dieses Gebäude I bestand bereits als die Umfassungsmauer errichtet wurde. Das aufgehende Mauerwerk war zwischen 6 und 10 Steinlagen erhalten. Reste eines Bodens waren nicht mehr vorhanden. In der Nordwest-Ecke des Gebäudes I wurde ein turmartiges Fundamentviereck freigelegt, das möglicherweise ebenfalls später hinzugefügt bzw. verbreitert worden ist. Innerhalb des von der Umfassungsmauer beschriebenen Areals zeichnen sich im Waldboden weitere Fundamentreste ab, deren Untersuchung noch aussteht. Das bisher geborgene Fundmaterial ist äußerst dürftig. Wenige Keramikscherben sowie eine stark korrodierte Eisenplatte, die in Gebäude I gefunden wurde, lassen es nicht zu, die Anlage exakt zu datieren.

Die Frage nach der Funktion des Gebäudes ist nur schwer zu beantworten, da bisher nur ein Bruchteil der Gesamtfläche untersucht wurde. Somit  ist man über die Innenbebauung nur ungenügend informiert. Auffallend sind jedoch der in seinen Winkeln unterschiedliche Verlauf der Außenmauer und die drei großen rechteckigen Baustrukturen im Inneren.  Da für eine militärische Nutzung das Objekt zu weit vom Limes entfernt ist, ist  von einer zivilen Funktion auszugehen. Möglich wäre die Funktion einer Straßenstation, zumal eine römische Straße unmittelbar an der Fundstelle vorbeiführt. Für einen Tempelbezirk könnten der nicht rechtwinklige Verlauf der Außenmauern und die rechteckigen Fundamente ohne Zugang sprechen. Da jedoch bisher noch keine solche Anlage in Hessen bekannt ist, muß das zunächst fraglich bleiben.

Römische Gutshöfe kommen hingegen häufig vor. Wahrscheinlich handelt es sich aber um einen römischen Gutshof (villa rustica), der hier auf weidewirtschaftlicher Grundlage existierte. Hier treten bei Hauptgebäuden jedoch normalerweise nur rechtwinklige Mauerverläufe auf, es sei denn, es handelt sich um Wirtschaftsbereiche.

 

Informationstafeln an der römischen Siedlung in Breuberg:

Die Mauern: Freilegung, Restaurierung, Dokumentation

Mauertechnik: Alle vorgefundenen Mauern sind in der typisch römischen Schalenbauweise errichtet. Über einer etwa 60 Zentimeter in den Boden eingebrachten Fundamentstickung und den Fundamentsteinen wurde das aufgehende Mauerwerk errichtet. Es besteht aus zwei äußeren Schalen, aus sorgfältig behauenen Schalsteinen und einer zwischen diesen Schalen eingebrachten Füllung aus Steinabschlägen, Steinbruchstücken und Mörtel. Diese Füllung bildet den Mauerkern. Die Schalsteine sind von gleichmäßiger Dicke. Die sichtbaren Frontsteine sind viereckig. Es entsteht so aus der Frontschicht das einer Backsteinmauer vergleichbare regelmäßige Mauerwerk.

Die Steine werden an der Frontseite ohne deutliche Fugen aneinander gestoßen. Um einen Verbund untereinander und mit dem Mauerkern zu erreichen, nimmt ihre Breite in das Innere stark ab (in der Aufsicht dreieckig). Im Gebäude I waren noch bis zu acht Steinlagen erhalten.

 

Freilegung der Mauern: Eine verstürzte Mauer zeichnet sich im ungestörten Gelände als flacher Wall ab. Bis zur noch erhaltenen Höhe ist der Mauerzug eingebettet ins Erdreich, das mit den Steinen der höheren Lagen durchsetzt ist. Durch mechanische Einwirkung wie zum Beispiel Anlage eines Weges, Pflügen) und durch Bewuchs (Bäume, Sträucher) kann das im Boden Erhaltene stark gestört sein. Alle später restaurierten Mauerstücke wurden bis auf den Fundamentbereich freigelegt.

Dokumentation: Eine Fotografie genügt nicht für die Dokumentation, weil es dabei zu Verzerrungen kommt. Vielmehr muß die Fundstelle auf Millimeterpapier übertragen werden. Mit einem Nivelliergerät werden markante Punkte in ihrer Höhe zu einem Bezugspunkt eingemessen.

Restaurierung: Nach Freilegung der Mauerzüge war ersichtlich, daß sie im Originalzustand nicht zu erhalten waren (Schieflage, Störungen). Alle Mauern wurden daher bis auf die Fundament­steine abgetragen, die in Original („in situ“) verblieben. Die Mauern wurden sodann an das Original und in römischer Technik bis zu einer durch die Befunde vertretbaren Höhe wieder errichtet. Bewußt sind nur Teilstücke der Mauern in einem Umfang freigelegt und restauriert, der einen Gesamteindruck der Anlage vermittelt. Die übrigen Abschnitte sollen als Kulturdenkmal und Anschauungsobjekt so erhalten bleiben, wie sie nahezu 2000 Jahre überdauert haben.

 

Für den Rückweg geht man die Frankfurter Straße nach Norden weiter bis fast zum  Heidestock. Hier stehen Wegweiser für die Fahrradwege. Dort geht man rechts ab und bei den nächsten  Weg­weisern wieder nach rechts Richtung Breuberg. Wo links ein hölzerner Wegweiser steht, geht rechts ein Weg hinunter zur Ernst-Ludwig Klinik (800 Meter), am Wasserwerk vorbei und am „Haus vorm Wald“ endend. Dort geht man links wieder hinunter zum Parkplatz.

 

 

Bad König

Bad König, der hessischen Kurort im Odenwald, wurde 1980 Stadt. Wenn man so will, nach fast acht hundertjährigern Bemühen. Ende des 13. Jahrhunderts war es unter den Mainzer Kurfürsten beinahe soweit, aber der Geistlichkeit gehörte nur eine Hälfte von „Kuntichen“ - was etwas mit Grenzzeichen aus der Karolingerzeit zu tun hat - die andere Hälfte nannten die Erbacher Grafen ihr eigen, die strikt gegen die verbrieften Freiheiten waren. Als der Ort im 15. Jahrhundert gänzlich in ihren Besitz kam, ging „das früheste Kapitel der Stadtwerdung“ zu Ende.

Wesentlich einfacher war es für den Kurort, sich mit dem begehrten Vorsatz „Bad“ schmücken zu dürfen. Die notwendigen Voraussetzungen dafür wurden bereits 1948 anerkannt. Kurgäste und Urlauber kommen in die Stadt Bad König, wie sie früher in die Gemeinde kamen, wo schon die eisen- und manganhaltigen Quellen sprudelten. Sie erfreuen sich am Kurpark im Mümlingtal, der nahtlos in den Waldpark des umgebenden Odenwaldes übergeht, und ziehen dort ihre erholsamen Wanderrunden, was wir ihnen gleichtun wollen. Im Kurpark sin d die zwei Quellen  und zwei Teiche. Der Ort ist ein bedeutendes „Stahlbad“ (Heilung von leichten Herzerkrankungen, Erschöpfungs­zuständen) mit eisen- und manganhaltigen Quellen. Bad König ist der einzige Badeort im Odenwald.

Die evangelische Kirche mit Barockorgel ist aus dem 17. Jahrhundert. Am Kirchturm befindet sich  in zwölf Meter Höhe neben dem Fenster der Grabstein eines Römers mit (leerer Nische im Giebel). Der Stein wurde sekundär verwendet, die Herkunft ist unbekannt.

 

Im Schloß von Bad König hat sich folgende Romanze zugetragen: Nach dem Mittagsmahl im Gartensaal zogen sich die Tafelgäste des Erbacher Grafen dezent zurück, damit die jungen Liebenden unter vier Augen reden konnten. „Wir wurden uns in sehr kurzer Zeit einig, und nach kaum zehn Minuten erschienen wir als verlobtes Paar bei den anderen“, erinnerte sich später die niederländische Königin Wilhelmine an die für sie streng nach adligern Plan eingefädelte Romanze am 12. Oktober 1904 im Residenzort König im Odenwald.

Prinz Heinrich von Mecklenburg-Schwerin war der Auserwählte. Der hatte den Sommer über nur spärlich von sich hören lassen, bis er mehrere Zimmer nahe König mietete. Man verabredete sich mehrmals zum Kennenlernen, schließlich versprachen sich beide einander in den Gemächern des Erbach-Schönberger Grafenhauses in König, das stets rege Beziehungen zu den gekrönten Häuptern in Rußland, Bulgarien, England und Niederlande pflegte.

Ein paar Jahre später war die Zeit für anrührende Love-Storys der feinen Gesellschaft in König vorbei: Im Jahre 1920 verschenkte der Fürst von Erbach-Schönberg sein „altes Schloß“, den prachtvollen Renaissance-Bau aus der Mitte des 16. Jahrhunderts, der 1757 durch Umbauten sein heutiges Gesicht bekommen hatte. Zwei Dutzend junge Familien fanden in dem ihnen überlassenen Anwesen zunächst Wohnraum, später wurde daraus ein Erholungsheim, nach 1945 eine Privatklinik, dann verfiel das Schloß.

An ihm war über die Jahrhunderte ohne Rücksicht auf Statik und Konstruktion immer wieder gewerkelt worden. Feuchte, Fäulnis und Holzschädlinge setzten dem Schloß zu. Bis man sich im Rathaus von Bad König  darauf besann, man könne mit der Modernisierung des historischen Ortskerns wieder mehr Touristen und Kurgäste in die heute 8.700 Einwohner große Stadt locken, die ein Thermalheilbad (das einzige im  Odenwald) und zwei kohlensaure Eisenwasserquellen für Trinkkuren vorzuzeigen hat.

Aus dem Förderprogramm „Einfache Stadterneuerung“ wurde das Alte Schloß von 1989 bis 1993 saniert - für 8,5 Millionen Mark. Jetzt beherbergt es Stadtverwaltung und Heimatmuseum (geöffnet sonntags 10.30 bis 12 Uhr oder nach Vereinbarung).

Abgehakt ist längst der Streit um die schließlich doch ausgeführte Auffrischung der „romantischen“ Fassadenbemalung in hellgelb, sandsteinrot und grau. Das Schmuckstück prägt nun ein schönes Platz-Ensemble aus Kirche, Rentmeisterei, Innenhöfen, Lustgarten, Kammerbau (heute Kindergarten und Wohnungen). Neben dem  alten Schloß steht gleich das „Neue Schloß“, dessen Bau 1793 durch Fronarbeit sowie Geldstrafen finanziert wurde, die Soldaten bei rebellierenden Bauern eintrieben. Das einstige Regierungs- und Kammergebäude - später als Residenz und Witwensitz genutzt - wurde nach 1900 umgestaltet und gehört seit 1937 der Kommune. Es ist aber heute renovierungsbedürftig und steht leer.

 

Die Momarter Eiche (südlich von Bad König, östlich von Momart) wurde am 18. Januar 2007 bei dem Sturm stark beschädigt.

 

 

Michelstadt

Das Städtchen liegt 208 Meter hoch in offener Tallage an der Mümling. Es ist durch seine anmutige Umgebung und sein mildes Klima zum Sommeraufenthalt wie als Standort für Wanderer vortrefflich geeignet. Die alte Stadt wird 741 zuerst erwähnt und gehört  seit 819 dem Kloster Lorsch und seit dem 12. Jahrhundert den Grafen von Erbach, ist reich an malerischen Winkeln und interessanter Architektur.

Wenn man von Norden kommt, fährt man nach links Richtung Innenstadt in die Bahnhofstraße, dann mit der abbiegenden Hauptstraße nach rechts in den Wiesenweg zu einem großen Park­platz. Hier steht eine Informationstafel des Geoparks Odenwald. Der erste Weg beschreibt den Wandel der Kulturlandschaft und führt in das Gebiet östlich der Stadt. Der zweite Weg führt nach Asselbrunn, Steinbach und das Gebiet westlich davon und beschreibt Schloßpark, Hammerwehr, Hammerensemble, Steinbacher Teich, Stele Hilderhof, Firma Mühlhäuser, Sandgrube, Adalbertshöhe, Wasserversorgung,  Streuobstwiesen, Seckel Löbs Birne, Steinbacher Tongrube, Forsthaus Acht Buchen, Eisenverhüttung, Einhardsquelle, Bergbau und Kalksteingrube. Vom Parkplatz geht man in Richtung Altstadt und durch ein Tor durch die Stadtmauer hindurch.

 

Marktplatz:

Über dem Tor steht die alte Münze, daneben das Lehrerwohnhaus von 1748. Etwas rechts versetzt  kommt man zum Marktplatz. Der Markt bietet „ein kleinstädtisches Charakterbild von seltener Liebenswürdigkeit” (Dehio). Der Marktbrunnen aus der 2. Hälfte des 16. Jahrhunderts trägt auf einer Säule die Figur des heiligen Michael (im 18. Jahrhundert zur Justitia umgearbeitet).

 

Rathaus:

Die Stadt hat das originellste Rathaus in Deutschland. Es ist weltbekannt und war schon oft war es Kulisse für Spielfilme. Hochzeitspaare lassen sich davor fotografieren. Der gotische Profanbau mit seinen drei Türmchen zählt zu den schönsten und bedeutendsten Fachwerkbauten Deutschlands. Welchem Baumeister die Ehre gebührt, ist nicht bekannt. Es ist der älteste Holzbau in Hessen, im Jahre 1484 erbaut (Das Baujahr ist mit gotischen Ziffern in das Holz des Mittelbalkens eingehauen, als Vier benutzte man die halbe Acht). Im Jahre 1743 und Ende des 20. Jahrhunderts wurde das Rathaus erneuert. Das Erdgeschoß mit der alten Ratswaage ist offen, das Dach mit seinen Spitztürmchen außerordentlich steil und hoch. Zu Pfingsten ist Rathausbeleuchtung.

 

Kirche:

Hinter dem Rathaus steht die Kirche  mit Glockenspiel. Die spätgotische Hallenkirche aus dem 15. / 16. Jahrhundert (mit dem Bau wurde 1461 begonnen. Sie enthält viele prächtige Grabmäler der Grafen von Erbach, die meisten aus dem 15. - 17. Jahrhundert sowie eine Bibliothek mit sehr alten Werken. 

 

Elfenbeinmuseum:

Rechts neben der Kirche steht ein privates Elfenbeinmuseum, das von dem Elfenbeinschnitzer­meister Ulrich Seiden eingerichtet wurde. Man sieht eine Fülle von Elfenbeinschnitzereien aus vielen Ländern und wunderhübsche Arbeiten von Seidenberg. Das Museum ist montags bis freitags von 10 bis 12 Uhr, 14.30 bis I7 Uhr, samstags von 10 bis 12.30 Uhr, sonntags von 11 bis 12 Uhr und 14.15 bis 16 Uhr geöffnet. Erwachsene zahlen zwei, Schüler bis 12 Jahre eine Mark.

 

Diebssturm:

Vom Markt geht man nach Süden zum Diebssturm. Er ist vermutlich der Bergfried der vorfränkischen Burg Michelstadt, erbaut etwa um 650. Seit 1312 war er Kerker des Centgerichts Michelstadt. Ab 1400 war er gleichzeitig Wehrturm der Stadtbefestigung.  Im Jahr 1793 stürzte er  ein. Im Jahre 1970 wurde er zusammen mit der Burg-Kellerei von der Stadt Michelstadt von den Grafen von Erbach-Fürstenau erworben. Im Jahre 1972 war er wieder hergestellt. Er wurde mit einem Aufbau versehen, an den Wehrgang angeschlossen und begehbar gemacht. Zum Michelstädter Bienenmarkt 1972 wurde er zur Benutzung freigegeben. Von der einstigen Stadtbefestigung sind weitere Teile der Mauer, des Grabens und Walles erhalten. Am Diebsturm ist in zehn Meter Höhe ein Merkurrelief, die Kopie eines wenig geschulten einheimischen Steinmetzen. Man geht durch die Stadtmauer nach draußen, nach links am Grabe entlang und an der nächsten Brücke wieder in die Stadt.

 

Kellerei:

Dort liegt die gräfliche Erbach-Fürstenauische Kellerei (Einhardspforte 3), die auf Einhard zurückgeführt wird und aus einer um 950 errichteten Burg des Reichsklosters Lorsch hervorging. Das stattliche Renaissancegebäude mit hohem Giebeldach wurde 1517 / 1519 erbaut und im Jahre 1539 (Inschrift) ein überdachter Freitreppenbau errichtet. Die Kellerei besteht aus Zehntscheune mit Amtshaus. Südflügel und Remise sind angebaut. In der Kellerei befindet sich auch die Kainsbacher Mühle,  die 1426 in Brensbach-Nieder-Kainsbach erbaut wurde und 1981 umgesetzt wurde in die Remise der Michelstädter Kellerei.

 

Odenwaldmuseum:

In dem ehemaligen Speicherbau ist das Odenwaldmuseum untergebracht. Viele Gruppen sind den Handwerkern und der Stadtgeschichte gewidmet. In einem Stockwerk sind eine alte Bauern­küche, Bauernstube und eine Odenwälder Kammer. Im Obergeschoß werden Arbeiten von Künstlern aus Michelstadt und Erbach gezeigt. Die untere Ebene der offenen Treppenkon­struktion bietet die Landschaft des Odenwalds: Die Geologie des Mümlingtalbeckens, die Geschichte des frühen Bergbaus, Waldarbeit einst und die Landwirtschaft mit ihren Geräten anno dazumal. Das Odenwaldmuseum ist vom zweiten Samstag vor Ostern bis 1. November täglich (außer montags) von 10 bis 12 und 14 bis 17 Uhr geöffnet. Außerdem während des Odenwälder Weihnachtsmarktes in Michelstadt, sowie vom 26. bis 30. Dezember und nach Vereinbarung mit dem Verkehrsamt der Stadt, Frankfurter Straße 3, 6120 Michelstadt, Ruf 06061174146. Erwachsene zahlen zwei, Kinder eine Mark Eintritt.

 

Spielzeugmuseum:

Gleich daneben, im ehemaligen Amtshaus, ist das Spielzeugmuseum. Das Spielzeugmuseum hat die gleichen Öffnungszeiten und Eintrittspreise. Gezeigt werden von Kindern früher benutzte Spielsachen, Puppenküchen, Zimmereinrichtungen, Kaufläden, Spielzeug aus Papier, Puppen, Bilderbücher. Auch Puppenstuben und Spielzeug aus dem Nachbarland Frankreich und Mexiko. Auf dem Platz befinden sich außerdem Ateliers, die Stadtbibliothek und ein Lapidarium und eine Drechslerwerkstatt.

 

Stadtzentrum:

Man geht dann wieder Richtung Kirche. Links in der Straße „Im Storchenwinkel“ kann man auf der linken  Seite ein Haus mit einer ehemaligen „Freilufttoilette“ sehen. Im Stadtzentrum sieht man das Haus „die Träumerei“, das Elternhaus der  Schauspielerin  Anja Kling und ihrer Schwester Gerrit, die hier ein Hotel mit sechs Betten und eine Gaststätte eingerichtet hat. Außerdem liegt links das Elefantenhaus, das mit verschiedenen Darstellungen von Elefanten verziert ist (eine Anspielung auf die Elfenbeinschnitzerei).

 

Synagoge:

Man geht aber etwas weiter rechts durch die Mauergasse und kommt zur der alten Synagoge von 1791, deren Innenraum von den Nazis im November 1938 völlig verwüstet wurde. Hier wurde ein Museum eingerichtet, das den Namen des Landesrabbiners Dr. I. E. Lichtigfeld trägt, der den jüdischen Gemeinden in Hessen von 1954 bis 1967 als religiöses Oberhaupt vorstand. Ausgestellt sind Kultgegenstände, Archivalien und Fotos. Die Sammlung gibt einen Einblick in die religiösen, sozialen und politischen Verhältnisse der jüdischen Mitbürger im Odenwald in den vergangenen Jahrhunderten. Öffnungszeiten des Museums nach Vereinbarung, anmelden kann man sich beim Verkehrsamt. Östlich der Stadt liegt an der Straße zum Stadtwald gegen­über dem Stadion am Berghang ein sehr alter jüdischer Friedhof. Man kann hier noch einmal einen Blick hinter die Stadtmauer werfen im Bereich „Am Bienenmarkt“, kann aber nicht um die Stadtmauer herumgehen. Man geht innen an der Stadtmauer entlang und kommt wieder zum Ausgangspunkt.

 

Bürgermeisterhaus  (Erbacher Straße):

Das Aquarell aus den 1920er Jahren zeigt die Dienstvilla des Michelstädter Bürgermeisters, hier „s' Bojemoaschderhaus“ genannt. Es handelt sich um ein Gebäude im Landhausstil mit regional-typischer Verschindelung, erbaut 1922 für den ersten hauptamtlichen Rathauschef des Kleinstädtchens. Dieser, Heinrich Ritzel aus Offenbach, durfte sich von dort auch seinen Architekten Fritz Bossert mitbringen, denn die Gemeinde hat trotz der schlechten Zeiten nach dem verlorenen Ersten Weltkrieg wohl keine Mühe gescheut, ihr erstes hauptberufliches Stadtoberhaupt standesgemäß unterzubringen. Die Villa diente übrigens nach Rückkehr des SPD-Bürgermeisters Heinrich Ritzel aus dem Schweizer Exil, wohin er vor den Nazis hatte flüchten müssen, sogar als Büro eines Mitglieds des Bundestags, denn Ritzel vertrat die Odenwälder im Bundestag der jungen Republik.

Nach dem Auszug des amtierenden Bürgermeisters im Jahre 2006 wurde auch hier, wie allgemein üblich, das zwischenzeitlich etwas angegraute städtische Tafelsilber verkauft. Gekauft wurde das Haus von Maximilian Promny und Hannes Winter. Sie fanden bei der Sanierung auch in allen Räumen sehr originelle Schablonenmalereien unter all den Raufasertapeten, was auch sofort zu einer restauratorischen Begleituntersuchung führte. Die Inbesitznahme geschah nicht - wie nach altem Brauch - durch dreimaliges Öffnen und Schließen der Fenster und durch rituelles Feuermachen im Herd. Sie haben ein „SALVE“ über der Haustür angebracht.

 

Schloß Fürstenau:

An der Bundesstraße im Norden der Stadt steht der Wegweiser („Schloß, Basilika“). Dort fährt man über die Eisenbahn und dann nach links in die Walther-Rathenau-Allee. Dort ist auf der linken Seite das Motorradmuseum. Die Straße macht dann einen Bogen nach rechts.  Man kommt vorbei an einem Gartenpavillon von 1756 und an der im 16. Jahrhundert erbauten Schloßmühle (am Gebäude Jahreszahl 1733). Vor  dem Schloß kann man parken. Nach 16 Uhr ist der Zugang zum Schloßplatz verboten.

Man geht hinein in den großen Gebäudekomplex. Rechts hinten ist das Stammschloß des Grafen zu Erbach-Fürstenau. Es  wurde nach dem Zerfall des Klosters Lorsch um 1250 von Kur­mainz zum Schutz seiner Besitzungen zunächst als Wasserburg errichtet. Daraus entwickelte sich eine jahrzehntelange Fehde zwischen Kurmainz und Kurpfalz. Im Jahre 1355 verkaufte Kurmainz das Schloß an die Erbacher Schenken.

Von der alten Anlage sind die beiden nördlichen Türme erhalten. Die beiden südlichen Türme wurden durch den „Uhrturm“ (vorne) und den „Roten Turm“ (hinten) ersetzt. Unter Graf Georg II. entstand im Jahre 1588 der schöne große Schmuckbogen, der das ursprüngliche Tor mit der Zugbrücke ersetzte. Die Anlage, die vom Grafen Erbach-Fürstenau bewohnt ist, zählt zu den schönsten deutschen Burgen und kann besichtigt werden. Der umgebende Schloßpark an beiden Ufern der Mümling ist Naturschutzgebiet, ist eine sehenswerte Anlage.

 

Einhardsweg:

Südlich des Schlosses ist die Einhardsbasilika, an der der Einhardsweg beginnt. Einhard, dem bekannten Biographen und Kunstbeauftragten Kaiser Karls des Großen, kommt in der frühmittelalterlichen Geschichte des Odenwald-Untermain-Gebietes eine herausragende Bedeutung zu. Dem um 770 in dieser Gegend (Maingau) geborenen Adeligen verdanken die Basiliken in Michelstadt-Steinbach und Seligenstadt ihre Entstehung. Sie ist eng verknüpft mit den Heiligen Marcellinus und Petrus. Deren Reliquien ließ Einhard 827 von Rom nach Michelstadt (hier sollten sie ursprünglich bleiben) und am 16. und 17. Januar 828 nach Seligenstadt bringen.

An dieses historische Ereignis soll der auf Veranlassung der Städte Michelstadt und Seligenstadt markierte Einhardweg erinnern und drum einladen, den alten Fernwegen zwischen den beiden romantischen Fachwerkstädten und ihren berühmten Einhardbasiliken zu folgen. Inner­halb des Odenwaldes bieten sich zwei von der Geschichtsforschung empfohlene Routen an: Ein anspruchsvoller Wanderweg über die Höhen des östlichen Mümlingtals (Einhardweg- Markierung) sowie der kürzerer Rad- und Wanderweg über Höchst (Radweg-Markierung) und die Alte Frankfurter Straße (Wegweiser: Radheim). Im Bachgauort Mosbach, wo ein von Einhard erwähntes Nonnenkloster bestand, vereinigen sich beide Varianten und führen als ebener Wander- und Radweg (Einhardweg-Markierung) über Großostheim - hier übernachtete die Reliquienprozession - nach Seligenstadt.

 

Einhardsbasilika:

Wenn man vom  Schloß  Fürstenau kommt,  fährt man auf der Schloßstraße weiter und dann nach rechts in die Straße „Am Berg“. Dort steht rechts die Basilika. Die Kirchenruine, bekannt unter dem Namen „Einhards-Basilika“, ist eines der wenigen erhaltenen Baudenkmäler aus karolingischer Zeit, kulturgeschichtlich eines der wichtigsten Baudenkmäler des Odenwaldes. Die dreischiffige Pfeilerbasilika mit Stollenkrypta zählt zu den wenigen Bauten nördlich der Alpen, die noch einen authentischen Eindruck karolingischer Raumkunst vermitteln. In Deutschland gibt es nur  sechs Bauten, die ein authentisches Raumerlebnis aus der Karolingerzeit sind, darunter die Basiliken in Steinbach und Seligenstadt.

Einhard (um 770  - 840) war ein enger Vertrauter Kaiser Karls des Großen. Er ließ sie zwischen 815 und 826 als Grablege für sich und seine Frau Imma errichten und aus Rom die Gebeine der Heiligen Marcellinus und Petrus beschaffen. Am 11. Januar 815 schenkte Ludwig der Fromme (ein Sohn Kaiser Karls des Großen) dem Biographen und Vertrauten seines Vaters die Mark Michelstadt.

Einhard wohnte mit seiner Gemahlin Imma zunächst in Michelstadt. Hier fand er aber wenig Ruhe und ließ jenseits der Mümling eine Basilika errichten, die er 827 vollendete. Vorbild war die kleine  Klosterkirche in Kornelimünster bei Aachen, die Benedikt von Aniane, geistlicher Berater Kaiser Ludwigs des Frommen, um 817 errichten ließ. Da die Reliquien schon 828 nach Seligenstadt überführt wurden, verlor die Kirche ihre Bedeutung als Pilgerstätte. So blieben ihr Veränderungen und Erneuerungen erspart.

Die Basilika gehört in die Gruppe der dreischiffigen Kirchen mit drei Apsiden. Die Kirche wurde nach dem Vorbild altchristlicher Basiliken in Italien erbaut. Der künstlerische Anspruch zeigt sich im ausgewogenen Verhältnis der Bauteile zueinander.  Im Osten des dreischiffigen Langhauses mit Pfeilerarkaden befinden sich Chor und Nebenchöre,  unter denen eine Gangkrypta angelegt ist. Im Westen des Langhauses läßt sich ein in drei Räume aufgeteilter Vorbau nachweisen. Nach links geht es hinab zu einem Raum, in dem Schautafeln zum Leben Einhards und zur Abtei Seligenstadt stehen. Im 12. Jahrhundert errichteten Lorscher Mönche zwei mächtiger Westtürme, die ein gestuftes Portal einfaßten.  Im Norden wurde eine Sakristei an den Nebenchor angefügt.

 

Vom 11. bis zum 16. Jahrhundert wurde die Kirche als Klosterkirche genutzt. Durch den Einfluß des Klosters Lorsch (Einhard hatte seine Michelstädter Besitzungen dem Kloster vermacht) wurden zahlreiche bauliche Veränderungen vorgenommen. Es  entstand eine kleine Klosteranlage. Bis zur Reformation gehörte sie zum  Klosterbezirk.  Von 1232 bis zur Säkularisierung 1535 nutzten Benediktinerinnen die kleine Anlage als Kloster.

Bis in den Dreißigjährigen Krieg hinein war die Kirche dann Hospital. Nach dem Dreißigjährigen Krieg wandelten ließen die Grafen von Erbach beide Türme, das Portal und die Seitenschiffe wieder abbrechen. Von der Kirche blieben nur das Mittelschiff, der nördliche Nebenchor, die Haupt­-Apsis und die kreuzförmige Gangkrypta erhalten. Später diente die Basilika als Jagdzeughaus. Ihr desolater baulicher Zustand führte im Sommer 1855 zum Einsturz der Hauptapsis. Erst Ende des 19. Jahrhunderts wurde sie als bedeutendes historisches Bauwerk erkannt und baugeschichtlich wie archäologisch untersucht.

Im Jahre 1872 erbrachte der Darmstädter Kunst­professor Georg Schäfer den Nachweis, daß die Klosterkirche jener Bau ist, der von Einhard errichtet wurde. Seit 1968 laufen Sicherungsarbeiten. In den Jahren 1972 / 1973 wurden dir Seitenschiffe zur statischen Sicherung des Mittelschiffs wieder aufgebaut.

In der Kirche steht ein mittelalterlicher Steinsarg, der früher die Gebeine Einhards und seiner Gemahlin Imma enthielt. Ferner 15 Grabmäler der Grafen von Erbach, größtenteils aus dem ehemaligen Kloster Steinbach bei Michelstadt. Hervorzuheben ist das Grabmal des Schenken Konrad III. (gest. 1279) und der Schenkin Margarethe (gestorben 1396). Der Altarschrein ist aus dem 15. Jahrhundert. Es gibt schöne Glasmalereien in der Kirche.

 

Einhard, der Vertraute und Biograph Karls des Großen, wird gern als Autorität für die Architektur der Karolingerzeit genannt. Um 770 wurde er im Maingau geboren und früh vom Abt zu Fulda an den Hof Karls des Großen geschickt, wo er an der Hofschule unterrichtet wurde. Tatsächlich fiel er hier schon bald wegen seines technischen Talentes auf, und so wuchs er erstaunlich früh in die Rolle eines Bauleiters hinein. Zahlreiche Baumaßnahmen Karls - wie etwa die Brücke zu Mainz, die Pfalzen zu Ingelheim und Aachen und die Basilika bei Michelstadt - hat er teilweise oder ganz geleitet. Er war der Begleiter Karls und ging 806 als sein Gesandter nach Rom.

Im Jahre 815 wurde Einhard von Ludwig dem Frommen, dem Sohn Karls, die Mark Michel­stadt geschenkt. Dort gründete er Steinbach, wie er in seiner „Überführung der Hl. Marcellinus und Petrus“ berichtet. Steinbach war damals Teil der Gemarkung Michelstadt; es hieß noch im 12. Jahrhundert „cella Michlinstat“. Einhard hat dort von 815 bis zu seiner Übersiedlung nach Seligenstadt 828 gelebt und auch eine „prächtige Kirche“ erbaut. Die von ihm geplante, aber durch die Überführung der Reliquien der heiligen Märtyrer nach Seligenstadt unterbliebene geistliche Niederlassung wurde erst 1073 als Benediktinerpropstei durch Lorsch errichtet. Die Vogtei hatten damals die Grafen von Erbach inne, wohl einer der Ansatzpunkte ihrer späteren Macht.

Das Kloster wurde bei der Einführung der Reformation aufgehoben und die Kirche in ein Landeshospital verwandelt, das jedoch im Dreißigjährigen Krieg einging. Auch wenn die Bauten der Klausur restlos verschwunden sind, gehört die Klosterkirche (trotz des Abbruchs der Seitenschiffe und des nördlichen Nebenchors im 14. Jahrhundert, des Umbaus der Westfront 1588 und des Teileinsturzes der Hauptapsis 1855) zu den am besten erhaltenen karolingischen Kirchenbauten in Deutschland.

Die Einhards-Basilika ist für die Bauforschung schon immer von großem Interesse gewesen, da hier der starke Einfluß der römischen Baukunst besonders gut nachvollzogen werden kann: „Raumgestaltung, Proportionen, Lichtführung und Mauertechnik verraten einen an römischen Bauten geschulten, geistig hochstehenden Architekten, wohl Einhard selbst“ (Kiesow)

Seine profunde Kenntnis der römischen Bautechniken, des Handwerks, der Werkzeuge und der Baumaterialien kam nicht von ungefähr, denn auch Einhard hatte „De Architectura libri decem“ des Vitruv in seinem Gepäck. In der Klosterbibliothek zu Seligenstadt fand man den Arche­typus dieses Werkes, auf den alle späteren Abschriften zurückgehen.

 

„Nach römischer Tradition“, so Kiesow, „bestehen die Mauern aus verschiedenem Material. Für die Apsiden, Nebenchöre, einst auch die Seitenschiffe wurde eine Verblendung aus hammergerecht zugehauenen Bundsandstein-Kleinquadern gewählt. Ostgiebel und Obergaden des Mittelschiffes bestehen aus Bruchstein, dessen Verputz noch in großen Partien vorhanden ist und wahrscheinlich mit einer Scheinquaderung bemalt war. Bei den Langhauspfeilern wird der römische Einfluß besonders deutlich, denn sie bestehen aus flachen Ziegeln, wie sie sonst außer bei den Bauten in Seligenstadt in der mittelalterlichen Baukunst Hessens nicht mehr vorkommen“.

In Vitruvs sechstem Buch über Architektur ist die Rede „von unterirdischen Räumen, Gewölben und auf Pfeilern errichteten Gebäuden“. Wie sehr Einhard von diesen Anleitungen profitierte, kann man bei  der Basilika in den Apsiden, dem Chor, den Arkaden und der Krypta studieren, denn hier wurde eine der größten Errungenschaften der gesamt Baukunst angewandt: der gemauerte Bogen.

Die römischen Ingenieure hatten einen Weg gefunden, keilförmige Backsteine herzustellen - eine Innovation, die es den Baumeistern ermöglichte, dauerhaft stabile Bögen und Gewölbe zu mauern. Diese Technik verbreitete sich im gesamten römischen Baugebiet und wurde überall eingesetzt, beim Bau von Aquädukten genauso wie beim Bau von Wohnhäusern.

 

Die sorgfältig verputzten karolingischen Innenwände sind erkennbar für Malereien berechnet. Aus der Erbauungszeit sind Bruchstücke einer figurenreichen Darstellung in der Apsis und ein Konsolenfries unter der Mittelschiffdecke erhalten (in den Farben Rot, Ocker, Orange und Weiß).

Aus der Zeit von 821 bis 827 sind im Mittelschiff Reste eines Rankenfrieses zu sehen. An der Südwand auf den Füllungen der Arkaden finden sich Darstellungen von zwei disputierenden Gestalten. Auch hierbei war Vitruv der große Lehrmeister, denn die raffinierten Rezepturen für Putz, Stuck, Mörtel und die Zubereitung von natürlichen Farben finden sich ebenfalls in „De Architectura libri decem“. Einiges ist in nachkarolingischer Zeit an An- und Umhauten hinzugekommen.

Zudem wurde durch den Abbruch der Seitenschiffe im 14. Jahrhundert das ausgeklügelte statische System der Einhards-Basilika entscheidend geschwächt. In das Mauerwerk des Obergadens hatte man bei der Erbauung einen verdeckten hölzernen Zug-Anker eingefügt, der die Chorschranke im Osten mit der Westwand verspannte. Dadurch wurden auch die hohen, relativ dünnen Mittelschiffwände im gefährlichen Knickpunkt ausgesteift. Nach dem Abbruch der Seitenschiffe, der Chorschranke und der Westwand (sowie der Zerstörung des Holzankers durch Fäulnis) verformten sich im Laufe der Jahrhunderte die Wände bedrohlich, so daß 1968 - 1974 eine statische Sicherung dringend notwendig wurde.

Der damalige Landeskonservator Gottfried Kiesow hatte sich eine Sicherung ohne jede fremde Zutat gewünscht, denn bei einem Bau von solcher Qualität und derartigem Quellenwert verbieten sich alle verfälschenden Elemente. Deshalb entschloß man sich, das alte System wieder aufzunehmen - freilich nun mit einem Betonanker und mit Stützwänden im Umriß der verschwundenen Seitenschiffe. Auch die je sechs schlanken Arkaden auf verputzten Ziegelpfeilern, die die Verbindung zu den Seitenschiffen herstellten und im 14. Jahrhundert zugemauert wurden, hätte man gern wieder geöffnet. Aber dieser Eingriff wäre wegen deren Bauschäden mit großen Substanzverlusten verbunden gewesen. Kiesow schreibt erleichtert: „So blieb die wertvolle gebaute Urkunde mit allen ihren Aussagen, aber auch Fehlstellen und Brandflecken für jedermann lesbar erhalten.“

Die ge­pflegte Anlage ist gegen Eintrittsgeld zu besichtigen. Die Basilika kann vom 15. März bis 15. Oktober täglich (außer montags) von 10 bis 12 und 13 bis 18 Uhr besichtigt werden. Erwachsene zahlen eine Mark, Kinder 50 Pfennig Eintritt. Durch die Straße „Am Hang“ fährt man wieder zur Bundesstraße und auf ihr rechts in Richtung Brombachtal.

 

Erbach

Die 212 Meter hoch gelegene Kreisstadt liegt an einer der schönsten Stellen des Wiesentals der Mümling und ist als Sommerfrische und Standort für Wanderungen sehr geeignet. Die Höhen im Westen und Nordwesten werden von Buchen­wald gekrönt. Das hübsche altertümliche Städtchen ist Sitz der Grafen zu Erbach. Der Name ist vom „Erdbach” abzuleiten, der von Dorf-Erbach bis Stockheim unterirdisch fließt. Neben Tuch-, Wollwaren-, Schuhindustrie und Diamantenschleiferei ist von besonderer Bedeutung die Elfenbein- und Beinwarenindustrie mit der Fachschule für Elfen­beinschnitzerei. An den letzten beiden Juli-Sonntagen  ist Eul­bacher Markt mit Pferderennen.

Ludwig der Fromme schenkte 815 das Gebiet von Erbach an Einhard, der es 819 dem Kloster Lorsch ver­machte. Die Grafen von Erbach erwarben im Laufe der Zeit große Teile des Odenwald- und Spessartgebiets. Zahlreiche hervorragende Kriegs­leute gingen aus dem Geschlecht hervor. Im Jahre 1717 spaltete es sich in die Linien Erbach-Erbach, Erbach-Fürstenau und Erbach-Schönberg. Der vielseitig gebildete Graf Franz I. (1754 -1823) ist der Schöpfer der hervorragenden Sammlungen im Schloß.

 

Städtel:

Die enggebaute Altstadt, „Städtel” genannt, wird noch zum Teil von der alten Stadtmauer umgeben. Es ist der Bereich der ehemaligen Burgmannenhöfe, ein mit Leben erfülltes Museum, so gut ist die ehemalige Vasallensiedlung in ihrem mittelalterlichen Ge­präge samt Resten der einstigen Wehranlage erhalten.

Durch einen Torbogen kommt der Besucher in die Altstadt. Sehenswert hier die Stadtkirche  von 1748, Teile der alten Stadtmauer oder das Tempelhaus, ein mittelalterlicher Bruchstein-Speicher mit Treppengiebel vermutlich aus dem 14. Jahrhundert. Daneben steht das 1545 erbaute Haus der Eltern des Bischofs Julius Echter von Mespel­brunn. Rechts an das gräfliche Schloß schließt sich das alte Rathaus aus dem Jahre 1593 an, an dessen Außenwand noch der berühmt-berüchtigte Pranger zu sehen ist.

Schloß:

Zum Schloß biegt man, von Michelstadt kommend, nach dem Erba­cher Landratsamt rechts ab und folgt den Hinweisschildern.

Das Adelsgeschlecht der Erbacher wird das erste Mal im Jahre 1148 ur­kundlich erwähnt. Aus dieser Zeit stammt der noch heute erhaltene Berg­fried der ersten Residenz, einer von der Mümling umflossenen Was­serburg. Als letzter Zeuge der Wasserburg blieb der aus schweren Buckelquadern errichtete Bergfried von 1220 erhalten und ist zum Wahrzeichen Erbachs geworden. Der Spitzhelm wurde 1497 aufgesetzt. Die Burg wurde 1497 umgebaut und dann 1736 weitgehend abgerissen.

Es entstand unter dem damaligen Graf Georg Wilhelm das langgestreckte dreigeschossige Residenzschloß im Barockstil, jedoch nüchtern und streng, wenn man es vergleicht mit Pracht und Überfülle anderer Barockschlösser wie Adolfseck bei Fulda, Arolsen oder Wiesbaden-Biebrich. Das Schloß besteht aus dem wohlgegliederten Hauptbau, in maßvollem Barock, und einigen Renaissance­gebäuden aus dem 16. Jahrhundert: Archivbau mit Tor (rechts vom Hauptbau), Alter Bau (Fachwerk) und Kanzleibau. Anfang des 20. Jahrhunderts wurde die 75 Me­ter lange, barocke Fassade nochmals überarbeitet und grundlegend saniert.

Vor dem Schloß steht das Standbild des Grafen Franz I. zu Erbach-Erbach (1754 - 1823). Er war nicht nur Begründer der bedeutenden Samm­lungen im Schloß, er rief 1783 auch das Kunsthandwerk des Elfenbeinschnitzens ins Leben als Broterwerb für seine Untertanen. Mit dem Denkmal auf dem weiträumigen Marktplatz wird der überragenden Persönlichkeit und des leidenschaftlichen Sammlers ge­dacht, der das Ausgestellte in seinem Schloß auch der Öffent­lichkeit zugänglich gemacht hat.

Von März bis Oktober finden täglich mehrere Führungen statt, und angetan mit Filzpantoffeln wegen der Mosaik- oder Holzböden erhalten die Besucher auf ihrem Rundgang interes­sante und auch kuriose Informationen. Die Eingangshalle ist eine Art Abnormitäten-Kabi­nett. An den Wänden hängen 155 Hirsch­geweihe, die unregelmäßig gewachsen sind, ein Hinweis auf Krankheiten oder Verletzungen der Tiere. Ferner finden sich dort ethnographische Gegenstände und Elfenbeinschnitzereien.

Rechts schließt sich die Waffenkammer mit mehr als 300 Gewehren an, meist Vorderladern, das älteste Exemplar etwa aus dem Jahre 1518. Da ist beispielsweise eine Entenflinte mit einem 2,20 Meter langen Lauf zu bestaunen. Zum Schießen mußte das Gerät auf einer Astgabel postiert werden. Oder einer der ersten Granatwerfer aus dem Jahre 1690, da krachte nicht nur der Schuß, sondern häufig auch das Schlüsselbein des Schützen.

Vom Vorsaal rechts in die Gewehrkammer, eine Gewehr­sammlung vom Anfang des 16. bis ins 19. Jahrhundert, und mächtige Hirsch­geweihe enthaltend. Im Treppenhaus zahlreiche Rehbock-Gehörne, darunter seltene und eigenartige Stücke.

Die Antikensammlung wurde vom Grafen Franz in Italien erworben. Der Antiken-Freund unternahm etliche Reisen nach Ita­lien, von denen er Grabungsfunde mitbrachte, darunter mehrere Büsten rö­mischer und griechischen Kaiser und Feldherrn. Er  wollte damit seinen Untertanen ermöglichen, auch die antiken Kulturgüter  zu sehen.

 

Zunächst ins „zweite römische Zimmer” mit 18 Marmorbüsten von römischen Kaisern und anderen. Besonders lebensvoll charakterisiert sind Claudius, Scipio (?), Tiberius, Perseus, Germani­cus und Sertorius. Eine sitzende Statue des Trajan (?) ist aus der zweiten  Hälfte des ersten Jahrhunderts. Ferner sieht man  antike Waffen sowie vorgeschichtliche Funde.  Im „ersten römischen Zimmer” (Arbeitszimmer) ist eine antike Vasen­sammlung. Links von der Tür steht die Herme des Cicero (?).

Als Glanzstücke gelten die Büste von Alexander dem Großen in Lebensgröße, ein Helm von Cannae und die Statue Kaiser Hadrians (Arme und Beine ergänzt). Ein  griechischer Athlet ist aus dem 5. Jahrhundert vCh. Dazu kommen Kleinkunstwerke und Münzen. Die Familienzimmer sind nur mit besonderer Erlaubnis zugänglich und enthalten wertvolle Gemälde, eine reichhaltige antike Vasensammlung, eine her­vorragende Porzellan­sammlung und anders.

Zurück geht  es ins Erdgeschoß und in die Hubertuskapelle mit reichgeschnitztem Altar aus dem Ende des 15. Jahrhunderts, den Stammbaum Christi darstellend, dazu kommen alte Glasmalereien und Gemälde.

Über die Treppe, wo 630 Rehbockgehörne ausgestellt sind, geht es nach oben in die Hirschgalerie, einen Saal mit einer sehenswerten geschnitzten Holzdecke aus dem 17. Jahrhundert, die aus dem schwäbischen Kloster Rot stammt. Die dort ge­zeigte Sammlung von über 70 Hirschgeweihen gilt als die be­deutendste ihrer Art in Deutschland. Prunkstück ist das Geweih eines 22-Enders, der vor rund 250 Jahren im Fränki­schen Jura erlegt wurde. Den größten ausgestellten „Kopfschmuck” allerdings trug vor rund 30.000 Jahren ein Urhirsch aus dem Norden Irlands: 2,05 Meter ist die Spannweite seines Geweihs, der Bursche selbst dürfte an die 18 Zentner gewogen haben.

Die Hirschgalerie bietet weiterhin Platz für verschiedene reichverzierte Holzmöbelstücke (zum Beispiel  einen Schrank aus dem Kölner Dom) oder für Prunk- und Jagdwaffen aus dem 16. und 17. Jahrhundert.

In noch weiter zurückliegende Zeiten führen die beiden benachbarten „Römischen Zimmer”. Hier geben sich einige rö­mische Kaiser ein Stelldichein, natürlich nur in Form von Bü­sten. Die sind dafür aber aus weißem Marmor und - wie der Führer versichert - original, zwischen 1786 und 1791 in Italien ausgegraben und per Ochsenkarren nach Erbach verfrachtet. Weiter gibt es Mosaik-Fußböden aus Pompeji zu sehen, römi­sche Öllämpchen, griechische Vasen, antike Münzen, 3000 Jahre alten Bronzeschmuck und eine Büste Alexanders des Großen.

Den Abschluß des Rundganges bildet ein Besuch im Ritter­saal mit gotischem Gewölbe und gotischen Glasfen­stern aus dem 13. bis 17. Jahrhundert. Beeindruckend sin d die Ritterrüstungen, zu Fuß oder zu Pfer­den, von denen keine jedoch größer als 1,70 Meter ist. Zu sehen sind sechs Ritter zu Pferde in voller Rüstung aus dem 16. Jahrhundert. Rechts vom Eingang ist sehr seltenes Stechzeug aus dem Ende des 15. Jahrhunderts zu sehen. An der Nordwand finden sich  kunstreiche italienische Rüstungen aus dem 16. Jahrhundert. Das Mittelgestell enthält die wertvollsten Stücke, darunter den Ortenburger Prunksattel, eine süddeutsche Arbeit der Hochrenaissance. Zwischen den Reitergestalten steht der bayerische Harnisch, eine Nürnberger Arbeit  aus der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts, ein kunstvoller italienischer Harnisch aus d er Zeit um 1550)und andere. wertvolle Stücke.

Waren die alten Ritter auch durchweg kleine Leute, so mußten sie doch an ihrer Kampfmontur schwer tragen, 60 bis 70 Pfund wiegt so ein Metallkleid. Wer da vom Pferd fiel, der blieb wohl meistens unbeweglich liegen. Vor allem, wenn er so an die 115 Pfund auf dem Leib trug, wie etwa der Schwedenkönig Gustav Adolf, dessen Rüstung die schwerste der gräflichen Sammlung ist. Bequemer und fast schon elegant zu nennen sind dagegen die Kettenhemden, die aus bis zu 100.000 kleinen Eisenringen zu­sammen­gesetzt sind, Relikte aus der Zeit der Kreuzfahrer. Die wertvollsten Stücke im Rittersaal sind ein Goldpokal von 1440 und vor allem ein Prunksattel aus Eisen, bei dem die reichen Verzierungen von innen heraus getrieben sind. Ein Meister Siegmann aus Augsburg brachte das Werk 1555 zustande.

