Die Israeliten in Kadesch
Inhaltsverzeichnis:
Exegese von Ex 15,25 b und Dt 33, 8-11
Exegese von Ex 15
Erklärungsversuche
Schluß der Exegese
Lokalisierungsprobleme
Die Namen der Quellen
Exegese von Dt 33
Wertung von Ex 15,25b
Welche Traditionen haften an Kadesch?
Der Dornbusch Ex 3
Die Quelle Mara Ex 15,22 - 25a
Die Mannaspeisung Ex 16,1-36
Die Quelle Meriba Ex 17 1-7
Der Amalekitersieg Ex 17, 8 -14 (16)
Der Besuch des midianitischen Priesters Ex 18, 1-27
Die Erzählung vom goldenen Kalb Ex 32
Mirjams Aussatz Num 12
Die Bestrafung des murrenden Volkes Num 14
Der Konflikt mit Korah, Datahm und Abiram Num 16.
Auszugs- und Sinaitradition
Die Bedeutung des Mose beim Auszug aus Ägypten
Die Beziehungen zu den Midianitern
Die Tradition vom Mosegrab
Die Leviten
Die Frühzeit Israels
Anmerkungen
Die Zitate aus den fremdsprachlichen Werken sind in einer eigenen, freien Übersetzung wiedergegeben. Verwiesen sei nur noch auf die Karte der Sinaihalbinsel in Grollenberg: Bildatlas zur Bibel (Gütersloh, 1958), Seite 44.
Exegese von Ex 15,22-27und Dt 33,8-10
Der „traditionelle“ Wüstenzug (Schilfmeer - Gottesberg - Kadesch - Ezjongeber -Ostjordanland) gibt nur ein künstliches Bild wieder. Bei der Erhellung der historischen Hintergründe ist besonders umstritten die Bedeutung der Oase Kadesch und damit auch die Bedeutung der Gestalt des Mose. Deshalb sollen hier die beiden Stellen Ex 15,25b und Dt 33,8 untersucht werden, ob sich in ihnen nicht eine alte Tradition über die Ereignisse in Kadesch erhalten hat.
Der Text: Hierauf ließ Mose die Israeliten vom Schilfmeer aufbrechen und sie zogen in die Wüste Schur hinein; sie gingen dreißig Tage in der Wüste und fanden kein Wasser. Als sie aber nach Mara kamen, konnten sie das Wasser aus Mara nicht trinken, denn es war bitter; deshalb nannte man es „Mara“ (Bitterquell). Da murrte das Volk gegen Mose und sprach: „Was sollen wir trinken?“ Mose aber schrie zu Jahwe, und Jahwe zeigte ihm ein Holz. Er warf es ins Wasser, und das Wasser wurde süß. Dort gab Mose dem Volk Gesetz und Recht und dort versuchte es. Und er sprach: „Wenn du willig hörst auf die Stimme Jahwes, deines Gottes, und das tust, was recht ist in seinen Augen, wenn du seinen Befehlen gehorchst und alle seine Gebote beachtest, dann will ich alle Plagen, die ich verhängt habe über die Ägypter, nicht über dich kommen lassen, denn ich bin Jahwe, dein Arzt.“ Und sie kamen nach Elim; dort waren zwölf Quellen und siebzig Palmen; und sie lagerten dort am Wasser.(Ex 15,22-27).
Exegese von Ex 15:
Nach dem berühmten „Mirjamlied“ in Ex 15,21 brechen die Israeliten unter Führung des Mose vom Schilfmeer auf (1). Die formelhaften Wendungen, die Aufbruch und Ankunft von Station zu Station schildern, sind im Rahmenwerk von P üblich, doch man wird vielleicht annehmen können, daß hier eine ältere Wegebeschreibung (Itinerar) zugrunde lag (2).Es ist allerdings deshalb noch nicht nötig, den Vers 22anicht zu P zu rechnen (wie Holzinger, 53), ebensowenig kann ich hier die Hand eines J 3 sehen (wie Simpson,187).
Eher ist Vers 22 b ein Nachtrag (so von Gall, passim; für Vers 22erwägt das auch Simpson), denn er ist gewissermaßen eine Dublette zu der Angabe „in die Wüste Schur“ (gegen Hölscher, 307); ohne ihn ergibt sich auch ein glatter Zusammenhang. Außerdem ist selbstverständlich, daß man in der Wüste kein Wasser findet; der Halbvers wird also eine „dumme Glosse“ sein (3).
Die Israeliten hatten zuerst eine längere wasserlose Strecke zu überwinden. Als sie nun an den Quellort Mara kamen, war das Wasser auch noch ungenießbar. Da fängt das Volk an zu murren gegen Mose und dessen Auftraggeber Jahwe. Dieser führt jedoch auch gegen den Willen Israels seinen Heilsplan durch, indem er Mose über ein Mittel zur Abhilfe belehrt: Ein Stück eines Wüstengewächses (4) macht das Wasser „süß“.
Diese Erzählung stammt von J (Rost und Weiser nehmen Mischung mit E an; Smend, 145, nimmt J an und Eißfeldt, Hexateuchsynopse, Einleitung 231 nimmt L an). Der Vers 23a scheint erklärende Glosse zu sein (Baentsch, 142). Aber deshalb braucht man „mamrah“ noch nicht zu übersetzen mit „wegen seiner Bitterkeit“(so Baentsch), denn es ist gemeint: „aus dem Brunnen von Mara“ (vergleiche Septuaginta und Eißfeldt, Hexateuch, 271).
Dagegen paßt Vers 23 b nicht gut in den Zusammenhang. Eißfeldt (Hexateuch, 44 f) vermutet deshalb, daß möglicherweise die hinter V..25 a (bzw. 26) ausgefallenen Worte hierher gestellt wurden. Der Redaktor hätte dann „Massa“ in „Mara“ geändert und das in der Septuaginta erhaltene „den Namen dieses Ortes“ in „seinen Namen“ umgeformt, beides dann an das Ende von Vers 23 gestellt und die Einleitung zu Vers 27 („und sie brachen auf von Massa“) gestrichen.
Simpson (187) möchte auch Vers 24- als Glosse aus Ex 17,3-4 streichen, weil einige Handschriften (Sam, LXX, Syr) in Vers anstelle von „zeigt ihm“ ein „zeigte dem Mose ein Holz“ haben. Simpson schließt daraus, Mose sei ursprünglich im unmittelbaren Kontext nicht erwähnt worden, Vers 24 habe also noch nicht dagestanden. Aber die Handschriften können den Namen auch noch einmal eingefügt haben im Blick auf Vers 25b, um zu verdeutlichen, daß Mose (und nicht Jahwe) das Holz ins Wasser warf.
Daß der Vers 25 b nicht die ursprüngliche Fortsetzung von Vers 25a ist, wurde schon früh erkannt (Meyer, Holzinger, Baentsch). Wellhausen (Prolegomena,347)(5) hat diesen Tatbestand auch schon mit Dt 33 (und Ex 17 = Num 20 ) zusammengebracht.
Dieser Halbvers ist nur lose an Vers 25a angeschlossen und gehört nicht in den ursprünglichen Zusammenhang (so Baentsch, 142;Kitte1, 312; Eißfeldt, Hexateuch, 44) Dagegen meint Auerbach, 80, der Vers passe gut, Mara sei eine Quelle von Kadesch und das „dort“ meine eben Kadesch)
(1) Unsichere syntaktische Beziehung:
(a) Objekt des Satzes: das Volk
Auerbach (80) geht von der Meinung aus, das „nasah“ in Vers 25 bdeute an, Jahwe habe Mose versucht; deshalb nimmt er auch für Vers 25 b„ose“ als Objekt an. Allerdings widerspricht sich Auerbach kurz darauf selbst (81), indem er behauptet, der Gehorsam des Mose werde sonst nie in Zweifel gezogen (vgl. dagegen: Ex 3,11; 4,1ff; 6,12; Num 20,11; 27,13f, Dt 1,37; 3,26; 4,21; 32,51). Hier wird nicht dem Mose ein Gesetz gegeben, „um zu sehen, wie er sich verhalten wird unter der Herausforderung der Klagen des Volkes“ (so Driver, 399). Daß Gott einem Einzelnen ein Gesetz auferlegt, ist ungewöhnlich und der hebräischen kollektiven Denkweise nicht angemessen. Auch der Verfasser von Vers 26 hat empfunden, daß hier das Volk gemeint ist (Eißfeldt, Hexateuch, 44).
Da man gegen Meyer( 61) nicht übersetzen darf: „...dort setzte er (Mose?) ihm (dem
Volk?) Recht und Gericht und dort versuchte er (Jahwe?) es“, da man einen solchen Subjektwechsel innerhalb des Satzes nicht annehmen darf, ist auch das Objekt von
„nasah“ „das Volk“.
(b) Subjekt des Satzes: Jahwe
Dillmann (163) nimmt als Subjekt „Mose“ an: Hier werden „die grossen Wahrheiten von Jave.....sammt den daraus folgenden Rechten und Pflichten dem Volk eingeschärft, um es zu versuchen“ (Ex 16,41), wie weit es in Erkenntnis und Uebung derselben(also hier z.B. im Vertrauen auf Gott) fortgeschritten sei, und es zum Gehorsam gegen dieselben zu erziehen (vgl. Vers 26)“. Man beruft sich dabei gern auf Analogien (6) wie Gen 47,26 und Jos 24,25. Zu der letzten Stelle meint Eißfeldt (Hexateuch,44 und 81), bei Mose würden die Worte noch von ihm selbst einexerziert und erst bei Josua müßten sie dann aufgeschrieben werden.
Doch nach dem sonstigen Sprachgebrauch versucht nur Jahwe das Volk( Ex 16,4 und 20,20; Dt 8,2;8,16;13,4 (7) oder das Volk versucht Jahwe (Ex 17,2.7; Num 14,11.22.27.36; 17,6; 20,3.13.24; 21,5; Dt 6,16; Dt 9,22), aber nie versucht Mose das Volk. Subjekt des Satzes ist also Jahwe (Eißfeldt, Hexateuch,271; Strack, 214; Greßmann,74); somit ist Jahwe auch Subjekt zu „sem“ (Strack,214).
Grammatisch gesehen läge zwar die Beziehung auf Mose näher, denn das letzte vorhergehende Subjekt ist ja Mose (Vers 25a). Aber abgesehen davon, daß zwischen Vers 25a und Vers 25,b eine literarische Naht vorhanden ist, erscheint Mose in dem ganzen Abschnitt eigentümlich passiv: der eigentlich Redende ist Jahwe! (8).
(2) Auch sachlich fügt sich der Vers schwer in den Zusammenhang, weil diese Notiz überhaupt nicht zu der Geschichte von Mara paßt; ein Zusammenhang ist jedenfalls heute nicht mehr deutlich. Außerdem erfolgt hier v o r der Ankunft am Sinai eine Gesetzgebung (Simpson,439, nimmt sogar an, hier sei ursprünglich das Passahfest gefeiert worden)
Erklärungsversuche:
(1) Eigenständige Tradition:
Der Halbvers wird bezeichnet als „abgerissenes Bruchstück“ (Meyer, 61), als „Rest einer ausführlicheren Erzählung“ (Auerbach, 80), als ein „versprengtes Fragment“ (Holzinger, 53). Er enthält eine Namenserklärung (Ätiologie) zu „Massa“: Hier hat Jahwe das Volk versucht (Rudolf Kitte1, 310; Meyer ,61; Greßmann 75, Baentsch, 142; v. Rad, Hexateuch, 22; bei Greßmann ist allerdings Mose das Objekt der Versuchung).Verbunden ist diese Erklärung mit einer Gesetzgebung.
(a) Meyer (61 - 63): Hier hat ursprünglich das Quellwunder von Massa und Meriba gestanden (vgl. Vers 22 b: Wassermangel!). Die älteste Erzählung hat „das Volk von Ägypten aus geradewegs nach Massa und Meriba, d.i. Qades an der Südgrenze Palästinas geführt. Hier schlägt Mose (...) die große Prozeßquelle aus dem Fels, und hier gibt er oder wohl eher Jahwe selbst dem Volk seine Rechtssatzungen“.
(b) Simpson(187 - 188): Da J 2 Mara woanders lokalisiert, ist „nisahu“ die Namenserklärung (Ätiologie) des J 1 für das Massa-Element in dem Massa-Meriba-Kadesch-Komplex (9). Zwischen V.25 a und 25 b stand bei J 2 der Bericht von der Beachtung des Passahritus; in diesem Zusammenhang war dann auch von „Satzung und Recht“ die Rede, denn gemeint war die Anordnung des Passafestes.
(c) Eißfeldt (Hexateuch, 44): Wellhausen meinte, hier sei ein geprägtes poetisches Stück in die Darstellung aufgenommen worden. Dem ist nur hinzuzufügen: Aus der isolierten Stellung von Vers 25 b braucht noch nicht auf die Lückenhaftigkeit oder Uneinheitlichkeit des Textes geschlossen werden. In der Umgebung von V.15 ist nur einiges ausgefallen: Hier sollte wie in Ex 17,7 (dort „nasah“ in der Bedeutung „versuchen“) der Ortsname „Massa“ erklärt oder zumindest vorbereitet werden; weil die eigentliche Namenserklärung (Ätiologie) aber dann in Ex 17 erfolgte, wurde der Name in Ex 15, 25 getilgt. Deshalb setzt Smend vor Vers 25 b ein: „Sie brachen auf von Mara und kamen nach Massa“, und vor V.27: „Und sie brachen auf von Massa!“ Eißfeldt empfiehlt jedoch eher, hinter Vers 25 oder 26 zu ergänzen: „...darum nennt man den Namen dieses Platzes ’Massa‘!“(ehe die Israeliten kamen hieß er „Mara“!)
Einige Forscher nehmen nun noch sehr direkt an, der Vers 25 b sei der Überrest eines Berichts von einer Gesetzgebung in Kadesch (Vers 25 und von einer Auseinandersetzung zwischen Jahwe und Mose (Vers 25 b). Auerbach (81) meint dazu: „In der Kades-Tradition handelt es sich also nicht um eine Gesetzgebung, die n e b e n der sinaitischen bestehen könnte, sondern um eine parallele Tradition, nach der diese Gesetzgebung an die Stelle der s i n a i t i s c h e n tritt“. Die Kadeschtradition sei dabei die ältere: „...gerade der Gegensatz zu der später allgemein akzeptierten Anschauung läßt sie glaubwürdig erscheinen.“
Nach Meyer (67) gibt es vier Versionen des Vorganges:
(1) Die Gesetzgebung in Kadesch (Ex 15, 25 b)
(2) Die Einsetzung von Richtern auf Rat des Jetro (Ex 18)
(3) Die Einsetzung von 70 Ältesten als Richter durch Mose (Ex 24)
(4) Die Einsetzung der Ältesten durch Jahwe (Num 11,25)
Dagegen läßt sich aber schon gleich sagen, daß in den beiden letzten Fällen nicht von einer Gesetzgebung die Rede ist: Ex 24 handelt von einem Bundesmahl, Num 11 von einer Geistbegabung.
(2) Deuteronomistische Überarbeitung:
(a) Hölscher (307/308): Die Verse 25 b - 26 sind ein Fremdkörper in der Terminologie, sind allerdings nicht von einem Redaktor eingefügt, denn sie stimmen wörtlich mit Jos 24,25 überein, das nicht überarbeitet ist.
(b) von Gall (31): Die Marageschichte war eingesetzt in eine Geschichte, die in Massa geschah. Aber dann ist „Ex 15, 25 b von einem deuteronomistischen Redaktor unter Grundlage einer älteren zu Massa spielenden Geschichte erst gewaltsam zur Geschichte von Mara hinzugefügt worden!“ Aber an sich stand hier eine selbständige Überlieferung über Massa (vgl. Dt 6,16 und 9,22).
(c) Baentsch (143): Dieser Vers ist Zusatz des deuteronomistischen Redaktors, dem „Jahwes Gesetz und Recht so unentbehrlich sind, daß ihre Verkündigung nicht erst bis zum Sinai aufgeschoben werden durfte; Israel war ihrer von Anfang seiner Existenz als freies Gottesvolk benötigt und hatte dies durch sein ‚lon‘ soeben bewiesen!“Allerdings kann der Vers bei Ex 17, 1ff gestanden haben, aber ein Späterer hat ihn vorgezogen, um für den deuteronomistischen Abschnitt in Ex 16,28 (Einsetzung des Sabbat) die notwendige Voraussetzung zu schaffen.
(d) Noth (Mose,102): Das Geben von „Satzung und Recht“ soll wohl nur die Voraussetzung für die deuteronomistische Mahnung in Vers 26 schaffen. Die Anspielung auf den Ortsnamen „Massa“ ist hier zudem noch fehl am Platze (erst Ex 17, 1-7) [Welche Meinung die wahrscheinlichste sein soll, wird hier noch nicht entschieden].
Schluß des Abschnitts Ex 15. 22 - 27:
Der Vers 26 ist eine Ansprache im deuteronomistischen Geschmack, ein magerer Ersatz für das in Vers 2 bn Aussicht Gestellte (Holzinger, 53). Auch die Umschreibung der Gebote ist etwas mager. Dillmann (163) macht es sich zu leicht, wenn er schreibt, in Vers 26 „soll nur von dem wesentlichen Inhalt der Weisungen, die in diesem Fall Mose dem Volk gab, ein Begriff gegeben werden“. Noch apologetischer drückt sich Strack aus (214): „Diese Gebote sind wohl wesentlich allgemeiner Natur gewesen oder haben das Notwendigste für die Zeit des Marsches geregelt“ Wellhausen (549) urteilt da wesentlich realistischer: „Eine schiefe deuteronomistische Ausführung des unverständlichen Schlußsatzes Vers25. Der Redaktor sah dabei wohl einen Zusammenhang zwischen schlechtem Wasser und Krankheit (Smend,146; Simpson,188) und kannte auch den Fachausdruck „rafa“ für das Gesundmachen von Quellen (II. Kön 2 ,21f und Ez 47,8-11)(10).
Holprig ist der Übergang in die direkte Jahwerede in Vers 26 b. Sicherlich handelt es sich hier um Redaktorenarbeit des Deuteronomisten (Baentsch 140.143), das zeigt die Formulierung. Eißfeldt (Hexateuch, 271) vermutet allerdings eine L-Grundlage, Simpson (188) eine J-Grundlage, Rost (54) schreibt das Stück E zu.
In Vers 27 haben wir die Fortsetzung der Wegebeschreibung(Itinerar), das P benutzt hat (11). Der Vers schließt sich gut an Vers 25 a an und ohne die Verse 25b - 26 bildet die Perikope Vers 22 - 27 eine gute Einheit, denn überall vom Wasser die Rede; vielleicht ist durch den Verfasser der Priesterschrift das Bild der lieblichen Oase Elim bewußt der Quelle Mara gegenübergestellt worden.
