Kirchensteuer

 

Jede Kirchengemeinde dankt allen, die es mit Kirchensteuer und anderen Mitteln der Kirche ermöglichen, ihren Auftrag zu erfüllen.

 

Die Kirche hat den Auftrag, mit ihrem geordneten Dienst die Botschaft von Jesus Christus mit Wort und Tat weiterzutragen. Sie sammelt Menschen zu Predigt und Abendmahl, Unterricht und Gespräch. Sie ruft auf zu Diakonie (Krankenhäuser, Kindergärten, Altenheime) und Mission. Sie braucht Menschen, die an diese Aufgabe die Zeit und die Kraft ihres Lebens hingeben. Dafür muß sie ihnen ihren Lebensunterhalt sichern. Die Kirche braucht auch zeitgemäße technische Hilfsmittel, Gebäude für Versammlungen, Wohnungen für die Mitarbeiter und eine funktionierende Verwaltung.

Um all dies tun zu können, braucht die Kirche den Einsatz von Menschen. Aber sie ist auch auf Geld angewiesen. Den Großteil ihrer Einnahmen bezieht sie aus der sogenannten „Kirchensteuer“. Sie ist aber keine echte Steuer, denn Steuern erhebt nur der Staat. Von der „Kirchensteuer“ kann man sich aber durch Austritt aus der Kirche befreien. Sie ist im Grunde längst zu einer freiwilligen Abgabe geworden, weil sie nicht mehr auf dem Wege der Zwangsvollstreckung beigetrieben werden kann. Die Kir­chen­steuer ist eine Art Mitgliedsbeitrag. Sie wird erhoben von jedem Berufstätigen, sei er nun abhängig beschäftigt oder selbständig.

Die Kirchensteuer ist als eine geordnete Abgabe eine alle Mitglieder gleichmäßig belastende Mindestanforderung, die untere Grenze der für ein Jahr erwarteten Abgabe. Aber sie ist kein Opfer, denn letztlich tut sie nicht weh im Vergleich zu anderen Abgaben.

Man kann aber nicht sagen: „Ich gebe meine Steuer nur für diesen Zweck!“ oder: „Sollen doch die die Unkosten zahlen, die zum Gottesdienst gehen. Ich mache die Kirche nicht dreckig!“ Für den rein kirchlichen Betrieb würden die Opfergaben wohl reichen. Neben die Kirchensteuer treten noch Kollekten und Spenden und Vermächtnisse (Erbschaft). Diese erbittet die Kirche für bestimmte Aufgaben und Anlässe in der Kirche, das Gemeindeglied setzt selber die Höhe der Zahlung fest. Aber die Spenden reichen nicht für die Gebäude und die oft umfangreiche Diakonie (die ja allen Bürgern zugute kommt!). Auf der anderen Seite ist die Kirche auch wieder für alle ihre Glieder da und steht ihnen unabhängig vom Grad ihrer Aktivität zur Verfügung.

 

 

Wer zahlt Kirchensteuer?

Im Wesentlichen zahlen Arbeitnehmer mit eigenem Einkommen und Selbständige die Kirchensteuer. Wer keine Einkommensteuer zahlt, zahlt auch keine Kirchensteuer. Keine Kirchensteuer zahlen in der Regel Schülerinnen und Schüler, Studierende, Rentnerinnen und Rentner sowie Personen mit geringem oder keinem zu versteuerndem Einkommen.

 

Wie wird die Kirchensteuer berechnet?

Die Höhe der Kirchensteuer richtet sich nach dem Einkommen und den dafür zu zahlenden Steuern. Das sind etwa zwei Drittel der rund eine Million Kirchenmitglieder der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck. Oder umgekehrt: Nur ein Drittel der Kirchenmitglieder verdienen so viel, daß sie Kirchensteuer zahlen. Die Kirchensteuer beträgt zur Zeit 9 Prozent der Einkommensteuer. Um ein zu starkes Anwachsen der persönlichen Kirchensteuerbelastung zu vermeiden, besteht bei höheren Einkommen die Möglichkeit, auf Antrag die Kirchensteuer ab Veranlagungszeitraum 2004 auf 3,75 Prozent des gesamten zu versteuernden Einkommens zu begrenzen. Ein so genannter Kappungsantrag rechnet sich allerdings erst ab einem zu versteuernden Jahreseinkommen von 265.388 Euro bei Ledigen und 530.744 Euro für Verheiratete. In allen übrigen Fällen ist der normale Steuersatz günstiger.

Die Kirchensteuer vermindert sich jedoch um 30 bis 50 Prozent, weil sie als Sonderausgabe bei der Einkommensteuer-Erklärung vom Einkommen abgesetzt werden kann. Von nichtkirchlicher Seite wird das kritisiert, weil der Staat hier angeblich auf Einnahmen verzichtet. Aber dieses Geld bekommen natürlich nicht die Kirchen, sondern die Bürger: Sie zahlen weniger Steuern, weil sie die Kirchen unterstützen. Der Staat geht dabei davon aus, daß es der Gemeinschaft dient, wenn man die Kirche finanziell unterstützt. Genauso wie Spenden für gemeinnützige Organisationen bis 20 Prozent des Gesamtbetrages der Einkünfte steuermindernd geltend gemacht werden können, gilt das denn auch für die Kirchensteuer.

 

 

Beispiele:

Die Kirchensteuer orientiert sich an der finanziellen Leistungskraft des Einzelnen, denn sie richtet sich nach dem persönlichen Einkommensteuer-Tarif. Deshalb hier einige Beispiele:

Alleinerziehend, ein Kind bis 16 Jahre, Bruttoarbeitslohn:

17.500 Euro im Jahr. Abzüglich der Steuerfreibeträge zu versteuerndes Einkommen: 7.623 Euro. Kirchensteuer: 0,00 Euro

Single, Bruttoarbeitslohn: 36.000 Euro im Jahr. Abzüglich der Steuerfreibeträge zu versteuerndes Einkommen: 32.919 Euro. Kirchensteuer: 626 Euro. Abzüglich der Steuerersparnis durch Abzugsfähigkeit der Kirchensteuer als Sonderausgabe tatsächliche Kirchensteuer: 425 Euro

Familie, beide berufstätig, zwei Kinder, Bruttoarbeitslohn: 40.000 Euro im Jahr. Zu versteuerndes Einkommen abzüglich der Steuerfreibeträge: 23.678 Euro. Kirchensteuer: 0,00 Euro

Familie, beide berufstätig, zwei Kinder, Bruttoarbeitslohn: 60.000 Euro im Jahr. Zu versteuerndes Einkommen abzüglich der Steuerfreibeträge: 35.520 Euro. Kirchensteuer: 150 Euro. Tatsächlich gezahlte Kirchensteuer: 130 Euro.

Paar, eine/r berufstätig, keine Kinder, Bruttoarbeitslohn: 150.000 Euro im Jahr. Abzüglich der Steuerfreibeträge zu versteuerndes Einkommen: 144.882 Euro. Kirchensteuer: 4.276 Euro.

Tatsächlich gezahlte Kirchensteuer: 2.380 Euro.

 

Unterschiedliche Zugehörigkeit bei Ehegatten:

Wenn ein Partner evangelisch und ein anderer katholisch ist, wird die Kirchensteuer auf beide Kirchen verteilt. Wenn der Partner, der das Familieneinkommen erarbeitet, keiner Kirche angehört, dann wird das besondere Kirchgeld erhoben, das jedoch erheblich niedriger als die Kirchensteuer ist. Es richtet sich nach der Höhe des Familieneinkommens, nämlich 96 Euro Das besondere Kirchgeld beträgt pro Jahr bei einem zu versteuernden Einkommen von 35.000 Euro und 540 Euro bei einem Einkommen von 75.000 Euro. Die Kirche folgt mit diesem Modell der Steuergesetzgebung. Die Familie leistet damit für den Teil einen Beitrag, der Mitglied der Kirche ist. Früher gab es eine andere Regelung.

 

Ehegattensplitting:

Wenn ein Ehepaar wie üblich bei der Einkommenssteuer das „Ehegattensplitting“ beantragt, dann wird das jeweilige Einkommen der Ehegatten zusammengezählt und dann geteilt und getrennt versteuert. Das ist für das Ehepaar günstiger, weil dann die „Steuerprogression“ gemindert wird und das Ehepaar insgesamt weniger bezahlt. Wenn aber ein Ehepartner einen Teil des Einkommens auf den anderen überträgt, dann muß sie sich auch gefallen lassen, daß dieser Teil des Einkommens auch zur Kirchensteuer herangezogen wird.

Die Redaktion „Panorama“ hat in der Sendung vom 6. Mai 2012 das Thema „Kirchensteuer“ in recht bissiger Form aufgegriffen, so daß man merkte, daß die Moderatorin mit der Kirche nicht viel am Hut hat. Es wäre aber gut gewesen, wenn sie genauer recherchiert hätte bzw. bessere Gesprächspartner gehabt hätte. Zuerst ging es um die Gebühren beim Kirchenaustritt. Dabei handelt es sich um eine Gebühr der bürgerlichen Gemeinde. Es geht also nicht um ein „Nachtreten“ der Kirche, die von dieser Gebühr gar nichts hat.

Dann ging es um den Mann, der 1980 durch mündliche Erklärung aus der katholischen Kirche ausgetreten war und für 1999 bis 2002 zur Kirchensteuer herangezogen worden war. Dabei ist es unerheblich, daß dieser „Austritt“ in der DDR erfolgte, denn auch dort galt er nur, wenn er vor dem Kreisgericht (Amtsgericht) erfolgte, meist aber durch Vermittlung der polizeilichen Meldestellen.

Der Mann muß irgendwann einmal auf seiner Steuererklärung in dem entsprechenden Käst­chen eingetragen haben, daß er katholisch sei. Nur aufgrund dieser Erklärung zieht das Finanzamt die Kirchensteuer für die Kirche ein. Das Finanzamt prüft die Richtigkeit dieser Erklärung nicht nach, gleicht also nicht mit den Unterlagen der Kirche ab.

 

Schließlich ging es um das Ehepaar, wo der frühere Katholik angeblich Kirchensteuer an die evangelische Kirche zahlt. Das ist natürlich falsch. Ursache für diese Forderung ist das deutsche Steuerrecht, in dem es das Ehegattensplitting gibt: Das jeweilige Einkommen der Ehegatten wird zusammengezählt, dann geteilt und getrennt versteuert. Das ist für das Ehepaar günstiger, als wenn ein Ehepartner durch die Progression viel mehr bezahlt. Wenn aber - wie in diesem Fall - ein Teil des Einkommens des Mannes auf die Frau übertragen wird, dann muß sie sich auch gefallen lassen, daß dieser Teil des Einkommens auch zur Kirchensteuer herangezogen wird. Es ist ungünstig, wenn dieser Teil als „besonderes Kirchgeld“ extra ausgewiesen wird, an sich handelt es sich um die übliche Versteuerung des Einkommens der Frau.

Leider hat auch der Mann der Kirche den Sachverhalt nicht richtig erklärt. Es geht nicht darum, daß der Mann die Frau liebt und deshalb für sie mit bezahlt, sondern hier handelt es sich um eine klare rechtliche Regelung im Steuerrecht. Aber auch abgesehen davon hat die Frau einen Anspruch auf die Hälfte des Familieneinkommens, auch wenn sie gar nicht berufstätig ist, denn sie trägt ja auch ihren Anteil an den Aufgaben der Familie bei. Der Mann hätte die Zahlung der Kirchensteuer auch ganz einfach vermeiden können, indem er eine getrennte Veranlagung bei der Einkommenssteuer beantragt hätte. Dann hätte er die angebliche Kirchensteuerzahlung vermeiden können, aber sehr viel mehr Einkommensteuer bezahlen müssen (die Kirchensteuer beträgt ja nur 8 oder 9 Prozent der Einkommenssteuer). Wenn ein Ehepartner nicht der Kirche angehört und eine Unterstützung der Kirche vermeiden will, dann muß er nur auf das „Ehegattensplitting“ verzichten, muß dann aber sehr viel mehr Einkommensteuer bezahlen

 

Steuereinzug durch Finanzämter:

Der automatische Kirchensteuerabzug war allerdings schon bei seiner Einführung umstritten. Die evangelische Landeskirche in Württemberg sträubte sich bis 1955 dagegen. Aber der Einziehung der Kirchensteuer durch die Finanzämter hat manche Vorteile. Vor allem werden alle gemäß ihrem Einkommen gleichmäßig besteuert. Das Finanzamt zieht einfach 8 oder 9 Prozent der Lohnsteuer bzw. Einkommenssteuer noch einmal vom Bruttoverdienst ab und überweist das Geld an die Kirchen. Es erhält dafür drei Prozent der Steuer als Unkostenbeitrag und macht es damit viel billiger als eine eigene kirchliche Steuerverwaltung (diese würde erfahrungsgemäß bis zu 20 Prozent kosten). Aber die 3 Prozent für das Finanzamt sind heute auch schon wieder zu hoch, denn das Geld wird ja automatisch durch den Computer abgezogen, es muß nur das Geld an die Gemeinden überwiesen werden Der Staat erhält deutlich mehr, als es ihn kostet, vor allem im Zeitalter der Computer.

Aber für die Kirchen ist das in der Tat dennoch kostengünstig: Die Kirchen sparen angeblich jährlich 1,8 Milliarden Euro, weil der Staat ihnen die Kirchensteuern einkassiert. Der Betrag ist nur vermutet, spielt aber auch gar keine Rolle. Weil die Kirche ihre Ausgaben für Verwaltungszwecke geringhalten will, bedient sie sich der staatlichen Dienstleistung. So kann sie mehr Geld für ihre eigentlichen Aufgaben bereitstellen. Das Finanzamt zieht die Beträge ein und überweist sie gesammelt an die Kirche. Das ist diskret und anonym. Der Pfarrer weiß nicht, wer von seinen Leuten Kirchensteuer bezahlt, angeblich aus Datenschutzgründen. Die Kirche erhält nur vom Finanzamt die Gesamtsumme, aber keine Angaben, wer sie im Einzelnen aufgebracht hat. Die Kirche kann sich deshalb in der Regel bei niemandem gezielt bedanken. Andererseits kann auch niemand aufgrund seiner besonders hohen Kirchensteuerzahlungen besonderen Einfluß für sich reklamieren.

 

Man muß allerdings dazu sagen, daß ein großer Teil des Einkommens steuerfrei ist und des­halb auch bei der Kirchensteuer nicht berücksichtigt wird. Deswegen hat man auch in vielen Gemeinden noch das Kirchgeld, das von der Kirche eingezogen wird, so daß diese eine eigene Steuerkartei hat. Die Kirchensteuer ist nur der Mindestbeitrag. Vielleicht ginge die Kirchensteuer zurück, wenn sie nicht mehr vom Staat eingezogen würde. Aber viele würden auch den gleichen Betrag frei­willig zahlen, den sie bisher schon durch Kirchensteuer und Spenden aufbringen.

 

Diese Praxis bringt Probleme: Man kann seinen Eintritt oder Wiedereintritt in die Kirche einfach dadurch erklären, daß man den Arbeitgeber bittet, bei der Meldung an das Finanzamt in dem entsprechenden Kästchen eine Konfession mit anzugeben. Arbeitgeber und Finanzamt prüfen diese Angabe nicht nach, gleichen sie nicht mit den Unterlagen der Kirche ab (Die Kirchenmelden zwar ihre Gemeindeglieder, aber wer beim Finanzamt wird das abgleichen?). Und wenn der Betreffende dann umzieht, erhält das Pfarramt von Einwohnermeldeamt nur die Mitteilung „Gemeindeglied zugezogen“.

Beim Austritt ist es nicht so einfach, da wird vom Finanzamt eine Austrittserklärung vor dem Amtsgericht verlangt. Aber auch wenn jemand vor dem Amtsgericht aus der Kirche ausgetreten ist, kann er (steuerlich) wieder zur Kirche gehören, indem er beim Arbeitsgeber seine Konfession angibt und damit seine Bereitschaft zur Zahlung der Kirchensteuer erklärt. Und dann kann der die „Dienstleistungen“ der Kirche in Anspruch nehmen, wenn er seine Bereitschaft zur Zahlung der Kirchensteuer erklärt.

An sich ist das absurd, denn in die Kirche kann man nur (wieder) eintreten durch ein besonderes kirchliches Verfahren. Umgedreht kann jemand aus der Kirche austreten, wenn er einfach das entsprechende Kästchen in der Steuererklärung nicht ausfüllt. Das Pfarramt erfährt davon nichts, es erhält nur die förmlichen Austrittserklärungen vom Amtsgericht. Das ist auch wieder absurd, aber durchgehende Praxis. Der Pfarrer weiß nicht, wer von seinen Leuten Kirchensteuer bezahlt

 

Wie hoch sind die Kirchensteuereinnahmen der Kirche von Kurhessen-Waldeck?

Die Finanzen der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck hängen zu mehr als vier Fünftel von der Kirchensteuer ab. Für die Zukunft ist mit real sinkenden Einnahmen aus der Kirchensteuer zu rechnen. Das hat zwei Gründe: Zum einen reduziert sich die Zahl der Mitglieder der Landeskirche, vor allem durch die Bevölkerungsentwicklung, um jährlich durchschnittlich 0,68 Prozent. Zum anderen hängt die Kirchensteuer entscheidend von der Entwicklung der Wirtschaft sowie der Lohn- und Einkommensteuerentwicklung ab. Hier mindern die Steuerreformen mit höheren Freibeträgen und sinkenden Steuersätzen die Einnahmen.

Im Jahre 2004 hatte die Evangelische Kirche von Kurhessen-Waldeck einen Gesamthaushalt (landeskirchlicher Teil) von  122.242.000 Euro und einen Kirchensteueranteil von 69.500.000 Euro.

 

Kirchgeld:

Früher gab es in den Kirchen auch noch das Kirchgeld, das die Kirchen selber erhoben. Es war aber pauschaliert und ziemlich gering, zehn oder zwanzig Mark im Jahr. Wegen der hohen Kosten für die Erhebung verzichten die hessischen Kirchen seit Jahrzehnten (etwa 1970) auf dieses Kirchgeld. Das führt aber dazu, daß zum Beispiel in der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck nur ein Drittel der Gemein­de­glieder über das Finanzamt Kirchensteuer bezahlt. Dies ist ein Beispiel dafür, daß die angeblich geldgierige Kirche auch in finanzieller Hinsicht positive Seiten hat.

Aber wenn ein Ehepaar im Jahr 500 Euro Kirchensteuer zahlt, dann ist ein zusätzliches Kirch­geld von 84 Euro eine Zumutung. Wer Kirchensteuer zahlt, sollte nicht noch Kirchgeld zahlen sollen. So hat es die frühere Ev.-Luth. Kirche in Thüringen gemacht. Die Bittbriefe trug die Gemeinde aus, die Leute brachten das Geld oder überwiesen es. Das ist eine gerechte Lösung, die die Kirchensteuerzahler von weiteren Verpflichtungen freistellt. Aber auch dieses ist nur ein freiwilliges Kirchgeld. Jeder Verein verlangt einen Mitgliedsbeitrag, da sind 20 Euro im Jahr noch ein vergleichsweise geringer Betrag. Studenten und Sozialhilfeempfänger sollte man weitgehend freistellen. Aber ein ganzer Teil der Rentner könnte durchaus herangezogen werden. Irgendeinen Beitrag sollte jeder zahlen, um seine Zugehörigkeit zu dokumentieren. Noch besser wäre natürlich, er wäre nicht nur passives Mitglied, sondern nähme aktiv am Leben der Gemeinde teil.

Ganz ungünstig ist die Praxis in Bayern: Im Jahre 2007 versandte die Evangelische Kirche in München ein Schreiben an neu zugezogene Gemeindeglieder eine Aufforderung zur Zahlung von Kirchgeld, das die meisten wohl nicht von ihrem früheren Wohnort kannten. Das Schreiben weist zwar darauf hin, daß in Bayern die Kirchensteuer nur 8 Prozent der Lohnsteuer beträgt. Aber der Ton ist doch drohend, so ungefähr: „Wenn Sie das Kirchgeld nicht zahlen, dann nützt Ihnen die ganze Kirchensteuer nichts, dann werden Sie trotzdem nicht kirchlich beerdigt!“ Allein so ein Tonfall verärgert doch, auch wenn das Gemeindeglied gutwillig ist. Aber andere sagen dann: Wenn das so ist, dann spare ich mir auch die Kirchensteuer.

Klar kann man sagen: Bei einer Million Kirchenglieder sind das 20 Millionen im Jahr, die den örtlichen Gemeinden zugute kommen. Aber ob damit der entstandene Ärger und Unmut aufgewogen wird, ist jedoch fraglich. Wenn man aber meint, an der bisherigen Regelung festhalten zu müssen, dann könnte man doch wenigstens den Brief anders formulieren. Zunächst einmal könnte man sich bedanken für die Zahlung der Kirchensteuer. Nirgendwo geschieht das - jahrzehntelang - auch in der Presse wird nicht berichtet über die Verwendung der Gelder. Dann könnte man um Verständnis werben, daß nun auch noch die Kirchengemeinde einen Beitrag will. Es muß unbedingt gesagt werden, wozu dieses Geld gebraucht wird. Und es muß alles als Bitte formuliert sein und nicht gleich mit der Androhung von Sanktionen verbunden. Dazu ist immer noch Zeit, wenn mehrfach nicht gezahlt wurde.

Manche treten dann als Rentner wieder in die Kirche ein, weil es dann nichts mehr kostet, die Dienstleistungen der Kirche aber kostenfrei sind. Man kann sogar sein ganzes Leben zur Kirche gehören, ohne je einen finanziellen Beitrag geleistet zu haben, zum Beispiel als Arbeitslosengeld II-Empfänger. Das ist an sich nicht für richtig, das gibt es in keinem Verein.

Manche treten dann als Rentner wieder in die Kirche ein, weil es dann nichts mehr kostet, die Dienstleistungen der Kirche aber kostenfrei sind. Man kann sogar sein ganzes Leben zur Kirche gehören, ohne je einen finanziellen Beitrag geleistet zu haben, zum Beispiel als Arbeitslosengeld II - Empfänger. Man muß aber fragen, ob das richtig ist, denn das gibt es in keinem Ver­ein. Irgendwie müßte die Zugehörigkeit zur Kirche auch beim Geld deutlich werden.

Wo kein Kirchgeld erhoben wird, bleibt aber immer die Möglichkeit, der Kirche Geld zu spenden, das dann aber allein der eigenen Gemeinde zugute kommt (Kontonummern der Kirchengemeinde und der Bürgerstiftung der Kirchengemeinde kann man im Internet finden).

 

Diskussion in der Öffentlichkeit:

Das Thema „Kirche und Geld“, die Berechnung und Verwendung von Kirchensteuern wird in der Öffentlichkeit immer wieder diskutiert. Dazu kommt noch, daß auch die Leistungen des Staates an die Kirchen als überholt angefochten werden. Ein Problem ist in der Tat: Das Staatsvolk ist nicht mehr gleichbedeutend mit dem Kirchen­volk und die vom Staat ursprünglich garantierte Religionsausübung wird nur von sieben bis acht Prozent der Be­völkerung im Gottes­dienst praktiziert.

Formell gehören den großen Kirchen noch 66 Prozent der Bürger an, von denen sie rund 17 Milliarden Mark Kirchensteu­er beziehen. Daneben erhalten sie jährlich weitere 11,5 Milliarden Mark aus den Haushalten von Bund, Ländern und Ge­meinden. Viele Kirchenmitglieder sind nur Kirchensteuer-Christen und die Kirche ist für sie nur eine Sparkasse für das Feierliche im Leben. Andererseits steht die Kirche mit ihren „Dienstleistungen“ jedem Steuerzahler gleichmäßig zur Verfügung (Einer hat es einmal so ausgedrückt: „Das ganze Volk will kirchlich begraben werden, um anständig unter die Erde zu kommen“). Ein gewisser „Mindest-Service“ wird jedem geboten, wenn er nur zahlt.

Natürlich ist die Kirchensteuerzahlung kein Spiegelbild der Gläubigkeit der Christen. Aber oft macht man auch die Erfahrung, daß in einer für ungläubig gehaltenen Familie ein strahlender Glaube aufleuchtet. Andererseits kann man selbst bei einer völlig freiwilligen Zahlung der Kirchenbeiträge nicht auf der Grad der Gläubigkeit schließen.

Geht man aber nur von der niedrigsten Quote von drei Pro­zent Kirchenbesuchern aus, so versammeln sich von den über 52 Millionen Kirchenzugehörigen jeden Sonntag 1,584 Millionen Gottesdienstbesu­cher, weitaus mehr, als auf allen Sportstät­ten der Republik an den Wochenenden an­zutreffen sind. Es gibt keine andere Grup­pierung in diesem Land, die sich mit einer solchen Zahl von Menschen darstellen könnte.

Der Sonntagsgottes­dienst ist aber nur eine, wenn auch besonders wichtige Form kirchlichen Lebens. Hinzu muß man die Menschen rech­nen, die unter der Woche die Vielzahl ande­rer Gemeindeveranstaltungen ‑ zum Bei­spiel Konfirmandenunterricht, Gemeinde­abende, Seminare, Chorabende, Bibelkrei­se, Jugendtreffs und andere mehr besu­chen oder kirchliche Amtshandlungen wie Trau­ung oder Beerdigung in Anspruch nehmen ‑ ihre Zahl geht noch einmal locker in den Millionen‑Bereich. Die Kirchen sind gar nicht so leer.

 

 

Argumente gegen Staatsleistungen an die Kirche:

Christian Sailer, Rechtsanwalt in Marktheidenfeld, hat m Jahr 2001 die Argumente gegen Staatsleistungen an die Kirche zusammengefaßt:

In Deutschland erscheinen nur mehr sieben Prozent der Bevölkerung zum Sonntagsgottesdienst der sogenannten Großkirchen. Formell gehören ihnen gegenwärtig noch 66 Prozent der Bürger an, von denen sie rund 17 Milliarden Mark Kirchensteuer beziehen. Daneben erhalten die Kirchen jährlich weitere 11,5 Milliarden Mark aus den Haushalten von Bund, Ländern und Gemeinden. Das kirchliche Grundstücks- und Kapitalvermögen wird auf mehrere hundert Milliarden Mark geschätzt, das Kapital- und Anlagevermögen der Katholischen Kirche auf 80 bis 100 Milliarden Mark, mit jährlichen Kapitaleinkünften in Höhe von rund 5 Milliarden Mark. Steuern bezahlen die Kirchen für diese Zuflüsse keine; vielfach auch keine Gebühren und Kosten für öffentlich-rechtliche Leistungen. Für öffentliche Sozialeinrichtungen (Kindergärten, Altenheime, Krankenhäuser) geben sie etwa fünf bis acht Prozent ihrer Kirchensteuereinnahmen aus.

Diese Daten werden gerne verschleiert. Soweit man ihrer habhaft wird, erweist sich das „soziale Engagement“ der Kirchen eher als frommes Märchen und die Behauptung, ohne die kirchenfinanzierte Sozialarbeit breche das bundesdeutsche Sozialsystem zusammen, als weniger fromme Erpressung. Daß es auch mit der religiösen Resonanz der Kirchen nicht mehr weit her ist, dokumentieren die leeren Kirchenbänke. Immer drängender stellt sich deshalb die Frage, ob die milliardenschwere staatliche Finanzierung einer Kirchenbürokratie ohne Gläubige und ohne angemessenen sozialen Einsatz länger zu rechtfertigen ist.

 

Hauptkategorien kirchlicher Einnahmen:

1. Die altrechtlichen Staatsleistungen:

Sie gehen auf die „Säkularisation“ (Verweltlichung) zurück. Im Reichsdeputationshauptschluß im Jahr 1803 wurde das Kirchengut von Stiften, Abteien, Klöstern und Bistümern den weltlichen Fürsten übertragen. Diese Güter sind zumeist noch heute in staatlichem Eigentum. Damals über nahmen die Landesherren als Ausgleich die Verpflichtung, die Besoldung und Versorgung der Pfarrer - sofern erforderlich - sicherzustellen. Es handelt sich also um eine Art von Pachtersatzleistungen. Die regelmäßigen Zahlungen sollen gegen eine angemessene Entschädigung aufgehoben werden. Da diese Ablösung allerdings eine erhebliche Einmalleistung seitens des Staates bedeuten würde, ist es bisher nicht dazu gekommen.

Die Fürsten wurden im Gegenzug verpflichtet, für die „feste und bleibende Ausstattung der Domkirchen ... und der Pensionen für die aufgehobene Geistlichkeit zu sorgen“. Aus diesen ersten Rechtsakten entwickelte sich die Anschauung, daß der Staat nicht nur für die „Domkirchen“ und die ,,Pensionen“ der Geistlichkeit aufzukommen habe, sondern einer allgemeinen Rechtspflicht unterliege, den Kirchen finanziell unter die Arme zu greifen. Daraus wiederum entwickelte sich ein wahrer Wildwuchs von finanziellen und naturalen Leistungen auf allen staatlichen Ebenen für alle denkbaren kirchlichen Einrichtungen, von der Pfarrerbesol­dung über Kirchenbaupflichten bis zur Lieferung von Holz und Getreide und zur Stellung von Meßwein und Kerzen [Baulast­ver­pflichtung und Naturallasten stammen aus anderen Quellen].

Durch die Einführung der Kirchensteuer wurden die altrechtlichen Staatsleistungen nicht beseitigt, sondern die Mitgliedschaftsteuer trat neben die staatlichen Leistungen. Um beides nebeneinander zu rechtfertigen spricht man davon, daß der Staat die Gruppen seiner vielfältigen („pluralen“) Gesellschaft in vielfältiger Weise fördere, um ihre Freiheit zu sichern.

 

2. Freiwillige Subventionierung durch Kostenerstattungen:

Von den eigentlichen Staatsleistungen zu unterscheiden sind Kostenerstattungen aus staatlichen Mitteln an die Kirchen für die Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben. Dazu gehört beispielsweise der Betrieb von Kindergärten, Altenheimen oder Krankenhäusern. Diese Zuwendungen erhalten alle Wohlfahrtseinrichtungen, nicht nur Diakonie (evangelisch) und Caritas (katholisch). Aber auch zweckgebundene Zuschüsse zur Erhaltung besonderer Bau- und Kulturdenkmäler gehören dazu

Bund, Länder und Gemeinden stellen als Förderungsmaßnahmen zugunsten der Kirchen und deren Einrichtungen weitere Mittel in ihre Haushalte - beispielsweise für die Militärseelsorge, für den Religionsunterricht an öffentlichen Schulen, für theologische Lehrstühle usw. Dazu kommen Finanzhilfen für Jugendhilfe, Erwachsenenbildung und Denkmalpflege. Die Finanzhilfen für den religiös kirchlichen Bereich fließend ineinander über - etwa wenn Mittel des Landesjugendplanes für Jugendräume zu Pfarrheimbauten führen oder Ausgaben für „Schule und Bildung“ für Exerzitienhäuser, Diözesanseminare und pastorale Ausbildungsstätten verbraucht werden.

 

3. Kostenübernahme im Bereich gemeinsamer Angelegenheiten von Staat und Kirche:

Hierzu gehören etwa der Religionsunterricht, die Seelsorge in der Bundeswehr, die Gefängnisseelsorge und Ähnliches. Die Kostenübernahme beruht darauf, daß der Staat Träger der betroffenen Anstalten und Einrichtungen ist und dort die Religionsfreiheit nach Artikel 4 beziehungsweise den Religionsunterricht als Teil des staatlichen Bildungsauftrages nach Artikel 7 des Grundgesetzes gewährleistet. Allerdings wird ein beträchtlicher Teil der dafür nötigen finanziellen Aufwendungen von den Kirchen selbst beigesteuert

 

Durch die Einführung der Kirchensteuer wurden die altrechtlichen Staatsleistungen nicht beseitigt, sondern die Mitgliedschaftsteuer trat neben die staatlichen Leistungen, die heute in etwa genauso hoch sind wie die Kirchensteuer. Ein besonderer Förderungsimpuls besteht in der steuerlichen Abzugsfähigkeit der Kirchensteuer. Sie kann als Sonderausgabe geltend gemacht werden, was dem Staat Einbußen bei der Einkommensteuer in Höhe von mehreren Milliarden jährlich bringt.

 

Der Rechtsanwalt vermutet sogar Verfassungswidrigkeiten bei der heutigen Praxis:

1.Das Fehlen einer Bestandsaufnahme:

Es dürfte mit einer ordnungsgemäßen, den Rechtsstaatsgeboten der Verfassung entsprechenden Haushaltsführung kaum vereinbar sein, daß der Staat Geld verteilt, ohne zu wissen, ob er es aus freiem politischem Ermessen oder auf Grund einer Verpflichtung tut. Genau dies scheint aber in der Grauzone zwischen altrechtlichen Staatsleistungen und der heutigen Subventionierung kirchlicher Aktivitäten und Einrichtungen der Fall zu sein. Das dürfte auch für Finanzierungsbereiche gelten, in denen die Länder durch Kirchenverträge eine pauschalierende Flurbereinigung schufen und damit eine Art Ablösung. Ähnlich unhaltbar ist die Zugrundelegung altrechtlicher Leistungspflichten ohne nachweisbare Rechtstitel konkreter Art. Vieles scheint hier im Nebel unvordenklichem Herkommens zu liegen und allen Ernstes nach dem Grundsatz „in dubio pro ecclesia“ im Zweifelsfall für die Kirche) gehandhabt zu werden. Das mag der Ideologie einer kirchenfreundlichen Jurisprudenz entsprechen; mit einem ordnungsgemäßen Umgang mit Haushaltsmitteln ist es unvereinbar.

 

- Eine „ewige Rente“?

Bei den altrechtlichen Staatsleistungen, die meist zu Beginn des 19. Jahrhunderts begründet wurden, stellt sich die Frage nach ihrem Rechtsgrund im Jahr 2000 immer dringlicher.

Der Reichsdeputationshauptschluß selbst kommt hierfür kaum in Betracht. Er ist bereits nach seinem Wortlaut lediglich ein Programm oder eine Rahmenvorschrift, rechtsverbindlich zwar, aber ausfüllungsbedürftig durch konkretisierende Rechtstitel. Soweit im Gefolge der Säkularisation konkrete staatliche Rechtsverbindlichkeiten geschaffen wurden, stellt sich die weitere Frage, wie viele Jahrhunderte sie wohl überdauern können. Wenn die causa der Säkularisationslasten des Staates in der Entschädigung für entzogenes Kirchengut besteht, dann erledigt sie sich in dem Zeitpunkt, in dem alles entschädigt ist.