 

Den Sammlungen angegliedert ist das Afrikanische Jagd­museum, unter anderem mit präparierten Antilopen, Riesen­waldschweinen, Löwen oder einer Giraffe. Schauräume zeigen weitere Tiere in ihrer natürlichen Umgebung.

In der dritten Etage des Schlosses ist neben Gesinderäumen auch ein kleines Theater für den Hofstaat des Grafen. Hinter dem Schloß ist ein öffentlicher Waschplatz.

Die Ausstellungsstücke können Erwachsene für vier, Kinder für 1,70 Mark besichtigen. Für Gruppen gibt es Ermäßigun­gen, für das Jagdmuseum wird noch ein Zuschlag von einer Mark fällig. Geöffnet ist das Schloß in den Monaten März bis Oktober täglich von 8.30 bis 12 und von 13.30 bis 17 Uhr. Mindestens zehn Leute müssen für eine Führung zusammenkommen. In den Monaten November bis Februar können Be­suchstermine vereinbart werden (Telefon 0 60 62 / 37 00).

 

Im Jahre 2005 hat die hessische CDU mit ihrer Mehrheit im Finanzausschuß 13,3 Mil­lionen Euro für den Kauf des Erbacher Schlosses mit seiner historischen Sammlung freigegeben. Der Kauf wird mit der Finanznot des Grafenhauses begründet, die zu einem Ausverkauf der Sammlung führen könnte. Minister Corts wollte die einmalige, rund 200 Jahre alte Sammlung als Ganzes erhalten und außerdem mit Schloß und Sammlung den Tourismus im Odenwald ankurbeln. Der Kauf war zunächst zurückgestellt worden, nachdem Äußerungen von Erbgraf Eberhard zu Erbach-Erbach über seine finanzielle Lage für Verärgerung bei Landespoliti­kern aller Parteien gesorgt hatten. Es ent­stand der Eindruck, die finanzielle Lage des Grafen sei doch nicht so kritisch. Der Graf hatte von dem „größten Deal” seiner Familie gesprochen. Die Familie erhielt eine Ei­gentumswohnung im Schloß und Nutzungsrecht für das ganze Schloß.  Die erhoffte Belebung des Tourismus blieb aus, das Schloß  kostet weiter. Dazu kommt noch die ungelöste Frage des Tempelhauses, das 2005  zusammen mit dem Schloß dem Staat „geschenkt“ wurde, aber äußerst baufällig ist, doch keinen Investor findet.

 

Elfenbeinmuseum:

Im Deutschen Elfen­beinmuseum kann man etwa 1.000 Stücke aus der ganzen Welt sehen, darunter auch solche, die die Ge­schichte der Erbacher Elfenbeinschnitzkunst dokumentie­ren. Bekannt ist Erbach vor allem als ein Zentrum der Elfenbein­verarbeitung, und somit ist das Deutsche Elfenbeinmuseum hier am richtigen Ort (von der Hauptstraße schräg gegenüber vom Schloß nach links abbiegen). Das Elfenbeinhandwerk in Erbach begründete der schon erwähnte Graf Franz I., der damit eigene künstlerische Ambitionen mit wirtschaftlichem Kalkül verband. Er hatte sich schon früh mit dem Elfenbeindrechseln beschäftigt und war dann auf die Idee gekommen, dieses Handwerk in seinem wirtschaftlich rückständigen Ländchen anzusie­deln, um so neue Verdienstmöglichkeiten zu schaffen. Als er 1783 eine eigene Zunft gründete, wurde er auch umgehend zum Obermeister ausgerufen, konnte er doch zwölf selbstge­fertigte Schnupftabaksdosen vorlegen.

Vor mehr als 200 Jahren war Natur- und Artenschutz noch ein Fremdwort. Das Museum betont deshalb ausdrücklich, daß es selbstverständlich alle Bemühungen um Einhaltung des Ar­tenschutzes unterstützt. Zu sehen sind damals aus Elefantenzähnen hergestellte Skulpturen und Broschen, Schachfiguren, Spiegelrahmen, Bierhumpen, Vasen oder Schiffsmodelle. Zu der Elfenbeinschau gehört auch das Bernsteinkabinett, unter anderem mit einem prunkvollen Schiffsmodell aus Gold und Bernstein, 1,50 Meter lang und 1,30 Meter hoch. Das Museum ist täglich von 10 bis 12.30 und von 14 bis 17 Uhr geöffnet. Erwachsene zahlen drei, Kinder eine Mark. Und dafür kann man auch - außer montags - einem Elfenbeinschnitzer bei der Arbeit zusehen (Telefon 0 60 62 1 30 18).

 

Landratsamt:

Das enorme Bevölkerungswachstum im 19. Jahrhundert löste in den südhessischen Städten in der Zeit des Jugendstils einen regelrechten Bauboom aus. Nicht nur Wohnhäuser, sondern auch Verwaltungsgebäude aller Art mußten neu errichtet werden. Aus dieser Zeit stammt beispielsweise das von Karl Hofmann gebaute Odenwälder Landratsamt in Erbach, ein schloßähnliches Bauwerk im Stil der Deutschen Renaissance.

 

Bierlehrpfad:

Nicht in Bayern, nicht in Köln und auch nicht in Belgien, sondern in Erbach wurde jüngst der angeblich weltweit erste Bierlehrpfad eröffnet. Man parkt am ausgewiesenen Parkplatz gegenüber dem Schloß und schlendert am Mümlingufer zum Erbacher Brauhaus. Da stehen schon die ersten kupferfarbenen Schilder in der Form einer Sudpfanne, die auf die Zutaten zu einem gescheiten Bier hinweisen: Hopfen, Weizen, Gerste. Auch Emmer ist eine Art Hartweizen, mit dem schon die Ägypter ihr Bier brauten. Das Erbacher Brauhaus hat den ganzen Lehrpfad bezahlt.

Die nächste Station ist jedenfalls keine Kneipe, sondern der Torbogen des Alten Rathauses und dann das Tempelhaus. Durch die Erasmus-Pforte gelangt man auf ein Brücklein, das die Mümling überquert. Ihr folgt man in Fließrichtung. Man läuft von Schild zu Schild und erfährt alles über das Reinheitsgebot, schlummernde Enzyme und das „Wölfchen“, wie der Hopfen, auf Lateinisch „humulus lupulus“, übersetzt heißt. Vor 150 Jahren soll es in Erbach zwölf Brauereien gegeben haben. Am Schwimmbad lernt man, was die Hefe veranstaltet und wie das Lieblingsgetränk gärt, oben und unten. Während die Mümling über kleine Stufen mümmelt, spaziert man zum Schild „Abfüllung“. Alles nur Theorie. Besonders weil die Endstation, eine Brauereibesichtigung, nur für Gruppen ab zehn Personen und nur nach Anmeldung möglich ist. Anmeldungen für die Brauereiführungen, Telefon 06063 / 2469 (bei Sabine Brohm).

 

Noth Gottes:

Westlich der Stadt an einem Parkplatz liegt ein stiller Platz der Besinnung unter einem Kreuz: es ist die Stelle, an der sich die älteste Gottesdienst­stätte Erbachs befand, Not Gottes, eine kleine gotische Ka­pelle, deren Grundmauern noch erhalten sind. Hübsche Aussichtspunkte in der Nähe sind unter anderem der Schollen­berg und die Sophienhöhe. Beiderseits des schmalen, von Wald umschlossenen Roß­bachtales erstreckt sich einen Kilometer lang der Wildpark mit Dam- und Rotwild, Schutzhütten begrenzen Anfang und Ende. Das Tal wird im oberen Teil breiter, der Wald lich­tet sich, so daß die roten Dächer des Weilers Roßbach sicht­bar werden.

 

Erbach-Bullau

Die Evangelische Kirche St. Jakob (Fortunastraße 17) wurde erbaut im 12. Jahrhundert als Chorturmkirche, die heutige Gestalt ist von 1726. Sie enthält den  Fortunastein (römischer Votivaltar) und den Peststein von 1574.

 

Eulbach: Siehe Odenwald  Ost

 

 

Hetzbach

Im Beerfelder Stadtteil Hetzbach ist das Himbächel-Viadukt mit dem Krähbergtunnel zu sehen. Im vergangenen Jahrhundert galt es, die Odenwaldbahn an überregionale Strecken an zubinden. Dies brachte eine Reihe vor Problemen mit sich, da die Strecke nicht in der Talsohle lief, sondern auf den Hängen. So entstand das Himbächel-Viadukt mit einer Länge von 250 Metern und eine Höhe von 40 Metern. Das Tal wird vor zehn Halbkreisgewölben von je 20 Meter Durchmesser überspannt. Der Krähbergtunnel mit seinen 3100 Meter Länge ist der längste eingleisige Tunnel in Deutschland.

 

Beerfelden

Beerfelden ist im Jahre 795 Teil der Heppenheimer Mark. Erstmals urkundlich erwähnt wird es 1057. Im Jahre 1328 erhält es Stadtrecht. Es ist Markt-, Kirchspiel- und Gerichtsort (auf dem Galgen­berg). 1806 kam Beerfelden an Hessen-Darm­stadt.

 

Mümlingquelle

Wenn man von Norden kommt, stößt man im Bereich der Brunnengasse auf der rechten Seite auf die Mümlingquelle. Die Löwenköpfe aus Messingguß speien unermüdlich Quellwasser aus zwölf Röhren. Leise plätschernd macht sich die Mümlimg von hier aus auf ihren gut fünfzig Kilometer langen Weg Richtung Norden durch den Odenwald, um dann nach Osten ins Unterfränkische abzubiegen und sich bei Obernburg dem Main zu ergeben. Der Zwölfröhrenbrunnen in der Brunnengasse ist eines der Wahrzeichen der Stadt Beerfelden im Odenwaldkreis.

Und war wohl bis vor rund hundert Jahren einer der belebtesten Plätze im Ort: Vor dem Bau der Wasserleitung zwischen 1895 und 1898 versorgten sich die Bewohner hier an der ergiebigsten Stelle mit Trinkwasser - wenn sie nicht an einem der zwanzig Ziehbrunnen Schlange standen oder aus einem Handbrunnen schöpfen konnten. Nahe der Mümlingquelle, gerade eben ein paar Schritte über die Gasse, einst Viehtränke und Waschplatz. Die Weber draußen vor den Toren der Stadt bedienten sich eigener Quellen zum Bleichen ihrer Leinwand-Tuchbahnen.

Das Laufbrunnen-Ensemble aus sechs hintereinander angeordneten Sandsteinwannen mit den sieben Rundsäulen und den obenauf sitzenden Urnen ist das Werk des gräflichen Baumeisters Jänisch nach dem verheerenden Stadtbrand von 1810. Vorher stand an dem Platz ein von Bäumen gesäumter Achtröhrenbrunnen. Im Jahre 1832 mußte das neugeschaffene Schmuckstück bereits für 1.000 Gulden wieder instand gesetzt werden. . Seit 1991 feiert die 7.200 Einwohner große und stark vom Fremdenverkehr lebende Stadt jeweils im Mai ein Brunnenfest an dem von Sandsteinmauer und Eisengeländer eingefaßten bauhistorischen Denkmal.

 

Milchtankstelle (im Norden der Stadt):

Am Bauernhof Zimmermann gibt es eine „Milchtankstelle“. Dort kann man sich selber in einem kleinen Holzhäuschen einen Becher Milch zapfen. Der Hof liegt im Walterbachweg 45. Wenn man von Norden kommt, biegt man rechts in die Hofwiese ein und dann die zweite Straße rechts.

 

Galgen (an der Landstraße nach Airlenbach)

Der schaurige Platz ist von flächigen Steinplatten wie von namenlosen Grabsteinen umrahmt. Ei­ni­ge Linden recken ihre knorrigen Äste wie Arme und Fäuste drohend gen Himmel. Die Herren der Justiz vor vierhundert Jahren wählten den Ort mit Bedacht: Der Platz zur Hinrichtung von Delinquenten auf der Anhöhe nordwestlich von Beerfelden war weithin zur Abschreckung sicht­bar und bietet überdies seit jeher ein prächtiges Landschaftspanorama. So bekamen Bösewichte nochmals die Schönheit der irdischen Welt vor Augen geführt, bevor das Todesurteil vollstreckt wurde.

Um 1550 wurde der Galgen am markanten Aussichtspunkt des damaligen Zentgerichts Beer­felden errichtet. Im Jahre 1597 ersetzten drei an die sechs Meter hohe Säulen aus Rotsandstein die hölzernen Pfähle. Sie bilden ein gleichförmiges Dreieck und sind mit Eisenstangen verbunden. Hier konnten also drei Todesurteile gleichzeitig vollstreckt werden. Der Galgen ist der besterhaltene dieser makabren Zeitzeugen in Deutschland, er ist der einzige vollständig erhaltene „dreischläfrige“ Galgen in Deutschland.

 

An dem im 19. Jahrhundert wieder entdeckten und freigelegten Kreuz am Boden vor dem Galgen konnten die Todeskandidaten die Beichte ablegen und beten, bevor ihnen der Strick um den Hals gelegt wurde. Nacherzählte Geschichten von diesem schaurigen Ort gibt es etliche: So soll 1797 der Wilddieb Kaspar Sachs aus Kirch-Brombach straffrei davongekommen sein, weil er wegen seines dicken Kropfes aus der Schlinge rutschte.

Die Eisengestänge am Galgen mußten erneuert werden, weil Kosaken 1814 nach der Völkerschlacht bei Leipzig hier lagerten und aus den Eisen Hufeisen für ihre Pferde schmiedeten. Und die Stadtchronik berichtet, ein in Beerfelden beim Zündeln erwischter Bäcker aus Wertheim sei zunächst mit einer glühenden Zange „gezwickt“ und dann am Galgen hingerichtet worden. Das Marterwerkzeug soll bis zum Stadtbrand 1810 am Rathaus gehangen haben.

Die Kirchenbücher geben Auskunft über immerhin einen Verurteilten: Einem gewissen Idam Beisel aus dem Nachbarort Unter-Sensbach kosteten Ehebruch und Diebstahl das Leben. Das letzte Opfer des Beerfelder Galgens war der Chronik zufolge im Jahre 1804 eine Zigeunerin, die wegen Diebstahls eines Huhns und zweier Laibe Brot für ihr krankes Kind vor einer gaffenden Menschenmenge mit dem Tod büßen mußte. Glaubt man den Überlieferungen, strömten die Einwohner Beerfeldens alle schnell zum Galgenberg, um ja nichts zu verpassen. Die Verurteilte hatte es aber nicht eilig und schrie wütend in die Menge: „Bevor ich nicht oben bin, geht’s doch nicht los!“

 

Viadukt:

Im Stadtteil Hetzbach ist das Himbächel-Viadukt mit dem Krähbergtunnel zu sehen. Im vergangenen Jahrhundert galt es, die Odenwaldbahn an überregionale Strecken an zubinden. Dies brachte eine Reihe vor Problemen mit sich, da die Strecke nicht in der Talsohle lief, sondern auf den Hängen. So entstand das Himbächel-Viadukt mit einer Länge von 250 Metern und eine Höhe von 40 Metern. Das Tal wird vor zehn Halbkreisgewölben von je 20 Meter Durchmesser überspannt. Der Krähbergtunnel mit seinen 3100 Meter Länge ist der längste eingleisige Tunnel in Deutschland.

 

Kätchen Paulus

Am 22. Dezember 1868 zeigte der in Beerfelden geborene Maschinenschlosser Johann Wilhelm Paulus in Zellhausen bei Offenbach die Geburt einer Tochter an. Sie wurde auf den Namen Katharina getauft, aber Käthchen gerufen. Sie erhielt eine Ausbildung als Näherin und wäre es wahrscheinlich ihr ganzes Leben lang geblieben, wäre da nicht ein Hermann Lattermann gewesen, den sie mit 21 Jahren kennen- und lieben lernte. Lattermann war Ballonfahrer und Fallschirmspringer. Seine Leistungen überzeugten Käthchen Paulus so sehr, daß sie beschloß, den Beruf Näherin an den Nagel zu hängen und Luftschifferin zu werden.

Mit ihren Ballonfahrten und Fallschirmsprüngen erlangten Kätchen Paulus und Hermann Latter­mann internationalen Ruf, so bei ihrem ersten Sprung in Frankfurt 1895. Von 1876 bis 1911 lebte sie in dieser Stadt. International bekannt wurde auch der von den beiden entwickelte „Kätchen-Paulus-Fallschirm“, der vielen Piloten das Leben rettete. Am 26. Juli 1935 starb Kätchen Paulus und wurde in Berlin-Reinickendorf bestattet. Rund 25 Jahre später erinnerten sich die Stadtver­ordneten an diese Frau, deren Vater aus Beerfelden stammte, und benannten eine Straße nach ihr.

 

Gammelsbach

Der Gammelsbach, der im Süden von Beerfelden entspringt und bei Eberbach in den Neckar rauscht, teilt das rund drei Kilometer lange Dorf in zwei Hälften. Für den Namen gibt es verschiedene Erklärungsversuche: Kurt Siefert, der Vorsitzende des Heimat- und Geschichtsvereins Beerfelden und Herausgeber des „Historischen Wörterbuchs“(CD), verfolgte alle Spuren. Aus dem Keltischen stammt das Wort „gam“ für einen Ort am Wasser. Auch das Altgermanische mußte herhalten mit „gaman“, was so viel wie lustig oder freundlich oder heiter bedeutet. Möglich ist aber auch ein burgundischer Ursprung, denn die Burgunder kamen aus Skandinavien und dort gibt es heute noch das Wort „gamel“ für alt. Es gibt auch eine Urkunde aus 772, daß ein gewisser Herr Stangart dem Kloster Lorsch einen Wald im Gebiet Gaminesbach schenkte.“

Gammelsbach ist der bedeutendste Ort im Tourismus des Beerfelder Landes. Rund 100 Gästebetten privat und in drei Gasthäusern sowie viele Ferienwohnungen bleiben von Frühjahr bis Herbst selten leer. Wenn man von Süden kommt steht links der Landgasthof „Grüner Baum“, der mit Saunalandschaft und griffigen Wochenendpauschalen viele Gäste aus Frankfurt, Mannheim und Heidelberg anlockt. Rechts steht der „Gasthof Krone“, der sich vor 380 Jahren aus einer Schmiede mit Brotzeitstube entwickelt hat und der vor allem Kegelclubs anzieht. Beide Gasthäuser pflegen  beste Beziehungen zum Förster und zu den Jagdpächtern und sind bekannt für ihre Wildgerichte. Große Populationen von Rotwild und Wildschweinen bevölkern die heimischen Wälder. Nur die Einbürgerung der Auerhähne ist nicht gelungen.

Über allem thront westlich des Ortes die Ruine des Schlosses Freienstein aus dem 13. Jahrhundert auf der Kuppe des Weckbergs. Einst sicherte es die südliche Herrschaftsgrenze der Schenken zu Erbach und diente im 18. Jahrhundert als Witwensitz des Grafenhauses. Nach dem großen Stadtbrand von Beer­felden erlaubte 1810 der Graf, Dachziegel und Bauholz der Burg für den Wiederaufbau der Häuser zu verwenden. Der dadurch drohende Verfall war nur schwer aufzuhalten.

 

Eberbach

Die badische Stadt mit 6.800 Einwohnern liegt zwischen bewaldeten Berghängen, Gärten und Wiesen in eine Talbucht gebettet am Neckar. Hier mündet die aus dem Odenwald kommende, fischreiche Itter. Die Stadt hat ausgedehnte Waldungen (viertgrößter Waldbezirk Badens, über 3000 Hektar) mit berühmter Hochwildjagd. Die Bewohner treiben Ackerbau, Waldarbeit, Steinhauerei (in der Nähe Sandsteinbrüche), Schiffahrt und Fischfang, besonders Forellenfischerei. Es gibt einen bedeutenden Handel mit Holz und Eichenrinde für Lohgerberei.

 

Geschichtliches:

Durch Schenkung des Frankenkönigs Dagobert kam die Gegend in den Besitz des Bistums Worms, das im 11. Jahrhundert die Burg erbaute. Die Bischöfe sind  im 11. Jahrhundert die Erbauer der Burg, die 1403 geschleift wurde. Gegen 1300 Mark feines Silber kamen Burg und Stadt 1227 an die Staufer. Im Jahre 1230 wurde Eberbach Freie Reichsstadt. Kaiser Ludwig der Bayer verpfändete es 1330 an die Pfalzgrafen, in deren Händen es bis 1803 blieb. Kurze Zeit war sie im Besitz der Fürsten von Leiningen, bis sie 1806 an Baden fiel.

Vermutlich wurde der Neckar weniger beachtet, da er weder wirtschaftlich noch als Terri­torialgrenze eine bedeutsame Rolle spielte. Erst mit Regulierung und Ausbau bis in die sechziger Jahre fand er Anschluß an die großen Wasserstraßen. Eine Uferstraße gab es schon gar nicht. Über Jahrhunderte waren viele Orte wie abgeschnitten. Mehr schlecht als recht lebten die Menschen vom Fischfang und der Flößerei. Dank der abseitigen Lage wurden die Städt­chen jenseits von Heidelberg dafür kaum in kriegerische Auseinandersetzungen gezogen. Vieles blieb so, wie über Jahrhunderte gewachsen.

 

Rundgang:

Der trapezförmige Straßengrundriß wurde planmäßig im 13. Jahrhundert angelegt. Die Stadt ist im Kern unverändert. Die Stadtmauer ist teilweise erhalten. Von einstmals acht Türmen stehen noch vier. Parkplätze gibt es am Neckarufer - wen einer frei ist. Man geht dann auf die Südwestecke der Altstadt in die Friedrichstraße, wo rechts der Mantel- oder Pulverturm steht

 

Pulverturm oder Mantelturm:

Der markant über Eck gestellte Trum stammt aus dem 13. Jahrhundert und steht an der Südwestecke der historischen Stadtbefestigung. Das Fundament wurde etwa 1230 beim Bau der Stadtmauer als Erweiterung des Wehrganges angelegt. Der Turm wurde im 15. Jahrhundert aufgebaut. Die Turmuhr aus dem Jahre 1766 ist von dem berühmtem Eberbacher Uhrmacher Jakob Braun. Der Glockenerker wurde erst später hinzugefügt.

Wenn man rechts am Turm vorbeischaut, kann man die Stadtmauer sehen. Dort steht auch noch eine  Kanone. Die sandsteingemauerte Giebelwand über der Stadtmauer gehört zu einem der ältesten Steinhäuser Eberbachs. Als 1241 die erste Urkunde ausgestellt wurde, in der die Stadtmauer erwähnt ist, war die Stadtmauer mit ihren vier Türmen und Toren schon im Bau, später wurde sie oft erneuert.

Auf dem Thonon-Platz vor dem Turm steht der Kurpfalzbrunnen. Der Kurpfälzische Löwe auf dem Brunnenstock erinnert an die Zeit, als die alte Stauferstadt noch zur Kurpfalz gehörte.

Der Platz um den Kurpfalzbrunnen und die Kellereistraße wurden 1983/84 umgestaltet. Das mit altem Kopfsteinpflaster verlegte Band folgt dem Lauf der alten Stadtmauer, die hier durch das Untertor Einlaß bot. Hier stand der mächtigste Stadtturm, der sich deutlich über den Giebel des Thalheimschen Hauses erhob, ehe er 1872 abgerissen wurde. Eine Platte im Boden markiert noch den Standort des Turms. Nach Westen geht nördlich der Stadthalle der Leopoldsplatz ab. Dort steht ein mächtiger Wappenbrunnen.

Links am Turm vorbei geht man durch ein Tor in den Hof am Pulverturm. Hier ist gleich rechts eine Tafel mit dem Titel „Ephrata-Hof“. Diese bezieht sich auf die  seit 1976 be­stehende Städtepartnerschaft mit Ephrata in Pennsylvanien. Die Stadt entstand aus einem Kloster, das der Eberbacher Konrad Beisel 1732 in d r Wildnis gegründet hatte.

An dieser Mauer ist auch der Zugang zum Turm, in dem an während der Sommermonate die Uhrenkammer im Innern der Turmspitze besichtigen kann, mit weitem Blick ins Neckartal und auf die Dächer der Altstadt.

Im Hof befindet sich der Fischerbrunnen zur Erinnerung an eine alte Zunft. Die Gruppenplastik ist ein Werk des bekannten Bildhauers Hermann Koziol und bringt das Fischerhandwerk in Erinnerung, mit dem viele Eberbacher früher ihr Brot verdienten. Der unförmige Sandstein im Brunnenbecken wurde bei Baggerarbeiten aus dem Neckar geborgen. Er zeigt noch die Spuren von Ketten, die bei der Kettenschiffahrt auf dem Neckar entstanden sind. Nach links geht man in die Kellereistraße, wo gleich links das Thalheimsche Haus steht

 

Thalheimsches Haus (Kellereistraße 36):

Das Thalheimsche Haus von 1390 ist das älteste Gebäude der Stadt. Es ist ein hübsch renoviertes Bauwerk mit Treppengiebel. Es war einst Sitz des Kurpfälzischen Amtskellers, dann Fürstlich Leiningensches Jagdpalais und später Rathaus der Stadt Eberbach. Später bewohnten es auch einmal die Eltern der englischen Königin Victoria I. Die Herzogin von Kent  war eine  geborene von Leiningen, der Mutter der Königin Viktoria von England. Eine Tafel am Haus erinnert an sie. Der Text lautet: „In diesem Hause wohnten 1818/19 Herzog Eduard von Kent und seine Gemahlin Victoria Marie Luise (verwitwete Fürstin von Leiningen), die Eltern der  am 24.5.1819 geborenen Königin Victoria I. von Großbritannien und Irland“. Heute gibt es in der Stadt noch die Queen-Viktoria-Torte.

In dem Gebäude ist heute das Naturparkzentrum Eberbach.  Wer diesen Lebensraum in all seinen entwicklungsgeschichtlichen Ursprüngen und ökologischen Zu­sam­menhängen wirklich „begreifen“ möchte, wird hier  mitgenommen auf eine Zeit­reise durch die Kultur- und Landschaftsgeschichte des Naturparks. Rund  280 Quadratmeter Ausstellungsfläche führen in zehn Räumen über Stock und Stein, Höhen und Tiefen, Streuobstwiesen und Buchenwälder der Umgebung. Hier kann  man   die Tier-, Mineral- und Pflanzenwelt der Landschaft noch einmal neu erfahren - mit allen Sinnen. Öffnungszeiten: Dienstag, Mittwoch und Donnerstag, jeweils 14.00 – 16.30 Uhr und Sonntag 14.00 - 17.00 Uhr  Der Eintritt ist frei! Telefon  06271 / 72985. Das Haus daneben ist das Kurzentrum.

 

Kurzentrum  (Kellereistraße 32):

Hier ist Zugang zum Eberbacher Kurzentrum. Hinter dessen Türen wird gewöhnlich kräftig kuriert. Akupunkturbehandlungen fehlen da ebensowenig wie Inhalationen, Fangopackungen oder Trink- und Badekuren mit den beiden Eberbacher Heilquellen. Drei bis vier Wochen dauern solche Kuren, die besonders bei Kreislaufstörungen, Erschöpfungszuständen, Rheuma sowie Leber- und Gallenerkrankungen nachhaltigen Erfolg versprechen. Durch die nächste Gasse kann man rechts noch einmal hinuntergehen zur Stadtmauer.

 

Alter Markt:

Die Kellereistraße führt  dann weiter - gesäumt von Boutiquen und Geschäften - zum „Alten Markt”. Das „Hotel Karpfen” steht links am (Alten Markt 1). Hier dokumentierte Richard Hem­berger im Jahre 1934 die Eberbacher Geschichte in 14 Bildern. Rechts steht das historische Rathaus mit den beiden Brunnen, wo gleich zweimal das Wasser aus den Köpfen der Eber - des Eberbacher Wappentiers - sprudelt.

Heute ist in dem Rathaus das Museum der Stadt. Im Jahr 1990 wurde das Museum vom Arbeitskreis Heimatpflege Nordbaden mit dem 1. Preis als „vorbildliches Heimatmuseum“ ausgezeichnet. Besondere Schwerpunkte des Museums bilden die Abteilungen: Der Neckar als Lebens- und Verkehrsader, Neckarschifffahrt von den Anfängen bis heute, Holzschiffbau,  Flößerei, Fischfang, Alte Berufe, Wald und Mensch - Wald und Natur, Waldgeschichte, Historische Formen der Waldnutzung,  Das Reifschneiderhandwerk, Bäume, Pflanzen, Tiere des Waldes, Der letzte Wolf des Odenwaldes, Geologie und Landschaft, Nutzung des Gesteins, Die Geologie des Buntsandsteins,  Arbeit im Steinbruch, Beruf der Steinhauer und Steinmetze.

Im Museum der Stadt Eberbach ist ebenfalls eine Braunsche Uhr zu bewundern. Unter den Eberbacher Handwerkern der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts ragt der Uhrmacher Franz Jakob Braun (geboren 28. April 1735 bis 1813) durch seine Arbeiten besonders hervor. Er war Spezialist für Turmuhren. Gleichzeitig gingen aber auch zahlreiche formschöne Haus­uhren aus seiner Werkstatt hervor. Nicht nur bei seinen städtischen Mitbürgern hat er die Standuhr heimisch gemacht, sondern seine „Kastenuhren“ auch in viele Bauernhäuser des Odenwaldes geliefert. Zum großen Teil sind auch heute noch in Gebrauch. Hier gibt es auch die Abhandlung „Franz Jakob Braun - Ein Odenwälder Uhrmacher“ von Oskar Kilian aus dem Eberbacher Geschichtsblatt 1957. Öffnungszeiten ab dem 1. Oktober bis voraussichtlich 30. April 2014: Dienstag und Freitag 15:00 - 17:00 Uhr,  Samstag und Sonntag 14:00 - 17:00 Uhr. Der Besuch des Museums ist frei.  Telefon  06271 87242.

 

Küfereimuseum:  

Die Verlängerung der Kellereistraße ist die Pfarrgasse. Von  dieser geht nach  Norden der Pfarrhof ab.  Hier steht das Küferei-Museum (Pfarrhof 4). Hier sind alle Arbeitsgänge bis zum fertigen Faß nachvollziehbar. Das Küferei-Museum - eine private Initiative der Eberbacher Familie Helm - ist keine zusammengetragene Sammlung von Küferwerkzeugen und Keltereigeräten, sondern eine komplett eingerichtete Werkstatt. Öffnungszeiten: Von Mai bis zum 1. Oktoberwochenende: Freitag, Samstag, Sonntag von 14 - 17 Uhr. Im Juli, August und September zusätzlich auch dienstags von 14 - 17 Uhr. Andere Termine nach telefonischer Vereinbarung - auch in den Wintermonaten. Adresse: Familie Helm, Pfarrhof 4,   69412 Eberbach, Telefon: 06271 2704.

 

Bettendorfschen Tor:

Die Pfarrgasse endet im Osten mit dem Bettendorfschen Tor (Pfarrgasse 9). Der „Hof“ rechts

ist vielleicht älteste vollständig erhaltene Fachwerkgebäude aus dem Jahre 1470. Dieses Ensemble mit dem links vom Tor stehenden Fachwerkhaus ist einer der idyllischsten Winkel der Stadt. Fast meint man, die Zeit des Mittelalters sei hier stehengeblieben. In der Nähe befindet sich auch das älteste Pfarrhaus von Eberbach (keine genauere Angabe)

 

„Blauer Hut“ (Weidenstraße):

Durch das Tor geht man in die Weidenstraße, wo rechts der „Blaue Hut“  emporragt. Er hat seinen Namen von der mit blauschwarzem Schiefer gedeckten geschwungenen Dachhaube. Im Stockwerk darunter lag die „Betzenkammer“, das städtische Arrestlokal. Der niedere Eckturm ist der kleinste, jüngste und eleganteste der vier Stadttürme und stammt aus dem 14. Jahrhundert.

 

Rosenturm:

Nach links kommt man zum Rosenturm. Er ist der einzige Rundturm der Stadtbefestigung mit über 6,50 Meter Durchmesser und 2 Meter dicken Sandsteinmauern. Er  ist der älteste der vier Ecktürme. Zusammen mit der Stadtmauer wurde er im 13. Jahrhundert errichtet. Ursprünglich hieß er „Rossenbrunner Turm“ nach einer nahen Pferdetränke.  Im Türsturz des hochgelegenen Eingangs befindet sich eine roh eingehauene liegende Menschengestalt, die wahrscheinlich der Abwehr böser Geister diente (man muß etwas Phantasie haben, um eine Figur zu erkennen)

 

Michaeliskirche:

Nach links kommt man zur evangelischen Michaelskirche Kreuzung Bahnhofstraße / Hauptstraße. Sie wurde 1836  im romanischen Stil errichtet, unweit von der Stelle, an der früher die Marienkapelle stand. Ein Stein mit dem Wappen der Kurpfalz und der Jahreszahl 1426, in der Portalhalle seitlich eingemauert, stammt aus dieser Kapelle. Das bunte Glasfenster über dem Altar ist ein Werk des Heidelberger Künstlers Will Sohl.

An der Kirche beginnt auch nach Norden der Neue Markt. Man geht aber ein Stück die Hauptstraße hinunter und dann nach rechts in die Obere Badstraße, wo mit der Nummer 13 das Gasthaus „Krabbenstein“ steht.

 

Krabbenstein:

Nach Osten geht die Straße weiter als Obere Badstraße. Die Nummer 13 an der Ecke Heumarkt ist Gasthaus „Krabbenstein“,  das älteste Wirtshaus von Eberbach, erbaut 1627, mit Mut und Fleiß renoviert 1994. An der Seite steht die Erzählung: „Und nachts, wenns zwölf geschlagen, da kommen der Geister zwei. Sie ziehen an der Linde und an der Mühl vorbei. Der Müller, der dort wohnet, der flinke Friederich, hat sie schon oft gesehen in seinem Bette. Und wenn sie da gebetet im blassen Mondenschein, dann ziehen sie selbander zum „Schwarzen Krabbenstein“.

Hier wurden unter anderem alte Eberbacher Berufe verewigt. Sämtliche Darstellungen zeigen die Handschrift des Kunstmalers Richard Hemberger. Dieser bemalte 1934 auch das „Hotel Karpfen“.

Etwas gegenüber Hausnummer 22 steht die 1777 erbaute lutherische Kirche, die bis 1821 genutzt wurde.

 

Badehaus:

Dieses Haus von 1483 ist das besterhaltene mittelalterliche Badehaus Badens. Der Kern des Gebäudes ist ein dreischiffiges spätgotisches Kreuzgewölbe, das auf acht wuchtigen Sand­steinsäulen ruht. Überbleibsel aus der Zeit, als Badezuber, Wasserdampf und Rauch das Bild hier beherrschten, ist der ehemalige Feuerraum in der Mitte des Gewölbes. Heute befindet sich in dem Gebäude ein Hotel und Restaurant. Mit dem Thema „Wasser und Mensch“ beschäftigt sich der Brunnen auf dem Lindenplatz.

 

Haspelturm:

In der  nordöstlichen Ecke des Lindenplatzes steht massige Bad- oder Haspelturm aus dem 14. Jahrhundert. Er ist der Eckpfeiler der staufischen Stadtbefestigung. In seinem Fuß befindet sich ein lichtloses Untergeschoß, in das Gefangene mit einer Haspel hinabgelassen werden konnten.

Der Turm beherbergt heute das Zinnfigurenkabinett, das Zinnfiguren-Dioramen mit Szenen zur Ortsgeschichte birgt. Als Leihgabe des Zinnfigurenmuseums Plassenburg in Kulmbach und einiger privaten Sammler kann man im  Jahr  2016 und 2017 jeweils ab 1. Mai bis 31. Oktober  mit einer Auswahl der berühmten „Heinrichsen-Zinnfiguren“ in den folgenden beiden Jahren eine einzigartige Ausstellung präsentieren. Seit über 175 Jahren besteht die Firma Heinrichsen mit der weltweit größten Figurenvielfalt, und auch viele zivile Zinnfiguren vom Biedermeier bis zur Welt der Märchen werden in der Ausstellung zu sehen sein. Öffnungszeiten: Von 1. Mai bis 31. Oktober: Mittwoch + Samstag,  15 - 17 Uhr, Sonntag + Feiertag 14 - 17 Uhr  sowie nach telefonischer Vereinbarung, Tel.: 06271 3020. - Der Lindenplatz grenzt an die Friedrichstraße. Auf ihr kann man nach Norden zur Pfarrkirche gehen oder auch nur einen Blick dorthin werfen.

 

Pfarrkirche St. Johannes Nepomuk.

Die zweitürmige und  dreischiffige Kirche wurde 1884 - 1887 erbaut in italienischem Renaissance-Stil. Sie ist nach den Grundgedanken der erneuerten Liturgie im Innern geordnet und mit einer originellen Taufkapelle und einem schmuckvollen Tabernakel und  herrlichen Glas­malereien im Chor ausgestattet. Die Friedrichstraße abwärts kommt man wieder zu den Parkplätzen.

 

Ohrsberg (im Norden der Stadt):

Der Ohrsberg, welcher sich direkt in der Stadtmitte erhebt, ist ein sogenannter „Umlaufberg“. Er wurde vom Neckar geschaffen, als dieser um ihn herum geflossen ist. Im 13. Jahrhundert befand sich auf dem Gipfel des Ohrsbergs vermutlich eine befestigte Anlage, die zum Schutz der Stadt diente. Noch heute erkennt man den Ringgraben. An der Stelle des Ohrsbergturms stand damals wahrscheinlich ein hölzerner Turm.  Der Ohrsberg liegt 229 Meter über dem Meer. Der gleichnamige Turm darauf ist nochmals 17,50  Meter hoch und wurde 1970 errichtet. Man kann den Turm von der Stadt aus sehen. Rund um den Berg  läuft der Panoramaweg.  An  seiner nordöstlichen Ecke ist der Aufstieg zum Turm. Im Südwesten ist ein stillgelegter Steinbruch.

 

Einer der höchsten Bäume Deutschlands - Eine Douglasie

Einer der höchsten Bäume Deutschlands steht im Eberbacher Stadtwald. Der Bestand liegt etwa 200 Meter oberhalb der Bebauung des nördlichen Stadtteils „Steige“ in einer frischen Buntsandsteinrinne. Der Karlstalweg liegt am westlichen Rand der Stadt (westlich der Wilhelm-Blos-Straße. Unterhalb der Shell-Tankstelle geht es ab). Von hier geht es entlang der Wegweisertafeln.

Im Jahre  1997 von Fachleuten mit modernsten Meßgeräten gemessen, war sie mit 59,9 Metern der höchste Baum Deutschlands. In einem ständigen Wettstreit  mit einer Artgenossin in Freiburg liegend, wechselte dieser Titel über die Jahre immer mal wieder. Bei der letzten offiziellen Vermessung am 12. Dezember ragte die Douglasie in Eberbach 62,45 Meter in den Himmel. Seit 2008 beansprucht die Freiburger „Waldtraut“ mit 64,18 Metern das Prädikat - höchster Baum Deutschlands - für sich.

Unterschiedliche Sonneneinstrahlung und Wetterbedingungen machen eine genaue Prognose zur heutigen Höhe natürlich schwierig. Die Bezeichnung „einer der höchsten Bäume Deutsch­­lands“ hat die Douglasie in Eberbach aber auf jeden Fall verdient. Nur eine zeitgleiche Messung in Eberbach und Freiburg könnte darüber entscheiden, wer von den beiden gerade den Wipfel am weitesten aus dem jeweiligen Stadtwald streckt.

Wie gelangten Douglasien in den Eberbacher Stadtwald? Bis Ende des 19. Jahrhunderts waren noch große Flächen des Stadtwaldes mit ertragsarmem Niederwald bestockt. Unter dem Großherzoglichen Badischen Oberförster Emil von Stetten wurde damit begonnen, diesen Niederwald in Hochwald umzuwandeln. Dabei wurden vor allem Nadelbaumarten gepflanzt. Aus dieser Zeit stammt auch der Douglasienbestand.

Der Bestand wächst auf einem Steilhang des Mittleren Buntsandstein-Odenwaldes und seine Wuchskraft verdankt der Standort vor allem der guten Wasserversorgung. Interessant ist übrigens, daß in der Umgebung Douglasien mit deutlich stärkeren Durchmessern zu finden sind, die aber dennoch nicht die Höhe dieses Baumes erreicht haben.

Lage und Standort:

 

 

Burg Eberbach:

Mit dem Auto fährt man an das Ostenende der Altstadt und dann auf die Straße nach Gaimühle und Beerfelden. Ziemlich am Ortsausgang geht rechts die Straße ab nach

Waldbrunn und Buchen. Ein Schild weist auf den Parkplatz „Burg Eberbach“ hin, der sich aber hinter der Kurve auf der linken Seite befindet.  Der knapp 15 minütige Aufstieg beschert einen prächtigen Ausblick auf Eberbach und ins Neckartal.

Überragt wird die Stadt von der Burg Eberbach, einst größte Burg der Hohenstaufen aus dem  12. Jahrhundert. Die Anfänge der Burg gehen bis in die Frühzeit der Wormser Herrschaft zurück. Von der Anlage aus konnte die Neckarschifffahrt und der Weg zur alten Benediktinerabtei Amorbach bzw. zum Main kontrolliert werden

Die Burg hat ihre Anfänge im 11. Jahrhundert. Nach anderer Angabe wurde sie erst anfangs des 13. Jahrhunderts erbaut  und bereits 1403 begann der Abriß. Zwischen Blattwerk und dichtem Gestrüpp erheben sich heute auf 200 Metern Länge die Mauern mit ihren so charakteristischen, säulengestützten Rundbogenfenstern.

Bei näherem Hinsehen erkennt man, daß hier drei Burgen hintereinander gestaffelt waren. Die älteste ist die Vorderburg. Sie war bereits 1196 fertiggestellt, denn in dieses Jahr fällt die urkundliche Erwähnung des ersten Besitzers, Graf Konrad von Eberbach, der im Dienst des Bischofs von Worms stand.

Etwas tiefer liegt die Mittelburg mit gewaltigem Bergfried (drei  Meter dicke Mauern) und Palas. Mit dem Bau der Mittelburg wurde um das Jahr 1200 begonnen.

Die Hinte­rburg liegt 60 Meter weiter und ist stärker zerstört. Als 1227 das Lehen der Herren von Eberbach beendet und die Burg an König Heinrich VII. verkauft wurde, entstand die Hinterburg, deren Bau um 1240 abgeschlossen werden konnte. Heinrich VII. ließ gleichzeitig die Mittelburg ausbauen. Nie von strategischer Bedeutung, verfiel die Anlage noch im Mittelalter, ehe sie in mühevoller Arbeit zwischen 1908 und 1932 aus ihrem Dornröschenschlaf geweckt wurde.

Nach mehreren Besitzerwechseln kam Burg Eberbach 1330 für längere Zeit an die Kurpfalz. Die letzte Stunde von Burg Eberbach sollte schlagen, als sie 1402 samt Stadt vom Pfalzgrafen Ruprecht III. dem Ritter Hans von Hirschhorn übertragen wurde. Da die Herren von Hirschhorn Burg Eberbach als Rivalin ihrer eigenen Anlagen in Hirschhorn und Zwingenberg betrachteten, erwirkten sie eine Verfügung vom König, die es ihnen erlaubte, die Anlage als unrentabel abzureißen. Die verbliebenen Reste der einstigen Gruppenburg wurden in den Jahren 1927 und 1928 freigelegt und in der Folgezeit einige Bauteile wieder aufgerichtet.

Obwohl die Burg Eberbach heute nur noch Ruine ist, lohnt ein Besuch. Besichtigungen sind jederzeit möglich. Funde  der Burgen befinden sich im Museum der Stadt Eberbach.

Vom Parkplatz kann man wieder zurückfahren und weiter um den Katzenbuckel herum: Nach Unterdielenbach (Stadt Eberbach) und Oberdielenball (Gemeinde Waldbrunn), Waldkatzenbach, Gaimühle.

 

 

Katzenbuckel

Östlich von Eberbach liegt Waldkatzenbach. Man muß aber aufpassen, daß man von Ober­dielbach nicht geradeaus nach Stümpfelsbrunn durchfährt, sondern man muß links abbiegen nach Waldkatzenbach. Nördlich davon ist der Parkplatz Katzenbuckel. Dann muß man laufen.

Von Waldkatzenbach kommt man auf blau bezeichneten Weg zum Gipfel des 628 Meter hohen Katzenbuckels, der sich auf dieser Seite als alleinstehender Kegel aus der Buntsandstein-Hochfläche erhebt. Der mit Laubwald bedeckte Gipfel besteht aus Nephelin, einem vulkani­schen Gestein. Er trägt einen 18 Meter hohen steinernen Aussichtsturm, von dem sich die umfassendste Rundsicht im Odenwald bietet. Man blickt über die unendlichen Wälder des Gebirges, nur von wenigen Ackerflächen durchbrochen. Im Norden in der Tiefe das Ittertal, in der Ferne nordwestlich der Taunus, nordöstlich der Spessart. Im Osten das Bauland, im Süden und Südosten Neckartal, Kraichgau, Schwarzwald, Schwäbische Alb, im Westen die Rheinebene. Abstecher nach Nordwesten zur Freyaquelle.

 

 

Gaimühle

Wenn man von Waldkatzenbach kommt fährt man schon aneinem Ortstaeil vorebei, wo auch das Ortsschild „Gaimühl“e steht; dort ist aber nur die Feriensiedlung. Der eigentliche Ort ist erst etwas weiter. Dort ist auch die Schloß-Manufaktur direkt unterhalb des noch aktiven Steinbruchs, in dem auch gegenwärtig noch der Neckartäler Buntsandstein gebrochen wird. Dies ist das Material, mit dem das Schloß Heidelberg erbaut wurde und auch immer noch bei der Restaurierung zu verwenden ist. Die Schloß-Manufaktur geht zurück auf die Bauhütte der Steinmetzen im Schloß Heidelberg am Neckar und gehört heute als Unternehmensteil zur Peter Walz Nachfolger Natursteine GmbH, die mittlerweile in der siebten Generation unverändert als Familienbetrieb geführt wird. Kontakt: Peter Walz Nachf. Natursteine GmbH, Dr. Michael Schön, Alter Weg 4, 64759 Sensbachtal (Odenwald), Tel. 06068 – 93065, Fax: 06068 - 930680

 

Oberzent (früher Hesseneck)

Hesseneck (zu dem Schöllenbach gehörte) war einst die nach der Einwohnerzahl kleinste Gemeinde Hessens, nach der Fläche aber die größte. Dort lebten knapp 800 Einwohner auf 3.000 Hektar. Hesseneck bestand aus den Ortsteilen Hesselbach, Kailbach und Schöllen­bach. Sie wurden aber mit der Stadt Beerfelden und der Gemeinde Rothenberg  zu der neuen Gemeinde „Oberzent“ zusammengeschlossen. Nun ist diese Stadt die flächenmäßig größte Stadt Hessens. Es gibt allerdings keine West-Ost-Verbindungen zwischen den Stadtteilen, man muß imemr erst nach Beerfelden oder Eberbach fahren.

Man spricht den Namen mit einem kurzen „e“ aus. Richtiger wäre aber, wenn man es lang aus sprechen würde, nicht wie „Cent“, sondern wie „Zehn“ oder „der Zente“ oder „die Zent“. Das Dehnungs-H hat man früher nicht mit geschrieben, aber gesprochen. Man hätte die Stadt auch gleich „Oberzehnt“ schreiben können.

 

Schöllenbach:
Die Quell- und Wallfahrtskirche (Kirchbrunnenstraße) wurde unter dem Erbacher Schenken Philipp IV. 1465 erbaut und geweiht (andere Angabe 1462). Die ursprünglich dreischiffige, spätgotische Wallfahrtskirche erhielt ihre heutige Gestalt 1782 und wurde 1865 neugotisch restauriert. Rechts neben demEingnagstor sstehen zwei Tafel, die an die Feier der Kirchweihe nach 500 und 550 Jahren erinnern. Eine starke Quelle tritt unter der südlichen Kirchhofsmauer hervor, speist einen ehemaligen Waschplatz und ergießt sich in den unmittelbar vorbei fließenden Euterbach. Sie war der heiligen Ottilie geweiht, ihr Wasser wurde wie das der Hessel­bacher Quelle früher gegen Augen- und Frauenleiden benutzt. Der östliche Ortsteil auf der anderen Seite des Euterbachs  ist badisch („Badisch Schöllen­bach)“.

 

Kailbach:

Bei Freidrichsdorf südlich von Kailbach befindet sich der Haintal-Viadukt de Odenwaldbahn. Er besteht bei einer Länge von 173 Metern und einer Höhe von 30 Metern aus neun Bögen mit je 15 Meter Spannweite. Er ist in seiner Bauweise eine verkleinerte Kopie des Himbächel-Viadukts. Er liegt nordwestlich der Straße.

