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Ringmauer

Schon 1231 war den Reichsfürsten befohlen worden, die Städte durch feste Mauern zu schützen. Auch Dörfer umgaben sich mit Ringmauern und Gräben. In unserer Gegend sind dies Bergen, Fechenheim, Hochstadt, Wachenbuchen und Dörnigheim.

Die Ringmauer wurde deshalb wahrscheinlich im 13. Jahrhundert gebaut, das Untertor soll für 1290 bezeugt sein. Jedoch ist dies nicht unbedingt ein zwingendes Argument für eine Entstehung der gesamten Mauer in dieser Zeit. Frau Katharina Benak, die Bezirksdenkmalpflegerin im Landesamt für Denkmalpflege, nimmt einen Zeitraum vom 14. bis 16. Jahrhundert an, denn anhand der unterschiedlich gemauerten Abschnitte lassen sich am Bestand unterschiedliche Bauphasen erkennen. Sie beruft sich dabei auf eine noch nicht im Druck erschienene Denkmaltopographie für den Altkreis Hanau. Eine externe Bearbeiterin hat sich diese schon vor einigen Jahren vorgenommen. Woher Ihre Angaben stammen, lässt sich aber leider nicht nachvollziehen (auch nicht für das Jahr 1290 für das Untertor.

Wilhelm Mankel gibt an, die Ortsmauer habe früher auf der Höhe der Brunnenstraße geendet. An der Hauptstraße sei ein Graben mit einer Brücke gewesen. Wenn man sich jenen alten Ortsplan ansieht und sich die heutigen Neubauten im Bereich des Gasthofs „Zur goldenen Krone“ wegdenkt, dann geht tatsächlich eine Linie von der Brunnenstraße zu der Abzweigung der Bogenstraße am Haus 20. Die dortige Grundstücksmauer aus Kalkstein könnte dann ein Rest jener ursprünglichen Ringmauer sein. Auch die (heute nicht mehr verwendeten) Flurbezeichnungen „Oberdorf“ und „Unterdorf“ deuten vielleicht auf eine solche Teilung hin.

 

Es gab nur zwei Zugänge zum Dorf: vom Osten das Obertor und im Westen das Untertor. Entsprechend wurden auch die Straßen an das Dorf herangeführt: Ein Weg nach Dörnigheim ging über die heutige Klosterhofstraße und der andere über die heutige Hanauer Straße und Jägerstraße.

 

Die Fläche des Dorfes war bei der Errichtung der Mauer noch nicht vollständig mit Wohnstätten bebaut. Doch die freien Bauplätze wurden nach und nach ausgefüllt. Öfter ist von einem „Hof­raitheplatz“ die Rede, also einem noch unbebauten Grundstück. Am 26. November 1708 wird den Einwohnern befohlen, entweder die Bauplätze im Ortsbereich selber zu bebauen oder innerhalb eines halben Jahres zu verkaufen (bei Androhung von 30 Gulden Strafe). Daß die Mauer früher als die heutigen Häuser errichtet wurde, zeigt auch der gleichmäßige Abstand der Häuser bzw. des Wehrgangs von der Mauer.

 

Die Mauer, die heute nur noch an der Nordseite einigermaßen vollständig erhalten ist, war etwa 900 Meter lang (nicht 1.100 Meter, wie man es meist lesen kann), etwa 80 Zentimeter dick und bis zu vier Meter hoch. Das Gelände vor der Mauer wurde „Schied“ oder „Schütt“ genannt, und zwar an der Nordseite „Bettelschütt“ und an der Südseite „Konradschütt“.

 

Die Mauer wurde ergänzt durch Türme. Die niedrigen Türme heißen „Rondell“ und waren durch eine Zwischen­decke aufgeteilt, so daß oben und unten Verteidiger stehen konnten. In unregelmäßigen Abständen waren in die Mauer trichterförmige, nach außen sich verengende Schießscharten eingelassen.

Allerdings hätte die Mauer gegen feindliche Truppen nichts ausrichten können. Aber Räuber und einzelne Reitertrupps hat man dadurch schon abwehren können. Zumindest galt Hochstadt sicherer als Bischofsheim, das nur eine dichte Hecke als Befestigung hatte, so daß im 17. Jahrhundert Einwohner von Bischofsheim in Hochstadt Schutz suchten (die Familie der siamesischen Zwillinge stammte aus Bischofsheim).

 

Abgesehen von den Tortürmen und dem Narrenhaus waren die übrigen Türme auf ihrer Rückseite offen, also Schalentürme, wahrscheinlich mit einem schiefergedeckten zum Dorf hin abfallenden Dach als oberen Abschluss. Besonders deutlich ist das am ersten Turm am Anfang der Ringstraße-Nord:

 

Die Frage ist, wie viele Türme die Mauer hatte und wie hoch diese waren. Die alten Ortspläne sind in dieser Frage nicht eindeutig. Das Original des Plans von 1715 zeigt überhaupt keine Türme. Es gibt aber eine Art Abschrift in Schwarzweiß mit der Überschrift „Flecken Hochstadt 1715“.  Dieser Plan dürfte auch alt sein, denn er zeigt alte Schrift, enthält aber auch die Türme. Und dann gibt es noch eine trigonometrische Gemarkungskarte von 1855 und einen

Lageplan von 1920, in den auch die Türme eingezeichnet sind, aber natürlich sind nur die noch vorhandenen Türme wirklich zuverlässig wiedergegeben. Außer den viereckigen Türmen Obertor, Untertor und Narrenhaus gab es an der Nordseite fünf Türme und an der Südseite auch fünf (auf der Kate von 1715 sind nur drei eingezeichnet).

 

Im November 2015 beschloß die Stadtverordnetenversammlung die Aufstellung eines Bebauungsplans für den Bereich nördlich der Ringmauer. Dieser sollte vor Bebauung geschützt werden und die illegal dort errichteten Bauten wieder abgerissen werden. In Einzelfällen geschah das auch, aber an die richtig großen Brocken hat man sich nicht herangetraut.

Die Nordseite Hochstadts ist weit und breit das einzige Beispiel für das Aussehen früherer Dörfer. Nur hier ist die Abfolge „Wohnbebauung – Ringmauer - Gemüsegärten - Weingärten bzw. Streuobstwiesen“ noch erhalten.  Es hat allerding schon viele Begehrlichkeiten gegeben, hier Bauland auszuweisen. Der ursprüngliche Zustand ist ja auch heute schon gestört durch Hallen, Hütten, Festplatz, Reiterhof, Abfallsammelstelle und Friedhof. Auch der Parkplatz am neuen Friedhof ist nicht unbedingt eine Zierde, wenn auch dringend erforderlich. Der städtische Eigenbetrieb hat das Gelände aber vorbildlich hergerichtet und hält es in Ordnung.

 

Obertor

Es gab nur zwei Zugänge zum Dorf: vom Osten das Obertor und im Westen das Untertor. Entsprechend wurden auch die Straßen an das Dorf herangeführt: Ein Weg nach Dörnigheim ging über die heutige Klosterhofstraße und einer über die heutige Hanauer Straße und Jägerstraße.

Das Obertor wird wahrscheinlich 1589 / 1590 errichtet, aber in der Gemeinderechnung ist dieses Datum nur belegt für den Bau des Untertors. Es ist Teil der rund um den Ort laufenden Ringmauer. Da diese aber älter ist als das Tor, muß an dieser Stelle schon ein Vorgängerbau gestanden haben.

Das kunstlose Turmgebäude hat ein pyramidenförmiges Dach, kleine Fenster und Schießscharten. Die Eck­qua­derung ist aufgemalt. Am Schlußstein des Torbogens sind nur noch Reste der Sparren des Hanauer Wappens zu sehen, das man anscheinend mutwillig abgeschlagen hat (Schellmann III, Seite 9).

Der Torbogen war durch ein doppelflügeliges Holztor gesichert. Die Angeln des Tores und die Löcher für den Sperrbalken kann man noch sehen, ebenso eine Öffnung in der Decke des Tor­bogens. Es könnte vom Bau herrühren, weil man hier das Baumaterial hochzog. Aber das schließt nicht aus, daß es nachher zu Verteidigungszwecken genutzt werden konnte, indem man Steine oder Pech auf mögliche Feinde schütten konnte.

Im Jahre 1645 im Dreißigjähriger Krieg ist die Lage so unsicher geworden, daß man besondere Maßnahmen gegen umherschweifende Räuberbanden trifft: Der Graben unter der Zugbrücke wird erweitert und ausgemauert, die Brücke wird erneuert und beschlagen, die Wachen werden verstärkt und schießen jedesmal mit ihren Hakenbüchsen, wenn Feinde kommen, um die Einwohner zu alarmieren. Wenn fremde Reiter gesichtet werden, wird die Zugbrücke hochgezogen. Oft lassen sie sich von der Wache mit Speis und Trank oder mit Geld abfertigen. Oder man nimmt die „Freireuter“ zwar auf, holt sich aber aus Hanau Soldaten, um sie in Schach zu halten (aber die Hanauer müssen natürlich auch verpflegt werden). Einmal erhält der Postillion eine Belohnung, weil er vor einer starken Truppe gewarnt hat.

Im Jahre 1861 kommt es zur „Turnerschlacht bei Hochstadt“ und zur „Erstürmung von Hochstadt“ (siehe unten „Felsenkeller“).

Am 11. Juli 1800 hört man in Hanau eine heftige Kanonade, die von einem Gefecht bei Hochstadt herrührt. Die Österreicher versuchen, vom Wald aus gegen Hochstadt vorzugehen, werden aber von der französischen Artillerie zurückgeschlagen, die ihre Geschütze vom Obertor bis zum „Kerker“ stehen hat. Die Österreicher müssen sich bis zum Neuhof und zum Neuwirtshaus zurückziehen. Im Jahre 1866 besiegte Preußen die Österreicher und ihre süddeutschen Verbündeten, auch die Hessen. Als 1866 die Preußen vor Hochstadt erscheinen, lassen sie die Torflügel an beiden Toren aushängen, 1868 werden sie verkauft - Hochstadt ist keine Festung mehr. Daß an mehreren Stellen in Hochstadt die Hanauer Sparren aus den Wappen herausgeschlagen wurden, könnte mit diesem Wechsel zur preußischen Herrschaft zusammenhängen.