Lokalisierungsprobleme:
Im allgemeinen wird die Oase Kadesch gleichgesetzt mit dem heutigen „ain kdes“ im nordöstlichen Teil der Sinaiwüste, etwa 80 Kilometer südsüdwestlich von Beerseba (Jenni). Entdecker ist der Engländer Trumbull (12). Meyer (80) gibt seine Beschreibung wieder: „Kadesch liegt in einer großen, rings von Hügeln umschlossenen Talebene...durch deren Mitte sich ein breites.....Wasserbett zieht....Das Wasser bricht im Osten in starkem Strom aus dem Felsen hervor....Das ist das Wasser von Meriba“ (13). Zu Kadesch gehören noch zwei andere Quellen, zehn Kilometer nordwestlich: „en kderat“ und „ain kuseme“, die von Greßmann (74) völlig willkürlich mit Mara und Massa identifiziert werden (Kadesch dann gleich Meriba, wie bei Meyer). Die Ausleger haben (sowieso) große Neigungen, einen der Namen mit einer der Quellen zu identifizieren oder zwei oder mehrere Namen gleichzusetzen:
Auerbach (114f) und Greßmann (74) lokalisieren alle fünf Quellnamen (Barnea, Massa, Meriba, Mara, Kadesch) (Barnea14) an e i n e m Ort. Von Gall (30 f) verlegt Ex 17, 1-7 nach Kadesch (da es die gleiche Umgebung hat wie Nur 20, 1-3) und Ex 15, 25 b steht ihm auf einer Stufe mit diesen Erzählungen. Rudolf Kittel (310, Anmerkung 6) hält dagegen Massa für eine Station auf dem Wege nach Meriba (= Kadesch), drei Tage von der ägyptischen Grenze entfernt; auch Smend (146,1) möchte beide Orte trennen.
Mara wird gewöhnlich identifiziert mit der Quelle „Hawwara“ an der Westküste der Sinaihalbinsel, die nach Baentsch (142) sogar zeitweise bitteres Wasser liefert; aber solche Quellen gab es mehrere. In Wahrheit aber ist die Suche nach einer bitteren Quelle völlig falsch. Die Quelle wurde nicht durch ein „Hausmittel“ (Noth, Pentateuch. 128,4) jedesmal wieder süß gemacht (Beer: Sauerdorn), sondern sie war immer „süß“ gewesen, hatte aber nur den eigenartigen Namen „Bitterquelle“. Diesen Widerspruch suchte man dadurch zu erklären, Mose habe sie gewandelt (vgl. Noth, Mose,102)(15) Wenn man nun aber nach einer „süßen“ Quelle sucht, braucht man sie doch nicht mit Elim gleichzusetzen, das Meyer (100 - 102) mit dem griechischen „Phoinikon“ identifiziert.
Man sieht, zu welchen Ergebnissen derartige Lokalisierungsversuche führen. Am umstrittensten ist die Lage des Sinai (vgl. Noth, Geschichte, 123-125). Man lese nur bei Rudolf Kittel (346 -370,vg1. 372) die lange Beweisführung, die den Gottesberg nach Kadesch verlegen will (so auch Auerbach,31.54.87). Da die Israeliten nun erst nach Kadesch kommen sollen, muß man dieses nun mit den anderen Quellnamen gleichsetzen.
Liegt der Gottesberg aber östlich des Golfs von Akaba (Auerbach,169f; Noth, Mose,126; Meyer, 67; Gall, 2; Simpson, 422; Eißfeldt, Tradition, 94), dann hätten die Israeliten den langen Weg Ezjongeber-Kadesch zweimal gemacht. Aber daß der Gottesberg nicht auf
der traditionellen Sinaihalbinsel liegen kann, darüber ist sich die Mehrheit der Forscher auch klar. Auerbach schließlich (168-172) spricht sogar von zwei Bergen mit dem Namen „Sinai“.
Dabei (vgl.Baentsch,140) waren besonders die Redaktoren um die geographische Lage ziemlich unbekümmert, sie warfen verschiedene Lokalitäten zusammen, wenn sich nur ähnliche Ereignisse daran knüpften (bestes Beispiel: Ex 17, Rephidim, Massa, Meriba), oder sie nahmen Umstellungen vor, um ähnliche Ereignisse nicht allzu hart aufeinanderstoßen zu lassen (vgl. Ex 18). Viele Überlieferungen erfuhren erst durch die Einordnung in einen bestimmten Wanderweg eine Lokalisierung, aber ursprünglich ist jede der Wüstenerzählungen eine Einheit für sich und man darf lokale Bindungen nicht auf sie übertragen.
Die Namen der Quellen:
Das Stichwort „nasah“ legt es vielleicht nahe, daß sich früher einmal eine Massageschichte an die Mara-Episode angeschlossen hat, in der der Name „Massa“ etymologisch gedeutet wurde (so auch Auerbach, 81, der aber beide Quellen nicht für identisch hält). Da Cornill (32) in den Versen 22 - 27 eine E-Grundlage findet, nimmt er an, daß hier die Deutung von E gestanden habe, der sie mit Mara zusammenbrachte, so wie J in Ex 17 Massa mit Meriba kombinierte. Smend (146,1) und Rudolf Kittel (310) gehen sogar noch weiter, denn sie sehen in Vers b die Namenserklärung (Ätiologie) von Meriba und in Vers 25 die Namenserklärung zu Massa. Also hätten auch hier Massa und Meriba beisammen gestanden. Auch Eißfeldt (Hexateuch, 45) findet in dem Abschnitt den Doppelnamen Mara-Massa für dieselbe Lokalität: Mara sei für L der Name, der schon vor der Ankunft der Israeliten üblich war, nur Massa gehe auf das von Israel hier erlebte zurück (ähnlich hätte dann J in Ex 17 Massa und Meriba aus seiner Geschichte abgeleitet, zumal die Verbindung durch Dt 33,8 besonders gestützt wurde).
Mara:
Auerbach (116) leitet den Namen von „jarah“ = „das Los werfen“ ab. Mara hieß also ursprünglich „Orakelquell“ (das „wiwrahu“ in Vers 25 a ist vielleicht eine Anspielung darauf, Auerbach, 80). Erst später (Auerbach, 80) leitete die Volksetymologie den Namen von „mar“ ab und bildete ein substantiviertes Femininum zu dem Adjektiv;. Vielleicht verband man den Namen auch gleich mit der Wurzel „marah“ = „widerspenstig sein“, also mit dem Motiv vom Murren des Volkes (statt „wilnuh“ in Ex 15, 24 könnte dann vielleicht „wimeruh“ gestanden haben).
Massa und Meriba (Ex 17):
Der Parallelismus in Vers 7 (vgl. Ps 95, 8-9) von Massa und Meriba mit „rieb“ und „nasah“ könnte zwar dazu verführen, Meriba und „nasah“ gleichzusetzen, aber nach der
Wortherkunft (Etymologie) gehören „rieb“ und Meriba zusammen uns „nasah“ mit Massa (vgl. Num 20, 13) (Smend, 146,1).
Massa:
Simpson (187) und Rudolf Kittel (310) weisen darauf hin, daß Massa mit Meriba zusammengestellt ist (Ex 17,7; Dt 33,8; Ps 95,8). Rudolf Kittel meint, Massa sei eine Station auf dem Wege nach Meriba (= Kadesch; vgl. Meribat-Kadesch in Dt 33,2; Num 20,13). Doch Baentsch (157f) verweist darauf, daß es für die genaue Lage von Massa keinen Anhaltspunkt gibt. Meyer (55) meint: „Massa....mag eine benachbarte Lokalität gewesen sein, wo etwa der Zeugenbeweis geführt wurde oder vielleicht der Prozeßführende durch ein Gottesurteil sein Recht zu erweisen hatte“. Der ursprüngliche Name der Quelle wäre also gewesen: „Quelle der Prüfung“ (Auerbach, 116).
Nun kommt aber Massa (ohne Meriba) sonst nur noch vor in Dt 6, 16 und Dt 9, 22. Es scheint sich hier also um eine typisch deuteronomistische Tradition zu handeln. „Massa“ ist vielleicht der deuteronomistische Name für das Heiligtum. Als solcher ist er dann vom Deuteronomisten auch nach Ex 17 eingetragen worden, nachdem schon vorher durch verschiedene Andeutungen darauf angespielt worden war (Ex 15, b; 16,4b; vgl. Noth, Mose, 111). Der Deuteronomist hätte dann eine solche Tradition neu gebildet.
Da in Ex 17, 2-7 das Stichwort „anklagen“ („rieb“) im Vordergrund steht, lief die Geschichte gewiß ursprünglich auf den Namen „Meriba“ hinaus (Noth, Mose, 111). Nur weil sich im poetischen Parallelismus (Dt 33,8; Ps 95,8) die Zusammenstellung von Massa und Meriba findet (ohne daß beide Lokalitäten miteinander identifiziert werden!), hat eine spätere Hand der Meribageschichte den Namen „Massa“ hinzugefügt und durch das Stichwort „Versuchen“ („nasah“) darauf angespielt(Verse 2.7).
Der Name paßte auch zu dieser Geschichte, denn er redet von einer „Versuchung“, die mit dem Hadern des Volkes verbunden war. Hier zeigt sich das typisch deuteromistische Verständnis des Motivs vom Murren des Volkes: Es bedeutete eine Versuchung für die Führer des Volkes! Ex 17 berichtet also nicht von einer wunderbaren Wasserspende auch in Massa (gegen Baentsch, 157), es gibt auch keinen Doppelnamen für die Quelle von Kadesch (gegen Auerbach, 87). Von daher gerät auch Ex 15,25 b in den Verdacht, eine Einfügung zu sein.
Meriba:
Der Name des großen Quells von Kadesch („Haderwasser, besser: „Me Meribat“) wird in Wahrheit ursprünglich „Prozeßwasser“ meinen, d.h. die heilige Quelle, an der Gericht gehalten wurde (Meyer, 55; Gall, 32). Dazu paßt auch Gen 14,7 die Bezeichnung „Gerichtsquelle!“ (Rudolf Kittel,371). Auerbach schildert den Vorgang so (88.116): An dieser Quelle trugen die umliegenden Stämme ihre Rechtshändel aus, die streitenden Parteien brachten ihre Sache vor die Gottheit und ließen sie entscheiden von den Inhabern der Quelle, in schwierigen Fällen durch ein Orakel. Die Sage vom Ursprung des Namens aber erklärt: Mose hat diese Quelle „Anklageort“ genannt, weil er hier von Israel „angeklagt“ worden war (16). Damit wird also das Motiv vom Murren des Volkes aus anderen Geschichten hier eingetragen (Noth, Pentateuch, 134ff), denn „rieb“ ist nicht der geeignete Ausdruck für die Mißstimmung des Volkes (Noth, Pentateuch 135, A). Wie Mekka hatte Kadesch eine vorisraelitische Funktion, die von der biblischen Tradition nach Kräften verwischt wurde. Sämtliche Quellnamen wurden neu gedeutet (17), denn „nicht irgendein alter Quellgeist hat sie der Wüste geschenkt, sondern allein Jahwe“ (Gall, 32). Deshalb werden die Funktionen der Quelle an Ereignisse der Mosezeit gebunden.
Exegese von Dt 33:
„Zu Levi sprach er: (Gib) Deine Tummim und Urim dem Mann deiner Huld, den du versucht hast bei Massa, mit dem du strittest an den Wassern von Meriba, der zu seinem Vater und zu seiner Mutter spricht: Ich kenne ihn nicht! Der seine Brüder nicht ansah und seine Söhne nicht kannte; denn sie bewahrten deine Worte und wachten über deinen Bund. Sie sollen Jakob deine Rechtssatzungen lehren und Israel deine Weisungen sie sollen Rauchopfer vor deine Nase legen und Ganzopfer auf deinen Altar. Segne, Jahwe, seine Kraft und laß dir das Tun seiner Hände gefallen! Zerschmettere seinen Gegnern die Hüften und seinen Widersachern, daß sie nicht mehr aufstehe!“ (Dt 33,8-11)
Außer den großen Pentateuchquellen besitzen wir nach Meyer (51) noch eine alte Überlieferung über Mose, die uns im „Mosesegen“ Deuteronomium 33 erhalten ist. Dieser gehört jedoch nicht ursprünglich zum Buche Deuteronomium (Noth, Geschichte, 55),sondern ist ein späterer Anhang, der in seiner Funktion innerhalb des Deuteronomiums nicht mehr erklärt werden kann(vgl. H.J.Kitte1, 127). Es läßt sich auch nicht mehr feststellen, in welchem Stadium des literarischen Entstehungsprozesses das Kapitel 33 in den Pentateuch aufgenommen wurde. Jedenfalls gehört es nicht zu E, es ist ein Sonderstück (vgl. Noth, Pentateuch,18,54; ÜStud, 214,1).
Auch die einzelnen Sprüche sind nichtquellenhafte Einzelstücke (Eißfeldt, Einleitung, 273) von verschiedenem Inhalt. Sie sind nicht gleich zu beurteilen, haben mehrere Anliegen Kittel, 88) und auch verschiedene Verfasser (Kittel, 3). Sie sind noch vor den großen
Pentateuchquellen zusammengestellt worden, ihre Abfassungszeit ist also unsicher (Kittel, 3). Man muß sie aus dem Rahmen herauslösen und als Einzelsprüche behandeln. Sie sind auch dann noch sinnvoll, während ihre Zusammenstellung in dem Lied es nicht unbedingt ist. Allerdings kann man auch keine vollständigen Stammessprüche rekonstruieren durch Verbesserung (Emendierung) oder Streichung (Eliminierung)(Kittel, 85).
Einige der Sprüche sind bis in den Wortlaut hinein von der Einleitung in Vers 1 her geprägt. Jeder Spruch wird mit einer Einleitungs-Formel eingeführt, die ab Vers 8 schematisch lautet: „und für den.... sagte er“. Auch die ursprünglich anonymen Stücke (Levi und Benjamin) werden durch sekundär angefügte Überschriften (18) einer Person bzw. Einem Stamm zugewiesen. Diese Adresse aber ist die formale Gemeinsamkeit der Sprüche und ermöglicht erst deren Zusammenstellung zu „Stammessprüchen“ (obwohl diese Gattungsbezeichnung ja auf die deuteronomistisch überarbeiteten Sprüche eigentlich nicht zutrifft (19).
Die sachliche Gemeinsamkeit der Sprüche besteht darin, daß es sich um israelitische (!) Stammessprüche handelt, auch wenn die „israelitische Adresse“ wie beim Levispruch erst bei der Redaktion hinzugefügt wurde (Kitte1, 107).
Allerdings entstanden auch Unausgeglichenheiten, weil man zwar eine Reihe von Sprüchen zu einer prophetischen Moserede umgestaltete, aber dann aus Respekt vor den Traditionsstoffen widersprechendverfuhr. Anlaß zur Einfügung der ganzen Sammlung bot der Tod des Mose. Der Redaktion galten nun die Sprüche als Rede aus berufenem Munde (wie der Jakobssegen, wie II. Sam 23, 1-7, wie die Testamente XII) und wurden als echte Aussagen über die Zukunft der israelitischen Stämme gewertet (Kitte1, 117).
Für den Deuteronomisten ist der Mosesegen die Klammer zwischen dem Deuteronomium und dem Buch Josua, denn irgendwann müssen die zwölf Stämme, von denen das Buch Josua redet, ja einmal eingeführt werden: „Dt 33 ermöglicht die Erzählung, daß das Land Kanaan auf zwölf Stämme verteilt wurde, obwohl doch Israel am Horeb schon ein einziges Volk (nicht: Kultgemeinde!) gewesen war (Kitte1,131.135)(20). Das Israel am Gottesberg unter Mose ist das „ideale“ Israel, nach dem der Deuteronomist die künftige Geschichte beurteilt. Negatives darf über dieses Israel nicht gesagt werden; deshalb muß der Mosesegen auch gegenüber Gen 49 eine positive Tendenz haben (Formulierung als Segen bzw. als Gebet!)(Kitte1,132).
Dies gilt allerdings nur für das Kapitel als Ganzes, in Vers 8 kann durchaus noch eine alte Tradition durchschimmern, die vom Deuteronomisten aber positiv ausgelegt wurde. Dieser Vers muß auch nicht - wie wahrscheinlich das Deuteronomiumbuch - nordisraelitischer Herkunft sein: Er verteidigt das Priesterrecht der Nachkommen des Mose (vgl. Smend, 270), und Mose war vielleicht eine judäische Figur; falls der Spruch erst doch nach der Reichstrennung entstanden sein sollte, müßte der Verfasser ein Levit aus Jerusalem sein (vgl. I. Kön 12,31; II. Chr 11,13ff). Hölscher (334) lehnt es sogar für das ganze Kapitel ab, daß es ein ephraemitisches Gegenstück zu den judäischen Jakobssegen von Gen 49 sei.
Jedenfalls ist das Kapitel deuteronomistisch überarbeitet: Einmal theologisch:
(1) Die Sprüche sind auf die „Religion“ bezogen (Kitte1, 103), der Jahwename ist ausdrücklich erwähnt.
(2) Das Tun des Rechtes Jahwes und das Halten der Torah (Vers 10) ist ein Anliegen des Deuteronomiums.
(3) Eine für einen Stamm charakteristische Aussage erfolgt in der Form des Anrufens Jahwes im Gebet (vgl. Ri 21,3)
(4) Die Zusammenstellung von „Segen“ und „Wohlgefallen“ (V.11) - beide Male verbunden mit einem menschlichen Tun - setzt das deuteronomistische Segensverständnis voraus: Der Segen wird an eine Voraussetzung gebunden (Dt 28,1-2): Halten der Gebote Gottes! Dieser Spruch verdankt also seine Entstehung dem Wunsch, der deuteronomistischen Theologie zur Sprache zu verhelfen in Form eines Stammesspruches (Kittel, 104).
Aber auch formal gesehen ist die Sprache deuteronomistisch (Kittel, 88.51). Da der Deuteronomist nicht für alle Stämme noch Quellen aus der Zeit der mündlichen Überlieferung vorliegen hatte (gegen Eißfeldt, Einleitung, 272), mußte er einige Sprüche selbst bilden, um auf die Zwölfheit „Israel“ überleiten zu können (Kittel,132)(21).
In diesem Gebet des Mose wird Jahwe (!) angeredet: Suffixe der 2. Person Singular! (Baentsch, 140, Dillmann, 422; Smend,270; König, 223; Kitte1, 51). „Chasid“ meint hier Mose als Ahnherrn der Leviten (Auerbach, 81; König ,223; Greßmann,176; gegen Noth, Pentateuch, 175, 454). Steuernagel (125) meint allerdings, diese Bezeichnung sei eine „zu wenig leicht verständliche“, er will übersetzen:“...sie gehören Männern, dir Ergebene“, also „chasid“ als Apposition zu „isch“. Aber dann müßte noch ein „l“ davor stehen (König, 223)(23).
Gegen Steuernagel muß Vers 9 nicht auf Mose, sondern auf die Nachkommen des Mose bezogen werden: „isch“ ist kollektiv zu verstehen. In den Versen 9b - 10 kann deshalb ohne weiteres in den Plural übergegangen werden (vgl. Jos 9,6; I. Sam 11,9; II. Sam 19,44; Jes 5,7 und den Sprachgebrauch von „bne“, so Bertholet, 106; Meyer, 54; König, 223; Wellhausen, 136) (24).
Das „chasid“ meint also ein „charakterisierendes Appellativum“ (Meyer, 54), die „Mannen deiner Huld“ sind die Leviten, denn Mose wird hier als Ahnherr der Leviten gesehen. Man könnte also umschreiben: „...den Mannen deiner Huld, den Mannen des Mose aus dem Stamme Levi, den Leviten“. So hat es auch der Redaktor verstanden, der dem Vers die Überschrift gab: „Für Levi sagte er“ (König, 223: „in Bezug auf Levi sagte er“. Mit dem „chasid“ ist also nicht (!) Jahwe gemeint (mit Bertholet, 106). Aber auch die
Konjektur von Ball „chasadicha“ (= Hulderweisungen) ist nicht nötig (gegen Bertholet, 106).