 

Wenn man die Strecke andersherum fährt kann man von Schöllenbach zum Eutersee und nach Hesselbach fahren und von dort dann gleich weiter nach Amorbach und Miltenberg.

Man kann aber auch auf der sehr kurvigen Straße nach Hetzbach fahren und dabei das Waldgasthaus Reußenkreuz besuchen.

 

 

 

Hesselbach:

Am Ortsrand steht ein Bildstock

In der Kirche mit Dachreiter ist eine Schwarze Madonna.

Gasthaus „Grüner Baum“.

Sehenswert ist der Verlauf des Limesdurch den Ortsteil Hesselbach mit dem gleichnamigen Kastell und Wachtturm-Fundamenten

 

Kastell Hesselbach (am Ostrand des Ortes):

Das südlichste Limeskastell Hessens liegt auf einer schmalen Hochfläche des Buntsandstein-Odenwaldes am nordöstlichen Ortsrand von Hesselbach, am Weg nach Würzberg. Es ist schon seit der Frühzeit der Limesforschung bekannt. Ch. E. Hansselmann schrieb 1768 über Hesselbach: „Daselbsten findet man ... rudera eines alten römischen Schlosses“ und vermutete, daß es an einer Limeslinie lag. Zwar sind heute keine Mauern mehr zu sehen, doch bilden die Reste der Umwehrung einen deutlich erkennbaren flachen Erddamm, den man rundum in der Wiese und am Wegrand wahrnehmen kann. Als das Waldhufendorf Hesselbach im hohen Mittelalter gegründet wurde, stand das Mauerwerk der Ruine noch aufrecht, und daher mußte der Weg nach Würzberg außen um die Mauer geführt werden. Aus diesem Grund zeichnet das heutige Wegenetz den Umriß des Kastells so deutlich nach.

Das Haupttor wendet sich nach Nordosten, gegen die Limeslinie, die in etwa 145 Meter Entfernung vorbeizog. Sie ist hier wie überall im Odenwald nicht sichtbar, weil der Limes schon vor dem Bau von Wall und Graben verlegt worden ist. Doch fand man im Boden bei Ausgrabungen die Spur der hölzernen Palisade.

Das Kastell gehörte zu der Kette recht gleichartiger Numeruskastelle des Odenwaldlimes. Es hatte lediglich die Aufgabe, die Wachtmannschaften für die angrenzende Limesstrecke zu beherbergen. Die steil abfallenden Ränder der schmalen Hochfläche behindern jeglichen Verkehr in Ost-West-Richtung, so daß für dieses Kastell die Gefahr germanischer Oberfälle besonders gering war. Vermutlich ist es an dem sanft nach Südwesten in Richtung auf den Dorfkern geneigten Hang deswegen entstanden, weil dort eine Quelle zutage tritt. Im Mittelalter lag sie neben der Kirche.

 

Das kleine Kastell (0,6 Hektar) war vermutlich für einen Numerus Britonum bestimmt. Es entstand um 100 nCh zunächst als reines Holzkastell, bei dem auch die Umwehrung aus Holz gebaut war. Unter Kaiser Hadrian erhielt es eine einfache, steinerne Umwehrung ohne Mörtelbindung („Trockenmauer“), die in den vierziger Jahren des 2. Jahrhunderts durch eine richtige Mörtelmauer ersetzt worden ist. Ihre Reste liegen dicht unter der Grasnarbe der Wiese. Die Außenfronten waren mit schönen Hausteinen ausgeführt, die Torbauten mit steinernen Bögen versehen und mit Gesimsen und Profilen geschmückt. Hinter der Steinmauer befand sich ein Erddamm, dessen Reste man noch sieht.

Der römische Wehrbau wurde wie die übrigen Militärbauten der Odenwaldlinie in der Mitte des 2. Jahrhunderts aufgegeben. Darauf hat für eine kurze Zeit ein römischer Handwerksbetrieb innerhalb der verlassenen Mauern Eisen verhüttet. Als er seine Tätigkeit bald nach der Mitte des 2. Jahrhunderts einstellte, fiel die Ruine für mehr als ein Jahrtausend der Vergessenheit anheim und wurde vom Wald überwuchert. Erst bei den Rodungen für das Waldhufendorf im hohen Mittelalter wurde sie wieder freigelegt.

Das Kastell gehört zu den wenigen Truppenlagern am Limes, deren Innenbauten vollständig untersucht worden sind. Diese bestanden in allen Bauphasen aus Fachwerk. Sie sind in den ungefähr 60 Jahren, in denen das Kastell besetzt war, zwar einmal grundlegend erneuert worden, wurden dabei aber nicht prinzipiell verändert. Der Plan zeigt den späteren Zustand. In der Mitte befand sich, wie üblich, das Stabsgebäude (principia), das hier recht klein war und nur die allernotwendigsten Räume enthielt. Seitlich wurde es von je zwei Unterkunftsbaracken flankiert, in denen die rund 150 Mann starke Besatzung wohnte. Unter den übrigen Innenbauten befand sich die Wohnung des Kommandeurs des Numerus, eines dafür abgestellten Legionscenturio, ferner gab es Magazine und Ställe. Obgleich Kastell Hesselbach nur ein recht kleiner, abgelegener Wehrbau war, ist er doch nach den strikten Normen des römischen Heeres gebaut worden.

Die ersten Ausgrabungen unternahm F. Kofler im Mai 1895 im Auftrag der Reichslimeskommission. Er stellte den Verlauf der Umwehrung fest und veröffentlichte die Ergebnisse im Limeswerk. Umfangreichere Untersuchungen hat das Saalburgmuseum 1964 – 1966 ausgeführt; sie wurden von der Deutschen Forschungsgemeinschaft unterstützt. Ihr Ziel war es, die Innenbauten genauer zu untersuchen und die Geschichte des kleinen Wehrbaus zu klären. Nach Abschluß der Ausgrabungen wurde der alte Zustand sorgfältig wiederhergestellt.

 

Eutersee (westlich von Hesselbach, an der Grenze nach Baden-Württemberg):

Heute bietet das Wasser im Sommer eine Menge Spaß und Freizeitvergnügen, zumindest im Eutersee. Dessen Wasser erwärmt sich durch den ständigen Zulauf zwar kaum, der große See, von Wiesen und Wäldern umgeben, ist aber dennoch ein beliebtes Ausflugsziel - und ganz Mutige oder Hitzige scheuen auch das Schwimmen nicht. Mit 8 Grad ist der Eutersee der kälteste See Hessens.

 

Schloß Waldleiningen (Abstecher):

Es gibt eine Fahrstraße von Hesselbach in Richtung Mudau zum Schloß. An dieser Straße ist auch der südlichste römische Wachtturm in  Hessen, der Wachtposten 10/32 „Höhenbuckel“.

Man kann aber auch von Hesselbach oder Kailbach quer über die Hoch­fläche gehen, die eine weite Aussicht bietet, zum Eingang des Fürstlich leinin­genschen Wildparks und in diesem steil abwärts zum Schloß Waldleinin­gen. Eine bequeme Straße führt durch ein schönes Wald-Wiesen-Tal. Von der Drehplatzbrücke (bei der badisch-hessischen Grenze, rot bezeichnet) kommt man nach zehn Minuten Fußweg links ab und steil aufwärts zur Seitzenbuche (407 Meter), wo die Straße wieder erreicht wird. Hier ist eine ehemalige Wacht­station des Odenwald-Limes mit einem römischen Heiligtum (die Stand­bilder der Götter Mars, Victoria und Salus sind jetzt in Karls­ruhe). Von der Seitzenbuche links (Weg nach Hesselbach) und rechts zum Schloß Waldleinin­gen oder von der Seitzenbuche auf der Straße weiter abwärts nach Ernsttal.

 

 

 

Würzberg

Nordöstlich von Hesselbach fährt man auf einer geteerten Straße durch einen Privat-Wald. In dem Wildpark, der frei zugänglich ist, können Wildschweine auftauchen. Die „Hohe Straße“ verläuft ungefähr entlang des Odenwald-Limes. Etwa 130 Meter westlich der Hohen Straße befindet sich der Wachtposten 10/30 „In den Vogelbaumhecken“. Das Steinturmfundament des um 145 nCh erbauten Steinturms ist gut erhalten und konserviert. Unmittelbar südlich daneben erkennt man die Holzturmstelle. Es ist die besterhaltene Steinturmruine im Odenwald. Östlich steht noch eine Mauer mit einer aufgemalten Inschrift an der Ostseite.

Dicht an der bayerisch-hessischen Landesgrenze, noch auf bayerischem Gebiet, liegt der Wachtposten 10/29 „Im unteren Seeschlag“ mit Holz- und Steinturmhügel. Am Steinturm kam ein Bruchstück der Bauinschrift von 145 nCh zutage. Am Wildgatter überquert man die hessisch-bayerische Landesgrenze! Rechts steht ein Gedenkstein. Über einen Eisenrost - das „Frankfurter Tor“ - verläßt man wieder den Privat-Wald).

Kurz hinter der Landesgrenze geht es rechts ab zum Kastell Würzberg (die Hohe Straße geht am westlichen Rand von Würzberg vorbei), an der Straße von Würzberg nach Breitenbuch. Der Parkplatz ist nicht näher bezeichnet, ist aber der Parkplatz Römerbad. Von hier aus könnte man zum Römerbad laufen (dazu führt der Wanderweg 5 rechts in den Wald, aber er ist feucht und eng). Einfacher ist es, die geteerte Straße weiter hinein in den Wald zu fahren und am Linksknick zu parken. Von dort sind es noch 300 Meter nach rechts zum Kastell Würzberg.

 

Kastell Würzberg.

Zuerst fällt einem das Römerbad auf. Auch im Odenwald, ganz am Rande des Römischen Imperiums, verfügten die Legionäre vor 1900 Jahren über gepflegte Badeanlagen. Diese ist allerdings sehr klein, hat aber Warmbad und Kaltbad. Zuerst kam man in den halbrunden Schwitzraum, dann mußte man nach vorne gehen zum Warmwasserbad und dann wieder rückwärts zum lauwarmen Bad und zum Kaltbad. Das Bad hatte Glasfenster und Wasserhähne mit fließendem kaltem und warmem Wasser, das wahrscheinlich in einem Hochbehälter gespeichert wurde.

Das eigentliche Kastell liegt hinter einem Sumpfgebiet nördlich des Bades. Es sind nur noch die Umfassungswälle zu erkennen, weil ja die Steine alle im Eulbacher Park verwendet wurden. Dennoch soll es die besterhaltene Anlage im Odenwald sein. Unter dem Wall stecken die Fundamente der Wehrmauer. Das Kastell war 74 mal 81 Meter groß und beherbergte 150 Mann. Es hatte drei Tore, das nördliche zum Limes hin war das Haupttor. Es wurde um 100 nCh. erbaut und wurde 155 nCh. aufgelassen, als man den Limes weiter nach Osten verlegte zum Main und auf die Linie nach Walldürn. Ein Kastelltor wurde 1866 von Franz I. zu Erbach zum Englischen Garten Eulbach gebracht.

In der Nähe kann man zusehen, wie die Wildschweine im Wald gefüttert werden. Die Fütterungsanlage ist wegen der Schwarzkittel täglich vom 15. März bis 15. November von 13 bis 18 Uhr und das ganze Jahr über zur Fütterungszeit von 15 bis 16 Uhr geöffnet. Erwachsene zahlen 1,50 DM, Kinder 50 Pfennig Eintritt.

Auf dem Weg zum Dorf kommt man noch zum Hochseilpark (bei Andrang Parken hinter dem Friedhof). Er stellt allerdings allerhand Anforderungen, man muß erst ein Sicherheitstraining mitmachen und kann dann auf einen Entdeckungs-Parcour oder einen Großen Parcour. Es geht also richtig um Klettern und Hangeln, aber angeblich ist es für die ganze Familie ab fünf Jahren.

 

Aus Würzberg geht es erst nach Nordwesten heraus und dann auf der Kreisstraße nach Norden. Wo diese auf die Bundesstraße („Nibelungenstraße“) trifft, ist rechtsauf der Wiese eine Sternwarte. Nach rechts kommt man nach Eulbach, man links an der Südwestecke des englischen Gartens das achteckige Häuschen sieht.

 

 

Park Eulbach

Rechtsd  ist der Parkplatz und die Gaststätte am Englischen Garten. Das Jagdschloß Eulbach steht auf einem über 500 Meter hoch gelegenen Plateau. Hier befand sich im Mittelalter das Örtchen Eulbach. (im 30jäjhrigen Krieg untergegangen). Es wurde 1802 durch Franz I. von Erbach vergrößert. Heute wird das noch bewohnte Schloß durch die Nibelungenstraße getrennt vom „Englischen Garten Eulbach“. Hier stand bereits in vorchristlicher Zeit ein römisches Kastell.

Das Numeruskastell lag 145 Meter östlich des Jagdschlosses zu beiden Seiten der Straße, aber es sind nur noch geringe Erderhöhungen zu sehen. Das Osttor war direkt an der heutigen Straße.

Zu Beginn des 19. Jahrhunderts ließ der weitgereiste Graf Franz der I. zu Erbach-Erbach den „Englischen Garten“ anlegen. Fragmente von Toren und Wehrmauern des Eulbacher-Kastells und des nahegelegenen Würzberger Kastells ließ er im Park mit den Original-Steinen rekonstruieren. Dem Geschmack seiner Zeit entsprechend ging es weniger um historische Genauigkeit, als vielmehr um eine effektvolle Inszenierung der Antike. Ganz im Zeitgeist der Romantik schmückte er den Landschaftspark mit antiken Hinterlassenschaften, die er in der Umgebung ausgraben ließ. Die zahlreichen römischen Wachtürme und Kastelle des Odenwald-Limes boten ihm das Material zur Gestaltung des Parks. Dank seiner ausgeprägten Sammelleidenschaft schuf der Graf so den ersten archäologischen Park in Deutschland und ein Kleinod romantischer Gartenbaukunst. Der Eintritt in den Park kostet drei Euro, er ist ganzjährig von 9 - 17 Uhr geöffnet.

Ein Spaziergang durch die 400 Hektar große Anlage bietet viele reizvolle Momente zwischen alten Bäume, archäologischen Monumenten und romantischen Ruinen. Neben Archäologischen Sehenswürdigkeiten hat der Park jedoch noch mehr für die großen und kleinen Besucher zu bieten: Tiergehege säumen das Gelände, wie schon vor 200 Jahren, als Graf Franz zur Aufbesserung seines „Jagdglücks“ einen Wildpark einzäunen ließ.

Man geht zunächst vom Kassenhäuschen ein Stück parallel zur Straße am Zaun entlang und biegt dann auf dem Rundgang 1 zum Obelisken ab. Er ist erbaut aus den Steinen des wenige Kilometer entfernten römischen Kastells Würzberg (wie auch auf der Inschriftplatte steht, die ursprünglich unbeschriftet war: „Ex ruderibus....“). Um den Obelisken herum stehen Säulen, am Weg stehen Steine; die man als  Grabsteine römischer Soldaten ansah,  die aber in Wirklichkeit die Aussichtsfenster im Obergeschoß der Türme unterteilten

Es folgt der Viergötterstein, das archäologische Sahnestück der Sammlung. An den Seiten lassen sich noch schemenhaft die Götter Juno, Merkur, Herkules und Minerva erkennen. Auch dieser Stein stammt vermutlich aus dem Würzberger Kastell und war in der Stadtkirche von Michelstadt eingemauert. Es folgt ein Opferstein mit einer Inschrift.

Nach links geht es zum Osttor des Römerkastells Eulbach, das nach hier in den Park versetzt wurde. Aber nur die beiden unteren Steinschichten wurden original wieder aufgebaut. Doch die Steine und auch das Gesims wurden aus dem Kastell übernommen. Ursprünglich hatte es wohl auch noch zwei Tortürme. Nach rechts geht es dann durch ein Tor, das aber aus dem Würzberger Kastell stammt. Die schräg nach hinten geneigte Front der Wehrmauer bei den Kastelltoren entspringt den festungstechnischen Vorstellungen der Zeit um 1800, denn römische Kastellmauern hatten senkrechte Fronten.

Man kommt an einem Grenzstein vorbei, der die Grenze zwischen Kurmainz und der Grafschaft Erbach markierte. Es folgt ein Grenzstein von 1542, der das Gebiet des Grafen Georg von dem des Grafen Eberhard trennte. Es folgt ein Bildstock St. Jakob aus dem 14. Jahrhundert.

Nach links wirft man einen Blick auf das Denkmal des Grafen Eberhard (1818 bis 1884). Aber man geht nach rechts weiter zu dem römischen Wachtturm mit einem Grab auf der Rückseite. Hier wurde der Sockel des Steinturmes Wp 10/22 in den Park versetzt (mit zwei Inschriftsteinen)

Am See steht links ein Denkmal für Graf Franz und den Forstmeister Louis, die Schöpfer des Parks, gewidmet von Georg Albrecht (die Jahreszahlen 1807 und 1907 beziehen sich wohl auf das Jahr der Entstehung und das hundertjährige Jubiläum, an dem das Denkmal errichtet wurde).

Der Weg geht weiter zwischen den Seen hindurch. Rechts steht auf einer Insel die Rindenkapelle mit einem Bildstock. Idyllisch und nur mit dem Boot zu erreichen wird sie bis heute von der gräflichen Familie, den Eigentümern des Landschaftsparks, genutzt und gepflegt. Nach links geht man zu den Wildgattern für die Sauen und die Wisente.

Dann geht man rechts um den großen See herum und kommt am Spielplatz vorbei zu dem Hügel mit der künstlichen Burgruine auf einem künstlichem Hügel, der aufgeschüttet wurde mit dem Aushub des Weihers. Das Steinmaterial der „Eberhardsburg“ stammt aus historischen Kapellen- und Burgruinen des Erbacher Herrschaftsgebietes. Wenn man rechts vorbei geht, kommt man an einem Denkmal für den Erbacher Grafen vorbei.

Wenn man links vorbei geht, geht man um zwei Mauerreste herum, die aber nicht näher bezeichnet werden. Dort sieht man dann auch in die Wildgatter für Ziegen, Mufflons, Damwild und Rotwild. Rechts geht ein Weg ab mit Grenzsteinen. Nach ein paar Schritten ist man wieder am Kassenhäuschen.

 

 

Vielbrunn

Vom Park Eulbach kommt man auf der Landesstraße nach Norden und nach rechts in den Ort Vielbrunn, der auch wegen seiner Wetterstation bekannt ist. Der Name Vielbrunn weist auf den Quellenreichtum im Bereich des Ortes hin. Wahrzeichen des Luftkurortes ist der Vierröhrenbrunnen. Die Evangelisch-Lutherische Kirche (Ohmbachtalstraße 24) hat einen Turm von 1495, Fresken sind erhalten. Das Kirchenschiff von 1730 hat die originale Innenausstattung und Grabsteine des 18. Jahrhundert.

Das Vielbrunner Wasserwerk ist nur zugänglich über Bremhof, zu dem man in Höhe des Kastells Hainhaus nach Osten abbiegt.

 

Kastell Hainhaus:

Auf dem Weg nach Hainhaus erkennt man rechts einen Turm. Ein Stück weiter am Segelflugplatz ist am linken Straßenrand der Platz eines römischen Wachtturms, der durch Bäume und Bänke markiert ist.

Das Kastell war besetzt mit Hilfstruppen der Britonen, deshalb klein und einfach in seiner Ausstattung, ein Reihentyp mit den üblichen Bädern, wie Ausgrabungen durch Graf Franz I. von Erbach‑Erbach 1836 und durch F. Kofler 1895 bewiesen haben. Von Bauten im Kastellinneren kann nichts mehr festgestellt werden, nur der Verlauf der Umfassungsmauern zwischen fünfzig und siebzig Metern Länge ist noch erkennbar. In der Nähe gibt es noch ein Römerbad 200 Meter nordwestlich des Kastells und einen Turm, von denen aber kaum noch etwas zu sehen ist. Die Quelle für das Kastell ist heute der Brunnen am Parkplatz.

In dieses Kastell hineingebaut wurde im 18. Jahrhundert das Jagdschloß des Fürsten zu Löwenstein-Wertheim, der in Kleinheubach residierte. Er hat die „Geisterburg“ Hainhaus im sechzehnten Jahrhundert aus ihrem Dornröschenschlaf geweckt. Sie kultivierten auch die nahe, urwaldartige Umgebung mit seltenen Gehölzen, japanischen Tulpenbäumen, Eiben und Weymouthkiefer.

Außerdem stehen hier zwei Forsthäuser, ein Gebäude davon ist heute Gaststätte. Der Berg im Südwesten wurde als Eiskeller genutzt. Die sechs steinernen Sitze zwischen dem Schloß und dem südlichen Forsthaus wurden erst 1806 von der Fürstenfamilie aufgestellt. Zwei von Ihnen jedenfalls tragen die Initialen des Fürsten Constantin zu Löwenstein‑Wertheim.

 

 

Wasserwerk Vielbrunn

Man fährt nach Bremhof hinein und im Ort im rechten Winkel nach links.  Auch dann hält man sich weiter links bis zum  Waldrand.  Man darf aber nicht an der kleinen Gaststätte parken, sondern vielleicht am Weg vor dem  Wald rechts an der Schutzhütte. Der Fußweg durch den Wald ist etwa 900 Meter lang.

Man geht am Bach entlang immer weiter das Geierstal hinab. Wenn man an das moderne Wasserwerk (PW= Pumpwerk) kommt, sind es noch 300 Meter. Man muß aber noch nach links abbiegen zum Bach hinter. Dort steht das historische Wasserwerk Vielbrunn.

Es ist der erste Nutzbau im Jugendstil, den man so versteckte, damit es nicht so schlimm war, wenn er mißraten wäre. Erbaut wurde es 1905 als Jugendstil-Experiment: Damals wollte man ausprobieren, ob sich dieser Stil von Wohnhäusern auch auf Industriebauten übertragen läßt. Da aber kein Architekt das Risiko des ersten Versuchs auf sich nehmen und seinen Ruf aufs Spiel setzen wollte, kam der Auftrag für das Wasserwerk Vielbrunn wie gerufen: im Wald konnte man gewissermaßen unter Ausschluß der Öffentlichkeit ausprobieren, ob Industrie und Jugendstil zusammen passten.

Es funktionierte: Mehrere Jahrzehnte - bis 1967 - war das Wasserwerk in Betrieb. Danach verfielen das Bauwerk und die Pumpe in seinem Inneren. Aber 1995 bekam der selbständige Dreher Bernd Weinthäter den Auftrag, die Pumpe zu konservieren. Ursprünglich sollte er lediglich den Rost entfernen. Doch er hatte den Ehrgeiz, die Maschine wieder zum Laufen zu bringen. Sie wurde in Michelstadt gesandstrahlt und dann an Ort und Stelle gestrichen und wieder zusammengebaut. Nach zwei Jahren Arbeit war es soweit: längst ist das alte Wasserwerk wieder funktionsfähig.

Im Inneren gibt es zwei heute wieder funktionsfähige Peltonrad-Pumpwerke. Hierbei wird das vom Berg herabkommende Wasser genutzt, um die  Pumpe zu betreiben.  Diese pumpt dann das Wasser von etwa 300 Meter Höhe auf 450 Meter Höhe zum Hochbehälter von Vielbrunn. Eine Pumpe lief immer, die andere stand als Ersatz bereit. Im Jahre 2005 war die Hundertjahrfeier des Wasserwerks mit Wildschweinessen am neuen Wasserwerk und einem Gottesdienst am alten Pumpwerk.

 

Die Anlage kann man aber nur am „Tag des offenen Denkmals“ am zweiten Sonntag im September besichtigen. Oder man wendet sich an den Verein Museumsstraße Odenwald-Bergstraße

Träger: Verein Museumsstraße Odenwald-Bergstraße

Information Bernd Weinthäter, Rudolf-Marburg-Straße 17, 64720 Michelstadt

Telefon: 06061 5427, Fax: 06061 71102, E-Mail: weinthäter@hotmail.com

Besichtigung Nach Vereinbarung mit Bernd Weinthäter jederzeit möglich - und lohnt sich für Technik- und für Naturfreunde. . Am 1. und 28. Mai 2008 (Pfingstmontag) ist es zudem den ganzen Tag zugänglich.

 

Eine  Informationstafel erläutert: Schauen Sie sich  das merkwürdige Wasserwerk Vielbrunn einmal genauer so. Die pompös geschwungene  Eingangspforte trägt einen dekorativ geschwungenen Spitzbogen, darunter ein halbrundes Oberlicht. Auch die Brunnenkammer hat ein ähnliches Gesicht, und die Fassade ist mit mächtigen Buckelquadern verziert. An diesem historischen Wasserwerk aus dem Jähr 1905 entdecken sie die Elemente des Jugendstils, ein seltenes Zeugnis  dieser Kunstrichtung der Jahrhundertwende. Doch wie kommt der Jugendstil ins abgelegene des Ohrenbachtal zwischen Bremhof und Geiersmühle? Und warum wurde die kunstvolle Gestaltungsweise in einem reinen Zweckbau, einem Wasserwerk, angewendet? Nicht allzu weit entfernt, in Darmstadt, gründete der letzte Großherzog arm Hessen Darmstadt 1899 eine Künstlerkolonie und schuf ein Zentrum des Jugendstils, dessen künstlerischer Geist auch in die Umgehung ausstrahlte.

Der Großherzog trieb zudem die Modernisierung ländlicher Wasserversorgung voran. So kam das Wasserwerk Vielbrunn zum Jugendstil, welcher das Ziel verfolgte, Kunst in den Alltag einzubeziehen. Alltäglichkeiten sollten im neuen Stil gestaltet werden, damit Kunst und Leben mit einander verschmelzen. „Mein Hessenland blühe und in ihm die Kunst“, war die Vision des Darmstädter Kunstmäzens, und so begann selbst im abgelegenen Ohrenbachtal alsbald die Kunst zu erblühen. Auch in seinem Inneren erweist sich das Wasserwerk Vielbrunn als  prachtvolles Denkmal der Ingenieurskunst und Technikgeschichte.

Das Herz der Anlage ist ein 1969 stillgelegter Pelton-Motor, der einst dazu diente frisches Quellwasser aus dem Tal in einen 168 Meter höher gelegenen Wasserbehälter zu pumpen. Mit solchen hydraulischen Pumpmotoren begann um 1900 das Zeitalter der zentralen Wasserversorgung im Odenwald. Das Peltonpumpwerk ist heute noch vollständig erhalten und wurde 1996 unter Leitung des Vereins Museumsstraße Odenwald-Bergstraße wieder wieder gangbar gemacht und fachgerecht restauriert.

 

Eine Miniaturausgabe des technischen Systems findet man ein Stückchen vor dem Pumpwerk.

Dort ist ein „Stoßheber“ oder „hydraulischer Widder“. Das ist eine Wasserhebemaschine, die keine fremde mechanische oder elektrische Energie benötigt. Das mit einem Gefälle aus einer Quelle zufließende Wasser dient als Antriebskraft. Seine Erfindung wird Montgolfiere 1796 zugeschrieben.

Wenn fließendes Wasser in einer Rohrleitung plötzlich gestoppt wird, entsteht ein Druckstoß, der ein Mehrfaches des statischen Druckes erreicht. Diese Tatsache wird beim Stoßheber für die Förderung eines Teilwasserstromes ausgenutzt. Der Stoßheber kann das 25fache der Triebhöhe (Höhendifferenz zwischen Quelle und Stoßheber) in Förderhöhe umsetzen. Die Menge des geförderten Wassers ist vom Verhältnis Triebhöhe zu Förderhöhe abhängig.

Das Wasser wird hochgepumpt auf den breiten Forstweg. Dort ist etwas unterhalb der Abzweigung zum Pumpwerk  aus einem Trog und einem Mühlstein ein Brunnen gebaut worden, eine Sitzbank ergänzt den Brunnen.

 

 

Lützelbach

Die heutige Kirche wurde 1770 - 1774 anstelle eines kleineren, Nord-Süd orientierten Vorgängerbaues errichtet, und noch im 19. Jahrhundert sollen auf dem Friedhof erhebliche Reste einer früheren Burganlage mit Wehrturm, Mauerring, Wall und Graben sichtbar gewesen sein. Mitarbeiter des Bauhofes von Lützel-Wiebelsbach stießen im September 2001 beim Ausheben von Leitungsgräben auf dem Friedhof direkt vor der evangelischen Kirche auf Mauerwerk. Nach einer Ortsbesichtigung wurde beschlossen, die ungewöhnlich mächtigen Mauern im Bereich der Baumaßnahmen freizulegen und zu dokumentieren.

Zutage kam eine 4,2 Meter mächtige Fundamentmauer aus Sandstein, die wohl mit einem Bergfried in Verbindung gebracht werden kann. In Schalenmauertechnik errichtet, ist sie noch bis zu einer Höhe von 1,3 Meter im Erdreich erhalten. Störungen durch neuzeitliche Grablegungen sowie die geringe Größe der Maßnahme lassen weitergehende Aussagen oder Interpretationen zur Konstruktion des Wehrbaues nicht zu. Zudem verbietet sich durch die Lage inmitten des heutigen Friedhofes ein Ausweiten der Grabungsfläche.

 Die Grundmauern gewinnen an Bedeutung, wenn man berücksichtigt, daß Lützelbach als Herkunftsort der im 12. Jahrhundert genannten Dynastenfamilie Reitz von Lützelbach gilt. Gegen Ende des 12. Jahrhunderts wechselt das Geschlecht zur fuldischen Schutzburg auf dem Breuberg.

 

Hinter Lützel-Wiebelsbach geht man nach rechts im Wald zum Kastell Lützelbach am Rand einer Waldwiese. Es wird auch  „Lützelbacher Schlößchen“ genannt, war aber ein Numerus­kastell, ein kleines Hilfstruppenkastell für etwa 150 Mann. Es ist die nördlichste erhaltene Ruine des Odenwaldlimes. Es bestand von 100 bis 155 nCh. Wall und Graben sind im Odenwald nicht vorhanden. Etwa 75 Meter südlich vom Kastell liegt das Bad. Als andernorts 120 nCh mit dem Bau begonnen wurde, war der über die Höhen des Gebirges führende Limes als Grenze bereits an den Main vorverlegt worden. Von hier ab beginnt der Limes, nach Süden einzuschwenken.

 

Lützelbach-Rimhorn (östlich von Höchst):

Das ehemalige Pretlack‘sches Palais ist 1733 erbaut als Rimhorner Hof, ein neunachsiges Herrschafthaus mit zweiläufiger Freitreppe, Mansarddach und Zwerchhaus. Die Wirtschaftsgebäude sind abgerissen. Es befindet sich in der Rathausstraße 29, die man erreicht, wenn man die erste Straße im Ort rechts hinauffährt und dann nach links einbiegt. Das Haus ist allerdings nicht besonders sehenswert, weil noch nicht restauriert.

 

 

Breuberg

 

Neustadt im Odenwald:

Ein freundliches altes Städtchen im weiten, fruchtbaren Tal der „Blumenau, als ruhige Sommerfrische sehr zu empfehlen. Die Verlei­hung der Marktgerichtsbarkeit geschah im Jahre 1378, woran das Holzkreuz mit der Schwurhand und dem Schwert in der Stadtmitte erin­nert (1646 aufgestellt, 1788 und 1949 erneuert). Über dem Ort Aufstieg thront auf steilem Kegel die mächtige Burg Breuberg (306 Meter)

 

Burg:

Schöner und prachtvoller denn je präsentiert sich die großartige Anlage über dem Mümlingtal im nordöstlichen Odenwald. Diese im Laufe von Jahrhunderten entstandene Anlage gehört zu den besterhaltenen deutschen Wehrbauten, ein Lehrbeispiel für Stilepochen von der Romanik über die Gotik zur Renaissance. Vom Bachgrund aus betrachtet, überragen die Dächer und der Bergfried kaum die Baumwipfel auf dem 150 Meter hohen Sandsteinfelsen.

Erst beim Nähertreten lassen sich die Gesamtdimensionen der Bauten und auch der Arbeiten ermessen, die zu ihrem Erhalt geleistet wurden. Die doppelte Ringmauer, Zwinger, Türme, Tore und die gewaltigen Geschützbastionen mit bis zu sechs Meter starken Mauern sind in ihrer ursprünglichen Wehrhaftigkeit wieder entstanden - besonders eindrucksvoll vom Zinnenkranz des quadratischen Bergfrieds zu überschauen.

Die Burg ist eine der besterhaltenen und umfangreichsten Burganlagen, erbaut von etwa 1185 – 1610. Im 12. Jahrhundert wurde die Vogteiburg durch die Abtei Fulda gegründet. Vögte waren die Herren von Breuberg, nun Reichskirchenministeriale.  Sie erlangten durch fürstliche Heirat und politische Aktivitäten eine gewisse Bedeutung, bevor das Geschlecht bereits 1323 erlosch.

Bis 1556waren die Gra­fen von Wertheim die Herren der Burg. Danach ging der Besitz an Erbach und Stol­berg - Königstein. Anfang des 17. Jahrhunderts kam die Burg an die Grafen von Löwenstein, 1806 an Hessen. Heute ist die Burg gemeinschaftliches Eigentum der Fürsten von Schönberg und Löwenstein-Wertheim und Jugendburg.

Am Burgtor sieht man den  Kopf des „Breileckers“. Es handelt sich um einen Trutzkopf, der den unerbetenen Gast verspotten soll. Über dem Burgtor ist ein  Wappenstein, der an die letzte große Burgerweiterung von 1499 erinnert. Das Säulenportal stammt aus romanischer Zeit so wie auch der mäch­tige 25 Meter hohe Bergfried der Kernburg.  Diese wurde um 1500 durch äußere Befesti­gungen mit vier Geschütztürmen zu einer starken Festung ausgebaut. Anfang des 16. und 17. Jahrhunderts  wurde die Burg  schloßähnlich umge­baut. Spätgotischen Stil zeigen Palas, Frauenhaus, Kapelle, Zeughaus und der Altbau (darin der 85 Meter tiefe Brunnen mit Hebewerk).

 

Für die Besichtigung des schönsten Kleinods auf Burg Breuberg wird man sich einer Führung durch das Museum anschließen. Nur bei dieser Gelegenheit kann man die herrliche Stuckdecke im Kasimirsbau besichtigen. Der zu Beginn des 17. Jahrhunderts von einem unbekannten Meister ausgestaltete Saal zeigt eine Vielzahl von Ahnenwappen, Plastiken und allegorischen Figuren aus der römischen und griechischen Mythologie, die im hiesigen Raum ohne Beispiel sind. Im Museum Breuberg befindet sich ein Viergötterstein.

 

 

Wald-Amorbach

Arnheiter Hof  (nordöstlich von  Rosenbach):

Unterhalb der Burg war ehemals ein römischer Gutshof. Hier wird eine alte Kapelle aus der Zeit Karls des Großen rekonstruiert, die als Holzstall genutzt wurde und erst jetzt wieder als Kapelle entdeckt wurde. Aus jener Zeit gibt es große Basiliken wie die Einhardsbasilika in Michelstadt, aber eine vergleichbare Kapelle aus dieser Zeit gibt es nördlich der Alpen sonst nicht mehr.

 

 Breuberg-Wald-Amorbach (nördlich der Burg Breuberg)

Die Evangelische Kirche (Kirchstraße 1) wurde bis 1741 erbaut als Bartholomäuskirche.

 

 

 

 

Main

 

Diese Strecke kann man verbinden mit der anderen Mainseite (Spessart Süd, Main).

 

 

Stockstadt

[Diese Beshreibung ist noc nicht von mir persönlich nachvollzogen worden, sondern nur eine Überarbeitung des Kulturwegs]

 

Die beiden Faktoren Verkehr und Besiedlung haben Stockstadt charakteristisch geprägt. Das zeigt der Vergleich zwischen den Römerstraßen und Römerkastell zum heutigen Ort und zur Autobahn A 3 und B 469. Darüber hinaus erklärt sich die reiche Ortsgeschichte im Mittelalter und früher Neuzeit durch die Grenzlage zwischen Kurmainz und der Grafschaft Hanau. Der Kern des alten Ortes liegt am Main. Heute das Ortsbild aber auch geprägt von der Papierfabrik, die auch den Wohlstand und die Siedlungsbautätigkeit im 20. Jahrhundert förderte.

Der Kulturweg führt vom Friedhof durch den Ort Stockstadt mit den Stationen Zollhaus und Siedlung. Durch den Oberhübnerwald (südlich der Gersprenz) geht es dann am Fluß Gersprenz entlang zur hessischen Landesgrenze und zu den Hügelgräbern. Danach folgen die Stationen Papiermühle, Hübnerwald mit Weihnachtsbaum und Steinbrüche, bevor wieder der Startpunkt erreicht wird. Es ist ein geringer Höhenunterschied zu überwinden.

 

Brücke:

Das Hochwasser im März 1845 wurde durch Eisgang verursacht. Der Winter war sehr streng und dauerte von Dezember 1 844 bis Ende März 1845, sodaß der Main komplett zugefroren war. Durch einen Wetterumschwung setzten milde Luft und starke Regenfälle ab dem 27. März das Eis in Bewegung, das sich an Engstellen aufstaute, wobei der Main über die Ufer trat. In Stockstadt stieg der Hochwasserpegel bis über die Schwanengasse hinweg. Dabei erlitt

auch die Gersprenzbrücke so starke Schäden, dass neben ihr ein Neubau errichtet wurde, der heute noch fast unverändert besteht. Auf dem Pegel der Sandsteinsäule in Mainaschaff (gegenüber Stockstadt) ist ein Wasserstand von etwa 6,5 Meter über Normal vermerkt.

 

Kurmainzsiche Mühle:

Die im Odenwald entspringende Gersprenz ist Schauplatz der Geschichte mehrerer Mühlen.

Im alten Stockstadt hat es drei Mahlmühlen, eine Walk- und Ölmühle und zwischendurch auch einige Gipsmühlen gegeben. Südlich der Gersprenzbrücke auf der Westseite stand seit 1493 die kurmainzische  Mühle, die heute nicht mehr in Betrieb ist. Am Gebäude ist ein an der 1845 zerstörten Brücke angebrachter Inschriftenstein der Renaissancezeit befestigt. Darauf steht in Übersetzung: „Erzbischof Daniel Brendel von Homburg ließ 1574 diese Brücke erbauen. Gott möge ihm eine lange Regierungszeit und ein seliges Ende gewähren“.

 

(3) Zollhaus:

Neben der Mühle steht das Zollhaus. Das erste feste Straßennetz der Region richteten die Römer ein. Sie verbanden die einzelnen Frontkastelle an der Grenze untereinander sowie mit dem rückwärtigen Verwaltungsort Dieburg und mit dem Legionslager in Mainz. Die Straßen hatten einen schnurgeraden Verlauf und einen soliden Unterbau aus Steinpackungen mit einem Entwässerungsgraben. Zwischen Niedernberg und Stockstadt hat die Trasse der Straße 1900 Jahre überstanden und ist heute noch in weiten Teilen befahrbar.

Bereits vorher befand sich hier eine Zollstelle. Das Zollhaus ist in Zusammenhang mit der

Landwehr zu sehen. Seit 1486 ist die Erhebung eines Wasser- und Geleitzolls bekannt, insbesondere von und zur Frühjahrs- und Herbstmesse in Frankfurt. Das Verkehrsaufkommen zu Messezeiten war beachtlich. Nürnberger, Augsburger oder auch Basler Kaufleute transportierten 1486 zur Frühjahrs- und Herbstmesse 5039 Zentner geringwertige Güter, 1834 Zentner Gewand und 855 Zentner schweres Gut. Wenn man einen Planwagen mit etwa 20 Zentner Ladekapazität ansetzt, ergibt das etwa 350 Wagenladungen, die mit etwa 18 bis 20 Kaufmannszügen durch Stockstadt zogen. Dazu kamen Kutschen, Begleitwagen für Futter und Proviant, Wasser und Ersatzteile für Räder und Achsen sowie berittene und bewaffnete Geleitreiter.

Das Zollhaus wurde auf Befehl des 1545 verstorbenen Mainzer Erzbischofs Albrecht von Brandenburg am nördlichen Dorfausgang erbaut. Am Schlußstein des Torbogens ist ein Kopf zu sehen sowie die Jahreszahl 1546, das Jahr der Fertigstellung. Hier wohnte und arbeitete der Kurmainzer Zöllner. Um 1800 wurde die Zollstation in Stockstadt aufgehoben. Das Zoll-

 

(2b) Leonharduskirche:

An der Hauptstraße steht östlich die Pfarrkirche St. Leonhardus. Die ersten Stockstädter siedelten sich im Mittelalter im Inneren des ehemaligen Römerkastells an (heute Papierfabrik). Die in diesem Bereich den Heiligen Petrus und Marcellinus geweihte Kirche wurde wahrscheinlich nicht lange nach der Überführung der Reliquien von Rom nach Seligenstadt im Jahre 827 erbaut (Das um 830 gegründete Kloster in Seligenstadt war lange Zeit der größte Grundbesitzer in Stockstadt). Die Kirche war mit zwei Altären ausgestattet sowie mit einem Dachreiter für zwei Glocken. Hinzu trat der Friedhof mit Mauer und Beinhaus.

Der heutige Stockstädter Ortskern im spitzen Winkel zwischen Main und Gersprenz ließen die Einwohner im Mittelalter auf eigene Kosten eine Leonharduskapelle erbauen.  Der Gottesdienst verlagerte sich nun immer mehr in das heutige Stockstadt und die alte Pfarrkirche verfiel. Im Jahre 1773 wurde in Stockstadt an Stelle der Kapelle eine neue Pfarrkirche gebaut, die natürlich auch St. Leonhard geweiht war.

An der Stelle der alten Pfarrkirche Petrus und Marcellinus draußen auf dem Feld wurde 1802 ein Sandsteinkruzifix errichtet. Im Jahre 1941 ließ Pfarrer Justin Wittig das Kreuz in den Kindergarten versetzen. Seit 1993 steht es in einer Nische an der Rosenkranzkirche. Heute dient das Kreuz als Schlußaltar bei der Fronleichnamsprozession.

Die Rosenkranzkirche steht westlich der Hauptstraße zwischen Jahnstraße und Friedrich-Ebert-Straße. Von der Friedrich-Ebert-Straße geht nach Süden die Waldstraße ab, an der es (Waldstraße 2) den Bernd-Weber-Platz gibt. Lange Jahre war Bernd Weber (1941-2007) als Lehrer in der Stockstädter Hauptschule tätig. Sein Engagement für die Gesellschaft zeigt sich am bemerkenswertesten durch die Gründung des Marionettentheaters „Puppenschiff“, das heute in Mainaschaff beheimatet ist. Darüber hinaus wirkte er in Stockstadt als Musiker, Zauberer, Maler, Texter, Komponist, Schauspieler und als unentbehrliches Organisationstalent.

 

Grundschule:

Von der Hauptstraße geht dann nach Westen die Schulstraße ab. An der Ecke Mauerheimstraße liegt ein schönes Beispiel für den Paragneis, der „Dicke Stein“, der die Stockstädter seit Jahrzehnten an ihren Untergrund erinnert. In diesen Felsen sind lokal weitere Gesteine eingeschaltet: Amphibolite, Pegmatite und Quarzgänge.

 

Kastell:

Die Hauptstraße führt dann zweimal über die Schiene und westlich an der Papierfabrik vorbei. Auf dem heutigen Industriegelände von Stockstadt stand das römische Truppenlager mit seiner Zivilsiedlung. Zur Römerzeit nahm der Reisende als erstes das Kastell in Stockstadt wahr - heute ist es die Papierfabrik. Beide Anlagen sind auch Ursprung der Bautätigkeit im Ort: Damals für das Kastelldorf, heute für die verschiedenen Siedlungsviertel. Die Bahnlinie Aschaffenburg-Darm­stadt brachte diese Entwicklung 1858 voran - unten die nach dem Zweiten Weltkrieg neu errichtete Bahnbrücke über den Main.

Die römischen Bauten wurden durch Überbauung zerstört. Dennoch gehört das Kastell zu den besterforschten römischen Siedlungsorten am Main. Systematische Ausgrabungen fanden bereits ab 1885 statt und mit der zunehmenden Bautätigkeit für die Zellstofffabrik ging im 20. Jahrhundert die Untersuchung des Kastellgeländes einher. In der 3,2 Hektar großen Anlage taten nacheinander südfranzösische, spanische und letztlich wieder südfranzösische teilberittene Einheiten ihren Dienst. Die meisten Funde sind um 1900 in die Saalburg im Taunus oder in die Museen nach Aschaffenburg gelangt (Näheres unter „Offenbach, Der ältere Mainlimes“).

Unter Kaiser Domitian (81-96 nCh) besetzten römische Truppen das linksmainische Gebiet. Südlich der Gersprenzmündung errichteten sie ein kleines Erdkastell. Unmittelbar daneben erbauten sie in Holz-Erdbauweise ein zweites Lager. Darauf folgte das etwa 500 Meter südlich gelegene Kohortenkastell in Holzbauweise. Es war 198 mal 164 Meter groß. Nach 140 nCh wurde das Holzkastell in Stein befestigt und es wurden Wachtürme entlang des Mainufers errichtet. Das Lager war mit etwa 500 Mann besetzt, davon waren 120 Reiter.

Zeitgleich entstand entlang der Straße die Zivilsiedlung, in der Handwerker, Händler, Wirte, Bauern sowie Frauen und Kinder der Soldaten wohnten. Zwischen Kastell und Mainufer stand das Bad, dessen Überreste heute im Nilkheimer Park zwischen Schönbusch und Main zu sehen sind. Um das Jahr 255 zogen sich die Römer über den Rhein zurück. In den Mauern des

Kastells siedelten die nachfolgenden Germanen.

 

Papierfabrik:

Im Jahr 1898 errichtete die Aschaffenburger Zellstoff-Fabrik den Stockstädter Betrieb, der 2014 zum südafrikanischen Konzern Sappi gehört. Das Wachsen dieses größten Arbeitgebers in Stockstadt sorgte für den Bau der ersten Arbeitersiedlung um 1900, der später weitere folgten. Im gleichen Tempo wuchs die Einwohnerzahl von Stockstadt, sodass vor allem nach dem Zweiten Weltkrieg weitere Siedlungen ausgewiesen wurden.

 

Man fährt bis zur Frankenstraße und biegt in diese nach rechts ein. Nach rechts geht es in die Adam-Steigerwald-Straße und dann links in die Ulmenstraße. Wenn man jetzt dem Kulturweg folgen will, muß man zu Fuß weitergehen oder mit dem Fahrrad fahren. Ansonsten kann man auf der Ulmenstraße nach rechts weiter fahren und kommt in die Schulstraße. Dort trifft man unter Nummer 46 auf die Debormühle.

 

(3 b) Debormühle:

Die erste Mahlmühle, die heutige Dölzermühle (Schulstraße 46) wurde 1383 erstmals erwähnt. Sie gehörte zur Grafschaft Hanau und wurde vom Amtssitz Babenhausen verwaltet. Nicht nur die Bauern aus Großostheim mussten in der Mühle mahlen lassen, sondern auch die von Schaafheim und Harreshausen (deshalb auch „Fernmühle“). Die direkte Verbindung durch den Wald von Schaafheim nach Stockstadt wurde deshalb „Müllerweg“ genannt. Die fast lückenlose Aufzählung der Müller der Debormühle ist ab etwa 1620 möglich. Um 1734 erscheint erstmals der Name Debour (Debor) als Fernmüller. Im Jahre 1927 kaufte Stefan Dölzer die Mühle.

Die gegenüberliegende Walk- und Ölmühle war für das Tuchwalken eingerichtet und dürfte bald nach dem Erwerb der Fernmühle im Jahr 1711 durch die Familie von Schönborn gebaut worden sein. Der Grund kann im Aufblühen der Tuchmacherei in Seligenstadt zu sehen sein und weil es am linken Mainufer keine Walkmühle gab. Erster Walkmüller war Kaspar Mugi, vermutlich ein Wallone, die in Deutschland stark im Walkerberuf vertreten waren. Im Jahre 1724 folgte die Witwe Anna Maria Debour aus Hanau, die durch ihre wallonische Verwandtschaft in dieses Gewerbe gekommen war. Ihre Nachkommen (zuerst ihr Sohn Andreas Debor) blieben auf der Walkmühle bis in die heutige Zeit. Neben dem Walkbetrieb war ab etwa 1797 eine Einrichtung zur Ölgewinnung aus Früchten geschaffen worden und 1933 wurde eine Mahlmühle eingerichtet.

Wenn man nach links wieder auf die Hauptstraße einbiegt kommt man zum Friedhof (Beginn des Kulturwegs) und zum Dorfplatz an der Autobahn A 3. Am Friedhof fallen die in der Sonne glitzernden Steine aus Paragneis auf. Ein Felsen aus Orthogneis steht auch auf dem Gelände des Dorfplatzes. Dort steht auch ein Meilenstein des 19. Jahrhunderts, der früher an der Straße nach Seligenstadt stand.

