Martin Luther, Gebote, Kirchenjahr

 

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Martin Luther

 

Jugend

Hinführung:

Tafelanschrift: „Reformationsfest“. Wer findet  ein Wort, was in diesem Wort enthalten ist? - „Form“. Ja, es ging darum, etwas Altes in eine neue Form zu fassen. Wir denken an diesem Tag an Dr. Martin Luther, Professor der Theologie in Wittenberg, der vor 500 Jahren seine Kirche erneuert hat. Erst seit dieser Zeit gibt es eine „evangelische  Kirche“ im Unterschied zu der „katholischen Kirche“. - Wir wollen nun hören, wie es zu dem allen gekommen ist:

 

Erzählung:

Der Vater Hans Luthers lebte mit seiner Frau Margarethe geborene Ziegler (oder: Lindemann) in Möhra (südlich von Eisenach). Er  war Bauer. Doch es war damals eine schlechtere Zeit und nie war viel Geld im Haus. Da dachte Hans Luther: „Ich werde lieber ins Bergwerk arbeiten gehen! Da kann ich mehr Geld verdienen!“  Damals nahmen gerade die Kupferbergwerke im Gebiet von Mansfeld  einen großen Aufschwung. Viele Arbeiter wurden gebraucht. Und die schwere Arbeit im Bergwerk wurde gut bezahlt.

So zieht Hans Luther dann mit seiner Frau Margarethe nach Eisleben bei Mansfeld und wird Bergmann. Aber auch hier leben sie sparsam. Am 10. 7ovember 1483 wird ihr erster Sohn geboren. Am Tag darauf wird er in der St. Petri-Kirche getauft und erhält den Namen des Tagesheiligen „Martin“.

Im Jahr darauf siedeln sie nach Mansfeld über, weil der Vater dort bessere Arbeitsbedingungen findet.  Mit der Zeit arbeitet er sich sogar zum Mitbesitzer einer kleinen Schmelz­hütte empor und gelangt zu einem bescheidenen Wohlstand. Dennoch ging es zu Hause immer einfach und streng zu.

Der kleine Martin war eigentlich immer ein fröhlicher Junge.  Aber er hatte doch immer Angst, weil seine Eltern sehr streng mit ihm waren. Einmal hatte er eine  Nuß  aus dem Schrank genommen. Da hat ihn die Mutter so geschlagen, weil er genascht hatte, daß das Blut floß. Einmal hat ihn der Vater so geschlagen, weil er genascht hatte, daß die Mutter dazwischen treten mußte, sonst hätte ihn der Vater totgeschlagen.

Doch die Eltern meinten es gut. Sie hatten nämlich selber Angst. Die Pfarrer  in der Kirche erzählten nämlich in dieser Zeit nur von dem strengen Gott, der peinlich genau über alle seine Gebote wacht. Die Eltern meinten,  Gott könnte sie und ihren Sohn bestrafen,  wenn sie ihn nicht so hart erzögen. So hatten sie alle Angst und keiner traute sich mehr, richtig fröhlich zu sein.

Martin freute sich auf die Schule. Mit noch nicht ganz fünf Jahren kommt er auf die Kirchenschule in Mansfeld, deren Besuch freiwillig war. Gesungen und viel auswendig gelernt, lateinisch gelesen, geschrieben wurde hier von Anfang an. Es herrschte eine strenge Schulzucht.

Einmal erhielt der kleine Martin 15 Schläge, weil er etwas aufsagen sollte, was noch gar nicht drangewesen war und auch nicht aufgegeben worden war. Christus wurde ihnen auch hier nur als ein strenger und unerbittlicher Richter gestellt.

Hans Luther wollte, daß sein Sohn viel lernt. Er soll es einmal besser haben als die Eltern. So darf er mit 13 Jahren mit seinem Schulkameraden eine Schulfahrt machen. Sie führt nach Magdeburg. Nach dort wechselt er 1496 auf die Domschule. Es ist eine moderne Schule und hier gibt es keine Prügel. Hier hat er vor allem Latein und Singen gelernt, sein Denken geschult und seine musikalische Anlagewurde geweckt und entwickelt.

Besonderen Eindruck auf den jungen Luther machte ein Fürst von  Anhalt, der mit der Kappe der Barfüßermönche in der Breiten Straße um Brot bettelte und den Sack wie ein Esel trug, so daß er sich zur Erde krümmen mußte. Der fromme Fürst wollte ein Beispiel der Heiligkeit geben für alle Welt. Er hatte so sehr gefastet, gewacht, sich gegeißelt, daß er aussah wie der Tod, nur Haut und Knochen. Er starb auch bald darauf.

Die Schüler wirkten werktags und sonntags im Gemeindegottesdienst als Chorsän­ger mit. Auch sonst zogen sie oft durch die Straßen, um vor den Häusern reicher Leute zu singen und sich dadurch einen Teil ihres Lebensunterhalts zu verdienen. Eines Tages ruft ihnen ein Mann im Scherz zu:  „Was macht ihr denn da, ihr Buben? Daß euch dies und das geschehe!“ Aber dabei hat er zwei Würste in der

Hand und läuft auf sie zu. Die Kinder aber fliehen vor ihm, obwohl er ihnen doch ein Geschenk geben will. Genauso geht es uns vor Gott, sagt Luther später einmal: Er schenkt uns Christus mit allen Gaben,  und trotzdem fliehen sie vor ihm und halten ihn für unseren Richter!

Doch bald war die schöne Zeit in  Magdeburg vorbei. Der Vater hat kein Geld mehr, um das hohe Schulgeld zu bezahlen. So kommt Martin dann nach Eisenach an die Lateinschule. Er hat dort viele Verwandte; aber die können freilich nur wenig für ihn tun. Wieder mußte er seinen Lebensunterhalt verdienen durch Singen auf den Straßen und in den Häusern.

Bei dem Kaufmann Schalbe paßt Luther oft auf dessen Kind auf, beaufsichtigt die Hausaufgaben und bringt es zur Schule. So verdient er sich sein Geld. Eines Tages wird er in das Haus der Frau Ursula Cotta aufgenommen und erhält bei ihr einen Kostplatz. Nun hat er das unruhige Leben eines fahrenden Schülers nicht mehr nötig und konnte in Ruhe lernen.

Von 1501 an kann er nach Erfurt auf die Universität gehen. Sein Vater will ihn zu einem „Gelehrten“ machen, zu einem Juristen, der einmal in der kurfürstlichen Kanzlei arbeiten kann. Er wohnt in der Georgenburse,  einem Studentenheim mit fast klösterlicher Lebensordnung: Alle kirchlichen Satzungen mußten genau befolgt werden, man ging gemeinsam zur Kirche, Arbeit und Freizeit waren genau geregelt, der Speiseplan festgelegt und eine gemeinsame Tracht mußte getragen werden. Luther arbeitete fleißig und erwarb nach vier Jahren den Titel eines „Magister“, d. h. „Meister“. Er durfte nun selber Studenten unterrichten in den Fächern, die er bisher gelernt hatte. Er selber aber wollte weiter die Rechtsnissenschaft studieren.

Die Bibel kannte er bis dahin gar nicht. Die meisten Bibeln waren von den Mönchen mit der Hand geschrieben und sehr teuer. Nur reiche Leute und die Klöster konnten sich eine Bibel beschaffen. Die Buchdruckerkunst war ja gerade erst erfunden worden. In der Universitätsbibliothek hat Luther kurz einmal in der Bibel gelesen, ist aber nachher nicht wieder dazu gekommen.

Als er einmal zu Hause seine Eltern besucht hatte und am 2. Juli 1505 auf dem Weg nach Erfurt war, geriet er bei  Stotternheim nördlich von Erfurt in ein schweres Gewitter. Er hat Angst. Kurz vorher war ein guter Freund von ihm gestorben und er hatte sich gefragt: „Wenn das dir geschehen wäre? Du bist doch noch gar nicht auf die Ewigkeit vorbereitet!“

Nun bei dem Gewitter stellt er sich schnell unter einen Baum (was man ja nicht machen soll).

 

Da schlägt der Blitz ganz in seiner Nähe ein. Er wird durch den Luftdruck auf den Boden  geschleudert. In seiner Tot und Angst ruft er: „Hilf du, heilige Anna, ich will ein Mönch werden!“ Die  heilige Anna ist die Mutter der Maria, der Mutter Jesu. Sie war die Schutzpatronin der  Bergleute. Und die Menschen glaubten damals, diese Heiligen könnten ihnen in großer Gefahr helfen,  wenn man sie anruft.

Luther hatte immer schon Angst gehabt wegen seiner Sünden. Er fürchtete sich vor dem Gericht Gottes. Schon manchmal hatte er sich gefragt, ob nicht er als Mönch seine Ruhe finden könnte. Die Mönche hatten sich aus der bösen Welt zurückgezogen in ein Kloster, lebten dort sehr einfach, beteten oft, fasteten viel und ließen sich schon das Leben sauer werden. Ein solches Leben muß doch Christus gefallen, sagte sich Luther, denn er hat doch selber auf Erden ein armes Leben geführt. Solche Mönche muß er doch in der Ewigkeit reich belohnen.

Nachher hat Luther sein Versprechen wieder bereut. Seine Freunde rieten ihm ab. Aber er bleibt dann doch dabei. Am 15. Juli lädt er seine Freunde zu einem  Fest ein. Plötzlich springt er auf den Tisch und ruft:  „Heute seht ihr mich zum letztenmal!“ Alle lachen. Aber Luther ist es ernst. Er verschenkt all seine Habe. Seine Freunde bringen ihn noch bis zum Kloster. Ausgerechnet zu der strengsten Richtung der Augustiner begibt er sich. Er ist entschlossen, niemals wieder das Kloster zu verlassen.

Nun sitzt er in der Zelle allein und betet. Er muß alles tun, was ihm befohlen wird. Die Haare werden ihm abgeschnitten, er muß das schwarze Augustinergewand tragen, er muß immer mit niedergeschlagenen Augen gehen, darf nur zu bestimmten Zeitenetwas reden und muß jeden Lachreiz unterdrücken. Es gibt täglich nur zwei Mahlzeiten und an mehr als 100 Tagen nur eine. Seine Zelle im Kloster ist nur etwa drei Meter lang und zwei Meter breit und nicht heizbar. In ihr stehen ein Stuhl, ein Tisch, ein Leuchter, eine Bettstelle mit einem Strohsack und einigen wollenen Bettdecken. Er muß die Zelle selber sauberhalten und scheuern. Er hilft oft in der Küche mit und geht auch in der Stadt betteln.

Martin Luther tut das alles. Aber er wird doch nicht froh dabei,  denn er tut es nur gezwungen. Später einmal hat er gesagt: „Ich sage e zweimal und tausendmal: Gott will keinen erzwungenen Dienst!“ Immer hat er das Gefühl: Das will Gott gar nicht von mir.

Aber etwas sehr Kostbenes lernte Luther im Kloster kennen: Die Bibel, rot eingebun­den und in lateinischer Sprache. In ihr hat Luther nach Vorschrift der Augustiner jeden Tag eifrig gelesen. Er soll Theologie studieren und wird zum Priester bestimmt. 

Am 4. April 1507 wird er im Erfurter Dom zum Priester geweiht und hält am 2. Mai in der Klosterkirche den ersten Gottesdienst, bis heute in der Katholischen Kirche  „Heilige Messe“ genannt. Sein  Vater kam auch zu diesem Gottesdienst. Aber so ganz war er immer noch nicht mit dem Weg seines Sohnes einverstanden.

Doch hier im Kloster hat Gott ihm  im 30. Lebensjahr die Augen geöffnet. Nun hörte er aus der Bibel nicht mehr nur das strenge Richterwort Gottes heraus, sondern findet in ihr die frohe Botschaft, das Evangelium: „Also hat Gott die Welt geliebt….“ Gott ist kein zorniger Gott, sondern er will wie ein Vater zu uns sein. Er hat die Menschen lieb, und alle Priester bisher haben falsch oder doch zumindest einseitig gepredigt.

 

Antwortgespräch Ein fröhlicher Junge, der immer Angst hatte. Warum hatte Luther Angst: strenge Eltern, strenger Gott. Seine Eltern hatten auch Angst vor Gott. Grund: Falsche Predigt!

Wir dürfen durch Luther heute frohe Christen sein. Luther hielt sich nur noch an die Bibel und an das Evangelium in ihr. Er dankt Gott, daß er im Herzen nur noch Freude haben darf und keine Angst mehr haben muß. Gott hat uns allen ein Geschenk gemacht, er hat uns seinen Sohn gegeben, der uns erlöst hat.

 

Wittenberg

In  Wittenberg  an der Elbe hatte Kurfürst Friedrich der Weise eine Universität ge­grün­det. Dorthin wurde Martin Luther 1508 als Lehrer der Philosophie berufen. Aber er studierte auch gleichzeitig noch Theologie. Doch schon ein Jahr später wurde er nach Erfurt zurückberufen. Hier hielt er Vorlesungen über die Sprüche des Petrus Lombardus. Gleichzeitig erlernte er die hebräische Sprache und vertiefte sich in die Schriften des Kirchenvaters Augustin.

In Erfurt gab es damals soziale Kämpfe. Die wirtschaftlich benachteiligten Kleinhandwerker protestierten gegen das Unrecht, das ihnen vom Stadtrat angetan wurde. Der Stadtrat wurde abgesetzt, das Vorlesungsgebäude  und die Bibliothek wurden

Zerstört.

Auch im Augustinerorden ergaben sich Meinungsverschiedenheiten. Die Mönche, die es  mit den Vorschriften ihres Ordens sehr genau nahmen,  fühlten sich als bessere Menschen und sahen auf die anderen herab, die nachlässiger waren. Doch der Ordensvorsteher Staupitz verlangte, daß sie sich miteinander vertrügen. Doch sie wurden sich nicht einig. Da wurde Luther mit einem anderen Mönche nach Rom geschickt, um dem Papst die Angelegenheit vorzutragen.

Sie machten sich zu Fuß auf den Weg, denn eine solche Wallfahrt galt als ein gutes Werk vor Gott. In der Weihnachtszeit trafen sie in Rom ein. Luther war in erwartungsvoller Freude nach Rom gekommen. Er ging gleich zur Generalbeichte. Er besuchte die sieben Hauptkirche Roms. Er rutschte auf den Knien die „Pilatustreppe“ hoch, um seinen Großvater vom Fegefeuer zu erlösen. Vielleicht hoffte er auch,  bei dem Heiligen Vater würde er seine inneren Nöte los. Aber er kann nicht glauben, daß all seine Mühen ihm helfen sollen, er bleibt weiter gedrückt und unsicher.

Außerdem lernt er in Rom die ganze menschliche Schwachheit seiner Kirche kennen. Was er dort an liederlichen Leuten in der Kirche erlebte, machte ihn tieftraurig. Er schreibt später: „Mein Hauptanliegen war bei meiner Romfahrt, daß ich eine ganze Beichte von Jugend an ablegen wollte und fromm werden wollte.  Aber man lachte uns Deutsche in Rom  einfach aus, weil wir so fromme Mönche waren.  Man hielt einen Christen für einen ausgemachten Narren!“ In seiner Qual ruft Martin Luther aus: „Wenn es eine Hölle gibt, dann ist sie in Rom!“

Als er wieder in Wittenberg ist, stürzt er sich sogleich in die Arbeit. Aber wieder kamen ihm Zweifel, wenn er in den Büchern Augustins las. Wie soll einer feststellen, ob er von Gott erwählt oder verworfen ist? Luther  war oft niedergeschlagen. Er  meinte damals, der Mensch könne aus eigener Kraft die Gnade Gottes und damit seine eigene Vollkommenheit erlangen.

Sein Ordensvorgesetzter Staupitz veranlaßte ihn, den theologischen Doktorgrad zu erwerben. Im Oktober 1512 wurde er zum Professor an die Theologische Fakultät berufen. Seine Aufgabe war nun die Auslegung der Bibel. Und ein Ausleger der Heiligen Schrift und ein „Bekenner“ („Professor“) ist er bis an sein Lebensende geblieben.

Staupitz wies ihn daraufhin, nicht nur immer auf seine eigenen Probleme zu schauen, sondern auf Christus. In dessen Leiden und Sterben gehe uns auf, daß Gott uns lieb hat.  Aber für Staupitz waren göttliche Gnade und menschliche Werke noch gleich wichtig. Aber Luther hat von ihm viel gelernt. Doch hat Luther hat später gesagt: „Allein die Gnade, allein der Glaube!“

 

 

Luthers reformatorische Erkenntnis und Tat

Im Frühling 1513 bereitete er sich in der stillen Turmstube des Schwarzen Klosters zu  Wittenberg auf die Psalmenvorlesung vor. Da stieß er im 31. Psalm auf das Gebet:  „Errette mich durch deine Gerechtigkeit!“  Er  freute sich. Aber er fragte sich auch: Was bedeutet dann nun „Gerechtigkeit“? Sollte der Richter auch gleichzeitig der Retter sein?        

Dann mußte Luther seinen Studenten den Brief des Paulus an die Römer auslegen. Immer wieder rätselte er an der Stelle Römer 1,16 und17 herum: „Ich schäme mich des Evangeliums von Christus nicht; denn es ist eine Kraft Gottes, die da selig macht alle, die daran glauben ,die Juden und auch die Griechen, zumal darin offenbart wird die Gerechtigkeit, die vor Gott gilt, welche kommt aus Glauben in Glauben!“

 

Luther hatte diese Stelle von der Gerechtigkeit Gottes bisher so verstanden: Gott ist so streng gerecht, daß kein Mensch vor ihm je bestehen kann. Wenn Gott gerecht ist, so muß er strafen. Höchstens durch gute Werke kann man dem Zorn Gottes entgehen. Durch Beten, Fasten, Almosengeben, Wallfahrt und Klosterleben könne man Gott gut stimmen.

Aber nun erkennt Luther: Wir Menschen können uns nicht selber retten, wenn wir uns auch noch so viel Mühe geben. Christus allein ist es, der uns rettet. Er springt für uns ein und läßt sich für uns strafen. Nur Gott kann uns so helfen, daß man ein rechter Mensch wird. Es kommt nicht auf gute Werke an, sondern darauf, ob einer Gottes Wort hört. Gott will nichts anderes von uns, als daß wir an ihn glauben und erkennen, wie freundlich er ist.

Bis an sein Lebensende vergaß Luther nicht, welche Erkenntnis ihm damals in der stillen Turmstube des Wittenberger Klosters gekommen war: „Da fühlte ich mich völlig neu geboren. Die Tore hatten sich mir aufgetan. Ich war in das Paradies eingetreten. Mein Geist wurde aufgerichtet. Denn die Gerechtigkeit Gottes besteht darin, daß wir durch Christus gerechtfertigt und erlöst werden .Da zeigte mir sogleich die ganze Schrift ein anderes Gesicht!“

In den folgenden Jahren hat Luther diese Erkenntnis vor seiner Studenten vertreten. Auch viele Gemeindeglieder hörten ihn gern. Vielleicht wäre es noch lange so weitergegangen und niemand hätte weiter auf Luther geachtet, wenn nicht ein bestimmtes Ereignis dazwischen gekommen wä.re. Dieses führte zur Spaltung der Christen in katholische und evangelische Christen, so daß wir uns heute überlegen müssen, wie wir diese Spaltung wieder überwinden können durch Zusammenarbeit mit den Katholiken.

In Rom ließ der Papst eine mächtige Kirche bauen, die Peterskirche, die noch heute von vielen Touristen bestaunt wird. Alle Menschen sollten sehen, wie reich und mächtig die Kirche und der Papst sind.  Aber für den Bau dieser Kirche und überhaupt für seine Hofhaltung brauchte der Papst immer wieder Geld. Das erhielt er nicht nur durch Steuern aus seinem Kirchenstaat, sondern auch durch hohe Gebühren, wenn einer ein kirchliches Amt antrat.

Und dann gab es noch eine gute Einnahmequelle: Luther sitzt in der Kirche und wartet auf die Gemeindeglieder, die beichten wollen. Sie kommen schließlich auch. Aber sie sagen ihm: „Heute brauchen wir nicht zu beichten. Wir brauchen überhaupt nicht mehr zu beichten, denn wir haben Ablaßzettel gekauft!“ Sie waren einfach in die Nachbarstadt, nach Jüterbog, gegangen und hatten sich von dem Mönch Johann Tetzel für viel Geld diese Zettel geben lassen. Tetzel war von der Bevölkerung mit großer Freude empfangen worden und unter Glockenklang und Orgelspiel in die Nikolaikirche eingezogen.

In seiner Predigt sagte er: „Wer Ablaßbriefe kauft, dem braucht seine Sünde nicht mehr leid zu tun. Sobald das Geld im Kasten klingt, die Seele aus dem Fegefeuer in den Himmel springt. Auch für eure verstorbenen Eltern könnt ihr noch solche Briefe erhalten, damit sie nicht weiter leiden müssen!“

Nicht nur die zeitlichen Strafen der Kirche werden dadurch erlassen, sondern auch die ewige Strafe Gottes. Man kann sich sogar Straferlaß für das Unrecht erkaufen, das man noch gar nicht begangen hat!“

Vor der Kirche hatte Tetzel auf langen Tischen seine Briefe ausgelegt. Darauf stand etwa: „Ablaß für Diebstahl: 10 Taler!“ Einen großen Kasten hatte er mitgebracht, in den das eingenommene Geld gelegt wurde (diese Truhe wird heute noch in der Kirche in Jüterbog gezeigt).

Was mit dem Geld geschah, wußte die Käufer freilich nicht: Die eine Hälfte bekam der Papst, damit er seine prächtige Peterskirche weiterbauen konnte. Die andere erhielt der Erzbischof Albrecht, der zugleich Erzbischof in Magdeburg und Mainz war und außerdem Administrator des Domstiftes Halberstadt. Um aber auch Erzbischof von Mainz zu werden, hatte er 24.000 Gulden Gebühr nach Rom zu zahlen. Das Bankhaus Fugger in Augsburg hatte ihm 30.000 Gulden geliehen, und sein Bruder, Kurfürst Joachim von Brandenburg, hatte dafür gebürgt. Aber nun folgten die Kassierer der Fugger dem Ablaßkrämer und kassierten gleich die Hälfte der Tagesein­nah­men. In Wittenberg war deshalb der Ablaßverkauf verboten worden.

Aber nun gingen die Leute eben ins Ausland nach Jüterbog, um ihre Ablaßzettel zu erhalten. Sie verließen sich nicht mehr auf Gott, sondern auf sehr schmutziges Geld. Das konnte Luther als „Doktor der Heiligen Schrift“ nicht mehr mit ansehen. So wie ein Sohn sich nicht die Liebe der Mutter erkaufen kann, so können auch die Men­schen sich nicht die Liebe Gottes erkaufen.

Luther handelte schnell. Er verfaßte 95 Sätze („Thesen“) gegen den Ablaßhandel. Sie waren in Latein geschrieben und forderten die anderen Professoren zu einem Streitgespräch über den Ablaß auf. Er ließ seine Thesen als Plakat drucken und nagelte es am 31. Oktober 1517 an die Tür der Schloßkirche in Wittenberg. Am nächsten Tag war „Allerheiligen“, da kamen viele Leute in die Kirche, auch die Professoren und Studenten. Da würden sie es alle lesen körnen und darüber diskutieren.

 

Allerdings ist nicht ganz sicher, ob Luther tatsächlich die Thesen dort angeschlagen hat und ob es der 31.Oktober gewesen ist. Es kann auch erst am 1. November gewesen sein. Zumindest aber hat Luther die Thesen an den Kurfürsten von Brandenburg und an Erzbischof Albrecht von Magdeburg und  Mainz und geschickt. Dieser  war damals gerade auf dem Schloß in Aschaffenburg am Main. Am  13. Dezember erhielt er das Schreiben und berichtete sofort nach Rom, weil er um seine Einnahmen aus dem Ablaßgeschäft fürchtete (eine Ausfertigung des Schreibens liegt heute im Reichsmuseum in Stockholm, weil es wahrscheinlich die Schweden im 30-jährigen Krieg dort mitgenommen haben).

Damit aber war der Stein ins Rollen gebracht. Luther hatte zunächst nur eine gelehrte Disputation unter Professoren gewollt. Über Wert oder Unwert des Ablaß war ja in der Lehre der Kirche noch nicht entschieden worden. Nun aber wurde der Ketzerprozeß gegen Luther in Gang gesetzt.

Luthers Thesen hatten eine ungeheure Auswirkung. Man hat sie ins Deutsche übersetzt. Man las sie auf der Straße und reichte sie weiter wie das Extrablatt einer Zeitung. In kürzester Zeit waren sie in ganz Deutschland und darüber hinaus bekannt. Schon einen Monat später wurden sie in Basel in der Schweiz ohne Wissen Luthers nachgedruckt.

Jetzt hörten die Leute wieder: „Sünden vergeben ist allein Gottes Sache. Ein  Mensch kann das nur im Auftrag Gottes tun, zum Beispiel der Pfarrer im Sonntagsgottes­dienst. Täglich muß ein Christ sein Leben und seine Gedanken von Gottes Wort erneuern lassen. Wer einem Armen gibt, tut besser, als wenn er sich Ablässe kauft!“

 

Luther hatte nicht berühmt werden wollen. Er wollte nur die Kirche erneuern vom Glauben her. Die Christen sollten sich allein auf Gottes Liebe verlassen und Liebe üben, sonst würde nichts besser. Luther wollte nur der Kirche und den Christen helfen. Daß man ihm nun den Ketzerprozeß machen wollte, das hatte er nicht erwartet.

Es kommt zu Aussprachen in Heidelberg und Leipzig. Sehr sanft ist

man dabei nicht umgegangen. In Leipzig sagte Dr. Eck: „Ein greuliches Wildschwein ist in den Weinberg eingebrochen!“ Darauf antworte Luther: „Du bist und bleibst ein grober Mülleresel und hast nur dein Ich im Kopf!“ Luther läßt nicht ab von seiner neuen Erkenntnis.

 

Worms

Reise nach Worms:

Martin Luther wollte nicht, daß der  Papst in Rom allein über die Kirche zu sagen habe. Was in der Bibel steht, das sollte gelten, sonst nichts. So sollte die verkommene Kirche wieder von Grund auf neu werden. Der Papst hatte ihm jedoch einen Brief geschickt, in dem stand: „Wenn du weiter solche Lehren verbreitest, wirst du aus der Kirche herausgeworfen!“ Doch Luther hatte der Brief in Wittenberg öffentlich verbrannt.

Luther wollte, daß eine große Kirchenversammlung stattfindet. Dort wollte er erklären, was er gesagt und geschrieben hatte. Inzwischen war ein neuer Kaiser gewählt worden, Karl V., ein junger Fürst aus Spanien. Viele meinten nun, er werde es anders machen als der alte Kaiser. Auch Luthers Landesherr Kurfürst Friedrich der Weise, wollte eine gerechte Verhandlung für Luther. Die oberste Behörde im Land, der Reichstag, sollte ein gerechtes Urteil fällen. So wurde dann für das Jahr 1521 ein Reichstag nach Worms am Rhein einberufen.

Luthers Freunde warnten ihn und baten ihn, nicht nach Worms zu gehen. Sie erinnerten an Jan Hus, der sie vor 100 Jahren zu einer Versammlung nach Konstanz eingeladen hatten Aber anstatt ihn anzuhören, haben sie ihn auf einem Scheiterhaufen verbrannt. Luther aber sagte: „Wenn man mich ruft, werde ich kommen!“ und: „Auch in Worms herrscht Christus!“

Er erhielt Nachricht aus Worms, daß man dort schon die Ablehnung der Lehre Luthers und seine Verurteilung beschlossen habe. Überall wurden im Lande Flugblätter verteilt, die gegen Luther gerichtet waren. Damit sollte ihm Angst gemacht werden. Es hieß, er sollte nur gefragt werden, ob er seine Schriften widerrufen wolle oder. nicht. Aber Luther ließ sich keine Angst machen.

Außerdem hatte ihm der Kaiser einen Boten geschickt, der ihn auf der  Reise beschützen sollte. Für 21 Tage war ihm so freies Geleit zugesichert worden. Der Stadtrat von Wittenberg stellte ihm einen kleinen Rollwagen mit einem Schutzdach zur Verfügung, der von drei Pferden gezogen wurde. Vor dem Wagen ritt der kaiserliche Bote mit dem Schutzbrief des Kaisers in der Tasche. Er hieß Kaspar Sturm und stammte aus Oppenheim und war ein Anhänger Luthers.

Die Universität spendete ihrem Professor noch 20 Gulden Reisegeld. Sein Freund Nikolaus von Amsdorf, der Augustinermönch Johann Petzensteiner und ein Student begleiteten ihn. So ging dann die Reise los, über Leipzig, Naumburg, Weimar, Erfurt, Gotha, Eisenach.

Überall in den Dörfern kommen die Leute auf die Straße, um den Mann zu begrüßen, der so furchtlos für die urverfälschte Botschaft von Jesus Christus eintrat. Die Behörden  der Städte oder die Studenten zogen ihm vorher schon entgegen und geIeiteten ihn bis in ihre Stadt. Oft hat er vor vielen Leuten gepredigt.

 

Unterwegs erreicht ihn wieder eine Warnung seines Kurfürsten: Die Sache stehe schlecht für Luther und er könne ihn nicht schützen. In Frankfurt am Main wird Luther  krank. Aber er sagt: „Ich komme, auch wenn ich mich müßte krank hinfahren lassen!“ Die Ritter Ulrich von Hutten und Franz von Sickingen laden ihn auf die Ebern­burg  bei Bad Kreuznach an der Nahe ein.

Am 16. April trifft er um 10 Uhr in Worms ein. Der  Stadtwächter bläst vom Turm das Trompetensignal, wie es bei hohem Besuch üblich war. Viele Menschen sind gekommen, die ihr mit freudigen Zurufen  und erhobenen  Armen begrüßen. Nur mühsam kann sich der Wagen einen Weg bahnen zu dem Quartier im Johanniterhof.

Luther hatte des wahr gemacht, was er kurz vor der Einfahrt nach Worms einem besorgten Freund sagte: „Wenn soviel Teufel in Worms wären wie Ziegel auf den Dächern so wollt ich hinein. Ich will Christus bekennen und ihn walten lassen!“ Blaß und mager steigt er aus seinem Wagen. Es war gar nichts Besonderes an ihm. Aber sagt: „Gott wird  mit mir sein!“

 

Vor dem Reichstag

Am nächsten Tag, dem 17.April 1521, wird Luther mittags um 4 Uhr vor den Reichstag geführt. Dort sitzen die höchsten Männer des Reiches, der Kaiser, die Fürsten, die Bischöfe. Unter ihnen sind Freunde Luthers, aber auch viele Feinde. Auf dem Thronsessel sitzt Kaiser Karl der Fünfte, dessen Reich ganz Westeuropa und Amerika umfaßte und der von sich sagen konnte: „In meinem Reich geht die Sonne nicht unter!“

Und vor dem steht Luther, ein  einfacher Mönch. Er hat kein Land, keine Beamten, keine Soldaten, kein Geld - nur der Glaube, daß Jesus ihm nahe ist und ihm die nichtigen Worte schenken werde, hält ihn aufrecht.

Zuerst wird er gefragt: „Gibst du zu, daß du all diese Bücher dort geschrieben hast!“ Vor ihm auf dem Tisch liegen ungefähr 20 Schriften. Dazu gleich die zweite Frage: „Bist du bereit, diese Bücher oder etwas darin zu widerrufen!“ Der sächsische Professor Hieronymus Schurff verlangt, daß erst die Titel der Bücher verlesen werden,

damit nicht ein falsches mit darunter geschmuggelt ist; das geschieht auch. Luther antwortet zuerst lateinisch, dann deutsch, mit leiser Stimme: „Die Bücher sind meine Schriften. Aber was die zweite Frage angeht, so bitte ich um Bedenkzeit, weil es sich um den Glauben und um Gottes Wort handelt!“ Luther hat nicht aus Angst so leise gesprochen, sondern weil er vor dem Kaiser höflich sein wollte. Er bedauert auch nicht, diese Bücher geschrieben zu haben. Er will sich aber zur Vorsicht doch noch einmal alles durch den Kopf gehen lassen, ob er sich nicht vielleicht doch geirrt hat. Der Kaiser gibt ihm einen Tag Bedenkzeit.

Am nächsten Abend steht Luther wieder im überfüllten Saal. Man hat die Fackeln angezündet, denn es wird schon dunkel. Wieder wird er gefragt: „Willst du irgend etwas zurücknehmen?“ Luther hat sich schriftlich vorbereitet.  Aber er muß doch frei sprechen. Zunächst antwortet er in deutscher Sprache: „Ich habe drei Arten von Büchern geschrieben: Erstens solche vom Glauben, die für jeden Christen gut zu lesen sind, fromme Bücher, die ich nicht widerrufen kann, an denen auch meine Gegner keinen Anstoß nehmen können. Dann die Kampfschriften gegen den Papst. Wenn ich diese wiederrufe, so würde die die unrechte Herrschaft des Papstes ja nur noch stärken, unter der das deutsche Volk so sehr zu leiden hat. Drittens schließlich habe ich gegen einzelne Leute geschrieben, die den Papst unterstützen. Da habe ich ja manchmal zu scharf geredet. Aber weil es um die Lehre Christi geht, kann ich auch die nicht widerrufen. Ich bin aber bereit, mich von jedermann aus der Heiligen Schrift eines Besseren belehren zu lassen!“

 

Luther widerholt seine Rede noch einmal in lateinischer Sprache. Aber sie wollen nicht mit ihm diskutieren. Er soll nur kurz und eindeutig sagen, ob er widerrufe oder nicht: „Wenn mir nicht aus der Heiligen Schrift klar bewiesen wird, daß ich geirrt habe, so kann und will ich nicht widerrufen. Mein Gewissen erlaubt mir das nicht und ich bin gefangen in Gottes Wort. Etwas gegen das Gewissen zu tun, ist weder sicher noch heilsam. Gott helfe mir. Amen!“

In seiner Herberge angekommen, ruft er: „Ich bin hindurch, ich bin hindurch!“ Aber es war noch nicht alles überstanden. Es noch gelehrte Leute zu ihm und wollen ihn in Einzelgesprächen zum Widerruf bewegen. Sie meinen es gut mit ihm. Aber er bleibt dabei: „Ich kann nicht schweigen, ich muß Gottes Wort frei bekennen!“

So verläßt er die Stadt wieder. Der Kaiser sichert seinen Freunden zu, daß das freie Geleit auch weiterhin Gültigkeit hat. Nur predigen dürfe er unterwegs nicht. Doch einige Tage nach seiner Abreise wird Luther für vogelfrei erklärt: Jeder, der ihn trifft, hat das Recht und die Pflicht, ihn totzuschlagen.

 

Wartburg

Luthers Verhaftung

Am 26. April bricht Luther wieder in Worms auf, um nach Wittenberg zurückzukehren. Über Oppenheim, Frankfurt, Friedberg, Grünberg, Alsfeld kommt er nach Hersfeld. Dort wird er am 30. April von dem Abt des Klosters freundlich empfangen und hält am 1.Mai eine Predigt. In Berka an der  Werra wird er mittags bewirtet und zieht am Abend in Eisenach  ein.

Am nächsten Morgen predigt er in der Georgenkirche: „Gottes Wort ist nicht gebunden!“ Er freut sich über den herzlichen Empfang, den ihm der Stadtrat und die Bürger bereitet haben. Hier war er einst als armer Schüler eingezogen und mußte sich sein Geld mit Singen verdienen. Jetzt blickte nicht nur diese Stadt, sondern ganz Deutsch­land erwartungsvoll auf ihn.

Die Weiterreise auf der Hauptstraße war jetzt aber zu gefährlich. Deshalb teilte sich der Reisezug: Seine Begleiter reisten über Gotha weiter, er selbst reiste mit Amsdorf und Petzensteiner zu seinen Verwandten nach Möhra, wo seine Eltern herstammten.

Als er in Eisenach zur Schule ging, hatte er die Verwandten oft besucht. Und wenn seine Onkel und Tanten nach Eisenach zum Markt gingen, dann brachten sie ihm auch immer etwas Gutes mit.

Inzwischen aber war er berühmt geworden und ganz Möhra lief zusammen, als es hieß: „Martin Luther kommt!“ Seine alte Großmutter weinte vor Freude, weil sie ihren Enkelsohn, auf den sie immer sehr stolz war, noch einmal sehen konnte. Am 21. September dieses Jahres starb sie dann auch.

Er wohnte bei seinem Onkel Heinz. Immerzu kamen Leute, schüttelten ihm die Hand und wollten wissen, wie es in Worms zugegangen sei. Da staunten sie eben doch, als sie hörten, daß selbst ihr Landesherr, der Graf vor Henneberg, den einfachen Mönch Martin Luther in seiner Herberge aufgesucht hatte.

Nachher sitzt man draußen im Garten zusammen und wahrscheinlich hat Luther auch unter der Linde auf dem Dorfplatz gepredigt, wo heute das Lutherdenkmal steht. Am 4. Mai ging es dann weiter in Richtung Waltershausen.

Der Weg über Gumpelstadt und Witzelroda nach Schweina war beschwerlich. Luthers Verwandte hatten ihm extra noch zwei Pferde zusätzlich vor den Wagen gespannt. Mühsam ging es hinauf nach Schloß Altenstein. Dort nahm die ganze Verwandtschaft von ihm Abschied. Nur einer konnte sich noch nicht von Luther trennen: Das war der kleine Adam Luther, der später die folgenden Ereignisse berichtet hat und der noch 1578 dem Pfarrer von Möhra einen Bericht gab über Luthers Besuch in dem kleinen Dorf.

 

Etwa eine halben Stunde später kommt Luthers Reisewagen bei der zerstörten Wallfahrtskapelle im Glasbach an. Plötzlich tauchen fünf Reiter auf. Der eine Begleiter Luthers flieht sofort in den Wald und kommt abends verstört in Waltershausen an. Die Reiter halten die Pferde an und fragen den  Fuhrmann: „Wen hast du im Wagen?“

Doch ehe der antworten kann, kriegt er einen Stoß mit der Armbrust, daß  er vom Gaul sinkt. Die anderen rufen: „Welcher von euch ist der Luther?“ Luther bleibt ruhig sitzen, während die anderer Begleiter die Hände heben und um Gnade bitten. Ein Soldat richtet seine Armbrust auf Luther und sagt: „Du bist Luther. Folge uns auf der Stelle!“ Sein Begleiter Amsdorf will wieder für Luther bitten, da flüstert ihm dieser ins Ohr: „Beruhige dich, es sind doch unsere Freunde!“

Die Reiter ziehen Luther vom Wagen herunter. Einer treibt den Fuhrmann mit Schlägen fort. Unter einer Buche, neben der eine Quelle entspringt, muß Luther sein Priesterkleid gegen ein Reitergewand  tauschen. Man setzt ihn aufs Pferd und fort geht es in Richtung nach Brotterode.

 

Zeitungsberichte:

In einer Zeitung aus der damaligen Zeit hätte es heißen können:

Dr. Martin Luther ist vorgestern auf der Rückreise vom Wormser Reichstag überfallen und entführt worden. Wie Luthers Ordensbruder und Reisebegleiter Petzensteiner in Waltershausen berichtete, befand sich der Reisewagen des Wittenberger Theologen in der Nähe der alten Wallfahrtskapelle am Glasbach auf dem Thüringer Wald, als plötzlich einige verkappte Reiter aus dem Dickicht hervorsprengten und mit Gewaltandrohung ihm den Weg verlegten. Sie rissen Luther aus dem Wagen und nötigten Ihn, ihnen in den Wald zu folgen. Das Fuhrwerk konnte danach ungehindert seinen Weg fortsetzen.

Dr. Luther hatte auf der Rückreise von Worms Verwandte in Möhre besucht. Im Laufe des 4. Mai war er dort in Richtung Waltershausen aufgebrochen, um über Erfurt  - Weimar nach Wittenberg weiterzureisen. Die Täter haben diese Reisepläne offenbar gekannt. Gutunterrichtete Kreise bringen den Überfall mit den jüngsten Ereignissen auf dem Wormser Reichstag in Zusammenhang. Da sich Luther trotz des persönlichen Eingreifens Kaiser Karl V. geweigert hat, seine Lehre zu widerrufen, vermutet man, daß demnächst die Reichsacht über ihn verhängt wird.

Es scheint, als ob dadurch einige romfreundliche Feinde ermutigt worden seien, den Wittenberger Theologen bereits jetzt aus dem Wege zu räumen. Sie hätten zwar damit gegen die Bestimmungen des freien Geleits verstoßen, das Luther für seine Heimreise ausdrücklich zugebilligt worden ist. Man glaubt jedoch allgemein nicht, daß die kaiserliche Regierung in diesem Falle energische Maßnahmen ergreifen würde, um die Übertretung zu ahnden.

Bis jetzt haben sich von Entführern und Opfer keinerlei Spuren gefunden. Petzen­steiner und Nikolaus von Amsdorf, der zweite Begleiter Luthers am Überfalltag, berichteten lediglich, daß die Täter wahrscheinlich nach Brotterode entwichen sind, demnach auf Henneberger Gebiet Zuflucht gesucht haben. Bekanntlich macht Graf Wilhelm von Henneberg Luther dafür verantwortlich, daß die Einnahmen am Wallfahrtsort Grimmenthal in letzter Zeit rapide gesunken sind. Der Graf ist in beträchtlichem Umfang an dem Wallfahrtsunternehmen beteiligt

 

 

Burgamtmann von Berlepsch:

Unser Korrespondent übermittelte uns noch nach Redaktionsschluß folgendes Exklusivinterview aus Eisenach: Gestern tauchte hier das Gerücht auf, Luther sei als Häftling auf die Wartburg gebracht worden. Ich bat daraufhin Burg-Amtmann Hans von Berlepsch um ein Interview. Nach einigem Zögern erklärte sich der Amtmann bereit, meine Fragen zu beantworten.

NZ: Was sagen Sie zu den Vermutungen, Dr. Luther befinde sich hier bei Ihnen auf der Wartburg?

B.: Ich weiß von nichts! Ich Sähe auch keine Logik darin, wenn unser Kurfürst Friedrich der Weise Luther plötzlich gefangennehmen ließe, nachdem er ihn immer unterstützt hat.

NZ.: Könnte es sich nicht auch um eine Art Schutzhaft handeln? Vielleicht soll Luther auf diese Weise vor seinen Feinden verborgen werden?

B.: Theoretisch ist das natürlich möglich. Ich betone: theoretisch.

NZ.: Trifft es zu, daß am späten Abend des 4. Mai von mehreren Reitern ein unbekannter Mann auf Ihre Burg geleitet wurde?

B.: Das stimmt! Es handelt sich dabei allerdings nicht um den Dr. Luther, wie man verschiedentlich zu vermuten scheint, sondern um einen gewissen Junker Jörg, der um der Luftveränderung willen eine Zeitlang bei uns weilen wird.

NZ.: Besteht die Möglichkeit. mit diesem Junker Jörg zu sprechen?

B.: Nein, auf keinen Fall. Aber ich versichere Ihnen nochmals: In der Angelegenheit Luther weiß ich von nichts. Ich meine, diese Erklärung dürfte genügen.

 

Was tun?

Bis heute ist ungewiß, welches Schicksal Luther getroffen hat. Befindet er sich in der Hand seiner Feinde? Lebt er überhaupt noch? Oder haben ihm ganz gewöhnliche Raubritter aufgelauert, die sich ein fettes Lösegeld verdienen wollen? Fragen über Fragen. Aller Voraussicht nach werden sie nicht so schnell beantwortet werden.

Wie die Dinge liegen, können wir wenig tun, um dem Verschollenen zu helfen. Aber wo er auch ist: Er darf sich In Gottes Schutz geborgen wissen. Auf diesen Schutz hat er immer fest vertraut. Als ihn gute Freunde warnten, nicht nach Worms zu gehen, antwortete er: „Wenn soviel Teufel zu Worms wären als Ziegel auf den Dächern, so wollte ich doch hinein. Ihm war klar: Gott findet auch dann noch einen Weg, wenn alles am Ende zu sein scheint.  Wie sprechen eine kühne Hoffnung aus: Waren die verkleideten Reiter am Glasbach etwa gar keine Feinde? Brachten sie vielleicht Luther nur in ein sicheres Gewahrsam, um ihn vor den Verfolgungen der Zukunft zu schützen? Freilich, es kann sich auch anders verhalten. Aber selbst im tiefsten Kerker des Kaisers wird sich ein Luther geborgen wissen. Gott verfolgt mit oder gegen den Willen der Menschen seinen Plan.

 

Auf der Wartburg

Die Reiter waren mit Luther absichtlich in Richtung Brotterode davongeritten. Der Ort gehörte damals dem Grafen Wilhelm von Henneberg. Und der wollte unbedingt seinen  ältesten Sohn zum Abt  von Fulda machen. Erst kürzlich hatte ihm der Papst ihm die Verleihung des Amtes  versprochen.  Nun sollte jeder denken  - und dachte es auch - daß der Graf von Henneberg sich dem Papst erkenntlich zeigen wollte, indem er den unbequemen Ketzer unschädlich machte.

Außerdem hatte Luthers ganz entschieden gegen die Wallfahrten nach Grimmenthal geschrieben. Dort war der Besuch um die Hälfte zurückgegangen und entsprechend waren auch die Einnahmen des Grafen gesunken. Er hatte also auch von daher Grund, sich an Luther zu rächen. Und weil die Gefangennahme sich in der Nähe  seines Gebietes  ereignete, mußte der Verdacht einfach auf ihn fallen.

Graf Wilhelm, der sich noch in Worms befand, bezeichnete den Verdacht als eine bösartige Verleumdung. Als den wahrscheinlichen Übeltäter bezeichnete er einen berüchtigten Unruhestifter in der Rhön namens Hektor Behm. Aber der war diesmal freilich unschuldig.

In Wirklichkeit aber war es aber so, daß die Reiter auf Umwegen im großen Bogen nach dem Rennsteig  geritten und waren nordwestwärts den Kammweg entlang geritten bis zur Wartburg. Um11 Uhr nachts ritten sie in den Wartburghof ein. Der „Gefangene“ aber kommt nicht in ein Gefängnis, sondern in ein kleines Zimmer im Nebengebäude. Er ist das Reiten nicht gewöhnt  und sinkt müde auf sein Lager. Als „Ritter Georg“ oder „Junker Jörg“ wird er am nächsten Tag den anderen Soldaten vorgestellt. Luther war nicht bei seinen Feinden, sondern bei Freunden.

Kurfürst Friedrich von Sachsen wußte natürlich, daß man Luther nach dem Leben trachtete. Deshalb sandte er Eilboten an den Hauptmann der Wartburg, Ritter Hans von Berlepsch, und an Hund von Wenkheim auf Schloß Altenstein. Er befahl ihnen, sie sollten Luther in sicheren Gewahrsam  bringen, wenn er durch die Gegend komme.

Der Kurfürst selber wollte den Ort der Gefangensetzung nicht wissen, damit er dem Kaiser mit gutem Gewisser antworten könne, falls dieser ihn nach Luthers Aufent­haltsort fragt. Luther hatte bereits in Worms von dem Rettungsplan des Kurfürsten erfahren. Die fünf Reiter waren die beiden Edelleute von der  Wartburg und von Altenstein mit drei Reitersknechten. Sie hatten Luther heimlich eine Nachricht  zukommen lassen, daß sie ihn unterwegs zwischen Schweina und Waltershausen überfallen wollten und auf die Wartburg in Sicherheit bringen wollten. So ist er erst er von .der Bildfläche verschwunden, bis sich die Gemüter beruhigt haben.

Zuerst fühlt sich Luther nicht wohl. Er ist das Leben als Ritter und die andere Kost nicht gewohnt. Er muß Ritterkleidung tragen, einen Bart stehen lassen und mit auf die Jagd. Wenn er krank ist, kommt kein Arzt. Einmal muß er heimlich nach Erfurt, um sich Medizin zu  holen. Ab und zu erhält er Post. Aber im Grunde ist er einsam  und sitzt nur mit seinen Büchern in der stillen Stube. Nur zwei Edelknaben haben zu ihm Zutritt und bringen ihm Essen und Trinken.

Mehre Schriften sind auf der Wartburg entstanden, darunter ein Predigtbuch.  Als er einmal heimlich in Wittenberg war, überredete ihn Melanchthon, die Bibel zu übersetzen. An Weihnachten 1521 fing er an, das Neue Testament aus der griechischen in die deutsche Sprache zu übersetzen. Alle Menschen sollten lesen können, wie gut es Gott mit ihnen meint. Im September 1522 lag das Neue Testament gedruckt vor. In ganz Deutschland wurde es gelesen. Sie wurde die Sprache der Bibel zur allgemein verbreiteten Sprache, zum Hochdeutsch.

 

Wittenberg

Die Sache mit den vier „W“: Luther stand in drei großen Gefahren, die alle mit Städtenamen verbunden sind, die mit „W“ anfangen: In Worms stand er in Gefahr, all eine Erkenntnisse zu widerrufen. Auf der Wartburg wäre er beinahe in der Versenkung verschwunden. Und in Wittenberg tat sich nun eine andere Gefahr auf.  A b e r - und das ist nun das vierte WW“ - er verläßt sich ganz auf das Wort Gotten. Und deshalb kommt er durch alle Gefahren hindurch.

 

Während Martin Luther auf der Wartburg in Sicherheit ist, ruft alles nach Martin Luther, denn es sind noch viele Dinge zu klären. Das Gerücht, daß Luther noch lebe, hat sich überall verbreitet. Doch in Wittenberg gehen einige Mitarbeiter Luthers selbständig daran, die „Reformation zu vollenden“, wie sie es nennen.

Der führende Mann in Wittenberg ist nun  Andreas Bodenstein, genannt Karlstadt. Ihm geht alles zu langsam und er will Veränderungen mit Gewalt. Er hetzt die Menschen auf,  daß sie die Klöster und Kirchen stürmen und die Heiligenbilder von den Wänden reißen. Ja sogar Altäre wurden verwüstet und Kruzifixe vernichtet.

Die Messe, der Gottesdienst in der alten Form wird abgeschafft, und ein Gottesdienst mit Abendmahl in der heutigen Form gefeiert. Dabei werden Brot und Wein gereicht, nicht nur das Brot wie bei den Katholiken.

Die Glocken werden nicht geläutet, und Karlstadt predigt in Straßenanzug. Einige sind jetzt aber euch enttäuscht von der Sache Luthers. Sie haben an den schönen Bildern und den feierlichen Gottesdiensten sehr gehängt.  Aber dieses Durcheinander haben sie nicht gewollt.  Auch der Kurfürst droht: „So darf das nicht weitergehen! Keiner wird mehr Herr über diese erregten Menschen und am Ende wird noch das ganze Werk wieder vernichtet werden!“

Melanchthon, der engste Mitarbeiter Luthers, ist machtlos. Er muß erkennen: Hier könnte nur Luther selber helfen.  Aber der muß sich ja verborgen halten. Dennoch schreibt ihm Melanchthon einen Brief, in dem er die Zustände schildert.

Zu allem Unglück sind in Wittenberg auch noch die sogenannten „Zwickauer Propheten eingetroffen. Ihr Anführer ist der verarmte Tuchmacher Storch. Er stützt sich nicht auf die Bibel, sondern redet von Eingebungen, Visionen und Träumen. Er kündet ein tausendjähriges  Friedensreich an; aber vorher sollen erst noch alle Gottlosen totgeschlagen werden. Es geht also drunter und drüber in Wittenberg. Auch der Kurfürst, der für die Reformation ist, will diesen Aufruhr nicht.

Als Luther von dem allen hört, will er unbedingt nach Wittenberg. Doch der Kurfürst hat Bedenken und erteilt ihm den Befehl, die Wartburg nicht zu verlassen. Aber Luther macht sich dennoch auf. In Jena kehrt er im Gasthof „Zum Schwarzen Bären“ ein. Dort lernt er zwei Schweizer Studenten aus St. Gallen kennen. Sie erzählen ihm, sie wollten zu Luther. Da sagt ihnen der von ihnen nicht erkannte Ritter: „Dann richtet dem Luther nur  einen Gruß von mir aus. Ich kenne ihn gut!“ Man kann sich das Erstaunen der Studenten vorstellen, als sie Luther nachher in Wittenberg wieder treffen.

Am 5. März 1522 schreibt Luther von Borna bei Leipzig  aus einen  Brief an seinen Kurfürsten: „Ich komme nach Wittenberg in einem viel höheren Schutz denn der des Kurfürsten. Ich habe es auch nicht im Sinn, von Euch Schutz zu begehren. Ich denke, ich wollte Euer Gnaden mehr beschützen, denn sie mich schützen können. In dieser Sache kann kein Schwert raten oder helfen, Gott muß hier allein schaffen. Weil Ihr noch so schwach im Glauben seid, kann ich Euch nicht für den Mann ansehen, der mich schützen oder retten kann!“ So kommt Luther nach Wittenberg.

Am Sonntag Invokavit, dem 9. März 1522, besteigt Luther zum ersten Mal wieder die Kanzel. Luther ist wieder da. Viele in der Stadt können es noch gar nicht glauben. Fast die ganze Stadt macht sich auf zum Gottesdienst. Auch die Bilderstürmer kommen und erhoffen sich ein Lob von Luther.

Aber was war das? War das  Martin Luther? Er hatte eine Mönchskutte an und die Haarfrisur der Mönche. Aber Luther ging es ja nicht um sein äußeres Aussehen, sondern allein um das Wort Gottes, das jedermann angeht. Gott will nicht nur Zuhörer oder Nachredner haben, sondern er will Menschen, die ihm nachfolgen und die Liebe zu ihrem Nächsten haben.

„Aber daran habt ihr es fehlen lassen!“ ruft Luther seinen Wittenbergern zu. „Ihr müßt  auch an die denken, die noch schwach im Glauben sind; da kann man nicht mit Gewalt vorgehen. Deshalb habt ihr im Irrtum gehandelt, als ihr die Messe abgeschafft habt. An sich habt ihr schon das Nichtige getan. Aber es ist nicht ordentlich dabei zugegangen. Wir werden die Ordnung der Messe ändern, aber nicht mit Gewalt! Gottes Wort wird es schon allein schaffen!“

Am nächsten Tag steigt Luther  wieder auf die Kanzel und predigt über die Frage der Heiligenbilder. Aber wieder sagt er: „Das Wort Gottes muß alles ausrichten. Ich kann keine Reformation machen, sondern nur Gott. Aber wenn ich geschlafen habe oder Bier getrunken habe, dann hat Gott die Reformation gemacht!“

Nach 14 Tagen ist die Ordnung wieder hergestellt und das Wort Gottes wieder in den Mittelpunkt  gerückt worden. Auch in anderen Städten spricht  Luther. Er erreicht durch seine Predigt, was andere nicht fertig gekriegt haben: Er weckt wieder Verständnis für das Wort Gottes.

 

           

Luther – Wahrheit und Gerüchte

Thesenanschlag:

Entweder hat es den Thesenanschlag nie gegeben, er ist nur eine anekdotische Zuspitzung. Oder es hat ihn gegeben, aber er war ein normaler Akt eines Universitätsprofessor: Wollten sie eine öffentliche Diskussion über ihre Thesen, mußte sie eine Woche vorher angekündigt, die Thesen an Stadt- und Schloßkirche ausgehängt werden, nicht vom Professor, sondern vom Hausmeister. Möglicherweise war das ein alltäglicher Vorgang, daß er nicht weiter erwähnt wurde.

Auch von Luther gibt es kein Zeugnis darüber. Er erwähnte Briefe an „einige Kirchenfürsten“ und ein „Disputationszettelchen“, in dem ich nur Gelehrte einlud, ob sie vielleicht mit mir debattieren wollten“. Der Gothaer Reformator Friedrich Myconius berichtete 1541 von vier Briefen an Bischöfe und nach ausbleibender Reaktion von einem Druck der Thesen. Auch die vorgeschriebene universitätsinterne Diskussion fand nie statt.

Berichtet wurde der Anschlag viele Jahre später von zwei Kollegen Luthers, die nicht dabei gewesen sind: vom Jenaer Georg Rörer, der in einem Druck der Lutherbibel in einer Notiz davon schrieb, und von Philipp Melanchthon, der in der Wittenberger Lutherausgabe meinte, Luther habe, „brennend in frommem Eifer, die Thesen über den Ablaß“ angeschlagen. Mit dem berühmten Flugblatt „Göttlicher Schrifftmessiger / woldenckwürdiger Traum“, das heute im British Museum in London zu finden ist, wurde dann dieser Gründungsmythos 1617 ein für allemal festgelegt: Zu sehen ist Luther, der mit einer Feder Buchstaben in ein Kirchentor kratzt, die Feder reicht bis Rom, wo sie die Kleriker und einen Löwen (Papst Leo X.) aufstören soll.

 

Kritik am Ablaß:

Luther kritisierte zunächst gar nicht den Ablaß, sondern nur den Mißbrauch. Und er war auch nicht der Erste: Die Kritik von Humanisten und sogar in der Bevölkerung war schon so groß, daß zum Beispiel im rheinisch-niederländischen Raum fast niemand mehr Ablaßbriefe kaufte. Zudem hatte Luther mit seinem Beichtvater Johannes von Staupitz und den Theologen Johannes Lang und Georg Spalatin seine Themen, Ablaß und Buße, schon ausführlich erörtert. Daß das Geld vom Vatikan für den Bau des Petersdoms und vom Mainzer Erzbischof Albrecht zur Rückzahlung seiner horrenden Schulden bei den Fuggern dringend gebraucht wurde, wußte Luther nicht einmal. Er wäre wohl noch heftiger geworden.

Reichstag in Worms:

Auf dem Wormser Reichstag weigerte sich Luther zu widerrufen und berief sich auf die Autorität über dem Papst, die Heilige Schrift. Berühmt wurde sein Schlußwort: „Hier stehe ich, ich kann nicht anders. „ Leider hat er es nie gesagt. Sondern: „Solange mein Gewissen durch die Worte Gottes gefangen  ist, kann und will ich nichts widerrufen, weil es unsicher ist und die Seligkeit bedroht, etwas gegen das Gewissen zu tun. Gott helfe mir. Amen.“ Nachgewiesen ist das durch viele Berichte und Protokolle, die während seiner Verhöre geführt wurden. Den Satz „Hier stehe ich ...“ haben seine Lektoren in Wittenberg in einer Flugschrift erfunden: „Ich kann nicht anders / hier stehe ich / Gott helfe mir / Amen.“

 

Tintenfaßwurf und Bibelübersetzung:

Nach dem Reichstag floh Luther auf die abseits gelegene Wartburg, unter dem Schutz von Friedrich dem Weisen von Sachsen. Wie schon früher belästigte ihn der Teufel auch dort, machte Lärm, erschien ihm als Rabe oder schwarzer Hund, so daß Luther einmal das Tintenfaß nach ihm geworfen haben soll. Eine hübsche Legende, die an die Versuchung der Eremiten erinnert. Luther selbst hat allerdings nie darüber gesprochen, wahrscheinlich ist die Geschichte aus einer Äußerung in den Tischgesprächen gesponnen worden. Da sagte er einmal, er habe „den Teufel mit Tinte vertrieben“ - wahrscheinlich aber meinte er damit seine Bibelübersetzung.

Die Zeit auf der Wartburg nutzte Luther zu regen Briefwechseln und wissenschaftlicher Arbeit, er begründete in Polemiken und Druckschriften die Positionen der neuen Kirche zu Hierarchie, Zölibat, Gottesdienst. Und er übersetzte das Neue Testament (nicht die ganze Bibel, wie  es immer wieder heißt). Allerdings war er nicht der Erste: Schon um 1330 war eine deutsche Übersetzung der Evangelien entstanden, 1466 die erste komplette deutsche Bibel erschienen. Neu war, daß er aus den Originaltexten übersetzte statt die lateinische Fassung ins Deutsche übertrug. Und neu war vor allem seine bildhafte Sprache, die bis heute prägend ist. Den Anstoß bekam Luther 1521 von Melanchthon, der mit ihm die Übersetzung des Neuen Testaments Satz für Satz durchging: Als Altphilologe beherrschte er Griechisch und Latein, viel sicherer als Luther. Bei der Übertragung des Alten Testaments half dann ein ganzes Gremium, unter anderem Caspar Cruciger, Johannes Bugenhagen und Caspar Aquila.

 

Die Cloaca:

Luthers zentrale Neuerung des Glaubens war das Wort „sola fide“ - nur durch den Glauben wird der Mensch erlöst -, wobei er das „nur“ selbst hinzugefügt hat, im Urtext des Römerbriefs steht es nicht. Er hat aber ausführlich begründet, weshalb man im Deutschen so übersetzen muß, um den Sinn zu treffen.  Irgendwann in den Jahren zwischen 1511 und 1518 kam er durch intensives Studium und lange Meditationen zu dieser Erkenntnis: Überliefert ist ein Satz aus einer Tischrede: „Diese Kunst hat mir der Heilige Geist auf dieser Cloaca auf dem Turm gegeben.“  Im Jahr 2004 entdeckten Archäologen sogar die Wittenberger Latrine und einen Steinsitz mit Abfluß. Bekannt ist, daß Luther an chronischer Verstopfung litt und oft auf der Toilette saß.

 

Gewitter:

Während eines Gewitters gelobte, Luther, ein Mönch zu werden, wenn es ihn verschonte. Er hatte aber schon vorher überlegt, Mönch zu werden, aber wohl Angst vor der ablehnenden Reaktion seines Vaters davon noch Abstand genommen. Aber  gegen ein feierliches Gelübde konnte der Vater  nichts einwenden).

 

Heirat:

Daß Luther heimlich geheiratet hat ist nur halb wahr: es gab eine private Hochzeit und zwei Wochen später die öffentliche Heirat.  Seine Frau Katharina von Bora ist nicht in einem Heringsfaß zu ihm gelangt, sondern sie floh mit elf anderen Nonnen in einem Pferdewagen aus dem Kloster, auf dem auch leere Fässer transportiert wurden.

Die meisten Anekdoten wurden wahrscheinlich nur erfunden, um ihn zu einem menschlichen, aber würdigen Kirchengründer zu stilisieren - und weil man sein Leben und Werk in lebendigen Geschichten eben einfach besser fassen kann (nach  FAZ, 27.10.2016).

 

Thomas Münzer

Thomas Münzer stammt aus der gleichen Landschaft wie Luther: Er ist in Stolberg im Harz geboren und ist auch ungefähr gleich alt gewesen wie Luther, etwa 1488 bis 1490 geboren. Er stammt aus einer Bürger- und Handwerkerfamilie von Tuchmachern.  Er studiert in Leipzig und Frankfurt (Oder), wird Weltgeistlicher und  erhielt von Luther eine Pfarrstelle vermittelt. Er ist also ein Anhänger Luthers. Er führt dann

ein reichlich unstetes Leben, dessen Stationen sind: Aschersleben, Halle, Frose, Braunschweig, Wittenberg, Leipzig, Beutitzt bei Weißenfels).

Er las die Kirchenväter, die Akten der Reformkonzile, die Bibel, die deutscher Mystiker und Luthers Schriften. Seine Hauptfrage war: „Ist die Lehre Christi von Gott? Gibt es Gott überhaupt?“ Er hat also radikaler gefragt als Luther und hat daraus eine „Kreuzestheologie“ entwickelt: Gott stößt die Menschen, die er liebhat, zunächst in die Verzweiflung und läßt erst dann wieder die Sonne über ihnen aufgehen

In Wittenberg war er 1518 und dort hat er Luther kennengelernt. Aber er meint immer: Luther ist mit der Reformation auf halbem Wege steckengeblieben. Sie muß noch erst vollendet werden, und zwar möglichst schnell, das heißt. Mit Gewalt!

Er hat Luther nie nichtig verstanden. Er hatte Luthers Schrift  „Von der Freiheit eines Christenmenschen“ gelesen und daraus nur den Satz behalten: „Ein Christenmensch ist ein freier Herr über alle Dinge!“  während Luther aber auch geschrieben hatte: „Ein Christenmensch ist ein dienstbarer Knecht und jedermann untertan!“

Thomes Münzer sagt: „Alle Menschen, die unter einer sozialen Not leiden, sind gut und von Gott erwählt  Die reichen Leute aber hat Gott verworfen. Wenn Christus die Menschen von Tod und Teufel befreit, dann hat er sie auch von ihrer irdischen  Knecht­schaft befreit!“ Thomas Münzer will die Revolution. Aber er vergißt, daß man das Wort Gottes nur mit der Liebe durchsetzen kann. Evangelium und Politik werden bei ihm vermischt.

Doch die Bauern hängen Thomas Münzer an, denn sie wollen eine Umgestaltung ihrer schlechten Verhältnisse. Luther will ihnen auch zu Hilfe kommen. Er sagt den Fürsten sehr deutlich seine Meinung: „Als Erstes können wir auf Erden für dieses Unheil und diesen Aufruhr niemand danken als euch Fürsten und Herren, besonders euch blinden Bischöfen und. tollen Pfarrern und Mönchen, die ihr nicht aufhört, gegen das heilige Evangelium zu toben und zu wüten, obgleich ihr wißt, daß es recht ist,......, dazu in der weltlichen Herrschaft nichts anderes tut als zu schinden und zu versteuern, um euer üppiges und hochmütiges Leben zu führen, bis es der arme, gewöhnliche Mann nicht länger ertragen kann und mag. Das Schwert ist euch auf dem Halse ….. Gott macht, daß er euer Wüten auf die Dauer nicht dulden kann noch, will, noch soll. Ihr müßt anders werden und Gottes Wort weichen. Gott ist es selber, der stellt sich gegen euch, euer Wüten heimzusuchen!“

 

 

Seit 1520 war er Pfarrer in Zwickau und stürzte sich dort sofort in den Kampf gegen die Bettelmönche und fand bei Rat und Bürgerschaft anfangs durchaus Beifall. Er machte dann allerdings die Bekanntschaft mit dem verarmter Tuchmacher Niklas Storch. Dieser vertrat die Auffassung: „Gott offenbart sich auch heute unmittelbar in Gesichtern und Träumen. Das tausendjährige Reich wird bald anbrechen. Vorher müssen aber erst noch alle Gottlosen ausgerottet werden, damit der Raum frei wird für die Frommen!“

Aus dem gelehrten Gottsucher wird Münzer zum Vorkämpfer für eine  neue apostolische Kirche und lobt die geistbegabten Laien. Aber es kommt zu Krawallen und er flieht am 15./16.April 1521 (Luther in Worms!) nach Böhmen, wo er sich bei den Hussiten besonderen Widerhall erhofft. Er stellt das „Geistchristentum“ gegen das „Buchstabenchristentum“, das er offenbar bei Luther findet.

Schließlich findet er in  Altstadt  bei Sangerhausen eine Anstellung als Prediger. Dort reformiert er den Gottesdienst, läßt die Messe deutsch singen (noch vor Luther) und stellt in den Mittelpunkt des Gottesdienstes die Predigt in deutscher Sprache. Er will die Gemeinde zur Aktivität erziehen und eine neue Kirche der Auserwählten begründen.

 

Seine Sprache gegen Luther wird jetzt schärfer: „Wer nicht den bitteren Christus begehrt, der mag sich am Honig überfressen. Aber wer nicht mit Christus stirbt, wird nicht mit ihm auferstehen!“  Auch politisch wird er radikaler: Er schließt einen christlich-radikaler Geheimbund mit Allstedter Bürgern und Marsfelder Bergknappen. Er sagt zwar, die Steuern müßten weiter bezahlt werden, aber es kommt dann doch zur Zerstörung der Mallersbacher Kapelle und anderen Untaten.

Bei der sogenannten „Fürstenpredigt“ auf der Allstedter Burg vor Herzog Johann kommt es zum inneren Bruch mit Luther, der er als „Bruder Mastschwein“ und „Bruder Sanftleben“ bezeichnet. Er bejaht auch ein aktives Widerstandsrecht der Obrigkeit gegenüber, wenn diese sich dem im Geist offenbarten Evangelium widersetzt. Eine Disputation (Streitrede) mit Luther aber lehrt er ab.

Als ihm der Befehl erteilt wird, nach Weimar zu kommen, geht er heimlich nach Mühlhausen. Dort stürzt er zusammen mit dem Mönch Heinrich Pfeiffer den Rat und bildet einen „Ewigen Rat“. Doch sein Aufstand wird niedergeschlagen und sie werden beide ausgewiesen.

Wieder wirft er Luther vor, daß er ein süßes Evangelium  predige, weil er vom Ende des Gesetzes spricht. Er, Münzer, predige das Gesetz in all seiner Härte. Die Endzeit ist schon im Anbruch und er als ihr Prophet nimmt den blutigen Kampf gegen die Gottlosen auf (Luther bejaht die Ordnungskräfte in Gottes Schöpfungsordnung und will mit Geduld auf der „lieben jüngsten Tag“ warten).

Münzer geht dann in den Schwarzwald mitten in den Ursprungsherd des Bauern­auf­standes. Hier wird er zum führenden Kopf der Bauernbewegung und zum Sozial­revolutionär. Den Bauern in Süddeutschland geht es aber vor allem um soziale Forderungen (Steuerverminderung, Jagdrecht). Münzer aber spricht vom Hervorbrechen des Reiches Gottes, von Vernichtung der Obrigkeit und dem Sieg der Gemeinde der Auserwählten.

Münzer geht wieder zurück nach Mühlhausen, wo Heinrich Pfeiffer wieder das Heft in der Hand hat und  manche Ideen Münzers schon in die Tat umgesetzt hat. Sie bilden einer neuen „Ewigen Rat“ und bilden eine christliche Demokratie, an deren Spitze die beiden Prediger stehen.

Das wird zwar anfeuernd gewirkt haben auf die Bauern in der Umgebung. Aber der Thüringer Aufstand ist doch wohl eher auf die Wirkung der „Zwölf Artikel“ der Bauern aus  Schwa­­ben zurückzuführen. Münzers Anteil  am mitteldeutschen Bauernkrieg umfaßt nicht mehr als drei  Wochen, Führer war er nur in der letzten Phase.

Auf der Fahne des Mühlhäuser Haufens steht zwar „Verbum Dei manet in aeternum“ („Das Wort Gottes bleibt in Ewigkeit“), aber es folgen ihm nur etwa 300 bis 400 Mann, mehr die Asozialen als die Bürger. In seiner Predigt vor der Schlacht bei Frankenhausen behauptet er, er werde alle Kugeln in seinem Ärmel auffangen; offenbar macht er den Ausgang des Kampfes vom Eingreifen Gottes abhängig.

Münzers theologische Bedeutung bleibt jedoch: Sie liegt vor allem im Kirchenbegriff. Er wollte, daß die Auserwählten in einer sichtbaren Kirche gesammelt werden. So hat er der Volks-Kirche der Reformatoren die Freiwilligkeits-Kirche mit der Mündigentaufe gegenübergestellt.

 

Luther  hat den Bauernkrieg abgelehnt. Er war Reformator und nicht Revolutionär.