Ball will auch hinter der Überschrift einfügen „tech lelevi“. Dadurch entstehen zwar „vier wohlgebaute Stiche“ "(Bertholet), aber der Satz ist als eine Art Nominalsatz auch ohne diese Ergänzung verständlich. Der Septuaginta-Zusatz „dote Levei“ scheint eine sekundäre Verdeutlichung zu sein, er ist spätere sinngemäße Auslegung des „chasidcha“, das ursprünglich Mose meinte, jetzt aber kollektiv auf seine „Nachkommen“ gedeutet wird.
Vielleicht hat der Deuteronomist allerdings schon diese Stelle verstanden als „für den du strittest“(vgl. Jes 1,27; 51,22)(so auch Baentsch,140; Smend, 146,1), indem er meinte, Jahwe habe dem Mose aus der Klemme geholfen (so Steuernage1,125; dagegen Bertholet,106), als er seine Autorität gegenüber der murrenden Volksmenge rettete (vgl. Num 20,1-13; Dt 6,19; 8,2;9,22; 32,51; Ps 81,8).
Dazu würde auch das „chasidcha“ passen (Dillmann ,422), das dann auf das konkrete Ereignis Ex 32,26 Bezug nähme (Dillmann,423: das „bundestreue und gehorsame Eintreten der Leviten für die Sache Gottes“;so auch Eißfeldt, Einleitung, 273, der aber eine literarische Abhängigkeit ablehnt). Der Vers 9 denkt also auf jeden Fall nicht an die Unparteilichkeit der Rechtspflege (gegen Driver, 401), auch nicht daran, daß die Priester sich von ihrer Familie losreißen müssen, sondern höchstens an die Niedermetzelung der eigenen Stammesgenossen bei dem Ereignis von Ex 32; der Rest der Getreuen wäre dann zu Priestern gemacht worden (so auch König,223; Steuernagel4 125)(25).
Aus diesem Levispruch haben verschiedene Forscher einen alten Mythos (26) zu rekonstruieren versucht. Die Erwähnung von Massa und Meriba bezieht sich nämlich angeblich auf keine der Deutungen der beiden Namen in Ex 17 und Num 20. Es gab (nach Meyer, 56; (Steuernagel 125; Driver, 400) noch eine „deutlich altere Version, nach der Jahwe den Mose versucht hat und mit ihm gestritten hat“ (Meyer, 56)(27). Dabei muß es sich nach Simpson (436) um eine vorjahwistische Tradition handeln, weil sich ein Vulkangott nicht von einem Menschen besiegen läßt.
Parallelen dazu wären der Kampf zwischen Jakob und Jahwe in Gen 32 (Vers 26a J ; V.26 b E dreht den Vorgang um; vgl. Hos 12,4) und der Kampf des Mose (bzw. der Zippora) mit Jahwe in Ex 4, 24-26. Meyer(58) meint, dieser Mythos stehe auch hinter Dt 33, 8. Er vermutet sogar, Mose habe dabei auch den Namen Jahwes erfahren, die freiwillige Offenbarung der Gottheit in Ex 3 sei nur eine jüngere Umgestaltung des ursprünglichen Mythos. Der eigentliche Kampfpreis seien die Urim und Tummim gewesen (Meyer, 56; Greßmann, 176; Simpson, 436; Auerbach, 82; Bertholet, 106 ; zu den Orakelgeräten vergleiche Auerbach 146ff und Kautzch in „Realencyclopädie für protestantische Theologie und Kirche III., 20. Band, Leipzig 1908, Seite 330ff). Mose habe Jahwe die Geheimnisse der Orakellehre abgewonnen, durch die Jahwe fortan seinen Willen kundgibt.
Da Meyer (60), aus Dt 33,4 auch eine Gesetzgebung durch Mose herausliest, ist es nicht mehr schwer, Dt 33 und Ex 15,25 b gleichzusetzen. Auerbach (82) spricht es dann zu Dt 33,8 ganz deutlich aus: „Hier weht dieselbe Luft wie in dem Vers 15,25 Es ist die Prüfung eines Wettkampfes mit der Gottheit, bei der die Klugheit und Gewandtheit Mosches sich bewährt hat. Dieser Vers ist der Rest einer typischen Mosche-Erzählung, in der nur er die Hauptrolle spielt. Die Quellsage ist zeitlos, die Mosesage aber gibt uns den Nachhall geschichtlicher Ereignisse um Mosche“, der Gesetzgebung von Kadesch und der Einführung des Orakels. Erst einer späteren Zeit erschien das als Frevel und sie formte die Tradition um (wie in Hos 12,3ff; auch Gen 32,25ff ist schon abgeschwächt). Aber im Mosesegen ist dieser Streit des Mose sein höchster Ruhmestitel, denn hier hat er sich Jahwes Vertrauen dauernd gewonnen (Meyer,56) (vgl. auch Gunneweg: Aaron, Levi und die Israeliten, Marburg 1962)
Dabei stammt der Levispruch im Mosesegen ganz einfach vom Deuteronomisten, der nicht mehr für alle Stämme noch Quellen aus der Zeit der mündlichen Überlieferung vorliegen hatte. Der weltliche Stamm Levi war längst verschollen, man kannte nur noch seinen Namen, weil dieser in dem Namen des Priesterstammes fortlebte. Dem Deuteronomisten lag wohl ein Zwölfstämmeschema vor, aber für Levi besaß er keine besondere Tradition. Er wollte aber gern etwas über Levi schreiben, vielleicht war er selbst Levit oder stand den Leviten zumindest nahe. Es bestanden ja wohl Beziehungen zwischen den Leviten und den deuteronomischen Kreisen. Das Deuteronomium zeigt ein reges Interesse an den Leviten (vgl. Wolff, ThLZ 81, Spalte 94; Kittel, 88), nach Fohrer (336) waren die Leviten an der Abfassung des Deuteronomium maßgeblich beteiligt, wenn sie auch nachher die Auswirkungen des Deuteronomium unliebsam verspüren mußten. Der Levispruch meint also nicht den weltlichen Stamm Levi, sondern hat schon den Priesterstamm im Auge. Insofern ist Dt 33,8-11 in der Tat „unsere wichtigste Quelle für das vorexilische Priestertum“ (Rad, Theo1ogie, 22).
Dagegen wendet allerdings Kittel (Seite 50) ein:
(1) Urim und Tummim sind nicht als Abzeichen der Leviten aus dem Alten Testament zu belegen.
(2) Bund, Gesetz und Recht gelten dem ganzen Volk, nicht nur den Leviten.
(3) Das Opfer war in alter Zeit Sache des Hausvaters und wurde erst durch die josianische Reform ein Privileg eines besonderen Priesterstandes am zentralen Kultort.
Kittel urteilt also: „...nicht ein einziger Satz des Spruches Dt 33,8-11 (verlangt) notwendig als Adressaten ein levitisches Priestertum!“ Die Aussagen bleiben doch ziemlich allgemein, andeutungsweise und zusammengewürfelt. Es handelt sich also nicht um einen echten Stammesspruch mit echtem historischem Material, sondern hier werden nur die deuteronomistischen Vorstellungen von den Leviten beschrieben (Kitte1,51), sicherlich mit der Absicht, die Stellung der Leviten zu rechtfertigen. So wurde also analog den Stammessprüchen ein Spruch über Levi gebildet.
Die einzelnen Bausteine dafür lassen sich noch deutlich erkennen:
Vers 8 a: Die Überschrift ist natürlich erst analog zu dem Spruch gebildet worden. Falls sie aber aus einem alten Stämmesystem stammen sollte, ist sie vielleicht das einzig ursprüngliche.
Vers 8a
Aus der zeitgenössischen Anschauung wußte man, daß die Leviten die Orakelwerkzeuge handhabten, und man wußte auch noch, daß sie irgendwann einmal damit betraut worden waren.
Vers
Von Auseinandersetzungen zwischen Jahwe und Mose ist in der Tradition verschiedentlich die Rede (Ex 3,11; 4,1 ;6,12; 4,24ff; 33,18; Num 20,11ff; Dt 8,2.16), allerdings in sehr unterschiedlichen Situationen und in ganz unterschiedlicher Schärfe. Das
Motiv aber lag jedenfalls vor, man kann es hier durchaus im Hintergrund sehen. Aber das ist keine eigenständige Tradition, die von einem hochmythologischen Kampf erzählt.
Es ist überhaupt fraglich, ob es sich hier um eine Auseinandersetzung handelt. Liest man diese Stelle ohne Vers 8 b, so spricht sie nur eine Bitte an Jahwe aus und ist keine Aufforderung. Man kann wohl auch den Sinn von Vers 8 b nicht nach Vers 8 a eintragen, er ist eher ein ganz unbetonter Nachsatz, der nur auf zwei Ereignisse aus dem Leben des Mose Bezug nimmt und die Auseinandersetzung gar nicht besonders hervorheben will.
Vers 8 bMassa ist eine typisch deuteronomistische Tradition, die in Ex 17,7 (die einzige Pentateuchstelle außerhalb des Deuteronomium) erst sekundär eingetragen ist. Mit Levi hat das nichts zu tun, denn der Stamm Levi ist in Massa( und Meriba) nicht hervorgetreten, nur seine Repräsentanten Mose und Aaron hatten eine Funktion (gegen Steuernagel, 125), aber sie wurden nicht „versucht“ (so Driver, 399)
Vers 8 b
eriba fand der Deuteronomist in der „echten“ Kadeschtradition von Ex 17 (= Num 20), aber auch dort ist nicht von einer Versuchung die Rede. Wahrscheinlich hat der Deuteronomist diese Traditionen mißverstanden (falls er nicht überhaupt las: „F ü r den du strittest“), indem er in den Vorwürfen gegen Mose eine Erprobung des Volksführers durch Jahwe sah.
Das ist umso wahrscheinlicher, wenn der Deuteronomist das mythische Motiv von dem Kampf mit der Gottheit kannte und in Vers 8 a darauf anspielte. Es ist aber wahrscheinlicher, daß er nicht eine ältere, anstößige Tradition überdecken wollte, sondern daß er sie erst hier eingetragen hat.
Dennoch scheint Vers 8 (ohne die Überschrift) der Kern des Spruches zu sein, er ist rhythmisch gestaltet und hat sogar Binnen- und Endreime. Vielleicht war er schon verbunden mit der späteren Glosse Vers 9 a , die den Bezug zu der ebenfalls levitischen Tradition von
Ex 32 herstellen will; der dortige „Levitenpassus“ ist nämlich (nach Noth, Mose, 201) sekundäre Einfügung.
Vers 9 b - 10 :
Hier wird der bisher vorliegende Spruch von der Gegenwart des Verfassers her erläutert. Daß es sich im Vergleich zu den anderen Stammessprüchen um spätes Material handelt, zeigt die Rede von dem Bund mit Levi, die erst Mal 2,4-9 wieder auftaucht.
Vers 11:
Das ist vielleicht ein späterer Zusatz eines levitischen Abschreibers, der seine gegenwärtigen Feinde verflucht. Da damit aber nicht die Zadokiden gemeint sein können, weil es um Feinde geht, die sich von u n t e n gegen die Leviten auflehnen, da sich andererseits die Leviten auch bald durchgesetzt haben, muß man annehmen, daß der Vers 11 bald nach den anderen angefügt wurde, falls er nicht schon immer zu ihnen gehört hat. Auch wenn man in den Versen 8 - 10 verschiedene Hände am Werk sehen will, wird man doch annehmen
müssen, daß die einzelnen Teile bald nacheinander zusammengestellt wurden.
Sonstige ältere Traditionen, die hier verwendet sein könnten, braucht man wohl nicht zu suchen. Daß in diesem Spruch mit stark religiöser Färbung der Auszug aus Ägypten nicht erwähnt wird, ist nicht so erstaunlich, wie Meyer (62) meint. Die Sinai-Theophanie-Tradition ist ja auch nicht erwähnt, und schließlich ist der Blick hier ja auch nach vorne gerichtet auf die Landverteilung. Erstaunlicher ist schon, daß nicht auf Gen 49 angespielt wird, obwohl der Mosesegen (doch an sich) vom Jakobsegen abhängig ist. Dort ist Levi noch mit Simeon zusammengestellt und wird für einen weltlichen Stamm gehalten wie die anderen auch (vgl. Gen 34).
Die Verhältnisse von Dt 33 sind deutlich jünger: Simeon ist zwar noch als Stamm aufgeführt, Levi aber ist schon Priesterstamm. Der religiöse Einschlag ist stärker, man erstrebt ein friedliches Ideal in Ruhe und Sicherheit (Rost,96).Eißfeldt (Einleitung, 274) vermutet sogar, daß die verschiedene Wertung der Zersprengung des weltlichen Stammes aus zwei verschiedenen sozialen
Schichten stammt.
Wertung von Ex 15,25 b:
Schon bei der Untersuchung von Dt 33, 8 hatte sich gezeigt, daß wahrscheinlich nicht auf einen alten Mythos angespielt ist. Die Erwähnung von Massa und Meriba in diesem Zusammenhang spiegelt nur das deuteronomistische Verständnis der Tradition vom „Haderwasser“.
Man muß allerdings nun nicht einfach annehmen, der Vers Ex 15, 25 b sei nur vom Deuteronomisten eingeführt worden, um einen Bezugspunkt für Dt 33,8 zu haben. Vielmehr handelt es sich bei Massa um ein häufiges deuteronomistisches Motiv, das sich auch (direkt oder in Anspielungen) in Ex 16, 4b17,2.7; Dt 6,16; 8,2.16 findet.
Im Pentateuch kommt „nasah“ sonst nur noch vor in Gen 22, 1 E und in Num 14, 22 (Zusatz zu J) und in Dt 4, 34 und 13, 14 . Dabei ist charakteristischerweise von einer Versuchung des Volkes durch Jahwe die Rede in Ex 15,25 b; 16,4b; Dt 4,34; 8,2.16; 13,4 (Allerdings auch in Ex 20, 20 E). Mit Massa ist „nasah“ ausdrücklich verbunden in Ex 17 und Dt 6,16.
Auch die weitere Sprachstatistik zeigt das gleiche Ergebnis: Die Redewendungen kommen in der Mehrheit im Deuteronomium oder in späten Stellen vor:
„schem“: am Anfang des Satzes erst bei den Propheten
„schem wa schem“: Dt 12,14; I. Sam 7,17; Jes 27,10; Jer 42,16 usw.
„sam le“: nur in Dt 22,14, häufig in deuteronomistischer Literatur
„chok we mischpat: Dt 4,1.5.8.14.45; Jos 24,25; I. Sam 30,25; II. Ch 19,10
„chok we mitzwah“: Dt 6,1; I. Kön 3,14; 8,58; Jer 32,11; Esr 7,11.
Dieses Material ist so erdrückend, daß man rein von der Sprache her den Vers Ex 15, 25 b für einen deuteronomistischen Zusatz halten muß. Der Deuteronomist hat ein großes Interesse am Gesetz, deshalb hat er hier schon (viel zu früh) davon berichtet, ähnlich wie in Ex 16, 4 b19,3b - 9. Auch sonst findet sich noch eine Reihe von dtr Zusätzen im Buch Exodus, die vorzugsweise an J-Elemente angeschlossen sind und vom Gesetz handeln (nach Noth, Pentateuch 32.106; gegen Kittel,126): Ex 12, 24-27; 13,1-16; Ex 16,4 b28; Ex 17,2.7 (Massa); Ex 19,3b - 9; Ex 32,7-14. Von einem Mythos, der vielleicht (?) noch hinter Dt 33, 8 stehen könnte, ist in Ex 15 vollends nichts mehr zu verspüren. Dort versucht Jahwe das Volk, Mose ist in dem fraglichen Vers überhaupt nicht erwähnt. Dieser Vers ist völlig überinterpretiert, wenn man vermutet, hier habe ursprünglich ein Mythos gestanden wie in Gen 32 oder Ex 4. In jenem Mythos handelt ein furchterregendes göttliches Wesen (Numen) aus der Wüste, der El von Kadesch jedoch war die lebenspendende Gottheit einer Oase und hat mit dem urtümlichen Wüstengeist nichts zu tun: Ex 15,25 b ist nicht Überrest einer alten Tradition, der dem „dummen“ Redaktor entgangen ist, sondern ein späterer deuteronomistischer Zusatz!
Welche Traditionen haften an Kadesch?
In der Erzählung von dem Wüstenzuge hat es sich ursprünglich um Einzelsagen gehandelt, die sich um drei Brennpunkte bewegen: Rettung am Meer, Kadesch, Sinai. Durch einzelne Wandersagen wurden sie lose miteinander verknüpft und künstlich zu einem Geschichtsbilde verbunden (Sellin, 59). Ergänzendes Material, das Auskunft gab über die Erlebnisse in der Wüste und über die Art der Ernährung der Israeliten, fanden die Gestalter des Themas „Auszug“ in den Berichten von Naturereignissen, die noch in ihrer Zeit umliefen, und in überlieferten oder eigenen Namenserklärungen (Ätiologien) für bekannte (meist eigenartige) Orte in der Wüste (vgl.Baentsch,140). Mit Hilfe eines (echten oder konstruierten) Wegeverzeichnisses (Itinerars) reihte man nun die Traditionen auf und konnte so den ganzen Weg durch die Wüste beschreiben.
Für unsere Fragestellung geht es nun um eine Prüfung dieser Namenserklärungen (Ätiologien), ob sie als in Kadesch lokalisiert gedacht werden oder ob sie auch irgendwo in der Wüste spielen können (Auerbach will von den 17 Erzählungen über Mose immerhin 13 nach Kadesch setzen! vgl. Seite 76.240). Sollte sich herausstellen, daß es sich hier vorwiegend um Kadeschtraditionen handelt, wäre zumindest wahrscheinlich, daß die Oase von Kadesch einmal eine wichtige Rolle auf dem Wüstenzug gespielt hat. Eißfeldts (Einleitung, 45) literarisches Urteil über Ex 15,22 - 17,7, es handele sich hier um Legenden, da nur Gott als der eigentlich Handelnde erscheint, sagt dabei noch nichts über den historischen Hintergrund, sondern nur über die literarische Gestaltung.
Der Dornbusch Ex 3 :
Meyer (62.67) und Auerbach (168) verlegen die Erzählung vom Dornbusch nahe Kadesch, er soll als Wohnstätte der Gottheit von Kadesch gegolten haben. Er habe auch eine Beziehung zum Sinai, das zeige die Bezeichnung des Dornbuschs als „sinah“ und die Namenserklärung (Etymologie) Sinai = „Berg des Dornbuschs“ (dagegen Noth, Pentateuch, 151. 390). Meyers Deutung ist zwar immer noch sinnvoller als die Ableitung von dem Mondgott Sin (Rudolf Kittel, 311.2), aber sie sagt auch nichts mehr, als daß der Gottesberg irgendwo in der Gegend des Gebiets der Midianiter lag, aber wo diese damals weideten, ist uns nicht bekannt (Noth, Mose, 20).
Ebensowenig wie das mythische Ereignis von Ex 4,24 - 26 ist die Wolkensäule in Kadesch zu lokalisieren. Sie ist wohl kaum aus einer Erdgasflame am Dornbusch abzuleiten (gegen Meyer, 62f), sondern eher Verkörperung des Motivs der Vulkanwolke vom Sinai. Sie taucht nicht nur in Kadesch auf( (Ex 14,20; 16,10; 19,16; 24,15-18; 34,5 u.ö.), sondern auch im Raum des Sinai. Daß sie seit dem Aufbruch von Kadesch nicht mehr erwähnt wird, liegt daran, daß das Angesicht Jahwes bzw. die Bundes-Lade (Ex 33, 14;Num 10, 33) der Wegweiser ist.