 

Der Weg durch den Wald westlich von Stockstadt läßt sich nur schwer beschreiben, er ist aber durch den Kulturweg ausgeschildert. Zunächst geht es entlang der Bahnlinie, dann im Bogen nach links und dann rechts und noch einmal rechts zum Klugekreuz.

 

(3 c) Klugekreuz:

Das Klugekreuz erinnert an ein Verbrechen, das sich im Stockstädter Wald im Jahre 1823 abgespielt hat. Ein 28-jähriger Zimmergeselle aus Meerholz (heute Stadtteil von Gelnhausen) hatte den 27-jäh­rigen Bauern und Viehhändler Valentin Klug aus Großwallstadt ausgeraubt und anschließend erschlagen. Klug hatte zuvor in Stockstadt erfolgreich gehandelt und in einer Gaststätte war dem Mörder dessen voller Geldbeutel aufgefallen, sodass er ihn auf dem alten Schaafheimer Weg überfiel (nach Monika Schmittner im Main-Echo vom 19. November 2008). Das Kreuz wurde vom Heimat- und Geschichtsverein Stockstadt im Jahr 2004 restauriert und wieder aufgestellt.  - Dann führt der Weg bis fast wieder in die Bahnlinie und dann scharf nach Süden zum Hexenbuckel.

 

(3 d) Hexenbuckel:

Im Stockstädter Wald findet man zahlreiche Sanddünen. Zwei der größten Dünen, die beiden sogenannten „Hexenbuckel“ lagen nebeneinander im Waldstück zwischen der Bahnlinie Aschaffenburg-Darmstadt und dem „Hauptlinie“ genannten Waldweg. Sie wurden von der „Buckelschneise“ überquert und der „Klug-Kreuz-Weg“ verlief zwischen den beiden Hexenbuckeln.

In der letzten Eiszeit vor etwa 11.000 Jahren konnten Winde nahezu ungehindert wirken und feinkörnige Bodenpartikel kilometerweit verfrachten. Dabei wurde leichter Schluff schneller und weiter getragen als der schwerere Sand und so entstanden im Laufe der Zeit vielerorts Flugsandflächen und Dünen, während der Schluff weiter weg transportiert und als Löss abgelagert wurde.

Bis Ende der sechziger/Anfang der siebziger Jahre wurde in Schneewintern gerodelt, vorwiegend auf dem in Richtung Hauptlinie liegenden Buckel. Gelegentlich hat man auch einen Skifahrer gesichtet. Dann wurde die Fläche abgeholzt und gleichzeitig der Sand weitgehend abgebaut. Im Jahr 1995 war das Ende des Sandabbaues gekommen. Heute wächst dort der Wald nach. In Stockstadt wurden die Buckel als Buckelschneise („Buckelschnaaz“) bezeichnet. „Hexenbuckel“ scheint erst in den dreißiger oder vierziger Jahren aufgekommen zu sein. – Noch ein Stück nach Süden und dann rechts führt der Weg zur Landwehr, die heute den Namen „Heuweg“ trägt.

 

(3 e) Grenze und Landwehr:

Die Landesgrenze zwischen Hessen und Bayern orientiert sich in ihrem Verlauf von Großostheim bis an die Gersprenz an der so genannten Landwehr, die heute noch als fortlaufende Bodenwelle erkannt werden kann. Die Landwehr entstand, weil im 15. Jahrhundert Nürnberger und Augsburger Kaufleute von Miltenberg oder Aschaffenburg kommend über Babenhausen, Jügesheim oder Seligenstadt nach Frankfurt zogen.

Das änderte sich, als der Kaiser 1486 das Geleitrecht an den Erzbischof von Mainz übertrug, der nun das Recht hatte, die Geleitstraßen auf sein Gebiet zu verlegen. Deshalb mussten die Kaufmannszüge nun durch die Zollstelle Stockstadt über Seligenstadt nach Frankfurt ziehen. An der Grasbrücke zwischen Stockstadt und Seligenstadt endete das Stockstädter Geleit und das Seligenstädter Geleit begann. Da einige Kaufmannszüge aber die Zollstation in Stockstadt umgingen, verlor der Mainzer Erzbischof Einnahmen - das sollte die Landwehr verhindern.

Von Mömlingen über die Schaafheimer Warte (1492), dann entlang der späteren bayerischen-hessischen Landesgrenze nordwestlich von Stockstadt, verlief ein doppeltes Grabenwerk mit gepflanzten Büschen. An einigen Stellen gab es bewachte Übergänge für die Bauern und den Ortsverkehr. Man nannte diese Übergänge „Schlag“.

 

(4) Hügelgräber:

Wenn man die Landwehr entlang nach Norden geht, biegt man hinter der Eisenbahnlinie

nach rechts ab und dann wieder links und kommt zu den Hügelgräbern.

Die etwa 15 bekannten Hügelgräber im Ober- und Unterhübnerwald wurden in verschiedenen Epochen angelegt. Man kann sie nicht alle zeitlich zuordnen, weil sie im 19. Jahrhundert von Freiherr von Haxthausen ausgegraben wurden, der keine Aufzeichnungen anlegte, die der Datierung dienen könnten. Er sammelte Bronzegegenstände und Steinbeile, von denen er einige an Museen in Berlin und München verkaufte. Im Hübnerwald fanden sich in mehreren Hügelgräbern Gewandnadeln, so genannte Brillenspiralen, Bruchstücke von Bronzeschmuck sowie Keramikscherben.

Im Jahre 1978 grub das hessische Denkmalamt Darmstadt direkt an der bayerisch-hessischen Grenze ein Hügelgrab aus, das der Hallstattzeit zuzuordnen ist. Es liegt in unmittelbarer Nähe der Grabhügelgruppe auf den Sanddünen an der Papiermühle. Die Funde kamen nach Darmstadt.

 

Aus der Jungsteinzeit ist uns der erste Hinweis auf menschliches Wirken in Stockstadt überliefert. Auf der Gersprenzinsel fand man ein Hirschgeweihstück mit Bearbeitungsspuren, das

als Sichel oder Erntemesser genutzt wurde. Das Original wurde im Zweiten Weltkrieg zerstört, eine Nachbildung ist im Heimatmuseum Stockstadt zu sehen. Von der Gersprenzinsel stammen zahlreiche Steinbeile von Band- und Schnurkeramikern aus der Jungsteinzeit, aus der Bronzezeit von den Glockenbecherleuten bis zur Urnenfelderzeit.

Aus der Keltenzeit ist ein Münzfund aus den zwanziger Jahren erhalten. Eine Bauersfrau aus

Stockstadt fand auf einem Acker eine Goldmünze, die sich heute in den Museen der Stadt Aschaffenburg befindet. Es ist ein so genanntes „Regenbogenschüsselchen“.

Im Jahre 1950 wurden in der Flur „Kleiner Sand“ aufgereihte Findlinge entdeckt, die sich als ein angeschnittenes Hügelgrab herausstellten. In der ausgehobenen Grube zeigte sich eine dunkel verfärbte Sandschicht mit Holzkohleresten sowie mit 13 kleineren und einer größeren Gefäßscherbe.

Beim Schleusenbau der Staustufe Mainaschaff / Stockstadt fand man 1915 auf der Stockstädter Seite ein reichverziertes Schalenknaufschwert aus der Urnenfelderzeit. Das Bronzeschwert ist eines der schönsten in Bayern und befindet sich heute in der Prähistorischen Staatssammlung in München. Eine Kopie ist im Heimatmuseum Stockstadt zu sehen. Auch einige Lanzenspitzen dieser Zeit fand man damals am Mainufer.

Die auf dem Gebiet des Kastells gefundene Römermaske ist eines der archäologischen Höhepunkte Stockstadts. Sie ist heute im Stiftsmuseum der Stadt Aschaffenburg zu sehen. –

Auf dem Harreshäuser Weg kommt nach in Richtung Nordwesten zur Papiermühle.

 

 (5) Papiermühle und „Bretterhäuschen“:

Zwischen 1830 und 1880 war an der Gersprenz auf hessischer Gemarkung direkt an der Gren­ze zu Bayern auf vorher unbebautem Gelände eine Papiermühle in Betrieb. Unter mehreren Besitzern arbeitete unter anderem eine „Pappdeckel-Fabrication“, die aber nicht dauerhaft wirtschaftlich war - zumal eine beantragte Betriebserweiterung von der zuständigen Gemeinde Harreshausen abgelehnt wurde. Nach der Versteigerung des Anwesens im Jahr 1890 wurden die Gebäude größtenteils abgetragen.

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden beiderseits der Ländergrenze Getränke-Häuschen errichtet, auf hessischer Gemarkung die „Waldmühlschenke“ in Holzbauweise mit Babenhäuser Michelsbräu und auf bayerischer Seite die zuletzt gemauerte „Papiermühl-Schenke“, mit bayerischem Eder-Bier aus Großostheim. Beide Häuschen waren ein beliebtes Ausflugsziel, doch da sie im Laufe der Zeit nicht mehr wirtschaftlich betrieben werden konnten, schlossen sie

nach einer Weile wieder.

 

Veränderung der Flusslandschaften:

Die Gersprenzaue wurde im frühen 20. Jahrhundert großen Veränderungen unterworfen und im bayerischen Abschnitt begradigt sowie entwässert. In den dreißiger Jahren wurde im Rahmen von Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen die Gersprenz begradigt und die Flussaue entwässert. Heute sind davon nur noch wenige Wehre erhalten. Die Stockstädter Kinder hatten früher am Stauwehr - das eigentlich für die Wiesenbewässerung gedacht war - ihr Freibad. Die Wiesen entlang der Gersprenz konnten nun nicht nur für die Heuernte, sondern auch für den Ackerbau genutzt werden. Die begradigte und erschlossene Gersprenz bot und bietet sich als Naherholungsgebiet an.

Der weitere Weg führt an der Gersprenz entlang nach Nordosten. Östlich des Auhofs weicht man aber besser auf den Weg aus, der nördlich im großen Bogen wieder zur Gersprenz zurückführt. Dabei kommt man jetzt durch den Unterhübnerwald.

 

(6) Hübnerwald:

Der Hübnerwald wird von der Hübnergenossenschaft verwaltet, die in ihrer Art einzigartig in Bayern ist. Hübner kann nur jemand werden, der seinen Wohnsitz in Stockstadt nachweisen kann. Die Geschichte der Hübner geht zurück auf die Überlassung von Höfen (so genannten „Huben“) an die Bauern von Stockstadt durch das Kloster Seligenstadt sowie durch das Stift St. Peter und Alexander in Aschaffenburg. Heute sind die Hübnerschaften Körperschaften öffentlichen Rechts und unterliegen rechtlich der bayerischen Gemeindeordnung. Sie bestehen aus der Oberhübnerschaft (südlich der Gersprenz) und der Unterhübnerschaft (nördlich der Gersprenz) mit jeweils 142 Hubanteilen.

Beide Hübnerschaften werden vom Hübnerausschuß vertreten, der von der Vollversammlung für fünf Jahre gewählt wird. Er besteht aus dem Oberhübnervertreter, dem Unterhübnervertreter und fünf Ausschußmitgliedern sowie dem 1. und 2. Waldvorstand. Die Geschäfte werden vom Waldvorstand geführt, der die Beschlüsse des Hübnerausschusses umsetzt und gegenüber dem Personal Weisungsbefugnis hat. Die Beschlüsse des Hübnerausschusses sind an die gemeinsame Satzung der beiden Hübnerschaften gebunden. Jährlich werden zwei Vollversammlungen mit Beteiligung aller Hübner abgehalten, in denen die Hübner über die laufenden Geschäfte informiert und durch die Satzung vorgegebene Beschlüsse gefasst werden. Im Jahre 1959 wurde die über Jahrzehnte erkämpfte Selbstverwaltung der Hübner endgültig festgeschrieben. Deshalb feierten sie im Mai 2009 eine Woche lang „50 Jahre Selbstverwaltung“ bei einem Waldfest mit Kohlenmeiler.

Beide Hübnerschaften bewirtschaften eine Fläche von insgesamt etwa 961 Hektar. Dies ge­schieht mit zwei Forstwirten, einem Revierleiter und einer Bürokraft, sowie mit der Beteiligung aller Hübner während des Wintereinschlags und der angesetzten Fronstunden. Seit Juni 2007 sind sie durch PEFC zertifiziert und haben sich somit zur nachhaltigen Waldbewirtschaftung selbstverpflichtet.

 

Weihnachtsbaum:

Während der Recherchen am Kulturweg wurde der Arbeitskreis auf ein Buch aus dem Jahr 1980 aufmerksam, in dem es heißt, in Stockstadt habe es schon 1527 einen Weihnachtsbaum gegeben. In einem Rechtsstreit zwischen Kurmainz und der Grafschaft Hanau wird 1527 ein „weiennacht baum“ erwähnt - die älteste Erwähnung eines „Weihnachtsbaumes“ im deutschen Sprachraum. Nachforschungen im Staatsarchiv Würzburg konnten dies bestätigen. Dieser Baum ist aber nicht mit dem heutigen Bild des mit Lametta geschmückten Christbaumes in der guten Stube zu vergleichen. Aber es ist auch nicht einfach ein Baum, der zur Weihnachtszeit von den Hanauer Förstern geholt werden durfte, denn Abgaben dieser Art sind so gut wie unbekannt. Es bleibt also dunkel, was es mit diesem „Weihnachtsbaum“ auf sich hat.

Der Weihnachtsbaum in der aktuellen Form kam erst gegen 1800 auf, verbreitete sich dann aber rasch von Österreich über Europa. Es ist damit zu rechnen, dass künftig weitere „Weihnachtsbäume“ in den schriftlichen Quellen entdeckt werden.

 

Naturschutz: Totholzkonzept im Hübnerwald:

Die Waldabteilung „Dunggrube“ in ein zwei Hektar große Bestand, ein Relikt der ursprünglichen Laubwälder am bayerischen Untermain, ist in einem ansonsten stark von der Kiefer dominierten Umfeld einzigartig und aus naturschutzfachlicher Sicht von sehr hoher Bedeutung. Im Jahre 2003 haben sich die Hübner für einen Nutzungsverzicht entschieden und fördern dadurch den Erhalt wertvoller Alt- und Biotopbäume sowie das Belassen von Totholz zum Schutz von Artenvorkommen und naturnaher Wälder der Alters- und Zerfallsphase. Ziel ist die Anreicherung der Lebensräume durch Belassen von naturschutzfachlich geeignetem Totholz im Bestand sowie eine mittel- bis langfristige Sicherung ausreichend hoher Totholzmengen im Wald (Buche mit mehreren Spechthöhlen).- Noch nördlich der Gersprenz ist nach Osten entlang der Gersprenz bis hin zur Bundesstraße ein Steinbruch, an dem eine Informationstafel auf die Besonderheiten der Geologie in Stockstadt hinweist.

Einzigartige Genossenschaft mit moderner Waldwirtschaft

(7) Stockstädter Untergrund:

Der Untergrund von Stockstadt besteht aus Kristallin-Gesteinen, die durch junge Sande und Kiese meist überdeckt sind, doch tritt der rundliche geglättete Fels an manchen Stellen direkt zu Tage. In mehreren Steinbrüchen (oft nur als kleine Gruben im Wald erkennbar) fand eine Gewinnung von Bausteinen für die lokale Verwendung statt. Die auffallenden, weil in der Sonne glitzernden Steine, sind in Stockstadt zum Beispiel an Scheunen und der Umfassungsmauer des Friedhofs zusehen. Neben Stockstadt ist auch die Nutzung in Mainflingen und Zellhausen nachgewiesen. Der letzte Abbau erfolgte bei der Verbreiterung der Autobahn A 3 im Bereich der nördlichen Abfahrt.

Hier im Steinbruch handelt es sich um sehr hartes Gestein, den sogenannten „Orthogneis“, der aber durch die Glimmerschüppchen gut spaltbar ist. Bei diesem Typus des Goldbacher Gneis handelt es sich um einen ehemaligen Granit mit einem Erstarrungsalter von etwa 410 Millionen Jahren (damals lag der Spessart unterhalb des Äquators), der vor etwa 330 Millionen Jahren durch Hitze und Druck in den Gneis umgewandelt wurde (Metamorphose). Bei den Glimmern auf den Spaltflächen handelt es sich um Biotit (dunkel) und Muskovit (silbrig). Im Querbruch erkennt man den grauen Quarz und die spaltbaren Feldspate, die den größten Anteil im Aufbau haben. Das Gestein ist im östlichen Vorspessart weit verbreitet. Ein Felsen aus Orthogneis steht auf dem Dorfplatz nahe der Autobahn A 3

Die andere Art Gneis ist der „Paragneis“. Dieses Gestein entstand bei der Metamorphose aus einem Sedimentgestein. Es besitzt einen hohen Anteil an Glimmer; im Anstehenden fallen noch ausgeschwänzte Quarzlinsen auf, die im Verwitterungsgrus die Kieselsteine liefern. Da der Fels deutlich weicher ist wie der Orthogneis und auch leichter verwittert, hat man ihn für bauliche Zwecke nicht verwandt. Eine kleine Schuppe steht im Bereich der Umgehungsstraße südlich der Eisenbahnbrücke an. Ein schönes Beispiel für den Paragneis ist der „Dicke Stein“ an Schulstraße / Ecke Mauerheimstraße, der die Stockstädter seit Jahrzehnten an ihren Untergrund erinnert. In diesen Felsen sind lokal weitere Gesteine eingeschaltet: Amphibolite, Pegmatite und Quarzgänge.

Eine Besonderheit ist das Vorkommen von Schwerspat im Unterhübnerwald. Es ist das westlichste Vorkommen des Spessarts und der Gang ist durch Lesesteine belegt. Eine Gewinnung ist aufgrund der geringen Menge und der schlechten Qualität nicht möglich.

Die unter dem Hübnerwald verborgenen Dünen bestehen aus Sand, der während der letzten Kaltzeit hier angeweht worden ist. Diese sehr reinen Sande waren das Ziel von zahlreichen Sandgruben, in denen der Sand mit einfachen Methoden abgebaut worden ist (zum Beispiel Sandgrube Rachor). Darüber hinaus gibt es auch ehemalige Kiesgruben, in denen Main-Sedimente gewonnen wurden. Hier findet man eingestreute, mehr oder minder gerundete Felsen, so genannte „Driftblöcke“ Ein schönes Beispiel ist der große, reinweiße Quarz auf dem Schulhof der Hauptschule, der der größte Quarzblock im Spessart ist. Diese Steine konnten vom fließenden Wasser nicht bewegt werden; dazu brauchte es Eisschollen, die einen ausreichend großen Auftrieb erzeugen konnten.

Unter den Geröllen der Mainschotter fallen besonders die schwarzen Kieselschiefer mit der weißen Äderung auf. Sie stammen aus dem Frankenwald und wurden vom Main nach Stockstadt gebracht, als dieser durch rückschreitende Erosion der Pegnitz das Wasser abgegraben

hatte. Diese auffallenden Steine sind hart und zäh, sodass man sie noch in den Rheinschottern in den Niederlanden finden kann. Weitere Informationen unter http://www.spessartit.de. -

Man muß dann wieder über die Gersprenz nach Süden und kommt auf dem Auhofweg zur St. Anna-Kapelle und über die Straße „Sportfeldsiedlung“ ostwärts ins Dorf in die Friedrich-Ebert-Straße.

 

Die andere Art Gneis ist der „Paragneis“. Dieses Gestein entstand bei der Metamorphose aus einem Sedimentgestein. Es besitzt einen hohen Anteil an Glimmer; im Anstehenden fallen noch ausgeschwänzte Quarzlinsen auf, die im Verwitterungsgrus die Kieselsteine liefern. Da der Fels deutlich weicher ist wie der Orthogneis und auch leichter verwittert, hat man ihn für bauliche Zwecke nicht verwandt. Eine kleine Schuppe steht im Bereich der Umgehungsstraße südlich der Eisenbahnbrücke an.

 

 

 

 

 

 

Ringheim (zu Großostheim):

Kulturpfad „Deckname Schafsweide“ (6 Kilometer):

Im Jahre 1937 wurde der Fliegerhorst von der Luftwaffe unter dem Decknamen „Schafsweide“ als einer von vielen getarnten Landeplätzen in Deutschland gebaut. Zunächst 1940 als Startpunkt mehrerer Fliegerangriffe auf Frankreich (unter anderem Vraux) genutzt, befand sich hier 1941 / 1942 eine Luftwaffen-Forschungsstelle zur Entwicklung von Elektronen- und Röntgenstrahlen‑Waffen. Ab 1944 wurde von hier aus wieder geflogen, bis die Soldaten der Vereinigten Staaten 1945 den Fliegerhorst einnahmen und jeden Flugbetrieb unterbanden.

Erst in den fünfziger Jahren wurde zunächst der Segelflug zugelassen und später auch Motorflugzeuge. Das Gelände des heutigen Verkehrslandeplatzes Großostheim befindet sich östlich des ehemaligen Fliegerhorstes, auf dem sich die Siedlung Ringheim erstreckt.

Die Anzeige zur Eröffnung des als „Festplatz“ getarnten Fliegerhorstes im Jahr 1937 birgt interessante Details. Auf Tradition wird Wert gelegt, eine bayerische und eine fränkische Tracht sind zu sehen, eine Schafherde samt Schäfer ziert die Ortsansicht von Pflaumheim. Aber auch auf moderne Errungenschaften ist man stolz, wie die Feldbahn und der Löffelbagger rechts belegen. Einen Tip auf die tatsächliche Verwendung des Festplatzes findet man ‑ ganz klein ‑ am rechten oberen Bildrand: hier schweben drei Flugzeuge am Himmel über dem Platz.

Der Militärflugplatz auf der Gemarkung des verschwundenen mittelalterlichen Dorfes Rin­gen­heim war der Ursprung des modernen Großostheimer Ortsteils Ringheim. Nach Ende des Krieges und der Zerstörung des Fliegerhorstes kamen hierher vor allem Flüchtlinge, die gemeinsam mit der Gemeinde auf dem Flughafengelände die Siedlung Ringheim schufen. Im Wald finden sich noch vielfach Spuren des Neubeginns von Ringheim, die durch den Geo­park ‑ Pfad erschlossen werden. In Erinnerung an den mit dem Krieg verbundenen Anfang Ringheims besteht hier seit langem ein starkes Engagement für den Frieden, das ‑ in Verbindung mit dem Geopark‑Pfad ‑ zum Bau des Glockenturmes mit der Friedensglocke führte. Glocke, Turm und Geopark‑Pfad sollen das Symbol für den Willen sein, in Zukunft gemeinsam für den Frieden zu arbeiten.

 

(1) Start An der Waldspitze:

Der Geopark‑Pfad beginnt auf dem Parkplatz „Waldspitze“ nahe beim Großostheimer Verkehrslandeplatz. Die sechs Kilometer lange Runde durch den Ringheimer Wald führt nach dem Start zu vier weiteren Stationen. Eine separate Info‑Tafel steht an der St. Pius‑Kirche in Ringheim.

 

(2) Spuren des Krieges im Wald:

Der erste Blick beim Spaziergang durch den Ringheimer Wald verrät noch nicht, daß es sich hier um ein Gebiet handelt, das bereits tiefgreifende Veränderungen erfahren hat. Man befindet sich, was die Hinterlassenschaften des Zweiten Weltkrieges betrifft, geradezu in einer Un‑Kulturlandschaft. Der Fliegerhorst durchdrang nicht nur das eigentliche Fluggelände, sondern auch die angrenzenden Wälder. Unter dem schützenden Dach der Bäume konnten die logistischen Einrichtungen Platz finden, die für den Unterhalt und für die Sicherheit des Flugplatzes notwendig waren. Ein Fundamentblock auf Schaafheimer Gemarkung ist der letzte Rest des ehemaligen Flugabwehrturmes. Es gibt noch Reste der Munitionsbunker (Tafelstandort).

 

(3) Vom Fliegerhorst zum Wohngebiet:

Die Gemeinde Großostheim übernahm im September 1945 das Gelände des Fliegerhorstes als kahle Fläche mit demolierten Gebäuden. Hierher kamen zunächst Flüchtlinge, für die das Gelände zur dauernden Ansiedlung zur Verfügung gestellt wurde, weil es über Strom, Wasser, Zufahrtsstraße und bis 1964Gleisanschlussverfügte. Nach mehrjährigen Verhandlungen wurde der aufgestellte Siedlungsplan mit dem Bau von 230 Häusern genehmigt. Seit dem 7. Juli 1950 hatte die neue Siedlung auch offiziell einen eigenen Namen: Der Gemeindeteil von Großostheim erhielt in Erinnerung an das mittelalterliche Dorf auf dessen Gemarkung er entstanden war, den Namen „Ringheim. Die Wirtschaftsgebäude des Fliegerhorstes wurden im Krieg nicht zerstört und wurden im Anschluß als Wohnraum genutzt.

 

(4) Friedensglocke:

Der 1937 gebaute Militärflughafen brachte Zerstörung nicht nur in Frankreich, sondern auch hier durch die Bombardierung des Fliegerhorstes und der Umgebung durch die Alliierten Besonders im Bereich der Friedensglocke befinden sich Wald rechts und links des Weges Krater, die bei der Bombardierung des Fliegerhorstes 1944 / 1945 entstanden sind. Die Ring­heimer Friedensglocke mit ihrem stählernen Turm wurde im Juli 2004 im Rahmen des UNESCO‑Geopark‑Kulturpfades Bachgau I errichtet. Der markante Turm ist ein Ergebnis des jahrzehntelangen Engagements der Ringheimer Kirchengemeinde für den Frieden, auf die auch die Entstehung des Kulturpfades zurückgeht. Die Friedensglocke wurde im Mai 2004 im Auftrag der Pfarrgemeinde St. Pius in Ringheim gegossen. Auf der Friedensglocke steht: „Unsere Schritte zu lenken auf den Weg des Friedens“. Daß gerade das Thema „Frieden“ in Ringheim aufgegriffen wurde, ergibt sich aus der Entstehung des Großostheimer Ortsteils.

Die Landwehr, an der der Glockenturm steht, wurde Anfang der neunziger Jahre des 15. Jahrhunderts von den Mainzer Kurfürsten errichtet, um Hanauer und Mainzer Territorium zu trennen. Sie markiert noch heute die Landesgrenze zwischen Bayern und Hessen.

 

(5) Der Brunnen im Wald:

Der Ringheimer Wald diente bis ins 19. Jahrhundert hinein vorwiegend als Weideplatz für Rinder und Schweine. Hier befindet sich ein alter Brunnen, von dessen Existenz nur wenige wußten. Vermutungen gingen sogar so weit, hier den Standort eines römischen Brunnens zu vermuten. Im Rahmen von Sicherungsmaßnahmen konnte die Funktion des Brunnens geklärt werden. Die Bergung des Inhalts und parallele archivalische Forschungen ergaben, daß der Brunnen 1805 gegraben wurde, um die Wasserversorgung des Viehs zu ermöglichen, das im Herbst zur Mast in den Wald getrieben wurde.

 

(6) St. Pius-Kirche:

Kirche und Schule waren in Ringheim zunächst in Notunterkünften eingerichtet. Im Jahre 1967 erhielt Ringheim ein eigenes Pfarrzentrum, das „Haus Shalom“. Im Jahre 1974 wurde die Pius-Kirche geweiht. Das Pfarrzentrum ist zu einem Mittelpunkt des Gemeindelebens in Ringheim geworden. Zahlreiche Kunstwerke und Gedenksteine künden von den Aktivitäten der Ringheimer und der Kirchengemeinde. Das Kinderhändedenkmal „Manument“ steht hin­ter der Kirche. Die Marienkapelle wurde 2002 von der Bürgervereinigung erbaut.

 

 

Pflaumheim (zu Großostheim):

Kulturradweg „Durch den Plumgau“ (18 Kilometer)

Auf einem mittelschweren Kurs führt der Kulturradweg durch die Landschaft des „Plum­gaus“. Es erwarten Sie von den Kuppen weite ausblicke bis nach Frankfurt und am Pflaum­bach Kleinode der Kunstgeschichte. Eine sehr alte und heute nicht mehr gebräuchliche Bezeichnung nennt die Landschaft des westlichen Bachgaus den „Plumgau“. Danach ist der Kulturradweg benannt, der die Orte Pflaumheim, Radheim, Mosbach und Wenigumstadt ‑ länderübergreifend ‑ erschließt.

Die meisten kunsthistorisch interessanten Bauwerke (Dorfmauer, Rathäuser) haben ihren Ursprung im 15. und 16. Jahrhundert, als es der Region wirtschaftlich sehr gut ging. Insbesondere das Steinmetzhandwerk florierte in Pflaumheim ‑ zu sehen an den Neidköpfen und den Bildstöcken, die aus dem roten Buntsandstein entstanden. Auch die Kulturlandschaft ist seit Jahrtausenden besiedelt. Von der Steinzeit über die Bronzezeit bis ins Mittelalter hinein weisen die hervorragenden archäologischen Befunde auf hochstehende Persönlichkeiten hin, die hier bestattet wurden. Das Landschaftsbild seit dem 15. Jahrhundert wird vom Wartturm und der ihn flankierenden Landwehr geprägt.

 

(1) Kirchplatz:

Das Ensemble am Pflaumheimer Kirchplatz mit Kirche und alter Schule ist das stimmungsvolle Umfeld für den Start des Kulturradweges. Gegenüber befindet sich die Werkstatt des letzten Pflaumheimer Steinmetzes.

 

(2) Wartturm: Die Schaafheimer Warte ist heute ein Aussichtsturm. Sie wurde 1492 unter dem Mainzer Erzbischof Berthold von Henneberg (1484 ‑ 1504) auf dem 216 Meter hohen Binselberg errichtet. Von hier war der Verlauf der Landwehr, die Mainzer von Hanauer Territorium trennte, gut zu überwachen.

 

(3) Laurentiuskirche Radheim:

An der Stelle der Laurentiuskirche im Schaafheimer Ortsteil Radheim befand sich zu Römerzeiten eine Kultstätte. Bei Renovierungsarbeiten wurde ein römischer Opferstein gefunden, der in den Marienaltar eingemauert worden war. Auf ihm ist der Gott Merkur dargestellt. Heute wird der Kirchenbau durch zwei größere Umgestaltungen geprägt: Im Jahre 1578 war der Umbau im Renaissancestil abgeschlossen und 1764 / 1768 wurden die prächtigen barocken Altäre aufgestellt

 

(4) Johanniterkommende Mosbach (zu Schaafheim):

Im Schaafheimer Ortsteil Mosbach befinden sich Kirche und Gebäude einer ehemaligen Johanniterkommende. Sie wurde im 13. Jahrhundert an der Stelle eines Klosters erbaut, das in der Zeit Karls des Großen Erwähnung fand. Wegen der Hauptaufgaben des Ordens, der Betreuung der Kreuzritter und Pilger, bildeten Kirche und Hospital stets eine Einheit.

 

(5 - 7) Durch Wenigumstadt führen drei Tafeln des Kulturpfades „Wilschenimschder Wallonen“ (siehe unten). Hier lernen Sie die Geschichte der Kirche St. Sebastian, des Rathauses und der Balduinikapelle kennen.

 

(8) Bahnbrücke:

Über die Bahnbrücke fuhr einst die Bachgaubahn, die 1912 ‑ 1974 von Höchst (im Odenwald) nach Aschaffenburg führte. Im Bereich der Orte Wenigumstadt und Pflaumheim ist die ehemalige Bahntrasse seit 1997 als geschützter Landschaftsbestandteil naturschutzrechtlich gesichert. Die Bahnbrücke ist heute Kultur- und Naturschutzdenkmal.

 

(9) Hesselburg:

Die Flurgemarkung „Hesselburg“ stand stets mit einer geheimnisvollen Sage in Verbindung, daß sich hier Schätze und Ähnliches finden würden. Nachdem 1939 bei Bauarbeiten unabsichtlich ein Kellergewölbe freigelegt worden war, wurde das Gelände dann 1971 in einer Grabung untersucht, wobei man die Überreste eines römischen Gutshofes fand. Zur Konservierung des Befundes wurde er wieder mit Erde bedeckt.

 

(10) Pflaumheimer Grabhügel:

Pflaumheim ist mit dem frühesten schriftlichen Beleg archäologischer Ausgrabungen am bayerischen Untermain verbunden. Bereits 1787 wurden durch „Jäger“ des Grafen Franz zu Erbach mehrere Grabhügel geöffnet, wobei die Ausgräber einige Urnen fanden. Sie wurden allerdings dabei beobachtet, woraufhin das Erzstift Mainz als Landeigner Anzeige erstattete. Es erhob zudem Anspruch auf die Funde, die jedoch nicht zurückkamen. Im Jahre 1902 wurde einem Grabhügel der reiche Trachtschmuck einer Frau der Spätbronzezeit entnommen.

 

(11) Steinmetze:

Weithin bekannt waren die Pflaumheimer Steinmetze. Seit dem Mittelalter war ein gemeindeeigener Sandsteinbruch in Betrieb. Daneben gab es noch einige private Steinbrüche. Ein Dutzend Steindenkmäler und Bildstöcke im Ortsbereich und in der Flur geben davon Zeugnis. Sie stammen alle aus dem 16. bis 18. Jahrhundert. An diese Zeit erinnert auch eine Reihe von Bildhauerarbeiten im Ortskern, zum Beispiel der Schneidersbildstock. Die Familie Zahn ist auch mit der jüngsten Generation als Steinmetze in Pflaumheim tätig.

 

(12) Annakapelle:

Wohl einer der schönsten Aussichtspunkte im Bachgau ist die Annakapelle. Von hier hat man einen herrlichen Rundblick vom Spessart (rechts) über die Mainebene zum Taunus (mit Frank­furt im Vordergrund). Der aus dem 17. Jahrhundert stammende Vorgängerbau wurde wegen Baufälligkeit abgerissen. Der Neubau erfolgte dann nicht weit entfernt an dieser Stelle, eben wegen des Panoramablicks.

 

(13) Dorfarchäologie:

Die außergewöhnlichen, frühmittelalterlichen Fibeln, die im Stiftsmuseum in Aschaffenburg ausgestellt werden, wurden bei Bauarbeiten in Pflaumheim gefunden. In den Jahren 1969 / 1970 wurden 23 Gräber eines vermutlich über 300 Gräber umfassenden frühmittelalterlichen Reihengräberfeldes freigelegt. Fast alle diese 23 Gräber waren aber schon von Grabräubern des Mittelalters beraubt worden.

 

(14) Altes Rathaus:

Das Pflaumheimer Rathaus aus dem Jahr 1548 ist das älteste noch erhaltene Rathaus im Bachgau. Es ist ein Beleg für den Wohlstand der Gemeinde im 16. Jahrhundert, als Pflaum­heim etwa 500 Einwohner zählte. Im Jahre 1982 feierten die Pflaumheimer mit einem Rat­hausfest den Abschluß der Renovierungsarbeiten. Seitdem dient es als „gute Stube der Vereine”.

 

 

Wenigumstadt

Kulturpfad „Wilschenimschder Wallonen“ (6 Kilometer)

Wenigumstadt ist ein besonders europäischer Ort. Das liegt an den Jahrtausende alten archäologischen Zeugnissen wie zum Beispiel Hügelgräbern, die ein lebhaftes Bild des Siedlungsverlaufs vermitteln. So kann man Römer identifizieren, Alemannen, Angelsachsen und Franken. Die letzte Siedlungswelle wirkte namensgebend für den Kulturpfad: Im 17. Jahrhundert sorgten vor allem Wallonen (aus dem heutigen Belgien) dafür, daß der im Dreißigjährigen Krieg wüst gefallene Ort nicht ausstarb. Beim Gang durch die Wenigumstädter Kulturlandschaft erinnert manches an die europäische, insbesondere an die wallonische Vergangenheit. Höhepunkt dabei ist die Vierzehn‑Nothelfer‑ Kapelle, die 1698 der wallonische Pfarrer Balduini errichten ließ.

Wenigumstadt ist ein besonders europäischer Ort. Das liegt an den Jahrtausende alten archäologischen Zeugnissen wie zum Beispiel Hügelgräbern, die ein lebhaftes Bild des Siedlungsverlaufs vermitteln. So kann man Römer identifizieren, Alemannen, Angelsachsen und Franken. Die letzte Siedlungswelle wirkte namensgebend für den Kulturpfad: Im 17. Jahrhundert sorgten vor allem Wallonen (aus dem heutigen Belgien) dafür, daß der im Dreißigjährigen Krieg wüst gefallene Ort nicht ausstarb. Beim Gang durch die Wenigumstädter Kulturlandschaft erinnert manches an die europäische, insbesondere an die wallonische Vergangenheit. Höhepunkt dabei ist die Vierzehn‑Nothelfer‑ Kapelle, die 1698 der wallonische Pfarrer Balduini errichten ließ.

 

Der Geopark‑Kulturpfad führt auf einer Länge von 6 Kilometern durch die Wenigumstädter Kulturlandschaft. Im ersten Teil verläuft die Route durch Wiesen und Felder bis zur Kirche und zum Rathaus. Nach der Durchquerung des Ortskerns folgt nach leichter Steigung ein Gang durch den Gottfriedswald. Am Waldrand lockt schließlich ein Aussichtsplatz zum Ausruhen. Die letzte Station vor dem Erreichen des Ausgangspunktes ist die Vierzehn-Nothelfer‑ Kapelle des „Wallonen“‑Pfarrers Balduini.

 

(1) Viehweidsbrücke:

Zu Beginn führt der Kulturpfad durch Felde und Wiesen mit Blick auf den Wartturm von

 1492. Einer der Stifter des Rotkreuz‑Bildstocks aus dem 17. Jahrhundert in der Nähe der Viehweidsbrücke ist der „Wallone“ Heinrich Mü…..(?)

 

(2) Kirche St. Sebastian:

Um 1903 wurde am Ortsrand eine neue Kirche im neugotischen Stil eingeweiht, da die alte im Ortskern baufällig und zu klein geworden war. Das heutige Aussehen bekam der Innenraum bei der letzten Restaurierung im Jahr 1993. Original ist der Figurenschmuck: Heiligenfiguren aus der Schnitzwerkstatt von Matthäus und Heinz Schiestl in Würzburg, von Josef Riefesser aus St. Ulrich in Südtirol und das große Chorbogenkreuz von Arthur Schleglmünig. Die Figuren sind zum Teil Stiftungen Wenigumstädter Bürger. Weiter zu erwähnen sind das spätgotische Tafelbild der Vierzehn‑Nothelfer (15. Jahrhundert, vermutlich aus fränkischer Schule), das früher in der Vierzehn‑Nothelfer‑Kapelle untergebracht war, die bis in die siebziger Jahre an der Marienstraße stand (heute Balduinistraße). Bemerkenswert ist auch die ebenfalls spätgotische Madonna aus der Zeit um 1490. Seit der Umgestaltung des Kirchenschiffes in den fünfziger Jahren übernahm der Wenigumstädter Kirchenmaler Willy Jakob einen Großteil der Arbeiten.

 

(3) Rathaus und alte Kirche:

Das Rathaus ist das älteste erhaltene Bauwerk Wenigumstadts. Es wurde 1584 während der Regierungszeit des Mainzer Kurfürsten Wolfgang Kämmerer von Dalberg im Renaissancestil errichtet. Durch die Verzierung mit ornamentalem Blattwerk, Spiralen, Sternen, Sonnen und Engelsköpfen ähnelt das Haus anderen mainfränkischen Bauten. Am Rathaus sind Schnitzarbeiten des 16. Jahrhunderts und Kratzputzbilde von Willy Jakob, dem gebürtigen Wenig­umstädter Kirchenmaler, der auch in der Kirche St. Sebastian tätig war. Der heilige Sebastian ist auf dem Brunnen neben dem Rathaus dargestellt.

Etwas zurückgesetzt stand die alte ‑ heute profanierte ‑ Kirche am Platz eines mittelalterlichen Vorgängerbaus, von dem der Turm belassen wurde. Daneben wurde 1719 unter der Leitung des „Wallonen“‑Pfarrers Johannes Balduini ein barockes Langhaus errichtet und 1728 eingeweiht. Aufgrund der Feuchtigkeit und wegen Raummangels errichteten die Wenigumstädter im Jahr 1903 eine neue Kirche. Erst während eines Umbaus wurde 1910 der Turm vollständig abgerissen. Der in der alten Kirche eingelassene Gedenkstein erinnert an den „Wallonen“‑ Pfarrer Balduini, mit dessen Unterstützung beide Bauten errichtet wurden.

 

(4) Altsiedellandschaft Wenigumstadt:

Entlang des Linienweges im Gottfriedswald wandelt man auf archäologischen Spuren. Hügelgräber und die Station „Altsiedellandschaft“ vermitteln die Spuren einer andauernden Siedlungstätigkeit. Dank des fruchtbaren Lößbodens, des günstigen Klimas und der Verkehrslage ist der Bachgau seit der Jungsteinzeit (jungsteinzeitliche Pfeilspitzen) eine intensiv genutzte und dicht besiedelte Kulturlandschaft. Beweis dafür sind zahlreiche Funde der Völkerwanderungszeit. Nach Ende der römischen Herrschaft um 260 nCh ließen sich in der zweiten Hälfte des 4. Jahrhunderts wieder Menschen in diesem Landstrich nieder. Die Grabbeigaben lassen darauf schließen, daß es sich bei den Siedlern um eine bunt zusammen gewürfelte Lebensgemeinschaft handelte. Dazu gehörten Elbgermanen, Gallier und Ostgermanen. Danach folgten Franken und ‑ überraschend ‑ eine aus dem angelsächsischen Bereich stammende Familie, die ihre andersartige Gebrauchskeramik lange Zeit beibehielt.

 

(5) Marienruh und Ausblick:

In der Wenigumstädter Flur finden sich eine Reihe von Bildstöcken und so genannten Mariengrotten. Letztere sind im 20. Jahrhundert entstanden, zumeist im Zusammenhang mit der glücklichen Heimkehr aus dem Krieg oder mit der Errettung aus einer schweren Bedrängnis. Die Anfänge der Grottenanlage Marienruh gehen in das Jahr 1924 zurück, als der Wenigum­städter Natur‑ und Vogelschutzverein gegründet wurde. Am Aussichtspunkt kann man sich hinzusetzen und ‑ bei günstigem Wetter ‑ den Blick bis zum Taunus zu genießen.

Wenn man zum Abschluß einkehren und das Kartenspiel „Schafkopf“ kennen, kann man eine Partie mit Einheimischen riskieren ‑ aber Vorsicht: bei den Wilschenimschdern wird mit französischem Blatt gespielt!

 

(6) Wilschenimschder Wallonen:

Im Dreißigjährigen Krieg wüteten Söldner und die Pest im Kurfürstentum Mainz, wodurch mancherorts 90 Prozent der Bevölkerung hinweg gerafft wurden. Hierauf befahl der Mainzer Kurfürst Johann Philipp von Schönborn die Neubesiedelung von Dörfern, Städten und Märkten. Da enge Beziehungen zwischen dem Stift St. Peter und Alexander in Aschaffenburg und der Diözese Lüttich bestanden, waren die meisten Ankömmlinge Wallonen aus dem Raum St. Trond Borgeloon nordwestlich von Lüttich. Im Jahre 1668 stellten die Wallonen bereits 75 Prozent der Wenigumstädter Bevölkerung. Wallonen und Einheimische blieben zunächst unter sich, näherten sich aber über den gemeinsamen Glauben allmählich an. Eine tragende Rolle spielte dabei Pfarrer Johannes Balduini, unter dessen Leitung 1698 die Vierzehn-Nothelfer‑ Kapelle errichtet sowie später der Neubau der Kirche veranlaßt wurde. Heute erinnern noch Namen wie Deboy, Fuhry oder Thyroff an die wallonischen Wurzeln.

 

 

Großostheim

Nur wenige Kilometer von Aschaffenburg entfernt - und doch fernab vom Touristenstrom -  liegt das städtebauliche Kleinod Großostheim. Mit über hundert Eintragungen in der Denkmalsliste steht es weit an der Spitze aller Gemeinden des Landkreises Aschaffenburg. Es darf sich nur „Markt“ nennen, denn Stadtrechte hat der Ort nie erworben.

Das angenommene Alter fußt auf der ersten urkundlichen Erwähnung 827 durch Einhart, den Geschichtsschreiber Karls des Großen. Nach dem Bericht des Biographen stand jedoch zu dieser Zeit schon ein St. Martins‑Kirche in Ostheim, in der für eine Nacht die Reliquien der Heiligen Petrus und Marcellinus während ihrer Überführung von Michelstadt nach Seligenstadt aufbewahrt wurden.

Im Jahr 1999 feierte man allerdings das 1200jährige Bestehen, belegt durch die Erstnennung 799 in einer Urkunde des Klosters Fulda. Aber natürlich reicht das „wahre” Alter weit über die schriftliche Überlieferung hinaus.

Großostheim gehörte zum Bachgau, jenem fruchtbaren Hügelland zwischen Babenhausen und Aschaffenburg, das einstmals begehrtes Siedlungsgebiet war. Schon Römer und Franken haben hier ihre Felder bestellt, wie zahlreiche im Bachgau-Museum gezeigte Funde belegen.

Seine kulturelle und wirtschaftliche Hochblüte erfuhr Großostheim jedoch unter dem Kurfürstentum Mainz, das mehr als 500 Jahre (bis 1803) die Ortsgeschicke lenkte. Aus dieser Epoche sind zahlreiche Kunst- und Baudenkmäler erhalten.

 

Rundgang:

1. Nöthiggut am Markt:

Die Hauptzierde des Marktplatzes stellt der alte Herrensitz „Nöthiggut“ dar, das Kurmainzer Verwaltungs- und Wirtschaftszentrum, das um 1500 erbaut wurde. Der Hof war ein vom jeweiligen Mainzer Dompropst zu vergebendes Lehen, das vererblich, aber unteilbar und unveräußerlich war. Die Lehensinhaber hatten an den obersten Lehensherrn eine Abgabe zu zahlen und als deren Faktoren den kirchlichen Zehnt in Großostheim und Pflaumheim zu erheben und abzuliefern; als Entlohnung fiel ihnen ein Teil der Abgaben zu. Es waren ausschließlich angesehene Familien, die mit dem Gut belehnt wurden. Der Besitz des Hofes und die damit verbundenen Einkünfte sowie die eingeräumte Vertrauensstellung gaben ihnen Gelegenheit, Ansehen und Wohlstand zu mehren.

Häufig bekleidete der Lehensinhaber auch das Amt des kurmainzischen Zentgrafen. Er war Vertreter des Kurfürsten, oberster Richter, zuständig für Verwaltung, Steuer, Militär, Polizei, Zoll und Geleit. Als erster bekannter Hofbeständer wird der Niederadlige Heinrich Clebiz genannt. Erzbischof Johann II. (1397 - 1419) verleiht ihm als mainzisches Mannlehen einen Hof, gelegen zwischen der Kirche und dem Spielhaus, das bereits sein Vater besessen hatte. Auf ihn gehen die Kleeblätter im Gemeindewappen zurück.

Der erste namentlich bekannte Pächter war Hermann Kühlbrot, der im Jahre 1485 wegen Aussatzes den Hof aufgeben mußte. Ihm folgte unter anderem die Familie Nöthig von 1762 bis 1921. Im Jahr 1929 erwarb die Gemeinde das Anwesen samt dem Grundbesitz. Heute ist das „Bachgau-Museum“ mit einer Ausstellungsfläche von 1100 Quadratmetern, im Fachwerkbau des „Nöthiggutes“ untergebracht.

Es verfügt über Bestände einheimischer Keramik und alter Handwerksgerätschaften aller Art, über eine beachtliche Zinn-Sammlung, eine Sammlung spätgotischer Flügelaltäre, eine bedeutende vor- und frühgeschichtliche Abteilung sowie einem echten „Tante-Emma-Laden“ mit allem, was dazugehört. Öffnungszeiten: 1. Sonntag im Monat, 14- 17 Uhr und nach Vereinbarung, Telefon: 0 60 26/12 26. Zum Komplex des Nöthiggutes gehört das Gotische Haus

 

2. „Peter-und-Paul-Kirche“:

 Die „Alt Keasch“ - wie St. Peter und Paul im Volksmund genannt wird -bildet den östlichen Abschluß des von Fachwerkhäusern gesäumten Marktplatzes. Ihr erhöhter Standort auf einer Bergzunge zeigt den Bewohnern und Reisenden im Maintal den Machtanspruch ihrer Erbauer. Der dem Hl. Martinus geweihte Vorgängerbau wurde zwischen 750 und 800 von den adeligen Grundherren errichtet. Eine adelige Dame Anstrada, wohl Tochter oder Ehefrau des Erbauers, stiftete die Kirche in der Zeit zwischen 802 und 817 dem Kloster Fulda.