Er unternimmt eine Reise in das Urruhegebiet des Südharzes, um die Bauern zu beschwichtigen. Aber er wird mit Steinen beworfen und überschrieen. Luther will nicht, daß das Evangelium mit Blut befleckt wird und für politische Zwecke mißbraucht wird (Kreuz wird umgedreht zum Schwert).

So schreibt Luther gegen die Bauern: „Wenn ich mich umsehe,... schlagen sie mit der Faust drein, vergessen ihr Angebot, rauben und toben und benehmen sich wie die rasenden Hunde...Lauter Teufelswerk treiben sie, und besonders ist's der Erzteufel, der in Mühlhausen regiert und nichts als Raub, Mord und Blutvergießen anrichtet!“

Leider kam die Schrift erst heraus, als die Bauern die Schlacht schon verloren hatten. Deshalb schreibt Luther gleich eine weitere Schrift gegen die Fürsten, die grausame Rache an der Bauern nehmen: „Die wütenden, rasenden und unsinnigen Tyrannen, die auch nach der Schlacht vom Blut nicht satt werden können und in ihrem ganzen Leben nicht viel nach Christus fragen, habe ich mir nicht vorgenommen zu unterweiser. Denn diesen Bluthunden gilt es gleich viel, ob sie Schuldige oder Unschuldige umbringen, ob es Gott oder dem Teufel gefällt. Die haben das Schwert nur, um ihrer Lust und ihrem übermütigen Willen genug zu tun!“

Luther war also mitnichten ein Fürstenknecht, sondern hat sich immer gegen die gestellt, die Unrecht tun wollten.

Luther wird auch heute in der marxistischen Geschichtsschreibung besser beurteilt. Sein Verdienst wird darin gesehen, daß er die Vorherrschaft der Papst-Kirche gebrochen hat, das Arbeitsethos und das Schulwesen gefördert hat, eine deutsche Nationalkultur gefördert hat. Er wird eingeordnet in die frühbürgerliche Revolution, für die er in seiner Zeit viel geleistet hat, wenn er auch weiterhin im Bürgertum gefangen war.

 

 

Luthers Familie

Luther war von den Ereignissen des Bauernkrieges sehr niedergeschlagen. Er hatte auch Todesahnungen oder meinte sogar, die Welt werde untergehen. So widmete er sich in Zukunft vor allem dem inneren  Aufbau der Kirche. Er reist umher und schafft Ordnung in        Gemeinden. Viele Leute wissen gar nicht von Gott Bescheid, obwohl sie zur Kirche gehören. Viele Pfarrer predigen noch nach der alten Weise.

 

So arbeitete Luther eine reue Ordnung des Gottesdienstes aus.

Vor allem sollte deutsch gesprochen und gesungen werden. Er selber hat eine ganze Reihe vor Liedern gedichtet. Dann schrieb er den Katechismus, damit man in den Familien die Hauptstücke des Glaubens lernen konnte. Und für die Pfarrer, die oft auch nicht viel wußten, schrieb er den großen Katechismus. Auch setzte er sich sehr dafür ein, daß Schulen eingerichtet wurden.

Aber Luther tut auch noch etwas Überraschendes: Er heiratet. Und das kam so: Luther hatte in seinen Schriften die  Mönche und Nonnen aufgefordert, die Klöster zu verlassen und ein bürgerliches Leben zu führen. Deshalb hatten sich neun Nonnen aus dem Kloster Nimbschen an Luther gewandt, damit er ihnen zur Flucht aus dem Kloster verhilft. Das war damals nicht ganz ungefährlich, denn darauf stand die Todesstrafe.

Aber Luther gewann den Ratsherr und Kaufmann Koppe aus Torgau für seinen Plan. Der Kaufmann hatte Heringe in das Kloster zu liefern: Und in den leeren Fässern nahm er die neun Nonnen mit heraus. Die Wittenberger haben nicht schlecht gestaunt, als am Osterdienstag 1523 der Kaufmannswagen in der Stadt hält und ihm neun Nonnen entsteigen.

Doch wohin nur mit den jungen Frauen. Ihre Verwandten weigerten sich, sie aufzunehmen, teils aus Furcht, teils aus Armut. Eine von ihnen war Katharina von Bora. Sie war am 29.Jaruar 1499 geboren in der Nähe von Leipzig. Ihr Vater hatte ein kleines Gut. Als er sich zum zweiten Mal verheiratete, gab er seine fünfjährige Tochter Katharina in die Klosterschule nach Brehna. Von dort kommt sie in das Zisterzienserinnenkloster Nimbschen bei Grimma, wo eine Verwandte von ihr Äbtissin ist. Mit 16 Jahren wurde sie dort zur Nonne eingesegnet.

Nun war sie wieder aus dem Kloster freigekommen und wohnte bei dem Wittenberger Bürgermeister Reichenbach. Luthers Versuche, sie zu verheiraten, scheiterten immer wieder. Katharina sagte geradeheraus: „Entweder heirate ich den Amsdorf oder den Luther selbst!“ Luther aber gefiel die hübsche Ave von Schönfeld sehr gut. Katherina war ihm zu stolz und selbstbewußt.

Aber dann heiratet er sie doch aus Mitleid. Alle seine Freunde haben gesagt: „Nur nicht diese. Ein reiches Bürgermädchen wäre das nichtige für den Doktor Luther, nicht eine arme Nonne!  Am Dienstag nach Trinitatis, am 13. Juni 1525, lud Luther seine Fremde Bugenhagen und Jonas in seine Wohnung im Schwarzen Kloster ein. Auch der Maler Lukas Cranach war dabei. So wurde dann die Trauung. vollzogen.

Luther hatte sich seit Anfang des Jahres mit dem Gedanken getragen, doch auch zu heiraten wie es schon einige seiner Freunde getan hatten. Er sagte: „Ich bin dem Papst noch eine Narrheit schuldig!“ Er wollte seinen Lehren nun auch ein Bekenntnis der Tat folgen lassen. Er wollte der Welt kurz vor seinem vermeintlichen Tod noch ein Beispiel geben. Eine Liebesheirat ist es wohl nicht gewesen. Aber die beiden Eheleute haben sich in den 21 Jahren ihrer Ehe doch sehr lieb gewonnen und Luther wollte seine Frau nicht mehr missen.

Käthe Luther war eine tüchtige Frau. Sie verstand Landwirtschaft und Gartenbau, konnte gut kochen und sogar Bier brauen und hielt den Haushalt bestens in Ordnung. Mit großer Fürsorge umgab sie ihren Mann. Ihm tat das gut, denn er hatte die Monate vorher niemanden gehabt, der ihm sein Bett machte und für reine Wäsche sorgte. Er hatte nur von früh bis spät abends gearbeitet und war dann todmüde in den Schlaf gefallen.

Luther war ein sehr gastfreier Mann und wurde deshalb auch oft ausgenutzt. Sehr oft brachte er unangemeldet Gäste mit. Die Familie verköstigte täglich eine beträchtliche Anzahl Studenten, sie hatte elf Pflegekinder von armen Verwandter bei sich und dazu hatten sie im Laufe der Jahre ja sechs eigene Kinder. Luther selber aber war oft rank und mußte besonders betreut werden.

Käthe mußte äußerst sparsam wirtschaften. Sie kaufte einige Gärten und landwirtschaftliche Besitzungen, um das Essen für all die vielen Menschen herbeischaffen zu können. Vor allem hing sie an dem Gut Zühlsdorf bei Torgau, das sie  von ihrem Bruder gekauft hatte. Dadurch hatte sie auch einen Rückhalt für den Fall, daß ihr Mann vor ihr sterben sollte.

 

 

Sein ganzes Gehalt als Professor betrug 200 Gulden. Er wollte von der Gemeinde keine Besoldung und von den Studenten kein Studiengeld und von den Buch­händ­lern Honorar haben. Im zweiten Jahr seiner Ehe hatte er über 1.000 Gulden  Schulden, brachte aber weiter Reisende, Flüchtlinge, Mönche und Nonnen mit nach Hause.

Unter solchen Umständen war Käthe natürlich geneigt, Darlehen aus der kurfürst­lichen Kammer oder dem Rathaus in Anspruch zu nehmen,  zuweilen nahm sie auch von den Eltern ihrer Kostgänger etwas an. Der Kurfürst Albrecht hatte ihr ein Geldgeschenk zur Hochzeit bringen lassen. Luther aber faßte das als Bestechungsversuch auf und schickte den Boten wieder weg. Als er aber unten an der Küche vorbeikam, fragte ihn Käthe aus und nahm das Geld an. Sie hielt zusammen, was ihr Mann aus Gutmütigkeit mit vollen Händen ausgab.

In der Ehe gab es nicht nur eitel Sonnenschein. Luther war wohl von Natur aus nicht besonders liebenswürdig und hat seine Frau vor manche Probleme gestellt. Er neigte zur Schwermut und konnte auch sehr jähzornig werden.

Aber dann war er auch wieder liebenswürdig und originell. Wenn er seiner Frau einmal einen Wunsch versagte, dann brachten ihn ihre Tränen doch immer wieder dazu, daß er ihr nachgab. Scherzhaft sagte er deshalb oft: „Du bist eine Kaiserin, denn du hast einen Mann, der dich liebt. Aber du bist mein ‚Herr Käthe‘ und die ‚Doktor Lutherin‘!“

Oder wenn er sich in Eifer geredet hatte, dann fragte er sie spaßhaft: „Hast du auch ein Vaterunser gebetet, ehe du die lange Predigt begonnen hast?“ Als ein in Wittenberg studierender  Engländer einen Deutschlehrer suchte, empfahl Luther seine Käthe: „Die ist beredt, sie kann es so fertig, daß sie mich weit damit überwindet!“

Oder hören wir, wie Luther jemand zum Paten bittet: „Ich bitt euch um Gottes Willen, Gott hat mir eine junge Heidin beschert. Ihr wollt so wohl tun und derselbigen armen Heidin zur Christenheit helfen und ihre geistliche Mutter werden, damit sie durch euren Dienst und Hilfe auch komme aus der alten Geburt Adams zur neuen Geburt

Christi durch die Heilige Taufe!“

Umgedreht munterte Käthe ihn auf, wenn er wieder einmal schwermütig war: Plötzlich erschien sie in tiefschwarzen Trauerkleidern Luther war höchst erstaunt: „Wieso bist du schwarz gekleidet?“ Käthe antwortete ihm: „Da du so lange Zeit mißmutig bist, muß unser Herr Jesus Christus gestorben sein, der uns fröhlich macht!“ Da nahm Luther seine Frau in die Arme und war wieder froh.

Wie sehr Luther Sehnsucht nach seiner Frau hatte, zeigen seine Briefe, wenn er auswärts krank darniederlag. Als er im Jahre 15ß7 in Schmalkalden krank war, spottete er über die feuchter Betten, durch die er sich die Krankheit zugezogen hatte: „Gastfreund, flieh, so du kannst, weit weg von den hessischen Betten!“ In Wittenberg selber wurde aber auch mehrfach von schwerer  Krankheit heimgesucht. In den Jahren 1539 und 1540 brach die Pest aus. Die Studenten und Kollegen verließen fluchtartig die Stadt. Luther und Bugenhagen aber blieben, um den Kranken geistlichen Beistand zu leisten. Luthers Haus wurde sogar zum Spital, wo Käthe viele

Kranke pflegte. Als die Frau des Arztes gestorben war, nahm Luther die vier Kinder mit in sein Haus. Käthe wurde selber krank, überstand aber alles, auch die Kinder kamen durch.

 

Hans und Lenchen Luther:

Luther hatte sechs Kinder: Hans, Lenchen, Margarethe, Elisabeth,  Martin und Paul. Hans war also der Älteste und am 7. Juni 1526 geboren. Martin Luther war auf ihn stolz, wenn er viel wußte.  Aber Luther war ja nur selten daheim und die Tante Lene verzog  den kleinen Hans ganz schön. Hans war deshalb oft sehr ungezogen. Und wenn Luther dann zurückkam und davon hörte, gab er ihm drei Tage Stubenarrest und redete nicht mit ihm (Er hatte gelogen). Der Mutter tat das wiederum leid. Aber der Vater meinte: „Lieber einen toten Sohn als einen ungezogenen!“

Hans sollte ordentlich etwas lernen. Deshalb schickte ihn Martin Luther nach Torgau an der Elbe zu dem bekannten Rektor Cordel .Dem schrieb er: „Ich schicke Dir meinen Sohn Hans, damit Du ihm.- wie den anderen Kindern - in Grammatik und Musikunterricht einreihst. Achte bitte besonders auf sein Betragen!“

Doch Hans war kaum drei Wochen in Torgau, als seine Lieblingsschwester Magdalene schwer krank wurde. Lenchen war immer das gehorsamste Kind. Aber nun ahnte sie, wie schwer krank sie war. Da bat sie ihren Vater: „Lieber Vater, ich möchte so gern meinen Bruder Hans bei mir haben!“ Luther bestellte sofort einen Reisewagen und schreibt einen Brief an Rektor Cordel: „Gnade und Friede, mein lieber Markus Cordel. Ich bitte euch, sagt meinem Sohn Hans nicht, was ich euch schreibe. Mein Töchterlein Magdalene ist dem Ende nahe und wird bald heimkehren zu ihrem rechten Vater im Himmel, wenn Gott es nicht anders beschlossen hat. Aber sie sehnt sich so sehr danach, den Bruder zu sehen, daß ich einen Wagen hab schicken müssen.  Die beiden haben sich ja so lieb gehabt. Ob sie sich vielleicht erholen möchte, wenn er kommt. Ich tue, was ich kann,  damit mich nicht später mein Gewissen quält. So sage ihm also - doch ohne die Ursache - daß er mit diesem Wagen eilends komme, um bald wieder zurückzukehren, wenn Lenchen im Herrn entschlafen ist oder wieder gesund wird. Gott befohlen. 6. September 1542!“ Hans traf wohl noch am gleichen Tage zuhause ein.

Die böse Krankheit dauerte noch Tage an.  Martin Luther betete oft mit Lenchen: Lieb hab ich sie sehr, aber so es dein Wille ist, du lieber Gott, will ich mein Lenchen dir gern geben!“ Als schon keine Hoffnung mehr ist, fragt Luther sein Kind: „Lenchen, mein Töchterlein, du bleibst gern hier bei mir. Aber du gehst auch gern zu Gott, deinem Vater?“

Lenchen antwortet matt: „Ja, herzliebster Vater, wie Gott es will!“ Die Mutter konnte es nicht mehr mit ansehen und ging hinaus. Da sinkt der Vater vor dem Bett in die Knie und betet:  „Bitte, erlöse mein Kind!“ Am 20. September starb Lenchen. Martin Luther sagte: „Ich bin fröhlich im Geist, aber nach dem Fleisch bin ich sehr traurig. Ach, du liebes Lenchen, wie wohl, ist dir geschehen, du wirst wieder auferstehen und leuchten wie ein Stern, nein, wie die Sonne!“ Ich habe eine Heilige gen Himmel geschickt. Ich bin zwar traurig. Aber Gottes Wille geschehe!“

Auf dem Grabstein ließ Luther schreiben: „Hier schlaf ich, Lenichen, Dr. Luthers Töchterlein. Ruh mit allen Heiligen in meinem Bettelein. Die ich in Sünden war geboren. Aber ich leb nun und hab’s gut, Herr Christ, erlöst mit deinem Blut!“

Hans hatte miterlebt, wie seine Schwester gestorben war. Schon die kleine Elisabeth hatte der Tod im Alter von dreiviertel Jahren ihnen genommen. Hans geht wieder nach Torgau. Die Mutter hatte ihm zum Abschied gesagt: „Komm heim, wenn du dich nicht wohl fühlst!“ Hans hatte auch Heimweh und weinte sehr viel. Martin Luther aber schrieb: „Mein Sohn, sieh zu, daß du über diese Tränen männlich Herr werdest, daß Du Deiner Mutter nicht neuen Schmerz bereitest. Du hast Gott zu gehorchen, der befohlen hat, daß du durch uns in die Schule genommen wirst. Auch die Mutter will, daß du deine Traurigkeit ablegst und fröhlich und ruhig studierst!“

 

Der weitere Fortgang der Reformation

 

Bibelübersetzeng:

Zwölf Jahre hat es gedauert, bis Luther zusammen mit Freunden die ganze Bibel übersetzt hatte. Oftmals schafften sie in vier Tagen kaum drei Zeilen. Luther ging zum Beispiel zum Metzger und ließ sich zeigen, wie man ein Schaf schlachtet und wie die einzelnen Teile heißen. Er sagte: „Man muß die  Mutter im Hause, die Kinder auf der Straße, den einfachen Mann auf dem Markt fragen und ihnen auf das Maul sehen und dolmetschen!“ Im Jahre 1534 wurde die ganze Heilige Schrift in Deutsch gedruckt. Schöne Bilder und Anfangsbuchstaben schmückten das Buch. Der Maler Lukas Cranach hat dabei mit gearbeitet.

 

Religionsgespräch in Marburg 1529:

Die Schweizer Reformatoren waren sich mit den Wittenbergern  nicht einig. Da lud sie Landgraf Philipp von Hessen nach Marburg zu einem Religionsgespräch ein. Über 14 Punkte konnte man sich einigen, aber beim Abendmahl gingen die Meinungen auseinander. So kam es, daß vor allem in der Schweiz und in den Niederlanden die reformierte Kirche entstand, während  die anderen Kirchen sich als „lutherisch“ bezeichneten.

 

Reichstag zu Augsburg 1530:

Als auf dem Reichstag zu Speyer 1529 die Evangelischen an der Fortsetzung des Reformationswerks gehindert werden sollten, legten sie feierlich Protest ein. Seitdem entstand der Name „Protestanten“. Um diese Zeit dichtete Luther sein Glaubenslied: „Ein feste Burg ist unser Gott!“

Auf dem Reichstanz in Augsburg 1530 verteidigten die evangelischen Fürsten und Städte ihre Sache. Luther konnte nicht auf dem Reichstag erscheinen, weil er ja noch in der Reichsacht war. Von der Festung Coburg aus schrieb er Briefe an die evangelischen Fürsten, um ihnen den Rücken zu stärken. Sein Freund Melanchthon war nämlich etwas zu nachgiebig  gegenüber dem Kaiser und den katholischen Bischöfen. Doch gerade Melanchthon hat dann das Bekenntnis verfaßt, das von allen Evan­gelischen unterschrieben und auf dem Reichstag  öffentlich verlesen wurde. Dieses „Augsburger Bekenntnis“ (Confessio Augustana) ist bis heute eine der wichtigsten Bekenntnisschriften unserer Kirche.

 

Schmalkaldischer Bund:

Schon 1526 hatten evangelischen Fürsten ein Bündnis beschlossen unter Führung von Johann von Sachsen und Philipp von Hessen.  Nach dem Reichstag von Augsburg wurde der Schmalkaldische Bund geschlossen. Daraufhin mußte der Kaiser 1532 in den Nürnberger Religionsfrieden einwilligen, weil er die evangelischen Für­sten im Kampf gegen die Türken brauchte. Doch im Schmalkaldischen Krieg kamen

die Evangelischen in arge Bedrängnis.

Weil sich Moritz von Sachsen auf die Seite des Kaisers stellte, ging die Schlacht von Mühlberg verloren. Seit 1552 wandte sich Moritz wieder gegen den Kaiser. So kam es 1555 zum Religionsfrieden von  Augsburg, der den  Evangelischen gleiche Rechte mit den Katholiken zugestand. Jetzt wurde allerdings auch die Regel aufgestellt, daß alle Untertanen dem Bekenntnis ihres Landesherrn zu folgen hatten.

 

Luthers Tod:

Anfang 1546 begeb sich Luther nach Eisleben, um im Erbstreit der Mansfelder Grafen zu vermitteln. Er war schon krank, aber er wollte den Dienst nicht abschlagen und  hat auch allerhand erreicht. Doch in seiner Geburtsstadt sollte er auch sterben. Seine letzten geschriebenen Worte waren: „Wir sind Bettler, das ist wahr!“  Gebetet hat er zuletzt: „Vater, in deine Hände befehle ich meinen Geist, du hast mich erlöst, Herr, Du treuer Gott!“ Am 18. Februar starb er. In der Schloßkirche in Wittenberg wurde er beigesetzt. Melanchthon hielt die Trauerrede. Seine Totenmaske und die Abdrücke seiner Hände sind erhalten.

 

Katharinas Ende:

Als Luther gestorben war, ging es der Witwe nicht gut. Der kleine Gutsbesitz warf wenig ab und drei Söhne wollte sie studieren lassen. Der Schmalkaldische Krieg brach aus und ihr Gönner, der Kurfürst, geriet in Gefangenschaft. Jedes Jahr schrieb sie an den König vor Dänemark um Unterstützung. Sie mußte nach Magdeburg und Braunschweig und ist erst dann wieder in das völlig veränderte Wittenberg zurückgekehrt.

Als 1552 wieder die Pest ausbrach, wurde die Universität nach Torgau verlegt. Auch Katharina zog mit den Kindern nach dort. Unterwegs auf einer Brücke scheuten die Pferde. Käthe sprang beherzt vom Wagen, um die Kinder zu retten. Sie stürzte in einen Graben mit kaltem Wasser. Der Schreck und die Erkältung hatten eine Lähmung zur Folge. Drei Monate siechte sie noch dahin. Dann starb sie am 20.Dezember 1552  im Alter von 53 Jahren.

 

[Diese Auswahl hat etwas Lokalkolorit aus Südthüringen und geht auch etwas ausführlich auf Thomas Münzer ein, der ja in der DDR über Luther gestellt wurde. Für die heutige Darbietung sind unbedingt die heutigen Schulbücher im Fach Geschichte zu vergleichen].

 

Siehe auch die Datei „Rundgang durch Schmalkalden auf den Spuren Martin Luthers“

 

 

Luther und die Juden

 

Brief an Salomon Korn vom 02.05.2018:

Sehr geehrter Herr Korn, es ist schon etwas her seit Sie im November 2017 einen Artikel über Luther in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung geschrieben haben, aber ich will mich doch noch dazu äußern. Sie tun nämlich genau das, was Friedrich Schorlemmer manchen Journalisten vorwirft: Sie lassen die Verdienste Luthers so gut wie gar nicht gelten, sondern werten sie ab, weil er in seinen späten Jahren verstärkt antisemitische Äußerungen getan hat. Wer aber Antisemit ist, der kann sonst nichts Gutes hervorgebracht haben.

Daß Luther manche Bibelstellen judenfeindlich übersetzt habe, ist mir neu. Ich habe vor 50 Jahren Theologie studiert. Selbstverständlich kam Luthers Judenhaß schon damals zur Sprache, in den Vorlesungen und  Büchern. Sogar im Religionsunterricht in der Schule war das schon dran. Da kann man doch nicht so tun, als habe die Kirche das verschwiegen und erst jetzt hätten verdienst­volle Journalisten das aufgedeckt. Aber was eine „judenfeindliche Übersetzung“ sein soll, ist mir nicht klar. Schon das Neue Testament kritisiert die Juden, weil sie mit Schuld waren am Tod Jesu, das ist nicht eine Erfindung Luthers.

Bei Ihnen hört sich das aber so an, als sei Luther wenn nicht unbedingt der Erfinder, aber der größte Förderer des Antisemitismus gewesen. Wenn die Nationalsozialisten sich auf Luther beriefen und sogar einige seiner Vorschläge umsetzten, da kann Luther nichts dafür.

Sie behaupten auch, Luthers Antisemitismus sei nicht religiös bedingt, sondern sei auch schon rassisch-ethnisch geprägt. Es mag sein, daß seine Umwelt seine vom Glauben bestimmten Auffassungen noch bestärkt hat, aber in erster Linie spricht aus ihnen doch die Enttäuschung, daß die Juden seiner Zeit sich nicht „bekehren“ wollten. Ich verstehe nicht, daß man den Christen die Mission unter den Juden verbieten will. Jede Religion treibt Mission. Sicherlich muß man das nicht aggressiv tun, aber man kann doch keinen abweisen, der von sich aus übertreten will. Aber es ist doch kein Fehler, wenn man Juden „als potentielle Christen“ sieht.

Sie meinen, Luthers Judenhaß sei „kein von seinem übrigen Denken und Handeln abgespaltenes Verhalten“ gewesen. Doch an sich ist das bei jedem Menschen so, daß er zwei Seiten hat oder doch zumindest bei allem Gutsein auch Fehler macht. Luther ist für die evangelischen Kirchen durchaus kein Heros, sondern ein Mensch wie alle. Und es ist auch ein völlig falsches Bild, daß die Kirchen im Jahr 2017 Luther hochjubeln wollten und deshalb seine dunklen Seiten unterdrückt hätten. Es gibt keinen Personenkult in der evangelischen Kirche.

Wenn Sie die ganze Lehre Luthers zu zerstören und Luther vom Sockel stoßen wollen, dann hängt daß auch damit zusammen, daß Sie nur das von uns sogenannte Alte Testament anerkennen und das Werk Jesu und die Lehre von der Rechtfertigung des Glaubens ablehnen. Es waren halt Juden, die gerufen haben „Kreuzige ihn, kreuzige ihn“. Ich gehe allerdings nicht so weit zu sagen, daß sie es auch heute wieder tun würden. Uns hat schon der Pfarrer im Konfirmandenunterricht gesagt: „Hätte Jesus unter den Germanen gelebt, dann hätten sie ihn auch kreuzigen lassen“.

 

Heute wird die Diskussion aber von jüdischer Seite durch einen neuen Gesichtspunkt erweitert: Man solle keinen bundesweiten Feiertag am 31. Oktober einführen, dann Luther habe das nicht verdient. Ich halte so einen Feiertag auch nicht für nötig, denn er wurde in den nördlichen Bundesländern ja nicht aus religiösen Gründen eingeführt, sondern weil man mit den südlichen Bundesländern gleichziehen will. Aber beim 31. Oktober geht es nicht um eine Verehrung Luthers, sondern um das Gedenken an die Reformation, die auch von anderen Theologen und Nicht-Theologen getragen wurde. Luther ist kein Papst. Aber es ist doch übertrieben, die „Martin-Luther-Straßen“ nun  umzubenennen. Bei dieser Forderung geht es nicht mehr um die Person, sondern sie ist Ausfluß einer allgemeinen Religionsfeindlichkeit, die auch die Juden trifft. Leider ist die jüdische Seite aber auch nicht frei von Vorurteilen oder Mißverständnissen.

 

 

Kritik am Reformator: Luthers Judenhaß und die Pogrome  (Salomon Korn)

Bis heute fällt es Protestanten schwer, den Reformator als den zu sehen, der er auch war: ein Hetzer gegen die Juden. Seine Schriften wirkten bis ins Deutschland der Nationalsozialisten. Ein Gastbeitrag.

Die Feierstimmung wird durch Kritik schnell getrübt. Nur so erklärt sich die Reaktion des evangelischen Theologen Friedrich Schorlemmer angesichts zahlreicher Veröffentlichungen zum 500. Reformations-Jahrestag, die das gängige Bild von Martin Luther hinterfragen. Er sei, so Schorlemmer, „allergisch gegenüber Leuten, die nur daran interessiert sind, was es an Luther zu mäkeln gibt.“ Angesprochen auf den Judenhaß in Luthers Werk, entgegnet der vielfach für sein gesellschaftspolitisches Wirken ausgezeichnete ehemalige DDR-Bürgerrechtler: „Es gab zu dieser Zeit niemanden, der nicht auch antijudaistisch publiziert hätte.“

Abgesehen davon, daß es im Reformationszeitalter durchaus Zeitgenossen von Rang gab, die die Hetze Luthers nicht teilten, sondern mäßigend auftraten, spiegelt Friedrich Schorlemmers Sicht die aktuelle Mehrheitsmeinung in Deutschland wider. Der zufolge ist der Lutherische Antijudaismus unschön, doch im Grunde nachvollziehbar und verzeihlich, weil er dem damaligen Zeitgeist entsprach und sich ohnehin nur im Spätwerk Luthers findet.

Bis heute fällt es den protestantischen Kirchen schwer, die grausamen Folgen der Schmähschriften Martin Luthers und der vielen Beispiele seiner judenfeindlich übersetzten Bibelstellen in der Luther-Bibel auf die Judenverfolgung im nationalsozialistischen Deutschland anzuerkennen. Die Mehrheit der Kirchenvertreter definiert den Judenhaß des Reformators als christlich-theologisch motivierten Antijudaismus, der sich grundlegend vom modernen, rassistisch motivierten Antisemitismus unterscheide.

Es ist renommierten Historikern wie Thomas Kaufmann und Manfred Gailus oder auch den Ausstellungsmachern der Berliner Gedenkstätte Topographie des Terrors zu danken, mit ihren Arbeiten für eine umfassende, differenzierte Ausleuchtung der dunklen Seite Luthers gesorgt zu haben. Luthers Judenhaß Schloß Motive ein, die sich laut Thomas Kaufmann eben nicht einfach als „theologisch“ oder „religiös“ bezeichnen lassen und die über den traditionellen christlichen Antijudaismus, der bereits im Neuen Testament einsetzt, hinausgehen. Für den Kirchenhistoriker handelt es sich hier um „spezifisch vormodernen Antisemitismus.“ Entsprechend scharf kritisiert der Kirchenhistoriker den heutigen Personenkult um Martin Luther und dessen überbordende Vermarktung durch die evangelische Kirche im Jubiläumsjahr. Eine Vorbildrolle des Reformators hält er für abwegig.

Luther hoffte auf viele Konvertiten

Auffällig ist zudem die ebenfalls gerne vorgenommene strikte Trennung zwischen den antisemitischen Ausfällen Luthers und seinem sonstigen Leben und Wirken. Nein, Luthers Judenhaß war kein von seinem übrigen Denken und Handeln abgespaltenes Verhalten. Diese Vorstellung führt schon deshalb in die Irre, weil Martin Luther in keiner Lebensphase das Judentum als Religion wirklich tolerierte. Seine Idee eines einheitlich christlichen Staates Schloß ein gedeihliches Nebeneinander von Christentum und Judentum aus.

Die von protestantischer Seite bis heute ins Feld geführten judenfreundlichen Äußerungen in seinen frühen Schriften taugen ebenfalls nicht als Rechtfertigung oder Gegenbeweis. Die in jungen Jahren von Luther formulierten Duldungsappelle und sein Eintreten für einen brüderlichen Umgang mit den Juden stehen unter dem Vorbehalt, daß sich die Juden im Zuge der Reformation bekehren lassen. Luther war in dieser Lebensphase kein Freund der Juden, sondern sah diese als potentielle Christen.

Die Juden traten jedoch keineswegs in Scharen zum Christentum über. Luthers Unverständnis, ja Zorn über die jüdische Verstocktheit gipfelte 1543 in seiner berüchtigten, verhängnisvollen Hetzschrift „Von den Juden und ihren Lügen“. Kein bis dahin von anderen judenfeindlichen Autoren veröffentlichter Text, von denen es bekanntlich viele gab, besaß diese hasserfüllte Schärfe und Maßlosigkeit.

Gegen das Bild eines Gutmenschen, der im Alter an antisemitischen Wahnvorstellungen litt, spricht zudem, dass auch der späte Luther sehr gezielt und hochprofessionell die Verbreitung seiner Schriften inklusive der judenfeindlichen Pamphlete vorantrieb. Auf „Von den Juden und ihren Lügen“ folgten noch zwei weitere, kürzere judenfeindliche Texte, gleichsam Ergänzungen. Die Hauptschrift war kein Ausrutscher. Luther war ein begnadeter Volkstribun. populär und hochverehrt, der seine  verbreitet sehen wollte. Auf diesem Talent faßte der Erfolg der Reformationsbewegung. Das geringe öffentliche und politische Interesse an seinen Vorstellungen einer protestantischen Judenpolitik ärgerte ihn. Er schien darauf vertraut zu haben, dass sein Ansehen und seine Bekanntheit die Verbreitung der Schriften befördern würden. Stattdessen zeigte sich, dass seine Zuspitzungen zwar extrem waren, die Botschaft aber nicht neu. Die theologischen Aspekte waren für die Allgemeinheit zu anspruchsvoll, und die Fürsten hatten kein Interesse, auf die Schutzgelder der Juden in ihren Territorien zu verzichten.

Im Wissen um das von Deutschen begangene Menschheitsverbrechen an den Juden erscheinen Luthers hasserfüllte Schmähungen wie eine Handlungsanleitung für die Endlösung der Judenfrage.

Von der Inbrandsetzung der Synagogen über die Zerstörung der jüdischen Wohnhäuser und den Zwang zu harter körperlicher Arbeit bis hin zur Empfehlung, den Juden alle Bücher und Wertsachen zu entziehen, um nur einige Beispiele zu nennen, findet sich hier das gesamte Sammelsurium der 400 Jahre später in den antisemitischen Rassegesetzen der Nationalsozialisten formulierten Grau­samkeiten.

Die Weigerung der Juden, Jesus als ihren Messias anzuerkennen, machte sie in den Augen Luthers zu vom Teufel besessenen Gottesfeinden. Das Judentum sei die falsche, eine schädliche Religion. Kinderraub, Brunnenvergiftung, Ritualmord - kein Vorwurf wurde ausgelassen. Das Ausmaß der Dämonisierung ist beispiellos. Es wiegt umso schwerer, als Luther so gut wie keine persönlichen Begegnungen mit Juden hatte. In seinem Lebensumfeld, in Mansfeld, Magdeburg oder Thüringen, lebten fast keine Juden. Sie waren überall ausgewiesen oder vertrieben worden. Geschichten von Dritten, selbstkonstruierte Vorstellungen und christliche Überlieferungen fügten sich zu einem völlig übersteigerten Feindbild.

Ein Feindbild, das Ende des 19. Jahrhunderts in völkisch gesinnten Kreisen begierig aufgegriffen wurde. Folgenschwer war dann die Anfang der dreißiger Jahre des zo. Jahrhunderts verstärkt einsetzende Verbreitung der judenfeindlichen Schriften Luthers, da mit ihnen die antisemitische Hetze der Nazis unterfüttert werden konnte. Der Historiker Manfred Gailus spricht von einem regelrechten „Luther-Revival“, das seit 1933 nicht nur im großen Lager der nazitreuen Deutschen Christen, sondern in allen Kirchenfraktionen zu beobachten war: „Der Reformator als Nationalheros, als Urbild des kerndeutschen Kämpfers. Vielfach wurde eine historische Traditionslinie von Luther zu Hitler gezogen - und zwar von den Protestanten selbst.“

Mit den Pogromen im November 1938, dieser „Explosion von Sadismus“, wie der Historiker Saul Friedländer die Geschehnisse bezeichnet, schien sich das Vermächtnis des Reformators zu erfüllen. Es war Zufall, dass die Nacht der brennenden Synagogen, die Nacht, in der Zehntausende unschuldige Menschen aufgrund ihres Glaubens misshandelt, gedemütigt, verhaftetet, gequält und ermordet wurden, der Vorabend von Luthers Geburtstag war. Doch dieser Zufall steigerte nicht nur unter den Protestanten den Glauben an eine Fügung  zusätzlich.

Nein. Luthers Schmähschriften waren nicht ursächlich für den scharfen protestantischen Antisemitismus in den Jahren des nationalsozialistischen Unrechtsregimes. Doch sie wirkten seit 1933 als „Brandbeschleuniger für einen ohnehin schon fortgeschrittenen Flächenbrand“, wie Manfred Gailus treffend feststellt. Ein Flächenbrand, der wenige Monate später auch jene Juden erfasste, die ganz im Sinne Luthers zum Christentum übergetreten waren. Ab Februar 1939 verbot die evangelische Kirche den „rassejüdischen Christen“, wie sie im Kirchendeutsch genannt wurden, den Zutritt zu ihren Gotteshäusern, im Frühsommer erhielten alle Pastoren „nichtarischer“ Herkunft ihr Entlassungsschreiben.

Knapp achtzig Jahre später finden überall in Deutschland Veranstaltungen zum Gedenken an die Folgen des damaligen Flächenbrandes statt. In den jüdischen Gemeinden, aber auch in Kirchen und öffentlichen Einrichtungen, wird sich erinnert an die toten und überlebenden Opfer der Pogrome vom 9. auf den 10. November 1938, an diesen landesweiten Ausbruch unfassbarer Brutalität und

Menschenverachtung - den Auftakt zum späteren Massenmord an den europäischen Juden.

Das Ergebnis der Bundestagswahlen am 24. September unterstreicht die Bedeutung aktiver Erinnerung an Vorgeschichte und Folgen der Novemberpogrome. Der Einzug von über 90 rechtspopulistisch gesinnten, zum Teil offen rechtsradikal-antisemitisch denkenden Abgeordneten in den Deutschen Bundestag markiert eine zeitgeschichiche Zäsur. Eine Zeitenwende, die sich seit langem abzeichnete. Die kurz vor den Wahlen von der Bundesregierung verabschiedete Antisemitismus-Definition der International Holocaust Remembrance Alliance, die auch pauschale Israelkritik als Judenhass brandmarkt, erscheint vor dem Hintergrund der aktuellen Situation als hilflose, wenn auch gut gemeinte Geste gegen die deutlich sichtbaren Glutnester antisemitischer Gesinnung, die die Jahrhunderte überdauert haben.

Die Wehrhaftigkeit der deutschen Demokratie wird in den kommenden Jahren auf die Probe gestellt werden. Einfach abzuwarten und darauf zu vertrauen, dass sich die freiheitlich-rechtliche Grundordnung als Brandschutz gegen den gefährlichen Funkenschlag des Antisemitismus erweisen wird, wäre ein fahrlässiges Spiel mit dem Feuer.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Die zehn Gebote

 

Bibel

1.  Der Dekalog geht nicht auf die Person des Mose zurück, dieser ist nicht der große Religionsstifter und Gesetzgeber Israels.

2. Der Dekalog  hat keinen ursprünglichen Bezug auf die Sinai-Offenbarung, die ins­gesamt später eingefügt wurde.  Zum Sinai gehören in erster Linie die Gotteserscheinung und d er Bund. Aber die Gebote passen natürlich sachlich hier hinein, denn sie sollen die Ordnung der Dinge erhalten, wie sie beim Auszug aus Ägypten waren.

3. Gattungsgeschichtlich ist der Dekalog erst spät entstanden, kann aber inhaltlich in die älteste Zeit hinaufreichen (aber er ist nicht nachexilisch).

4. „Sitz im Leben“ ist das Bundeserneuerungsfest in Sichem (Entscheidung über Leben und Tod). Allerdings werden dann die Priester zu Vermittlern des Wortes Gottes und erweitern dabei die Gesetze.

5. Die Forderungen gelten als leicht erfüllbar, es wird gewacht über das Menschsein des Menschen.

6. Der Dekalog ist keine ursprüngliche Einheit. Er enthält im strengen Sinne Jahwe-gebundene Texte und Bestandteile des alten Sippenethos. Er weist damit deutlich Spuren einer Entwicklung auf. Sie wird auch deutlich in einer Reihe interpretierender Zusätze, die in der Fassung des 5. Mose-Buches noch zunehmen. Auszunehmen sind auch interpretierende Fortlassungen (bei den Kurzverboten vom Töten, Ehebrechen und Stehlen, wo ursprünglich - wie im folgenden Verbot - ein Objekt anzunehmen ist).

7. Nur mit Einschränkung kann man beim Dekalog von einer „Offenbarung“ reden (Jahwe offenbart sich in seiner Rettungstat, und kraft dieser Rettungstat nimmt er auch die menschlichen Ordnungen in seine Hut).

8. Der Dekalog gehört zum „apodiktischen Recht“ (siehe auch unten): Er will das ganze Rechtsgebiet abschreiten und nicht Einzelfälle regeln (wie das kasuistische Recht).

9. „Gesetz“ wird der Dekalog erst in einer langen Entwicklung, so daß man ihn nach unserer heutiger exegetischen Erkenntnis nicht mehr dem „Evangelium“ gegenüberstellen sollte. Denn gerade dieser Text beginnt mit dem Evangelium von Gottes gnädiger Zuwendung. Für uns als Gemeinde Jesu Christi ist sie Wirklichkeit in unserem Herrn Wirklichkeit, die über die Gemeinde hinausreicht. Wer sich jetzt am geringsten Menschen vergreift, vergreift sich an Christus, der Menschengestalt angenommen hat. Die Gemeinde Jesu Christi darf wissen: „Weil wir in Jesu Menschheit uns selbst angenommen und getragen wissen, darum besteht nun auch unser neues Menschsein darin, daß wir die Not und die Schuld der andern tragen“ (Bonhoeffer: Nachfolge).

 

Allgemeines

Der Dekalog beschränkt sich auf einige fundamentale Negationen, d. h. er begnügt sich damit, gewissermaßen an den Rändern eines weiten Lebenskreises Zeichen aufzustellen, die der zu achten hat, der Jahwe angehört (von Rad).  Was Jahwe absolut mißfällt, das ist bezeichnet und kommt für den Angehörigen seines Bundes nicht in Frage. So sind die Eltern, das Leben, die Ehe, das Eigentum, die Ehre des Mitmenschen geschützt. Die Gebote sind dazu da, das Leben nach dem Willen Gottes zu ermöglichen. Sie engen es nicht etwa ein oder knebeln es! Im Gegenteil: Innerhalb der angegebenen Grenzen bleibt ein weiter Handlungsspielraum, der nicht im Einzelnen mit Vorschriften belegt ist, sondern in Freiheit verantwortet sein will.

Es braucht kaum betont zu werden, daß im alten Israel das so gekennzeichnete Gebot Jahwes als durchaus erfüllbar galt. Ja, es war Gegenstand des Dankes und Lobens. Insofern bedurften die Gebote keiner weiteren Begründung, um anerkannt zu werden. Ja, für das 5. Mosebuch zum Beispiel ist die Fülle der Gebote nur eine Entfaltung des einzigen Grundgebotes, Jahwe zu lieben und ihm allein anzuhangen, allein darin besteht Leben für Israel.

Es begegnen uns in den Rechtssammlungen des AltenTestaments aber auch Formulierungen, die darauf abzielen, Gebote oder Verbote dem Menschen in irgendeiner Beziehung einsichtig zu machen: „Du sollst nicht zum Pfands nehmen den unteren und oberen Mühlstein, denn damit hättest du das Leben zum Pfand genommen (5. Mose 24,6) -„Du sollst dich nicht durch Geschenke bestechen lassen, denn Geschenke machen die Sehenden blind und verdrehen die Sache derer, die im Recht sind“ (2. Mose 23,8) und öfter. Solche Begründungen werden als spezifisch israelitisch angesehen, weil man sie in anderen Rechtssammlungen nicht findet. Damit wird deutlich ausgesagt: Jahwe will keinen blinden, sondern mündigen Gehorsam, Menschen, die seinen Willen verstehen.

Nach dem Exil scheint aber die Erkenntnis, daß es für das Volk als Ganzes unmöglich sei, vor Jahwe zu bestehen, wieder in den Hintergrund getreten zu sein. Im Ge­genteil: In fremder Umgebung wird es eine Hilfe, sich um die Verkündigung der Weisungen Gottes zu scharen und so doch auch fern von Tempel und Gottesdienst Jahwe leben zu können.

Als sich die Gemeinde unter Nehemia und Esra im alten Lande wieder etabliert, wird sie von Esra auf das „Gesetz“ verpflichtet. Von nun an bestimmt das Gesetz, wer zu Israel gehört und wer nicht. Dienten einst die Gebote Israel auf seinem Weg durch die Geschichte, so muß fortan Israel den Geboten dienen. Eine Entwicklung bahnt sich an, durch die das Gesetz - entgegen seiner ursprünglichen Bedeutung - zu einer „absoluten Größe von voraussetzungsloser, von zeit- und geschichtsloser Gültigkeit“ (von Rad) zu werden droht (Ursula Radke, Görlitz).

 

1. Der Dekalog und seine Geltung heute

Wir wissen um den Wortlaut des Dekalogs aus zwei gesonderten Abschnitten: 2. Mose 20 und 5. Mose 5. Nach der Überlieferung waren die Gesetzestafeln in der Bundeslade verborgen. Das könnte verständlich machen, daß die alttestamentliche Literatur den Text nicht aus eigener Anschauung, sondern in unterschiedlicher Form aus der mündlichen Überlieferung kennt.

Lassen wir versuchsweise die in 2. Mose 20 und 5. Mose 5 gegebenen Erläuterungen und Zusätze weg, so schälen sich zehn Sätze heraus, die bei den ersten fünf Geboten zwei- bis dreizeilig gewesen sein dürften, bei den anderen fünf jeweils nur einzeilig. Ein ganz einheitlicher Stil ist aber auch so, besonders für die sogenannte erste Tafel, nicht zu gewinnen, ohne Gewalt anzuwenden. Der Text könnte etwa so gelautet haben:

1. Ich, Jahwe, bin dein Gott. Nicht sollen dir sein andere Götter!

2. Nicht mache dir ein Bild! Nicht bete sie an und nicht diene ihnen, denn ich bin Jahwe, dein Gott!

3. Nicht gebrauche den Namen Jahwe, deines Gottes, zum Nichtigen!

4. Der siebente Tag, der Sabbat, gehört Jahwe, deinem Gott. Nicht sollst du tun ein Werk!

5. Achte deinen Vater und deine Mutter, wie dir befohlen hat Jahwe, dein Gott!

6. Morde nicht!

7. Brich die Ehe nicht!

8. Stiehl nicht!

9. Mache nicht eine Aussage über deinen Nächsten als Lügenzeuge!

10. Trachte nicht nach dem Haus deines Nächsten!

 

Alle Gebote außer dem fünften haben eine Verbotsform, mindestens in der zweiten Zeile. Nur das fünfte Gebot enthält kein „nicht“, wenn man nicht annimmt, daß die ursprüngliche Gestalt etwa lautete: „Nicht sollst du deinem Vater und deiner Mutter fluchen!“ Die ersten fünf Gebote enthalten alle die Gottesbezeichnung und den Jahwenamen. Die ersten fünf und das zehnte Gebot müssen dann bald ergänzt worden sein, erweitert und erklärt, aber schon 2. Mose 20 und 5. Mose 5 mit unterschiedlichen Sätzen. Am meisten fällt hier der Unterschied beim Sabbatgebot in die Augen, wo 2. Mose 20 in Anlehnung an die Priesterschrift (1. Mose 2,1-4) vom Ruhen Gottes am siebenten Tage spricht, während sich 5. Mose. 5 auf die Knecht­schaft in Ägypten bezieht. Die Begründung von 5. Mose 5 macht dadurch einen ursprünglichen Eindruck. 2. Mose 20 wird vom Redaktor des gesamten Pentateuch (fünf Bücher Mose) überarbeitet worden sein.

Wichtiger als solche Unterschiede sind folgende Feststellungen: Der Dekalog unterscheidet sich in ganz besonderer Weise von den kultischen und auch von den gesellschaftlichen Gesetzen des Alten Testamentes. Wir kennen den Unterschied zwischen dem sogenannten kasuistischen und apodiktischen Recht. Das erstere wird formuliert: „Wenn einer dies, und das tut, dann soll er ...“. Das apodiktische Recht dagegen ist ohne Wenn und Aber (zum Beispiel: Der Mörder soll sterben).

Zu diesem apodiktischen Recht gehört auch die Form des Dekalogs, allerdings nun in einer besonderen Art: „Das wirst du gewiß nicht tun!“

 

2. Die Abzweckung des Dekalogs

Die Psalmen 15 und 24 zeigen, wie das Einhalten solcher Gebote Bedingung war für den Einlaß zum Tempelbezirk und Tempelgottesdienst.  Mit der Beachtung der Gebote qualifizierte sich der Israelit als kultfähig und rein. Es geht also im Dekalog zunächst nicht um humane und nicht um gesellschaftliche Gesetze, sondern um die Qualität der Glieder des Volkes Jahwes als Kultgemeinde.

Das Gesetz des Bundes ist Stiftungseinrichtung Gottes. Die Forderung ist begründet in der Gabe dieses Bundes. Der Bund lebt vom Gedenken an Jahwes Tun, „der euch aus Ägypten geführt hat“. Hier wird nicht etwas abrupt Neues gesagt. Gott ist bewährt und hat sich bewährt. Er ist kein unbekannter Gott. Das erste Gebot ist nicht eine Selbstvorstellung Gottes, also nicht: „Ich bin Jahwe, dein Gott!“sondern: „Ich, Jahwe, den du kennst, hin dein Gott!“ Die Antwort des Volkes ist nun ein Versprechen:“Diesem Gott wollen wir die Treue halten!“ (Josua 24).

Es erhebt sich die Frage, ob man das auch könne. Die Geschichte des Gottesvolkes Israel ist eine Kette von Bundesbrüchen. Immer wieder weisen die Propheten, weisen die Geschichtsbücher in ihren verschiedenen Schichten darauf hin. Wird hier nicht deutlich, was die Väter des Luthertums sagten:  „Das Gesetz klagt immer an“? Darauf ist zweierlei zu sagen:

1. Wie Gottes Gabe dem Gesetz vorangeht, so erneuert Gottes Gabe immer wieder das Gesetz. Die immer neue Verbindlichkeit des Gebotes wird aus dem Munde dessen angenommen, der mir vergeben kann, der einen neuen Anfang setzt. Der macht mir das Gebot zur Pflicht, der mich entpflichten kann. Das Korrelat des Gesetzes Gottes ist die Versöhnung, das Opfer. Gesetz und Opfer machen die Ganzheit des Bundes aus, der nicht erlischt, weil Gott sich treu bleibt.

2. Es ist aber nun auch zu beachten, daß der Dekalog ein Rahmengesetz ist' Er steckt den Grenzfall ab. Innerhalb dieses Rahmens wird das Spielfeld frei gelassen. Ein Beispiel: Du sollst nicht morden! Den Mörder trifft die Todesstrafe, aber der Totschläger kann den Asyl-Ort aufsuchen (4. Mose 35,6ff.), kann mit einer zu leistenden Buße rechnen (4. Mose 35,22ff.). Das Verbot des Mordens meint nicht die Todesstrafe, die im israelitischen Gottesvolk Gültigkeit hatte. Es meint nicht das Kriegsrecht, das seine eigene Würde hatte.

Wann nun Asylrecht, wann Buße, wann Kriegsrecht gilt, ist der Weisheit des Richters, der Ältesten im Tor, des Königs als Kriegsherrn oder des Priesters anheimgestellt. Ohne die Einsicht dieser maßgebenden Figuren, ohne deren Weisheit, die durchaus Charisma ist, würde das Gesetz zur kasuistischen Moral, die jeden Einzelfall von vornherein festlegen will und mit dem Gewicht der gleichen Schuld belastet. Die Aufeinanderbezogenheit des apodiktischen Rechtes und des sogenannten kasuistischen Rechtes, das dem Richter einen Rat gibt, ihn aber nicht festlegt, weil es zur Praktizierung der Weisheit des Richters bedarf - kurz das Nebeneinander von Dekalog, und Weisheit sind hier zu berücksichtigen.

 Anders gesagt: Der Gott des Alten Testaments tritt einen weiten Raum seiner Hoheit an den Richter ab, der in der Weisheit, die Gott ihm gibt, das Feld ausfüllt, das der Dekalog offen läßt. Hier spricht er Recht, hier übt er Gnade.

Es ergibt sich nun folgender Vorgang, der sich im Lauf der Geschichte mehrfach wiederholt: Solange die Weisheit den Spielraum des Gesetzes freihält, gelten Gesetze und Gnade in Freiheit. Tritt eine Verfestigung als Kasuistik anstelle der Weisheit, geht auch die Freiheit und Gnade verloren. Wird dann durch Wiederentdeckung der Weisheit und Gnade die Freiheit neu gewonnen, dann verliert auch die Kasuistik ihre Bedeutung. Man kann diese Wechselwirkung im Judentum und auch im Christentum beobachten, zum Beispiel zur Zeit Jesu, in der Reformation und in vielerlei Einzelepochen und Episoden der Kirchengeschichte. Auch in der Geschichte des Protestantismus verhärtete sich die durch die Reformation wiedergewonnene Freiheit zur kasuistischen Moral in ihrer bürgerlichen Gestalt.

Wir stehen in der Gegenwart vor der Aufgabe, dem Gesetz und der Weisheit, der Gnade und der Freiheit die ihnen gebührende Geltung wiederzugeben. Eine Rückbesinnung auf das Alte Testament kann hierbei nur hilfreich sein. Eine entsprechende Auslegung der Bergpredigt und der gesamten Botschaft Jesu, des paulinischen Verständnisses von Gesetz und Evangelium und seiner Paränesen - das sind die mahnenden, ethischen Abschnitte der Briefe.

Ein Gesamtaufriß und Entwurf muß dabei das rechte Verhältnis von Theologie im engeren Sinne (Lehre von Gott) und Anthropologie (Lehre vom Wesen des Menschen) in der Christologie finden. Darauf ausführlicher einzugehen. sei hier nun noch versucht.

 

3. Der theologische und anthropologische Aspekt des Dekalogs:

Der König ist eine Gestalt, die „weiß, was gut und böse ist“ (2. Sam. 14, 17.20; 1. Kön 3,9 ff.), die Weisheit hat (1. Kön.3, 12;  Hes 28). Sein Kennzeichen ist das Richteramt, mit dem er sich als Herrscher erweist. Diese Aussagen gelten dann generell vom Menschen überhaupt. Er ist der verantwortliche Mensch und eben darin Gottes Ebenbild. Und doch steht er in dieser Verantwortlichkeit unter Jahwe, dem Gott Israels.

Er ist nicht etwa sich selbst verantwortlich oder seinen Mitmenschen allein, sondern in jedem Fall nicht nur auch, sondern in erster Instanz Gott. Wenn Gottes Name, „Jahwe“ mit „Ich bin“ interpretiert wird, so ist des Menschen „Ich“ in Gott begründet. Der Mensch ist das „Du“ Gottes, Gott das „Du“ des Menschen, und Adam hat auf der Ebene der Mit-Menschlichkeit in dem „Du“ des Nächsten sein anderes Gegenüber.

Vielleicht wird das Rätsel des Selbstbewußtseins Jesu von Nazareth erst darin wieder klar, daß dieser auf der einen Seite mit göttlicher Autorität sagen kann: „Ich aber sage euch“, dann aber genauso wie jeder Mensch Gott gegenüber vom „Vater im Himmel“ redet.

 

 

Noch eine weitere Erkenntnis ist wichtig: Wenn schon der Abstand zwischen Gott und Mensch darin zum Ausdruck kommt, daß zwar von Gott-Ebenbildlichkeit geredet wird, nicht aber von einer Jahwe-Ebenbildlichkeit, daß öfter der Mensch als engelgleich bezeichnet wird (vgl. 2. Sam. 14; Hes. 28), daß der Mensch Gott verantwortlich bleibt, so wird dies auch auf dem Gebiet der Geschöpflichkeit klar. Jahwe ist nicht ab bildbar, aber der Mensch ist Leib und Seele und als solcher „Erde“. Zu seinem Wesen gehört die seelisch-leibliche Einheit von Ich und Gebärde. Er erkennt seine Nacktheit, er „senkt sein Gesicht“ (1. Mose 3,7 und 4,5) und so fort. Die Linie läßt sich vielfach belegen wiederum bis ins Neue Testament hinein zu den christologischen Aussagen etwa von Phil 2.

Würde jemand fragen, weichen Verkündigungswert solche Feststellungen haben, so müßte geantwortet werden: Menschliche Personalität ist auch sichtbar körperlich aufweisbar, weil der Mensch eine seelisch-leibliche Einheit ist. Nicht nur sein Gesicht und seine Hände, die die Arbeit tun, weisen das aus, sondern zum Beispiel auch seine Geschlechtlichkeit. Die Verantwortlichkeit des Menschen kann sich also nicht von seinen Gebärden, von seinem Tun oder von seiner Geschlechtlichkeit distanzieren. Von hier aus sind die Gebote der zweiten Tafel in ganz besonderer Weise zu erhellen. Jede neue Formulierung und Erklärung des Dekalogs hätte in der Theologie, Anthropologie und Christologie ihre Richtschnur zu finden.

 

4. Ein Versuch zur Neuformulierung des Dekalogs:

So spricht der Herr:

1. Ich bin und wirke als dein Gott. Niemand vertraue einer anderen Macht, als sei sie Gott! Schenke dein höchstes Vertrauen nur Gott allein, lerne ihn achten und lieben dein Leben lang!

2. Mache dir kein Bild von deinem Gott! Gottes Wesen und Art ist uns geoffenbart in Jesus Christus allein.

3. Mißbrauche deines Gottes Namen nicht! Mißbrauch des Anrufens Gottes besteht im Meineid, Verfluchen und Aberglauben; jeder Mißbrauch rächt sich.

4. Der Sonntag soll Gott gehören; da sollst du nicht arbeiten! Gott will, daß wir uns Ruhe gönnen von der Arbeit, damit wir Zeit haben, sein Wort zu hören in der Gemeinde.

5. Achte deinen Vater und deine Mutter! Die Älteren, die uns Gottes Wort sagen, sind die Brücke in die Zukunft.

6. Morde nicht! Der Mörder vergeht sich an der Gemeinschaft; dann sei bereit, jedem Menschen zu helfen.

7. Zerbrich keine Ehe! Die Beziehung von Mann und Frau zueinander soll jederzeit von Verantwortung getragen sein.

8. Stiehl nicht!  Was dein Nächster braucht zum Leben und zur Freude, sollst du schützen.

9. Verleumde deinen Nächsten nicht! Rufmord ist auch Mord; mache niemanden schlecht, sondern hilft ihm zum Guten.

10. Trachte nicht nach deines Nächsten Hab und Gut! Neid und Geiz vergiften die Gesellschaft; darum freue dich des Glückes deines Bruders (Otto-Adolf Scriba).

 

Die Zehn Gebote in der Bibel

1. Du sollst keine anderen Götter haben und dir kein Gottesbild machen.

2. Du sollst den Namen Gottes nicht mißbrauchen.

ß. Der siebte Tag ist ein Ruhetag.

4. Ehre deinen Vater und deine Mutter.

5. Du sollst nicht töten.

6. Du sollst nicht ehebrechen.

7. Du sollst nicht stehlen.

8. Du sollst nicht falsch gegen deinen Nächsten aussagen.

9. Du sollst nicht nach der Frau deines Nächsten verlangen.

10. Du sollst nicht begehren, was deinem Nächsten gehört.

 

Und nochmals: Die Zehn Gebote                             

1. Ich bin dein Herr und dein Gott, darum ist es unmöglich, daß du andere Götter neben mir duldest.

2. Du wirst mich weder als Vorwand noch als fromme Ausrede mißbrauchen, sondern ich lasse mich vor keinen Kannen spannen.

3. Du wirst den Tag feiern, an dem ich, Gott, Mensch wurde.

4. Du wirst dein Verhältnis zu Vater und Mutter so gestalten, daß es ein Zeichen für deine Verbindung zu mir ist.

5. Du wirst keinen Menschen töten.

6. Du wirst so lieben, daß dein Partner oder deine Partnerin bei dir geborgen ist.

7. Du wirst dir nichts nehmen, was dir nicht gehört.

8. Du wirst ehrlich sein mit den Menschen um dich herum.

9. Du wirst nicht neidisch sein auf deine Freundin oder auf den begabten Mitschüler.

10. Du wirst nicht das haben wollen, was andere besitzen.

 

Und nochmals: Die Zehn Gebote                             

1.  Du brauchst keine Angst zu haben! Ich, der allmächtige Gott, will dein Helfer sein. Halte dich an mich und du bleibst frei.

2.  Du brauchst dir nichts einreden zu lassen! Ich, der allmächtige Gott, will dein Lehrer sein. Halte dich an mein Wort, es ist die Wahrheit.

3.  Du brauchst mich nicht zu zwingen, dir zu helfen. Ich, der allmächtige Gott, bin ganz freiwillig dein Freund.

4.  Du brauchst dich nicht zu Tode zu hetzen! Ich, der allmächtige Gott, will dein Meisten sein. Halte dich an mich, und dein Leben wird Erfüllung finden.

5. Du brauchst nicht in ständiger Auflehnung zu leben. Ich, der allmächtige Gott, will dein Vater im Himmel sein. Du kannst es dir leisten, dich in Liebe einzuordnen und so deine Freiheit zu gewinnen.

6. Du brauchst die anderen nicht als Konkurrenten zu behandeln! Ich, der allmächtige Gott, will dein Beschützer sein. Du kannst es dir leisten, deinem Nächsten zu helfen.

7. Du brauchst dich nicht „auszutoben“! Ich, der allmächtige Gott, will der Stifter deines Glücks sein. Du kannst es dir leisten, auf den Menschen zu warten, den ich dir sende.

8.  Du brauchst dich nicht unehrlich zu bereichern! Ich, der allmächtige Gott, will dein Versorger sein. Du kannst es dir leisten zu geben, statt zu nehmen.

9.  Du brauchst nicht von der Wahrheit abzuweichen! Ich, der allmächtige Gott, habe Vertrauen zu dir. Du kannst es dir leisten, Vertrauen zu schenken und zu schaffen.

Du brauchst nicht neidisch zu sein! Ich, der allmächtige Gott, bin der Geber guter Gaben für dich. Du kannst es dir leisten, den anderen ihr Gutes zu gönnen (Rose-Maria Raatz,  Berlin).

 

 

Praxis

Wir haben „Herren“ über uns:

In unserem Leben begegnen wir immer wieder Menschen, die uns etwas zu sagen haben oder denen wir gehorchen sollen oder wollen: Eltern, Verwandte, Lehrer, Meister, Trainer, Arzt, Regierungsvertreter, usw. Die Menschen, die uns etwas zu sagen haben, können wir mit einem allgemeinen Begriff „Herren“ nennen.

Doch Herren sind nicht nur Menschen, die uns etwas befehlen wollen. Vielmehr sorgen sie zuerst einmal für uns, weil wir ihnen anvertraut worden sind. Weil die Eltern für uns sorgen, deshalb dürfen sie uns auch etwas sagen und befehlen. Je mehr Menschen einem anderen Menschen unterstellt sind, desto mehr Verantwortung hat er und desto größer muß sein persönlicher Einsatz sein.

Manche Befehle erscheinen uns hart. Wir erkennen nicht so leicht die Fürsorge, die dahinter steckt. Dennoch bleiben sie für uns bestehen. Wenn ein Kind mit einer Schere spielt, dann wird die Mutter ihm die Schere wegnehmen und sagen: „Du sollst nicht mit der Schere spielen!“ Dann weint das Kind vielleicht, weil es das „schöne Spiel­zeug“ nicht mehr benutzen darf. Es weiß ja nichts vor seiner Gefährlichkeit. Des­halb muß die Mutter ein Verbot aussprechen und es auch mit allen Mitteln durch­setzen, damit das Kind vor Schaden bewahrt wird. Deshalb kommt in den Worten der Mutter ihre Fürsorge zum Ausdruck.

Wenn wir unseren irdischen Herrn ungehorsam sind, dann sind wir letztlich dem eigentlichen Herrn urgehorsam, nämlich Gott. Die Macht aller irdischer Herren reicht ja nicht aus, um umfassend für uns zu sorgen. Deshalb brauchen wir Gott, der über unserem Leben wacht. Er hat uns seine Gebote gegeben, damit dadurch unser Leben geordnet wird. Wir begegnen dem unsichtbaren Gott aber auch überall dort,

wo irdischen Herren mit ihren Befehlen für uns sorgen.

 

Die Gebote für Israel - Gebote für uns:

Das Volk Israel hat beim Auszug aus Ägypten zum erster Mal erfahren, daß es einen Gott hat: Auf der Flucht vor den Ägyptern kamen sie an ein Meer, das ihnen der Weg versperrte. Doch Gott half ihnen durch das Wasser hindurch, während die Ägypter umkamen. Da merkten sie, daß sie einen Gott haben, der sich um sie kümmert.

Erst hat Gott ihnen deutlich gemacht: „Ich bin der Herr, euer Gott! Ihr gehört zu mir!“ Dann erst hat er am Berg Sinai einen Bund mit ihnen geschlossen und ihnen die Gebote gegeben, damit sie sich diesem Bund entsprechend verhalten.

Mit den Geboten ist das wie in einer Ehe. Da gibt es auch bestimmte Regeln in so einem Ehebund, die eingehalten werden müssen, wenn der Bund nicht gebrochen werden soll. Da gilt dann auch das Gebot: „Ich bin dein Mann, du sollst nicht andere Männer haben neben mir!“ oder: „Ich bin deine Frau, du sollst nicht andere Frauen haben neben mir!“Aber erst hat Gott deutlich gemacht, daß er helfen will. Und erst dann hat er die Gebote gegeben n nicht umgedreht. Aber selbst seine Gebote sollen ja noch eine Hilfe sein. Sie sollen die Menschen bewahren, daß sie nicht aus dem Bund mit Gott herausfallen und sich selbst oder anderen schaden. Deshalb hat man in Israel die Gebote immer wieder vorgelesen, damit nicht vergessen ging: Wir haben einen Gott, der für uns sorgt und der uns vor dem Bösen bewahren will.

Wir Christen von heute waren natürlich bei der Rettung am Meer nicht dabei. Dennoch haben auch wir einen Gott, der für uns sorgt:

1. Es lag nicht in unserer Hand, daß wir geboren wurden

2. Unsre Begabung hat uns Gott gegeben

3. Gott schickt unser Schicksal: Krankheit, Unglück, Umwelt, usw.

4. Wir haben es nicht in der Hand, wann wir sterben werden.

Deshalb könnte man das erste Gebot wie folgt auf uns übertragen:

ICH BIN DER HERR, DEIN GOTT,

der dich aus Ägyptenland geführt hat

der in Jesus dem Zachäus erschienen ist

der dich in der Taufe zu seinem Eigentum gemacht hat,

 der den Ertrinkenden gerettet hat

der dir Konfirmand zum Glauben helfen will,

DU SOLLST NICHT ANDERE GÖTTER HABEN NEBEN MIR!

 

Deshalb hat auch Martin Luther den Bezug auf die Geschichte Israels weggelassen, als er die Zehn Gebote in seinen Katechismus übernahm. Bei seinen Besuchen von Gemeinde zu Gemeinde merkte er, wie wenig die Leute doch über den Glauben Bescheid wußten. Deshalb wäre ein kleines Lehrbuch doch hilfreich gewesen, in dem das Wichtigste des christlichen Glaubens steht. In seinen Predigten in Wittenberg hatte er schon oft davon gesprochen. Aber jetzt war ein Buch nötig, in dem nicht zu viel stand, das aber doch alles enthielt. So gab er 1529 dieses Lehrbuch mit dem Namen „Katechismus“ heraus. Diesen „Kleinen Katechismus Dr. Martin Luthers“ finden wir heute in unseren Gesangbüchern abgedruckt. Er ist in fünfHauptstücke eingeteilt. Im ersten Hauptstück des Glaubens stehen die Gebote. Das erste Gebot ist dabei kürzer gefaßt als in 2. Mose 20,2 (vergleichen),  weil für uns nur noch die allgemeine Aussage gilt: „Ich bin der Herr dein Gott. Du sollst nicht andere Götter haben neben mir!“

Das erste Gebot ist dabei das entscheidende, vor allem der Vorspruch  „Ich bin der Herr, dein Gott“, der man eigentlich vor jedes einzelne Gebot setzen könnte. Das erste Gebot ist der Hauptstrom, der alle anderen Gebote mit frischem Wasser versorgt; wenn es fehlt, werden die stehenden Wasser zu stinken anfangen. Wer das erste Gebot im Herzen hat, der hat auch alle anderen im Herzen.

Wir setzen ein Puzzle zusammen, so daß der Text des ersten Gebots entsteht. Wenn wir das Blatt aber herumdrehen, so sehen wir auf der Rückseite die Gestalt eines Menschen. Vorher war er in viele Einzelteile zerstört. Als aber das erste Gebot zu lesen war, kam auch der Mensch wieder in Ordnung.  Wenn man Gottes Gebot miß­achtet und zerschneidet, dann zerstört man sein Leben oder das eines anderen. Davor aber will uns Gott bewahren.

 

Existentialinterpretation des Dekalogs.

Der Mensch entdeckt zuerst seine unentrinnbare  Bindung an seine  Eltern, die nicht nur eine biologische oder politische Bindung ist, so daß also mit Erzeugung, Ernährung und Erziehung die Funktionen der  Eltern für ihre Kinder umschrieben wären, sondern sich zeigt als eine für das kodifizierte Gesetz vorfindliche und von ihm geschützte.

Der Mensch entdeckt zweitens, daß er in der gleichen unentrinnbaren Weise an seine Generation gebunden ist, sowohl hinsichtlich der politischen Umstände wie auch im kulturell-zivilisatorischen Zusammenleben und im kultischen Bereich.

Drittens entdeckt der Mensch, daß er ebenso unentrinnbar an sein Geschlecht gebunden ist, das ihn an seinen ehelichen Partner weist.

Viertens entdeckt der Mensch, daß er mit seinen Fähigkeiten zur Arbeit und in ihr zum Dienst in diese Welt gestellt ist, und daß er in dem durch seine Arbeit erworbenen Eigentum vor die Frage gestellt wird, ob er Eigentum zum Dienste hat und darin frei ist, oder ob er Eigentum dem Dienste entzieht in Geiz oder Neid und darin seine Freiheit verliert.

Fünftens entdeckt er, daß sein Verhältnis zum Nächsten nicht durch Sachen bestimmt und also nicht als Interessengemeinschaft deklarierbar ist, sondern ein vorgegebenes Verhältnis von Recht und Ehre voraussetzt.

Und schließlich entdeckt er, daß er ebenso unentrinnbar, wie er an die Väter gebunden ist, auch der Zukunft verpflichtet ist, daß er nur dann Mensch bleiben kann, wenn er sich nicht von seinem Begehren, sondern von seinem entsagenden, verzichtenden, sich bescheidenden Dienste bestimmt erkennt.

Reihenfolge und Inhalt des vierten bis zehnten Gebotes entsprechend dieser Entwicklung. Auf jeder Stufe des menschlichen Lebens wird dem Menschen eine dieser Stufe entsprechende Forderung gestellt, die mit der auf ihr vermittelten Gabe korrespondiert; nur in der Beachtung dieser Forderung und dankbaren Hinnahme dieser Gabe bleibt der Mensch das, was er auf dieser Stufe zu sein aufgerufen ist; verfehlt er diese Forderung und diese Gabe, dann zerfällt sein menschliches Leben, macht ihn selbst unmenschlich und gefährdet seine Welt.