Dieser Gefahr wollen manche Befürworter einer Art ,,ewigen Rente" der Kirchen offenbar dadurch begegnen, daß sie zur Legitimation der Ausgleichszahlungen neben der Säkularisation beiläufig auch die Reformation erwähnen. Mit ernst zu nehmender Rechtsbegründung haben historische Konstruktionen dieser Art nichts mehr zu tun. Die kirchlichen Verluste im Zuge der Reformation sind noch weniger meßbar als die der Säkularisation. Wer so tief in die Historie greift, provoziert im übrigen die Gegenfrage nach der Art und Weise des kirchlichen Vermögenserwerbs. Was so mancher Fürstbischof auf dem Kriegspfad oder im Zuge der Inquisition „erwarb“, kann kaum Gegenstand staatlicher Entschädigungspflichten sein. Im Laufe der letzten 200 Jahre wurde es durch Millionen von Gulden und Milliarden von Mark wohl mehrfach zurückbezahlt [Es wurden nur die Zinsen bezahlt!].

Das Staatsvolk ist nicht mehr identisch mit dem Kirchenvolk und die vom Staat ursprünglich alimentierte Religionsausübung wird nur mehr von sieben bis acht Prozent der Bevölkerung praktiziert. Wenn der Staat aus dieser Veränderung der Geschäftsgrundlage altrechtlicher Staatsleistungen keine Konsequenzen zieht, läuft er inzwischen Gefahr, Steuergelder für nicht existente Verbindlichkeiten zu verausgaben, was mit den Finanzverfassungen und Haushaltsordnungen von Bund und Ländern unvereinbar ist.

Ein Rechtsgrund für solche Leistungen läßt sich auch nicht aus Artikel 140 des Grundgesetzes herleiten. Das darin enthaltene Verfassungsgebot besagt lediglich, daß bestehende Staatsleistungen abzulösen sind, selbstverständlich nur, soweit sie tatsächlich bestehen.

 

- Verfassungswidrige Konkordate und Kirchenverträge:

Wenn dort dem Staat geboten wird, Dauerschuldverhältnisse „abzulösen“, kann ihm nicht gleichzeitig erlaubt sein, neue Dauerschuldverhältnisse einzugehen. Die herrschende Ideologie des Staatskirchen rechts versucht diese logische Selbstverständlichkeit wegzuinterpretieren: Die Weimarer Reichsverfassung habe nicht wie bei der Abschaffung anderer Rechtseinrichtungen (Adelsbezeichnungen, Staatskirche, Vorschulen) deutlich gemacht, daß sie auch bei den Staatsleistungen das Institut als solches liquidiere wollte. Will man eine Enteignung vermeiden, kann man eben nur von „Ablösung“ (und nicht von Abschaffung) sprechen. Eine „Abwicklung der übernommenen Schuldenmasse" schließt aber eine Neubegründung von Dauerschuldverhältnissen aus. Wenn der Staat den Religionsunterricht in den öffentlichen Schulen als „ordentliches Lehrfach“ gewährleistet, könnte er sich auch darauf beschränken, die Räumlichkeiten zur Verfügung zu stellen, während die Kirchen die Religionslehrer schicken.

In der Verfassung ist nicht vorgesehen, daß der Staat religionspädagogische Lehrstühle einrichtet, bei denen die Kirche ihre Zustimmung zur Besetzung geben muß („Konkordatslehr­stühle“ in Bayern). Auf speziell kirchliche Bedürfnisse zugeschnitten sind die theologischen Fakultäten, zu deren Unterhaltung sich der Staat ebenfalls in Konkordaten und Kirchenverträgen verpflichtete, ohne daß hierfür verfassungsrechtliche Grundlagen gegeben sind. Soweit in den Verträgen mit den Kirchen nach Inkrafttreten des Grundgesetzes in diesem Bereich neue staatliche Dauerverpflichtungen übernommen wurden, sind sie verfassungswidrig.

Ähnliches gilt für die Militärseelsorge. Der vom Grundgesetz übernommene Artikel 141 der Weimarer Verfassung sieht lediglich vor, ,,die Religionsgesellschaften zur Vornahme religiöser Handlungen zuzulassen, soweit das Bedürfnis nach Gottesdienst und Seelsorge im Heer besteht“. Damit könnte gemeint sein, daß die jeweils standortnächsten Pfarrer auf Wunsch der Soldaten in der Kaserne einen Sonntagsgottesdienst abhalten dürfen. Militärseelsorge wird aber nicht nur „zuzulassen“, sondern vom Staat selbst in die Hand genommen, der auch die Pfarrer besoldet.

 

- Subventionierung ohne Gesetz?

Unbewältigte verfassungsrechtliche Probleme ergeben sich des weiteren bei den Ermessenszuwendungen der öffentlichen Hand an die Kirchen. Gefördert wird so gut wie alles, was es an kirchlichen Einrichtungen und Veranstaltungen gibt - von Kirchentagen, Akademien und Erwachsenenbildung über Kindergärten, Jugend- und Altenhilfe bis hin zu Krankenhäusern und den Sozialeinrichtungen von Caritas und Diakonie. Genügen hierfür bloße Haushaltsansätze oder ist ein eigenes Gesetz erforderlich ist, das sich mit der Subventionierung kirchlicher oder besser allgemein: konfessionell gebundener Einrichtungen befaßt? Sozial-caritative oder pädagogische Aktivitäten privater Träger sind - gleich welcher Weltanschauung oder Religion - grundsätzlich nicht weniger forderungswürdig sind als vergleichbare kirchliche Aktivitäten. Bei der Privatschulförderung sind aber private Träger schlechter gestellt sind als katholische oder evangelische Schulträger.

Selbstverständlich muß der Staat auch bei der finanziellen Förderung rein religiöser Veranstaltungen Gleichheit walten lassen. Damit ist es beispielsweise nicht vereinbar, daß aus den Steuergeldern aller Bürger Papstbesuche und Kirchentage subventioniert werden, während man privaten Religionsgemeinschaften für ihre Treffen nicht einmal öffentliche Räumlichkeiten zur Verfügung stellt, geschweige denn für internationale Großveranstaltungen auch nur bescheidene Beihilfen gewährt.

 

Zusammenfassung:

Die staatliche Finanzierung der so genannten Großkirchen erfolgt durch altrechtliche Leistungen, neue vertragliche Verpflichtungen und Ermessenszuwendungen. Altrechtliche und neue Verpflichtungen gehen ineinander über und verlieren sich zum Teil in einem unüberschaubaren Gestrüpp von echten Verbindlichkeiten und freiwilligen Dotationen, die weit in die Geschichte zurückreichen. Eine umfassende Bestandsaufnahme in Bund, Ländern und Kommunen ist unerläßlich, um Klarheit zu erhalten, wieviel die öffentliche Hand aus welchen Rechts­gründen für welche kirchlichen Einrichtungen jährlich bezahlt. Der Artikel 140 des Grundgesetzes enthält nicht die Garantie „ewiger“ Kirchenrenten. Die darin enthaltene Ablösungspflicht verbietet die Eingehung neuer Dauerverpflichtungen des Staates gegenüber den Kirchen, soweit sie die Verfassung nicht erkennbar zuläßt.

Ein tatsächliches Sonderrecht der Kirche ist die Steuerfreiheit: Das kirchliche Grundstücks- ­und Kapitalvermögen wird auf mehrere hundert Milliarden Mark geschätzt, das Kapital‑ und Anlagevermögen der Katholi­schen Kirche auf 80 bis 100 Milliarden Mark, mit jährlichen Kapitaleinkünften in Höhe von rund 5 Milliarden Mark. Für diese Zuflüs­se bezahlen die Kirchen keine Steu­ern; vielfach auch keine Gebühren und Kosten für öffentlich‑rechtliche Leis­tungen.

 

 

Gegenargumente

In der Diskussion über die staatlichen Zahlungen an die beiden großen Volkskirchen werden zumeist alle Formen des Geldtransfers in einen Topf geworfen. Es gibt allerdings verschiedene Arten der Zuwendung, die auf unterschiedlichen Rechtsgrundlagen beruhen. Und nicht alle kommen exklusiv nur den Kirchen zugute.

 

Im Jahre 2011 stellte der Kirchenkritiker Carsten Frerk sein neues „Violettbuch Kirchenfinanzen“ vor: 19 Milliarden Mark sollen die Kirchen direkt und indirekt jährlich vom Staat erhalten. Frerks Berechnungen sind manchmal geradezu Luftnummern. Es geht ihm wohl auch gar nicht um Zahlen als vielmehr um deren Deutung. Der Autor hat zwei Zitate vorangestellt: „Religion gilt dem gemeinen Manne als wahr, dem Weisen als falsch und dem Herrschenden als nützlich!“ (Seneca). Und: „Die hohe reich dotierte Geistlichkeit fürchtet nichts mehr als die Aufklärung der unteren Massen!“ (Johann Wolfgang von Goethe). Damit ist deutlich: Das ist eine Streitschrift und kein Sachbuch.

1. Drei Milliarden Euro „Einnahmeverzicht“ aus Steuern sollen laut Frerk beispielsweise den Kirchen zugute kommen. Der Staat verzichtet auf Einnahmen, weil die Kirchensteuer als Sonderausgabe absetzbar ist. Aber dieses Geld bekommen natürlich nicht die Kirchen, sondern die Bürger! Sie zahlen weniger Steuern, weil sie die Kirchen unterstützen. Der Staat geht dabei davon aus, daß es der Gemeinschaft dient, wenn man die Kirche finanziell unterstützt. Genauso wie Spenden für gemeinnützige Organisationen bis 20 Prozent des Gesamtbetrages der Einkünfte steuermindernd geltend gemacht werden können, gilt das denn auch für die Kirchensteuer. Übrigens: Ein Volumen von 20 Prozent der Einkünfte erreicht die gezahlte Kirchensteuer nicht einmal ansatzweise - es sind durchschnittlich rund ein Prozent (maximal drei Prozent).

 

2. Die Kirchen sparen angeblich allein 1,8 Milliarden Euro, weil der Staat ihnen die Kirchensteuern eintreibt. Der Betrag ist zum einen spekulativ, spielt aber zum anderen auch gar keine Rolle. Denn die Kirchen vergüten den Kirchensteuereinzug mit zwei bis vier Prozent des Gesamtaufkommens der Kirchensteuer. Das Finanzamt zieht die Beträge ein und überweist sie gesammelt an die Kirche. Das ist diskret und anonym. Die Kirche  kann sich deshalb in der Regel bei niemandem gezielt bedanken. Andererseits kann auch niemand aufgrund seiner besonders hohen Kirchensteuerzahlungen besonderen Einfluß für sich reklamieren. Der Staat erhält deutlich mehr, als es ihn kostet. Die Sachbearbeiter in den Finanzämtern erledigen das mit ein paar Tastendrucken an ihren Computern. Der Staat läßt sich diese Dienstleistung mit drei Prozent vom Kirchensteueraufkommen vergüten, was für den Fiskus eine erkleckliche Einnahme ergibt. Für die Kirchen ist das in der Tat dennoch kostengünstig, aber dies als eine Finanzierung der Kirchen durch den Staat zu bezeichnen ist schon ziemlich kühn!

 

3. Die öffentliche Hand finanziert angeblich kirchliche Kindergärten mit 3,8 Milliarden pro Jahr. Die evangelische Kirche geht für ihren Bereich von deutlich weniger, etwa 1,3 Milliarden Euro, aus. An diesem Beispiel erkennt man das Prinzip des Buches, es verwechselt Anlaß und Ziel: Der Staat finanziert da doch nicht die Kirchen, sondern die Kinder! Die Kirchen erhalten diese Mittel doch nicht, weil sie Kirchen sind, sondern weil sie für die Gesellschaft eine Dienstleistung erbringen, zu der sie obendrein von ihren eigenen Mitteln noch gut 20 Prozent beisteuern, etwa fünf bis acht Pro­zent ihrer Kirchensteuereinnahmen. Täten sie es nicht, müßte der Staat selbst alle Kindergärten unterhalten und dann wäre es für ihn obendrein teurer, weil ja die kirchlichen Eigenanteile wegfielen. Und gefördert werden natürlich nicht nur die Kirchen, sondern viele andere freie Träger wie etwa die Arbeiterwohlfahrt, oder das Rote Kreuz. Ähnliches gilt übrigens auch für die Freien Schulen! Die staatlichen Zuwendungen decken aber nur die laufenden Kosten. Aufwendungen der freien Träger für Investitionen - zum Beispiel Renovierungen oder notwendiger Neubau von Gebäuden - werden nur anteilig vom Staat bezuschußt, in der Regel mit maximal 50 Prozent, das bedeutet erhebliche Lasten für die sozialen Dienste auch der Kirche.

Die Finanzierung jedes einzelnen Projektes wird mit den zuständigen staatlichen Stellen verhandelt. Die kirchliche Beteiligung kann dabei von geringen eigenen Mitteln bis hin zur Übernahme von mehr als der Hälfte der Kosten reichen. Dabei sind jeweils nur die direkten Kosten berücksichtigt, nicht aber indirekte kirchliche Aufwendungen für Verwaltungs- und Kontrollaufgaben, Fachaufsicht, Verhandlungen, Organisation der ehrenamtlichen Hilfe und anderes.

 

4. Der Staat bezahlt den Religionsunterricht. Wenn der Staat verfassungsrechtlich den Religionsunterricht als ordentliches Lehrfach erklärt, hat er für dessen Kosten sowie für jedes andere ordentliche Lehrfach aufzukommen. Schul-Pfarrer werden von der Kirche dem Staat zur Verfügung gestellt, nehmen also eine staatliche Aufgabe wahr. Wer sonst als der Staat sollte sie bezahlen?

 

5. Die Bezahlung der theologischen Ausbildung an den Universitäten ist keine Besonderheit, sondern der Staat bezahlt ja auch die Ausbildung für die Wirtschaft, für die Verwaltungen, für die Musiker, die Germanisten. Es ist eine staatliche Aufgabe, Bildung zu ermöglichen und zu finanzieren.

Die Kirche erhält für ihm sozialen Diens­te nicht einen Cent mehr als alle anderen Träger auf diesem Felde. Unser Sozialstaat beruht bekanntlich auf dem Subsidiaritätsprinzip, d.h. der Staat überläßt „freien“, also nichtstaatlichen Trägern diese Aufgaben und tritt nur in dem Fall ein, wenn ein freier Träger für eine bestimmte Aufgabe nicht gefunden wird. Die Verantwortung dafür liegt beim Staat, woraus sich natürlich die Pflicht zu staatlichen Finanzleistungen ergibt. Auch zweckgebundene Zuschüsse zur Erhaltung besonderer Bau- und Kulturdenkmäler gehören zu dieser Gruppe.

 

 

5. Die Zuschüsse für die Entwicklungshilfe (270 Millionen) zahlt der Staat doch nicht für die Kirchen, sondern er fördert damit Maßnahmen wie Entwicklungshilfe oder Katastrophenhilfe. Es sind die Kirchen, die hier dem Staat helfen, seine internationalen Verpflichtungen zu erfüllen und die natürlich ebenfalls viel dazu beisteuern: Allein die evangelische Kirche mit gut 50 Millionen Euro aus eigenen Mitteln, dazu kommen noch die gut 90 Millionen Euro Spenden von „Brot für die Welt“.

 

6. Die Kirchen sind reich: Der Wert von Kirchengebäuden wird von den Kritikern zu einem astronomischen Milliardenreichtum zusammengezählt (400 Milliarden Euro). Bei solchen Berechnungen werde von Kirchen in bester Stadtlage ausgegangen. Kirchengebäude gehören durch die hohen Instandhaltungskosten unter fiskalischen Gesichtspunkten auf die Seite der Belastungen.

 

Also alle Vorwürfe falsch? Die Schlußfolgerungen, ja. Kirche ist Teil dieser Gesellschaft. Sie ist in ihr und für sie und ihre Bürger tätig. Und zumindest die Mehrheit dieser Gesellschaft will das auch so, es nützt ihr und es bringt dem Staat Vorteile, durchaus auch finanzielle. Unsere Gesellschaft lebt vom Tun der Vielen. Subsidiarität wird das genannt. Ein Grundprinzip der Demokratie. Wer dies nicht will, muß sich fragen lassen, was für eine Demokratie er will (nach Thomas Begrich, Abteilungsleiter Finanzen im Kirchenamt der Evangelischen Kirche in Deutschland).

 

„Es besteht keine Staatskirche“ ist aus der Weimarer Verfas­sung auch in das Grundgesetz der Bundes­republik Deutschland übernommen wor­den. Das schließt aber doch nicht aus, daß Staat und Kirche in freier Partnerschaft auf bestimmten Gebieten zusammenarbei­ten. Ein Beispiel dafür ist der Einzug der Kirchensteuer.

 

 

Wofür verwendet die Kirche ihr Geld?

1. Den größten Posten nimmt der Personaletat ein, obwohl die Pfarrer auch nicht besser bezahlt werden als vergleichbare Akademiker im Staatsdienst. In der Kirche arbeiten Menschen für Menschen. Die Evangelische Kirche von Kurhessen-Waldeck investiert über 70 Prozent der Einnahmen in ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Sie beschäftigt über 12.000 Menschen mit mindestens einer halben Stelle, die mit mehr als 38.000 Ehrenamtlichen zusammenarbeiten.

2. Die Baukosten stehen an zweiter Stelle. Es werden Gemeindehäuser, Jugendräume, Krankenhäuser, Kindergärten gebaut, also Dinge, die auch im allgemeiner Interesse liegen. Dazu gehört auch die Erhaltung denkmalswerter Kirchen, die ja sehr teuer ist. Die Evangelische Kirche von Kurhessen-Waldeck hat 2.500 Gebäude, die Raum für viele Veranstaltungen bieten. Darunter sind 1.200 Kirchen, von denen zwei Drittel unter Denkmalschutz stehen. Sie werden mit hohem finanziellen Aufwand erhalten. Für alle genannten Aufgaben benötigt die Kirche eine verläßliche Finanzquelle: die Kirchensteuer.

3. Die Kirche hat viele neue Verpflichtungen übernommen: Telefonseelsorge, Evangelische Akademie (politische Diakonie), Entwicklungsdienst und Ökumene.

4. Die Kirche muß auch Vorsorge für schlechte Zeiten treffen und auch für ihre Pensionäre und Witwer Sicherheit schaffen.

Ausgaben der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck im Jahr 2004 in Prozent:

64 Prozent für Verkündigung, Seelsorge, Ökumene, gesellschaftliche Verantwortung,

            Diakonie, Öffentlichkeitsarbeit und Verwaltung

 3 Prozent       für Bildungswesen und Wissenschaft

26 Prozent      Prozent für Altersversorgung

 7 Prozent        Prozent für Umlagen an die Evangelische Kirche Deutschland.

 

Man kann sich aber davon überzeugen, daß die Finanzen der Kirche offen liegen. Nur wenige Organisationen sind, was ihr Einnahme- und Ausgabeverhalten betrifft, so transparent wie die Kirche. Auch die Kirchengemeinde Hochstadt legt jährlich den Haushaltsplan und (anders als die Stadt) auch die fertige Kirchenrechnung aus. Allerdings wird dieses Angebot nicht in Anspruch genommen. Auch wenn viele Kirchensteuerzahler das Recht nicht wahrnehmen, in die Kirchenrechnung Einsicht zu nehmen, so ist doch eine Offenlegung des Geldbedarfs und eine Diskussion der Verteilung der Ausgaben nötig. Immer wieder muß man sich fragen: Was ist unbedingt nötig? Was wäre nötig? Was muß unterbleiben?

 

Wer verfügt in der Kirche über das Geld?

Die Kirchensteuereinnahmen werden auf die Landeskirche, die Kirchenkreise und die Kirchengemeinden verteilt. Dabei geht den Kirchengemeinden für ihre Aufgaben als sogenannte Vorwegentnahme vorab bereits 50 Prozent der Einnahmen zu. Doch auch aus dem landeskirchlichen Teil kommt ein Großteil der Ausgaben den Kirchengemeinden zugute - etwa die Besoldung der Pfarrerinnen und Pfarrer.

Über die Verteilung der Finanzen entscheiden die Kirchenvorstände, Kreissynoden und die Landessynode. Sie sind demokratisch und auf Zeit gewählt. Die Haushalte sind öffentlich einsehbar.

Es ist nicht so ganz richtig, daß die Landeskirche die Einnahmen aus Spenden der Bürger eines Ortes an sich gezogen habe. Zum einen verwaltet die Landeskirche die sogenannte „Pfarreikasse" nur im Auftrag der Gemeinden, und zwar für jede Gemeinde weiterhin getrennt. Zum anderen ist das nur von Vorteil für die Gemeinde. Die Einnahmen aus Grundstücken dienten nur der Bezahlung der Pfarrer. Sie würden aber bei weitem nicht ausreichen, einen Pfarrer zu bezahlen. Deshalb übernimmt das die Landeskirche aus Kirchensteuermitteln, möchte aber dann dafür auch die Einnahmen aus früheren Zeiten verwenden können. Ein weiterer Vorteil: Die Pfarrer werden überall gleich bezahlt, nicht nach dem meist spärlichen Aufkommen der einzelnen Gemeinde.

Es ist aber falsch, daß die Landeskirche auf dem Geldsack sitzt. Die kurhessische Kirche ist relativ arm. Sie hat damit zu tun, die Kirchen und Pfarrhäuser zu erhalten. Jedes weitere Gebäude erfordert nicht nur im Augenblick einen großen Aufwand, sondern auch Unterhaltungskosten. Dies fallen für das jetzige Gebäude natürlich auch an, aber wie überall denkt man nur in Haushaltsjahren und nicht langfristig. 

 

Was leisten Kirche und Diakonie für die Gesellschaft?

Die Kirche ist eine unabhängige Ansprechpartnerin für alle Menschen und Gruppen unserer Gesellschaft. In den aktuellen ethischen Diskussionen engagiert sie sich auf der Grundlage des christlichen Bekenntnisses. Die Kirche tritt für Frieden, Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung ein; sie trägt und unterhält vor Ort zahlreiche soziale Einrichtungen. Sie engagiert sich mit eigenen Mitteln, aber auch mit Spenden und Kollekten gegen die Not in der Welt.

Die Kirche trägt zur Erhaltung des kulturellen Erbes bei, denn sie fördert die Musik, die bildende Kunst sowie die Architektur.

 

 

Das Dankopfer im Gottesdienst:

Man hat festgestellt, daß die Opferfreude wegen der hohen Kirchensteuer sehr nachgelassen hat: durch die Kollekten kommen kaum ein Prozent der Gesamteinrahmen herein. Schon immer wurde im christlichen Gottesdienst ein Dankopfer eingesammelt, zunächst in Naturalien, dann in Geld. Allerdings ist es zu manchen Zeiten auch wieder sehr an den Rand gedrängt worden. Häufig erschien es nur noch als Sammlung am Ausgang, bei den Reformvierten hielten die Kirchenältesten der Kollektenteller, bei der Lutheranern stand nur ein Opferstock am Ausgang.

Das Dankopfer gehört aber i n der Gottesdienst, und zwar an die Stelle nach der Predigt und mit einem entsprechenden Hinweis versehen. Damit das Lied nicht zu lang wird, muß man genügend viele Helfer einsetzen. Dabei ist der traditionelle Umgang mit dem Klingelbeutel möglich, aber auch eine Sammlung durch die Bankreihen mit Hilfe von Körbchen.

Auf jeden Fall sollte auf diesem Opfer im Gottesdienst das Hauptgewicht liegen. Falls noch eine Sammlung am Ausgang für die eigene Gemeinde stattfindet, wäre das nur eine Zwi­schen­lösung.

Der Klingelbeutel bringt allerdings einige technische Schwierigkeiten mit sich: Wenn er herankommt, muß man das Singen unterbrechen, vielleicht das Gesangbuch loslassen, das dann herunterfällt usw. Bei der Verwendung von Körbchen oder Schalen befürchtet man, der Korb könne aus der Hand fallen und das Geld dann unter die Bänke rollen; außerdem könne dann der Nachbar sehen, was der Vorgänger oder Nachfolger gibt. Meist wird aber beides nur als ein lästiges Übel im Gottesdienst angesehen.

Oft achtet man auch nicht so genau auf die Abkündigung, die den Zweck der Kollekte angibt. Dann wirft man eben schnell den Fünfziger (Cent, nicht Euro) in den Behälter, weil man ihn gerade in der Hand hat. Es muß ja auch schnell gehen!

Auch die Pfennige auf den Kollektentellern sollte man nicht verachten. In manchen Gemeinden suchen die Kinder alle verfügbaren Pfennige zusammen, um auch ein Opfer geben zu können. Wenn nur in jeder Gemeinde eine Mark im Monat durch Kinder zusammenkommt, ist das im Gebiet einer Landeskirche eine beträchtliche Summe. Und wenn das Geld freudig gegeben wurde, hat es den gleichen Wert wie ein Markstück von einem Erwachsenen.

Es gab aber auch schon Kinder, die ihre Gabe mit der Bemerkung übergaben: „Ich habe vorgestern in der schweren Mathe-Arbeit eine Eins gehabt, wo es doch so viele Fünfer gab. Da hat mein Vater mir zwei Mark geschenkt. Und davon tue ich heute eine Mark in die Kollekte. Damit sollen die Kinder einmal einen Ausflug machen können, die sonst immer im Heim sein müssen!“

Man muß darüber informieren, wofür das Geld gebraucht wird. Der größte Teil wird für Personalausgaben benötigt. Mehr ins Auge fallen dagegen die Leistungen auf dem Bausektor.

Wichtig ist auch, daß die Abkündigung möglichst konkret erfolgt. Also nicht: „Für die eigene Gemeinde“, sondern: „Der letzte Sturm hat einen Schornstein auf dem Gemeindehaus beschädigt. Die Reparatur kostet 300 Euro!“ Schon wird mehr Geld und lieber gegeben.

 

Das Erbe des Pastors Wendland

Der alte Pastor Wendland hatte 40 Jahre die Seelsorge im Dorfe ausgeübt. Fast die ganze Generation um ihn herum war von ihm getauft und ins Leben geführt worden. Mit Verehrung schaute alt und jung zu ihm auf, und mit ehrlicher Besorgnis verfolgten alle den Verlauf seiner letzten Krankheit. Bis zum letzten Tage wich der köstliche Humor nicht von ihm, der ihn sein Leben lang begleitet hatte.

Als dann der Märzsturm von den Bergen her über die Felder und das Dorf brauste, schlief der alte Pastor eines Abends still und friedlich ein. In dichtem Schneegestöber bettete man ihn drei Tage später zur letzten Ruhe.

Acht Tage später wurde das Testament des Verstorbenen eröffnet. Der anwesende Bürgermeister nahm mit Dankesworten an die Erben eine große schwere Kassette in Empfang, die der Pastor seiner Gemeinde vermacht hatte. Er hatte die Erbschaft mit der Bedingung verknüpft, daß die Kassette erst nach einem halben Jahre geöffnet werden durfte. Der Bürgermeister schleppte sie nach Hause, und in der nächsten Sitzung des Gemeinderates machte die Kassette unter deren Mitgliedern die Runde. Sie war schwer, da war wohl viel großes und kleines Geld drin.

Der Bürgermeister überlegte in schlaflosen Nächten immer wieder, was die Gemeinde mit dem vielen Geld anfangen sollte. Man könnte vielleicht endlich die neue Schule bauen oder am Osterberge eine Obstplantage anlegen, die später der Gemeinde viel Geld einbringen würde.

Endlich, mit Michaelis, erschien der große Tag. Dem Legendenkranz, den das halbe Jahr Wartezeit um die Erbschaft gewunden hatte, war es wohl zuzuschreiben, daß das Dorf festlich geschmückt diesen Tag antrat. Die gesamte Einwohnerschaft war schon frühzeitig auf den Beinen, und als der Notar erschien, der die Schlüssel zu der Kassette verwahrte, konnte er nur mit Mühe und Not durch die sich drängende Menge an seinen Platz kommen.

Der Gesangverein eröffnete die Feier mit dem „Tag des Herrn“. Dann schloß der Notar mit feierlicher Umständlichkeit dielKassette auf und entnahm ihr zwei weiße straffgefüllte Beutel. „Ahh!“ machten die zunächst Sitzenden, und die ganze Versammlung echote es ihnen nach. Am Grunde der Kassette lag ein großes versiegeltes Schreiben, das der Notar öffnet und dann mit lauter] etwas schnarrender Stimme verlas:

„Meine lieben Gemeindeglieder! Ihr werdet mit Recht gespannt sein, was Euch Euer alte Seelsorger, der sich 40 Jahre lang so viel redliche Mühe um Euch gegeben hat, auf seinem letzten Lager vermacht hat! Ihr seid fas alle Bauern und als solche gewohnt, mit Eurer Ernte zu bezahlen. Darum werdet Ihr es wohl verstehen, wenn ich genauso handele. 40 Jahre habe ich guten Samen in Eure Herzen gesät. Mit der Frucht, die ich dabei geerntet habe, zahle ich heute nun an Euch! In den beiden Beuteln sind alle die Knöpfe und alten ungültigen, Geldstücke verwahrt, die Ihr in den 40 Jahren meines Amtes in den Klingelbeutel und in den Armenkasten geopfert habt. Ich gebe sie Euch mit herzlichem Dank zurück. Wie die Saat - so die Ernte! Euer Seelsorger Hermann Wendland!“

 

 

Ablösung der Staatsleistungen:

Seit über 200 Jahren gibt es Staatsleistungen vom Land an die Landeskirche. Diese sind aber die praktisch nur die Zinsen für die Enteignung kirchlichen Eigentums unter Napoleon („Reichsdeputationshauptschluß“). Andere Leistungen hat man abgelöst: Den Zehnten im 19. Jahrhundert, die Gebühren je nach Kirchengemeinde.

In ganz Hessen – aber wohl auch in anderen Landeskirchen – hat die Landeskirche mit mehr oder weniger Druck die Kirchenvorstände dazu gebracht hat, die Baulastpflichten der Städte und Gemeinden ablösen zu lassen. Bisher hat zum Beispiel eine Stadt die Erhaltung des Kirchturms bezahlt. Jetzt gibt sie einmalig eine vergleichsweise geringe Summe, deren Zinsen bei weitem nicht ausreichen, auch nur e i n altes kirchliches Gebäude zu erhalten. Damit liegt alle Last bei der Kirchengemeinde. Aber das Geld liegt jetzt im großen Topf in Kassel, und wenn die Gemeinde etwas braucht, muß sie dort betteln gehen. Es ist ungünstig, daß sich die Kirche darauf eingelassen hat, wo doch selbst der DDR-Staat diese alten Leistungen weitergezahlt hat.

Nur der große Brocken der Staatsleistungen ist geblieben. Dabei handelt es sich aber nicht um ein Geschenk, sondern um eine Entschädigung für Enteignungen. Dafür gibt es keinen formellen Vertrag, aber die Zusage des Staates, der auch in der Weimarer Verfassung, im Grundgesetz und in der Verfassung der DDR festgehalten ist.

Bei Zahlung einer entsprechend großen Summe könnte der Staat jederzeit aussteigen aus dieser Verpflichtung. Das verschweigen diejenigen, die sich immer wieder über die Staatsleistungen an die Kirche aufregen. Die Kirchen haben hier keine Privilegien, sondern beharren nur auf ihrem guten Recht.

Die Linken haben einen Gesetzesentwurf in den Deutschen Bundestag eingebracht. Damit liegt erstmals überhaupt ein Entwurf für bundesrechtliche Grundlagen und Rahmenbedingungen der Ablösung vor. Das ist ein für sich bemerkenswerter und interessanter Vorgang. Denn im Grundgesetz steht ja, daß die bislang gezahlten Staatsleistungen abzulösen sind. Das heißt: Die unter anderem auf den Enteignungen des Reichsdeputationshauptschlusses von 1803 basierenden jährlichen Zahlungen sind gegen eine einmalige Schadlosstellung einzustellen. Die Voraussetzungen dafür kann man entweder bilateral schaffen - durch Verhandlungen zwischen dem Staat und den Kirchen - oder der Bundesgesetzgeber schafft sie alleine. Und die Linke versucht jetzt, eine Lösung ohne die Kirchen herbeizuführen, freilich mit einem notleidenden Gesetzesentwurf.

Derzeit zahlen Bund und Länder den beiden Großkirchen jährlich etwa 460 Millionen Euro, wobei die Belastungen in den einzelnen Bundesländern sehr unterschiedlich sind und durch jeweilige Staatskirchenverträge geregelt werden. Knapp 240 Millionen gehen davon an die evangelischen Landeskirchen. Das entspricht etwa zwei Prozent ihrer Gesamteinnahmen. Staatsleistungen erhalten zudem auch die jüdischen Landesgemeinden sowie der Zentralrat der Juden in Deutschland.

Die Höhe der Ablösesumme wird freihändig geschätzt: Die Kirchen sollen das Zehnfache des bislang jährlich zu zahlenden Betrags bekommen, gegebenenfalls verteilt über 20 Jahre und parallel zu den normalen, jährlichen Zahlungen. Für die Bestimmung der Höhe gibt es aber keine tragfähige Begründung.

Im Jahre 2020 wurde das 16,8-fache der jährlichen Zahlung vorgeschlagen. Das bedeutet, daß der Staat nur noch 16,8 Jahre zahlt - auf einmal wird er den Betrag wie seit 200 Jahren nicht aufbringen - und dann alle Verpflichtungen los ist. Einen guten Zinssatz von drei Prozent vorausgesetzt sind 100 Euro ungefähr die Zinsen für ein Kapital von 3.500 Euro. Das 16,8-fache sind aber nur 1.800 Euro, also nur etwa die Hälfte. Da hat er Staat schon die Hälfte abgezogen, auf die die Kirche freiwillig verzichten soll (so lief das nämlich bei der Ablösung der Baulasten in Hessen). Bei einer Ablösung müßte also etwa das 33-fache gezahlt werden, um auf eine gerechte Summe zu kommen.

In der Landwirtschaft macht man das so, daß man als Wert des Grundstücks das 29-fache der Pacht annimmt. Auch wenn im Ablösegesetz etwas Anderes steht, so besteht doch Vertragsfreiheit für die Partner. Keine Bank würde auf den Handel eingehen, für die sofortige Rückzahlung eines Kredits nur die Hälfte zu fordern (im Gegenteil: sie verlangt Vorfälligkeitszinsen).

Es gab einen alten Referentenentwurf aus der Weimarer Republik, in dem vom 25-fachen des jährlichen Betrags die Rede ist. In zivilrechtlichen Bestimmungen ist vom Faktor 18 die Rede, wenn es darum geht, eine unbefristete Zahlungspflicht durch eine Einmalzahlung zu ersetzen. Vielleicht kann man auch über moderate Abschläge reden. Denn auch die Kirchen dürften ein Interesse daran haben, dieses in jedem Sommer neu aufkommende Thema mittelfristig zu vernünftigen Bedingungen und unter ihrer Beteiligung erledigt zu wissen.