Pfortendienst:

Das Tor wurde durch den Schweinehirten („Säuhirt“) auf- und zugeschlossen, der im Haus neben dem Tor wohnte.  Er erhielt für das Hüten der Schweine 32 Gulden im Jahr und zusätzlich 2 Gulden für das Schließen des Tores, später auch vier Gulden. Zum Beispiel 1606 bekam jeder Pförtner am Johannistag (dem 24. Juni) und Michaelis (dem 29. September) zwölf Schilling für einen Imbiß. Der letzte Hirt ist Wilhelm Koch. Er starb im Dezember 1948 im Hirtenhaus am Obertor im Alter von 75 Jahren.

Im Jahre 1771 wird außerdem ein Wachthäuschen am Obertor erwähnt. Hier hatten wohl zu bestimmten Zeiten einzelne Einwohner die „Portenhut“ zu halten, also eine wirkliche Kon­trolle. Der Dienst war sehr begehrt, weil er wohl gut bezahlt wurde.

Der kleine Durchgang am Obertor wurde auch tagsüber von Fußgängern benutzt (damit man vor dem anderen Verkehr geschützt war, so wie heute auch). Vor allem diente es aber dazu, den „Spätheimkehrern“ noch einen Zugang zu ermöglichen. Schwierigkeiten hatte der Pfört­ner dabei vor allem mit jungen Leuten, die nachts noch hinaus wollten. Einmal haben die Hochstädter Jugendlichen aber den Schweinehirten bestochen, daß er ihnen das Tor auch nach Einbruch der Dunkelheit noch öffnete. Es kam wie es kommen mußte: Draußen schlugen sie sich mit den Kilianstädtern und holten sich dabei blutige Nasen. Dabei wird der Torwärter jedes Jahr streng ermahnt, ohne Erlaubnis des Schultheißen oder eines anderen zuständigen Mannes niemand durchs Tor zu lassen. - Gelegentlich findet man aber auch Menschen erfroren vor dem Tor, so einen Mann aus Schlüchtern, einen Handwerksburschen und einen Hutmachergesellen aus der Schweiz.

 

Sperrung des Obertors

Im Jahr 1983 wollen Hochstädter Gewerbetreibende (der heute längst nicht mehr bestehenden Einzelhandelsgeschäfte) die neue Verkehrsführung über die Südumgehung und die Sperrung des Obertors nicht hinnehmen. Im Februar 1984 verlangen sie wieder die Öffnung des Ober­tors. Ihrem Verlangen wird schließlich nachgegeben, aber von einer „verkehrsberuhigten Hauptstraße“ kann seitdem nicht mehr die Rede sein.

 

Hirtenhaus:

Das Haus neben dem Obertor (Hauptstraße 1) wurde 1722 erbaut, wahrscheinlich von Schultheiß Johann Wilhelm Meerbott, der 1707 geheiratet hat. Später war es im Besitz der Gemeinde und das Haus des Schweinehirten.

Nach langem Hin und Her wurde es seit 1992 von der Architektenfamilie Mechthold saniert. Ende Oktober 1995 schließt sie die Innenrenovierung des Obertors ab. Sie hat eine Verbindung vom Hirtenhaus zum Turm geschaffen und dort ein Schlafzimmer und darüber ein Wohnzimmer geschaffen. Am 22. Oktober 1995 stellt sie bei einem „Tag der offenen Tür“ das Gebäude der Öffentlichkeit vor. Im Jahre 1996 läßt sie auch den Turm von außen renovieren und kurz vor ihrem Auszug noch einmal. Danach wohnte dort Herr Bock­stahler, dem das Haus für seine Zwecke genügte und der den Turm an Urlauber vermietete, der ja noch den alten eigenen Zugang von der Straße her hat. Er zog dann jedoch in die Wachenbucher Straße, weil ihm das Treppensteigen zu schwierig wurde. Seitdem werden Turm und Haus als Ferienwohnung vermietet.

 

Umgebung des Obertors:

Kastanienbaum:

Der Kastanienbaum vor dem Friedhof war lange Jahre ein Blickfang, ob man nun aus dem Dorfinneren zum Obertor hinausschritt oder von der Hanauer Straße in den Ort strebte. Besonders im Frühjahr zog der in voller Blüte stehende Baum wegen seiner verschwenderischen Pracht alle Blicke auf sich. Die Wurzeln reichten bis in die Keller der gegenüberliegenden Häuser.

Linde:

Vor dem Friedhofstor stand bis 1756 eine Linde. Vielleicht wurde sie von einem Blitz getroffen. Jedenfalls wurde sie von einem Sturm umgeworfen. In der Gemeinderechnung heißt es 1756, daß das Holz der alten Linde am Obertor am 15. Juli verkauft wurde. In der Gemeinderechnung von 1757 heißt es dann: „drei alb (Albus) für ein Kastanienbäumchen zu setzen vor dem Obertor, wo die alte Linde stand“ (oder nach anderer Überlieferung: „Kaspar Meerbott 10 Albus für 1 Kastanienbäumchen zu setzen an der Oberpforte“)., die aber bei einem Gewittersturm umgeworfen wurde. Sie wurde 1757 durch eine Kastanie ersetzt, die 200 Jahre lang ein Blickfang war, besonders wenn sie im Frühjahr in voller Blüte stand. Ihre Wurzeln reich­ten bis in die Keller der gegenüberliegen­den Häuser. Diese Kastanie wurde 1957 gefällt, weil immer mehr Zweige herunter gebrochen waren. Im fol­genden Jahr wurde an ihrer Stelle wieder eine Linde gepflanzt. Diese schmückt heute in stattlicher Größe den Eingang zum Friedhof in Hochstadt.

 

Ringstraße Süd 2:

Das Haus gehört zu den ältesten Gebäuden außerhalb der Ringmauer im Osten des Ortes (neben der Scheune des Hauses Hanauer Landstraße 24).  Im Jahre 1869 wird an Johann Hensel ein Bauplatz am Obertor verkauft. Er bricht 1892 einen Teil der Ringmauer ab und baut das Haus Ringstraße Süd 2. Hier war bis in die Nachkriegszeit ein Lebensmittelgeschäft. Heute ist dort eine Fahrschule untergebracht.

 

Ringstraße Süd 6:

Das frühere Haus Ringstraße 6 stand im Bereich der Nummer 8 und war so etwas wie das Gemeinde-Armenhaus, Nummer 4 war eine Scheune.

 

Beim Rundgang erwähnt man hier auch „Östlich des Ortskerns“ und „Alter Friedhof“ aus der Datei „Rundgang, Außerhalb“.  Der Blick geht auch nach Südosten zum Gemeindewald, wo die ältesten Bewohner der Gegend in Hügel­gräbern begra­ben sind. Östlich des Ortes gab es früher eine Ziegelei und noch früher eine Kalkkrennerei („Kalkhaus­straße“).

 

 

 

Nördliche Ringmauer

Von Obertor geht es steil bergauf an der Ringmauer entlang. Rechts ist das Haus Ringstraße Nord 2, die frühere Metzgerei Röll. Hier ist unter der Treppe zum Haus ein Einstieg zu den Kalksteinhöhlen. Amtmann Usener aus Bergen hat schon 1860 die Aufbauten über diesem Einstieg im Bild festgehalten.

 

Der Metzger Wolfgang Röll, geboren 1941, erzählt, daß in seiner Kindheit sein Vater in einen Schacht im Bereich der heutigen Treppe hinabgestiegen sei. Er war mit einer dicken Sandsteinplatte abgedeckt und war enger als ein Brunnen. Er war auch ziemlich tief, denn sie mußten noch eine weitere Leiter beim Nachbarn holen. Unten war ein Gewölbe, das aber fast bis oben mit Wasser gefüllt war. Bei dem Schacht handelt es sich aber wohl nicht um den Eingang - der muß weiter unten gewesen sein - sondern wohl um einen Luftschacht. Der Vater hat den Schacht dann mit Erde verfüllt. In der Kirchhofmauer gab es auch eine Tür, durch die man diesen Schacht erreichen konnte.

 

Gegenüber war Haus Ringstraße Nord 1. Es hatte noch eine ganz altertümliche Einrichtung, zum Beispiel eine offene Feuerstelle in der Küche. Das Grundstück wurde von den Eigentümern des Hauses Hauptstraße 2 aufgekauft und das Haus abgerissen.

 

Turm am Beginn der Ringstraße-Nord:

Da erste Stück Ringmauer bis zu dem ersten Turm wurde nach dem Jahr 2022 mustergültig erneuert: Die Fugen um die Steine wurden ausgehackt und neu verfugt. Fehlstellen hat man allerdings nicht mit heimischen Kalksteinen geschlossen, sondern mit Kalksteinen aus der Rhön. Der Turmist zweistöckig uind hatte nach dem Gang zu ein Pultdach, das mit Schiefer gedeckt war. Die Mauer zwischn der Ringmauer und der Kirchhofsmauer ist der Rest einer Scheune.

 

 

Turm am Kirchberg:

Die heutige Maueröffnung ist 4,90 Meter breit, und wenn man 1,60 Meter abzieht für die Mauern des Turms bleiben immer noch 3,30 Meter. Auf dem Plan von 1920 ist der Turm deutlich breiter und im Westen noch von außen vor die Mauer gesetzt. So hatte er die Außenmaße 5,50 Meter und einen Innendurchmesser von 3,90 Meter.