 

Entdeckung der

Existenz als

Alter

Gebot

Forderung

Gabe

 

Folge bei Zerfall

Kind in der Familie

1-7

IV

Gehorsam

Vertrauen

Einsamkeit

Glied einer Generation

7-14

V

Verantwortung

Getragen-

werden

Kontrolle

Geschlechtswesen

14-21

VI

Zucht

Liebe

Mißtrauen

Schaffender

21-28

VII

Dienst 

Freiheit

Willkür

Mensch im Rechtsgefüge

28-35

IIX

Pflichterfüllung

Ehre

Entehrung

Mensch in Begrenzung

35-42

IX

Verzicht

Verstehen

Ansprüche

(Glombitza,1953)

 

 

Das erste Gebot

Wir haben keine anderen Götter“:

Einen plumper Götterglauben wie bei den alten Germanen haben wir nicht mehr. Damals verehrte man die sogenannten Götter noch unter alten Bäumen wie zum Beispiel der Donar-Eiche bei dem Orte Geismar in der Nähe von Fritzlar. In einem heiliger Hain stand eine große Eiche, die dem germanischen Donnergott Donar geweiht war. Ein Christ namens Winfried, der auch Bonifatius genannt wurde, wollte nun den Leuten zeigen, daß alle ihre Götter nur eingebildet sind. An einem Herbsttag des Jahres 723 rief er sie alle dazu auf, bei der Eiche zu erscheinen. Zusammen mit seinen Gefährten fällte er die Eiche, ohne daß ein Blitzstrahl Donars die Christer zerschmetterte, wie das die Heiden behauptet hatten. Nun ließen sich viele taufen und wurden Christen. Aus dem Holz der Eiche ließ Bonifatius eine kleine Kapelle zu Ehren des Petrus errichten.

Kein Mensch kann Leben, ohne etwas zu glauben. Entweder er ist Heide oder er ist Christ. Wenn man nicht an Gott und seine Liebe glauben will, dann muß man sich nach anderen Dingen umschauen, von denen man Hilfe für sein Leben erwartet.

Luther hat einmal gesagt: „Ein Gott heißt das, dazu man sich versehen soll alles Guten und Zuflucht haben in aller Nöten. Also, daß einen Gott haben nichts anderes ist, denn ihm vor Herzen trauen und glauben, denn allein das Trauen und Glauben macht beides, Gott und Abgott. Worauf du nun dein Herz hängst und verlässest, das ist eigentlich dein Gott!“ (WA 30 I, Seite 133).

Götter oder Götzen wie bei der Heiden gibt es nicht mehr. Wohl aber noch manchen Abgott. Wer Gott nicht mehr hat, der hat einen Abgott. Und der verlangt allerhand, vor allem, daß man nicht mehr auf die Gebote Gottes hört. Wer einen Abgott hat,

der tut alles, was dieser vor ihm will und wählt sich aus der Geboten nur das aus, was er selber will. Dadurch ist er aber in eine größere Abhängigkeit geraten als unter Gott. Davor möchte Gott uns bewahren.

 

Welches sind unsere „Götter“?

1. Geld, Besitz, Gesundheit, Hobby, Alkohol, Aberglaube, usw.:

Oft meinen wir, wir könnten zufrieden sein, wenn wir all diese Dinge besitzen. Wir sage etwa: „Geld macht nicht glücklich, aber es beruhigt!“ Doch solche Dinge sind tot. Auch wenn wir sie lieben, so können sie uns doch nicht wiederlieben. Wir haben nur Angst, sie wieder zu verlieren. Natürlich ist eine Lieblingsbeschäftigung nichts Schlechtes. Aber es geht um die nichtige Rangordnung (vgl. 3. Gebot).

2. Leistung, Ehre, Macht, Volksmeinung, Vaterland, Beruf, usw.:

Auch dahinter stehen Abgötter, denn sie sagen: „Ich sichere dein Leben!“ Aber im Grund fordern sie nur bestimmte Leistungen und richten Gebote auf, die es zu beachten gilt. Wir sagen dann: „Ich habe meine Pflicht getan, ich habe Opfer an Zeit und Geld gebracht!“ Und schließlich sind wir so berauscht davon, daß wir unser ganzes Vertrauen auf sie setzen.

3. Menschen können zum Abgott werden: Eltern lieben ihr Kind „abgöttisch“; sie „vergöttern“ es, es ist ihr  „Ein und Alles“. Oder ein Vater sagt: „Ich bin immer nur für die Familie da!“ Manchmal sind es auch andere Menschen, auf die wir mehr hören als auf Gott. In der Bibel aber heißt es: „Man muß Gott mehr gehorchen als den Menschen!“

 

Es gibt ja einen richtigen Personenkult, bei dem man jedes Wort und jede Tat des betreffender Menschen für unfehlbar hält oder halten soll. Dieser Person soll man ganz „hörig“ werden und alles Vertrauen auf sie setzen. Und umgedreht wird Sicherheit und Zukunft angeboten. Aber im Grund geht es nur darum, andere Menschen ganz in die Gewalt zu bekommen, damit sie blindlings der vergötterter Person folgen (Beispiele: Hitler, Stalin, usw.).

Diese Menschen sind zwar nicht tot, wie die Dinge, aber sie sind sterbliche Menschen. Ihre Macht und Kraft sind begrenzt. Eines Tages werden sie entthront oder sie sterben, und dann lassen sie alle ihre Anhänger allein.

Sogar ein Mitglied der Familie kann für uns zum falschen Gott werden (z.B. Ehepartner), wenn wir uns durch ihn von Gott abhalten lassen. Auch an einen Filmstar kann man sich so sehr hängen, daß alles andere dahinter zurücktritt. Mancher hört auch lieber auf die sogenannte Volksmeinung oder auf Weltanschauungen oder sogar noch auf Aberglauben. All das gehört zu den Abgöttern von heute.

Aber falsche Götter können wir auch daran erkennen, daß wir uns fragen:  „Wovor fürchtest du dich am meisten?“ Stärkere Kameraden, Vorgesetzte, Ausgelachtwerden, Erwischtwerden, Gewitter, Gefängnis, Alleinsein, Tod.

 

„Die Hauptsache ist, daß die Hauptsache die Hauptsache ist“:

In älteren katholischen Kirchen findet man oft außer dem Hauptaltar noch eine Reihe von Nebenaltären, die der Maria oder bestimmten Heiligen geweiht sind. Viele Menschen gehen lieber zu diesen Nebenaltären, um dort zu beten, anstatt zu dem Hauptaltar, der Jesus Christus geweiht ist.

 

So haben wir auch in unserem Leben allerhand Nebenaltäre: Geld, Haus, Spielzeug, Fernsehgerät.  Wenn wir uns aber an das erste Gebot halten wollen, dann streichen wir diese Nebenaltäre durch, stellen die Gegenstände zum Zeichen unseres Dankes unter den Hauptaltar und sehen nur noch auf das Kreuz auf dem Altar:

Gott will uns durch sein Gebot davor bewahren, unser Herz an andere Dinge zu hängen.  An ihn können wir unser Herz gern hängen, denn er enttäuscht uns nie. Er wünscht sich, daß wir uns ihm bedingungslos preisgeben.

Luther sagt in seinem Katechismus als Erklärung zu diesem ersten Gebot: „Wir sollen Gott über alle Dinge fürchten, lieben und vertrauen!“ Der Ton liegt dabei auf dem „über alle Dinge“, auch über alle Menschen und auch über dich selbst.

„Furcht“ ist dabei etwas anderes als Angst, denn wenn man Angst vor jemand hat, kann man ihn nicht lieben. Gemeint ist hier die „Ehrfurcht“ und der nötige Ernst gegenüber Gottes Heiligkeit. Dadurch soll es uns unmöglich werden, Gott anzuklagen und zu sagen: „Warum hast du das zugelassen?“

Wer ein gutes Gewissen hat, kann Gott ehrfürchtig lieben. Und er wird Vertrauen haben, daß Gott unser Leben zum Guten führen wird. Er ist die Hauptsache in unserem Leben, er sollte es auch für uns sein.

 

Gotteslästerung:

Früher gab es im Strafgesetzbuch einer Paragraphen, der die Gottteslästerung unter Strafe gestellt hat. Das mag noch einen Sinn gehabt haben in der Zeit des römische- Reiches, in dem Kirche und Staat eine Einheit bilden. Heute leben wir aber in einer Gesellschaft mit ganz verschiedenen Sondergruppen; da kann die Kirche nicht einer Sonderschutz erwarten.

Joachim Beckmann, der frühere Präses der rheinischen Kirche, hat darauf hinge­wiesen: „Wenn der Staat meint, er müsse die Kirchen schützen, dann bitte nicht auf diese Weise!“ Ausgelöst wurde die Diskussion durch das Urteil des Landgerichts Göttingen, das einen Studenten zu hundert Mark Geldstrafe verurteilt hatte wegen seiner Charakterisierung der römischen Messe als „Missa profana“.

Man kann doch heute nicht mehr von einem allgemein religiösen  Empfinden sprechen. Die Urteile würden ja auch ganz unterschiedlich aussehen, je nachdem ob der Richter oder der Staatsanwalt zur Kirche gehören oder nicht und wenn ja, zu welcher. Wie will man da in einer pluralistischer Gesellschaft den Querschritt ziehen,

was allgemeines religiöses Empfinden ist. In Essen könnte zum Beispiel der katholische Bischof verhindern, daß Rolf Hochhuths Theaterstück „Der Stellvertreter“ aufgeführt wird, weil dort der Papst schlecht wegkommt. Zum Glück hat aber der Bundes­gerichtshof in seinem „Missa profana-Urteil“ dem Kunstkenner den Vorzug gegeben vor dem „schlichten Gefühl des religiös gesinnten Menschen“ und hat das Urteil aufgehoben.

Außerdem ist nicht klar, welcher Gott denn eigentlich gemeint sei: der Gott der hier bei uns hauptsächlich vertretenen Kirchen oder ein höchstes Wesen, dem alle monotheistischen Religionen anhängen. Und wie soll etwa ein Atheist wissen, was eine Gotteslästerung ist und was nicht. Ist nicht der Atheismus eine viel größere Gotteslästerung als eine zornige Beschimpfung Gottes?

Es kann nicht einfach alles bestraft werden, was Gott verboten hat. Gott braucht auch kein Strafgesetzbuch und keine Richter, um seine Sache durchzusetzen. Gott wahrt schon seine Ehre. Und im Strafgesetzbuch ist nur eine Bestimmung notwendig, die die Störung des Gottesdienstes und die Beschädigung von Kirchen unter Strafe stellt. So wird die Kirche zu größerer Glaubwürdigkeit ihrer Verkündigung befreit und versucht nicht, mit staatlicher Hilfe einen Anspruch durchzusetzen, den sie nicht mehr vertreten kann.

 

Das zweite Gebot (lutherischer Zählung)

Einstieg:

Zwei Leute fahren stundenlang miteinander im Eisenbahnabteil. Sie kommen ins Gespräch und sagen gegenseitig ihre Name und Anschriften. Wenn sie sich nach der Fahrt trennen, dann haben sie einen Bekannten hinzugewonnen, der ihnen vielleicht noch einmal ganz nützlich werden kann

Auch die Telefonnummer eines guten Bekannten kann sehr hilfreich sein. Damit kann man ihn leicht und schnell erreichen, wenn man ihm etwas mitteilen will oder etwas vor ihm haben will. So eine Nummer kann man natürlich auch mißbrauchen, nur anrufen, um der anderen zu ärgern oder anzuführen. Wenn man dem anderen seinen Namen und seine Telefonnummer nennt, dann ist das ein Zeichen des Vertrauens. Wenn dieses Vertrauen mißbraucht wird, ist das eine traurige Sache.

Ein Pfarrer hat einmal zwei Jungen gesehen, als sie die Fenster in der Kirche mit einer Zwackel einschossen. Er lief ihnen nach und erwischte sie auch. Den einen kannte er mit Namen. Der mußte auch den Namen des anderen sagen. So konnten sie dafür haftbar gemacht werden, wieder für neue Scheiben zu sorgen. Daran sieht man wieder, wie wichtig ist, daß man den Namen weiß.

 

Die Bedeutung des Namens:

Der Mensch von heute mißt dem Namen nur eine geringe Bedeutung zu. Deshalb bedeutet ihm das zweite Gebot nicht viel, eine Übertretung des fünften Gebots scheint ihm weit gefährlicher zu sein. Viele halten es wie Faust, als er vor Gretchen nach seinem Glauben gefragt wird: „Nenn es Glück, Herz, Liebe, Gott! Ich habe keinen Namen dafür! Gefühl ist alles; Name ist Schall und Rauch, umnebelnd Himmelsglut!“  Weil auch der Name Gottes dann Schall und Rauch zu sein scheint, bedeutet auch das zweite Gebot nichts. Umso dringlicher sollten wir uns mit dem zweiten Gebot befassen, zumal es als einziges mit einer Drohung verbunden ist.

Um einen Menschen von einem anderen zu unterscheiden, würde auch eine Nummer genügen. Ein Name aber hat eine Beziehung zu dem Namensträger und ist unveräußerlicher Bestandteil einer bestimmten Person. Wer ohne Namen bleiben will und in der Menge untertauchen will, der verzichtet darauf, Person zu sein. Wer seinen Namen wechselt, der bringt damit zum Ausdruck, daß er ein neuer Mensch werden will (etwa bei einer Erwachsenentaufe in Missionsgebieten) .Wenn eine Frau bei der Eheschließung der Namen des Mannes annimmt, dann zeigt sie damit, daß sie jetzt ein anderes Leben beginnt.

Der Name bindet und verpflichtet. Wenn ein Kind den Namen eines Verstorbenen erhält, dann soll es in der Familie die Lücke ausfüllen, die der Tod gerissen hat. Wenn ein Kind der Namen eines Vorfahren erhält, dann soll es sein Erbe übernehmen und weiterführen. Wenn Eltern ihr Kind nach einem Filmstar oder Fußballer nennen, dann möchten sie, daß etwas von dem Traumbild auf das Kind übergeht.

Die meisten Menschen wollen sich auch einen Namen machen (1. Mose 11,4). Wenn einer einen Namen hat, dann ist er eine Persönlichkeit, die man nicht übersehen kann. Wer aber ohne den Schutz eines Namens leben muß, der lebt in „namenloser“ Angst, denn er hat keinen Namen, an den er sich halten kann.

Über den Namen kann man sogar Macht über einen Menschen ausüben, man kann ihn bei seinem Namen behaften. Im Märchen gewinnt die Königin Macht über den Zwerg Rumpelstilzchen, als sie dessen Namen weiß; da darf er ihr nicht mehr ihr Kind wegnehmen (vergleiche auch 1. Mose 32,30).

 

 

Jeder von uns hat einen Namen:

Alle Gegenstände haben einen Namen. Dadurch können wir sie von anderen Gegenständen unterscheiden (Wir machen uns das an den Gegenständen im Unterrichtsraum deutlich). Treffen wir auf einen unbekannten Gegenstand, so fragen wir: „Wie nennt man das?“ Erst wenn wir den Namen wissen und den Gegenstand richtig beschreiben können, gehört er mit zu unserem Wissen, läßt er sich ins Weltbild einordnen. Früher meinte man auch, man hätte Macht über eine Sache oder eine Sache, wenn man die Bezeichnung dafür kennt.

Auch die Tiere haben Namen. Diese Bezeichnungen sind so treffend, daß man beim Hören sofort eine klare Vorstellung von dem genannten Tier hat. Allerdings denkt man dabei immer nur an die Gattung dieses Tieres. Das einzelne Tier bekommt keinen Namen.

Beim Menschen ist das anders. Da hat jeder Mensch noch seinen eigenen Namen, den Eigennamen. Deshalb können wir auch jeden Menschen ganz persönlich ansprechen mit dem ihm eigenen Namen. Niemand will mit einem anderen verwechselt werden oder gar einen Spottnamen haben, denn an unserem Namen hängt etwas von unserer Ehre.

Wie wir den Namen eines Menschen aussprechen, das zeigt, wie wir zu ihm stehen. Die Kinder sagen zu ihren Eltern „Vater“ und „Mutter“. Sie sagen nicht „Karl“ oder „Emma“ zu ihnen und schon gar nicht „mein Alter“. Das wäre ungezogen und würde zeigen, daß die Kinder nicht in einem rechten Verhältnis zu ihren Eltern stehen.

 

Gott hat einen Namen:

Gott hätte seinen Namen auch für sich behalten können. Aber er hat ihn uns wissen lassen, er hat ihn uns „offenbart“. Er heißt: „Ich bin der Herr, dein Gott!“ (im Vorspruch zu den Zehn Geboten)oder „Der Herr, der Gott eurer Väter, der Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs!“ oder „Ich werde sein“ bzw. „Ich werde immer bei euch sein!“ (2.Mose 3,14-a5) oder „Herr, Gott, barmherzig und gnädig und geduldig und von großer Güte und Treue“ (2. Mose 34,5-6) oder einfach wie Jesus es uns gelehrt hat: „Vaterunser“.

Es geht hier also nicht um die Bezeichnung einer Sache, sondern Gott steht uns so wie die Eltern als Person gegenüber. Er ist aus seiner Verborgenheit herausgetreten und dadurch zu unserem persönlichen Gott geworden. Durch den Namen wird Gott uns ein Bekannter; es wird möglich, mit ihm in Beziehung zu treten. Spätestens seit Jesus wissen wir, daß er unser Gott ist.

Wir geben ihm keinen Eigennamen, wie das die Griechen mit ihren Göttern taten. Gott gibt sich nur selber seinen Namen. Wir sagen auch nicht „höchstes Wesen“ wie in der französischen Revolution (damals hatte man ihn zunächst ganz „abgeschafft“  und kurz darauf wieder unter dem Namen „Höchstes Wesen“ wieder eingeführt).  Wir sagen auch nicht „Vorsehung“ wie Hitler oder einfach „Schicksal“. Wir wissen: Unser Gott ist der „Vater Jesu Christi“. Und deshalb auch unser Vater, auch heute.

Besonders an Jesus können wir ablesen, wie Gott barmherzig und gnädig und geduldig ist. Er hat deutlich gemacht: Gott ist nicht nur der Herr, sondern auch der Vater. Durch Jesus haben wir erst den rechten Zugang zum Namen Gottes. So wie es Luther in den Lied gesagt hat: „Fragst du, wer der ist, er heißt Jesus Christ!“ An Jesus sollen wir denken, wenn wir den Namen „Gott“ aussprechen.

Wenn wir Gott anrufen mit seinem Namen, dann gebrauchen wir seinen Namen richtig. Alles andere Gebrauchen des Gottesnamens ist uns im zweiten Gebot verboten. Dabei geht es ja nicht nur um Einzelfragen oder nur um der „Namen“, sondern es geht um den ganzen Umgang mit Gott, weil der Name ja für den ganzen Gott steht.

 

 

Wir sind nach Gottes Namen genannt:

Jeder von uns hat außer seinem Vornamen und seinem Familiennamen noch einen dritten Namen, den er bei der Taufe erhielt. Er darf jetzt sagen: „Ich bin ein Kind Gottes, ich bin ein Christ!“ Gott tut uns damit eine große Ehre an, daß wir seinen Namen tragen dürfen (Wir schreiben einige Vornamen an die Tafel, weisen auf ihre Bedeutung hin, malen ein dickes Kreuz darüber und zeichnen eine Parabel Drumherum). Alle, die Gottes Namen tragen, gehören aber auch untereinander zusammen.

Gott weist uns mit unserem Christennamen aber auch gleichzeitig auf unsere Aufgabe hin: Wir sollen nun den Namen Gottes in der Welt bekannt machen. Der Name „Gott“ soll kein Wort bleiben, bei dem sich niemand mehr etwas denkt.

Dabei müssen wir aber bedenken: Es besteht schon ein Abstand zwischen Gott und uns, so wie ja auch die Eltern über der Kindern stehen und ihnen etwas zu sagen haben. Aber auf der anderer Seite dürfen wir doch Gott als unsren lieben Vater anrufen, so wie das ja auch Kinder mit ihren Eltern tun. So wie die Kinder stolz sagen „mein Vater“, so dürfen wir auch alle sagen „unser Vater im Himmel“, weil wir nach seinem Namen genannt sind.

 

Falscher Gebrauch des Gottesnamens:

Wir haben das zweite Gebot schon übertreten, wenn wir Gottes Namen gedankenlos aussprechen. Viele Leute sagen bei jeder passenden oder unpassenden Gelegenheit „Ach Gott“ oder „O Gott, o Gott“ oder „Ach Je(sus)“ oder „Herr Je(sus)“.  Man spricht vom Wetter und sagt: „Ach Gott, wie ist das kalt!“ Man sagt: „Gott befohlen“ und „so Gott will“ und denkt dabei überhaupt nicht an Gott und schimpft nur, wenn Gott es dann anders gewollt hat als wir.

Gott ist aber schon empfindlich getroffen, wenn wir seinen Namen auf diese Art und Weise falsch gebrauchen. Das zweite Gebot ist ja das einzige, das ausdrücklich mit einer Strafandrohung verbunden ist, ohne daß eine Verheißung dazugestellt ist. Jeder Mißbrauch ist ein bewußter oder unbewußter Angriff auf die Heiligkeit Gottes. Ein Heide kann Gott nur lästern, ein Christ aber kann den ihm bekannt gewordenen Namen Gottes mißbrauchen.

Die weitverbreitete Rede vom „lieben Gott“ könnte das Mißverständnis nahelegen, als könnte man mit Gott auf „Du und Du“ stehen.  Gott wacht aber über seine Heiligkeit. Das haben die Juden begriffen, die es nachher sogar übergenau mit diesem Gebot nahmen. Sie dachten, man dürfe der Namen Gottes überhaupt nicht in den Mund nehmen. Wenn sie also beim Leser der Bibel auf der hebräischer Gottesnamen „Jahwe“ stießen, dann lasen sie schnell „Adonai“, was soviel wie „Herr“ bedeutet. So ängstlich brauchen wir nicht zu sein. Aber wir sollten uns doch vor dem hüten, was Luther in seiner Erklärung als Mißbrauch aufzählt, wenn auch Manches davor heute überholt zu sein scheint:

1. Fluchen:  Wenn Man sich über einen anderen Menschen ärgert, fängt man leicht an zu schimpfen. Dabei gebraucht man manchmal auch einen Fluch, in dem der Name Gottes vorkommt („Himmelherrgottsakrament“). Viele denken gar nicht mehr daran, daß sie Gott erwähnt haben, denn der Name Gottes bedeutet ihnen nichts mehr. Doch hier ist Gottes Name mißbraucht, weil dabei vergessen ist, daß Gott der gütige Vater ist. Der Name Gottes und der Haß auf einen Menschen passen nicht zusammen. Wir können nicht Gott anrufen und einem Menschen dabei Schaden zufügen wollen.

2. Schwören: Hier ist das „beschwören“ gemeint, wenn man also Gottes Namen benutzt, um einen bösen Zauber abzuwehren. Dabei will Man sich Gottes für die eigenen Zwecke bemächtigen, auch wenn man dabei keinen Erfolg haben kann. Angeblich soll man dadurch Vieh heilen können oder Warzen beseitigen können, usw.

3.  Zaubern: Aber bei Krankheit von Vieh oder Mensch soll angeblich auch die Zauberei helfen. Eine Zauberformel, in der der Name Gottes vorkommt, soll besonders wirkungsvoll sein. Aber hier handelt es sich um Reste des Heidentums und ist uns deshalb strikt verboten. Solchen Mißbrauch kann man aber im Grunde nicht durch Aufklärung und Verstand überwinden, sondern nur durch den Glauben.

4. Lügen und trügen: Hierhin gehört zum Beispiel das Schwören vor Gericht. Dieses hat uns Jesus in der Bergpredigt verboten. Was soll denn mit einem Schwur erreicht werden? Man beteuert die Wahrheit und ruft Gott dafür zum Zeugen an. Der eigenen Aussage soll dabei mehr Gewicht verliehen werden. Aber eine Wahrheit wird nicht wahrer, wenn man sie beschwört. Und eine falsche Aussage wird nicht richtig, wenn man den Eid leistet. Entweder man sagt die Wahrheit oder man sagt sie nicht. Man muß sich schon fragen, ob man den Eid deshalb nicht abgeschaffen soll. Bei einer Vereidigung für ein Amt oder auch beim Eid vor Gericht darf man heute die religiöse Beteuerung weglassen. Unter Christen sollte der Eid natürlich überflüssig sein. Man könnte höchstens vor Gericht schwören, wenn man dadurch einem anderen helfen kann, der durch einen Meineid eines anderen belastet worden ist.

Lug und Trug ist es aber auch, wenn man den Namen Gottes im Munde führt, ohne den wahren Gott zu meinen: wenn man fromm redet, aber in Wirklichkeit nicht fromm ist; wenn man zu feig ist, den Namen Gottes bei Freunden oder Fremden zu nennen; wenn man in der Liturgie des Gottesdienstes oder beim Beten den Namen Gottes gedankenlos ausspricht;  wenn man den Namen Gottes in schlechten Witzen gebraucht; wenn man sich im Namen Gottes trauen läßt, ohne sich in der Ehe an Gottes Willen zu halten; wenn auf den Koppelschlössern der preußischen und deutschen Soldaten stand „Gott mit uns“.

Viele wollen Gott in ihrem Familienleben noch dabei haben, aber nur wenn er ihren Plänen förderlich ist. Bei Taufe, Konfirmation, Trauung und Beerdigung darf er dabei sein wie ein Lieferant. Aber wenn er seinen Auftrag erfüllt hat, dann soll er sich wieder verziehen. Solcher „Dienst am Kunden“ ist aber qualifizierter Mißbrauch seines Namens.

Viele möchten nicht ganz gottlos sein. Aber sie weisen Gott in ihrem Leben und Arbeiten den Platz zu, der für ihn geeignet erscheint. Vielleicht ist es sogar ein Ehrenplatz. Von dort aus darf er zum Beispiel die Arbeit segnen, aber kontrollieren darf er sie nicht, unsere Sünden bei der Arbeit darf er nicht aufdecken, das wäre unbefugte Einmischung. Doch wer Gott nur als Aushängeschild benutzt, mißbraucht  ihn und seinen Namen.

 

Richtiger Gebrauch des Gottesnamens:

Gottes Name ist dazu da, daß wir ihn anrufen und zu ihm beten können. Wer nichts mit dem Namen Gottes anzufangen weiß, ist auch dem Gebet entfremdet. Doch wir sollten ihn nicht nur anrufen, wenn menschliche Hilfe versagt hat oder die Not aufs Höchste gestiegen ist, sondern täglich, bei großen und bei kleinen Anliegen. Aber auch loben und danken dürfen wir nicht vergessen. Jedem Arzt wird gedankt, die Heiden danken ihren Göttern, da können wir es bei unserem Gott doch auch tun.

 

Luther erzählt in einer Predigt von einem Brückenbauer, der die üble Angewohnheit hatte, bei jeder Gelegenheit zu sagen: „Wohlauf in hunderttausend Teufel Namen!“  So machte er es auch, als er vom Gerüst fiel und ertrank. Luther sagte dazu: „Wenn er gewohnt gewesen wäre, Gott anzurufen, wäre ihm Hilfe geschehen!“

Jesus fordert uns im Gleichnis vom bittenden Freund (Lk 11) auf, Gott immer wieder anzurufen und dabei Gottes Namen liebevoll und achtungsvoll auszusprechen. Wenn wir das tun‚ wird auch anderen Menschen deutlich werden: Dieser Mensch bekennt sich zu Gott als seinem Herrn und spricht auch zu anderen Leuten ohne Scheu von ihm.

Geschichte: Wo wäre solche Radikalkur nötig?

Es war vor langer Zeit auf einem Bauernhof. Der Tochter des Hauses hing die üble Gewohnheit an, bei jeder Gelegenheit zu rufen: „Ach Gott“  oder „Herr Jesus“. Alles Ermahnen, daß das ein Mißbrauch des heiligen Namens sei, blieb wirkungslos. „Ich denke mir gar nichts dabei, und wobei man nichts Böses denkt, das ist gewiß keine Sünde!“ sagte sie.

Eines Abends sagte der Bauer zu den Gehilfen: „Morgen früh, wenn ihr die Suppe eßt, so ruft nur immer, einer nach dem andern: ‚Fräulein Manie! Fräulein Manie!‘ Fragt meine Tochter dann, was ihr wollt, so sprecht ihr nur: ‚Oh gar nichts, wir sagen das nur so und denken uns nichts dabei!“  Den Mädchen in der Küche gab er dieselbe Weisung.

Am Morgen ist Manie in der Speisekammer und sucht aus, was den Tag über gebraucht wird. Da ruft es aus der Stube: „Fräulein Manie! Fräulein Manie!“ Flugs ist sie unten: „Was gibt's?“. Oh, gar nichts! Wir sagen das nur so!“ Scheltend schlägt sie die Türe zu. Da geht es in der Küche los. Sie stampft mit dem Fuße auf und verlangt noch einmal zu wissen,  was man von ihr will, aber umsonst.

Da ist ihre Geduld zu Ende; feuerrot im Gesicht kommt sie in die Stube zum Vater. Der fragt: „Was hast du denn, mein Kind? Du siehst so zornig aus!“ Sie antwortet: „Wie soll ich nicht!“  und erzählt mit hitzigen Worten, wie alle sie verhöhnen. „Ach“, sagt der Vater, „das ist ja nicht so bös gemeint; sie haben ja nichts Böses dabei im Sinn!“ Da fängt die Tochter an zu weinen: „Vater, seht ihr denn nicht, daß aller Respekt zu Ende ist, wenn jeder ohne Sinn und Verstand zum Spott meinen Namen durchs Haus schreit?“

Der Vater fällt ihr ins Wort:  „Manie, ich kann dich nicht begreifen. Ich soll die Leute schelten, wenn sie ‚Fräulein Manie‘ rufen, aber du scheust dich nicht, wenn du Gottes Namen immer im Munde führst und hast doch gar keinen Gedanken an ihn!“ Der Beweis schlug durch: Manie versprach, nun wolle sie auf ihre Zunge achthaben. Manchen Kampf kostete es sie wohl noch, aber es gelang ihr endlich durch Gotte Kraft.

 

 

ICH BIN DER HERR DEIN GOTT

Wie gebrauche ich Gottes Namen recht

so        oder    so

fluchen

anrufen

schwören

beten

zaubern

loben

trügen

danken

Ja, Du bist mein Herr und mein Gott!

 

 

 

 

 

Das zweite Gebot (reformierter Zählung)

Einstieg:

Im Jahre 1966 wurden in der reformierten Kirche einer westdeutscher Gemeinde wertvolle mittelalterliche Malereien entdeckt. Doch die Gemeindeglieder wollten, daß sie wieder überstrichen werden und beriefen sich dabei auf das Bilderverbot der Bibel, das bei ihnen als drittes Gebot gezählt wird. Haben sie recht, wenn sie keine Bilder in ihrem Gotteshaus dulden?

 

Geschichte des Bilderverbots:

In 2. Mose 20 ist das Bilderverbot gegenüber dem ursprünglichen Text stark erweitert. Die Verse 5 und 6 sind eine deuteroromistische Ergänzung, die sich gegen die Fremd­götterverehrung wendet, die an sich zum ersten Gebot gehört. Der Vergleich mit dem sichemitischen Dodekalog 5. Mose 27,15 zeigt die älteste Fassung: „Du sollst dir kein Bild machen!“ Hierbei ging es um die Aufstellung von Gottesbildern in den Häusern.

In der Religionsgeschichte ist das Götterbild ein Körper, der vom göttlicher Fluidum erfüllt ist. Wenn man ihn besitzt, kann man über die Gottheit verfügen. Dem Volk Israel aber wird jedes Abbilden seines Gottes verboten, damit es nicht einmal den Versuch machen kann, Macht über seinen Gott zu erhalten.

Es ist ein tödlicher Irrtum, wenn Gott abgebildet werden soll in figürlichen  Darstellungen. Solche Abbildungen sind statisch und ungeschichtlich und können den dynamisch-geschichtlichen Gott nur bis zur Unkenntlichkeit verunstalten. Dann stünde das ganze Gottesverständnis Israels in höchster Gefahr. Deshalb erhielt dieses Volk ein so strenges Gebot.

Die alte Kirche stand stets im Kampf gegen die heidnischen Bilder. Erst Kaiser Konstantin brachte einen Umschwung, aber Gott wurde auch weiterhin nicht dargestellt. Basilius und Gregor rechtfertigten die Bilder dann wieder, weil sie vor ihrem Dyo­physitismus her sagen konnten, die Bilder stellten ja nur die menschliche Gestalt dar. In der Ostkirche stellte man sich Christus real in der Ikone gegenwärtig vor, aber die Verehrung gehört nur dem erhöhten Herrn und nicht dem Bild.

Die Reformation kämpfte gegen den mittelalterlich-kultischen Betrieb. Besonders Zwingli lehnte alle Bilder in der Kirche ab als eine Vorsichtsmaßnahme gegen etwaige Mißverständnisse. Deshalb wurde im reformierten Heidelberger Katechismus das Bilderverbot als selbständiges Gebot gezählt.

Luther meinte, das Bilderverbot sei nur der Juden gegeben. Er hat es deshalb nicht in seinen Katechismus aufgenommen und mußte dafür das letzte Gebot in zwei Gebote aufteilen, um die Zehnzahl wieder zu erreichen. Außerdem wollte Luther den Bilderstürmern keinen Vorwand geben, sich mit ihren zweifelhaften Praktiken auf ihn berufen zu können. Als Verkündigungshilfe wußte er das Bild wohl zu schätzen (er war Freund Lukas Cranachs und hatte Freude an der Kunst!),  zum Wort Gottes kann für ihn auch das Bild gehören. Aber an sich gehören die Bilder zu den „Adiaphora“ (für den Glauben weniger wichtigen Dingen) und ihre Entfernung kann nicht zum Gesetz gemacht werden.

Dieser Gegensatz zwischen lutherisch und reformiert hat sich bis heute in den Meinungen der Theologen erhalten:

Karl Barth: Christus macht das Bild überflüssig

Hans Buri: Jede Vorstellung eines Glaubensinhalts ist Götzendienst

Peter Brunner; Jesus zerbricht jedes Götzenbild, Bilder sind  nur Zeichen

Paul Tillich:  Alle Aussagen sind ein Symbol, das aber teil hat an der Macht des Dargestellten (also mehr als ein Zeichen).

 

Wir brauchen Bilder:

Wenn wir einem Menschen begegnen, machen wir uns bewußt oder unbewußt ein Bild von ihm. Wir könnten uns das deutlich machen, indem wir irgendeine Fotografie oder eine Aufnahme aus der Zeitung betrachten und uns unsere Gedanken darüber machen, wie dieser Mensch wohl so sein könnte.

 

Ein Lehrer verschafft sich ein Bild von seinen Schülern, und die Schüler verschaffen sich ein Bild vor ihrem Lehrer. Ein Junge und ein Mädchen haben sich gern und machen sich ein Bild voneinander. Mancher will so werden wie sein Vorbild. Die Frage ist nur immer, ob das eigene Bild mit der Wirklichkeit übereinstimmt, ob man den anderen nicht zu gut oder nicht zu schlecht sieht.

Auch von Sachen und Begebenheiten muß man sich oft ein Bild machen. Aber selbst bei allerbestem Willen kommt es immer wieder zu Fehlurteilen, auch bei Gericht. Auch ein Weltbild oder eine Weltanschauung muß man sich machen. Jeder wird ein etwas anderes Weltbild haben als der andere. Selbst der christliche Glaube ist in der Gefahr, zu einer Weltanschauung zu werden. Aber an sich kommen wir ohne tatsächliche oder nur vorgestellte (innere) Bilder nicht aus.

 

Das Bild Gottes:

Auch vor Gott machen wir uns so oder so ein inneres Bild. Das geht ja auch gar nicht anders, denn wir haben ja keinen eingebildeten oder abstrakter Gott. In der Bibel heißt es ja sogar, daß der Mensch das Ebenbild Gottes ist.

Dennoch müsset wir vorsichtig sein mit bildlichen Darstellungen Gottes. In früheren Jahrhunderten hat man es damit manchmal nicht so genau genommen. Aber irre­führende Bilder sollten entfernt werden, zum Beispiel wenn Gott als alter Mann mit langem Bart dargestellt wird. Solche Bilder schaffen nur ein einseitiges oder gar falsches Verständnis.

Gute Bilder aber körnen zu einem tieferen Verständnis helfen. Selbstverständlich gehören dazu die Bilder Jesu und der anderen biblischen Personen. Jesu ist ja geradezu das irdische Abbild Gottes. Nur die Anbetung solcher Bilder ist Abgötterei. Das Bild darf nicht mit der Person verwechselt werden, es will ja nur hinweisen auf die eigentliche Person.

 

Bildbeispiele:

Baalsbild: Heidnischer Versuch, über die Gottheit zu verfügen mit Hilfe des Bildes Katholisches Wallfahrtsbild: In der Volksfrömmigkeit oft magische Bedeutung

Hans Thoma „Weihnachten“:Verniedlichung Gottes und der Bibel

Mataré „Kreuzwegstationen“: Geht nicht um Gesichtszüge, sondern ums Kreuz

Barlach „Die geöffneten Hände“: Auch ein Bild von Gott!

 

Zusammenfassung:

Das dritte Gebot reformierter Zählung ist zu Unrecht unterschlagen und einseitig als Bilderverbot im kultischer Sinn verstanden worden. Es ist jedoch auch heute wichtig, um uns vor falschen Bildern und Vorurteilen zu bewahren .Die Juden sahen in Gott nur den Richter. Im Mittelalter mußte er für Massentaufen, Kreuzzüge und Verbrennungen herhalten. In seinem Namen wurden die Juden verfolgt. Heute soll ein falsches Gottesbild zu dem Zweck dienen, für politische Überzeugungen eine religiöse Begründung zu finden (Rassismus). Vor solchen Gefahren will uns dieses Gebot heute warnen.

 

 

 

 

 

 

 

 

Das dritte Gebot

Einstieg:

Viele sagen: „Der Sonntag ist der schlimmste Tag der Woche, weil man nicht weiß, was man tun soll!“ Weil aber Müßiggang der Anfang aller Laster ist, geschehen auch am Wochenende die meisten Verbrechen, einschließlich Selbstmord.

Ein Mädchen sagt: „Der Sonntag ist für mich der langweiligste Tag der Woche. Klar, ich kann mal ausschlafen. Aber was dann? Meine Mutter nörgelt dauernd an mir rum, sie hätte früher besser gewußt, was sie mit ihrer Zeit anfangen sollte. Aber was sie mir dann vorschlägt: Mit meinen Geschwistern spielen, unsere alte Tante besuchen! das reizt mich auch nicht. Was soll ich denn bei ihr? Nur anhören, wie unpraktisch ich bin. Außerdem tutet sie damit Mutter ins gleiche Horn vor wegen Aussteuer und Namen sticken, so ein Quatsch!“

Weiter meint sie: „So was könnte sie mal Uschi vorschlagen! Überhaupt Uschi: Für die ist der Sonntag gerettet, seit sie Fred kennt. Die ist den ganzen Sonntag beschäftigt. Vormittags muß sie sich zurechtputzen. Nachmittags ist sie unterwegs mit dem Motorrad oder im Kino, natürlich mit Fred. Und ich sitze rum!“

Der „Blaue Montag“ ist eigentlich der beste Beweis für die Not des Sonntags. In man­chen Betrieben sinkt die Arbeitsleistung am Montag schon, wenn der heimische Fußballverein verloren hat. Peter Rosegger sagt dazu: „Gebt der Seele einen Sonntag!“ So hieß es früher. Jetzt muß es heißen: „Gebt dem Sonntag eine Seele!“

Wenn wir uns überlegen wollen, wie wir der Sonntag sinnvoll  nutzen können, dann sollten wir uns erst einmal fragen: „Wie haben wir den vergangenen Sonntag verbracht?“

 

Ein Geschenk Gottes:

Der Sonntag ist eine gute Sache: frei von Arbeit und Schule, Essen und Trinken, Ausschlafen nach Herzenslust, Zeit für Vergnügungen und Lieblingsbeschäftigungen. Selbst das kann schön sein:  „am Sonntag Arbeiten tun, die man sonst nicht tun kann!“

Auch in der Bibel wird gesagt: „Der Feiertag ist der von Gott gestiftete Ruhetag. Hier sollen wir Kräfte und Freude sammeln für die Arbeit der kommenden Woche. Dieser Tag ist nötig, um der Menschen willen. So hat ja auch Jesus gesagt: „Der Sabbat ist um des Menschen willen da und nicht der Mensch um des Sabbats willen!“ Er läßt uns Ausgleich und Ergänzung zum Alltag finden und gibt uns die Möglichkeit, schöpferisch tätig zu sein.

Im Alten Testament ist das Feiertagsgebot begründet mit der Ruhe Gottes am siebten Schöpfungstag. Diese war nicht nötig, weil er erschöpft gewesen wäre, sondern jetzt sollte bestätigt werden, daß die unfertige Welt vollendet ist, daß nichts mehr zu tun ist. Erst in der Ruhe vollendete Gott seine Schöpfung (am siebten Tag und nicht schon am sechsten Tag). Nicht die auf höchsten Touren laufende Welt ist das Ziel der Schöpfung Gottes, sondern Ziel ist, daß alles Leben Anteil bekommt an der Ruhe Gottes.

Im Judentum wurde der Sabbattag (neben der Beschneidung) zum Zeichen des Bundes zwischen Gott und seinem Volk und zum Zeichen der Zugehörigkeit zum Gottesvolk. Die Heiden kannten keine Ruhetage, die in einem bestimmten Rhythmus wiederkehrten, für sie wurde der Gleichlauf der Tage nur hin und wieder durch ein Fest unterbrochen. Die Juden fielen dadurch auf, daß sie regelmäßig ihren Sabbattag einhielten.

Die Christen behielten diesen Ablauf bei,  feierten aber den Sonntag, weil er der Auferstehungstag Jesu ist. Das war ein Zeichen für die Hoffnung der Gemeinde auf die neue Welt Gottes und die völlige Ruhe. Durch Kaiser Konstantin wurde die Sonntagsfeier im Jahre 312 gesetzlich angeordnet, auch für die Heiden. Somit trat das soziale Element wieder mehr in den Vordergrund.

 

Luther hat in seinem Katechismus die Verse weggelassen, die die Arbeit verbieten. Er formulierte geradezu umgekehrt: „Du sollst den Feiertag heiliger!“ Der Ton liegt dabei nicht auf der Ruhe, sondern auf der Heiligung. Die Arbeitsruhe ist höchstes Voraussetzung für die Heiligung. Aber sie ist nicht so gemeint, daß man „hinter dem Ofen sitze und keine grobe Arbeit tue, oder einen Kranz aufsetze und seine besten Kleider anziehe, sondern daß man Gottes Wort handle und sich darin übe!“ Wenn einer nur säuft und nachher Frau und Kinder schlägt, hat er noch nicht den Feiertag geheiligt.

Der Gottesdienst umfaßt nur einen Teil des Sonntags. In den übrigen Stunden des Tages kann der Christ auch nicht tun und lassen, was er will. Am Sonntag und an den Werktagen kann sich bewähren, ob man das Wort Gottes in sein Leben übersetzt. Jeder wird den ihm gemäßen Stil dabei finden müssen. Aber es täuscht sich, wer meint, wenn er den Tag mit Faulenzerei vertut, habe er das Gebot gehalten. Falsch wäre auch die Meinung, sich mit dem Kirchgang ein gutes Gewissen verschafft zu haben und den übrigen Tag nach Gutdünken gestalten zu können. Es könnte auch Zeit bleiben für Familie, Freunde, Kranke, Briefe.

Der Sonntag ist heute ein allgemeiner Tag der Arbeitsruhe. Aber der Charakter eines Christustages ist für viele Menschen verlorengegangen. Der Ruhetag ist für sie nicht Teilhaben an der Ruhe Gottes, sondern eine Gelegenheit zum Ausschlafen, zum Vergnügen, zu weiterer Arbeit. Man meint, es sei ein Tag, über der man im Gegensatz zu den Arbeitstagen frei verfügen könnte. Aber nach dem Willen Gottes ist

er der Tag, über der der Herr verfügt und den wir deshalb heilig halten sollen. Doch nicht der Mensch kann den Tag heiligen, sondern er ist vor Gott schon geheiligt worden.

Es hat auch Versuche gegeben, der Ruhetag ganz abzuschaffen, zum Beispiel in der französischen Revolution oder am Anfang der Sowjetunion (Zehn-Tage-Woche). Doch solche Versuche sind fehlgeschlagen. Der Mensch braucht diesen Ruhetag, braucht Erholung für Leib und Seele.  Wenn man ihn wieder abschaffen wollte, müßte die Kirche sich dagegen wehren, schon um des Menschseins der Menschen willen. Der Ruhetag ist ein Geschenk Gottes für seinen Körper, aber vor allem für seinen Glauben.

In neuerer Zeit ist das Problem mehr die stille Aushöhlung des Sonntags durch immer mehr Arbeit an diesem Tag, die an sich nicht nötig wäre: Da werden zum Beispiel Geschäfte geöffnet oder die Post wird sortiert, obwohl sie gar nicht so dringend ist. Manche Dinge müssen natürlich sein (Krankenversorgung, Verkehrsbetriebe, Hochöfen). Aber die Produktion von Autoreifen muß nicht unbedingt am Sonntag fortgeführt werden, nur weil die Konkurrenz das so macht.

 

Ausreden:

1. Ich höre den Radiogottesdienst!  Das ist eine Ersatzlösung für Kranke. Es fehlt die Gemeinschaft mit anderen .Auch wird ein Gesunder meist vom konzentrierten Hören doch nur abgelenkt.

2. Ich muß einmal ausschlafen! Das hört man vor allem von Konfirmanden, die am Samstag länger fernsehen wollen und dann am Sonntag nicht herauskommen.

3. Ich finde meinen Gott in der Natur! Aber in der Natur hört man nichts von Gott. Und was ist im Winter oder wenn es regnet? Dann fällt dieser „Gottesdienst“ eben aus.

4. In die Kirche gehen doch nur Heuchler! Das stimmt, in die Kirche gehen nur Sünder. Aber die wissen es wenigstens und werden vielleicht durch das Wort getroffen.

5.  Ich habe andere christliche Pflichten! Aber für die Familie zu sorgen ist eine allgemein menschliche Pflicht und nicht schon Praxis des Glaubers. Richtig ist es, die Familie mit zum Gottesdienst zu nehmen.

 

Die Behauptung, keine Zeit zu haben, ist eine lächerliche Lüge. Gott schlägt uns solche Ausreden aus der Hand mit dem dritten Gebot. Vor allem soll unsre Zeit da sein zum Gespräch mit Gott. Ein Sonntag ohne Gebet und Gottesdienst ist kein Sonntag. Hier will uns Gott die Dienstanweisung für den Alltag geben, in dem wir dann unsere Verantwortung gegenüber Gott wahrzunehmen haben. Das alte Nachtwächterlied erinnert an den Herrn der Zeit: „Unsre Glock hat zwölf geschlagen. Zwölf, das ist das Ziel der Zeit, Mensch, bedenk die Ewigkeit!“

 

Notwendige Arbeiten:

Sonntagsruhe bedeutet ja nicht, daß man am Sonntag überhaupt nichts tun darf. Wenn die Witterung die ganze Woche über schlecht war und am Sonntag ist es schön, dann muß man einfach an die Ernte gehen. Oder wenn eine Lieferfrist in einem Betrieb einzuhalten ist, da kann sich ein Einzelner schlecht weigern, denn sonst müssen seine Kollegen die Arbeit mitmachen. Gefährlich aber wird das aber, wenn es zur Dauereinrichtung wird und dann etwa jeden Sonntag gearbeitet wird, auch wenn es nicht so nötig wäre.

Manche Arbeiter müssen auf alle Fälle auch am Sonntag ausgeführt werden: Verkehrs- und Versorgungsbetriebe und viele Dienstleistungen kommen hier vor allem in Frage. Auch Notstandsarbeiten sind natürlich nötig. Auch die Stahlöfen kann man nicht einfach ausgehen lassen. Die Stahlwerker haben einen exakten Schichtplan, die gleiche Gruppe kann immer zusammenbleiben, es wird pünktlich abgelöst.

Hier könnte auch die Kirche beweglich sein und auf solche Menschen eingehen und zum Beispiel auch andere Gottesdienstzeiten anbieten als der Sonntagmorgen. Entscheidend ist nicht die Zeit, sondern ob man überhaupt Gelegenheit hat, zum Gottesdienst zu gehen und sich mit Gottes Wort zu beschäftigen. Wenn einer dies wahrgenommen hat, dann wird es wohl auch nichts ausmachen, wenn er ausnahms­weise einmal etwas arbeitet oder sich mit einer Sache beschäftigt, die ihm Spaß macht, die aber andere als Arbeit ansehen.

Vielleicht könnte man auch Maschinen konstruieren und Verfahren entwickeln, die dem Arbeiter den Sonntag als Ruhetag erhalten. Ein freier Tag in der Woche anstelle des Sonntags ist nicht das, was der Sonntag ist; denn das Getriebe rundherum geht weiter, während am Sonntag schon die guten Kleider eine andere Stimmung ergeben. Vor allem sollte man nicht deshalb am Sonntag arbeiten müssen, nur daß die wertvoller Maschinen auch gut ausgelastet sind. Oft wird sicher gearbeitet, ohne daß es notwendig ist. Aber dann soll das Planziel erreicht werden oder die Arbeiter wollen mehr Geld verdienen oder sie wissen mit ihrer Freizeit nichts anzufangen und arbeiten deshalb lieber.

Doch nicht nur am Sonntag sollen und können wir Umgang mit Gottes Wort haben. Nach Luther könnte der Feiertag sogar durch staatlichen Erlaß auf einen anderen Wochentag gelegt werden. Wir hängen natürlich am Sonntag, weil er der Auferstehungstag ist, aber heilsnotwendig ist er nicht. Die Hauptsache ist das Hörer des

Gotteswortes. Aber dazu gehört auch die tägliche kurze Andacht (Losung) und das Einprägen von Bibelworten und  Gesangbuchversen. Gott hat uns die Zeit gegeben. Wenn wir uns mit ihm beschäftigen, dann geben wir ihm ein Stück dieser Zeit wieder zurück.

Sonntag und Werktag sollen in nichtiger Weise aufeinander bezogen sein. Das hat Maria begriffen, als Jesus bei ihr und ihrer Schwester Martha zu Besuch war (Lk 10,28-32). Jesus konnte nur einmal im Jahr zu ihnen kommen. Da hat sie sich Zeit genommen für ihn und war bereit zum Hören.

 

 

Sinnvolle Gestaltung des Sonntags:

Bestimmten Berufen sind bestimmte Sonntagsbeschäftigungen zuzuordnen

(nicht jede Sonntagsgestaltung ist für jeden möglich!): Stanzerin, Lebensmittelverkäuferin, Kindergärtnerin, Traktorist, Laborantin, Krankenschwester, Stenotypistin, Maurerlehrling,  Industrieschneiderin, technischer Zeichner.

Gartenarbeit, Bücherlesen, Musizieren, Schneidern, Sport, Basteln, Zelten, Radiohören, Tanzen, Kochen, Stricken, Fernsehen, Kranke besuchen, Federballspielen, mit Kindern spielen, Spazierengehen, Radtour, Bummeln.

1. In geistlicher Hinsicht: Bibellesen, Gottesdienstbesuch, Dienst am Nächsten, Gespräch mit Nachbarn.

2.  In der Familie: Neues Kennenlernen, Tag großer Ehrlichkeit, Gesellschaftsspiel, Geselligkeit.

3. Ganz privat: Treffen  mit Freund oder Freundin und Förderung der gemeinsamen Interessen. Aber auch Zeit für Bibellese und Gebet.

4. In der Gemeinde: Nachbarschaftstreffen, Wanderung.

 

Erich Klapproth: Der verlorene Sonntag

In der Zeitung einer kleinen Stadt fand sich eines Tages folgende Notiz: „Ich habe meinen Sonntag verloren! Jede Auskunft, die zur Wiederauffindung dient, wird belohnt. Dr. Maier!“ Dieser Herr Maier wohnte in einem alten, vornehmen Haus am Rande der Stadt. Er war Arzt in der Hauptstadt gewesen und hatte sich auf seine alten Tage in die Stille zurückgezogen.

Am nächsten Tag kam seine Haushälterin gar nicht aus dem Staunen heraus. So viele Besucher hatte sie ihr Lebtag noch nicht in diesem Haus gesehen. Früh am Morgen kam der Stadtpolizist und wollte ein Protokoll über der Verlustgegenstand und die näheren Umstände aufnehmen. Aber der Doktor sagte nur: „Seit ich meinen Sonntag verloren habe, weiß ich überhaupt nicht mehr, wie er ausgesehen hat. Sonst würde ich ihn vielleicht auch wiederfinden. Als ich noch ein Kind war, da hatte ich ihn noch, und da habe ich auch gewußt, wie er aussah. Meine Mutter hat immer dafür gesorgt, daß der Sonntag nicht verlorenging. Als ich 16 Jahre alt war, starb sie - vielleicht hängt es damit zusammen!“

Am Nachmittag kam zuerst der dicke Gastwirt. Weil doch bekanntlich das gute Essen für den Sonntag von ausschlaggebender Bedeutung sei, wollte er sich erlauben, dem Doktor seine Speisekarte vorzulegen. Er sei bereit, ihm jeder Sonntag das beste Festessen frei Haus zu liefern. Aber der Doktor wehrte ab.

Dann kam der Bettenfabrikart und pries sein neuestes Modell an: „Dieses Bett mit seiner durchdachten Konstruktion und mit seiner vorzüglicher Matratze schenkt guten, langen Schlaf und macht jeden Tag zum Sonntag“, meinte er. Aber auch davon wollte der Doktor nichts wissen.

Dann erschien der Vertreter eines Reisebüros. Er wies auf die wunderschönen Gesellschaftsfahrten hin, die das Reisebüro an jedem Sonntag veranstalte. „Da ist für jeden etwas dabei. Ganz bestimmt auch für Sie, Herr Doktor!“Und als der Doktor auch darauf nicht eingehen wollte, lobte er noch die wunderbaren Spaziergänge und die herrliche Sonntagsstille in der Natur. Aber auch damit erreichte er beim Doktor

nichts.

Schließlich stellte sich ein Vorstandsmitglied des Sportvereins ein. Er schlug dem Doktor vor, in den Verein einzutreten und an jedem Sonntagvormittag im Verein Sport zu treiben. Es gäbe da die verschiedensten Möglichkeiten, wirklich für jeden etwas. Und am Abend könne er dann mit den Sportfreunden ein Glas Bier zusammen trinken. Dann werde er schon merken, daß Sonntag sei.

Aber der Doktor entgegnete nur, für den Sport sei er nun wohl schon zu alt. „Oh“, sagte der andere, „Sie brauchen bei uns ja nicht aktives Mitglied zu werden. Aber wenn sie am Sonntagnachmittag als Zuschauer zum Fußballspiel kommen, dann ist das gerade das richtige Sportvergnügen am Sonntag für Sie!“ Aber auch der Sportsmann mußte unverrichteter Dinge abziehen.

Am späten Abend, nach Schluß der Vorstellung, besuchte dann noch der Kinobesitzer den Doktor. Er schlug ihm vor, er könne ein Sonntagsabonnement bei ihm haben. Das wäre sehr vorteilhaft. Dann hätte er jeden Sonntag seinen Stammplatz im Kino, selbstverständlich einen ausgezeichneten Platz, und könne jeden Sonntag einen anderer Film sehen. Aber auch mit diesem Vorschlag war der Doktor nicht einverstanden. So hatte ihm keiner helfen können, obgleich ihm so viele hatten helfen wollen. Ob wir ihm vielleicht helfen können?

(Wir überleger, was dem Doktor am Sonntag fehlt. Viele werden sagen: Der Gottesdienst fehlt ihm! Aber fehlt uns denn etwas am Sonntag, wenn wir nicht im Gottesdienst gewesen sind? Die meisten Menschen geben sich am Sonntag mit dem zufrieden, was dem Doktor angeboten worden ist. Sie haben den Sonntag verloren, ohne es bisher gemerkt zu haben.  Wir setzen aber jetzt die Erzählung fort:)

Am nächsten Tage kam der alte Missionar, der am anderen Ende der Stadt wohnte, ins Doktorhaus. „Ihre Anzeige interessiert mich“, sagte er, „denn ich habe bei meiner Arbeit in Zentralafrika einmal über die gleiche Frage nachgedacht!“.Der Doktor berichtete, was sich im Laufe des vorangegangenen Tages in seinem Zimmer abgespielt hatte.

„Ich lebte lange Zeit unter einem Negerstamm“, erwiderte der Missionar, „der im ganzen Jahr nur zwei Feste kannte: ein Frühlingsfest und ein Erntefest zu Ehren eines großen Dämons. Trotzdem wußten diese Wilden gut, worin dieses Fest eigentlich bestand - besser als die meisten Christen wissen, worin der Sonntag besteht. Sie erzählt er mir damals folgenden Fabel: Die Tiere waren einst neidisch darauf, daß die Menschen Festtage haben und sie nicht. Und sie berieten sich, wie sie wohl dazu kommen könnten. Der Vielfraß sagte, es läge am vielen und guten Essen. Der Pfau meinte, ein besonderes Festgewand sei das Wichtigste. Das Faultier dagegen verlangte, man müsse vor allem viel Ruhe haben. Das alles gewährte ihm der große Dämon, aber noch war kein Festtag. Und die Schwarzen lachten dann und sagten: „Wie dumm, Sie wissen nicht, daß sie gar keinen Festtag haben können! Sie können ja nicht mit dem großen Geist reden!“ Und als ich dann der Sonntag einführte, haben sie mich gut verstanden, als ich sagte: „Wenn ihr so viele Gäste einladet,  wo ist doch kein Sonntag, wenn nicht Gott geladen ist!“

 

 

 

 

 

Viertes Gebot

Einstieg:         

Wir führen folgende Sätze fort:

„Ich gehorche gern, wenn es meinen eigenen Wünschen und Vorstellungen entspricht und der Gehorsam nicht schwer fällt!"

„Ich gehorche nicht gern…“: Wenn ich nichts dafür bekomme, wenn ich nicht machen darf, was ich will, wenn es mir nicht paßt.

„Ich brauche nicht zu gehorchen…“:  Wenn ich im Recht bin, wenn ich anderen Schaden zufügen soll.

Nicht jeder beliebige Mensch kann Gehorsam von uns fordern. Aber sicher können die Eltern von uns Gehorsam verlangen. Mit ihnen ist es anders als zum Beispiel bei Onkeln und Tanten. Die Eltern haben eine andere Stellung zu uns als andere Menschen. Ihnen können wir die Freundschaft nicht kündigen, so wie man eine Wohnung oder eine Arbeit kündigen kann. Eltern kann man auch nicht austauschen.

Die Eltern meinen es gut mit uns. Sie fühlen sich für uns verantwortlich und wollen, daß wir in Schule und Beruf gut zurechtkommen. Gott hat den Eltern eine große Ver­antwortung übertragen, als er ihnen Kinder schenkte. Sie können sich die Kinder nicht aussuchen, sie müssen sie so lieben, wie sie sind. Das kostet sie oft viel Arbeit und Mühe, aber sie tun es gern für ihre Kinder.

Gott hat aber auch den Kindern die Eltern geschenkt. Es ist nicht selbstverständlich, daß wir unsre Eltern noch haben. Auch Kinder müssen sie so nehmen, wie sie sind, selbst wenn ihren Manches an ihnen nicht gefällt. Auch sie brauchen Liebe und Dankbarkeit, praktische Hilfe und Geschenke.

 

Spannungen zwischen Alt und Jung:

Die ersten Menschen, denen wir begegnen, sind die Eltern. In ihnen trifft uns aber auch Gottes Herrschaftsanspruch, der jedoch zugleich seine ganze Liebe in sich trägt. Er möchte, daß wir freiwillig Gehorsam leisten, und zwar gleich, ganz und gern.

Ein solches Gebot ist besonders wichtig in einer Zeit, in der es starke Spannungen zwischen den Generationen gibt. Oft sind beide Elternteile berufstätig, der Vater manchmal lange Zeit ganz außerhalb. Manche Ehen sind zerrüttet. Und die Kinder werden vernachlässigt. Es gibt Pflegeeltern und Stiefeltern. Kinder wollen oft schon früh selbständig sein und die Eltern wollen ihnen noch nicht die nötige Freiheit lassen.

Ursprünglich sollte durch das Gebot das Wohl der altgewordenen Eltern gesichert werden, die an sich für den Familienverband wertlos geworden waren.  Aber gerade deshalb wurde im alten Israel jedes unbotmäßige Verhalten mit Götzendienst gleichgesetzt. Dazu kam, daß der Hausvater die religiösen Traditionen weiterzugeben hatte und deshalb gewissermaßen unantastbar sein sollte.

Wenn Kinder ihre Eltern verachten, dann schieben sie sie beiseite, lassen sich von ihnen nichts mehr sagen, halten sie für rückständig, fragen nicht mehr nach Rat und Beistand der Eltern und messen ihren Wert nur noch an der Arbeitskraft. Wenn die Kinder aber die Eltern liebhaben, dann lassen sie durch Wort und Taten spüren, daß sie sie auf keinen Fall missen möchten, auch wenn sie nicht mehr so viel leisten können.

Heute müssen wir allerdings auch die andere Seite sehen: Auch die Eltern müssen sich recht verhalten. Man kann nicht immer nur den Kindern sagen: Ihr müßt euch recht verhalten, egal was die Eltern tun. Das vierte Gebot wird insofern durch das erste Gebot relativiert, es bringt auch eine Forderung an die Eltern mit sich.

 

Was wir den Eltern verdanken:

Schon aus primitiven Gründen hat man Grund zur Dankbarkeit: Eine Geburt ist immer eine lebensgefährliche Sache und immer mit großer Schmerzen verbunden. Die Sorge für ein Kind erfordert sehr viel Einsatz. Die Eltern verzichten da auf Manches und sind immer für die Kinder da. Sie suchen ihr Bestes und warnen vor dem Bösen. So tun sie viel für die Kinder.

Sie helfen aber auch zum geistigen Leben. Die Mutter lehrt das Kind das Sprechen: Sie spricht ihm die Worte vor und das Kind spricht sie nach. Sie betet mit dem Kind, indem sie mit ihm die Hände faltet und ein Gebet vorspricht. Nicht umsonst heißt es bei uns in unserer Sprache „Muttersprache“.

Auch der Vater hat seine Aufgaben. Je älter das Kind wird, desto mehr kommt es unter seinen Einfluß. Er hilft durch sein Vorbild und durch sein Wort. Er gibt Rat in vielen Dingen der Schule und der Berufsausbildung. Das Kind traut dem Vater alles zu. Der Vater hilft ihm, seine Welt zu erschließen. Nicht umsonst heißt es deshalb in der deutschen Sprache „Vaterland“.

Aber noch wichtiger ist, daß die Eltern von Gott in ihr Amt eingesetzt worden sind. Sie haben einen göttlichen Beruf, denn sie sollen an der Stelle Gottes für die Kinder sorgen. Durch die Eltern hat Gott der Kindern das Leben gegeben. So sind sie Stellvertreter Gottes an der Kindern. Deshalb hat auch dieses Gebot als einziges eine Verheißung Gottes mit dabei. Deshalb rückt dieses Gebot in die Nähe der Gebote der ersten Tafel. Es ist Bindeglied zwischen beiden Tafeln und hat eine besondere Beziehung zum ersten Gebot.

Wenn ein Kind von sich aus dem Verhältnis zu den Eltern ausbrechen will, dann wird die gottgewollte Ordnung zerstört. Wenn das Kind aber auf die Eltern hört, wird es damit zugleich auch Gott gehorsam. Es wird nicht fragen, ob die Eltern den Gehorsam wert sind, sodann sie gehorchen, weil Gott es so fordert. Wenn das aber so ist, dann wird es ihnen gut gehen das ganze Leben lang. Wenn ein Mensch in einer so geordneten Familie aufgewachsen ist, dann kann sich das sein Leben lang auf seine leiblich-seelische Gesundheit auswirken.

 

Wie achtet und ehrt man die Eltern?

Das Ehren besteht nicht darin, daß die Kinder den Eltern die empfangenen Wohltaten wieder vergelten. Das können sie ja gar nicht, weil sie ihr ganzes Leben von ih­nen haben. Das Ehren gilt sogar auch für die Eltern, die ihr Amt mißbrauchen. Ehren ist auch mehr als die Liebe, die wir unsren Mitmenschen allgemein schulden, denn sie es ist eine Verbindung von Ehrfurcht haben und lieben, bestimmt vom Gebot Gottes.

Manche meinen, das Verhalten des Kindes zu den Eltern habe nichts mit der Einstellung gegenüber Gott zu tun. Wo die Ehrfurcht vor dem Göttlichen verlorengegangen ist, da kann auch keine Ehrfurcht vor den Eltern erwartet werden. Zwischen Eltern und Kindern herrscht ein anderer Tor als etwa zwischen Kameraden einer Schulklasse.

Man redet zum Beispiel die Eltern nicht mit ihrem Vornamen an, sondern mit dem Ehrennamen „Vater“ oder „Mutter“. Wenn man etwas von ihnen haben möchte, sagt man „bitte“ und nachher „danke“. Unsere Dankbarkeit kann sich darin zeigen, daß wir versuchen. ihnen Freude zu machen, indem wir auf ihr Wort hören und ihnen helfen.

Wenn das Kind die Eltern nicht mehr ehren will, leidet es Schaden.

Davor soll es durch das Gebot bewahrt werden. Wenn der Junge etwa auf einen Baum klettert und herunterfällt, verletzt er sich schwer. Wenn das Mädchen etwa aufs Eis geht  und einbricht, wird es krank. Auch wenn nichts geschieht und die Eltern zunächst nichts von dem Ungehorsam merken, fühlt sich das Kind in ihrer Nähe doch nicht wohl. Das Verhältnis zu den Eltern ist in Unordnung und das Leben des Kindes ist erschüttert.

Jedes Kind kommt aber auch einmal in ein Alter, in dem es die Grenzen seiner Eltern sieht. Aber das hebt nicht auf, daß Gott sie zu Eltern gemacht hat. Wir haben alle unsere Fehler. Und doch will Gott uns in seinem Dienst haben. Deshalb sollen wir auch dann noch unsere Eltern ehren, wenn wir ihre Fehler entdecken.

Allerdings werden die Eltern in der Regel ihre Kinder nur zu dem Standpunkt erziehen können, den sie selber einnehmen. Nur wenn sie selber in der Verbindung zu Gott stehen, werden sie auch die Kinder in die Gemeinde Gottes hineinführen können. Nur wenn das Kind von den Eltern Liebe erfährt, wird es auch begreifen, was die Liebe Gottes ist.

Schwierig wird es, wenn die Eltern keine Christen sind und der Kindern die Ausübung des Glaubens verbieten. In dieser letzten Entscheidung muß man Gott mehr gehorchen als den Menschen (Apg 5,29). Dann erfährt das vierte Gebot seine Begrenzung durch das erste Gebot. Aber schroff darf man deswegen noch lange nicht zu den

Eltern sein. Aber wenn sie zur Übertretung der Gebote veranlassen wollen, hört der ihnen schuldige Gehorsam auf. Die Eltern können nur so weit geehrt werden, wie damit Gott selbst geehrt wird.

Andere Herren:

Neben den Eltern sind uns aber auch noch andere „Herren“ vorgesetzt, in denen wir Gottes Fürsorge begegnen: Lehrer, Pfarrer, Pflegeeltern, Lehrmeisten, Vertreter der Staatsmacht, usw. Weil die Eltern nicht alles allein leisten können, übergeben sie ihre Kinder in die Obhut der Lehrer Und Lehrmeister; die stehen dann aber an der Stelle der Eltern und sind genauso zu achten und zu ehren wie die Eltern.

Auch die sogenannte „Obrigkeit“ gehört zu der „Herren“ im Sinne des vierten Gebots. Die Vertreter des Staates sollen für die Menschen sorgen, die ihnen anvertraut sind. Auch wenn ihre Gesetze nach unserer Meinung schlecht sind, sollen wir ihnen doch gehorchen. Es gibt keine staatliche Gewalt, die Gott nicht gewähren läßt. Auch eine schlechte Staatsmacht schafft notdürftig Ordnung; wenn man gegen sie rebelliert, wird das letzte Stückchen Ordnung mit zerstört. Nur wenn etwas gegen das Wort und den Willen Gottes von uns gefordert wird, haben wir Widerstand zu leisten. Und unter Umständen dafür auch zum Leiden bereit zu sein.

 

Mutters Geburtstag wird richtig gefeiert,

  • wenn der Blumenstrauß, den wir der Mutter an diesem Tag geben, nicht der einzige im ganzen Jahr bleibt ...
  • wenn die freundlichen Worte,  die wir ihr sagen, nicht schon am nächsten Tag durch Frechheit und Rücksichtslosigkeit wertlos gemacht werden ...
  • wenn die Liebe und die Dankbarkeit, die wir an diesem Tag für die Mutter empfinden, sich auch die restlichen 364 Tage bewährt
  • beim Heruntertragen des Mülleimers
  • beim Abwaschen
  • beim Einholen
  • in wachsamer Hilfsbereitschaft
  • in gelegentlichem Zuhausebleiben
  • ja, sogar im schweigenden Einstecken von kleinen Ungerechtigkeiten, wie sie auch Müttern manchmal unterlaufen.

Andernfalls ist das Feiern ein Betrug und der Blumenstrauß eine Lüge:

 

Erzählung: Gott mehr gehorchen

Perpetua war die Tochter eines vornehmen Bürgers in der Stadt Karthago. Von ihrer Mutter, die heimlich dem Christenglauben anhing, war sie unterwiesen worden und hatte Christus liebgewonnen. Sie war jung verheiratet und stillte ihr erstes Kind, als sie im Jahre 201 samt ihrer Dienerin Felicitas in den Kerker geworfen wurde. Dort hat sie selbst die Geschichte ihrer Verfolgung aufgeschrieben, die uns in den Akten der Märtyrer überliefert ist.

Ihr Bericht beginnt so: Als wir noch im Leben miteinander vereint waren, ließ mein Vater in seiner Liebe zu mir nicht ab, auf mich einzureden, um mich vom Glauben an Christus abwendig zu machen. Ich aber sprach zu ihm: „Sieh diesen Krug, Vater; kann man ihn anders bezeichnen als einen Krug? So kann auch ich mich nur eine Christin nennen!“

Ob dieser Rede war er sehr erzürnt und stürzte sich auf mich, als wollte er mir die Augen auskratzen, und schlug mich heftig. So sehr quälte er mich, daß ich froh war, ihn einige Tage nicht zu sehen. In dieser Zeit empfing ich die heilige Taufe, und mir ward in meinem Herzen die Erleuchtung, daß ich um nichts anderes bitten sollte, denn um Beständigkeit bis in den Tod.

Wenige Tage darauf wurden wir in den Kerker geworfen. Ich war entsetzt über den Ort; denn ich hatte in meinem Leben noch nie ein solches Verließ gesehen. Hitze und Enge waren unerträglich, und ich war in großer Sorge um mein Kind. In dieser Not erreichten zwei Diakone, die unerkannt im Gefängnis Dienst taten, durch Geld, daß wir uns für einige Stunden am Tage an einen besseren Platz zurückziehen durften.