Adressat des Ablösungsgebots aus dem Grundgesetz ist der Staat. Aber da die Kirchen ein partnerschaftliches Verhältnis zum Staat pflegen und das Grundgesetz mit seinen religionsfreiheitlichen Komponenten wertschätzen, müssen sie auch das Ablösegebot ernst nehmen. Die Verfassung sagt ja gerade nicht, daß die Ablösung der Staatsleistungen in die Unendlichkeit verschoben werden soll. Deswegen sollten die Kirchen das Ihre dazu beitragen, wenn auf staatlicher Seite der politische Wille da ist, das Ablösungsproblem anzugehen. Das gebietet die eigene Glaubwürdigkeit. Und deswegen hat der Ratsvorsitzende der EKD ja auch schon lange vor dem Gesetzesentwurf der Linken deutlich gemacht, daß die evangelischen Kirchen hier gesprächsbereit sind.

Die Kirche sollte sich aber nicht einfach mit Geld abspeisen lassen, denn schließlich ist der Kirche ja vor allem Grundvermögen genommen worden. Statt Geld könnte der Staat auch die damals enteigneten Vermögenswerte zurückgeben, zum Beispiel das Staatsweingut Kloster Eberbach, aber auch zum Beispiel das Bistum Mainz oder Fulda.

Wenn es allerdings zu einer Ablösung kommt, kann man das Geld nicht im laufenden Betrieb ausgeben. Allerdings haben sich die Kirchen längst an diese Zinszahlungen gewöhnt. Ein Sparkonto bringt allerdings nichts mehr. Aktien sind nicht mündelsicher. Günstig wäre der Erwerb von Land, das keine Arbeit macht, aber eine sichere Pacht bringt. Der Staat könnte einen Teil der Ablösung in Land geben. Die Kirche ist mit ihren landwirtschaftlichen Betrieben berechtigt, Land zu erwerben. Wald ist auch möglich. Bebaute Grundstücke sind nicht so gut, weil sie viel Verwaltung und Reparaturen erfordern.

Herr Stefan Große, der Finanzdezernent der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland, antwortete im März 2020 auf eine entsprechende Mail: „Da ich die Gesamtproblematik realistisch einschätze, habe ich mich in der Pressemitteilung der EKM nicht überschäumend begeistert geäußert. Ein Fortschritt ist es jedenfalls, daß das Prinzip der Leistungsäquivalenz genannt ist. Dieses gilt es in Verhandlungen - falls es solche überhaupt geben wird - stark zu machen.

Der 18,6-fache Satz ist als absolute Untergrenze zu verstehen, die ich mir für meine Landeskirche nicht vorstellen möchte. Zu Ihrer Unterrichtung schicke ich den Link zur Presseerklärung der EKM mit. https://www.ekmd.de/presse/pressestelle-erfurt/reaktion- auf-grundsaetzegesetz-zur-abloesung-der-staatsleistungen.html.

 

Würde eine Ablösung nicht auch das Verhältnis zwischen Kirche und Staat lockern? Wenn die Staatsleistungen zu anständigen Bedingungen abgelöst werden, gäbe es keine Probleme: Die Kirchen würden finanziell nicht wesentlich schlechter dastehen, zumal die Staatsleistungen bundesweit gesehen ohnehin nur etwa zwei bis drei Prozent der kirchlichen Einnahmen umfassen. Man spricht hier also nicht über eine wahnsinnig bedeutende Summe. Man würde nicht mehr regelmäßig über eine Anpassung oder Dynamisierung der Staatsleistungen verhandeln. Aber das ist kein Bereich, dessen Wegfall ein Verlust wäre.

 

Hat die Kirchensteuer Zukunft?

Die Kirchensteuer, wie sie in Deutschland existiert, gibt es in anderen Ländern nicht. Allerdings finden sich in den Finanzierungssystemen der Kirchen in Skandinavien, der Schweiz und in Österreich Parallelen. In anderen Ländern sind die Kirchen ausschließlich auf Einnahmen aus Spenden und Kollekten angewiesen. Es gibt zudem Regelungen (etwa in Italien), in denen die Kirchen im Rahmen einer allgemeinen Kultur- oder Sozialsteuer finanziert werden.

Die reine Spenden- und Kollektenfinanzierung führt zu starken Schwankungen bei den Einnahmen und macht eine zuverlässige Planung schwierig. Zudem bewirkt sie ein starkes Gefälle zwischen finanzstarken und finanzschwachen Gemeinden.

Eine Finanzierung durch den Staat würde die Kirche abhängig machen und damit ihre besondere Bedeutung als eigenständige Kraft der Gesellschaft empfindlich schwächen. Das in Deutschland bestehende System vermeidet beide Nachteile.

Die Kirchensteuer

- bindet die Kirchen fest in die Gesellschaft ein

- macht die Kirchen vom Staat und vom Zugriff Einzelner unabhängig

- schafft die Grundlagen dafür, daß die Kirchen ein verläßlicher Partner sein können

- ist in der Praxis ihrer Erhebung ausgesprochen wirtschaftlich

- ermöglicht einen finanziellen Ausgleich zwischen den Kirchengemeinden.

Die Kirchensteuer ermöglicht, den Auftrag der Kirche in der Welt aufrecht zu erhalten (aus einer Broschüre der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck aus dem Jahre 2004)

 

Schlußfolgerungen:

Die Kirchensteuer ermöglicht, den Auftrag der Kirche in der Welt aufrecht zu erhalten. Kirche ist Teil dieser Gesellschaft. Sie ist in ihr und für sie und ihre Bürger tätig. Und zumindest die Mehrheit dieser Gesellschaft will das auch so, es nützt ihr und es bringt dem Staat Vorteile, durchaus auch finanzielle. Unsere Gesellschaft lebt vom Tun der Vielen. „Subsidiarität“ wird das genannt, ein Grundprinzip der Demokratie (aus einer Broschüre der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck aus dem Jahre 2004)

 

Weitere Informationen zum Thema Kirche und Finanzen im Internet unter:

www.kirchenfinanzen.de

 

 

 

 

 

Anhang: Zur Geschichte der Kirchensteuer:

Schon in der Bibel wird an vielen Stellen zum Geben aufgefordert. Die Juden gaben den Zehnten aller ihrer Einkünfte. Die Kirche war in den ersten Jahrhunderten ganz auf freiwillige Opfergaben angewiesen. Als sie dann Staatskirche wurde, hat auch der Staat ihren Bestand garantiert. Seit dem 6. Jahrhundert versuchte man wieder, den Zehnten einzuführen. Luther zog zwar gegen die Geldschneiderei der mittelalterlichen Kirche zu Felde, befürwortete aber auch kirchliche Abgaben, oft mit recht drastischer Worten.

Bis zur Französischer Revolution vermehrte sich aber der Besitz der Kirche (vor allem der katholischen) durch die Abgaben und Schenkungen beträchtlich. Als Napoleon aber die linksrheinischen Gebiete annektierte, entschädigte er die Fürsten, indem er ihnen die geistlichen Güter gab. Durch die Säkularisation im Jahre 1806 war aber nun der Staat verpflichtet, der Kirche unter die Arme zu greifen. Er nutzte ja nun die Güter, die der Kirche gehörten. Doch seine Leistungen sind bis heute nur die Zinsen für das übernommene Kapital. Die letzten Zehntscheuern, die Speicher für die Naturalabgaben, wurden jedoch erst um 1850 geschlossen.

Als Ersatz für die Naturaleinnahmen durften die Pfarrämter in bescheidenem Rahmen eine Geldumlage einführen. Sie sollte die Finanzlücke füllen, falls die Gemeinde nicht genug durch Opfergaben aufbrachte. Kamen mehr Steuern ein, als benötigt wurden, mußte der Steuersatz im nächsten Jahr ermäßigt werden, denn eine Kapitalansammlung war damals streng verboten.

Allerdings kam es auch zu manchen Schwierigkeiten zwischen Staat und Kirche: Die Kirche beantragte die Reparatur eines Gebäudes, aber beim Staat hatte man angeblich kein Geld bzw. hielt es nicht für nötig, etwas zu geben, weil das Haus noch nicht einfiel. Außerdem befand sich die Kirche natürlich in einem gewissen Abhängigkeitsverhältnis zum Staat, denn jeder Geldgeber erwartet natürlich auch ein gewisses Wohlverhalten und gewisse Dienstleistungen von dem, dem er das Geld gewährt.

 

Kirchenaustritte waren ja erst ab 1875 möglich. Eine erste Welle war schon 1904 festzustellen durch das Wirken der „Nietzsche-Propheten“, danach durch die Freidenkerbewegung der Sozialisten. Bis 1949 traten insgesamt 5 Millionen Deutsche aus der evangelischen Kirche aus, von 1949 bis 1963 aber schon 2 Millionen. Im Jahre 1948 waren es rund 50.000 Austritte in ganz Deutschland, 1958 waren es 191.000 und seit 1960 jährlich etwa 200 000. Vielfach wandten sich zunächst die Familienväter von der Kirche ab, um die Hälfte der Steuer zu sparen. Mit wachsendem Wohlstand folgten dann die Frauen, um sich schneller eine neue Wohnung, ein Auto, ein Fernsehgerät oder bessere Kleider leisten zu können.

Den Groß-Zahlern gegenüber hat man auch oft nachgegeben. Der Vorstandsvorsitzende einer Hamburger Aktiengesellschaft stiftete 500.000 Mark für ein Alterspflegeheim, das seinen Namen erhielt. Die Spende konnte er vom steuerpflichtiger Einkommen absetzen und von seiner 100.000 Mark-Steuer erhielt er einen erheblichen Nachlaß von der Kirche. Ein anderer reicher Hamburger sollte 125.000 Mark Kirchensteuer zahlen. Als man ihm keine Vergünstigung gewährte, trat er zu der reformierten Kirche über, die sich mit 40.000 Mark zufriedengab.

Nach dem Ende des Ersten Weltkriegs trennte die Weimarer Verfassung Staat und Kirche. Andererseits waren der Kirche auf dem Gebiet der Diakonie neue große Aufgaben zugewachsen. Der Staat wollte aber die damals schon bestehende vielfältige soziale Arbeit der Kirchen nicht

Der Staat wollte aber die damals schon bestehende vielfältige soziale Arbeit der Kirchen nicht gefährden und sorgte deshalb dafür, daß die Kirchen weiter über eigene, das heißt unabhängige und gesicherte Einkünfte verfügen. Ohne die Kirchensteuer konnte sie nicht mehr auskommen. Sie wurde von den Gemeinden eingezogen (nicht von der Landeskirche). Der Staat half bei Zwangsvollstreckungen. Viele zahlten auch, ohne zu murren. Eine Verpflichtung zur Mitverantwortung für das Tun und Lassen der kirchlichen Funktionäre leiteten sie nicht daraus ab.

In der Zeit der Naziherrschaft versuchte der Staat vor allem, über die Finanzen die Kirche in den Griff zu kriegen. Viele Gemeinden haben damals gelernt, wie sehr es auf ihr Opfer ankommt. Nur die deutschchristlichen Kirchenleitungen wurden ja vom Staat unterstützt. Die bekennende Kirche aber hat gelernt, daß die Kirche ohne Sicherungen in der Welt dasteht und auch dastehen kann, wenn lebendiger Glaube da ist. Dennoch kamen bis 1945 nur etwa 2 bis 3 Mark pro Kopf der Gemeindeglieder an Kirchensteuer ein.

Die Regelung der Weimarer Verfassung ist im Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland übernommen worden. Sie bildet die Basis für ein verläßliches Verhältnis von Staat und Kirche und ermöglicht den Kirchen ein weitgefächertes diakonisches Engagement für die Gesellschaft. Die Kirche erhielt nach 1945 Einsicht in die Steuerlisten des Finanzamts und die Veranlagung stieg langsam. Zwangsbeitreibungen durch den Gerichtsvollzieher waren wieder möglich. In der DDR war seit 1956 eine Pfändung nicht mehr möglich, wenn auch das Recht der Kirchen erhalten blieb, Mitgliedsbeiträge zu erheben. Diese erhielten nun aber noch mehr einen freiwilligen Charakter.

 

Manchem Bundesbürger war und ist bis heute die Kirchensteuer zu hoch, besonders den Millionären und dem gehobenen Mittelstand. Manche behaupteten, mit ihren Kirchenabgaben könnten sie sich einen Hauspastor oder Leibkaplan halten. Wer etwa eine Million Mark Bruttogewinn versteuern muß, zahlt 520.000 Mark Einkommensteuer und 52.000 Mark Kirchensteuer. Viele wollten dieses Geld sparen und sind deshalb ausgetreten. Viele Geschäftsleute, Bankiers und Industrielle verfielen in eine Art „Wohlstands-Heidentum“ und gehören keiner Kirche mehr an.

Es war schon immer ein entscheidender Faktor, wer die Geldgeber der Kirche waren und aus welchen Gründen ihr Geld zugeflossen ist. Eine finanziell selbständige Kirche kann unabhängig vom Staat bleiben und ihre Freiheit bewahren. Die Kirchensteuer beruht auf dem Grundgedanken der Selbstfinanzierung. Auch heute ist die Kirchensteuer erforderlich, um die Freiheit der Kirche zu garantieren. Man sollte deshalb die Kirchensteuer so selbstverständlich zahlen wie die Steuern an den Staat.

 

Wie finanzieren sich die europäischen Kirchen?

In Frankreich gelten Sonderregelungen für die drei östlichen Departements Niederrhein, Oberrhein und Mosel. Dort brachte es die geschichtliche Entwicklung durch Napoleon mit sich, daß die Kirchen vom Staat aus dem allgemeinen Steuertopf finanziert werden. Im übrigen Frankreich müssen sich die Kirchen im wesentlichen finanziell selber tragen. Dabei stammen etwa drei Viertel der Einnahmen aus Sammlungen und Spenden und ein Viertel aus dem (freiwilligen) Kultbeitrag, für dessen Höhe etwa ein Prozent des Einkommens als Richtsatz angegeben wird. Der Staat trägt im übrigen für die Kirchen die finanzielle Baulast. Er stellt die Gebäude den Religionsgemeinschaften kostenlos zur Nutzung zur Verfügung. Auch die kirchlichen Schulen werden vom Staat mit Zuschüssen bedacht, der Staat an den Einnahmen und Gebühren der Pfarreien beteiligt.

 

Großbritannien kennt zwei Staatskirchen, die anglikanische Kirche von England und die presbyterianische von Schottland. Der Staat hat auf deren Ämterbesetzung erheblichen Einfluß. Die Kirchen erhalten vom Staat keinerlei finanzielle Zuwendung. Da ihr Vermögen durch keine Säkularisierung der Kirchengüter je geschmälert wurde, müssen sie sich aus den Erträgen ihres Kapitals sowie aus Spenden und Gebühren finanzieren. Die anderen Konfessionen sind im wesentlichen auf die Gaben ihrer Mitglieder angewiesen.

 

Auch die Niederlande kennen im wesentlichen nur ein Spenden- und Kollektensystem zur Kirchenfinanzierung. Das Mitglied zahlt einen freiwilligen Kirchenbeitrag, für den eins bis drei Prozent des Einkommens empfohlen werden. Zahlungsempfänger sind die Gemeinden; die einen festen Betrag an die Gesamtkirche weiterleiten müssen.

 

In Belgien ist verfassungsrechtlich festgelegt, daß die Gehälter und Pensionen der Pfarrer vom Staat bestritten werden. Ihre Höhe wird jeweils durch staatliches Gesetz festgelegt. Dies gilt für alle staatlich anerkannten Religionsgemeinschaften - also auch für die Protestanten. Weiter sind die Provinzen und Gemeinden verpflichtet, Pfarrern und Bischöfen Wohnungen zur Verfügung zu stellen.

 

Auch in Griechenland werden die Gehälter und Pensionen der Bischöfe, Priester und Diakone der orthodoxen Kirche („vorherrschende Religion“) vom Staat übernommen. Sie genießt darüber hinaus Steuerfreiheit für ihren Grundbesitz. Auch die Religionslehrer werden teilweise vom Staat besoldet.

 

Portugal kennt eine strikte Trennung von Kirche und Staat. Auch dort finanziert sich die (katholische) Kirche im wesentlichen aus ihrem Vermögen, das ungefähr 20 Prozent des gesamten Landbesitzes ausmacht, sowie aus freiwilligen Spenden ihrer Mitglieder.

 

In Italien ist seit dem 1. Januar 1990 die bisherige Staatsleistung für die Besoldung und Versorgung der Kleriker weggefallen. Dafür wurde ein Zentralinstitut für den Unterhalt des Klerus in Rom geschaffen. Der Steuerbürger kann ihm bis zu zwei Millionen Lire pro Jahr zuwenden und vom versteuerbaren Einkommen abziehen. Darüber hinaus kann man jetzt acht Promille seiner Steuerschuld entweder der Kirche für religiöse Zwecke oder aber dem Staat für humanitäre zur Verfügung stellen. Vom Bürger muß keine zusätzliche Steuer erbracht werden, sondern lediglich ein Teil der dem Staat geschuldeten Steuer wird für andere Zwecke umgewidmet.

 

In Spanien ist seit 1986 eine ähnliche Regelung in Kraft, nach der 0,52 Prozent der Steuerschuld für kirchliche oder sonstige gemeinnützige Zwecke bestimmt werden können. Rund 37 Prozent der Spanier haben ihre Kirche mit einer solchen Zuwendung bedacht. Da diese Einnahmen aber nur ein Drittel des kirchlichen Haushalts abdecken, mußte der Staat laut Vereinbarung die restlichen zwei Drittel aus dem Steuertopf zuschießen

 

Eine Kirchensteuer gibt es in der EG außer in Deutschland auch noch in Dänemark. Hier ist die lutherische Kirche (ähnlich wie in Schweden, Norwegen und Finnland) Staatskirche und wird über die allgemeine Steuer finanziert. Daneben gibt es noch eine eigene örtliche Kirchensteuer, die unterschiedlich hoch ist und zusammen mit der Kommunalsteuer erhoben wird.

 

Österreich kennt einen obligatorischen Kirchenbeitrag, der innerkirchlich verpflichtend ist und bei Zivilgerichten eingeklagt werden kann, was aber aus seelsorgerlichen Gründen zumeist unterbleibt. Beitragssatz beträgt seit dem 1. Januar 1992 1,5 Prozent des vorjährigen Einkommens. Darüber hinaus trägt der österreichische Staat zur Förderung der Kirchen bei, indem er die die Abzugsfähigkeit von Spenden vorsieht und Staatsleistungen zum Personalaufwand sowie für den Religionsunterricht an öffentlichen Schulen.

 

In der Schweiz sind die einzelnen Kantone für das Verhältnis von Kirche und Staat zuständig. Auch hier ist die Kirchensteuer die wichtigste Finanzquelle. Ihr Einzug ist kantonal unterschiedlich geregelt; Berechnungsgrundlage ist zumeist die Einkommenssteuer oder das Vermögen, aber auch andere Steuerarten werden dafür herangezogen. Im Kanton Waadt werden die „Kultusausgaben“ gänzlich von der öffentlichen Hand bestritten.

 

Der Überblick dokumentiert, daß das deutsche Kirchensteuersystem so singulär auch wiederum nicht ist, wie oft geglaubt wird. Auch die anderen Systeme rechnen ihren Beitrag auf der Grundlage von etwa zwei Prozent des Einkommens (auch die acht Prozent der Einkommenssteuer wie in Deutschland dürften diesen zwei Prozent des Gesamteinkommens entsprechen, nur sind sie gerechter, weil sie Freibeträge berücksichtigen).

Ebenso steht der Staat fast überall zumeist in „wohlwollender Neutralität“ zu den Kirchen.

Für die europäischen Kirchen ist diese Privilegierung eine moralische Verpflichtung, über ihre eigenen Kirchentürme hinauszublicken und die Kirche im Osten wie auch die unter ihrer Minderheitssituation in der Dritten Welt leidenden Kirchen tatkräftig zu unterstützen.

 

Beispiel aus einer Gemeinde:

Wie sich die Einführung der Kirchensteuer auf eine Gemeinde auswirkte, zeigt das Beispiel Hochstadt: Am 23. November 1899 wird bekannt, daß nach einer Verfügung des Konsistoriums für den landeskirchlichen Hilfsfonds ein Prozent der Einkommenssteuer abgeführt werden muß. In Hochstadt sind das 33,21 Mark, die zunächst die Kirchenkasse übernimmt. Im Jahre 1900 entsteht erstmals ein Fehlbedarf in der Pfarreikasse. Weil in ihr kein Geld ist, um das Gehalt des Pfarrers zu bezahlen, werden bei der Kreiskasse 900 Mark als Darlehen aufgenommen.

Im Mai 1901 will man sich damit helfen, daß für die Pfarreikasse ein Betriebsfonds eingerichtet wird, denn auch die Anleihe im Vorjahr hat die Pfarreikasse nicht in den Stand gesetzt, ihre Verpflichtungen zu erfüllen, nämlich das Grundgehalt des Pfarrers zu bestreiten. Deshalb wird eine Anleihe von 500 Mark verkauft, um für die Pfarreikasse einen stetigen Betriebsfonds zu gewinnen.

Aber in der Folgezeit müssen zur Bestreitung der Ausgaben immer wieder Anleihen verkauft werden: Ende 1901 wird eine Anleihe verkauft. Auch im Juli 1902 entnimmt der Pfarrer dem Pfarreiklassenschrank in Bergen eine Anleihe über 600 Mark und verkauft sie, um damit den Schreiner Valentin Burger zu bezahlen. Im September 1902 genehmigt das Konsistorium den Verkauf von Wertpapieren in Höhe von 4.000 Mark zur Bezahlung der neuen Orgel. Der Zinsausfall von 140 Mark soll durch eine entsprechende Umlage oder Gemeindebeiträge gedeckt werden.

Nachdem also jahrhundertelang die Kirche Geld als Darlehen vergeben konnte und danach immer wieder Staatsanleihen kaufte, gerät die Kirchengemeinde Anfang des 20. Jahrhunderts in Finanznot. Das Geld reicht nicht mehr für die Pfarrbesoldung, weil der Kirchenzins (der „Zehnte“) abgeschafft bzw. abgelöst wurde, weil die Verpachtung des Kirchenguts nicht mehr genügend erbringt und weil große Bau-Aufgaben zu bewältigen sind. Dann kommt noch dazu, daß die Landeskirche eine jährliche Umlage haben will. Das führt schließlich dazu, daß man nach und nach die Kirchensteuer einführt.

Für die Rückzahlung des Darlehens in Höhe von 100 Mark jährlich soll ab 1905 eine Umlage erhoben werden, die ja ohnehin noch in diesem Jahr eingeführt werden soll, weil die Kirchenkasse nicht mehr in der Lage ist, die laufenden Ausgaben zu bestreiten.

Im April 1905 glaubt der Pfarrer einen Weg gefunden zu haben, um die Erhebung einer Kirchensteuer zu vermeiden. Er schlägt folgende Maßnahmen vor:

1. Das Konsistorium erläßt den Beitrag für die Gesamtsynodalkasse (104 Mark) und die Pfarreikasse (86 Mark) (Der Pfarrer hat bereits ein Gesuch nach Kassel abgeschickt).

2. Die Gemeinde wird gebeten werden, den Lohn für den Bälgetreter in Höhe von 50 Mark zu übernehmen (der Bürgermeister will es der Gemeindebehörde vorlegen).

3. Die Kollekten in den Nachmittagsgottesdiensten sollen zur Bezahlung der Bauschulden genutzt werden und nicht mehr nach auswärts abgeführt werden.

4. Die Gemeindeglieder werden gebeten, ihren Beitrag für den Klingelbeutel etwas zu erhöhen, damit etwa 300 Mark erreicht werden.

Am 19. Januar 1908 wird mitgeteilt, daß ab dem nächsten Jahr die Kirchensteuer eingeführt werden muß infolge des neuen Pfarrbesoldungsgesetzes. Insgesamt werden 7 Prozent der Einkommenssteuer in einem Termin erhoben, und zwar durch den Kirchenrechner, der dafür zwei Prozent der zu erhebenden Beträge erhält. Dieser Betrag und die Unkosten für die Veranlagung und Zustellung der Bescheide sollen aber aus der Kirchenkasse bezahlt werden. Personen bis zu einem Steuerbetrag von vier Mark sind zu befreien.

Die Kirchensteuer dient vor allem dazu, eine Umlage von 386,89 Mark zu bezahlen, die bestimmt ist für die Ruhegehaltskasse, den landeskirchlichen Hilfsfonds, die Besoldung, die Pfarrwitwenkasse und die Gesamtsynodalkasse.

Im September 1908 wird die Kirchensteuervorlage des Presbyteriums von staatlicher und kirchlicher Seite genehmigt. Die Kirchensteuerzettel werden bis Ende November gedruckt und ausgefüllt, damit danach die Erhebung stattfinden kann (offenbar wird doch schon 1908 damit begonnen).

Es gibt auch gleich den ersten Kirchensteuerverweigerer. Dem Buchdrucker Johannes Börner, geboren 1863 in Schlüchtern, der 1887 eine katholische Frau aus Großauheim geheiratet hat, wird am 28. Dezember eine Erinnerung zugestellt, am 5. Februar 1909 geht ihm eine Mahnung zu mit der Drohung der Zwangsbeitreibung. Am 10. Januar 1910 wird gegen den Buchdrucker Börner das Zwangsverfahren wegen der Kirchensteuer eingeleitet.

Mitte 1912 hält das Konsistorium den Hebesatz von 7 Prozent für die Kirchensteuer zu hoch. Der Pfarrer erklärt jedoch, daß man den 6.000 Marek betragenden Kirchenfonds wieder auffüllen müsse, der durch die Reparatur der Orgel verbraucht worden ist.

Im Krieg soll die Kirchensteuer nicht von den gegenwärtigen Teilnehmern am Krieg erhoben werden, wer aber wieder zurückgekommen ist, soll zahlen. Das Presbyterium bittet im November 1915 das Konsistorium um eine Beihilfe von 121 Mark, um die kriegsbedingten Ausfälle bei der Kirchensteuer und damit der landeskirchlichen Umlage auszugleichen. Allen Kriegsteilnehmern wird die Kirchensteuer erlassen. Der Gesamtsynodalausschuß bewilligt 50 Mark. Man beantragt auch 1916 wieder eine Beihilfe beim Konsistorium, aber das hat wohl keinen Erfolg gehabt. Anfang Dezember 1916 wird dann die Kirchensteuerhebeliste fertiggestellt.

Im Jahr 1921 gibt es eine neue Reichseinkommenssteuer, von der zwei Prozent als Kirchensteuer erhoben werden sollen, das sind immerhin 6.270 Mark. Gleichzeitig wird erstmals die Kirchensteuer nicht nur zur Bestreitung der landeskirchlichen Umlage erhoben, sondern für allgemeine Zwecke der Gemeinde bzw. um den Haushaltsplan auszugleichen („zur Aufbringung der Mittel für die landeskirchliche Umlage und für örtliche Zwecke“). Die Höhe des Hebesatzes für die Kirchensteuer ist jetzt immer gekoppelt an den Fehlbetrag im Haushaltsplan.

Die Erhebung der Kirchensteuer soll 1922 dem Finanzamt übertragen werden. Die Kirchensteuer soll jeweils mit den monatlichen Vorauszahlungen der Einkommenssteuer erhoben werden. Aber daraus wird offenbar nichts, bis Ende 1923 hat das Finanzamt die Unterlagen nicht geliefert. Der Hebesatz für die Kirchensteuer im Jahre 1922 war an sich mit 4 Prozent veranschlagt. Weil aber schon über 3.000 Mark der zu erwartenden 4.000 Mark ausgegeben sind, wird der Hebesatz im November auf 5 Prozent erhöht.

Für die zweite Hälfte des Rechnungsjahrs 1923 wird die Kirchensteuer mit einem Prozentsatz von 0,005 Prozent der Reichseinkommenssteuer von 1922 in Gold erhoben. Die Abrundung der Beträge und die Nichterhebung von Kleinstbeträgen wird zwischen Presbyterium und Finanzamt vereinbart.

Nach der Inflation haben nur 36 Personen Kirchensteuer für 1923 zu zahlen, bei einer wird sie erlassen. Der Kirchendiener soll das Geld bei den Leuten abholen und dafür jeweils 10 Pfennig Vergütung erhalten (5 Pfennig von dem Steuerpflichtigen und 5 Pfennig aus der Kirchenkasse). Doch das ist vergeblich. Deshalb soll im Mai 1924 die Einsammlung durch den örtlichen Vollziehungsbeamten erfolgen. Durch die Ortsschelle wird Ende April 1925 bekanntgemacht, daß am Freitag um 20 Uhr der letzte Termin für die Zahlung der Kirchensteuer für 1924 ist.

Für die Kirchensteuer 1925 nimmt das Presbyterium die Zahler der Steuerabteilung B durch und setzt die Beträge werden fest. Die Mägde aber sollen nicht zahlen müssen. Um die Bezahlung der Kirchensteuer für 1925 endlich abzuschließen schlägt der Pfarrer im Juni 1926 vor, pro 25 Ar Grundbesitz den Betrag von 40 Pfennigen zu erheben. Er hält es auch nicht für richtig, von den Steuerpflichtigen in Abteilung A., die keine Einkommenssteuer bezahlen, keine Kirchensteuer zu erheben, das sei ungerecht, besonders gegenüber den Lohnsteuerpflichtigen. Nachdem vorher nur sehr wenige Einwohner Kirchensteuer bezahlt haben, versucht man jetzt auch die anderen zu erfassen, zunächst die Landwirte, aber auch die Reichen, die aus irgendeinem Grund keine Einkommenssteuer bezahlen. Die Veranlagung der Landwirte soll nach dem Ergebnis der Herbstveranlagung 1926 erfolgen.

Der Beschluß, auch die Landwirte zur Kirchensteuer heranzuziehen, ist im Oktober 1926 offenbar noch nicht umgesetzt, denn der Pfarrer teilt mit, er habe jetzt erst den Flächeninhalt aller Grundstücke erfaßt. Man sollte auch den Versuch machen, die Kirchensteuer für die Steuerpflichtigen aus Abteilung B. zu erhalten, weil es nur noch wenige Arbeitslose gibt.

Am 19. Oktober bespricht der Pfarrer mit den Kirchenältesten die Liste der steuerpflichtigen Landwirte. Man kommt überein, Grundstücke unter 20 Ar nicht heranzuziehen. Im November 1928 wird noch einmal erklärt, daß es rechtmäßig ist, wenn zur Kirchensteuer auch die Grundvermögenssteuer herangezogen wird. Ab 1930 sollen deshalb auch noch 15 Prozent der Grundvermögenssteuer erhoben werden.

Im August 1927 versucht man wieder, die rückständigen Kirchensteuern durch den Kirchendiener abzuholen, der drei Prozent der von ihm erhobenen Restbeträge der Kirchensteuer erhält. Der Portefeuiller Kaiser zieht die Steuerreste für 1930 ein und erhält eine Vergütung von 30 Mark, im nächsten Jahr eine Anerkennung von 20 Mark.

Im Jahr 1932 soll der Fehlbetrag in der Kirchenrechnung aufgebracht werden durch eine Kirchensteuer von 10 Prozent (Einkommensteuer) und 15 Prozent (Grundvermögenssteuer). Dazu kommt jetzt neu ein Kirchgeld von je einer Mark, das 500 Gemeindeglieder über 18 Jahre zu zahlen haben, die nicht zur Kirchensteuer herangezogen werden.

Die Erhebung der Kirchensteuer für 1933 wird an Herrn Arthur von der Lahr aus Hanau übertragen gegen ein Entgelt von 150 bis 180 Mark im Jahr. Im April wird ein Vertrag mit ihm abgeschlossen, der aber hinfällig wird, wenn von der kirchlichen Zentrale eine einheitliche Steuerverwaltung durchgeführt werden sollte. Das Kirchgeld ist jetzt je nach Einkommen gestaffelt auf ein bis drei Mark, wird aber auf die Kirchensteuer angerechnet. Die Kirchenvorsteher Wilhelm Brosch und Johannes Weifenbach beraten mit Herrn von der Lahr über das Kirchgeld für die Söhne und Töchter. Der Kirchenrechner Brosch erhält 1934 für seine Mitwirkung bei der Kirchensteuererhebung pro Jahr 15 Mark.

Im Jahre 1935 bringen die Kirchensteuer (10 Prozent) 1.116 Mark und die Grundvermögenssteuer (20 Prozent) 1.007 Mark und das Kirchgeld 627 Mark.

Die Kirchensteuerheberolle für 1936 soll in alphabetischer Reihenfolge aufgestellt werden. Dann wird sie aufgrund einer Straßenliste nachgeprüft, die Wilhelm Heckert an einem Regentag aufstellen will. Der Höchstbetrag für das Kirchgeld ist 1936 vier Mark.

Im Jahre 1946 soll der Fehlbetrag in der Kirchenrechnung aufgebracht werden durch eine Kirchensteuer und ein verdoppeltes (!) Kirchgeld. Es geht jetzt von einem Mindestbetrag von zwei Mark bis zu acht Mark bei einem Einkommen von mehr als 2.000 Mark. Außerdem soll im November durch die Kirchenvorsteher um freiwillige Gaben gebeten werden, damit die Kirchensteuer-Hebesätze nicht erhöht werden müssen.

 

Kirchensteuererlasse: Ab August 1927 muß bei immer mehr Kirchensteuerzahler die Kirchensteuer ermäßigt oder ganz erlassen werden, manchmal aber auch ihre Beschwerde verworfen. Meist ist der Grund, daß die Betreffenden aus dem Erwerbsleben ausgeschieden sind, entweder arbeitslos wurde oder in den Ruhestand ging. Manchmal wird die ganze Sitzung dazu verwendet, über Kirchensteuersachen zu verhandeln. Im April 1930 soll der Pfarrer bei Heinrich Huhn (Hanauer Straße 9) und Johannes Schäfer (Schulstraße 10) einen letzten Versuch vor der Vollstreckung machen. Im Juni haben sie die Kirchensteuer für 1929 bezahlt. Deshalb soll ihnen die Steuer für 1927 und 1928 erlassen werden wie bei den anderen Gemeindegliedern auch. Ende 1931 wird allen Arbeitslosen ohne Vermögen die Kirchensteuer gestundet. Einem taubstummen Landwirt wird 1941 die Kirchensteuer von 10,80 Mark auf 5,40 Mark herabgesetzt.