Unter Kurmainzischem Patronat fand um 1250 / 1270 ein erweiterter Neubau und ein Wechsel der Kirchenpatrone in St. Peter und Paul statt. Von dem frühgotischen Bau blieben Chor und Turm erhalten. Als Mutterkirche für die benachbarten Orte (Pflaumheim bis 1926) wurde der Raum bald zu klein, und so erfolgte etwa zwischen 1480 und 1490 die dreischiffige Erweiterung des Langhauses. Im Jahre 1771 erfolgte eine Aufstockung mit Errichtung von Männeremporen.

Nie zerstört, birgt  der  „Bachgaudom“  eine Anzahl Kunstschätze der verschiedensten Epochen. Die wertvolle Ausstattung entstand in verschiedenen Kunstepochen. Die Deckenfresken sind aus dem  15. Jahrhundert. Unter den spätgotischen Ausstattungsstücken nimmt die Beweinung von Tilman Riemenschneider einen hervorragenden Rang ein, das früheste bekannte Werk des Meisters, das er 1489 schuf. Die Hand des Meisters ist besonders in den großformatigen Frontfiguren zu erkennen (nach Dr. Muth, Mainfränkisches Museum). Vermutlich war das Beste gerade gut genug. Die bewegte Figurengruppe stand wohl - wie üblich - in einem Schrein mit Flügeltüren und Türmchenaufbau.

Der Barockzeit entstammen die Seitenaltäre mit Kanzel, die Orgel und das farbenfrohe, bewegte Deckengemälde. Der Maler J. Konrad Bechthold aus Aschaffenburg holte sich dazu Anregungen aus der Stiftskirche St. Peter in Mainz. Durch reiche Stiftungen war man ab etwa 1500 in der Lage, fünf Priester zu beschäftigen. Das „Landkapitel Muntat“, eine Kirchensynode, tagte regelmäßig in St. Peter und Paul.

Der 1489 von Großostheimer Bürgern gestiftete Magdalenenaltar scheint vor der Aufstellung des Riemenschneideraltars an der Ostwand des südlichen Seitenschiffes erst mit Fresken dekoriert gewesen zu sein. Man erkennt Szenen aus dem Leben Jesu, in den Gewölbefeldern die vier Evangelistensymbole und musizierende Engel mit Instrumenten des Spätmittelalters wie Psalter und Harfe.

 

3. Alter Friedhof:

Der Großostheimer Friedhof wurde 1820 direkt an der Ortsmauer angelegt. Er ersetzte den ehemaligen Standort an der Peter-und- Paul-Kirche am Marktplatz. Am hinteren Ende des Friedhofes, direkt am Stumpfen Turm, befinden sich die Grabmäler der Familie Nöthig, nach der das Renaissance-Ensemble am Marktplatz benannt ist.           

Die Familie Nöthig hat zwei imposante Grabdenkmäler hinterlassen, die beide aus weißem Bamberger Sandstein gearbeitet und sehr stark verwittert sind, so daß die Inschriften teilweise nur sehr schlecht zu lesen sind. Sie künden vom Landesgerichtspräsidenten Jakob Christian Nöthig, der Gründungsvorsitzender der „Spessartfreunde“ war, dem Vorgänger des Spessartbundes, sowie von dem  Landtagsabgeordneten Christian Nöthig, der Großostheims Antrag zur Stadterhebung unterstützte.

Der erste Nöthig kam von Miltenberg als Bäcker nach Großostheim. Seine Nachkommen erwarben eine Gastwirtschaft. Einer von ihnen wurde Landschöffe, ehe dann ein Christian Nöthig das Gut am Marktplatz zunächst pachtete und dann erwarb. In der Familie war es leider üblich, immer die gleichen Vornamen zu verwenden, so daß es heute schwierig ist, die verschiedenen Personen auseinanderzuhalten. Der Letzte - Franz Nöthig - mußte das Gut 1921 versteigern lassen. Im  Jahre 1929 erwarb es die Gemeinde und richtete dort ein Altersheim ein.

Jakob Nöthig war von 1881 bis 1905 Bürgermeister der Marktgemeinde. In dieser Zeit setzte die Industrialisierung ein. Zusammen mit Pfarrer Johann Ignaz Schüßler, dessen Grabmal neben dem von Nöthig steht und der Ehrenbürger ist, kämpfte er für den Eisenbahnanschluß Großostheims, der 1911 kam. Nöthig starb 1905 an einer schweren Krankheit.

4. Stumpfer Turm:

Der „Stumpfe Turm“, ein Rundturm, wird bereits 1500 in einem Zinsregister genannt. Er besteht aus unregelmäßigen Quadern, rechteckigen Scharten und hat nie eine Überdachung oder Spitze besessen. Außerdem weist er eine Wendeltreppe im Inneren auf. Auf der Nordseite sind drei Reliefwappen angebracht: das der Mainzer Kurfürsten, das der Familien Echter und Schad sowie eine verwitterte Inschrift.

In den Jahren 1937 / 1938 wurde der Turm renoviert. Man stellte die Treppe zum Turmeingang wieder her und baute eine Feierstätte für die Jugendverbände des Dritten Reiches ein. Eine mündliche Überlieferung besagt, daß auf dem Mauerkranz einst die Köpfe der Hingerichteten ausgestellt waren. Die Regierenden im Bachgau ließen um 1520 ihre Wappen am Stumpfen Turm anbringen: links die drei Ringe von Hamann Echter als Vicedom, in der Mitte das große Wappen von Kardinal Albrecht von. Brandenburg und rechts der Bock des Centgrafen Schade von Ostheim. Er ist also der Turm des Kurfürsten

Der Stumpfe Turm diente der Centcompanie, den wehrfähigen Männern des Bachgaus als Pulvermagazin. Im benachbarten Schießberg (heute Friedhof) befand sich der Schießplatz der Ostheimer Schützen, die der Centgraf bei Streitfällen mit Erfolg einsetzte.

           

5. Spitzer Turm:

Am besten erhalten ist der 28 Meter hohe „Spitze Turm“ am Ortsausgang nach Pflaumheim. Er war Teil der Turmpforte. Schon 1551 wird er als „New Thurn“ (= neuer Turm) im Türkensteuerregister genannt. Er besitzt bis zu 1,85 Meter starke Mauern. Früher war er über die Ringmauer durch eine Einstiegsöffnung auf halber Höhe zu erreichen. Ausgestattet mit Schießscharten, Pechnasen und Zinnen, stellte das Bollwerk seine Wehrhaftigkeit nicht in Frage.

Der „Spitze Turm“ war eines der Centgefängnisse. Die Strafrechtspflege und deren Kosten waren Sache der Cent. Wenn auch seit dem Bauernkrieg die schweren Verbrechen in Aschaffenburg abgeurteilt wurden, so blieb doch dem Centgrafen und später dem Obervogt die Vernehmung der Verhafteten und die Vollstreckung der Todesstrafe. Nach der Vereinigung der Ostheimer Obervogtei mit der Obernburger Stadtvogtei  im Jahre 178) entfiel die Funktion der Türme für die Gefangenenverwahrung in Großostheim.

Der „Spitze Turm“ hat in 20 Meter Höhe einen Turmkranz, der heute bestiegen werden kann und einen guten Panoramablick bietet. Öffnungszeiten: nach Vereinbarung mit dem Geschichtsverein. Der Spitze Turin bietet einen weiten Blick über Großostheim, die Mainebene und die angrenzenden Spessartberge. Als Wach- und Signalturm war er von einem Turmwächter besetzt. Eine Bleistiftzeichnung um 1850 zeigt das Vortor der Turmpforte und dahinter den Einstieg über die Ortsmauer in halber Höhe des Spitzen Turms. Im Vortor wurde der Pflasterzoll erhoben.                                

                                  

6. Zehnthof:

Das alte Rathaus steht an der Stelle der alten Zehntscheuer, ein Teilbereich des ehemaligen Zehnthofes. Großostheim und Pflaumheim hatten dem Domkapitel und dem Domprobst des Erzstiftes Mainz den zehnten Teil der Feldfrüchte - den kirchlichen Zehnt - abzuliefern. Die Eintreibung und Verwahrung oblag dem Inhaber des Domprobstei-Lehens, dem Verwalter des Nöthiggutes. Als zu Zeiten der Familie Lieb die Räumlichkeiten des Hofes zur Aufbewahrung der Zehntabgabe nicht mehr ausreichten, wurde der Zehnthof gebaut. Der Wirtschaftshof diente den darin Beschäftigten als Wohnung und Amtsraum. Im ersten Stockwerk befanden sich neben Wohnräumen ein Speicher für das gedroschene Getreide, daneben existierten noch weitere Scheunen.

Als Großostheim im Jahr 1814 an das Königreich Bayern fiel, ging das Zehntrecht und das Eigentum an dem Zehnthof an den Bayerischen Staat über. Jakob Nöthig erhob nun als königlich bayerischer Finanzbeamter den Zehnt, bis er 1827 in Ruhestand ging. Von da an übernahm das Rentamt diese Aufgabe, bis die Umwandlung der Naturalabgabe in eine finanzielle Abgabe erfolgte.

Teile des Zehnthofs wurden in der Folge verkauft. Ein Großteil des Anwesens (heutige Haarstraße 31) wurde aber 1860 in ein Forstamt mit Dienstwohnung umgewandelt. Nach der Verlegung des Forstamts nach Aschaffenburg verkaufte der Staat 1908 das Anwesen. Die große Scheune diente als Bauhof und als Stall für die Gemeindestiere.

 

7. Drippelskapelle:

Die Drippelskapelle (das „Drippelskerchelche“), die sich früher nahe der Kuhpforte befand, schmiegt sich heute in die benachbarte Häuserreihe in der Grabenstraße so ein, daß das Schmuckstück erst auf den zweiten Blick eine Beachtung findet.

Die Kapelle stammt aus der Zeit der Spätgotik, aus dem Jahr 1517, wie eine Inschrift über dem Fenster auf der Südseite dokumentiert. Erbaut wurde sie von Peter Drippel, der seines Zeichens Hufschmied war. Tartschen mit Hufschmiedwerkzeugen und einem Hufeisen zieren die Schlußsteine der spitzbogigen Türgewände. Durch seine Dienstleistung in der Werkstatt am Verkehrsweg  konnte er zu Reichtum gelangen

Die sehenswerten spätgotischen Flügelaltäre sind heute im Bachgaumuseum untergebracht. Vor Ort befindet sich eine Kopie. Der Hauptschrein zeigt Maria mit dem Kind, St. Katharina und Barbara. Die Innenflügel präsentieren eine bewegte Renaissanceansicht der Verkündigung Mariens, die Außenflügel die Schnitzreliefs von St. Eligius und Antonius.

Das kleine Hausaltärchen, „Großostheimer Krippchen“ genannt, birgt in feiner Schnitzarbeit die Geburt Christi. Die Flügel mit Szenen aus der Marienlegende tragen das Datum 1492. Die Außenflügel zeigen die Kirchenpatrone St. Peter und Paul. Das Hausaltärchen stammt von den Schwiegereltern von Peter Drippel.

 

8. Hexenturm:

Unheimliches Gefängnis

An der Nordostseite der Stadtbefestigung ist der Kalk- oder Hexenturm eingebunden. Er zeigt eine ähnliche Gestalt wie der „Stumpfe Turm“, ist aber ein wenig niedriger und vermutlich früher entstanden. Der Hexenturm entstand als Wehrturm mit Zinnenkranz und Wehrplattform um 1500 zusammen mit der Ortsmauer.

Im Turm fanden die „peinlichen Befragungen“ (Folter) der als Hexen denunzierten Personen statt. Eine quadratische Öffnung im Boden ist der Eingang zum düsteren Verlies im Untergeschoß des Hexenturms, es war eines der Centgefängnisse. Durch das „Angstloch“ wurden die Delinquenten in den lichtlosen Raum hinuntergelassen. Im 19. Jahrhundert lagerten hier die Tüncher ihren gelöschten Kalk.

An die Tatsache, daß sich ein Tannenbäumchen auf der Plattform des Hexenturms angesät hat und sich zu einem stattlichen Baum entwickelte, der noch Ende des 19. Jahrhunderts zu sehen war, knüpft die Sage von der Ringenheimer Hexe an: Ein eigens dazu gedichtetes Heimatspiel von Philipp Höfling berichtet, daß in diesem Turmverlies Hexen gefangengehalten und gefoltert wurden.

 

9. Schmalzgrube:

Die Schmalzgrube liegt am tiefsten Punkt des alten Ortskernes, quasi im Schatten des Kirchberges. Es ist das Großostheimer  „Schwarzviertel“, in dessen kleinen Hofraiten Tagelöhner, kleine          Großostheim Handwerker und Kleinbauern wohnten. Der Name kann seinen Ursprung von dem hier anstehenden fetten, schwarzen Schwemmboden bekommen haben oder von dem Netz schmaler Gäßchen. Zwei Bauernwagen kamen hier nicht aneinander vorbei.

Die Häuschen, bei denen man bequem an die Dachrinne greifen konnte, sind heute selten geworden, aber eine drangvolle Enge herrscht in den kleinen Hütchen und Gäßchen immer noch. Eng sind die Gäßchen im Schatten des Kirchberges, nur selten unterbrochen durch ein Gärtchen, dessen Mauerkrone als Regenschutz von sogenannten „Bischofsmützen“ gebildet wird.  Von besonders großen Personen behauptete der Volksmund, sie könnten „aus dem Dachkandel saufen“.
 

10. Kreuzkapelle:

Ein Kunstwerk besonderer Art birgt die von außen recht schlicht wirkende Heiligkreuzkapelle, im Volksmund „Heiligkreuz“ genannt: eine Kreuzigungsgruppe aus rotem Sandstein,  aus  dem Jahr 1510 aus der Schule von Hans Backoffen in Mainz. Die Figuren besitzen Lebensgröße.

Früher stand das Gotteshaus allein auf weiter Flur, heute ist es in die Siedlung integriert. Seine heutigen Ausmaße mit einem Langhaus und Chor gehen weit über die einer Feldkapelle hinaus. Der ursprünglich quadratische Bau der Kapelle wie auch die Kreuzigungsgruppe können (laut einer Steintafel über dem Haupteingang) auf das Jahr 1513 datiert werden. Dort findet sich auch das Wappen des Erzbischofs Uriel von Gemmingen (Erzbischof von 1508 -1514): zwei goldene Querbalken auf blauem Grund. Über den Stifter und den Erbauer des ursprünglichen Baues kann nur spekuliert werden.

Im Jahr 1656 stiftet Johann Lieb - um 1670 Obervogt im Bachgau  - zwei Altäre, je mit entsprechenden Inschriften versehen. Eine umfassende Umgestaltung des Gotteshauses erfolgte durch den Anbau des Chors im Jahr 1743.

Der Gottesdienst in der Kapelle erfuhr auch von höchster kirchlicher Stelle eine geistige Förderung: Nach einer im Pfarrarchiv befindlichen Urkunde erteilte Papst Clemens XII. im Jahr 1739 den Gläubigen einen vollkommenen Ablaß. Welch hohes Ansehen die Heiligkreuzkapelle genoß, spiegelt sich auch in den Gemeindeberichten wider. Das Gotteshaus war bedeutender Wallfahrtsort für die ganze Umgebung. Aschaffenburger und benachbarte Gemeinden hielten hier besondere Andachten ab.

Der Wallfahrtsweg führte von Aschaffenburg entlang der Sieben - Fußfälle - Bildstöcke (siehe dazu auch Kulturweg Aschaffenburg- Nilkheim), die heute noch bestehen. Die Kreuzigungsgruppe stand ursprünglich - für die Pilger weithin sichtbar - unmittelbar hinter dem überhöhten, offenen Portalbogen. Durch kleine flankierende Spitzbogenpförtchen konnten die Pilger eintreten, die Gruppe umrunden und die Kapelle wieder verlassen. Die Kapelle war bis 1743 eine offene Halle mit seitlichen Arkadenöffnungen. Sie diente auch als Hauskapelle für das nahegelegene Siechenhaus.

Aus der Zeit um 1743 stammt auch die mit zehn Registern versehene Barockorgel des Aschaf­­­fenburger Orgelbauers Hugo. Sie ist besonders kostbar, da original erhalten. Der Blasebalg kann noch getreten werden.

 

Hohlweg:

Die Entstehung des Hohlweges ist zu nächst auf Starkregenfälle zurückzuführen, die europaweit im 14. und 15. Jahrhundert auftraten. Aus dem Jahr 1762 liegen hierzu Berichte für Großostheim vor. In dieser Zeit entstanden Standbilder zu Ehren des heiligen Johannes Nepomuk,  dem Brückenpatron und Schutzheiligen vor Wassernöten. Hohlwege dienten als Verbindungswege zu Ackerterrassen auf den teilweise Steilen Übergängen vom Lößhügelland zur anschließenden Sandsteintafel des Odenwaldes. Durch Fuhrwerke und Viehtritt kam es bei nicht befestigten, aber häufig frequentierten Hohlwegen permanent zu starker Verdichtung der Sohle. Niederschlagswasser konnte so nicht versickern, floß also oberflächlich ab und schwemmte weiter durch die Abflußrinne, die im Lauf der Jahre immer tiefer gelegt wurde. Für Großostheim sind Hohlwege aus dem 14. Jahrhundert urkundlich bekannt. So führt um Beispiel die „Steinhauershohl“ in Richtung Wendelinuskapelle. Dieser Hohlweg ist etwa 500 Meter lang und 4 Meter tief in den Löß eingeschnitten. Wurden die Hohlwege später in der Folge nicht mehr vom Menschen genutzt, überzogen sie sich schnell mit Gebüsch oder Gehölz oder Wald­vege­tation. Später wurden auch zahlreiche Hohlwege verfüllt, so daß sie heute nicht mehr sichtbar sind.

 

Weinbau:

Im Mittelalter reichten die Großostheimer Weinberge bis an die Stadtbefestigung, zum Beispiel an die heutige Grabenstraße. Die Weinqualität spielte damals eine untergeordnete Rolle. Meist wurde er mit Gewürzen und Honig vermischt getrunken. Eine der ertragreichsten Weinlagen war der „Reischklinger“, die als erste im 13. Jahrhundert urkundlich belegt ist. Überalterung der Weinstöcke, steigender Bierkonsum und die Ausweitung der Futter- und Getreideanbauflächen sorgten für einen stetigen Rückgang des Anbaus Ende des 18. Jahrhunderts. Später traten Mißernten und Krankheiten an den Rebstöcken hinzu.

In der Steuerzählung von 1857 wird Wein überhaupt nicht mehr erwähnt. So kam es, daß beim Wechsel vom alten zum neuen Großostheimer Ortswappen der Rebstock durch die drei Kleeblätter ersetzt wurde. Doch bereits 1911 starteten mutige Winzer einen neuen Versuch, der von Erfolg gekrönt war. Im Jahre 1930 wurde die erste Winzergenossenschaft in Großost­heim gegründet. Im Jahr 2005 betrug die Rebfläche 34 Hektar mit 80 Prozent Weißwein und 20 Prozent Rotwein. Das Besondere am Großostheimer Wein ist die dem hiesigen Boden eigene Mischung von Buntsandsteinverwitterungen und des fruchtbaren Löß.

 

Wendeliniuskapelle:

Der heilige Wendelin wurde von der katholischen Bevölkerung als Schutzpatron des Viehs und der Haustiere angesehen. Besondere Verehrung genoß er bei den Schäfern. Die Wen­delinuskapelle wurde vermutlich, wie die Jahreszahl über dem Eingang dokumentiert, 1607 erbaut. Sie ist somit ein nachgotischer Bau des sogenannten „Juliusstiles“. Julius Echter von Mespelbrunn war damals Fürstbischof von Würzburg. Die Kapelle ist dem Patron der Hirten geweiht. Sie liegt am Weintal, nahe dem königlichen Marktwald „Orlisa“. Er war Viehweide und Gemeinschaftswald der Anliegergemeinden.         

Den Altar der Kapelle ziert ein Gemälde, das die Muttergottes mit dem Jesuskind, Elisabeth und den Verkündigungsengel darstellt. Auf den beiden Seitenflügeln erscheinen Petrus und Paulus. Seitwärts steht die Statue des Kapellenheiligen. Im Jahre 1907 wurden die Malereien durch den Aschaffenburger Kunstmaler Adalbert Hock erneuert und die Decke erhielt eine Holzvertäfelung. Unter starker Beteiligung findet alljährlich am Wendelinustag (oder am darauffolgenden Sonntag) die Wallfahrt der Pfarrei Großostheim zur Wendelinuskapelle statt.

Ein Gegenstück zur Wendelinuskapelle existierte am westlichen Ende der Aschaffenburger Mainbrücke. Dieses, von den Schäfern des Bachgaus gebaute Kirchlein, wurde aber 1784 von einem gewaltigen Hochwasser fortgerissen.

 

Ensemble von Feldkapellen:

Die ältesten urkundlichen Hinweise über drei Kapellen finden sich in Rechnungen aus dem frühen 17. Jahrhundert, die auch zeigen, daß eine gemeinschaftliche Stiftung für die drei Kapellen Frauhäuschen, Wendelinuskapelle und Altheiligkreuzkapelle bestand und von einem Baumeister verwaltet wurde. Einnahmen waren „gestiftete Kapitalien“, Gültzinsen und Opfergelder; sie nahmen aber im Laufe der Jahre ab, so daß später nur noch von einer Wende­linus­kapellen-Stiftung gesprochen wurde.

Die Wendelinuskapelle wird weiter oben beschrieben. Die Altheiligkreuzkapelle liegt dort, wo die Odenwaldvorberge in die Mainebene übergehen. Sie ist der Heiligen Dreifaltigkeit geweiht ist. Sie ist von der Sage umwoben, daß hier Ostheims erstes Gotteshaus gestanden habe. Die spätgotische Altheiligkreuzkapelle muß vor der 1513 erbauten Kreuzkapelle entstanden sein. Sie liegt am „Alten Weg“ und bietet kaum zwei Personen Platz. Über den Stifter und die Zeit der Errichtung der kleinen, spätgotischen Kapelle ist nichts bekannt. Unter Pfarrer Dr. Eder wurden 1931 Wallfahrten dorthin für kurze Zeit wieder aufgenommen. Heute befindet sie sich in Privatbesitz.

Der benachbarte Bildstock kündet von einem freudigen Ereignis: Im  Jahr. 1679 ließ Barbara Guttgerin, verheiratet mit dem Fauth Konrad Gutiar und Tochter des Engelwirtes und kurfürstlichen Trompeters Kohl, ein Kind taufen und diesen Bildstock aufrichten.

Das „Frauhäuschen  liegt in südöstlicher Richtung, jenseits der Grabenstraße. Es ist eine Marienkapelle, der Mutter Gottes vom guten Rat geweiht. Im Volksmund wird sie „Frauhäus­chen“ genannt.

 

Kulturweg Bachgau IV : Großostheimer Renaissance 

Der Ortsrundgang „Großostheimer Renaissance“ zeigt die Menge an erhaltenen Gebäuden des 16. Jahrhunderts im Ort. Vorgeschichtliche Funde sowie die nahe Römerstraße belegen, daß Großostheim wegen seiner Verkehrslage früh zu einem begehrten Siedlungsplatz wurde. Daraus erwuchs der Reichtum der vom Verkehr lebenden Handwerker (wie zum Beispiel  der Schmiede) zur Zeit der Renaissance. Neben den etwas älteren beeindruckenden Bauwerken der Ortsbefestigung sind die von Hand­werkern gestifteten Kapellen ein Höhepunkt des zentralen Ortes im Bachgau, in dem Adelige kaum eine führende Rolle spielten. Der Rundgang durch den Ort hat eine Länge von etwa 2 Kilometern. Folgen Sie auf 11 Stationen dem Wappen Großostheims.

 

Kulturweg Bachgau V : Früchte des Löß 

Der Wanderweg „Früchte des Löß“ führt durch die Großostheimer Kulturlandschaft.

Großostheim profitiert heute noch von seinen guten Ackerböden. Sie gründen auf ein reiches Vorkommen von Löß, der hier in vergangenen Eiszeiten meterstark angeweht wurde. Der Gang durch die Kulturlandschaft berührt auch die Großostheimer Weinberge, die seit dem Mittelalter bebaut werden.

 

 

Niedernberg

Das Kohortenkastell lag unter dem südlichen Ortskern, die Hauptstraße ist mit der via princi­palis deckungsgleich, die Kirchgasse führt über die porta praetoria an den Main, das Tor war in der Höhe der Querstraße vor der Kirche. Die Schulgasse läuft durch die Kommandantur (principia) auf die porta decumana an der nächsten Querstraße. Diese Rückwand deckt sich mit der mittelalterlichen Umwehrung. Das Bad lag südöstlich nach dem Main hin (rechts vom Ende der Sackgasse).

 

 

Obernburg am Main

Obernburg geht zurück auf ein römisches Kohorten- und Numeruslagers „Nemaninga“, das um 83 nCh unter Kaiser Domitian errichtet wurde. Es wird wohl nicht viel anders als die Saalburg ausgesehen haben und war wie diese mit einer 500 Mann starken (aquitanischen) Reiterkohorte nebst Spähertrupp besetzt. Nach der Vorverlegung des Odenwald-Limes um die Mitte des 2. Jahrhunderts haben die Römer für gut hundert Jahre die Wacht am Main gehalten.

Rom wird hier mit Füßen getreten: Die Altstadt von Obernburg erstreckt sich exakt über dem Grundriß eines römischen Kastells, die Straßenzüge des Altstadtkerns wurden bereits von einem römischen Landvermesser festgelegt: Die Haupteinkaufsstraße, die nur Römerstraße heißen kann, ist deckungsgleich mit der 60 Zentimeter tiefer liegenden „Via principalis“. Die Badgasse die „Via praetoria“, die Schmiedgasse verläuft etwa in Richtung der „Via decuma­na“. Die Kommandantur lag westlich der Hauptstraße.

Mag auch nach dem Alemannensturm 260 nCh und der mittelalterlichen Überbauung vom Kastell nichts mehr übriggeblieben sein, der Römerzeit begegnet man noch immer auf Schritt und Tritt. Zum Abschluß der umfassenden Altstadtsanierung wählte man beziehungsreich norditalienischen Porphyr für die Pflasterung der Römerstraße. Bei den Arbeiten kamen weitere archäologische Fundstücke ans Tageslicht, die die umfangreiche Sammlung im „Römerhaus“ vervollständigen.

Mehr aber noch „sprechen“ die zahlreichen aufgefundenen Altäre und Grabsteine, die teilweise offen in die Hauswände eingelassen wurden. In der Römerstraße befindet sich ein Altar in einer Hauswand. Dank ihrer „Mitteilungen“ stellt sich das Obernburger Kastell wie ein Mikrokosmos Roms dar. Man erfährt, welche Ärzte hier praktiziert haben, lernen einiges über die Handelsbeziehungen, die Hoffnungen und Ängste der Soldaten - gerne wurden Altäre bei Krankheiten und Verwundungen gestiftet.  Man kennt die Kämpfe der 4. Kohorte. Als Anerkennung für ihre „tapfere Haltung“ bei der Niederschlagung des Saturninus-Aufstandes (88 /8 9 nCh) wurde ihr der ehrenvolle Beiname „Civium Romanorum“ verliehen, die Legionäre erhielten demnach das römische Bürgerrecht.

Die mittelalterlichen Baumeister übernahmen gewisse Ähnlichkeiten von den antiken Vorbildern: Der Unterturm am nördlichen Eingang zur Altstadt erinnert an einen verkleinerten römischen Triumphbogen, und das Wahrzeichen Obernburgs - der Almosenturm - könnte von einem stilisierten römischen Wachturm inspiriert sein. Wie auch immer: Die Stadt darf sich glücklich schätzen mit der Stadtmauer und weiteren Türmen - etwa der Runde Turm, dessen Höhe von 22 Metern genau seinem Umfang entspricht - und dem fast lückenlosen Sandstein- und Fachwerkhäuserbestand aus dem 16. bis 18. Jahrhundert eines der schönsten Altstadtbilder am bayerischen Untermain zu besitzen. Der Ort wird 1183 erstmals erwähnt. Im Jahre 1313 erfolgte die Belehnung mit dem Stadtrecht durch König Ludwig. Die Stadtbefestigung wurde im 15. Jahrhundert vollendet. Tore und Türme sind noch erhalten.

 

Man fährt in Obernburg Nord von der Schnellstraße ab und wird an den Ort herangeführt. Vor dem Untertor biegt die Straße rechts ab und führt um den Ortskern herum. Man biegt nach links ein in die Schillerstraße und kommt an deren Ende zum ehemaligen Maintor, wo man auch parken kann. Dort sieht man rechts das neue Römermuseum und einen viereckigen Turm der Stadtbefestigung. Vom Römermuseum geht man hinauf bis zur Römerstraße. Von hier aus kann man noch zu dem in Rundgang 1 genannten Panoramablick gehen.

Links in der Hauptstraße war das Obertor, nach rechts geht es in die Hauptstraße von Obernburg. Rechts in der Straße steht das Rathaus, der ältere Teil ist in Fachwerk aufgeführt, der jüngere Teil hat Staffelgiebel. Am Haus der Römerstraße 41 befindet sich ein Votivstein des Lucius Florentinus. Etwas weiter kommt man zur modernen Kirche St. Peter und Paul. Von dort geht man wieder zurück zum Parkplatz am Römermuseum. (Es gibt auch einen Almosenturm und einen Runden Turm).

Vom Parkplatz am Maintor fährt man am Römermuseum vorbei und nach oben (nicht gleich nach oben, weil die Römerstraße eine Einbahnstraße ist). Dann kann man nach links abbiegen zu einem Kreisel. Dort geht es nach rechts hinauf nach Eisenbach. Wenn man wieder zurück zu dem Kreisel fährt und erst an der nächsten Straße ausfährt, kommt man zur Bundesstraße.

 

Der „Römerspaziergang“ in Obernburg  ist einer der „Europäischen Kulturwege” mit der Markierung gelbes Römerschiff mit Sternenbogen auf dunkelblauem Grund. Er beginnt am Römermuseum und führt an der Stadtmauer entlang. Das Museum an der Unteren Wallstraße ist ein Schatzhaus an Römerfunden aus dem Kastell. Aber auch wenn man vorbei am Almosenturm zur Annakapelle über römischem Mithrasheiligtum läuft, entdeckt man überall ausgeschilderte Römerspuren. Vom herrlichen Obernburger Panoramaweg ins Zentrum der mittelalterlichen Stadt geht es zur Pfarrkirche St. Peter und Paul - mit dem Grabmal Johannes Obernburgers, des Sekretärs von Kaiser Karl V.

 

Obernburg 1 „Römerspaziergang“ (2 Kilometer)

(1) Römermuseum:

Das Römermuseum war zunächst in einem Nebengebäude des Rathauses und ist jetzt in einer eigens für diese Zwecke umgebauten Fachwerk-Scheune aus dem 18. Jahrhundert. Unter dem offenen Dachstuhl wurde alles Wissenswerte zum (Alltags-) Leben in und um ein römisches Kohortenkastell zusammengetragen. Ein Modell veranschaulicht die einstige Lage des Kastells und des Lagerdorfes. Besonders sehenswert sind die Weihesteine der Benefiziarier und der Holzfällereinheiten, Teile einer Jupitergigantensäule, ein nachempfundenes Mithräum sowie Steinzeugnisse des Toten- und Götterkultes der Römer. Die Waffen, Amphoren, Teller, Sigillata-Schüsseln, Werkzeuge, Reste von Jupitersäulen und Plastiken vermögen einen guten Einblick in die römische (Alltags-) Kultur der Legionäre zu geben. Im ersten Stock vermitteln alltägliche Gebrauchsgegenstände, Handwerkszeug, Münzen und Keramikgeschirr einen Einblick in das Leben der Kastellbewohner. Es haben sich auch bemerkenswert viele Gegenstände erhalten, die Rückschlüsse geben auf die hochentwickelte Kultur der Römer selbst an den entferntesten Grenzen ihres Riesenreiches: kostbare Beschläge, Werkzeuge, medizinisches Gerät oder Hilfsmittel zum Rechnen und Wiegen. Ein einzigartiger Kleinfund ist der 1989 entdeckte große Jagdbecher. Den Museumsparkplatz überragt die Rekonstruktion einer Jupiter-Gigantensäule. Dargestellt ist auf dieser Säule unter anderem das Sonnenrad, aus dem sich später das Mainzer Wappenrad entwickelt haben soll. Es kann auch als Hinweis auf die spätere Geschichte Obernburgs verstanden werden. Öffnungszeiten Römermuseum: Dienstag bis Samstag 14 - 16 Uhr, Sonntag / Feiertag 11 - 17 Uhr.

 

(2) Annakapelle und Kapellengasse:

Die St. Annakapelle entstand auf einem römischen Mithrasheiligtum. Sie hatte bis 1799 offiziell St. Notburgis zur Patronin, eine Heilige aus dem karolingischen Kaiserhaus. Die Schenkung einer Anna-Selbdritt-Gruppe, die Erweiterung der Kapelle Ende des 16. Jahrhunderts sowie eine eigene Liturgie zur Verehrung der heiligen Anna führten zur bis heute lebendigen Feier des St. Annafestes am 26. Juli, des höchsten kirchlichen Feiertages in Obernburg. Die Kapelle birgt bemerkenswerte Skulpturen der mainfränkischen Bildhauerschule um 1500. Freskenreste des 16. Jahrhunderts wurden erst in jüngster Zeit freigelegt. Bei der Gebäudesanierung im Jahre 1967 fand sich unter dem ehemaligen Hauptaltar der Annakapelle die Stifterinschrift für ein Mithrasheiligtum, die heute im Innenraum befestigt ist. In der Kapellengasse stehen mit der Maria-Krönung-Kapelle (rechts) und der Kapelle zur Schmerzhaften Muttergottes (unten) zwei weitere Kapellen der Neuzeit.

 

(3) Panoramablick:

Vom Mittleren Höhenweg eröffnet sich ein weiter Blick über die Stadt und das Maintal in den Spessart hinein. Von diesem Aussichtspunkt erschließt sich die strategische Lage Obernburgs als militärischer Stützpunkt der Römer auf der hochwasserfreien Erhebung am Schnittpunkt von Main, Mümling-und Elsavatal. Die Struktur des 83 / 85 nCh errichteten Kohortenkastells findet sich in einem Teil des Straßennetzes der Altstadt wieder. Durch die Kultivierung des Stadtberges kam es nach dem Abzug der Römer durch Regenereignisse zur Erosion großer Mengen von Hangschutt und Lößlehm. Dieser legte sich wie eine Schutzschicht über die Reste des Kastells und des Lagerdorfes - und auch über die inzwischen ausgegrabene Bene­fiziarierstation.

 

(4) Kirche Sankt Peter und Paul:

Kirchliche Zeugnisse in Obernburg reichen bis ins 10. Jahrhundert zurück. Neben dem modernen Kirchengebäude steht noch der alte Kirchturm aus dem Jahr 1581. Im Turm der Kirche ist das Grabmal von Johannes Obernburger (um 1500 - 1552) aufgestellt. Obernburger war langjähriger Sekretär Kaiser Karls V. Sein Lebensweg ist eng mit der Geschichte der Reformation verknüpft. Als deutscher Repräsentant am Kaiserhof wechselt er unter anderem Briefe mit Philipp Melanchthon. Der wohlhabende Kanzleibeamte stirbt 1552 in Villach nach einem Sturz von einem Dach. Aus seinem Erbe wird in Obernburg eine Schulstiftung gegründet. Die Obernburger Schule ist daher nach ihm benannt. Der eigenwillige Hauptbau der Kirche ist von 1964 – 1966 und wurde an der Stelle eines spätbarocken Vorgängerbaus errichtet.

 

Kulturweg Obernburg 2 „Eisenbacher Runde“ (11 Kilometer)

In der Eisenbacher Kulturlandschaft finden sich mehrere Epochen der Archäologie von der Römerzeit (Turmfundament) über das 18. Jahrhundert (Einsiedelei) bis zu „modernen“ Relikten“ (Obernburger Gefängnis).

 

(1) Start an der Kirche:

Die 1401 urkundlich erwähnte Kirche wurde zunächst in der Mitte des 18. Jahrhunderts barockisiert und 1936 erweitert. Von der spätgotischen Kirche sind nur noch im Turmunterbau (Barbarakapelle) Teile erhalten. Vom Ende des 19. Jahrhunderts bis in das Jahr 2002 stand vor dem Kirchturm ein Altar der Benefiziarierstation Obernburg. Dieser Altar war zusammen mit einer Matronendarstellung als Baumaterial für den Kirchenbau nach Eisenbach gebracht worden. Der Altar wurde in zwei, der Matronenstein in drei Teile gespalten und diente als Tür- und Fensterrahmen. Im Jahre 1892 entdeckte sie der Eisenbacher Bürgermeister Theobald Kammer an der Innenseite der Kirchentür, ließ die Steine herausnehmen und den Altar aufstellen.

In Eisenbach steht die Pfarrkirche „St. Johannes der Täufer“ aus der Zeit um 1400. An der spätgotischen, vom Mainzer Barock geprägten Kirche, ist der Stein eines römischen Jupiter­ -  Altares eingelassen.

 

(2) Steinbruch am „Deckelmanns Wäldsche“:

Der Steinbruch ist ein schönes Beispiel für die sich über Jahrzehnte hinweg ändernde Landschaftsnutzung. Das Gelände auf städtischer Gemarkung wurde zunächst verpachtet und als Buntsandsteinbruch erschlossen. So entstanden die typische Steinbruchwand und die Abraumhalde. Nachdem der Betrieb eingestellt worden war, erlitt der Steinbruch ein typisches „Nachkriegsschicksal“ als Müllhalde. Seit der Schließung der Deponie und ihrer Abdeckung mit Erde lagert hier der städtische Bauhof Baumaterial und Recyclingschutt. Unter anderem findet sich hier „Archäologisches“, nämlich Gebäudereste (teilweise mit Beschriftung) vom ehemaligen Obernburger Gefängnis.

 

(3) Amerika und Mirabellen:

In den Mittelgebirgen trat im 19. Jahrhundert an die Stelle des Weinbaus der Obstbau. Ein Zentrum am Untermain war die Obstverwertungsgesellschaft Obernburg. Die mit 80 Hektar größte Anbaufläche für Streuobst trägt den Namen „Amerika“, vermutlich weil sie so weit von Obernburg und Eisenbach entfernt ist. Die etwa 800 Obstbäume sind neben ihrem Nutzwert heute ein wertvolles Rückzugsgebiet seltener Pflanzen und Tiere.

 

(4) Römisches Fundament:

In der Landschaft entlang des Maines, wo heute zwischen Großkrotzenburg und Miltenberg der Mainlimes verläuft, finden sich immer wieder archäologisch interessante Relikte aus der Römerzeit. Genau darum handelt es sich auch bei dem Fundament eines römischen Turmes, das 1970 ausgegraben wurde. Aufgrund seiner Maße und seines Standortes sowie der Funde von Götterfiguren in seiner Nähe, handelt es sich um eine Bergheiligtum, in dem die römischen Steinbrucharbeiter „Herkules den Hämmerer“ sowie „Apollo“ verehrten.

 

(5) Waldhaus:

Mit der Gründung des Waldhausvereins im Jahr 1900 wurde der Obernburger Stadtwald zu einem Naherholungsgebiet. Absicht war, ein Waldhaus zu errichten als Treffpunkt für Wanderungen und geselliges Beisammensein der Mitglieder. An der Stelle eines städtischen Jägerhauses wurde das heutige Waldhaus errichtet. Seit 1947 werden sonntags Getränke ausgeschenkt. Wenn man sich schon in Bayern aufhält, darf zum guten Schluß eine zünftige Brotzeit nicht fehlen. Ein wahres „Knusperhäuschen“ versteckt sich im Obernburger Wald. Die holzverkleidete Hütte ist zu jeder Zeit ein beliebter Treffpunkt für motorisierte und gestiefelte Ausflügler. In oder vor dem rustikalen „Waldhaus“ wird den Einkehrenden ein deftiger Imbiß gereicht.

Das Haus wurde bald ein beliebtes Ausflugsziel für jung und alt, und auch die hessischen Wanderer gesellten sich gerne zum Apfelwein dazu. So ist es bis heute geblieben. Wer heute die heimelige Gaststube betritt, kann wohl kaum ermessen, wieviel Arbeitseinsatz und Idealismus seitens der Mitglieder des Waldhausvereins notwendig waren, ohne Mittel das Haus nach mehrmaligen Beschädigungen immer wieder herzurichten oder den gestiegenen Bedürfnissen anzupassen; Licht und Wasser zum Beispiel konnten erst vor wenigen Jahren installiert werden.

Das Angebot kam so gut an, daß die Räumlichkeiten bald nicht mehr ausreichten und 1950 ein Neubau neben dem alten Haus errichtet wurde. Seit den siebziger Jahren wird am 1. Mai das Waldfest gefeiert. In dieser Zeit kam auch noch ein drittes Haus dazu, das als „Sommerküche“ vor allem für die Feste genutzt wurde. Kinder finden einen Spielplatz und sicher eine besondere Freude, das „Knusperhäuschen“ im Walde aufzuspüren. Die Erwachsenen finden mit etwas Glück ganz in der Nähe vielleicht die bescheidenen Reste eines römischen Wachturmes oder einer Erdschanze. Öffnungszeiten: Sonntag 9.30 - 18 Uhr, Mittwoch 13 - 18 Uhr ((Man kann das Waldhaus auch mit dem Auto auf der Straße in Richtung Mömling anfahren)

 

(6) Einsiedlei:

Nach 1726 wurde hier mit Unterstützung der Bevölkerung eine Einsiedelei erbaut. Dort lebten die so genannten „Waldbrüder“, die sich ihren Lebensunterhalt durch Mitarbeit in der Pfarrei und als Waldpfleger verdienten. Im Laufe des 18. Jahrhunderts hatte die Waldbrüderschaft im Obererzstift Mainz großen Zuspruch, ehe ihnen der Geist der französischen Revolution ein jähes Ende setzte. Im Jahre 1795 wurde die Eremitage an den Meistbietenden auf Abbruch versteigert. Der Grundriß der Kapelle an der Einsiedelei ist noch zu erkennen. Wenige Meter von der Einsiedelei entfernt (nicht in Richtung des Kulturpfades) läuft der Brunnen, aus dem die Waldbrüder sich mit Wasser versorgten und der später als Wasserquelle für das benachbarte Waldhaus diente. Auch die Römer sind mit einem Turmfragment am Wegesrand vertreten.

Etwa zehn Minuten vom Waldhaus entfernt wurde noch vor etwa 200 Jahren eifrig „gehängt”. Die Opfer waren damals meist kleinere Diebe. An diese rigorose Art der Rechtsprechung erinnern nach wie vor zwei gut erhaltene Galgensäulen. Den Weg dorthin zeigt gerne der Waldhauswirt.

 

(7) Basaltsteinbruch und Eiserner Pfahl:

Auf Eisenbacher Gemarkung ist ein obertägiger Basaltbruch nachweisbar – hier am „Eisernen Pfahl“. Wegen der für den Straßenbau ungenügenden Qualität wurde der Abbau 1924 komplett eingestellt. Der Basalt im Eisenbacher Wald enthält einen Erzanteil, der sich farblich absetzt, jedoch nicht hoch genug ist, um abbauwürdig zu sein.

Wenige Meter weiter an der Sitzgruppe treffen die ehemaligen Gemarkungen von Eisenbach und Obernburg sowie der ehemaligen Herrschaft Breuberg zusammen (heute Bundesland Hessen). Diese Stelle  - die heute durch einen Dreimärker gekennzeichnet ist - wird „Am Eisernen Pfahl“ genannt – zum ersten Mal im Jahre 1241. Der Löwe markiert die hessische Seite des Dreimärkers.

 

(8) Bubenbrunnen:

Der Bubenbrunnen war einst eine einfache Viehtränke, an der ein Trog das hier aus dem Berg austretende Wasser aufnahm. Im Zuge des Straßenausbaus wurde der Brunnen repräsentativ umgestaltet.

 

Obernburger Persönlichkeiten:

Die Biographie des Obernburger Philosophen Adam Lux (1765 - 1793) führt in die umwälzende Epoche der französischen Revolution. Lux, Sohn eines Bäckers, promoviert an der Universität Mainz über den „Enthusiasmus“. In Mainz schließt er sich auch dem Jakobinerklub an, der 1793 den ersten demokratischen Staat auf deutschem Boden gründet. Als Botschafter der Mainzer Republik in Paris stellt Lux sich dort öffentlich gegen die Herrschaft der Gewalt. Er wird am 4. November 1793 guillotiniert. Sein Schicksal findet literarischen Nachruhm von Goethe bis Stefan Zweig.

Jacob Schmitt (1799 - 1853) entstammt der Obernburger Komponistenfamilie Schmitt, deren Mitglieder bedeutende Positionen im Musikleben des 18. Jahrhunderts einnehmen. Schmitt, Sohn des Obernburger Schuldirektors, läßt sich nach seiner Ausbildung als Komponist und Klavierpädagoge in Hamburg nieder. Sein Werk bereichert die Musik der Romantik mit über 330 Klavierkompositionen. Die erfindungsreichen und beseelten Kompositionen von Jacob Schmitt finden in Robert Schumann einen berühmten Mentor.

 

 

Wörth

Der Main als Verkehrs- und Schiffahrtsweg - daran erinnert die kleine Stadt Wörth. Der Name kommt von „Werde” und bedeutet „Insel” oder „Uferland”. Die Römer hinterließen ihre Spuren (Kastell um 120 nCh). Vom Numeruskastell im Norden des Ortes, unmittelbar südlich der Bundesstraße  nahe Kilometer 25, sind noch Bodenerhebungen  in den Äckern und Obstgärten zu sehen.. Das Kastell war wahrscheinlich Teil der älteren Mainlinie, nicht des Odenwaldlimes (der etwas später entstand, zum Beispiel Seckmauern).

Die heutige Friedhofskapelle St. Martin war im frühen Mittelalter ein Zentrum fränkischer Herrschaft und christlicher Missionierung. Die spätmittelalterliche Stadt wird urkundlich erstmals 1291 als „oppidum Werde“ erwähnt.

Noch bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts, bevor die Mainstädtchen und Dörfer ans Eisenbahnnetz angeschlossen waren, floß der Verkehr hier vor allem auf dem Fluß. Die Lage zwischen Spessart und Odenwald begünstigte Wörth: Vor allem Holz, Buntsandstein und Holzkohle wurden hier eingeschifft. Viele der Schiffer waren gleichzeitig auch Holzhändler - und besaßen zudem ein Frachtmonopol. Wörth nutzte seine Lage: Die ältesten Aufzeichnungen im Stadt­archiv, die den Schifferberuf nachweisen, reichen bis ins Jahr 1513 zurück. Seit dem 17. Jahrhundert wurde hier Schiffbau betrieben - teilweise auf gleich drei Schiffswerften.

 

Wenn man von Süden kommt trifft man zunächst auf die „Burg“, eher ein Schloß (heute Fa. C. Fuchs) auf der linken Seite und einem kleinen Park auf der rechten Seite der Straße. Von der Durchgangsstraße fährt man dann nach rechts durch das Stadttor und parkt am Main.

 

Der Kulturweg Wörth „Im Zeichen der Schiffahrt“:

(1)   Marktplatz:

Ein Stück weiter nördlich in der Straße steht das (frühere) Rathaus mit dem schmucken Renaissance-Portal (1600 oder 1602). Es erstrahlt im Rotbraun und Weiß von Balkenwerk und Gefachen, nachdem es mehrere Jahrzehnte hinter einem Schieferkleid versteckt war.

 

(2)   Wolfgang-Kirche (Schiffahrtsmuseum):

Nach links geht es zum Schiffahrts- und Schiffbaumuseum Wörth in der ehemaligen St. Wolf­gangs­kirche (oder auch Marienkirche). (Rathausstraße 72, Tel. 09372/729 70 oder -98930, Samstag und Sonntag 14 - 17 Uhr und nach Vereinbarung).

Die Wolfgangskirche wird 1328 erstmals genannt. Damals war die Kirche der Maria geweiht - typisch für eine spätmittelalterliche Stadtgründung. Größere Umbauten im 15. Jahrhundert gingen mit dem Wechsel des Patronats zum heiligen Wolfgang einher. Archäologische Grabun­gen förderten zutage, daß der Kirchturm einst als Wehrturm an der Stadtmauer diente, denn unter dem Fußboden konnte der Weg entlang der Stadtmauer freigelegt werden. Im Jahre 1727 wurde entschieden, das ganze Kirchenschiff neu zu erbauen. Mit der Entstehung von Neu-Wörth stand am Ende des 19. Jahrhunderts auch die Wolfgangskirche zur Disposition, die schließlich 1903 säkularisiert wurde.