Dort nährte ich mein Kind, tröstete meinen Bruder und meine Mutter, die mich besuchten, und bat sie, für mein Kind zu sorgen; mir tat es weh im Herzen, daß ich sie um meinetwillen leiden sah. Viele Tage mußte ich im Gefängnis aushalten; doch erreichte ich, daß mein Kind bei mir bleiben durfte; es gedieh, und mir war die Gefangenschaft verkürzt durch die Sorge um sein Wohlbefinden. Mein Vater kam zu mir ins Gefängnis, um mich zum Abfall zu überreden. „Kind, erbarme dich meiner grauen Haare, wenn du noch einen Funken von Kindesliebe in dir hast!“ So sprach er, küßte mir die Hände, warf sich vor mir in die Knie und nannte mich weinend nicht mehr Kind, sondern Frau. Ich suchte ihn zu trösten und sprach: „Vor Gericht wird mir nur geschehen, was Gott will; denn wir stehen nicht in der Menschen Gewalt, sondern in Gottes Hand!“ Er schied aber von mir in großem Schmerz.

Eines Morgens wurden wir auf die Tribüne geführt, um verhört zu werden. Viel Volk hatte sich versammelt und säumte den Gerichtsplatz. Einer nach dem andern von uns wurde gefragt, und alle bekannten sich als Christen; endlich kam die Reihe auch an mich. In diesem Augenblick stand mein Vater neben mir mit meinem Kinde, zog mich die Stufen herab und sprach: „Bitte um Gnade und opfere!“ Ich antwortete: „Das will ich nimmer tun!“ Der Richter fragte mich: „Bist du eine Christin?“ Ich antwortete: „Ja, ich bin's!“  Da mich aber mein Vater die Stufen hinabziehen wollte, ließ ihn der Richter mit Ruten schlagen. Das ging mir so zu Herzen, als wäre ich selber geschlagen worden. Der Richter sprach das Urteil über uns, daß wir durch die wilden Tiere sterben sollten; darauf wurden wir in den Kerker zurückgeführt.

Ich ließ meinen Vater bitten, daß er mir mein Kind wieder brächte; aber er gab es mir nicht mehr heraus. Als der Tag der Staatsfeier nahte, kam mein Vater zum letztenmal zu mir ins Gefängnis, beschwor mich noch einmal, mein Leben zu retten, und sprach Worte, die mich erschütterten; doch konnte ich seinen Willen nicht erfüllen. Perpetua wurde am 7. März des Jahres 203 hingerichtet.

 

 

 

Das fünfte Gebot

Einstieg:

Was ist der Mensch wert? Diese Frage läßt sich wohl kaum beantworten. Wenn ein Haus brennt, in dem sich ganz wertvolle Gegenstände befinden, so wird man doch erst das Kind aus dem Haus retten. Und auch wenn es eine alte Großmutter ist, die sich noch in dem Haus befindet, so muß diese zuerst gerettet werden.

Im Krieg sagte man beim Militär: „Ein Pferd kostet 2 000 Mark, ein Mann nur 6 Pfennig,  nämlich das Porto für eine neue Einberufung!“ Aber so darf man das sicher nicht sehen. Man kann auch nicht den Wert des Menschen errechnen, indem man seine im Leben geleisteten Arbeitsstunden mit dem durchschnittlichen Stundenlohn malnimmt.

Das wäre sicher eine nette Summe, aber so kann man sicher auch nicht den Wert eines Menschen ermitteln. Der Mensch ist mehr als das höchst entwickelte Säugetier. Er ist vor Gott geschaffen als die Krone der Schöpfung, er ist das Abbild Gottes. Deshalb schützt Gott auch das Leben des Menschen durch das fünfte Gebot in besonderer Weise.

 

Wir leben in Gemeinschaft mit anderen Menschen:

Wir alle sind mit unserer Mitmenschen gewissermaßen durch ein unsichtbares Netz verbunden .Jeder profitiert vom anderen und trägt selber mit zur Gemeinschaft bei. Deshalb hängt viel für uns davon ab, ob wir füreinander oder gegeneinander stehen wollen.

Das fünfte Gebot will deshalb unser Leben in der Gemeinschaft mit anderen Menschen schützen. Wenn wir uns aus der Gemeinschaft herauslösen, werden wir uns gegen den Mitmenschen. Und wenn keine Gemeinschaft da ist, richtet sich das auch gegen uns.

Aus Angst vor dem Zukurzkommen und vor der Verantwortung errichten wir schnell eine Trennwand zwischen Mensch und Mitmensch und dadurch gleichzeitig eine Trennwand gegenüber Gott. Diese Eigenmächtigkeit führt dann aber leicht zu Neid und Haß, zu Eigensucht und Mord.

Gott aber will aus der Trennwand ein Kreuz machen und dadurch unser Verhalten zum Mitmenschen ändern:

Gott baut eher eine Mauer um unserer Mitmenschen herum, damit dieser vor uns beschützt wird. Aber wir selber werden auch um den Zaun um uns herum vor Übergriffen anderer beschützt. Das Gebot ist also immer zweiseitig zu sehen.

 

Das biblische Zeugnis:

Wie es aber zwischen den Menschen oft aussieht, zeigt beispielhaft die Geschichte von Kain und Abel (1.  Mose 4). Aber wir werden vielleicht sagen: Das geht mich nichts an, denn ich habe noch niemals einen anderen Menschen getötet.  Wir könnten meinen, dieses Gebot sei leicht einzuhalten.

Jesus aber verbietet in der Bergpredigt nicht erst das Töten, sondern schon verächtliche Worte gegen über dem anderen, mit dem sich ein Wissender über einen Unwissenden und ein Frommen gegenüber einem Urfrommer erhebt. So macht Jesus den Anspruch Gottes auf den ganzen Menschen geltend. Er hebt damit das Gebot aus dem Bereich staatlichen Gesetze heraus. Er deckt Sünden auf, die keine Verstöße gegen ein Strafgesetzbuch sind, die aber mit dem fünften Gebot auch gemeint sind.

So sind auch die Gebote der zweiten Tafel und auch das fünfte Gebot „Ausführungsbestimmungen“ des ersten Gebotes. Bei einem Verstoß gegen das Strafgesetzbuch wird der Übeltäter nur vor der menschlichen Gesellschaft schuldig.  Wer aber Gottes Gebot übertritt, wird vor Gott schuldig, denn er hat einem Menschen das Leben genommen, das er vor Gott erhalten hatte.

 

 

Der übertragene Sinn des Gebotes:

Weil es leichter ist, seine tägliche Arbeit zu tun, und in blinder Friedsamkeit zu warten, daß der Tod komme, glauben viele Leute, sie hätten genug getan, wenn sie niemanden geradezu umbringen. „Es darf aber keiner in Frieden sterben, wenn er nicht alles getan hat, damit die anderen leben!“ (Albert Camus). Es gibt auch ein seelisches Töter, ja, auf diesem Gebiet geschehen die meisten Grenzverletzungen. Man kann auch die Seele eines anderen abwürgen und auch die eigene Seele töten, am Schreibtisch, hinter oder vor dem Ladentisch, am Arbeitsplatz.

Luther hat aus dem Verbot das Gebot herausgehört, dem Mitmenschen Gutes zu tun: „Siehst du jemand Hunger leiden und speist ihn nicht, so läßt du ihn Hungers sterben! Wer nicht Hilfe mit Rat und Tat gibt, hat den anderen der Wohltat beraubt. Wer nicht in Leibesnöten rät und hilft, ist ein Mörder!“

Wie wir positiv das Gebot einhalten, zeigt die Geschichte vom Barmherzigen Samariter in Lukas 10. Ein gleichgültiger Mensch wird sagen: „Jeder ist sich selbst der Nächste!“ Der Priester und der Levit haben aber das Gebot übertreten, denn sie sind vorübergegangen, ohne zu helfen. Sie konnten ja nicht damit rechnen, daß noch einer kommt und dem Verletzten hilft. Doch sicher hätten sie Anschuldigung entrüstet zurückgewiesen, sie hätten das fünfte Gebot übertreten. Doch sie haben im Grunde größere Schuld als die Mörder, denn sie kannten ja die Gebote ganz genau. Sie haben einen Menschen getötet, ohne die Hand gegen ihn erhoben zu haben, sie haben ihn getötet, weil sie die Hand nicht für ihn gerührt haben.

 

Unser Beitrag zur Erfüllung des Gebots:      

Wir stellen gegenüber:

Was macht das Leben schön? Geburt, Liebe, Geld, Familie, Frieden, Glück, Sicherheit, Gerechtigkeit, Gesundheit.

Was bedroht das Leben? Vernichtung, Krieg, Krankheit, Angst, Hunger, Unterdrückung, Katastrophen, Tod, Ungerechtigkeit.

Aber fast alle Lebensbedrohung ist Schuld von Menschen. Oft sind wir einfach blind gegenüber unserem eigenen Anteil an der Übertretung des fünften Gebots. Natürlich sind wir gegen Blutvergießen und Krieg, gegen Diskriminierungen und für weltweite Gerechtigkeit.  Aber setzen wir uns auch dafür ein, daß es keinen Krieg, keine Un­gerechtigkeit, keine Diskriminierung gibt? Jesus erwartet nicht nur die Ächtung des Krieges, sondern das Friedenmachen. Er fordert die tägliche Entscheidung für die Sache des Menschen, der in seinem Leben behindert oder bedroht wird.

Wir könnten hier natürlich auch auf die Liebesarbeit der Kirche hinweisen. Aber das entbindet uns nicht vom eigenen Einsatz. Gewiß tun die Diakonissen ihren Dienst auch stellvertretend für uns, aber nicht so, daß unsre persönliche Hilfeleistung damit unnötig würde. Die Diakonie der Gemeinde besteht nicht nur im Dienst der Diakonie­station, sondern im Dienen und Helfen des einzelnen Christen.

 

Dazu noch einige konkrete Hinweise:

1.Hilfe bei Unglücksfällen und Notfällen und entsprechende Ausbildung

2. Schaffung guter menschlicher Beziehungen in Schule und Firma

3. Aufmerksamkeit und rücksichtsloses Verhalten gegen jedermann (Verkehr)

4. Kranke besuchen, Zeit und Rat für andere haben, eine Liebe aus Liebe.

5. Streitende versöhnen, Roheiten beim Spiel vermeiden  

6. Nicht dulden, daß man Schwächere verspottet, Schimpfworte nicht beachten

7. Nichts Nachteiliges oder Falsches über andere Menschen sagen

8. Von Schwachen nicht die gleiche Leistung verlangen wie von Starken

9. Vorurteile gegenüber anderen Rassen und Völkern vermeiden

Es gilt, schon die Vorstufen des Mordes auszuschalten, um es nicht zum Schlimmsten kommen zu lassen.

 

 

Ethische Fragen:

Todesstrafe: Nutzt nichts, schafft nur neue Schuld, Gott allein Richter

Selbstmord: Feigheit, mangelndes Gottvertrauen, aber kein Richten

Euthanasie: Auch „Krüppel“ sind Geschöpf Gottes; Sterbende sterben lassen

Kriegsdienst: Kein Befehlsrotstand, sondern Mord, Verweigerung möglich

Notwehr     : Abwehr eines Angriffs, jedoch keine Racheaktion

Abtreibung: Werdender Mensch schon Geschöpf Gottes. Wo Grenze?

Notstände  : Rettung Leichtsinniger, überfülltes Rettungsboot.

 

Besonders könnte man auf das Beispiel „Selbstmord“ eingehen: Das fünfte Gebot schützt auch das Leben vor dem eigenen Zugriff. Der Mensch hat die Freiheit, sein Leben zu bejahen oder zu vernichten. Der Selbstmord ist eine spezifisch menschliche Tat, denn ein Tier kann das nicht. Der Mensch kann dadurch versuchen, zum Herrn seines eigenen Schicksals zu werden und sich der Niederlage durch den selbstgesuchten Tod zu entziehen. Aber Jochen Klepper schrieb auch am 25. Juni 1933 in sein Tagebuch: „Der Selbstmord ist das einzig Gültige, das der Mensch tun kann. Darum streift er an Gottes Recht. Darum ist der Schauer vor dem Selbstmord so tief!“ Weil der Mensch durch der Selbstmord endgültig über sich selbst bestimmen will, deshalb fällt dieses Problem schon wieder mehr unter das erste Gebot. Es gibt allerdings auch Fälle, wo die Selbsttötung unter dem Vorzeichen des Opfers für andere steht, etwa wenn ein Gefangener sich das Leben nimmt, um unter der Folter nichts zu verraten.

 

Erzählung: Helga                                                      

Ich war damals dreizehn Jahre alt. Wir lebten in einer kleinen Stadt, wo einer den anderen kannte. Zu unserer Klasse gehörte auch Helga Liedrich, ein gesundes, kräftiges Mädchen aus einer kinderreichen Familie. Als sie zur Schule kam, saß ihr Vater gerade wegen einer Betrügerei im Gefängnis. Das wußten wir natürlich alle, und ihr könnt euch denken, daß wir Helga deswegen nicht besonders achteten.

Einmal, in einem der ersten Schuljahre, während der Vater noch im Gefängnis saß, hatte auch Helga in einer Bäckerei ein Brötchen genommen und war dabei erwischt worden. Der Name „Diebin“ blieb von diesem Tage an Helga hängen, solange sie lebte. Wir versteckten ängstlich Griffel und Bleistifte, wir wagten kaum, Geld mit in die Klasse zu bringen, und wenn jemals etwas verlorengegangen war, wurde immer zuerst in Helgas Ranzen nachgeschaut, obwohl niemals etwas gefunden worden war.

 

Im letzten Schuljahr wurde eine von Helgas Schwestern wegen fortgesetzten Diebstahls verhaftet und verurteilt. Das Diebesgut war nicht mehr aufzufinden, und wir tuschelten nun einander zu, Helga habe ihrer Schwester geholfen. Auch das Gericht hatte Helga in Verdacht. Sie war mehrmals nachmittags gesehen worden, als sie die Stadt verließ, und an solchen Tagen war sie immer erst gegen Abend heimgekommen. Aber nachweisen konnte ihr niemand etwas. Ob sie schuldig war, das wird für immer ein Rätsel bleiben.

Ich glaube, die folgende Zeit war für Helga wirklich eine Qual. Niemand wollte mehr neben ihr sitzen, alle begegneten ihr nur noch mit Mißtrauen oder gar mit Abscheu. Ich weiß nicht, woher alles kam, aber wir wußten jeden Tag etwas Neues über sie. Niemand hatte selbst zugesehen, aber alle erzählten solche Dinge begeistert weiter. Wir konnten ja ruhig über sie reden, sie hatte niemanden, der sie verteidigte, und sie selber tat es auch nicht.

 

Wenn in der Schule irgendetwas angestellt worden war, bekam Helga die Schuld, klagte jemand in der Stadt über die Streiche ungezogener Kinder, so wurde Helga verdächtigt. Wir waren eigentlich fast froh, daß wir Helga hatten. Da war wenigstens jemand da, auf den wir alles schieben konnten.

Und dann sollten wir konfirmiert werden. Einige Tage vorher verteilte unser Pfarrer die Sitzplätze. Die beiden, die neben Helga sitzen sollten, sprangen empört auf und riefen: „Neben Helga? Nein, da setz nicht hin!“

Der Pfarrer wies sie mit einigen scharfen Worten zurecht und behielt sie am Ende der Stunde noch zurück. Ob Helga nun glaubte, seine Worte seien nicht ehrlich gemeint gewesen und er wolle die Mädchen nun hinterher trösten, das wissen wir nicht. Helga saß wortlos da und brütete finster vor sich hin.

Am anderen Morgen - es war zwei Tage vor der Konfirmation - fehlte Helga in der Schule. Wir wunderten uns ein wenig. Helga war nie krank gewesen, hatte niemals ein Schulversäumnis. Unsere Lehrerin fragte Helgas Schwestern. Sie sei kurz vor ihnen weggegangen wie jeden Tag, sagten sie. Am Mittag kam die Mutter zur Schule. Helga war nicht heimgekommen. Unser Rektor verständigte die Polizei. Auch er traute ihr allerhand Schlechtes zu. Sie wurde gesucht.

Spät in der Nacht erst fand man sie. Sie lag in einem dichten Gestrüpp in einem Park. Sie lebte nicht mehr. An irgendeiner Vergiftung war sie gestorben. Zuerst dachte man, sie hätte vielleicht eine giftige Speise genossen. Weil aber niemand in der Familie eine Spur von Vergiftungserscheinungen zeigte, schien es ziemlich sicher zu sein, daß sie entweder vergiftet wurde oder sich selbst vergiftet hatte. Am anderen Morgen sagte es uns unsere Lehrerin. Sie war sehr bleich. Kaum hatte sie den Unterricht begonnen, als ihr die Post einen Brief brachte. Er war an die Klasse gerichtet. Sie zitterte, als sie ihn annahm, noch mehr, als sie ihn öffnete. Wir ahnten es: Er war von Helga. Und wir sollten gleich die Ursache ihres Todes erfahren. Fast tonlos las uns die Lehrerin die wenigen Worte vor: „Ihr braucht nicht neben mir zu sitzen. Ich will euch nicht stören. Laßt euch nur konfirmieren, ich gehe euch gerne aus dem Weg. Ich kann es auch nicht länger aushalten unter euch!“ (Wilma Biehn).

Mich

 

 

Das sechste Gebot

Zwei ineinander verschlungene Ringe an die Tafel malen. Woher kennt ihr das? Die Eheringe von Vater und Mutter. Ein Gebot handelt von der Ehe! Das 6.Gebot! Doch was geht uns das an, wir sind doch noch nicht verheiratet? Wir schlagen die Erklärung Luthers auf: „keusch und züchtig leben“ gilt auch schon für einen Vierzehnjährigen.

Was ist nötig, wenn man heiraten will? Wohnung, Möbel, abgeschlossene Berufsausbildung usw. - und selbstverständlich auch eine Frau. Aber an etwas habt ihr vielleicht noch nicht gedacht, das gehört auch eine Vorbereitung auf die Ehe dazu: Unsren Beruf können wir uns weitgehend wählen je nach Veranlagung und Neigung. Wir können sogar im Laufe unsres Lebens den Beruf wechseln. Aber wir können uns nicht aussuchen, ob wir Junge oder Mädchen sein wollen, ob wir einmal Mann oder Frau sein werden. Wir können unser Geschlecht auch nicht wechseln.

Es gibt auch deutliche Unterschiede zwischen den Geschlechtern. Meist sind die Jungen wilder und rücksichtsloser, sie spielen       Fußball, Auto, Indianer usw. und interessieren sich für Technik. Die Mädchen dagegen sind meist zarter und spielen mit Puppen und helfen im Haushalt. Aber so eine klare Trennungslinie gibt es da heute nicht mehr.

Ihr lebt jetzt in einem schwierigen Alter, wo das alles besonders deutlich wird. In eurem Körper geht eine Veränderung vor sich, denn ihr verändert euch äußerlich und auch das innere Leben stellt sich nach und nach um. Da habt ihr es nicht leicht mit euch selbst.

Auf einmal seht ihr den Menschen eines anderen Geschlechts ganz anders an als früher und habt auf einmal ganz andere Gedanken. Vielleicht redet ihr und tut Dinge, deren ihr euch im Grunde schämt, etwa wenn diese Gedanken wie in einem Film abrufen würden. Aber das ist gar nichts Besonderes, das geht allen Jugendlichen eurer Entwicklungsstufe so.

Und doch ist es etwas Großartiges, was da in euch vor sich geht. Denn jetzt wachsen die Kräfte heran, die ihr für eure zukünftige Ehe einmal braucht. Doch sie müssen erst reifen und ihre Zeit haben, so wie ja auch die Äpfel erst reif sein müssen, sonst verdirbt man sich den Magen.

Bis ihr lesen, schrei.ben und rechnen konntet, hat es ja auch seine Zeit gedauert. Ihr müßt zehn Jahre in die Schule gehen und dann habt ihr immer noch nicht ausgelernt. Die Kräfte für die Ehe brauchen aber mindestens genausolange wie die Kräfte des Verstandes, um für ihre Aufgabe reif zu werden.

Ihr seid jetzt in der Lehrzeit der Ehe. Deshalb müßt ihr den wertvollen Kräften in euch Zeit lassen, sonst verbrauchen sie sie vorzeitig oder richten große Zerstörungen an. Ihr kennt doch die Hochspannungsmasten: In den Drähten werden gute Kräfte befördert. Doch sie werden lebensgefährlich, wenn man sie falsch einsetzt. Auch über eurem Leben steht unsichtbar: „Vorsicht! Hochspannung!“

Vor allem müssen die seelischen Kräfte erst noch wachsen und beherrscht werden. Erst müssen Zorn, Gier und Ichsucht an die Kette gelegt werden. Man muß es gelernt haben, auch Opfer bringen zu können. Die Jungen sollen einmal Vater werden, die vor allem im Glauben die Führung haben. Und die Mädchen sollen einmal Mütter werden, die ihren Kindern auch einmal eine biblische Geschichte erzählen; doch das muß alles erst einmal gelernt sein. Es ist schon eine schwierige Aufgabe, sich auf die Ehe vorzubereiten.

Auch sonst ist noch viel zu lernen: Da hat die Mutter den Tisch fein gedeckt, auch ein Blumenstrauß steht darauf, es duftet so gut. Und da sagt der Vater: „Das schmeckt aber heute wieder gut!“ Damit hat er seine Frau geehrt (so wie Luther es versteht), und zwar vor allen, die am Tisch saßen. Auch so etwas will erst gelernt sein.

Aber es gibt auch Mensch, die haben nie eine Lehrzeit für ihre Ehe mitgemacht: Ein Ehepaar sitzt am Geburtstag des Mannes auf dem Sofa und sieht durch das Fenster einen Vogel. „Sieh mal, den schönen Finken“, sagt die Frau. „Das ist ein Zeisig“, behauptet der Mann. Sie geraten in Streit, der sogar in Tätlichkeiten ausartet. Im nächsten Jahr sitzen sie wieder zusammen. Der Mann fängt an: „Ach, was waren wir dumm, als wir uns voriges Jahr über den Zeisig geärgert haben!“ - „Ein Fink war es“, schreit die Frau und alles geht von vorne los.

Es kommt sogar noch vor, daß die Ehe alter Menschen geschieden wird oder geschieden werden soll. Meist ist dann der Mann der Antragsteller, weil er sich in ein junges, hübsches Gesicht verknallt hat und nun angeblich mit seiner Frau nicht mehr auskommt. Doch so eine Schwärmerei ist keine Grundlage für eine Ehe.

Wenn einer die Ehe mit einem anderen Menschen eingeht, dann sagt er „Ja“ zum ganzen Menschen. Er sagt „Ja“ zu seiner Vergangenheit und zu seiner Zukunft, zu seinem Schicksal und zu seinem äußeren Verfall, zu seinen Fehlern und Schwächen, aber auch zu seinen Vorzügen und guten Seiten.

 

 

 

Das schlimmste wäre, wenn man einen Menschen umkrempeln will. Man macht sich ein Wunschbild, das der andere nicht erfüllen kann. Manche Frau hat schon gesagt: „Das gewöhne ich ihm schon ab, wenn wir erst verheiratet sind!“ Aber dann hat es nur Krach gegeben. Aber auch wenn man sich dann mit Gewalt zusammennimmt, täuscht man sich nur über das hinweg, was man wirklich ist.

Damit wir die Ehe ernst nehmen, schon vorher und wenn wir drin stehen, deshalb hat uns Gott das sechste Gebot gegeben. In ihm schützt er die Ehe (nicht die Frau als ein Besitztum des Mannes, wie in den anderen Geboten, wo ein Gut des Nächsten geschützt wird).

In der modernen industriellen Gesellschaft arbeiten Mann und Frau nicht mehr zusammen, sondern sie haben andere Kollegen und Mitarbeiter, auch des anderen Geschlechts. Da ist die Gefahr dann größer, daß sie meinen, ein anderer sei für sie viel besser geeignet als der eigene Mann und die eigene Frau.

Gott aber weiß: Jeder Mensch braucht einen anderen, an dessen Liebe und Treue er glauben kann, mit dem er Freude und Leid teilen kann, bei dem er ein verstehendes Wort hören kann. Deshalb hat Gott uns die Ehe geschenkt, damit jeder im Menschen des anderen Geschlechts seine Ergänzung finden soll. Und er hat über die Ehe sein Gebot gestellt, so daß man nicht mehr auseinander laufen kann, ohne schuldig zu werden.

Mit der Ehe ist es ein großes Geheimnis. Deshalb stecken noch all die in den Kinderschuhen, die nur schmutzige Witze  machen können über die Dinge, die mit der Ehe zusammenhängen. Möchtet ihr, daß über eure Mutter oder euren Vater so geredet wird? Das Beste ist, man sagt so einem Dreckfinken: „Halt die Fresse, sonst kriegst du eine rein!“ Und wenn man nicht stark genug ist, den anderen zu verhauen, dann geht man einfach weg, damit er kein Publikum mehr hat.

Es gibt auch solche, die tun, als wüßten sie alle Geheimnisse. Doch sie wollen die anderen nur verleiten, ihre guten Kräfte vorzeitig in kleinen Liebeleien zu verzetteln. Die sagen dann etwa: „Du mußt eine Freundin haben, sonst bist du nur ein halber Mensch!“ Doch wer so redet, ist selber nur eine halbe Portion und noch kindisch.

Natürlich ist eine Freundschaft zwischen Junge und Mädchen nichts Schlechtes. Aber sie ist etwas anderes als etwa eine Freundschaft zwischen Mädchen. Deshalb sollte der nötige Abstand gewahrt bleiben und man sollte dem anderen mit der nötigen Achtung begegnen.

Und man sollte wissen: eine frühe Bekanntschaft führt in den seltensten Fällen zu einer Ehe und noch seltener zu einer guten Ehe. Auch hier gilt es erst zu lernen.

Heute habt ihr noch eure Heimat im Elternhaus. Aber bald werdet ihr einen Menschen suchen, der genauso helfend und sorgend und verstehend mit euch redet wie die Eltern. Die Gemeinschaft zwischen Mann und Frau in der Ehe schafft diese neue Heimat und tritt an die Stelle des Elternhauses. Ein junger Mann wird sich aber immer wünschen, daß ihm das Mädchen das wird, was ihm die Mutter war, und wird es so achten und ehren wie seine Mutter.

Wenn hier nun auch Zurückhaltung gefordert wird, so kann man doch ganz offen über die Fragen der Geschlechtlichkeit reden. Nur muß man das mit Ernst und mit den richtigen Worten tun,  denn es ist eine großartige und heilige Sache, die man nicht durch Witze entweihen darf.

Im Sexualkundeunterricht habt ihr dazu schon das  Nötige erfahren. Beim Menschen ist es nun einmal so, daß nur aus zwei winzigen Zellen ein neuer Mensch entstehen kann. Deshalb gibt es besondere Körperorgane, die so gestaltet sind, daß sie zueinander passen (Geschlechtsorgane): Die Scheide der Mutter nimmt das Glied des Vaters auf, damit sich die Zellen vereinigen können. In ihnen liegt der ganze Bauplan Gottes und es entsteht daraus ein ganzer Mensch mit all seinen Eigenarten, so wie wir ihn kennen. Wer darüber Witze macht, hat gar nichts von diesem Wunder verstanden:

Das neue Leben wächst im Inneren der Mutter heran. In der Gebärmutter werden jeden Monat alle Vorbereitungen getroffen, damit dort unter Umständen ein Kind heranwachsen kann. Wenn es aber zu keiner Befruchtung kommt, dann entsteht daraus eine kleine Blutung. Kein Techniker könnte so etwas nachbauen.

Wenn man so über die Fragen der Geschlechtlichkeit redet, spricht man „keusch“. Wie einer aber darüber erzählt, das zeigt, wie er darüber denkt. Gegen schlimme Gedanken kann man nichts. Aber man kann eine Mauer dagegen aufrichten. Wer das nicht tut, bei dem läuft die Entwicklung bald wie auf einer Treppe abwärts: Gedanken - Worte - Werke.

Diesen Abstieg zeigt die Geschichte des Königs David mit der Bathseba. Wie aber ein junger Mann sich nicht verführen läßt, zeigt die Geschichte von Joseph  und Potiphars Frau. Selbst frommen Leuten geht das also so. Deshalb sollte man niemanden überheblich verspotten. Auch euch kann es leicht so ergehen: Erst läßt man sich verführen; dann lügt man, wenn die Eltern fragen, und schließlich kann es bis zu Mord und Totschlag gehen (Selbstmord, Abtreibung). Deshalb gilt es, den Anfängen zu wehren. Gottes Gebote wollen uns dabei helfen.

Gott weiß schon von vornherein, wie alles ausgehen wird. Deshalb warnt er uns rechtzeitig durch sein Gebot. Denken wir einmal daran, was geschieht, wenn eine Ehe geschieden  wird: Dann werden auch die Kinder auseinander gerissen und haben nicht mehr Vater und Mutter. Man darf aber diese beiden Ringe nicht auseinan­derreißen, um der Ehepartner selbst willen und um der Kinder willen

Gott will, daß die Menschen, die sich einmal versprochen haben, auch ihr ganzes Leben zusammenbleiben. Denn erst zusammen ist jeder ein richtiger Mensch und erst so wird die Schöpfung Gottes vollendet (1. Mose 2).

 

Wenn Menschen aber zusammenbleiben, zeigt sich in ihrer Liebe zueinander etwas von der Liebe Gottes zu uns. Die Menschen haben Anteil an der Schöpferkraft Gottes: Sie dürfen mithelfen, neues Leben zu schaffen. Aber dieses Leben kann nur gedeihen, wenn Mann und Frau wirklich zusammenbleiben und eine Familie bilden.

Das ist das Ziel, das Gott einem jeden von euch gesetzt hat.

Die Geschlechtsorgane sind für die wirkliche Liebe da, nicht für eine Liebelei. Dazu muß man aber erst erwachsen und zu einer Ehe fähig sein. Wenn man jetzt schon alles vorwegnehmen will, ist man mit 25 Jahren gescheitert und aus der Ehe wird nichts mehr.

Die sogenannten „Liebesabenteuer“ werden teuer bezahlt, besonders von den Mädchen, denn sie haben den größten Schaden davon. Deshalb will uns das sechste Gebot davor bewahren. Es ist wie eine Staumauer: Sie staut erst alle Kraft zurück.

Das dauert seine Zeit. Aber dann steckt auch viel Kraft dahinter. Wer seine Liebesfähigkeit verplempert, bringt sich um das Schönste, das Gott ihm gegeben hat.

Vielleicht denkt ihr jetzt: Da ist ja schon manches verkehrt  gelaufen in meiner Ehelehrzeit. Doch dann darf man nicht die Nerven verlieren und denken: Jetzt ist sowieso alles aus, jetzt kommt es auch nicht mehr darauf an!

Ihr habt auch die Möglichkeit, euch darüber mit anderen Menschen auszusprechen: Eltern, Arzt, Lehrer, Pfarrer (Beichtgeheimnis!). Die Mädchen können auch gern einmal die Frau des Pfarrers fragen, wenn sie etwas Genaueres wissen wollen. Vor allem aber darf man das, was einem bewegt, Gott im Gebet  anvertrauen. Gott kennt unsre Schuld, aber er hat auch einen Neuanfang für uns bereit.

Ausblick auf die Trauung.

 

 

 

Das siebte Gebot

Einstieg:

Wenn wir hören: „Du sollst nicht stehlen!“ dann denken wir meist an die geklaute Handtasche oder die gestohlenen silbernen Löffel, vielleicht auch noch an die erdichtete Steuererklärung und den Versicherungsbetrug. Aber das Gebot greift viel weiter als nach unserem Geld. Wenn wir einen Menschen kränken oder zu Unrecht tadeln, dann stehlen wir ihm Lebensfreude und Heiterkeit. Wenn ich einen Menschen auslache und ihm die Anerkennung vorenthalte, bin ich ein Dieb. Aber auch, wenn ich einem anderen die Zeit mit meinem Geschwätz stehle oder mich von einem Schwätzer zu sehr in Anspruch nehmen lasse.

Mit dem Gebot mischt sich zwar Gott auch kräftig in unsre Geldangelegenheiten ein. Aber er tut das nicht, weil ihm am Geld liegt, sondern weil ihm an uns liegt. Nicht unsre Sachen sind ihm heilig, sondern wir. Nicht die Sachen der anderen sind ihm heilig, sondern die Menschen selbst. Wer einen anderen wie eine Ware behandelt, vergeht sich nicht bloß an fremdem Eigentum, sondern er vergeht sich an dem Menschen, an seinem Leben und seiner Freiheit.

 

Du sollst keinen Menschen stehlen!

Diese Auslegung entspricht durchaus dem ursprüngliche Sinn des Gebots .Schon in jüdischen Auslegungen heißt es: „Die Schrift redet hier über einen Menschendieb!“ (Sanhedrin 86 a). Das Diebstahlsverbot meint den Menschenraub. Das Gebot will die Person des Menschen, seine Freiheit und Würde schützen. Ein Mensch darf nicht wie eine Ware behandelt werden. So paßt das Gebot auch besser mit dem 5. bis 8. Gebot zusammen.

Auf Menschenraub stand im alten Israel die Todesstrafe (5. Mose 24,7; vgl. 1.Tim 1,9-10). Kein Israelit durfte in die Sklaverei verkauft werden, weil er ja Glied des Gottesvolkes war. Wenn man das Gebot hörte, dachte man daran, wie Josef durch seine Brüder nach Ägypten verkauft wurde oder wie der König David dem Uria die Frau weggenommen hat. In diesem Zusammenhang gebraucht der Prophet Nathan bezeichnenderweise ein Beispiel, bei dem eine Sache gestohlen wird, um auf den Diebstahl eines Menschen hinzuweisen.

Wir sind wir natürlich keine Sklavenhalter und Kindesentführer und Terroristen. Aber es gibt auch halt noch solche Leute, die Menschen entführen, monatelang gefangenhalten oder gar umbringen. Aber ähnliche Dinge passieren auch unter uns. Verbrecher werden nur eingesperrt (anstatt in die Gesellschaft zurückgeführt),  ebenso wie die seelisch Kranken. Bei manchen Arbeiten müssen sich die Arbeiter die Gesundheit ruinieren lassen, auch für uns. Wir essen Früchte aus dem Ausland, für die die Erzeuger viel zu wenig Geld erhalten haben. Wir verbrauchen gedankenlos Rohstoffe, die einmal unseren Nachkommen fehlen werden. All das gehört zum siebten Gebot, weil es die Lebensqualität der anderen mindert.

Aber dieses Gebot ist ohne ein Objekt im Alten Testament überliefert. Das heißt: Schon damals sind die Lebensverhältnisse überhaupt in den Blick gekommen. Deshalb dürfen wir sicher auch dieses Gebot allgemein verstehen und auf den Schutz des Erbes und des Eigentums ausdehnen. Gemeint wäre dann das, was wir so allgemein unter Diebstahl verstehen, nämlich Diebstahl von Sachen, Waren oder Dienstleistungen.

 

 

Persönliches Eigentum und Gemeinschaftsseigentum:

Das erste Eigentum bekommen wir vor den Eltern. Sie erwarten, daß wir gut mit ihm umgehen. Eigentum ist immer anvertrautes Gut. Man erhält es durch Geschenk, Erbschaft oder Arbeit. Jeder Mensch braucht Eigentum zum Leben. Es gibt ihm Selbstbewußtsein und sichert seine Freiheit. Diese Ordnung hat Gott gewollt und durch sein Gebot geschützt. Gott als der Geber aller guten Gabe vertraut dem Menschen das an, was er zum Leben braucht. Was zum Lebensunterhalt der Familie notwendig ist, das ist noch kein Reichtum und keine Ausbeutung.

Es gibt aber auch Dinge, die sind Gemeinschaftseigentum oder Staatseigentum oder Genossenschaftseigentum. Bestimmte Dinge gehören auch einfach in die Hand des Staates wie etwa Eiserbahn. Über andere Dinge muß der Staat wachen, damit sie nicht zweckentfremdet verwendet oder mutwillig vernichtet werden. Auch vor dem Einzelnen kann der Staat unter Umständen Rechenschaft fordern, was er mit seinem Eigentum macht.

Gott hat der Staat zur Aufrechterhaltung der Ordnung in der Welt eingesetzt .Er soll Gesetze zum Schutz des Eigentums geben und für einer gerechten Ausgleich des Eigentums sorgen (Steuer, Gebühren). Der Mensch soll so leben körne, daß er nicht stehlen muß. Die gerechte Verteilung des Sozialprodukts ist deshalb eine christliche Forderung. Selbst eine Arbeitsleistung kann von jedem gefordert werden, denn Tatenlosigkeit wäre Diebstahl, weil dann dadurch den anderen nicht genug zum Leben hat.

Keiner darf etwas stehlen mit der Begründung: „Es ist ja Eigentum aller und ich habe es nur in persönliche Pflege genommen!“ Der Einzelne ist nicht Verwalter des öffentlichen Guts und kann nicht eigenmächtig darüber verfügen. Und wer öffentliches Gut zu verwalten hat, muß doppelt gewissenhaft sein.

 

Wer verstößt gegen das siebte Gebot?

1. Wer schnell mal etwas mitgehen läßt („organisieren“), etwa beim Ladendiebstahl oder wenn jemand Geld hat liegenlassen.

2. Veruntreuung von Material, Betrug mit Essenmarken, Obst- und Gemüsediebstahl („Mundraub“ ist etwas anderes)

3. Verkauf schlechter Ware für gutes Geld, falsche Waage (oder Finger auf Waagschale) , Weinpanscherei, unredliche Werbung

4. Schwarzfahrt in Eisenbahn und Straßenbahn, Hineinschmuggeln ins Kino, falsche Angaben bei Steuererklärung (auch Kirchensteuer)

5. Veruntreuung von Fundsachen und geliehenen Büchern, „vergessene“ Schulden, falsches Herausgeben, alte oder ausländische Münzen verwenden

6. Kauf von gestohlenen Waren („Der Hehler ist genauso gut wie der Stehler“, Hehlerei wird oft höher bestraft als Diebstahl!)

7. Zeit unnötig vertrödeln, schlechte Arbeitsleistung, mindere Qualität, unberechtigtes „krankfeiern“

8. Schäden an Gebäuden und Bauwerken und Grundstücken nicht der dafür zuständigen Stellen melden

9. Wer mit seinem Besitz prahlt und Verlangen im anderen weckt, auch diese Dinge zu haben.

 

 

 

 

 

Wozu ist der Besitz da?

Das Gebot setzt voraus, daß es Eigentum gibt, vor allem aber das Eigentum des Mitmenschen. Nicht mein Eigentum wird geschützt, sondern das Eigentum des Nächsten wird vor meinem Zugriff geschützt. Es werden auch nicht irgendwelche Vorrechte der Besitzenden bestätigt. Es geht nicht um die Rechtfertigung von Wirtschafts- und Gesellschaftsordnungen. Vielmehr werden Besitzende und Besitzlose vor dem Nehmen gewarnt. Es geht um die Art und Weise, wie der Mensch bei der Verwaltung seines Besitzes zu Gott und den Menschen steht.

Wer das Eigentum eines anderen nimmt, vergeht sich gegen seinen Nächsten und zerstört die Gemeinschaft mit den Menschen und auch mit Gott. Denn Gott ist der Schöpfer und Eigentümer aller Lebewesen und Dinge. Er stellt jedem das Notwendige und oft noch mehr zur Verfügung. Aller Besitz ist anvertrautes Gut.

Als die Israeliten das Land Kanaan in Besitz nahmen, haben sie es nicht durch ihre Gewalt und Klugheit erworben, sondern sie haben es von Gott erhalten. Deshalb durfte keinem sein Erbteil genommen werden. Deshalb gab man in Israel den Zehnten, um immer wieder an das Eigentumsrecht Gottes erinnert zu werden.

Auch unser Besitz und unser Geld ist ein Lehen von Gott. Sie bringen aber Zinsen. Wieviel davon geben wir Gott zurück? Tut uns eine Gabe nachher leid? Gott hat uns das Eigentum gegeben, damit wir damit den Armen helfen können. Das im Namen Gottes gegebene Geld bringt reiche Früchte. Zwar kann nicht jeder auf Besitz verzichten und zum Beispiel ein Mönch werden, der auf Kosten anderer lebt. Aber zum teilweisen Verzicht ist jeder aufgefordert. An der Art, wie wir mit dem Eigentum umgehen, wird deutlich, ob wir Gott unseren Herrn sein lassen wollen oder nicht. Die Erfüllung des Gebots ist ein Zeichen dafür, ob ein Mensch auf Gottes Wort hört. Was wir dem Nächsten nehmen, nehmen wir Gott. Was wir dem Nächsten geben, das geben wir Gott.

 

Du sollst Gottes Eigentum nicht stehlen!

Du sollst Gottes Eigentum vermehren!

Du sollst deines Nächsten Eigentum nicht stehlen!

Du sollst deines Nächsten Eigentum vermehren!

 

Rede des Häuptlings Seattle

Aus der Rede des Häuptlings Seattle vorn Stamm der Duwamish im Gebiet Washington an den Präsidenten der Vereinigten Staaten, der das Land kaufen will, im Jahr 1855: „Wie kann man den Himmel kaufen oder verkaufen - oder die Wärme der Erde? Diese Vorstellung ist uns fremd. Wenn wir die Frische der Luft und das Glitzern des Wassers nicht besitzen - wie könnt ihr sie von uns kaufen? Wir wissen, daß der weiße Mann unsere Art nicht versteht. Ein Teil des Landes ist ihm gleich jedem anderen, denn er ist ein Fremder, der kommt in der Nacht und nimmt von der Erde, was immer er braucht. Die Erde ist sein Bruder nicht, sondern Feind, und wenn er sie erobert hat, schreitet er weiter. Er läßt die Gräber seiner Väter zurück-  und kümmert sich nicht. Er stiehlt die Erde von seinen Kindern - und kümmert sich nicht. Er behandelt seine Mutter, die Erde, und seinen Bruder, den Himmel, wie Dinge zum Kaufen und Plündern, zum Verkaufen wie Schafe oder glänzende Perlen. Sein Hunger wird die Erde verschlingen und nichts zurücklassen als eine Wüste. Ich weiß nicht - unsere Art ist anders als die eure. Der Anblick eurer Städte schmerzt die Augen des roten Mannes. Vielleicht, weil der rote Mann ein Wilder ist und nicht versteht?“

 

 

Das achte Gebot

Einstieg:

Sonntagmorgen in Hutzelweiler. Die Menschen strömen der Kirche zu. Über den Pfarrhof schreitet der Pfarrer, wohlwollend hierhin und dorthin grüßend. Ein paar Nachzügler hasten noch schnell die Stufen empor. Das Flüstern und Raunen verstummt. Der Organist intoniert einen Choral. Andächtig singt die Gemeinde. Dann beginnt der Pfarrer die Predigt. Er spricht: „Meine Lieben! Ihr werdet euch erinnern,

daß ich in der heutigen Predigt über die Lüge zu euch sprechen wollte. Ich bat euch, zur Vorbereitung den 2. Brief des Paulus an die Kolosser nachzulesen. Wer nun der zweiter Brief gelesen hat, der erhebe sich von seinem Platz!“ Die Gemeinde stand auf wie ein Mann. Da fährt der Pfarrer fort: „Meine Lieben, Paulus hat leider nur einen Brief an die Kolosser geschrieben. Ihr seht also, wie wichtig das heutige Predigtthema ist!“

 

Beispiele:

1. Klaus schreibt bei einem Aufsatz ab und es kommt heraus. Der Lehrer fragt ihn, doch Klaus streitet ab, weil er Angst vor einem Tadel hat. Anhand der Aufsätze aber wird nachgewiesen, daß Klaus abgeschrieben hat. - Ein paar Monate später kommt in einem Ferienlager eine Geldtasche weg. Dieter schläft mit Klaus in einem Zimmer und vermißt nun sein Geld. Der Lehrer fragt Klaus: „Hast du die Geldtasche?“ Was wird man von Klaus annehmen? Wird man ihm glauben, wenn er sagt, er hätte sie nicht? „Wer einmal lügt, dem glaubt man nicht, und wenn er auch die Wahrheit spricht!“

2. Nach einem Verkehrsunfall beschimpfen sich die Kraftfahrer gegenseitig. Keiner kann klar sagen, wer Schuld hat. Der einzige, der den Unfall richtig gesehen hat, ist schweigend davongegangen. Die Polizei befragt alle herumstehenden Leute, aber jeder weiß nur halbe Wahrheiten. - Das Schweigen kann auch Lüge sein. Deshalb

muß man auch einmal einen Schulkameraden oder Kollegen anzeigen, wenn er zu feige ist, für seine Tat einzustehen und ein Unschuldiger darunter leiden soll.

3. Im besetzten Polen suchte die Polizei lange vor dem Jahr 1945 nach Juden, um sie verschleppen und ermorden zu können. Alle hatten Angst, sich mit einem Juden einzulassen, weil sie nicht selber bestraft werden wollten. Eine Frau aber hatte einen Juden im Kachelofen versteckt: Nur das Äußere des Ofens stand noch, aber innen drin saß der Mann. Bei einer Haussuchung fand die Polizei nichts. Am Schluß fragen sie die Frau: „Haben Sie Juden versteckt?“ Sie aber antwortet: „Nein!“ So konnte der Jude gerettet werden. - Die Frau mußte hier lügen, um Gutes tun zu können. Was sie sagte, war im Grunde die Wahrheit. Manchmal muß man eine Schuld auf sich nehmen, um eine größere Schuld und ein grausames Unrecht zu verhüten. Die Gebote sind ja nicht dazu da, daß man sie stur einhält, sondern sie sollen ja das Leben beschützen und müssen daher sinngemäß angewandt werden.

4. Ein Kind wird vor einem Erwachsenen gefragt vor anderen Leuten, ob der Vater tatsächlich öfters betrunken nach Hause kommt. Das Kind artwortet: „Nein!“ Durch die Frage des Erwachsener ist es in eine Situation gebracht worden, der es nicht gewachsen ist. Es empfindet genau, daß hier ein Einbruch in die Ordnung der Familie erfolgt ist, der es abwehren muß. Die Antwort des Kindes ist zwar unwahr. Aber sie gibt doch der Wahrheit Ausdruck, daß die Familie eine Ordnung eigener Art ist, in die ein fremder Erwachsener nicht unberechtigt eindringen darf.

 

 

Luthers Auslegung:

„Fälschlich belügen“: Wenn jemand bewußt oder hinterlistig einen anderen belügt oder ihr mit Lügen bewirft, um ihn an seiner Ehre zu schädigen. Wie oft wird Falsches über einen Mitmenschen erzählt! Das Lügen lernen wir meistens zuerst; deshalb müssen wir es uns auch zuerst wieder abgewöhnen. Meist will man aber sich selbst oder anderen irgendwelche Unannehmlichkeiten ersparen, zum Beispiel wenn man sich an der Tür oder am Telefon verleugnen läßt. Aber es gibt auch Ehrgeizlügen, durch die man größer erscheinen will, als man ist. Dazu Scherzlügner (Aprilscherz) und Höflichkeitslügen (wenn man Menschen schmeichelt, die einem an sich unsympathisch sind). Besonders schlimm ist es, wenn Kinder zur Lüge verleitet werden (etwa wenn in der Eisenbahn ein Kinderfahrschein benutzt wird, obwohl das Kind schon über die Altersgrenze hinaus ist). Auch eine Notlüge bleibt eine Lüge, denn Not soll uns beten lehren und nicht lügen.

„verraten“: Wenn jemand private Dinge vor die Öffentlichkeit zerrt, zum Beispiel Ehenöte. Aber wenn einer etwas ausgefressen hat, dann sollte er sich auch dazu bekennen. Es wäre falsche Kameradschaft oder Kollegialität, wenn man in einem solcher Fall den anderer beschützen will. Man kann zwar auch einmal eine Strafe auf sich nehmen.  Aber dann wird man dem anderen deutlich machen, daß es beim nächsten Mal nicht mehr so geht. Denn oft sind es immer dieselben, die von den anderen erwarteten, daß sie sie beschützen und eine Kollektivstrafe auf sich nehmen (zum Beispiel in der Schule). Gottes Gebot ist wichtiger, als sich mit einem Kameraden gutzustellen.

„afterreden“: Wenn man sich auf Kosten eines Anderen mit einem Dritten unterhält. Die Neigung dazu haben wir alle. Das ist eben die Sünde der Schwachen, die sich scheuen, dem anderen Auge in Auge gegenüberzutreten. Das sollte man aber tun, wenn man an dem anderen etwas auszusetzen hat: Offen und anständig es dem sagen, der es allein angeht. Wenn man aber einem anderen etwas hinterher redet („afterreden“), dann breitet es sich immer mehr aus, wird immer schlimmer, holt den anderen schließlich ein und kann nicht mehr aus der Welt geschafft werden. Weiß kann man zwar schwarz färben, aber Schwarz nicht wieder in Weiß. Wenn man ein Federbett vor einem Kirchturm herunter ausschüttet, dann kann man die Federn nicht wieder einsammeln. So ist es auch mit dem Gerücht: ein böser Leumund ist schnell da, aber nur sehr schwer wieder weg.

 

Ehre und guter Ruf sind notwendig:

Ein Mensch kann sich nur in der Gemeinschaft anderer Menschen halten,  wenn er seine Ehre hat. Deshalb wird mit dem achten Gebot seine Ehre geschützt. Die Ehre des Menschen hängt eng mit der Ehre Gottes zusammen: Wer die Ehre seines Nächsten antastet, vergreift sich damit an etwas, was unter dem besonderen Schutz Gottes steht (auch beim zweiten Gebot wird deutlich, wie eng Name und Ehre zusammenhängen).  Wenn der Name eines Menschen geachtet wird, wird ihm damit die Ehre gegeben, die er zum menschlichen Leben braucht.

Gelegentlich kann man in einer Zeitung eine Ehrenerklärung lesen. Da bedauert zum Beispiel jemand, über eine Nachbarin böse Gerüchte verbreitet zu haben. Diese Nach­barin hatte sich an den Schiedsmann oder das Gericht gewendet und die andere Frau wurde zu der Ehrenerklärung verurteilt. Nur wenn der Name eines Menschen unter den anderen mit Achtung ausgesprochen wird, hat er seine Ehre vor den Leuten. Wenn sie aber mit Fingern auf ihn zeigen, kann er im Grunde nicht mehr unter ihnen leben.

 

 

Wenn ein Arzt tüchtig ist und für die Kranken da ist, dann werden die Leute voller Achtung von ihm reden. Er kann aber ohne eigene Schuld oder durch einen urglücklicher Umstand seinen guten Ruf verlieren. Dann bleibt ihm nichts anderes übrig, als sich an einem anderen Ort niederzulassen. Er kann sich der guter Ruf ja nicht selber wiedergeben, sondern hängt mit seiner Ehre von den Menschen ab.

Oftmals übernimmt man einen guten oder schlechten Ruf schon von den Eltern. Einen guten Ruf kann man auch wieder verlieren durch eine eigene Schuld (indem man ehrenrührige Dinge tut oder nicht in der rechten Weise mit den Mitmenschen zusammenlebt) oder auch durch Schuld der Leute (die einen verleumden und damit das Zusammenleben unerträglich schwer machen).

Allerdings will das achte Gebot nicht pauschal verbieten, über andere Menschen zu reden. Wir könnten ja sonst kaum ein Erlebnis berichten, weil da ja meist auch andere Menschen mit vorkommen. Meist bewerten wir sie dabei auch, ohne daß uns das direkt bewußt ist. Oftmals werden wir auch direkt nach unserem Urteil über einen anderen Menschen gefragt. Wir würden ihm einen schlechten Dienst erweisen, wenn wir der Artwort ausweichen. Manchmal ist es sogar unsere Pflicht, andere zu bewerten, etwa bei Zeugnissen.

 

Man muß den Zusammenhang beachten:

Wir reden oft über einen Menschen, ohne die Zusammenhänge und Hintergründe seines Verhaltens zu kennen. Manchmal werden wir einseitig informiert und sind zu bequem, noch andere Informationen einzuholen. Wie oft müssen wir unser Urteil ändern, wenn wir uns dann näher mit dem Sachverhalt beschäftigt haben.

Vielfach urteilen wir auch aus einer anderen Situation heraus und machen uns nicht die Mühe, uns in die Verhältnisse und die Gedanken des anderen hineinzuversetzen. Oftmals übernehmen wir auch gedankenlos, was wir von anderen hören. Man braucht schon etwas Mut, um sich in einer Gruppe von der allgemeinen Meinung abzusetzen. Man kommt dadurch leicht in die Rolle eines Außerseiters und wird selbst zur Zielscheibe von Angriffen.

Sehr leicht gehen wir auch von einem fertiger Bild aus, das wir uns von einem Menschen gemacht oder von anderen übernommen haben. Diese Vorstellungen hindern uns dann, neue Erfahrungen mit diesem Menschen zu machen. Das Bild ist dann stärker als die Wirklichkeit und man nimmt nur noch das auf, was mit diesem Bild übereinstimmt.

Solche Vorurteile bilden sich, weil man den Wunsch hat, sich zu orientieren und dadurch Sicherheit erhalten will. Dadurch bleiben wir selber arm, weil wir uns die Möglichkeiten verbauen, den anderen immer wieder neu kennenzulernen.

 

Objektiv - subjektiv:

Man sagt besser nicht: „Detlef war gestern wieder schrecklich frech!“ sondern: „Ich fand Detlef schrecklich frech, denn als ich ihn in der Unterrichtsstunde ermahnte, gab er mir eine patzige Artwort!“ Dadurch wird die Situation deutlich, jeder Hörer kann sich selber ein Urteil bilden und die Subjektivität des eigenen Urteils wird auch deutlich.

Oftmals kommt es auch auf unsere Gefühle und Empfindungen an, wenn wir über einen anderen reden. Wortwahl und Tonfall können schon entscheidend sein: „Hans ist aber einer!“ kann Anerkennung und Bewunderung ausdrücken, aber auch schärfste Mißbilligung. Auf solche Gefühle muß man achten, weil sie ein Urteil oft unsachlich machen. Oftmals hat ein „Bericht“ ja nur der Sinn, daß wir uns abreagieren. Nun ist es nicht verboten, auch einmal „auszupacken“. Wichtig ist nur, bei wem wir es tun und daß wir deutlich machen, welchen Stellenwert unsere Beurteilung hat. Wir müssen unterscheiden zwischen sachlichem Urteil und einer Meinung aus der Erregung heraus.

Biblische Beispiele:

Falsches Zeugnis wird geredet über Naboth (1. Kön 21,1-16), über Jesus vor dem Hohen Rat (Mk 14,55-65) und über Stephanus (Apg 6,8-15 und 7,57-58). Naboth hat das Verlangen des Königs nach Verkauf des Weinbergs zurückgewiesen. Jesus hat in neuer Art und Weise vor Gott und den Menschen geredet und entsprechend gehandelt. Stephanus hat sich mit seiner Rede  und seinen Argumenten den Gegnern überlegen erwiesen. Deshalb hat man Dritte als falsche Zeugen bestellt. Sie erheben alle den Vorwurf der Gotteslästerung. Falsches Zeugnis ist immer die Waffe der Un­ter­legenen. Ihre Worte können sogar den Tod des anderen zur Folge haben, zumindest in diesen biblischen Beispielen:

Im Falle Absaloms (2.Sam 15,1-6) mißlingt der Versuch des Thronfolgers, an der Stelle seines Vaters schon frühzeitig König zu werden. Es nutzt ihm aber nichts, daß er unwahre Dinge über das Verhalten seines Vaters als oberster Richter erzählt, sondern er kommt selber dabei um

David hat in seiner Jugend selber erfahren, wie gut es ist, wenn man einen Freund hat, der Gutes redet (1.Sam 19,4-6): Jonathan tritt bei seinem Vater für David ein und redet das Beste von David. Auch wenn es ihm schaden wird, stellt er sich doch schützend vor die Ehre seines Freundes und ehrt somit Gottes Gebot. Erst so hält man nach Luthers Erklärung das Gebot positiv ein. Natürlich kann man Schuld nicht leugnen und Schwarz einfach zu Weiß machen. Aber man muß auch nach „weißen“ Seiten suchen und sie erwähnen und die Schuld verständlich machen gegenüber Uneingeweihten und auch die Mitverantwortung wecken.

Im Jakobusbrief (3, 3-12) geht es um die Zunge, die zwar nur ein kleines Glied ist, aber doch so viel anrichten kann: Mit ihren Worten kann sie wie ein kleines Feuer einen ganzen Wald anzünden. Ein böses Wort wirkt oft Jahre hindurch, bringt Verleumdung und Beschimpfung, Trennung und Entfremdung, Zerwürfnis und Haß mit sich. Andererseits kann aber auch die Zunge mit ihrer Worten viel Gutes bewirken.

 

Schlechte und gute Beispiele:

Ute ist elf, ihre Schwester fünf Jahre alt. Bärbel ist klein und zierlich und immer ein ängstliches Kind. Ute erzählt ihr von der Schule: Da ist eine riesengroße Treppe. Wenn es klingelt, stürzen alle großen Jungen aus den Zimmern und rasen die Treppe hinunter. Und wenn du gerade im Weg stehst, wirst du einfach umgerannt und zertrampelt. Unten neben der Tür wohnt der Hausmeister. Wenn er kleine Mädchen sieht, brüllt er ganz schrecklich und packt sie und sperrt sie in den Schweinestall.

Katrin ist ebenfalls elf und ihre Schwester Marlis fünf Jahre alt.  Marlis ist auch klein und zierlich und ängstlich. Katrin erzählt ihr von der Schule: „Da ist es lustig. Vorne im Klassenzimmer steht eine große Tafel und manchmal darf man darauf malen. Und

erst das Auswischen mit dem Schwamm, das macht Spaß! Und Geschichten bekommt man erzählt und Lieder werden gesungen und so viele nette Kinder sind da! Und unten neben dem großen Tor wohnt der Hausmeisten, der sammelt seltene Steine; die Kinder bringen ihm manchmal einen mit!“ Katrin zeigt der kleinen Schwester ihr Zeichenheft und läßt sie den Ranzen aufsetzen, so daß Marlis strahlt vor Stolz (beides in Spielszenen darstellen).

 

Eine biblische Auslegung zum achten Gebot:

Siehe, die Pferde halten wir in Zäumen, daß sie uns gehorchen, und wir lenken ihren ganzen Leib. Siehe, die Schiffe, ob sie wohl groß sind und von starken Winden getrieben werden, werden sie doch gelenkt mit einem kleinen Ruder, wo der hin will, der es regiert.

 

Also ist auch die Zunge ein kleines Glied und richtet große Dinge an. Siehe, ein kleines Feuer, welch einen Wald zündet es an! Und die Zunge ist auch ein Feuer, eine Welt voll Ungerechtigkeit. Also ist die Zunge unter unseren Gliedern und befleckt den ganzen Leib und zündet an allen unseren Wandel. wenn sie von der Hölle entzündet ist.

Denn alle Natur der Tiere und der Vögel und der Schlangen und der Meerwunder

wird gezähmt und ist gezähmt von der menschlichen Natur; aber die Zunge kann kein Mensch zähmen, das unruhige Übel voll tödlichen Giftes. Durch sie loben wir Gott, den Vater, und durch sie fluchen wir den Menschen, die nach dem Bilde Gottes gemacht sind. Aus einem Munde geht Loben und Fluchen. Es soll nicht, liebe Brüder, also sein  (Jakobus 3. 1-10).

 

Karikatur von Paul Weber „Das Gerücht“

Es liegt etwas in der Luft....gefährlich wie eine giftige Schlange. Eklig, wie ein klebriger Wurm. Widerwärtig, wie ein gemeines Scheusal. Es liegt etwas in der Luft... Das Gerücht, und es ist nicht mehr aufzuhalten.

Hier ist sein Kopf. Hier nahm es seinen Anfang. Hier braute es sich zusammen. Sehen wir uns diesen Kopf genauer an. Vielleicht ist es unser eigener!

Da sind die Ohren...wie Antennen ausgerichtet, alles aufzufangen, alles zu belauschen, sich ja nichts entgehen zu lassen.

So sind Ohren, die immer gespitzt sind, trübes Geschwätz aufzuschnappen.

Da ist die Nase...die sich überall reinsteckt, die überall schnuppert, die immer und überall etwas wittert!

Da ist der Mund und da ist die Zunge....

 

In den biblischen Büchern finden sich treffende Worte:

„Ein offenes Grab ist ihre Kehle, mit ihren Zungen reden sie Trug. Schlangengift ist unter ihren Lippen (Röm 3,13).

„Die ihre Zunge schärfen wie ein Schwert, mit giftigen Worten zielen wie mit einem Pfeil“.     (Ps 64,4).

„Ein tödlicher Pfeil ist ihre Zunge. Trug die Rede ihres Mundes; friedfertig redet man mit dem Nächsten, aber im Herzen lauern sie auf ihn!“ (Jer 9,7)

„So ist auch die Zunge ein kleines Glied und rühmt sich sehr großer Dinge; siehe, ein kleines Feuer, was für einen großen Wald zündet es an!“(Jak 3,5).

Wo kommt es eigentlich her, das Gerücht? Aus dem Dunkeln, aus dem Düsteren, aus dem Finsteren. Es kommt von dort her, wo man im Trüben fischt. Und die im Trüben fischen, fangen immer etwas!

Unklar und verworren, verschwommen und nebelhaft, undurchsichtig und schleierhaft ... so fängt es meistens an mit Klatsch und Tratsch, Gerede und Geschwätz, übler Nachrede und Verleumdung. So nimmt ein Mord seinen Anfang: Der Rufmord!

Hier die Beteiligten, die Gerüchtemacher: Sie sorgen dafür, das Gerede und Geschwätz, den Klatsch und Tratsch aufzubauschen und aufzublähen, zu vermehren und zu erweitern, auszudehnen und anwachsen zu lassen zu einer Lawine, die einen ahnungslosen Menschen überrollt und auslöscht.

Tratschen, tuscheln, wispern, raunen, zischeln, schnattern, quatschen - das ist die tierische Redeweise derer, die Gerücht in die Welt setzen und verbreiten. Als Tiere mit Menschenähnlichkeit hat der Karikaturist sie gezeichnet, die herdenweise zusammenströmen, wenn es gilt zu verleumden, in Verruf zu bringen, anzuschwärzen, zu verunglimpfen, zu verdächtigen...... wie ein Gewimmel von Insekten zusammengeströmt, um jemand zu vernichten.

Ein Gerücht zieht durch die Straßen einer Stadt - und kein Fenster bleibt geschlossen. Alle - ohne Ausnahme - gaffen, gucken, glotzen, stieren, starren. Jeder will etwas aufschnappen; gierig, lüstern, versessen, hemmungslos, unbeherrscht, scharf darauf, nichts zu verpassen!

Warum reizt, erregt und fasziniert das eigentlich die Menschen, wenn ein anderer fertiggemacht und in den Schmutz gezogen wird?!  Warum ist das so? Wir wissen es nicht so genau. Genau wissen wir nur, daß es in jedem von uns ist: Das Böse, die Aggression, die Lust am Schaden des anderen Menschen! Und wir sollten uns das

rückhaltlos eingestehen: Die Lust am Schaden des anderen steckt in mir, steckt tief unten in jedem von uns. Vielleicht würden wir schon dadurch menschlicher werden, wenn wir diese Wahrheit über uns selbst annähmen.

 

Erzählung: Das achte Gebot

Hannelore beschwert sich: „Frau Schäfer, meine Abteilungsleiterin, war auch immer ganz prima zu mir, aber seit zwei Tagen ist sie einfach unausstehlich. Immer hat sie es eilig, sie sieht einen kaum an! Und fast jeden Abend nach Dienstschluß fährt sie mit dem Chef im Auto fort, dabei ist der doch verheiratet! Und sonst tat sie immer so christlich!“ Inge unterbrach sie: „Nun mal langsam. Hast du auch daran gedacht, daß da irgendetwas los sein kann, was du bloß nicht weißt? Fast ein Jahr lang war Frau Schäfer nett zu dir, und bloß, weil sie es nun zwei Tage nicht ist, redest du gleich so ein Blech zusammen. Das ist aber auch alles andere als christlich!“ Hannelore erwiderte etwas kleinlaut: „Aber die andern sagen es doch auch!“

Nachdenklich ging Hannelore weiter. Inge hatte in vielem ja recht, seltsam, sie selbst hatte noch gar nicht nachgedacht, warum Frau Schäfer plötzlich so anders war. Als Hannelore am nächsten Morgen ins Büro kam, fehlte Frau Schäfer. Sie war den ganzen Vormittag über schon unruhig, der leere Platz störte sie, und immer wieder sah sie hinüber.

Gegen Mittag ging der Chef nach einer Besprechung durch den Raum.  Auch er sah einen Augenblick zu Frau Schäfers leerem Platz. Dann wandte er sich um und sprach zu den drei Paar neugierigen Mädchenaugen hinüber: „Übrigens, Frau Schäfer wird morgen wieder da sein, ihrer Schwester geht es zum Glück besser. Soeben hat sie angerufen!“ Hannelore schlüpft die Frage heraus: „War Frau Schäfers Schwester denn krank?“ Einen Augenblick sah sie der Chef erstaunt an. „Ja, sehr, aber wußten Sie denn das nicht? Ich habe sie doch jeden Abend im Auto zur Klinik gefahren. Freihaben wollte sie ja auf keinen Fall. Sie ist eben zu pflichteifrig. Ein fabelhafter Mensch, es sieht ihr auch ähnlich, daß sie Ihnen nichts von ihren Sorgen erzählt hat, sie will niemanden mit ihrem Kummer belasten. So selbstlose Menschen findet man selten, Sie können sich alle ein Beispiel an Frau Schäfer nehmen!“ (nach Marieluise Rudloff).

 

Erzählung: Also offen gestanden:

Eine Erbtante meiner Familie war berühmt dafür, daß sie alles „offen gestand“. Sie betrat die Wohnung der Neuvermählten und erklärte: „Offen gestanden, ich hätte an eurer Stelle die Wohnung ganz anders eingerichtet!“n Sie erklärte einer jungen Mutter ebenso geradezu: „Weißt du, deinem Mann gleicht der Kleine aber ganz und gar nicht. Und hast du schon gemerkt, daß er schielt?“ Sie erschreckt nichtsahnende Fremde in der Bahn: „Ihr Gesicht ist ja ganz gelb, leiden Sie an der Leber? Mein Mann ist daran gestorben!“ Es gab Familienmitglieder, die die Flucht ergriffen,  sobald sie nahte, und ich muß beschämt gestehen, daß es .sich dabei wesentlich um männliche Familienmitglieder handelte  und daß ich häufig zu diesen Flüchtenden gehörte.

Nichts entging ihrem Adlerblick, und was sie sah, sprach sie ohne Furcht und Gnade aus. Sie erklärte das für „Aufrichtigkeit“: „Ich sage offen, was ich denke. Die Welt wäre besser in Ordnung, wenn wir alles sagen würden, was wir denken!“

 

Eben daran möchte ich zweifeln. Ich stelle mir vor, daß ich durch meine Vorstadtstraße gehe und meinen Nachbarn offen sage, was ich an ihnen sehe: „Lieber Herr Grün, Ihre Nase ist aber heute wieder verdächtig rot!“ Oder: „Offen gestanden, Frau Müller, Sie werden von Tag zu Tag älter!“n Oder: „Ich fürchte, Frau Böhm, Sie bringen es niemals fertig, einen Hut zu kaufen, der Ihnen wirklich steht!“ Oder zu meinem Pfarrer: „Ihre letzte Predigt war die schlechteste, die Sie je gehalten haben!“

Ich bin nicht davon überzeugt, daß dann alles „besser in Ordnung wäre“. Aber ich bin davon überzeugt, daß der, dem ich offen erklären würde, was ich von ihm denke, mir ebenso offen erklären würde, was ich für einen Eindruck auf ihn mache, und das wäre mir unter Umständen gar nicht so angenehm. In Wirklichkeit sind  diese aufrichtigen Leute  die empfindlichsten.

Wir sind alle verwundbar. Daran sollten wir öfter denken und überhaupt sorgfältig überlegen, ob wir das angreifende „Offen gestanden“ zur allgemeinen Regel erheben wollen. Ausschlaggebend für diese Überlegung scheint mir das Motiv zu sein. Die Fehler und Fehlschläge anderer Leute erfüllen uns oft mit stiller Genugtuung. Der Pharisäer in uns dankt Gott, daß er nicht so ist wie andere Leute. Das „Offen gestanden" kann im Munde eines Pharisäers Sünde, im Munde eines gütigen Menschen echte Hilfe sein. Das bloße Aussprechen jedoch bedeutet kein Verdienst. Wenn etwas wahr ist, dann mag das ein guter Grund sein, entsprechend zu handeln. Es ist aber nicht immer notwendig, darüber zu sprechen.

Zugegeben, fortwährende Rücksichtnahme auf die empfindlichen Gefühle anderer Leute führt zu Verkrampfung und Verlogenheit. Aber gibt es einen Ausweg? Ich habe einen Freund, dem kann ich alles „offen gestehen“.  Warum? Weil ich sein Freund bin. Und er sagt mir gründlich die Wahrheit - hoffentlich - solange wir gemeinsam diese Erde begehen.  Warum? Weil er mein Freund ist. Hier wird nichts übelgenommen, und hier hilft Offenheit weiter. Das ist die Lösung der ganzen Frage. Zwischen Freunden  kennt die Aufrichtigkeit keine Grenzen (nach Gerd Heinz Mohr).

 

Die drei Siebe des Sokrates:

Zum weisen Sokrates kam einer gelaufen und war voll Aufregung. „Höre, Sokrates, das muß ich dir erzählen, wie dein Freund....!“ Der Weise unterbrach ihn: „Halt ein!

Hast du das, was du mir sagen willst, durch die drei Siebe gesiebt?“ Der Andere fragte voll Verwunderung: „Drei Siebe?“ - „Ja, guter Freund, drei Siebe! Laß sehen, ob das, was du mir zu sagen hast, durch die drei Siebe hindurchgeht. Das erste Sieb ist die Wahrheit. Hast du alles, was du mir erzählen willst, geprüft, ob es wahr ist?“ Die Antwort: „Nein, ich hörte es erzählen und.....!“ Darauf Sokrates: „So, so! Aber sicher hast du es mit dem zweiten Sieb geprüft, es ist das Sieb der Güte. ‚Ist das, was du mir erzählen willst - wenn es schon nicht als wahr erwiesen  ist, so doch wenigstens gut?“  Zögernd sagte der andere: „Nein, das nicht, im Gegenteil…..!“ Der Weise unterbrach ihn: „Hmm. So laß uns auch das dritte Sieb noch anwenden und laß uns fragen, ob es notwendig ist, mir das zu erzählen, was dich so erregt?“ Doch die Antwort lautet: „Notwendig nun gerade nicht......!“ Da lächelte der Weise: „Also, wenn das, was du mir erzählen willst,  weder wahr noch gut noch notwendig ist, so laß es begraben sein und belaste dich und mich nicht damit!“

 

 

Das neunte und zehnte Gebot

 

Einstieg: Märchen vom winzig kleinen Mann.