 

Übersicht:

Jahr

Haushaltsplan

Umlage/Fehlbetrag

Hebesatz

1909

 

390,35 Mark

 

1910

 

442,68 Mark

 

1911

 

413,03 Mark

 

1912

 

616,07 Mark

 

1913

 

614,81 Mark

 

1914

 

723,03 Mark

 

1915

 

595 Mark

 

1916

 

595 Mark

 

1917

2.304,13 Mark

680,68 Mark

7 Prozent

1919

 

875,16 Mark

9 Prozent

1920

3.866 Mark

1.779 Mark

 

1921

 

6.270 Mark

2 Prozent

1922 I

3.866,85 Mark

8.802 Mark

4 Prozent

1922 II

 

7.345 Mark

5 Prozent

1923

77.313,85 Mark

29.533 Mark

3,5 Prozent

1924

 

 

10 Prozent

1925

 

 

15 Prozent

1926

2.969,05 Mark

1.549 Mark

15 Prozent

1927

 

2.566 Mark

10 Prozent (später 7)

1928

 

2.800 Mark

10 Prozent

1929

4.548,85 Mark

3.100 Mark

10 Prozent

1930

 

3.100 Mark

10 Prozent/15 Prozent

1931

4.920 Mark

 

 

1935

3.800,93 Mark

 

 

1937

4.007,43 Mark

3.073 Mark

 

1938

4.486,66 Mark

 

 

1939

4.338,46 Mark

 

 

1940

4.142,77 Mark

 

 

1941

1.388,48 Mark

 

 

1931

 

 

10 Prozent/15 Prozent

1932

4.487,09 Mark

3.250 Mark

10 Prozent/15 Prozent

1933

 

3.000 Mark

 

1934

3.6289,73 Mark

2.400 Mark

10 Prozent/15 Prozent

1935

 

2.750 Mark

10 Prozent/20 Prozent

1936

4.007,93 Mark

2.757 Mark

 

1938

 

3.317 Mark

 

1939

 

3.270 Mark

10 Prozent/15 Prozent

1940

 

 

10 Prozent/15 Prozent

1941

 

3.054 Mark

10 Prozent/15 Prozent

1942

 

4.919 Mark

 

1943

6.291,13 Mark

4.642 Mark

6 Prozent/15 Prozent

1946

 

 

6 Prozent/15 Prozent

1947

8.200 Mark

 

6 Prozent/15 Prozent

1948

8.300 Mark

 

Sechs Prozent

1949

7.405 Mark

5.920 Mark

7 Prozent/20 Prozent

1950

8.360 Mark

4.540 Mark

Landeskirchensteuer/

20 Prozent

1951

8.585 Mark

4.500 Mark

 

1952

9.610 Mark

4.350 Mark

Kirchgeld/20 Prozent

1953

22.385 Mark (Jugendheim)

4.055 Mark

Ortskirchensteuer (20 Prozent) und Kirchgeld

1954

12.650 Mark

4.055 Mark

1955

 

5.460 Mark

1956

 

5.745,90 Mark

1957

 

5.887,90 Mark

1958

 

7.099,40 Mark

1959

29.350 Mark

 

 

1962

58.500 Mark

 

 

1964

81.1000 Mark

 

 

1966

67.000 Mark

 

 

1967

69.000 Mark + Nachtrag

 

 

1968

63.7000 Mark

 

 

1969

72.500 Mark

 

 

1970

84.700 Mark

 

 

1971

88.600 Mark

 

 

1972

114.600 Mark

 

 

1973

162.400 Mark

 

 

1974

210.800 Mark

 

 

1975

161.000 Mark

 

 

1976

154.800 Mark

 

 

1977

177.000 Mark

 

 

1978

208.300 Mark

 

 

Am 3. September 1947 wird der Kirchensteuerbeschluß des Vorjahres übernommen, aber eine freiwillige Sammlung wird nicht durchgeführt. Das Kirchgeld für die Nicht-Steuerzahler beträgt einheitlich zwei Mark.

Am 20. Juni 1948 wird die Währungsreform durchgeführt, bei der das Geld im Verhältnis 10:1 abgewertet wird. Für die Zeit vom 1. April bis 20. Juni 1948 wird deshalb keine Kirchensteuer erhoben, sondern die Steuer wird durch das Kirchgeld vom 21. Juni 1948 bis 31. März 1949 abgegolten. Ab 21. Juni 1948 wird die Kirchensteuer mit einem Hebesatz von sechs Prozent erhoben (15 Prozent der Grundsteuermeßbeträge). Das Kirchgeld wird von 2 Mark bis 30 Mark (bei einem Jahreseinkommen von 30.000 Mark und höher). Aber noch bis 1951 muß auch das Kirchgeld in einigen Fällen erlassen werden.

Ab 1950 erhält die Gemeinde einen Anteil an der Landeskirchensteuer. Dennoch bleibt ein Fehlbetrag von 4.540 Mark, der gedeckt wird durch eine Ortskirchensteuer von 20 Prozent der Grundsteuermeßbeträge und ein Kirchgeld nach dem Brutto-Einkommen, das von 2 bis 30 Mark reicht, und einem Kirchgeld nach dem landwirtschaftlichen Grundvermögen, das von 3 bis 15 Mark reicht.

Die Kirchensteuer wird auch im März 1954 noch abgeholt. Die Abholungsaufträge für die rückständige Kirchensteuer werden durchgesehen und einige ausgesondert, weil das Abholungsverfahren doch keinen Erfolg verheißt.

Der Ortskirchensteuerbeschluß wird ab 1960 auf einem besonderen Formular protokolliert und ins Protokollbuch eingeklebt und in der Registratur abgelegt. Der Ortskirchensteuerbeschluß wird ab 1966 im Schaukasten bekanntgemacht.

Ab 1967 werden Gemeindeglieder über 65 Jahre vom Kirchgeld befreit, wenn ihr Jahres-Brutto-Einkommen geringer als 5.000 Mark ist. Ende 1968 wird die vom Landeskirchenamt vorgeschlagene Staffelung des Kirchgelds akzeptiert (Wahrscheinlich ist das Kirchgeld erhöht worden). Die Kirchengemeinde Hochstadt verzichtet auf die Erhebung der Ortskirchensteuer für das Jahr 1971 (obwohl ein Beschluß darüber in das Protokollbuch eingeklebt ist). Die Steuerpflichtigen, deren Grundsteuermeßbetrag unter zehn Mark liegt, werden nicht veranlagt.

 

 

 

 

 

 

Moscheesteuer und Kirchensteuer

Über Weihnachten 2018 wurde der Vorschlag gemacht, in Deutschland eine „Moscheesteuer ähnlich der Kirchensteuer einzuführen“. Doch die sogenannte „Kirchensteuer“ ist keine Steuer wie Mehrwertsteuer oder Grundsteuer, denn man kann sich ihr leicht durch Kirchenaustritt entziehen. Bei einer Steuer, die eine Pflicht-Leistung an den Staat (!) ist, kann man das aber nicht tun. Die „Kirchensteuer“ ist eine freiwillige Leistung an die Kirche (!) und nur für Mitglieder der Kirche. Sie wird allerdings von den staatlichen Finanzämtern eingezogen. Diese sind so etwas wie ein Inkassounternehmen und erhalten dafür drei Prozent der eingenommenen Summe. Das ist ein hoher Prozentsatz, denn die Werte werden ja automatisch von den Arbeitgebern übermittelt und maschinell addiert und dann auf die Kirchen aufgeteilt. Es ist erfreulich, daß der Staat diese Aufgabe traditionellerweise übernimmt, während zum Bespiel Gewerkschaften oder Vereine das selber machen müssen, aber dadurch wird aus dem Kirchenbeitrag noch keine Steuer. Eine andere Frage ist, ob die Finanzämter nicht auch einen Beitrag für die Moscheen einziehen sollten. Doch darüber kann nicht der Staat beschließen, sondern der Wunsch muß von den Moscheen ausgehen. Doch diese haben derzeit kein Interesse daran, solange sie weitgehend von der Türkei und arabischen Staaten finanziert werden. Eine eigene „Moscheessteuer“ dagegen wäre ein Zeichen dafür, daß sie sich als Teil der deutschen Gesellschaft verstehen und deutsche Gewohnheiten übernehmen. Außerdem würde dann deutlich, längst nicht alle Einwohner mit islamischer Tradition auch Mitglied einer Moscheegemeinde sind. Es ist schade, daß so etwas erst am Geld deutlich wird, aber irgendwo und irgendwie muß man halt eine Grenze ziehen. Ob man die Moscheeverbände außerdem noch zu Körperschaften öffentlichen Rechts macht, ist eine weitere Frage.

 

E-Mail an Sendung De facto vom 15. April 2019

Sehr geehrter Herr Hübner, in der letzten Sendung haben Sie wieder einmal – wie heute in vielen Medien üblich – gegen die Kirche gehetzt, ohne die Tatsachen und wahren Gründe gründlich herauszuarbeiten:

1. Die „Kirchensteuer“ ist keine wirkliche Steuer, sondern man kann sich ihr durch Kirchenaustritt sofort entziehen. Die Finanzämter arbeiten nur als Inkassounternehmen für die Kirche und lassen sich ihren minimalen Aufwand mit drei Prozent der Einnahmen vergüten.

2. Im Jahre 1803 wurde die Kirche nicht enteignet, sondern der Staat kaufte ihnen weite Gebiete und große Ländereien ab (so wie man das heute mit den großen Wohnungsunternehmen machen will). Der Staat konnte allerdings den Kaufpreis nicht sofort zahlen, sondern zahlte nur die Zinsen, ohne auch eine Tilgung des Kaufpreises vorzunehmen. Keine Bank würde einem Schuldner den Kredit erlassen, nur weil dieser 70 Jahre lang die Zinsen bezahlt hat. So macht das auch die Bundesrepublik Deutschland, die zwar jährlich ein Teil der Schuld tilgt, aber immer wieder neue Schulden aufnimmt und dadurch Milliardenbeträge jährlich an Zinsen an die Banken zahlt. Die demgegenüber geringen Zahlungen an die Kirche würden sofort kleiner werden, wenn der Staat endlich anfinge den Kaufpreis in Raten zu zahlen (oder die Grundstücke wieder zurückzugeben).

3. Die örtlichen Baulasten für die Erhaltung der Kirchen sind vor wenigen Jahren abgelöst worden, allerdings sehr zum Schaden der Kirche. Die Kirche hat von vornherein auf die Hälfte ihrer Rechte verzichtet, und der Rest wurde weit unter dem Verkehrswert in Raten von den Gemeinden gezahlt. Die Kirche hat nun die Verpflichtung die denkmalsgeschützten Gebäude zu erhalten. Das wird sie in Zukunft unmöglich können, und hier wird auch wieder der Steuerzahler einspringen müssen, es sei denn, man will auf wichtiges Kulturgut verzichten.

4. Die Forderung nach Tempo 130 auf den Autobahnen ist nicht Parteipolitik, nur weil die Grünen auch diese Forderung erheben. Sie hat vielmehr etwas zu tun mit dem Schutz des menschlichen Lebens und der Erhaltung der Natur, ist also ein grundhaftes kirchliches Anliegen. Der Grundsatz der Weimarer Verfassung, dass die Kirchen sich zu „Grundfragen der Nation“ äußern dürfen, gilt auch noch heute. Er galt sogar in der DDR, die dennoch versucht hat die Kirche auf den rein religiösen Bereich, den Kult und die Seelsorge zu beschränken. Es muss ja niemand der Meinung der Kirche folgen, aber sie ist eine wichtige Stimme im Chor der Gesellschaft.

5. Die Kindergärten und Heime und sonstigen Einrichtungen der Kirche werden vom Staat genauso unterstützt wie die der Arbeiterwohlfahrt oder privater Vereine. Das ist das sogenannte „Subsidiaritätsprinzip“, nachdem der Staat immer dann in die zweite Reihe tritt, wenn ein anderer Träger die Aufgabe übernehmen will. Für den Staat ist das sogar noch günstig, denn die staatlichen Zuschüsse decken nicht die vollen Kosten, sondern der Träger muss immer noch einen beträchtlichen Teil zuschießen, so dass der Staat billiger dabei wegkommt, als wenn er selber die Aufgabe ausführen müsste.

Sie sind in dieser Sendung nur auf einen populären Zug aufgesprungen, ohne gründlich zu recherchieren. Leider haben auch die Kirchenvertreter nichts anderes gewusst, als sich auf Verträge zu berufen, ohne den Grund für diese Verträge zu erwähnen (oder haben Sie das weggeschnitten?). Wenn sie ihre einseitige Berichterstattung wieder zurechtrücken wollen, dann verleßen sie bitte in der nächsten Sendung meine Klarstellung.

 Mit freundlichen Grüßen

Peter Heckert

 

Die Antwort lautete, sie hätten ja Kirchenvertreter zu Wort kommen lassen. Das stimmt zwar, was die finanzielle Seite angeht, aber diese haben nur nichtssagende Antworten gegeben und sich nur auf Verträge berufen und nicht auf deren Grund.

 

 

 

 

Kirchensteuer

 

Jede Kirchengemeinde dankt allen, die es mit Kirchensteuer und anderen Mitteln der Kirche ermöglichen, ihren Auftrag zu erfüllen.

 

Die Kirche hat den Auftrag, mit ihrem geordneten Dienst die Botschaft von Jesus Christus mit Wort und Tat weiterzutragen. Sie sammelt Menschen zu Predigt und Abendmahl, Unterricht und Gespräch. Sie ruft auf zu Diakonie (Krankenhäuser, Kindergärten, Altenheime) und Mission. Sie braucht Menschen, die an diese Aufgabe die Zeit und die Kraft ihres Lebens hingeben. Dafür muß sie ihnen ihren Lebensunterhalt sichern. Die Kirche braucht auch zeitgemäße technische Hilfsmittel, Gebäude für Versammlungen, Wohnungen für die Mitarbeiter und eine funktionierende Verwaltung.

Um all dies tun zu können, braucht die Kirche den Einsatz von Menschen. Aber sie ist auch auf Geld angewiesen. Den Großteil ihrer Einnahmen bezieht sie aus der sogenannten „Kirchensteuer“. Sie ist aber keine echte Steuer, denn Steuern erhebt nur der Staat. Von der „Kirchensteuer“ kann man sich aber durch Austritt aus der Kirche befreien. Sie ist im Grunde längst zu einer freiwilligen Abgabe geworden, weil sie nicht mehr auf dem Wege der Zwangsvollstreckung beigetrieben werden kann. Die Kir­chen­steuer ist eine Art Mitgliedsbeitrag. Sie wird erhoben von jedem Berufstätigen, sei er nun abhängig beschäftigt oder selbständig.

Die Kirchensteuer ist als eine geordnete Abgabe eine alle Mitglieder gleichmäßig belastende Mindestanforderung, die untere Grenze der für ein Jahr erwarteten Abgabe. Aber sie ist kein Opfer, denn letztlich tut sie nicht weh im Vergleich zu anderen Abgaben.

Man kann aber nicht sagen: „Ich gebe meine Steuer nur für diesen Zweck!“ oder: „Sollen doch die die Unkosten zahlen, die zum Gottesdienst gehen. Ich mache die Kirche nicht dreckig!“ Für den rein kirchlichen Betrieb würden die Opfergaben wohl reichen. Neben die Kirchensteuer treten noch Kollekten und Spenden und Vermächtnisse (Erbschaft). Diese erbittet die Kirche für bestimmte Aufgaben und Anlässe in der Kirche, das Gemeindeglied setzt selber die Höhe der Zahlung fest. Aber die Spenden reichen nicht für die Gebäude und die oft umfangreiche Diakonie (die ja allen Bürgern zugute kommt!). Auf der anderen Seite ist die Kirche auch wieder für alle ihre Glieder da und steht ihnen unabhängig vom Grad ihrer Aktivität zur Verfügung.

 

 

Wer zahlt Kirchensteuer?

Im Wesentlichen zahlen Arbeitnehmer mit eigenem Einkommen und Selbständige die Kirchensteuer. Wer keine Einkommensteuer zahlt, zahlt auch keine Kirchensteuer. Keine Kirchensteuer zahlen in der Regel Schülerinnen und Schüler, Studierende, Rentnerinnen und Rentner sowie Personen mit geringem oder keinem zu versteuerndem Einkommen.

 

Wie wird die Kirchensteuer berechnet?

Die Höhe der Kirchensteuer richtet sich nach dem Einkommen und den dafür zu zahlenden Steuern. Das sind etwa zwei Drittel der rund eine Million Kirchenmitglieder der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck. Oder umgekehrt: Nur ein Drittel der Kirchenmitglieder verdienen so viel, daß sie Kirchensteuer zahlen. Die Kirchensteuer beträgt zur Zeit 9 Prozent der Einkommensteuer. Um ein zu starkes Anwachsen der persönlichen Kirchensteuerbelastung zu vermeiden, besteht bei höheren Einkommen die Möglichkeit, auf Antrag die Kirchensteuer ab Veranlagungszeitraum 2004 auf 3,75 Prozent des gesamten zu versteuernden Einkommens zu begrenzen. Ein so genannter Kappungsantrag rechnet sich allerdings erst ab einem zu versteuernden Jahreseinkommen von 265.388 Euro bei Ledigen und 530.744 Euro für Verheiratete. In allen übrigen Fällen ist der normale Steuersatz günstiger.

Die Kirchensteuer vermindert sich jedoch um 30 bis 50 Prozent, weil sie als Sonderausgabe bei der Einkommensteuer-Erklärung vom Einkommen abgesetzt werden kann. Von nichtkirchlicher Seite wird das kritisiert, weil der Staat hier angeblich auf Einnahmen verzichtet. Aber dieses Geld bekommen natürlich nicht die Kirchen, sondern die Bürger: Sie zahlen weniger Steuern, weil sie die Kirchen unterstützen. Der Staat geht dabei davon aus, daß es der Gemeinschaft dient, wenn man die Kirche finanziell unterstützt. Genauso wie Spenden für gemeinnützige Organisationen bis 20 Prozent des Gesamtbetrages der Einkünfte steuermindernd geltend gemacht werden können, gilt das denn auch für die Kirchensteuer.

 

 

Beispiele:

Die Kirchensteuer orientiert sich an der finanziellen Leistungskraft des Einzelnen, denn sie richtet sich nach dem persönlichen Einkommensteuer-Tarif. Deshalb hier einige Beispiele:

Alleinerziehend, ein Kind bis 16 Jahre, Bruttoarbeitslohn:

17.500 Euro im Jahr. Abzüglich der Steuerfreibeträge zu versteuerndes Einkommen: 7.623 Euro. Kirchensteuer: 0,00 Euro

Single, Bruttoarbeitslohn: 36.000 Euro im Jahr. Abzüglich der Steuerfreibeträge zu versteuerndes Einkommen: 32.919 Euro. Kirchensteuer: 626 Euro. Abzüglich der Steuerersparnis durch Abzugsfähigkeit der Kirchensteuer als Sonderausgabe tatsächliche Kirchensteuer: 425 Euro

Familie, beide berufstätig, zwei Kinder, Bruttoarbeitslohn: 40.000 Euro im Jahr. Zu versteuerndes Einkommen abzüglich der Steuerfreibeträge: 23.678 Euro. Kirchensteuer: 0,00 Euro

Familie, beide berufstätig, zwei Kinder, Bruttoarbeitslohn: 60.000 Euro im Jahr. Zu versteuerndes Einkommen abzüglich der Steuerfreibeträge: 35.520 Euro. Kirchensteuer: 150 Euro. Tatsächlich gezahlte Kirchensteuer: 130 Euro.

Paar, eine/r berufstätig, keine Kinder, Bruttoarbeitslohn: 150.000 Euro im Jahr. Abzüglich der Steuerfreibeträge zu versteuerndes Einkommen: 144.882 Euro. Kirchensteuer: 4.276 Euro.

Tatsächlich gezahlte Kirchensteuer: 2.380 Euro.

 

Unterschiedliche Zugehörigkeit bei Ehegatten:

Wenn ein Partner evangelisch und ein anderer katholisch ist, wird die Kirchensteuer auf beide Kirchen verteilt. Wenn der Partner, der das Familieneinkommen erarbeitet, keiner Kirche angehört, dann wird das besondere Kirchgeld erhoben, das jedoch erheblich niedriger als die Kirchensteuer ist. Es richtet sich nach der Höhe des Familieneinkommens, nämlich 96 Euro Das besondere Kirchgeld beträgt pro Jahr bei einem zu versteuernden Einkommen von 35.000 Euro und 540 Euro bei einem Einkommen von 75.000 Euro. Die Kirche folgt mit diesem Modell der Steuergesetzgebung. Die Familie leistet damit für den Teil einen Beitrag, der Mitglied der Kirche ist. Früher gab es eine andere Regelung.

 

Ehegattensplitting:

Wenn ein Ehepaar wie üblich bei der Einkommenssteuer das „Ehegattensplitting“ beantragt, dann wird das jeweilige Einkommen der Ehegatten zusammengezählt und dann geteilt und getrennt versteuert. Das ist für das Ehepaar günstiger, weil dann die „Steuerprogression“ gemindert wird und das Ehepaar insgesamt weniger bezahlt. Wenn aber ein Ehepartner einen Teil des Einkommens auf den anderen überträgt, dann muß sie sich auch gefallen lassen, daß dieser Teil des Einkommens auch zur Kirchensteuer herangezogen wird.

Die Redaktion „Panorama“ hat in der Sendung vom 6. Mai 2012 das Thema „Kirchensteuer“ in recht bissiger Form aufgegriffen, so daß man merkte, daß die Moderatorin mit der Kirche nicht viel am Hut hat. Es wäre aber gut gewesen, wenn sie genauer recherchiert hätte bzw. bessere Gesprächspartner gehabt hätte. Zuerst ging es um die Gebühren beim Kirchenaustritt. Dabei handelt es sich um eine Gebühr der bürgerlichen Gemeinde. Es geht also nicht um ein „Nachtreten“ der Kirche, die von dieser Gebühr gar nichts hat.

Dann ging es um den Mann, der 1980 durch mündliche Erklärung aus der katholischen Kirche ausgetreten war und für 1999 bis 2002 zur Kirchensteuer herangezogen worden war. Dabei ist es unerheblich, daß dieser „Austritt“ in der DDR erfolgte, denn auch dort galt er nur, wenn er vor dem Kreisgericht (Amtsgericht) erfolgte, meist aber durch Vermittlung der polizeilichen Meldestellen.

Der Mann muß irgendwann einmal auf seiner Steuererklärung in dem entsprechenden Käst­chen eingetragen haben, daß er katholisch sei. Nur aufgrund dieser Erklärung zieht das Finanzamt die Kirchensteuer für die Kirche ein. Das Finanzamt prüft die Richtigkeit dieser Erklärung nicht nach, gleicht also nicht mit den Unterlagen der Kirche ab.

 

Schließlich ging es um das Ehepaar, wo der frühere Katholik angeblich Kirchensteuer an die evangelische Kirche zahlt. Das ist natürlich falsch. Ursache für diese Forderung ist das deutsche Steuerrecht, in dem es das Ehegattensplitting gibt: Das jeweilige Einkommen der Ehegatten wird zusammengezählt, dann geteilt und getrennt versteuert. Das ist für das Ehepaar günstiger, als wenn ein Ehepartner durch die Progression viel mehr bezahlt. Wenn aber - wie in diesem Fall - ein Teil des Einkommens des Mannes auf die Frau übertragen wird, dann muß sie sich auch gefallen lassen, daß dieser Teil des Einkommens auch zur Kirchensteuer herangezogen wird. Es ist ungünstig, wenn dieser Teil als „besonderes Kirchgeld“ extra ausgewiesen wird, an sich handelt es sich um die übliche Versteuerung des Einkommens der Frau.

Leider hat auch der Mann der Kirche den Sachverhalt nicht richtig erklärt. Es geht nicht darum, daß der Mann die Frau liebt und deshalb für sie mit bezahlt, sondern hier handelt es sich um eine klare rechtliche Regelung im Steuerrecht. Aber auch abgesehen davon hat die Frau einen Anspruch auf die Hälfte des Familieneinkommens, auch wenn sie gar nicht berufstätig ist, denn sie trägt ja auch ihren Anteil an den Aufgaben der Familie bei. Der Mann hätte die Zahlung der Kirchensteuer auch ganz einfach vermeiden können, indem er eine getrennte Veranlagung bei der Einkommenssteuer beantragt hätte. Dann hätte er die angebliche Kirchensteuerzahlung vermeiden können, aber sehr viel mehr Einkommensteuer bezahlen müssen (die Kirchensteuer beträgt ja nur 8 oder 9 Prozent der Einkommenssteuer). Wenn ein Ehepartner nicht der Kirche angehört und eine Unterstützung der Kirche vermeiden will, dann muß er nur auf das „Ehegattensplitting“ verzichten, muß dann aber sehr viel mehr Einkommensteuer bezahlen

 

Steuereinzug durch Finanzämter:

Der automatische Kirchensteuerabzug war allerdings schon bei seiner Einführung umstritten. Die evangelische Landeskirche in Württemberg sträubte sich bis 1955 dagegen. Aber der Einziehung der Kirchensteuer durch die Finanzämter hat manche Vorteile. Vor allem werden alle gemäß ihrem Einkommen gleichmäßig besteuert. Das Finanzamt zieht einfach 8 oder 9 Prozent der Lohnsteuer bzw. Einkommenssteuer noch einmal vom Bruttoverdienst ab und überweist das Geld an die Kirchen. Es erhält dafür drei Prozent der Steuer als Unkostenbeitrag und macht es damit viel billiger als eine eigene kirchliche Steuerverwaltung (diese würde erfahrungsgemäß bis zu 20 Prozent kosten). Aber die 3 Prozent für das Finanzamt sind heute auch schon wieder zu hoch, denn das Geld wird ja automatisch durch den Computer abgezogen, es muß nur das Geld an die Gemeinden überwiesen werden Der Staat erhält deutlich mehr, als es ihn kostet, vor allem im Zeitalter der Computer.

Aber für die Kirchen ist das in der Tat dennoch kostengünstig: Die Kirchen sparen angeblich jährlich 1,8 Milliarden Euro, weil der Staat ihnen die Kirchensteuern einkassiert. Der Betrag ist nur vermutet, spielt aber auch gar keine Rolle. Weil die Kirche ihre Ausgaben für Verwaltungszwecke geringhalten will, bedient sie sich der staatlichen Dienstleistung. So kann sie mehr Geld für ihre eigentlichen Aufgaben bereitstellen. Das Finanzamt zieht die Beträge ein und überweist sie gesammelt an die Kirche. Das ist diskret und anonym. Der Pfarrer weiß nicht, wer von seinen Leuten Kirchensteuer bezahlt, angeblich aus Datenschutzgründen. Die Kirche erhält nur vom Finanzamt die Gesamtsumme, aber keine Angaben, wer sie im Einzelnen aufgebracht hat. Die Kirche kann sich deshalb in der Regel bei niemandem gezielt bedanken. Andererseits kann auch niemand aufgrund seiner besonders hohen Kirchensteuerzahlungen besonderen Einfluß für sich reklamieren.

 

Man muß allerdings dazu sagen, daß ein großer Teil des Einkommens steuerfrei ist und des­halb auch bei der Kirchensteuer nicht berücksichtigt wird. Deswegen hat man auch in vielen Gemeinden noch das Kirchgeld, das von der Kirche eingezogen wird, so daß diese eine eigene Steuerkartei hat. Die Kirchensteuer ist nur der Mindestbeitrag. Vielleicht ginge die Kirchensteuer zurück, wenn sie nicht mehr vom Staat eingezogen würde. Aber viele würden auch den gleichen Betrag frei­willig zahlen, den sie bisher schon durch Kirchensteuer und Spenden aufbringen.

 

Diese Praxis bringt Probleme: Man kann seinen Eintritt oder Wiedereintritt in die Kirche einfach dadurch erklären, daß man den Arbeitgeber bittet, bei der Meldung an das Finanzamt in dem entsprechenden Kästchen eine Konfession mit anzugeben. Arbeitgeber und Finanzamt prüfen diese Angabe nicht nach, gleichen sie nicht mit den Unterlagen der Kirche ab (Die Kirchenmelden zwar ihre Gemeindeglieder, aber wer beim Finanzamt wird das abgleichen?). Und wenn der Betreffende dann umzieht, erhält das Pfarramt von Einwohnermeldeamt nur die Mitteilung „Gemeindeglied zugezogen“.

Beim Austritt ist es nicht so einfach, da wird vom Finanzamt eine Austrittserklärung vor dem Amtsgericht verlangt. Aber auch wenn jemand vor dem Amtsgericht aus der Kirche ausgetreten ist, kann er (steuerlich) wieder zur Kirche gehören, indem er beim Arbeitsgeber seine Konfession angibt und damit seine Bereitschaft zur Zahlung der Kirchensteuer erklärt. Und dann kann der die „Dienstleistungen“ der Kirche in Anspruch nehmen, wenn er seine Bereitschaft zur Zahlung der Kirchensteuer erklärt.

An sich ist das absurd, denn in die Kirche kann man nur (wieder) eintreten durch ein besonderes kirchliches Verfahren. Umgedreht kann jemand aus der Kirche austreten, wenn er einfach das entsprechende Kästchen in der Steuererklärung nicht ausfüllt. Das Pfarramt erfährt davon nichts, es erhält nur die förmlichen Austrittserklärungen vom Amtsgericht. Das ist auch wieder absurd, aber durchgehende Praxis. Der Pfarrer weiß nicht, wer von seinen Leuten Kirchensteuer bezahlt

 

Wie hoch sind die Kirchensteuereinnahmen der Kirche von Kurhessen-Waldeck?

Die Finanzen der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck hängen zu mehr als vier Fünftel von der Kirchensteuer ab. Für die Zukunft ist mit real sinkenden Einnahmen aus der Kirchensteuer zu rechnen. Das hat zwei Gründe: Zum einen reduziert sich die Zahl der Mitglieder der Landeskirche, vor allem durch die Bevölkerungsentwicklung, um jährlich durchschnittlich 0,68 Prozent. Zum anderen hängt die Kirchensteuer entscheidend von der Entwicklung der Wirtschaft sowie der Lohn- und Einkommensteuerentwicklung ab. Hier mindern die Steuerreformen mit höheren Freibeträgen und sinkenden Steuersätzen die Einnahmen.

Im Jahre 2004 hatte die Evangelische Kirche von Kurhessen-Waldeck einen Gesamthaushalt (landeskirchlicher Teil) von    122.242.000 Euro und einen Kirchensteueranteil von 69.500.000 Euro.

 

Kirchgeld:

Früher gab es in den Kirchen auch noch das Kirchgeld, das die Kirchen selber erhoben. Es war aber pauschaliert und ziemlich gering, zehn oder zwanzig Mark im Jahr. Wegen der hohen Kosten für die Erhebung verzichten die hessischen Kirchen seit Jahrzehnten (etwa 1970) auf dieses Kirchgeld. Das führt aber dazu, daß zum Beispiel in der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck nur ein Drittel der Gemein­de­glieder über das Finanzamt Kirchensteuer bezahlt. Dies ist ein Beispiel dafür, daß die angeblich geldgierige Kirche auch in finanzieller Hinsicht positive Seiten hat.

Aber wenn ein Ehepaar im Jahr 500 Euro Kirchensteuer zahlt, dann ist ein zusätzliches Kirch­geld von 84 Euro eine Zumutung. Wer Kirchensteuer zahlt, sollte nicht noch Kirchgeld zahlen sollen. So hat es die frühere Ev.-Luth. Kirche in Thüringen gemacht. Die Bittbriefe trug die Gemeinde aus, die Leute brachten das Geld oder überwiesen es. Das ist eine gerechte Lösung, die die Kirchensteuerzahler von weiteren Verpflichtungen freistellt. Aber auch dieses ist nur ein freiwilliges Kirchgeld. Jeder Verein verlangt einen Mitgliedsbeitrag, da sind 20 Euro im Jahr noch ein vergleichsweise geringer Betrag. Studenten und Sozialhilfeempfänger sollte man weitgehend freistellen. Aber ein ganzer Teil der Rentner könnte durchaus herangezogen werden. Irgendeinen Beitrag sollte jeder zahlen, um seine Zugehörigkeit zu dokumentieren. Noch besser wäre natürlich, er wäre nicht nur passives Mitglied, sondern nähme aktiv am Leben der Gemeinde teil.

Ganz ungünstig ist die Praxis in Bayern: Im Jahre 2007 versandte die Evangelische Kirche in München ein Schreiben an neu zugezogene Gemeindeglieder eine Aufforderung zur Zahlung von Kirchgeld, das die meisten wohl nicht von ihrem früheren Wohnort kannten. Das Schreiben weist zwar darauf hin, daß in Bayern die Kirchensteuer nur 8 Prozent der Lohnsteuer beträgt. Aber der Ton ist doch drohend, so ungefähr: „Wenn Sie das Kirchgeld nicht zahlen, dann nützt Ihnen die ganze Kirchensteuer nichts, dann werden Sie trotzdem nicht kirchlich beerdigt!“ Allein so ein Tonfall verärgert doch, auch wenn das Gemeindeglied gutwillig ist. Aber andere sagen dann: Wenn das so ist, dann spare ich mir auch die Kirchensteuer.

Klar kann man sagen: Bei einer Million Kirchenglieder sind das 20 Millionen im Jahr, die den örtlichen Gemeinden zugute kommen. Aber ob damit der entstandene Ärger und Unmut aufgewogen wird, ist jedoch fraglich. Wenn man aber meint, an der bisherigen Regelung festhalten zu müssen, dann könnte man doch wenigstens den Brief anders formulieren. Zunächst einmal könnte man sich bedanken für die Zahlung der Kirchensteuer. Nirgendwo geschieht das - jahrzehntelang - auch in der Presse wird nicht berichtet über die Verwendung der Gelder. Dann könnte man um Verständnis werben, daß nun auch noch die Kirchengemeinde einen Beitrag will. Es muß unbedingt gesagt werden, wozu dieses Geld gebraucht wird. Und es muß alles als Bitte formuliert sein und nicht gleich mit der Androhung von Sanktionen verbunden. Dazu ist immer noch Zeit, wenn mehrfach nicht gezahlt wurde.

Manche treten dann als Rentner wieder in die Kirche ein, weil es dann nichts mehr kostet, die Dienstleistungen der Kirche aber kostenfrei sind. Man kann sogar sein ganzes Leben zur Kirche gehören, ohne je einen finanziellen Beitrag geleistet zu haben, zum Beispiel als Arbeitslosengeld II-Empfänger. Das ist an sich nicht für richtig, das gibt es in keinem Verein.

Manche treten dann als Rentner wieder in die Kirche ein, weil es dann nichts mehr kostet, die Dienstleistungen der Kirche aber kostenfrei sind. Man kann sogar sein ganzes Leben zur Kirche gehören, ohne je einen finanziellen Beitrag geleistet zu haben, zum Beispiel als Arbeitslosengeld II - Empfänger. Man muß aber fragen, ob das richtig ist, denn das gibt es in keinem Ver­ein. Irgendwie müßte die Zugehörigkeit zur Kirche auch beim Geld deutlich werden.

Wo kein Kirchgeld erhoben wird, bleibt aber immer die Möglichkeit, der Kirche Geld zu spenden, das dann aber allein der eigenen Gemeinde zugute kommt (Kontonummern der Kirchengemeinde und der Bürgerstiftung der Kirchengemeinde kann man im Internet finden).

 

Diskussion in der Öffentlichkeit:

Das Thema „Kirche und Geld“, die Berechnung und Verwendung von Kirchensteuern wird in der Öffentlichkeit immer wieder diskutiert. Dazu kommt noch, daß auch die Leistungen des Staates an die Kirchen als überholt angefochten werden. Ein Problem ist in der Tat: Das Staatsvolk ist nicht mehr gleichbedeutend mit dem Kirchen­volk und die vom Staat ursprünglich garantierte Religionsausübung wird nur von sieben bis acht Prozent der Be­völkerung im Gottes­dienst praktiziert.