An dieser Stelle ist übrigens eine breitere Grundmauer zu sehen, es könnte sein, daß man die Hauswand aus den Steinen der Ringmauer neu aufgebaut hat. Die Existenz eines Turms an dieser Stelle sollte man nicht in Zweifel ziehen. Weshalb hätte man sonst zwischen den Häusern so einen breiten Raum gelassen, der auch auf der Karte von 1715 schon zu sehen ist? Dieses kurze Stück Straße führt nicht zu einem Haus wie die anderen Straßen, die an der Mauer endeten. Dieser Turm ist das Gegenstück zu dem Turm in der Ringstraße Süd 10, der etwa auf der gleichen Höhe steht. Der Abstand zum Obertor und zu dem Turm am Kirchberg ist allerdings nicht sehr groß. Aber von dieser Seite war die Bedrohung auch besonders groß, weil da Gelände dort anstieg. Der Turm wurde 1918 abgerissen.

 

Östlich des Turms sieht man am Haus Kirchberg 6, daß das Dach geknickt ist, weil man den Gang an der Ringmauer mit einbezogen hat. Die Ringmauer ging bis unter das Dach, das auf der Mauer aufsaß. Heute sieht es so aus, als sei die Ringmauer durchgängig noch ein Stück erhöht worden, ehe man noch ein Stück moderne Mauer draufgesetzt hat. Wenn man diese noch etwas mehr zurückgesetzt hätte, wäre der Anblick besser. Die moderne Fensterreihe sieht nicht besonders aus. Die ehemalige Scheune wurde zum Wohngebäude umgebaut und die Eingangstür (unnötigerweise) verbreitert (Schellmann III, Seite 178 oben).

 

 

Beim Rundgang durch den Ort blickt hier man auf das Evangelische Gemeindehaus aus den Jahren 1975 / 1976. Es wird von verschiedenen kirchlichen Gruppen genutzt und enthält einen Jugendkeller, einen Raum für Mutter-und-Kind-Gruppen, einen Übungsraum für die Chöre und einen Raum für den Kirchenvorstand.

Links sieht man den neuen Friedhof (siehe „Rundgang, Außerhalb, Neuer Friedhof“) und zum

zum Schützenhäuschen, dem letzten der drei Weinberghäuser. Weiter reicht der Blick zum Felsenkeller, wo sich der Eingang zu den Kalksteinhöhlen befand,

 

 

Das Tunnelsystem der Kalksteinbrüche:

Zwischen Bergen und Hochstadt gibt es ausgedehnte Kalkvorkommen, die aus dem Tertiär stammen. Die Kalksteine wurden genutzt für den Hausbau und den Bau der Ringmauer. Um die Steine zu gewinnen, grub man unterirdische Gänge, damit es keine Schwierigkeiten mit den Grundstückseigentümern gab. Außerdem hatte man gleich Transportwege, denn das Material wurde auf den unterirdischen Wegen mit Schubkarren an die Baustelle gebracht.

In Hochstadt erstreckte sich das Abbaugebiet von der nördlichen Ringmauer bis zum Hochbehälter am Schützenhäuschen und von dort über die Weidekaute bis zur Börrwiese. Durch den unterirdischen Abbau entstanden die heute noch vorhandenen Gänge und Höhlen, die stellenweise fünf Meter hoch und fünf Meter breit sind.

Viele Bauern hatten aber auch oberirdische Kalksteinbrüche beiderseits der Straße nach Dorfelden, wo sie Steine für den Eigenbedarf brachen. Der größte Steinbruch war die „Weidekaute“, etwa 100 Meter lang, 50 Meter breit und zwei Meter tief. Sie lag rechts der Straße nach Dorfelden mitten im Gemarkungsteil Weidekaute. Der Steinbruch wurde nach dem Zweiten Weltkrieg als Müllkippe benutzt und dann mit Muttererde abgedeckt (heute noch erkennbar an der veränderten Grasnarbe und dem Fehlen der Bäume).

Die Kalk-Adern verliefen teilweise nur knapp unter der Oberfläche. Deshalb kam es im Laufe der Zeit zu Einbrüchen in das Tunnelsystem oder es wurden Zugänge freigelegt. Schon beim Bau der ersten Wasserleitung für Hochstadt in der Mitte des 19. Jahrhunderts wurden im Bereich der Börrwiese mehrere Gänge angeschnitten; auch bei späteren Reparaturarbeiten soll man wieder auf sie gestoßen sein.

Die im Krieg in Hochstadt stationierten Bayern hatten bei einer Übung im Gelände am Schützenhäuschen einen schweren Maschinengewehrstand errichtet. Doch der Bereich des Schanzloches sackte um etwa drei Meter ab, wohl infolge des Einbruchs eines Tunnels.

Etwa im Jahre 1953 bricht ein Pferdefuhrwerk des Andreas Emmel ein, weil ein Gang eingestürzt war. Die Stelle ist auf dem „Steinkautenweg“, der Verlängerung der Straße nach Dorfelden, kurz hinter der ersten Linksbiegung. In diesem Bereich sieht man auch links und rechts der Straße Einbrüche oder Tagebaureste. Dort befindet sich auch ein unterirdischer Gang, der in der Kaiserzeit von Soldaten zu Übungszwecken begangen wurde.

Um 1900 entdeckte man bei Umbauarbeiten an den Nebengebäuden des Hauses Bogenstraße 12 (heute Guldnergasse 2) einen Gang in Richtung Felsenkeller, der als Fluchtweg gedient haben könnte.

 

Die Höhlen im Bereich der Straße „Wallgraben“:

Ein Eingang in die Kalksteinhöhlen war am Haus Ringstraße -Nord 2 (siehe oben). Von diesem Schacht gab es einen Gang zu einem Verzweigungsraum nördlich des Hauses Kirchberg 6. Im Zweiten Weltkrieg im Jahr 1943 stieß der Maurermeister Johannes Fischer beim Bau eines Löschwasserbeckens an der Ostseite des Beckens auf diesen Raum. Von hier gingen mehrere Gänge ab:

  • Einen Gang in Richtung Kirchhof hat Fischer etwa 20 Meter weit betreten. Endpunkt wäre der alte Kirchturm an der Nordwestecke der Kirche gewesen.
  • Auf dem Gelände des Evangelischen Gemeindehauses hat man beim Bau mehrere Gänge angeschnitten. Auf der Nordseite des Grundstücks des Evangelischen Gemeindehauses befand sich bis etwa 1935 ein tiefes Loch, das wohl durch einen Tunneleinbruch entstanden ist und dann als Müllkippe benutzt wurde. Franz Brück aus Enkheim vermutet hier sogar einen „Michaelsgang“ (wegen der Himmelsrichtung) zum Schützenhäuschen, das ursprünglich ein „Marienbrunnen“ gewesen sein soll; aber das ist wohl doch etwas zu viel Phantasie
  • Ein Gang in Richtung Felsenkeller. Dieser wurde schon einmal bei Brunnenbauarbeiten angeschnitten und 1943 wieder entdeckt. Er war auch im Weg, als die Familie Sittig, Wallgraben 2, in ihrer Garage eine Reparaturgrube ausheben wollte.
  • Der Gang ging dann weiter zum Grundstück Am Felsenkeller 7, wo sich unter dem Haus gemauerte Reste befanden. Am heutigen Hoftor zum Grundstück Am Felsenkeller 9 befand sich eine Wendeltreppe. Otto Decker (Am Felsenkeller 9) hat in der Nähe des Eingangs seines Hauses etwa sechs Meter in die Tiefe gegraben und dabei eine Treppe freigelegt. Dann reichte das Abstützmaterial nicht mehr und wegen Einsturzgefahr wurde alles im Jahre 1940 wieder mit Bauschutt verfüllt.

 

 

Felsenkeller:

Das interessante Objekt in diesem Gebiet ist jedoch der eigentliche „Felsenkeller“ auf dem Gelände des Grundstücks Am Felsenkeller 11. Der Felsenkeller ist wohl kein geplantes Bauwerk, sondern er wurde Zug um Zug durch den Kalkabbau gebildet. Eines Tages waren die Hohlräume so groß, daß sie als Keller und Zufluchtsort genutzt werden konnten.

In der Mitte des 19. Jahrhunderts kauft die Brauerei Kaiser aus Hanau eine Parzelle über den Gewölben und errichtet darauf ein Gebäude und legt drei Bierkeller an. Der Bierkeller unter dem Haus Am Felsenkeller 11 ist allerdings unabhängig von dem Höhlensystem und auch viel größer als die Gänge und ist erst um 1890 entstanden.

Ein Industrieunternehmen aus Dietesheim läßt 1900 eine Eingangsstelle freilegen und macht dadurch eine Besichtigung der Gänge möglich. Aber Gebäude und Keller stehen mehrere Jahre leer und die Keller laufen voller Wasser. Im Jahre 1904 oder 1905 zieht dann die Familie Kraft in das Haus ein, muß aber wegen säumiger Miete bald wieder ausziehen. Im Jahre 1907 wird das Anwesen von einem Hanauer Juden für Philipp Klees ersteigert.

Im Jahre 1938 legt die SA (nationalsozialistische Organisation) erneut die Stelle frei. Dabei nimmt Otto Gerlach zwei Bilder auf, die in der Stadtbibliothek Hanau aufbewahrt werden, aber aus dem Stadtarchiv Maintal stammen.

 

Man dringt damals etwa 30 bis 40 Meter in die Tunnelanlage ein. Mit langen Stablampen werden die Gänge ausgeleuchtet. Gerätschaften werden aber nicht gefunden. Nach diesem Tunnelabschnitt kommt ein Verzweigungsraum, der etwa 12 bis 20 Quadratmeter groß ist und von dem weitere Tunnel abzweigen. In der Mitte der Gänge sind noch die Radrillen der Schubkarren zu sehen, mit denen die Steine transportiert wurden.