Polier und ein großer Anker vor dem Eingang geben zwar einen ersten Vorgeschmack, im Inneren reibt man sich dann doch verwundert die Augen: Das Kirchenschiff beherbergt ein Schiffahrtsmuseum. Die Architekten haben sehr geschickt zwei Emporen eingezogen, die den Raumeindruck kaum stören - und genügend Platz für die Ausstellungsstücke bieten. Für die denkmalgerechte Sanierung bekam das Darmstädter Architekturbüro Trojan und Trojan 1991 den Landespreis des Bundes Deutscher Architekten zugesprochen.

Wo für gewöhnlich die Bänke stehen, reihen sich Glasvitrinen mit Modellen jener Binnen­schiffe, die seit altersher auf dem Main gefahren sind. Alte Fotografien, Schiffsmodelle, Texttafeln, Werkzeuge und Instrumente sind zu sehen. Daß man nicht nur auf dem Meer, sondern auch auf dem Main in Gottes Hand ist, beweisen Zeugnisse der Volksfrömmigkeit. In Chormitte des Kirchenmuseums ist die Figur des heiligen Nikolaus zu bewundern - der auch Patron der Schiffer ist.

Am Beginn des Chorraums verbindet ein luftiger Steg die rundum verlaufende Empore, deren leichte Stahlkonstruktion sich bewußt an die Schiffsarchitektur anlehnt. Auf dem „ersten Deck“ wird die technische Entwicklung der Mainschiffahrt und der Wörther Werften dargestellt. Ganz oben, auf dem „zweiten Deck“, dort wo einmal die Orgel erklang, darf man sich wie ein Kapitän auf der Brücke fühlen. Das Oberlicht des Chorraumes wird zum Bullauge, durch das man hinüber auf die Kräne der Erlenbacher Werft am rechten Mainufer blickt. Sie hat nach dem Ersten Weltkrieg die rund zweihundertfünfzigjährige Schiffbautradition Wörths fortgesetzt.

Gebaut werden Schiffe heute auf der anderen Mainseite in Erlenbach, wo große Schiffe vom Stapel laufen. Früher wurden in Wörth hölzerne Schiffe, Schelche und kleinere Nachen gebaut. Früher waren die Holzschiffe notgedrungen sehr flach gebaut. Erst die Regulierung und Kanalisierung des Flusses, das Verschwinden der Untiefen. Sandbänke. Schlingen und Sümpfe seit etwa 1820 (beendet erst 1962) erlaubt das Befahren des Mains mit 100 Meter langen Motorschiffen großen Tiefgangs bis hinauf nach Bamberg.

 

(3)   Kastell Wörth:

Unter der Ackerfläche „In der Au“ befinden sich die Reste eines römischen Kastells. Zwischen 100 und 200 nCh herrschten in der linksmainischen Region am bayerischen Untermain die Römer. Der Main fungierte dabei als „nasser Limes“ gegenüber den Germanen. Das hier gelegene steinerne Kastell wird auf der Basis der Grabungen am Ende des 19. Jahr­hunderts seit wenigen Jahren intensiv untersucht. Inzwischen wurden vom bayerischen Landes­amt für Denkmalspflege mehrere geophysikalische Prospektionen vorgenommen, bei denen der Untergrund wie mit einem Radar durchleuchtet wird. Über die bekannten Ausmaße des Kastells hinaus zeigen sich Strukturen, die auf ein Dorf sowie eine Anlagestelle für Schiffe am Mainufer hinweisen. Die Forschungsergebnisse lassen darauf schließ0en, daß das Kastell weniger als Truppenunterkunft, sondern vielmehr als Nachschub und Verwaltungslager geplant war.

 

(4)   Feuchte Mauer (Römerlager):

Bereits vor den Ausgrabungen vor 120 Jahren am Main stellte man fest, daß sich oberhalb der Mainebene am hinteren Schneeberg am heute bewaldeten Schneeberg weitere römische  Schanzwerke entdeckte. An dieser Stelle, die den Flurnamen „feuchte Mauer“ trägt, sind sie heute als Erdverwerfungen zu erkennen. Es dürfte feststehen, daß die feuchte Mauer mit den nur wenige hundert Meter entfernten sogenannten Seckmaurer Kastell eine gemeinsame Anlage bildete. Das Erdkastell an der feuchten Mauer dürfte noch vor dem Kastell am Main zur Sicherung des  Odenwaldlimes, der von Obernburg nach Wimpfen am Neckar führte, errichtet worden sein. Es gibt Hinweise darauf, daß Teile der Gebäude  in einer zweiten Phase als römisches Hofgut gedient haben

 

(5) Der Wörther Galgen (in der Galgenstraße im Südwesten der Stadt):

In unseren Mittelgebirgen sind  nur noch wenige Galgenstandorte erhalten. Die in Bundsandstein ausgeführten sieben Meter hohen Säulen des erneuerten Wörther Galgens wurden im Jahr 1754 unter der Leitung des Miltenberger Baumeisters Johann Martin Schmidt  aufgerichtet. Das Zwerchholz für den Galgenstrick, der sich zwischen den zwei Türmen befand, maß     4, 70 Meter. Seit dem späten 13. Jahrhundert ist in Wörth der Galgen belegt. Er muß mit der Verleihung des Stadtrechts angelegt worden sein, weil damals der Stadt die Hochgerichtsbarkeit verliehen worden war. Da Wörth ab dem 15. Jahrhundert der Mainzer Verwaltung eingegliedert wurde, verlor die Stadt den Status als Gerichtsstätte, der nun bei Klingenberg lag. Erst nach 1750 durfte Wörth wieder seinen Galgen errichten und das wohl nur aus Prestigegründen. Der Galgen sollte für Straftäter abschreckend wirken. Um den Galgen rankt sich eine Sage: Von Zeit zu Zeit soll sich ein Troß von Dämonen und Magiewesen,  über den Odenwald kommend, in einer geheimnisvollen Weise zwischen den beiden Säulen hindurch bewegen und über den  Main wieder verschwinden.

 

„Neu-Wörth“:

Über die Durchgangsstraße geht man dann in den westlichen Teil des Ortes. Mehrere Hochwasserkatastrophen ließen Ende des 19. Jahrhunderts den Entschluß reifen, einen neuen Stadtteil oberhalb der Hochwassergrenze anzulegen. Nachdem bereits der Kurmainzer Hofarchitekt Emanuel Herigoyen Ende des 18. Jahrhunderts eine Kunststadt für Wörth entworfen hatte, wurde nach dem Hochwasser von 1882 mit ideeller und finanzieller Unterstützung der bayerischen Regierung, insbesondere durch den Regierungspräsidenten Graf von Luxburg, innerhalb von nur drei Jahren eine nur auf dem Reißbrett geplante neue Stadt „Neu-Wörth“ errichtet. Der Stilist gekennzeichnet von einem geometrischen Aufbau, bei dem der einheitliche Haustyp mit Erd- und Dachgeschoß mit dem Giebel zur Straße blickt.

 

Pfarrkirche:

Vor den Schienen nach links geht es zur neuromanischen Pfarrkirche. Die Kirche wurde durch die Initiative des Wörther Pfarrers Adam Haus finanziert,  er über eine Bankhaus in München eine Lotterie veranstalten ließ. Diese Kirche ist die dritte in Wörth erbaute Kirche. In ihr haben der spätgotische Flügelaltar aus der Zeit um 1475 eines unbekannten mittelrheinischen Meisters und eine Kreuzigungsgruppe aus dem frühen 16. Jahrhundert ihren Platz gefunden.

 

Friedhof:

Vor den Schienen geht es nach rechts zum Friedhof. Fränkische Siedler hatten hier um 700 mit den Steinen des ehemaligen römischen Kastells eine Kirche erbaut. Es ist die eigentliche Zelle Wörths. Erst 1292 wurde die Ansiedlung vom Kastellgelände an die heutige Stelle verlegt. Die Reste der Kirche aus dem fünfzehnten Jahrhundert werden als Friedhofskapelle genutzt.

 

 

Wörth

Der Main als Verkehrs- und Schiffahrtsweg - daran erinnert die kleine Stadt Wörth. Der Name kommt von „Werde” und bedeutet „Insel” oder „Uferland”. Die Römer hinterließen ihre Spuren (Kastell um 120 nCh). Vom Numeruskastell im Norden des Ortes, unmittelbar südlich der Bundesstraße  nahe Kilometer 25, sind noch Bodenerhebungen  in den Äckern und Obstgärten zu sehen.. Das Kastell war wahrscheinlich Teil der älteren Mainlinie, nicht des Odenwaldlimes (der etwas später entstand, zum Beispiel Seckmauern).

Die heutige Friedhofskapelle St. Martin war im frühen Mittelalter ein Zentrum fränkischer Herrschaft und christlicher Missionierung. Die spätmittelalterliche Stadt wird urkundlich erstmals 1291 als „oppidum Werde“ erwähnt.

Noch bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts, bevor die Mainstädtchen und Dörfer ans Eisenbahnnetz angeschlossen waren, floß der Verkehr hier vor allem auf dem Fluß. Die Lage zwischen Spessart und Odenwald begünstigte Wörth: Vor allem Holz, Buntsandstein und Holzkohle wurden hier eingeschifft. Viele der Schiffer waren gleichzeitig auch Holzhändler - und besaßen zudem ein Frachtmonopol. Wörth nutzte seine Lage: Die ältesten Aufzeichnungen im Stadt­archiv, die den Schifferberuf nachweisen, reichen bis ins Jahr 1513 zurück. Seit dem 17. Jahrhundert wurde hier Schiffbau betrieben - teilweise auf gleich drei Schiffswerften.

 

Wenn man von Süden kommt trifft man zunächst auf die „Burg“, eher ein Schloß (heute Fa. C. Fuchs) auf der linken Seite und einem kleinen Park auf der rechten Seite der Straße. Von der Durchgangsstraße fährt man dann nach rechts durch das Stadttor und parkt am Main.

 

Der Kulturweg Wörth „Im Zeichen der Schiffahrt“:

(1)   Marktplatz:

Ein Stück weiter nördlich in der Straße steht das (frühere) Rathaus mit dem schmucken Renaissance-Portal (1600 oder 1602). Es erstrahlt im Rotbraun und Weiß von Balkenwerk und Gefachen, nachdem es mehrere Jahrzehnte hinter einem Schieferkleid versteckt war.

 

(2)   Wolfgang-Kirche (Schiffahrtsmuseum):

Nach links geht es zum Schiffahrts- und Schiffbaumuseum Wörth in der ehemaligen St. Wolf­gangs­kirche (oder auch Marienkirche). (Rathausstraße 72, Tel. 09372/729 70 oder -98930, Samstag und Sonntag 14 - 17 Uhr und nach Vereinbarung).

Die Wolfgangskirche wird 1328 erstmals genannt. Damals war die Kirche der Maria geweiht - typisch für eine spätmittelalterliche Stadtgründung. Größere Umbauten im 15. Jahrhundert gingen mit dem Wechsel des Patronats zum heiligen Wolfgang einher. Archäologische Grabun­gen förderten zutage, daß der Kirchturm einst als Wehrturm an der Stadtmauer diente, denn unter dem Fußboden konnte der Weg entlang der Stadtmauer freigelegt werden. Im Jahre 1727 wurde entschieden, das ganze Kirchenschiff neu zu erbauen. Mit der Entstehung von Neu-Wörth stand am Ende des 19. Jahrhunderts auch die Wolfgangskirche zur Disposition, die schließlich 1903 säkularisiert wurde.

Polier und ein großer Anker vor dem Eingang geben zwar einen ersten Vorgeschmack, im Inneren reibt man sich dann doch verwundert die Augen: Das Kirchenschiff beherbergt ein Schiffahrtsmuseum. Die Architekten haben sehr geschickt zwei Emporen eingezogen, die den Raumeindruck kaum stören - und genügend Platz für die Ausstellungsstücke bieten. Für die denkmalgerechte Sanierung bekam das Darmstädter Architekturbüro Trojan und Trojan 1991 den Landespreis des Bundes Deutscher Architekten zugesprochen.

Wo für gewöhnlich die Bänke stehen, reihen sich Glasvitrinen mit Modellen jener Binnen­schiffe, die seit altersher auf dem Main gefahren sind. Alte Fotografien, Schiffsmodelle, Texttafeln, Werkzeuge und Instrumente sind zu sehen. Daß man nicht nur auf dem Meer, sondern auch auf dem Main in Gottes Hand ist, beweisen Zeugnisse der Volksfrömmigkeit. In Chormitte des Kirchenmuseums ist die Figur des heiligen Nikolaus zu bewundern - der auch Patron der Schiffer ist.

Am Beginn des Chorraums verbindet ein luftiger Steg die rundum verlaufende Empore, deren leichte Stahlkonstruktion sich bewußt an die Schiffsarchitektur anlehnt. Auf dem „ersten Deck“ wird die technische Entwicklung der Mainschiffahrt und der Wörther Werften dargestellt. Ganz oben, auf dem „zweiten Deck“, dort wo einmal die Orgel erklang, darf man sich wie ein Kapitän auf der Brücke fühlen. Das Oberlicht des Chorraumes wird zum Bullauge, durch das man hinüber auf die Kräne der Erlenbacher Werft am rechten Mainufer blickt. Sie hat nach dem Ersten Weltkrieg die rund zweihundertfünfzigjährige Schiffbautradition Wörths fortgesetzt.

Gebaut werden Schiffe heute auf der anderen Mainseite in Erlenbach, wo große Schiffe vom Stapel laufen. Früher wurden in Wörth hölzerne Schiffe, Schelche und kleinere Nachen gebaut. Früher waren die Holzschiffe notgedrungen sehr flach gebaut. Erst die Regulierung und Kanalisierung des Flusses, das Verschwinden der Untiefen. Sandbänke. Schlingen und Sümpfe seit etwa 1820 (beendet erst 1962) erlaubt das Befahren des Mains mit 100 Meter langen Motorschiffen großen Tiefgangs bis hinauf nach Bamberg.

 

(3)   Kastell Wörth:

Unter der Ackerfläche „In der Au“ befinden sich die Reste eines römischen Kastells. Zwischen 100 und 200 nCh herrschten in der linksmainischen Region am bayerischen Untermain die Römer. Der Main fungierte dabei als „nasser Limes“ gegenüber den Germanen. Das hier gelegene steinerne Kastell wird auf der Basis der Grabungen am Ende des 19. Jahr­hunderts seit wenigen Jahren intensiv untersucht. Inzwischen wurden vom bayerischen Landes­amt für Denkmalspflege mehrere geophysikalische Prospektionen vorgenommen, bei denen der Untergrund wie mit einem Radar durchleuchtet wird. Über die bekannten Ausmaße des Kastells hinaus zeigen sich Strukturen, die auf ein Dorf sowie eine Anlagestelle für Schiffe am Mainufer hinweisen. Die Forschungsergebnisse lassen darauf schließ0en, daß das Kastell weniger als Truppenunterkunft, sondern vielmehr als Nachschub und Verwaltungslager geplant war.

 

(4)   Feuchte Mauer (Römerlager):

Bereits vor den Ausgrabungen vor 120 Jahren am Main stellte man fest, daß sich oberhalb der Mainebene am hinteren Schneeberg am heute bewaldeten Schneeberg weitere römische  Schanzwerke entdeckte. An dieser Stelle, die den Flurnamen „feuchte Mauer“ trägt, sind sie heute als Erdverwerfungen zu erkennen. Es dürfte feststehen, daß die feuchte Mauer mit den nur wenige hundert Meter entfernten sogenannten Seckmaurer Kastell eine gemeinsame Anlage bildete. Das Erdkastell an der feuchten Mauer dürfte noch vor dem Kastell am Main zur Sicherung des  Odenwaldlimes, der von Obernburg nach Wimpfen am Neckar führte, errichtet worden sein. Es gibt Hinweise darauf, daß Teile der Gebäude  in einer zweiten Phase als römisches Hofgut gedient haben

 

(5) Der Wörther Galgen (in der Galgenstraße im Südwesten der Stadt):

In unseren Mittelgebirgen sind  nur noch wenige Galgenstandorte erhalten. Die in Bundsandstein ausgeführten sieben Meter hohen Säulen des erneuerten Wörther Galgens wurden im Jahr 1754 unter der Leitung des Miltenberger Baumeisters Johann Martin Schmidt  aufgerichtet. Das Zwerchholz für den Galgenstrick, der sich zwischen den zwei Türmen befand, maß     4, 70 Meter. Seit dem späten 13. Jahrhundert ist in Wörth der Galgen belegt. Er muß mit der Verleihung des Stadtrechts angelegt worden sein, weil damals der Stadt die Hochgerichtsbarkeit verliehen worden war. Da Wörth ab dem 15. Jahrhundert der Mainzer Verwaltung eingegliedert wurde, verlor die Stadt den Status als Gerichtsstätte, der nun bei Klingenberg lag. Erst nach 1750 durfte Wörth wieder seinen Galgen errichten und das wohl nur aus Prestigegründen. Der Galgen sollte für Straftäter abschreckend wirken. Um den Galgen rankt sich eine Sage: Von Zeit zu Zeit soll sich ein Troß von Dämonen und Magiewesen,  über den Odenwald kommend, in einer geheimnisvollen Weise zwischen den beiden Säulen hindurch bewegen und über den  Main wieder verschwinden.

 

„Neu-Wörth“:

Über die Durchgangsstraße geht man dann in den westlichen Teil des Ortes. Mehrere Hochwasserkatastrophen ließen Ende des 19. Jahrhunderts den Entschluß reifen, einen neuen Stadtteil oberhalb der Hochwassergrenze anzulegen. Nachdem bereits der Kurmainzer Hofarchitekt Emanuel Herigoyen Ende des 18. Jahrhunderts eine Kunststadt für Wörth entworfen hatte, wurde nach dem Hochwasser von 1882 mit ideeller und finanzieller Unterstützung der bayerischen Regierung, insbesondere durch den Regierungspräsidenten Graf von Luxburg, innerhalb von nur drei Jahren eine nur auf dem Reißbrett geplante neue Stadt „Neu-Wörth“ errichtet. Der Stilist gekennzeichnet von einem geometrischen Aufbau, bei dem der einheitliche Haustyp mit Erd- und Dachgeschoß mit dem Giebel zur Straße blickt.

 

Pfarrkirche:

Vor den Schienen nach links geht es zur neuromanischen Pfarrkirche. Die Kirche wurde durch die Initiative des Wörther Pfarrers Adam Haus finanziert,  er über eine Bankhaus in München eine Lotterie veranstalten ließ. Diese Kirche ist die dritte in Wörth erbaute Kirche. In ihr haben der spätgotische Flügelaltar aus der Zeit um 1475 eines unbekannten mittelrheinischen Meisters und eine Kreuzigungsgruppe aus dem frühen 16. Jahrhundert ihren Platz gefunden.

 

Friedhof:

Vor den Schienen geht es nach rechts zum Friedhof. Fränkische Siedler hatten hier um 700 mit den Steinen des ehemaligen römischen Kastells eine Kirche erbaut. Es ist die eigentliche Zelle Wörths. Erst 1292 wurde die Ansiedlung vom Kastellgelände an die heutige Stelle verlegt. Die Reste der Kirche aus dem fünfzehnten Jahrhundert werden als Friedhofskapelle genutzt.

 

 

Miltenberg

Die „Perle am Main“, das „mainfränkische Juwel“ - Miltenberg war schon immer etwas feiner als die anderen schmucken Mainstädtchen zwischen Aschaffenburg und Würzburg. So sieht sich die Stadt vor allem im Sommer auch einem Besucherstrom ausgesetzt, der beinahe an die Zustände in Rothenburg ob der Tauber erinnert. Mit Autos, Reisebussen und den weißen Mainschiffen kommen die Touristen scharenweise.

Viel Platz gibt es hier nicht, Miltenberg wird auf der einen Seite von einer eleganten Mainschleife begrenzt, auf der anderen vom schnell ansteigenden Hang, auf dem die Mildenburg thront. Man durchschreitet die Hauptstraße mit vielen kleinen Geschäften und Cafés. Tatsache: Hier ist alles ein bißchen nobler als anderswo. So präsentiert sich ein Städtchen, von dem man seit Jahrhunderten behauptet, es wäre etwas ganz Besonderes.

Miltenberg liegt 130 Meter hoch, ein bayerisches Städtchen in außerordentlich schöner Lage am linken Ufer des Mains, der hier eine scharfe Krümmung macht. Der langgestreckte Ort liegt am Nordfuß des Odenwalds, zwischen den Fluß und steile Berge eingezwängt, überragt von der etwa 60 Meter höher gelegenen Mildenburg. Miltenberg ist zu längerem Aufenthalt und als Stützpunkt für lohnende Ausflüge und Wanderungen (Maintal, Odenwald und Spessart) sehr zu empfehlen.

 

Geschichtliches.

Den strategischen Wert erkannten schon Kelten und Römer. Ringwälle und der „Vordere Limes“ sind Zeugnisse dieser Zeit. Die Römer errichteten an der Mündung des Mullbachs in den Main ein Lager. Die Stadt wurde 1226 urkundlich erwähnt, und erhielt bald darauf das Stadtrecht. Seit dem 13. Jahrhundert hatte es eine bedeutsame Stellung am Treffpunkt alter Verkehrsstraßen vom Rhein, Neckar und der Höhenstraße über den Spessart, dem Eselsweg. Wirtschaftliche Blüte im 14. bis 16. Jahrhundert durch regen Handel (Steinindustrie, Weinbau).

Im Mittelalter gehörte der Ort zu Kurmainz. Miltenberg war ein wichtiger Handelsplatz. Im Bauern­krieg 1525 stand es auf der Seite der Bauern. Im Jahre 1552 wurden Stadt und Burg vom Markgrafen Albrecht Alkibiades zerstört. im Dreißigjährigen Krieg war es bald von schwedischen, bald von kaiserlichen und anderen Truppen besetzt. Im Jahre 1806 wurde Miltenberg badisch, 1810 kam es an Hessen, 1816 an Bayern.

 

Sehenswürdigkeiten:

* Die Stadtmauer mit Türmen ist besonders auf der Bergseite gut erhalten. Im Westen steht der Spitze Turm, ein Torturm aus dem 14. Jahrhundert, auch „Mainzer Tor“. Im Osten steht das Würzburger Tor (beide Tore sind von 1379).

* Katholische Stadtpfarrkirche St. Jakobus, mit mächtige Sandsteinkruzifix von 1527 und Dreikönigsgruppe, aber ansonsten klassizistisch mit um 1830 erbauten Türmen.

* Pfarrkirche aus dem 14. Jahrhundert, aus heimatlichem Rotsandstein erbaut, im 18. und 19. Jahrhundert völlig umgestaltet. Das jetzige Pfarrhaus ist die ehemalige Amtskellerei, ein Fachwerkbau von 1541 mit Erker von 1611.

* Hotel „Zum Riesen” östlich des Marktplatzes aus dem Jahre 1590 war schon im 12. Jahrhundert „Fürstenherberge”, damit vermutlich ältestes Gasthaus Deutschlands. Die Inschrift am „Riesen“ lautet: „Dieser Bauw stehe in Gotts handt / Zum Rihsen ist er genandt / Fürsten und Herren ist er wohl bekandt / Bürger und Bauern steht er zu der Handt“.

* Gasthaus „Zur goldenen Cron“ von 1623.

* Rokokohaus von 1750 aus rotem Sandstein.

* Marktplatz ( = Schnatterloch) mit reizvollen Fachwerkhäusern aus dem 15. bis 18. Jahrhundert und mit Renaissance-Brunnen von 1583 und kurmainzischer Amtskellerei (1541 bzw.1611). In dem verschachtelten Fachwerkgebäude fand das sehenswerte Stadtmuseum neue Räumlichkeiten. Das ehemalige Rathaus ist vom Anfang des 15. Jahrhunderts. Den Marktbrunnen fertigte 1583 Michael Junker.

* Altes „Mainzer Kaufhaus“ (in der Nähe des Marktplatzes): Das alte Rathaus wurde 1379 von Mainzern als Kaufhaus erbaut

* Ruine Mildenburg, kurmainzische Grenzfeste gegen das Bistum Würzburg: Als sichtbarster Ausdruck der kurfürstlichen Präsenz blieb die Mildenburg über der Stadt erhalten. Von Burg Mil­den­burg mit Bergfried und Burgterrasse aus genießt man einen herrlichen Blick auf die Stadt und das Maintal sowie den Burghof. Die Burg wurde 1226 erstmals erwähnt und um 1200 vom Mainzer Erzbischof erbaut, der Bergfried um 1230, der Palas 1390 - 1396. Im Schloßhof steht der Teutonenstein aus der Römerzeit mit der bisher nicht geklärten Inschrift „Inter Toutonus“ und die Buchstaben „CAHF“. Bis 1806 war die Burg der Sitz der Mainzer Burggrafen; heute ist sie in Privatbesitz.

* Franziskaner-Klosterkirche von 1667 bis 1687.

* Laurentiuskapelle (15. bis 16. Jahrhundert) mit Wandmalereien, interessanter Innenausstattung und uralten Grabplatten.

* „Sachsengrab“ in der Mainzer Straße am Ortsausgang Richtung Osten. Es erinnert an ein Schiffsunglück, bei dem 62 sächsische Soldaten auf dem Main umkamen.

 

Museum:

Wie kommt ein römischer Weihealtar aus dem Raum Miltenberg in die Mauern des Frankfurter Domes? Entdeckt wurde der Stein nach dem Kirchenbrand 1867. Die Inschrift weist einen gewissen Sextilius aus, der im Jahre 190 nCh. vom Mainzer Hauptquartier der 22. Legion zur „1. berittenen Kohorte der Sequaner”, stationiert am Limes bei Miltenberg, abkommandiert worden war. Der von Kaiser Commodus gestiftete Altar war vermutlich durch Steinhandel im 15. Jahrhundert nach Frankfurt gelangt. Heute ist das kostbare Stück wieder an seinem Ursprungsort und ziert mit vielen anderen Funden (Plastiken, Münzen, Tongefäßen) die römische Abteilung im Stadtmuseum.

Mil­ten­berg beschränkt sich nicht auf die museale Aufbereitung seiner Frühgeschichte. Ein „Römer­weg” erschließt die Eckpunkte aus antiker Zeit, wobei allerdings Fantasie und Erläuterungstafeln manch Verlorengegangenes ersetzen müssen. Die bedeutsamsten Funde wurden auf dem 450 Meter hohen Greinberg gemacht. Dort hatten die Römer einen dem Merkur geweihten Tempelbezirk in eine keltische Ringwallanlage gestellt.

 

Eichenbühl (östlich von Miltenberg):

Hier stehen die Valentinuskapelle aus dem 13. Jahrhundert und der Mautturm mit Resten des ehemaligen Zöllnerhauses an der Fernhandelsstraße von Köln über Frankfurt nach Nürnberg.

 

 

 

Südöstlicher Odenwald

 

Amorbach

In einer der reizvollsten Urlaubslandschaften, dem Naturpark „Bayerischer-Odenwald“, liegt im Dreiländereck von Baden-Württemberg, Bayern und Hessen die liebenswerte und romantische Barockstadt Amorbach. Der staatlich anerkannte Luftkurort bietet die besten Voraussetzungen, die Hetze des Alltags zu vergessen.  Die um 5.000 Einwohner zählende Stadt ist der ideale Ort für Freude an Natur und Kultur. Die malerische, verkehrsberuhigte Altstadt mit schmucken Gassen und heimeligen Winkeln ist beliebtes Ziel für Einkauf und Geselligkeit. Rund 3.000 Hektar Mischwald sind die grüne Lunge der Stadt, die sich windgeschützt in ein liebliches Tal schmiegt. Die Stadt ist Wohnsitz des Fürsten von Leiningen. Die Bevölkerung beschäftigt sich mit Obst- und Ackerbau sowie Gewerbe (Mühlen, Gerberei, Tuch- und Holzwarenherstellung.)

 

Sage und Geschichte:

Der Legende nach begann die Geschichte Amorbachs im Jahre 713 an der Stelle des heutigen Amorbrunnens. Um das Christentum im Odenwald zu verbreiten, soll im Jahre 714 der heilige Pirmin an der Stelle des heutigen Amorbrunnens ein Kirchlein gegründet haben. Sein Nachfolger war der Sage nach der heilige Amor, der 734 die nach ihm benannte Benediktinerabtei Amorbach gründete. Die Entstehung des Namens - der naturgemäß zu Deutungen in Verbindung mit dem Gott Amor Anlaß gab - ist übrigens nicht geklärt.

Die Stadt wurde im Jahre 734 von Benediktinermönchen gegründet. Die Abtei kam im 10. Jahrhundert an das Bistum Würzburg, später an das Erzbistum Mainz. Im Jahre 1170 kam Amorbach in den Besitz der Herren von Dürn (Konrad von Durne), die es 1252 zur Stadt erhoben. Im Jahre 1272 wurde Amorbach an Mainz verkauft. Schwere Leiden brachten der Bauernkrieg von 1525 und der Dreißigjährige Krieg. Im 18. Jahrhundert erlebte die Stadt noch einmal einen großen kulturellen Aufschwung. Unter bedeuten Baukünstlern entstanden monumentale Schöpfungen höchst entwickelter Barock- und Rokokokunst. Im Jahre 1803 wurde Amorbach mit der aufgehobenen Abtei dem Fürsten von Leiningen zugesprochen, 1806 kam es an Baden, 1810 an Hessen und 1816 an Bayern.

 

Sehenswürdigkeiten:

* Die Abtei wurde im 8. Jahrhundert gegründet. Die Abteikirche steht an der Stelle einer romanischen Kirche, deren zwei Türme stehen blieben. Der Neubau wurde 1747 vollendet. Er ist ein prunkvoller Rokokobau mit grandioser Innenausstattung (Deckengemälde. Kanzel. Orgel, Chorgitter). Heute gerhört die Abtei das Schoß der Fürsten von Leiningen. Hier befinden sich die Diensträume der Leiningenschen Verwaltung.. Im Ostflügel, dem Konventbau von 1742 – 1747,  befindet sich der Bibliothekssaal von 1790 (Besichtigung gestattet) mit klassizistischer Ausstattung und mit interessanten Deckenmalereien und schönen Schnitzereien. Er enthält die Reste der früher sehr bedeutenden Klosterbibliothek mit 330.300 Bänden  aus verschiedenen Wissensgebieten. Im Südflügel ist der der Grüne Saal von 1795 als Festsaal. Von dem Kreuzgang des alten Romanischen Baues sind 20 vorzüglich gearbeitete kleine Säulen und. Bildwerke erhalten, die in einem offenen Gang neben der Kirche aufgestellt sind.

* Die Katholische Pfarrkirche St. Gangolf ist  aus den Jahbren  1751 bis 1755), ein dreischiffiger Hallenbau des Rokoko in rotem Sandstein. Am Hochaltar finde sich vorzügliche Bildwerke. Hhervorzuheben ist  der heilige  Sebastian. Der Name „St. Gangolf und Sebastian“ weist auf den Märtyrer aus Burgund hin. Obgleich schon Rokoko, ist die Kirche ein Spiegelbild der Abteikirche..

* Das Templerhaus von 1291, mit dem gesicherten Baudatum von 1291 zählt es zu den ältesten deutschen Fachwerkhäusern ujn d wurde im Jahre 1988 restauriert

* Die ehemalige Mainzer Amtskellerei aus den Jahren 1482 bis 1485ist ein schlößchenartiger Bau, erinnert an den mainzischen Stadtherrn und beherbergt das Heimatmuseum.

* Das ehemalige kurmainzische Amtshaus  gegenüber der Kirche wurde 1725 erbaut und ist  das Wohnhaus des Fürsten von Leiningen.

* Die ehemalige Kellerei ist heute  Amtsgericht.

* In der ehemaligen Klostermühle von 1448 nahe der Abtei ist heute das Café Schloßmühle.

* Das spätgotische Fachwerk- Rathaus ist aus der Zeit um 1500.

* Der romantische Seegarten wurde vom Fürstenhaus als Kurpark zur Verfügung gestellt.

 

Kirche:

Im Rahmen von Führungen werden Teile der Klosteranlage mit der Originalausstattung, Bibliothek und „Grüner Salon“ sowie die Kirche gezeigt. Meister aus ganz Süddeutschland besorgten die Innenausstattung, das reich geschnitzte Chorgestühl, die einmalige Kanzel über doppelläufiger Treppe, das schmiedeeiserne Chorgitter und die herrlichen Stukkaturen, mit den Decken- und Wandfresken eine Einheit bildend.

Seit die Abtei 1803 in den Besitz der Fürsten zu Leiningen überging, dient die Kirche als evangelisches Gotteshaus. In den Gottesdiensten und im Sommerhalbjahr in weitbekannten durch das Fürstenhaus veranstalteten Konzerten und Orgelvorführungen besteht Gelegenheit, die Königin der Instrumente in ihrer ganzen Klangfülle zu hören.

Die Abteikirche ist im Kern romanisch, aus einer kreuzförmigen Basilika umgebaut, von der die beiden Türme und die seitlichen Außenmauern erhalten sind. Der Umbau erfolgte 1742 - 1747 nach dem Entwurf des kurmainzischen Hofbaumeisters General von Welsch. Der Turmseite ist eine sehr wirkungsvolle Barockfassade aus rotem Sandstein mit Freitreppe vorgelagert.

Das Innere ist durch die „in unübertroffenem Gleichmaß der Gesamtwirkung durchgeführte Dekoration“ ausgezeichnet, die zu den besten Werken des deutschen Rokoko gehört. Stuckarbeiten und  Seitenaltäre sind von Feichtmayer und Uebelher, die Deckengemälde von Mathias Günther aus Augsburg un d besonders durch perspektivische Wirkung ausgezeichnet. Das fein gearbeitetes Chorgitter ist von Gattinger. Die Chorstühle sind einfach geschnitzt. Der große Hochaltar ist aus Marmor.

Zu Ostern und Pfingsten gibt es einen Grund mehr, das Barockstädtchen Amorbach im Odenwald anzusteuern. Dann erklingt in der Abteikirche die nach Expertenauffassung „größte und klangprächtigste Orgel Europas” im Rahmen von Sonderkonzerten. Die Akustik in der Barockkirche begeisterte schon Carl Maria von Weber oder Mendelssohn-Bartholdy. Zu ihrer Zeit umfaßte das aus der berühmten Orgelbauschule Stumm stammende Instrument bereits 3.000 Pfeifen. Ergänzt wurde sie 1868 um weitere 2.000 Pfeifen. So kann mit vier Manualen und 66 Registern eine fast unendliche Tonvielfalt in den sakralen Raum gezaubert werden.

Fast will es scheinen, das Gotteshaus sei als Klangkörper für die Orgel errichtet worden. Dabei war man bei Fertigstellung der Barockanlage 1757 weit davon entfernt, ein Instrument dieser Größe einzubauen. Es dauerte fast ein Vierteljahrhundert, ehe an die Anschaffung gedacht werden konnte. Zu sehr hatte der aus Anlaß des tausendjährigen Bestehens der Benediktinerabtei 1734 begonnene Neubau die Kapazitäten erschöpft, denn das Beste war dabei gerade gut genug um dem geistlichen wie weltlichen Selbstverständnis des Ordens repräsentativ zu entsprechen. Gipfel des Kunstgenusses ist es, wenn zwischen Fresken, Stuck und Schnitzwerk die größte Barockorgel des Kontinents ertönt, aber nur von Mai bis Oktober - dienstags bis samstags um 11 und um 15 Uhr; sonntags um 12 Uhr.

 

Auf den Spuren Adornos

Theodor W. Adorno, großer Frankfurter Philosoph und Soziologe, widmete seinem „Lieblingsstädtchen“ sogar ein Buch voller Kindheitserinnerungen. Bereichert mit dieser charmanten Lektüre erscheint die pittoreske Altstadt mit ihrer Spätgotik gleich in einem ganz neuen Licht: Wie hat der junge Adorno wohl das „Alte Rathaus“, die ehemalige Kurmainzer Amtskellerei, das Benediktinerkloster oder das so genannte Templerhaus erlebt? Auf welchen Pfaden mag er gewandelt sein?

 

 

Amorsbrunn:

Im lieblichen Otterbachtal steht an der Einmündung zur Mudau die Amorsbrunner Kapelle. Die Kapelle aus dem 12. Jahrhundert wurde 1521 erweitert wurde. Sie hat eine sehenswerte Innenausstattung und eine Mariensäule von 1720. Die Wallfahrtskapelle ist gotisch, steht aber über einem heidnischen Quellheiligtum. Die Quelle am Boden der Kirche speist jetzt wie damals das Becken im Garten. Wo einst rituale Waschungen vorgenommen wurden, tummeln sich heute Forellen.

Der heilige Gangolf wird von alters her durch die katholische Bevölkerung Amorbachs und des Umlandes hoch verehrt. Zeichen überkommener Volksfrömmigkeit ist der traditionelle Gangolfsritt mit der Pferdesegnung bei der Kapelle Amorsbrunn.  „Zum Amorsbrunn e Vertel Stunn“, belehrt ein Wegweiser in der Stadt.

Auf einem heidnischen Quellheiligtum sollen in dem Tal der Mudau irische und schottische Mönche im 8. Jahrhundert eine Kapelle errichtet haben, der bald das Benediktinerkloster Amorsbrunn angeschlossen wurde. Was läge näher, als mit diesem Namen den römischen Liebesgott in Zusammenhang zu bringen, zumal denen, die von der Quelle im Kapelleninneren trinken, Kindersegen vorhergesagt wird. Doch nicht er stand Pate, sondern der heilige Amor. Wem wollte man es verwehren, trotzdem nach der kleinen Putte mit Pfeil und Köcher Ausschau zu halten?

 

Gerhardsberg:

Wer nun noch von der Höhe auf Amorbach herabschauen möchte auf die Wälder und Täler, die die Barockstadt umschließen, der sollte auf den Turm der Klosterruine des Gerhardsberges (auch: Klosterruine Gotthard auf dem Gotthardsberg) steigen. Auch dieser Berg ist mit der Geschick Amorbachs aufs engste verbunden. Hier soll Ruthard, der Gründer Amorbachs, die Feste Frankenberg besessen haben, die Kaiser Barbarossa 1168 „auf ewig“ auslöschen ließ, weil sich die Schutzvögte des Klosters Amorbach als Raubritter betätigten. Im 13. Jahrhundert entstand ein Nonnenkloster, das 1439 aufgehoben wurde. Verwüstungen und Blitzschlag vernichteten  1714  das Gebäude. Der Blick vom Turm geht in sieben Täler. Am Fuß des Gotthardsberges liegt die Prinzenvilla in schönem Garten. In der Umgebung sind sehenswert eine Wildschweinfütterung und das nahe Freilandmuseum Gottersdorf.

 

Gottersdorf (östlich von Amorbach):

Das Odenwälder Freilandmuseum breitet sich auf einem großen Gelände hinter einem Teich in dem kleinen Ort Gottersdorf aus. Das Museum ist selbst wie ein Dorf, es zeigt euch, wie die Menschen früher lebten. Ihre Häuser wurden wieder aufgebaut, komplett mit Möbeln und Haushaltsgeräten, Werkzeugen, Ställen und Hühnerhäuschen, sämtlich aus verschiedenen Regionen des Odenwalds - vom Tagelöhnerhäuschen über eine dörfliche Poststelle bis zum Großbauernhof ist alles vertreten, was zu einem Dorf gehört. Die Lebensweise der Menschen, wie sie kochten, schliefen und arbeiteten, wird sehr anschaulich.  In dem winzigen Tagelöhnerhaus mit zwei Kammern wohnten damals zeitweise 13 Personen! Kinder und Erwachsene mußten sich die Betten teilen.

Interessant ist auch das ehemalige Armenhaus. Früher gerieten besonders alte oder kranke Menschen in Not, denn es gab noch keine Krankenkasse und keine Rentenversicherung, durch die sie abgesichert waren. Sie konnten nur in ein Zimmer des Armenhauses einziehen. Außerdem wohnte in diesem Haus die Hebamme der Gemeinde, und es gab ein Krankenzimmer.

Außerdem soll m an nicht vergessen, den Großbauernhof anzusehen, der vor dem Museumsgelände ausgeschildert ist. Dieses Gebäude einer wohlhabenden Bauernfamilie steht seit 200 Jahren an seinem Platz, daneben befinden sich Werkstätten, in denen Räder für Kutschen, Möbel und andere Dinge selbst hergestellt wurden.

Auch eine Küferei und einen Bauerngarten kann man besichtigen. Hier ist auch die einzige Ziegelei aus vorindustrieller Zeit aus dem Jahre 1788 in einem Freilandmuseum in Deutschland. Gelegentlich wird vorgeführt, wie man Grünkorn herstellt, nämlich aus halbreifem Emmer, der getrocknet und geröstet wird. Tourist-Info, 74731 Walldürn-Gottersdorf, Tel. 06286 320: Öffnungszeiten: April + Okt täglich 10-17 Uhr,  Mai-September bis 18 Uhr, Montag geschlossen

 

Weilbach (nördlich von Amorbach):

Seit 1170 ist der Ort  im Besitz der Herren von Dürn. Im Jahre 1272 erfolgte der Verkauf an Mainz, wo es bis 1803 blieb. Danach kam es an Leiningen. Hessen und Baden, 1806 wurde es bayrisch. Die Kirche entstand im Jahre 1789.

 

 

Weckbach (östlich von Michelstadt, nordwestlich von Amorbach):

Von Ulrich III. von Dürn 1272 an den Mainzer Erzbischof verkauft, blieb Weckbach bis 1803 bei Mainz. Hinter dem Gasthof „Rose“ finden sich Grundmauern einer verfallenen Wasserburg.

 

Reinhardsachsen (östlich von Amorbach):

Dorfkirche aus dem 18. Jahrhundert.

 

Steinbach (südlich von Amorbach):

Unterhalb der Dorfkirche steht eine spätgotische Kapelle, erbaut 1494. umgebaut 1514, zu Ehren des HI. St. Martin und Veit. Im Fischblasenmaßwerk der Chorfenster finden sich  Skulpturen der Kirchenpatrone. Die Kirche hat eine spätgotische Kanzel,  einen Schnitzaltar von 1520 mit einer Beweinungsgruppe und Szenen aus der Geschichte Christi u nd Seitenaltäre von 1703.

 

Schneeberg (südwestlich von Amorbach):

Seit 1170 ist der Ort  Besitz der Herren von Dürn. Von 1272 bis 1803 gehörte es zu Kurmainz, danach Leiningen, Baden, Hessen und Bayern. Seit Mitte des 15. Jahrhunderts gibt es die Wallfahrt „auf dem Holderstock“. Die Wallfahrtskirche ist dreiteilig:Außen Gnadenkapelle von 1521 mit Marienaltar aus Alabaster von 1680  - Mittelbau von 1474, der 1718 erweitert wurde - an der Bergseite die neue Kirche von 1931).

 

Rippberg (südöstlich von Amorbach):

Erstmals wird der Ort  1197 erwähnt. Konrad von Dürn erbaute um 1250 eine Wasserburg, die nach 1575 von Dieter Echter von Mespelbrunn in einen Herrensitz umgebaut und 1835 abgebrochen wurde. Nur der Torbau und ein Renaissance-Brunnen sind erhalten geblieben. Im Friedhof steht die Pfarrkirche St. Sebastian von 1591 mit Adelsgrabmälern.

 

Hettigenbeuern (südlich von Amorbach):

Hier stand ein  Berlichingen’sches Kastell, ein viereckiger Turmbau aus dem 14. Jahrhundert. Es gibt die Station Museumsstraße Odenwälder Bauernhaus mit dem Thema „Tabakanbau“.

 

Zwischen Scheidental, Schlossau und Hesselbach verlief der südliche Odenwaldlimes. Restaurierte und konservierte Reste von Wachtürmen und dem Kleinkastell „Seitzenbuche“ liegen unweit der Landstraße nach Hesselbach.

 

 

Wildenberg:

Keinesfalls entgehen lassen sollte man sich dort die stauferzeitliche Ruine Wildenberg. Der leichteste Anstieg erfolgt vom Parkplatz bei Kirchzell-Buch.

Seit 1171 wird die Burg genannt, erstmals 1215 bezeugt und 1225 von Conrad von Dürn zu einem stolzen Herrensitz ausgebaut. Ein Stein im Torturm kündet: „Diese Burg machte Herr Ruprecht von Durn“, ein treuer Vasall Kaiser Barbarossas. Im Jahre 1271 erfolgte der Verkauf von Ulrich von Dürn an den Mainzer Erzbischof. Aus dieser Zeit stammt noch die Vorburg. Der Bergfried ist 20 Meter hoch, die Mauerns drei Meter dick. Es gibt einen Torturm mit Kapelle, einen Palas mit zwei Festsälen, große Kaminwangen und feine Fensterarkaden.

Die Buckelquadern an Mauern und Türmen, Schmuckformen im Palas oder den gewaltigen Kamin Mauern hatte Wolfram von Eschenbach angeblich vor Augen, als er die Gralsburg beschrieb. Wolfram von Eschenbach, der hier zeitweise gelebt hat, soll sie als Modell für die Gralsburg im Parzifal gedient haben. Ob Wolfram von Eschenbach allerdings Teile seines Parzival (er nennt die Gralsburg „Munsalwasch“, das heißt Wildenburg) hier um 1200 schrieb, wird wohl kaum zu klären sein.

Zum Schutze des Benediktinerklosters erbaut, war die Wildenburg seit ihren Anfängen in der zweiten Hälfte des zwölften Jahrhunderts aufs engste mit Amorbach verbunden. Im Bauernkrieg wurde die Burg 1525 zerstört und ist seitdem Ruine

Bis auf wenige Veränderungen hat die Feste der staufischen Reichsministerialen von Dürn aber ihren rein romanischen Stil bewahrt. Die Burg ist eine der schönsten und größten Burgen der Romanik und weist Reste feinster romanischer Kunstformen auf, ein großartiges Beispiel staufischer Baukunst.

In den Jahren 1937-39 wurde die Burg vor dem Verfall gesichert. Sie hat einen 25 Meter hohen Bergfried mit guter Aussicht.

 

Waldmuseum „Watterbacher Haus“:

Auf der Ebene oberhalb der Ruine Wildenberg liegt das Waldmuseum „Watterbacher Haus“, ein Fachwerkbau von 1475. Es ist das älteste Odenwälder Bauernhaus in Firstständer-Bauweise. Man erreicht das Watterbacher Haus von Amorbach aus über die Staatsstraße Richtung Mudau, indem man drei Kilometer nach Kirchzell-Buch rechts nach dem D orf Preunschen abbiegt. Vom Ortseingang aus liegt das Fachwerkgebäude auf einem Hügel rechter Hand.

Das Haus beherbergt ein kleines Museum, in dem die historische und heutige Waldbewirtschaftung erläutert wird. Was damit gemeint ist, kann der Besucher im Inneren leicht erkennen. Das niedrige Unter- und das in den Dachstuhl übergehende Obergeschoß geben den Blick auf senkrechte Balkenreihen frei, die vom Grund bis zu den Dachpfetten reichen. Gleich im Eingangsbereich dokumentieren zudem ein Modell und Großdias Konstruktion die Geschichte dieses wandernden Hauses. Sein Name erinnert daran, daß man es um 1475 in dem Ort Watterbach baute, heute ebenfalls Teil der Marktgemeinde. Mitte unseres Jahrhunderts entging es knapp dem Abriß. Man baute es in einem abgelegenen Weiler neu auf, wo es ungenutzt war - der Zerstörungswut mancher Zeitgenossen und natürlichem Verfall ausgesetzt. Im Jahr 1981 wurde das Baudenkmal an den heutigen Standort verpflanzt. Als Waldmuseum hat es wieder eine Bestimmung, eine über die Region hinaus strahlende dazu.

Das Prachtexemplar eines Wildschweins, das „durch die Lappen geht“, ist nachgebildet. Die fürstlich-leiningensche Aufdrucke zeigen den Hosenband-Orden, den ein Mitglied des heimischen Adelshauses tragen durfte. An örtlichen Beispielen weist die Ausstellung aber immer wieder Zusammenhänge auf, die auf ganz Mitteleuropa übertragbar sind.

Die Extreme der waldwirtschaftlichen. Entwicklung macht gleich zu Beginn ein Kabinett deutlich, in dem ein Laub-Urwald und eine Fichten-Monokultur gegenüber stehen. Seit Gründung des Klosters Amorbach im achten Jahrhundert, drängten Menschen den einstigen Urwald zurück. Im elften Jahrhundert wurde die einst unbegrenzt verfügbare Ressource Wald so knapp, daß Konflikte aufbrachen.

Ein mächtiger Grenzstein macht klar: Bis hierher dürfen die von Otterbach ihr Rindvieh treiben, aus Gnaden des Klosters. Es wurden 167 solcher Steine gemeißelt. Der Aufwand half wenig. Der zur Mast von Kühen, Schafen, Ziegen, Schweinen genutzte Wald versteppte unweigerlich, da Naturverjüngung nicht mehr stattfand. Im Museum steht dafür die Silhouette eines mittelalterlichen Hausschweins, das im Wald Eicheln frißt. Eine Rarität ist das Hörnchen, mit dem „Hesse-Velde“, der Schweinehirt, der noch in den 50er Jahren trottend durch ein Nachbardorf zog.