Es war einmal ein winzig kleiner Mann, der lebte in den Sümpfen am Mississippi. Stand er neben anderen Menschen, selbst wenn die nicht sehr groß waren, so reichte er ihnen bis zum Knie. Er wäre gerne etwas größer gewesen, also sprach er zu sich selbst: „Ich will das größte Tier in der Nachbarschaft fragen, wie es sich anstellen läßt, daß ich etwas größer werden!“.

Er ging zum Pferd und fragte: „Mein liebes Pferd, kannst du mir sagen,  was ich tun muß, um etwas größer zu werden?“ Das Pferd sprach: „Du mußt viel Mais essen und immer herumrennen, mindestens zwanzig Meilen am Tag, und wenn du das tust, wirst du mit der Zeit so groß und stark werden wie ich!“.

Der winzig kleine Mann tat, wie ihm geheißen. Aber der Mais lag ihm schwer im Magen, vom vielen Traben schmerzten ihm die Füße, und vor all der verzweifelter Anstrengung wurde er ganz traurig ... nur größer wurde er nicht.  Also kehrte er in sein Haus zurück und dachte darüber nach, warum der gute Rat des Pferdes bei ihm so gar nichts genutzt habe. Endlich sagte er sich: Vielleicht war das Pferd nicht der rechte Ratgeber in meinem Fall. Ich will den Ochsen fragen.

Er besuchte also den Ochsen und sagte: „Lieber Ochse, kannst du mir sagen, was ich tun muß, damit ich etwas größer werde?“ Der Ochse antwortete: „Du mußt viel Gras fressen und dann mußt du brüllen, und wenn du ganz laut gebrüllt hast - du wirst schon sehen - dann bist du plötzlich so groß wie ich!“

Der winzig kleine Mann befolgte auch diesen Rat gewissenhaft, aber vom Gras bekam er Bauchschmerzen und vom vielen Brüllen wurde seine Stimme heiser, das Schlimmste war jedoch, er wurde nicht größer, sondern kleiner und kleiner.

Da kehrte er wieder in sein Haus zurück, setzte sich vor die Tür und dachte darüber nach, warum bei ihm aller guter Rat nichts geholfen habe. Kurz darauf kam die Eule vorbei. Sie flog zu den Sümpfen hinüber und schrie dabei: „Dumme Leute haben immer Mißgeschick, dumme Leute haben immer Mißgeschick!“

„Warte einen Augenblick, Eule“, sagte der winzig kleine Mann,  „ich möchte dich etwas fragen!“- „Aber bitte schön“, sagte die Eule höflich und setzte sich auf einen Ast, „was kann ich für dich tun?“ - „Ich möchte größer werden“, sagte der winzig kleine Mann. Aber was immer ich versuche, ich werde nicht größer. Ich bin schon ganz verzweifelt!“

Da sprach die Eule: „Warum willst du eigentlich unbedingt größer werden, als du bist?“ - „Ganz einfach“, antwortete der winzig kleine Mann, „wenn es einen Streit gibt, ist es gut, groß und stark zu sein, damit man nicht den Kürzeren zieht!“ - „Hat denn schon jemand versucht, dich zu verhauen?“ fragte die Eule. „Nein, das nicht“, gab

der winzig kleine Mann zu. „Na, siehst du“, meinte die Eule, „du brauchst dich gar nicht zu schlagen. Also, warum willst du dann größer und stärker sein, als du bist?“

- „Es ist da noch etwas“, sagte der winzig kleine Mann. „Wenn ich groß wäre wie die anderen, könnte ich ganz weit sehen!“ - „Klettere doch auf einen Baum“, riet ihm die Eule, „dann siehst du weiter als der größte Mann!“ - „Eigentlich hast du recht“, sprach der winzig kleine Mann. „Also“, sagte die Eule, „ich sehe, wir verstehen uns. Ob nämlich jemand nun riesengroß oder winzig klein ist, darauf kommst es nicht an.  Warum wünschst du dir, daß deine Beine wachsen? Wünsch dir lieber, daß dein Verstand wächst. Dann wirst du deine Sorgen loswerden!“ (nach Frederik Hetmann: Wer bekommt das Opossum? Märchen und Geschichten der amerikanischen Neger, Pauls Verlag, Recklinghausen 1968).

 

Das 9. und 10.Gebot:

Luther meinte, daß diese beider Gebote besonders der Juden gegeben seien. Sie meinten, das erste bis achte Gebot ohne weiteres einhalten zu können. Diese Gebote seien vor allem für die Frömmsten gedacht, die vor sich meinen, die anderer Gebote erfüllt zu haben. Außerdem war er der Meinung, hier seien die soziale Verhältnisse der Juden vorausgesetzt, weil bei ihnen zum Beispiel eine Scheidung möglich war, während das zu Luthers Zeiten unmöglich war.

Aber selbstverständlich gelten die Gebote auch für Christen, denn sie stehen doch genauso in Gefahr wie die Juden. Inhaltlich gehören beide Gebote zusammen. Luther hat sie aber in zwei Gebote aufgeteilt (übrigens nicht im Großen Katechismus), damit er nach der Auslassung des Bilderverbots wieder auf die Zehnzahl der Gebote kam.

Ein Unterschied liegt darin, daß im neunten Gebot das Begehren von Sachen verboten wird, im 10.Gebot dagegen das Begehren von Menschen. Beim neunten Gebot könnte die Sache noch vor der Öffentlichkeit und dem Gesetz in Ordnung gehen, solange man sich an die Gesetze hält. Beim zehnten Gebot geht es aber um das Begehren, bei dem man sich einen anderen Menschen gefügig machen will durch Versprechungen oder Drohungen oder andere unsaubere Mittel.

Doch meist fallen die Taten, die in diesen Geboten verboten sind, nicht mehr unter die Kontrolle eines menschlichen Richters. Hier hat Gott ein besonderes Schutzgebot aufgerichtet, durch das er den Menschen vor seinem Mitmenschen schützt, wo der Buchstabe des staatlicher Gesetzes ihn nicht mehr schützt.

 

Das Begehren, durch das der Mitmensch geschädigt wird:

Buddhistische Mönche haben sich schon in eine enge Zelle einmauern lassen und nur noch durch eine kleine Luke Verbindung zur Außerwellt gehabt. Dadurch erhielten sie einmal in der Woche eine Schüssel Reis als Verpflegung. Auf diese Art wollten sie jede Form des Begehrens abtöten, wollten frei bleiben von allen Wünschen und allem Begehren, auch wenn sie dadurch auf die andere Freiheit verzichten.

 

Doch das hat mit dem 9. und 10.Gebot nichts zu tun. Der Mönch zieht sich ja völlig auf sich selbst zurück, während die Gebote von uns fordern, für andere Menschen da zu sein. Wenn wir auf rechte Weise zu einem Besitz kommen, ist auch gar nichts dagegen einzuwenden. Verboten wird aber, das Gut des Nächsten zu begehren. Wir

sollen uns keine Gegenstände oder Menschen wünschen, die schon einem anderen gehören. Damit würden wir nicht nur dem Nächsten Schaden zufügen, sondern auch zum eigenen Vorteil in Gottes Ordnung eingreifen.

In der Regel sind wir aber so erzogen, daß auf das Begehren nicht die Tat folgt. Das Gebot verbietet aber bereits die Gedanken, die sich auf fremdes Gut richten.  Und die Erzählung von Adam und Eva macht ja deutlich, daß die Begierde immer größer wird, bis die Tat folgt. Deshalb will uns das Gebot vor dem ersten Schritt bewahren.

Zunächst denken wir alle erst einmal daran, daß wir leben wollen.

Wir machen uns das deutlich durch einen großen Kreis, in den wir den Satz schreiben: „Ich will leben!“ Darunter kommt ein dicker Strich und noch verschiedene kleinere Kreise, die verschiedene Personal- und Sachbereiche kernzeichnen, die für unser Leben wichtig sind: Nahrung, Kleidung, Wohnung, Fernseher, Auto, Beruf, Arbeitsgruppe, Freundin, Freund, Macht, Besitz. (die kleinen Kreise möglichst durch Bilder ausfüllen). Damit ist unser Lebenskreis erfüllt.

Gott ermutigt uns ja auch in der Bibel, von der Welt Besitz zu ergreifen, in ihr Macht auszuüben und sie zu gestalten.

Doch Menschen können nicht wie Sachen behandelt werden. Sie werden heraus­genom­men und erhalten alle einen eigenen Kreis, für den auch gilt: „Ich will leben!“  Aber diese Kreise stehen immer in Beziehung zu anderen  Kreise, zumindest einige werden sich untereinander berühren. Daraus ergibt sich: „Wir wollen miteinander leben!“

 

Doch das Begehren richtet sich eben auch auf Gegenstände, die der andere hat. Es kann sein, daß einer ein Auto hat und doch das Auto des anderen begehrt. Manchem ist der Polo zu klein geworden, er möchte einen Audi haben wie der Nachbar auch. Mancher braucht sogar einen „Zweitwagen“, damit er einen für Sonntag und einen

für Werktag hat, einen fürs Geschäft und einen für die Freizeit.

Nun kann man den Gegenstand (es kann auch ein Kleidungsstück oder ein Spielzeug sein) rechtmäßig erwerben. Man kann aber auch versuchen, es unrechtmäßig an sich zu bringen, weil man es begehrt hat. Es kann sich auch um eine Wohnung handeln, die einer unbedingt haben will, so daß er dem jetzigen Besitzer alle möglicher Schwierigkeiten macht.

Es gibt also manche Anlässe für Konflikte. Das Miteinanderleben ist ständig in Gefahr. Aber: Andere wollen auch leben! (dieser Satz als dritten an die Tafel bzw. Flanellward). Unrecht ist es auf jeden Fall, in den Lebensbereich eines anderen einzugreifen. Wenn dieser dadurch in seiner Lebensentfaltung und Lebensgestaltung geschädigt wird und sein Menschsein in Gefahr kommt. Der Mensch darf haben und haben wollen, aber nicht auf Kosten der Mitmenschen.

 

Begehren:

Das alttestamentliche Wort für „begehren“ läßt sich im Deutschen verschieden wiedergeben: „begehren, verlangen, Gefallen haben, gelüsten, schätzen, gierig sein“. Davon sind abgeleitet Worte wie: „Armut, Pracht, Lieblichkeit, Kostbarkeit, Schönheit. Die Übersetzung „gelüsten“ stempelt das Begehren gleich als negativ ab. Das Wort gewinnt jedoch einen positiven Klang, wenn man es mit „schätzen“ wiedergibt („Ich schätze seinen Gesang“).

Entscheidend ist dabei das Objekt des Begehrens. In der Schöpfungserzählung wird das gleiche Wort verwendet, um die Art der Bäume im Garten zu kennzeichnen (1. Mose 2,9) und um das gefährliche Verlangen nach den verbotenen Früchten zu beschreiben(1. Mose 2,6).

Durch den negativen Gebrauch des Wortes im 9. und 10.Gebot verschwand die positive Bedeutung immer mehr. In der Umgangssprache blieb der neutrale Gebrauch erhalten, aber auf religiösem Gebiet wurde das „Begehren an sich“ als Ursprung aller Sünde angesehen. In Röm 7,8 wird sogar der Wille Gottes gegenüber dem Menschen zusammengefaßt in der Formel „Du sollst nicht begehren“. Das entspricht Gedanken in der Philosophenschule der Stoa, wo das Begehren zu den vier Hauptleidenschaften gezählt wird.

Im Neuen Testament ist das Begehren, das böse Verlangen des Menschen, der Ansatzpunkt für die Bußpredigt. Dabei tritt noch besonders das Unkontrollierbare des Begehrens hervor in der Bedeutung von „Trieb“. Für Paulus ist die Begierde das Gebundensein an die Fleischlichkeit, die Bindung an Christus dagegen die Loslösung vor Lüsten und Begierden (Gal 5,24).

Heute verstehen wir darunter das „Zu-viel- haben wollen“ oder auch die Angst, daß wir das uns Zustehende nicht erhalten. Vorausgesetzt wird dabei, daß man begehren darf, es sogar zur Pflicht des Menschen gehört. Auch die Auswüchse sind schlecht: gierig darf der Mensch nicht sein.

 

Aber gerade Naturwissenschaft und Technik machen deutlich, daß das Begehren des Menschen nach größerer Erkenntnis der Motor zur weiteren Entwicklung gewesen ist. Zähigkeit und Einsatzbereitschaft sind notwendig. Aber man darf das Ziel seiner Wünsche nicht auf Kosten anderer verlangen.

 

Begehren von Sachen und Personen:

Begehren kann man besseres Essen, neue Kleidung, ein bequemes Bett. Aber man kann auch danach streben, ein guter Sportler oder der Sieger der Mathematikolympiade zu werden. Kindern stechen mehr solche Dinge in die Augen wie Briefmarken, Sammelbilder, Bücher, Fußball, Fahrrad, Fotoapparat, Handy). Erwachsene sehen eher auf Haus, Auto, Stereoanlage, Teppiche Wochenendhaus. Wie können wir diese Dinge in unseren Besitz bekommen? Wir können sie uns wünschen und bekommen sie vielleicht geschenkt. Oder wir müssen arbeiten und sparen und können sie uns dann kaufen. Man könnte aber auch versuchen, auf dunklem Weg in den Besitz zu kommen. Doch gerade dieses wird verboten.

Ein Beispiel: Peter hat aus Versehen einen geliehenen Fotoapparat von einer Brücke in den Fluß fallen lassen. Er will einen neuen kaufen, aber das Geld in der Sparbüchse reicht nicht. Er verkauft sein Briefmarkenalbum, aber es reicht immer noch nicht. Da nimmt er in einem unbeobachteten Augenblick das Geld aus Mutters Geldtasche. Aber sein jüngerer Bruder Gerhard hat es doch gesehen. Nun fängt er an, Peter zu erpressen: Peter muß ihm der Fußball schenken, den Gerhard schon immer hat haben wollen. Die Mutter aber stutzt, als sie von dem „Geschenk“ erfährt. So kommt alles heraus. Die Eltern können es wieder regeln. Peter hat gestohlen. Aber Gerhard hat auch nicht recht gehandelt.

Wenn einer etwas verschenkt, tut er es mit fröhlichem Herzen. Peter aber m u ß t e den Ball hergeben, es blieb ihm nichts anderes übrig. Gerhard hat den Ball mit einem Schein des Rechts an sich gebracht. Das ist im Grunde noch häßlicher als das Stehlen. Gerhard hätte Peter helfen sollen, die Sache in Ordnung zu bringen.

 

Verboten ist das „böse Begehren“. Wenn ein junger Mann ein Mädchen begehrt und es zu seiner Frau machen möchte, ist das in Ordnung. Wenn er aber die Frau eines anderen Mannes begehrt, schädigt er seinen Nächsten und verstößt gegen Gottes Ordnung.

Wenn einer einen Mitarbeiter sucht und einen passenden findet, der sich auch hat verändern wollen, dann sind beide zufrieden und die Sache ist in Ordnung. Wenn aber einer einen anderen, der in einem festen Arbeitsverhältnis steht, aus unsachlicher Gründen seinem bisheriger Wirkungskreis entziehen will, ist das gegen Gottes Gebot. Durch Änderungen in einer eingespielten Arbeitsgruppe kann man unter Umständen die Mitmenschen sehr schädigen.

Wenn man sich in einer Schulklasse mit einem neu dazugekommenen Mädchen anfreunden will, ist das eine gute Sache. Nicht recht ist es aber, wenn dieses Mädchen sich in die Freundschaft zweier anderer Menschen eindrängen will mit dem Ziel, die eine der anderen abspenstig zu machen und für sich zu gewinnen. Aufgabe wäre es, eine vielleicht aufgetretene Entfremdung wieder zu überwinden; erst dann hat man das Gebot eingehalten.

Auch auf kirchlichem Gebiet gibt es solches verbotenes Begehren. Da sucht ein Pfarrer dringend eine Mitarbeiterin. Auf die Anzeige meldet sich aber niemand. Da wirbt er eine aus einer anderen Gemeinde ab. Die Arbeit in der einen Gemeinde wird dadurch verstärkt, aber die andere ist geschädigt worden. Ähnliches gibt es auch bei Sportlern oder Künstlern.

Gott stellt aber alle Lebensbereiche des Mitmenschen unter seinen Schutz: Freundschaft, Ehe, Arbeitsverhältnis. Wenn hier eine Störung eingetreten ist, dann, hat das manchmal bleibende Folgen.

Wer einmal auf diese Weise durch einen anderen geschädigt worden ist, wird in Zukunft auf der Hut sein. Er wird dem anderen nicht mehr offen begegnen, sondern sich ihm mißtrauisch verschließen. Damit ist aber die Atmosphäre unter den Menschen überhaupt vergiftet, aber auch das Verhältnis zu Gott zerstört.

Jesus hat es verstanden, der Versuchung des Teufels zu widerstehen. Er will auch uns helfen, indem er unser Gewissen schärft. Sogar Atheisten haben ein Gewissen, das sie warnt. Vor jeder böser Tat meldet es sich als Stimme Gottes. Gewissen ist „Mitwissen“ Gottes. Dadurch will er uns helfen, mit dem bösen Begehren fertig zu werden.

 

Die  Zehn-Gebote-Tafel des Lucas Cranach in Wittenberg

Im Jahre 1516 wurde in der Werkstatt des Malers Lucas Cranach eine große Holztafel mit Szenen zu den zehn Geboten bemalt und in der Gerichtsstube des Rathauses aufgehängt. Sie sollte die Bürger ermahnen, die bei Verhandlungen aussagten oder das Urteil zu fällen hatten. Heute befindet sich das große Gemälde, das ein Format von 3,40 x 1,60 Meter hat, in der Wittenberger Lutherhalle, in dem reformationsgeschichtlichen Museum.

Ob der bebilderte Kommentar zu den zehn Geboten im Jahre 1518 von Luther angeregt wurde oder ob das Tafelgemälde den Professor veranlaßte, von 1518 bis 1517 Predigten über die Gebote Gottes zu halten, wie der Baseler Cranachforscher Dieter Koepplin 1974 in einem Ausstellungskatalog meinte, werden wir niemals an Hand von Urkunden nachweisen können.

Auf jeden Fall besteht ein inhaltlicher Zusam­men­hang zwischen den zehn quadratischen Tafeln, die in zwei Reihen angeordnet sind, und Luthers 1518 gedruckter kurzen Erklärung der zehn Geboten: Der Reformator führt dort aus, wie die Normen Gottes übertreten und wie sie befolgt werden. In dem gemalten Kommentar ist zu sehen, daß Engel dem Menschen  helfen, die Gebote Gottes zu halten, und daß der böse Geist und Versucher den Menschen anstachelt, sich über Verbote hinwegzusetzen und seinen Gelüsten nachzugeben.

Der Maler und auch Luther behielten die seit dem Mittelalter übliche Form der zehn Gebote bei. Unter den kleinen Tafeln steht in Kurzfassung der Text: „Du solt keinen fremden gott anbeten - Du solt gots namen nit unnütz in dein mault nemen - Du solt den feihrtag hatligen - Du solt vatter und mutter eren - Du solt niernant dötten -  Du solt nit stehlen - Du solt nit unkeusch sein - Du solt kein falsch gezeugnis geben - Du solt keins andern gemahl begeren - Du solt keins andern gut begehren.

Merkwürdigerweise sind die Gebote 6 und 7 sowie 9 und 10 umgestellt und haben nicht die Reihenfolge, die bei Luther in seinen gedruckten Erklärungen von 1518 bis 1529 steht. Sollte ein Gehilfe, der Cranachs Entwürfe auf die große Holztafel malte, die nichtige Reihenfolge nicht gekannt haben? Bei einer Restaurierung - die letzte erfolgte 1972 - können die einzelnen Bilder nicht vertauscht sein, denn durch die Szenen 8, 1 bis 5 und 10 spannt sich ein durchsichtiger Bogen, der auf den kurfürstlichen Wappen mit den zwei Schwertern und dem Rautenkranz steht.

Interessanterweise schrieb Cranach 1529 unter die linke Seite des Gothaer Doppelbildes von „Sündenfall und Erlösung“ die Worte: „Vom Regenbogen und Gericht: Es wird Gottes Zorn offenbart vorn Himmel über aller Menschen gottlos Leben und Unrecht. Röm. 1“, und gab zu verstehen, daß der Weltenrichter die Menschen beurteilt nach der Befolgung oder Übertretung der Gottesgebote.

 

 

Stichwortartig wollen wir die Bildaussagen der einzelnen Tafeln nennen:

1. Mose empfängt die Gesetzestafeln, zwei Gestalten knien vor einer Säule mit einem Götzenbild.

2. Ein Engel leitet einen Mann an, Gottes Namen beim Beten anzurufen; ein Teufel sitzt einem im Nacken, der Gottes Namen beim Schwören oder Fluchen mißbraucht. 3. Ein Engel führt drei Männer zum Kirchgang, um Gottes Wort zu hören; ein Teufel treibt einen Bauern an, sonntags auf dem Felde zu arbeiten.

4. Ein kleines Kind schmiegt sich an den Vater an, ein etwas älteres geht vertrauensvoll auf die Mutter zu; ein vom Bösen aufgehetzter junger Mann droht den Eltern mit der Faust

5. Eine garstige Dämonengestalt bringt einen Mann dazu, einen anderen mit dem Schwert zu töten; auf der rechten Bildseite zeigen Würfel, Geld und ein Becher den Anlaß zum Streit.

6. Auf eine mit goldener Kette geschmückte Frau dringt ein Verführer ein, er hat einen Becher in der Hand, hinter ihm steht der satanische Anstifter.

7. Während die Hausleute schlafen, steigt ein Dieb über eine Leiter ins Fenster, wie ein Äffchen sitzt eine Teufelsgestalt auf seiner Schulter; im Vordergrund stachelt eine schwarze Gestalt einen Mann an, Stoffbahnen wegzunehmen.

8. Neben dem Richter, der auf das Gesetzbuch zeigt, steht der Angeklagte, der verzweifelt die Hände über dem Kopf gefaltet hat; hinter dem Zeugen, der wahrheitsgemäß aussagt, ist ein Engel zu sehen, hinter dem andern, der eine falsche Aussage macht, die Gestalt des Bösen mit Schuppenpanzer und Vogelfüßen. Auf dem Schriftstück, das der falsche Zeuge in der Hand hält, ist 1516 als Entstehungsjahr des Gemäldes vermerkt

9. Eine Figur mit Tierohren und gespreizten Flügeln treibt einen Mann an, Hab und Gut des geprellten Ehepaares, das verängstigt am Tisch sitzt, mit List an sich zu bringen.

10. Ein Teufel bringt einen Galan in das Gemach einer Frau, deren Mann tief schläft, während sie sich dem Geliebten zuwendet.

In den Holzschnitten zum Großen und Kleinen Katechismus benutzte Cranach vorwiegend biblische Beispiele zur Illustration der zehn Gebote, 1516 waren es drastische Vorkommnisse aus dem Alltag der Wittenberger Bürger. Den weitgespannten Bogen, der die Bildkomposition zusammenhält, deutete der langjährige Direktor der Wittenberger Lutherhalle, Professor D. Oskar Thulin, als Zeichen des Bundes, den Gott nach der Sintflut mit Noah und seinen Söhnen schloß (1. Mose 9,13): „Der Bundesbogen verbindet die Welt Gottes und der Menschen, und nun läßt uns Cranach gleichsam in die Hintergründe menschlicher Leidenschaften und Übertretungen der Gebote blicken: der Mensch zwischen Gott und Teufel, geleitet von widergöttlichen oder Engelmächten. Immer sitzt dem Menschen der Teufel im Nacken, wenn er das Gebot übertritt, so erkennen wir als Zuschauer es klar in diesen realistischen wie eindrucksvollen Bildern (Herbert von Hintzenstern, 1979).

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Kirchenjahr (ohne Weihnachten)

 

Einstieg:

Wenn wir eine Wanderung vorhaben, brauchen wir verschiedene Dinge, um uns im urbekannten Gelände zurechtzufinden. Vor allem brauchen wir eine Landkarte oder noch besser eine Wanderkarte. Die Karte zeigt nicht nur die richtigen Wege, sondern sie enthält auch wichtige Hinweiszeichen auf allerhand Wissenswertes wie Aussichtstürme, Burgen, und Badestellen, Zeltplätze, usw.  Außerdem hat die Karte noch verschiedene Farben, damit man erkennen kann: Dort ist Wasser (blau) oder Gebirge (braun) oder ein Feld grün).

Heute wollen wir einmal eine Wanderung durch das Kirchenjahr machen. „Was ist denn das?“ werdet ihr sagen  Was das Jahr ist, das wissen wir schon. Aber was soll das Kirchenjahr? Neben dem Kalenderjahr - wie es alle schon kennen - begehen wir auch die Festtage des Kirchenjahres.

Sie wollen uns erinnern an bestimmte Taten Gottes, damit wir nicht vergessen, was er uns Gutes  getan hat (Ps 103, 2) und ihm danken. Unsere Wanderkarte wollen wir uns selber zusammenstellen, indem wir die verschiedenen Zeichen für die Feste im Jahr an die Flanellwand heften. Nennt doch einmal besondere Feste in Jahr. Es werden wohl zuerst Weihnachten und Ostern genannt werden, vielleicht aber auch weltliche Feiertage. Wir heften die Symbole an,  indem wir links unten mit Advent beginnen, mit Ostern oben hinkommt, das Hauptfest der Christenheit.

 

Überblick: Die Feste des Jahres - weltlich und christlich:

Advent:

Für viele ist das Wichtigste an der Adventszeit der Nikolaus und was er an Geschenken bringt. Überhaupt sind in dieser Zeit vor Weihnachten viele Geschenke zu kaufen oder herzustellen. Viele finden dann gar keine Ruhe und lassen sich nur hetzen von vielen Aufgaben.  -I n Wahrheit ist dies aber eine Zeit der Besinnung. Wir wollen uns fragen, ob wir uns recht auf das Weihnachtsfest vorbereiten, ob wir so leben können, daß Gott zu uns kommen kann.

 

Weihnachten:

Für viele ist die Hauptsache die stimmungsvolle Feier unter dem Lichterbaum. Für sie ist Weihnachten das Fest der Familie und der Kinder oder auch das Fest des Friedens. Und man muß viel schenken, je teurer, desto eindrucksvoller. - Ein besseres Zeichen für Weihnachten ist die Krippe, weil sie uns an die Geburt Jesu erinnert.
Seit dem 4. Jahrhundert feiern die Christen dieses Fest. Es liegt in der Zeit der Wintersonnenwende, wenn die Tage wieder länger werden und die Sonne höher am Himmel steht. So ist auch mit Jesus ein neues Licht in die Welt gekommen.

 

Epiphanias:

In manchen Gegenden ziehen am  6. Januar die Kinder von Haus zu Haus und singen. Drei Jungen stellen die heiligen drei Könige dar, die in der Bibel „die Weisen aus dem Morgenland“ heißen. Für viele ist da nur ein alter Brauch, den man so mitmacht, weil man für da Singen kleine Geschenke erhält. Die katholische Kirche hat diesen Brauch weitergeführt mit den „Sternsingern“, die aber Geld für Hilfsprojekte in Entwicklungsländern sammel. -  Aber an sich ist der Epiphaniastag der Tag, an dem man ursprünglich die Geburt Jesu feierte. Noch heute ist das in den Kirchen des Ostens so (Griechenland, Rußland). Der Tag erinnert daran, daß Jesus in die Welt gekommen ist, daß er „erschienen“ ist.

Passionszeit.

Weil man in der Fastenzeit keine größeren Vergnügungen haben durfte, hat man sich vorher tüchtig ausgetobt. So es entstand die Fastnachtszeit, wo sich viele Masken aufsetzen und sich ins Vergnügen stürzen. An sich ist diese Zeit aber mit dem Aschermittwoch zu Ende. Dann beginnt die Zeit, in der wir an das Leiden Jesu denken. Deshalb sollten in dies r Zeit  keine Fastnachtsveranstaltungen mehr stattfinden (auch nicht in der Schule) und auch keine „Ostermärkte“ in kirchlichen Räumen. Der Schlußpunkt dieser Zeit ist der „Gründonnerstag“. Er erinnert an das letzte Mahl Jesu mit seinen Jüngern, ehe man ihn verhaftete. Ursprünglich nannte man diesen Tag „Geburtstag des Kelches“. Er ist deshalb ein Freudentag und in der Kirche wird deshalb am Altar und an der Kanzel die weiße Farbe aufgelegt. Der Name kommt wohl von „greinen“ (= weinen), weil an diesem Tag die weinenden Sünde wieder in die Gemeinschaft der Kirche aufgenommen wurden.

 

Karfreitag:

Für viele ist dieser Tag der Auftakt zum Osterfest, wo man schnell noch den Frühjahrsputz erledigt und Kuchen backt und Ostereier bemalt. - Für Christen aber ist es ein ganz hoher Feiertag, weil wir an diesem Tag an die Kreuzigung Jesu denken. Der Name kommt wohl von dem  althochdeutschen Wort „Chara“, was so viel wie „Trauer“ bedeutet. Der Karfreitag ist also der „Trauerfeiertag“, weil er an den schreck­lichen Tod Jesu am Kreuz erinnert.

 

Ostern:

Am Ostermorgen fragen Viele: „Was hat mir denn der Osterhase gebracht?“ Der Name „Ostern“ stammt wohl von der germanischen Frühlingsgöttin „Ostara“, die den Hasen als heiliges Tier hatte und eine Göttin der Fruchtbarkeit war, wofür das Ei das Zeichen ist. Deshalb soll der Hase an diesem Tag angeblich die Eier legen - Christen haben sich an diesem Tag mit dem Ruf begrüßt: „Christus ist auferstanden!“Gott hat seinen Sohn nicht im Grab gelassen, sondern hat ihn auferweckt. Das Grab ist offen und über ihm steht als Siegeszeichen das Kreuz. Ostern ist das älteste und höchste Fest der Christen. Deshalb ist es auch der Höhepunkt unserer Wanderung durch das Kirchenjahr (Symbol ganz oben).

 

Himmelfahrt:

 An diesem Tag werden viele Väter komisch: Sie setzen einen lustigen Hut  auf und ziehen mit ihren Kollegen in irgendeine Gastwirtschaft, um Bier zu trinken. Sie sagen: „Heute ist Vatertag!“.

Doch in Wirklichkeit ist das der Himmelfahrtstag, vierzig Tage nach Ostern, der Tag, an dem wir an den Abschied Jesu von seinen Jüngern denken, als er wieder zu seinem himmlischer Vater zurückgekehrt ist. Himmelfahrt ist nicht der „Herrentag“, sondern der „Tag des Herrn“, an dem Jesus alle Gewalt im Himmel und auf Erden übergeben wurde.

Pfingsten:

Diese Tage nutzen viele zu Familienausflügen ins Grüne. Als christliches Fest will uns aber Pfingsten erinnern an die Gabe des Heiligen Geistes, den die Jünger Jesu erhielten, nachdem er selber nicht mehr bei ihnen war. Diese Kraft Gottes gab ihnen den Mut, wieder frei und öffentlich von Jesus zu reden und die großen Taten Gottes zu bezeugen.

 

Trinitatiszeit:

Die Zeit nach Pfingsten nennen wir nach dem ersten Sonntag nach Pfingsten. Er heißt „Trinitatis“, das heißt „Dreieinigkeit“. Der Tag will uns deutlich machen, daß Gott uns zwar als Vater, Sohn und Heiliger Geist gegenübertritt, aber dennoch nur  e i n Gott ist.

In diese Zeit  fallen auch noch eine Reihe von Festen wie Johannistag, Kirchweih, Erntedankfest, Reformationstag, Bußtag und ganz am Schluß des Kirchenjahres der Ewigkeitssonntag. Viele nennen diesen Tag „Totensonntag“. Sie kaufen dann Kerzen und Blumen und schmücken damit die Gräber ihrer verstorbenen Angehörigen auf dem Friedhof.

Doch als Christen nennen wir diesen Tag „Ewigkeitssonntag“ oder  „Sonntag vom Jüngsten Gericht“.  Wir werden daran erinnert, daß Gott einmal über unser Leben richten wird, wenn wir gestorben sind. Das Zeichen dafür ist die Waage, auf der die guten und bösen Taten gewogen werden. Nur wenn die Waage zum Guten aus schlägt, können wir in die Ewigkeit kommen, können wir auch nach dem Tod ein Leben mit Gott führen. Unsere eigenen guten Taten reichen dazu nicht aus, sie sind so gut wie nichts. Gott muß uns helfen, damit die Waage sich doch zu unseren Gunsten neigt, ja im Grunde muß er uns alles schenken, obwohl wir es nicht verdient hätten.

 

Symboltafel:

Die christlichen Symbole in dem inneren Kreis sagen uns, was Gott uns Gutes getan ha. Nehmen wir sie weg, ist auch das Christuszeichen in der Mitte sinnlos. Deshalb wollen wir darauf achten, daß die Festtage im Laufe des Jahres einen christlichen Sinn haben und auch tatsächlich an die Anlässe denken, an die sie uns erinnern wollen.

Zuletzt betrachten wir die „Kirchenjahresuhr“. Sie hat nicht die Sonne als Mittelpunkt wie das Sonnenjahr, sondern das Kreuz Jesu. Man kann die Uhr auch noch mit einem Zeiger versehen, der dann jeweils die Kirchenjahreszeit anzeigt, in der wir uns befinden. Überhaupt könnte der Unterrichtsraum mit Bildern und Zeichen ausgestaltet sein, die mit dem Kirchenjahr wechseln.

Auch im Kindergottesdienst kommt man immer wieder auf das Kirchenjahr zu sprechen. Dort  kann man auch auf die liturgischen Farben achten, die auf dem Altar oder der Kanzel aufgelegt wird:

weiß    = Licht, Freude           (Weihnachten, Gründonnerstag)

rot       =  Feuer, Blut (Pfingsten, Kirchenfeste)

grün    =  Saat, Hoffnung       (Trinitatis, Epiphaniassonntage)

violett =  Vorbereitung, Buße (Advent, Passionszeit, Bußtag)

Auch die Kirchenjahresuhr zeigt diese Farben bei der betreffenden Kirchenjahreszeit (verallgemeinert).

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Neujahr

Wer weiß schon, daß hinter dem häufig gebrauchten „Hals- und Beinbruch“ (= Alles Gute) Wörter stehen, die mit so schrecklichen Unfällen gar nichts zu tun haben? Zur Not denkt man sich vielleicht noch, dieser Wunsch formuliere bewußt das Gegenteil dessen, was eigentlich für den erhofft wird, dem man so zuruft.

Keine Rede davon! Dieser Glückwunsch stammt aus dem sogenannten „Rotwelsch“, (manche sagen „Gaunersprache“ dazu), einer Sprache, die seit dem Mittelalter im deutschen Sprach­raum verbreitet war. Verstehen aber kann man diesen Ausdruck überhaupt nur, wenn man die hebräischen Ursprünge der Worte kennt: „Hazlacha“ heißt „Glück“, „bracha“ „Segen“. Daraus wurde - auf dem Umweg jiddische „Hazloche“ und „broche“ -„Hals-und Beinbruch“. Buchstäblich war dies also ein echter Segenswunsch.

Und wenn wir uns an Silvester sagen: „Guten Rutsch“, dann entsteht heute vor uns das Bild eines guten Hinüberrutschens vom alten ins neue Jahr. Aber im Hebräischen heißt „rosch“ schlicht „Anfang“ und daher stammt (über das Rotwelsch) unser Ausdruck: Wir wünschen uns einen „guten Anfang!“

„Jiddisch“ war vor dem Zweiten Weltkrieg s die Muttersprache von zwölf Millionen Menschen, vor allem im slawischen Bereich. Bis heute können sich vielleicht noch sechs Millionen Menschen in ihr verständigen, sie mindestens verstehen. Dieses „Jiddisch“ aber, wie es bis heute gesprochen und verstanden wird, ist sehr alt. Es stammt aus dem frühen Mittelalter, wo es die Umgangssprache der im deutschen Sprachraum lebenden Juden war, mit einem starken deutschen Grundstock, angereichert durch hebräische, aramäische und vereinzelte italienische und französische Elemente.

Mit der Flucht der Juden aus Deutschland nach Böhmen, Polen, Litauen zur Zeit der Kreuzzüge kamen immer mehr slawische Elemente hinzu: Der Grundstock der Sprache war nach wie vor deutsch. Der Geist, die Form, die Seele, der Klang führten längst ein absolut ostjüdisches Eigenleben.

Das „Rotwelsch“ ist die Geheimsprache der deutschen Bettler, Gauner und Vaganten. Schon im elften Jahrhundert wurden Ansätze zu einer jiddisch durchsetzten Gaunersprache nachgewiesen. Was aber heißt „Rotwelsch“? „Welsch“ bedeutet ursprünglich „romanisch“, also aus Italien stammend, dann überhaupt: hieß es „schwer verständlich, unverständlich“. Wir kennen dieses Wort bis heute in dem Ausdruck „Kauderwelsch“ (= unverständliches Gerede“). „Kaudern“ hieß „handeln, tauschen“: Das Kauderwelsch war die Sprache der Kaufleute aus den italienischen Ländern, vor allem aus der Lombardei. „Rot“ bedeutet schon sehr früh: „Bettler“ oder „Betrüger“, vielleicht wegen der Sitte der Bettler, sich mit blutähnlicher Farbe zu beschmieren, um schwärende Aussatzwunden vorzutäuschen:

Sicher ist jedenfalls, daß das „Rotwelsch“ mit einer Fülle aus dem Jiddischen stammender Worte durchsetzt war, die von uns bis heute - ohne Wissen um ihre Herkunft - im alten Sinn gebraucht werden: Das heißt: Wir wissen zwar immer noch, was wir meinen, wenn wir die Worte und Ausdrücke hebräischen und jiddischen Ursprungs aus dem Rotwelsch verwenden, aber wir haben überhaupt keine Ahnung davon, warum das Wort das bedeutet, was wir mit ihm sagen wollen.

Dazu noch einige Beispiele: Wir sagen etwa „Ich mache heute blau“, wir sprechen vom „.blauen Montag“, davon, daß einer „blau“ ist. Wir wissen aber nicht, daß dies mit der Farbe „blau“ gar nichts zu tun hat. Das hebräische „B'lo“  oder das Jiddische  „b`law“ bedeutet einfach: „ohne, mit nichts“  Wer „blau“ macht, der tut nichts, wer „blau“ ist, der ist „nicht“ mehr da.

 

Wir sagen von jemandem: „Der weiß schon, wo Bartel den Most holt“, und wir meinen damit, daß wir es mit einem „schlauen“ Menschen zu tun haben. Es handelt sich hier nicht etwa um einen „Bartholomäus“, erst recht nicht bei „Most“ um gegorenen Apfelwein. „Bartel“ bedeutet vielmehr „Eisen“: „Maot“ (jiddisch „moess“, heißt „Geld, Kleingeld“. Der ursprüngliche Sinn des Satzes ist also: „Wo man mit dem Einbrech­eisen Geld holt“(aus „moess“ entstand auch der Ausdruck „Moos“ für Geld).

Wir sagen: „unter aller Sau“ -  und denken dabei an ein Schwein. Tatsächlich stammt dieser Ausdruck aber aus dem Rotwelsch und bedeutet: „unter aller Kritik“, vom hebräischen Wort „Ssea“ her, was man mit „Maß“ übersetzen muß.

Wir sprechen von einer „trüben Tasse“, wenn wir von einem Menschen reden, mit dem aber auch gar nichts anzufangen ist. Doch hinter diesem Ausdruck stehen zwei Wörter aus der hebräischen Sprache: „trefa“ (= Zerrissenes) und „tuschua“ (= Heil), also: „ein zum Heil völlig ungeeigneter Mensch“.

Oder: „Wir nehmen jemanden auf die Schippe“.  Aber mit einer Schaufel hat das nichts zu tun. „Chiba“ heißt hebräisch „Liebe“. Der Sinn ist, daß wir jemanden täuschen, indem wir ihm Angenehmes vorspiegeln.

„Knass“ heißt hebräisch „Geldstrafe“: Wer einen „Knacks“ weghatte, der hatte schon eine Geldstrafe hinter sich. Wenn Sie das tun würden, wäre ich bald „im Eimer“. Was nichts mit einem Eimer zu tun hat: „Ejma“ heißt „Furcht“.  Mit solchen Deutungen will man nicht „einseifen“, denn „sewel“ bedeutet „Dreck, Kot“.

                                                                      

Neujahrsgebet aus Ghana

Herr, Allmächtiger, Unendlicher, Schöpfer, Vollender,

ein Jahr ist für dich nur ein Augenblick.

Doch für uns  ist es 365 Tage lang, breit und tief, unübersehbar

Herr, jedes Jahr ist vollgepackt für uns,  im Voraus, mit Gutem und Bösem.       

Du bist der Herr des Jahres, wir sind bangende Knechte der Zeit.                        

Herr, doch eins ist wahr, jedes Jahr bringt uns näher zu dir.

Menschen werden älter mit jedem Jahr,     doch Christen jünger.

Ein Jahr liegt hinter uns, abgefahren.                                                                    

Straße schnurgerade durch Savannen,                                                                               

Kurven über steile Hügel, Schlaglöcher, Pannen,    

verpaßte Anschlüsse und Gelegenheiten.                                                               

Herr, wegen dieser verpaßten Gelegenheiten könnte ich verzweifeln,     

wenn du nicht vergeben würdest.

Herr, jeden Tag ist deine Gnade neu, seit dem Regenbogen,

und deine Güte seit Jesus Christus.  

Der Teufel und seine Gefährten schleppen sich durch die Jahre,                          

werden elender mit jedem Tag,      

doch wir wachsen in deiner Sonne, in deinem Geist.                                             

Herr, dir wird das Jahr zu einer kurzen Gnadenspanne.                                        

Da liegen 365 Tage vor mir, doch mein Herr weiß,                                   

was in ihnen mit mir geschieht.                                          

Herr, wie du die Haare auf meinem Kopfe gezählt hast,   

so hast du auch meine Tage gezählt, die Minuten und Sekunden.

Herr, jeder Pulsschlag bringt mich näher zu dir.                                        

Herr, ich weiß, 365 Tage an einem Strich                                      

kann deine Sonne nur in der Ewigkeit scheinen.                                        

Diese Zeit ist Prüfung für uns.                                             

Herr, Sturm wird brausen,     Wolken werden dicht über die Erde ziehen.

Dunkel wird es über der Erde werden, auch am Tag.                                            

Doch ich weiß, daß du hinter den Wolken bist,                                          

daß dein Wille diese Welt bewegt.                                     

Herr, um Gesundheit bitte ich dich,                                    

um etwas mehr Geld, m Hunger auf dein Wort,                                        

um dein Wort bitte ich dich. Amen.

 

 

Epipahnias                                        

Dem Epiphaniasfest liegen verschiedene Deutungen zugrunde. Das griechische Wort „Epiphanie“ bedeutet zunächst nichts anderes als „Erscheinung“. Man denkt dabei zunächst einmal an das Erscheinen Jesu auf dieser Welt überhaupt und feiert es dementsprechend auch als Geburtsfest Christi. Außerdem gedenkt die Christenheit des Erscheinens Jesu vor der Welt anläßlich  seiner Taufe im Jordan. Aber auch als Fest der Erscheinung des Sterns und der Weisen aus dem Morgenlande wurde das Epiphaniasfest gedeutet. Das führte dann zur Ausgestaltung des Festes der heiligen drei Könige.

Die ältesten Belege für die Feier des Epiphaniasfestes stammen aus dem Anfang des 4 Jahrhunderts. Zuerst wurde es in den östlichen Provinzen des römischen Reiches gefeiert, nach dem Jahr 325 auch in den westlichen. Nachdem sich von Rom aus immer mehr der 25. Dezember als der Feiertag der Geburt Jesu durchsetzte, feierte man das Epiphaniasfest immer häufiger als Fest der Erscheinung des Sterns und der Weisen, die aus fernen Ländern zur Krippe kamen, um deutlich zu machen, daß das Hei] in Christus nicht nur den Juden, sondern in gleicher Weise auch den Heiden bestimmt ist. Von diesem Gedanken her ist die Epiphaniaszeit in ganz besonderer 'Weise dem Gedenken der Heidenmission gewidmet.

 

 

Fastnacht                                                                                                    

Außer Silvester erweckt keine andere Zeit im Jahr und kein Feiertag eine solch einmütige Bereitschaft zum Rausch und zum Taumel wie die Fastnacht. Es gibt nicht in allen Landstrichen große Karnevalsumzüge und Maskenfeste, aber unter Papierschlangen und Lampions mit lustigen Hütchen und Pappnasen, bei Wein und Pfannkuchen, wird überall gefeiert. - In Köln heißt es „Karneval“,  in Mainz „Fastnacht“, in München „Fasching“.

Früher war Fastnacht eines der originellsten Volksfeste. Die schnellebige Zeit hat diesem Tage seine Eigentümlichkeiten abgestreift. Fastnacht ist wörtlich genommen die Nacht, die dem Anbruch der Fastenzeit vorausgeht. Die Kirche forderte von den Gläubigen, daß sie das Andenken an die Leidenszeit des Welterlösers auch äußerlich durch Kasteiung des Leibes dokumentieren, durch Fasten und Buße tun. Sie konnte es aber nicht verhindern oder wollte es auch klugerweise nicht, daß man, ehe die Fastenzeit begann, sich gehörig austobte.

Für die Geistlichen begann die Fastenzeit schon am Sonntag, Estomihi, 50 Tage vor Ostern, daher auch Herrenfastentag genannt; für die Laien eigentlich mit Fastnacht. Man ließ auch an manchen Orten einige Tage nach und verlangte auch strenge Innehaltung der kirchlichen Vorschriften erst vom Sonntag Invokavit, ungefähr 40 Tage vor Ostern, an. Die Fastnachtswoche wurde in Folge davon die Zeit, wo ein jeder in Übermut die Zügel schießen lassen konnte. Man tanzte und zog in Vermummungen umher. Man aß und trank im Übermaß und führte närrische Spiele auf.

 

Bräuche:

In Wasungen an der Werra reicht die früheste Überlieferung in das Jahr 1524 zurück. In einer Rechnung heißt es: „Einen Eimer Bier den Bürgern vor dem Tor und den von Schwallungen, als sie ein Fasenachtspiel auf dem Markt machten“. In Wasungen beginnt die Fastnachtsfeier am Donnerstag mit einem abendlichen Fackelzug, an dem Prinz Karneval unerkannt teilnimmt, von Besenhexen und anderen wilden Masken begleitet. Am Freitag folgt die Kinderfastnacht mit einem eigenen Elferrat und am Samstag übernimmt Prinz Karneval mit der Übergabe des Stadtschlüssels durch den Bürgermeister sein hoheitliches Amt. Die Rückgabe des Schlüssels an den Bürgermeister erfolgt am späten Dienstagabend wieder in einer korrekten Zeremonie. Nach den Statuten des Wasunger Carneval-Clubs versteht sich der Karnevalsprinz als wirklicher Ersatzkönig, an dessen Seite die Mitglieder des Elferrates als Minister in verschiedenen Ressorts fungieren. Eine Karnevalsprinzessin gibt es nicht.  Auch dadurch erweist sich der Wasunger Karneval als sehr urtümlich.

Aus Wendehausen bei Nordhausen wird berichtet, daß für den „fetten Donnerstag“ vor Fastnacht  500 Liter Bier beschafft wurden, auf Kosten des Müllers und Gemeindebäckers. Außerdem liefert der Müller 23 Ellen Bratwurst und zwei Scheffel Roggenmehl, woraus der Bäcker Brot backen muß. Er hat außerdem für eine tüchtige Portion Heringe zu sorgen. Am Haupttage wird dreimal geläutet. Das erste Läuten gilt den Witwen. die sich ihre zwei Liter Bier aus dem Backhause holen. Das zweite Läuten fordert die Männer auf, daß sie sich festlich schmücken und im Backhaus einfinden sollen. Während des letzten Läutepulses versammeln sich die Kinder mit Töpfen, damit sie auch nicht leer ausgehen. Im Backhause haben sich die Männer der Gemeinde eingefunden, von denen jeder ein Brötchen, einen Hering und ein Fünftel oder ein Sechstel Bratwurst von einem der Schöffen empfängt. Dagegen erhält jedes Mitglied der Vormundschaft (Gemeindevertretung), das auf der Oberstufe des Backhauses Platz genommen hat, ein Brötchen, zwei Heringe und eine halbe Bratwurst. Prediger und Lehrer bekommen an diesem Tage eine Flasche Bier und die üblichen Mühlmahlzeiten-Gelder.

Interessant und noch unbekannt dürfte die sogenannte „Ochsenhochzeit“ sein, die ungefähr bis 1830 in Kleinbodungen bei Bleicherode, am Montag nach Invokavit gefeiert wurde. Jeder nämlich, der im Dorfe während des verflossenen Jahres sich verheiratet hat oder von einem Haus in ein anderes gezogen war, mußte eine bestimmte Geldabgabe zahlen. Von dem Gelde wurde ein Faß Bier gekauft, das der Jungver­hei­ratete anstecken und sein Vorgänger herumreichen mußte. Am Morgen des Festtages wurde der Gemeindebulle von den Mägden bekränzt und im ganzen Dorf herumgeführt bis zur Gemeindeschenke. Dort bekamen sie von dem Bier einen Trunk und ein Essen, bestehend aus Erbsenbrei und Hering, das der bezahlen mußte, welcher zufällig zu Fastnacht den Bullen bei sich im Stalle hatte. Früher hatte jeder Hofbesitzer die Pflicht, das Tier eine Zeitlang bei sich zu füttern.

 

Geschichte:

Das Fastnachtsfest ist aus dem alten Brauch hervorgewachsen, den hereinbrechenden Frühling mit einer Zeit der Freude n und des vergnügten Teilens zu begrüßen. Dieser Brauch ist bis weit in die Zeit vor Christi Geburt zu verfolgen.

Es sind die Feiern zu Ehren der sterbenden und auferstehenden  Jahresgötter Ägyptens, Babyloniens, Griechenlands und Roms, die auf unsere Faschingsbräuche eingewirkt haben. Der früheste Nachweis des Karnevalsfestes ist uns aus Babylon überliefert. Dort wurde es im Zusammenhang des Neujahrsfestes gefeiert. Der legitime König wurde für diese Zeit abgesetzt und in eine symbolische Gruft gebracht.

Der Ersatzkönig übernahm die Macht, sonst geltende Gesetze traten außer Kraft, soziale Unterschiede waren nicht mehr gültig - man spielte die Umkehrung aller Verhältnisse: der Knecht spielte  den Herrn, der Herr den Knecht. Das wilde ausgelassene Fest  endete mit dem Tod des Ersatzkönigs (man wählte für diese Rolle einen bereits zum Tode verurteilten Verbrecher aus), der legitime König „auferstand“ aus seinem symbolischen Tod und kehrte im triumphalen Zug in die Stadt zurück.

Wenn in Griechenland „die große Mutter“ gefeiert wurde, dann wurde ihr Bild begleitet von einem Zug wild tanzender Männer, die Dämonen nachahmten, die mit ihrem Schreien, Verkleiden und Maskieren die Dämonen des Winters vertreiben wollten. Gerade zum Zeitenwechsel war das angeblich nötig, denn es ging ja um die Fruchtbarkeit, der Felder, Tiere und vielleicht auch Menschen. Man freute sich auf den Frühling, hatte aber auch Angst und verkleidete sich deshalb, um die bösen Geister zu täuschen. .

Bis ins 11.  Jahrhundert hat die Kirche das Faschingstreiben vergeblich bekämpft, von da an zugestanden und versucht, es in den Rhythmus des Kirchenjahres aufzunehmen. Nach der Reformation wurde auch in den evangelischen Gebieten weiter Fasching gefeiert. Erst im Laufe der Zeit wurde es von der evangelischen. Obrigkeit mehr und mehr untersagt. In ehemals hugenottischen Dörfern Nordhessens feiert man noch heute die Fastnacht am Aschermittwoch oder erst am Samstag, um die umliegenden Katholiken zu ärgern. Und nun in unseren Tagen wird in Gebieten, wo man seit Jahrhunderten nichts mehr vom Fasching wußte, mühsam Faschingsbrauch gezüchtet.

Goethe hat es während seiner Italienreise noch erlebt, daß der berühmte römische Karneval sich über Monate erstreckte: den ganzen Winter hindurch. Im zweiten Teil seiner Faust Tragödie hat er unter anderem solche Eindrücke verarbeitet (Mummenschanz, 1. Akt).

 

Feier:

Unser heutiger Fasching hat seinen unmittelbaren Vorläufer im Karnevalsfest der römischen Christen, die das ehemals heidnische Fest umwandelten in einen fröhlich-närrischen Höhepunkt vor dem Beginn des Fastens, das in seinem besinnlichen Ernst hinleitet zum Gedenken an die Passion Jesu Christi. In seinem „Werltenbuch“ von 1534 schrieb Sebastian Frank: „Nachmals kumpt die Faßnacht, der römischen Christen Bacchanalien. An diesem Fest pflegt man viel Kurzweil, Spektakel, Spiel zu halten mit Stechen, Turnieren, Tanzen, Rockenfahrt, Fastnachtsspiel. Da verkleiden sich die Leute, laufen wie Narren und Unsinnige in der Stadt um mit mancherlei Abenteuer und Fantasei, was sie erdenken mögen; wer etwas närrisch erdenkt, der ist Meister!“

Der Höhepunkt des Faschings ist der Dienstag vor dem Aschermittwoch, vor dem Beginn der Passionszeit; er liegt also vor der Fastenzeit. Man spricht darum von „Fastnacht“ und übersetzt das mit „Vorabend vor der Fastenzeit“. Und Karneval mit „carne vale“ (= Fleisch leb wohl). Das hat einen Sinn. Man entsagte von nun an in der Fastenzeit bis zum Osterfest dem Fleischgenuß. Eine andere Ableitung erfolgt von dem Narrenschiff „navalis“, einemSchiffswagen mit Rädern, das auch heute noch im Kölner Zug mitgeführt wird. Der Name „Fastnacht kommt von „faseln“, also „Dummes Zeug machen“ („Nacht“ meint dabei aber wie bei Weihnacht den Tag).

Der eigentliche Höhepunkt des Karnevals ist der Fastnachtsdienstag seit alters her, der Tag vor Aschermittwoch, vor Beginn der Fastenzeit. Es ist erst eine relativ junge Entwicklung, daß die Festumzüge am Rosenmontag stattfinden. Mit Rosen hatte dieser Tag ursprünglich nichts zu tun. Er leitet sich her von „rasen“, ist also der „rasende Montag“, der innerhalb der drei tollen Tage liegt, die 1785 noch die drei „Rastäge“ genannt wurden.

Durch die Verkleidung entziehen wir uns der Verantwortung für den anderen (zum Beispiel wenn Eheleute getrennt ausgehen). Leicht wird man dazu verführt, die Grenzen zu verwischen. Damit nicht das ganze Leben zur Fastnacht wird, setzt die katholische Kirche auf den Aschermittwoch eine Bußpredigt. Die Verbindung von unbeschwerter Freude und dem Wissen um die Verantwortung  für mich und mein Tun ist wohl die größte Kunst.

 

Faschingspredigt  aus dem St. Wunibaldsmünster in Heidenheim am 10. 02. 2013

Wir merken - ja, ich sogs euch gleich - scho ganz schee viel von Gottes Reich.

Der Fasching, der gilt weit und breit als fünfte, tolle Jahreszeit,

du kennst su manchen nicht mehr wieder: a Mannsbild trägt a mordsdrum Mieder,

a Rabenschwarze wird etz blond, a schwächlichs Männla zum James Bond,

a Lebedame wird zur Nonne, a Spindeldürre eine Tonne,

a Unscheinbarer, sonst stets schlichter entpuppt sich etz als großer Dichter,

der - ja gibt's suwos auf der Welt?! - die tollsten Büttenreden hält

und aufspießt. wos die Herrn do drobn sich alles so geleistet hobn.

Ja, eh die Fastenzeit beginnt, hat mer scho immer noch geschwind

- du mogsters leugnen oder fassen - die Sau noch amol rausgelassen.

 

Des is sugor - des hob i glesen - vormals aa in der Kirch so gwesen:

do hat an Bubn mer - ungelogn - su wie an Bischof angezogn,

und der hat dann den Herrn, den alten, amol den Spiegel vorgehalten

und sie durch den Kakao gezogn - die Leit hobn si vor Lachen bogn:

aa Mol im Johr, an vielen Orten die Kanzel is zur Bütt geworden!

 

Und des solls heut a wieder werdn - ich waaß, net jeder hat des gern,

doch kummt dir des aa komisch vor, dann bitt i di: nimms mit Humor!

und außerdem. Schorsch, Frieda. Marie die Predigt wird deswegn ka Gschmarri

 und hält, wie's ja scho öfters wor, uns allezamm an Spiegel vor.

 

Ich glaab, mir Menschen dazu neign mit unserm Finger hinzuzeign

auf andre, und do findst aa - gel - a ganze Menge auf der Stell,

wosd kritisiern konnst: „Schau mal wos hat denn der da bloß getan,

des sin ja echt scho tolle Dinger!"

Doch denk dro: Wenn du mit aam Finger af andre zeigst,

dann zeign fei Blei auf dich zurück der Finger drei!

 

Drum lass mein Zeigefinger wandern ich heut mitnichten auf die andern,

die hat bo uns in Franken hier mer in Veitshöchheim im Visier:

heut werdn - es sei von euch gelitten - der Kirch gelesen die Leviten!

Doch bleibn mir doderbei net stehn, na naa, ich denk, wir werden sehn:

Es gibt aa in der Kirch echt Tolles und wunderbar Verheißungsvolles,

woosd spürn konnst, ja ich sogs euch gleich a weng wos scho vo Gottes Reich!

 

Doch weil, ihr Lieben, wie ihr seht, aus Menschen halt die Kirch besteh

drum menschelts in ihr -- bittesehr - manchmal a bissla, manchmal mehr

 aa Pfarrer sin, zu kanner Zeit, dagegen absolut gefeit.

A Pfarrer is - es wor im Summer - ganz neu in a Gemeinde kummer;

zwei Damen - stets für Neues offen - aus der Gemeinde hobn si troffen,

die eine zu der andern sagt: „Hast des scho ghört? Pass amol acht!

Der neue Pfarrer, jung und flott, der is bal wie der liehe Gott!"

„Wieso denn das?", fragt Dame zwei. Die erschte maant: „Ich sog ders glei.

Die Woche über, werkli wohr ist der Herr Pfarrer unsichtbor,

und sonntags is er unbegreiflich."

Ihr lacht - und doch, bedenk ichs reiflich, dann denk er mer - ich sag mal so:

do is fei manchmol scho wos dro , und wo's so is, ich sogs euch gleich,

do merkst net viel vo Gottes Reich.

 

Gott obber is - des is ka Dream - Gott is net unsichtbar gebliebn,

naa. er is zu uns Menschen kumma, und hat Beziehung aufgenumma,

und deswegn is - ich sag mal so - Beziehung, ja, das A und O:

Ja richti: hingehn, hörn und reden mit all die Leut, und für sie beten,

sich ehrlich für sie interessieren, is mehr, wie no so viel studieren:

und Freud und Leid mitnander teilen, bo Kranke, Sterbende verweilen,

do drauf kummts oo für jeden Christen; wo des in Hirn und Herz tut nisten,

wo des passiert, ich sogs euch gleich, do merkt mer wos vo Gottes Reich.

 

Und wo a Pfarrer des so tut, kriegt aa die Predigt Fleisch und Blut,

 weil do, do fließt, ich sogs euch frei, do fließt is ganze Lebn mit nei

und mancher Christ, der sonst bloß keift,  auf amol etzert wos begreift,

 ja, dem gibt's etz an echten Stich:  „Mei lieber Spitz, do geht's um mich!

Ich fühl mi wie a braver Christ und hin doch oft a Egoist,

geh der Versuchung aufn Leim -  doch so muss des net ewig bleibn

Wenn mich der große Gott nimmt an, wie ichs an Jesus sehen kann,

 ja dann - des is des Pudels Kern - dann konn bo mir wos anders wern!“

 Wo so die Wahrheit gwinnt an Raum,  die übers Lebn und übern Glauben,

wo des passiert, ich sogs euch gleich, do merkt mer wos vo Gottes Reich.

 

Des haasst natürlich - ihr seht’s ein: a Predigt muss verständlich sein

und derf aa net - mir wird's scho flau - bloß wiederholn die Tagesscjau.

Wer predigt, muss sich nei versenken, muss es erfühln und durch es denken,

 und ringen und beharrlich frogen: Wos will Gott durch sei Wort uns sogen,

grod hier und etz in unsrer Zeit,  in Katastrophen,. Glück und Leid.

 

Dann gehts vielleicht wie - ihr versteht es - bom guten alten Archimedes,

dem wo sei König, bitte sehr, a Aufgob gstellt hat, ganz schee schwer.

o ja, die wor fei echt net ohne: Der König bringt sei goldne Krone,

verziert mit Kugeln, Ecken, Spitzen und zwischendrin mit Löchern, Ritzen,

und sogt: „Horch, Archimedes, du, die Krone lässt mir keine Ruh,

die is aus Gold, net aus Bitumen - berechen du mir ihr Volumen.“

Der Archimedes hockt sie hi, er rechnet, grübelt, zeichnet sie,

die Krone, doch er bringt - o Graus, - der ihr Volumen nicht heraus.

Damit er sich aweng entspanne, legt er sich in die Badewanne,

tief atmend ist sein Bauch, sein nasser, mal über und mal unterm Wasser;

wie er bewegt des Bauches Kegel, hebt und senkt sich der Wasserpegel.

Auf amol zuckts in seiner Brust, und plötzlich wird es ihm bewusst,

er ruft begeistert - unumwunden: „Mensch, heuräka! Ich habs gefunden!“

Was wars, was der Gelehrte fand und was bis heute hat Bestand,

was war der Inhalt der Erkennung?! - ja, das Gesetz von der Verdrängung,

mit dem stellt fest er - nunmehr ohne Problem - 's Volumen dieser Krone.

 

Wenn so der Prediger durchdringt das Gotteswort und betet, ringt

und ins Gespräch bringt Gott und Welt, dann kann - wenn es dem Herrn gefällt,

der manchmal auch ins Dunkle tunkt - dann kann es sein, dass auf es funkt

und er in dieser Gnadenstunden  ruft: „Heuräka, ich habs gefunden!“

und froh gemerkt nach langem Fragen: „Genau, so is, das will Gott sagen!“

und viel erscheint, wenn Gott so spricht, in einem andern, neuen Licht,

do spürt mer, ja, ich sags euch gleich, a weng wos scho vo Gottes Reich.

 

Is beste Beispiel dodefür is Martin Luther, des es clear.

Der hat si quält und gmocht und plogt, und hat si immer wieder gfrogt:

„Bin ich Gott recht und fromm genug?“ Doch - er studiert das Bibelbuch…

 Und eines Togs - lang tat er brauchen - fällts nern wie Schuppen vo die Augen:

Gott mog mi, net weil ich su toll,  su schee, su fromm, su wissensvoll,

su sportlich, leistungsstark, potent, su gsund, su fesch, so eloquent,

 naa, es erkennt der Doktor Luther: Gott mog mi su, wie Vadder, Mudder,

ihr Kind mögn, und des macht nern froh, ER mog mi, werkli, einfach so!

 So hat er dann sei ganzes Leben die frohe Botschaft weitergebn,

gebracht exakt auf ihren Punkt,  und - bei ganz viele hats gefunkt,

sie hobn wos gmerkt, ich sogs euch gleich, genau, von Gott und seinem Reich!“

 

Mir hobn etz viel vo Pfarrer ghört - und mancher denkt scho; unerhört,

 wos is denn mit die ganuen andern, die aa mit pilgern, aa mit wandern

vor Gott an Würde völlig gleich, zum großen Ziel, zu Gottes Reich?!

 

Ka Sorg, die sin mir voll bewusst, ich seh sie mit Respekt und Lust,

denn do gibts jede Menge Tolle, Hochengagierte, Wundervolle!

Doch weil mer heut, ihr Mädels, Knaben, uns selbst aufs Korn genommen haben,

darf kritisch-zart ich - naa, net nerven - den Blick auf die Gemeinde werfen,

in der mer ja - ich sag mal so - net immer glücklich nur und froh.

 

Do sin viel Leut aus dem Irak geflohn zum Beispiel, ohne Frag,

zu uns her, wo's oft ziemlich kühl, und bitten herzlich um Asyl.

Do frogt a Christ: „ Ob die wos taugn? Ich glaab, die könner mir net hrauchn,

die finden sicher no an Dümmern, und sonst muss si der Staat drum kümmern!“

 Wo's so is - hm - ich sogs euch gleich, do merkst net viel vo Gottes Reich.

Doch dann gibt's Leut, die genna hi, jawohl, und kümmern sich um die,

dass sie sich hier - trotz unsern Mühlen - wie Brüder und wie Schwestern fühlen:

A Gastwirt, der wo christlich drauf, der macht sei Wirtshaus für sie auf

und schaut, dass die - ja, des tuts gehn - wie a Familie zamm fast leben.

 

A Altersheim steht - bittesehr - woanders jahrelang scho leer,

und a poor Künstler - ihr werdt lachen-  die sogn: Do kömmer wos draus machen

für manchen, der wo auf der Flucht und einfach nur a Bleibe sucht,

für Künstler, und für Leut auf Reisen, mer könnt aa vegetarisch speisen,

und  heißen tut des dann gewiss - no?! - „Grandhotel Cosmopolis!“

Es finden offene Ohren die drei Künstler bom Diakonie-Chef dieser schönen Stadt,

der wo dafür wos übrig hat, und sogt: Warum soll des net geh, die is ganz prima, die Idee!

Wo's so läfft, merkst, ich sogs euch gleich, aweng wos scho vo Gottes Reich!

 

Wo anders wolln sich - konnst des fassen? - die Neonazis niederlassen,

und des is werkli net zum Lachen - wos soll do die Gemeinde machen?

In aaner sogns: „a so a Sch..., do mach mer nix, des is zu heiß!"

Und bal drauf, tja - ich sag mal so - werdns ihres Lebens nimmer froh,

weil etz merkst dort, ich sogs euch gleich, bal gor nix mehr vo Gottes Reich.

In einer andern Gmaa, zum Glück, do weichn die Christen net zurück,

do sogns ganz wacker: „Nix gibt's da, etz gilt „principiis obsta!“ -

„den Anfängen heißt es zu wehren!“- wir werden Widerstand bescheren!

Sie huln si Rat, schreiben Blätter. Briefe, es kummt a tolle Initiative,

es gründen Frieda, Fritz und Hans a Bündnis - ja - für Toleranz,

und du merkst dort - ich sogs euch gleich - a weng wos scho vo Gottes Reich,

 

Des  is wirklich da, weil Jesus Christ erstanden und lebendig ist,

wos mer in am klann Gschichtla spürt, des mich im Herzen angerührt:

Wie Jesus tot - wer konn des fassen! - hobns nern vom Kreuz herunterglassen,

und gsogt: „ Etz müss mer- amol sehng, in welches Grob iner nei ihn legn.“

Des is, wie in der Schrift zu lesen, karfreitags kurz nach sechsa gwesen.

Noo hat sie rausgstellt, Gottes Sohn - es is ja echt a riesen Hohn -

der alles für uns Menschen gab, der hat ja net amol a Grab!

Doch anner hat des mitbekommen - und der zählt zu die wirklich Frommen -,

der sogt: „Ich hob glei um die Ecken, dort bo der großen Dornen-Hecken

a ganz neus Grob, do legn mern nei, weil des, des konn ja doch net sei!“

Su homm sie's gmacht, doch kaum daham, putzt nern sei Alte richti zamm:

„ Wos hör ich do, is des zu fassen, du hast den Jesus nei legn lassen

- ich glaab, du hast an echten Hammer! - in unser schöne Grabeskammer?!“

Do sogt ganz ruhig, er hat net gschriea, der Joseph aus Arimathia,

naa, er sogts freundlich, doch behend: ER brauchts bloß übers Wochenend!“

Su wors, am Ende der Passionszeit is ER - ja, ihr wisst das schon - am dritten Tag -

Gott hats gegeben - erstanden zum ganz neuen Leben.

Genau, er lebt, is an der Macht, drum bleibts etz niemols immer Nacht,

und mir, mir spürn - ich sogs euch gleich scho ganz schee viel vo Gottes Reich,

und einmal alles ganz sich wendet, wenn ER es wunderbar vollendet.

 

Drum geh mer unter seinem Segen getrost und heiter ihm entgegen,

mit Mut und Schwung und großer Lust und wieder neu und ganz bewusst,

wenn etz beginnt die Fastenzeit in drei Tog is ja scho so weit -,

und bauen jeden Tog zugleich ja - an weng mit an Seinem Reich! Amen.

 

 

Nach dem Gottesdienst bedankte sich Pfarrer Christian Schmidt bei den Zuhören, daß sie nicht eingeschlafen waren, und erzählte dazu noch folgende Geschichte:

Ein Pfarrer ärgerte sich, daß im Gottesdienst immer ein Mann einschlief und auch laut schnarchte. Deshalb sagte er am Schluß des Gottedienstes ganz leise: „Jetzt stehen einmal alle auf, die in den Himmel kommen wollen!“ Sofort standen alle auf - bis auf den Schnarcher. Dann brüllte er: „Jetzt stehen einmal alle auf, die in die Hölle kommen wollen!“ Der Schläfer schreckt auf, springt hoch und ruft: „ Herr Pfarrer, Sie und ich kommen in die Hölle, denn wir sind die Einzigen, die stehen!“  Keiner ist sicher davor, in die Hölle zu kommen. Ehe man auf andere zeigt, muß man erst einmal sich selber prüfen.

 

 

Eine Predigt über die Freude

„Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Ihr werdet weinen und heulen, aber die Welt wird sich freuen; ihr werdet traurig sein, doch eure Traurigkeit soll in Freude verkehrt werden. Ein Weib, wenn sie gebiert, so hat sie Traurigkeit, denn ihre Stunde ist gekommen. Wenn sie aber das Kind geboren hat, denkt sie nicht mehr an die Angst um der Freude willen, daß ein Mensch zur Weit geboren ist. Und auch ihr habt nun Traurigkeit; aber ich will euch wiedersehen, und euer Herz soll sich freuen, und eure Freude soll niemand von euch nehmen!“ (Joh. 16, 20-22).