Formell gehören den großen Kirchen noch 66 Prozent der Bürger an, von denen sie rund 17 Milliarden Mark Kirchensteu­er beziehen. Daneben erhalten sie jährlich weitere 11,5 Milliarden Mark aus den Haushalten von Bund, Ländern und Ge­meinden. Viele Kirchenmitglieder sind nur Kirchensteuer-Christen und die Kirche ist für sie nur eine Sparkasse für das Feierliche im Leben. Andererseits steht die Kirche mit ihren „Dienstleistungen“ jedem Steuerzahler gleichmäßig zur Verfügung (Einer hat es einmal so ausgedrückt: „Das ganze Volk will kirchlich begraben werden, um anständig unter die Erde zu kommen“). Ein gewisser „Mindest-Service“ wird jedem geboten, wenn er nur zahlt.

Natürlich ist die Kirchensteuerzahlung kein Spiegelbild der Gläubigkeit der Christen. Aber oft macht man auch die Erfahrung, daß in einer für ungläubig gehaltenen Familie ein strahlender Glaube aufleuchtet. Andererseits kann man selbst bei einer völlig freiwilligen Zahlung der Kirchenbeiträge nicht auf der Grad der Gläubigkeit schließen.

Geht man aber nur von der niedrigsten Quote von drei Pro­zent Kirchenbesuchern aus, so versammeln sich von den über 52 Millionen Kirchenzugehörigen jeden Sonntag 1,584 Millionen Gottesdienstbesu­cher, weitaus mehr, als auf allen Sportstät­ten der Republik an den Wochenenden an­zutreffen sind. Es gibt keine andere Grup­pierung in diesem Land, die sich mit einer solchen Zahl von Menschen darstellen könnte.

Der Sonntagsgottes­dienst ist aber nur eine, wenn auch besonders wichtige Form kirchlichen Lebens. Hinzu muß man die Menschen rech­nen, die unter der Woche die Vielzahl ande­rer Gemeindeveranstaltungen ‑ zum Bei­spiel Konfirmandenunterricht, Gemeinde­abende, Seminare, Chorabende, Bibelkrei­se, Jugendtreffs und andere mehr besu­chen oder kirchliche Amtshandlungen wie Trau­ung oder Beerdigung in Anspruch nehmen ‑ ihre Zahl geht noch einmal locker in den Millionen‑Bereich. Die Kirchen sind gar nicht so leer.

 

 

Argumente gegen Staatsleistungen an die Kirche:

Christian Sailer, Rechtsanwalt in Marktheidenfeld, hat m Jahr 2001 die Argumente gegen Staatsleistungen an die Kirche zusammengefaßt:

In Deutschland erscheinen nur mehr sieben Prozent der Bevölkerung zum Sonntagsgottesdienst der sogenannten Großkirchen. Formell gehören ihnen gegenwärtig noch 66 Prozent der Bürger an, von denen sie rund 17 Milliarden Mark Kirchensteuer beziehen. Daneben erhalten die Kirchen jährlich weitere 11,5 Milliarden Mark aus den Haushalten von Bund, Ländern und Gemeinden. Das kirchliche Grundstücks- und Kapitalvermögen wird auf mehrere hundert Milliarden Mark geschätzt, das Kapital- und Anlagevermögen der Katholischen Kirche auf 80 bis 100 Milliarden Mark, mit jährlichen Kapitaleinkünften in Höhe von rund 5 Milliarden Mark. Steuern bezahlen die Kirchen für diese Zuflüsse keine; vielfach auch keine Gebühren und Kosten für öffentlich-rechtliche Leistungen. Für öffentliche Sozialeinrichtungen (Kindergärten, Altenheime, Krankenhäuser) geben sie etwa fünf bis acht Prozent ihrer Kirchensteuereinnahmen aus.

Diese Daten werden gerne verschleiert. Soweit man ihrer habhaft wird, erweist sich das „soziale Engagement“ der Kirchen eher als frommes Märchen und die Behauptung, ohne die kirchenfinanzierte Sozialarbeit breche das bundesdeutsche Sozialsystem zusammen, als weniger fromme Erpressung. Daß es auch mit der religiösen Resonanz der Kirchen nicht mehr weit her ist, dokumentieren die leeren Kirchenbänke. Immer drängender stellt sich deshalb die Frage, ob die milliardenschwere staatliche Finanzierung einer Kirchenbürokratie ohne Gläubige und ohne angemessenen sozialen Einsatz länger zu rechtfertigen ist.

 

Hauptkategorien kirchlicher Einnahmen:

1. Die altrechtlichen Staatsleistungen:

Sie gehen auf die „Säkularisation“ (Verweltlichung) zurück. Im Reichsdeputationshauptschluß im Jahr 1803 wurde das Kirchengut von Stiften, Abteien, Klöstern und Bistümern den weltlichen Fürsten übertragen. Diese Güter sind zumeist noch heute in staatlichem Eigentum. Damals über nahmen die Landesherren als Ausgleich die Verpflichtung, die Besoldung und Versorgung der Pfarrer - sofern erforderlich - sicherzustellen. Es handelt sich also um eine Art von Pachtersatzleistungen. Die regelmäßigen Zahlungen sollen gegen eine angemessene Entschädigung aufgehoben werden. Da diese Ablösung allerdings eine erhebliche Einmalleistung seitens des Staates bedeuten würde, ist es bisher nicht dazu gekommen.

Die Fürsten wurden im Gegenzug verpflichtet, für die „feste und bleibende Ausstattung der Domkirchen ... und der Pensionen für die aufgehobene Geistlichkeit zu sorgen“. Aus diesen ersten Rechtsakten entwickelte sich die Anschauung, daß der Staat nicht nur für die „Domkirchen“ und die ,,Pensionen“ der Geistlichkeit aufzukommen habe, sondern einer allgemeinen Rechtspflicht unterliege, den Kirchen finanziell unter die Arme zu greifen. Daraus wiederum entwickelte sich ein wahrer Wildwuchs von finanziellen und naturalen Leistungen auf allen staatlichen Ebenen für alle denkbaren kirchlichen Einrichtungen, von der Pfarrerbesol­dung über Kirchenbaupflichten bis zur Lieferung von Holz und Getreide und zur Stellung von Meßwein und Kerzen [Baulast­ver­pflichtung und Naturallasten stammen aus anderen Quellen].

Durch die Einführung der Kirchensteuer wurden die altrechtlichen Staatsleistungen nicht beseitigt, sondern die Mitgliedschaftsteuer trat neben die staatlichen Leistungen. Um beides nebeneinander zu rechtfertigen spricht man davon, daß der Staat die Gruppen seiner vielfältigen („pluralen“) Gesellschaft in vielfältiger Weise fördere, um ihre Freiheit zu sichern.

 

2. Freiwillige Subventionierung durch Kostenerstattungen:

Von den eigentlichen Staatsleistungen zu unterscheiden sind Kostenerstattungen aus staatlichen Mitteln an die Kirchen für die Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben. Dazu gehört beispielsweise der Betrieb von Kindergärten, Altenheimen oder Krankenhäusern. Diese Zuwendungen erhalten alle Wohlfahrtseinrichtungen, nicht nur Diakonie (evangelisch) und Caritas (katholisch). Aber auch zweckgebundene Zuschüsse zur Erhaltung besonderer Bau- und Kulturdenkmäler gehören dazu

Bund, Länder und Gemeinden stellen als Förderungsmaßnahmen zugunsten der Kirchen und deren Einrichtungen weitere Mittel in ihre Haushalte - beispielsweise für die Militärseelsorge, für den Religionsunterricht an öffentlichen Schulen, für theologische Lehrstühle usw. Dazu kommen Finanzhilfen für Jugendhilfe, Erwachsenenbildung und Denkmalpflege. Die Finanzhilfen für den religiös kirchlichen Bereich fließend ineinander über - etwa wenn Mittel des Landesjugendplanes für Jugendräume zu Pfarrheimbauten führen oder Ausgaben für „Schule und Bildung“ für Exerzitienhäuser, Diözesanseminare und pastorale Ausbildungsstätten verbraucht werden.

 

3. Kostenübernahme im Bereich gemeinsamer Angelegenheiten von Staat und Kirche:

Hierzu gehören etwa der Religionsunterricht, die Seelsorge in der Bundeswehr, die Gefängnisseelsorge und Ähnliches. Die Kostenübernahme beruht darauf, daß der Staat Träger der betroffenen Anstalten und Einrichtungen ist und dort die Religionsfreiheit nach Artikel 4 beziehungsweise den Religionsunterricht als Teil des staatlichen Bildungsauftrages nach Artikel 7 des Grundgesetzes gewährleistet. Allerdings wird ein beträchtlicher Teil der dafür nötigen finanziellen Aufwendungen von den Kirchen selbst beigesteuert

 

Durch die Einführung der Kirchensteuer wurden die altrechtlichen Staatsleistungen nicht beseitigt, sondern die Mitgliedschaftsteuer trat neben die staatlichen Leistungen, die heute in etwa genauso hoch sind wie die Kirchensteuer. Ein besonderer Förderungsimpuls besteht in der steuerlichen Abzugsfähigkeit der Kirchensteuer. Sie kann als Sonderausgabe geltend gemacht werden, was dem Staat Einbußen bei der Einkommensteuer in Höhe von mehreren Milliarden jährlich bringt.

 

Der Rechtsanwalt vermutet sogar Verfassungswidrigkeiten bei der heutigen Praxis:

1.Das Fehlen einer Bestandsaufnahme:

Es dürfte mit einer ordnungsgemäßen, den Rechtsstaatsgeboten der Verfassung entsprechenden Haushaltsführung kaum vereinbar sein, daß der Staat Geld verteilt, ohne zu wissen, ob er es aus freiem politischem Ermessen oder auf Grund einer Verpflichtung tut. Genau dies scheint aber in der Grauzone zwischen altrechtlichen Staatsleistungen und der heutigen Subventionierung kirchlicher Aktivitäten und Einrichtungen der Fall zu sein. Das dürfte auch für Finanzierungsbereiche gelten, in denen die Länder durch Kirchenverträge eine pauschalierende Flurbereinigung schufen und damit eine Art Ablösung. Ähnlich unhaltbar ist die Zugrundelegung altrechtlicher Leistungspflichten ohne nachweisbare Rechtstitel konkreter Art. Vieles scheint hier im Nebel unvordenklichem Herkommens zu liegen und allen Ernstes nach dem Grundsatz „in dubio pro ecclesia“ im Zweifelsfall für die Kirche) gehandhabt zu werden. Das mag der Ideologie einer kirchenfreundlichen Jurisprudenz entsprechen; mit einem ordnungsgemäßen Umgang mit Haushaltsmitteln ist es unvereinbar.

 

- Eine „ewige Rente“?

Bei den altrechtlichen Staatsleistungen, die meist zu Beginn des 19. Jahrhunderts begründet wurden, stellt sich die Frage nach ihrem Rechtsgrund im Jahr 2000 immer dringlicher.

Der Reichsdeputationshauptschluß selbst kommt hierfür kaum in Betracht. Er ist bereits nach seinem Wortlaut lediglich ein Programm oder eine Rahmenvorschrift, rechtsverbindlich zwar, aber ausfüllungsbedürftig durch konkretisierende Rechtstitel. Soweit im Gefolge der Säkularisation konkrete staatliche Rechtsverbindlichkeiten geschaffen wurden, stellt sich die weitere Frage, wie viele Jahrhunderte sie wohl überdauern können. Wenn die causa der Säkularisationslasten des Staates in der Entschädigung für entzogenes Kirchengut besteht, dann erledigt sie sich in dem Zeitpunkt, in dem alles entschädigt ist.

Dieser Gefahr wollen manche Befürworter einer Art ,,ewigen Rente" der Kirchen offenbar dadurch begegnen, daß sie zur Legitimation der Ausgleichszahlungen neben der Säkularisation beiläufig auch die Reformation erwähnen. Mit ernst zu nehmender Rechtsbegründung haben historische Konstruktionen dieser Art nichts mehr zu tun. Die kirchlichen Verluste im Zuge der Reformation sind noch weniger meßbar als die der Säkularisation. Wer so tief in die Historie greift, provoziert im übrigen die Gegenfrage nach der Art und Weise des kirchlichen Vermögenserwerbs. Was so mancher Fürstbischof auf dem Kriegspfad oder im Zuge der Inquisition „erwarb“, kann kaum Gegenstand staatlicher Entschädigungspflichten sein. Im Laufe der letzten 200 Jahre wurde es durch Millionen von Gulden und Milliarden von Mark wohl mehrfach zurückbezahlt [Es wurden nur die Zinsen bezahlt!].

Das Staatsvolk ist nicht mehr identisch mit dem Kirchenvolk und die vom Staat ursprünglich alimentierte Religionsausübung wird nur mehr von sieben bis acht Prozent der Bevölkerung praktiziert. Wenn der Staat aus dieser Veränderung der Geschäftsgrundlage altrechtlicher Staatsleistungen keine Konsequenzen zieht, läuft er inzwischen Gefahr, Steuergelder für nicht existente Verbindlichkeiten zu verausgaben, was mit den Finanzverfassungen und Haushaltsordnungen von Bund und Ländern unvereinbar ist.

Ein Rechtsgrund für solche Leistungen läßt sich auch nicht aus Artikel 140 des Grundgesetzes herleiten. Das darin enthaltene Verfassungsgebot besagt lediglich, daß bestehende Staatsleistungen abzulösen sind, selbstverständlich nur, soweit sie tatsächlich bestehen.

 

- Verfassungswidrige Konkordate und Kirchenverträge:

Wenn dort dem Staat geboten wird, Dauerschuldverhältnisse „abzulösen“, kann ihm nicht gleichzeitig erlaubt sein, neue Dauerschuldverhältnisse einzugehen. Die herrschende Ideologie des Staatskirchen rechts versucht diese logische Selbstverständlichkeit wegzuinterpretieren: Die Weimarer Reichsverfassung habe nicht wie bei der Abschaffung anderer Rechtseinrichtungen (Adelsbezeichnungen, Staatskirche, Vorschulen) deutlich gemacht, daß sie auch bei den Staatsleistungen das Institut als solches liquidiere wollte. Will man eine Enteignung vermeiden, kann man eben nur von „Ablösung“ (und nicht von Abschaffung) sprechen. Eine „Abwicklung der übernommenen Schuldenmasse" schließt aber eine Neubegründung von Dauerschuldverhältnissen aus. Wenn der Staat den Religionsunterricht in den öffentlichen Schulen als „ordentliches Lehrfach“ gewährleistet, könnte er sich auch darauf beschränken, die Räumlichkeiten zur Verfügung zu stellen, während die Kirchen die Religionslehrer schicken.

In der Verfassung ist nicht vorgesehen, daß der Staat religionspädagogische Lehrstühle einrichtet, bei denen die Kirche ihre Zustimmung zur Besetzung geben muß („Konkordatslehr­stühle“ in Bayern). Auf speziell kirchliche Bedürfnisse zugeschnitten sind die theologischen Fakultäten, zu deren Unterhaltung sich der Staat ebenfalls in Konkordaten und Kirchenverträgen verpflichtete, ohne daß hierfür verfassungsrechtliche Grundlagen gegeben sind. Soweit in den Verträgen mit den Kirchen nach Inkrafttreten des Grundgesetzes in diesem Bereich neue staatliche Dauerverpflichtungen übernommen wurden, sind sie verfassungswidrig.

Ähnliches gilt für die Militärseelsorge. Der vom Grundgesetz übernommene Artikel 141 der Weimarer Verfassung sieht lediglich vor, ,,die Religionsgesellschaften zur Vornahme religiöser Handlungen zuzulassen, soweit das Bedürfnis nach Gottesdienst und Seelsorge im Heer besteht“. Damit könnte gemeint sein, daß die jeweils standortnächsten Pfarrer auf Wunsch der Soldaten in der Kaserne einen Sonntagsgottesdienst abhalten dürfen. Militärseelsorge wird aber nicht nur „zuzulassen“, sondern vom Staat selbst in die Hand genommen, der auch die Pfarrer besoldet.

 

- Subventionierung ohne Gesetz?

Unbewältigte verfassungsrechtliche Probleme ergeben sich des weiteren bei den Ermessenszuwendungen der öffentlichen Hand an die Kirchen. Gefördert wird so gut wie alles, was es an kirchlichen Einrichtungen und Veranstaltungen gibt - von Kirchentagen, Akademien und Erwachsenenbildung über Kindergärten, Jugend- und Altenhilfe bis hin zu Krankenhäusern und den Sozialeinrichtungen von Caritas und Diakonie. Genügen hierfür bloße Haushaltsansätze oder ist ein eigenes Gesetz erforderlich ist, das sich mit der Subventionierung kirchlicher oder besser allgemein: konfessionell gebundener Einrichtungen befaßt? Sozial-caritative oder pädagogische Aktivitäten privater Träger sind - gleich welcher Weltanschauung oder Religion - grundsätzlich nicht weniger forderungswürdig sind als vergleichbare kirchliche Aktivitäten. Bei der Privatschulförderung sind aber private Träger schlechter gestellt sind als katholische oder evangelische Schulträger.

Selbstverständlich muß der Staat auch bei der finanziellen Förderung rein religiöser Veranstaltungen Gleichheit walten lassen. Damit ist es beispielsweise nicht vereinbar, daß aus den Steuergeldern aller Bürger Papstbesuche und Kirchentage subventioniert werden, während man privaten Religionsgemeinschaften für ihre Treffen nicht einmal öffentliche Räumlichkeiten zur Verfügung stellt, geschweige denn für internationale Großveranstaltungen auch nur bescheidene Beihilfen gewährt.

 

Zusammenfassung:

Die staatliche Finanzierung der so genannten Großkirchen erfolgt durch altrechtliche Leistungen, neue vertragliche Verpflichtungen und Ermessenszuwendungen. Altrechtliche und neue Verpflichtungen gehen ineinander über und verlieren sich zum Teil in einem unüberschaubaren Gestrüpp von echten Verbindlichkeiten und freiwilligen Dotationen, die weit in die Geschichte zurückreichen. Eine umfassende Bestandsaufnahme in Bund, Ländern und Kommunen ist unerläßlich, um Klarheit zu erhalten, wieviel die öffentliche Hand aus welchen Rechts­gründen für welche kirchlichen Einrichtungen jährlich bezahlt. Der Artikel 140 des Grundgesetzes enthält nicht die Garantie „ewiger“ Kirchenrenten. Die darin enthaltene Ablösungspflicht verbietet die Eingehung neuer Dauerverpflichtungen des Staates gegenüber den Kirchen, soweit sie die Verfassung nicht erkennbar zuläßt.

Ein tatsächliches Sonderrecht der Kirche ist die Steuerfreiheit: Das kirchliche Grundstücks- ­und Kapitalvermögen wird auf mehrere hundert Milliarden Mark geschätzt, das Kapital‑ und Anlagevermögen der Katholi­schen Kirche auf 80 bis 100 Milliarden Mark, mit jährlichen Kapitaleinkünften in Höhe von rund 5 Milliarden Mark. Für diese Zuflüs­se bezahlen die Kirchen keine Steu­ern; vielfach auch keine Gebühren und Kosten für öffentlich‑rechtliche Leis­tungen.

 

 

Gegenargumente

In der Diskussion über die staatlichen Zahlungen an die beiden großen Volkskirchen werden zumeist alle Formen des Geldtransfers in einen Topf geworfen. Es gibt allerdings verschiedene Arten der Zuwendung, die auf unterschiedlichen Rechtsgrundlagen beruhen. Und nicht alle kommen exklusiv nur den Kirchen zugute.

 

Im Jahre 2011 stellte der Kirchenkritiker Carsten Frerk sein neues „Violettbuch Kirchenfinanzen“ vor: 19 Milliarden Mark sollen die Kirchen direkt und indirekt jährlich vom Staat erhalten. Frerks Berechnungen sind manchmal geradezu Luftnummern. Es geht ihm wohl auch gar nicht um Zahlen als vielmehr um deren Deutung. Der Autor hat zwei Zitate vorangestellt: „Religion gilt dem gemeinen Manne als wahr, dem Weisen als falsch und dem Herrschenden als nützlich!“ (Seneca). Und: „Die hohe reich dotierte Geistlichkeit fürchtet nichts mehr als die Aufklärung der unteren Massen!“ (Johann Wolfgang von Goethe). Damit ist deutlich: Das ist eine Streitschrift und kein Sachbuch.

1. Drei Milliarden Euro „Einnahmeverzicht“ aus Steuern sollen laut Frerk beispielsweise den Kirchen zugute kommen. Der Staat verzichtet auf Einnahmen, weil die Kirchensteuer als Sonderausgabe absetzbar ist. Aber dieses Geld bekommen natürlich nicht die Kirchen, sondern die Bürger! Sie zahlen weniger Steuern, weil sie die Kirchen unterstützen. Der Staat geht dabei davon aus, daß es der Gemeinschaft dient, wenn man die Kirche finanziell unterstützt. Genauso wie Spenden für gemeinnützige Organisationen bis 20 Prozent des Gesamtbetrages der Einkünfte steuermindernd geltend gemacht werden können, gilt das denn auch für die Kirchensteuer. Übrigens: Ein Volumen von 20 Prozent der Einkünfte erreicht die gezahlte Kirchensteuer nicht einmal ansatzweise - es sind durchschnittlich rund ein Prozent (maximal drei Prozent).

 

2. Die Kirchen sparen angeblich allein 1,8 Milliarden Euro, weil der Staat ihnen die Kirchensteuern eintreibt. Der Betrag ist zum einen spekulativ, spielt aber zum anderen auch gar keine Rolle. Denn die Kirchen vergüten den Kirchensteuereinzug mit zwei bis vier Prozent des Gesamtaufkommens der Kirchensteuer. Das Finanzamt zieht die Beträge ein und überweist sie gesammelt an die Kirche. Das ist diskret und anonym. Die Kirche  kann sich deshalb in der Regel bei niemandem gezielt bedanken. Andererseits kann auch niemand aufgrund seiner besonders hohen Kirchensteuerzahlungen besonderen Einfluß für sich reklamieren. Der Staat erhält deutlich mehr, als es ihn kostet. Die Sachbearbeiter in den Finanzämtern erledigen das mit ein paar Tastendrucken an ihren Computern. Der Staat läßt sich diese Dienstleistung mit drei Prozent vom Kirchensteueraufkommen vergüten, was für den Fiskus eine erkleckliche Einnahme ergibt. Für die Kirchen ist das in der Tat dennoch kostengünstig, aber dies als eine Finanzierung der Kirchen durch den Staat zu bezeichnen ist schon ziemlich kühn!

 

3. Die öffentliche Hand finanziert angeblich kirchliche Kindergärten mit 3,8 Milliarden pro Jahr. Die evangelische Kirche geht für ihren Bereich von deutlich weniger, etwa 1,3 Milliarden Euro, aus. An diesem Beispiel erkennt man das Prinzip des Buches, es verwechselt Anlaß und Ziel: Der Staat finanziert da doch nicht die Kirchen, sondern die Kinder! Die Kirchen erhalten diese Mittel doch nicht, weil sie Kirchen sind, sondern weil sie für die Gesellschaft eine Dienstleistung erbringen, zu der sie obendrein von ihren eigenen Mitteln noch gut 20 Prozent beisteuern, etwa fünf bis acht Pro­zent ihrer Kirchensteuereinnahmen. Täten sie es nicht, müßte der Staat selbst alle Kindergärten unterhalten und dann wäre es für ihn obendrein teurer, weil ja die kirchlichen Eigenanteile wegfielen. Und gefördert werden natürlich nicht nur die Kirchen, sondern viele andere freie Träger wie etwa die Arbeiterwohlfahrt, oder das Rote Kreuz. Ähnliches gilt übrigens auch für die Freien Schulen! Die staatlichen Zuwendungen decken aber nur die laufenden Kosten. Aufwendungen der freien Träger für Investitionen - zum Beispiel Renovierungen oder notwendiger Neubau von Gebäuden - werden nur anteilig vom Staat bezuschußt, in der Regel mit maximal 50 Prozent, das bedeutet erhebliche Lasten für die sozialen Dienste auch der Kirche.

Die Finanzierung jedes einzelnen Projektes wird mit den zuständigen staatlichen Stellen verhandelt. Die kirchliche Beteiligung kann dabei von geringen eigenen Mitteln bis hin zur Übernahme von mehr als der Hälfte der Kosten reichen. Dabei sind jeweils nur die direkten Kosten berücksichtigt, nicht aber indirekte kirchliche Aufwendungen für Verwaltungs- und Kontrollaufgaben, Fachaufsicht, Verhandlungen, Organisation der ehrenamtlichen Hilfe und anderes.

 

4. Der Staat bezahlt den Religionsunterricht. Wenn der Staat verfassungsrechtlich den Religionsunterricht als ordentliches Lehrfach erklärt, hat er für dessen Kosten sowie für jedes andere ordentliche Lehrfach aufzukommen. Schul-Pfarrer werden von der Kirche dem Staat zur Verfügung gestellt, nehmen also eine staatliche Aufgabe wahr. Wer sonst als der Staat sollte sie bezahlen?

 

5. Die Bezahlung der theologischen Ausbildung an den Universitäten ist keine Besonderheit, sondern der Staat bezahlt ja auch die Ausbildung für die Wirtschaft, für die Verwaltungen, für die Musiker, die Germanisten. Es ist eine staatliche Aufgabe, Bildung zu ermöglichen und zu finanzieren.

Die Kirche erhält für ihm sozialen Diens­te nicht einen Cent mehr als alle anderen Träger auf diesem Felde. Unser Sozialstaat beruht bekanntlich auf dem Subsidiaritätsprinzip, d.h. der Staat überläßt „freien“, also nichtstaatlichen Trägern diese Aufgaben und tritt nur in dem Fall ein, wenn ein freier Träger für eine bestimmte Aufgabe nicht gefunden wird. Die Verantwortung dafür liegt beim Staat, woraus sich natürlich die Pflicht zu staatlichen Finanzleistungen ergibt. Auch zweckgebundene Zuschüsse zur Erhaltung besonderer Bau- und Kulturdenkmäler gehören zu dieser Gruppe.

 

 

5. Die Zuschüsse für die Entwicklungshilfe (270 Millionen) zahlt der Staat doch nicht für die Kirchen, sondern er fördert damit Maßnahmen wie Entwicklungshilfe oder Katastrophenhilfe. Es sind die Kirchen, die hier dem Staat helfen, seine internationalen Verpflichtungen zu erfüllen und die natürlich ebenfalls viel dazu beisteuern: Allein die evangelische Kirche mit gut 50 Millionen Euro aus eigenen Mitteln, dazu kommen noch die gut 90 Millionen Euro Spenden von „Brot für die Welt“.

 

6. Die Kirchen sind reich: Der Wert von Kirchengebäuden wird von den Kritikern zu einem astronomischen Milliardenreichtum zusammengezählt (400 Milliarden Euro). Bei solchen Berechnungen werde von Kirchen in bester Stadtlage ausgegangen. Kirchengebäude gehören durch die hohen Instandhaltungskosten unter fiskalischen Gesichtspunkten auf die Seite der Belastungen.

 

Also alle Vorwürfe falsch? Die Schlußfolgerungen, ja. Kirche ist Teil dieser Gesellschaft. Sie ist in ihr und für sie und ihre Bürger tätig. Und zumindest die Mehrheit dieser Gesellschaft will das auch so, es nützt ihr und es bringt dem Staat Vorteile, durchaus auch finanzielle. Unsere Gesellschaft lebt vom Tun der Vielen. Subsidiarität wird das genannt. Ein Grundprinzip der Demokratie. Wer dies nicht will, muß sich fragen lassen, was für eine Demokratie er will (nach Thomas Begrich, Abteilungsleiter Finanzen im Kirchenamt der Evangelischen Kirche in Deutschland).

 

„Es besteht keine Staatskirche“ ist aus der Weimarer Verfas­sung auch in das Grundgesetz der Bundes­republik Deutschland übernommen wor­den. Das schließt aber doch nicht aus, daß Staat und Kirche in freier Partnerschaft auf bestimmten Gebieten zusammenarbei­ten. Ein Beispiel dafür ist der Einzug der Kirchensteuer.

 

 

Wofür verwendet die Kirche ihr Geld?

1. Den größten Posten nimmt der Personaletat ein, obwohl die Pfarrer auch nicht besser bezahlt werden als vergleichbare Akademiker im Staatsdienst. In der Kirche arbeiten Menschen für Menschen. Die Evangelische Kirche von Kurhessen-Waldeck investiert über 70 Prozent der Einnahmen in ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Sie beschäftigt über 12.000 Menschen mit mindestens einer halben Stelle, die mit mehr als 38.000 Ehrenamtlichen zusammenarbeiten.

2. Die Baukosten stehen an zweiter Stelle. Es werden Gemeindehäuser, Jugendräume, Krankenhäuser, Kindergärten gebaut, also Dinge, die auch im allgemeiner Interesse liegen. Dazu gehört auch die Erhaltung denkmalswerter Kirchen, die ja sehr teuer ist. Die Evangelische Kirche von Kurhessen-Waldeck hat 2.500 Gebäude, die Raum für viele Veranstaltungen bieten. Darunter sind 1.200 Kirchen, von denen zwei Drittel unter Denkmalschutz stehen. Sie werden mit hohem finanziellen Aufwand erhalten. Für alle genannten Aufgaben benötigt die Kirche eine verläßliche Finanzquelle: die Kirchensteuer.

3. Die Kirche hat viele neue Verpflichtungen übernommen: Telefonseelsorge, Evangelische Akademie (politische Diakonie), Entwicklungsdienst und Ökumene.

4. Die Kirche muß auch Vorsorge für schlechte Zeiten treffen und auch für ihre Pensionäre und Witwer Sicherheit schaffen.

Ausgaben der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck im Jahr 2004 in Prozent:

64 Prozent für Verkündigung, Seelsorge, Ökumene, gesellschaftliche Verantwortung,

            Diakonie, Öffentlichkeitsarbeit und Verwaltung

 3 Prozent       für Bildungswesen und Wissenschaft

26 Prozent      Prozent für Altersversorgung

 7 Prozent        Prozent für Umlagen an die Evangelische Kirche Deutschland.

 

Man kann sich aber davon überzeugen, daß die Finanzen der Kirche offen liegen. Nur wenige Organisationen sind, was ihr Einnahme- und Ausgabeverhalten betrifft, so transparent wie die Kirche. Auch die Kirchengemeinde Hochstadt legt jährlich den Haushaltsplan und (anders als die Stadt) auch die fertige Kirchenrechnung aus. Allerdings wird dieses Angebot nicht in Anspruch genommen. Auch wenn viele Kirchensteuerzahler das Recht nicht wahrnehmen, in die Kirchenrechnung Einsicht zu nehmen, so ist doch eine Offenlegung des Geldbedarfs und eine Diskussion der Verteilung der Ausgaben nötig. Immer wieder muß man sich fragen: Was ist unbedingt nötig? Was wäre nötig? Was muß unterbleiben?

 

Wer verfügt in der Kirche über das Geld?

Die Kirchensteuereinnahmen werden auf die Landeskirche, die Kirchenkreise und die Kirchengemeinden verteilt. Dabei geht den Kirchengemeinden für ihre Aufgaben als sogenannte Vorwegentnahme vorab bereits 50 Prozent der Einnahmen zu. Doch auch aus dem landeskirchlichen Teil kommt ein Großteil der Ausgaben den Kirchengemeinden zugute - etwa die Besoldung der Pfarrerinnen und Pfarrer.

Über die Verteilung der Finanzen entscheiden die Kirchenvorstände, Kreissynoden und die Landessynode. Sie sind demokratisch und auf Zeit gewählt. Die Haushalte sind öffentlich einsehbar.

Es ist nicht so ganz richtig, daß die Landeskirche die Einnahmen aus Spenden der Bürger eines Ortes an sich gezogen habe. Zum einen verwaltet die Landeskirche die sogenannte „Pfarreikasse" nur im Auftrag der Gemeinden, und zwar für jede Gemeinde weiterhin getrennt. Zum anderen ist das nur von Vorteil für die Gemeinde. Die Einnahmen aus Grundstücken dienten nur der Bezahlung der Pfarrer. Sie würden aber bei weitem nicht ausreichen, einen Pfarrer zu bezahlen. Deshalb übernimmt das die Landeskirche aus Kirchensteuermitteln, möchte aber dann dafür auch die Einnahmen aus früheren Zeiten verwenden können. Ein weiterer Vorteil: Die Pfarrer werden überall gleich bezahlt, nicht nach dem meist spärlichen Aufkommen der einzelnen Gemeinde.

Es ist aber falsch, daß die Landeskirche auf dem Geldsack sitzt. Die kurhessische Kirche ist relativ arm. Sie hat damit zu tun, die Kirchen und Pfarrhäuser zu erhalten. Jedes weitere Gebäude erfordert nicht nur im Augenblick einen großen Aufwand, sondern auch Unterhaltungskosten. Dies fallen für das jetzige Gebäude natürlich auch an, aber wie überall denkt man nur in Haushaltsjahren und nicht langfristig. 

 

Was leisten Kirche und Diakonie für die Gesellschaft?

Die Kirche ist eine unabhängige Ansprechpartnerin für alle Menschen und Gruppen unserer Gesellschaft. In den aktuellen ethischen Diskussionen engagiert sie sich auf der Grundlage des christlichen Bekenntnisses. Die Kirche tritt für Frieden, Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung ein; sie trägt und unterhält vor Ort zahlreiche soziale Einrichtungen. Sie engagiert sich mit eigenen Mitteln, aber auch mit Spenden und Kollekten gegen die Not in der Welt.

Die Kirche trägt zur Erhaltung des kulturellen Erbes bei, denn sie fördert die Musik, die bildende Kunst sowie die Architektur.

 

 

Das Dankopfer im Gottesdienst:

Man hat festgestellt, daß die Opferfreude wegen der hohen Kirchensteuer sehr nachgelassen hat: durch die Kollekten kommen kaum ein Prozent der Gesamteinrahmen herein. Schon immer wurde im christlichen Gottesdienst ein Dankopfer eingesammelt, zunächst in Naturalien, dann in Geld. Allerdings ist es zu manchen Zeiten auch wieder sehr an den Rand gedrängt worden. Häufig erschien es nur noch als Sammlung am Ausgang, bei den Reformvierten hielten die Kirchenältesten der Kollektenteller, bei der Lutheranern stand nur ein Opferstock am Ausgang.

Das Dankopfer gehört aber i n der Gottesdienst, und zwar an die Stelle nach der Predigt und mit einem entsprechenden Hinweis versehen. Damit das Lied nicht zu lang wird, muß man genügend viele Helfer einsetzen. Dabei ist der traditionelle Umgang mit dem Klingelbeutel möglich, aber auch eine Sammlung durch die Bankreihen mit Hilfe von Körbchen.

Auf jeden Fall sollte auf diesem Opfer im Gottesdienst das Hauptgewicht liegen. Falls noch eine Sammlung am Ausgang für die eigene Gemeinde stattfindet, wäre das nur eine Zwi­schen­lösung.