Im Jahre 1940/41 wird der Felsenkeller überprüft, ob er sich als Luftschutzkeller eigne. Es wird eine Wendeltreppe freigelegt. Man kommt bis zur 96. Treppenstufe, wo man auf Wasser stößt. Eine große Motorpumpe wird herbeigeschafft, um das Wasser abzupumpen. Dabei nutzt man auch einen weiteren Zugang vom Garten her, der als Bierfaßschacht der Brauerei Kaiser genutzt wurde. Aber das Wasser sickert so schnell nach, daß die Aktion abgebrochen werden muß. Bis 1980 ist der Zugang nur mit Bohlen verlegt, seitdem aber mit Zement überzogen. Am Felsenkeller 11 bricht 1980 wieder ein kleines Teilstück ein. Kinder versuchten, durch dieses Loch einzusteigen. Bedienstete der Stadt verfüllen das Loch.

 

 

 

 

Im Jahre 1978 wird auf dem Grundstück „Am Felsenkeller“ 18 ein Tunneleinbruch verfüllt, neben dem sich ein Verzweigungsraum befindet. Auf dem Grundstück. . Auch im „Bücherweg“ bricht beim Bau des Hauses Nr. 1 b ein Tunnel ein und wird verfüllt.

Reinhard Schellmann bezweifelt allerdings die Existenz eines ganzen Systems von Kalksteinhöhlen (Schellmann III, Seite 83). Er sieht auch, daß früher nördlich der Ringmauer in Gruben - aber auch unter der Erdoberfläche - Kalksteine gebrochen wurden, aber dabei seien nur mehrere kurzstreckige Gänge in unterschiedlichen Richtungen entstanden.

 

 

Turnerschlacht bei Hochstadt:

Im Jahre 1861 kommt es zur „Turnerschlacht bei Hochstadt“ und zur „Erstürmung von Hochstadt“ Vom 10. bis 12. August sollte in Berlin der „Deutsche Turntag“ stattfinden. Für Sonntag, den 4. August, lädt die Turngemeinde Hanau die Vereine des Maingaus zu einer geselligen Unterhaltung auf den Felsenkeller außerhalb Hochstadts ein. Das Gelände stellt Herr Rauch, der Wirt des Gasthauses „Zur goldenen Krone“, zur Verfügung, weil die Turner bei ihm ihr Vereinslokal haben.

Es sollen 600 bis 700 Turner aus Frankfurt, Offenbach, Fechenheim, Bockenheim, Kesselstadt und Hanau gekommen sein. Doch der Bürgermeister verbietet auf Weisung von oben das Musizieren und Singen freiheitlicher Lieder. Das Obertor ist gleich geschlossen worden. Aber durch das Untertor kommt eine Abordnung der Turner zum Bürgermeister, um ihn umzustimmen.

Da Bürgermeister Weber einen Bruder hat, der zufällig auch Wirt ist, kann man ihm persönliche Gründe unterstellen. Besonders übel wird vermerkt, daß schon vor Ankunft der Turner mehrere mit Schieß- und Spießwaffen versehene Gendarmen auf dem Felsenkeller aufgestellt wurden.

Plötzlich fängt ein Bockenheimer namens Ettlinger an, einen lustigen Marsch zu trommeln. Er läßt sich darin auch nicht durch das Verbot eines Gendarmen stören. Dieser will ihm die Trommel entreißen. Es entwickelt sich ein regelrechtes Handgemenge. Dem Gendarmen wird der Helm vom Kopf geschlagen, die Waffen werden ihm zum Teil abgenommen und weggeworfen.

Da kommt das Gerücht auf, die Abordnung im Dorf werde von den Bauern bedrängt. Ein Turner kommt mit blutender Kopfwunde aus dem Dorf. Die Aufregung der Turner steigert sich. Schließlich kostet der Apfelwein nur zwei Kreuzer je Schoppen und man ist schon in gehobener Stimmung.

Da läßt der Bürgermeister Sturm läuten und die Tore schließen. Das Gerücht verbreitet sich, die Turner seien weiterhin den Mißhandlungen der Einwohner ausgesetzt, die mit Steinen, Sensen und Dreschflegeln gegen sie vorgingen. Die Turner - meist Hanauer - werfen mit Steinen gegen das Obertor.

 Später wird erzählt, das Obertor sei von den Turnern mit einem Baumstamm eingerammt worden. Doch das stimmt nicht. Vielmehr klettern einige junge Männer über die mit Efeu bewachsene nördliche Ringmauer und öffnen das Obertor von innen. Die Turner stürmen in das Dorf und werden mit einem Hagel von Steinen empfangen. Mehrere Häuser, aus denen geworfen wurde, werden übel zugerichtet.

Mittlerweile haben die Frankfurter und Offenbacher Turner den Ort umgangen und greifen ihn von Süden an. Weil sie mit einem Bombardement des Untertores drohen, wird auch dieses geöffnet. Die Turner befreien ihre im Rathaus eingesperrten Kameraden. Den Bürgermeister suchen sie vergeblich, er soll sich im Heu versteckt haben.Die Turner zählen ihre Reihen, aber es wird keiner vermißt. Einige haben durch die Steinwürfe leichte Verletzungen. Aber die Aufregung legt sich doch. Sie wollen wieder in ihre Heimatorte abmarschieren.

Inzwischen hat sich der zweite Gendarm auf sein Pferd geschwungen und den Behörden in Hanau Meldung gemacht. Der Landrat ruft die Garnison zur Hilfe, die in Stärke von etwa zwei Kompanien abends gegen 20 Uhr ausrückt. Als die Turner das erfahren, wird ihnen doch anders und sie rücken alsbald in geordneter Formation ab.

Doch die Hanauer Turner begegnen an der Fasanerie den vom Landrat angeführten Soldaten. Dieser ermahnt sie, ruhig nach Hause zu gehen. Das versprechen die Turner auch brav und bekräftigen dies noch mit einem Hoch auf den Kurfürsten. In Hochstadt findet die Truppe alles in Ordnung und begibt sich nach einem kräftigen Schluck wieder zurück in die Kaserne in Hanau

Es kommt dann noch zu Untersuchungen in Hanau, Offenbach, Frankfurt und Bockenheim. Einige Bockenheimer Turner werden in Haft genommen. Da man aber nicht nachweisen kann, wer sich den Gendarmen widersetzt hat, werden sie wieder freigelassen. Aber die Hanauer Polizeidirektion verbietet den Turnvereinen, auswärtige Turner einzuladen oder bei sich aufzunehmen, sonst würden sie aufgelöst. Erst Ende 1863 wird dieses kleinliche Verbot und das Verbot der schwarz-rot-goldenen Fahnen aufgehoben. Damit war die „Revolution“ in Hochstadt beendet. Die Hanauer Turner mieden die Hochstädter eine längere Zeit und gingen nicht mehr zum Apfelweintrinken nach Hochstadt. Auch die Hausfrauen wollten geraume Zeit nicht mehr bei den Hochstädter Marktfrauen kaufen.

Bodenfunde:

Aus römisch-fränkischer Zeit gibt es folgende Funde: Eine römische Urne wurde „in den Weinbergen“ gefunden. Ein fränkischer Grabfund soll 1898 „am Weg nach Dörnigheim“ gefunden worden sein, nach anderer Angabe am Felsenkeller. Zu diesem Fund gehören eine Scharnierfibel, ein Wiegemesser, ein Beil, ein Messer, zwei Ringe und ein Topf aus blaugrauem Ton mit horizontal geraden Linien und Wellenlinien. Vor allem gehört dazu aber auch eine Kette aus Glas- und Bernsteinperlen, die zunächst als fränkisch eingeschätzt wurde, heute aber eher als unecht angesehen wird.

 

Schießstand:

Die „Flobertschützen-Gesellschaft Tell“ wird 1897 gegründet. Am 25. Oktober 1903 findet erstmals das Stiftungsfest auf der Bleiche statt. Bäckermeister Hermann Koch, der Erste Vorsitzende, hält dabei eine umfangreiche Ansprache. - Der erste Schießstand ist der Kalksteinbruch am Felsenkeller. Nach dem Ersten Weltkrieg wird ein Schießstand in der verlängerten Schützenstraße am heutigen Festplatz geschaffen. Dort trifft man sich sonntags um 7 Uhr zum Schießen.

 

Hochstädter Genossen:

Heinrich Huhn wohnt auf dem Felsenkeller. Er ist einer der bekannten Hochstädter „Huhnsbuben“ und hat das Herz auf dem rechten Fleck. Eines Tages fährt er mit dem Zug in Richtung Rhein. Ihm gegenüber sitzt ein gut situierter Herr. Die Fahrt verläuft einsilbig. Dann kurz vor Mainz bricht es aus Heini Huhn heraus: „Dir hab‘ ich auch schon ein paar Mal mit dem Pinsel übers Maul gefahren!“ Der andere - es ist der Bundestagsabgeordnete Bernd Reuter aus Heldenbergen - ist erstaunt, läßt sich aber aufklären: Heini hat schon mehrfach Plakate für die Partei geklebt und dabei tatsächlich dem Abgeordneten „übers Maul“ gestrichen. Diese Begegnung aber war der Beginn einer langen Freundschaft.

 

 

 

Turm am Ende der Guldnergasse:

Dieser Turm war dreistöckig (weitere Bilder in Schellmann III, Seite 20). Der Ansatz zu der Rundung ist auf der Ostseite noch zu sehen und der Durchmesser ist auch ungefähr so wie bei dem Turm Kirchberg 4.  Die Öffnung ist heute 4,70 Meter breit. Man muß aber noch 80 Zentimeter Ansatz der Rundung hinzurechnen, so daß man auf 5,50 Meter kommt. Davon wieder 1,60 Meter Mauerstärke abgerechnet ergibt ein Innenmaß von 3,90 Metern. Hier hat man zunächst die unteren Schießscharten aufgebrochen, um besser zu den Gärten gelangen zu können. Gegen Ende des Ersten Weltkriegs hat man den Turm 1918 ganz abgerissen

 

Gang hinter der Mauer:

Zwischen der Mauerinnenseite und den Häusern (meist den Rückseiten von Scheunen) verlief ein fast zwei Meter breiter Gang um den gesamten Ort herum, der Eigentum der Gemeinde war. Nur das Haus des Schweinehirten am Obertor und das Haus des Bäckers am Untertor waren mit ihrer Rückseite unmittelbar an die Mauer gebaut.