Passiert einem in Deutschland etwas, verschläft man, sucht man verlegte Dinge, versäumt man den Zug, bricht man ein Bein, macht man Pleite, so sagen wir: „Schlimmer hätte es nicht kommen können!“ Immer ist das, was passiert, gleich das Schlimmste- Bei den Leuten in Irland - so hören wir - ist es fast umgekehrt: Bricht man da ein Bein, versäumt man den Zug, macht man Pleite, so sagen sie: „It could be worse, es könnte schlimmer sein!“ Man hätte statt des Beins den Hals brechen, statt des Zuges den Himmel versäumen und statt Pleite zu machen seinen Seelenfrieden verlieren können. Was passiert, ist nie das Schlimmste, sondern das Schlimmste ist nie passiert.

Bei uns versagen bei jeder Art von Dingen, die uns unangenehm sind, Humor und Phantasie und werden gerade nicht, - auch meistens nicht von uns Christen - in Bewegung gesetzt. So behalten wir auch die ärgerlichen und schwierigen Sachen viel besser und können uns gut daran erinnern. Wie aber steht es mit dem, was uns Freude macht? Könnten wir alle auf die Frage antworten: Worüber haben Sie sich heute gefreut? Da kämen sicher viele Antworten allgemeiner Art.

 

Worüber können wir uns freuen? Wir haben keine Grippe oder nicht mehr oder noch nicht, wir sind gesund und normal veranlagt, haben Eltern und Geschwister, Beruf und Arbeit, die uns hoffentlich auch etwas Freude macht. Es ist arbeitsfreier Samstag, das Wetter ist schön, wir haben Freude an Musik, am Tanz, am Sport, an einander in Freundschaft und Familie.

Wir müssen uns erst besinnen. Heute haben wir uns vielleicht an einem Brief gefreut, an einem Geschenk, an einer Einladung, an der Klärung einer Situation, die uns schlimm und schwierig schien. Wir können mit Dietrich Bonhoeffer sagen: „Über etwas Sehnsucht, Ungeduld, Widerspruch gegen Unnatürliches, eine ganze Portion Verlangen nach Freiheit, Freude und irdischem Glück und Wirkenkönnen brauchen wir Christen uns durchaus nicht zu schämen!“

 

 

 

 

Was ist das  Gegenteil von Freude? Schmerz, Traurigkeit, Arger, Angst, Sucht. Wir könnten darüber gleich viel sagen: Es ist wohl so, was bei uns passiert, ist gleich das Schlimmste. Was machen aber die Menschen, die in Traurigkeit sind, Angst haben, alt und krank sind, für die es das alles nicht  mehr gibt, was wir an Freude aufgezählt haben, die so aktive Freude kaum noch erleben können? Müssen sie in dem Schlimm­sten, was ihnen geschehen ist, untergehen oder es im Alkohol betäuben und zu vergessen versuchen?

Wie ist es mit der Freude, die man anderen macht? Wird da nicht unser Leben heller? Manche machten mit Jugendlichen in der Adventszeit Besuche bei Alten und Kranken und waren ganz erstaunt, wie sie sich freuten, als sie gesungen haben und mit ihnen beteten. Geteilte und weitergegebene Freude ist große Freude.

 

Wir haben also erstens gehört: Was Freude macht. Zweitens: Weil es Freude macht: Schon die alltäglichen Bezirke des Lebens können durchzogen sein von der Freude der Beschenkten. Ein kleines Kind, das kaum an das Klavier langen kann, haut mit beiden Händen auf die Tasten, nicht aus Bosheit, sondern weil es Freude macht. Der kleine Kerl hat viel Lebenskraft und Freude am Dasein, und da ist das Klavier. Seine Patschhände müssen auf die Tasten, nicht um schön zu spielen; er will nur Musik machen, seine Musik, weil es Freude macht.

Freude kann ansteckend wirken, und wir sollten es uns von Friedrich Nietzsche, einem Großen unter den modernen Feinden des Christentums sagen lassen: „Erlöster müßten mir seine Jünger aussehen!“ Warum sind denn Christen oft so unfroh? Stammt unsere Freudlosigkeit daher, daß wir Christen sind oder weil wir nicht wirkliche Christen sind? Viele denken, man darf seine Freude nicht zeigen, man muß viele Gebote halten und kann sich nicht darüber freuen - das Leben ist zu ernst. Der Anblick und Eindruck, den ungezählte Christen geben, läßt doch annehmen, daß das Christentum alle natürliche Lebensfreude in dem Gewand eines schwermütigen Ernstes verstecke. Man kann ihnen doch kaum abspüren, daß sie mit dem Evangelium eine Freudenbotschaft gehört und in ihr ganzes Leben aufgenommen haben.

 

In dem Bibelwort, das wir zur Predigt gehört haben, heißt es: „Ich sage euch die Wahrheit: ihr werdet verzweifelt sein und klagen. Die Menschen draußen werden sich freuen, während ihr weint. Aber eure Verzweiflung wird in Freude umschlagen. Eine Frau, die ein Kind zur Welt bringt, hat Schmerzen und muß sie annehmen, denn ihre Stunde ist da. Wenn sie aber das Kind geboren hat, denkt sie nicht mehr an ihre Angst und Qual, sondern ist glücklich, daß ihr Kind zur Welt gekommen ist“ So ist kein Zweifel darüber, daß die Freude als christliches Lebensgefühl etwas anderes ist als natürliche Daseinsfreude und Lebenslust, wie sie aus ungestörter Gesundheit und ungetrübtem Genuß aller Lebensgüter erwächst.

Die ungetrübte Lebensfreude kann da sein, und es ist auch nichts Schlimmes und Verwerfliches, sich dann von Herzen zu freuen. Aber Gott führt seine Gemeinde auf einen Weg, auf dem sie nicht mehr mit den Kräften vitaler Freude weiterkommt, und es ist ihr verheißen, durch die Traurigkeit hindurch, die dann über sie hereinbricht, in eine Freude höherer Art und Qualität hineingeführt zu werden.

Die Freude am Herrn ist unsere Stärke, überwindende Freude, weil sie nicht an unsere irdischen und menschlichen Zustände und Bedingungen gebunden ist, sondern allein an Gottes Treue und Zusage. Ihr Widerspiel ist die Lust am Bösen, sind auch die schnell verrauschten und sinnlos gewordenen Freuden.

 

 

Was blieb von der fröhlichen Runde am Abend als „Qualität“ Freude übrig? Verschlafen, mühsam gesuchte Dinge, mißgelaunter Chef, schadenfroher Kollege, erschreckte Sekretärin, zänkische Hausfrau,  abgehetzte und müde Berufstätige. Das mahnt doch zu Nüchternheit und. kann doch keinen Schatten auf die Freude werfen, die bleiben soll.

Wir müssen nun unbedingt noch wissen drittens: Warum es Freude macht: Die Heilige Schrift gibt Zeugnis in immer neuen Durchbrüchen der Freude in einer durch Schuld und Not an Freude arm gewordenen Welt. Gott läßt sagen: „Ich gebe euch eine Freude, die niemand von euch nehmen kann!“

Wie kommt eine solche Freude in uns hinein? Gott gibt sie. Deshalb kann sie uns kein Mensch nehmen. In der Freude in dem Herrn ist eine Gewißheit enthalten, die nicht durch Schuld, Leid, Not oder Tod zu brechen ist wie eine rein menschliche Freude. Sie steht auch nicht jenseits von allem Auf und Ab, das das Leben der Menschen so unsicher macht. Sie ist der Grundzug des Menschen unter Gott, ist letzter Inhalt und Sinn des Lebens. Wer von dieser Freude, die mit Jesus Christus gekommen ist, weiß, der weiß auch, daß sie vollendet wird in Gottes Reich.

Wer sich nicht freuen kann, der glaubt nicht. Es gibt kein einziges Menschenleben, in dem es nichts, aber auch gar nichts, zu freuen gäbe. Sollten wir also nicht fröhlicher und erlöster aussehen? Das hat nichts mit dem oft so harten „keep smiling“ (immer nur lächeln) zu tun, das ist auch keine bequeme Lebensphilosophie, sondern diese Freude enthält etwas, was jenseits von Freude und Lust ist: Wir nennen  es „Seligkeit". Seligkeit ist das Element des Ewigen in der Freude, das, was es der Freude ermöglicht, auch Leid in sich aufzunehmen.

Das hat der um seines Glaubens im Dritten Reich zum Tode verurteilte Dietrich Bonhoeffer gemeint, wenn er schreibt: Gewiß ist, daß wir immer und unter der Gegenwart Gottes leben dürfen und daß dieses Leben für uns  ganz neues Leben ist; daß es für uns nichts Unmögliches mehr gibt, daß keine irdische Macht uns anrühren kann ohne Gottes Willen und daß Gefahr und Not uns nur näher zu Gott treiben: gewiß ist, daß wir nichts zu beanspruchen haben und doch alles erbitten dürfen: gewiß ist, daß im Leiden unsere Freude, im Sterben unser Leben verborgen ist: gewiß ist, daß wir in dem allen in einer Gewißheit stehen, die uns trägt!“ Gott schenke uns etwas von dieser Freude an allen Tagen und nicht nur zur Faschingszeit.

 

Faschings-Bedenken:

Lieber Gott, ich habe Spaß am Leben, und ich mag, wie meine Freunde, gerne lachen. Könntest Du mir einen Hinweis geben, wie man feiert ohne andere ärgerlich zu machen? Nehmen wir mal an, wir singen laut, und die Nachbarn wollen - wegen Frühschicht - früh zu Bett gehen. Aber wenn man sich nicht mehr zu singen traut, lieber Gott, das ist doch auch nicht schön!

Dabei glaub' ich schon, daß uns die Nachbarn mögen, und wir wollen auch nicht ihre Ruhe stören. Aber es ist schwer, sich immer leise zu bewegen, und sie scheinen wirklich jeden Ton zu hören. Also gut, wir wollen den Lärm beschränken und so leise sein, wie es beim Fasching geht. Aber wenn es nicht ganz klappt, möchte ich doch denken, daß Du wohl ein Vater bist, der uns versteht.

 

 

 

Der 29. Februar

Alle vier Jahre ist ein Schaltjahr. Das bedeutet an sich nichts so Ungewöhnliches. Denn jedermann weiß von der nun schon über 2000 Jahre alten Kalenderreform Julius Cäsars, durch die jedes vierte Jahr ein Schaltjahr geworden ist, das heißt, daß es von 365 Tagen auf 366 anwächst, wobei seit der Einführung des Gregorianischen Kalenders (Oktober 1532 bis Februar 1700) die nicht durch 400 ohne Rest teilbaren Jahrhundertjahre, bis 1700, 1800 und 1900, als Schaltjahr ausscheiden.

Aber vielleicht fragt man einmal danach, wie viele Schaltjahre seit Einführung der jetzt geltenden Kalenderordnung begangen werden. Diese Frage ist nicht mit völliger Sicherheit zu beantworten. Nicht allein deshalb, weil die römischen Priester, denen Cäsar das alte Recht der Verkündigung der Schaltjahre überlassen hatte, seine Anordnung falsch verstanden und, indem sie nach römischem Brauch das Ausgangsjahr mitzählten, unserer Rechnung nach alle drei Jahre ein Schaltjahr eingefügt hatten. Diesen Fehler hat der Kaiser Augustus später wieder ausgeglichen.

Umstritten ist vielmehr bis heute, ob das Jahr der Einführung der Kalenderreform durch Julius Cäsar. das Jahr 709 nach der sagenhaften Gründung Roms (gleich 45 vCh) bereits ein Schaltjahr gewesen ist. Dann wäre nämlich das Jahr 1964, unter Abzug der 1700, 1800 und 1990 ausgefallenen Schaltjahre, das 500. Schaltjahr gewesen, und wir hätten in diesem Jahre das halbe Jahrtausend der Schaltjahre schon überschritten.

Wer sich allerdings die Mühe machte, diese Angaben zurückzuverfolgen, geriete wiederum in die Brüche. Er käme nämlich für das erste Schaltjahr nicht auf 42, sondern 21 vCh. Das liegt daran, daß Augustus bei der Entwirrung der durch die römischen Priester von neuem geschaffenen Unordnung von dem letzten, eigentlich falsch berechneten Priesterschaltjahr ausgegangen ist und nach Ausscheidung der von ihnen zuviel begangenen Schaltjahre das Jahr 701 römischer Zählung statt 760 zum Ausgang der neuen Schaltordnung gemacht hat. Dieses Jahr 761 entspricht aber dem Jahr 8 nCh, so daß unsere Schaltjahre mit den durch 4 teilbaren Jahreszahlen zusammenfallen. Da die Zählung der Jahre „nach Christi Geburt“ erst im 6. Jahrhundert durch den Abt Dionysius Exiguus errechnet worden ist, verdanken wir ihm wohl auch diese Erleichterung unserer Schaltjahrberechnung.

Spricht man vom Schaltjahr, darf auch der Schalttag nicht unerwähnt bleiben. Für uns ist es heute der 29. Februar. Das war nicht immer so. Er stammt ja aus dem römischen Kalender. In ihm wurden die Tage rückwärts von drei ursprünglich der Mondbeobachtung dienenden Monatspunkten aus gezählt, den „Kalenden“, „Nonen“ und „Iden“. In der zweiten Monatshälfte richtete man sich nach dem folgenden Monatsersten, den Kalenden, dem einstigen Ausrufetag des Neumondes, woraus auch der Name „Kalender“ entstanden ist. Zum Schalttag war der 6. Tag vor den Kalenden des März bestimmt worden. Da der Februar 28 Tage hat und nach römischer Zählweise der Ausgangstag mitgezählt werden muß, kommt man auf den 24. Februar.  In Schaltjahren wurde an dieser Stelle ein Tag eingeschoben, so daß es dann zweimal einen „Sechsten vor den Kalenden“ gab. In alten Kalendern findet man darum den 24. Februar als Schalttag bezeichnet, das heißt als Tag der Einschaltung.

Die mittelalterliche Kirche hat, nachdem längst die römische Tageszählweise aufgegeben war, aus Gründen der Osterberechnung sinngemäß am 24. Februar als Schalttag festgehalten. Daher rührt es, daß noch heute der „Gedenktag an den 24. Februar“  in Schaltjahren auf den 25. Februar verlegt wird. Zugleich rücken die darauffolgenden Gedenktage des Februar im Katholischen Heiligenkalender in Schaltjahren um einen Tag weiter.

 

 

 

Karfreitag

Es wäre wünschenswert, wenn die Karfreitagsfeier deutlicher als bisher den Charakter eines Beicht- und Bußgottesdienstes erhalten würde, zumal der Bußtag ebenfalls nicht mehr arbeitsfrei ist und deshalb bald aus dem Gedächtnis des Volkes entschwunden sein wird. Da am Karfreitag die Hausfrauen noch vielfach Festvorbereitungen zu treffen haben, wäre es gut, wenn die Karfreitagsfeier allgemein auf 15 Uhr.

die Sterbestunde des Herrn, verlegt würde.

Die Austeilung Abendmahls ist vielfach üblich, stört aber auch viele, weil sie als dem Charakter dieses Tages und dieser Feier widersprechend empfunden wird. Stattdessen sollten nicht vor dem Gottesdienst, sondern erst während seines Ablaufs in feierlicher Form unter Mitwirken von Gemeindegliedern das Altarkreuz verhängt, die Kerzen gelöscht, die Altarblumen verstreut und die Abendmahlsgeräte entfernt werden.

 

Erzählung: Der den Rock gewann

Er war es gewöhnt, bei Hinrichtungen zugegen zu sein. Dafür war er Kriegsknecht. Und daß sie die Kleider der Hingerichteten unter sich verteilten, war ihr gutes Recht. Vier Teile hatten sie heute gemacht. Den Rock aber, der keine Naht aufwies Und von oben an durchgewirkt war, den hatten sie nicht teilen wollen. Der war zu schade. Sie hatten um den Rock gewürfelt. Gleich unter dem Kreuz, während die Verurteilten noch am Leben waren. Das hatte sie noch niemals gerührt. Sollten die aufpassen, daß sie dem Henker nicht in die Hände fielen. Sie - die Kriegsknechte - waren schlau­er. Sie würden sich nicht fangen lassen.

Er hatte sich gefreut, daß er es war, der den Rock gewann. Ein schöner Rock war es. Für den würde er etliche Silberlinge bekommen. Er hätte ihn gleich den Frauen anbieten sollen, die unter dem Kreuz standen. Vielleicht war seine Mutter dabei. Mütter gaben in diesem Fall ihr Letztes hin. Das wußte er. Warum er nur nicht gleich daran gedacht hatte? Jetzt würde er sie nicht wiederfinden.

Unter den vielen Hinrichtungen, die er erlebt hatte, war diese doch eine ganz andere gewesen. Geradezu eine besondere. Schon, daß sie so viel Wesen mit dem Gehenkten machten. Sonst saßen sie fast allein unter den Kreuzen und mußten warten, bis der Tod eintrat. Heute waren die Hohenpriester und Schriftgelehrten dabei, die Ältesten und sogar der Statthalter. Sie hatten den am mittelsten Kreuz verspottet und gelästert. Er selbst hatte viel Spaß daran gehabt und immer wieder gerufen: „Bist du der Juden König, so hilf dir selber!“

Nur ein paar Weiber hatten fassungslos dabei gestanden. Nun ja, die gab es immer.

Aber dann war plötzlich die gleißende Sonne blaß und fahl geworden und schwarze Finsternis hatte die graue Erde bedeckt. Und als Lucius dem Gekreuzigten in die Seite stach, erbebte die Erde. Da waren sie alle sehr erschrocken, wie sie eigentlich noch nie erschrocken waren. Auch seinen Hauptmann - der einzige, den er achtete und für den er durchs Feuer gehen würde - hatte der Schreck überwältigt. Er hatte es genau gehört, wie dieser sagte: „Wahrlich, dieser ist Gottes Sohn gewesen!“ Daß der nur so hatte erschrecken können!

Er breitete den Rock auf dem Boden aus. Von einem tiefen azurnen Blau war er. Ungenäht, durch und durch gewirkt. Den hatte dieser Gekreuzigte also getragen, als er lebte. Daß er ein Verbrecher war, glaubte er nicht. Der gehörte zu den Weltverbesserern, die die Welt ändern wollen, ohne sie zu kennen. Das verhielt sich bei ihm anders. Er wußte von den Freuden und auch von den Lastern der Welt. Frauen, Wein, Spiele und das Kriegshandwerk! Das mußte scheitern, wenn einer diese Welt wandeln wollte.

 

 

Lucius trat zu ihm. Er stieß einen Fluch aus, als er den Rock auf dem Boden ausgebreitet sah. „Der macht uns noch immer Scherereien“, sagte er, „obwohl er nun tot ist. Wir sollen sein Grab hüten. Einen Toten bewachen!“ Und dabei lachte er. Man hörte es dem Lachen an, daß Lucius wütend war. Auch die anderen murrten und gaben ihrer Unlust reichlich Ausdruck, daß sie zu Grabhütern entwürdigt waren. „Nun, warum sagst du nichts? Hast dich noch immer nicht von dem feinen Rock getrennt, he?“

Der Angesprochene schwieg. Es war also noch keine Ruhe um diesen Gekreuzigten. Seltsam. Und daß er so viel über ihn nachgedacht hatte, erstaunte ihn gleichermaßen. Wenn er über alle, deren Tod er mit ansah, so viel überlegt hätte, dann würde er nicht mehr zu seinem Handwerk taugen. Den Rock mußte er los sein. Bald. Dann würde er Ruhe haben. Er dachte schon nicht mehr an den Preis, und das war doch erst das Wichtigste daran gewesen.

„Steh auf, Träumer, komm!“ Lucius stieß ihn in die Seite. „Wir müssen auf das Grab aufpassen. Nimm den Rock mit, vielleicht läßt sich's gut darauf ruhen!“

Auf dem Wege zum Grabe verschenkte der Kriegsknecht den Rock, den er gewonnen hatte, an eine arme Frau mit zwei Kindern. Die anderen schalten ihn heftig deswegen. Der Kriegsknecht hätte es niemandem erklären können, was ihn zu dieser Tat bewegt hatte. Aber er spürte, daß er darüber froh war, richtig froh (Margot Langner).

 

Erzählung: Die Legende vom Galgenbaum

In einem Walde lebte zwischen lauter großen, breiten, prächtigen Bäumen auch ein langer, dünner Baum, der hatte nur einen Ast. Darum nannten ihn die anderen Bäume auch den Galgenbaum. Sie mochten ihn nicht leiden und flüsterten immer in alle Winde: „Der Galgenbaum muß weg, muß weg, der stört uns. Er stiehlt uns unseren Platz, er nimmt uns Licht und Luft. Der alte Galgenbaum muß weg, muß weg!“ Und sie riefen die Wühlmäuse, die wühlten in den Wurzeln vom Galgenbaum, daß seine Rinde ganz zerfetzt war. Und immer wieder zischelten sie: „Der muß weg, der muß weg!“

Eines Nachts kam ein großer Sturm und zauste den Wald. Und weil der Galgenbaum kaum noch Wurzeln hatte und weil er schon ganz schwach geworden war von den vielen Stößen, darum stürzte er um und zerbrach in zwei Stücke.

Am Tage nach dem Sturm kamen die Henkersknechte in den Wald. Als sie den zerbrochenen Galgenbaum sahen, da riefen sie: „Hier ist ja, was wir suchen, ein richtiger Galgenbaum; den nehmen wir mit!“ Sie sägten ihm die letzten paar Wurzeln ab und auch seinen einzigen Ast, und dann schleppten sie ihn mitsamt dem Ast fort. Die anderen Bäume wisperten erleichtert: „Nun ist er dort, wo er hingehört, nun ist er weg, nun ist er weg!“

Die Henkersknechte aber schleppten den Baum auf einen hohen Berg, nagelten aus seinen zwei Teilen ein Kreuz zusammen und gruben ihn dann fest in die Erde ein. Aber da sollte er nicht wurzeln, sondern sie wollten an dem Galgenbaum, der nun ein Kreuz geworden war, einen Menschen hängen zum Tode.

Da standen auch viele andere Menschen darum herum und schrien: „Der soll weg! Der soll weg!“ Zuerst dachte der Galgenbaum, der nun ein Kreuz geworden war, er sei wieder in seinem Walde und sie meinten ihn mit ihrem Schreien. Aber dann merkte er: sie meinten den, den sie ans Kreuz genagelt hatten und der da blutete und stöhnte und litt.

Am Abend endlich wurde es still um den Galgenbaum, der nun ein Kreuz geworden war. Der Mensch am Kreuz war gestorben, die anderen waren heimgegangen. Nur ein paar hatten den Toten vom Kreuz abgenommen und ihn in ein Grab gelegt

 

Da stand nun der Galgenbaum, der zum Kreuz geworden war, und ragte einsam und schwarz, voll Blut und voll Schweiß in den dunklen Himmel. Doch dann geschah etwas Wunderbares. Das Blut und der Schweiß drangen in den einsamen Kreuzesbaum ein, da regten sich Kräfte und Säfte in ihm, da schwoll es und quoll es und aus dem Kreuzesbaum drangen Blätter und Blüten und wuchsen und reiften zu prächtigen Früchten.

Am Ostermorgen flogen Vögel herbei, sahen den prächtigen Kreuzesbaum voller Blätter und Blüten und Früchte, setzten sich in seine Zweige und riefen die anderen Vögel: „Kommt! Seht! Hier ist ein prächtiger Baum!“ Sie bauten sich Nester in dem prächtigen Baum und legten ihre Eier, und bald piepsten und zwitscherten die Jungen mit den Alten. So war aus dem alten Galgenbaum ein prächtiger Lebensbaum geworden, voll Blätter und Blüten und Früchte, voll Leben und Gesang (Die Veröffentlichung erfolgt mit freundlicher Genehmigung des Autors Eberhard Hertzsch, Jena).

Aspekte:

- Der „Galgenbaum" ist Außenseiter in seinem Wald. Er ist dies nicht von sich aus, er wird von anderen dazu gemacht. Er erfährt Ablehnung bis hin zum Entzug seiner Lebensgrundlage. Allein aus diesem Grunde fällt der Baum den Henkersknechten auf und wird schließlich zum Hinrichtungswerkzeug. Dies scheint seinem Wesen zu entsprechen: der alte, tote Baum ist für den Tod zuständig.

-  Von seiner eigenen Geschichte her identifiziert sich der Galgenbaum mit dem Verurteilten.

-  Blut und Schweiß bewirken Veränderung, bringen Neues hervor.

-  Umkehrung der Werte: Der zum Tode Bestimmte bringt neues Leben hervor und dient zur Erhaltung und Verbesserung anderen Lebens.

-  In seiner Aufgabe (Trägerfunktion) wächst der Baum über sich hinaus.

-  Was zum Fluch bestimmt war, wird zum Segen.

Im Zentrum der Überlegungen steht die Frage, was nach Aussage des Textes die Veränderung bewirkt. Der Baum wird „ergriffen“ und zum neuen Leben erweckt durch „Blut und Schweiß“. Kurz ausgedrückt: Neues Leben (Auferstehung, Ostern) kommt aus Mühe, Anstrengung, Krafteinsatz und Opfer. Diese finden ihren Sinn in dem neuen Leben.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Ostern

Kleine Geschichte des Osterfestes:

Ein Pfarrer hat einmal in seiner Osterpredigt grollend gesagt, es sei eigentlich zu bedauern, daß man Ostern im Frühling halte. Das führe zu dem Mißverständnis, als gälte es, diesen zu feiern, und es gehe doch um Jesu Christi Auferstehung. Aber „Frühlingswehen“ und Auferstehen: Beides gehört doch unlöslich zusammen, wie immer man den Zusammenhang deuten und verstehen mag. Glücklicherweise hat sich auch bis heute der vom Standpunkt des Geschäftsmannes aus verständliche Plan nicht durchgesetzt, Ostern ohne Rücksicht auf den Frühlingsvollmond ein für alle Male festzulegen auf einen bestimmten Kalendertag und damit aus dem lebendigen Rhythmus der Natur herauszulösen.

 

Ostara

Rein geschichtlich angesehen war die erste Wurzel zweifellos die Freude über das Wiedererwachen des Lebens in der Natur. Wir Menschen einer technisierten Welt, die uns gegen die Unbilden des Frostes und der Nacht so sorgsam schützt, ahnen ja kaum mehr, was der Winter, die Kälte, das Dunkel für den „primitiven“ Menschen, zumal in nördlichen Ländern bedeutete, wie gefährdet und preisgegeben er sich fühlte, wie er geradezu fürchten mußte, es sei mit ihm und allem Leben auf Erden gänzlich zu Ende, wenn so lange, lange kein Gras und Kraut mehr wuchs, kein Baum mehr blühte, kein Vogel mehr sein Lied anstimmte. Ist es verwunderlich, daß der Lenz mit Jubel begrüßt wurde, daß man in den Wäldern Germaniens der Göttin des Frühlings und der Morgenröte, Ostara (der Strahlenden) Opfer darbrachte? Hier ist allerdings anzumerken, daß diese Ableitung des Namens Ostern, die der mittelalterliche angelsächsische Gelehrte Beda zum erstenmal gibt, wie die ganze Gestalt der Göttin selbst unsicher ist.

Sehr umstritten ist die Behauptung, das Osterfest habe seinen Namen nach einer nordischen Göttin Ostara oder Eostara erhalten. Es hat sich herausgestellt, daß eine Frühlingsgöttin solchen oder ähnlichen Namens nirgendwo erwähnt und so auch nicht nachzuweisen ist. Durchaus einleuchtend ist es dagegen, daß „Ostern" abgeleitet ist von Osten, jener Himmelsrichtung, in der die lebenspendende Sonne aufgeht.

Das Wort „Ostern“ kennen nur wir Deutschen und die Engländer (in der englischen Sprache „easter“). Kein anderes Volk bezeichnet das Auferstehungsfest Christi so. Man hat darum überlegt, warum das so ist. Lange Zeit versuchte man den Ursprung des Wortes Ostern auf die Frühlingsgöttin der Germanen, Ostera, zurückzuführen. Der Name des zu ihren Ehren veranstalteten germanischen Festes sei nach der Bekehrung der Germanen auf die Feier der Auferstehung Christi übertragen worden. Nach neuesten Forschungen ist diese Deutung aber nicht haltbar. Viele Sprachforscher sind jetzt der Meinung, daß das Wort Ostern auf das Wort „Aurora“ (= „Morgenröte“ zurückgeht.

Ostern war im Zeitalter der Bekehrung germanischer Stämme das Tauffest. Es wurde acht Tage in feierlicher Form begangen. Die Neubekehrten nahmen an den Gottesdiensten in der Morgenfrühe in weißen Gewändern, den Alben, teil. Sie hielten dabei brennende Kerzen in den Händen. In der Osternacht schloß der Gottesdienst gegen Morgen mit der Taufe der neuen Gemeindeglieder. Die Täuflinge, keine Kinder sondern Erwachsene, wandten sich Richtung Westen und widersagten dem Teufel. Der Pfarrer wandte sich hierauf gen Osten (Richtung Morgenröte) und sprach das Glaubensbekenntnis. So endete der Ostergottesdienst um die Zeit, da die Morgenröte leuchtete. Bei den germanischen Franken aber war das Wort „ostera“ das Wort für Morgenröte. - Andere Sprachforscher meinen, das Wort Ostern sei auf das Wort „Urstand“, das bedeutet „Auferstehung“ zurückzuführen.

 

Und was hätte sich besser zur Opfergabe geeignet als das Ei, das Urbild der geheimnisvoll schaffenden, junges Leben aus harter, toter Schale hervorzaubernden Naturkraft, oder auch der Hase, der nun wieder über die Felder lief und der mit seinen vielen Jungen geradezu die Fruchtbarkeit des Lebens zu verkörpern schien? Es war für die freudig bewegte Fantasie ein Kleines, staunenden Kindern zu erzählen, daß der Hase die Eier lege. Und Feuer wurden entzündet, rings auf den Höhen, Feuer, die der endlich wieder zunehmenden Wärme, dem Sieg des Lichts „vorahmend“, wie der Philosoph Leopold Ziegler sagt, nachhelfen sollten, Feuer, in denen man wohl auch eine Strohpuppe unter Spottversen verbrannte, den Winterriesen, dessen Herrschaft nun ein Ende hatte.

 

 

Passah und Abendmahl

Auch das jüdische Passah-Fest, das völlig anderer Art zu sein scheint, war ursprünglich ohne Zweifel ein reines Naturfest. Bei Frühlingsvollmond bringt man ein Opfer dar. Gott? Den Göttern? Den Dämonen, die gerade in der Vollmondnacht besonders gefährlich werden könnten und deren Zorn man durch das junge Schaf, die junge Ziege zu besänftigen suchte?

Hier kommt nun freilich ein zweites Element herein, kraftvoll umgestaltend: Die Geschichte Israels, die dankbar staunende Erinnerung an die Befreiung aus der ägyptischen Knechtschaft, gibt dem Fest einen ganz neuen Charakter. Nun erzählt man sich wieder und wieder die alte wunderbare Geschichte, wie der Gott der Väter sein Volk gerettet hat, und man prägt der jungen Generation ein, daß dieser Tag von jeder frommen Familie festlich und in bestimmter Weise zu begehen sei. Es wird fromme Sitte, ja Gesetz, zu diesem Fest nach Jerusalem zu wallfahren und mit dem ganzen Volk den zu preisen, der Israel erwählt, errettet, gesegnet und zum Segen gesetzt hat und der ihm dereinst den großen Erlöser schicken wird.

Auch Jesus hat dies hohe Fest seines Volkes mitgefeiert, hat mit seinen Jüngern das Passah-Mahl gehalten. Unauslöschlich hat es sich ihren Herzen eingeprägt, wie er das Brot brach, ihnen den Kelch reichte und die Worte dazu sprach, die der ganzen Feier wiederum ein völlig neues Gesicht und ihnen Trost, Halt und eine große Hoffnung gaben: Nehmet hin und esset, das ist mein Leib, der für euch gegeben wird; nehmet hin und trinket, das ist mein Blut, das für euch vergossen wird.

 

Auferstehung - Sol invictus

Die judenchristlichen Gemeinden der ersten Generationen sind treulich bei der alten frommen Ordnung ihres Volkes geblieben. Ob und wie weit sie dabei auch schon des Todes und der Auferstehung Christi gedacht haben, ist nicht mit Sicherheit nachzuweisen. Dagegen lehnten die heidenchristlichen Gemeinden, auf den Spuren des Apostels Paulus gehend, die jüdischen Feste, Feiertage und Zeremonien ab. An deren Stelle trat die Erinnerung an das, was ihnen in Jesus Christus, dem Gekreuzigten und Auferstandenen, gegeben war.

Das hat zu allerlei Spannungen und heftigen Kämpfen geführt. Sie gingen vor allem um den Termin des Osterfestes, das man hier wie dort feierte, wenn auch offenbar mit verschiedenem Inhalt. Sollte es nach der jüdischen Tradition am 14. des Frühlingsmonats Nisan gefeiert werden oder am Sonntag nach dem Frühlingsmond, am Sonntag, dem ersten Tag der Woche, dem Tag, der den Römern seit alters heilig war, dem Tag der unbesiegten Sonne? Mit seiner Feier, die auch von den christlichen Gemeinden übernommen, dann freilich mit einem neuen Inhalt erfüllt wurde - Christus die Sonne der Welt - ist ohne Zweifel ein vierter Ursprung hinzugekommen, dessen Stärke und Bedeutung ein bis heute nicht völlig gelöstes Problem zu sein scheint.

 

Taufe

Die römische Ordnung hat sich durchgesetzt. Die verschiedenen Ursprünge sind mehr und mehr ineinander übergegangen und zu einer mächtigen Einheit geworden. Mit allem Glanz ist dieses Fest begangen worden, das bald auch das Tauffest der Kirche wurde. Acht Tage lang wurde gefeiert; daher wohl auch die Mehrzahlform des Namens Ostern. Der Inhalt dieser Tage war die Klage über den Kreuzestod Christi, das neue, wahre Passah-Lamm, und über die menschliche Schuld, die ihn verursacht hatte, zugleich aber auch die selige Freude, der laute Jubel über seine Auferstehung und das dadurch begründete neue Leben. Vielfach gilt darum im Mittelalter das Osterfest als Jahresanfang.

In späterer Zeit, als aus der leidenden, unterdrückten Kirche die siegende, herrschende geworden war, treten Karfreitag als „pascha passionis“ (Leidens-Passah) und Ostern als „pascha resurrectionis“ (Auferstehungs-Passah) auseinander. Nun bekommt das Letztere den Charakter des reinen Freudenfestes, dessen Gottesdienste mit besonderer Pracht und Feierlichkeit begangen werden. Allerlei Osterbräuche, die mehr oder weniger an die verschiedenen Ursprünge erinnern, haben sich - landschaftlich verschieden und doch nah verwandt, - herausgebildet. So etwa das Schöpfen von Osterwasser, dem man Heilkräfte zuschreibt, in der Frühe des Tages vor Sonnenaufgang aus Quell oder Bach. Die Osterspiele, wie sie in großer Zahl entstanden, erfreuten sich besonderer Beliebtheit, und die bildenden Künstler haben das große Osterereignis wieder und wieder dargestellt.

Besonders in der griechisch-russischen Kirche ist das Osterfest zum wahren Volksfest geworden und ist es bis heute geblieben. Doch ist auch dort und gerade dort der Grundcharakter christlicher Freude nie ganz verschüttet worden. Noch heute grüßen sich an diesem Tag die Frommen des Ostens mit dem Osterkuß und dem uralten Gruß: „Christus ist auferstanden!“ - „Er ist wahrhaftig auferstanden!“

Auch im Westen haben zu Zeiten die alten vorchristlichen Sitten, haben Witze und Possen, Osterschmaus und „Ostergelächter“ den christlichen Gehalt des Festes fast verdeckt. In der evangelischen Kirche hat darum auch für lange Zeit der Karfreitag als der ernste Tag des erlösenden Todes Christi ein größeres Gewicht bekommen als Ostern, obwohl noch Luther kein Passionslied, dagegen mehrere gewaltige Ostergesänge gedichtet hatte.

Mit besonderer Liebe wurde das Osterfest in der Herrnhuter Brüdergemeine begangen in einer Feier, die in der Frühe des Tages auf dem Friedhof gehalten wurde und den Sieg des Osterfürsten über Tod und Grab verkündete.

In neuerer Zeit ist auch sonst in der evangelischen Christenheit der Sinn für die zentrale Bedeutung der Osterbotschaft und des ihr geweihten Festes neu erwacht. Lange vergessene Sitten sind neu belebt und neu verstanden worden. So wird da und dort heute auch in evangelischen Kreisen die Feier der Osternacht in der Frühe des Festtags mit reicher Liturgie, mit Entzünden der großen Osterkerze, mit Weihe des Taufwassers und heiligem Freudenmahl begangen. Es hat den Anschein, als wollte das älteste Fest der Christenheit sich die Herzen neu erobern in einer Welt und einer Zeit, die die gewaltige Kunde von der Überwindung des Todes nötiger braucht als je eine zuvor. Neu soll es wahr werden, was Luther so machtvoll singt: „So feiern wir das hohe Fest mit Herzensfreud und Wonne, das uns der Herr scheinen läßt. Er ist selber die Sonne, der durch seiner Gnaden Glanz erleucht' unsere Herzen ganz, der Sünden Nacht ist vergangen. Halleluja!“

 

Datierung des Osterfestes:

Der Ostertermin richtet sich nach dem Passahfest des jüdischen Festkalenders, worüber verschiedentlich bei Markus zu lesen ist. Passah ist wie fast alle Feste dieses jüdischen Festkalenders nach landwirtschaftlichen Rhythmen festgelegt, und dabei spielt die im Osten aufgehende Sonne eine entscheidende Rolle. Auf dem Konzil zu Nicäa im Jahre 325 wurde das Osterfest endgültig datiert: Ostersonntag ist immer der erste Sonntag nach dem ersten Frühlings-Vollmond. Am Sonntag davor, dem Palmsonntag, wird des Einzuges Jesu in Jerusalem gedacht; am Gründonnerstag feiern wir die Einsetzung des heiligen Abendmahles: Karfreitag ist bestimmt zum Gedenken des Tages der Kreuzigung Christi; Karsamstag ist der Tag der Grabesruhe; Ostersonntag dann ist die Feier der Auferstehung des Herrn.

 

 

Osterhasen:

Der Osterhase gehört zu Ostern wie der Weihnachtsbaum zu Weihnachten. Der Hase begegnet uns schon auf altchristlichen Tonkannen, Gräbern und Mosaiken. Gern verwendeten die Kirchenväter die beiden Verse aus Psalm 104,18 und Spr. 30, 2 bei ihren Predigten („Klippdachs“  wurde früher mit „Hase“ übersetzt). Bei der allegorischen Predigtweise lag es nahe, den Felsen auf Jesus Christus zu beziehen. „Der Hase“ wurde zum Sinnbild des noch nicht gläubigen Menschen. Das Hasenbeispiel wurde in der alten Kirche vor allem in der Missionspredigt verwendet und spielte im Unterricht der Taufbewerber eine große Rolle: Der Hase, der sein Haus auf den Felsen gebaut hat, der bisher Ungläubige, der durch die Taufe sein Leben auf Christus gründet, er allein hat den sicheren Schutz und Geborgenheit.

Ein zweiter Strang setzt sich mit der Fruchtbarkeit des Hasen auseinander. So wird er von den Kirchenvätern bis zur Zeit der Reformation zum Bild des geilen und unzüchtigen Menschen: Als zu Beginn des Mittelalters die Missionspredigten aufhörten, wurde der Hase zum Sinnbild überhaupt des schwachen, sündhaften Menschen, der seinen Halt bei Jesus Christus findet. Die frühere enge Bindung des Hasensymbols zum Osterfest lockerte sich dadurch.

In der alten Kirche fand zu Ostern die Taufe der neu bekehrten Heiden statt. Ostern erreichten also die „Hasen“ den „Felsen“, Die Bedeutung war späteren Jahrhunderten durch endgültige Christianisierung nicht mehr gegenwärtig. Der „Hase“ wurde heimatlos. Er kam jetzt in Beziehung zu den Ostereiern. Mit der Restzahlung der letzten noch fälligen Ernte-  und -Vieherzeugnisse wurde der Schuldner frei. Er brauchte nicht mehr in Furcht vor seinen Gläubigern zu leben, er gleicht also dem Hasen, den die Hunde nicht mehr hetzen. So wurde der Hase das Symbol des Schuldners, der zu Ostern entweder in Ketten oder von seiner Schuld frei kam. Damit geriet der Hase in eine unmittelbare Verbindung zu den Ostereiern, die als Steuern zu entrichten waren.

Lieselotte von der Pfalz und ein zeitgenössischer Schriftsteller berichten, daß man die Beschenkten „wie die Hasen“ nach den ausgelegten Eiern gejagt habe. So kam es zu der Verbindung der wunderbaren Ostereier mit dem „Osterhasen“.

Aller Wahrscheinlichkeit nach ist vom eierspendenden Osterhasen zuerst in eben dem Gebiet erzählt worden, von dem auch der Weihnachtsbaum seinen Ursprung nahm. Er wird zuerst im Elsaß bezeugt. Genau wie der Weihnachtsbaum wurde auch der Osterhase in der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts in mittel- und norddeutschen Gebieten bekannt.

Lange Zeit war es keineswegs einheitlich, an welchem Tage der Osterhase die Eier brachte. Zunächst war es der Gründonnerstag, der alte „Antlaßtag“. Immer mehr verschob sich diese Sitte auf den Ostertag.

 

In einer Schweizer Klosterkirche gibt es ein altes Deckengemälde. Dort sind drei Osterhasen gemalt, verbunden mit einem noch älteren christlichen Symbol, dem Dreieck. Die drei im Kreis hintereinander laufenden Osterhasen bilden in der Mitte mit ihren Löffeln (also den Ohren) das Zeichen der göttlichen Dreieinigkeit. Dieses älteste christliche Osterhasengemälde erinnert daran, daß in der frühen Christenheit die Hasen mit den Heiden verglichen wurden, also mit den ungetauften Männern und Frauen. Jedes Jahr zum Osterfest lud die Christengemeinde die neu bekehrten Heiden zur Taufe in den Ostergottesdienst ein. Damit erreichten Ostern die „Hasen“ den „Felsen“ (die Kirche) und damit einen „sicheren Ort“. Das gleiche Motiv zeigt eine Steinplastik aus dem 15. Jahrhundert in einem Fenster des Domes zu Paderborn (der Kreis ist oben in einem gotischen Spitzbogen).

 

 

 

Osterei:

In alten Schöpfungsmythen wird erzählt. daß die ganze Schöpfung aus einem Ei entstanden sei, und die Vorstellung, das Ei sei das Abbild allen Lebens, übernahmen auch noch die Kirchenväter. Einen größeren Raum denn als Sinnbild und Schöpfung gewann im Christentum das Ei als Zeichen der Auferstehung. Die harte Eierschale wurde mit dem Alten Testament verglichen, das Eiweiß mit dem Neuen Testament und das Eigelb, in dem auf unbegreifliche Weise neues Leben entsteht und von dem aus die ganze alte Form gesprengt wird, mit dem aus dem Grabe kommenden Christus. Die Eierschale wurde auch zuweilen mit dem Grab verglichen, das Christus bei seiner Auferstehung gesprengt hatte.

Ursprünglich galt das Ei als Sinnbild der Schöpfung. In sehr alten Schöpfungsmythen wird erzählt, daß aus einem Ei alles Leben entstanden sei. Diese Vorstellung war in Indien verbreitet. Weithin in der vorchristlichen Welt symbolisierte das mit bunten Ringen geschmückte Ei die Welt im Morgenrot, die Schöpfung des Himmels und der Erde. Auch im biblischen Schöpfungsbericht könnte das noch anklingen: „Der Geist Gottes schwebte über dem Wasser!“ (Gen 1,2). Genau übersetzt kann es auch heißen: Der Geist Gottes „brütete“ über dem Wasser. Auch die Väter der Kirche übernahmen das Vorstellungsbild, das Ei als Abbild alles Lebens.

In einer mittelalterlichen Predigt heißt es sehr treffend: „Das Ei wird gleichsam zweimal geboren: das erstemal, wenn's die Henne oder ein anderer Vogel legt, das andere Mal, wenn es ausgebrütet und ein lebendiger Vogel daraus wird. So, genauso geht es mit den Menschen auch. Die erste Geburt, wodurch wir vom Mutterleib kommen, ist noch ganz schlecht und elendiglich. Es ist uns viel zu eng, wenn die Welt noch so weit wäre; wir sind in unseren armseligen Leib eingeschlossen wie das Dotter oder das junge Vöglein im Ei. Wir müssen Widerwärtiges von Armut, Krankheit, Trübsal, Hunger, Durst und Kälte erleiden und ausstehen. Wer ist, dem sein Nest nicht derweilen zu eng wird? Wer rührt sich nicht zuzeiten unter seiner Schale und wäre gern daraus?“

Und weiter heißt es: „Doch man muß Geduld haben wie mit dem Ei. Der Zeit und Brut muß man warten. Was die Natur nicht vermag, muß die Gnade ersetzen. Diese wird nach zerbrochenen Schalen unseres sterblichen Leibes schon zeigen, was aus uns werden soll. Es wird uns hoffentlich Gott durch Seine Gnade und Barmherzigkeit hieraus führen zu einem weit besseren und ewigen Leben, wo unsere Seele in einem nunmehr verklärten unsterblichen Leibe Weite genug haben wird, soweit der Himmel und soweit er Ruhestatt der Auserwählten ist ...“.

Am deutlichsten aber wird das Wesen der im Frühling mit der Natur neu erwachenden Fruchtbarkeit durch das Ei, die älteste und bis heute gebräuchlichste Gabe zu Ostern in Stadt und Land. Das Ei ist jedermann verständlich als Symbol der Entstellung des Lebens. Verstärkt wird diese Symbolik noch durch das Färben der Eier, wobei das Rot dominiert. Ein Bericht vom Ende des 17. Jahrhunderts sagt dazu: „Ein gantzes Jahr geschieht den Ayrn nicht so viel an Ehre, als eben jetzt zur Österlichen Zeit, man verguldets, man versilberts, man belegts mit schönen Fleckten, und man macht allerhand Figuren darauf!, man marmelierts, man mahlts auch und ziehrts mit schönen erhebten Farben, man kratzets aus.“ Diese hier angesprochenen Techniken zur Verschönerung der Ostereier werden heute von den Sorben in der Lausitz und im Spreewaid als besondere Kunstfertigkeit gepflegt. In Mal-, Kratz-, Ritz- und Ätztechnik entstehen dort die schönsten österlichen Gebilde. Für diese sind seit einigen Jahren sogar Wettbewerbe ausgeschrieben.

 

 

Wie aber entstand nun die Sitte, einander Ostereier zu schenken? Daß der Osterhase sie angeblich legt, ist eine Behauptung, die seit 100 Jahren in Bilderbüchern steht. Die Entstehung des Brauches, Eier am Osterfest zu färben und zu essen, ist viel schöner. Sie hat ihre Wurzeln in der österlichen Zinsabgabe.

Die Zinsabgabe bestand damals in Naturalleistungen, die den kirchlichen Grundherren in Form von Eiern entrichtet werden mußten. Der Tag, an dem sie abgeliefert wurden, hieß bis ins 13. Jahrhundert hinein der „Antlaßtag“, der Tag der Vergebung, also „Entlassungs-Tag“, weil an diesem Tag (Gründonnerstag) aus der Kirche ausgeschlossene Sünder wieder aufgenommen wurden und weil an diesem Tage üblich war, zu beichten. Da man mit der Abgabe der letzten in diesem Jahre fälligen Eier von der Schuld frei wurde, hieß diese Steuerabgabe das „Antlaßei“.

Zum Dank dafür brachten sie „Antlaß-Eier“ mit, die rotgefärbt waren. Die rote Farbe sollte an das Blut Christi erinnern„ das von allen Sünden frei macht. Später dann schenkten sich die Christen diese roten Ostereier  untereinander, um sich gegenseitig an Christus, sein Sterben und seine Auferstehung zu erinnern. Die Eierschale wurde ihnen dabei zum Symbol des Grabes Christi. „Wie der Vogel aus dem Ei gekrochen, hat Christus das Grab gebrochen“, lautete bald ein Ostereier- Spruch, der auf vielen Eiern zu lesen war.

In Westeuropa benutzten die Christen das Ei sogar in der Kirche in der Osternacht-Liturgie. Sie nahmen da aber kein Hühnerei, sondern das besser sichtbare Straußen-Ei. In kostbares Gold oder Silber gefaßt, wurde es vom Priester mit den Worten überreicht: „Christ ist auferstanden!“ darauf antwortete die Gemeinde: „Gott sei Dank. Halleluja!“

Später kam das Osterei auch nach Osteuropa. Dort haben die russischen Christen es zu einer besonderen Kunst gemacht. Osterszenen wurden  in das Ei  hinein ­modelliert. Kreuzeszeichen, der Name Jesu und Jesusworte wurden auf den Eiern gezeigt. Immer neue Sprüche wurden erfunden. Diese Reime wurden auch bald in Deutschland bekannt. Einige davon sind bis heute erhalten, wie der folgende: „Ich schenke dir ein Osterei. Das Osterei geht bald entzwei, die Osterfreude ewig sei!" Oder: „Mahnen will dies Osterei, daß Jesus Christus Sieger sei und alle Todesmacht vorbei."

Diese Sprüche machen deutlich, daß die Osterfreude nicht von großen Ostergeschenken abhängig ist. Wer sich, wie wir armen Kinder damals vor dem Kriege, über kleine Geschenke freuen kann, hat den Blick frei auf Christus. Von ihm kommt das einzige, große und wertvolle Ostergeschenk für alle Menschen, die armen und die reichen. Es heißt: Jesus lebt, der Tod ist tot!“

Es gibt aber auch noch eine andere Erklärung für das Färben der Eier: Die Speisesegnung stammt aus dem 12. Jahrhundert. Damals war während der langen Fastenzeit auch der Genuß von Eiern verboten. Ehe sie wieder genossen wurden, gab man ihnen und anderen nach der Fastenzeit wieder gestatteten Speisen eine feierliche Segnung, zu der am Ostersonntag die Familien in die Kirche eilten. Damit man aber die Zinseier, die ja immer bis Ostern aufgehoben werden mußten, von den gesegneten Eiern, die man bald aufaß, unterscheiden konnte, wurden die letzteren gefärbt. Als später die kirchlichen Abgaben wegfielen, hielt man an dem Brauch des Eierfärbens fest und beschenkte einander mit der hübschen Gabe, am Anfang vor allem die Paten ihre Patenkinder, die Mütter ihre Kleinen.

 

 

Wann ist unser Osterei entstanden?

Die Ostereier sind keine deutsche, sondern eine weithin über die Völker verbreitete Sitte. In Frankreich wird das Verschenken der Ostereier oft von den Schriftstellern des 16. Jahrhunderts erwähnt. Die französischen Könige pflegten nach der Ostermesse bemalte und vergoldete Ostereier zu verschenken, und Lieselotte von der Pfalz kennt 1717 bereits künstliche Ostereier. Bunte Ostereier sind auch in Spanien, Italien, England, Skandinavien und in ganz Osteuropa bekannt, sogar in der Türkei, im Iran und Irak. Es ist durchaus möglich, daß vorchristliche und außerchristliche Einflüsse da sind; es handelt sich dann aber nicht um germanische, wie lange Zeit angenommen wurde, sondern um allgemein menschliche Bräuche bäuerlicher Kultur zur Frühlingszeit, die den christlichen Brauch untermauert haben.

 

Mit beschrifteten Eiern wurden früher viele gute Wünsche ausgesprochen:

  • Das Osterei geht schnell entzwei,

die Osterfreude ewig sei.

  • Was sagt das Osterei?

Daß alles Leben neu,

weil Christus erstanden sei.

  • Wie der Vogel aus dem Ei gekrochen,

hat Jesus Christus das Grab durchbrochen.

  • Mahnen will das Osterei,

daß Jesus Christus Sieger sei

und alle Todesnacht vorbei.

  • Viele Jahre und sonst noch mehr

wenn du sie brauchest zu Gottes Ehr;

denn Gottes Ehre nur allein

wird allezeit das Beste sein.

 

Das „künstliche Osterei“ begegnet uns zuerst in einem Brief dar Prinzessin Lieselotte von der Pfalz aus dem Jahre 1717. Da berichtet diese von „ein paar Ostereiern aus Schildpatt, in denen ein paar Ringe liegen“.  Seitdem gibt es das kunstgewerbliche Osterei.

Der fröhliche Brauch des Vorsteckens und Suchens der Ostereier kam nach der Reformation auf. Bereits 1612 verbot eine kursächsische Polizeiverordnung bei einer Strafe von 10 Talern die Unsitte eines übermäßigen Luxus bei Ostereiern. Das ist leider ohne Wirkung geblieben. Gerade in unserer Zeit meint man, ein besonderer Aufwand sei das wichtigste. Viel entscheidender sind aber die Herzlichkeit, mit der geschenkt wird, und die Freude, die dabei herrschen kann.

 

Johann Wolfgang von Goethe war ein Anhänger der Aufklärung und deutet das Oster­fest in dem Gedicht „Osterspaziergang“ (im Faust) folgendermaßen: „Sie feiern die Auferstehung des Herrn, denn sie sind selber auferstanden!“ So läßt der Weimarer Geheimrat Goethe seinen Faust es während des Osterspazierganges sagen, und er spricht damit vom jährlichen Wiedererwachen der Natur im Frühling. Dieses Wiedererwachen, dieses Auferstehen allen Werdens und Seins, wurden zu einem der Anlässe, das höchste Fest der Christenheit in diese Zeit zu legen.

 

 

 

Es gibt auch einen Bericht, wie Goethe „Osterhasen-Jagen“ veranstaltete: „Goethe gab ein Kinderfest am Gründonnerstag, 1783 in einem Garten unweit von Weimar. Es galt Ostereier aufzuwittern. Die muntere Jugend, worunter auch kleine Herder und Wielande waren, zerschlug sich durch den Garten und balgte sich bei dem Entdecken der schlau versteckten Schätze mitunter nicht wenig... Ich erblicke Goethe noch vor mir. Der stattliche Herr im goldverbrämten blauen Reitkleide erschien mitten in dieser mutwilligen Quecksilbergruppe als ein wohlgewogener

und ernster Vater, der Ehrfurcht und Liebe gebot. Er blieb mit den Kindern beisammen bis nach Sonnenuntergang und gab ihnen am Ende eine Naschpyramide preis!“

 

Osterbräuche:

Sie spielen bei der Gestaltung des Festes in aller Welt noch eine große Rolle. Viele Bräuche sind uralt und oft auch in unseren Augen recht komisch. So wird auf der Insel Korfu beim Geläut der Osterglocken in der Osternacht alles im Hause vorhandene zerbrochene Geschirr zu den Fenstern hinausgeworfen als Zeichen der ewigen Verachtung für den Jünger Judas, der einst Jesus verriet. Griechische Ostern stehen im Zeichen von Strohhut, rotbemalten Osterlämmern (zur Erinnerung an das Gotteslamm) und eines großen Lärms in den Kirchen während der Osternacht. In Mexiko wird der „Judas“ durch Feuerwerkskörper zerrissen und jeder Mexikaner versucht bei dem Osterspektakel ein Stück von „Judas“ zu bekommen.

Für die russisch-orthodoxen Christen ist Ostern das größte und wichtigste Fest des Jahres. In Rußland sind in der Osternacht die Gottesdienste von überquellender Freude erfüllt. Äußere Zeichen dieser Freude sind der „Ostertropar“, ein sich ständig wiederholender freudiger Gesang, und der dreifache Osterkuß auf Mund und Wangen, der zwischen den Christen ausgetauscht wird.

Der Höhepunkt des Osterfestes in der Lausitz ist das Osterreiten. In den katholischen Gegenden der Oberlausitz, um Wittichenau, in den Dörfern um Kloster Marienstern, seit einigen Jahrzehnten auch wieder in Bautzen, versammeln sich am Morgen des Ostersonntages die sorbischen Bauern mit festlich geschmückten Pferden vor der Kirche und reiten mit Kruzifix und Kirchenfahnen, Choräle in sorbischer Sprache singend, unter Glockengeläut in feierlicher Prozession über die Felder ins benachbarte Kirchdorf.

 

Beliebte Osterbräuche in Thüringen sind das Osterwasserholen oder auch das „Eiertrudeln“ oder „Eier- pusseln“. Die Ostereier spielen bei uns überhaupt wohl mit die größte Rolle. Der Brauch, Ostereier zu schenken soll schon sehr alt sein und bis weit in das Altertum zurückgehen. So wird berichtet, daß schon die alten Perser an ihrem Frühlingsfest gefärbte und vergoldete Eier schenkten. Die Germanen taten es gleichermaßen. Von ihnen haben wir den Brauch wohl geerbt. Eine überzeugende christliche Deutung der Ostereier findet man in einem schlichten Ostergedicht. Dort heißt es:

„Osterei, so schön und rund, Osterei, ob weiß, ob bunt,

hat was zu bedeuten, sagt es allen Leuten.

In dem kleinen Haus aus Stein schläft ein junges Vögelein,

Gott schenkt ihm das Leben, wie er's uns gegeben.

So auch der Herr Jesus Christ

von dem Tod erstanden ist,

brach das steinern Grab entzwei,

macht das Leben wieder neu".

 

Unsere Kirchen wissen und würdigen es, daß in ihren Festen Elemente vorhanden sind, die aus Volksbräuchen vorchristlicher Zeit herrühren. Die Feiern unseres Osterfestes sind so zusammengelegt mit den vom ländlichen Leben bestimmten Frühlingsfeiern. Und es sind viele der zahlreichen alten Osterbräuche gemischt aus vorchristlichen Vorstellungen und der Feier zur Auferstehung Jesu Christi. Die meisten dieser alten Gepflogenheiten haben natürlicherweise ihren Ursprung im Leben der Landbevölkerung. Dort hat sich auch bis heute das meiste an österlichem Brauchtum erhalten. Dabei ist zu bedenken, daß sich vieles davon kaum oder gar nicht in die Stadt verpflanzen läßt.

Das Osterfeuer ist als bescheidener Rest noch als Osterkerze vorhanden. Früher brannten überall vor den Kirchen kleinere Feuer, an denen die Osterkerzen angezündet wurden. Große Feuer loderten auf Feldern und Dorfplätzen, auf Hügeln und Bergen. Das im Hause zum Erlöschen gebrachte Herdfeuer wurde mit einer Flamme aus dem Osterfeuer wieder in Brand gesetzt, damit es das ganze Jahr hindurch brenne. So wurden auch in vorchristlichen Kulten erloschene heilige Feuer durch die Sonne wieder entflammt.

Wie Feuer und Wasser als Gegensätze immer wieder im Zusammenhang genannt werden, so wurde auch geweihtes Wasser mit nach Hause genommen, damit der Wasservorrat übers Jahr nicht versiege. Vor allem das Osterwasser, welches junge Mädchen und Frauen in der Osternacht aus einem Brunnen oder einer Quelle schöpfen, wird als wundertätig angesehen. Allerdings muß dieses Osterwasser vor Sonnenaufgang geholt werden, was schweigend geschehen muß. Sich damit zu Hause zu waschen oder zu benetzen, soll Schönheit bringen, und der Wunsch nach Schönheit ist in seiner Tiefe verbunden mit dem Wunsch nach Mutterschaft.

Auch das Spielen der Kinder mit Ostereiern, wofür es strenge Regeln gibt, ist bei den Sorben, zum Beispiel in der Bautzener Gegend, am lebendigsten geblieben. Das Ostereiersuchen allerdings hat seit langem auch in die Städte Einzug gehalten.

Das Ostersingen von Haus zu Haus und das Verteilen von Gaben - meist Eiern - an die Sänger ist in ländlichen Gegenden des deutschsprachigen Raumes noch vielfach lebendig geblieben. Sehr viel weniger das Osterlamm, ursprünglich am Vorabend des Passahfestes geschlachtet und als Festtagsspeise im Familienkreis verzehrt (2. Mose 12 und Markus 14, 12).

In neuester Zeit hat sich die Sitte weit verbreitet, im Garten einen Baum oder Strauch mit vielen bunten Eiern zu behängen und so, als Gegenstück zum Weihnachtsbaum, einen schön geschmückten Osterbaum zu schaffen.

 

Die Auferstehungslinde:

Wohl kaum ein anderer Friedhof in Deutschland hat eine so interessante Merkwürdigkeit aufzuweisen wie der Friedhof der Stadt Annaberg im Erzgebirge. Dort steht die riesige, uralte „Auferstehungslinde“, die von jedem Besucher des Gottesackers bestaunt wird als ein Zeugnis der Güte und Allmacht Gottes.

Die Geschichte dieser Linde ist folgende: Gegen Ende des fünfzehnten Jahrhunderts lebte in Annaberg ein junger Mann, der seinen Eltern durch Leichtsinn und Unglauben bitteren Kummer bereitete. Alle Ermahnungen blieben fruchtlos. Das Schlimmste war, daß er bei jedem Hinweis auf eine einstige Verantwortung seiner Handlungen vor dem Richterstuhl Gottes mit Hohn und Spott antwortete und behauptete, ein zukünftiges Leben und eine Auferstehung der Toten sei nur ein Phantasiegebilde ...

Der Pfarrer des Ortes, dem die Eltern ihre Not klagten, gab sich alle Mühe, den Sohn zur Erkenntnis zu führen. Einmal ging er mit ihm auf den Gottesacker. Er stellte ihm vor, daß so, wie auf den umliegenden Feldern der in der Erde gelegte Same ersterbe und danach zu neuem Leben erwache, auch einst die Menschen aus den Gräbern hervorgehen würden.

Aber vergebliche Mühe. Der ungläubige Jüngling wies auf eine junge Linde des Friedhofs und sagte lachend: „Sowenig als dieses Bäumlein, wollte man es ausreißen und verkehrt mit den Ästen in die Erde pflanzen, wachsen und gedeihen würde, ebensowenig werden auch die Toten lebendig aus der Erde gehen.“

Da antwortete der Pfarrer in heiliger Begeisterung: „Ich weiß es gewiß, Gott wird so gnädig sein und - um solchen Unglauben zu strafen - ein Zeichen seiner Macht dadurch setzen, daß er diese Linde, wenn auch umgekehrt in die Erde gepflanzt, zu einem mächtigen Baum wachsen lassen wird!“ Er zog das Bäumlein heraus, grub es, die Wurzeln nach oben gekehrt, mit den Zweigen in die Erde. Und das Bäumlein gedieh und wuchs zu einer Riesenlinde heran und hält noch heute mit seinen weitverbreiteten Ästen und Zweigen allen Besuchern des Kirchhofs eine lebendige Auferstehungspredigt.

Bei genauer, näherer Betrachtung dieses Lindenbaumes bleibt kein Zweifel, daß er auf die oben berichtete Weise gepflanzt wurde. Der Stamm hat einen Umfang von acht Metern und eine Höhe von zwei Metern. Darüber erstrecken sich die ehemaligen Saugwurzeln, sechzehn an der Zahl, als etwa acht Meter lange Äste wie ein flachliegendes Dach, das jetzt von elf steinernen und acht hölzernen Säulen gestützt wird. Von der Mitte dieser Baumkrone aus erstreckt sich die sogenannte Pfahlwurzel als Fortsetzung des Stammes in eine Höhe von über dreißig Metern mit weitverzweigten Ästen.

So steht noch heute dieser mächtige Baum auf dem Gottesacker zu Annaberg und breitet seinen Schatten über die stillen Wohnungen der Entschlafenen aus, gleichsam als wolle das leise Säuseln seiner Blätter den Schläfern dort unten zurufen: „Seid getrost, der Herr wird euch einst zu neuem Leben erwecken!“

 

Osternachtsfeier:

Nicht jeder, aber viele bedürfen einer Sinnfälligmachung der Wortverkündigung durch ein symbolisches Geschehen. Deshalb wäre es zu begrüßen, wenn am Ostersonnabend in allen Gemeinden die Feier der Osternacht eingeführt würde. Ähnlich wie die Christvesper müßte sie einen liturgischen Charakter haben mit einer verkürzten Predigt. In diesem Abendgottesdienst sollten Taufen vollzogen oder Verpflichtungen von Dienstgruppen vorgenommen werden.

Durch symbolische Handlungen ist das Ostergeschehen deutlich zu machen: Übergang von Trauerklängen über ein Stillgebet in den Jubel der Osterfreude mit Posaunen, Chor- und Instrumentalmusik, Mitwirkung von Bewegungschören,  Paramenten­wechsel während des Gottesdienstes, Darbringung von Blumenschmuck zum Altar, Anzünden der Altarkerzen und der Kerzen der Gemeindeglieder in dem anfangs verdunkelten Kirchenraum. Bei einer solchen Feier könnten und sollten alle Gemeindekreise (Konfirmanden, Bibel-, Gebets-. Männer-, Frauen-, Jugendkreise usw.) aktiv in Erscheinung treten, zum Beispiel durch Schriftlesungen, Gruppengebete, Gruppengesang, Vornahme symbolischer Handlungen. Auch ein kurzes Verkündigungsspiel könnte eingefügt werden. Allerdings darf auch dieser wie jeder Gottesdienst nicht länger als 80 Minuten dauern.

Der Ostersonntag sollte mit der goldenen Konfirmation verbunden und als großer Abendmahlsgottesdienst gefeiert werden und weit mehr als bisher durch musikalische Ausgestaltung einen festlichen Charakter erhalten. Die Konfirmanden und Vorkonfirmanden sollten durch Gruppengebet oder -gesang mitwirken.

 

Die Zahl der Ostergottesdienste sollte sich nach dem Besuch richten: bei Bedarf wäre ein Abendgottesdienst für diejenigen anzubieten, welche an der Teilnahme am Morgengottesdienst verhindert sind. Unentbehrlich bleibt aber in jedem Fall eine Auferstehungsandacht auf dem Friedhof. Ihre Durchführung am frühen Morgen ist sinnvoll, aber unzweckmäßig. Für die meisten ist erst am Nachmittag ein Gang zu den Gräbern ihrer Angehörigen möglich.

Der zweite Feiertag könnte als ökumenischer Wortgottesdienst von allen Kirchen des altkirchlichen Bekenntnisses gemeinsam gefeiert werden, um die Einheit im Glauben an die Auferstehung des Herrn als Frucht der Ostertage zum Ausdruck zu bringen.

 

Osternachtsfeier II:

Die Heilswahrheiten können nur „betend und anbetend“ wirklich erfaßt und so auch gelernt werden. Ein stetig geübtes Taufgedächtnis würde für die betend-meditative Aneignung der Taufaussagen des Katechismus und damit zugleich für eine echte „Einübung“ in ein Leben aus der Taufgnade haben. Es bedarf „einer liturgischen Ordnung, durch die das Taufgedächtnis immer wieder erneuert wird, und zwar in seinem existentiellen Bezug auf die tägliche Umgestaltung unseres Daseins durch Christus“ (Erich Hertzsch).

Ein solches „Taufgedächtnis"“ könnte mit der Feier der Osternacht verbunden werden. Der Vigilgottesdienst der Osternacht war der Taufgottesdienst der Alten Kirche; die Liturgie dieses Gottesdienstes ist deshalb im weitesten Sinne Taufliturgie. Die Verbindung von Taufe und Auferstehungsbotschaft ist  der eigentliche Inhalt dieses Gottesdienstes

Den Taufbewerbern wurde unmittelbar vor der Taufhandlung noch einmal das Wort der Schrift über die Taufe verkündigt, im Lied entfaltet und gedeutet und schließlich im zusammenfassenden Gebet anbetend bekannt. An die Tauffeier (bestehend aus Taufkatechesen und Taufakt) schloß sich unmittelbar die Mahlfeier an: die Neugetauften gingen gemeinsam mit der Gemeinde zum Tisch des Herrn. Später wurde der Tauffeier eine Lichtfeier vorangestellt, die in besonderer Weise das Geheimnis der Auferstehung Christi verkündigte; diese Stellung der Auferstehungsfeier vor der Tauffeier ist von höchster theologischer Bedeutung: Es wird sichtbar, daß die Auferstehung Jesu Christi der Grund unserer Auferstehung in der Taufe ist.

Mit dem Aufkommen der Kindertaufe wurde der Taufakt aus der österlichen Taufliturgie herausgebrochen. Was übrig blieb, war ein Torso, dem das eigentliche Ziel, die Taufe selbst, fehlte.

Es darf in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen werden, daß ja jene vorösterliche Zeit, die wir heute wieder „Fastenzeit“ nennen, entstanden ist als Vorbereitungszeit auf die österliche Taufe; davon geben heute noch die Perikopen an den Sonntagen in der Fastenzeit Zeugnis. Es kann also nichts Sinnvolleres geben, als diese Zeit wieder für ein „Taufgedenken“ fruchtbar zu machen. Höhepunkt und Ziel dieses Taufgedenkens ist dann der Gottesdienst der Osternacht.

Und nun die Feier selbst, wie sie in einem Dorf in Thüringen versucht wurde: Während sich die Gemeinde im dunklen Gotteshaus versammelte, trafen sich die Konfirmanden und alle anderen Kinder, die eine Aufgabe übernommen hatten, vor dem Pfarrhaus. Dann zog man hinüber zur Kirche. Voran die Kreuzträger, gefolgt von den Lektoren und den anderen kleinen „Amtsträgern“. Darauf der Diakon mit der Osterkerze, der Liturg und schließlich der Konfirmandenchor. Der Einzug der brennenden Osterkerze in das Schiff der Kirche war ein Geschehen von eindringlicher Symbolkraft. Dreimal rief der Diakon sein: „Christus, Licht der Welt!“ in das Dunkel, dreimal antwortete ihm die ganze Gemeinde mit dem Dank für Gottes befreiende Tat in Christus.

Während nun ein Teil der Kinder das Lied: „Jesus Christus, unser Heiland, der den Tod überwand" (EKG 77) sang, teilte ein anderer Teil das Osterlicht an die Gemeinde aus. „Aus dem Dunkel des Grabes bricht Christus als der Sieger hervor“, das wurde lebendige Anschauung, als nun - ausgehend von der Osterkerze - all die unzähligen Lichter in der Kirche aufstrahlten.

Bei allen Bedenken, die man gegen die Verwendung einer solchen Lichtsymbolik in einem evangelischen Gottesdienst haben kann, wurde eines doch deutlich : Es war eine Osterpredigt, die gerade unseren Kindern mehr sagte und sie stärker an der Wirklichkeit des Ostergeschehens teilhaben ließ als alle abstrakte Erläuterung und verstandesmäßige Erklärung, und vor allem: Sie waren keine passiven Zuschauer oder Zuhörer eines Geschehens, das sich unabhängig von ihnen vollzog. Sie konnten selber „mittun“ und waren unmittelbar handelnd beteiligt.

Noch mehr war das der Fall bei den Lesungen, den „Taufkatechesen“, die sich nun anschlossen und die von den Kindern ganz allein gestaltet wurden. Während die Lektoren die Lesungen vortrugen, spendeten die Jüngeren mit ihren Kerzen am Lesepult Licht, oder sie standen dem Liturgen bei, wenn er die auf die Lesungen folgenden Kollekten betete; die Schola sprach die Kantika, und der Chor führte die Gemeinde bei ihren Liedern.