Der Klingelbeutel bringt allerdings einige technische Schwierigkeiten mit sich: Wenn er herankommt, muß man das Singen unterbrechen, vielleicht das Gesangbuch loslassen, das dann herunterfällt usw. Bei der Verwendung von Körbchen oder Schalen befürchtet man, der Korb könne aus der Hand fallen und das Geld dann unter die Bänke rollen; außerdem könne dann der Nachbar sehen, was der Vorgänger oder Nachfolger gibt. Meist wird aber beides nur als ein lästiges Übel im Gottesdienst angesehen.

Oft achtet man auch nicht so genau auf die Abkündigung, die den Zweck der Kollekte angibt. Dann wirft man eben schnell den Fünfziger (Cent, nicht Euro) in den Behälter, weil man ihn gerade in der Hand hat. Es muß ja auch schnell gehen!

Auch die Pfennige auf den Kollektentellern sollte man nicht verachten. In manchen Gemeinden suchen die Kinder alle verfügbaren Pfennige zusammen, um auch ein Opfer geben zu können. Wenn nur in jeder Gemeinde eine Mark im Monat durch Kinder zusammenkommt, ist das im Gebiet einer Landeskirche eine beträchtliche Summe. Und wenn das Geld freudig gegeben wurde, hat es den gleichen Wert wie ein Markstück von einem Erwachsenen.

Es gab aber auch schon Kinder, die ihre Gabe mit der Bemerkung übergaben: „Ich habe vorgestern in der schweren Mathe-Arbeit eine Eins gehabt, wo es doch so viele Fünfer gab. Da hat mein Vater mir zwei Mark geschenkt. Und davon tue ich heute eine Mark in die Kollekte. Damit sollen die Kinder einmal einen Ausflug machen können, die sonst immer im Heim sein müssen!“

Man muß darüber informieren, wofür das Geld gebraucht wird. Der größte Teil wird für Personalausgaben benötigt. Mehr ins Auge fallen dagegen die Leistungen auf dem Bausektor.

Wichtig ist auch, daß die Abkündigung möglichst konkret erfolgt. Also nicht: „Für die eigene Gemeinde“, sondern: „Der letzte Sturm hat einen Schornstein auf dem Gemeindehaus beschädigt. Die Reparatur kostet 300 Euro!“ Schon wird mehr Geld und lieber gegeben.

 

Das Erbe des Pastors Wendland

Der alte Pastor Wendland hatte 40 Jahre die Seelsorge im Dorfe ausgeübt. Fast die ganze Generation um ihn herum war von ihm getauft und ins Leben geführt worden. Mit Verehrung schaute alt und jung zu ihm auf, und mit ehrlicher Besorgnis verfolgten alle den Verlauf seiner letzten Krankheit. Bis zum letzten Tage wich der köstliche Humor nicht von ihm, der ihn sein Leben lang begleitet hatte.

Als dann der Märzsturm von den Bergen her über die Felder und das Dorf brauste, schlief der alte Pastor eines Abends still und friedlich ein. In dichtem Schneegestöber bettete man ihn drei Tage später zur letzten Ruhe.

Acht Tage später wurde das Testament des Verstorbenen eröffnet. Der anwesende Bürgermeister nahm mit Dankesworten an die Erben eine große schwere Kassette in Empfang, die der Pastor seiner Gemeinde vermacht hatte. Er hatte die Erbschaft mit der Bedingung verknüpft, daß die Kassette erst nach einem halben Jahre geöffnet werden durfte. Der Bürgermeister schleppte sie nach Hause, und in der nächsten Sitzung des Gemeinderates machte die Kassette unter deren Mitgliedern die Runde. Sie war schwer, da war wohl viel großes und kleines Geld drin.

Der Bürgermeister überlegte in schlaflosen Nächten immer wieder, was die Gemeinde mit dem vielen Geld anfangen sollte. Man könnte vielleicht endlich die neue Schule bauen oder am Osterberge eine Obstplantage anlegen, die später der Gemeinde viel Geld einbringen würde.

Endlich, mit Michaelis, erschien der große Tag. Dem Legendenkranz, den das halbe Jahr Wartezeit um die Erbschaft gewunden hatte, war es wohl zuzuschreiben, daß das Dorf festlich geschmückt diesen Tag antrat. Die gesamte Einwohnerschaft war schon frühzeitig auf den Beinen, und als der Notar erschien, der die Schlüssel zu der Kassette verwahrte, konnte er nur mit Mühe und Not durch die sich drängende Menge an seinen Platz kommen.

Der Gesangverein eröffnete die Feier mit dem „Tag des Herrn“. Dann schloß der Notar mit feierlicher Umständlichkeit dielKassette auf und entnahm ihr zwei weiße straffgefüllte Beutel. „Ahh!“ machten die zunächst Sitzenden, und die ganze Versammlung echote es ihnen nach. Am Grunde der Kassette lag ein großes versiegeltes Schreiben, das der Notar öffnet und dann mit lauter] etwas schnarrender Stimme verlas:

„Meine lieben Gemeindeglieder! Ihr werdet mit Recht gespannt sein, was Euch Euer alte Seelsorger, der sich 40 Jahre lang so viel redliche Mühe um Euch gegeben hat, auf seinem letzten Lager vermacht hat! Ihr seid fas alle Bauern und als solche gewohnt, mit Eurer Ernte zu bezahlen. Darum werdet Ihr es wohl verstehen, wenn ich genauso handele. 40 Jahre habe ich guten Samen in Eure Herzen gesät. Mit der Frucht, die ich dabei geerntet habe, zahle ich heute nun an Euch! In den beiden Beuteln sind alle die Knöpfe und alten ungültigen, Geldstücke verwahrt, die Ihr in den 40 Jahren meines Amtes in den Klingelbeutel und in den Armenkasten geopfert habt. Ich gebe sie Euch mit herzlichem Dank zurück. Wie die Saat - so die Ernte! Euer Seelsorger Hermann Wendland!“

 

 

Ablösung der Staatsleistungen:

Seit über 200 Jahren gibt es Staatsleistungen vom Land an die Landeskirche. Diese sind aber die praktisch nur die Zinsen für die Enteignung kirchlichen Eigentums unter Napoleon („Reichsdeputationshauptschluß“). Andere Leistungen hat man abgelöst: Den Zehnten im 19. Jahrhundert, die Gebühren je nach Kirchengemeinde.

In ganz Hessen – aber wohl auch in anderen Landeskirchen – hat die Landeskirche mit mehr oder weniger Druck die Kirchenvorstände dazu gebracht hat, die Baulastpflichten der Städte und Gemeinden ablösen zu lassen. Bisher hat zum Beispiel eine Stadt die Erhaltung des Kirchturms bezahlt. Jetzt gibt sie einmalig eine vergleichsweise geringe Summe, deren Zinsen bei weitem nicht ausreichen, auch nur e i n altes kirchliches Gebäude zu erhalten. Damit liegt alle Last bei der Kirchengemeinde. Aber das Geld liegt jetzt im großen Topf in Kassel, und wenn die Gemeinde etwas braucht, muß sie dort betteln gehen. Es ist ungünstig, daß sich die Kirche darauf eingelassen hat, wo doch selbst der DDR-Staat diese alten Leistungen weitergezahlt hat.

Nur der große Brocken der Staatsleistungen ist geblieben. Dabei handelt es sich aber nicht um ein Geschenk, sondern um eine Entschädigung für Enteignungen. Dafür gibt es keinen formellen Vertrag, aber die Zusage des Staates, der auch in der Weimarer Verfassung, im Grundgesetz und in der Verfassung der DDR festgehalten ist.

Bei Zahlung einer entsprechend großen Summe könnte der Staat jederzeit aussteigen aus dieser Verpflichtung. Das verschweigen diejenigen, die sich immer wieder über die Staatsleistungen an die Kirche aufregen. Die Kirchen haben hier keine Privilegien, sondern beharren nur auf ihrem guten Recht.

Die Linken haben einen Gesetzesentwurf in den Deutschen Bundestag eingebracht. Damit liegt erstmals überhaupt ein Entwurf für bundesrechtliche Grundlagen und Rahmenbedingungen der Ablösung vor. Das ist ein für sich bemerkenswerter und interessanter Vorgang. Denn im Grundgesetz steht ja, daß die bislang gezahlten Staatsleistungen abzulösen sind. Das heißt: Die unter anderem auf den Enteignungen des Reichsdeputationshauptschlusses von 1803 basierenden jährlichen Zahlungen sind gegen eine einmalige Schadlosstellung einzustellen. Die Voraussetzungen dafür kann man entweder bilateral schaffen - durch Verhandlungen zwischen dem Staat und den Kirchen - oder der Bundesgesetzgeber schafft sie alleine. Und die Linke versucht jetzt, eine Lösung ohne die Kirchen herbeizuführen, freilich mit einem notleidenden Gesetzesentwurf.

Derzeit zahlen Bund und Länder den beiden Großkirchen jährlich etwa 460 Millionen Euro, wobei die Belastungen in den einzelnen Bundesländern sehr unterschiedlich sind und durch jeweilige Staatskirchenverträge geregelt werden. Knapp 240 Millionen gehen davon an die evangelischen Landeskirchen. Das entspricht etwa zwei Prozent ihrer Gesamteinnahmen. Staatsleistungen erhalten zudem auch die jüdischen Landesgemeinden sowie der Zentralrat der Juden in Deutschland.

Die Höhe der Ablösesumme wird freihändig geschätzt: Die Kirchen sollen das Zehnfache des bislang jährlich zu zahlenden Betrags bekommen, gegebenenfalls verteilt über 20 Jahre und parallel zu den normalen, jährlichen Zahlungen. Für die Bestimmung der Höhe gibt es aber keine tragfähige Begründung.

Im Jahre 2020 wurde das 16,8-fache der jährlichen Zahlung vorgeschlagen. Das bedeutet, daß der Staat nur noch 16,8 Jahre zahlt - auf einmal wird er den Betrag wie seit 200 Jahren nicht aufbringen - und dann alle Verpflichtungen los ist. Einen guten Zinssatz von drei Prozent vorausgesetzt sind 100 Euro ungefähr die Zinsen für ein Kapital von 3.500 Euro. Das 16,8-fache sind aber nur 1.800 Euro, also nur etwa die Hälfte. Da hat er Staat schon die Hälfte abgezogen, auf die die Kirche freiwillig verzichten soll (so lief das nämlich bei der Ablösung der Baulasten in Hessen). Bei einer Ablösung müßte also etwa das 33-fache gezahlt werden, um auf eine gerechte Summe zu kommen.

In der Landwirtschaft macht man das so, daß man als Wert des Grundstücks das 29-fache der Pacht annimmt. Auch wenn im Ablösegesetz etwas Anderes steht, so besteht doch Vertragsfreiheit für die Partner. Keine Bank würde auf den Handel eingehen, für die sofortige Rückzahlung eines Kredits nur die Hälfte zu fordern (im Gegenteil: sie verlangt Vorfälligkeitszinsen).

Es gab einen alten Referentenentwurf aus der Weimarer Republik, in dem vom 25-fachen des jährlichen Betrags die Rede ist. In zivilrechtlichen Bestimmungen ist vom Faktor 18 die Rede, wenn es darum geht, eine unbefristete Zahlungspflicht durch eine Einmalzahlung zu ersetzen. Vielleicht kann man auch über moderate Abschläge reden. Denn auch die Kirchen dürften ein Interesse daran haben, dieses in jedem Sommer neu aufkommende Thema mittelfristig zu vernünftigen Bedingungen und unter ihrer Beteiligung erledigt zu wissen.

Adressat des Ablösungsgebots aus dem Grundgesetz ist der Staat. Aber da die Kirchen ein partnerschaftliches Verhältnis zum Staat pflegen und das Grundgesetz mit seinen religionsfreiheitlichen Komponenten wertschätzen, müssen sie auch das Ablösegebot ernst nehmen. Die Verfassung sagt ja gerade nicht, daß die Ablösung der Staatsleistungen in die Unendlichkeit verschoben werden soll. Deswegen sollten die Kirchen das Ihre dazu beitragen, wenn auf staatlicher Seite der politische Wille da ist, das Ablösungsproblem anzugehen. Das gebietet die eigene Glaubwürdigkeit. Und deswegen hat der Ratsvorsitzende der EKD ja auch schon lange vor dem Gesetzesentwurf der Linken deutlich gemacht, daß die evangelischen Kirchen hier gesprächsbereit sind.

Die Kirche sollte sich aber nicht einfach mit Geld abspeisen lassen, denn schließlich ist der Kirche ja vor allem Grundvermögen genommen worden. Statt Geld könnte der Staat auch die damals enteigneten Vermögenswerte zurückgeben, zum Beispiel das Staatsweingut Kloster Eberbach, aber auch zum Beispiel das Bistum Mainz oder Fulda.

Wenn es allerdings zu einer Ablösung kommt, kann man das Geld nicht im laufenden Betrieb ausgeben. Allerdings haben sich die Kirchen längst an diese Zinszahlungen gewöhnt. Ein Sparkonto bringt allerdings nichts mehr. Aktien sind nicht mündelsicher. Günstig wäre der Erwerb von Land, das keine Arbeit macht, aber eine sichere Pacht bringt. Der Staat könnte einen Teil der Ablösung in Land geben. Die Kirche ist mit ihren landwirtschaftlichen Betrieben berechtigt, Land zu erwerben. Wald ist auch möglich. Bebaute Grundstücke sind nicht so gut, weil sie viel Verwaltung und Reparaturen erfordern.

Herr Stefan Große, der Finanzdezernent der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland, antwortete im März 2020 auf eine entsprechende Mail: „Da ich die Gesamtproblematik realistisch einschätze, habe ich mich in der Pressemitteilung der EKM nicht überschäumend begeistert geäußert. Ein Fortschritt ist es jedenfalls, daß das Prinzip der Leistungsäquivalenz genannt ist. Dieses gilt es in Verhandlungen - falls es solche überhaupt geben wird - stark zu machen.

Der 18,6-fache Satz ist als absolute Untergrenze zu verstehen, die ich mir für meine Landeskirche nicht vorstellen möchte. Zu Ihrer Unterrichtung schicke ich den Link zur Presseerklärung der EKM mit. https://www.ekmd.de/presse/pressestelle-erfurt/reaktion- auf-grundsaetzegesetz-zur-abloesung-der-staatsleistungen.html.

 

Würde eine Ablösung nicht auch das Verhältnis zwischen Kirche und Staat lockern? Wenn die Staatsleistungen zu anständigen Bedingungen abgelöst werden, gäbe es keine Probleme: Die Kirchen würden finanziell nicht wesentlich schlechter dastehen, zumal die Staatsleistungen bundesweit gesehen ohnehin nur etwa zwei bis drei Prozent der kirchlichen Einnahmen umfassen. Man spricht hier also nicht über eine wahnsinnig bedeutende Summe. Man würde nicht mehr regelmäßig über eine Anpassung oder Dynamisierung der Staatsleistungen verhandeln. Aber das ist kein Bereich, dessen Wegfall ein Verlust wäre.

 

Hat die Kirchensteuer Zukunft?

Die Kirchensteuer, wie sie in Deutschland existiert, gibt es in anderen Ländern nicht. Allerdings finden sich in den Finanzierungssystemen der Kirchen in Skandinavien, der Schweiz und in Österreich Parallelen. In anderen Ländern sind die Kirchen ausschließlich auf Einnahmen aus Spenden und Kollekten angewiesen. Es gibt zudem Regelungen (etwa in Italien), in denen die Kirchen im Rahmen einer allgemeinen Kultur- oder Sozialsteuer finanziert werden.

Die reine Spenden- und Kollektenfinanzierung führt zu starken Schwankungen bei den Einnahmen und macht eine zuverlässige Planung schwierig. Zudem bewirkt sie ein starkes Gefälle zwischen finanzstarken und finanzschwachen Gemeinden.

Eine Finanzierung durch den Staat würde die Kirche abhängig machen und damit ihre besondere Bedeutung als eigenständige Kraft der Gesellschaft empfindlich schwächen. Das in Deutschland bestehende System vermeidet beide Nachteile.

Die Kirchensteuer

- bindet die Kirchen fest in die Gesellschaft ein

- macht die Kirchen vom Staat und vom Zugriff Einzelner unabhängig

- schafft die Grundlagen dafür, daß die Kirchen ein verläßlicher Partner sein können

- ist in der Praxis ihrer Erhebung ausgesprochen wirtschaftlich

- ermöglicht einen finanziellen Ausgleich zwischen den Kirchengemeinden.

Die Kirchensteuer ermöglicht, den Auftrag der Kirche in der Welt aufrecht zu erhalten (aus einer Broschüre der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck aus dem Jahre 2004)

 

Schlußfolgerungen:

Die Kirchensteuer ermöglicht, den Auftrag der Kirche in der Welt aufrecht zu erhalten. Kirche ist Teil dieser Gesellschaft. Sie ist in ihr und für sie und ihre Bürger tätig. Und zumindest die Mehrheit dieser Gesellschaft will das auch so, es nützt ihr und es bringt dem Staat Vorteile, durchaus auch finanzielle. Unsere Gesellschaft lebt vom Tun der Vielen. „Subsidiarität“ wird das genannt, ein Grundprinzip der Demokratie (aus einer Broschüre der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck aus dem Jahre 2004)

 

Weitere Informationen zum Thema Kirche und Finanzen im Internet unter: www.kirchenfinanzen.de

 

 

 

 

 

Anhang: Zur Geschichte der Kirchensteuer:

Schon in der Bibel wird an vielen Stellen zum Geben aufgefordert. Die Juden gaben den Zehnten aller ihrer Einkünfte. Die Kirche war in den ersten Jahrhunderten ganz auf freiwillige Opfergaben angewiesen. Als sie dann Staatskirche wurde, hat auch der Staat ihren Bestand garantiert. Seit dem 6. Jahrhundert versuchte man wieder, den Zehnten einzuführen. Luther zog zwar gegen die Geldschneiderei der mittelalterlichen Kirche zu Felde, befürwortete aber auch kirchliche Abgaben, oft mit recht drastischer Worten.

Bis zur Französischer Revolution vermehrte sich aber der Besitz der Kirche (vor allem der katholischen) durch die Abgaben und Schenkungen beträchtlich. Als Napoleon aber die linksrheinischen Gebiete annektierte, entschädigte er die Fürsten, indem er ihnen die geistlichen Güter gab. Durch die Säkularisation im Jahre 1806 war aber nun der Staat verpflichtet, der Kirche unter die Arme zu greifen. Er nutzte ja nun die Güter, die der Kirche gehörten. Doch seine Leistungen sind bis heute nur die Zinsen für das übernommene Kapital. Die letzten Zehntscheuern, die Speicher für die Naturalabgaben, wurden jedoch erst um 1850 geschlossen.

Als Ersatz für die Naturaleinnahmen durften die Pfarrämter in bescheidenem Rahmen eine Geldumlage einführen. Sie sollte die Finanzlücke füllen, falls die Gemeinde nicht genug durch Opfergaben aufbrachte. Kamen mehr Steuern ein, als benötigt wurden, mußte der Steuersatz im nächsten Jahr ermäßigt werden, denn eine Kapitalansammlung war damals streng verboten.

Allerdings kam es auch zu manchen Schwierigkeiten zwischen Staat und Kirche: Die Kirche beantragte die Reparatur eines Gebäudes, aber beim Staat hatte man angeblich kein Geld bzw. hielt es nicht für nötig, etwas zu geben, weil das Haus noch nicht einfiel. Außerdem befand sich die Kirche natürlich in einem gewissen Abhängigkeitsverhältnis zum Staat, denn jeder Geldgeber erwartet natürlich auch ein gewisses Wohlverhalten und gewisse Dienstleistungen von dem, dem er das Geld gewährt.

 

Kirchenaustritte waren ja erst ab 1875 möglich. Eine erste Welle war schon 1904 festzustellen durch das Wirken der „Nietzsche-Propheten“, danach durch die Freidenkerbewegung der Sozialisten. Bis 1949 traten insgesamt 5 Millionen Deutsche aus der evangelischen Kirche aus, von 1949 bis 1963 aber schon 2 Millionen. Im Jahre 1948 waren es rund 50.000 Austritte in ganz Deutschland, 1958 waren es 191.000 und seit 1960 jährlich etwa 200 000. Vielfach wandten sich zunächst die Familienväter von der Kirche ab, um die Hälfte der Steuer zu sparen. Mit wachsendem Wohlstand folgten dann die Frauen, um sich schneller eine neue Wohnung, ein Auto, ein Fernsehgerät oder bessere Kleider leisten zu können.

Den Groß-Zahlern gegenüber hat man auch oft nachgegeben. Der Vorstandsvorsitzende einer Hamburger Aktiengesellschaft stiftete 500.000 Mark für ein Alterspflegeheim, das seinen Namen erhielt. Die Spende konnte er vom steuerpflichtiger Einkommen absetzen und von seiner 100.000 Mark-Steuer erhielt er einen erheblichen Nachlaß von der Kirche. Ein anderer reicher Hamburger sollte 125.000 Mark Kirchensteuer zahlen. Als man ihm keine Vergünstigung gewährte, trat er zu der reformierten Kirche über, die sich mit 40.000 Mark zufriedengab.

Nach dem Ende des Ersten Weltkriegs trennte die Weimarer Verfassung Staat und Kirche. Andererseits waren der Kirche auf dem Gebiet der Diakonie neue große Aufgaben zugewachsen. Der Staat wollte aber die damals schon bestehende vielfältige soziale Arbeit der Kirchen nicht

Der Staat wollte aber die damals schon bestehende vielfältige soziale Arbeit der Kirchen nicht gefährden und sorgte deshalb dafür, daß die Kirchen weiter über eigene, das heißt unabhängige und gesicherte Einkünfte verfügen. Ohne die Kirchensteuer konnte sie nicht mehr auskommen. Sie wurde von den Gemeinden eingezogen (nicht von der Landeskirche). Der Staat half bei Zwangsvollstreckungen. Viele zahlten auch, ohne zu murren. Eine Verpflichtung zur Mitverantwortung für das Tun und Lassen der kirchlichen Funktionäre leiteten sie nicht daraus ab.

In der Zeit der Naziherrschaft versuchte der Staat vor allem, über die Finanzen die Kirche in den Griff zu kriegen. Viele Gemeinden haben damals gelernt, wie sehr es auf ihr Opfer ankommt. Nur die deutschchristlichen Kirchenleitungen wurden ja vom Staat unterstützt. Die bekennende Kirche aber hat gelernt, daß die Kirche ohne Sicherungen in der Welt dasteht und auch dastehen kann, wenn lebendiger Glaube da ist. Dennoch kamen bis 1945 nur etwa 2 bis 3 Mark pro Kopf der Gemeindeglieder an Kirchensteuer ein.

Die Regelung der Weimarer Verfassung ist im Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland übernommen worden. Sie bildet die Basis für ein verläßliches Verhältnis von Staat und Kirche und ermöglicht den Kirchen ein weitgefächertes diakonisches Engagement für die Gesellschaft. Die Kirche erhielt nach 1945 Einsicht in die Steuerlisten des Finanzamts und die Veranlagung stieg langsam. Zwangsbeitreibungen durch den Gerichtsvollzieher waren wieder möglich. In der DDR war seit 1956 eine Pfändung nicht mehr möglich, wenn auch das Recht der Kirchen erhalten blieb, Mitgliedsbeiträge zu erheben. Diese erhielten nun aber noch mehr einen freiwilligen Charakter.

 

Manchem Bundesbürger war und ist bis heute die Kirchensteuer zu hoch, besonders den Millionären und dem gehobenen Mittelstand. Manche behaupteten, mit ihren Kirchenabgaben könnten sie sich einen Hauspastor oder Leibkaplan halten. Wer etwa eine Million Mark Bruttogewinn versteuern muß, zahlt 520.000 Mark Einkommensteuer und 52.000 Mark Kirchensteuer. Viele wollten dieses Geld sparen und sind deshalb ausgetreten. Viele Geschäftsleute, Bankiers und Industrielle verfielen in eine Art „Wohlstands-Heidentum“ und gehören keiner Kirche mehr an.

Es war schon immer ein entscheidender Faktor, wer die Geldgeber der Kirche waren und aus welchen Gründen ihr Geld zugeflossen ist. Eine finanziell selbständige Kirche kann unabhängig vom Staat bleiben und ihre Freiheit bewahren. Die Kirchensteuer beruht auf dem Grundgedanken der Selbstfinanzierung. Auch heute ist die Kirchensteuer erforderlich, um die Freiheit der Kirche zu garantieren. Man sollte deshalb die Kirchensteuer so selbstverständlich zahlen wie die Steuern an den Staat.

 

Wie finanzieren sich die europäischen Kirchen?

In Frankreich gelten Sonderregelungen für die drei östlichen Departements Niederrhein, Oberrhein und Mosel. Dort brachte es die geschichtliche Entwicklung durch Napoleon mit sich, daß die Kirchen vom Staat aus dem allgemeinen Steuertopf finanziert werden. Im übrigen Frankreich müssen sich die Kirchen im wesentlichen finanziell selber tragen. Dabei stammen etwa drei Viertel der Einnahmen aus Sammlungen und Spenden und ein Viertel aus dem (freiwilligen) Kultbeitrag, für dessen Höhe etwa ein Prozent des Einkommens als Richtsatz angegeben wird. Der Staat trägt im übrigen für die Kirchen die finanzielle Baulast. Er stellt die Gebäude den Religionsgemeinschaften kostenlos zur Nutzung zur Verfügung. Auch die kirchlichen Schulen werden vom Staat mit Zuschüssen bedacht, der Staat an den Einnahmen und Gebühren der Pfarreien beteiligt.

 

Großbritannien kennt zwei Staatskirchen, die anglikanische Kirche von England und die presbyterianische von Schottland. Der Staat hat auf deren Ämterbesetzung erheblichen Einfluß. Die Kirchen erhalten vom Staat keinerlei finanzielle Zuwendung. Da ihr Vermögen durch keine Säkularisierung der Kirchengüter je geschmälert wurde, müssen sie sich aus den Erträgen ihres Kapitals sowie aus Spenden und Gebühren finanzieren. Die anderen Konfessionen sind im wesentlichen auf die Gaben ihrer Mitglieder angewiesen.

 

Auch die Niederlande kennen im wesentlichen nur ein Spenden- und Kollektensystem zur Kirchenfinanzierung. Das Mitglied zahlt einen freiwilligen Kirchenbeitrag, für den eins bis drei Prozent des Einkommens empfohlen werden. Zahlungsempfänger sind die Gemeinden; die einen festen Betrag an die Gesamtkirche weiterleiten müssen.

 

In Belgien ist verfassungsrechtlich festgelegt, daß die Gehälter und Pensionen der Pfarrer vom Staat bestritten werden. Ihre Höhe wird jeweils durch staatliches Gesetz festgelegt. Dies gilt für alle staatlich anerkannten Religionsgemeinschaften - also auch für die Protestanten. Weiter sind die Provinzen und Gemeinden verpflichtet, Pfarrern und Bischöfen Wohnungen zur Verfügung zu stellen.

 

Auch in Griechenland werden die Gehälter und Pensionen der Bischöfe, Priester und Diakone der orthodoxen Kirche („vorherrschende Religion“) vom Staat übernommen. Sie genießt darüber hinaus Steuerfreiheit für ihren Grundbesitz. Auch die Religionslehrer werden teilweise vom Staat besoldet.

 

Portugal kennt eine strikte Trennung von Kirche und Staat. Auch dort finanziert sich die (katholische) Kirche im wesentlichen aus ihrem Vermögen, das ungefähr 20 Prozent des gesamten Landbesitzes ausmacht, sowie aus freiwilligen Spenden ihrer Mitglieder.

 

In Italien ist seit dem 1. Januar 1990 die bisherige Staatsleistung für die Besoldung und Versorgung der Kleriker weggefallen. Dafür wurde ein Zentralinstitut für den Unterhalt des Klerus in Rom geschaffen. Der Steuerbürger kann ihm bis zu zwei Millionen Lire pro Jahr zuwenden und vom versteuerbaren Einkommen abziehen. Darüber hinaus kann man jetzt acht Promille seiner Steuerschuld entweder der Kirche für religiöse Zwecke oder aber dem Staat für humanitäre zur Verfügung stellen. Vom Bürger muß keine zusätzliche Steuer erbracht werden, sondern lediglich ein Teil der dem Staat geschuldeten Steuer wird für andere Zwecke umgewidmet.

 

In Spanien ist seit 1986 eine ähnliche Regelung in Kraft, nach der 0,52 Prozent der Steuerschuld für kirchliche oder sonstige gemeinnützige Zwecke bestimmt werden können. Rund 37 Prozent der Spanier haben ihre Kirche mit einer solchen Zuwendung bedacht. Da diese Einnahmen aber nur ein Drittel des kirchlichen Haushalts abdecken, mußte der Staat laut Vereinbarung die restlichen zwei Drittel aus dem Steuertopf zuschießen

 

Eine Kirchensteuer gibt es in der EG außer in Deutschland auch noch in Dänemark. Hier ist die lutherische Kirche (ähnlich wie in Schweden, Norwegen und Finnland) Staatskirche und wird über die allgemeine Steuer finanziert. Daneben gibt es noch eine eigene örtliche Kirchensteuer, die unterschiedlich hoch ist und zusammen mit der Kommunalsteuer erhoben wird.

 

Österreich kennt einen obligatorischen Kirchenbeitrag, der innerkirchlich verpflichtend ist und bei Zivilgerichten eingeklagt werden kann, was aber aus seelsorgerlichen Gründen zumeist unterbleibt. Beitragssatz beträgt seit dem 1. Januar 1992 1,5 Prozent des vorjährigen Einkommens. Darüber hinaus trägt der österreichische Staat zur Förderung der Kirchen bei, indem er die die Abzugsfähigkeit von Spenden vorsieht und Staatsleistungen zum Personalaufwand sowie für den Religionsunterricht an öffentlichen Schulen.

 

In der Schweiz sind die einzelnen Kantone für das Verhältnis von Kirche und Staat zuständig. Auch hier ist die Kirchensteuer die wichtigste Finanzquelle. Ihr Einzug ist kantonal unterschiedlich geregelt; Berechnungsgrundlage ist zumeist die Einkommenssteuer oder das Vermögen, aber auch andere Steuerarten werden dafür herangezogen. Im Kanton Waadt werden die „Kultusausgaben“ gänzlich von der öffentlichen Hand bestritten.

 

Der Überblick dokumentiert, daß das deutsche Kirchensteuersystem so singulär auch wiederum nicht ist, wie oft geglaubt wird. Auch die anderen Systeme rechnen ihren Beitrag auf der Grundlage von etwa zwei Prozent des Einkommens (auch die acht Prozent der Einkommenssteuer wie in Deutschland dürften diesen zwei Prozent des Gesamteinkommens entsprechen, nur sind sie gerechter, weil sie Freibeträge berücksichtigen).

Ebenso steht der Staat fast überall zumeist in „wohlwollender Neutralität“ zu den Kirchen.

Für die europäischen Kirchen ist diese Privilegierung eine moralische Verpflichtung, über ihre eigenen Kirchentürme hinauszublicken und die Kirche im Osten wie auch die unter ihrer Minderheitssituation in der Dritten Welt leidenden Kirchen tatkräftig zu unterstützen.

 

Beispiel aus einer Gemeinde:

Wie sich die Einführung der Kirchensteuer auf eine Gemeinde auswirkte, zeigt das Beispiel Hochstadt: Am 23. November 1899 wird bekannt, daß nach einer Verfügung des Konsistoriums für den landeskirchlichen Hilfsfonds ein Prozent der Einkommenssteuer abgeführt werden muß. In Hochstadt sind das 33,21 Mark, die zunächst die Kirchenkasse übernimmt. Im Jahre 1900 entsteht erstmals ein Fehlbedarf in der Pfarreikasse. Weil in ihr kein Geld ist, um das Gehalt des Pfarrers zu bezahlen, werden bei der Kreiskasse 900 Mark als Darlehen aufgenommen.

Im Mai 1901 will man sich damit helfen, daß für die Pfarreikasse ein Betriebsfonds eingerichtet wird, denn auch die Anleihe im Vorjahr hat die Pfarreikasse nicht in den Stand gesetzt, ihre Verpflichtungen zu erfüllen, nämlich das Grundgehalt des Pfarrers zu bestreiten. Deshalb wird eine Anleihe von 500 Mark verkauft, um für die Pfarreikasse einen stetigen Betriebsfonds zu gewinnen.

Aber in der Folgezeit müssen zur Bestreitung der Ausgaben immer wieder Anleihen verkauft werden: Ende 1901 wird eine Anleihe verkauft. Auch im Juli 1902 entnimmt der Pfarrer dem Pfarreiklassenschrank in Bergen eine Anleihe über 600 Mark und verkauft sie, um damit den Schreiner Valentin Burger zu bezahlen. Im September 1902 genehmigt das Konsistorium den Verkauf von Wertpapieren in Höhe von 4.000 Mark zur Bezahlung der neuen Orgel. Der Zinsausfall von 140 Mark soll durch eine entsprechende Umlage oder Gemeindebeiträge gedeckt werden.

Nachdem also jahrhundertelang die Kirche Geld als Darlehen vergeben konnte und danach immer wieder Staatsanleihen kaufte, gerät die Kirchengemeinde Anfang des 20. Jahrhunderts in Finanznot. Das Geld reicht nicht mehr für die Pfarrbesoldung, weil der Kirchenzins (der „Zehnte“) abgeschafft bzw. abgelöst wurde, weil die Verpachtung des Kirchenguts nicht mehr genügend erbringt und weil große Bau-Aufgaben zu bewältigen sind. Dann kommt noch dazu, daß die Landeskirche eine jährliche Umlage haben will. Das führt schließlich dazu, daß man nach und nach die Kirchensteuer einführt.

Für die Rückzahlung des Darlehens in Höhe von 100 Mark jährlich soll ab 1905 eine Umlage erhoben werden, die ja ohnehin noch in diesem Jahr eingeführt werden soll, weil die Kirchenkasse nicht mehr in der Lage ist, die laufenden Ausgaben zu bestreiten.

Im April 1905 glaubt der Pfarrer einen Weg gefunden zu haben, um die Erhebung einer Kirchensteuer zu vermeiden. Er schlägt folgende Maßnahmen vor:

1. Das Konsistorium erläßt den Beitrag für die Gesamtsynodalkasse (104 Mark) und die Pfarreikasse (86 Mark) (Der Pfarrer hat bereits ein Gesuch nach Kassel abgeschickt).

2. Die Gemeinde wird gebeten werden, den Lohn für den Bälgetreter in Höhe von 50 Mark zu übernehmen (der Bürgermeister will es der Gemeindebehörde vorlegen).

3. Die Kollekten in den Nachmittagsgottesdiensten sollen zur Bezahlung der Bauschulden genutzt werden und nicht mehr nach auswärts abgeführt werden.