Nachdem Ringmauer und Gang ihre strategische Bedeutung verloren hatten, konnten die anliegenden Grundstücksbesitzer gegen Ende des 19. Jahrhunderts diesen Gang samt Mauer erwerben. So wurde 1891 ein Stück Gang an der Ringmauer verkauft. Von dieser Möglichkeit haben aber nicht alle Gebrauch gemacht, weshalb auf der nördlichen Seite auch heute noch Abschnitte des Ganges im Eigentum der Stadt sind und so für jeden zugänglich sind.

Einige Schießscharten in der Mauer sind zugemauert, weil sie im Winter oft von Einwohnern genutzt wurden, um Hasen zu schießen.

So wird am 24. Juni 1784 wird über eine besondere Art von Wilddieberei geklagt: das Hasen-Schiessen. Dabei werden vor der nördlichen Ringmauer in mondhellen Winternächten abgeschnittene Apfelbaumzweige ausgelegt. Dadurch werden die Hasen angelockt und können von den Schützen hinter der Mauer geschossen werden. Daraufhin wurden einige Schießscharten in der Mauer zugemauert (heute noch zu sehen).

 

Graben vor der Mauer:

Umstritten ist, ob es vor der Mauer einen Graben und einen Wall gab, wie es der Straßenname „Wallgraben“ nahelegt. Es gibt ein Ölbild von Carl Peter Burnitz mit dem Titel: „Der Graben vor der alten Stadtmauer von Hochstadt“. Der bekannte Frankfurter Maler lebte vom 14. Januar 1824 bis 18. August 1886.  Das Original des Bildes in der Größe von 45,9 mal 56,8 Zentimeter befindet sich im Städel­schen Kunstinstitut in Frankfurt unter der Inventarnummer SG 694, ist aber dort nicht ausgestellt. Eine Fotografie aus dem Jahre 1937 gibt es bei Foto Marburg, ist aber auch im Kunsthandel käuflich zu erwerben. Das Bild war auch im Internet zu finden unter „www.artothek.de/de/bild-detai2ls/20191/html“, ist aber jetzt nicht mehr vorhan- den. Heute ist es nur noch unter „Bildergipfel“ zu finden

Das Hochstädter Bild gehört nicht zu den bekanntesten Bildern. Aber es zeigt auf alle Fälle den Zustand vor 1886 (seinem Todesjahr). Vielleicht ist es aus der gleichen Zeit wie die Bilder des Amtmann Usener aus Bergen, der 1860 den Eingang zu den Kalksteinhöhlen (Ringstraße Nord 2), den hohen runden Turm hinter dem Haus Trinkbrunnenstraße 8 und das Untertor mit Backofen zeichnete.

Gezeigt wird die nördliche Ringmauer mit einem Rondell (halber Rundturm) hinter einem kahlen Baum und mit einem Haus mit steilem Giebel. Die Frage ist nun, um welches Rondell es sich handelt. Es könnte das Rondell sein, das etwa in der Mitte der Mauer an der Grenze zwischen Oberdorf und Unterdorf steht, etwa im Bereich der Bogenstraße 22. Aber im weiteren Verlauf der Mauer nach Osten stehen keine Häuser mit dem Giebel zur Mauer, wie auf dem Bild dargestellt. Es müßte sich also um das Rondell an der heutigen Guldnergasse handeln. Das Gelände steigt an, und den Horizont bildet ein stark hervorspringendes Rondell. Hier wird es sich wohl um den Turm am Ausgang der heutigen Straße „Am Kirchberg“ handeln.

 

Interessant ist dieses Bild auch für die Frage, ob es vor der Ringmauer einen Graben oder sogar ein Wall gab, wie es der Straßenname „Wallgraben“ nahelegt. Ein Wall ist wohl kaum möglich (schon gar nicht an der Südseite). Einen Wassergraben gab es schon gar nicht, denn wegen des abschüssigen Geländes konnte man ihn ja nicht mit Wasser füllen. Der jetzige kleine Graben wurde erst in den siebziger Jahren angelegt, vielleicht zusammen mit der neuen Straßenbezeichnung „Wallgraben“.

 

Nun gibt es aber auch noch zwei fotografische Aufnahme in Schellmann III, Seite 23 oben, aus der Zeit vor 1918 (von Helmut Schmidt) und auch Schellmann III, Seite 16 (siehe oben, ganz am Anfang).

Auf diesen drei Bildern sieht man aber unregelmäßige Vertiefungen vor der Mauer, die auch mit Wasser hätten gefüllt sein können. Allerdings ist nicht nachgewiesen, daß das Gelände überall so gestaltet war. Vor den Toren gab es allerdings Gräben. Während des 30-jährigen Krieges wurden zur größeren Sicherheit die Gräben vor den Toren tiefer gemacht und mit neuen Zugbrücken versehen. Im Jahre 1644 wurde der Graben unter der Zugbrücke am Obertor erweitert und „in die Viereck gemauert“. Ferner schaffte man zwei Haken an „so an die Rollen gemacht damit die Brücke aufzuziehen“. Zumindest im unmittelbaren Bereich der Tore hat sich in den Gräben Wasser befunden, denn 1606 entstanden für die Gemeinde Kosten „wie die Wasser vor den Thuren besichtiget worden“.

Auf zwei Bildern (Burnitzgemälde und Turm Bogenstraße 22) wird außerdem der Eindruck erweckt, das Gelände steige nach links stark an und der Rand der Gärten läge höher als der Fuß der Ringmauer. Der Maler hat sich offenbar gedacht, daß der Aushub aus dem nicht sehr tiefen, aber breiten Graben irgendwo gelagert werden mußte. Dadurch entstand der „Wall“ auf der linken Seite. Hier hat wohl mehr die künstlerische Freiheit eingewirkt. Und das Foto ist etwas schräg aufgenommen, doch in Wirklichkeit sind die dortigen Gärten fast ebenso flach wie die Ebene vor der Mauer. Die Landschaft gibt diesen Anblick an sich nicht her. Auch wenn Burnitz von einem Graben spricht, so ist der „vorgelagerte Graben“ wahrscheinlich eine Erfindung von Leuten, die Mauer und Graben immer zusammensehen, wie das bei Burgen (besonders Wasserburgen) die Regel ist. Aber so ganz kann man es doch nicht abweisen, daß es zumindest stellenweise vor der Mauer auch Wasserstellen gegeben haben muß

 

Im Jahre 1991 werden an der nördlichen Ringmauer Spielgeräte für die Kinder aufgestellt, die aber mit der Zeit wegen Baufälligkeit verschwinden. Am Ausgang der Schützenstraße (Westseite) war lange Zeit die „Happy-Horse-Ranch“. Dort feiert im Juni 1994 der Happy-Horse-Club seinen 20. Geburtstag. Der Verein wird von Klaus Karau geleitet und hat 15 Mitglieder. Bei der „Country-Nacht“ ist Dave Dudley aus Nashville dabei, einer der berühmtesten Country-Sänger unsrer Zeit.

 

 

Turm in Höhe der Bogenstraße 22:

Der Turm ist zweistöckig und hat ungefähr folgende Durchmesser: Außen 4,50 Meter, minus 2 x 80 Zentimeter Mauer ergibt einen Innendurchmesser von 2,90 Metern. Innen kann man noch die Auflagen für den Umgang erkennen. Aber an sich fehlte der Mauer ein durchgehender Wehrgang nahe der Mauerkrone. Den hat man sich nicht leisten können. Angreifer konnte man nur von den tiefliegenden Schießscharten aus bekämpfen. Der Turm steht am Ende der ersten Dorfmauer, die das Oberdorf nach Westen abschloß.

 

Der Durchbruch an der Schützenstraße hat nur ein Innenmaß von 3,30 Meter, hier hat kein Turm gestanden. Aber östlich des Durchbruchs ist vor der Mauer noch ein Stück Betonmauer erhalten. Hier war im Zweiten Weltkrieg in Löschwasserbecken, das nach dem Krieg noch als Schwimmbad benutzt wurde.

 

 

Hoher Turm Höhe Trinkbrunnenstraße 8:

Der Turm entspricht dem hohen Turm an der Ringstraße Süd. Er ist von dem Grundstück Trinkbrunnenstraße 8 aus zugänglich.

Aber der Turm war natürlich kein „Hexenturm“. Von „Hexenprozessen“ ist in Hochstadt keine Rede, abgesehen davon, daß es überhaupt keine Hexen gab oder gibt – nirgendwo. Diese Bezeichnung ist allein von Frau Ursula Pohl erfunden, die wah­l­weise das Narrenhaus oder diesen hohen Turm so bezeichnet.

Aber sofort hat der „Humor- und Musikverein“ das „Hexenturmfest“ daraus gemacht, obwohl zu einem Fastnachtsverein doch mehr der Name „Narrenhausfest“ passen würde (auch wenn das damals andere Narren waren). Die Humoristen winden sich da etwas: In der Zeitung heißt es dann einmal „der Hexenturm, der im Volksmund auch Narrenhaus genannt wird“.  Aber ein paar Tage später heißt es am 9.  Juli.2016: „Das ehemalige Narrenhaus, das im Hochstädter Volksmund auch als Hexenturm bekannt ist“.

 

Zwischen beiden Türmen befindet sich ein kleiner Durchgang am Ende der Ritterstraße, der den Bewohnern den schnellen Zugang zu den Gärten ermöglicht.