Die Quelle Mara Ex 15,22 - 25a:
Diese Quelle ist sicherlich in der Wüste (Schur oder Sinai) gedacht, drei Tage von Ägypten entfernt und von Meriba unterschieden( Eißfeldt, Hexateuch, 45). Kadesch liegt etwa 6 - 7 Tagereisen (= 170 Kilometer) von der Ostgrenze Ägyptens entfernt, ist aber auch dann wohl kaum gemeint (gegen Meyer,64; gegen Auerbach,79), wenn die Zeitangabe von Ex 5,3nur eine runde Zahl angeben will, die dem Pharao gegenüber untertreibt. Es handelt sich zudem nur um eine sehr unbestimmte Zeitangabe, die Vorstellung von den Entfernungen war ziemlich unklar (gegen Simpson, 186.87,nicht nur für seine Quelle J 1, sondern auch für J 2).
Aber Simpson (186 ff) baut auf diese Zeitangabe seine Theorie auf, am Ziel dieser Reise - ursprünglich Meriba (Ex 15,25b J 1) habe man das Passah gefeiert. Da aber J 2 die Meribageschichte in Ex 17 berichtete, ersetzte er die J 1-Fassung in Ex 15 durch die Mara- Episode. Nur Ex 15,25 b habe J 2 aus der J 1-Fassung stehen gelassen. Schließlich habe J 3 den Passahbericht in Ex 15 auch noch gestrichen und nach Ägypten verlegt, weil es dort unter dem Druck der Ereignisse vorweggenommen werden mußte. Deshalb versuche J 3 auch ,in Ex 15, 22a die Drei-Tage-Reise von der Reise zu trennen, um die Mose in Ex 5,3 um Erlaubnis gebeten hatte.
Simpson sieht in Ex 15, 25b noch die Überreste eines Berichtes von der Passahfeier, die in Kadesch einen neuen Sinn erhielt, weil nun der förmliche Befehl erteilt wird (das wird wohl aus „chok mischpat“ herausgelesen!), jedes Jahr das Passah zu begehen als göttlich festgesetzte Erinnerung an die Befreiung von Unterdrückung (437-439): „The great result of the exodus was thus a new knowledge of the power, characterand purpose of Jahwe“ (439). Hier wird das Passah also rein als Fest von Kadesch verstanden. Doch in Wirklichkeit handelt es sich ja um einen Ritus, der beim Aufbruch in die gefährliche Wüste vorgenommen wurde, um menschliche und tierische Erstgeburt zu schützen; als solcher wurde er wohl auch in Kadesch begangen, aber ebenso an jedem anderen Ort in der Wüste, von dem die Nomaden im Frühjahr aufbrechen wollten.
Wenn man also aus Ägypten aufbrach, führte man den Passahritus in Ägypten aus und mußte nicht erst mehrere Tage durch die Wüste nach Kadesch ziehen; falls man dort wirklich ein Fest feiern wollte (Ex 5,1; gegen Volz, 60), wird es ein anderes Fest gewesen sein. Simpsons Theorie läßt sich also nicht weiter halten.
Die Mannaspeisung Ex 16,1-36:
Dieses „Wunder“ hat zwei rationalistische Erklärungen gefunden, aber die von Noth (Mose,105; Pentateuch, 131), es handle sich bei dem „Manna“ um den Saft Manna-Tamariske, ist doch einleuchtender als die von Auerbach (94), es sei nur eine märchenhafte Einkleidung der Tatsache, daß man die Oase Kadesch erreichte und dort Brot und Fleisch (= Brotgetreide und Vögel) fand. Auerbachs Erklärung ist aber unnötig, die Manna-Geschichte spielt in der Wüste, denn nur dort ergibt sich das Motiv vom „Murren“ des Volkes, aber doch nicht, wenn es dem Volk gut geht. Es wäre auch höchst zufällig, wenn das Volk Israel gerade in dem Augenblick, in dem sie zu murren angefangen haben, auf eine Oase treffen.
Die Geschichte ist bei P deutlich v o r dem Sinai gedacht, in der Wüste Sin (= Wüste Sinai, vgl. Noth, Mose, 106). Das zeigt vielleicht auch das unbestimmte „"vor Jahwe“(Verse 9.33), das noch kein konkretes Heiligtum zu nennen weiß für die Gottesbegegnung; allerdings handelt es sich hier um eine auch später sehr häufige Redewendung. Für Auerbach könnte zwar die (späte) Notiz in Vers 35 sprechen, daß das Manna während der ganzen Zeit der Wüstenwanderung die Speise Israels blieb; so etwas wäre nur in der Oase möglich. Aber hier handelt es sich wohl um legendäre Übertreibung, und selbst Auerbach meint (96): Das Manna als dauernde Nahrung des Volks für 40 Jahre ist eine groteske Vergröberung des Wunders, die erst einer späteren Erzählungsschicht angehört.
Die Quelle Meriba Ex 17 1-7:
Diese Erzählung kommt noch vor in Num 20 und ist dort in Kadesch lokalisiert wie bei den „jungen Stellen“ (Gall, 30) Num 27,14 (= Dt 32,51); Ez 47,19 (=48,28); Dt 33,2. In Ex 17 ist die Geschichte sekundär an die Straße von Ägypten zum Sinai verlegt, weil man bei der Einfügung der Sinaiperikope die J-Version erhalten wollte. Aber an sich gehört sie nach Kadesch (Hölscher,82; Simpson,186; Baentsch,157).
Die Meriba-Geschichte ist die älteste Fassung aller Quellsagen von Kadesch (Greßmann, 75). Meriba ist eine der Quellen im Gebiet von Kadesch, läßt sich aber nicht genauer lokalisieren (Noth, Mose, 112). Auerbach (82) denkt an die Hauptquelle.
Wir haben hier also einmal ein Stück, das eine echte Kadeschtradition zu sein scheint. Noth (Mose, 112) urteilt: „Alle geschichtliche Wahrscheinlichkeit spricht dafür, daß Israeliten in der Zeit vor der Landnahme im palästinensischen Kulturlande sich in diesem durch mehrere kräftige Quellen ausgezeichneten Gebiet aufgehalten haben.“
Man kann aber die J-Variante in Ex 17 nicht als eine gesonderte Kadeschüberlieferung rechnen, denn es handelt sich um das gleiche Ereignis wie in Num 20. Es ergibt sich somit auch kein Anhaltspunkt dafür, daß die Israeliten vom Schilfmeer zuerst direkt nach der Oase Kadesch zogen. Die Stelle Ri 11,16 gibt nur den Anfangspunkt und den vorläufigen Endpunkt des Zuges an, es soll kein vollständiges Stationenverzeichnis gegeben werden, der Sinai kann also fehlen. Ähnliches gilt von Stellen wie Ex 23,20 und 33,2.12, die auch nur das Endziel angeben und Kadesch deshalb nicht erwähnen (gegen Sellin, 68).
Der Amalekitersieg Ex 17, 8 -14 (16):
Meyer (63f) und Sellin (69) setzen diese Schlacht nach Kadesch. Nach Auerbach (84) sei der Haß gegen Amalek (vgl. I. Sam 15; 27,8; 30) nur verständlich, weil Amalek der Vorbesitzer der Oase war (vgl. Gen 14,7). In der Wüste kommt es nun zwar leicht zu Konflikten um die spärlichen Wasserstellen und Kleinviehweideplätze (Noth, Mose,113), aber es ist längst nicht sicher, daß es dann gerade um die Oase Kadesch gehen muß. Auerbach jedoch nimmt an, hier sei Israel unterlegen und habe die Oase verlassen müssen. Die Benennung „Hand an das Feldzeichen Jahwes“ (Übersetzung nach Noth, Mose,115) sei eine Fluchformel und ein Racheschwur; aber hier handelt es sich eher um eine Aufforderung, sich um das Feldzeichen Jahwes zu scharen.
Das andere Argument Auerbachs (86), die Errichtung eines Altars habe in der Wüste keinen Sinn, sondern nur in einer großen Oase, zu der man wallfahrten kann, wird hinfällig, wenn man bedenkt, daß man ja auch zum Sinaivulkan in die Wüste wallfahrtete; gerade die Wüste ist Ort der Gottesbegegnung.
Dieser Amalekiterkrieg erklärt sich viel besser als die Rückprojektion der schweren Kämpfe mit den Amalekitern in frühköniglicher Zeit (vgl. I. Sam 15;20; Dt 25,17-19). Erst sekundär wurden diese Kämpfe mit dem „Hügel“ und dem auffälligen Stein auf ihm zusammengebracht (vgl. Noth, Pentateuch, 132).
Der Besuch des midianitischen Priesters Ex 18, 1-27:
Diese Begegnung ist ausdrücklich (Vers 5) am „Gottesberg in der Wüste“ lokalisiert, der nicht mit Kadesch gleichzusetzen ist. Diese Notiz ist nicht spätere redaktionelle Zufügung, wie Sellin (66) behauptet, denn Ex 18, 27 meint nicht den Aufbruch von Kadesch zum Gottesberg, sondern vom Gottesberg zu den Wohngebieten der Midianiter. Diese wohnen also in der Gegend des Gottesberges, aber nicht direkt an seinem Fuß.
Die Ordnung des Opferkultes bzw. die Einsetzung der Richter gehört also ursprünglich schon an den Gottesberg und nicht in die Oase Kadesch (gegen Meyer, 66). Zwar ist nicht die Rede von dem Hauptthema der Sinaiüberlieferung, der Theophanie (Rad, Theologie, 181,1; Noth, Pentateuch, 151f), aber die Perikope ist wohl zusammenzuordnen mit dem Bundesmahl von Ex 24 (vgl. Ex 18,12 mit Ex 24,11). Die gleiche Tradition findet sich Dt 1,9ff, in Vers 9 ausdrücklich gleichzeitig mit der Aufforderung zum Aufbruch vom Horeb V.6 (vgl.Vers19)(28)
Der Gottesberg war ein heiliger Berg, wohl das gemeinsame Wallfahrtsziel von Israeliten und Midianitern, aber an sich ein midianitisches Heiligtum, an dem der midianitische Priester die Opfer bringt (Vers 12). Die Verschwägerung mit Mose ist demgegenüber sekundär (Noth, Mose, 118f). An sich geht es um sakrale Fragen bzw. die Ausgliederung der „bürgerlichen“ Rechtsprechung aus dem sakralen Bereich. Die Übertragung an die Heerbann-Unterführer (Noth, Mose, 121) weist auf eine Zeit, in der es einen organisierten israelitischen Heerbann gab, in der die Südstämme aber noch gut nachbarliche Beziehungen zu den Midianitern hatten. Aber diese Ordnung der Rechtsprechung erfolgte also auch nicht in Kadesch.
Zusammenfassung:
Es hat sich gezeigt, daß keine der Erzählungen in Ex 15-18 mit Wahrscheinlichkeit in der Oase Kadesch lokalisiert werden kann (gegen Beyerlin, 166). Die Israeliten sind vom Schilfmeer nicht nach Kadesch gezogen - das sogar Ziel und Ende des Wüstenzuges gewesen wäre (Auerbach, 75, gegen Baentsch, 157; Auerbach, 100), sondern erst zum Gottesberg.
Dieser ist wohl doch mit dem Sinai gleichzusetzen, „wenn es auch auffällig bleibt, daß außerhalb der Sinaitradition von einem „Gottesberg“ ohne Namen gesprochen wird“ (Noth, Mose, 118). Die Deutung Meyers beruht auf einem falschen Verständnis des literarischen Zusammenwachsens der Traditionen: Ex 15 - 18 sind nur Dubletten zu Num 13;14; 16,20 bzw. Ex 24, die aus anderen Erzählungsfäden stammen (hauptsächlich aus P). Bei der gleichzeitigen (!) Zusammenarbeitung der Auszugserzählungen und der Sinaierzählungen konnte man nun beide Traditionen erhalten, indem man die eine Gruppe vor die Sinaiperikope setzte und die andere nachher, durch die umfangreiche Sinaiüberlieferung getrennt. Ohne dieses Zwischenstück wäre wahrscheinlich ein Erzählungsfaden ausgefallen, es muß also dem Sammler der Kadeschüberlieferungen schon vorgelegen haben und gleichzeitig mit diesen zusammengestellt worden sein
[Die Lokalisierung des Gottesberges an der Südspitze der Sinaíhalbinsel am Dschbel Musa ist unwahrscheinlich. Wenn die Israeliten nach Kanaan wollten, weshalb sollten sie dann erst so weit in den Süden gezogen sein? Der Gottesberg war wohl eher am Golf von Akaba in direkter Linie von Ägypten in den Süden Kanaans].
Die Erzählung vom goldenen Kalb Ex 32:
Dieser religiöse Abfall spielt nach der Tradition im Lager am Gottesberg (gegen Simpson, 201-209). Es geht um das Wüstenmotiv vom Murren des Volkes. Die Gestalt des Aaron ist hier sekundär (Noth, Mose, 200), ebenso das Eingreifen der Leviten (Verse 26-29). Der Vorgang hat nichts mit den Aufständen in Kadesch zu tun, denn in Num 16 zum Beispiel sind die Aaroniden die Gegenspieler und die Vernichtung der Aufständischen erfolgt durch ein Gottesurteil, das in legendären Zügen geschildert wird, ähnlich wie in der älteren Tradition von Ex 32, die von einer Bestrafung durch ein Fluchwasser redet (Vers 20)(vgl. Noth, Mose 201).
Der Levitenpassus ist ein sekundärer Zuwachs zu Ex 32, der die Betrauung der Leviten mit dem Priesteramt begründen will (Noth, Mose, 201; Beyerlin,25.152). Wir finden hier die gleiche (späte) Tradition wie Dt 33,8 (vgl. Rad, Theologie, 22).
Im Hintergrund stehen kultgeschichtliche Auseinandersetzungen. Nachdem Jerobeam in Bethel und Dan die Stierbilder hatte aufstellen lassen (I. Kön 12, 28f), hat er wohl einen Teil der Leviten ausgeschaltet (vgl. Ri 18,30; Beyerlin,185).Ihr Priesterprivileg ist also umstritten und einer historischen Begründung bedürftig (Noth, Mose, 206). Da sie sich nicht auf die Abstammung von einem Heros berufen konnten, weil Mose nicht Ahnherr ihres Stammes war, sondern ein Glied des Stammes Levi (Simpson, 444,1), erzählten sie von der Unterdrückung einer Revolte gegen Jahwe. Für ihre Loyalität seien sie dann mit der Erlangung der Priesterwürde belohnt worden. Vielleicht wurde das dadurch gestützt, daß die Leviten für ihren Eifer oder gar Fanatismus bekannt waren (Simpson, 444). Vielleicht konnten sie dabei auch an eine Tradition anknüpfen, nach der die „weltlichen“ Vorfahren ihres Stammes Levi sich weit im Süden des Landes aufhielten.
Mirjams Aussatz Num 12:
Gegen Auerbach (105) lokalisiert der Text diesen Vorfall noch nicht in Kadesch, obwohl Hazerot wohl ganz in der Nähe liegt und das Grab der Mirjam sich in Kadesch befindet (vgl. Num 20,1). Das Grab an sich besagt allerdings noch nichts, Mirjam kann durchaus noch bis zum Erreichen der Oase gelebt haben oder ihr Leichnam konnte nach dort überführt worden sein. Möglich ist aber auch, daß die Geschichte ursprünglich in Kadesch spielte, aber sekundär um eine Station vorverlegt wurde, um für eine Ortsangabe der Wegebeschreibung (Itinerar) eine Tradition zu haben.
Die Bestrafung des murrenden Volkes Num 14:
Wie alle Motive, die vom „Murren“ des Volkes handeln, ist diese Tradition (nach Noth, Pentateuch, ,134ff) aus Num 11, 1-3 entwickelt.
Der Konflikt mit Korah, Datahm und Abiram Num 16:
Hier spürt man deutlich die Sicht der Priesterschrift, nach der nur die Nachkommen Aarons zum Priesterdienst bestimmt sind, die Übrigen aber zu niedrigem Hilfsdienst am Heiligtum (Auerbach, 111). In der Tat erscheinen auch in den Psalmen „Korahsöhne“ als eine Gilde von Tempelsängern. Deshalb darf man diese Episode nicht interpretieren als Versuch von Nicht-Leviten gegen das Priestertum der Leviten (und des Leviten Mose) Sturm zu laufen (gegen Auerbach, 111) und schon gar nicht darf man das nach Kadesch verlegen (gegen R.Kitte1, 331; Sellin, 70). Die Erzählung ist eher Rückprojektion zeitgenössischer Spannungen am Tempel (vgl. Noth, Pentateuch, 138).
In Kadesch spielen wohl:
(1) Die Aussendung der Kundschafter (Num 32,8ff; Jos 14) Num 13
(2) Mirjams Tod (gegen Noth, Pentateuch, 159 f) Num 20 ,1
(3) Die Entstehung der Quelle Meriba Num 20, 2-13
(4) Die Bitte um Durchzug durch Edom Num 20,14-21
(5) Vielleicht der Anschluß der edomitischen Kenizziter an die Jahweverehrer unter Mose (so Sellin, 70) Jos 14,6-14
In Kadesch hat sich also doch Einiges ereignet, die Israeliten müssen in der Tat „eine lange Zeit“ (Dt 1,46) in der Oase geblieben sein (mit Sellin,70; R.Kittel,331; Meyer,65; Beyerlin,166; gegen Noth Geschichte, 123,3). Aber dennoch darf man Num 20, 14.16 nicht so (wie Meyer, 65,2; Auerbach, 75) interpretieren, daß die Israeliten sich 40 Jahre in der Wüste aufgehalten haben. Dieses Motiv ist literarisch bedingt und sekundär (Noth, Pentateuch, 149); die Zahl ist üblich zur Angabe der Zeit eines Generationenwechsels. Wahrscheinlich ging das Unternehmen im Vergleich zur Einwanderung von Osten rasch vonstatten.
Es gab aber durchaus noch andere Nahrungsquellen und Wasserstellen als die Oase Kadesch (Noth, Pentateuch 182, 468), auch wenn oft Mangel auftrat und das Volk murrte. Man kann nicht von einem jahrzehntelangen planlosen Herumirren in der Wüste reden (Auerbach, 75): Das Herumziehen in der Wüste ist ein „real ganz unmöglicher Vorgang. Die Beduinen halten sich ja ständig in der Wüste auf. Wenn sich die Israeliten nicht mehr als einen kurzen Tagesmarsch vom Wasser entfernen konnten (Beyerlin, 166,6), wie hätten sie da nach Palästina gelangen können, wenn es nur die eine Oase von Kadesch gab? Ein Teil der Tradition (Num 14,33-33738) berichtet außerdem ausdrücklich von einer 38-jährigen Strafzeit in der Wüste (!). Zwar erscheint die Oase einem Teil des Volkes in der Tat als Land der Verheißung, aber das heißt ja nicht, daß die Oase von vornherein das Ziel der ausziehenden Israeliten war: In der Hauptsache strebten diese Kleinviehnomaden nach dem Kulturland! (29).
Auszugs- und Sinaitradition
Gerhard von Rad hat in seiner Studie „Das formgeschichtliche Problem des Hexateuch“ (vgl. Literaturverzeichnis) einen Kadeschsagenkranz (Ex 17-18; Num 10-14) und einen Sinaisagenkranz (Ex 18-24; 32-34) herausarbeiten wollen, da in dem „kleinen geschichtlichen Credo“ (Dt 26, 5b-9 und 20-24) und in der Kultlyrik (Psalmen) bei dem Vortrag der Hauptdaten der Heilsgeschichte die Sinaiereignisse fehlen.