4. Die Gemeindeglieder werden gebeten, ihren Beitrag für den Klingelbeutel etwas zu erhöhen, damit etwa 300 Mark erreicht werden.

Am 19. Januar 1908 wird mitgeteilt, daß ab dem nächsten Jahr die Kirchensteuer eingeführt werden muß infolge des neuen Pfarrbesoldungsgesetzes. Insgesamt werden 7 Prozent der Einkommenssteuer in einem Termin erhoben, und zwar durch den Kirchenrechner, der dafür zwei Prozent der zu erhebenden Beträge erhält. Dieser Betrag und die Unkosten für die Veranlagung und Zustellung der Bescheide sollen aber aus der Kirchenkasse bezahlt werden. Personen bis zu einem Steuerbetrag von vier Mark sind zu befreien.

Die Kirchensteuer dient vor allem dazu, eine Umlage von 386,89 Mark zu bezahlen, die bestimmt ist für die Ruhegehaltskasse, den landeskirchlichen Hilfsfonds, die Besoldung, die Pfarrwitwenkasse und die Gesamtsynodalkasse.

Im September 1908 wird die Kirchensteuervorlage des Presbyteriums von staatlicher und kirchlicher Seite genehmigt. Die Kirchensteuerzettel werden bis Ende November gedruckt und ausgefüllt, damit danach die Erhebung stattfinden kann (offenbar wird doch schon 1908 damit begonnen).

Es gibt auch gleich den ersten Kirchensteuerverweigerer. Dem Buchdrucker Johannes Börner, geboren 1863 in Schlüchtern, der 1887 eine katholische Frau aus Großauheim geheiratet hat, wird am 28. Dezember eine Erinnerung zugestellt, am 5. Februar 1909 geht ihm eine Mahnung zu mit der Drohung der Zwangsbeitreibung. Am 10. Januar 1910 wird gegen den Buchdrucker Börner das Zwangsverfahren wegen der Kirchensteuer eingeleitet.

Mitte 1912 hält das Konsistorium den Hebesatz von 7 Prozent für die Kirchensteuer zu hoch. Der Pfarrer erklärt jedoch, daß man den 6.000 Marek betragenden Kirchenfonds wieder auffüllen müsse, der durch die Reparatur der Orgel verbraucht worden ist.

Im Krieg soll die Kirchensteuer nicht von den gegenwärtigen Teilnehmern am Krieg erhoben werden, wer aber wieder zurückgekommen ist, soll zahlen. Das Presbyterium bittet im November 1915 das Konsistorium um eine Beihilfe von 121 Mark, um die kriegsbedingten Ausfälle bei der Kirchensteuer und damit der landeskirchlichen Umlage auszugleichen. Allen Kriegsteilnehmern wird die Kirchensteuer erlassen. Der Gesamtsynodalausschuß bewilligt 50 Mark. Man beantragt auch 1916 wieder eine Beihilfe beim Konsistorium, aber das hat wohl keinen Erfolg gehabt. Anfang Dezember 1916 wird dann die Kirchensteuerhebeliste fertiggestellt.

Im Jahr 1921 gibt es eine neue Reichseinkommenssteuer, von der zwei Prozent als Kirchensteuer erhoben werden sollen, das sind immerhin 6.270 Mark. Gleichzeitig wird erstmals die Kirchensteuer nicht nur zur Bestreitung der landeskirchlichen Umlage erhoben, sondern für allgemeine Zwecke der Gemeinde bzw. um den Haushaltsplan auszugleichen („zur Aufbringung der Mittel für die landeskirchliche Umlage und für örtliche Zwecke“). Die Höhe des Hebesatzes für die Kirchensteuer ist jetzt immer gekoppelt an den Fehlbetrag im Haushaltsplan.

Die Erhebung der Kirchensteuer soll 1922 dem Finanzamt übertragen werden. Die Kirchensteuer soll jeweils mit den monatlichen Vorauszahlungen der Einkommenssteuer erhoben werden. Aber daraus wird offenbar nichts, bis Ende 1923 hat das Finanzamt die Unterlagen nicht geliefert. Der Hebesatz für die Kirchensteuer im Jahre 1922 war an sich mit 4 Prozent veranschlagt. Weil aber schon über 3.000 Mark der zu erwartenden 4.000 Mark ausgegeben sind, wird der Hebesatz im November auf 5 Prozent erhöht.

Für die zweite Hälfte des Rechnungsjahrs 1923 wird die Kirchensteuer mit einem Prozentsatz von 0,005 Prozent der Reichseinkommenssteuer von 1922 in Gold erhoben. Die Abrundung der Beträge und die Nichterhebung von Kleinstbeträgen wird zwischen Presbyterium und Finanzamt vereinbart.

Nach der Inflation haben nur 36 Personen Kirchensteuer für 1923 zu zahlen, bei einer wird sie erlassen. Der Kirchendiener soll das Geld bei den Leuten abholen und dafür jeweils 10 Pfennig Vergütung erhalten (5 Pfennig von dem Steuerpflichtigen und 5 Pfennig aus der Kirchenkasse). Doch das ist vergeblich. Deshalb soll im Mai 1924 die Einsammlung durch den örtlichen Vollziehungsbeamten erfolgen. Durch die Ortsschelle wird Ende April 1925 bekanntgemacht, daß am Freitag um 20 Uhr der letzte Termin für die Zahlung der Kirchensteuer für 1924 ist.

Für die Kirchensteuer 1925 nimmt das Presbyterium die Zahler der Steuerabteilung B durch und setzt die Beträge werden fest. Die Mägde aber sollen nicht zahlen müssen. Um die Bezahlung der Kirchensteuer für 1925 endlich abzuschließen schlägt der Pfarrer im Juni 1926 vor, pro 25 Ar Grundbesitz den Betrag von 40 Pfennigen zu erheben. Er hält es auch nicht für richtig, von den Steuerpflichtigen in Abteilung A., die keine Einkommenssteuer bezahlen, keine Kirchensteuer zu erheben, das sei ungerecht, besonders gegenüber den Lohnsteuerpflichtigen. Nachdem vorher nur sehr wenige Einwohner Kirchensteuer bezahlt haben, versucht man jetzt auch die anderen zu erfassen, zunächst die Landwirte, aber auch die Reichen, die aus irgendeinem Grund keine Einkommenssteuer bezahlen. Die Veranlagung der Landwirte soll nach dem Ergebnis der Herbstveranlagung 1926 erfolgen.

Der Beschluß, auch die Landwirte zur Kirchensteuer heranzuziehen, ist im Oktober 1926 offenbar noch nicht umgesetzt, denn der Pfarrer teilt mit, er habe jetzt erst den Flächeninhalt aller Grundstücke erfaßt. Man sollte auch den Versuch machen, die Kirchensteuer für die Steuerpflichtigen aus Abteilung B. zu erhalten, weil es nur noch wenige Arbeitslose gibt.

Am 19. Oktober bespricht der Pfarrer mit den Kirchenältesten die Liste der steuerpflichtigen Landwirte. Man kommt überein, Grundstücke unter 20 Ar nicht heranzuziehen. Im November 1928 wird noch einmal erklärt, daß es rechtmäßig ist, wenn zur Kirchensteuer auch die Grundvermögenssteuer herangezogen wird. Ab 1930 sollen deshalb auch noch 15 Prozent der Grundvermögenssteuer erhoben werden.

Im August 1927 versucht man wieder, die rückständigen Kirchensteuern durch den Kirchendiener abzuholen, der drei Prozent der von ihm erhobenen Restbeträge der Kirchensteuer erhält. Der Portefeuiller Kaiser zieht die Steuerreste für 1930 ein und erhält eine Vergütung von 30 Mark, im nächsten Jahr eine Anerkennung von 20 Mark.

Im Jahr 1932 soll der Fehlbetrag in der Kirchenrechnung aufgebracht werden durch eine Kirchensteuer von 10 Prozent (Einkommensteuer) und 15 Prozent (Grundvermögenssteuer). Dazu kommt jetzt neu ein Kirchgeld von je einer Mark, das 500 Gemeindeglieder über 18 Jahre zu zahlen haben, die nicht zur Kirchensteuer herangezogen werden.

Die Erhebung der Kirchensteuer für 1933 wird an Herrn Arthur von der Lahr aus Hanau übertragen gegen ein Entgelt von 150 bis 180 Mark im Jahr. Im April wird ein Vertrag mit ihm abgeschlossen, der aber hinfällig wird, wenn von der kirchlichen Zentrale eine einheitliche Steuerverwaltung durchgeführt werden sollte. Das Kirchgeld ist jetzt je nach Einkommen gestaffelt auf ein bis drei Mark, wird aber auf die Kirchensteuer angerechnet. Die Kirchenvorsteher Wilhelm Brosch und Johannes Weifenbach beraten mit Herrn von der Lahr über das Kirchgeld für die Söhne und Töchter. Der Kirchenrechner Brosch erhält 1934 für seine Mitwirkung bei der Kirchensteuererhebung pro Jahr 15 Mark.

Im Jahre 1935 bringen die Kirchensteuer (10 Prozent) 1.116 Mark und die Grundvermögenssteuer (20 Prozent) 1.007 Mark und das Kirchgeld 627 Mark.

Die Kirchensteuerheberolle für 1936 soll in alphabetischer Reihenfolge aufgestellt werden. Dann wird sie aufgrund einer Straßenliste nachgeprüft, die Wilhelm Heckert an einem Regentag aufstellen will. Der Höchstbetrag für das Kirchgeld ist 1936 vier Mark.

Im Jahre 1946 soll der Fehlbetrag in der Kirchenrechnung aufgebracht werden durch eine Kirchensteuer und ein verdoppeltes (!) Kirchgeld. Es geht jetzt von einem Mindestbetrag von zwei Mark bis zu acht Mark bei einem Einkommen von mehr als 2.000 Mark. Außerdem soll im November durch die Kirchenvorsteher um freiwillige Gaben gebeten werden, damit die Kirchensteuer-Hebesätze nicht erhöht werden müssen.

 

Kirchensteuererlasse: Ab August 1927 muß bei immer mehr Kirchensteuerzahler die Kirchensteuer ermäßigt oder ganz erlassen werden, manchmal aber auch ihre Beschwerde verworfen. Meist ist der Grund, daß die Betreffenden aus dem Erwerbsleben ausgeschieden sind, entweder arbeitslos wurde oder in den Ruhestand ging. Manchmal wird die ganze Sitzung dazu verwendet, über Kirchensteuersachen zu verhandeln. Im April 1930 soll der Pfarrer bei Heinrich Huhn (Hanauer Straße 9) und Johannes Schäfer (Schulstraße 10) einen letzten Versuch vor der Vollstreckung machen. Im Juni haben sie die Kirchensteuer für 1929 bezahlt. Deshalb soll ihnen die Steuer für 1927 und 1928 erlassen werden wie bei den anderen Gemeindegliedern auch. Ende 1931 wird allen Arbeitslosen ohne Vermögen die Kirchensteuer gestundet. Einem taubstummen Landwirt wird 1941 die Kirchensteuer von 10,80 Mark auf 5,40 Mark herabgesetzt.

 

Übersicht:

Jahr

Haushaltsplan

Umlage/Fehlbetrag

Hebesatz

1909

 

390,35 Mark

 

1910

 

442,68 Mark

 

1911

 

413,03 Mark

 

1912

 

616,07 Mark

 

1913

 

614,81 Mark

 

1914

 

723,03 Mark

 

1915

 

595 Mark

 

1916

 

595 Mark

 

1917

2.304,13 Mark

680,68 Mark

7 Prozent

1919

 

875,16 Mark

9 Prozent

1920

3.866 Mark

1.779 Mark

 

1921

 

6.270 Mark

2 Prozent

1922 I

3.866,85 Mark

8.802 Mark

4 Prozent

1922 II

 

7.345 Mark

5 Prozent

1923

77.313,85 Mark

29.533 Mark

3,5 Prozent

1924

 

 

10 Prozent

1925

 

 

15 Prozent

1926

2.969,05 Mark

1.549 Mark

15 Prozent

1927

 

2.566 Mark

10 Prozent (später 7)

1928

 

2.800 Mark

10 Prozent

1929

4.548,85 Mark

3.100 Mark

10 Prozent

1930

 

3.100 Mark

10 Prozent/15 Prozent

1931

4.920 Mark

 

 

1935

3.800,93 Mark

 

 

1937

4.007,43 Mark

3.073 Mark

 

1938

4.486,66 Mark

 

 

1939

4.338,46 Mark

 

 

1940

4.142,77 Mark

 

 

1941

1.388,48 Mark

 

 

1931

 

 

10 Prozent/15 Prozent

1932

4.487,09 Mark

3.250 Mark

10 Prozent/15 Prozent

1933

 

3.000 Mark

 

1934

3.6289,73 Mark

2.400 Mark

10 Prozent/15 Prozent

1935

 

2.750 Mark

10 Prozent/20 Prozent

1936

4.007,93 Mark

2.757 Mark

 

1938

 

3.317 Mark

 

1939

 

3.270 Mark

10 Prozent/15 Prozent

1940

 

 

10 Prozent/15 Prozent

1941

 

3.054 Mark

10 Prozent/15 Prozent

1942

 

4.919 Mark

 

1943

6.291,13 Mark

4.642 Mark

6 Prozent/15 Prozent

1946

 

 

6 Prozent/15 Prozent

1947

8.200 Mark

 

6 Prozent/15 Prozent

1948

8.300 Mark

 

Sechs Prozent

1949

7.405 Mark

5.920 Mark

7 Prozent/20 Prozent

1950

8.360 Mark

4.540 Mark

Landeskirchensteuer/

20 Prozent

1951

8.585 Mark

4.500 Mark

 

1952

9.610 Mark

4.350 Mark

Kirchgeld/20 Prozent

1953

22.385 Mark (Jugendheim)

4.055 Mark

Ortskirchensteuer (20 Prozent) und Kirchgeld

1954

12.650 Mark

4.055 Mark

1955

 

5.460 Mark

1956

 

5.745,90 Mark

1957

 

5.887,90 Mark

1958

 

7.099,40 Mark

1959

29.350 Mark

 

 

1962

58.500 Mark

 

 

1964

81.1000 Mark

 

 

1966

67.000 Mark

 

 

1967

69.000 Mark + Nachtrag

 

 

1968

63.7000 Mark

 

 

1969

72.500 Mark

 

 

1970

84.700 Mark

 

 

1971

88.600 Mark

 

 

1972

114.600 Mark

 

 

1973

162.400 Mark

 

 

1974

210.800 Mark

 

 

1975

161.000 Mark

 

 

1976

154.800 Mark

 

 

1977

177.000 Mark

 

 

1978

208.300 Mark

 

 

Am 3. September 1947 wird der Kirchensteuerbeschluß des Vorjahres übernommen, aber eine freiwillige Sammlung wird nicht durchgeführt. Das Kirchgeld für die Nicht-Steuerzahler beträgt einheitlich zwei Mark.

Am 20. Juni 1948 wird die Währungsreform durchgeführt, bei der das Geld im Verhältnis 10:1 abgewertet wird. Für die Zeit vom 1. April bis 20. Juni 1948 wird deshalb keine Kirchensteuer erhoben, sondern die Steuer wird durch das Kirchgeld vom 21. Juni 1948 bis 31. März 1949 abgegolten. Ab 21. Juni 1948 wird die Kirchensteuer mit einem Hebesatz von sechs Prozent erhoben (15 Prozent der Grundsteuermeßbeträge). Das Kirchgeld wird von 2 Mark bis 30 Mark (bei einem Jahreseinkommen von 30.000 Mark und höher). Aber noch bis 1951 muß auch das Kirchgeld in einigen Fällen erlassen werden.

Ab 1950 erhält die Gemeinde einen Anteil an der Landeskirchensteuer. Dennoch bleibt ein Fehlbetrag von 4.540 Mark, der gedeckt wird durch eine Ortskirchensteuer von 20 Prozent der Grundsteuermeßbeträge und ein Kirchgeld nach dem Brutto-Einkommen, das von 2 bis 30 Mark reicht, und einem Kirchgeld nach dem landwirtschaftlichen Grundvermögen, das von 3 bis 15 Mark reicht.

Die Kirchensteuer wird auch im März 1954 noch abgeholt. Die Abholungsaufträge für die rückständige Kirchensteuer werden durchgesehen und einige ausgesondert, weil das Abholungsverfahren doch keinen Erfolg verheißt.

Der Ortskirchensteuerbeschluß wird ab 1960 auf einem besonderen Formular protokolliert und ins Protokollbuch eingeklebt und in der Registratur abgelegt. Der Ortskirchensteuerbeschluß wird ab 1966 im Schaukasten bekanntgemacht.

Ab 1967 werden Gemeindeglieder über 65 Jahre vom Kirchgeld befreit, wenn ihr Jahres-Brutto-Einkommen geringer als 5.000 Mark ist. Ende 1968 wird die vom Landeskirchenamt vorgeschlagene Staffelung des Kirchgelds akzeptiert (Wahrscheinlich ist das Kirchgeld erhöht worden). Die Kirchengemeinde Hochstadt verzichtet auf die Erhebung der Ortskirchensteuer für das Jahr 1971 (obwohl ein Beschluß darüber in das Protokollbuch eingeklebt ist). Die Steuerpflichtigen, deren Grundsteuermeßbetrag unter zehn Mark liegt, werden nicht veranlagt.

 

 

Staatsleistungen an die Kirchen

 

Begriff und rechtliche Grundlagen zu „Staatsleistungen“:

Unter Staatsleistungen versteht man im deutschen Religionsverfassungsrecht alle auf Gesetz, Vertrag oder besonderen Rechtstiteln beruhenden und auf Dauer angelegten Leistungsverpflichtungen der Länder an die Religionsgesellschaften (Kirchen), die auf Grund historischer Gegebenheiten entstanden und bei Inkrafttreten der Weimarer Verfassung am 14. August 1919 bereits bestanden. Alle nach diesem Stichtag eingeführten Leistungspflichten der Bundesländer oder des Bundes an die Religionsgesellschaften gehören nicht zu den Staatsleistungen im Sinne des Grundgesetzes und der Weimarer Verfassung von 1919.

Für das Jahr 2022 haben die deutschen Bundesländer etwa 602 Millionen Euro allein an die katholischen und evangelischen Kirchen in Deutschland veranschlagt. Die Staatsleistungen machen somit nach Angabe der Evangelischen Kirche in Deutschland im Durchschnitt 2,2 Prozent der jeweiligen Gesamteinnahmen der Kirchen aus. In Deutschland tragen Staatsleistungen neben den Kirchensteuern und Subventionen zur Kirchenfinanzierung bei, aber unterliegen keiner Zweckbindung oder Nachweispflicht.

 

Ablösegebot der Verfassung:

Seit Inkrafttreten der Weimarer Verfassung besteht der Verfassungsauftrag zur endgültigen Beendigung sämtlicher Staatsleistungen durch einmalige Ablösung. Dieses Ablösegebot wurde 1949 durch Artikel 140 in das Grundgesetz übernommen und ist auch Bestandteil einiger Landesverfassungen. Das Ablösegebot aus Artikel 138 Absatz 1 der Weimarer Verfassung wurde 1949 auch in Artikel 45 der ersten Verfassung der DDR übernommen. Die Staatsleistungen der ostdeutschen Länder wurden ab 1952 bis zur Wiedervereinigung zentralisiert durch die DDR-Regierung an die Kirchen weitergezahlt. Die „Leistungen alten Rechts“ (zum Beispiel Baulastverpflichtungen) wurden von den Kommunen direkt an die Kirchengemeinden gezahlt.

Die Grundsätze für die Ablösung hat gemäß Art. 138 Abs. 1 Satz 2 Weimarer Verfassung hat das Deutsche Reich - also heute der Deutsche Bundestag - aufzustellen. Dazu ist es aber bis heute nicht gekommen, sodass auch die Landesgesetzgebung nicht tätig werden konnte. Die Staatsleistungen sind von den deutschen Bundesländern nach überwiegender Auffassung bis zu ihrer Ablösung weiter zu zahlen.

Der Hauptausschuss des Parlamentarischen Rates beschloss in erster Lesung eine Fassung des Art. 140 GG, die nur auf Absatz 2 des Art. 138 WRV Bezug nahm, die Regelungen über die Staatsleistungen in Abs. 1 aber (ebenso wie weitere Artikel) nicht umfasste. Dafür ordnete er ausdrücklich ein Fortbestehen der Staatskirchenverträge an, wobei umstritten war, ob darunter auch das Reichskonkordat fallen sollte. Nach weiteren Ergänzungen nahm der Hauptausschuss in vierter Lesung die heutige Fassung des Art. 140 GG an und ließ so die Regelungen der Weimarer Reichsverfassung über die Ablösung der Staatsleistungen als Verfassungsrecht fortgelten. Aus dem historischen Kontext und dem systematischen Zusammenhang mit dem Ablösegebot des Artikel138 Absatz 1 Weimarer Verfassung ergeben sich drei wesentliche

Merkmale.

1. Staatsleistungen sind ausschließlich vermögenswerte Rechtspositionen, da sich das Ablösegebot nur auf diese beziehen kann.

2. Es muss sich um wiederkehrende und auf Dauer angelegte Leistungsverhältnisse handeln, da ansonsten eine Erfüllung statt einer Ablösung möglich wäre.

3. Die Leistungsverhältnisse müssen vor Inkrafttreten der Weimarer Verfassung am 14. August 1919 bereits bestanden haben.

 

 

 

Abgrenzung zu anderen Leistungen:

Etwas substantiell anderes als die Staatsleistungen sind die Subventionen und sonstigen Leistungen, welche die Religionsgesellschaften für die Erfüllung staatlicher Aufgaben im öffentlichen Interesse erhalten (zum Beispiel Kindergärten, Schulen, Krankenhäuser, Beratungsstellen, Alten- und Pflegeheimen, Behinderteneinrichtungen usw.). Sie sind Zahlungen des Staates zur Förderung eines bestimmten Zweckes, der im öffentlichen Interesse liegt. Staatliche, insbesondere auch kommunale Subventionen haben nicht die Kirche als Religionsgemeinschaft zum Adressaten, sondern als Träger von öffentlichen Einrichtungen. Sie erfolgen zweckgebunden und fließen grundsätzlich in gleicher Weise auch an nichtkirchliche Träger. Der Eigenbeitrag der Kirche stellt eine erhebliche Entlastung der öffentlichen Haushalte und eine Leistung der Kirchenmitglieder an die Allgemeinheit dar.

Auch die Befreiung der Kirchen von Gerichtsgebühren ist keine Staatsleistung im Sinne des Artikel 138 Absatz 1 WRV. Staatliche Aufwendungen für den Religionsunterricht an öffentlichen Schulen, für die theologischen Fakultäten an den Hochschulen sowie für die Gefängnis- und Militärseelsorge gehören ebenso wenig zu den Staatsleistungen, wie die Zahlungen des Staates aufgrund von privatrechtlichen Verträgen (zum Beispiel Kauf, Miete usw.). Zu solchen nicht-hoheitlichen Leistungsbeziehungen zwischen Staat und Kirchen zählen auch die sogenannten „Patronate“. Hierbei handelt es sich um ein vermögensrechtliches Institut des Kirchenrechts, welches die Förderung der Kirchen durch Privatpersonen, Gemeinden oder Landesherren ermöglichen sollte.

Alle nach dem Stichtag 14. August 1919 (Inkrafttreten der Weimarer Verfassung) eingeführten staatlichen Leistungsverhältnisse sind nicht vom Geltungsbereich des Artikel 138 Absatz 1 WRV erfasst. Dies ergibt sich unter anderem aus dem Zusammenhang mit Art. 173 WRV, in dem ausdrücklich auf die „bisherigen“ Staatsleistungen verwiesen wird. Durch das Ablösegebot ist die Neubegründung von Staatsleistungen im Sinne des Artikel 138 Absatz 1 WRV ausgeschlossen. Das Rechtsinstitut der Staatsleistungen soll nach dem Willen des Verfassungsgebers beendet werden, um die Entflechtung der Vermögensverhältnisse von Staat und Kirchen zu erreichen.

 

Einteilung der Staatsleistungen: Positive und negative Leistungen

Staatsleistungen im Sinne von Artikel 138 Absatz 1 Weimarer Verfassung werden in positive und negative Staatsleistungen unterschieden. Positive Staatsleistungen mehren das Vermögen aktiv. Dagegen verzichten negative Staatsleistungen lediglich darauf, das Vermögen zu mindern, wie es bei Steuer- und Gebührenbefreiungen der Fall sein kann.

Zu den positiven Staatsleistungen gehören vor allem die zweckgebundene Zuwendungen zur Finanzierung kirchlicher Behörden und Amtsträger („Dotationen“). Im katholischen Bereich spricht man im ersten Fall von Bistumsdotationen, im evangelischen von Dotationen für das Kirchenregiment. Unter die Dotation von Amtsträgern fallen vor allem Zuschüsse für die Ausbildung, Besoldung und Versorgung der Geistlichen, aber auch anderer Kirchenbediensteter. Hinzu kommen Staatsleistungen für den Bauunterhalt kirchlicher Gebäude, soweit sie kirchlichen Zwecken dienen.

Neben den Dotationen gibt es aber auch eine Vielzahl von regional unterschiedlichen Formen der positiven Staatsleistungen, die sowohl in Geld- als auch in Sachzuwendungen (Nahrungsmittel), in Nutzungs-, Bau- und Unterhaltungspflichten bestehen können. Sie können dem Betrag nach festgelegt oder bedarfsabhängig sein.

Negative Staatsleistungen sind die Befreiungen der Religionsgesellschaften von Steuern und Abgaben, sofern die Befreiungen bereits bei Inkrafttreten der Weimarer Verfassung galten. In Deutschland sind die Kirchen als Körperschaften des öffentlichen Rechts unter anderem von der Körperschaftssteuer, der Gewerbesteuer und der Umsatzsteuer befreit. Aber was hat die Kirche für Unternehmen, daß sie Gewerbe- und Umsatzsteuer bezahlen müßte oder was hat sie zu vererben? Vorteil ist nur die Grundsteuerbefreiung.

 

Zweck der Staatsleistungen:

Staatsleistungen dienen der Erfüllung kirchlicher Aufgaben und der Deckung des kirchlichen Bedarfs. Allerdings werden sie ohne Zweckbindung gezahlt und ihre tatsächliche Verwendung obliegt dem Ermessen der jeweiligen Religionsgesellschaft. Eine Verwendungsprüfung durch staatliche Behörden findet nicht statt. In vielen Verträgen zwischen den Bundesländern und den Kirchen wurde der Zweck der Staatsleistungen allerdings benannt. Die ursprünglichen Zahlungsansprüche der Kirchen wurden ab Gründung der deutschen Länder nach dem Zweiten Weltkrieg oftmals in neuen Verträgen pauschaliert, zusammengefasst, erhöht und mit einer Dynamisierungsklausel versehen.

Zum Beispiel: Das Land zahlt den Kirchen anstelle aller früher gewährten Dotationen für Kirchenleitungen, Pfarrerbesoldung und Pfarrerversorgung sowie anstelle aller anderen, auf besonderen Rechtstiteln beruhenden Zahlungen einen Gesamtzuschuss. Das ist rechtlich zulässig als Umgestaltung der vor 1919 bereits bestehenden Leistungsverpflichtungen zum Beispiel durch Pauschalierung oder Zusammenfassung.

 

Zusammenfassung:

Staatsleistungen im Sinne von Artikel 138 Absatz 1 Weimarer Verfassung beruhen auf alten Titeln aus der Zeit vor 1919 und wurden in den letzten Jahrzehnten in neuen Verträgen zwischen den Kirchen und den Bundesländern zusammengefasst und neu geregelt. Sofern die Staatsleistungen als Ausgleichszahlungen für historische Säkularisationen von Kirchenvermögen eingeführt wurden, wird in den jeweiligen Staats-Kirchen-Verträgen der Länder Wert darauf gelegt, dass es sich nicht um freiwillige Subventionen des Staates, sondern weiterhin um historische Verpflichtungen handelt, die nur gegen angemessene Ablösesummen aufgehoben werden können.

 

Entstehung der Staatsleistungen in Deutschland:

Die Zahlungen von Staatsleistungen an die Kirchen in Deutschland haben in den Bundesländern verschiedene historische Ursachen. Sie entstanden zum Teil als Ausgleich für vorangegangene Enteignungen von Immobilien und Gütern, aus denen die Kirchen zuvor ihren materiellen Bedarf deckten.

Die Intensität dieser Enteignungen war regional unterschiedlich, so dass sich auch die Höhe der daraus folgenden Staatsleistungen unterscheidet. Die evangelischen Landeskirchen wurden vor allem während der Reformationszeit, nach dem Westfälischen Frieden 1648 und zum Ende des 18. Jahrhunderts enteignet. Die katholische Kirche wurde zwar auch durch den Westfälischen Frieden betroffen, die weitaus umfangreichsten Enteignungen geschahen jedoch durch die Organischen Artikel 1802 für linksrheinische, von Frankreich annektierte Gebiete und durch den Reichsdeputationshauptschluss 1803.

 

Reichsdeputationshauptschluss:

Der Reichsdeputationshauptschluss (genauer: Hauptschluss der außerordentlichen Reichsdeputation), gefasst am 25. Februar 1803 im Alten Rathaus von Regensburg, war die Grundlage für das letzte bedeutende Gesetz des Heiligen Römischen Reiches. Im Reichsdeputationshauptschluss (wurde festgesetzt, dass die weltlichen Fürsten für ihre linksrheinischen Gebietsverluste abgefunden werden sollten, die an Frankreich gefallen waren. Dies geschah durch Säkularisation (Verweltlichung) kirchlicher Landesteile sowie durch „Mediatisierung“ kleinerer weltlicher Herrschaften, die rechts des Rheins lagen. Insgesamt wurden 2 Kurfürstentümer, 9 Hochstifte, 44 Reichsabteien und 45 Reichsstädte aufgelöst. Rund 45.000 Quadratkilometer Land und fast 5 Millionen Menschen erhielten neue Landesherren.

Der französische Kaiser Napoleon hatte im Jahr 1800 die Österreicher besiegt. Im sogenannten Frieden von Lunéville am 9. Februar 1801 bestätigte der deutsche Kaiser als Oberhaupt des Heiligen Römischen Reiches daraufhin die bereits im Frieden von Basel 1795 mit Preußen und im Frieden von Campo Formio 1797 mit Österreich vereinbarte Abtretung des linken Rheinufers an Frankreich. Bereits in den Geheimklauseln war festgeschrieben worden, dass die linksrheinischen Verluste der Reichsfürsten durch Säkularisation und teilweise auch durch Mediatisierung im rechtsrheinischen Deutschland ausgeglichen werden sollten. Die konkrete Aufteilung der Gebiete wurde dann in Augsburg geregelt.

Um den Verhandlungen zwischen dem Reich und Frankreich einen legitimen Anstrich zu verleihen, brauchte Napoleon allerdings noch die rechtliche Zustimmung des Kaisers in Wien.

Es gelang Napoleon, den Kaiser dazu zu bewegen, den Immerwährenden Reichstag damit zu beauftragen, die Gespräche zu führen. Dazu machte er das Zugeständnis, dass ein Teil des Hochstifts Eichstätt an das von den Habsburgern regierte spätere Kurfürstentum Salzburg fallen sollte,

Der Reichstag hatte bereits am 2. Oktober 1801 vorgeschlagen, die Entschädigungspläne durch eine eigene Kommission, die sogenannte Reichsdeputation, ausarbeiten zu lassen. Diese sollte aus Vertretern der Kurfürsten von Mainz, Sachsen, Brandenburg, Böhmen und Bayern sowie des Herzogs von Württemberg, des Landgrafen von Hessen-Kassel und des Hochmeisters des Deutschen Ordens bestehen.

Noch bevor die Reichsdeputation allerdings im August 1802 zusammentreten konnte, hatte Napoleon in Zusammenarbeit mit dem Zarenreich einen Entschädigungsplan, die sogenannte Mediationsakte vom 3. Juni 1802, als „Diskussionsgrundlage“ erarbeiten lassen. Rußland war

daran interessiert, die Verwandtschaft des Zarenhauses in Süddeutschland zu unterstützen. Paris kam es darauf an, ein Gegengewicht zu Österreich zu installieren. Die Reichsdeputation sollte diese französisch-russischen Vorstellungen nur noch bestätigen, konnte aber selbst nur kleine Abänderungen bewirken.

Vor und während der Tagung der Reichsdeputation unternahmen die Reichsfürsten große Anstrengungen, die französische Regierung mittels Geld und Geschenken zu möglichst großen Zugeständnissen zu verleiten. Allerdings brachten die Zahlungen, wie sich zeigen sollte, nicht den gewünschten Erfolg. Die französischen Hauptentscheidungsträger ließen sich trotz der Bestechungen nicht von ihren geopolitischen Zielen abbringen.

Es wurden folgende Reichsstände in die Reichsdeputation zur Klärung der Entschädigungsfrage berufen:

Aus dem Kurfürstenrat: Kurmainz, Kursachsen, Kurböhmen, Kurbrandenburg.

Aus dem Reichsfürstenrat: Herzogtum Bayern. Herzogtum Württemberg. Hoch- und Deutschmeister des Deutschen Ordens, Landgrafschaft Hessen-Kassel.

 

Die Reichsdeputation trat zu 50 Sitzungen zusammen, wobei die erste am 24. August 1802 und die letzte am 10. Mai 1803 durchgeführt wurde. Bereits bei der dritten Sitzung, die am 8. September 1802 stattfand, gab die Reichsdeputation dem französisch-russischen Druck nach und stimmte deren Entwurf eines Entschädigungsplans grundsätzlich zu, wobei neben Details der Landzuweisungen insbesondere die Entschädigung der geistlichen Würdenträger und die Übernahme der Schulden der geistlichen Territorien noch offen blieben.

Auf seiner 46. Sitzung vom 25. Februar 1803 wurde von der Deputation der sogenannte „Hauptschluss“ (grundlegender Beschluss) gefasst, der der allgemeinen Reichsversammlung vorgelegt wurde. Die Reichsversammlung tagte nicht als einheitliche Versammlung, sondern getrennt in den drei Kollegien (Kurfürstenrat, Reichsfürstenrat, Reichsstädtekollegium). Nach Abschluss der Beratungen der drei Kollegien wurde am 24. März 1803 von der hierfür zuständigen kurfürstlich mainzischen Kanzlei ein Reichsgutachten erstellt, das dem Kaiser zur Ratifikation vorgelegt wurde. Nach der Ratifikation durch Kaiser Franz II. am 27. April 1803 erlangte das Reichsgutachten als Reichsschluss dann Gesetzeskraft.

Die geistlichen Reichsstände und die Reichsstädte, die nach dem Inhalt des Hauptschlusses ihre Reichsstandschaft verlieren sollten, wurden in den Sitzungen der Kollegien für „abwesend“ erklärt und konnten an Beratung und Abstimmung nicht teilnehmen.