 

Ganz in der Nähe steht der „Katze-Baum“. Der Weißdornbaum wurde nach dem Juden Salomon Kntz benannt, der in der heutigen Ritterstraße 11 wohnte und oft unter diesem Baum saß, Der Baum wurde 1997 von einem Gärtner der Stadt gefällt, aber inzwischen durch einen neuen Baum ersetzt.

 

 

„Narrenhaus“:

Der viereckige hohe Turm an der Westseite der Ringmauer wird das „Narren­haus“ genannt.

Dies ist keine volkstümliche Bezeichnung, denn der Name kommt schon in der Gemeinderechnung von 1798 vor, als erwähnt wird, daß Jacob Emmel den Turm gefegt hat. Hier hat man in früheren Zeiten Geistesgestörte untergebracht, aber keine vermeint­lichen „Hexen“.

Im Jahre 1601 muß die Gemeinde viel Geld ausgeben für eine Frau aus Dörnigheim, die „narrisch im Turm gesessen“. Er könnte aber auch - neben den Tortürmen - als Gefängnis benutzt worden sein. Im Jahre 1600 wird ein Mann aus dem Frankenlande in Wachenbuchen beim Diebstahl erwischt und in Hochstadt für acht Tage in den Turm gesperrt. Als zum Beispiel 1608 einer sagt: „Wenn ich die Summe schulde, sollen hunderttausend Teufel kommen und mich zerreißen!“ kommt er wegen des Fluchs in den Turm.

 

Vom Wehrgang aus kommt man durch die spitzbogige gotische Eingangstür in einen überwölbten Raum, in den kein Licht fällt. Hinter der Eingangstür führten zwei Stufen hinab in die Arrestzelle, die Vertiefung ist heute mit Bauschutt verfüllt. Rechts befand sich bis etwa 1900 ein Halseisen. Bis zu die­ser Zeit wurden hier noch Jugendliche für einige Stunden eingesperrt, die einen Dumme-Jungen-Streich verübt hatten. Der Raum muß aber früher eine Holzbalkendecke gehabt haben, denn die Löcher für die Balken sind noch zu sehen (Schellmann III, Seite 33 und 34).

 

Über der unteren Eingangstür gibt es noch eine obere Eingangstür in das zweite Stockwerk. Dort sieht man noch die Auflager der früheren Balkendecke. Bei der Restaurierung mußte hier der Schutt entfernt werden, der sich bis zur Höhe der Schießscharte angesammelt hate (Schellmann III, Seite 32). Der Turm hat im oberen Teil keine Schießscharten wie die Rondelle, war also wohl mehr ein Beobachtungsturm. Der Turm hat bis etwa 1800 ein „spitzes“ Dach gehabt, vielleicht ähnlich dem des Obertors. Seit 2013 ist das Gebäude vor Witterung gesichert durch ein flaches Dach, das nur dem Schutz des Bauwerks vor weiterem Verfall dient. Original sah das Dach vielleicht aus wie auf dieser Zeichnung, oder wie am Obertor

 

In den Schuppen neben dem Turm waren der Krankenwagen und der Leichenwagen untergebracht und zeitweise auch die Feuerwehr.

Im Lagerbuch der Gemeinde Hochstadt von vor 1929 wird schon gesagt, daß am Narrenhaus eine Transformatorenstation war. Dieses turmartige Gebäude wurde durch einen holzverkleideten Schuppen ersetzt.

 

Verputz der Ringmauer:

Von der Ringmauer sind heute noch etwa 460 Meter, fünf Türme sowie das Obertor erhalten.

Die Restaurierung der Mauer im Bereich des Narrenhauses im Jahr 2013 stieß jedoch weitgehend auf Kritik. Der Architekt Thomas Seipel hat eine Untersuchung gemacht und ein Gutachten abgegeben und über 12.000 Euro erhalten, um zu sagen: „Verputzt die Mauer großflächig!“ Der Architekt sagte: „Die Sanierungsarbeiten waren dringend nötig, weil der Kalkstein, der für den Bau der Mauer verwendet wurde, in diesem Teil besonders porös ist!“

Bei der Sanie­rung wurde ein Großteil des alten Zementmörtels entfernt, denn dieser schädigt die alten Kalksteine, weil er Wasser zieht. „Ein neuer, steinsichtiger Putz, der in einem Nassspritzverfahren aufgetragen wurde, gibt der historischen Ringmauer bereits auf einem Teilabschnitt ein neues Aussehen. Zu erkennen sind auf diesem Mauerstück jetzt nur noch vereinzelt Steine, die so gut erhalten waren, dass sie nicht verputzt werden mussten!“ Aber in Wirklichkeit hat man großflächjg über alles geputzt.

Wilfried Seng schrieb dazu: „Der historische Anblick der alten Schutzmauer ist total verloren gegangen, sie unterscheidet sich kaum noch von einer Betonmauer, die man künstlich auf ‚alt‘ getrimmt hat!“ Der Putz wurde nicht schleierhaft aufgespritzt, sondern richtig dick aufgetragen. Er hat eine bräunliche Farbe, die aber im oberen Teil bald von schwarzen Flecken abgelöst wurde, die durch den Regen entstanden.Insgesamt wurden rund 200.000 Euro in die Sanierung investiert. Durch den Verputz kann man halt viele Meter machen und die Kosten drücken, aber die Ringmauer ist nicht mehr das, was sie einmal war. Und wie ist es eigentlich mit der Rückseite der Mauer, sind da keine Schäden?

 

Reinhard Schellmann nahm zu der Kritik einiger Bürger Stellung, um auch die Wogen ein wenig zu glätten: „Bei vielen Hochstädtern ist vor allem die großflächige Auftragung des Verputzes auf Befremden gestoßen, was für jeden, der das alte Erscheinungsbild gewohnt war, irritierend wirken musste. Wenn man aber einmal ältere Fotografien der Ringmauer betrachtet, kann man sehen, dass nicht nur das Narrenhaus, sondern auch die Ringmauer früher verputzt war. Dort, wo der Putz keinen Schutz mehr bot, kam es zwar zu einem pittoresken Bild, aber nach kurzer Zeit auch zu einer schweren Schädigung des Mauer­werks. Der Hochstädter Kalkstein ist nun einmal als Baustoff teilweise von mäßiger bis schlech­ter Qualität und die Westseite der Ringmauer besonders starken Wettereinflüssen ausgesetzt. So gesehen erscheint die jetzige Sanierung eher sinnvoll und für die Zweifler wir sie erträglicher werden, wenn der jetzt bestehende dünne Zementschleier sich mit der Zeit auflöst und die noch offenen Steinstrukturen deutlicher zu Tage treten lässt.“  

Schellmanns Foto aus der Zeit um 1910 zeigt tatsächlich das Narrenhaus und die rechts anschließende Mauer, die großenteils verputzt sind, aber am oberen Rand sind die Kalksteine zu sehen, weil dort der Verputz mit der Zeit abgefallen ist oder auch gar nicht vorhanden war.

Dieses einzige Beispiel besagt noch nicht, daß die ganze Mauer (beidseitig) verputzt war.

 

Bauvorhaben Altenheim:

Im Jahre 2000 kam der Plan auf in der Nähe der Straße „An der Weidbach“ die Hochstädter Zweigstelle des Maintaler Seniorenheims zu errichten, nur weil die Stadt dort in den Besitz eines Grundstücks gekommen ist. Die Stadtverordnetenversammlung hat dem Magistrat den Auftrag erteilt, einen Standort für das Altenheim in Hochstadt zu prüfen. Der Standort wäre zweifellos gut geeignet, denn einerseits ist die Entfernungen zum Ortsmittelpunk gering (damals gab es noch den Laden in der Hauptstraße 51) und zu den wichtigsten Einrichtungen, und andererseits schließt sich der Grünbereich unmittelbar an. Den älteren Menschen wäre also eine Teilhabe am örtlichen Gemeinschaftsleben ermöglicht.

Bisher war es übereinstimmende Meinung in Hochstadt, daß das Gelände nördlich der Ringmauer in Hochstadt nicht bebaut werden soll, um den altertümlichen Gesamteindruck der fast vollständig erhaltenen Anlage nicht zu stören. Die Ringmauer und vor allem der Bereich um das Narrenahaus ist weit und breit das einzige Beispiel dafür, wie früher die Dörfer aussahen: abgeschlossen durch eine Ringmauer und umgeben von Krautgärten und Streuobstwiesen.

Man muß sich entscheiden, ob man das einzigartige Ensemble an der Ringmauer zerstört und damit die Anziehungskraft der Stadt vermindert oder ob man den Bewohnern einer Alteneinrichtung etwas längere Wege zumutet. In Hochstadt befürworten sicherlich einige Einwohner diesen Standort, weil ihnen Denkmalpflege und Naturschutz gleichgültig sind.

Auch die Bewohner der anderen Stadtteile und sicherlich mancher Stadtverordnete von dort werden noch nicht die einzigartige Bedeutung des nördlichen Randes von Hochstadt erkannt haben.

 

Gegen den Standort sprechen verschiedene Gründe:

1. Denkmalschutz:

Das Grundstück liegt unmittelbar an der denkmalgeschützten Ringmauer, und zwar ausgerechnet an dem sensibelsten und interessantesten Teil dieser Ringmauer mit dem einzigen viereckigen Turm an dieser Ringmauer. Aus denkmalspflegerischen Gründen ist eine Bebauung ausgeschlossen, auch wenn sie nicht für private Zwecke, sondern für einen sozialen Zweck erfolgen soll. Ein modernes Gebäude wie das Seniorenheim in Bischofsheim würde den ganzen Charakter des nördlichen Ortsrands von Hochstadt verändern. Auch wenn man architektonisch eine angepaßte Lösung anstrebt, wäre das Ergebnis auf alle Fälle störend im Vergleich zum jetzigen Zustand.