Der Niedergang des ursprünglichen Waldes brachte Förster auf den Plan. Die kostbare Holzbibliothek, ein Herbarium aus hölzernen „Büchern“ für jede Baumart, zeugt von den Anfängen wissenschaftlich-rationeller Beschäftigung mit Wald. Neu angepflanzt wurde oft der heute kritisch beurteilte pure Nadelforst.

Objekte, Bilder, Szenerien, von präzisen Texten knapp auf den Punkt gebracht, zeugen davon, daß der Wald jahrhundertelang Arbeitsplatz war. Da kokelt nicht allein der Köhler; da bestellte nicht nur der Tagelöhner ein karges Äckerlein auf der Lichtung - beides übrigens bis ins 20. Jahrhundert. Vor der Erschließung von Steinbrüchen hatten Steinmetz in Findlingen ihr Rohmaterial und verhökerten im Hochmittelalter Odenwälder Sarkophage bis zu den ostfriesischen Inseln. Für arme Leute war Beerenernte oft di einzige Quelle des Gelderwerbs, so daß es in der Schule extra Ferien gab. Im viktorianischen England schnabulierte man Heidelbeeren, die per Bahn und Schiff aus dem Odenwald herbeigeschafft wurden. Und Zapfenbrecher wie jener, der im Obergeschoß einen Stamm hochkraxelt, leben dort bis heute. Sie verdienen ihr Brot unter Lebensgefahr, pflücken für Baumschulen das wertvolle Saatgut aus den Wipfeln.

Das Waldmuseum in Kirchzell-Preunschen ist Oktober bis März wochenends- und an Feiertagen. 12 bis 16 Uhr, sonst mittwochs, donnerstags, feiertags und am Wochenende von 11 bis 17 Uhr offen.

 

 

Walldürn

Von Amorbach fährt man östlich im Marsbachtal aufwärts. Bei Schneeberg mündet rechts das Morretal.  Südwestlich geht es nach Rippberg. Walldürn liegt 400 Meter, hoch und ist ein hübsch gelegenes altertümliches Städtchen und vielbesuchter Wallfahrtsort.

Das Madonnenländchen, der südöstliche Teil des Odenwaldes, ist eine in sich ruhende Landschaft, heiter und anmutig wie die unzähligen Marienstatuen, die ihr den Namen gaben. Sie stehen an Feld­wegen, auf Marktplätzen, über Hausportalen. Des Weiteren begegnet man den Wappen geistlicher und weltlicher Territorialherren, die sich hier so häufig wie kaum anderswo durch Kirchen- und Profanbauten verewigt haben. Ein Beispiel unter vielen ist Walldürn. Es gehört zu den Orten, die ihre Bedeutung über Jahrhunderte durch die Wallfahrt bewahrt haben. Seit Beginn des 15. Jahrhunderts strömen die Pilgerscharen jährlich vier Wochen lang, beginnend mit dem ersten Sonntag nach Pfingsten, zum Blutaltar.

Walldürn wurde bekannt durch das Blutwunder: Priester Heinrich Otto verschüttete um 1330 während einer Messe den konsekrierten Kelch. Der Wein ergoß sich über das Priestergewand (Korporale), auf dem sich ein Kruzifixus und elf Christusköpfe (Dornenhäupter) abzeichneten. Auf dem Totenbett gestand der Prie­ster die Erscheinung und verriet den Aufbewahrungsort des Tuches, das er im Altar verborgen hatte.

Das Tuch nach dem Tode des Geistlichen zum Ursprung der Wallfahrt. Die Nachricht verbreitete sich rasch. Pilger kamen nach Walldürn und es entwickelte sich eine immer größere Wallfahrt. Aus dem anfänglichen St.-Georgs-Kirchlein von 1497 erwuchs von  1700 bis 1715 die heutige Basilika, deren Innen­ausstattung erst 1751 beendet wurde. Der Heilig-Blut-Altar enthält den silbernen Schrein (Augsburger Arbeit von 1684) für das Kor­porale.

Die Stadt­kirche ist die ehemalige Wallfahrtskirche, erbaut 1698 bis 1709  nach Angaben von Leonhard Dientzenhofer im Barockstil. Das Innere ist wegen der reichen und vornehmen, farbig be­handelten Ausstattung sehenswert. Der Hochaltar ist von Christian Meyer gefertigt. Die Kirche hat eine prächtige Kanzel und einen prächtigen Orgelaufbau und einmalig herrlichen Freskomalereien des Francesco Marchini.

Neben der Kirche im Pfarrheim ist die Walldürner Elfenbeinschau. Gezeigt werden kostbare Elfenbeinschnitzereien aus den vergangenen acht Jahrhunderten. Als Glanzstück gelten die mit Intarsien­arbeiten verzierten Möbelstücke aus dem bayeri­schen Königsschloß Moos.

Walldürn wurde erstmals 795 als „Turninu“ erwähnt. Es war Residenz der Edelherren (später Grafen) von Dürn. Seit 1408 heißt es Walldürn. Die Verleihung der Stadtrechte erfolgte 1346. Von 1292 bis 1803 war Walldürn kurmainzisch (Zentgericht, Amtskellerei). Im Jahre 1806 kam es von Leiningen an Baden.

Es gibt ein Fachwerk-Rathaus von 1448 (das älteste benützte Rathaus Deutschlands), den Gasthof „Zum Riesen“ (1756) und den ehemaligen Gasthof „Zum goldenen Engel“ von 1588. Das Schloß, an der Stelle der alten Burg, wurde 1865 völlig umgebaut.

 

Römer­bad:

Nördlich von Walldürn  finden sich konservierte Fundamente eines um 150 nCh errichteten Bades, das um 230 verfiel und nach Neuerrichtung am 13. Februar 232 nCh geweiht wurde. Das Kastell ist nicht mehr sichtbar (siehe Hinweistafeln). Der Marsbach. der hier entspringt und einst das Wasser zum Bade spendete, ist im Mühlsteinbrunnen gefaßt worden.

Das Kleinkastell „Hönehaus“ wurde etwa um 150 erbaut und um 260 wieder verlassen. Nähere Angaben sind den Hinweistafeln zu entnehmen.

 

Hardheim
Der Marktflecken hat eine Burg mit altem Bergfried.

 

 

Buchen

Zwischen Main, Neckar und Tauber liegt das Madonnenländchen, jene Landschaft am Ostrand des Odenwaldes, die ihren Namen den vielen Mariensäulen, Bildstöcken, kleinen Kapellen und Heiligtümern verdankt. Und mittendrin das romantische Städtchen Buchen.  Sooft man auch nach Buchen fährt, in dem liebenswerten fränkischen Odenwaldstädtchen, gibt es immer wieder Neues zu entdecken; in den Spitzweggassen der Altstadt, zwischen den volkskundlichen Sammlungen des Bezirksmuseums, aber auch in den dörflichen Ortsteilen der Umgebung.

Buchen wird als „Buchheim“ erstmals 773 im Lorscher Codex urkundlich erwähnt. Buchener Bürger machten damals dem Kloster Lorsch namhafte Schenkungen. Unter den Dynasten von „Dürn“ erhielt Buchen 1280 die Stadtrechte. Um diese Zeit begann auch der Bau der Stadtbefestigung. Im Jahre 1309 verkauften die Dürner die „Zent“ Buchen an Mainz. Unter dem Krummstab erlebte die junge Stadt einen großen Aufschwung, der sich bis zur Sage vom „Talerstädt­chen“ verdichtete. Die Mainzer  haben dem Ort ihren Stempel aufgedrückt.

Die Kriege der vergangenen Jahrhunderte verschonten auch Buchen nicht. Mal waren es die Franzosen, mal die Schweden, die im Gebiet von Buchen wüteten. Beim Bauernkrieg im Jahre 1525 führte Götz von Berlichingen hier das Regiment. Der schwärzeste Tag in der Geschichte der Stadt war der 1. September 1717: Durch Blitzschlag wurden an diesem Tage 124 Wohnungen und Stallungen, das alte Rathaus und Teile der Kirche zerstört. Im Jahre 1803 fiel die Stadt an Leiningen und 1806 an Baden.

 

Ein Wahrzeichen Buchens ist der Stadtturm. Ursprünglich hatte Buchen innerhalb der Stadtbefestigung vier Tortürme. Die im 13. Jahrhundert erbaute Stadtmauer wurde 1490 erweitert und 1688 geschleift. Übriggeblieben ist der Stadtturm, der ursprünglich   „Mainzer Tor“ hieß. Oberhalb des äußeren Torbogens befindet sich das Buchener Fastnachtssymbol „Der Blecker“. Eine Spottfigur, die im Wahrzei­chen der Stadt. Erhalten ist. Der Barockhelm ist von 1719.

Neben dem Stadtturm steht die „Mariensäule“ auf dem Platz „Am Bild“. Diese Barocksäule, im Volksmund „Das Bild“ genannt, mit dem korinthischen Kapitell, auf dem die Himmelskönigin mit dem Kind thront, wurde 1754 errichtet.

Am Stadtturm beginnt die Marktstraße, heute Hauptgeschäftsstraße und Fußgängerzone. Typisch sind hier einige Treppen an Hauseingängen und Klapptüren als einziger Kellereingang von der Straße her. Am anderen Ende der Straße der Marktplatz mit dem Alten Rathaus und dem Brunnen, den eine Figur des Minnesängers Pilgrim von Buchheim ziert.

Die katholische Pfarrkirche St. Oswald wurde 1503 - 1507 erbaut, eine spätgotische Hallen­kirche, die 1960 erweitert wurde. In ihr ist das Grabdenkmal des in Buchen geborenen Gelehrten Dr. Konrad Koch, genannt „Wimpina“. Er war Rektor der Universität Leipzig und ist 1531 gestorben. Neben der Stadtkirche steht das „Klösterle“, ein Beginenhaus von 1489.

Das Alte Rathaus, errichtet nach dem Brand von 1717, wurde 1723 fertiggestellt. Es hat eine Barockfassade und eine offene Halle. An den Torbögen befinden sich steinerne Neidköpfe. Das Untergeschoß wurde einst als Markthalle benutzt. Heute finden in dem Haus kulturelle Veranstaltungen statt. Links vom Alten Rathaus macht ein 1719 errichtetes „Buchener Bürgerhaus“ mit einem herrlichen Torbogen auf sich aufmerksam.

Auf der Ostseite des Marktplatzes befindet sich das stattliche Fachwerkhaus „Zum Riesen“ Gedenktafeln erinnern an den Geschichts- und Schlachtenmaler Wilhelm Emelé (1830 -  1905), und an Gottfried Bessel (1672 - 1749), Abt des Benediktinerstiftes Göttweig in Österreich, das unter seiner Amtszeit wieder aufgebaut wurde. Beide Männer erblickten in Buchen das Licht der Welt. In der Kellereistraße stehen zahlreiche Fachwerkhäuser mit schönen Schnitzarbeiten.

Ebenfalls in der Kellereistraße die „Kurmainzische Kellerei“. Hier befand sich einst das Verwaltungszentrum des Mainzischen Amtes Buchen. Der „Steinerne Bau“ beherbergt heute das Heimatmuseum. Die Mariensäule ist von 1753.

Im heutigen Museumshof verpflichtete im April 1525 der „Helle Haufen“ der Odenwälder Bauern Götz von Berlichingen als seinen Hauptmann. Im Jahre 1848 rebellierten hier erneut die Bauern gegen die Obrigkeit und plünderten das Rentamt und den Fruchtspeicher. Der „Steinerne Bau“ erinnert an den Mainzer Erzbischof Berthold von Henneberg, er ließ sich das Haus als Sommerresidenz bauen. Heute befindet sich darin das Bezirksmuseum, das im Jahre 1911 von Hauptlehrer Karl Tunzer gegründet wurde.

In der ehemaligen Zehntscheune befinden sich heute das Stadtarchiv und die Heimatbücherei. Im früheren Marstall hat heute eine kirchliche Organisation ihren Sitz. Am Ende der Kellereistraße stand einst das Würzburger Tor. Auf dem Grabenweg entlang der Stadtmauer kommt man in Richtung Ausgangspunkt. Unübersehbar ist dabei ein stilvoller Brunnen, aus einer Querflöte sprudelt Wasser. Er erinnert den in Buchen auf gewachsenen Komponisten Joseph Martin Kraus. Im weiteren Verlauf trifft man auf einen ehemaligen Wehrturm, dem der Volksmund den Namen „Storchennest“ gegeben hat. Fast wieder am Ausgangspunkt angekommen, erinnert der Lohplatz daran, daß hier einmal die Lohgerber angesiedelt waren. Auf der anderen Seite der Straße befindet sich der Röhrenbrunnen, einst die Haupt-  Wasserentnahmestelle für die Bewohner der Altstadt.

 

Eberstadt (südlich von Buchen):

Das Schloß wurde erbaut um 1700. Keller, Wehrturm und der Innenhof mit beiden Türmen stammen vom ursprünglichen Bauwerk. Die  Eberstadter Tropfsteinhöhle  wurde am 13. Dezember 1971 bei Sprengarbeiten entdeckt. Fachleute bewerten sie als einmalig in Süddeutschland. Länge etwa 600 Meter. Rollstuhlgerecht. Besichti­gung: 1.3. bis 31.10. täglich 10 bis 16 Uhr; 1.11. bis 28.2. Samstags, sonntags und an Feiertagen von 13 bis 16 Uhr.

 

Bödigheim (südlich von Buchen):

Der Ort ist unverkennbar an der Silhouette seines aus dem engen Tal herausragenden Bergfrieds.

Der alte Ort gehörte wie Buchen einst der Abtei Amorbach. Das Kloster gestattete 1286 Weprecht Rüdt von Collenberg hier den Bau einer Burg. Bis zum großen Brand 1634, nach dem nur der Bergfried blieb, hatte sie Bestand. Knapp hundert Jahre später erbauten Nachfahren ein barockes Schloß, das von Angehörigen der Familie noch heute bewohnt wird. Die Bödigheimer Schloßanlage vor dem Hintergrund pittoresken Gemäuers ist wenig bekannt. Der ausgedehnte Hof mit mächtigen Kastanienbäumen steht jedem Besucher offen. Grabmäler des alten Adelsgeschlechtes reihen sich in der Kirche von 1686 und auf dem Dorffriedhof.

 

Osterburken (südlich von Buchen):

Der Ort liegt auf ehemals römisch-fränki­schem Siedlungsboden (Limes-Kastell). Er wurde 776 als Burgheim erwähnt, kam 1409 an Kurmainz, 1803 an Leiningen, 1806 an Baden. Zur Zeit wird in Osterburken ein römisches Militärbad freigelegt und restauriert. In einem zweiten Bauabschnitt entsteht ein Museum mit Funden aus der römischen Vergangenheit.

 

Adelsheim (südlich von Buchen):

Die frühfränkische Siedlung wird 779 erstmals genannt. Sie ist Sitz der Reichsritter von Adelsheim, erhielt 1374 Stadtrechte, kam 1803 an Bayern und 1806 an Baden. Das Oberschloß stammt von 1504, das Unterschloß oder die Tiefburg ist von 1734 -  1738. In der Jakobskirche von 1489 stehen die Grabdenkmäler der Herren von Adelsheim und spätgotische Skulpturen.

 

 

Mudau

Der Ort ist eine 460 Meter hoch gelegene, einfache Sommerfrische. Im Jahre 849 wird es als „mutaha“ erwähnt. Es gehörte dem Kloster Amorbach, kam an Kurmainz, 1803 an Leiningen und 1806 zu Baden. Es war einst Sitz des Zentgrafen und somit Mittel­punkt der Zent Mudau. Heute sind Mudau acht Nachbargemeinden angeschlossen.

Das Rathaus aus dem 15. Jahrhundert trägt am Eingang das Wappen des Mainzer Erzbischofs und Kurfürsten Dieter von Erbach, an der Giebelseite das des Bischofs von Henneberg. Die Mariensäule ist von 1736. An der Mudbachquelle gibt es Arnika-Wiesen.

 

Scheidental (südwestlich von Mudau):

In Scheidental hat die Elz ihren Quellgrund, durchfließt als Elzbach die sanften Talmulden an Langenelz und gräbt sich tief in den Buntsandstein ein. Eilig (ihr keltischer Name lautet Alantia = die Eilende) strebt sie südwestwärts, um sich nach etwa 35 Kilometer langem Lauf im Neckars „ertränken“. 

Der Odenwaldlimes lief von Wörth am Main verlief über Breitenbrunn, Vielbrunn, Würzberg, Hesselbach-Schlossau, Scheidental, Ro­bern. Trienz. Neckarburken bis Wimpfen. Der „Limes Germanicus Hadriani“ war im 2. bis 3. Jahrhundert die Grenze des römischen Reiches gegenüber Germanien.

In Scheidental war ein ehemaliges Kohortenkastell (Kohorte = 10. Teil einer Legion etwa 400 – 600 Mann) der Rauracer und Sequaner. Erhalten sind die Fundamentmauern der Flankentürme der „Porta dextra“. Zwischen Wagenschwend und Robern und in Trienz standen römische Kleinkastelle.

 

Reisenbach (südwestlich von Mudau):

Im südöstlichsten Teil des Odenwaldes ist der Arme-Leute-Winkel mit dem Hauptort Reisenbach, mit 543 Metern die höchstgelegene Siedlung des Odenwalds.

 

 

 

 

Neckar

 

Schwetzingen

Im Rhein‑Neckar‑Dreieck, zwischen den großen Zentren Mannheim, Lud­wigshafen und Heidelberg, liegt das historische Städtchen Schwetzingen, das 2002 ein Jahr der Jubiläen feiert. Die Schwetzinger Festspiele, ein hochklassiges, alljährliches Event, findet zum fünfzig­sten­mal statt, das Rokokotheater wird 250 Jahre alt. Mit etwa 22.000 Einwohnern und einem unverhältnis­mäßig großen Angebot an gastronomischer Viel­falt für alle möglichen Anlässe in gut­em Preis‑Leistungsverhältnis zieht das Städtchen nicht nur abends Besucher an.

Der Höhepunkt ist zweifelsohne das fast über­dimensioniert wirkende Schwetzin­ger Schloß. Das Barock‑ und Rokoko‑Gebäude beherbergt Räume für bis zu 1.100 Personen, darunter das 1752 erbaute Rokoko ‑ Theater mit 500 Sitzplätzen, das dank modernster Technik für Präsentationen gera­dezu wie geschaffen ist. Der rekulti­vierte Schloßgarten lädt nicht nur zu ausgedehnten Spaziergängen ein ‑ hier sind Outdoor‑Veranstaltungen der verschiedensten Art möglich. So kann die Moschee zur Kulisse für einen Empfang oder eine Tanzvor­führung werden.

Einst wurde sie eher als exotischer Lustpavillon denn als Gotteshaus erbaut. Sie wurde niemals als Moschee geweiht und benutzt, noch den Vorschriften ent­sprechend erbaut, aber sie ist wunder­schön anzusehen.

Besonders gefragt ist der Schloßgarten, wenn die zahl­reichen Kirschbäume blühen. jähr­lich besuchen hunderttausende Besucher den 72 Hektar großen Schloßgarten. Die weitläufige Gar­tenanlage vereint das französische Gartenparterre mit dem Stil engli­scher Landschaftsgärten. Nicht zuletzt wegen seines außergewöhn­lichen Gesamtzustandes wurde der Schloßgarten in die Vorschlagsliste der UNESCO als Weltkulturerbe aufgenommen. In den restaurierten Räumlichkeiten des komplett mietbaren Schlosses, den Zirkelsälen und dem Rokoko - Theater herrscht die verspielte Leich­tigkeit des Rokoko.

Die Erweiterung des Schloßgartens und seine Ausstattung mit Wasser­spielen, Brunnen, der Moschee, Pavillons, Tempeln und Skulpturen ist auf Geheiß des letzten pfälzi­schen Kurfürsten Carl Theodor voll­zogen worden. Namhafte Architekten und Land­schaftsgestalter wie Nicolas de Piga­ge sorgten dafür, daß sich der Mannheimer Hofstaat des 18. Jahr­hunderts im Schwetzinger Schloß in den Sommermonaten wohl fühlte. Dazu trugen auch die Darbietungen des jungen Mozart im Jahre 1763 oder die Besuche von Voltaire bei, dessen Werke im damals neuen Rokoko - Theater Begeisterung auslö­sten.

Carl Theodors Erbe der bayerischen Kurwürde (1777) und die Verlegung der Residenz nach München brach­ten den Niedergang der Kurpfalz als Herrschaftsgebiet und ließen auch die Bedeutung des Schwetzinger Schlosses sinken. Heute ist das Schloß wieder ein Ort der Begegnung und der unterschied­lichsten Veranstaltungen. Ausstel­lungen mit bis zu 60.000 Besuchern haben hier schon stattgefunden.

Vor dem Schloß, am idyllischen Schloßplatz, sitzt man etwa von März bis Oktober draußen, zum Bei­spiel im trendigen Cafe „Journal“ oder im Kaffeehaus am Schloßplatz, das seit etwa 20 Jahren einer der Schwet­zinger Treffpunkte ist. Betreiber Harald Zimmermann ist auch Initiator des jährlich am letzten Juliwochenende stattfindenden Schloßplatzfestes. Zeitgleich strömen auch Besucher aus Hockenheim nach Schwetzingen, die zum Großen Preis von Deutschland anreisen. Überhaupt arbeiten Schwetzingen, Hockenheim und das nahe gelegene Speyer mit dem berühmten Dom eng zusam­men und nutzen die Synergien, die sich aus den unterschiedlichen Angebotsprofilen ergeben.

Alle zwei Jahre wird neben weiteren Festen das traditionelle Lichterfest gefeiert, aber Höhepunkt der Festi­vitäten sind die Schwetzinger Fest­spiele, die im Mai 1952 erstmals das Schloß in einen Konzertsaal ver­wandelten. Seither sind die Festspie­le bei internationalem Publikum, Künstlern und Medien gleicher­maßen geschätzt.

Zwischen dem Palais „Hirsch“ und dem Schloß - jeweils nur wenige Meter voneinander entfernt - liegt das Schwetzin­ger Brauhaus, wo neben dem gastronomischen Betrieb noch richtig Bier gebraut wird. Eins von ehemals vielen Brauhäusern. Als nämlich das Schwetzin­ger Schloß die Sommerresidenz des Kurfürsten Carl Theodor (172 - 1799) war, erlebte das Städtchen eine Blütezeit, die dank des dur­stigen Hofstaates auch zahlreiche Brauereien her­vorbrachte, von denen bis heute nur wenige überlebt haben.

Ein weiteres Kleinod aus der Bierbrauer-Szene ist die „Weide-Bierwelt“, die Interessierte am Rande Schwetzingens, in Plank­stadt, finden. Die kleine, aber feine Privatbrauerei feiert im nächsten Jahr ihr 250. Jubiläum. Das Stammhaus steht noch in Schwetzingen. Aus Platzmangel zog Inhaber Dr. Spielmann 1971 sozusa­gen aufs freie Feld nach Plankstadt, wohin ihm inzwischen andere Firmen nachgezogen sind. Die eigene Quelle auf dem Gelände tut dem Gersten­saft offensichtlich gut, was die „Hall of Fame“, ein mit Auszeichnungen und Zer­tifikaten geradezu plaka­tierter Flur, hinreichend belegt.

Neben dem Thema Bier wird bei Weide das Thema Kunst ganz groß geschrie­ben. Bei einem Preisgeld von 25.000 DM bewertet eine unabhängige Jury jährlich Arbeiten von Künstlern weltweit, im Jahr 2002 gab es sogar eine Bewerbung aus Aus­tralien. Die Kunstwerke der Gewinner werden in limitierter Auflage als Flaschen-Etiketten gedruckt und sind be­gehrte Sammler­stücke.

Aber Weide ist auch in anderer Hinsicht etwas Besonderes. Nicht nur, daß das Bier statt in Six- in Sevenpacks ver­kauft wird. Lichtdesigner haben den Produktionsbe­reich gestaltet, der bei Führun­gen (in deutscher und engli­scher Sprache bis maximal 30 Per­sonen) in unterschiedliche Far­ben getaucht ist. In den leeren Tanks, die bestaunt werden, haben schon mal acht Natio­nen gemeinsam Platz gefun­den. Führungen finden sonn­tags von 11 bis 17 Uhr jede hal­be Stunde statt, auf Wunsch natürlich auch zu anderen Zei­ten.

Der Höhepunkt aber ist die urige Bierwelt, ein von einem Spanier mit „Zutaten“ aus verschiedenen Ländern gestalteter Raum, nach­mittags ab 25, abends ab 30 Per­sonen mietbar. Es wird für das leibliche Wohl gesorgt, meist in Form eines Buf­fets. Alles ist möglich, von edel bis rustikal. Die Getränke werden selbst gezapft. Auf Wunsch wird ein Rahmenprogramm organi­siert. Im Sommer lädt auch der Bier­garten auf dem Gelände zum Verweilen ein.

 

 

Heidelberg

Die Stadt ist 116 Meter hoch gelegen, berühmte Universitätsstadt mit etwa 80.000 Einwohnern. Sie liegt unvergleichlich schön an der Flußmündung des Neckartals in die Rheinebene. Gleich zwei mächtigen Hütern stehen im Süden der Königstuhl (568 Meter), im Norden der Heiligenberg (437 Meter) am Eingang des hier ziemlich engen Neckartals. Das Klima (+ 10° C durchschnittliche Jahrestemperatur) des durch die Berge geschützten Tals ist eines der mildesten Süddeutschlands. Auf den Berghängen gedeihen Reben, Kastanien, Mandeln und Kirschen. In der Ebene wird vielfach Tabak und Hopfen gebaut. In den letzten Jahren wurde bei Heidelberg eine stark radiumhaltige Thermalquelle erbohrt.

Vom Hauptbahnhof rechts zur Leopoldstraße (nicht die Bahn überschreiten) kommt man zum Städtischen Verkehrsamt. Rechts ist der Stadtgarten (Sommerwirtschaft, Konzerte). Weiter geht es zur Peterskirche aus dem Ende des 15. Jahrhunderts stammend und 1865 - 1870 genau nach dem alten Grundriß wiederhergestellt. Sie hat einen prachtvollen Turm aus rotem Sandstein. Die Kirche liegt inmitten des ehemaligen Friedhofs der Universität mit efeuumrankten Denksteinen und Grabstätten. Hier finden sich etwa 200 teilweise sehr gut erhaltene steinerne Grabplatten von bekannten Heidelberger Gelehrten und Familien. Gegenüber steht die Universitätsbibliothek mit über 600.000 Bänden, über 1000 Inkunabeln und 4000 Handschriften, darunter die berühmte Heidelberger Liederhandschrift (sogenannte „Manessische Handschrift“), eine der wichtigsten und reichsten Quellen mittelhochdeutscher Lyrik aus der Zeit  um 1300, die 1888 vom Deutschen Reich für 360.000 Mark der Bibliotheque Nationale in Paris abgekauft und Heidelberg zurückgegeben wurde.

Durch die Grabengasse kommt man zum Ludwigsplatz. Südlich steht  das Neue Kollegienhaus mit Antikensammlung, Hörsälen, Festsaal usw., nördlich die Universität Ruperto-Carola, gegründet 1386. Ihre Aula wurde 1886 in einen prächtigen Festsaal umgewandelt mit einem großen Bild „Siegeseinzug der Pallas Athen in Heidelberg ((in einer Nische“) und einem interessanter Karzer.

Die Universität wurde im Jahre 1386 vom Kurfürsten Ruprecht I. als „General-Studium zu Heidelberg” gestiftet, mit Unterstützung des gelehrten Marsilius von Inghen, der auch der erste Rektor war. Ende des 18. Jahrhunderts dem gänzlichen Verfall nahe, wurde die Universität vollständig neu wiederhergestellt und organisiert durch Kurfürst Karl Friedrich (später Großherzog von Baden). der unter dem 13. Mai 1803 das für die spätere Entwicklung der Universität bedeutungsvolle 13. Organisations-Edikt erließ.

Neben der Universität ist die Archäologische Sammlung (Gipsabgüsse klassischer Kunstwerke, eine Sammlung griechischer Vasen, Münzen usw.). Dahinter die Jesuitenkirche, in den Jahren 1709 bis 1750 von den Jesuiten erbaut und 1870 im Innern erneuert. Man geht zur Hauptstraße und rechts durch diese zum Marktplatz mit der Heiliggeistkirche, einer dreischiffigen gotischen Hallenkirche, die 1400 begonnen wurde. Der Turm ist aus dem  Jahre 1500 mit Barockhaube von 1698. Die Kirche wurde 1893 restauriert.

Im Innern trennt die wegen Religionsstreitigkeiten errichtete Mauer den Chor und das Langhaus. Das Wandgemälde von Professor Nagler  (Karlsruhe) ist eine  Kopie der Verklärung von Raffael im Vatikan.

Der Kirche gegenüber steht das Haus zum Ritter, im Jahre 1592 erbaut mit reicher Renaissancefassade, das einzige Haus, das der Zerstörung durch Mélac 1689 entgangen ist, weil er selbst darin gewohnt hat. Es hat einen interessanten Rittersaal mit Diele und anderem mehr.  Vom 1923 restaurierten Rathaus führt die Hauptstraße weiter aufwärts zum Karlstor, das  1775 von der Stadt zu Ehren des Kurfürsten Karl Theodor aufgeführt.

Am Neckar entlang geht es flußabwärts zur Alten Brücke oder Karl-Theodor-Brücke, die  1786 -   1788 unter Kurfürst Karl Theodor erbaut wurde. Sie ist  225 Meter lang und verdient deshalb so große Beachtung, weil sie die erste Steinbrücke war, die über den Neckar führte. Eine Statue des noblen Fürsten steht auf dem zweiten Brückenpfeiler. Die beiden Türme an den Brückentoren sind älter und haben je einen Kerker, in denen im Mittelalter die Missetäter eingesperrt wurden. Von der Brücke hat man eine schöne Aussicht auf Schloß und Stadt. Am linken Neckarufer geht es dann entlang, an der Pfaffengasse mit dem Geburtshaus des ersten deutschen Reichspräsidenten Friedrich Ebert vorbei, zum ehemaligen Marstall aus dem 15. Jahrhundert, jetzt Mensa academica, Fechtboden und studentische Turnhalle.

Am Krahnenplatz links abbiegend erreicht man die Hauptstraße, die Haupt- und Verkehrsstraße von Heidelberg.  Rechts mit der Nummer 97 steht das Kurpfälzische Museum der Stadt Heidelberg, das  1810 gegründet  wurde. Das Museum enthält Gegenstände aller Art, die sich auf die reiche Kunst und Kultur der alten Kurpfalz beziehen. Dabei sind besonders erwähnenswert: Eine besonders reiche Sammlung der Pfälzer Maler der Barockzeit, ein Heidelberger Maler der Romantik, Gemälde von Feuerbach, Trübner und andere, altdeutsche und niederländische Gemälde, kostbare Frankenthaler Porzellane, Plastiken  (darunter ein Apostelaltar von Tilman Riemenschneider)  und ein reiches Münzkabinett. Auch die Vorgeschichte ist durch wertvolle Funde von der Zeit des „homo Heidelbergiensis“ abwärts vertreten, die Römerzeit durch gute Steindenkmäler.

Zurück geht es zum Neckar; links an der Stadthalle vorbei, mit  dem großen 5.000 Personen fassenden Festsaal (wechselnde Ausstellungen des Kunstvereins). Weiter am Neckar entlang geht es zur Neuen oder Friedrichs-Brücke, die nach Neuenheim hinüberführt. Südlich kommt man  am Bismarckgarten mit Denkmal vorüber  und durch die Sophien-, Bergheimer und Rohrbacher Straße zum Hauptbahnhof.

 

Das Heidelberger Schloß.

Der Eintritt in den Schloßgarten, den Schloßhof und zum großen Altan ist frei. Karten für das Innere der Schloßbauten gibt es nur an der Kasse im Schloßhof rechts. Im Sommer gibt es mehrmals Schloßbeleuchtungen. Zum Schloß gelangt man  mit der Drahtseilbahn vom Kornmarkt in drei Minuten zum Westportal oder auf verschiedenen Fußwegen in 12 - 30 Minuten:

 a) Vom Bahnhof durch die Anlage (Leopoldstraße) zur Peterskirche, hier rechts über die Bahn (2. oder 3. Bahnübergang, nicht den 1.). Rechts bleibt das Klingentor liegen. Man biegt links in die gepflasterte, mit „Schloßberg” bezeichnete Straße ein. Wegteilung;  links der Neuen Schloßbergstraße folgend, mit schöner Aussicht, langsam aufwärts. Treppen rechts aufwärts zum westlichen Schloßeingang (25 Minuten).

b) Etwas länger (35 Minuten): Vom Hauptbahnhof durch die Anlage zum 1. Bahnübergang (Wegtafel: „Z/um Schloßhotel“). Rechts über diesen, die Klingenteichstraße aufwärts, dann dem Graimbergweg folgend und durch die Neue Schloßstraße ebenfalls zum westlichen Schloßeingang.

c) Vom Kornmarkt den steilen, schattigen Burgweg (12 Minuten) zur Nordseite des Schlosses. Durch ein langes Torgewölbe zum Schloßaltan.

 

Geschichtliches:

Auf dem Berg über der Stadt lagen zwei Schlösser, deren erster Ursprung unbekannt, aber wahrscheinlich nicht römisch ist. Von dem ältesten und höchsten Schloß zu Heidelberg, dessen Begründer Ludwig I., der Kehlheimer (1214 - 1231) war, stammt die erste Nachricht aus dem Jahre 1225. Es war die alte Obere Burg, auf der Stelle der heutigen Molkenkur. Seit das untere Schloß bewohnt und vergrößert war, wurde der alte Bau auf der Höhe mehr und mehr verlassen. In Kriegszeiten mochte er seine Besatzung haben; zur Friedenszeit wurde hier nur Pulver aufbewahrt. Im Jahre 1537 wurde die Obere Burg durch Blitzschlag zerstört, aber zum Teil wiederhergestellt. Zu Beginn des Dreißigjährigen Krieges im Jahre 1622 leistete die Besatzung der alten Burg dem Belagerer Tilly noch hartnäckigen Widerstand. Von jener Zeit an aber verschwindet die Burg aus der Geschichte; es bleibt ungewiß, wann sie verwüstet wurde. Ein   Gedenkstein steht im Garten der Wirtschaft auf der Molkenkur.

Urkundlich wird das Untere Schloß 1303 zum erstenmal erwähnt. Der Bau wurde vermutlich unter Rudolf I. (1294 - 1319) begonnen. Die ältesten, heute noch vorhandenen Teile, stammen aus der Zeit von 1400 - 1550. Im 16. und Anfang des 17. Jahrhunderts entstanden die berühmtesten und schönsten Teile des Schlosses: der „Gläserne Saalbau”, der „Otto-Heinrichs-Bau” und der „Friedrichs-Bau”. Den sogenannten „Englischen Bau” ließ Friedrich V. zu Ehren seiner Gemahlin, Elisabeth von England, errichten.

Im Jahre 1689 zerstörte Mélac auf Befehl Ludwigs XIV. -  der vergeblich die Pfalz an Frankreich zu bringen versucht hatte - das Schloß durch Pulver und Feuer. Spätere Kurfürsten ließen einzelne Teile des Schlosses wiederherstellen, doch zerstörte 1764 der Blitz fast alles, was die Kriege überdauert hatte und neu aufgebaut worden war. Die Ruine verfiel, bis die badische Regierung Schutzmaßnahmen ergriff. Der Friedrichs-Bau wurde mit großen staatlichen Mitteln in alter Pracht wiederhergestellt.

Das  Schloß in 195 Meter Höhe ist die großartigste und schönste Schloßruine Deutschlands, in wunderbarer Lage, 100 Meter über dem Neckar. Man wendet sich im Schloßgarten gleich links und genießt vom Stückgarten oder Englischen Garten die Aussicht auf den westlichen Teil der Stadt und nach der Ebene.  Hier ist auch eine Gedenktafel an Goethes Besuch.

Im malerischen Schloßhof steht links der Ruprechts-Bau, aus der ältesten Bauperiode von 1400  bis  1410, ein äußerlich schmuckloses gotisches Gebäude aus Bruch- und Mauersteinen. Er enthält im zweiten Stock den Kamin Friedrichs II. von 1546 mit herrlichen Frührenaissanceformen, ein Glanzstück deutscher Bildhauerkunst.

Geradeaus ist der  Friedrichs-Bau, erbaut 1601bis 1607, ein Werk des Straßburger Meisters Johannes Schoch und ein Meisterwerk später deutscher Renaissance. Als Vorbild diente der Otto-Heinrichs-Bau. In den  Jahren 1898 bis 1903 wurde er  von K. Schäfer (Karlsruhe) vollkommen restauriert.

Rechts steht der Otto-Heinrichs-Bau, erbaut von  1556  bis 1563), ein Meisterwerk deutscher Frührenaissance.  Er ist im Gegensatz zum Friedrichsbau von zarten Ebenmaßen und großer Zierlichkeit des architektonischen Beiwerks. Er hat ein wundervolles Portal in der Art der antiken Triumphbogen.

Durch den Torweg unter dem Friedrichs-Bau gelangt man auf den Altan, von wo aus man sowohl eine gute Ansicht der Nordfassade des Schlosses, als auch eine umfassende Aussicht auf die Stadt und Umgebung hat. Nach der Besichtigung des Schloßinnern und des großen, 1751 erbauten Heidelberger Fasses (9 Meter lang, 8 Meter hoch, 6,9 Meter breit, 221.726 Liter) kommt man - unter dem Otto-Heinrichs-Bau hindurchgehend - in den östlichen Teil des Burggrabens und zum Gesprengten Turm (auch Kraut-Turm, das heißt Pulver-Turm, von 1400), einem der malerischsten Teile des Schlosses. Aus dem Burggraben steigt man auf in den Schloßgarten und geht zum Scheffeldenkmal auf der Schloßterrasse mit prächtiger Aussicht auf Schloß und Stadt (Sonnenuntergang!).

 

Apotheken-Museum im Heidelberger Schloß:

Wie auf einer Zeitreise ist man in der Offizin, dem Verkaufsraum des Klagenfurter Ursulinenklosters gelandet von   1730. Sieben weitere vollständig eingerichtete Apotheken aus verschiedenen Epochen. von der Renaissance über das Biedermeier bis ins 21. Jahrhundert, erwarten die jährlich rund 600.000 Besucher - allen voran Japaner und Amerikaner - im Deutschen Apotheken-Museum in Heidelberg.

Seit 1957 sind die Ausstellungsstücke in diesem herrlichen Renaissance-Gemäuer des Heidelberger Schlosses untergebracht. Mit rund 20000 Objekten handelt es sich um die weltweit umfangreichste pharmaziegeschichtliche Sammlung. Zu bestaunen gibt es unter anderem eine Material- und Kräuterkammer, die mit Originalen nachgestellt wurde. Schubladen, Korbflaschen und Krüge dienten damals dem Apotheker zum Lagern pflanzlicher Ausgangsstoffe und Chemikalien für die Medikamentenherstellung. Die Rohdrogen - so die Fachsprache - wurden mit Wiegemessern, Mörsern und Mühlen zerkleinert.

Der Raum nebenan präsentiert Apothekenwahrzeichen: den Kopf eines riesigen Fabelwesens, der einst eine „Einhorn-Apotheke“ zierte. Den reich geschmückten Elefanten als Namenspatron einer Regensburger Apotheke. Und das „Drei-Löffel-Emblem“, das als Vorläufer unseres heutigen Apotheken- „A“ in den zwanziger und dreißiger Jahren des vorigen Jahrhunderts die Patienten daran erinnern sollte, daß viele Arzneimittel dreimal täglich eingenommen werden müssen.

Erste Vorläufer der heutigen Apotheken wurden übrigens bereits im 13. und 14. Jahrhundert gegründet. Schon lange davor widmeten sich die Klöster der Heilkunde, indem sie das medizinische und pharmazeutische Wissen der Antike bewahrten und weiterentwickelten.

Damit auch kleinen Besuchern nicht langweilig wird, gibt es die „Kinderapotheke“. Hier dürfen sie in einen weißen Kittel schlüpfen und selber Apotheker spielen, können ihren Geruchssinn testen oder nach bunten Rezepten verschiedene Tees gegen Halsweh oder Schnupfen mischen und zu Hause ausprobieren.

Das Deutsche Apotheken-Museum (Schloßhof 1, 69117 Heidelberg, Telefon 06221/25880) hat von April bis Oktober täglich von 10 bis 18 Uhr geöffnet, in den Monaten November bis März von 9.45 bis 17.30 Uhr. Der Eintritt ist im Preis für das Schloßticket (Erwachsene: 3 Euro) bereits enthalten.

 

 

Spaziergänge und Ausflüge von Heidelberg.

Südlich des Neckars:.

1. Vom Bahnhof oder von der Stadt über das Schloß oder durch Klingenteich zur Molkenkur, ein vorzügliches Restaurant mit wunderbarer Aussicht; hier stand die Obere Burg. Von der Molkenkur zum Königstuhl (568 Meter), Endstation der Bergbahn  mit gutem Restaurant. Von dem 28 Meter hohen Aussichtsturm genießt man eine Rundsicht, die bei günstiger Witterung vom Taunus bis zum Schwarzwald und den Vogesen reicht.

Vom Königstuhl südlich zur Sternwarte und zum Kohlhof (480 Meter), als Sommerfrische und Ausflugsziel sehr beliebt.

Von der Peterskirche zum Klingentor; von hier zur  Kanzel (schöne Aussicht). Unterhalb liegen die Riesensteine. Über das Rondell geht es zur Schutzhütte und zur Sprunghöhe.  Dann weiter zum Gaisberg (vom Turm schöne Rundsicht)  und auf bequemen Wegen abwärts zum Speyerershof (beliebte Kaffeewirtschaft und Mittelstandssanatorium).

 

Nördlich des Neckars (Odenwald):

Der Philosophenweg führt von Neuenheim am Hang des Heiligenbergs entlang. Man kommt vorüber am Physikalischen und Radiologischen Institut, dann an der Philosophenhöhe (Hotel) und am Lieselotte-Platz und genießt auf dem ganzen Weg einen prachtvollen Blick auf Stadt und Schloß, Neckartal und Rheinebene. Weiter geht es zur Engelswiese (Privatbesitz). Etwas oberhalb steht das Schutzhäuschen. Rechts zweigt die Hirschgasse ab, in der das Pauklokal (Fechtplatz) der Studenten liegt; sie führt zum Neckar bergab. Von der Engelswiese macht der Philosophenweg eine Schleife nach Norden und führt am Webersbrunnen vorüber zur Moltke­hütte an der Küblerswiese (Aussicht). Von hier geht ein Fußpfad südlich abwärts, der sich bald in zwei Arme teilt: Rechts geht es zur Hirschgasse (beim Gasthaus zur Hirschgasse), links in Serpentinen abwärts zum Neckar. Auf einem der in der Richtung des Philosophenwegs von der Moltkehütte nach Osten verlaufenden Wege („Guckkastenwege”) gelangt man zum Stift Neuburg und zur Stiftsmühle

Auf den Heiligenberg (445 Meter): Von Neuenheim auf dem Philosophenweg bis zur Philosophenhöhe. Zwischen dieser und dem Lieselotte-Platz zweigt links der Bismarcksäulenweg ab, von der man eine gute Aussicht hat. Der Weg führt am Spielplatz (links) vorüber, kreuzt den Oberen Philosophenweg und erreicht die Mönchsberghütte. Hier biegt der Weg im spitzen Winkel nach Südosten um. Man folgt ihm bis zur nächsten Wegteilung. Links geht es  ab in nördlicher Richtung, den Äußeren Ringwall  kreuzend, wieder bis zur Wegteilung. Hier schneidet man den Inneren Ringwall). Rechts geht es zum Aussichtsturm auf dem 445  Meter hohen Heiligenberg, von dem man eine prachtvolle Fernsicht auf Stadt und Schloß, Neckartal und Bergstraße genießt.

Geradeaus auf dem Heiligenbergweg geht es bis zu einer neuen Wegteilung. Man folgt dem mittleren Weg und stößt auf den Rundweg. Rechts und links führen Fußpfade von diesem ab zur Michaelsbasilika.

Oder man geht von Heidelberg-Neuenheim auf dem Philosophenweg von der Mönchsberghütte rechts. zum 380 Meter hohen  Michelsbergmit Aussichtsturm und prächtigem Blick auf die Stadt  und weiter zum Heiligenberg.

Abstieg: Den Wegweisern nach durchs Siebenmühlental nach Handschuhsheim.

Nördlich von der Ruine vereinigen sich mehrere der um den Heiligenberg führenden Wege zu einem, der. zum Zollstock (Schutzhütte) führt.

Auf den Weißenstein (550 Meter) entweder von Heidelberg-Neuenheim über den  Heiligenberg, dann am Zollstock vorbei oder von Handschuhsheim durch das Siebenmühlental zu den „Sieben Wegen”.

 

 

Schlierbach-Ziegelhausen

Auf dem nördlichen Neckarufer liegt prächtig am grünen Talhang über der Mün­dung des Mausbachtals Stift Neuburg. Es wurde 1130 vom Abt Anselm des Benediktinerklosters Lorsch gegründet  und 1195 in ein adliges Frauenkloster umgewandelt, später war es im Besitz der Jesuiten. Von 1804 - 1926 war es Privateigentum, jetzt ist es wieder im Besitz des Benediktinerordens. Am Fuß des Stifthügels liegt am Neckar die vielbesuchte Stiftsmühle

Schlierbach und Ziegelhausen sind durch eine Brücke verbun­den. Schlierbach - ein sich an dem schmalen linken Neckarufer bis Heidelberg hinziehender Vorort von Heidelberg - ist beliebtes Ausflugsziel. Gegenüber Schlierbach liegt Ziegelhausen, mit 3760 Einwohnern an dem in den Neckar mündenden Steinbach auf dem rechten Neckarufer reizend gelegen. Es wird viel besucht von Heidelbergern. Unterhalb von Schlierbach-Ziegelhausen wird das Tal wieder sehr eng, in den prachtvollen Felspartien tritt der Granit hervor, besonders auf dem südlichen Ufer (Teufels­kanzel).

 

Der nördliche Neckar-Randweg führt durch sehr hügeliges Gelände. Er ist besonders im Frühjahr, Herbst und Winter zu empfehlen. Von der Felsenberghütte durch das Bärenbachtal geht es nach Ziegelhausen, von da über die Büchsenäcker und durchs Mausbachtal nach dem „Oberen Guckkastenweg“ und an der Moltkehütte vorüber zum „Philosophenweg“ und auf diesem nach Heidel­berg-Neuenheim herrlichste Aussicht auf das Tal und besonders auf Stadt und Schloß Heidelberg mit dem Königstuhl.

Der südliche Neckar-Randweg führt zunächst auf der Talstraße abwärts zum Kümmel­bacher Hof, dann auf dem „Pfalzgrafensteinweg“ an der Bergwand steil aufwärts zum Bussestein am Osthang des 360 Meter hohen Auerhahnenkopfs. Auf dem „Winterhöhlenweg geht es am Aukopf vorüber, mit herrlichen Ausblicken auf Schlier­bach und Ziegelhausen. Den blau bezeichneten Weg querend kommt man zur Klingelhütte und auf dem Schloßvereinsweg und der Wolfsbrunnen­straße zum Scheffeldenkmal auf der Schloßterrasse. Oder man geht auf dem „Pfalzgrafensteinweg“ zum Pfalzgrafenstein, zum Hohlen Kästenbaum (Schutzhütte) und über den Eisenlohrweg zum 568 Meter hohen Königstuhl. Der Abstieg erfolgt über Molkenkur und. Schloß zur Stadt. Oder man geht über den Wolfs­brunnen und das Felsenmeer zum Königstuhl

 

 

Neckargemünd

Die Stadt liegt 124 Meter hoch  in einem lieblichem, weitem Talkessel, an der Mündung der ziemlich wasserreichen Elsenz in den Neckar. Sie ist geschützt gelegen und hat ein mildes Klima.

Sie ist ein viel benutzter Ausflugsort für die Heidelberger und Mannheimer. Es gibt hübsche Landhäuser, eine schöne Waldumgebung.  Dazu Obst und Weinbau, Gerberei und Schiffahrt. Der Neckar wird hier 200 Meter breit, die Elsenzmündung ist ausgebaggert und zu einem Winterhafen ausgebaut.

Der Ort hat zwei Kirchen und einen Marktplatz  mit dem Rathaus an seinem Rand (heute Museum mit Museumsgarten). In der Hauptdurchgangsstraße stehen auch das ehemalige Katholische Pfarrhaus von 1772, ein Barockbau mit Ohrengewänden und die ehemalige lutherische Kirche von 1771 (von 1823 – 1984  Rathaus). Ein Stadttor steht im Osten, ein Ehrentor  von 1788, erbaut für den Kurfürsten Karl Theodor durch den Hofkammerrat F. Chr. Dyckerhoff.