Die Auszugstradition habe ihre eigene Gottesoffenbarung (Ex 3 und6), eine eigene Gesetzesmitteilung (Ex 15, 25b; Ex 18) und als Ziel die Landnahme (Ex 3,6 - 8). Sie sei Festlegende des Herbstfestes, welches wahrscheinlich in Gilgal gefeiert wurde (dagegen Noth, Pentateuch, 55.170). Die Sinaiperikope dagegen sei Festlegende des Bundeserneuerungsfestes (kritisch dazu Noth, Pentateuch, 64f) von Sichem. Beide Traditionen hätten lange Zeit nebeneinender bestanden und seien erst in Neh 9, 6-15 miteinander verbunden worden - außer im Buche Exodus, wo die Sinaiperikope durch den Jahwisten eingebaut wurde (vgl. Theologie, 129).
Auch Noth (Pentateuch, 156 u.ö.) meint, das Thema „Offenbarung am Sinai“ sei erst spät zu den anderen Pentateuchthemen hinzugekommen. Diese These ist jedoch fraglich. Schon Sellin (66 - 69) ist dafür eingetreten, daß Sinaisagen und Kadeschsagen zumindest genauso alt sind. Auch zeigen die Texte durchaus ein anderes Bild (30).
Ganz allgemein werden die Kenntnis der Geschichte und das Halten der Gebote zusammengebracht etwa in Dt 32,46; Jer 32,17-23; Ps78 (Galling,19), in Ps 78 ist sogar ausdrücklich vom Gesetz (Vers 1; auch Vers 56) und vom Bund (Vers 37) die Rede. Sekundär verknüpft sind Heilsgeschichte und Gesetzgebung in Ex 19, 3b-8 (Noth, Mose, 126) und Jos 24,25.Man wird historisch annehmen können, daß diese sekundäre Verknüpfung spätestens beim Bundesschluß in Sichem erfolgte. Auch sonst findet sich diese Verbindung in Dt 6,20-25; I. Sam 12,7.14-15; Ps 44,18-19; 81,9-11(nach Weiser, Einleitung, 78). Ebenso setzt I. Sam 12 (gegen Rad) den Inhalt der Sinaitradition voraus (nach Weiser,76).
Wichtigstes Argument ist jedoch der Prolog zum Dekalog. Er erinnert zuerst an die zu Gehorsam und Dankbarkeit verpflichtende Heilstat der Herausführung aus Ägypten, dann erst folgen die Forderungen des Bundesgottes. Da dieser Dekalog den Staatsverträgen der Hethiter aus den 14. und 13.Jahrhundert nachgebildet ist, wird er schon sehr alt sein, vielleicht schon aus mosaischer Zeit stammen (Beyerlin,190). Auch Kaiser (138) meint, „..daß in nicht allzu später Zeit die Sinaitradition und die Auszugstradition fest miteinander verbunden waren“ (vgl. noch Jer 7,22; 34,13; Dt 29,24; I. Könige 8,9).
Der Sinaibund ist also „nicht selbständige Erwählungstradition, sondern gehört mit dem Auszug zusammen. Erwählung ist er nur so weit, als man in mehr oder minder massiver Form die Selbstbindung der Gottheit (im Widerspruch zur Gegenseitigkeit der Verpflichtung) hervorhebt“(Galling, 34-36). Der Dekalog ist Forderung, die nur das Volk (!) bindet; deshalb wird diese Tatsache n der Erwählungstradition nicht besonders hervorgehoben (Galling, 26-28), aber man „vergaß“ dann nachher die Forderungen und vertraute nur noch auf die Erwählung. Damit verstand man den Bund gründlich falsch, obwohl natürlich die Gottesgemeinschaft sich nicht auf die Gesetzeserfüllung gründet: Erst wird der Bund geschlossen, dann vernimmt Israel die Gebote der Offenbarung (Rad, Theologie, 195). Erst durch die Verknüpfung der Gesetze mit der Person des Mose treten sie in einen sachlichen Zusammenhang mit dem Bund (Würthwein, ZThk 55.265).
Die Nichterwähnung der Sinaitradition etwa Dt 26,5ff oder I. Sam 12 und Ex 15 ist auch deshalb nicht so auffallend, weil der Inhalt der Sinaiüberlieferung kein geschichtliches Ereignis ist in dem Sinn, wie die Geschehnisse beim Auszug (Weiser, 75). Sie sind Gottesbegegnung mit Verpflichtung des Volkes auf die in den Geboten enthaltene Willenskundgebung Jahwes, stellen also im Rahmen des Kultes einen besonderen Akt des Festablaufs dar und werden darum nicht in einem Atemzuge genannt mit den speziell geschichtlichen Heilstaten Jahwes.
Wenn man die Feldfrüchte abliefert, denkt man nicht an den Sinai, sondern an den Kulturlandboden, den Jahwe gegeben hat. Zwar handelt es sich beide Male um Geschichte, aber doch um sehr verschiedene Arten von Geschichte. Deshalb rechnet man die Sinaiereignisse besser nicht zu den rein geschichtlichen Erzählungen. Deshalb beschränken (!) sich auch die verschiedenen Texte des israelitischen Credo auf die Aufzählung der geschichtlichen (?) Heilstatsachen (Weiser, 75f).
Außerdem sind die Kulthymnen wie Ex 15; Ps 105 und 136 das Echo der Gemeinde, setzen also die ausführliche Darstellung der Heilsgeschichte im Kult voraus, bieten somit nicht den Gesamtinhalt der Festaufführung, zumal der Hymnus sowieso nur die geschichtlichen Heilstaten Jahwes zum Gegenstand hat (Weiser, 76).
Schließlich dürfte die Rekonstruktion des Herbstfestes von Gilgal kaum mehr möglich sein (Weiser,73; Noth, Geschichte, 97,Pentateuch, 170). Es ist vor allem nicht zu beweisen, daß die Ablieferung der Feldfrüchte am Heiligtum anläßlich des Wochenfestes in Gilgal erfolgte (Weiser,74), denn Dt 26 spricht überhaupt nicht von einem Fest und das Gesetz über die Erstlingsgaben (Ex 23,19; 34,26) nennt keinen Festtermin.
Wahrscheinlich ist, daß hier verschiedene Ablieferungen zu verschiedenen Zeitpunkten unabhängig von einem bestimmten Fest gemeint sind, denn die Erstlinge aller (!) Früchte des Ackers werden ja erst nacheinander reif (Weiser, 74). Das liturgische Gebet soll lediglich den aus der kanaanäischen Ackerbaureligion entstammenden Ritus durch eine „historisierende Begründung“ in den Bereich der heilsgeschichtlichen Tradition des Jahweglaubens einbeziehen. Diese wird also schon vorausgesetzt und hat nicht in dem Fest von Gilgal ihren Ursprung.
Die Vereinigung der beiden Traditionsreihen geht nicht auf die Initiative der Schriftstellerpersönlichkeit des Jahwisten zurück, sondern auf den kultgeschichtlichen Vorgang der Verlagerung des amphiktyonischen Zentralkults von Sichem nach Gilgal (Kraus, 193f). Allerdings ist schon fraglich, ob die verschiedenen Traditionen an verschiedenen Kultorten gepflegt wurden (Kaiser, 138; Beyerlin, 77). Sie wanderten einfach jeweils nach der Zerstörung eines Heiligtums von Kadesch (Beyerlin, 188.165f)(31) nach Sichem, Bethel, Gilgal, Silo, Jerusalem. „In dieser gemeinsamen Bindung an ein und dieselbe Institution begründet sich auch ihr Zusammenhang untereinander. Die in Israels Kult wirkende Bundesform....ist vermutlich auch sonst als eine Triebkraft beim Prozeß der Komposition der Sinaitraditionen zu verstehen“ (Beyerlin, 78).
Außerdem ist nach Beyerlin (56,4) damit zu rechnen, daß die Sinaitradition auch in Gilgal eine nicht unbedeutende Rolle gespielt hat. Bei der Übereinstimmung mit Ex 24,4 liegt es nahe, daß die zwölf Steine von Gilgal zunächst auf den Sinaibundesschluß bezogen wurden, nicht auf den Jordanübergang und die Landnahme, wie es die begründende (ätiologische) Sage von Jos 4 versteht.
Weiser urteilt (78): ...die Theophanie-(Sinai-) Tradition mit Willensoffenbarung Gottes und Bundesschluß einerseits und die Darstellung der geschichtlichen Heilstaten Jahwes
als Gottes Wesensoffenbarung andererseits“ sind „die ursprünglichen Grundbestandteile ein und desselben am Zentralheiligtum des sakralen Stämmeverbandes (der heiligen Lade) gefeierten Festes gewesen“.
Die Bedeutung des Mose beim Auszug aus Ägypten
Das traditionelle Bild von Mose als dem Führer aus Ägypten und dem Gesetzgeber vom Sinai wurde schon von Julius Wellhausen angezweifelt: Infolge der Spätdatierung der Priesterschrift schätzte er die Bedeutung Moses verhältnismäßig gering ein. Eduard Meyer und Gustav Hölscher sahen in ihm nur einen Priester von Kadesch, nach Cuthbert A. Simpson war er Priester und Richter bei der Kadeschgruppe und nach Elias Auerbach der Initiator einer „Kadesch-Amphiktyonie“ (also Religionsstifter, Volksführer, Gesetzgeber in einer Person). Martin Noth und Gerhard von Rad schließlich zweifelten an der Möglichkeit einer zusammenhängenden Geschichtsdarstellung, da die Moseüberlieferung nur in ursprünglich selbständigen Komplexen vorhanden ist.
Im „kleinen geschichtlichen Credo“ wird Mose nicht erwähnt (nur Ps 105,26), bei den Propheten nur in Jer 15,1. Außerhalb der Pentateucherzählung trifft man auf Mose nur in deuteronomistischer und davon abhängiger Literatur.
Um die historische Bedeutung des Mose erfassen zu können, gilt es zu fragen, in welchen Traditionen diese Gestalt wirklich fest verankert ist. Ausscheiden können hier schon gleich die vorisraelitischen Ortssagen (Auerbach, 78; Oßwald, 1152), die höchstens neu interpretiert wurden, und kultisch gefärbte Sagen wie Ex 32; 33,7-11; Num 10,29-36; 21,4-9, die in der südlichen Wüste lokalisiert wurden, ebenso Sagen, die an andere Personen gebunden sind (Ex 18; Num 12.16).
Ob Mose in Ägypten war, läßt sich nicht entscheiden, denn einen ägyptischen Namen konnte man bei diesen Südstämmen auch haben, ohne je in Ägypten gewesen zu sein (Noth, Pentateuch, 78f). Daß Mose kein Ägypter war, sollte jetzt langsam nicht mehr bestritten werden. Wie hätte er sich sonst diesem unterdrückten Volk zugewandt und wie hätte er sein Heros werden können? Der Name ist nur Hinweis auf das kulturelle Milieu, in dem er gegeben wurde. Vielleicht ist Mose aber in Kadesch geboren (Eißfeldt, Tradition, 92). Daß Teile der späteren Israeliten in Ägypten waren (R. Kitte1, 341) ist nicht umstritten: „Die Schmach des ägyptischen Aufenthalts“ kann nicht erfunden sein. Aber das heißt ja noch nicht, daß Mose sie herausgeführt hat. In der Priesterschrift (vgl. Rad, Theologie, 294) ist er fast nur mit den Sinaiereignissen verbunden.
Doch ob man deshalb behaupten kann, die Tradition vom Aufenthalt in Ägypten und die Gestalt des Mose hätten von Haus aus nichts miteinander zu tun (Hölscher, 82), erscheint doch fraglich. Mose erscheint doch ziemlich stark als Führer und Sprecher des Volkes, besonders bei E, während J die Aktivität mehr von Jahwe ausgehen läßt (Rad, Theologie, 290f). Doch Mose ist zumindest der „weltliche“ Führer des Volkes neben den Ältesten. Beyerlin (34) meint allerdings, die „Ältesten“ entstammten erst der vorstaatlichen Amphiktyonie und gibt deshalb der Gestalt des Bundesmittlers und Deuters noch größere Bedeutung (vgl.168ff).
Andererseits erscheint es auch übertrieben (mit Sellin, 68), Mose nur als Orakelpriester von Kadesch verstehen zu wollen, der ausschließlich nach Kadesch gehört (Meyer, 78) und der „in Kadesch für die betreffende Gruppe zum Deuter dieses Ereignisses wurde“ (Oßwald, 1154), nämlich des Auszugs aus Ägypten. Oßwald wird wohl recht haben, wenn er mein: „Die Verpflichtung zur alleinigen Verehrung Jahwes dürfte auf M. zurückgehen“, aber den Namen Jahwes kannten die Israeliten vielleicht schon in Ägypten, wenn auch nicht als den Namen ihres eigenen Gottes (Rowley,11). „It was at Kadesh, that the relation in which Israel stood to Jahveh, received through Moses a new and richer significance“ (Simpson, 419).
Allerdings wird man nicht im Stile der liberalen Theologie sagen können, Mose habe als Priester und Richter die religiösen Anschauungen des Volkes „vergeistigt“ (Eißfeldt, Tradition, 49) oder er habe die Traditionen der Leviten mit seinen geläuterten Gottesvorstellungen verschmolzen (Auerbach, 138.172).
Man darf die Ereignisse in Kadesch nicht überbewerten, obwohl die Oase natürlich einen der wichtigsten Punkte der Wüstenwanderung darstellt. Es ist sogar fraglich, ob die Bildung der Rechtsgemeinde unter namhafter Beteiligung des Mose in Kadesch erfolgte. Die entscheidenden Anstöße kamen eher vom Sinai durch die Einwirkung der Midianiter; die praktischen Auswirkungen des Bundes vom Sinai und der neuen Gesetze werden sich allerdings zuerst in Kadesch gezeigt haben, in dessen Rechtstradition die Israeliten eintraten. Hier liegen wohl die Hauptverdienste des Mose (Oßwald, 1154). Aber es gibt keine zusammenhängende größere Kadeschüberlieferung (Noth, Pentateuch,181; dagegen Rad, Theologie 21.18), der Kult von Kadesch ist nicht Sitz im Leben fast aller Wüstentraditionen.
Die Beziehungen zu den Midianitern:
Die Beziehungen zu den Midianitern weisen vielmehr in eine andere Richtung. Hier scheinen wir ein „historisches Urdatum“ (Noth, Pentateuch, 184) der Moseüberlieferung vor uns zu haben. Diese Midianiterbeziehungen sind sicher geschichtlich, so etwas kann die Tradition nicht erfunden haben (Auerbach, 20; Oßwald). Daß israelitische Einrichtungen auf einen midianitischen Priester zurückgehen (Ex 18), wäre nicht erzählt worden, wenn es nicht durch eine feste Tradition erzwungen war (Auerbach,104). Diese beruht aber auch nicht auf einer begründenden (ätiologischen) Sage, die erklären will, warum sich die Israeliten „bis auf den heutigen Tag“ mit den Midianitern gut vertragen, denn in späterer Zeit werden die Midianiter ja bekämpft: Ri 6-8; Num 25,17; Num 31 (Ausnahme: die Keniter,
Sam 15, 6).
Mose hat deutlich verwandtschaftliche Beziehungen zu den Midianitern. Seine Mutter hat vielleicht (Rowley, 16) einen kenitischen Namen, seine Frau ist eine Midianiterin (Ex 2,21; 18,5; Num 12,1; Ri 1,16; 4,11). Diese „Kuschitin“ ist nicht symbolisch zu deuten als Verkörperung der Sinaireligion, die die Israeliten nach Kadesch brachten (gegen Simpson, 429ff. 540; mit Noth, Pentateuch, 185.201.u.ö.), sondern eine geschichtliche Gestalt. Wie Jakob zu seinen mütterlichen Verwandten floh, so flieht Mose zu den Kenitern, wo er bei seinen Verwandten und Bekannten die übliche Gastfreundschaft erwarten konnte (Rowley,16).
Allerdings ist nicht beweisbar, daß die Midianiter Jahweanhänger waren (Auerbach, 101.171; gegen Meyer, 67; Rowley,12f). Der midianitische Priester hatte nur bestimmte Verdienste um die Organisation des Rechtswesens und des Opferritus, er gibt nur eine „kleine technische Einzelhilfe“ (Volz, 59).
Die Wohnsitze der Midianiter liegen jedoch nicht direkt am Gottesberg (vgl. Ex 18,27) (32), auch aus Ex 3,1 kann das nicht geschlossen werden (Volz, 59). Es ist fraglich, ob den Midianitern das Gebiet Sinai-Kadesch gehörte (Volz,59; gegen Rad, Theologie, 19). Doch es ist möglich, daß es auch in Midian einen Kult des Jahwe vom Sinai gab (Auerbach, 101,1), ein derart bekanntes Wallfahrtsheiligtum zog bestimmt die Stämme im weiten Umkreis an (33). Deshalb konnte Jethro auch ohne weiteres am Gottesberg die Opferhandlung vor den Israeliten vornehmen, die auch irgendwann im Laufe ihre Geschichte einmal Jahweverehrer geworden waren.
Man muß also annehmen, daß die beiden Stämme anläßlich einer Wallfahrt zu dem gemeinsamen heiligen Berg zusammengetroffen sind. Daß die Israeliten dabei kultische Einrichtungen der Midianiter übernahmen ist anzunehmen.
Vielleicht war Jethro sogar Mittler eines Bundes zwischen Jahwe und den Israeliten (Ex 18,12). Aber das muß wiederum nicht heißen, daß die Israeliten vorher nichts von Jahwe wußten (gegen Rad, Theologie, 19). Mose hat wohl nicht den Gott seines „Schwiegervaters“ übernommen. Die Israeliten waren sicherlich schon vorher Jahweverehrer, wenn auch nicht seit eh und je (Rad, Theologie, 16) (34) und sicherlich auf einer primitiven Stufe. Durch die Midianiter wären sie dann zu Opferkult und sakraler Rechtsprechung gelangt. Jethro handelt ja nicht als wohlwollender Schwiegervater, der dem unerfahrenen Jüngling Mose unter die Arme greift, sondern eindeutig als Priester: „Er allein war....der richtig eingeweihte Priester dieses Gottes“ (Rowley, 13). Er hat sich also nicht (wie Volz, Seite 59, mein) unter dem starken Eindruck des Berichteten wie Naeman der Jahweverehrung angeschlossen, sondern e r ist der Handelnde (!).
Bei dem Wegzug der Israeliten vom Gottesberg wandert natürlich ihr Gott mit ihnen, sie wollen ihm auch in der neuen Heimat dienen. Deshalb identifizieren sie auch den El von Kadesch mit Jahwe, falls das nicht schon früher von anderen vollzogen worden war (vgl. Rad, Theologie, 21). Aber da man nicht annehmen kann, daß Kadesch im Gebiet des Stammes Midian lag (gegen R. Kittel, 372), ist anzunehmen, daß die Inbesitznahme der Kultstätte von Kadesch durch Mose erfolgte( Gall,33,aber falsche Begründung), der nun auch die dortige Rechtsprechung gemeinsam mit den Ältesten (und Leviten?) in eigene Regie nahm.
Der eigentliche Wohnsitz Jahwes blieb jedoch der Sinai. Noch Elia (I. Kön 19, 3ff) wallfahrtet zum Sinai bzw. Horeb , aus Protest gegen die geschichtslos-naturhafte Verehrung Jahwes an den ehemaligen kanaanäischen Heiligtümern.