Herrn Reichert, Hauptstraße 38, bedrängt man immer wieder, die wenig schönen Anbauten hinter dem Haus Hauptstraße 38 zu entfernen, damit die Sicht auf die Ringmauer frei wird. Es wurde auch Einiges entfernt, aber die alte Fahrradwerkstatt blieb und es wurden noch mehrere

Garagen dorthin gebaut. Beim Neubau der Trafostation hat man auf die altertümliche Umgebung Rücksicht genommen. Aber auf der anderen Seite soll jetzt durch die Stadt der ganze Bereich verunstaltet werden.

Man muß sich darüber im Klaren sein, daß so ein Gebäude nur der Anfang wäre und dort ein größeres Wohngebiet ähnlich wie in Bischofsheim rund um das Altenpflegezentrum entstünde. Es entstünde ein ganzes Baugebiet östlich der Straße „An der Weidbach“ und nördlich der Ringmauer. Wenn man erst einmal die Höhe der Ritterstraße erreicht hat, kann man auch bis zur Schützenstraße bauen usw.

 

2. Naturschutz:

Wie in Bischofsheim soll in Hochstadt wieder der Grünbereich daran glauben, obwohl es Alternativen auch am Rande des Grünbereichs gibt. Der Grünbereich mit seinen Erholungsmöglichkeiten ist ein Standortvorteil Maintals und erhöht die Anziehungskraft der Stadt. Der Hoch­­städter Ortskern und das nördlich sich anschließende Streuobstwiesengebiet ist ein Pluspunkt für ganz Maintal, den man nicht ohne Not zerstören sollte, zumal es Alternativen am Rande des Grünbereichs gibt.

 

3. Größe:

Der Standort wurde auch nur deshalb in Erwägung gezogen, weil die Stadt Maintal dort in den Besitz eines Grundstücks gekommen ist. Dieses ist jedoch viel zu klein. Bei Senioreneinrichtungen geht man von einer Grundstücksfläche von 50 Quadratmeter pro Heimplatz aus. Die für Hochstadt zu errichtende Einrichtung soll 30 bis 36 Plätze umfassen. Damit ist eine Grundfläche von etwa 1.500 bis 2.000 Quadratmeter notwendig (in Bischofsheim allerdings scheint dieser Standard nicht erreicht zu sein). Man würde dort hinzukaufen oder enteignen müssen (eine Enteignung dürfte aber schwierig sein, solange die Stadt alternative Flächen hat).

Es gibt andere mögliche Standorte, vor allem der Vorschlag des Kreises, das freie Feld östlich der Schubert-Schule zu nehmen. Der Kreis möchte natürlich gern sein Grundstück verkaufen, das für das Krankenhaus vorgesehen war. So ist es dann letztlich auch gekommen, zumal dort so etwas wie eine neue zusätzliche Ortsmitte entstanden ist. Es war doch besser, dieses Grund­stück endlich einer Nutzung zuzuführen, anstatt die historische Ringmauer durch Neubauten zu verschandeln oder wieder ein Stück Streuobstwiese zu opfern.

 

 

Untertor

Am unteren Ende der Hauptstraße stand das Untertor. Es war eingefügt zwischen dem Geschäftshaus Ecke Hauptstraße / Ringstraße und dem Haus Hauptstraße 36.  Es gab nur zwei Zugänge zum Dorf: vom Osten das Obertor und im Westen das Untertor. Entsprechend wurden auch die Straßen an das Dorf herangeführt: Ein Weg nach Dörnigheim ging über die heutige Klosterhofstraße und einer über die heutige Hanauer Straße und Jägerstraße.

Ein erstes Untertor soll schon 1283 errichtet worden sein, also etwa im Rahmen des Baus der Ringmauer, die nur so einen Sinn hatte. Nach den Gemeinderechnungen wurde 1589 / 1590 ein neues Untertor gebaut. Die Steine holt man aus Büdingen. Die Bürgermeisterrechnung von 1598 enthält eine ausführliche Aufstellung der Baumaterialien und Handwerkerleistungen. Reinhard Schellmann hält das Untertor für jünger als das Obertor. Es sei „weniger auf Verteidigung als auf Repräsentation ausgerichtet“ (Schellmann III, Seite 36).

Es gibt verschiedene Bilder vom Untertor. Das zutreffendste Bild wird noch das Bild des Berger Amtsmanns Usener vom 29. August 1860 sein, denn er hat das Tor ja noch selber gesehen. Mit seiner Darstellung stimmt weitgehend überein das Bild von Friedrich Christian Reiner­mann, das in dem Buch „Hanau, Stadt und Land“, Seite 259, veröffentlicht wurde. Es soll 1849 entstanden sein, nur ist Reinermann schon 1835 gestorben. Wenn es von diesem erwähnten Reinermann ist, dann muß es früher entstanden sein, stammt aber auch noch von einem Augenzeugen. Oder es könnte 1849 von einem Namensvetter (Sohn?) gemalt worden sein.

Nicht auf einen Augenzeugen dürfte das Bild zurückgehen, das die Stadt Maintal 2007 erworben hat, denn der Maler soll die Gegend erst 1893 bereist haben. Er folgt aber offenbar der Vorlage von Reinermann: Der Schornstein des Backhauses, der hohe Giebel auf der rechten Seite, die Schießscharten, selbst die Fahne auf dem Dach. Er gestaltet die Szene romantisch, in Art des Malers Spitzweg, mit einem Schloß hinten links.

Dann gibt es noch zwei (Bleistift-) Zeichnungen, die von Professor Noelpp aus den dreißiger Jahren des 20. Jahrhunderts stammen könnten. Von außen ist die Wirklichkeit noch einigermaßen getroffen. Mauern, Wachthaus und Backofen entsprechen wohl den Tatsachen. Der Blick aus dem Inneren des Dorfes auf das Untertor ist aber mehr Fantasie. Hier ist das Untertor viel niedriger und die Durchfahrt ist rundbogig. Dieses großformatige Bild hing bei Wilhelm Mankel in der Bogenstraße 7 über dem Sofa, ist aber heute nicht mehr vorhanden.

 

Über dem steinernen Torbogen befand sich zunächst ein Zwischengeschoß und darüber das das „Bäuelin“, ein Stockwerk aus Holz mit einem Ziegeldach und mit einer Stube, die ursprünglich für den Pförtner gedacht war. Den Dienst als Pförtner an der Unterpforte versah anfangs der Kuhhirte. Ab 1648 ist dann der Bäcker für das Untertor zuständig. Vielleicht wurde das Backhaus erst in diesem Jahr gebaut.

Im Jahre 1725 werden jährlich drei Gulden bezahlt. Doch 1731 heißt es, der Gemeindebäcker müsse das Tor ohne besondere Entschädigung öffnen. Später gibt es wieder fünf Gulden   und nach später wird für beide Tore nur ein Pförtner bestellt, der sechs Gulden erhält.

Am Untertor befand sich das Halseisen, wo zum Beispiel der an den Pranger gestellt wurde, der Wald- oder Felddiebstähle begangen hatte; das Diebesgut wurde dabei neben den Täter gelegt.

 

Wenn man aus dem Untertor heraustrat, stand rechts ein besonderes Pfortenhäuschen, das durch ein Stück Mauer fortgesetzt wurde. Auf der linken Seite war auch eine Mauer, die genau so lang war wie die auf der rechten Seite (ein Graben ist auf den Bildern allerdings nicht erkennbar) (Schellmann III, Seite 37). Dazwischen war eine Brücke über einen Graben. Die Reinigung dieses Grabens wird 1746 und auch noch 1879 erwähnt. Ausbesserungsarbeiten an der Mauer beim Untertor gibt es 1768 und 1827.

Das äußere Untertor wird 1827 abgerissen (Stadtarchiv Hanau Band 52 der Findbücher). Im Jahre 1874 wird das ganze Untertor durch den Zimmermann Hensel für 1.890 Gulden abgebrochen (muß es nicht „Mark“ heißen?) und das Backhaus neu gebaut (Hausnummer 38). Die Hensels waren eine weitverzweigte Zimmermannfamilie. Allein sechs Männer kommen in der fraglichen Zeit in Frage. Am wahrscheinlichsten sind die Zimmermeister Johannes Hensel (1805-1875) oder sein gleichnamiger Sohn (1835-1908).  Weil das Backhaus 1874 abgerissen wurde, kann m an annehmen, daß dabei auch das Untertor abgerissen wurde. Auch die Verpachtung an Konrad Ohl paßt zu dieser Angabe. Die Fläche des alten Backhauses wurde Teil des Grundstücks Hauptstraße 36.

 

Gemeindebackhaus:

Auf der Südwestecke des Grundstücks Hauptstraße 36, stand das Gemeindebackhaus. Es war nur klein und umfaßte praktisch nur die Backstube und war vom eigentlichen Haus durch einen Gang getrennt. Dieses Wohnhaus war aber zunächst nicht die Wohnung des Bäckers, sondern gehörte einer anderen Familie. Der Gemeindebäcker Rudolph Basermann (seit 1710) wohnte im Haus gegenüber, Hauptstraße 49.

Der Bäcker Konrad Spielmann wird erstmals 1648 als Pächter erwähnt. Doch meist hat er nur die von den Einwohnern hergestellten Brote gebacken, denn er erhält drei Albus Backlohn für das Verbacken von einem Achtel Mehl (später sind es nur zwei Albus).

Der Backofen stand außerhalb der Ringmauer wegen der Feuersgefahr. Der Backofen sah etwa so aus, wie heute noch in Oberdorfelden und in Roßdorf einer zu sehen ist, also rund und nach oben zu spitz auslaufend. Auf der Zeichnung des Amtmanns Usener aus Bergen ist das deutlich zu sehen.

Daß der Gemeindebäcker im angrenzenden Wohnhaus wohnt, ist erstmals bezeugt im Jahre 1858: Der Bäcker Johann Caspar Eibelshäuser wohnt bis 1857 in der Ritterstraße 15, im folgenden Jahr aber wohnt er dann im Gemeindebackhaus. Dort wohnen auch die folgenden   Bäcker aus der Familie Koch: Johannes Koch, sein Bruder Philipp Koch und schließlich Philipp Koch, Sohn des Schuhmachers Daniel Koch, ein entfernter Verwandter. Dieser stirbt im Jahre 1871.