Und dann das eigentliche Taufgedächtnis: Der Liturg trat zum Taufstein und forderte so durch Wort und Zeichen jeden einzelnen zum Gedenken an seine Taufe auf: „In dieser hochheiligen Nacht, da der Morgen der neuen Schöpfung aufsteigt aus dem Dunkel des Grabes und Gott in der Auferstehung seines Sohnes, Jesu Christi der Welt die Erlösung bereitet, preisen wir ihn, daß er diese Erlösung durch das Wasserbad der heiligen Taufe auch uns zugewandt hat. Dankt darum Gott für diese Gnade und bekennt euch zu dem, was er an euch getan hat, daß er euch errettet hat von der Obrigkeit der Finsternis und versetzt in das Reich seines lieben Sohnes ... Steht auf und sprecht mit mir also: Ich glaube an Gott den Vater ...“.

Besser als jede Behandlung der Taufe im Unterricht vermochte es diese Feier, in der sie zusammen mit den Erwachsenen ihrer Taufe gedachten, den Kindern den Sinn, die Gabe und die Verpflichtung ihrer Taufe nahezubringen. In anschaulicher Wirklichkeit erlebten sie, daß ihre Taufe etwas mit der Auferstehung Jesu Christi zu tun hat.

Diese Feier kann wie nichts anderes dem Osterfest seine zentrale Stellung im Kirchenjahr, die es im Bewußtsein der Gemeinde schon lange verloren hat, wieder zurückgeben. Die Symbolik des Osterlichtes ist gerade im evangelischen Bereich weit legitimer als die vielfach ungesunde Lichtsymbolik um Tannenbaum und Krippe. Wenn die Osterkerzen wieder Eingang in unsere Gemeinden - in die Kirchen und in die Familien - findet, so wird das nicht zuletzt eine große Hilfe auch für unsere Kinder sein, das in die Wirklichkeit ihres Lebens hineinzunehmen, was wir ihnen in der Christenlehre verkündigen (Dr. Karl-Heinrich Bieritz).

 

Vorsichtiger Glaube

Ein Mathematiker ließ einst auf seinen Grabstein das Bekenntnis einmeißeln: „Des Rechnens müd, lieg ich im Grabe / und muß nun in die Brüche gehen. Wenn ich mich nicht verrechnet habe,/ so werd' ich wieder auferstehn.“

 

 

Ostergelächter:

In der alten Kirche gab es ein liturgisch verordnetes Osterlachen. An einer bestimmten Stelle des Gottesdienstes wurde die Gemeinde aufgefordert, laut den Teufel auszulachen. Auch wir sollten das Lachen nicht vergessen - haben wir am Tag der Auferstehung unseres Herrn doch allen Grund dazu!

Johannes Kuhn erzählt in einer Andacht davon, daß das Ostergelächter im Mittelalter seinen festen Platz im Ostergottesdienst hatte. Am ersten Ostertag wurden in der Predigt so viele lustige Geschichten und Anekdoten erzählt, daß die ganze Gemeinde in ein jubelndes Gelächter ausbrach.

Mag uns das heute unsinnig erscheinen. Vielleicht denken wir sogar, Lachen und Kirche, das gehört nicht zusammen. Und in der Tat kommt das Wort „Lachen“ in der Bibel sehr selten vor. Aber klingt nicht in unserem Osterlied „Wir wollen alle fröhlich sein in dieser österlichen Zeit“ noch etwas hindurch von der Bedeutung des Ostergelächters? Man hat gewußt, was Ostern heißt, und hat das Lachen als jubelnden Ausdruck der Freude gemeint. Denn wenn dem Tode die Macht genommen ist, dann bedeutet das ja Befreiung, Erlösung, überströmende Freude und Fröhlichkeit.

 

Dem Christen sollte man mehr Frohsinn und Freude anmerken. Humor und Lachen sind Ausdrucksformen innerer Freude und Freiheit. Humor kann nur haben, wer innerlich Abstand gewinnt, über der Situation und den Dingen steht.

Wer könnte das besser als der Christ, der außerhalb seiner selbst verankert ist - in Gott? Wir brauchen nicht todernst zu sein, weil wir wissen, daß Gott, so wie er das erste Wort über der Welt und mein Leben gesprochen hat, auch das letzte Wort haben wird. Das heißt, es geht um den Glauben, der aus der Freude und Freiheit in Gott lebt. Und das nicht nur auf den erhabenen Höhepunkten unseres Lebens, sondern in den gewöhnlichen Situationen des Alltags.

 

Der Volksmund sagt: Lachen ist  Medizin. Und von Martin Luther ist aus einer seiner Tischreden überliefert: „Wenn Gott keinen Spaß verstünde, so möchte ich nicht im Himmel sein!“ Der bekannte Theologe Karl Barth schreibt: „Humor ist eine eminent christliche Angelegenheit.“ Und an anderer Stelle: „Dem Menschen, der die biblische Botschaft hört und beherzigt, ist es nicht erlaubt, sondern klar verboten, ein unfroher Mensch zu sein!“

Wie mancher in unserer Umgebung sehnt sich nach einem humorvollen Wort und einem befreienden Lachen wie nach guter frischer Luft. Denn von unserer Fröhlichkeit gehen Kräfte aus. Lachen wirkt ansteckend. Wie oft habe ich das nicht nur bei Kindern beobachtet. Und wenn wir nicht mehr lachen können, jeden Spaß ernstnehmen, ist da bei uns nicht einiges durcheinandergeraten? Prediger 3,4 stehen die Worte: „Weinen hat seine Zeit, lachen hat seine Zeit; klagen hat seine Zeit, tanzen hat seine Zeit.“ Also, wenn es Zeit zum Lachen ist, sollte man wirklich nicht sauertöpfisch dreinschauen!

 

Wir sollten mitten im Alltag damit beginnen, bei unseren Begegnungen mit Menschen. Denn man kann Gott nicht ohne seine Welt haben. Darum kann man sich eigentlich nicht wirklich an Gott freuen, wenn man sich nicht auch über seine Welt freuen kann. Und dies Freuen ist nicht nur eine innere Angelegenheit, sie will auch Tat und Ausdruck werden im humorvollen Wort, das viele Spannungen löst, und im Lachen, das befreit und Ungutes wegbläst.

Gewiß, auch Humor ist nicht etwas Letztes, sondern etwas Vorletztes.

Große Meister des Humors wie Wilhelm Busch haben das Tiefste mit einem lachenden und einem weinenden Auge gesagt. Aber Humor und Lachen ist gleichsam das 01, das Härte und Hitze unvermeidlicher Reibungen lindert und kühlt und den Weg von Mensch zu Mensch ebnet und bahnt.

 

 

So gesehen ist diese Bitte zu Gott letztlich auch ein Ostergebet: Herr, schenke mir ein Leben der Freude in dir, laß mich über den Dingen stehen und die Menschen sehen, wie du sie siehst. Schenk mir den Sinn für Humor, gib mir die Gnade, einen Scherz zu verstehen, gewähre mir die Heiterkeit, die ansteckt, und öffne mir die Augen für meine eigenen Schwächen und gib mir die Gelassenheit, über mich selbst lachen zu können, weil du, mein Gott, mich auch so annimmst, wie ich bin.

Das Ostergelächter („risus paschalis“) bildete im Mittelalter einen Teil des gottesdienstlichen Festverlaufes.  Begründet war dieser liturgische Brauch, im Text des Osterpsalms: „Dies ist der Tag, den der Herr macht, lasset uns freuen und fröhlich darinnen sein!“

Streng und persönlich hatte sich der mittelalterliche Christ gewohnheitsmäßig die Fastenzeit vorüberziehen lassen. Das Ostergeschehen aber löste dann ebenso persönlichen und totalen Jubel aus, der sich in einer Fülle von Bräuchen und Sitten niederschlug. Hier hatte auch das Ostergelächter seinen Platz. Nach Askese, Trauer und Entbehrungen mußte  man sozusagen das Lachen wieder lernen  und erhielt dazu die Anleitung - in der Kirche:

Am ersten oder zweiten Osterfeiertag pflegte der Priester eine Predigt zu halten, die derart mit lustigen  Geschichten, herzhaften Anekdoten und lehrreichen Fabeln gespickt war, daß die ganze andächtige Gemeinde schließlich, auf diesen Augenblick schon gespannt, in ein schallendes. jubelndes Gelächter ausbrach: das Ostergelächter. Der  Teufel wurde öffentlich und förmlich ausgelacht.

Bis zur Reformation begegnet uns dieser Brauch in ganz Deutschland. In der Reformationszeit stand der Ernst des Kreuzes Christi im Vordergrund, und um der Besinnung auf die reinen Grundanliegen .der Christenheit willen wurde mit vielen anderen volkstümlichen Bräuchen, mißverständlichen oder gefährlichen Zutaten und Auswüchsen auch das fröhliche Drum und Dran des Ostergelächters aufgegeben. Eigentlich in Vergessenheit aber geriet es erst in der nüchternen Zeit der Aufklärung.

 

Womit wurde nun eigentlich das Ostergelächter ausgelöst? Irgendeine lustige Geschichte aus ferner Vergangenheit oder eine Begebenheit aus dem nahen Leben der Gemeinde konnte hierzu dienen. Sammlungen  von „Ostermärlein“ boten reiches Material. Die Lebensgeschichten und Aussprüche der Wüstenväter, aus dem Morgenland herübergekommen, erfreuten sich dabei großer Beliebtheit. War es nicht eine fröhliche Sache. von dem Wunderzeichen zu hören, das Gott durch den Heiligen Vater Apollonius wirkte? Der hatte seinen Brüdern am Osterabend verheißen, sie dürften sich jeder in der Freude über die Auferstehung Christi etwas ganz Besonderes von Gott erbitten. und zwar die leibliche Speise, zu der ein jeder gerade ausnehmend Lust verspürte, ob sie sie auch sonst niemals genossen. Als sie nun alle andächtig mit ihm darum beteten, standen plötzlich viele Leute vor der Klosterpforte. Es war nicht zu erkennen, woher sie kamen, und sie verschwanden ebenso jählings. Aber sie hatten eine Fülle seltenster Speisen bekommen.

Es. konnte auch drastischer zugehen. Am Ostersonntag des Jahres 1560 richtete der Fastenprediger der Klosterkirche zu Marchtal (Donau) an die in der Kirche anwesenden Männer die Aufforderung, derjenige unter Ihnen, der Herr in seinem Hause sei, dürfe und solle nun vor versammelter Gemeinde den Ostergesang „Christ ist erstanden“ anstimmen. Verlegenes Schweigen war die Antwort. Da rief er den Frauen die. gleiche Frage zu. Und prompt und gleichzeitig erscholl der Hymnus aus den Kehlen aller anwesenden Frauen.

Natürlich kam es dann auch dazu, daß Schwächen und Unsitten innerhalb der Gemeinde öffentlich gerügt wurden. Dieser oder jener mußte sich gefallen lassen, mahnend beim Namen genannt zu .werden, womöglich in mehr oder weniger gelungener Gedichtform.

Eine besondere Rolle beim Ostergelächter aber spielten kräftige, farbige, realistische Schilderungen der Höllenfahrt. Christi und  seines Sieges über Tod und Teufel, so wie etwa auch in den Passions- und Osterspielen der anfangs triumphierende Teufel dann doch  der Besiegte und Geprellte war und ohnmächtig zusehen mußte, wie Christus die Erlösten aus der Hölle wegführte.

In den Passionsspielen begegnen wir öfters der Krämerszene: Maria Magdalena kauft Salbe für den Leichnam des Herrn. Der Krämer ist bereit, ihr mit dem Preis weitgehend entgegenzukommen. Seine Frau aber keift wegen solcher Verschwendung und erhält. dafür von ihm eine starke Tracht Prügel.

Gerade in den geistlichen Festspielen, die um die Lebens- und Leidensgeschichte Jesus kreisen, hat der drastische Humor des mittelalterlichen Christen einen auffallend starken Niederschlag gefunden. Die radikale Bedeutung der wirklichen Menschwerdung des wirklichen Gottes wird hier blutvoll anschaulicher als in so vielen von  des Gedanken Blässe angekränkelten  Predigten.

In Spielen über die Höllenfahrt Christi wird die Gelegenheit benutzt, moralische Seitenhiebe für verschiedene Stände auszuteilen und zusätzlich Strafen vorzuschlagen, etwa für Bäcker, die die Brote zu klein gebacken haben, oder für Wirte und Fleischer, Schneider und Kaufleute, soweit sie im Leben dazu neigen, ihre Mitmenschen durch bestimmte Kniffe zu übervorteilen. Daß dabei die Entartungen geistlichen Lebens nicht ungerügt bleiben, versteht sich von selbst.

Ein anderes Beispiel für diese realistische Mischung von Ernst und Fröhlichkeit, für das herzhafte Lachen in der Kirche: Staunend, entzückt, betroffen stehen wir vor den gotischen Domen. Gewiß sind sie wesentlich geprägt von der „teuren Gnade“, dem angreifenden, radikalen Ernst der christlichen Erlösungsaussage. Nur wer sich am Karfreitag richtig schämen kann, kann sich an Ostern richtig freuen. Wenn aber dem Tode die Macht genommen ist, dann bedeutet das endgültige Freiheit, tiefste Beglückung, überströmende Fröhlichkeit. Darum vereinen sich in diesen Domen erschütternde Aussagen ehrfürchtigen Ernstes mit dem Jubel des Sieges und der Lust an der Fülle.

Humor gibt es auch bei Stein- und Holzbildwerken. Nach Wilhelm Pinders Wort ist Lachen und Lächeln in Bamberg zu Hause. Der berühmte Lachengel wurde der Verherrlichung Gottes dienstbar gemacht. Man ihn nicht ansehen, ohne von seinem Lachen angesteckt zu werden. ist nur eine von vielen Gestalten, die dort Heiterkeit und Seligkeitsbewußtsein ausstrahlen. Vom „fröhlichen Anschauen Gottes voll aller Lust“ spricht die Mystikerin Mechthild von Magdeburg (gestorben um 1285), zeugt auch das Lächeln der klugen Jungfrauen im Chor des Magdeburger Domes und der Erlösten über dem Hauptportal der Würzburger Marienkapelle. Ein Widerschein davon liegt auf dem fast übermütigen Gesielt der Regelindis im Naumburger Dom, die zu Unrecht neben der wegen ihrer Zurückhaltung berühmt gewordenen Uta oft übersehen wird, ebenso auf dem der 'Adelheid aus dem Meißner Dom.

 

Eine Osterkomödie:

Der bayerische Komponist Carl Orff (geboren 1895) schrieb 1955 ein Osterspiel, das die drastischen Szenen mittelalterlicher Texte vom geprellten Teufel aufnimmt und mit lateinischen Hymnen zu einer Einheit verbindet. Es heißt „Comedia de Christi resurrectione (= Komödie von Christi Auferstehung). Im Vorspiel bewachen Engel den im Grabe schlafenden Jesus, und eine klagende Stimme singt: „Passus et sepultus est „ (= er litt und ward begraben)! Danach wechseln Bild und Ton: In urwüchsiger Sprache unterhalten sich sechs Grabeswächter über den Gekreuzigten, während der Teufel im Dunkeln auf der Grabplatte hockt.

Die Soldaten des Wachkommandos unterhalten sich über Jesus, tragen zusammen, was sie über ihn und seinen Kreuzestod vernommen haben. Verstohlen blicken sie auf die dunkle Gestalt, die ihnen Geld gab, um an das Grab heranzukommen: „Itzt hockt er scho da die halbette Nacht.  A Spinneter is`s, einer von seine Leut, die andern san eh alle auf und davon.“ Während des Gesprächs schlafen die Wachmänner ein, als der Teufel sie fixiert. Dann erhebt er sich, fängt im Spiegel seines glitzernden Amuletts den Mondschein ein und beschwört die Mächte der Finsternis, alles aufzuwenden, „daß Er nit mehr aufstehn kann.“

Der Teufel zieht sich auf die Grabplatte zurück, als die Wachablösung kommt und die Schlaftrunkenen aufrüttelt. Sobald die zweite Soldatengruppe auf den dunklen Hockenden aufmerksam wird, wirft ihnen dieser einen Beutel voller Geldstücke zu, setzt sich zu ihnen und beteiligt sich an ihrem Glücksspiel. Als der Teufel triumphierend ausruft: „Gewunnen!!“, wird es ganz finster, Donner begleitet ein Erdbeben. Die Soldaten laufen schreiend davon.

Ein unsichtbarer Chor verkündigt singend: „Christ ist erstanden! Christ in Wahrheit erstanden. Christ ist vom Tode in Wahrheit auferstanden. Halleluja!“ Grelles Licht fällt auf das offene Grab. Da schreit der Teufel: „Flüchti is er mir wordn, auf und davon in`n Himmel nauf zu seiner Engelbagage!“ Wütend hackt er sich mit einem Beil den Schwanz ab, während die Komödie mit dem „Jubilate Halleluja“ ausklingt.

 

 

Himmelfahrt

Der moderne Mensch fragt, in welchen Himmel denn Christus aufgefahren ist.

In den nahen Himmel, in dem die Sputniks kreisen, oder in den fernen Himmel, dessen Sterne Milliarden Lichtjahre von uns entfernt sind? Auf diese Frage müssen wir antworten: in keinen von beiden, denn Himmelfahrt bedeutet nicht Entrückung in einen fernen, über der Erde liegenden sichtbaren Ort. Die Erwartung, man könnte je mit einem Weltraumschiff den Himmel Gottes erreichen, beruht auf dieser Vorstellung.

Gewiß haben mittelalterliche Menschen den Thon Christi über den Wolken gemalt. Aber sie haben damit nichts anderes getan, als sich in dem Weltbild ihrer Zeit deutlich zu machen, daß Christus der Herr der Welt ist! Dabei haben sie sicher auch gewußt, daß diese Bilder nicht Darstellungen der erfahrbaren Wirklichkeit, sondern Ausdruck ihres Glaubens sind. Wir könnten unseren Glauben heute nicht mehr in diesen Bildern ausdrücken, denn für uns ist die Welt unendlich groß und unendlich vielgestaltig geworden.

Aber wir müssen auch den Menschen unserer Zeit sagen, was Himmelfahrt für uns bedeutet. Wie fangen wir das an? Wir fragen zunächst, was Bewegung nach oben bedeutet, wenn wir sie ihrer räumlichen Vorstellung entkleiden. Bewegung nach oben bedeutet Machtzuwachs. Die Menschen streben zu allen Zeiten nach oben. Die oben sitzen, haben mehr zu sagen, als die unten sind. Das Wort eines Staatsoberhauptes gilt mehr als das Wort eines Bürgermeisters. Wenn wir Himmelfahrt feiern, bekennen wir: Christus hat in der Rangordnung der Macht den obersten Platz eingenommen: Ihm ist alle Gewalt gegeben im Himmel und auf Erden.

In eigenartiger Weise ist Himmelfahrt Weggehen und Nahekommen zugleich. Himmelfahrt entfernt sich Christus aus dem Gesichtskreis seiner Jünger. Seit Himmelfahrt können sie mit ihren Fragen nicht mehr einfach zu ihm hingehen wie sie das vorher tun konnten, seitdem können sie sich aus dem Schrecklichen, das ihnen widerfährt, nicht mehr einfach in seine körperliche Nähe (in seine Arme) retten, wie sie das vorher taten. Eigentlich müßten wir erwarten, daß die Jünger über diesen Abschied Trauer und Bestürzung befällt. Wenn das nicht geschieht, sondern im Gegenteil von ihnen berichtet wird, daß sie mit Freude nach Jerusalem zurückkehren, so kann das seine Ursache nur darin haben, daß sie dessen inne werden: Er ist bei uns alle Tage bis an der Welt Ende. Seine Nähe ist innerer, nicht äußerer Art. Sie wird mit dem Herzen, nicht mit den Sinnen erfahren, ist aber darum nicht weniger gewiß.

Erfahrungen dieser Art haben Christen zu allen Zeiten gemacht. Sie sind der Nähe ihres Herrn inne geworden, obgleich sie ihn nicht sahen, sie haben nicht gesehen und doch geglaubt. Erfahrungen von Herzen zu Herzen machen wir auch im innermenschlichen Bereich. Die Seele eines andern können wir nicht sehen, und doch weiß jeder, daß wir ihrer inne werden können.

Wie kann man das Ereignis von Himmelfahrt (äußeres Weggehen und inneres Nahekommen) in einem Bild unserer Zeit ausdrücken: Am Beginn der Schlußveranstaltung eines Kirchentages standen Menschen weit hinten und sahen vorn auf der Tribüne einen Pfarrer reden. Sie sahen ihn reden, aber hörten ihn nicht. Wegen des heftigen Windes hatte man die Mikrophone ausschalten müssen. Da erhob sich ein Sprechchor: „Wir hören nichts, wir wollen auch hören!“ Auf dieses Rufen hin verließ der Redner sein Pult und entschwand den Blicken. Bald darauf aber hörten ihn alle. Er war in eine Rundfunkkabine gegangen und von dort aus erreichten seine Worte über die Lautsprecher auch den letzten in der großen Versammlung der Gläubigen. Jetzt war es umgekehrt, jetzt sah man ihn nicht mehr, hörte ihn aber.

So ist Himmelfahrt. Der irdische Jesus wurde von seinen Mitmenschen gesehen, konnte mit seiner Stimme aber nur einen beschränkten Kreis von Menschen im Raume Palästinas erreichen. Zu Himmelfahrt ist er unserem Gesichtskreis entschwunden und in die „Funkkabine“ Gottes gegangen. Von dort aus dringt sein Wort durch alle Völker und Zeiten. Auch die letzten können ihn hören. Wie sehen ihn zwar nicht, aber sein Wort ist uns nahe. Seit Himmelfahrt gilt: „Wo zwei oder drei versammelt sind in meinem Namen, da bin ich mitten unter ihnen!“

 

Aus der Sicht eines Alttestamentlers:

Dem Menschen des Alten Testaments graute vor dem Tod, denn aus seinem räumlichen Verständnis seiner Welt sah er sich nun im Hinabsinken in das Totenreich noch weiter von Gott getrennt. „Wer wird dir bei den Toten danken?“ (Ps. 6.6), war die bewegende Frage der Menschen.

Dazu kommt der Gedanke auf, der genau genommen mit Tod und Auferstehung so gut wie nichts zu tun hat, der Gedanke an eine Entrückung zu Gott. Menschen „hin­wegzunehmen“, sie zu „entrücken“. Darunter versteht die

die Schrift den leiblichen Übergang eines Menschen aus dieser Welt in eine andere, ohne daß der Tod dazwischentritt. In der Umwelt des Alten Testaments war diese Vorstellung bekannt, vor allem in Babylonien, später auch in Griechenland. Die Götter - so meinte man - können hervorragende Menschen den Göttern gleichmachen und sie zu sich entrücken.

Im Alten Testament wird das von Henoch und Elia gesagt. Hinter diesen Geschichten steht der Glaube, daß Gott noch über andere Lebensräume verfügt und noch andere Wege und Möglichkeiten hat, Menschen aus dieser Welt zu nehmen. Es ist ein Glaube, der es Gott zutraut, daß er die Freiheit hat, seine eigenen Wege mit einem Menschen zu gehen - selbst unter Umgehung des Todes. Es ist der Glaube an einen Gott, der in seinem Handeln an dem Menschen nicht ein für alle Mal gebunden und festgelegt ist.

 

Aus der Sicht eines Neutestamentlers:

Himmelfahrt ist keine Weltraumfahrt. Da wir in der deutschen Sprache nicht zwischen dem Wolkenhimmel und dem „Himmel“ als göttlichem Bereich unterscheiden, kommt zur weltbildmäßigen Schwierigkeit noch das sprachliche Hindernis hinzu. Es wird erhöht dadurch, daß die Juden das Symbolwort „Himmel“ als Umschreibung für Gott benutzen (Himmelreich = Reich Gottes)

Der Evangelist Lukas faßt mit dem Wort „Aufnahme“ das ganze Geschehen zusammen, das wir in die Vorgänge Passion, Auferstehung, Erhöhung, Himmelfahrt als Stationen auseinanderlegen. Gott nimmt ihn auf - das ist „Himmelfahrt“. „Eine Wolke nahm ihn vor ihren Augen weg“ - damit steht nicht das Verhülltwerden in einer Wetterwolke im Vordergrund, sondern damit wird bildhaft ausgesagt: Gott nimmt ihn zu sich; er geht in den Himmel: er geht zu Gott, der sich ihm öffnet. Von Gott aufgenommen, ist er mit ihm gegenwärtig bei denen, die seinen Namen anrufen.

 

Unsere Sprache kennt eine Fülle von Bildern, die alle dem Raum entnommen sind, obwohl sie auf etwas ganz anderes als Räumliches deuten. Wir sagen „hoch“ und „niedrig“ und meinen damit sehr oft einen moralischen oder gesellschaftlichen Rang, ohne auch nur entfernt an die Dimension des Raumes zu denken. Wir sprechen von hoher und niedriger Gesinnung, von Oberflächlichkeit und Tiefsinn. Wir rühmen einem Menschen nach, daß er einen weiten Horizont habe. Immer meinen wir etwas völlig Unräumliches, aber sehr Reales. Aber bei dem Wort „Himmelfahrt“ scheint unser natürliches Sprachgefühl sehr oft zu versagen. Wir tun so, als feierte die Christenheit so etwas Ähnliches wie eine Weltraumfahrt in einen räumlichen Teil des Universums, den wir Himmel nennen.

Aber von Anfang der Christenheit an kann man auch das andere feststellen, daß nämlich der Himmel nicht als ein Raum, sondern als eine Seinsweise verstanden wurde, die sich zwar von unserer irdischen Seinsweise unterscheidet, aber nicht kraft einer unermeßlichen Entfernung, sondern kraft einer völlig unvorstellbaren neuen Qualität.

Die Himmelfahrt Christi bedeutet das genaue Gegenteil von einer Entfernung von der Erde. Die Himmelfahrt Christi ist Übergang von der irdischen in die himmlische, von der zeitlichen in die ewige Seins weise. Sie bedeutet in Wirklichkeit, daß Jesus Christus sich keineswegs von uns entfernt, sondern im Gegenteil uns so nahe ist, wie wir selbst uns einmal nahe sind. Denn das Ewige und Himmlische ist uns ganz nahe, so nahe, daß man eigentlich nur sagen kann: Es trifft uns inwendig!

Lange bevor wir unsere menschlichen Erkundungsfahrten in den Weltraum unternahmen, hat die Himmelfahrt Christi erwiesen, daß der Himmel Christi keineswegs im Weltenraum zu suchen ist. Denn er ist überhaupt kein Ort! Er ist kein Ort, sondern ein Zustand, eine Seinsweise, reine Qualität.

Jesus Christus ist uns so nahe, daß jedes Atom und jeder Augenblick durchwaltet sind von seiner Gegenwart. Wir schmecken nicht nur Erde, nicht nur Grauen, Hilflosigkeit und Tod, sondern durch alles hindurch schmecken wir die Güte und die Glut des ewigen und himmlischen Lebens. Denn wir haben Anteil an Jesus Christus. Kraft dieser Gewißheit haben wir es nicht nötig, uns über unseren irdischen Zustand hinwegzutrösten. Wir vertrösten uns nicht - wir sind getrost, und das mitten in der Veränderlichkeit und Vergänglichkeit unseres irdischen Daseins. Wir trauern nicht einem Christus nach, der sich entfernt hat, sondern jubeln dem zu, der uns unvorstellbar nahe ist. Das ist Himmelfahrt!

 

 

Anspiel zu Himmelfahrt

1 Reporter, 2 andere Erwachsene, 1 Jugendlicher, 1 Kind

Ein Erwachsener und das Kind sitzen auf einer Bank, während der Reporter mit dem Jugendlichen spricht.

 

Reporter:

Christi Himmelfahrt!? Jesus ist aufgefahren in den Himmel - das versteht ja heutzutage kein Mensch! Aber der Sache will ich auf die Spur kommen. Eine nette kleine Reportage - das ist genau das, was ich noch gebrauchen kann Hallo - warten Sie mal einen Augenblick!

1. Erwachsener:

Ja - Was ist denn?

Reporter:

Ich würde ganz gern mit Ihnen über das Fest Christi Himmelfahrt sprechen. Was verbinden Sie mit diesem Fest?

1. Erwachsener:

Christi Himmelfahrt - Haben wir da nicht frei? Ach ja - Vatertag! Tolle Sache, wenn ich an unsere letzte Vatertagstour denke...! Aber jetzt muß ich gehen ... Auf Wiedersehen! (Erwachsener entfernt sich).

Reporter:

Christi Himmelfahrt - Vatertag - nein, das kann es auch nicht sein. Sie kommen gerade richtig!

Jugendlicher: Meinen Sie mich?

Reporter:

Ja - ich möchte eine Reportage zum Fest Christi Himmelfahrt machen. Können sie mir da ein wenig behilflich sein?

Jugendlicher:

 Christi Himmelfahrt? .. Ich weiß nicht so recht ... Christi Himmelfahrt? Ich glaube, Jesus ist in den Himmel aufgefahren.

Reporter:

In den Himmel aufgefahren? Etwa mit einer Rakete? Können Sie mir das mal etwas näher erklären! Das verstehe ich so nicht!

Jugendlicher:

Natürlich nicht mit einer Rakete! Die gab es vor 2000 Jahren noch nicht! Na - die Jünger standen bei Jesus und plötzlich kam eine Wolke und Jesus verschwand!

Reporter:

Das ist ja alles merkwürdig!

2. Erwachsener.:

Hallo, ich habe etwas von ihrem Gespräch mitgekommen. Christi Himmelfahrt, das müssen wir uns etwa so verstellen: Jesus ist in den Himmel aufgenommen worden, aber der Himmel ist überall - überall um uns herum ...

Kind:

Genau! Darüber haben wir auch in der Schule gesprochen. Gott ist nicht irgendwo im Himmel, in den Wolken, nein, er ist mitten unter uns.

Reporter:

Du meinst, Jesus ist nicht in den Himmel dort oben (zeigt nach oben) aufgefahren, er schwebt also nicht irgendwo über uns ...

 

 

Kind:

Nein, natürlich nicht! Der Himmel Gottes ist viel, viel größer. Er ist unendlich viel größer als wir es uns vorstellen können!

2. Erwachsener:

Stimmt! Wir können ihn war nicht sehen, aber vielleicht fühlen - in mir (zeigt auf das Herz)

oder um uns herum!

Kind:

Gott ist immer da, um uns, mit uns, in uns, bei uns - wenn wir an ihn glauben!

Reporter: Also ... Jesus ist ganz nah bei Gott ... und er ist überall: zu Hause, in der Schule, bei der Arbeit ...

2. Erwachsener: Ja ... auf der Straße, wenn wir Menschen aufeinander zugehen ...

Kind:

 ... wenn wir uns freuen, zusammen etwas unternehmen ...

Reporter:

Also - dieser Himmel, in den Jesus aufgefahren ist, dieser Himmel ist nicht weit weg, dieser Himmel ist da, wo es gut ist, da wo wir so leben, wie Jesus es uns gezeigt hat, wo wir ein offenes Herz haben und an Jesus glauben!

Jugendlicher:

Das war ja interessant! Wir sagen ja auch, ich fühle mich „wie im Himmel", wenn wir etwas ganz Schönes erleben, wenn es uns gut geht, wenn wir uns freuen...

2. Erwachsener:

 ... und diesen Himmel sollen wir erfahrbar machen, indem wir vielen Menschen von Gottes unendlich großer Liebe erzählen - eben vielen Menschen ein Stück Himmel auf Erde ermöglichen.

Reporter:

Vielen Dank! Sie haben mir sehr geholfen! Ich glaube, es ist sehr schwer, das alles zu beschreiben, besser ist es, Menschen von Gottes Liebe zu überzeugen, seine froh machende Botschaft zu erzählen und so zu leben, daß viele Menschen sie spüren und sich freuen, daß sie sagen „Dich schickt der Himmel“ ... Danke! Auf Wiedersehen!

           

Pastor:

„Himmel“ beginnt, wo wir Gott begegnen. Christus nimmt nicht Abschied von der Erde bis zur Wiederkehr. Er ist auf neue Weise gegenwärtig: Herr und Gott für die Menschen aller Länder, aller Zeiten, aller Rassen und Generationen. Himmel ist nicht die Bezeichnung eines Ortes, sondern einer Beziehung: Christus ist wieder beim Vater zu seiner Rechten.

Auch für uns beginnt der Himmel auf Erden. Der Himmel ist da, wo wir Gott begegnen und bei ihm sind: Dies geschieht überall dort, wo wir liebe, Freude und Glück schenken und erfahren, nicht zuletzt in unserer Familie. Der Himmel, das letzte Glück, ist jedoch nicht ganz da. Aber wir können den Himmel schon ein wenig aufgehen lassen.

Wir beginnen diesen Gottesdienst: Im Namen des Vaters ... Kyrie:

Erwachsener:

Gott will nicht in einem fernen Himmel wohnen, Gott will bei uns sein. Dieser Himmel ist mitten unter uns: hier in der Kirche, zu Hause, unter uns Menschen. Oft übersehen wir diesen Himmel, er bleibt unseren Augen verborgen. Öffnen wir unsere Augen, damit wir ihn erkennen.

 

 

 

Johannistag

Sonnenwendfeiern haben einen heidnischen Ursprung und werden von Neu-Heiden noch heute weltanschaulich ausgeschlachtet. Christen begehen stattdessen den Johannestag und zünden aus diesem Grund das Feuer an. Der Sommeranfang ist zwar schon am 21.Juni, Johannistag dagegen erst am 24. Juni. Aber es ist doch deutlich: Hier hat die Kirche ein altes heidnisches Fest umgedeutet.

Grundlage dafür sind Bibelstellen wie Lk 1,26 und 36, die davon reden, daß Johannes der Täufer sechs Monate früher als Jesus geboren wurde. Da aber der Geburtstag Jesu auf der 24.Dezember festgesetzt wurde, mußte notwendigerweise der 24.Juni zum Geburtstag des Johannes werden.

Das Fest liegt im Kreislauf des Jahres dem Weihnachtsfest genau gegenüber. Der Spruch dieses Festes ist das Selbstzeugnis des Täufers im Blick auf Jesus: „Er muß wachsen, ich aber muß abnehmen! Das hat man dann mit dem Ablauf der Natur verbunden: Mitte Juni hat das Jahr in der Natur seine Höhe erreicht. Die Lichtfülle nimmt nun wieder ab bis zur Dunkelheit der Wintersonnenwende. Aber gerade in dieser dunklen Zeit feiern wir das Fest der Geburt Jesu Christi, der als Licht der Welt alle Dunkelheiten aufgehellt hat.

Der Johannestag ist deshalb ein Christusfest und erhält die weiße liturgische Farbe. Das Lied des Tages stellt in schlichter Weise das Wesentliche an der biblischen Gestalt des Täufers heraus.

In Ostthüringen und Sachsen begeht man zu Johannis das Gedächtnis  der Toten. Dazu schmückt man die Gräber mit der Blütenpracht des hohen Sommers. Inmitten der Lichtfülle des Sommers wird man so daran erinnert, daß unser Leben unter dem Gesetz des Abnehmens steht. Oft sammelt sich die Gemeinde dann abends auf dem Friedhof. Die Menschen stehen an den Gräbern, die Posaunen blasen, die Andacht beginnt. Inmitten der Grabstätten singen und beten sie unter freiem Himmel. Manche stehen auch ein wenig abseits und sind in Gedanken versunken. Viele haben Lichter mitgebracht und stellen sie auf die Gräber.

Aber auch freudige Bräuche haben sich um Johannis gerankt. Sie gehen auf vorchristliche Natur-Riten zurück. Aber uns Christen geht es nicht um einen „Feuerkult“, bei dem der Flammerschein einen Kreis in die Dunkelheit rundherum zeichnet und die darin stehenden aus der Finsternis heraushebt und in einem erhebenden Erleben zusammenfaßt .Wir denken an das Feuer des Heiligen Geistes, das Johannes angekündigt hat (Lk 3,16) und das die Gemeinde zusammenhält. Dieses Feuer strahlt Licht und Kraft aus, verzehrt alles Morsche. Es steckt an, es entzündet andere. Es führt zu Erweckungsbewegungen und treibt Herrscher zu echter Nächstenliebe.

 

 

Peter und Paul

In meinem Kalender stehen die beiden Namen neben dem Datum des 29. Juni. Manchmal steht auch noch „Aposteltag“ daneben. Daraus kann auch der, der nicht gleich darauf gekommen ist, sehen, daß es sich um einen Gedenktag für die beiden Apostel und Petrus handelt. Beide sind Boten des Herrn Jesus Christus. Beide zogen durch das Land und richteten den Menschen aus, was Jesus ihnen aufgetragen hatte.

Aber wie verschieden waren die beiden, wie anders  war der Lebensweg des Petrus als der des Paulus! Der Fischer Petrus wurde schon ein Jünger, als der Herr Jesus am See Genezareth predigte. Paulus, der Schriftgelehrte wurde erst nach der Auferstehung Jesu in seinen Dienst gerufen.

 

Er ist Jesus sehr nahe, aber er macht durchaus nicht immer „alles richtig“ und hat Jesus sogar verleugnet. Und trotzdem will Jesus ihn zu seinem Boten haben. Überhaupt kommt Petrus so oft vor, daß man sich einen ganzen Lebenslauf zusam­men­stellen kann. Auch Paulus, der sein erbitterter Feind war, sucht er sich aus. Wie aus einem Gegner ein Jünger, aus dem Saulus der Paulus wird, das steht in der Apostelgeschichte 9

 

Albrecht Dürer hat die beiden Apostel dargestellt. Auf den beiden Bildtafeln sind vier Apostel zu sehen: auf der ersten Johannes und Petrus, auf der zweiten Markus und Paulus. Auf den ersten Blick ist die Gruppe eine geschlossene Einheit. Fast sieht es aus als umschließe sie alle das gleiche faltenreiche Gewand der beiden Männer im Vordergrund. Sicher ist das nicht ohne Absicht so gemalt. Was die vier verbindet. ist der gleiche Herr, der gleiche Auftrag.  Aber wie verschieden sind die Gesichter! Links im  Vordergrund Johannes,  der Jünger, den Jesus besonders lieb hatte, und den die Maler gern als einen schönen jungen Mann darstellen. Rechts vorn Paulus. In der rechten Hand eine gewaltige Bibel, in der linken das Schwert. Diese Darstellung deutet auf das Wort im Epheserbrief hin: „Nehmt das Schwert des Geistes, welches ist das Wort Gottes“ (Eph 6, 17). Paulus hat in den Gerichtsverhandlungen, denen er ausgesetzt war, die Sache des Evangeliums sehr gut und klug zu verteidigen gewußt. Aber hat sie nicht nur verteidigt, er hat auch für sie gelitten. Nach dem Bericht der Väter ist er im Jahre 64 unter der Christenverfolgung des Nero in Rom mit dem Schwert hingerichtet worden.

Hinter Johannes, im Hintergrund der linken Tafel, ist Petrus zu sehen, ein alter Mann, der den Kopf gesenkt hält. Ob damit etwas von seiner Zwiespältigkeit ausgedrückt werden soll, die ihm Zeit seines Lebens so schwer zu schaffen machte? Aber gerade darum weiß er, wie es ist, wenn einem  Menschen Schuld vergeben wird. Und gerade ihm vertraute Jesus die christliche Gemeinde an: „Weide meine Schafe!“ Er trägt

auf unserem Bilde den großen Schlüssel  in der Hand zum Zeichen dafür, daß Jesus zu ihm gesagt hat: „Ich will dir des Himmelreichs Schlüssel geben, und alles was du

auf Erden binden wirst, soll auch im Himmel gebunden sein, und alles, was du auf Erden lösen wirst, soll auch im Himmel los sein!“ (Matth 16, 19).

Im Hintergrund der rechten Tafel sehen wir den Evangelisten Markus mit der Schriftrolle in der Hand. Nach alter Überlieferung hat Markus sein Evangelium auf Grund der Vorträge des Petrus verfaßt. Er hat auch Paulus und Barnabas auf deren erster Missionsreise begleitet.

Gerade die große Verschiedenheit dieser vier Männer hat vielleicht den Maler gelockt, sie darzustellen. Er wollte damit sagen: Seht, so verschiedene Leute kann der Herr Jesus als seine Boten brauchen. Und er hat sie in die Gewänder seiner Zeit gekleidet und damit aus der Vergangenheit in die Gegenwart gerückt. Wir können daraus ablesen, daß Gott zu allen Zeiten seine Boten braucht, auch heute.

 

 

Jakobi

Wenn auch alte Gewohnheiten und Sitten mehr und mehr im Schwinden begriffen sind, lohnt es sich doch, in vergilbten Büchern über Bräuche aus vergangener Zeit nachzulesen oder sich von Gewährsleuten biblischen Alters darüber erzählen zu lassen.

So begingen unsere Vorfahren am 25. Juli den Jakobstag oder, wie es auch hieß. „Jakobi“. Seinen Namen verdankt der Tag dem  Apostel Jakobus  - nach neutestamentlicher Überlieferung genau Jakobus dem Älteren. Näheres über diesen Jünger Jesu erfahren wir im Evangelium nach Markus (1, 19 und 20).

Die Bibelstelle in der von Fritz Hempel in die Umgangssprache der Gegenwart übertragenen Fassung lautet: „Nur wenige Schritte war Jesus weitergegangen, da sah er Jakobus, den Sohn des Zebedäus, und seinen Bruder Johannes; sie saßen im Boot und machten ihre Netze klar. Sofort rief er sie zu sich. Da verließen sie ihren Vater Zebedäus, der mit seinen Gehilfen im Boot war, und gingen mit Jesus!“

Der Apostel Jakobus, dieser ehemalige Fischer am See von Galiläa, galt auch als Schutzheiliger, und zwar als Korn-Patron. Mit der Zusage des Amtes habe er sich ausgelöst„ so erzählt die Legende, als die Bauern den Aposteln die Hüte pfändeten, weil sie das Kornfeld betraten.

Jakobus war auch in Thüringen als Schutzheiliger bekannt. Thüringischen Jakobus-Stätten sind: Die Jakobus-Figur, eine Leihgabe der Kirchengemeinde Rottenbach in den Sammlungen der mittelalterlichen Schnitzplastik in Eisenach, die Jakobus-Statue am Triangel des Erfurter Dorns sowie Glasfenster mit der Jakobus-Abbildung in der Erfurter Barfüßerkirche und in Arnstadts Liebfrauenkirche.

Zu „Jakobi“ versammelten sich in vielen Landgemeinden Thüringens die Erntearbeiter unter dem Geläut der Kirchenglocken frühmorgens um 5 oder 6 Uhr im Gotteshaus zu einer Erntebetstunde. Sie kamen in ihrer Arbeitskleidung und mit ihren Werk-  zeugen den Sicheln, Sensen und Rechen, um sich für die Arbeit einsegnen zu lassen.

Dazu wurden Sensen und Sicheln in alter Zeit - wenn auch nur sinnbildlich - am Eingang zur Kirche gewetzt. Rillen an den Sandsteinportalen der Gotteshauser sollen (beispielsweise in Kahla, Mühlberg bei Erfurt und Rohr bei Meiningen sowie Kloster Reinhardsbrunn) davon herrühren. Vom Gotteshaus aus gingen dann die Erntearbeiter auf das Feld zum Schnitt des Getreides. Und mit den Worten: „Nun wollen wir in Gottes Namen anfangen!“ oder „Will's Gott!“ oder ..Das walte Gott!“ begann zu „Jakobi“ die Ernte.

 

 

Schulanfang: Die Zuckertüte im Wandel der Zeit

Wieder einmal werden sie mit ernsten Gesichtern und großen Augen zum ersten Mal in ihrem Leben den Schulweg antreten, die ABC-Schützen oder wie immer man sie auch nennen mag. Aufgeregt werden sie alle sein; ängstlich die einen, neugierig, selbstbewußt und erwartungsvoll die anderen. Sie beginnen einen Lebensabschnitt. Von nun an prägen erste Pflichten und Aufgaben ihren Tagesablauf. Sie werden lernen müssen, mit Mitschülern und Lehrern umzugehen, müssen sich behaupten und Leistungen unter Beweis stellen. Ein alter Brauch soll den Schulanfängern diesen ersten Schritt in den Ernst des Lebens versüßen: die von den Eltern liebevoll ausgesuchte und mit vielfältigem Naschwerk gefüllte Zuckertüte.

Schulanfangsgeschenke gibt es schon lange. Bereits der römische Dichter Horaz bezeugt in seinen Satiren die Gabe von Zuckerwerk an Schulneulinge. Schon die alten Römer wußten also, was heute wissenschaftlich belegt ist: Süßigkeiten spornen nicht nur zum Lernen an, sie fördern nachgewiesenermaßen auch Leistung und Konzentrationsfähigkeit.

Der Brauch, die süßen Geschenke in eine bunte Tüte zu packen, ist noch nicht ganz so alt. Er fand Mitte des 19. Jahrhunderts von Mitteldeutschland aus weite Verbreitung. Die Ursprünge der Zuckertüte sind jedoch, wie so oft bei liebgewordenen Bräuchen, die man ganz selbstverständlich fortführt und pflegt, weitgehend in Vergessenheit geraten. Wer weiß heute denn noch, daß die Zuckertüte einstmals vom Zucker­tütenbaum gepflückt wurde?

Oder daß sie eine nahe Verwandte hat, die Storchentüte? Ähnlich wie die Zuckertüte hatte die Storchentüte eine Trostfunktion. Sie wurde, ebenfalls mit Zuckerwerk gefüllt, dem Kind geschenkt, wenn die Mutter ein neues Geschwisterchen zur Welt brachte und als Bezugsperson für eine Zeit ausfiel. Oft wurde die Storchentüte den Kindern auch als Mitbringsel des Säuglings präsentiert, der seinen Geschwistern damit eine Art Einstandsgeschenk machte. Seit Anfang des 20. Jahrhunderts gibt es die Storchentüte im Volksbrauchtum nicht mehr. - Dagegen fand die Zuckertüte immer weitere Verbreitung, bis sie Mitte des 20. Jahrhunderts den Alpenkamm überquerte. Seither werden die großen, bunten „Stanitzeln“ zum Beispiel auch österreichischen ABC-Schützen zum Schulanfang überreicht.

Ausgangspunkt des Zuckertütenbrauches ist der „Zuckertütenbaum“. Er wächst, so erzählt man den Schulanfängern, im Keller des Lehrers und hängt voll mit kleinen Tüten, die mit allerlei Naschwerk gefüllt sind. Welches Kind hätte da nicht mit freudiger Erwartung dem ersten Schultag entgegengefiebert? Den Baum bekamen die Kinder zwar nie zu Gesicht, wohl aber dessen „Früchte“, die Zuckertüten. Die Gaben wurden von Eltern oder Paten gestiftet und oft dem Lehrer anvertraut, der diesen süßen Anreiz dann über mehrere Tage hinweg an die Kinder verteilte.

Nicht nur in Deutschland sollte der Zuckertütenbaum den Schulanfängern den Übergang ins neue Leben schmackhaft machen. Noch heute finden ABC- Schützen in einigen Ortschaften der Provinz Groningen in den Niederlanden kleine wohlschmeckende Bäumchen auf ihren Tischen, die angeblich im Keller des Lehrers wachsen. Hier hat sich also ausnahmsweise das Bäumchen auf Kosten der Zuckertüte durchgesetzt. In Deutschland dagegen hat sich die Zuckertüte vom Zuckertütenbaum gelöst, der dann im Keller des Lehrers mehr und mehr in Vergessenheit geriet.

 

Übrigens: Nicht immer war die Schultüte mit Süßigkeiten gefüllt. Kinder ärmerer Familien fanden eher Bedarfsgegenstände in ihrer Tüte. Oft bekamen sie von ihren Paten zum Beispiel ein Paar warme Stiefel geschenkt, die für Zuckerwerk nur noch wenig Platz ließen. Bei wohlhabenden Familien wurde die Zuckertüte dagegen ihrem Namen immer gerecht. Dies ist auch ein Hinweis darauf, daß Zucker und Süßigkeiten nicht immer zu den für alle erschwinglichen Nahrungsmitteln gehörten. Zucker war lange Zeit ein Luxusgut, das unter Verschluß gehalten und nur zu besonderen Gelegenheiten hervorgeholt wurde. Und so konnte nicht aus jedem I-Dötzchen ein „Zucker­tütenfürst“ werden, als den sich Erich Kästner in seinen Erinnerungen beschreibt:

„Die vierte Bürgerschule in der Tieckstraße, unweit der Elbe, war ein vornehmes, düsteres Gebäude ... Herr Bremse setzte uns, der Größe nach, in die Bankreihen und notierte sich die Namen. Die Eltern standen dichtgedrängt an den Wänden und in den Gängen, nickten ihren Söhnen ermutigend zu und bewachten die Zuckertüten. Das war ihre Hauptaufgabe. Sie hielten kleine, mittelgroße und riesige Zuckertüten in den Händen, verglichen die Tütengrößen und waren, je nachdem, neidisch oder stolz. Meine Zuckertüte hättet ihr sehen müssen! Sie war bunt wie hundert Ansichtskarten, schwer wie ein Kohleneimer und reichte mir bis zur Nasenspitze! Ich saß vergnügt auf meinem Platz, zwinkerte meiner Mutter zu und kam mir vor wie ein Zuckertütenfürst ...“

 

 

Michaelistag

Der Michaelistag ist am 29.September. Dieser Tag ist genannt nach dem Engel Michael, der in der Offenbarung des Johannes vorkommt.

Engel aber werden nicht mehr ernst genommen. Man sagt noch „mein Engel“ und man „hört die Egel singen“. Aber sonst erscheinen sie nur auf Witzbildern. Auch in der bildenden Kunst sind sie immer mehr vermenschlicht, verniedlicht und oft verkitscht worden, sie sind zu Amoretten verfälscht worden.

 

 

Es gibt heute vier Typen von Darstellungen der Engel:

 

1. Putten: Kleine Kinder, niedlich und rund, durch Flügelchen zu Engeln gemacht. Die Bibel sagt davon nichts. Auf Weihnachtsbildern wird oft eire schwirrende Unzahl niedlicher kleiner Egel dargestellt. Aber in der Bibel steht Lk 2,13: „die Menge der himmlischen Heerscharen!“ Eine Heerschar aber besteht bestimmt nicht aus niedlichen kleinen Kindern.

 

2. Schutzengelbilder: Zwei Kinder gehen über eine Brücke, die übereinen Abgrund führt. Hinter ihnen geht der sie beschützende Engel.

Die bekannteste Bibelstelle dafür ist  Ps 91,11: „Er hat seinen Engeln befohlen über dir, daß sie dich behüten auf allen deinen Wegen!“ Aber die Geschichte von der Versuchung Jesu macht ja gerade deutlich, daß wir diesen Schutz nicht als etwas Selbstverständliches hinnehmen dürfen, sondern als eine Gnade Gottes. Es handelt

sich zudem um eine Spätform des Engelglaubers aus der nachexilischen Zeit. Man muß auch fragen: Hat bei einem Unfall der Schutzengel geschlafen? War der Unfall eine Strafe? Die Fragen nehmen dann kein Ende. An Bibelstellen sind noch zu erwähnen: Mt 18,10 (Schutzengel als Engel des Kindes), Apg12 (Befreiung des Petrus aus dem Gefängnis).

Wem die Engel aber wichtiger werden als Christus, der raubt Gott die Ehre. Die Gefahr ergibt sich wohl besonders in der katholischen Kirche, wo der Schutzengel  fast die Stelle eines Mittlers zwischen Gott und der Menschen einnimmt. Jesus hätte zwar die Engel zu seiner Hilfe herbeirufen können( Mt 26,53). Aber er verzichtet darauf, weil er nach Gottes Willen durch Leiden und Sterben hindurchmuß. Aber dadurch ist er auch der einzige Mittler zwischen Gott und den Menschen geworden. An ihn dürfen wir uns halten, nicht an die Engel, die doch nur Gottes Boten und Helfer sind und ohne ihn nichts darstellen.

 

3. Bilder von Todesengeln: Als „Seelenführer“,  besonders auf Kindergrabsteinen. Das aber ist ganz unbiblisch. Der Seelenführer, der die Seelen der Toten auf der Reise in die Unterwelt begleitet, ist aus der griechischen Religion. Aus der Bibel könnte man höchstens die Stellen aus der Offenbarung heranziehen, wo die Engel Zeugen und Vollstrecker des Gerichts Gottes sind.

 

4. Engelbilder nach biblischen Geschichten: Hier wären zu nennen die Paradieseserzählung und andere alttestamentliche Geschichten, die Weihnachts- und Auferstehungsgeschichten, die kämpfenden Engel aus der Offenbarung des Johannes (u.a. Michael). Aber solche Bilder sind immer am biblischen Befund zu prüfen. Die ältesten Darstellungen zeigen die Engel als Jünglinge und bärtige Männer. Erst später werden ihnen Flügel zugedacht, weil sie ja vom Himmel zu den Menschen kommen sollten. Schließlich werden sie im 15. Jahrhundert zu Frauen und Kin

 

Das Wort „Engel“ ist ein  Sammelbegriff, der alle himmlischen Wesen zusammenfaßt. Das Wort stammt aus dem Griechischen (angelos), wo es den Boten bezeichnet. In der Bibel gehören zu den Engeln aber nicht nur die Gottesboten, sondern auch die Cheruben und Seraphen, die den himmlischen Hofstaat bilden. Allerdings hat der Hofstaat keine eigenständige Bedeutung, sondern er soll nur die umfassende Macht Gottes verdeutlichen. Aber diese Vorstellungen von einer stufenweise geordneten himmlischen Welt entspringen frommer Spekulation und sind mit dem antiken Weltbild vergangen.

 

Engel drücken die Zuwendung Gottes zum Menschen aus, die uns aber nicht zur Fahrlässigkeit verleiten darf. Entscheidend ist die Botschaft und Gott, der hinter ihr steht. Nach der altorientalischen Botenvorstellung ist der Bote nicht mit dem Herrn identisch, er repräsentiert ihn aber vollgültig. Auch in Israel ist der Bote nicht Gott, sondern Geschöpf. Die Rede von den Engeln verdeutlicht, wie Gott unsere menschliche Welt berührt.  Aber Christ wird man nicht durch Engelglauben, sondern durch die Anerkennung Jesu Christi.

 

Die Engel als Boten Gottes:

Wenn diese Engel als die starken Boten Gottes (Ps 103,20) zu den Menschen geschickt wurden, dann  erschraken diese und empfanden das Geschehen als Gottesbegegnung. Eine gewaltige Kraft muß von ihnen ausgegangen sein. Die Propheten haben versucht, sie zu beschreiben: Sie sprechen von leuchtenden Gestalten, zum Teil auch von Flügeln. Aber was sie sagen, geht eigentlich über unsere Vorstellungen hinaus.

im Alten Testament allerdings bezieht sich der Begriff „Bote Gottes“ nicht nur auf himmlische Wesen. Durch Boten will Gott mit der Welt in Kontakt kommen. Der Bote tritt dabei ganz hinter der Botschaft zurück. Deshalb können auch Menschen und selbst die Natur zu Boten Gottes werden (Ri 5,23 und Mal 2,7 und Ps 104,4). Gott ist also in unserer Welt durch Boten am Werk. Ein solcher Bote könnte auch unser Nachbar sein. Und wem wir manchmal sagen: „Du bist ein Engel!“ dann können wir das ruhig ernst nehmen. Wir sollen also nicht zum Himmel schauen, ob da vielleicht ein Engel erscheint, sondern in unsere Welt und auf unsere Mitmenschen; dann werden wir entdecken, wo Gott am Werk ist und was er uns zu sagen hat .Es ist also nicht heilsnotwendig, mit der Existenz der Engel zu rechnen.

Das schließt nicht aus, daß manche Boten  auch in überaschender  und unerklärlicher Weise erscheinen können. Aber dazu brauchen sie keine Flügel  zu haben. Früher stellte man sich Gottes Wohnung im Himmel über den Wolken vor. Vor dort mußten die Engel aber irgendwie zu den Menschen gelangen. Deshalb mußten sie nach damaligen Vorstellungen Flügel haben. Ein Blick in die Bibel zeigt uns aber wichtigere Dinge.

Wir betrachten die Stellen  Lk2, 26-30.38 und Mk 16,5-6 und 1.Mose 21,17-19 und Ps 34,8 und stellen uns die Fragen: Was tut der Engel? In wessen Auftrag handelt er? Wo kommt er her? Wo geht er hin? Wie sieht der Engel aus? Wie verhalten sich die Menschen beim Erscheinen eines Engels?

Dabei stellt sich heraus, daß zwei Dinge besonders wichtig sind: Was der Engel tut, nämlich daß er eine Botschaft überbringt, und in wessen Auftrag er es tut, nämlich im Auftrag Gottes. Andere Dinge sind unwichtig, nämlich das Aussehen, woher die Engel kommen und wohin sie gehen.

Wichtig ist die Botschaft der Engel. Wir können das mit einem Postboten vergleichen. Bei ihm ist nicht wichtig, ob es ein Mann oder eine Frau ist, ob er eine Uniform hat oder welche. Wichtig ist allein der Brief oder das Geld, das gebracht wird. So sind auch die Engel die Boten Gottes, die eine wichtige Botschaft zu überbringen haben.

Wir können die Aufgaben der Engel auch folgendermaßen gliedern:

 

1. Kerygmatische Funktion: Sie proklamieren die Botschaft Gottes, vor allem das, was dem Auge und dem Ohr des Menschen verborgen ist  Beispielhaft wird das deutlich an der Weihnachtsgeschichte Lk 2.

 2. Hymnische Funktion: Mit dem dreifachen Heilig-Ruf in Jesaja 6 erschallt der Lobpreis Gottes, der nicht nur der Gott des Himmels, sondern auch die Erde preist. In diesem Lobpreis sind die Engel Gott besonders zugewandt und verherrlichen ihn.

3. Diakonische Funktion: Die Engel sind auch den Menschen zugewandt, sie sollen ihn im Auftrag Gottes behüten (Lots Errettung, Hilfe für Elia, Gespräch mit Hagar am Wasserbrunnen).

4. Militante Funktion: Das Buch der Offenbarung des Johannes steht ganz im Zeichen des Kampfes zwischen göttlicher und widergöttlichen Mächten. Hier spielt der Erzengel Michael eine führende Rolle (Offb 12,7-12).

So können wir auch heute die Engel verstehen als die guten Mächte, die dem Menschen helfen, den Kampf gegen das Böse zu bestehen. Wir wissen, daß wir oft gemein und garstig, zornig und verdrossen sind, ohne daß wir das eigentlich wollten. Nun dürfen wir aus der Bibel hören, daß der entscheidende Kampf schon stattgefunden hat: Gottes gute Mächte haben über die bösen Mächte gesiegt. Der Sieg gehört Gott und die Macht Jesus Christus. Natürlich brauchen wir keine Angst vor einem Drachen zu haben.

Aber wir haben Angst vor anderen Menschen,  vor ihren häßlichen Worten, vor einer scheußlichen und giftigen Bosheit.  Der Michaelistag will uns daran erinnern, daß Gott uns dann nicht allein läßt.

 

Bilder:

1.Der Michaelskampf

Senkrecht aus der Tiefe steigt der Drache empor. Mit seinen starken Vorderfüßen hat er schon die Kante der Mauer erreicht. Er setzt an zum letzten, entscheidenden Angriff. Noch ein Ruck, und der weit geöffnete Rachen mit dem furchtbaren Gebiß wird zufahren. Michael aber steht mit Gelassenheit auf seinem exponierten Posten, ein straffer und mannhafter Kämpfer. Ohne Furcht und ohne Hast sieht er den

Feind zum Angriff ansetzen. Im gefährlichsten Augenblick, wo aber der Drache auch am verwundbarsten ist, stößt er ihm mit ruhiger Sicherheit den mit beiden Händen geführten Speer in den offenen Rachen.

2. Engel, von Harry Franke:

Wir sehen keine Engelsgestalt. Wir entdecken höchstens Andeutungen von Köpfen und Flügeln, aber alles so, daß es nicht eindeutig greifbar ist. Die Engel sind zwar Geschöpfe Gottes, aber es wird darauf verzichtet, einer bestimmten Gestalt Ausdruck zu verleihen. Die Menschen  unten bilden einen kleinen Reigen von Männern und Frauen, sehr breitbeinig und fest auf ihrer Erde, aber winzig und unbedeutend  vor den großen Bewegungen über ihnen. Keiner der Menschen ist besonders herausgehoben, sie sind Menschen wie du und ich, der moderne Massenmensch genauso wie irgendein Mensch im Laufe der Zeiten.

Das Gewirr von Linien über den Menschen ist in Wirklichkeit eine einzige Linie, klar zu entziffern. Was hier geschieht, das geschieht nicht durcheinander, sondern bildet ein Ganzes. Die Linien gehen von oben nach unten und von unten nach oben. Sie kehren immer wieder um, den Menschen treffend, dann wieder schützend. Die Engel stellen gewaltige Kräfte dar, die sich zwischen Gott und den Menschen bewegen (Gott, der die Mitte bildet und sie sendet, ist hier allerdings nicht dargestellt). Der Mensch steht klein und erschrocken da, aber er wird doch auch getröstet, angerufen und geführt von Gottes dienstbaren Geistern.

 

 

Erzählung:

In einer Großstadt des Ruhrgebietes schlug die Uhr eines Kirchturmes gerade die Mittagsstunde, und gleich darauf begannen alle Glocken zu läuten. Da hielt auf einer sehr belebten Straße ein schwerer Lastzug mit drei Zementsilos. Der Fahrer hatte die Handbremse angezogen, war mit dem Beifahrer ausgestiegen und verhandelte nun etwa fünfzig Meter weiter an einer Baustelle mit dem Polier über das Abladen. Die Sonne schien, Kinder spielten auf den Bürgersteigen, und Mütter schoben ihre Kleinsten im Sportwagen durch die Straßen. Der Motor des Lastzuges lief noch.

Plötzlich gab es einen Ruck, und der Wagen setzte sich in Bewegung, erst langsam und dann, da die Straße ein ziemliches Gefälle hatte, immer schneller und suchte sich, führerlos, seinen Weg mitten durch die Großstadt. Von Sekunde zu Sekunde steigerte sich die Geschwindigkeit. Die Menschen ringsum begannen zu rufen und zu schreien, aber keiner konnte helfen. Ein Beherzter, der aufspringen wollte, mußte seine Absicht sogleich aufgeben, da es bei diesem Tempo Selbstmord gewesen wäre. Die beiden Fahrer vernahmen ein Geräusch, drehten sich um und sahen dort, wo ihr Wagen gestanden hatte, nur einen leeren Platz.

Und 500 Meter weiter abwärts entwickelte sich die Katastrophe: Der Lastzug raste auf den Bürgersteig zu, aber so gespenstisch und lautlos, daß ein kleiner, etwa achtjähriger Bub, der eben seinen Bleistift aufheben wollte, ihn nicht bemerkte. Der Wagen rammte einen stählernen Lichtmast, zerwühlte eine Blumenanlage und kam schließlich an der Betonwand einer Tankstelle zum Stehen.

Sofort wollten herbeieilende Passanten den Jungen, der unter dem Auto eingeklemmt war, herausziehen. Doch sie zuckten zurück. Durch den zersplitterten Lichtmast stand der ganze Wagen unter Strom. Erst als jemand die Sicherungen entfernt hatte, konnte das Kind befreit werden. Ein Arzt war schnell zur Stelle, ebenso ein Krankenwagen und die Funkstreife der Polizei. Lange noch diskutierten aufgeregte Menschen am Unfallort und konnten sich nicht beruhigen.

Dann aber wurde die fast unglaubliche und erlösende Nachricht laut: Der Junge war fast unverletzt, er hatte nur unbedeutende Abschürfungen erlitten und einen harmlosen Armbruch. Als der Fahrer des Lastzuges das erfuhr, schlug er beide Hände vor's Gesicht. Er schämte sich nicht seiner Tränen, denn er selber hatte zwei Kinder im gleichen Alter. Dann sagte er: „Es heißt, Kinder hätten einen Schutzengel. Ich habe nie daran geglaubt, sondern immer spöttisch darüber gelacht. Jetzt glaube ich es nicht nur, jetzt weiß ich, daß Kinder die Lieblinge Gottes sind und einen besonderen Schutzengel haben!“

 

Engel im Unterricht:

Eine Behandlung der Engel im kirchlichen Unterricht ist notwendig, weil in vielen Kirchen und anderen kirchlichen Räumen sich Bilder oder Plastiken von Engeln befinden. Ebenso reden viele Kirchenlieder von Engeln. Also selbst wenn wir im eigenen Unterricht die Engel als Überbleibsel mythologischen Denkens aussparen, so lernen die Kinder sie doch an irgendeiner Stelle selbständig kennen. Sie werden sie stets als zu dem Bereich von Glauben, Bibel und Kirche gehörig einordnen.

Die Verkündigung der Engel darf aber nie „Selbstzweck oder gar Mittel zum Zweck, etwa Stärkung des Vertrauens und der Schutzgewißheit in den Kindern“ sein. Der zweite Gesichtspunkt ist Gottes Liebe. Aus Liebe läßt er die Engel der einzelnen Menschen und Gemeinden vor sich stehen und Fürbitte tun. Drittens sind die Engel ein Zeichen der Weisheit Gottes, der sich trotz der sündigen Menschen mit seinem Heilswillen durchsetzt. Und schließlich gehören die Engel zum gerechten und heiligen Gott, der durch seine Engel die Menschen zum Gericht heranholen läßt.

Erst wenn diese Gesichtspunkte abgehandelt sind, darf man zur Vorstellung vom persönlichen Schutzengel kommen, die dann auch den der Sache entsprechenden ernsten Hintergrund hat. Wir werden gewürdigt, durch unsere Engel vor Gott vertreten zu werden.

Wichtig ist allein die Botschaft, nicht der Bote. Zur Erklärung ziehen die Ausleger den Begriff  „Postbote“ heran. Doch dieser ist heute eigentlich ungebräuchlich geworden  Die Zustellung von Zeitungen und Briefen ist ein reiner Frauenberuf geworden. Man spricht von der „Briefträgerin“, mehr aber noch von der „Zeitungsfrau“. Das Wort „Bote“ ist heute nicht mehr so überaus häufig. Trotzdem erscheint es mir nach wie vor als günstigste Übersetzung des Begriffes „Engel“. Andere Möglichkeiten wären „Gesandter“ oder „Beauftragter“.

Die ausgesprochene Kürze der reformatorischen Bekenntnisse ist darin begründet, daß die Existenz der Engel gänzlich außer Frage stand, daß man sich daher nur gegen die katholische Engelverehrung wandte. Viel tiefgreifender ist aber, daß den meisten Menschen heute das Gefühl für das Transzendente verloren ging. Das ist keine Erscheinung des 20. Jahrhunderts, sondern Erbe der Aufklärung und des Rationalismus.

 

Zunächst müssen wir uns klarmachen, daß unser Begriff „Engel“ ein Sammelbegriff für eine ganze Reihe von himmlischen Wesen ist. Damit wird „Engel“ zu einem Gattungsbegriff. Doch genau mit dieser Anschauung kommt man in eine falsche Richtung. Schon bei Augustin steht zu lesen, daß Engel (angelus) die Bezeichnung des Dienstes (officium), nicht des Wesens (natura) dieser Geschöpfe ist.

Unser Wort „Engel“ kommt über das lateinische „angelus“ vom griechischen „angelos“. Im Hebräischen heißt das entsprechende Wort „mal'ak“. Alle drei Worte bedeuten „Bote“. Dabei ist besonders bemerkenswert, daß malak und angelos in gleicher Weise für Boten Gottes und für menschliche Boten Verwendung finden. Wenn also das Alte Testament von einem „malak“, beziehungsweise das Neue von einem „angelos“ spricht, dann liegt das Schwergewicht auf dem Botesein. Erst durch den Zusatz „Jahwe“ oder „Gott“ oder durch den Zusammenhang wird der Bote näher gekennzeichnet. Durch diesen Zusatz wird aber eigentlich auch nur etwas über den Auftraggeber des Boten, nichts jedoch über seine göttliche oder menschliche Natur ausgesagt.

Doch auch wenn von göttlichen Boten die Rede ist, setzt das nicht unbedingt überirdische Wesen voraus. Das geht ganz besonders deutlich aus dem Alten Testament hervor. Hier werden mit „Bote Jahwes“ nicht nur himmlische Wesen, sondern auch Menschen und die Natur bezeichnet. Das letztere ist Ps. 104,4 der Fall. Menschen - insbesondere Priester und Propheten - werden Hag 1,13 und Mal 2,7 „Bote Gottes“ genannt. Doch auch an den bisher meistens auf himmlische Wesen bezogenen Stellen Ri  2,1-5 und 5,23 sind Menschen als Boten Jahwes gemeint. Sogar das Volk Israel in seiner Gesamtheit kann ebenfalls als Bote Jahwes bezeichnet werden (Jes. 42,19)

Wir können also festhalten: Wenn wir von Gottes Boten, von seinen Engeln reden, dann sind damit nicht nur himmlische Wesen gemeint. Der Erwartungshorizont für Boten Gottes darf nicht auf übernatürliche Erscheinungen eingeengt werden. Gerade weil das meistens der Fall ist, fehlt vielen das rechte Verhältnis zu diesen Boten. Es ist für den heutigen Menschen, auch für unsere Kinder, von immenser seelsorgerlicher Bedeutung, daß sie nicht auf spektakuläre  außerweltliche Erscheinungen warten müssen, um eine Botschaft Gottes zu vernehmen. Es fragt sich, ob eine solche Botschaft überhaupt richtig vernommen würde. Wahrscheinlich käme es zu ähnlichen Mißdeutungen wie bei dem Wunder des Paters Malachias (vergleiche Bruce Marshall, „Das Wunder des Malachias“).

Gott sendet die jeder Zeit entsprechenden Boten. Damit wird nicht bestritten, daß einzelne Menschen Erfahrungen überirdischer Art gemacht haben; es ist aber ebenso möglich, daß ich einen Menschen, der mir begegnet ist, oder ein Ereignis, das mir widerfuhr, im Glauben als Bote Gottes ansehe. Diese Boten haben keine Uniform („Gottes Engel brauchen keine Flüge“). Das Zeugnis der Bibel verlangt von uns keine Spekulationen über den Himmel, wohl aber die Bereitschaft, mit Gottes Boten zu rechnen.