Die Ratifizierung des Hauptschlusses durch die Reichsversammlung und den Kaiser war nur noch eine Formsache, da die Besetzung der zugewiesenen Territorien bereits im Dezember 1802 abgeschlossen war und die Würdenträger der säkularisierten geistlichen Stände bereits ihre finanzielle Abfindung ausgehandelt hatten, war. Der Reichsdeputationshauptschluss wurde im März 1803 vom Reichstag einstimmig angenommen. Allerdings hatten bereits Ende 1802 die meisten geistlichen Fürsten auf ihre weltlichen Herrschaftsrechte und damit auf Sitz und Stimme im Reichstag verzichtet. Der Beschluss war zwar formaljuristisch einstimmig, aber erfolgte nicht mit der Zustimmung aller Reichsstände. Kaiser Franz II. schloss sich im April – wenn auch unter Vorbehalt – diesem Votum an.

Von ehemals 51 Reichsstädten wurden 45 den benachbarten großen Fürstentümern zugeschlagen. Lediglich Lübeck, Hamburg, Bremen, Frankfurt am Main, Nürnberg und Augsburg konnten ihre Unabhängigkeit wahren. Augsburg und Nürnberg sollten jedoch schon im Zuge des Friedensvertrages von Preßburg 1805 bzw. mit der Rheinbundakte 1806 ihre Souveränität verlieren

Die sich spätestens seit dem Frieden von Lunéville abzeichnende Einverleibung der geistlichen Territorien zu Gunsten der großen Fürstentümer wurde von Papst Pius VII. und seiner Kurie nicht verhindert. Da insbesondere die aristokratischen Fürstbischöfe eine von Rom relativ losgelöste Handhabung ihres Amtes gewöhnt waren, begrüßte der Papst ihre Auflösung, m mit neuen Leuten die Kirche erneuern zu können.

Von der Säkularisation ausgenommen blieben zunächst auch der Deutsche Orden und der Malteserorden. Zugleich erhielten die Fürsten von Württemberg, Baden und Hessen-Kassel die Kurwürde der erloschenen Kurfürstentümer Kurköln, Kurmainz und Kurtrier; für das neue Herzogtum Salzburg wurde ein neues Kuramt installiert.

Die nordwestdeutschen Hochstifte (die Bistümer Paderborn, Hildesheim, Köln, Münster und Osnabrück) verschwanden hingegen mit dem Reichsdeputationshauptschluss von der politischen Landkarte.

Von den Gebietsgewinnen und Rangerhöhungen des Reichsdeputationshauptschlusses profitierten vor allem die süddeutschen Fürstentümer Württemberg, Baden und Bayern. Als französische Verbündete sollten sie eine Pufferzone gegenüber Österreich bilden. Napoleon und sein Außenminister Talleyrand wollten sie einerseits so weit territorial vergrößern, dass sie in der Lage waren, Frankreich bei seinen Kriegen zu unterstützen, aber andererseits so klein halten, dass sie die Position Frankreichs nicht gefährden konnten. Auf diese Weise nutzte die französische Außenpolitik den Reichsdeputationshauptschluss, um die jahrhundertealten Bindungen zwischen dem römisch-deutschen Kaiser als Reichsoberhaupt und den süddeutschen Staaten zu lockern.

Am 12. Juli 1806 gründete der Erzkanzler Dalberg mit Bayern, Württemberg, Baden, Hessen-Darmstadt, Nassau, Kleve-Berg und weiteren Fürstentümern mit Unterzeichnung der Rheinbundakte in Paris den Rheinbund, als dessen Schutzherr Napoleon fungierte. Die Mitglieder des Bundes erklärten am 1. August den Austritt aus dem Reich. Schon im Frieden von Preßburg, der den Dritten Koalitionskrieg beendete, musste Franz II. akzeptieren, dass Bayern, Württemberg und Baden mit voller Souveränität ausgestattet wurden und somit Preußen und Österreich gleichgestellt wurden. Diese Länder befanden sich seitdem faktisch außerhalb der Reichsverfassung. Am 6. August 1806 legte Kaiser Franz II. die Reichskrone nieder und erklärte das Reich für aufgelöst. Er hatte allerdings zuvor am 11. August 1804 das Kaisertum Österreich ausgerufen und nannte sich ab dem 6. August 1806 Franz I. von Österreich.

 

Zu den positiven Nebenwirkungen des Reichsdeputationshauptschlusses zählt auch der Umstand, dass sich mit Auflösung der geistlichen Fürstentümer erstmals eine Toleranzpolitik gegenüber den drei Konfessionen reichsweit durchzusetzen begann. Vor 1803 habe es laut Schindling weder in den Stiften noch in den Fürstbistümern eine formal rechtliche Gleichstellung von Nicht-Katholiken gegeben. Größere weltliche Fürstenstaaten wie Württemberg und Baden sahen sich durch die Integration neu hinzugewonnener Gebiete langfristig dazu gezwungen, ihre bisherige konfessionelle Einheitlichkeit aufzugeben. Der Reichsdeputationshauptschluss wurde somit zum Katalysator der Religionsfreiheit in den deutschen Staaten, wobei jedoch Juden und andere Nicht-Christen von der Tolerierung noch ausgenommen blieben.

Die Säkularisation und die anschließende Mediatisierung veränderten das Reich völlig. Der Reichszusammenhalt verlor mit den geistlichen Fürsten und den traditionell loyalen Reichsstädten seine Hauptstützen. Damit hatte die Reichskirche aufgehört zu existieren. Die antiklerikalen Positionen Frankreichs trugen wesentlich zum Untergang der Reichskirche bei, zumal man damit den Kaiser einer wichtigen Machtposition beraubte. Auch katholische Reichsfürsten setzten Begehrlichkeiten durch. Die Zahl der reichsunmittelbaren Territorien verringerte sich von einigen hundert auf etwa vierunddreißig. Der Reichsdeputationshauptschluss schuf also aus einer Vielzahl kleiner und kleinster Gebiete eine überschaubare Anzahl von Klein- und Mittelstaaten.

Fürstentümer wie Baden, Bayern oder Württemberg konnten große Gebietsgewinne verbuchen, die nur teilweise durch Verluste gerechtfertigt waren, so etwa beim Haus Wittelsbach durch den Verlust von Jülich und Berg, der Kurpfalz und der häufig mit Familienangehörigen besetzten Kurwürde von Köln. Der badische Markgraf erhielt beispielsweise mehr als achtmal so viele Untertanen wie er linksrheinisch abtreten musste. Baden führte als Begründung für seine Forderungen an, dass es als Grenzland in den Koalitionskriegen besonders unter den Kontributionen an Frankreich gelitten habe.

Preußen nahm schon vor dem Reichsdeputationshauptschluss geistliche Territorien in Besitz. Darauf hatte es sich bereits in einem Staatsvertrag vom 23. Mai 1802 mit Frankreich verständigt. Die Idee der Säkularisation war aus preußischer Sicht nicht neu. Bereits in den 1740er Jahren erhob der Hohenzollernstaat Ansprüche auf geistliche Territorien – jedoch letztlich erfolglos. Das Hochstift Hildesheim und der östliche Teil des Hochstifts Münster wurden noch im Jahre 1802 von preußischen Truppen besetzt. Der Reichsdeputationshauptschluss segnete das militärische Vorgehen Preußens schließlich rechtlich ab. Darüber hinaus erhielt Preußen das Hochstift Paderborn (umgewandelt in das Fürstentum Paderborn), das Eichsfeld, die Reichsstädte Mühlhausen/Thüringen, Nordhausen und Goslar und die Reichsstifte Quedlinburg, Elten, Essen, Herford und Werden zugesprochen

 

Das Kurfürstentum Hannover war zwar von keinerlei Gebietsverlusten betroffen, da es keine Territorien links des Rheins besaß, für die es Entschädigungen hätte verlangen können. Dennoch konnte es sich beim Reichsdeputationshauptschluss das Hochstift Osnabrück einverleiben. Nicht realisieren ließ sich jedoch der Anspruch Hannovers auf den Besitz des Hochstifts Hildesheim. Verhandlungen mit Preußen, die einen Tausch des preußisch besetzten Hildesheim mit dem Hochstift Osnabrück vorsahen, scheiterten und ermöglichten es Preußen, Truppen in direkter Nähe von Hannover zu stationieren. Damit schuf der Reichsdeputationshauptschluss die Voraussetzung dafür, dass Ende Januar 1806 Hannover kurzzeitig von Preußen annektiert werden konnte.

Im Reichsdeputationshauptschluss erhielt Württemberg als Entschädigung für linksrheinische Territorien, die von Frankreich annektiert worden waren, wie die Grafschaft Mömpelgard und die Herrschaft Reichenweier insgesamt neun Reichsstädte, ein Dorf und acht geistliche Herrschaften. Schwäbisch Hall, Esslingen, Reutlingen, Heilbronn, Weil, Rottweil, Aalen, Giengen und Schwäbisch Gmünd gingen damit nun in württembergischen Besitz über. Württembergs rechtsrheinisches Gebiet verdoppelte sich, insbesondere kam das vorher zu Österreich und verschiedenen Klöstern gehörende katholische Oberschwaben dazu.

Österreich ging aus dem Reichsdeputationshauptschluss als Verlierer hervor, da es mit den Reichsstädten, geistlichen Fürstentümern und Reichsritterschaften seine wichtigsten Verbündeten im Reich verlor. Als Reichsoberhaupt hatten die Habsburger sie jahrhundertelang davor bewahrt, von den größeren Nachbarn geschluckt zu werden. Auch in rechtlicher Hinsicht waren sie vom römisch-deutschen Kaisertum weit abhängiger als die großen landesherrschaftlichen Territorien. Die österreichischen Gebietsgewinne fielen mit den beiden Erzbistümern Brixen und Trient außerordentlich gering aus. Vorderösterreich, das den Habsburgern jahrhundertelang eine starke Präsenz im Südwesten des Reiches gesichert hatte, ging größtenteils verloren. An die Stelle des Kaisers als Protektor des Heiligen Römischen Reiches rückte nun zunehmend Napoleon als Protektor der deutschen Mittelstaaten.

Die Landgrafschaft Hessen-Kassel konnte nur wenig Gewinn aus den Verhandlungen herausholen. Landgraf Wilhelm IX. verweigerte entgegen den Ratschlägen seiner Berater Bestechungszahlungen an die französische Regierung. Sein Misstrauen gegenüber seinen Gesandten schränkte deren Verhandlungsspielraum in Regensburg zusätzlich ein. Durch Wilhelms außenpolitisches Festhalten an Preußen waren für Frankreich die süddeutschen Staaten als Verbündete wichtiger. Wilhelm erwarb beim Reichsdeputationshauptschluss lediglich die ursprünglich zu Kurmainz gehörenden Städte Fritzlar, Naumburg, Amöneburg und Neustadt sowie die bereits an Hessen-Kassel verpfändete Reichsstadt Gelnhausen. Am 16. Mai 1803 wurde Wilhelm zum letzten der vier neuen Kurfürsten erhoben. Die bereits von seinen Vorgängern lang ersehnte Rangerhöhung ließ der Kurfürst in Kassel durch ein dreitägiges Fest feiern. Der Kurfürstentitel erwies sich jedoch als bedeutungslos, da bis zum Untergang des Reiches keine Kaiserwahl mehr stattfinden sollte

Die katholische Kirche brauchte zwei Jahrzehnte, um sich nach zum Teil schwierigen Verhandlungen mit den napoleonischen und nachnapoleonischen Staaten durch Dotationsvereinbarungen und die Neuumschreibung der Diözesen auf neuer Basis zu konsolidieren.

Bereits im Reichsdeputationshauptschluss wurde die Ablösung der jährlichen Entschädigungszahlungen durch Einmalzahlungen vorgesehen.

 

Übernahme der Unterhaltsverpflichtungen:

Mit der Säkularisation der Vermögenswerte im Jahre 1803 übernahmen die neuen weltlichen Regenten als Rechtsnachfolger auch die lebenslänglichen Unterhaltsverpflichtungen für die vorherigen geistlichen Regenten und die Baulasten für kirchliche Gebäude.

Die Staatsleistungen ermöglichen es, dass die Erträge des säkularisierten Vermögens dem Willen der historischen Stifter, Schenker und Erblasser gemäß verwendet werden; denn diese ließen die später säkularisierten Werte ursprünglich nicht dem Staat, sondern bewusst der Kirche oder einzelnen kirchlichen Einrichtungen zur Förderung allgemeiner oder bestimmter Aufgaben zukommen. Durch die Annahme der Staatsleistungen ist die Kirche andererseits verpflichtet, die von den Stiftern im Einzelnen vorgeschriebenen Zweckbestimmungen entsprechend umzusetzen.

(1) Allein infolge des Reichsdeputationshauptschlusses bekamen etwa 95.000 Quadratkilometer einen neuen Herrscher oder Eigentümer (zum Vergleich: dies entspricht einer Fläche von etwa 27 Prozent des heutigen Bundesgebietes, nämlich 357.050 Quadratkilometer). Ein Großteil dieser Fläche war das Staatsgebiet der aufgelösten geistlichen Reichsstände (vor allem die geistlichen Kurfürstentümer, aber auch Klöster und Stifte). Dieses sogenannte Herrschaftsgut wurde ersatzlos einem neuen Herrscher unterstellt (Einzig den vormaligen geistlichen Landesherren wurde eine ihrer Stellung als Landesherr angemessene Pension gewährt, diese Zahlungen endeten jedoch mit dem Ende der Amtszeit). Aus der Übertragung des Herrschaftsguts entstanden also keine heute noch zu zahlenden Staatsleistungen.

 

(2) Von diesem Herrschaftsgut ist das sogenannte Dispositionsgut zu unterscheiden, bei dem die Kirchen nicht ihre staatliche Herrschaftsgewalt, sondern ihre zivilrechtliche Eigentümerstellung verloren. Vorrangig aus diesem Dispositionsgut entstanden die heutigen Staatsleistungen im engeren Sinne. Die Enteignung des Dispositionsguts schuf nämlich kein beliebig verwendbares Staatsvermögen, da der Einzug des Kirchengutes im Wege der Gesamtrechtsnachfolge vollzogen wurde (§ 36 RDHS):

Durch die Gesamtrechtsnachfolge gingen auch die auf dem Grundstück liegenden Lasten auf den neuen Eigentümer über, die vor allem in Unterhaltspflichten zu Gunsten kirchlicher Einrichtungen bestanden. So konnte etwa ein Grundstück mit der Verpflichtung versehen sein, dass aus seinem Ertrag der örtliche Pfarrer mitunterhalten werden musste. Diese Verpflichtung erlosch nicht durch die Enteignung. Nur der verpflichtete Eigentümer war ein anderer, nämlich statt der Kirche nun der Staat.

(3) Andere Leistungen sind Ersatzzahlungen, die der Staat für die – selbst nach § 35 Reichsdeputationshauptschluss rechtswidrige – Enteignung von Grundstücken der Domkirchen zahlte, anstatt die Grundstücke zurückzugeben. Daraus resultieren zum Beispiel die bis heute andauernden Zahlungen vor allem an die katholische Kirche in Bayern in Höhe der Bezüge mehrerer leitender Geistlicher.

(4) Klostergut schließlich durfte nach den Regelungen über die Säkularisation unter anderem. zu gemeinnützigen Zwecken enteignet werden, zu denen ausdrücklich auch der Gottesdienst zählte (so § 35 des Reichsdeputationshauptschlusses). Zuvorderst diente die Enteignung jedoch der ebenfalls von § 35 zugelassenen „Erleichterung“ der staatlichen Finanzen.

(5) Neben dem Ausgleich für Säkularisationsverluste gab es vor 1919 noch weitere Gründe für die Einführung von Staatsleistungen. So kam es in mehreren Ländern (zum Beispiel in Mecklenburg) seit der Reformationszeit nicht zu Enteignungen von kirchlichem Vermögen. Hier übernahmen die Landesherren die Staatsleistungen in Form von Besoldungszuschüssen, um die unzureichenden Einkommen ihrer Geistlichen aufzubessern, aufgrund ihrer selbstverständlichen Fürsorgepflicht (cura religionis).

 

Insgesamt lässt sich festhalten, dass die Kirchen vor den großen Enteignungen des 18. und 19. Jahrhunderts nicht auf größere Zahlungen aus staatlichen Steuermitteln angewiesen waren, sondern mit den Erträgen ihres Eigentums und den Steuereinnahmen als Inhaber der Herrschaftsgewalt auskamen. Die Finanzierung durch die Übereignung und Belastung von Grundstücken war keine kirchliche Besonderheit, da zum Beispiel auch den Universitäten Grund und Boden überschrieben wurde. Eine sichere und dauerhafte Finanzierung ließ sich anders nicht erreichen. Erst nach den Enteignungen des Dispositionsguts der Kirchen und der Abgabe des Herrschaftsgutes entstand die Idee einer Finanzierung durch die Kirchenmitglieder in Form der heutigen Kirchensteuer.

 

Aktuelle Höhe der Staatsleistungen:

Insbesondere die evangelischen und katholischen Kirchen in Deutschland erhalten Staatsleistungen von den Ländern. Für diese beiden Religionsgesellschaften sind in den Haushaltsplänen der Bundesländer für 2022 insgesamt etwa 602 Millionen Euro veranschlagt. (355 Millionen evangelisch / 248 Million en katholisch). Davon beruht ein Teil auf Ansprüchen aus der Zeit vor dem Jahr 1919 und ein Teil sind nach Inkrafttreten des Ablösegebotes eingeführte freiwillige Zuschüsse. Außerdem erhalten auch andere Religionsgesellschaften von den Ländern Staatsleistungen, die auf Ansprüchen vor Inkrafttreten des Ablösegebotes in Artikel 138 Absatz 1 WRV beruhen.

Die Staatsleistungen erhöhen sich regelmäßig in jedem Jahr, da sie in den meisten Bundesländern an die Besoldungsentwicklung der Landesbeamten gekoppelt sind. Für die konkrete Ermittlung der Ablösesummen in den Ländern ist jedoch nicht die Höhe der heutigen Staatsleistungen relevant, sondern die Höhe der Staatsleistungen bei Inkrafttreten der Weimarer Verfassung am 14. August 1919, welche unter anderem in den jeweiligen Haushaltsplänen der Länder zu finden sind. Insofern dürfte die Höhe der Ablösesummen der Länder für die jeweiligen Religionsgesellschaften deutlich geringer ausfallen als teilweise angenommen.

 

 Genaue Zahlen für in den Haushaltsplänen der deutschen Bundesländer für 2022 veranschlagte Beträge an Kirchen und Religionsgemeinschaften finden sich an in Wikipedia, „Staatsleistungen“. Dort ist aufgeführt, daß neben der Evangelischen und der Katholischen Kirche auch folgende Organisationen gewisse Staatsleitungen erhalten, wenn auch nicht in jedem Bundesland: Reformierte, Altlutherische Kirche, Altkatholiken, Orthodoxe, Methodisten,

Israelitische Synagogengemeinde, Zentralrat der Juden in Deutschland, Humanisten (Konfessionslose), Muslime (nur Niedersachsen) Freireligiöse Landesgemeinden und Freigemeinden und Sonstige. Hamburg und Bremen zahlen nur an Juden.

Die vertraglich vereinbarten Leistungen des Staates beinhalten aber auch eine Unterstützung für die Arbeit als Religionsgemeinschaft für die ganze Gesellschaft. Dieser Leistungsaspekt besteht unabhängig vom grundgesetzlichen Ablösungsgebot. Deshalb vereinbart der Staat in seinem Neutralitätsanspruch solche Leistungen nicht nur mit den Kirchen, sondern mit allen Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften, die den Körperschaftsstatus besitzen, darunter den jüdischen Religionsgemeinschaften ebenso wie Humanistischen Verbänden. Das sind aber keine Staatsleistungen im Sinne von Artikel 138 I WRV sind. Solche neu eingeführten Subventionen und sonstigen Leistungen sind Teil der staatlichen Kultur- und Grundrechtsförderung. Sie stehen somit unter dem Vorbehalt ihrer Legitimation durch verfassungsgemäße Zwecksetzungen und müssen dem Grundsatz der Gleichbehandlung entsprechen.

Bei jährlichen Einnahmen der evangelischen Kirche von rund 12,3 Milliarden Euro im Jahr 2014 machten die Staatsleistungen ganze 2,2 Prozent aus. Für 2018 lag der Betrag der Staatsleistungen bei 300 Millionen Euro. Über die Herkunft und Verwendung kirchlicher Finanzmittel informiert die EKD auf der Seite „www.ekd.de -  Kirche und Staat“.

 

Kommunale Leistungen:

Die außerdem gezahlten Leistungen von Städten und Gemeinden an Religionsgesellschaften sind bisher nicht erfasst. Auch diese kommunalen Staatsleistungen sind nach überwiegender Rechtsauffassung per Ablösung gemäß Artikel 138 Absatz 1 WRV zu beenden, da die Kommunen nunmehr Bestandteil der Länder sind. In den meisten Bundesländern hat die Ablösung dieser Leistungen bereits stattgefunden.

 

Kritik:

1. Die Staatsleistungen werden häufig als der Trennung von Staat und Kirche widersprechend kritisiert. So wird problematisiert, dass die beiden großen christlichen Kirchen trotz hoher Einnahmen an Kirchensteuern teilweise auch die Einkommen und Gehälter ihrer Bischöfe, Weihbischöfe, Domvikare, Priester und Pfarrer durch staatliche Leistungen finanziert bekommen.

2. Eine Ablösung der Staatsleistungen wird auch gefordert, weil die historischen Verbindlichkeiten heute nicht mehr verstanden würden und man es somit Gegnern leichtmache, diese als Privilegien der Kirchen hinzustellen.

3. Umstritten ist, ob die geforderte Ablösung der Staatsleistungen bereits durch die jahrzehntelangen jährlichen Zahlungen abgegolten ist und es daher keiner Einmalzahlung seitens des Staates zur Ablösung mehr bedarf, da die Gesamtsumme der gezahlten Staatsleistungen die Höhe der 1919 fälligen Ablösesummen bereits um ein Vielfaches übersteigt. Aber die bisherigen Staatsleistungen sind immer nur Zinsen, ein Abtrag des Kapitals ist bisher nicht erfolgt.

(4) Die Staatsleistungen sind nicht rechtlich hinfällig, weil die Gründe dafür so lange zurückliegen. Sollte der Staat dem Auftrag des Grundgesetzes folgen wollen, die Leistungen an die evangelische Kirche abzulösen, würde die evangelische Kirche das begrüßen. Dann müsste allerdings, wie im Grundgesetz vorgesehen, eine angemessene Abschlusszahlung vereinbart werden.

 

Ablösung der Staatsleistungen:

Dass die Staatsleistungen entgegen der Regelung der Weimarer Reichsverfassung und des Grundgesetzes bislang nicht völlig abgelöst wurden, wird damit begründet, dass die in einem solchen Fall zu zahlenden Entschädigungen die Haushalte der Länder übermäßig belasten würden. Ablösung ist die einseitige Aufhebung des Leistungsgrundes einer wiederkehrenden Zahlung gegen einmalige Entschädigung. Sie umfasst also die Aufhebung des bisherigen Leistungsverhältnisses unter gleichzeitiger Begründung einer Ausgleichspflicht.

Bereits im 19. Jahrhundert wurden „Ablösungen“ als gesetzestechnisches Mittel im Zuge der Bauernbefreiung sowie zur Durchsetzung der Gewerbefreiheit eingesetzt, um Restbestände überalterter privater und öffentlicher Rechte abzuschaffen. Dabei ist der Wert einer unbefristeten regelmäßigen Leistung als eine konkrete einmalige Entschädigungsleistung zu veranschlagen. Als angemessener Ablösefaktor für die Staatsleistungen als Leistungen von unbestimmter Dauer im Sinne des § 13 Abs. 2 Bewertungsgesetz (BewG) gilt das 9,3-fache der ursprünglichen jährlichen Leistungspflicht bei Inkrafttreten der Weimarer Verfassung im Jahr 1919.

Einen konkreten Versuch zur Ablösung unternahm die Fraktion „Die Linke“ im Deutschen Bundestag. Sie legte 2012 einen Entwurf eines Gesetzes über die Grundsätze zur Ablösung der Staatsleistungen an Religionsgesellschaften (Staatsleistungsablösegesetz) vor. Die Debatte zur ersten Lesung am 28. Februar 2013 zeigte jedoch, dass die anderen Fraktionen ein Gesetz zumindest in der vorgeschlagenen Form ablehnen. Die Bundesregierung sieht laut ihrer Antwort auf eine Kleine Anfrage vom 9. April 2014 trotz des unbedingten Verfassungsauftrages derzeit auch keinen Handlungsbedarf für den Erlass eines Grundsätzegesetzes, welches den Bundesländern den Rahmen für die Ablösung ihrer Staatsleistungen vorgeben könnte. Am 15. Mai 2020 legten die Bundestagsfraktionen von FDP, Linken und Bündnis 90/Die Grünen einen gemeinsamen Gesetzentwurf über ein Grundsätzegesetz zur Ablösung der Staatsleistungen vor, am 28. Mai 2020 auch die AfD.

Zu den Gesetzentwürfen fand am 12. April 2021 eine öffentliche Anhörung vor dem federführenden Bundestagsausschuss für Inneres und Heimat statt. Dabei haben Rechtsexperten den Gesetzentwurf begrüßt, weil damit einem 100 Jahre alten Verfassungsauftrag nachgekommen würde. Laut Gesetzentwurf sollen die Staatsleistungen mit dem 18,6-fachen der jährlichen Beträge (zurzeit etwa 570 Millionen Euro) abgelöst werden. Andere Juristen betonten, dass in der Verfassung beziehungsweise im Grundgesetz eine „angemessene Entschädigung“, jedoch kein voller Wertausgleich gefordert sei. Am 6. Mai 2021 wurden die Gesetzentwürfe im Deutschen Bundestag abgelehnt, die Regierungsfraktionen stellten aber eine Lösung in der nächsten Legislaturperiode in Aussicht. Die aktuellen Regierungsfraktionen haben in ihrem Koalitionsvertrag die Ablösung der Staatsleistungen vereinbart. Es ist daher mit einem erneuten Gesetzentwurf in dieser Legislaturperiode zu rechnen.

Im Gesetzentwurf der Fraktionen FDP, Die Linke und Bündnis 90 /Die Grünen wurde in Anlehnung an „immerwährende Leistungen“ im Sinne von § 13 Abs. 2 erster Halbsatz BewG ein Ablösefaktor 18,6 der aktuellen Leistungen vorgeschlagen. Jedoch sind die Staatsleistungen an die Kirchen nicht immerwährend, sondern laut Verfassungsauftrag nur bis zur abschließenden Ablösung zu zahlen. (vgl. Art. 173 WRV) Der Zeitpunkt der Ablösung steht noch nicht fest. Demnach handelt es sich vielmehr um Leistungen von unbestimmter Dauer im Sinne von § 13 Abs. 2 zweiter Halbsatz BewG. Folglich können die Staatsleistungsansprüche mit dem 9,3fachen des ursprünglichen Jahreswerts bewertet werden, um einen angemessenen Ablösefaktor zu ermitteln.

 

Wertung:

Leider ist es den Kirchen nicht gelungen, in der Öffentlichkeit die Gründe für die Zahlung der Staatsleistungen ausreichend darzustellen. Immer wieder werden sie deswegen angegriffen, zum Beispiel in einer Fernsehsendung unter dem Begriff „Steuerverschwendung“. Aber immerhin haben die Kirchen im Internet unter dem Stichwort „Staatsleistungen“ eine gute Information, sowohl die Katholische Bischofskonferenz als auch die Evangelische Kirche in Deutschland. Beiden ist gemein sam, daß sie dieses leidige Thema gern vom Tisch haben möchten. Nur wird das nicht ohne finanzielle Einbußen abgehen, denn die Einmalzahlung verliert ihren Wert, und auch wenn man sie anlegt, wird der Ertrag nicht so hoch sein wie die jährlich angepaßten Staatsleistungen.

Daß Staat und Kirche getrennt sind verhindert doch nicht, daß sie zum beiderseitigen Vorteil zusammenarbeiten. Wie schwer es ist, wenn die Kirche selber die Kirchensteuer einsammeln muß, hat sich in der DDR gezeigt. Da wurde von den Gemeindegliedern schon gestöhnt, wenn man einmal im Jahr wieder 35 Mark aus der Geldtasche holen sollte. Die Pfarrer mußten säumige Zahler aufsuchen oder mit der Sammelbüchse auf der Straße stehen. Dennoch war wenig Geld da, die Pfarrer begannen bei 300 Mark Monatsgehalt, und dieses stieg nur bis 800 Mark. Die deutsche Kirchensteuerregelung hat den großen Vorteil, daß sie in der Höhe für den Einzelnen gerecht ist und problemlos und kostengünstig eingezogen werden kann.

 

 

 

 

Peter Heckert

Maulbeerweg 21

63477 Maintal

 

Herrn Mario Barth

Sendung: „Mario Barth deckt auf“

                                                                                                                      20.10.2022

Sehr geehrter Herr Barth,

in Ihrer Sendung am 19. Oktober 2022 haben Sie sich in die Reihe derer eigereiht, die meinen, gegen die Staatsleistungen an die Kirche hetzen zu müssen, ohne die Tatsachen zu kennen.

Ihr erstes Beispiel mit dem Roggen und dem Holz ist erledigt. Früher erhielten die Pfarrer – und übrigens auch die Lehrer – kaum Gehalt, sondern sie wurden mit Naturalien bezahlt (Holz, Roggen, Brot, Huhn) und durften Gebühren bei Amtshandlungen erheben. Das war sicherlich keine angenehme Lage. Außerdem trugen die Ortgemeinden die Baulastverpflichtung

Für die älteren kirchlichen Gebäude. Bis vor kurzem setzten sich der Pfarrer und der Bürgermeister zusammen und einigten sich darüber, wieviel jeder von ihnen zum Beispiel für die Kirchturmrenovierung bezahlte.

Das hat jetzt aber auch aufgehört, denn die Kirchen und die Bundesländer haben Verträge geschlossen, durch die solche Leistungen abgegolten werden. Dabei hat die Kirche von vorherein auf die Hälfte ihrer Ansprüche verzichten müssen, der Rest wird von den Kommunen jetzt abgestottert. Auch früher sind solche Leistungen schon abgegolten worden, jetzt hat man den Rest endgültig geregelt. Das Geld geht jetzt in einen Fonds bei der Landeskirche und die Kirchengemeinden müssen einen Antrag stellen, wenn sie etwas daraus haben wollen. Wie man so aber die denkmalgeschützten Kirchengebäude erhalten will, wird ein Problem werden. Der Erhalt von Kulturgut ist aber eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe.

Etwas anderes ist es mit den erheblichen Geldzahlungen des Staates an die Landeskirchen, die in der Weimarer Verfassung und im Grundgesetz gemeint sind. Diese gehen in der Tat zurück auf den Reichsdeputationshauptschluß vom 1803. Damals hat Napoleon die Kirchen enteignet, ihnen aber eine Entschädigung in Geld zugesichert. Aber weil auch damals das Geld knapp war, hat man sich einstweilen bereit erklärt, die Zinsen für das versprochene Kapital zu zahlen. Bei den Zinsen ist es geblieben, es ist niemals von dem zugesagten Kapital abgetragen worden. Die heutigen Staatsleistungen sind also nicht eine freiwillige Förderung des Staates für die Kirchen, sondern beruhen auf einem Rechtsgrund. Oder der Staat müßte der katholischen Kirche zum Beispiel wieder die Bistümer Mainz und Köln zurückgeben.

Eine Bank wird ja auch nicht zu einem Kreditnehmer sagen: „Du hast jetzt 20 Jahre lang die Zinsen bezahlt. Das ist mehr als der ursprüngliche Kredit und wir verzichten auf jede weitere Forderung!“ Von den Kirchen aber verlangt man das jetzt mit dem Hinweis auf die lange Laufzeit der (Zins-) Zahlungen.

Es finden seit einiger Zeit aber Verhandlungen statt. Auch hier sollen die Kirchen auf die Hälfte ihrer Rechte verzichten. Dann geht der Streit um die Höhe des Kapitals. An sich ist es üblich, daß zum Beispiel bei der Feststellung des Wertes eines Ackers das 29-Fache der Pacht gerechnet wird. Bei der Kirche aber will der Staat nur das 16-Fache anerkennen. Auch hier werden die Kirchen nicht um ein Einlenken herumkommen, damit die unqualifizierten Angriffe auf die „Geschenke“ aller Steuerzahler an die Kirche aufhören.

 

Auch die Angriffe in Ihrer Sendung auf die Erhebung der Kirchensteuer waren unqualifiziert.

Der Staat übernimmt nur dankenswerterweise das Inkasso für die Kirchen, erhält aber dafür drei Prozent der eingezogenen Kirchensteuer. Dabei hat er so gut wie keinen Kosten, denn das Finanzamt hat auf seinem Computer nur zwei weitere Spalten für „Kirchensteuer - evangelisch und katholisch“, die Summe rechnet auch die Computer aus und auch die Überweisung an die Kirchen kann er im Prinzip allein machen.

Daß Staat und Kirche getrennt sind verhindert doch nicht, daß sie zum beiderseitigen Vorteil zusammenarbeiten. Wie schwer es ist, wenn die Kirche selber die Kirchensteuer einsammeln muß, hat sich in der DDR gezeigt. Da wurde schön gestöhnt, wenn man einmal im Jahr wieder 35 Mark aus der Geldtasche holen sollte. Und andererseits begannen die Pfarrer bei 300 Mark Monatsgehalt, und dieses stieg nur bis 800 Mark.

Zusammenarbeit zwischen Staat und Kirche gibt es auch bei den Einrichtungen der Diakonie (Kindergärten, Schulen, Krankenhäuer, Pflegeheime, Beratungsangebote, usw.). Dazu zahlt der Staat zwar einen großen Teil der Kosten - wie auch beim Roten Kreuz oder der AWO. Aber es bleibt immer noch ein großer Teil, der durch die Kirchensteuer und Spenden aufgebracht werden muß. Der Staat kann für diesen Beitrag nur dankbar sein. Die Kirche könnte ihr „Kerngeschäft“ wie die Gottesdienste auch allein stemmen. Aber was wird, wenn sie aus finanziellen Gründen zum Beispiel die Diakonie aufgeben würde. Dann müßte der Staat das alles übernehmen. Und das wäre mehr als die bisherigen Staatsleistungen.

Es ist schade, daß die Kirchen diese Tatsachen nicht genügend bekanntmachen, denn sonst hätten Sie diese sicher auch zur Kenntnis genommen. Stattdessen haben Sie sich auf eine Kirchenkritiker bezogen, der naturgemäß auch nicht Bescheid wußte.

Herr Barth, ich schätze Ihre Sendung sehr und habe ja auch die am vergangenen Mittwoch gesehen. Aber im Fall der Kirchensteuer liegen Sie falsch, hier geht es nicht um Geldverschwendung, sondern um wohlangelegtes Geld, das aber demnächst umgeschichtet werden soll.

Mit freundlichen Grüßen

Peter Heckert

 

 

 

 

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