Simpson (440) sieht auch in Ex 19,18ff die Reste eines Berichtes von einer Wallfahrt des Mose zum Sinai, und auch Beyerlin (116) nimmt an, daß die in Kadesch sich aufhaltenden Gruppen des späteren Israel auf einer Wallfahrt zum Sinai gekommen sind (vgl. Gall, 36). Hier wird also Kadesch als Standquartier der Israeliten angesehen, hier wäre der Jahwismus entstanden, und die Wallfahrt zum Sinai wäre nur ein mehr oder weniger zufälliger Abstecher.
Doch auf jeden Fall waren größere Gruppen von Israeliten am Sinai, es handelt sich nicht um ein Privatunternehmen des Mose, der dann in Kadesch von der Sinaioffenbarung berichtet hätte, denn in einigen Traditionen sind das Volk und die Ältesten wesentlich wichtiger als Mose (Ex 24!). Deshalb kann auch Eißfeldt (Tradition, 79) urteilen, daß die Wallfahrt des Mose „nicht eigentlich auf den Ergebnissen einer literarkritischen Analyse, sondern vielmehr auf einem sachlich-stofflichen Postulat beruht“.
Eher ist anzunehmen (vgl. Noth, Geschichte, 126f), daß die Sippen in der südlichen Wüste schon v o r der Errettung am „Meer“ den Sinai kannten und zu ihm wallfahrteten. Die Gruppen, die von Ägypten auszogen, erreichten auch erst den Sinai, dann kamen sie nach Kadesch. Ausdruck dieses Vorgangs sind Stellen wie Dt 33, 2 (zu lesen ist mit Köhler, Meyer, gegen Sellin, 68: „v o n Meriba-Kadesch"), Ex 33,12b-17; Num 10,33-36; 11,17; Ri 5,4-5; Hab 3,1: Jahwe muß erst vom Sinai herabkommen, wenn er sich offenbaren will. In Kadesch hat dann vielleicht die heilige Quelle reichlicher geströmt, weil sich die Gottheit in ihr regte (vermutet Gall, 35) und nachher ist Jahwe auch mit nach Kanaan gezogen und hat den seßhaft gewordenen Sippen den Segen des Landes gespendet (vgl. Beyerlin, 175f).
Am Gottesberg wird also die Hauptbedeutung des Mose gelegen haben;. Nicht zu Unrecht wurde Mose ja später d e r Gesetzgeber Israels Er war allerdings nur derjenige, der den Priester von Midian mit den israelitischen Sippen in Verbindung brachte: wegen seiner, Beziehungen zu den Midianitern war er der geeignete Mann dazu. Aber das eigentliche Geschehen der Bundesvermittlung erfolgte dann mit den „Ältesten“ (Ex24). Mose gab nur den Anstoß zu Organisation und Gesetzgebung.
Man kann also nicht so radikal urteile wie Noth (Geschichte, 128). Volz (59),dagegen
Meint, daß „...der schöpferische Inhalt erst mit der Berufung Moses und der Heilstat Jahwes an der Israelschar einströmte, daß also eine vorausgehende Gestalt nicht in gleichem Maße wesentlich ist.“
Mose „kann nicht aus der Sinaiüberlieferung, der offenbar eine alte, mit gutem Grund in den Kranz der Kadeschsagen eingefügte Wallfahrtstradition zugrunde liegt, eliminiert werden, da seine Legitimation eng mit dem Sinai verknüpft ist“ (Oßwald) (eliminiert= herausgestrichen).
Die Tradition vom Mosegrab:
Der Tradition vom Mosegrab ist jedoch kein Wert beizumessen (gegen Sellin, 68; Noth, Pentateuch, 186-191)(vgl. Fichtner, ThLZ 1956, Spalte 436). Es gibt viele unechte Grabtraditionen, auch wenn diese sich nachher hartnäckig hielten. Daß man bedeutenden Gestalten ein Grab weiht, ist im Orient üblich. Aber gegen die Echtheit spricht in den meisten Fällen sehr deutlich die Tatsache, daß man oft einer Gestalt mehrere (!) Grabstätten geweiht hat (Eißfeldt, Tradition, 90).
Die Tradition vom Mosegrab taucht erst bei D und P auf, ob die alten Quellen davon erzählten, ist fraglich, denn diese kennen auch nicht die sehr konstruierte Erklärung von P in Num 20, 11a für den Tod des Mose vor Erreichen des gelobten Landes: Der Ungehorsam des Mose habe darin bestanden, daß er nicht zu dem Felsen sprach Vers 8b), sondern ihn schlug (Auerbach, 91).
Sicherlich starb Mose vor Überschreitung des Jordan, aber wohl einfach an Altersschwäche. Später erklärte man die Tatsache, daß der verdienstvolle Führer vor Erreichen des gelobten Landes starb, mit seinem angeblichen Ungehorsam (gegen Noth, Seite 190, ist dieses Motiv nicht erst aus der Grabtradition entwickelt).
Am verdächtigsten ist jedoch die Angabe Dt 34, 6b: „Kein Mensch kennt sein Grab bis zum heutigen Tage“. Hier taucht genau die gleiche Formel auf, mit der sonst echte Namenserklärungen (Ätiologien) abgeschlossen werden. Auerbach (193) erklärt das mit: „Keine Verehrung an einem Heldengrabe wird die Ehrfurcht vor seiner Größe zur Anbetung vergröbern!“ Doch das ist die für Auerbach typische romantisierende Verherrlichung der Führergestalt des Mose (vgl. 242f).
Grabtraditionen pflegen sich doch im allgemeinen gut zu halten (vgl. Sichem, Hebron), auch bei unbekannteren Personen, auch über Kriegszeiten hinweg; gerade wenn man Krieg führt und dabei wieder auf das Grab stößt, wird die Tradition aufgefrischt. Ein Grund könnte höchstens sein, daß das „Tal gegenüber von Beth-Peor“ im Ausland lag. Aber daß es damals keine geschlossenen Grenzen gab und der Besuch von Heiligtümern im Ausland durchaus möglich war, zeigt Jer 41, 4-5.
Das Grab wurde deshalb an einem derart „obskuren Ort“ „entdeckt“ (Noth, Seite 189.483), w e i 1 die Gegend unbekannt war und man es deshalb wagen konnte, irgendein vorhandenes Grab mit dem Mosegrab zu gleichzusetzen. Aber dann muß man wieder erklären, warum diese (sowieso unechte) Tradition wieder verlorenging. Deshalb ist es sinnvoller, von vornherein anzunehmen, es habe nie ein solches Grab gegeben.
P gibt das sogar noch deutlicher zu, daß er keine genaue Grabtradition kennt, denn bei ihm begräbt Jahwe selbst den Mose (Vers 6a) und die Totenklage findet im Lager (!) der Israeliten statt (Vers 8a), um zu erklären, Falls wirklich ein Grab bei Beth-Peor gezeigt wurde, war es eher die Ruhestätte eines vielleicht wohlhabenden oder berühmten Ausländers, dessen Name entweder den Israeliten nicht bekannt war oder dessen Grab dann die Mosetradition - wie so vieles andere - übernommen hat (gegen Noth, 189).
Noth (190) scheint anzunehmen, daß ein unbedeutender Israelit mit Namen Mose noch östlich des Jordan starb, und weil sein Grab am Wege der landnehmenden Israeliten lag, zum Führer auf dem Weg dieser Landnahme gemacht wurde. Aber dann wäre sein Führerauftrag ja vor dem schwierigsten Teil der Landnahme durch seinen Tod abgebrochen worden?!
Wahrscheinlicher ist jedoch, daß es nur einen Führer auf der Landnahme gab, nämlich Josua (wenn es zwei gewesen wären, hätte man sie wohl genealogisch verknüpft oder eine der Figuren unterdrückt). Von Mose wird im Ostjordanland nichts Entscheidendes mehr erzählt (Noth, Geschichte, 112). Alle anderen ostjordanischen Mosetraditionen außer dem Mosegrab sind im Grunde genommen Doppelungen (Dubletten). Es sieht ganz so aus, als habe man Mose noch ein kleines Plätzchen in der Landnahmegeschichte eingeräumt, um den Wüstenzug und die Landnahme vom Ostjordanland (!) her besser miteinander zu verknüpfen.
Doch nicht Mose gehört in die Vorgeschichte der später in Mittelpalästina seßhaft gewordenen Stämme, sondern Josua. Zumindest war er der Begründer des Zwölfstämmebundes von Sichem und wahrscheinlich auch Führer der Landnahme (denkbar ist auch, daß er erst von dem ersten Thema in das zweite eindrang; Noth, Geschichte, 91). Mose war wohl eher der Fürer der Südstämme auf dem Zug durch die Wüste. Daß er auch am Heiligtum von Dan im äußersten Norden bekannt war (Ri 18,30) ist nicht so unwahrscheinlich, wenn man bedenkt, daß Dan eine Zeitlang in Mittelpalästina gesiedelt hatte.
Doch selbst Noth (Pentateuch,191) muß schließlich zugeben, daß „Mose doch nicht so allgemein und intensiv in das geschichtliche Bewußtsein Israels eingegangen ist, daß man die Vorgeschichte in summarischen Zusammenfassungen nicht auch völlig ohne Erwähnung des Namens Mose zu erzählen gepflegt hätte“.
Literarisch gesehen pflegt ja die beliebtere Gestalt ältere Traditionen zu verdrängen. Man kann sich eigentlich nur wundern, daß die Rolle des Mose nicht noch mehr gesteigert wurde. Aber einer Ausdehnung auf die Landnahmeerzählungen stand wohl die Tatsache entgegen, daß man die Josuatradition der mittelpalästinensischen Stämme nicht aufgeben wollte. Historisch gesehen war es jedoch eher so - sarkastisch gesagt - daß Mose am Südrand des Kulturlandes starb und irgendwo im Sand verscharrt wurde. Erst durch die literarische Verknüpfung der Themen der israelitischen Traditionen wurde sein Leben noch etwas „verlängert“. Der entscheidende Mann auf der Landnahme der mittelpalästinischen Stämme aus dem Ostjordanland war aber Josua. Der entscheidende Mann bei der Landnahme der südpalästinensichen Stämme, von denen Teile aus Ägypten ausgebrochen waren, war aber Mose.
Die Leviten
Die Heimat der Leviten (35) ist nach ihrer eigenen Tradition die Gegend am Sinai, weil sie dort (Ex 32,26-29) sich als treue Anhänger des Mose bewährt hatten. Aber ihre Heimat ist nicht unbedingt Kadesch (mit R. Kittel, 373; gegen Sellin, 242 u.a.). Daß sie mit einem Teil der Israeliten nach Ägypten zogen (R. Kittel, 373) und dadurch. später Vermittler zwischen den Sippen in Kadesch und dem ägyptischen Israel wurden, ist auch nicht sicher, denn Ex 6, 16-19 ist eine später eingefügte Tradition der Leviten, die ihren Ursprung schon nach Ägypten legen wollten (Noth, Mose, 42), zumal ja jeder israelitische Stamm nach gesamtisraelitischer Tradition in Ägypten war.
Der Stamm Levi wohnte sicherlich noch weiter draußen in der Wüste, noch südlicher als Simeon( vgl. Jos 21; Gen 49)(Meyer, 77f; Auerbach, 119; Hölscher, 82). Also kann auch Kadesch im Gebiet Levis gelegen haben, zumal Mirjams Grab dort gezeigt wird (Gall, 35) und Mose, der „einzige uns bekannte Levit“(Hölscher, 82)(vgl. Ex 2,1; Ri 18,30) dort eine große Rolle spielte (vgl. Fohrer, RGG).
Viele Forscher nehmen an, der Stamm Levi habe zu der vorher in Kadesch sitzenden vorjahwistischen Kultgemeinschaft gehört, er habe erst in Kadesch den Jahwismus übernommen, als die Israeliten sich der Oase bemächtigten. (Eißfeldt,Tradition,43; R. Kittel, 373; Simpson, 443; Fohrer). An diesem im weiten Umkreis bekannten Heiligtum hätten die levitischen Priester (36) dann einen angesehenen Namen gewonnen als Vermittler und Schiedsrichter zwischen den Stämmen und den Einzelnen, indem sie untrügliche Orakel gaben und auf Grund des alten Herkommens eine gerechte Entscheidung fällten (Meyer,80). „Die weltumwälzende Neuerung liegt bei Mosche und seiner Forderung eines bildlosen Kultus“ (Auerbach,141). Unter Mose „kam der Tag der Entscheidung für oder gegen die geläuterte ...Religion“ (Auerbach, 144).
Mose war allerdings historisch gesehen nicht der Ahnherr der Leviten (37), sondern ein Glied des (weltlichen?) Stammes Levi (38) und als solcher wurde er Führer des Auszugs aus Ägypten. Erst in der späteren Tradition wurde er Ahnherr der Leviten (Dt 33,8ff), Schöpfer des heiligen Quells von Kadesch und des dortigen Heiligtums (Ex 17; Num 20), der Gewinner der Geheimnisse des Priesterstandes (Orakelwerkzeuge, Lehrer der göttlichen Gesetze, Begründer des Opferkultes und des Brauchs der Beschneidung (Ex 4,24-26).
Es ist deutlich, daß die Leviten mit diesen Erzählungen, die sie tradierten, ihre Aufgaben (vgl. Sellin, 242) legitimieren wollten.
Allerdings kann man Mose auch nicht bezeichnen als Begründer des Priesterstandes (Wellhausen, 142), der sich zu einer „Berufsgenossenschaft“ zusammenschloß, die „gar nicht anders als in den Formen eines fiktiven Geschlechts oder Stammes gedacht werden kann“ (Meyer, 53). Die Leviten stehen durchaus in einem genealogischen Zusammenhang, die priesterliche Tätigkeit vererbt sich und die Familienlisten gehen von der ältesten Zeit bis in die jüngste (Auerbach, 118). Der Levispruch im Mosesegen Dt 33 meint also nicht, „daß sie keinen Vater h a b e n, sondern daß sie Vater, Mutter, Bruder und Sohn aus ihrer Jahwetreue heraus nicht anerkennen“ (Auerbach,146). Sie gehörten also durchaus einem festen Geschlechtsverband an. Es ließe sich sonst auch gar nicht erklären, wieso sie ausgerechnet den Namen „Levi“ erhalten, wenn sie ihn nicht schon vorher gehabt haben (Auerbach, 146).
Es gab also wohl einen weltlichen Volksstamm Levi (mit Greßmann, 17f.176; Meyer, 78; Auerbach 119; Hölscher, 82), der in Gen 29,34; 34,25; 35,23; 49,5; Ex 1,2 erwähnt wird (immer in Verbindung mit Simeon), allerdings sonst nicht näher beschrieben wird. Als Priesterstamm taucht Levi dann auf in Ex 32, 26-29; Dt 27, 14; 33, 8; Ri 17, 10. Auerbach (144) vermutet nun, die Angehörigen des Stammes Levi seien immer schon gleichzeitig Priester gewesen, zumal der Priesterstand nicht auf Abstammung beruht, sondern auf freier Berufswahl (Ri 17,6ff; II. Sam 8,18; vgl. Meyer, 53). Aber wahrscheinlicher ist doch, daß irgendwann einmal in der Geschichte des Stammes eine Katastrophe eingetreten ist. Levi fehlt schon im Deboralied (Ri 5), auch Simeon ist in den Kämpfen der Richterzeit so geschwächt, daß er sich an Juda anlehnen muß (Ri 1,3). Levi wird bei der Landnahme nicht berücksichtigt (Jos 13, 14) und die beiden Leviten Ri 17 - 21 sind Gäste bei anderen Stämmen.
Auerbach (117f und120f) meint nun, der Stamm Levi könne nur durch einen Überfall der Amalekiter auf die Oase Kadesch zersprengt worden sein. Damals seien die Israeliten vertrieben worden und nach Ägypten geflüchtet. Nur so lasse sich erklären, daß sie bei dem Auszug aus Ägypten so zielbewußt die Oase ansteuern.
Aber selbst wenn man annimmt, daß Vorfahren der späteren Israeliten aus Kadesch stammen, so muß man doch bedenken, daß ein Mose sie führte, der durch seine Beziehungen zu den Midianitern längst Kunde haben konnte von der Oase, oder daß die Israeliten spätestens am Gottesberg, den sie v o r Kadesch erreichten, Kunde erhielten über den günstigsten Weg nach Palästina, wenn sie nicht ganz zufällig auf die Oase trafen. Daß Teile von ihnen überhaupt einmal die Oase hatten verlassen müssen, erklärt sich viel besser durch Überfüllung.
Es wird zwar verschiedentlich in den Kadeschsagen von Wide ständen gegen Mose berichtet, vielleicht haben die Geschwister Mirjam und Aaron (Ex 15,20; Num 26,59)(39) einen Aufstand gegen Mose versucht (Num 12). Sie wären dann Vertreter konservativer Anschauungen, Leviten der alten Schicht, die mit der mosaischen Jahweverehrung nicht einverstanden waren (Auerbach, 141). Mirjam wäre dann Personifikation eines levitischen Unterstammes( Gall, 35f) oder sie wäre Priesterin des Vor-Jahwekultes (Sellin, 70) und erschiene nur deshalb hier als Israelitin, weil sie (zumindest formell) den Jahwismus annahm.
Nach Simpson (430) war ihr Aufstand vielleicht nur Symptom eines langdauernden untergründigen Kampfes, der am Ende offen ausbrach und vielleicht die Ursache des Abzugs der Israeliten ist. Mose wird nach Simpson (447) kaum freiwillig gegangen sein, wegen des Gegensatzes von Jahwisten und Nicht-Jahwisten (Mirjam, Aaron) und wegen der feindlichen Aktionen der Amalekiter. Daß aber viele dieser Traditionen als ungeschichtlich verdächtigt werden müssen, wurde schon gezeigt. Daß mit dem Abzug der Israeliten die Verbindung zu dem Heiligtum abbricht, ist eine Behauptung, die durch die mehrfache Erwähnung Kadeschs als Bezeichnung der Südgrenze (Jos 15,2; Num 34,4) als widerlegt gelten kann.
All diese „Aufstände“ sind wohl nur Rückprojektionen der Schwierigkeiten, die die Leviten bei der Entstehung dieser Traditionen noch hatten oder die Gesamtisrael hatte (Amalekiter!). Schon in vorköniglicher Zeit mußten sich die Leviten „grimmiger Feinde“ erwehren (Greßmann, 176). Sie waren „Eindringlinge in den Kreis der wirklichen Stämme Israels“ (Meyer, 53). Als sie unter David und Salomo in stärkerem Maße in Nordisrael einwanderten und mit dem Anspruch der alleinigen Berechtigung zum Priesteramt auftraten, stießen sie damit natürlich auf starken Widerstand seitens der alteingesessenen Priesterschaften (Sellin, 241). Zeugnis davon könnte vielleicht der Levispruch im Mosesegen sein.
Die Leviten müssen die von ihnen beanspruchte Stellung erst begründen (Meyer, 54), die Opposition ist nicht gering (Bertholet, 107), die Verwünschung Dt 33,11 stammt vielleicht von einem Leviten (Wellhausen, 137).
Dagegen erzählt Gen 34, 25-31 (vgl. Gen 49, 5ff) von einem Handstreich gegen Sichem, bei dem Simeon und Levi von den anderen Stämmen im Stich gelassen wurden (R. Kittel, 266). Im heutigen Text ist zwar von einer Niederlage der Angreifer nicht die Rede, aber der Vers 30 spricht doch von einer Übermacht der Kanaanäer, und es ist anzunehmen, daß die Erzählung ursprünglich fortgeführt wurde mit dem Rachefeldzug der Kanaanäer, bei dem die beiden israelitischen Stämme schließlich aufgerieben wurden (gegen Auerbach, 120).