 

Über dem Stadtteil Kleingemünd liegt der 480 Meter hohe Felsenberg mit prächtigem Blick ins Tal und über die südlich vom Neckar gelegene Landschaft. An den Talhängen befinden sich bedeutende Sandsteinbrüche.

 

 

Dilsberg

Vor Millionen Jahren bildeten die Schleifen des Neckars die Landschaft und dabei Dilsberg heraus. Erste geschichtliche Spuren hinterließen die Römer. Der Bau einer Burg um 1150 und die spätere Entwicklung eines mauerumrandeten Städtchens machten Dilsberg im Mittelalter zu einem bedeutenden Ort für die Kurpfalz und das Schloß Heidelberg. Nach 1800 wurde die Burg bedeutungslos und zum Teil abgetragen. Zu dieser Zeit schon wurde die Bedeutung Dilsbergs und seiner Landschaft entdeckt. Der äußere Rundweg um den ganzen Ort ist etwa 600 Meter lang.

Der Ort liegt  333 Meter hoch und hat eine ringsum geschlossene Stadtmauer, Fachwerk aus dem 17. und 18 Jahrhundert und eine mächtige Burgruine. Erbauer der Burg Dilsberg wa­ren die Herren von Lauffen. Sie nutzten damals als erste die exponierte Lage des Dilsberges hoch über dem Neckar. Von diesen ersten Anfängen profitierten vor allem die Heidelberger Kurfürsten. Unter ihrer Regie wuchs Dilsberg zur trutzigen Festung, die jahrhundertelang als uneinnehmbar galt. Selbst der legendäre Tilly scheiterte zwischen 1621 und 1622 gleich zweimal. Im Herbst 1622 jedoch  - nach dem Fall Heidelbergs - ergaben sich auch die Dilsberger Verteidiger.

In der Folge haben noch einige Truppen die Bergfeste belagert. Nunmehr mit wechselndem Erfolg. Den Schweden gelang dabei die Einnahme ebenso wie dem französischen General Melac im Jahre 1688. Gut hundert Jahre später bewies Dilsberg aber alte Stärke: Ein französisches Revolutionsheer mußte unverrichteter Dinge wieder abziehen.

Im Jahre 1803 schließlich kam die Burgsiedlung zu Baden, was die Dilsberger wohl kaum erfreut haben dürfte. Fortan dienten ihre Mauern als Verbannungsort, Staatsgefängnis und Karzer für Heidelberger Studenten. Im Jahre 1827 endete vermutlich auch dieses Kapitel. In jenem Jahr verfügten die Badener den Abbruch der völlig unversehrten Burg. Zum Glück blieben davon einige recht sehenswerte Überbleibsel erhalten

Der Parkplatz ist unterhalb des Ortseingangs (notfalls kann man auch auf der gesperrten Straße noch ein Stück höher fahren auf den Parkplatz 1 auf der linken Seite). Man betritt den Ort durch den Torturm mit der Sonnenuhr und der Jahreszahl „1684“ an der linken Seite. Bis 1878 war er Wachhaus des Nachtwächters. Um 1900 war er Herberge für die Wanderbewegung. Wenn man durch das Tor geht, liegt auch links die heutige Jugendherberge. Auf der unteren Straße geht man links weiter. Kurz vor ihrem Ende geht es rechts über eine Treppe hoch zur katholischen Kirche. Diese wurde 1734 - 1737 erbaut, der Kirchturm ist von 1864. Im Chorraum sind Teile der um 1378 errichteten Oswald-Kapelle verbaut.

Weiter geht es auf der Oberen Straße etwas abwärts. Links ist das katholische Pfarrhaus von 1736. Rechts steht die ehemalige evangelische Kirche, die um 1763 errichtet wurde und deren Chorraum im Osten noch erkennbar ist. Dann geht es links den Burghofweg hinauf. Dabei kommt man aber nicht an dem runden Turm vorbei, der der Wasserturm ist (von der Burg aus gut zu sehen).

Rechts liegt dann die evangelische Kirche. Sie wurde 1870 bis 1873 in neugotischer Form errichtet. Für den Turmbau wurde Keupersandstein aus dem Kraichgau verwendet. Links ist der Eingang zur Freilichtbühne, auf der seit 1910 von der Dilsberger Dorfgemeinde das Volksstück „Die Rose von Dilsberg“ aufgeführt wird. Etwas weiter höher kommt man dann zunächst zur Vorburg. Die Häuser gegenüber dienten als Wachthaus, Fruchtscheuer und Kaserne.

Weiter geht es zur Burg. Der Unterbau des Torhauses wurde als Gefängnis benutzt. Im Burghof steht ein über 100 Meter tiefer, in den Fels eingetriebener Ziehbrunnen. Die Überreste der Burg sind ausgebessert: der Bergfried und der Wehrgang sind besteigbar. Die Besteigung be­schert eine herrliche Rundum­sicht ins Neckartal. Besondere Beachtung verdienen aber auch die gewaltige polygone Mantelmauer und das Kommandantenhaus, das östlich der Burg steht. Die Öffnungszeiten der Burgruine von Ostern bis 31. Okto­ber (im Winter geschlossen): Täglich von 10 bis 19 Uhr. Erwach­sene zahlen für die Turmbesteigung zwei Euro.

Die Dame an der Kasse hält außerdem den Burgbrunnen­schlüssel gegen ein Schlüssel­pfand bereit. Man geht aus der Burg heraus, dann an der Vorburg links, am Kommandantenhaus vorbei nach rechts zum Rundweg. Dort geht es wieder rechts abwärts und dann nach links eine Treppe hinunter. Wo der Weg wieder eben wird, ist der Eingang zum Brunnenstollen.

Man steht urplötzlich in einem sandsteinernen Felsenstollen. Er wurde in den Jahren zwischen 1650 und 1680 angelegt und 1926 freigelegt. Er ist 1,60 Meter bis 2,20 Meter hoch, gut ausgeleuchtet und gefahrlos begehbar. Exakt 82 Meter geht es dann hinein in den Berg, bis zu dem 52 Meter tiefen Brunnenschacht. Nach oben sieht man in den Brunnen, der im Burghof steht. Spätestens dort wird der einstige Fluchtweg der Dilsberger klar: 35 Meter per Seil den Burgbrun­nen hinunter in den Felsentunnel, danach ins Freie. Auf dem Rückweg geht man am Ende der Treppe nach links und dann wieder aufwärts. Dann kommt man in den Burggarten mit modernen Skulpturen. An der evangelischen Kirche vorbei geht man nach rechts wieder zur Burg, um den Schlüssel abzugeben.

Umgeht man den ummauerten Ort, so bieten sich jeden Augenblick neue Bilder. Die Bahn führt unter der Hinterburg entlang, zieht sich am steilen Felsen hin, führt über den Neckar auf einer 180 Meter langen, doppelstöckigen Gitterbrücke und über die Elsenz.

 

 

Neckarsteinach

Das hessische Städtchen an der Mündung der Steinach in den Neckar, zu Füßen burgengekrönter Waldberge, ist  sehr male­risch gelegen, einer der schönsten Punkte im Neckartal. Wenn man von Osten kommt, gelangt man an dem Rest der Stadtmauer in die Altstadt. Rechts steht die spätgotische Kirche (1481 bis 1483, 1778 erweitert) mit schönen Glasgemälden und Grabmälern aus dem 14. bis 16. Jahrhundert des Geschlechts der Steinach mit dem Beinamen Landschaden (nur zu Gottesdienstzeiten zu besichtigen). „Landschad“ oder „Schadeck“ deutet vermutlich „Landscheide“ und ist auf den Riegelsberg zu zuführen, der das Neckartal vom Steinachtal trennt. In der Stadt selbst gibt es wun­derschöne Fachwerkhäuser, alte Ringmauern, stattliche Barock-Bürger-Häu­ser und ein klassizisti­sches Rathaus.

Bezeichnend ist aber, daß Neckarsteinach, das „Vierburgenstädtchen“ genannt wird. Die Mitglieder der Familie Bligger waren die ersten Bewohner von Neckar­steinach. Sie bauten um 1100 die erste Burg. Im Jahre 1142 wurden die Herren erstmals erwähnt, zu denen auch der Minnesänger Bligger II. von Steinach nach gehörte. Das Wappen der Stadt trägt eine überreich gestaltete Harfe. Seit dem 14. Jahrhundert führte das Geschlecht den Namen „Landschaden von Steinach“. Nachdem alle Kinder verheiratet waren, gab es in Neckarsteinach noch drei Burgen mehr. Das Geschlecht starb 1653 aus.

Die interessanteste der vier Burgen ist  die Vorderburg oder Land­schadenburg. Sie wurde nach 1200 erbaut (im zweiten Viertel des 13. Jahrhunderts). Sie hat eine 21 Meter hohe Schildmauer, die den sonst üblichen Turm (Bergfried) ersetzt. Oberhalb der Burg liegt das Heiligkreuzkirchlein von  1516, eine Kapelle mit spätgotischen Fenstern.

Links ragt die von Efeu umrankte Mittelburg, die größte der Burgen. Sie wurde  nach 1165 erbaut und  1550 und 1820  neugotisch umgebaut. Sie ist von hübschen Parkanlagen umgeben, doch nicht allgemein zugänglich. Die Aussicht von der Schloßterrasse ist wunderbar schön.

Fünf Minuten weiter im Wald liegt die malerische Ruine der Hinterburg, mit besteigbarem viereckigen Turm und doppelten Ringmauern; vom Turm hat man eine sehr schöne Aussicht.

Ganz oben liegt die Ruine Schadeck, auch Schwalbennest oderRabenschloß genannt. Im Volksmund bedeutet  der Name Landschade  aber Rauchschwalbe („Ruchschad“), daher der Name „Schwalbennest“.

 

 

Neckarhausen

Am jenseitigen Ufer liegt der Neckarhäuser Hof. Es gibt einen schönen Waldweg über den „Steinernen Tisch” nach Mückenloch und weiter nach Dilsberg. Vom Neckarhäuser Hof durch das schöne bewaldete Finsterbachtat kann m an  aufwärts gehen nach Haag um einen vorgeschobenen Bergkegel herum, dann ergibt sich ein überraschender Blick auf das hochgelegene Dilsberg und auf Neckarsteinach mit seinen Burgen.

 

 

Hirschhorn

Die Keimzelle Hirschhorns ist die am linken Ufer einer engen Neckarschleife liegende Ersheimer Kirche. Sie ist der einzige Überrest eines durch Kriegs- oder Wassernot untergegangenen Dorfes.

Sie wird erstmals 773 in einer Urkunde des Klosters Lorsch erwähnt. Von Lorsch kam sie an Mainz (das Mainzer Rad ist an der Kirche eingemeißelt) und dadurch an Hessen - Darmstadt.  Seit dem Bau der Brücken-Schleuse ist sie ohne Schwierigkeiten zu erreichen. Über Jahrhunderte hinweg aber mußten die Hirschhorner für den Gottesdienst mit Kahn oder Fährboot übersetzen, sofern nicht die katastrophalen Hochwasser oder schwerer Eisgang dies verhinderten. Erst im 15. Jahrhundert  - als die Gemeinde die Kirche des Karmeliterklosters besuchen durfte - verlor das Ers­heimer Gotteshaus seine Bedeutung als Pfarrkirche und Grablege der Hirschhorner Ritter.

Das hinderte diese aber nicht am weiteren Ausbau: Das Langhaus erhielt seine jetzige Gestalt um 1460. Erst 1517 entstanden die feinen Maßwerkfenster und das Netzgewölbe im Chor. Auf den Schlußsteinen ist - wie auch in der Klosterkirche und an vielen anderen Stellen der Stadt - das Hirschhorner Wappen  (ein fünfstangiges Hirschgeweih) angebracht. Daß es vom bürgerlichen Gemeinwesen als Stadtwappen beibehalten wurde, versteht sich fast von selbst.

An der nördlichen Längsseite der Kapelle steht der „Elendstein”, eine gotische Sandsteinsäule mit Lichtnische aus dem  Jahre 1412. Ein hier gefundenes Steinbeil aus der jüngeren Steinzeit läßt vermuten, daß aber schon vor etwa 6000 Jahren Menschen in dieser Gegend gelebt haben.

Rund 25 Kilometer flußaufwärts von Heidelberg bildet der Neckar eine Doppelschleife zwischen den Höhen des Odenwaldes. Die dicht bewaldeten Hänge reichen bis an die Ufer des Flusses und prägen hier eine Landschaft, deren Zauber sich niemand entziehen kann. Die Krönung bildet die Stadt Hirschhorn: Umgeben von starken Mauern schmiegen sich die Fachwerkhäuser an Burg und Kloster. Der Ort ist 131 Meter hoch gelegen, ein sehr malerisches hessisches Städtchen an der Einmündung des forellenreichen Ulfen- und des Finkenbachs.

 

Ein Land, ein Fluß: Auf seiner gesamten Länge durchzieht der Neckar Baden-Württemberg, nur zwei Orte an seinen Ufern liegen außerhalb, Neckarsteinach und Hirschhorn am südlichsten Zipfel Hessens. Daß dort - umschlossen von drei badischen Seiten - der hessische Löwe gewissermaßen seine Schwanzhaare in den Neckar tauchen kann, geht auf die verwickelten Territorial- und Rechts­verhältnisse des Mittelalters zurück. Vermutlich im 11. Jahrhundert entstand eine Enklave des Klosters Lorsch inmitten wormsischen Gebietes. Im Mittelalter war der Ort Sitz der Herren von Hirsch­horn, deren Burg um 1200 entstand. Der Lorscher Besitz wurde später mainzisch (1364). Im Jahre 1396 erhielt Hirschhorn Stadtrechte. Im Jahre 1632 fiel es an Kurmainz und gelangte nach Aufhebung des Kurfürstentums 1802 an Hessen-Darmstadt.

Die bei der Lehnsübertragung an Mainz festgeschriebene Teilung mancher Dörfer wirkt bis heute fort. So gehört zum Beispiel der westliche Part des 400 Seelen zählenden Ortes Igelsbach zu Hessen (Kreis Bergstraße), der östliche Teil gehört zu Baden-Württemberg. Ein Besuch lohnt aber nicht, man muß auf der gleichen Straße wieder zurück

Im 13. und 14. Jahrhundert mehrten sich die Überfälle wilder Horden auf die Bewohner der Orte Ersheim,  Krautlache, Weidenau und Ramsau. Was diese Krieger stehen ließen, wurde ein Raub der Überschwemmungen des Neckars. Die Menschen flohen in den Schutz der Burg und gründeten hier die Ortschaft Hirschhorn. Kaiser Wenzel gab 1391 den Rittern von Hirschhorn das Recht, das Dorf zu ihren Füßen zu befestigen, und verlieh zugleich das Stadtrecht.

Ohne die Tatkraft der Hirschhorner Ritter, ihre mehr auf Verhandlungsgeschick und Erwerbssinn, denn auf kriegerische Händel gründende Politik. hätte sich die kleine Herrschaft kaum gegen die übermächtigen Nachbarn, Kurpfalz, Speyer oder Worms, behaupten können. Die Verschmitztheit, mit der sich das Geschlecht durchsetzte. scheint noch das hintergründige Lächeln Ritter Engelhards I. zu verraten, wie es der Schöpfer von Engelhards Grabplatte in der Ersheimer Kirche festhielt.

Dieser bedeutendste Vertreter seines Hauses verstarb 1361, sein Enkel Hans V. 1426. Unter ihm erreichte Hirschhorn den Höhepunkt seiner Bedeutung. Als Zeichen seiner errungenen Macht gründete Hans das Karmeliterkloster und verfügte, daß er dort auch begraben werden sollte.

Der Aufstieg der Hirschhorner erscheint umso bemerkenswerter, als er gegen die allgemeine Zeitströmung verlief. Bei ihrem territorialen Ausgreifen bis auf linksrheinische Gebiete, bei ihrer Geldpolitik. die selbst Kaiser und Kurfürsten zu Schuldnern werden ließ, und der ungebrochenen Bautätigkeit - gipfelnd im Renaissance-Palas von 1586 - war die hohe Zeit des Ritterwesens schon lange abgelaufen. Erst die Unwägbarkeiten der Natur besiegten das stolze Geschlecht. Ohne Nachkommen verstarb 1632 der letzte Hirschhorner. Am Ende hat Hessen das Haus beerbt.

 

Besonders eindrucksvoll baut sich vor dem Betrachter das den Hang hinaufkletternde Städtchen Hirschhorn  auf. Unten, zum Teil auf die Befestigung gestützt, stehen alte Fischerhäuschen. Dahinter -  leicht erhöht - die Fachwerkbauten der Händler und Handwerker, dazwischen kaum herausragend die Pfarrkirche, 1630 von der lutherischen Gemeinde in gotischen Formen errichtet. Unübersehbar dagegen ist die kühn auf einer Felsnase sitzende, genau geostete Kirche des früheren Karmeliterklosters. Der Stammsitz Herren von Hirschhorn – eine weitläufige Burganlage aus dem 13. und 14. Jahrhundert -  thront an exponierter Stelle über ihren Gründungen, auf dem „Horn der Hirzen“ (= Hirsche),

Die Stadtmauer ist fast gänzlich erhalten. Unter der Burg liegt der ältere Stadtteil, das „Hinter­städtel“; auf den Neckar zu die Vorstadt. Der Marktplatz ist aus dem 15. Jahrhundert. Die Marktkirche verdankt ihre Existenz dem letzten Ritter von Hirschhorn, Friedrich. Nach Rückgabe des Karmeliterklosters und der Kirche an den Orden waren die Protestanten ohne Gotteshaus. Ritter Friedrich ließ 1628 bis 1630 für sie die Marktkirche bauen, die aber nur zwei Jahre lang genutzt werden konnte, denn die Ausübung des evangelischen Gottesdienstes wurde verboten, die Kirche geschlossen. Rund 100 Jahre lang war sie Scheune und Vorratshaus. Als die Karmeliterkirche zu klein geworden war, wurde die Marktkirche zur katholischen Pfarrkirche umgebaut. Der Kirchturm war früher einmal das Stadttor. Die steinerne Kanzel in der Kirche erinnert noch an die evangelische Zeit.

Im Rathaus steht die Kopie des „Waldbrudersteins“. Das Original befindet sich unter einem Felsen im Wald, ist aber vor Jahren stark zerstört worden. Der Streit geht darum, ob es sich um ein keltisches Bildnis an einem Quellheiligtum handelt (wegen der in Gebetshaltung erhobenen Hände)  oder ob die Steinplatte erst aus dem Mittelalter stammt, weil sie in einer Grenzbeschreibung  mit allen wichtigen Punkten aus dem 11. Jahrhundert nicht erwähnt wird.

Das Karmeliter - Kloster wurde 1406 von den Edlen von Hirschhorn gegründet und hat mit Wandmalereien aus der Zeit um 1505 (Elias- Zyklus). Im Jahre 1514 erfolgte die Erweiterung der Kirche durch die Annakapelle. Infolge der Säkularisation im Jahre 1803 wurde das Gotteshaus seiner Bestimmung beraubt und zerfiel, konnte jedoch vor dem Abbruch bewahrt werden. Heute sind Kirche und Annakapelle wieder Gotteshaus, und aus dem Klostergebäude wurde ein Pfarrzentrum. Die herrlichen Figuren des Barockhochaltars erregen genau so die Bewunderung der Besucher wie die prachtvollen Malereien und Grabdenkmäler.

Es gibt schöne Fachwerkhäuser des 16. und 17. Jahrhunderts.

 

 

Auf einem Sandsteinfelsen thront - den Ort hoch überragend - Burg Hirschhorn aus dem  13. Jahr­hundert, durch Wehrmauern mit der Stadt verbunden. Um das Jahr 1200 bauten die Ritter von Hirschhorn auf dem von Hirschen gern aufgesuchten Vorsprung am Stökkelberg ihre Burg, die sie in den folgenden 400 Jahren ständig erweiterten und befestigten. Wegen des 1585 vollendeten Renaissancepalas wird die Burg nun Schloß genannt und befindet sich im Besitz des  Landes Hessen. Von der Schloßterrasse hat Besucher einen herrlichen Blick auf den Neckar und die Odenwaldhöhen. Es gibt eine sehenswerte Altertümersammlung im Rittersaal und wertvolle alte Fresken in der ehemaligen Schloßkapelle. Mit staatlichen Mitteln wurde in den fünfziger Jahren die Burg vor dem weiteren Verfall bewahrt und mit einem Hotel-Restaurant veredelt.

Eine andere Erinnerung an vergangene Zeiten ist das „Langbein-Museum“, das im „Haus des Gastes“ sein Domizil hat. Carl Langbein (1816 - 1881), ein gebürtiger Hirschhorner, war nicht nur ein guter Gastwirt, sondern auch ein leidenschaftlicher Sammler von Kunstgegenständen. Einige hundert von ihm selbst gefertigte Tierpräparate ergänzen seine Sammlung. In seinem Gasthaus „Zum Naturalisten“ schmückte er die Wände mit seinen Sammelobjekten (geöffnet dienstags bis samstags von 14 bis 16 Uhr, sonntags von 10 bis 12 und 14 bis 16 Uhr).

 

 

Sühnekreuz:

Abseits der Landstraße 3105 Richtung Eberbach, östlich von Ersheim auf der anderen Neckarseite,  steht am Ackerrand neben dem Neckar (GPS: N 49° 26,724', O 8° 54,476') ein Sühnekreuz aus Sandstein. Der Standort bezeichnet die Stelle, an der sich der schon vor dem Dreißigjährigen Krieg wüst gewordene Hof Weidenau befand, zu dem das Kreuz offenbar aber keine Verbindung hat.

Trotz erheblicher Beschädigung - der Kopf ist abgebrochen - ist es gut als nasenbesetztes gotisches Kreuz mit achtkantigem Balkenquerschnitt zu erkennen. Das Kreuz ist auf einen rechteckigen Pfeiler gesetzt, der sich im Boden zu einem Fundament verbreitert. Auf der Flußseite ist ein spitz auslaufender Wappenschild mit zwei Schwanenflügeln angebracht, darüber ein Topfhelm mit zwei Flügeln als Helmzier. Das Wappen ist schräg gestellt. Der spitz auslaufende Schild ist in Hirschhorn eine Zwischenstufe zwischen dem Dreiecksschild und dem halbrunden Schild.

Der Topfhelm findet sich als heraldische Darstellung auf Grabmälern noch im ganzen 14. Jahrhundert, so in Ersheim im Wappen Eberhards l. († 1361). Es sprechen gewichtige Gründe dafür, das Kreuz zwischen 1360 und 1380 zu datieren. Diese Zeit war für Hirschhorn sehr unruhig. Eberhard II. war als Raubritter in Haft und Reichsacht, und seine tapfere Gemahlin Margarete mußte manches wiedergutmachen, was ihr Ehemann verbrochen hatte.

Ein Beispiel für eine solche Wiedergutmachung könnte dieses Steinkreuz sein. Nachforschungen über das Wappen ergaben folgende Anhaltspunkte: Karl Langbein glaubt in dem Wappen das der Herren von Hallwyl aus Baden zu sehen. Dagegen wendet sich C. Christ, der darauf hinweist, daß die Hallwyl eine Schweizer Familie aus Baden bei Basel sind. W. Möller hat das Wappen mit der 1687 ausgestorbenen Familie „Nothaft von Hohenberg“ (Hochberg, Oberamt Waiblingen bei Ludwigsburg) in Verbindung gebracht.

Die Sage um dieses  Kreuz lautet: An dieser Stelle wurde jemand von seinem Bruder ermordet. Von Reue gepackt, ließ der Täter das Kreuz errichten. Eine typische Steinkreuz-Wandersage. Diese Sage wird später ausgeschmückt und schließlich zur Novelle und zum Roman, die in die Literatur Eingang fanden (A. Schmitthenner: Das deutsche Herz). Kern der späteren Sage: Hier habe ein Ritter von Hirschhorn einen Gefährten erschlagen und zur Sühne das Kreuz errichtet. Sogar den Namen des Erschlagenen erfährt man: einen Ritter von Vellberg.

 

 

Eberbach

Die badische Stadt mit 6.800 Einwohnern liegt zwischen bewaldeten Berghängen, Gärten und Wiesen in eine Talbucht gebettet am Neckar. Hier mündet die aus dem Odenwald kommende, fischreiche Itter. Die Stadt hat ausgedehnte Waldungen (viertgrößter Waldbezirk Badens, über 3000 Hektar) mit berühmter Hochwildjagd. Die Bewohner treiben Ackerbau, Waldarbeit, Steinhauerei (in der Nähe Sandsteinbrüche), Schiffahrt und Fischfang, besonders Forellenfischerei. Es gibt einen bedeutenden Handel mit Holz und Eichenrinde für Lohgerberei.

 

Geschichtliches:

Durch Schenkung des Frankenkönigs Dagobert kam die Gegend in den Besitz des Bistums Worms, das im 11. Jahrhundert die Burg erbaute. Die Bischöfe sind  im 11. Jahrhundert die Erbauer der Burg, die 1403 geschleift wurde. Gegen 1300 Mark feines Silber kamen Burg und Stadt 1227 an die Staufer. Im Jahre 1230 wurde Eberbach Freie Reichsstadt. Kaiser Ludwig der Bayer verpfändete es 1330 an die Pfalzgrafen, in deren Händen es bis 1803 blieb. Kurze Zeit war sie im Besitz der Fürsten von Leiningen, bis sie 1806 an Baden fiel.

Vermutlich wurde der Neckar weniger beachtet, da er weder wirtschaftlich noch als Terri­torialgrenze eine bedeutsame Rolle spielte. Erst mit Regulierung und Ausbau bis in die sechziger Jahre fand er Anschluß an die großen Wasserstraßen. Eine Uferstraße gab es schon gar nicht. Über Jahrhunderte waren viele Orte wie abgeschnitten. Mehr schlecht als recht lebten die Menschen vom Fischfang und der Flößerei. Dank der abseitigen Lage wurden die Städt­chen jenseits von Heidelberg dafür kaum in kriegerische Auseinandersetzungen gezogen. Vieles blieb so, wie

 

Rundgang:

Der trapezförmige Straßengrundriß wurde planmäßig im 13. Jahrhundert angelegt. Die Stadt ist im Kern unverändert. Die Stadtmauer ist teilweise erhalten. Von einstmals acht Türmen stehen noch vier. Parkplätze gibt es am Neckarufer - wen einer frei ist. Man geht dann auf die Südwestecke der Altstadt in die Friedrichstraße, wo rechts der Mantel- oder Pulverturm steht

 

Pulverturm oder Mantelturm:

Der markant über Eck gestellte Trum stammt aus dem 13. Jahrhundert und steht an der Südwestecke der historischen Stadtbefestigung. Das Fundament wurde etwa 1230 beim Bau der Stadtmauer als Erweiterung des Wehrganges angelegt. Der Turm wurde im 15. Jahrhundert aufgebaut. Die Turmuhr aus dem Jahre 1766 ist von dem berühmtem Eberbacher Uhrmacher Jakob Braun. Der Glockenerker wurde erst später hinzugefügt.

Wenn man rechts am Turm vorbeischaut, kann man die Stadtmauer sehen. Dort steht auch noch eine  Kanone. Die sandsteingemauerte Giebelwand über der Stadtmauer gehört zu einem der ältesten Steinhäuser Eberbachs. Als 1241 die erste Urkunde ausgestellt wurde, in der die Stadtmauer erwähnt ist, war die Stadtmauer mit ihren vier Türmen und Toren schon im Bau, später wurde sie oft erneuert.

Auf dem Thonon-Platz vor dem Turm steht der Kurpfalzbrunnen. Der Kurpfälzische Löwe auf dem Brunnenstock erinnert an die Zeit, als die alte Stauferstadt noch zur Kurpfalz gehörte.

Der Platz um den Kurpfalzbrunnen und die Kellereistraße wurden 1983/84 umgestaltet. Das mit altem Kopfsteinpflaster verlegte Band folgt dem Lauf der alten Stadtmauer, die hier durch das Untertor Einlaß bot. Hier stand der mächtigste Stadtturm, der sich deutlich über den Giebel des Thalheimschen Hauses erhob, ehe er 1872 abgerissen wurde. Eine Platte im Boden markiert noch den Standort des Turms. Nach Westen geht nördlich der Stadthalle der Leopoldsplatz ab. Dort steht ein mächtiger Wappenbrunnen.

Links am Turm vorbei geht man durch ein Tor in den Hof am Pulverturm. Hier ist gleich rechts eine Tafel mit dem Titel „Ephrata-Hof“. Diese bezieht sich auf die  seit 1976 be­stehende Städtepartnerschaft mit Ephrata in Pennsylvanien. Die Stadt entstand aus einem Kloster, das der Eberbacher Konrad Beisel 1732 in d r Wildnis gegründet hatte.

An dieser Mauer ist auch der Zugang zum Turm, in dem an während der Sommermonate die Uhrenkammer im Innern der Turmspitze besichtigen kann, mit weitem Blick ins Neckartal und auf die Dächer der Altstadt.

Im Hof befindet sich der Fischerbrunnen zur Erinnerung an eine alte Zunft. Die Gruppenplastik ist ein Werk des bekannten Bildhauers Hermann Koziol und bringt das Fischerhandwerk in Erinnerung, mit dem viele Eberbacher früher ihr Brot verdienten. Der unförmige Sandstein im Brunnenbecken wurde bei Baggerarbeiten aus dem Neckar geborgen. Er zeigt noch die Spuren von Ketten, die bei der Kettenschiffahrt auf dem Neckar entstanden sind. Nach links geht man in die Kellereistraße, wo gleich links das Thalheimsche Haus steht

 

Thalheimsches Haus (Kellereistraße 36):

Das Thalheimsche Haus von 1390 ist das älteste Gebäude der Stadt. Es ist ein hübsch renoviertes Bauwerk mit Treppengiebel. Es war einst Sitz des Kurpfälzischen Amtskellers, dann Fürstlich Leiningensches Jagdpalais und später Rathaus der Stadt Eberbach. Später bewohnten es auch einmal die Eltern der englischen Königin Victoria I. Die Herzogin von Kent  war eine  geborene von Leiningen, der Mutter der Königin Viktoria von England. Eine Tafel am Haus erinnert an sie. Der Text lautet: „In diesem Hause wohnten 1818/19 Herzog Eduard von Kent und seine Gemahlin Victoria Marie Luise (verwitwete Fürstin von Leiningen), die Eltern der  am 24.5.1819 geborenen Königin Victoria I. von Großbritannien und Irland“. Heute gibt es in der Stadt noch die Queen-Viktoria-Torte.

In dem Gebäude ist heute das Naturparkzentrum Eberbach.  Wer diesen Lebensraum in all seinen entwicklungsgeschichtlichen Ursprüngen und ökologischen Zu­sam­menhängen wirklich „begreifen“ möchte, wird hier  mitgenommen auf eine Zeit­reise durch die Kultur- und Landschaftsgeschichte des Naturparks. Rund  280 Quadratmeter Ausstellungsfläche führen in zehn Räumen über Stock und Stein, Höhen und Tiefen, Streuobstwiesen und Buchenwälder der Umgebung. Hier kann  man   die Tier-, Mineral- und Pflanzenwelt der Landschaft noch einmal neu erfahren - mit allen Sinnen. Öffnungszeiten: Dienstag, Mittwoch und Donnerstag, jeweils 14.00 – 16.30 Uhr und Sonntag 14.00 - 17.00 Uhr  Der Eintritt ist frei! Telefon  06271 / 72985. Das Haus daneben ist das Kurzentrum.

 

Kurzentrum  (Kellereistraße 32):

Hier ist Zugang zum Eberbacher Kurzentrum. Hinter dessen Türen wird gewöhnlich kräftig kuriert. Akupunkturbehandlungen fehlen da ebensowenig wie Inhalationen, Fangopackungen oder Trink- und Badekuren mit den beiden Eberbacher Heilquellen. Drei bis vier Wochen dauern solche Kuren, die besonders bei Kreislaufstörungen, Erschöpfungszuständen, Rheuma sowie Leber- und Gallenerkrankungen nachhaltigen Erfolg versprechen. Durch die nächste Gasse kann man rechts noch einmal hinuntergehen zur Stadtmauer.

 

Alter Markt:

Die Kellereistraße führt  dann weiter - gesäumt von Boutiquen und Geschäften - zum „Alten Markt”. Das „Hotel Karpfen” steht links am (Alten Markt 1). Hier dokumentierte Richard Hem­berger im Jahre 1934 die Eberbacher Geschichte in 14 Bildern. Rechts steht das historische Rathaus mit den beiden Brunnen, wo gleich zweimal das Wasser aus den Köpfen der Eber - des Eberbacher Wappentiers - sprudelt.

Heute ist in dem Rathaus das Museum der Stadt. Im Jahr 1990 wurde das Museum vom Arbeitskreis Heimatpflege Nordbaden mit dem 1. Preis als „vorbildliches Heimatmuseum“ ausgezeichnet. Besondere Schwerpunkte des Museums bilden die Abteilungen: Der Neckar als Lebens- und Verkehrsader, Neckarschifffahrt von den Anfängen bis heute, Holzschiffbau,  Flößerei, Fischfang, Alte Berufe, Wald und Mensch - Wald und Natur, Waldgeschichte, Historische Formen der Waldnutzung,  Das Reifschneiderhandwerk, Bäume, Pflanzen, Tiere des Waldes, Der letzte Wolf des Odenwaldes, Geologie und Landschaft, Nutzung des Gesteins, Die Geologie des Buntsandsteins,  Arbeit im Steinbruch, Beruf der Steinhauer und Steinmetze.

Im Museum der Stadt Eberbach ist ebenfalls eine Braunsche Uhr zu bewundern. Unter den Eberbacher Handwerkern der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts ragt der Uhrmacher Franz Jakob Braun (geboren 28. April 1735 bis 1813) durch seine Arbeiten besonders hervor. Er war Spezialist für Turmuhren. Gleichzeitig gingen aber auch zahlreiche formschöne Haus­uhren aus seiner Werkstatt hervor. Nicht nur bei seinen städtischen Mitbürgern hat er die Standuhr heimisch gemacht, sondern seine „Kastenuhren“ auch in viele Bauernhäuser des Odenwaldes geliefert. Zum großen Teil sind auch heute noch in Gebrauch. Hier gibt es auch die Abhandlung „Franz Jakob Braun - Ein Odenwälder Uhrmacher“ von Oskar Kilian aus dem Eberbacher Geschichtsblatt 1957. Öffnungszeiten ab dem 1. Oktober bis voraussichtlich 30. April 2014: Dienstag und Freitag 15:00 - 17:00 Uhr,  Samstag und Sonntag 14:00 - 17:00 Uhr. Der Besuch des Museums ist frei.  Telefon  06271 87242.

 

Küfereimuseum:  

Die Verlängerung der Kellereistraße ist die Pfarrgasse. Von  dieser geht nach  Norden der Pfarrhof ab.  Hier steht das Küferei-Museum (Pfarrhof 4). Hier sind alle Arbeitsgänge bis zum fertigen Faß nachvollziehbar. Das Küferei-Museum - eine private Initiative der Eberbacher Familie Helm - ist keine zusammengetragene Sammlung von Küferwerkzeugen und Keltereigeräten, sondern eine komplett eingerichtete Werkstatt. Öffnungszeiten: Von Mai bis zum 1. Oktoberwochenende: Freitag, Samstag, Sonntag von 14 - 17 Uhr. Im Juli, August und September zusätzlich auch dienstags von 14 - 17 Uhr. Andere Termine nach telefonischer Vereinbarung - auch in den Wintermonaten. Adresse: Familie Helm, Pfarrhof 4,   69412 Eberbach, Telefon: 06271 2704.

 

Bettendorfschen Tor:

Die Pfarrgasse endet im Osten mit dem Bettendorfschen Tor (Pfarrgasse 9). Der „Hof“ rechts

ist vielleicht älteste vollständig erhaltene Fachwerkgebäude aus dem Jahre 1470. Dieses Ensemble mit dem links vom Tor stehenden Fachwerkhaus ist einer der idyllischsten Winkel der Stadt. Fast meint man, die Zeit des Mittelalters sei hier stehengeblieben. In der Nähe befindet sich auch das älteste Pfarrhaus von Eberbach (keine genauere Angabe)

 

„Blauer Hut“ (Weidenstraße):

Durch das Tor geht man in die Weidenstraße, wo rechts der „Blaue Hut“  emporragt. Er hat seinen Namen von der mit blauschwarzem Schiefer gedeckten geschwungenen Dachhaube. Im Stockwerk darunter lag die „Betzenkammer“, das städtische Arrestlokal. Der niedere Eckturm ist der kleinste, jüngste und eleganteste der vier Stadttürme und stammt aus dem 14. Jahrhundert.

 

Rosenturm:

Nach links kommt man zum Rosenturm. Er ist der einzige Rundturm der Stadtbefestigung mit über 6,50 Meter Durchmesser und 2 Meter dicken Sandsteinmauern. Er  ist der älteste der vier Ecktürme. Zusammen mit der Stadtmauer wurde er im 13. Jahrhundert errichtet. Ursprünglich hieß er „Rossenbrunner Turm“ nach einer nahen Pferdetränke.  Im Türsturz des hochgelegenen Eingangs befindet sich eine roh eingehauene liegende Menschengestalt, die wahrscheinlich der Abwehr böser Geister diente (man muß etwas Phantasie haben, um eine Figur zu erkennen)

 

Michaeliskirche:

Nach links kommt man zur evangelischen Michaelskirche Kreuzung Bahnhofstraße / Hauptstraße. Sie wurde 1836  im romanischen Stil errichtet, unweit von der Stelle, an der früher die Marienkapelle stand. Ein Stein mit dem Wappen der Kurpfalz und der Jahreszahl 1426, in der Portalhalle seitlich eingemauert, stammt aus dieser Kapelle. Das bunte Glasfenster über dem Altar ist ein Werk des Heidelberger Künstlers Will Sohl.

An der Kirche beginnt auch nach Norden der Neue Markt. Man geht aber ein Stück die Hauptstraße hinunter und dann nach rechts in die Obere Badstraße, wo mit der Nummer 13 das Gasthaus „Krabbenstein“ steht.

 

Krabbenstein:

Nach Osten geht die Straße weiter als Obere Badstraße. Die Nummer 13 an der Ecke Heumarkt ist Gasthaus „Krabbenstein“,  das älteste Wirtshaus von Eberbach, erbaut 1627, mit Mut und Fleiß renoviert 1994. An der Seite steht die Erzählung: „Und nachts, wenns zwölf geschlagen, da kommen der Geister zwei. Sie ziehen an der Linde und an der Mühl vorbei. Der Müller, der dort wohnet, der flinke Friederich, hat sie schon oft gesehen in seinem Bette. Und wenn sie da gebetet im blassen Mondenschein, dann ziehen sie selbander zum „Schwarzen Krabbenstein“.

Hier wurden unter anderem alte Eberbacher Berufe verewigt. Sämtliche Darstellungen zeigen die Handschrift des Kunstmalers Richard Hemberger. Dieser bemalte 1934 auch das „Hotel Karpfen“.

Etwas gegenüber Hausnummer 22 steht die 1777 erbaute lutherische Kirche, die bis 1821 genutzt wurde.

 

Badehaus:

Dieses Haus von 1483 ist das besterhaltene mittelalterliche Badehaus Badens. Der Kern des Gebäudes ist ein dreischiffiges spätgotisches Kreuzgewölbe, das auf acht wuchtigen Sand­steinsäulen ruht. Überbleibsel aus der Zeit, als Badezuber, Wasserdampf und Rauch das Bild hier beherrschten, ist der ehemalige Feuerraum in der Mitte des Gewölbes. Heute befindet sich in dem Gebäude ein Hotel und Restaurant. Mit dem Thema „Wasser und Mensch“ beschäftigt sich der Brunnen auf dem Lindenplatz.

 

Haspelturm:

In der  nordöstlichen Ecke des Lindenplatzes steht massige Bad- oder Haspelturm aus dem 14. Jahrhundert. Er ist der Eckpfeiler der staufischen Stadtbefestigung. In seinem Fuß befindet sich ein lichtloses Untergeschoß, in das Gefangene mit einer Haspel hinabgelassen werden konnten.

Der Turm beherbergt heute das Zinnfigurenkabinett, das Zinnfiguren-Dioramen mit Szenen zur Ortsgeschichte birgt. Als Leihgabe des Zinnfigurenmuseums Plassenburg in Kulmbach und einiger privaten Sammler kann man im  Jahr  2016 und 2017 jeweils ab 1. Mai bis 31. Oktober  mit einer Auswahl der berühmten „Heinrichsen-Zinnfiguren“ in den folgenden beiden Jahren eine einzigartige Ausstellung präsentieren. Seit über 175 Jahren besteht die Firma Heinrichsen mit der weltweit größten Figurenvielfalt, und auch viele zivile Zinnfiguren vom Biedermeier bis zur Welt der Märchen werden in der Ausstellung zu sehen sein. Öffnungszeiten: Von 1. Mai bis 31. Oktober: Mittwoch + Samstag,  15 - 17 Uhr, Sonntag + Feiertag 14 - 17 Uhr  sowie nach telefonischer Vereinbarung, Tel.: 06271 3020. - Der Lindenplatz grenzt an die Friedrichstraße. Auf ihr kann man nach Norden zur Pfarrkirche gehen oder auch nur einen Blick dorthin werfen.

 

Pfarrkirche St. Johannes Nepomuk.

Die zweitürmige und  dreischiffige Kirche wurde 1884 - 1887 erbaut in italienischem Renaissance-Stil. Sie ist nach den Grundgedanken der erneuerten Liturgie im Innern geordnet und mit einer originellen Taufkapelle und einem schmuckvollen Tabernakel und  herrlichen Glas­malereien im Chor ausgestattet. Die Friedrichstraße abwärts kommt man wieder zu den Parkplätzen.

 

Ohrsberg (im Norden der Stadt):

Der Ohrsberg, welcher sich direkt in der Stadtmitte erhebt, ist ein sogenannter „Umlaufberg“. Er wurde vom Neckar geschaffen, als dieser um ihn herum geflossen ist. Im 13. Jahrhundert befand sich auf dem Gipfel des Ohrsbergs vermutlich eine befestigte Anlage, die zum Schutz der Stadt diente. Noch heute erkennt man den Ringgraben. An der Stelle des Ohrsbergturms stand damals wahrscheinlich ein hölzerner Turm.  Der Ohrsberg liegt 229 Meter über dem Meer. Der gleichnamige Turm darauf ist nochmals 17,50  Meter hoch und wurde 1970 errichtet. Man kann den Turm von der Stadt aus sehen. Rund um den Berg  läuft der Panoramaweg.  An  seiner nordöstlichen Ecke ist der Aufstieg zum Turm. Im Südwesten ist ein stillgelegter Steinbruch.

 

Einer der höchsten Bäume Deutschlands - Eine Douglasie

Einer der höchsten Bäume Deutschlands steht im Eberbacher Stadtwald. Der Bestand liegt etwa 200 Meter oberhalb der Bebauung des nördlichen Stadtteils „Steige“ in einer frischen Buntsandsteinrinne. Der Karlstalweg liegt am westlichen Rand der Stadt (westlich der Wilhelm-Blos-Straße. Unterhalb der Shell-Tankstelle geht es ab). Von hier geht es entlang der Wegweisertafeln.

Im Jahre  1997 von Fachleuten mit modernsten Meßgeräten gemessen, war sie mit 59,9 Metern der höchste Baum Deutschlands. In einem ständigen Wettstreit  mit einer Artgenossin in Freiburg liegend, wechselte dieser Titel über die Jahre immer mal wieder. Bei der letzten offiziellen Vermessung am 12. Dezember ragte die Douglasie in Eberbach 62,45 Meter in den Himmel. Seit 2008 beansprucht die Freiburger „Waldtraut“ mit 64,18 Metern das Prädikat - höchster Baum Deutschlands - für sich.

Unterschiedliche Sonneneinstrahlung und Wetterbedingungen machen eine genaue Prognose zur heutigen Höhe natürlich schwierig. Die Bezeichnung „einer der höchsten Bäume Deutsch­­lands“ hat die Douglasie in Eberbach aber auf jeden Fall verdient. Nur eine zeitgleiche Messung in Eberbach und Freiburg könnte darüber entscheiden, wer von den beiden gerade den Wipfel am weitesten aus dem jeweiligen Stadtwald streckt.

Wie gelangten Douglasien in den Eberbacher Stadtwald? Bis Ende des 19. Jahrhunderts waren noch große Flächen des Stadtwaldes mit ertragsarmem Niederwald bestockt. Unter dem Großherzoglichen Badischen Oberförster Emil von Stetten wurde damit begonnen, diesen Niederwald in Hochwald umzuwandeln. Dabei wurden vor allem Nadelbaumarten gepflanzt. Aus dieser Zeit stammt auch der Douglasienbestand.

Der Bestand wächst auf einem Steilhang des Mittleren Buntsandstein-Odenwaldes und seine Wuchskraft verdankt der Standort vor allem der guten Wasserversorgung. Interessant ist übrigens, daß in der Umgebung Douglasien mit deutlich stärkeren Durchmessern zu finden sind, die aber dennoch nicht die Höhe dieses Baumes erreicht haben.

Lage und Standort:

 

 

Burg Eberbach:

Mit dem Auto fährt man an das Ostenende der Altstadt und dann auf die Straße nach Gaimühle und Beerfelden. Ziemlich am Ortsausgang geht rechts die Straße ab nach

Waldbrunn und Buchen. Ein Schild weist auf den Parkplatz „Burg Eberbach“ hin, der sich aber hinter der Kurve auf der linken Seite befindet.  Der knapp 15 minütige Aufstieg beschert einen prächtigen Ausblick auf Eberbach und ins Neckartal.

Überragt wird die Stadt von der Burg Eberbach, einst größte Burg der Hohenstaufen aus dem  12. Jahrhundert. Die Anfänge der Burg gehen bis in die Frühzeit der Wormser Herrschaft zurück. Von der Anlage aus konnte die Neckarschifffahrt und der Weg zur alten Benediktinerabtei Amorbach bzw. zum Main kontrolliert werden

Die Burg hat ihre Anfänge im 11. Jahrhundert. Nach anderer Angabe wurde sie erst anfangs des 13. Jahrhunderts erbaut  und bereits 1403 begann der Abriß. Zwischen Blattwerk und dichtem Gestrüpp erheben sich heute auf 200 Metern Länge die Mauern mit ihren so charakteristischen, säulengestützten Rundbogenfenstern.

Bei näherem Hinsehen erkennt man, daß hier drei Burgen hintereinander gestaffelt waren. Die älteste ist die Vorderburg. Sie war bereits 1196 fertiggestellt, denn in dieses Jahr fällt die urkundliche Erwähnung des ersten Besitzers, Graf Konrad von Eberbach, der im Dienst des Bischofs von Worms stand.

Etwas tiefer liegt die Mittelburg mit gewaltigem Bergfried (drei  Meter dicke Mauern) und Palas. Mit dem Bau der Mittelburg wurde um das Jahr 1200 begonnen.

Die Hinte­rburg liegt 60 Meter weiter und ist stärker zerstört. Als 1227 das Lehen der Herren von Eberbach beendet und die Burg an König Heinrich VII. verkauft wurde, entstand die Hinterburg, deren Bau um 1240 abgeschlossen werden konnte. Heinrich VII. ließ gleichzeitig die Mittelburg ausbauen. Nie von strategischer Bedeutung, verfiel die Anlage noch im Mittelalter, ehe sie in mühevoller Arbeit zwischen 1908 und 1932 aus ihrem Dornröschenschlaf geweckt wurde.

Nach mehreren Besitzerwechseln kam Burg Eberbach 1330 für längere Zeit an die Kurpfalz. Die letzte Stunde von Burg Eberbach sollte schlagen, als sie 1402 samt Stadt vom Pfalzgrafen Ruprecht III. dem Ritter Hans von Hirschhorn übertragen wurde. Da die Herren von Hirschhorn Burg Eberbach als Rivalin ihrer eigenen Anlagen in Hirschhorn und Zwingenberg betrachteten, erwirkten sie eine Verfügung vom König, die es ihnen erlaubte, die Anlage als unrentabel abzureißen. Die verbliebenen Reste der einstigen Gruppenburg wurden in den Jahren 1927 und 1928 freigelegt und in der Folgezeit einige Bauteile wieder aufgerichtet.

Obwohl die Burg Eberbach heute nur noch Ruine ist, lohnt ein Besuch. Besichtigungen sind jederzeit möglich. Funde  der Burgen befinden sich im Museum der Stadt Eberbach.

Vom Parkplatz kann man wieder zurückfahren und weiter um den Katzenbuckel herum: Nach Unterdielenbach (Stadt Eberbach) und Oberdielenball (Gemeinde Waldbrunn), Waldkatzenbach, Gaimühle.

 

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