Bei den Gottesboten des Alten Testaments steht allein der Auftrag im Mittelpunkt, die Person des Boten, seine Tätigkeit vor oder nach dem Ausrichten der Botschaft spielen keine Rolle. Demgegenüber sind die Botengötter der Umwelt als Götter eng mit dem Mythos verbunden und werden auch göttlich verehrt.  Anders als die Malak-Gestalten sind Cheruben und Seraphen nur Übernahmen aus der Umwelt. Die Cheruben haben babylonische Vorbilder, die Seraphen haben über die feurigen beziehungsweise geflügelten Schlangen von 4. Mose 21,6-9; und 5. Mose 8,15 und Jes 14,29 und 30,6 Verbindung zu dämonischen Vorstellungen. Gegenüber den Malak-Gestalten ist ihre Bedeutung sehr gering. Sie dienen als Bilder der Macht und Herrlichkeit Gottes, haben aber keine theologische Bedeutung. Deshalb konzentrieren wir uns im Unterricht auf die eigentlichen Boten Gottes.

Im Neuen Testament häuft sich das Reden von den Engeln in den drei Kreisen des Christus-Geschehens: Geburt, Auferstehung (Himmelfahrt) und Wiederkommen. „In diesen drei Kreisen haben die Engelerscheinungen durchweg die Bedeutung, zu zeigen, daß Christus von Gott kommt, daß Christus zu Gott geht, daß Christus von Gott her wiederkommt“.

 

 

Lk 2,26-30.48

Mk 16,5-6

1. Mos 21,17-19

Ps 34,8

Was tut der Engel?

Er überbringt

Botschaft

Er überbringt Botschaft

Er überbringt Botschaft

Er beschützt

In wessen Auftrag

in Gottes Auftrag

In Gottes Auftrag

In Gottes Auftrag

In Gottes Auftrag

Wo kommt der Engel her?

    -

     -

Vom Himmel

 

Wo geht der Engel hin?

zum Himmel

      -

 

 

Wie sieht der Engel aus?

keine Gestalt, Licht

Junger Mann weißes Gewand

 

 

Verhalten der Menschen?

Furcht 

 

Furcht

 

Furcht

 

 

           

 

Fassen wir zusammen: Wenn in der Bibel von Engeln die Rede ist, dann sind zwei Dinge ganz wichtig (was der Engel tut, und daß er es im Auftrag Gottes tut). Andere Dinge kommen nur nebenbei vor, sind also unwichtig (das Aussehen der Engel, der Ort, woher sie kommen und wohin sie gehen).

Wichtig ist, daß der Engel im Auftrag Gottes handelt. Es gibt ein ganz bestimmtes Wort für Leute, die etwas im Auftrag anderer tun, die etwas ausrichten (Beauftragter, Bote, Botschafter).

Demgegenüber betonen die Menschen oft unwichtige Dinge. Zu diesen Nebensächlichkeiten gehören die Flügel, von denen wir gar nichts gelesen haben. Wir wollen überlegen, wie die Engel zu ihren Flügeln kamen. Dazu müßt ihr daran denken, wo man sich früher Gottes Wohnung dachte (im Himmel über den Wolken). Von dort aus mußten die Engel als Gottes Boten aber irgendwie zu den Menschen gelangen (mit Flügeln durch die Luft).  Diese Flügel sind richtig zum Kennzeichen der Engel geworden.  Wichtig sind sie aber nicht.

 

Zur Verdeutlichung dessen, daß Menschen Boten Gottes sein können, kann man auf die Redewendung „Du bist ein Engel“  verweisen, die besonders bei unverhoffter Hilfe benutzt wird. Warum sollte der andere nicht wirklich von Gott geschickt sein?! Es ist eine Sache der persönlichen gläubigen Interpretation, wo man Boten Gottes erblickt, keine objektiv beweisbare Sache. Auch das haben wir zu verdeutlichen. Das Zeugnis der Bibel lehrt uns, daß die Boten Gottes in ganz verschiedener Art und Weise auftreten.

 

Erzengel Michael:

Lange Zeit war „Michael“ der Modename wie ein Dutzend andere auch, gegeben meist ohne Kenntnis von Art und Wesen des Fürsten der himmlischen Heerscharen. Seine mächtige, aus schweren Granitblöcken herausgemeißelte Gestalt steht nach wie vor an der Frontseite des Leipziger Völkerschlachtdenkmals. Dennoch erinnert sich kaum ein Betrachter dieser Figur, daß in Michael der Schutzpatron der Deutschen verehrt worden ist. Verblaßt ist endlich sogar der „deutsche Michel“ als Kose- und Spottname, angewandt in der Bedeutung des Einfältigen, Gutmütigen, Schwerfälligen. Michael heißt  in der Bibel aber nicht irgendwer, sondern einer der großen Gottesboten.

Das Michaelisheiligtum schlechthin befindet sich auf dem über eintausend Meter hohen Monte Gargano auf der ins Adriatische Meer hinausragenden Halbinsel (dem Sporn des Stiefels Italiens). Die Legende berichtet von drei Erscheinungen des Michael dort und setzt sie in die Zeit von 490 bis 493. Wie in Bethlehem handelt es sich um Hirten, die einen entlaufenen Stier suchen. Der Erzengel wendet den auf das Tier abgeschossenen Pfeil auf den Schützen zurück. Ein bunter Geschichtenkranz rankt sich um diese Erscheinungen. Bis auf diesen Tag wird Michaels Fußspur in der Höhle gezeigt. Wer heute in die Erscheinungshöhle mit ihren prächtigen Altären eintritt, findet sie freilich, in üblem Zustande, vollkommen verschmutzt.

Wie anders bieten sich dagegen bis auf unsere Tage die beiden anderen Michaelheiligtümer dem Besucher dar, der Mont-Saint-Michel vor der Normandieküste und St. Michaels Mount an der Südwestspitze von Cornwall. Hier ist Michael schlichten Fischern, dort dem Bischof von Avranches erschienen. Jeder dieser zwei heiligen Orte ragt auf einem Felsenkegel aus der See empor, jeder ist ein meerumspültes Eiland, jeder eine wahrhaftige Glaubensburg mit gewaltigen Mauern und krönendem Kloster.

Bei der Holzplastik in der Jenaer Stadtkirche hat Michael nicht nur einen Speer, mit

dem er den Feind unschädlich macht: In der anderen Hand hat er ein Schwert und schwingt es hoch über seinen Kopf. Warum? Der Speer genügt doch, um den Drachen zu erledigen? Er hat den Speer in die linke Hand genommen; offenbar genügt das, um den Feind zu besiegen. Wenn wir etwas Wichtiges tun, nehmen wir das Werkzeug in die rechte Hand. Michael schwingt mit der rechten Hand das Schwert, mit der anderen wird wie nebenbei der Drache vernichtet?

In einem Brief schreibt Paulus: Ihr Christen, vergeßt nie, daß Gott euch im Lebenskampf hilft und euch auch dazu ausrüstet. Er gibt euch, was ihr braucht, und das Wichtigste ist das Schwert des Geistes, welches ist das Wort Gottes!“.

Das also will die Holzplastik sagen: Gott sorgt dafür, daß einer für uns streitet; sein Bote besiegt den bösen Feind. Aber wir brauchen für unser Leben noch mehr: Gottes Wort. In seinem Wort sagt Gott uns: „Ich gebe euch, was ihr braucht, was euer Leben schön macht, woran ihr euch freut!“ Vor allem: „Mein Sohn ist gekommen, hat gelebt wie einer von euch, trägt alles Leiden und stirbt für euch!“ Das ist das Größte: Ihr sollt leben!

 

 

 

Erntedankfest

Das Säuglingsexperiment Kaiser Friedrichs II.

Die Chronik des Salimbene von Parma aus dem Jahre 1268 berichtet:

„Friedrich II. von Hohenstaufen wollte die Ursprache der Menschen finden. Er glaubte, sie entdecken zu können, wenn beobachtet würde, in welcher Sprache Kinder zu reden anfangen, mit denen vorher niemand spricht. Und deshalb befahl er den Ammen und Pflegerinnen, sie sollten den Kindern Milch geben, daß sie an den Brüsten säugen möchten, sie baden und waschen, aber in keiner Weise mit ihnen schön tun und zu ihnen sprechen. Er wollte nämlich erforschen, ob sie die hebräische Sprache sprächen, als die älteste, oder griechisch oder lateinisch oder arabisch oder aber die Sprache ihrer Eltern, die sie geboren hatten. Aber er mühte sich vergebens, weil die Knaben und anderen Kinder alle starben. Denn sie vermöchten nicht zu leben ohne das Händepatschen und das fröhliche Gesichterschneiden und die Koseworte ihrer Ammen und Näherinnen!“

 

Was brauchen wir außer dem täglichen Brot noch zum Leben? (Für diesen Gesprächsgang sind die Pappen in Form von Broten vorbereitet worden. Die gegebenen Antworten werden auf diese Brotpappen geschrieben, zum Beispiel „Liebe“, „Verzeihen“, „Gemeinschaft“ ...)

Wir wollen jetzt zu den genannten Begriffen Sätze, biblische Sprüche, Sinnsprüche oder Worte suchen, die dem anderen zum Leben helfen können. Die Pappbrote werden in kleine Gruppen gegeben, jede Gruppe sucht zu dem darauf stehenden Begriff einen entsprechenden einfachen Satz, der auf die Rückseite des Brotes geschrieben wird. Die Brote werden anschließend eingesammelt, die Sätze vorgelesen und die Pappen an den Baum gehängt.

 

Erntedankfest  einmal anders

Nicht alle waren begeistert, als im letzten Jahr beim Erntedankfest der übliche Gabentisch mit Kürbissen und Krautköpfen in der Kapelle fehlte. Stattdessen sah man große Bilder einiger einheimischer Industriewerke, deren Erzeugnisse (in diesem Fall Werkzeuge) ebenfalls an einer Tafel angebracht und vor der Gemeinde aufgestellt waren. Nur ein Ährenstrauß stellte die Verbindung zum „täglichen Brot“, wie es draußen auf den Feldern wächst, her.

Der Gedanke war, daß den Menschen der Großstadt, die allenfalls noch ihren Schnittlauch im Topf auf dem Balkon ziehen, oft das rechte Verhältnis zu den Sorgen um Wachsen und Gedeihen, Regen und Sonnenschein zur rechten Zeit, Säen und Ernten fehlt. Aber sie sind deshalb nicht weniger abhängig.

Ohne Kraft und Gesundheit, ohne die notwendigen wirtschaftlichen Voraussetzungen, ohne Absatzmärkte für die Industrieprodukte, die sie herstellen, müßten sie genauso hungern, als wenn die Felder nicht getragen hätten. Das wollten wir deutlich machen. Es ging also nicht darum, die schwere Arbeit des Bauern zu vergessen und ihre Bedeutung für das ganze Volk zu verringern. Vielmehr sollte gezeigt werden, daß wir alle in Stadt und Land auf den Segen Gottes angewiesen sind, der auf unserer Arbeit liegen muß.

Der Gottesdienst stellte uns also in unseren Alltag hinein. Neben einem Verkündigungsspiel der Jugend und der Wortverkündigung können Zeugnisse von einigen Brüdern und Schwestern aus verschiedenen Berufen, von der Hausfrau angefangen bis hin zum Arzt stehen. Alle bezeugten, wie sie in ihrem Beruf Gottes Hilfe erfahren hatten und wofür sie besonders dankbar sein konnten.

Dabei dürfen aber nicht nur fromme Phrasen gedroschen werden, sondern ganz ehrlich ist außer von den Freuden auch von manchen Belastungen und Nöten zu berichten.

 

Gewiß, so wird man nicht jedes Jahr die Erntedankfeier gestalten können. Aber besonders unsere Großstadtgemeinden sollten sich doch überlegen, ob sie nicht einmal die Bedeutung des Erntedankfestes auf diese oder ähnliche Weise neu herausstellen und klarmachen könnten.

[Weiteres Material unter der Datei „Familiengottesdienst, Kirchenjahr“]

 

 

 

Reformationsfest

Wir basteln ein Reformationsspiel:

Zuerst schneidet ihr einen Zeichenkarton etwa in der Größe 32 x 32 Zentimeter. Darauf zeichnet ihr dann die Lutherrose nach nebenstehender Zeichnung mit den kreisrunden Spielfeldern. Dann braucht ihr nur noch einen Würfel, Figuren vom Halma­-Spiel, die Spielanweisung und ein bis drei Mitspieler. Die Spielanweisung drucken wir nachfolgend ab. Schneidet sie aus und klebt sie auf eine Pappe, damit ihr sie beim Spiel zur Hand habt.

 

Spielanweisung für das Reformationsspiel:

Der jüngste Spieler würfelt zuerst. Würfelt er eine Sechs, darf er die erste Figur einsetzen. Es darf dreimal hintereinander gewürfelt werden. Wunde die Sechs dann noch nicht getroffen, muß eine Runde gewartet werden. Dann darf nur einmal gewürfelt werden. Der Einsatz ist aber nur bei der Sechs erlaubt. Im weiteren Spielverlauf darf jeder Spieler seine Figuren um so viele Kreise vorwärts setzen, wie er gewürfelt hat. Berührt eine Figur dabei einen der mit Zahlen gekennzeichneten Kreis, muß er die folgenden Anweisungen beachten:

1. Martin Luther wird in Eisleben geboren. Der Vater macht vor Freude einen Sprung. Setze die Figur 10 Felder vor.

2. Luther geht in Mansfeld zur Schule und lernt die 10 Gebote. Sag deinen Mitspielern das 1. bis 3. Gebot auf. Kannst du sie nicht, mußt du zwei Runden aussetzen.

3. Luther besucht die Schule In Magdeburg und bleibt dort ein Jahr. Setze darum eine Runde aus.

4. Martin Luther kommt nach Eisenach. Als Kurrendesänger hat er dort viel Freude. Sing deinen Mitspielern ein Kirchenlied! Kannst du das nicht, muß deine Figur zum Startplatz zurück.

5. Frau Ursula Cotta nimmt Martin in ihr Haus auf, und Luther kommt in der Schule gut voran. Deine Figur darf 8 Felder vor.

6. Martin Luther besucht in Erfurt die Universität. Sag deinen Mitspielern, welches Fach er studiert. Weißt du es nicht, mußt du eine Runde aussetzen,

7. Luther gerät bei Stotternheim in ein Gewitter. Er verspricht, ein Mönch zu werden. Zwei Runden aussetzen.

8. Luther tritt ins Kloster ein. Nenne den Namen des Klosters. Weißt du ihn nicht, mußt du 10 Felder zurück.

9. Luther erfährt durch die Bibel, was Jesus alles für ihn getan hat. 20 Felder vorrücken.

10. Martin Luther wird Professor in Wittenberg. Frag deine Mitspieler nach dem 7. Gebot. Wer es nicht weiß, muß 15 Felder zurück.

11. Luther schlägt die 95 Thesen gegen den Ablaß an die Tür der Schloßkirche. Sag das genaue Datum des Thesenanschlags. Weißt du es, darfst du bis zum Ziel vorrücken.

12. Luthers Thesen werden in ganz Europa verbreitet. Die Reformation nimmt mit Gottes Hilfe ihren Lauf. Du darfst bis zum Ziel vorrücken.

 

 

Martinstag

Der Martinstag hat in vielen Städten und Dörfern seine traditionelle Bedeutung behalten. Zu abendlicher Stunde werden in den Straßen die bunten Lampions sichtbar. Kinderhände halten die schaukelnden Laternen hoch, und Im Schein der bunten Lichter leuchten die Kindergesichter erwartungsvoll. In vielen Kirchen und auf öffentlichen Plätzen versammeln sich Christen zum Gedenken an Martin Luthers Geburtstag. Sein altehrwürdiger Choral „Ein feste Burg Ist unser Gott‘ wird angestimmt, und mit Posaunenklang wird das Ereignis der Reformation In Erinnerung gebracht. Es geht bei dem Namen Luthers um einen größeren Namen, dem Martin als Mönch, Professor und dann als der große Reformator mit seinem ganzen Leben diente. „Fragst du, wer der ist? Er heißt Jesus Christi“

Der bekannteste Martinsabend in Thüringen dürfte in Erfurt stattfinden. Dort sind es alljährlich Tausende Menschen, die sich das Schauspiel der Lichter am Fuße der mächtigen Domsilhouette anschauen. Dort trägt der Martinsabend ökumenischen Charakter. Evangelische und katholische Christen feiern gemeinsam in einer volksmissionarischen Stunde den Martinsabend. Martin Luther und der Heilige Martin sollen Schaulustige und Bekenner zum christlichen Handeln für den Mitmenschen auffordern.

Im Jahre 1522 erschien erstmals Luthers deutsche Ausgabe des Neuen Testaments. Die gute Nachricht von damals erschien in unserer Zeit in einer neuen, modernen Ausgabe als die „Gute Nachricht“. Evangelische und katholische Bibelwissenschaftler und Theologen einigten sich auf eine gemeinsame Ausgabe. Wird die Bibel Im 20. Jahrhundert wieder zu einem Buch, in dem die Menschen lesen werden?

Der Martinsabend am 10. November bietet Gelegenheit, davon zu reden. Die Lichter in den Händen unserer Kinder könnten dazu Hinweis sein, daß das Licht des Evangeliums sich ausbreitet. In der Bibel heißt es einmal: „Herr, dein Wort ist meines Fußes Leuchte und ein Licht auf meinem Wege!“

An jedem Martinstag wir ein Mensch vorgestellt, der nach den Worten Jesu gelebt und anderen geholfen hat: Martin selbst, Elisabeth von Thüringen, Daniel Falk, August Hermann Francke, usw.

 

Martin war ein frommer Mann,

zündet viele Lichter an,

daß ein jeder sehen kann,

was Gott an seinem Volk getan.

 

 

 

Bußtag

Immer noch Bußtag?

Brauchen wir den Bußtag noch? Der schwache Gottesdienstbesuch scheint hiergegen zu sprechen. Aber dies ist ein Fehlschluß. Bei der starken Inanspruchnahme des Menschen von heute kann man nicht erwarten, daß er am Abend eines Wochentages noch geneigt und in der Lage ist, sich mit Bußtagsgedanken zu beschäftigen.

Die Beibehaltung oder Abschaffung eines besonders geprägten Gottesdienstes kann nicht von der Besuchsfrequenz abhängig gemacht werden.

Sicherlich lassen sich die meisten nicht gern zur Buße rufen. Aber ist dies nicht gerade deshalb umso notwendiger? Die Gemeindeglieder bedürfen einer Anregung zum Nachdenken über eigne Gottentfremdung und eignes fehlerhaftes mitmenschliches Verhalten.

Freilich ist nicht auszuschließen, daß Bußtagspredigten zur monotonen Routine werden können. Situationsbezogenheit ist deshalb zu wünschen. Vielleicht lassen sich jeweils Schwerpunkte herausstellen, die im Zeitgeschehen eine besondere Rolle spielen.

Aber es sollte nicht dabei bleiben, nur dem einzelnen Mängel und Fehler vorzuhalten. Ist es nicht vielmehr notwendig, daß auch die Gemeinde Buße tut? Müßten also nicht auch Schwächen des Gemeindelebens zum Gegenstand des Nachdenkens in diesem Gottesdienst gemacht werden? In Nachversammlungen der Gemeinde ließen sich dann Mittel und Wege zur Verbesserung suchen.

Nach der Bußpredigt bedürfen die Gemeindeglieder einer kurzen Zeit der Stille, um Gelegenheit zur persönlichen Gewissenserforschung zu haben. Dann sollte eine Beichthandlung folgen. Die übliche, allen Besuchern erteilte allgemeine Absolution aber empfinde ich als formal und wenig eindrucksvoll.

Irgendwie müßte doch wohl zunächst einmal ein persönliches Schuldbekenntnis vor der Gemeinde zum Ausdruck gebracht werden. Vielleicht könnte dies symbolisch in der Weise geschehen, daß nach entsprechender Aufforderung nur die, welche wirklich für sich Absolution begehren, sich wie bei der Abendmahlsfeier zum Altar begeben und dort niederknien, um die Lossprechung zu empfangen. Auf diese Weise würde auch ein wenig dem leichtfertigen Irrtum vorgebeugt, die Vergebung von Schuld sei eine gar zu billige und nicht ernst zu nehmende Sache [Dieser Vorschlag ist gefährlich. Wer will sich schon öffentlich bloßstellen].

Wann sollte ein Bußgottesdienst gehalten werden? Eine Möglichkeit wäre der Karfreitag. Denn an diesem Tag müßten sich die Gemeinde und jedes ihrer Glieder immer wieder dessen bewußt werden, daß ihre eigene Gottferne und Schuld den Tod Jesu notwendig gemacht haben. Aber ein Jahr ist eine lange Zeit, die Verstrickung des Menschen in Schuld und Sünde ereignet sich ständig von neuem. So ist es doch wohl gut, ein zweites Mal im Jahresablauf einen Bußtag zu halten, jedoch nicht an einem Wochentag, sondern im Hauptgottesdienst eines Sonntags.

Wie jede Neuerung in der gewohnten Ordnung und Gestaltung von Gottesdiensten sollte aber auch diese vor der Einführung zunächst in den Gemeindekreisen (Bibelstunden, Frauen-, Männerkreis usw.) und dann in einer Gemeindeversammlung gründlich besprochen und geklärt werden, wie die Gemeinde sich hierzu stellt und ob sie die Neuerung anzunehmen bereit ist. Denn ohne Überzeugung und Zustimmung der Gemeinde bringen Gottesdienständerungen nicht selten mehr Verwirrung als Nutzen mit sich.

 

 

Ewigkeitssonntag

Die Theologie kämpft gegen die Vorstellung von einer Unsterblichkeit der Seele und vom Wiedersehen nach dem Tode. Auch Christen werden durch den Tod auseinan­der­gerissen. Aber sie kennen in Christus schon das Neue: Er hat den Bauplan des Zukünftigen, und er ist der Baumeister. Wir leben aber nicht weiter in unseren Kindern oder in unserem Werk. Es geht um unseren Leib, nicht um das Fortleben in den Gedanken der Nachwelt.

Hintergrund ist nicht der dritte Artikel, sondern der zweite: Christus hat den entscheidenden Durchbruch geschaffen

Eine Pflege der Gräber zeigt deutlich, wie man zu den Lebenden steht. Wer keine Zeit mehr hat zum Bepflanzen der Gräber oder zu einer Trauerfeier, der hat auch keine Zeit mehr zur Pflege der Kranken. Die Grabpflege ist kein Zeichen von Totenkult, sondern positiv zu werten: Man will diesem Menschen ein ehrendes Andenken bewahren. Besser ein zu stark geschmücktes Grab als ein verwildertes. Auch der Name gehört auf den Grabstein, denn nur so kann man für den Verstorbenen beten und ihn in die Gemeinschaft der Heiligen einbeziehen.

Früher lag der Friedhof um die Kirche herum und deutete die Einheit der Lebenden und Toten an. Heute sollte man deshalb nach dem Gottesdienst  am Ewigkeitssonntag auf den Friedhof gehen und einen Choral singen.

 

Letzte Kalkulation:

Zwei junge Männer kommen vom Begräbnis eines leitenden Angestellten ihrer #Firma, der überraschend an seinen Schreibtisch im Kalkulationsbüro zusammengebrochen und gestorben ist. Todesursache: Herzinfarkt! Gespräch vor dem Friedhofstor:

1. Uffl

2. Ein scheußlicher Tod. Ich will nicht so sterben.

1. Wieso? Der Chef hatte wohl ganz recht mit seiner Grabrede: Der Mann ist gestorben, wie er gelebt hat - in der Firma und für die Firma!“

2. Eben! Gibt es einen aufdringlicheren Tod? Und einen sinnloseren?

1. Aufdringlich vielleicht. Aber dafür konnte er nicht. Am  Schreibtisch sterben ist jedenfalls sinnvoller als bei einem Autounfall.  Immerhin hatte er annähernd vierzig Jahre an diesem Schreibtisch zugebracht.

2. Eben! Das ist ja das Schauerliche. Der Mann hat für kosmetische Artikel gelebt und ist für kosmetische Artikel gestorben. Ein Leben für den Lippenstift.

1. Das ist unfair. Der Mann hat sich auf ehrliche Weise sein Brot verdient. Und er hat sogar Erfolg dabei gehabt           

2. ...und einen schrecklichen Preis dafür bezahlt. Er war in unserer Abteilung der erste, der morgens kam, und der letzte, der abends ging.  Wahrscheinlich hat er auch im Traum noch die letzte Kalkulation für Schmierseife wiederholt.

1. Wenn man was erreichen will, muß man sich ganz drangeben. Für einen Mann ist seine Arbeit nun mal das Wichtigste in seinem Leben.

2. Lippenstifte und Schmierseife herstellen? Nie, niemals!

1. Was hast du nur gegen die Herstellung von Lippenstiften? Schließlich verdienst du dir dein Brot auch damit.

2. Eben. Darum weiß ich auch so genau, daß das niemals das Wichtigste in meinem Leben sein kann. Ich tu's, weil man irgendwas tun muß. Aber mein Leben - das liegt woanders.

1. Man kann die Sache ja auch anders ansehen. Als die Firma gegründet wurde, hatte sie  fünf  Angestellte. Heute sind es über tausend. Über Tausend  Menschen in Arbeit und Brot. Und dieser Mann hat mitgeholfen, wahrscheinlich sogar ganz entscheidend. Ist das nichts?

2. Trotzdem bleibt die Frage offen,  ob eine solche Plackerei und der Managertod am Schluß alles sind, was man sich von seinem Leben erwarten darf. Vergiß nicht: der Mann war leitender Angestellter, er wußte wenigstens, was er zu tun hatte. Aber da gibt es welche in unserer Firma, die füllen jahraus  jahrein immer dieselbe Menge Schmierseife in Dosen ab...

1. Und gerade denen hat die Grabrede des Chefs durchaus eingeleuchtet. Die wissen nämlich ganz genau, was es heißt, einen. Arbeitsplatz zu haben, der einem einigermaßen sicher ist. Die setzen was dafür ein, wenn es sein muß auch die Gesundheit.

2. Nun mach mal halblang. Sie würden dir ins Gesicht lachen, wenn du ihnen zumuten wolltest, zu glauben, das Schmierseifeverpacken der Sinn des Lebens ist. Die tun das für die Familien zu Hause, für den Skat in der Kneipe, für den Schrebergarten. Die sterben euch nicht am Herzinfarkt. Die machen ihre acht Stunden ab und damit Feierabend....             (Ernst Lange)

 

Vergleiche auch die Dateien „Familiengottesdienste“, Unterabschnitt  „Kirchenjahr

 

 

 

 

Quiz

 

Allgemeines:

Quiz ist eine Abart des Rätsels. Es muß nicht jeder alles wissen. Quiz soll Bekanntes wiederholen und Unbekanntes spielend vermitteln.

Es soll nicht der Dümmste bloßgestellt und der Klügste hervorgehoben werden. Darum ist die Gruppeneinteilung sehr zu empfehlen. Punkte gibt es dann nur für die Gruppe.

Es muß auch immer beim Spiel bleiben und nicht auf bloßes Abfragen herauskommen. Darum kommt es darauf an, in welcher Verpackung die Fragen gestellt werden.

Um zu verhindern, daß falsches Wissen vermittelt wird, muß darauf geachtet werden, daß falsche Antworten richtiggestellt werden. Werden mehrere Antworten gegeben, ist die richtige hervorzuheben.

 

Jeder blamiert sich, so gut er kann!

1. Der Quizmeister blamiert seine „Opfer“, weil er zu schwere Fragen stellt.

2. Der Quizmeister blamiert sich selbst, weil er falsche Fragen stellt.

3. Der Quizmeister blamiert weder sich noch seine Mitspieler, weil er richtige und dem Kreis angemessene Fragen stellt.

 

Regeln:

a. Ein Quiz, bei dem alle Fragen beantwortet werden, ist an Langweiligkeit nur noch von einem Quiz zu übertreffen, bei dem gar keine Fragen beantwortet werden können. Darum: Jede Frage auf den Kreis zuschneiden! Kein Quiz ungeprüft übernehmen!

b. Jeder Ungebildete, der sich einige Stunden mit einem Konversationslexikon beschäftigt hat, ist mühelos in der Lage, einen Universitätsprofessor in Verlegenheit zu bringen. Darum: Keine reinen Lexikonfragen!

c. Der ideale Quizmeister ist nicht Dr. Allwissend, sondern er kennt die Grenzen seines eigenen Wissens sehr gut und kann sich daher auch in die Lage der Befragten versetzen. Er wird also bei einer etwas schwierigeren Frage auf erleichternde Zusatzfragen gerüstet sein.

d. Eine Quizfrage ist dann richtig gestellt, wenn auf die Frage nur eine richtige Antwort möglich ist.

e. Eine richtig gestellte Frage beginnt mit einem w-Wort, wie z. B. wann? wo? wer? Eine Frage ist falsch formuliert, wenn als Antwort nur „Ja“ oder „Nein“ möglich ist.

f. Das Quiz ist ein Schnelligkeitsspiel. Darum gilt immer nur die zuerst gegebene Antwort.

g. Bei der Zusammenstellung eines Quiz sehe der Quizmeister zu, daß er Fragen aus vielen Gebieten zusammenstelle und nicht das Spezialgebiet eines Mitspielers besonders betont wird

h. Quiz ist ein Spiel unter anderen. Darum nie zu viele Fragen hintereinander, lieber zwei- oder dreimal je 10 Fragen als einmal 30 Fragen.

i. Scherzfragen wirken schneller ermüdend. Darum nie mehrere hintereinander, sondern nur eingestreut.

k. Kleine Preise erhöhen die Spielfreude.

 

 

 

 

 

Welche Möglichkeiten wird der ideale Quizmeister für sein Spiel auszunutzen versuchen?

a. Quizfragen werden einer ganzen Gruppe gestellt.

b. Zwei Gruppen stehen sich gegenüber.

e. Einzelne oder Paare stehen sich gegenüber.

d. Es werden einzelne Fragen gestellt. (Beispiel: Wo ist Jesus aufgewachsen?)

e. Es werden Antworten angeboten, von denen eine richtig ist. (Beispiel: Wer oder was ist Spalatin? 1) Marktplatz im alten Rom? 2) Mitarbeiter Luthers? 3) Chemische Verbindung?)

f. Der Partner wird gesucht. (Beispiel: Adam und ?), Zuname (Albrecht? [Dürer]), Hauptstädte (Polen ?).

g. Lieder werden geraten. Dabei werden die ersten Töne der Lieder auf einem Instrument (Flöte) gespielt. (Beispiel: Advents- und Weihnachtslieder, Volkslieder.)

h. Geräusche auf dem Tonband werden geraten. (Beispiel: Knacken einer Nuß).

 

 

 

Ja - Nein - Stuhl

Zwei Gruppen sitzen numeriert in einer Reihe gegenüber. An den beiden Stirnseiten wird je ein Stuhl aufgestellt. Einer erhält die Bezeichnung „Ja“, der andere „Nein“. Die vom Leiter zu stellenden Fragen sind nur mit „Ja“ oder „Nein“ zu beantworten. Erst wird die Frage gestellt, danach die Nummer der Spieler aufgerufen. Diese erobern sich den Stuhl, der ihrer Meinung nach die richtige Antwort auf die gestellte Frage ist. Wer verkehrt sitzt, erhält für seine Gruppe einen Minuspunkt. Man muß aber nicht unbedingt auf einem der beiden Stühle sitzen.

 

Wurde Jesus im Jordan getauft?                                           Ja

War Paulus verheiratet?                                                         Nein   

Lebte der Zöllner Zachäus in Jericho?                                  Ja

Wurde Paulus auch einmal verprügelt?                               Ja

Fließt der Jordan durch den See Genezareth?                     Ja

Ist Beichten eine Sache der katholischen Kirche?              Nein

Wurde Luther in Wittenberg geboren? (Eisleben)             Nein

War Abraham der Vater Isaaks?                                            Ja

War Paulus von Beruf Fischer? (Zeltmacher)                      Nein

Hat Paulus die Bibel übersetzt? (Luther)                              Nein

Wurde Daniel in die Löwengrube geworfen?                      Ja

Verkaufte Esau sein Erstgeburtsrecht für eine Bohnensuppe? Nein

Wurde Mose im Jordan versteckt? (Nil)                               Nein

Ist der Papst der höchste Mann in der evang. Kirche?       Nein

Hieß Abels Bruder Ruben? (Kain)                                          Nein

Erhielt Mose die Gebote auf dem Berg Sinai?                     Ja

Ist der Montag der 1.Tag der Woche? (Sonntag)                Nein

Hieß Abrahams Sohn Kain? (Isaak)                                       Nein

Hieß der Vater Johannes des Täufers Zacharias?                Ja

Hat Petrus sich erhängt? (Judas)                                           Nein

Ritt Jesus auf einem Pferd in Jerusalem ein?                      Nein

Wurde Josua der Nachfolger des Mose?                              Ja

Haben wir in der Bibel ein Gesangbuch? (Psalter)              Ja

Steht die Uta im Kölner Dom? (Naumburg)                         Nein

Nahm Joseph sich einen Stern als Kopfkissen? (Jakob)     Nein

Wurde David von Goliath getötet? (umgekehrt)                  Nein

Baute sich Mose eine Arche? (Noah)                                    Nein

Wurde Paulus vor der Stadt Damaskus blind?                     Ja

Kämen die Weisen als erste zur Krippe?                              Nein

Hieß der erste israelische König David? (Saul)                    Nein

Fische Petrus im Nil? (See Genezareth)                               Nein

Steht die Offenbarung im Neuen Testament?                     Ja

Kommt ein Rabe in der Bibel vor? (Noah, Elia)                   Ja

Enthält das Vaterunser sieben Bitten?                                 Ja

Ist Epistel die Frau eines Apostels?                                       Nein

Gibt es im Tempel eine Kanzel?                                           Nein

Ist der 119. Psalm der längste der Bibel?                            Ja

Gibt es ein biblisches Buch, das mit Z anfängt?                   Ja

War Johannes der Täufer ein Jünger Jesu?                          Nein

Sandte Noah eine Taube aus der Arche?                             Ja

 

Man kann das auch machen mit drei Möglichkeiten der Antwort:

Welchen Beruf hatte Paulus: Fischer, Zimmermann oder Zeltmacher?

Welche Frucht nahm Eva vom Baum: Apfelsine, Apfel, Ananas? (keine von allen)

Wofür verkaufte Esau sein Erstgeburtsrecht: Erbsen-, Linsen- oder Bohnensuppe?

Was ist ein Antependium: Tier aus der Eiszeit, liturgischer Gesang, Kanzelbehang?

Was ist eine Synode: Kirchenleitung, Verkündigungsspiel oder jüdisches Gotteshaus?

Was wurde bei der Speisung ausgeteilt: Brot+Wein, Brot+Fische, Manna+Wachteln?

Welche Vögel speisten Elia: Raben, Adler oder Tauben?

Was heißt „Halleluja“: „Herr erbarme dich“, „Gelobt sei Gott“, „Herr, hilf uns“?

Wer war Josia: Ein Prophet, ein König oder der Feldhauptmann Davids?

 

Narde              Zeichen für Wunde                Salbe                                      Teil des Rades

Aquila             Wasser (lat.)                          Jude aus NT                            Hunnenkönig

Jonathan         Prophet                                  Königssohn                             König

Karamel          Gebrannter Zucker                Gebirge in Israel                    Wüstentier

Herodes          Statthalter                              König                                       Bote

Nazareth         Freund Jesu                            Ort in Galiläa                         See im Jordantal

Kaiphas           großes Gefäß                         Zuname des Petrus               Hoherpriester

Malchus          Muskel                                    Berg in Israel                         Kriegsknecht

Bethesda         Ort in Israel                            Teich in Israel                        Frauenname

Matthäus        Zöllner                                    Jünger Jesu                             Evangelist

Emmaus          Ort bei Jerusalem                  Jünger Jesu                             Garten

Antependium  Tier                                         Liturgischer Gesang              Kanzelbehang

Talar               Tisch                                          Amtstracht                             Stadt

Saul                 Christenverfolger                   Freund Davids                        König

Halle Salomos Sporthalle                              Teil des Tempels                    Weltwunder

Augustinus      Erfinder                                  Berühmter Arzt                      Kirchenvater

 

 

 

 

A B C - Quiz

Wie heißt der Urvater des Glaubens?                                  Abraham

Wer wurde an Jesu Stelle freigelassen?                               Barrabas

Wer war Statthalter zur Zeit der Geburt Jesu?                    Cyrenius

In welcher Stadt wurde Paulus bekehrt?                              Damaskus

Wie heißt der Nachfolger Elias?                                             Elisa

Welche Statthalter verhörten Paulus?                                 Felix und Festus

In welchem Garten wurde Jesus gefangengenommen?   Gethsemane

Wo wohnten Abraham und später Rebekka?                       Haran

Welches ist Gottes auserwähltes Volk?                                 Israel

Wer hat Jesus getauft?                                                            Johannes

In welcher Stadt am See Genezareth lebte Jesus?              Kapernaum

Wen hat Jesus auferweckt?                                                     Lazarus

Wie heißt die Schwester des Mose?                                      Miriam

Wer baute auf Gottes Befehl ein Schiff?                               Noah

Wie heißt ein bekannter Berg bei Jerusalem?                     Ölberg

Wie heißt der wichtigste Jünger Jesu?                                 Petrus

An welchem Meer wurden die Israeliten gerettet?            Rotes Meer

Wer ist als erster für seinen Glauben gestorben?               Stephanus

An welche Gemeinde hat Paulus zuerst geschrieben?      Thessalonich

Wie heißt der Mann, den David ermorden ließ?                 Uria

Wie lautet ein biblischer Name für Gott?                            Vater

Wohin wurde Jesus vor 'Teufel geführt?                              Wüste

Wie hieß der Zöllner, der auf einen Baum stieg?                Zachäus

 

Wie heißt der erste Mensch in der Bibel?                           Adam

Wo wohnte Lazarus?                                                               Bethanien

Wo bekannte sich Petrus zu Jesus?                                       Cäsarea Philippi

Welcher Mann wurde in die Löwengrube geworfen?       Daniel

Wie heißt die erste Frau in der Bibel?                                  Eva

Wie heißt ein Christ aus Korinth?                                         Fortunatus

Welcher Engel kündete die Geburt Jesu an?                        Gabriel

Welcher König ließ die Kinder ermorden?                           Herodes

Wie hieß der Sohn Abrahams und Saras?                            Isaak

Wie heißt der erste Bruder in der Bibel?                             Kain

Wer schrieb eines der Evangelien?                                      Lukas

Wie hieß die Schwester der Maria von Bethanien?          Martha

Welcher Pharisäer kam in der Nacht zu Jesus?                   Nikodemus

Wie heißt der Verfasser des kleinsten Buches im AT?       Obadja

Wie heißt der große Heidenapostel im Neuen Testament? Paulus

Wie heißt Isaaks Frau?                                                               Rebekka

An welche Stadt geht ein Sendschreiben?                             Sardes

Welcher Jünger zweifelte an der Auferstehung?                   Thomas

Aus welcher Stadt stammte Abraham?                                   Ur

Wie heißt der Stadtteil Jerusalems vor der Mauer?             Vorstadt

Wo wohnte die Witwe, die Elia versorgte?                           Zarpath

 

 

Paare raten:

Vom Spielleiter wird einer der beiden genannt. Wer das Paar errät, darf sich auf den Ratestuhl in der Mitte des Zimmers setzen und das nächste Rätsel aufgeben (Frage in die Hand geben):

 

Männer und ihre Frauen:

Adam und Eva

Jakob und Rahel

Boas und Ruth

Joseph und Maria

Abraham und Sara

David und Bathseba

Jakob und Rebekka

Elkana und Hanna

Zacharias und Elisabeth

Ananias und Saphira Aquila und Priscilla

 

Geschwister:

Mose und Aaron

Kain und Abel

Jakob und Esau

Absalom und Salomo

Joseph und Benjamin

Jakobus und Johannes

Philippus und Andreas

 

Väter und Söhne

Manasse                     Joseph

Petrus                         Jona

Salomo                       David

Ham                            Noah

Saul                             Kis

Naphtali                      Jakob

Gersom                       Mose

Johannes (Jünger)      Zebedäus

Johannes (Täufer)      Zacharias

 

Kuckucksfragen

Jünger Jesu:                Petrus, Andreas, Johannes, Philippus, Paulus, Matthäus

Propheten:                  Jeremia, Jesaja, Jakobus, Amos, Maleachi, Joel, Hesekiel

Söhne Jakobs:             Kain, Ruben, Dan, Naphtali, Joseph, Gad, Asser

Dichter:                      Mörike, Goethe, Bodelschwingh, Luther, Schiller

Könige Israels:            David, Jonathan, Salomo, Jerobeam, Hiskia, Saul

Frauen aus AT:           Ruth, Sara, Ananias, Rebekka, Rahel, Eva

Führer Israels:                        Adam, Mose, Saul, Josua, Gideon‚ David

Städte, wo Jesus war: Jerusalem, Kana, Bethlehem, Damaskus, Bethanien

Briefe im NT:              Korinther, Galater, Petrus, Hebräer, Esra, Jakobus

Kirchliche Feste :        Ostern, Reformationsfest, .l. Mai, Erntedankfest, Pfingsten

Gleichnisse Jesu:        Vom guten Hirten, Tempelbau, großes Abendmahl, Sämann

Tiere der Bibel:          Esel, Rabe, Hund, Katze, Wolf, Hirsch, Fisch, Kaninchen

Städte im AT:              Jericho, Rom, Jerusalem, Sodom, Haran, Gomorrha

Frauen aus NT:           Elisabeth, Maria, Lydia, Eva, Saphira, Priscilla

Evangelien:                 Markus, Lukas, Petrus, Matthäus, Johannes

Geschichten aus AT:   Abrahams Berufung, Geburt Johannes des Täufers, Auszug

Mitarbeiter der evangelischen Kirche:

Diakone, Katecheten, Diakonissen, Pfarrer, Küster, Nonnen

Kranke, die Jesus geheilt hat:

Taubstumme, Lungenkranke, Blinde, Aussätzige, Gelähmte

Frauen, die mit Jesus zusammen waren:

Maria, Martha, Kanaanäisches Weib, Ruth, Maria Magdalena

Geschwister aus der Bibel:

Mose-Aaron, Kain-Abel, Jakob-Esau, Joseph-Abraham, Philippus-Andreas

Ehepaare aus der Bibel:

Joseph-Maria, Abraham-Sara, Zacharias-Elisabeth.

 

 

Steckbrief

Israel, Fischer, verleugnete seinen Herrn                             Petrus.

Deutschland, Pfarrer, Prediger von Buchenwald                 Paul Schneider

Israel, Zimmermann, flieht mit Frau und Kind                     Joseph

Tarsus, Teppichweber, zuerst Christenverfolger, Missionar Paulus

Israel, Jäger, wird von Bruder um Erstgeburt betrogen      Esau

Ägypten, Staatsangestellter, deutet Träume                       Joseph

Ägypten, Hirte, erschlägt einen Ägypter, flieht                   Mose

Indien, Politiker, organisierte passiven Widerstand            Gandhi

Israel, König, spielte Harfe, dichtete Psalmen                     David

Israel, Zöllner, klettert auf Baum, um Jesus zu sehen         Zachäus

Italien, Statthalter in Israel, verurteilt Menschen                Pilatus

Schweden, Chemiker, Erfinder des Dynamits, Stifter          Nobel

Deutschland, Professor, geächtet, weil Kirche kritisiert      Luther

Ägypten, Kind, schwimmt in einer Schachtel auf dem Nil   Mose

Israel, Junge, hat bunten Rock, Lieblingskind, träumt         Joseph

Israel, zwei Hausfrauen, bewirten Jesus und hören zu        Maria und Martha

Deutschland, Nonne, flieht aus dem Kloster und heiratet   Katharina von Bora

Name bedeutet „Hauch“, Schäfer, von Bruder erschlagen  Abel

Erster Priester Israels, mitschuldig am Götzendienst           Aaron

Königin von Saba besuchte ihn, baute Tempel in Jerusalem Salomo

Träumer hatte elf Brüder, Stellvertreter Pharaos                   Joseph

Hetzte gegen seinen Vater, machte Aufstand                        Absalom

Prophet, zwei Bücher, in Grube gefangen                              Jeremia

 Hatte Zwillinge, im Alter blind, ein Sohn betrog ihn           Isaak

Richter, salbte David                                                                 Samuel

Geschäftsinhaberin, erste Christin in Europa                       Lydia

Schwiegersohn des Hannas, Feind Jesu, Hoherpriester       Kaiphas

„Zwilling“, Jünger Jesu, glaubte nicht an Auferstehung      Thomas

Hausfrau, Jesus oft bei ihr, Schwester des Lazarus              Martha

Schatzmeister der Jünger, habgierig, starb an Selbstmord   Judas

Predigte in Samarien, Diakon, taufte den Kämmerer         Philippus

Wohnte im Gebirge Juda, Frau des Zacharias                     Elisabeth

Synagogenvorsteher, Tochter gestorben                             Jairus

Bereute Eid, enthauptete Johannes                                      Herodes

           

Wo wird das im Alten Testament gesagt?

Siehe, es war sehr gut                                                 Schöpfungserzählung

Soll ich meines Bruders Hüter sein                            Kain und Abel

Solange die Erde steht soll nicht aufhören ….          Noah nach der Sinflut

Laßt uns Ziegel streichen und brennen                     Turmbau zu Babel

Ich will dich zum großen Volk machen                      Abraham

Geh aus deinem Vaterland                                          Abraham

Willst du zur Linken,   so gehe ich zur Rechten         Abraham und Lot

Ich lasse dich nicht, du sehnest mich denn               Jakobs Kampf am Jabbok

Seht, der Träumer kommt daher                                Joseph

Ziehe deine Schuhe aus                                               Berufung des Mose

Recke deine Hand aus über das Meer                       Mose

Rede Herr, dein Knecht hört                                       Gott beruft Samuel

Er war eines Hauptes länger als alles Volk               Saul

Ein Mensch sieht, was vor Augen ist                         Davids Salbung

Ich aber komme im Namen des Herrn                     David und Goliath

Mir wird nichts mangeln                                             Psalm 23

Der Herr hat's gegeben, der Herr hat's genommen  Hiob

Mache dich auf und gehe in die Stadt Ninive            Jona

 

Wo wird das im Neuen Testament gesagt?

Siehe, ich verkündige euch große Freude                            Engel zu den Hirten

Tut Buße, das Himmelreich ist nahe herbeigekommen      Johannes der Täufer

Dies ist mein lieber Sohn, an dem ich Wohlgefallen habe Taufe Jesu

Verkaufe alles, was du hast und gib es den Armen             Reicher Jüngling

Ich muß heute in deinem Haus einkehren                            Zachäus

Wie oft muß ich meinem Bruder vergeben                           Petrus zu Jesus          

Sie hoben noch zwölf Körbe auf                                             Speisung, der 5000)

Gott sei mir Sünder gnädig                                                      Pharisäer und Zöllner

Habe Geduld mit mir, ich will alles bezahlen                       Schalksknecht

Mädchen, ich sage dir: Stehe auf                                           Tochter des Jairus

Hosianna, dem Sohne Davids                                                  Einzug in Jerusalem

Mein Haus soll ein Bethaus sein                                            Tempelreinigung

Fünf waren töricht und fünf waren klug                               Zehn Jungfrauen

Wer das Schwert nimmt, soll durch das Schwert umkom.  Gefangennahme Jesu

Ich schwöre, diesen kenne ich nicht                                     Verleugnung des Petrus

Heute wirst du mit mir im Paradiese sein                             Jesus am Kreuz

 Herr, bleibe bei uns, denn es will Abend werden               Emmausjünger

Selig sind, die nicht sehen und doch glauben                       Thomas

Petrus, hast zu mich lieb                                                           Jesus zu Petrus

Siehe, ich bin bei euch alle Tage                                              Himmelfahrt

Bibelolympiade Altes Testament

Wie hieß Adams Frau nach der Bibel                                      Eva

Von welchem Baum durften Adam und Eva nicht essen     Baum der Erkenntnis

Welches Tier war listiger als alle Tiere                                  Schlange

Wer baute zum Spott der Nachbarn ein Schiff                     Noah

Auf welcher Großbaustelle brauchte mal viele Ziegel        Turmbau

Wie heißt die Frau Abrahams                                                  Sara

Wie heißt der Sohn Abrahams                                                Isaak

Welche zwei Städte wurden durch Feuer zerstört               Sodom und Gomorrha

Wer betrog seinen Bruder mit einem Linsengericht           Jakob

Wer wurde von seinen Brüdern verkauft                              Joseph

Wer hat die Juden aus Ägypten geführt                                Mose

Wie hieß der Bruder des Mose                                              Aaron

Was aßen die Israeliten in der Wüste                                    Wachteln und Manna

Wie lange zog Israel durch die Wüste                                    40 Jahre

Auf welchem Berg bekam Mose die Zehn Gebote              Sinai (oder Horeb)

Wie hieß der erste israelitische König                                   Saul

Wer tötete den Riesen Goliath                                               David

Welcher König hat Psalmen gedichtet                                   David

Wieviel Psalmen gibt es                                                            150

Wer ließ das berühmteste Bauwerk in Israel bauen            Salomo

Wer wurde in die Löwengrube geworfen                             Daniel

Wer wurde auf einer Schiffsreise aber Bord geworfen       Jona

Wo mußte das Volk Israel in der Gefangenschaft leben      Babylon

Wen erwarteten die Juden als ihren Retter                         Messias

 

 

Bibelolympiade Neues Testament I

Wie hieß der Kaiser, als Jesus geboren wurde                   Augustus

Wo steht die Weihnachtsgeschichte                                    Lukas 2

Wie hieß der Vater Jesu                                                         Joseph

Welchen Beruf hatte er                                                          Zimmermann

Wie hieß die Mutter Jesu                                                       Maria

Wem wurde zuerst gesagt, daß Jesus geboren ist             Hirten

Woran sollten sie das Kind erkennen                                   Windeln, Krippe

Wohin mußte Joseph mit dem Jesuskind fliehen               Ägypten

Wo wuchs Jesus auf                                                                 Nazareth

Wer kündigte das Kommen Jesu an                                     Johannes

In welchem Gewässer wurde Jesus getauft                         Jordan

Wie viele Jünger hatte Jesus                                                  Zwölf

Was war Petrus von Beruf                                                      Fischer

An welchem See hat Jesus viele Taten getan                       Genezareth

Welches Gebet hat Jesus seine Jünger gelehrt                    Vaterunser

Wie viele Bitten hat das Vaterunser                                      Sieben

Wo steht das Vaterunser                                                          Bergpredigt

Zu wem sagte Jesus: „Dir sind deine Sünden vergeben!“    Gichtbrüchiger

Was heißt Evangelium                                                               Frohe Botschaft

Was war die Haupttätigkeit Jesu                                             Predigt, Heilen

Welche Hausfrau rügte ihre Schwester bei Jesus                  Martha

Wer wollte sich nicht von Jesus die Füße waschen lassen   Petrus

In welcher Erzählung kommt ein Samariter vor                    Barmherziger Samariter

Wer kletterte auf einen Baum, um Jesus zu sehen              Zachäus

In welche Stadt ritt Jesus mit einem Esel                               Jerusalem

In welchem Land liegt Jerusalem                                            Palästina

Wer hat Jesus verraten                                                            Judas

Wer hat Jesus verleugnet                                                        Petrus

Wer wollte bei der Verhaftung Jesu kämpfen                     Petrus

Woran erinnert der Hahn auf der Kirchturmspitze             Verleugnung des Petrus

Wo wurde Jesus gefangengenommen                                 Gethsemane

Welcher Hoherpriester hat Jesus verhört                            Kaiphas

Wer hat Jesus verurteilt                                                          Pilatus

Auf welchem Berg wurde Jesus gekreuzigt                          Golgatha

 

Bibelolympiade Neues Testament II

Wem ist der auferstandene Jesus erschienen                      Petrus, Maria, usw.

Welcher Jünger ist wegen seines Unglaubens bekannt     Thomas

Wann hat Petrus das erste Mal gepredigt                           Pfingsten

Wer hat die Apostelgeschichte geschrieben                       Lukas

Welcher Afrikaner wurde als erster getauft                         Kämmerer aus Mohrenland

Wer ist als Erster für seinen Glauben gestorben                 Stephanus

Wer fragte: „Verstehst du auch, was du liest?“                   Philippus zu Kämmerer

Welchen Offizier hat Petrus getauft                                      Kornelius

Wer sagte: „Was muß ich tun, daß ich selig werde?“         Kerkermeister

Wer hat die weitesten Missionsreisen unternommen       Paulus

Wie viele Reisen waren das                                                     vier

Welchen Beruf hatte Paulus                                                   Teppichweber

An wen hat Paulus geschrieben                                            Römer, Korinther, usw.

Was ist ein Apostel? Nenne zwei!                                         Paulus, Petrus, usw.

Wer hat das Evangelium nach Europa gebracht                  Paulus

Wie heißt das letzte Buch der Bibel                                     Offenbarung

In welcher Sprache ist die Bibel geschrieben                      AT: Hebräisch; NT: Griechisch

Welche Bezeichnungen gibt es noch für die Bibel               Heilige Schrift

Wer hat die Bibel in die deutsche Sprache übersetzt          Luther

Welches sind die vier Evangelien                                            Mt, Mk, Lk, Joh

 

 

Kirchengeschichte und Kirche heute

In welchem Jahrhundert wurde Luther geboren                15. Jahrhundert

Welches war die wichtigste Tat Luthers                              Thesenanschlag

Wie viele Hauptstücke gibt es in Luthers Katechismus      Fünf

Wie hieß Luther auf der Wartburg                                       Junker Jörg

In welcher Stadt ist Luther geboren                                     Eisleben

Von wem stammen die meisten Lieder im Gesangbuch   Paul Gerhardt

Von wem ist das Lied: „Ein feste Burg“                                Luther

„Wann ist Luther gestorben                                                 18. Februar 1546

Wann beginnt das Kirchenjahr                                             1. Advent

Wann ist die Passionszeit                                                      vor Ostern

Warum feiern wir Ostern                                                      Auferstehung Jesu

Weshalb feiern wir Pfingsten                                                Geburtstag der Kirche

Womit beginnt der Gottesdienst                                          Geläut

Womit endet der Gottesdienst                                             Amen

Weshalb tauft man in der Kirche                                         Taufbefehl Jesu

Welche Aufgabe haben die Paten                                        Hilfe bei christlicher Erziehung

Welche Einrichtungsgegenstände gehören zur Kirche

Nenne ein christliches Symbol                                              Kreuz, Fisch

Welche anderen christlichen Kirchen gibt es                     Katholiken, Orthodoxe, u.a.

Was ist ein Bischof                                                                Leiter einer Landeskirche

Wie heißt unser Bischof

Welche kirchlichen Ämter gibt es                                        Diakon, Pfarrer, Bischof

Was bedeutet das Wort „Konfirmand“

Wie sieht das Symbol des Weltrates der Kirchen aus      Schiff mit Kreuz

Wie heißt die Aktion gegen den Hunger                            „Brot für die Welt“

 

 

Woran denkst du?

Frucht                                                                                      Adam und Eva

Taube                                                                                      Noah

Verwirrung der Sprache                                                       Turmbau zu Babel

Sand und Sterne                                                                    Abraham

Messer                                                                                    Isaak

Feuer und Schwefel                                                              Sodom und Gomorrha

Sieben fette Kühe                                                                  Joseph

Brennender Busch                                                                Mose

Eiche                                                                                       Absalom

Großer Fisch                                                                          Jona

Tempel                                                                                  Salomo

Honig                                                                                     Johannes der Täufer

Jordan                                                                                   Taufe Jesu

Heu                                                                                        Jesus

Maulbeerbaum                                                                    Zachäus

Nain                                                                                        Auferweckung eines Jünglings

Teich von Siloah                                                                    Blindenheilung

Bethanien                                                                              Salbung Jesu

Hahn                                                                                      Petrus

30 Geldstücke                                                                       Judas

Damaskus                                                                              Bekehrung des Paulus

Gefängnis in Philippi                                                             Bekehrung des Kerkermeisters

 

Geographie

Wo hat Luther seine 95 Thesen angeschlagen                    Wittenberg

Wo hat der Thomanerchor seinen Sitz                                 Leipzig

Wo hängt die größte Glocke Deutschlands                          Kölner Dom

Wo steht die Wartburg                                                           Eisenach

Wo war der Reichstag, auf den Luther mußte                     Worms

Wo hat der Weltkirchenrat seinen Sitz                                Genf

Wo fand das letzte Konzil der kath. Kirche statt                  Rom, Vatikan

 

 

Ausscheidungsfragen

Welcher Fluß ist im Neuen Testament wichtig                  Jordan

Was war Petrus von Beruf?                                                  Fischer

Wieviel Jünger hatte Jesus?                                                  Zwölf

Wer wurde für Judas dazu gewählt?                                   Matthias

An welchem See hat Jesus viele Taten getan?                   Genezareth

Wer hat Jesus verurteilt?                                                       Der Hohe Rat, Pilatus

Wo wurde Jesus gefangengenommen?                               Gethsemane

Wo steht, daß die Apostel von Jesus weitererzählen sollen? Vier Evangelisten

Wer ist zweimal gestorben?                                                   Lazarus

Wer hat das Volk Israel aus Ägypten geführt?                     Mose

Was haben die Juden in der Wüste gegessen?                    Manna und Wachteln

Wer sollte seinen Sohn opfern?                                              Isaak

Welcher König wurde wegen seiner Weisheit berühmt?    Salomo

Wie hießen die Enkel von Abraham?                                     Jakob und Esau

Welche Krankheit hatte der Mann, der durch das Dach gelassen wurde? Gicht

Wer hat das Kreuz für Jesus getragen?                                 Simon von Cyrene

Wer wäre fast ertrunken, weil ihm der Glaube fehlte?       Petrus

Wie heißt der erste Satz in der Bibel?                                    Am Anfang schuf Gott

Welche Bäume stehen im Garten Gethsemane?                 Ölbäume

Wieviel Bücher Mose gibt es?                                                Fünf

Auf welchem Meer wurde Paulus schiffbrüchig?                Mittelmeer

Von welcher Stadt fuhr Paulus immer los?                          Antiochien

In welcher Stadt wurde er verhaftet?                                   Jerusalem

In welcher Stadt predigte Paulus ohne großen Erfolg?      Athen

Wo war Paulus im. Gefängnis?                                               Rom

Aus welcher Stadt zog Abraham los?                                    Haran

Wohin verkaufte man Joseph?                                              Ägypten

Welcher große Mann lebte auch in Ägypten?                     Mose

 

Weihnachten:

Mit welchem Ereignis beginnt unsere Zeitrechnung?         Jesu Geburt

Von wem ist das Lied: Vom Himmel hoch...                          Luther

Welcher Mann sollte Jesus den Weg bereiten?                   Johannes

Warum wurde Jesus in Bethlehem geboren?                      Verheißungen

Wie hieß der König, als Jesus geboren wurde?                    Herodes

Wo haben die Hirten die Engel gesehen?                             Auf dem Feld

Welche Männer haben die Geburt Jesu vorausgesagt        Propheten

 

Passion und Ostern

Warum feiern wir Ostern?                                                    Auferstehung

Wer hat zuerst gesehen, daß das Grab leer war?              Die Frauen

Welcher Jünger wollte nicht an die Auferstehung glauben Thomas

Wer hat die Kreuzigung genehmigt?                                    Pilatus

Was stand über dem Kreuz geschrieben?                            INRI

Wo wurde Jesus gefangengenommen?                                Gethsemane

Wo wurde Jesus gekreuzigt?                                                  Golgatha

Wer war von Jesu Bekannten unter dem Kreuz?                 Maria, Johannes

Warum mußte das Grab bewacht werden?                         Angst vor Auferstehung

Wer hat Jesu Kleider geerbt?                                                 Kriegsknechte

 

 

Nenne…

einen Beruf aus der Bibel                                                     Zimmermann

ein treuherziges Tier aus der Bibel                                      Esel

ein böses Tier aus der Bibel                                                 Schlange

ein Meer, auf dem viel geschah                                           Galiläisches Meer

eine Krankheit                                                                        Gicht

 einen verhaßten Beruf                                                         Zöllner

einen bedeutenden Fluß                                                       Jordan

einen Berg                                                                               Golgatha

ein Gebäude aus der Bibel                                                   Tempel

den Geburtsort Jesu                                                              Bethlehem

 

 

 

 

Kirchliche Nachrichten mit kleinen Druckfehlern:

Zeitungsberichte:

In Jerusalem im Tempel taufte Johannes der Täufer den Sohn des Zimmermannes Joseph und seiner Frau Maria.

Einiges Aufsehen erregte das. ungewöhnliche Opfer eines Mannes, namens Abraham. An Stelle eines Opfertieres wollte dieser seinen eigenen Sohn Jakob opfern. Das Opfer eines Menschen wurde jedoch nicht zugelassen.

Wie bekannt wurde, konnte der vielgesuchte Verschwörer Jesus aus Nazareth endlich gefaßt werden, als er gerade zu einer großen Volksenge sprach.

Wie uns mitgeteilt wird, hat Kaiser Nero angeordnete, daß eine neue Schätzung durchgeführt werden soll. Alle Einwohner werden gebetene sich in ihren Heimatort zu begeben.

Die Gefängnisverwaltung teilt mit, daß Johannes, der als Prediger bekannt war, auf Befehl des Augustus eingeliefert wurde. Es erscheint uns unwahrscheinliche daß der König die Hinrichtung anordnete, weil seine Frau gut getanzt haben soll.

Aus Troas erfahren wir, daß Petrus, der bekannte Anhänger des Nazareners, durch ein Erdbeben aus der Haft befreit wurde. Er nutzte die Situation aber nicht zur Flucht aus, weil er dem Gefängniswärter nicht schaden wollte. Daraufhin ließ sich der Wärter mit seiner ganzen Familie taufen.

 

 

Wieviel Fehler befinden sich in diesem Textabschnitt?

 (Die folgende Geschichte steht bei Lukas 10,30-35 und ist nach der Lutherübersetzung mit Fehlern versehen worden. Sinn dieser Aufgabe: Wer kennt seine Bibel wirklich genau?)

Da antwortete Jesus und sprach: Es war ein Mensch, der ging von Jerusalem hinab gen Jericho und fiel unter die Juden. Die zogen ihn aus und drosselten ihn und gingen davon und warfen ihn den Berg hinab. Es begab sich aber, daß ein Jünger dieselbe Straße hinabzog und da er ihn sah, hob er ihn auf und konnte ihn nicht heben, so ließ er ihn liegen. Desgleichen auch ein Levit, da er kam zu der Stätte und sah ihn, stieg er darüber. Ein Ägypter aber reiste und kam dahin und als er ihn sah, ging er vorüber. Doch bald kehrte er um, denn ihn jammerte sein, ging zu ihm, verband ihm seine Wunden und goß darein Öl und Wasser und hob ihn auf sein Fahrzeug und führte ihn in das Hotel und pflegte sein. Nach zwei Wochen reiste er und zog heraus 2000 Gulden und gab sie den Wirt und sprach zu ihn: Pflege sein und so du was mehr wirst dartun, will ich dir's bezahlen, wenn ich wiederkomme im nächsten Jahr. (15 Fehler).

 

Wieviel Fehler befinden sich in diesem Textabschnitt?

Es begab sich zu der Zeit, daß ein Erlaß von Kaiser Augustus ausging, daß alles Land geschätzt würde, Und diese Schätzung war die allererste und geschah zu der Zeit, da Zacharias Landpfleger in Syrien war. Und jedermann ging, daß er sich schätzen ließe, ein jeglicher in seine Stadt. Da machte sich auf auch Joseph aus Judäa, aus der Stadt Nazareth, in das jüdische Land zur Stadt Davids, die da heißt Jerusalem, darum, daß er von den Haus und Geschlecht Davids war, auf daß er sich schätzen ließe mit Maria, seinen anvertrauten Weibe, die war schwanger. Und als sie daselbst waren, kam die Zeit, da sie gebären sollte. Und sie gebühr ihren ersten Sohn, wickelte ihn in Tücher und legte ihn in eine Krippe; denn sie hatten sonst keinen Raum in dem Stall. Und es waren Hirten auf den Felde bei den Hürden, die hüteten des Nachts ihre Herde. Und siehe des Herrn Bote trat zu ihnen, und die Klarheit des Herrn leuchtete um sie; und sie fürchteten sich sehr. Und der Engel sprach zu ihnen: „Fürchtet euch nicht! Siehe, ich verkündige euch große Freude, die allen Hirten widerfahren wird; denn euch ist heute der Messias geboren, welcher ist Christus, der Herr, in der Stadt Davids.

 

 

Weihnachtsgeschichte mit Fehlern

1. Es begab sich aber vor 3000 Jahren, daß ein Wunsch von dem Kaiser Augustin ausging, daß alle Welt geschätzt würde. miede.

2. Und diese Schätzung war die allererste und geschah zu der Zeit, da Cyrenius Landpfleger in Samarien war.

3. Und jedermann ging, daß er sich schätzen ließe, ein jeglicher in seine Stadt.

4. Da machte sich auch auf Josaphat aus Galiläa, aus der Stadt Nazareth, in das jüdische Land zur Stadt Judas, die da heißt Bethel, darum daß er von dem Hause und Geschlechte Judas war,

5. auf daß er sich schätzen ließe mit Maria, seinem vertrauten Weibe, die war schwanger.

6. Und als sie daselbst waren, kam die Zeit, daß sie gebären sollte.

7. Und sie gebar ihren zweiten Sohn und wickelte ihn in Windeln und legte ihn Krippe auf Heu und auf Stroh.

8. Und es waren Hirten in derselben Gegend auf dem Berge bei den Hürden, die hüteten des Nachts ihre Herde.

9. Und siehe, des Herrn Engel trat zu ihnen, und die Klarheit des Herrn leuchtete um sie, und sie freuten sich sehr.

10. Und der Engel sprach zu ihnen: Freut euch. Siehe, ich verkündige euch große Freude, die allem Volk widerfahren wird,

11. denn heute ist Jesus geboren in der Stadt Judas.

12. Und das habt zum Zeichen: Ihr werdet finden das Kind in Windeln gewickelt und in einer Krippe liegend - Ochse und Esel stehen daneben.

13. Und alsbald war da bei dem Engel die Menge der himmlischen Heerscharen, die lobten Gott und sprachen:

14. „Ehre sei Gott in der Hohe und Friede auf Erden und den Menschen ein Wohlgefallen.“

15. Und da die Enkel von ihnen gen Himmel fuhren, sprachen die Hirten untereinander: „Laßt uns nun gehen gen Bethel und die Geschichte sehen, die da geschehen ist, die uns der Herr kundgetan hat!“

16. Und sie kamen langsam und fanden beide, Maria und Josaphat, dazu das Kind in der Krippe liegen.

17. Da sie es aber gesehen hatten, behielten sie die Geschichte für sich und sagten keinem etwas.

(Jeder bekommt einen Zettel mit den Nummern 1 - 17 untereinander geschrieben. Alle Verse werden vorgelesen. Wenn man meint, einen Fehler entdeckt zu haben, macht man einen Strich. Am Schluß noch einmal vergleichen).

 

 

Punktspiel:

Ein Punktkapital für jede Gruppe wird für alle sichtbar an einer Tafel angeschrieben.

Jede Gruppe erhält vor dem Spiel 200 Punkte. Damit muß sie wirtschaften, indem sie bei jeder Runde Punkte einsetzt, die ihr bei richtiger Lösung der Aufgabe zugerechnet werden, bzw. abgezogen werden, wenn die Frage. nicht richtig beantwortet werden konnte.

 

 

Scherzfragen (nicht religiös)

Ein Mann fährt von Saßnitz nach Stralsund. Unterwegs fällt er über Bord. Zwei Reporter streiten sich. Der eine will schreiben: „Der Mann fiel über Bord in d i e Nordsee!“ Der andere: „er Mann fiel über Bord in d e r Nordsee!“ Wer hat strenggenommen recht? (Er fiel in die Ostsee).

Ein Huhn brütet in 18 Tagen 16 Eier aus. Wären es nur 5 Eier gewesen, wie lange hätte es dann dazu gebraucht? (genauso lange)

Was läßt sich nicht mit Worten ausdrücken? (ein Schwamm)

In welche Gläser kann man am besten einschenken? (in leere)

Wieviel Eier kann man nüchtern essen? (nur eins, dann nicht mehr nüchtern)

In welchem Beruf tragen die Männer seit jeher Gamsfedern auf dem Hute? (Gemsen haben keine Federn)

Welches Tier sieht dem Wolf am ähnlichsten? (die Wölfin)

Warum trägt der Jäger grüne Hosenträger? (damit die Hosen nicht rutschen).

Warum wedelt der Hund mit dem Schwanz? (weil der Schwanz nicht mit dem Hund wedeln kann).

Ist Kinderlosigkeit erblich? (kann ja nicht vererbt werden).

In welchem Monat wird in Oberbayern das Heu gemäht? (Gras wird gemäht)

Wer ist durch eine Fensterscheibe gefallen, ohne sie zu zerbrechen? (ein Sonnenstrahl)

Was nistet auf dem Dach, hat lange rote Beine, weiße Flügel, einen roten Schnabel und legt Eier? (nicht der Storch! Die Störchin).

Wie wird ein rotseidenes Taschentuch, wenn man es bei kaltem Wetter in einen grünblauen See wirft? (naß).

Wenn man fünf Kerzen brennen läßt und davon zwei auslöscht, wie viele bleiben übrig? (nur die zwei ausgeblasenen, die anderen brennen ab)

Was will jeder werden und keiner sein? (alt)

Wenn man 17 Äpfel unter 5 Kinder verteilen soll, was macht man dann? (am besten Apfelmus).

Wer ist der international bekannteste Eisenfresser? (der Rost)

In welchen Landen wohnen keine Menschen? (in Girlanden).

Ein Zug verläßt Berlin mit einer Stundengeschwindigkeit von 60 km/h in Richtung Erfurt. Im selben Augenblick fährt in Erfurt ein Zug mit einer Geschwindigkeit von 80 km/h in Richtung Berlin ab. Welcher der beiden Züge ist näher an Berlin in dem Augenblick, in dem sich beide Züge begegnen? (In diesem Augenblick sind sie beide gleich weit von Berlin entfernt).

Auf welcher Seite hat der Fuchs die meisten Haare? (auf der Außenseite)

 

Welcher Vogel wird aus einem Ei ausgebrütet, legt aber selbst keine Eier? (der Hahn)

Wie nennt man das Gegenteil eines süßen Eis? (Sauerei)

Wer kann sagen: „Du bist zwar mein lieber Sohn, aber ich bin nicht dein Vater“? (die Mutter)

Was geschieht mit einer Katze, wenn sie drei Jahre alt war? (sie wird vier Jahre)

Warum fliegen die Vögel in den Süden (weil es zu weit zum Laufen ist)

Warum hat die Giraffe so einen langen Hals (weil der Kopf so weit entfernt ist)

Rührt man in England den Tee mit der rechten oder linken Hand? (man nimmt einen Löffel)

Wenn drei Kühe hintereinander gehen, welche kann sprechen: Hinter mir gehen zwei Kühe? (Kuh kann nicht sprechen).

 

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