Sicher scheint aber nur zu sein, daß der Stamm Levi bei der Landnahme aufgerieben wurde (Eißfeldt, Tradition, 43). Aber das Geschick anderer Stämme läßt auch die Möglichkeit offen, daß der Untergang auf anderen Auseinandersetzungen mit den Kanaanäer beruhte (Fohrer). Der Stamm Levi war schon mit den Leastämmen ins Kulturland eingewandert, hatte sich in der Gegend von Sichern festzusetzen versucht (Noth, Geschichte, 69f) und mußte nun mit Simeon weit in den Süden des Kulturlandes ausweichen, fast schon in die Wüste. Er wurde Träger der sakralen Überlieferungen von Kadesch und diente dem El von Kadesch.
Teile des Stammes werden wohl auch zeitweilig nach Ägypten ausgewandert sein (Rad, Theologie, 22). Beim Auszug erlebten sie die Jahweoffenbarung am Meer und am Sinai, und als sie wieder zu den übrigen Angehörigen des Stammes Levi zurückkehrten in die Oase Kadesch, bekannten auch diese sich zu dem neuen Gott, der im Grunde schon immer ihr Gott war, den sie bisher als den El von Kadesch verehrt hatten und der sich nun
als Jahwe offenbart hatte. Mit vereinten Kräften konnte es nun der Stamm wagen, nach dem Kulturland aufzubrechen, um dort bessere Wohnsitze zu finden und die neue Kunde den verwandten Volksgruppen mitzuteilen
Die Frühzeit Israels
Die größte Frage der Entstehung des Volkes Israel kann zwei Antworten finden: Die zwölf Stämme des späteren Volkes Israel waren schon seit jeher verbunden vor allem
(1) durch ihren Gottesglauben
(2) durch verwandtschaftliche Bindungen.
Die erste Möglichkeit wird von Simpson vertreten (420-425): Der Ursprungsort des Jahwismus ist der Sinai, hier ist auch das ursprüngliche Siedlungsgebiet der israelitischen Gruppen. Ein Verband von ihnen, die späteren Rahelstämme, zog vom Sinai nach dem Ostjordanland und wanderte von dort nach Mittelpalästina ein und wurde zum „Haus Joseph“ bzw. Stamm Benjamin. Daß sie schon vom Jahwismus wußten, zeigt das Deboralied in Ri 5, 4-5, das ein Dokument der Nordstämme ist und nichts von Simeon, Levi, Juda und dem Einfluß des Mose und den Ereignissen in Kadesch weiß. Erst n a c h der Landnahme in den frühen Tagen des Königtums oder schon vor Saul (Ri 17-21) kamen sie in Berührung mit den Südstämmen und deren Art des Jahwismus Aber: „It provides clear evidence of the existence in the north of a non-Mosaic Jahvism!“ (422).
Gleichzeitig verließ der Verband der späteren Südstämme die Weideplätze am Sinai. Doch er zog erst nach Westen in die Wüste Paran und wurde ein Teil des Stämmekomplexes, der sich um den Mittelpunkt Kadesch bildete. Auf den Kult dieses Heiligtums übertrug er seinen Jahwismus, der aber auch einige Züge des dortigen Numens annahm. Vielleicht auf Grund einer Hungersnot machten sich einige Stämme nach Ägypten auf;. Bei dem heimlichen Ausbruch von dort erfuhren sie ihren Gott von einer ganz anderen Seite und Mose gab der Religion ihr neues und entscheidendes Gepräge. Doch Aufstände der Urbewohner führen dazu, daß man neues Siedlungsland suchen mußte und Südpalästina eroberte.
Der schreckliche Gott vom Sinai der sich in vulkanischen Ausbrüchen und in Gewittererscheinungen (Sturm!) zeigte, war verbunden worden mit den freundlichen lebensspenden Gottheiten der grünen Oasen. Im Kulturland zeigte dieser Jahwe deshalb als Kriegsgott Israels, wie eifersüchtig er darüber wachte, daß er der einzige Gott blieb. Aber man war sich nun auch sicher: Jahwe hatte das Land gegeben, er war der Gott des Landes, wie in Kadesch, so auch Kanaan.
Die für J 1 maßgebende Tradition der Südstämme sieht den Mittelpunkt in Kadesch. Sie kennt zwar die Wallfahrt zum Sinai, aber die zwischen Jahwe und Israel bestehende Verbindung hat ihre entscheidende Ausprägung in Kadesch erfahren. Erst J 2 verschob den Schwerpunkt zum Sinai, weil er Kadesch mit der Tradition der Rahelstämme verbinden wollte, die nur den Sinai kannten. Bei ihm ist der Sinai das Ziel des Exodus. Erst als das dortige feierliche Geschehen beendet war, zog das Volk nach Kadesch. Soweit Simpson.
Abgesehen davon, daß eine Quellenscheidung in J 1 und J 2 (ähnlich der L-Quelle Eißfeldts) sich literarkritisch nicht rechtfertigen läßt, kann die Theorie Simpsons auch nicht erklären, wie die „galiläischen“ Stämme zum Jahwismus und zum Volk Israel stießen. Außerdem läßt sich nichts mehr darüber feststellen, ob die südliche Wüste die Urheimat der Israeliten war. Der Vulkangott deutet zwar auf den Sinai, aber diese Gottesvorstellung ist eher von der letzten Gruppe der Einwanderer, die in Ägypten war, ins Land gebracht worden und war nicht von jeher Gemeingut aller israelitischen Stämme (siehe Jos 24).
Sellin (68-69) meint, daß Mose mit seiner Schar tatsächlich in Kadesch und am Sinai war. Mose habe zunächst den Weg über Kadesch versucht, habe dabei aber nur Mißerfolge erfahren. Unter Zurücklassung aller, die gegen ihn murrten, habe er deshalb -nur von einer Schar wirklich getreuer begleite - ,den Gottesberg im Midianiterland aufgesucht. Die in Kadesch Gebliebenen gaben also die Traditionen über seinen dortigen Aufenthalt weiter.
Die mit ihm ins Ostjordanland zogen, pflegten später im Josephsstamm die Erinnerung an den Sinai weiter, die Tage in Kadesch nur als Episode betrachtend. Es handelt sich hier nicht um ein früher oder später, sondern „es handelt sich um verschiedene Kreise und Gegenden, wo das eine und wo das andere erzählt wurde...der erste Kranz führt uns in judäisch-levitische Kreise, die durch Jahrhunderte mit dem Heiligtum von Qadesch in Beziehung blieben (später Amos 5,25), der zweite in ephraemitisch-prophetische, aus deren Mitte heraus noch ein Elia zum Horeb pilgerte (später bei Hosea)“.
Gerade diese These aber, daß es sich nicht um ein zeitliches Nacheinander handle, hat Martin Noth widerlegt. Wahrscheinlich kamen die sogenannten „Leastämme“ (Ruben, Simeon, Levi, Juda) aus dem südlichen Ostjordanland (Num 32. Jos 1-11) (Noth, Geschichte, 74), ließen sich zunächst im zentralen Westjordanland nieder, wurden aber von dort irgendwie vertrieben (Gen34), wahrscheinlich sehr weit nach Süden. In das frei gewordene Gebiet auf dem „Gebirge Ephraim“ rückte später (auch aus dem Südosten; Noth, Geschichte, 73) das „Haus Joseph“ nach.
Für die Herausarbeitung des Landnahmewegs der Südstämme ist entscheidend das Verständnis der Kundschaftergeschichte (Num 13-14), die als selbstverständlich voraussetzt, daß der Einbruch nach Kanaan von Süden her erfolgen soll. Auerbach(179-185; ähnlich Rad, Theologie, 279) nimmt an, ein Teil des Volkes sei gegen den Willen des Mose den Süd-Nord-Weg gegangen, wahrscheinlich Simeon, Juda, Kain und Kaleb (Ri 1, 1-20), wohl auch Rechab und ein Teil der Leviten (Ri 17,7)(40). Beim Aufbruch aus Kadesch sei also eine Spaltung eingetreten, deshalb die Rede vom Ungehorsam des Volkes. Mose jedoch und der größte Teil des Volkes mit den Heiligtümern und dem Elieserzweig der Mosefamilie seien nach Osten gezogen.
Der „Umweg“ ins Ostjordanland sei also „geschichtliche Tatsache“ (176). Ein Späterer hätte statt des Zurückweichens vor Edom einen glänzenden Sieg erdichtet. Mose hatte den Festungsriegel Jerusalem-Gezer richtig eingeschätzt (41)‚ deshalb umging er ihn und drang von Osten in das Gebiet nördlich von Jerusalem: „Der Angriff von Osten war der strategisch bessere Plan; aber die Spaltung hat zur Eroberung ganz Kanaans durch israelitische
Stämme geführt“ (Seite 241 ,alles Zitate aus Auerbach).
Der „Umweg um Edom“ ist jedoch eher literarisch zu erklären, denn der König von Edom hätte die höfliche Bitte um Durchzug (Num 20,14-21) kaum abschlagen können; ein Sieg über die Edomiter konnte aber kaum erfunden werden, denn er wäre unglaubhaft gewesen
gegen einen so beachtenswerten Gegner mit fester staatlicher Organisation (Gen 36,31!). Man kam deshalb zu dieser etwas gequälten Konstruktion, weil man den Zug durch die Wüste und die Landnahme von Osten (!), die beide in der Tradition vorgegeben waren, literarisch verknüpfen mußte.
In Wirklichkeit jedoch war der Zug von Süd nach Nord erfolgreich gewesen (Noth, Pentateuch, 148f): Kaleb eroberte Hebron und auch bei Horma gab es einen Sieg (Num 21,3 gegen Num 14,45). Die Tradition wurde aber wohl nicht deshalb umgeformt, weil dieses Unternehmen gegen den Willen des Mose geschah (so Auerbach,182), sondern es mußte erfolglos sein, damit der Umweg nach Osten nötig wurde (42).
In Wirklichkeit war aber Mose mit dem Unternehmen wohl einverstanden, er hatte die Südstämme bis an den Rand des Kulturlandes geführt (und war wahrscheinlich vor Vollendung seiner Aufgabe gestorben, wohl bald nach dem Aufbruch von Kadesch (Eißfeldt, Tradition, 49; vgl. Num 21,1-2). Führer der (viel früheren) Landnahme von Osten her war Josua (gegen Rowley,15). Er ist eine Gestalt der mittelpalästinensischen Stämme, Mose dagegen ist eine Tradition der Südstämme (gegen Rowley,15; Eißfeldt, Tradition, 96).
Denkbar ist durchaus, daß es in Kadesch zur Spaltung kam. Mose zog dann entweder mit einem Teil der Gruppen von Süd nach Nord oder mit dem anderen Teil um Edom herum. Jedenfalls scheint er bald nach dem Aufbruch gestorben zu sein. Ein Teil der Stämme wäre also zunächst in die Wohnorte ihrer Vorfahren im Ostjordanland gezogen und dann auf dem gleichen Weg wie diese ins Westjordanland übergewechselt, weil dort das Land besser war oder weil das Ostjordanland von feindlichen Stämmen besetzt war. Jedenfalls trafen sie wieder auf die Hauptmasse ihres Volkes, um vom Auszug und vom Sinai zu berichten. Schwierig bleibt dann nur, daß auch die Stämme, die von Süden her das Land in Besitz nahmen, von den ursprünglichen Rahelgruppen abstammen müßten.
Denkbar ist allerdings auch, daß Gruppen der Rahelstämme, die von Osten gekommen waren, mit ihren Landnahmetraditionen nach Ägypten verschlagen wurden und beim Auszug von dort die Landnahmeerzählungen durch die Auszugstradition ergänzten und bei ihrer Rückkehr an das Heiligtum von Sichem die anderen Gruppen davon unterrichteten. Aber dabei wurde eher die Auszugstradition über Mose auf die Landnahmetradition übertragen als die angebliche ältere Tradition von Mose als dem Führer der Landnahme auf die Auszugstradition.
Man kann den südlichen Teil der Überlieferung jedoch nicht J zuschreiben und den nördlichen an E verweisen (Rowley,15). Auch läßt sich „ein diesen Hergang der Landnahme wiedergebender Erzählungsfaden nicht nachweisen“ (Eißfeldt, Tradition, ,83.95). Das ist gegen Simpson gesagt, der (nach Eißfeldt) die Landverteilung von Süden so ordnete: Num 10,29; 21,1-2; Ri 1,17;19,6;10; 20;10,12-15;.23-25; Num 32,39; Jos 17,1; 9,6-7; 9,14-15.
Es ist jedoch an sich unsachgemäß, die Frage zu stellen, welche von den israelitischen Stämmen in Ägypten gewesen seien. Die Stämme haben sich erst auf dem Boden des Kulturlandes gebildet und dort auch ihre Namen erhalten (Noth, Geschichte, 113; Pentateuch, 53). In Ägypten waren wohl nur kleinere Gruppen, die sich schon immer in der südlichen Wüste aufhielten und Berührung hatten mit jenen Wanderhirten, die im Zuge des Weidewechsels schon ins Kulturland gekommen waren und später die israelitischen Stämme bildeten. Nach der Befreiung aus Ägypten kehrten sie wieder zu den ihnen verwandten Sippen zurück und erzählten dort so eindrücklich vom Meerwunder und dem Bundesschluß (43), daß die anderen Gruppen sich diesem Bund anschlossen.
Vielleicht gab es schon in Kadesch einen Zusammenschluß (R. Kittel, 374; Beyerlin, 165f; Auerbach, 110; Gall, 36; Oßwald, 1154). Auerbach (208) zählt zur Kadesch - Amphiktyonie die Stämme: Levi, Kain, Kaleb, Rechab, Jerachmael, Juda, Simeon, Sebulon, Dan, Naphtali, Ephraim, Manasse. Das wäre also auch ein Zwölfstämmeverband, der aber nachher umgebaut wurde, weil ein Teil der Stämme in Juda aufging oder weiterhin in nomadischer Lebensform weiterlebte.
Doch dürfte hier der Kreis der Stämme zu weit gezogen sein. Oßwald zählt nur Levi, Kain, Kaleb und Joseph dazu, aber auch von Joseph waren bestimmt nur Teile in Kadesch. Auch dürfte Auerbach übertreiben, wenn er (240) meint: „Im nationalen wie im religiösen Sinne ist Kades die Wiege des Volkes Israel“. Vielleicht gab es schon einen Sechs-Stämme-Bund in Südpalästina, aber Sicheres wissen wir erst wieder über den Landtag zu Sichem“.
Aus der großen Bedeutung des Ephraemiten Josua und der führenden Rolle Sichems muß man jedoch nicht unbedingt schließen, daß dieses Ereignis mit der Einwanderung des Hauses Joseph in Zusammenhang steht und die entscheidenden Gruppen gerade in d i e s e m Verband nach Kanaan einwanderten (so Beyerlin 172,5; ähnlich Rad, Theologie, 25; Eißfeldt, Tradition, 92). Die Josephsgeschichte besagt hier wenig, denn sie handelt nicht von Joseph, sondern hat das Thema „Joseph und seine Brüder“. Die große Bedeutung der Gestalt des Joseph rührt daher, daß diese Erzählung im Kreis des „Hauses Joseph“ sich entwickelte (Noth, Pentateuch, 229).
Es wird eher so gewesen sein, daß die Gruppen aus Ägypten in alle (!) Verbände aufgenommen wurden (Noth, Geschichte, 125) (44), unter anderem auch in das „Haus Joseph“, das schon vorher ins Kulturland eingewandert war, hier eine gewisse Bedeutung erlangt hatte und sich wohl um das Heiligtum in Sichern schon zu einer gewissen Größe entwickelt hatte (vgl. Noth, Pentateuch, 57). Aus diesem Grunde wird es dann verhandlungsführend, indem sein Führer die anderen Gruppen „in einer dramatischen Stunde in die Entscheidung für oder gegen Jahwe geradezu gedrängt hat“ (Rad, Theologie, 25f). Diese standen also noch in einem kultischen Gegensatz zu den eben neu angekommenen Gruppen, sie wurden nun aufgefordert, auch Jahweverehrer zu werden (Jos 24,14-15),
Dieser Appell war möglich, weil die Neuankömmlinge in den“ „Alteingesessenen“ ihre Verwandten sahen, mit denen sie sich schon immer einig gewesen waren, besonders auch in religiös-kultischer Hinsicht.
Die gemeinsame Verehrung eines Gottes durch blutsmäßig verschiedene Stämme war wohl Anfang des Jahwismus (Midianiter!), nicht aber des israelitischen Zwölfstämmebundes. Dieser entstand erst durch die „Mission“ einer Gruppe unter den ihr blutsverwandten Gruppen“ (45). Derselbe Sinaibund, in dem sich die Wüstengemeinde an Jahwe gebunden wußte, wird in Sichern im Blick auf den Stämmeverband erneuert“ (Beyerlin, 172).
Nachwort
Im Laufe der Untersuchung hat sich ein recht „konservatives“ Bild von den Anfängen des Volkes Israel ergeben, besonders was die Stellung der Sinaiereignisse und den Beginn des Marsches angeht. Doch ein vorsichtiges Auswerten der Texte dürfte der komplizierten literarischen Überlieferung viel eher entsprechen als das Eintragen religionsgeschichtlicher Parallelen, das vielleicht zu weitgehende Konsequenzen für die Historie hätte. Es geht hier im wesentlichen um eine historische Frage, denn die theologische Frage hängt nicht davon ab, w o die entscheidende Gottesoffenbarung sich ereignete. Eines aber gilt bis heute, auch für uns Christen: Gott offenbart sich in der Geschichte („Meerwunder“) u n d in seinem Wort („Sinai“). Daß Israel diese Doppelheit immer festgehalten hat, ist das große Verdienst des Alten Testaments. Doch das Neue Testament sagt uns noch mehr: In Jesus Christus ist die Einheit von Geschichtsoffenbarung und Wortoffenbarung allen Menschen sichtbar geworden. Durch die Bindung beider Elemente an die Person Jesu ist nun jeder Mensch vor die Entscheidung gestellt, ob er dem Ereignis der Offenbarwerdung Gottes glauben will und ob er ihm antworten will.
Anmerkungen:
An sich wäre es sinnvoller gewesen, alle Anmerkungen auf der jeweiligen Seite unten anzubringen, wie das auch der Professor anmerkt. Da aber die Länge der Arbeit auf nur 40 Seiten beschränkt war, mußte ein Großteil der Anmerkungen ausgelagert werden. Außerdem gingen noch zwei Seiten für das Literaturverzeichnis ab, die hier nicht wiedergegeben sind.
(1) Gegen Smend (145) und Eißfeldt (Ein1eitung, 231; doch vgl. Hexateuch ,44) befindet
sich hinter Vers 20 - 21 ein Einschnitt. Weiser (95) und Rost (54) rechnen die Verse 20 -21 zu E. Aber mit Noth (Mose, 96) ist der Hymnus keiner Quelle zuzuweisen, und wenn schon, dann eher J.
(2) (1) Das Hifil von „nasah“ kommt nur hier im Hexateuch vor
(2) Der Name „Schilfmeer“ wurde in P bisher noch nicht genannt
(3) P schreibt in Ex 16, 1 - 2 und 17,1 „Gemeinde Israel“ (nicht: „Israel“)
(4) P nennt die Wüste „Etham“, nicht „Schur“(vgl. Num 33, 8)
(3) Simpson (187) rechnet Vers 22 zu seiner Quelle J 1, die sich in
Ex 17,1b(Rephidim) fortsetzt. J 2 habe dazwischen seine Erzählung von dem Wasserwunder (V. 23 - 25a) gesetzt, nun aber mit Mara verbunden. Das war (so sagt Simpson gegen Smend, vgl. Anmerkung 1) nach seinem Aufriß durchaus möglich, ohne sich mit Ex 17 zu stoßen, denn dazwischen hat J 2 ja noch die Geschichte von der Wachtel-und-Manna- Speisung. Außerdem sind sich die Wunder nur darin ähnlich, daß beide mit Wasser zu tun haben; die Anklänge erklären sich leicht, ob J 2 nun auf einer unabhängigen Tradition beruht oder J/ nur überarbeitet hat.
(4) Es gibt solche Pflanzen, durch deren Rinde oder Blätter man sonst ungenießbares Wasser trinkbar machen kann (Beer, Seite 85, erwähnt den Sauerdorn); allerdings ist in jener Gegend keine dieser Pflanzen nachgewiesen (so Strack nach Lesseps,214; Baentsch,142).
(5) Baentsch (141) will dieses Stück E zuweisen (einschließlich Vers 22), wegen der Parallelität zu Ex 17,3ff E und wegen der Anklänge an Jos 24 E (vgl. Gen 22, 1 und Ex 20, 20 E). Baentsch läßt aber immerhin die Möglichkeit offen, daß der Redaktor von JE den Vers 22 aus einem J-Zusammenhang übernommen hat. Cornill (32) nimmt eine deuteronomistisch überarbeitete E-Grundlage an, während Hölscher( 307) gar den Grundstock der Verse 22 - 27 zu E rechnet.
(6) Daß es sich um keine „Analogie“ handelt, vgl. Strack, 214.
(7) Die große Zahl von Stellen im Deuteronomium braucht noch nicht Zeichen dafür
zu sein, daß der Vers 25 b ein dtr Zusatz ist, er kann sich durchaus an alte Tradition anlehnen (Baentsch,143).
(8) Fragen kann man nur (mit Baentsch, 142; Strack, 214), wodurch Jahwe das Volk versucht: durch den Wassermangel oder durch das eben gegebene Gesetz, in dem er den Gehorsam des Menschen auf die Probe stellt, etwa wie bei Isaaks Opferung (Auerbach,81).
(9) Nur das Wort „Satzung“ ist für J 1 unwahrscheinlich und wird aus J 2 oder von einem dtr Redaktor stammen, vgl. Dt 4,1.5.8.14 usw.).
(10) Daß zuerst der Name da war, zeigt noch deutlich Ex 15, aDort wird er als bekannt vorausgesetzt und noch nicht erklärt (erst in Vers 23 b). Aber auch wenn man nun nach einer süßen Quelle sucht, braucht man sie doch nicht mit Elim gleichzusetzen, das Meyer (100 - 102) mit Phoinikon identifiziert. Im Gegensatz zu dem Glauben der Ureinwohner und ihrer Nachbarn, die Heilkraft der Quellen gehe auf die Götter des Ortes zurück, sei hier Jahwe energisch als „Arzt Israels“ bezeichnet (Meyer sieht zwischen Vers 25 b und Vers 26 keine Naht!). Die Bezeichnung Jahwes als Arzt entspricht der Gottesvorstellung von D (Baentsch, 140). Das Bild ist vielleicht durch „machlah“(Ps 103, 3; Dt 32, 39) veranlaßt (Strack, 215), oder eine Anspielung auf die Krankheit, mit der die Ägypter geschlagen wurden, vor der Israel aber bewahrt wurde (Baentsch, 140; Noth, Mose, 102; vgl. Dt 7,15 ;28,59.61; 29,21)..Der Vers in seiner gegenwärtigen Form ist ein Versuch, Vers 25 b in Verbindung zu bringen mit der Heilung des Wassers (Simpson, 188). Meyer nimmt sogar eine heilkräftige Quelle an (vgl. 78,1).
(11) Gegen Weiser, 87; Rost, 48; Baentsch, 140; Holzinger, 53; Simpson, 188, trotz der Ähnlichkeit mit Vers 23 a! Baentsch und Meyer behaupten sogar die Identität der Quellen von Mara und Elim.
(12) Beschreibungen der Oase finden sich bei
Guthe: Zeitschrift des deutschen Palästinavereins 1885, 182ff
Palmer: Der Schauplatz der vierzigjährigen Wüstenwanderung Israels
Lawrence: Palestine Exploration Fund Anual, 914-15; 1876,52 - 71
Cart: Au Sinai et dans l' Arabe Pétrée, 1916.
Meyer: Die Israeliten und ihre Nachbarstämme (s.o.), Seite 80.
(13) Sellin (242) jedoch gibt eine Beschreibung der Gegend, nach der es so aussieht, als habe Trumbull das heutige Ain Qedeis mit Ain Guderat in der Kossaima-Ebene einige Kilometer nördlich verwechselt.
(14) Gall (29): „Heiligtum in Renea“( „b“ als Präposition, vgl. Jos 20,7.
Auerbach (114): „bir no“= „Springquell“, frühisraelitischer Name.
Meyer (80,1): Barnea ist der profane Ortsname.
(15) „marij bah“ eine Nominalbildung aus „rieb“ = „der Prozeß“ oder auch ganz allgemein „Gerichtsstätte“ (Baentsch, 140). Die Ableitung von P in Num 20, 10, die Meriba von „marah“ in der Bedeutung „widerspenstig sein“ ableitet, ist vielleicht von Ex 15, 25b abhängig (Eißfeldt, Hexateuch, 45). Daß es sich hier um eine Gerichtsstätte handelte, darauf deuten zwar nicht Stellen wie Ex 15, 25b (so Gall, 32); Ex 18 (so Rad, Hexateuch, 22),aber die Namen „Meriba“ (Noth, Pentateuch, 128) und „Rechtsquelle“ (Gen 14), vielleicht auch Mara (= „Orakelquelle“)
(16) Allerdings könnte auch eine vorjahwistische Namenserklärung (Ätiologie) in eine israelitische umgewandelt worden sein, indem man einfach die Namen Jahwe und Mose einsetzte (Simpson, 436).
(17)
|
Vorisraelitisch |
Israelitisch |
Mara |
Orakelquelle |
Bitterquelle |
Massa |
Prüfungsquelle |
Versuchungsquelle |
Meriba |
Prozeßquelle |
Haderwasser |
(18) Siehe Vers 18f: Die Überschrift handelt nur von Sebulon, der Spruch aber von Sebulon und Issachar. Auch im Inneren des Levispruches fehlt die Adresse völlig. Gegen Kittel (51) ist zu sagen, daß die Überschrift wohl aus dem Spruch selbst herausgebildet ist.
(19) Wahrscheinlich ist die Sammlung Produkt schriftlicher Zusammenfassung, denn kurze Sprüche mit plastischer Ausdrucksweise stehen hier neben langen und in sich uneinheitlichen Sprüchen; die mündliche Überlieferung hätte hier stärker ausgeglichen (vgl. Kitte1, 87). Dabei wurde die Spruchsammlung auch gleich mit einem größeren, zusammengehörigen Psalm (V. 2-5. 26-29) umgeben und ein Prosasatz (Vers 1) vorausgeschickt. Der Psalm ist wohl unabhängig von den Sprüchen entstanden, denn bei einer aktuellen Bildung dürfte man einen glatteren Übergang zu den Sprüchen erwarten. Durch die Redaktionsarbeit ergab sich ein engerer Zusammenhang als etwa bei der Sammlung Gen 49.
(20) Als Sitz im Leben vermutet Rost (96?) „die Versammlung der Stämme Israels zur Feier der Theophanie Jahwes beim Antritt seiner Königsherrschaft über sein Volk, die wir uns in regelmäßiger Wiederkehr als Erinnerung und kultische Wiederholung des in den sakralen Bundesschluß ausmündenden Geschehens der Mosezeit zu denken haben“..Kittel dagegen (3) hält die Sprüche nicht für einen Bestandteil einer „nationalen Kultfeier“, dafür ist ihr Inhalt zu profan. Er geht (77) davon aus, daß die Sprüche Lob und Tadel aussprechen, „und er bestimmt als Sitz „die (gemeinsame) Schlacht gegen (gemeinsame) Feinde“ (vgl. Ri 5). Sprecher und Angesprochene müssen Stämme sein, die bereits gemeinsame Interessen haben, weil das Lob angesichts des Sieges über die Feinde nur dann sinnvoll ist, wenn es sich um gemeinsame Feinde handelt (78). Deshalb stellen die Stammessprüche in der Regel heraus, was sich als das Typische erwiesen hat; sie stehen also am Ende der Entwicklung (75).
(21) Er verwendet dabei die gleiche Methode wie der Jahwist in Gen 49; vgl. auch Num 26 P und die Stammbäume in I. Ch 1-8; es besteht also eine überlieferungsgeschichtliche, nicht literarische Abhängigkeit.
(22) Es ist nicht nötig, wie Kittel (49) und die Konjektur in der hebräischen Bibel „chasad“ zu lesen.
(23) „Dein getreuer Mann“ würde „hächsid“ heißen (König, 223).
(24) Eine Naht zeigt sich auch wieder hinter Vers 9a, denn in Vers 9b - 10 ist das Metrum gestört, nota accusativi und Artikel kommen vor (Kittel 50). In Vers 9 widerspricht das männliche Suffix von „ritiv“ den männlichen und weiblichen Substantiven. Entweder man hat nur die männlichen Glieder als wichtig angesehen (denn mit ihnen wird das ganze Geschlecht ausgerottet!). Oder „em“ ist zu streichen (so erwägt König, 223), da es kein eigenes Verb hat.- Oder zu „ab“ ist noch ein Verb zu ergänzen (etwa „mi hu“; das Verb bei „em“ erhielte dann ein weibliches Suffix). Im gegenwärtigen Text stößt sich jedenfalls Vers 9 a mit Vers.8 b. Man hat deshalb Vers 9 a als Glosse zu „chasidcha“ angesehen (Sellin, 70) oder als Glosse, die die nomina loci in Vers 8 b interpretieren sollen (Kittel, 49f) und mit Levi verbinden sollen (Kitte1, 104).,Nicht auffällig ist dagegen der Wechsel zum Plural in Vers 9 b. Aus Hochachtung vor seinen Traditionsstoffen hat der Redaktor seine Fassung stehen gelassen. Die singularische Fassung ist wohl älter (gegen Kittel, 87). Auch die anderen Sprüche sind so formuliert, der Redaktor fällt nur in den Versen 9b - 10 in den Plural, weil er die Vielzahl der Leviten vor Augen hat; ein solcher Wechsel ist grammatisch erlaubt.
(25) Der Vers 9a will natürlich nicht sagen ,daß Levi nie seine Verwandten gesehen habe, sondern daß er sich durch sie nicht von seinen Pflichten abhalten ließ.
(26) Rad (Theologie, 22) scheint allerdings eine innergeschichtliche Auseinandersetzung, etwa mit den Vorbewohnern der Oase anzunehmen.
(27) Möglicher Nachklang dieser Tradition ist Num 20,12; 27,12ff = Dt 32,48ff; 1,37 (Meyer, 56,1).
(28) Etwas anderes dagegen ist die Geschichte von den 70 Ältesten, die weissagen (Num 11, 16-29)(gegen Meyer, 66). Auch Ex 24, 14c spricht nur von einer zeitweiligen Vertretung des Mose durch Aaron und Hur.
(29) Gegen Auerbach (108) ist das „du hast uns Acker und Weinberge zum Erbteil gegeben“ "(Num 16,14) ironisch zu verstehen: Die Aufrührer meinen nicht die Oase, sondern das Land, in das Mose sie führen will, das er ihnen aber noch nicht präsentieren konnte.
(30) Nicht anführen kann man hier jedoch Ex 34, 10-12, denn es ist zwar ein historischer Prolog zu einem Sinaigesetz, handelt aber nicht vom Auszug, sondern von der Landnahme.
(31) Die Entstehung des Dekalogs kann nur dort angenommen werden, „wo außer der Erfahrung der im Bundesschluß gipfelnden Sinaioffenbarung auch das Wissen um Jahwes Heilstat der Herausführung aus Ägypten lebendig war, wo also mit der Anwesenheit derer gerechnet werden kann, die den Exodus u n d die Gottesbegegnung am Sinai erlebt hatten“ (165).
(32) Es ist (gegen Noth, Geschichte, 123; Pentateuch, ,150ff) anzunehmen, daß dieser „Gottesberg“ mit dem Sinai identisch ist, zumindest ist uns von einem anderen ähnlichen Wallfahrtsheiligtum nichts bekannt. Die abweichende Benennung kann auch verschiedenen Traditionen beruhen, auch der Felsen von Jerusalem hat bei den verschiedenen Religionsgruppen verschiedene Bezeichnungen. Man sollte die Begegnung am Gottesberg (Ex 18) nicht von der Offenbarung am Sinai (Ex 19ff) scheiden [Aber der Gottesberg muß deshalb nicht der Dschebel Musa sein].
(33) Nicht zuletzt ja auch die Israeliten. Auch die Keniter, mit denen die israelitischen Stämme im Kulturland zu tun hatten, waren Jahweverehrer (vgl. Ri 1, 16; I. Sam 15, 6).
(34) Die Offenbarung des Jahwenamens wird nicht ohne Grund v o r den Sinai gesetzt sein. Der Dornbusch ist nicht mit dem Sinai gleichzusetzen, wahrscheinlich aber doch eine „Filiale“ (Meyer ,67) des Gottes vom Sinai.
(35) Zur Wortherkunft (Etymologie) vergleiche: Fohrer, Rad, Theologie 22,20; Noth, Pentateuch, 197.503)
(36) Ein Unterschied zwischen Priestern und Leviten wird nicht gemacht, der ganze Stamm handhabt die priesterlichen Funktionen, es gab auch nicht-levitische Priester (Auerbach, 145); erst die Priesterschrift trennt Priester und Levit (Wellhausen, 147).
(37) Gegen Hölscher (82) und Dt 33,8ff; mit Wellhausen (144). Zu jedem Blutsverband gehört wohl ein eponymer Ahnherr, aber der war eher Levi (Meyer,53).
(38) Mit Meyer (78), R. Kittel (372), Simpson (444), Auerbach (118). Noth (Pentateuch, 236) hält auch das für eine sekundäre Tradition.
(39) In Ex 15,20 wird Mose n i c h t als Bruder Mirjams genannt
(40) Simeon, Ruben, Levi und deshalb auch wohl Juda kamen aber (gegen Auerbach) wohl von Südosten, vgl. Noth, Geschichte, 75.
(41) Woher wußte er denn von diesen Festungen bei Jerusalem?
(42) Die Lokaltradition von Horma wurde nun in das Thema „Führung in der Wüste“ eingebaut und das Motiv der Bestrafung des Volkes eingefügt. Erst so entstand dann die Vorstellung von einem längeren Aufenthalt des Volkes in der Wüste (Noth, Pentateuch, 149).
(43) Gegen Noth, Geschichte, 130; Pentateuch, 66, aber mit Eißfeldt, Tradition, 94f gibt es keinen zwingenden Grund, Meerwunder und Sinaitheophanie auf zwei verschiedene Gruppen zu verteilen. Für eine Aufteilung in eine Kadeschgruppe und eine Horebgruppe reicht das Material nicht aus, der Ablauf der Ereignisse läßt sich auch so gut verstehen, daß dieselbe Gruppe vom Meer zum Sinai und von dort nach Kadesch und nach Südpalästina zog. Noths Vorschlag ist nicht denkbar, er erklärt zwar das „kleine geschichtliche Credo“ von Dt 26 gut als Dokument der Gruppe, die das Meerwunder erlebt hat, aber auch noch mit den alten Erzvätertraditionen über Jakob vertraut war. Diese Gruppe hätte dann beide Themen verbunden und erst eine dritte Gruppe hätte das Thema „Offenbarung am Sinai“ hinzugefügt und die Gestalt des Mose in sie eingefügt (Noth, Pentateuch, 177; dagegen Beyerlin, 34). Aber damit ist noch nicht erklärt, woher die zweite Gruppe v o r dem Sinai ihren Jahwismus hatte.
(44) Deshalb tritt die Sinai-Mose-Tradition nachher auch in allen Stämmen auf.
(45) Gegen Eißfeldt (Tradition, 96) ist also zu sagen, daß die Südstämme durchaus eine entscheidende Rolle gespielt haben, vgl. Beyerlin (172,1).
Die Meinung Kaisers zu diesem Thema:
Für die Entstehung des Jahwismus sind drei Kultkreise notwendig: Die Vätertraditionen, die Sinaiutradition und die Kadeschtradition. Mose haftet an Kadesch (vor allem als Gesetzgeber).Von dort zog eine nicht unbedeutende Gruppe auf dem geschichtlich wohl einzig möglichen Weg durch das Ostjordanland zum Gebirge Ephraim. Nur bei einer starken Gruppe läßt sich erklären, warum sich ihre Gottesanschauung durchsetzte, die durch die Josephsnovelle bestätigt wird. Es gab also keine Aufteilung der Gruppen aus Ägypten auf alle Stämme. Aus dem Kreis der Sichemgruppen erwuchs dann in einer späteren Generation Josua, der einen neuen Bundesschluß herbeiführte (so daß also weder Mose noch Josua die Führer bei der Landnahme waren).
Dem entspricht auch Alt „Josua“: Josua ist eine ephraemitische Gestalt, die sekundär in die Landnahmetradition Benjamins aufgenommen wurde und tertiär als Führer des ganzen Volkes erscheint und dann auch in den Pentateuch aufgenommen wird. Zur Herkunft der Israeliten meint Alt übrigens, daß sie nicht aus Mesopotamien stammen (Abraham!), sondern aus der südlichen Wüste.
Professor Otto Kaiser beurteilte die Arbeit für das Hauptseminarr mit II /III = gut bis befriedigend und schrieb dazu: „Formal weist die Arbeit noch einige Schönheitsfehler auf: Die Überschriften des fortlaufenden Textes erscheinen nicht vollständig im Inhaltsverzeichnis. Vielleicht hätte Verfasser seine Anmerkungen auch besser unter dem fortlaufenden Text angebracht.
Grundsätzlich hat Verfasser das schwierige Thema methodisch richtig angefaßt. Seine Beweisführung wäre aber eindrucksvoller gewesen, wenn er alle auf Kadesch bezüglichen Texte mit der Gründlichkeit von Ex.15 ,22ff. und Dtn.53, 8ff behandelt hätte. Statt dessen hat er versucht, die Kadeschtradition in den größeren geschichtlichen Zusammenhang einzuordnen, was natürlich in gewisser Weise noch zu seiner Aufgabe gehörte, wobei er aber notwendig zu sehr ins Schlepptau der Sekundärliteratur kommt, ohne daß die angewandte historische Methode deutlich würde. So hätte Verfasser besser daran getan, die Kadeschtraditionen ausführlicher zu würdigen und sich abschließend darauf zu beschränken, die sich angesichts des gewonnenen Ergebnisses zeigenden Probleme
zu formulieren und dabei eventuell Fragen an das von Noth vertretene Geschichtsbild zu richten. Der Fleiß des Verfassers ist unübersehbar und soll ausdrücklich anerkannt werden.
Marburg, den 30. April 1963 II/III = gut bis befriedigend.