 

Auf dem Ortsplan von 1715 hat das Gemeindebackhaus die Nummer 46.  Die Nummer 47 fehlt, vielleicht hatte diese Nummer das Untertor, in dem ja auch eine Wohnung war. Zur Ablösung dieser alten Numerierung wird kurz vor 1830 ein neues System der Hausnummern eingeführt. Der ganze Ort wird ohne Rücksicht auf die Straßen durchnumeriert. Der Anfang ist wieder am Untertor, aber jetzt auf der anderen Seite der Straße am Gemeindebackhaus (heute: Hauptstraße 36).

 

Wahrscheinlich hatte die Wohnung im Oberstockwerk des Untertors später die Hausnummer „0“ und das Wachthäuschen daneben die schöne Hausnummer „0 ½“.  Es war also bewohnt. Das „Pfortenhäuschen am Untertor“ wird 1868 erwähnt, es stand auf dem Platz des heutigen Hauses Hauptstraße 38. Im Jahre 1866 wohnte Jacob Bauer „Am Untertor im Wachthäuschen“. Ein Schulgarten beim Untertor wird 1623 erwähnt. Im Jahre 1866 werden noch einmal zwei Schulgärten gekauft.

 

Ein Philipp Koch II. ist der letzte Bäcker im alten Gemeindebackhaus innerhalb der Mauer. Seine Witwe heiratet am 26.03.1873 den Bäcker Konrad Ohl, Sohn des Andreas Ohl aus Kilianstädten. Sie betreiben weiter die Gemeindebäckerei. Für 3.900 Gulden wird nach dem Abriß des alten Gemeindebackhauses eine neue Bäckerei außerhalb der Mauer auf dem Grundstück Hauptstraße 38 errichtet.

 

 

Kriminalfälle:

Im Juli 1736 kommt es zu einem Mord vor den Toren Hochstadts. Das Opfer ist Johannes Weber, der erst jungverheiratete Sohn des Bischofheimer Lehrers, welcher seinem Vater schon als Gehilfe beigegeben ist. Der Pfarrer schreibt dazu: „Am 8. Juli 1736 wurde abends gegen 9 Uhr Johannes Weber. ev.-lutherischer Hilfslehrer („Schuldadjunkt“) aus Bischofsheim in Hochstadt vor dem Untertor, als er mit seinem Vater nach Hause gehen wollte, durch einen meuchelmörderischen Messerstich ungefähr zwei Finger hoch gerad über dem Nabel, tödlich verletzt („plessiert“). Täter war ein Dörnigheimer mit Namen Johann Philipp Engelhardt, der ihn zusammen mit anderen, weil sie in einen Wortwechsel in des Bierbrauer Steins Haus geraten waren, in dem nach Dörnigheim gehenden Fußpfad abgepaßt hatte.

Daraufhin sind morgens um zwei Uhr Herr Amtmann Mochius und Herr Chirurg Hirsch hierher gekommen sind. Sie haben sich die Wunde angesehen und verbunden. Am 9. Juli nachmittags kam auch Herr Dr. Weiß. Nachdem er die Wunde besehen und alle Umstände erwogen hatte, sagte er an, daß ich mein christliches Amt bei ihm verrichten und ihn zum Tod bereiten möchte. So wurde dann nach der Gnade Gottes getan und der Verwundete zeigte sich zum Abschied ganz willig, betete brennend, auch für seinen Mörder, daß Gott ihn bekehren und ihm verzeihen möchte, gleichwie Gott ihm verziehen hatte. Er bekannte seine Sünden und zeigte herzliche Reue und begehrte Gnade von Gott um Jesu Christi willen, worauf ich ihn von Sünden losgesprochen („absolviert“) und eingesegnet habe. Er starb unter meinem und des heutigen Umstands Gebet abends um 10 Uhr.

Er wurde am 10. Juli durch den genannten Chirurgen geöffnet, wobei sich herausstellte, daß er durch den Magen und eine Wand der Galle gestochen worden war. Der gottlose Täter ist geflohen. Der Ermordete wird unter großer Anteilnahme der Bevölkerung („unter gar volkreicher Begleitung“) am 11. Juli begraben im Alter von 26 Jahren weniger fünf Wochen und fünf Monate nach seiner Heirat“.

Im Jahre 1759 muß der lutherische Pfarrer Rump den Deserteur Vogel vor seiner Hinrichtung in Dörnigheim geistlich begleiten. Der Soldat ist geboren in Berlin und in Breslau in Schlesien erzogen worden. Dann ist er Soldat im Königlich-Französischen Regiment Madame la Dauphine und wird schließlich in der Kompanie des Oberstleutnants von Dumur hingerichtet („harquebussiert“), weil er desertiert ist und wieder gefangen wurde. Weil er ein Lutheraner ist, wird der Hochstädter Pfarrer beordert, ihn zum Tod zu bereiten. Das tut er auch und begleitet ihn hinaus. Er geht mit solcher Freude seinem Tod entgegen, daß sich jedermann darüber wundert. Er hat sich so zubereitet, „daß ich das Amt bei ihm mit größter Freudigkeit verrichtet habe“. Er ist ungefähr 18 Jahre alt.

Vor dem Untertor findet man einmal eine arme Frau, die verstorben ist, vor dem Obertor einen Mann aus Schlüchtern. Dann findet man einen Handwerksburschen, einen Hutmachergesellen aus der Schweiz, erfroren vor dem Tor. Ein Armensarg kostet die Gemeinde drei Gulden, später sechs Gulden.

 

 

 

Südliche Ringmauer

Von der südlichen Ringmauer haben sich nur wenige Reste zwischen dem Hirtenhaus und der Straße Am Pfarrhof sowie ein hoher Turm mit Mauerresten im Westteil (hinter der zerstörten Synagoge) erhalten. Um die Jahrhundertwende 1900 wurde der größte Teil der südlichen Ringmauer abgebrochen. Im Jahre 1927 besichtigt der Bezirkskonservator die Befestigungsmauer und macht folgende Vorschläge: Schaffung einer mulden­förmigen Betonlage auf der Mauer, die mit Lehm gefüllt und eingesät wird (heute noch im Nordteil zu sehen, allerdings ohne Gras), Schließung der Türöffnungen, torbogenmäßiger Abschluß der Durchbrüche, Beseitigung der Materialhallen und Lattenzäune und Anlage eines Grünstreifens vor der Mauer.

 

Hoher runder Turm im Westen:

Der Turm entspricht dem anderen hohen Turm im Norden. In den siebziger Jahren wurde ein weiteres Stück der südlichen Mauer von der Bahnhofstraße nach Westen abgerissen. Heute steht nur noch ein Stück Mauer an der Westseite. Dieser Turm steht nur deshalb noch, weil die Eigentümerin des dahinterliegenden Hauses, Frau Danziger, sich strikt geweigert hat, den Turm beseitigen zu lassen. Die Gemeinde Hochstadt hatte ihr das Angebot gemacht, die Mauer einzureißen und die Steine kostenlos abzufahren, so wie sie das schon im Bereich weiter östlich getan hatte. Nur dem Einspruch der Frau ist es zu verdanken, daß dieser Turm noch steht. Heute wird von der Stadt gesagt, der Turm sei Privateigentum und gehöre zum Haus Hauptstraße 43.

 

Hinter diesem Turm stand die Synagoge. Sie muß aber deshalb nicht eine frühere Scheune gewesen sein, wie man auch geschrieben ha., Sie wurde einfach nur so erbaut wie jedes Fachwerkhaus jener Zeit.

Das Haus Ringstraße 36 ist das langjährige Fotostudio Lippa.

 

Veränderung Ringstraße / Bahnhofstraße:

Die neuen Häuser Ringstraße 26 und Bahnhofstraße 173 stehen an der Stelle eines alten Gehöfts, das seinen Eingang von der Bahnhofstraße her hatte. Das Wohnhaus stand östlich des Floßgrabens, der den Ort von der Hauptstraße her entwässerte. Dort wurde die Öffnung in der Ringmauer von einem Eisengitter gesichert. Hier steht heute das Haus Ringstraße 26. Dann gab es eine Lücke und etwas weiter östlich stand die Scheune, wo heute das Haus Bahnhofstraße 173 steht.

 

Turm an der Bahnhofstraße:

Auf dem Plan von 1920 ist hier der Viertelbogen eines Halbturms an der Westseite gezeichnet. Auch Reinhard Schellmann (Teil III, Seite 43) verweist auf eine trigonometrisch gemessene Gemarkungskarte von 1855, die hier einen Schalenturm zeigt. Wenn man von der westlichen Grundstücksgrenze zur Bordsteinkante im Osten geht, sind das wieder 5,70 Meter, wie auch bei anderen Türmen.

Dazu paßt aber nicht gut die Angabe, man habe dort einen schmalen Durchbruch für Fußgänger gemacht (durch die Mauer oder durch den Turm), damit die Leute besser zum Bahnhof kommen konnten. Der Durchgang wird „Ruß­loch“ genannt, weil die Steine durch die Fackeln der Passanten geschwärzt werden (nach anderer Theorie kommt der Name von den „Russensteinen“, mit denen die Öffnung ausgemauert gewesen sein soll). Aber die Leute, die zum Bahnhof wollten, trampelten bald einen Pfad quer durch die Privatgrundstücke bis zur Jägerstraße.

Dann wird auf dem Weg eine Scheune gebaut (heute Ringstraße Süd 19 Hinterhaus) und der Weg scharf um sie herum gelegt, so daß sich die Leute oft verlaufen und in den Grundstücken herumirren. Da ließ der Gastwirt Wilhelm Rauch mit Genehmigung des Eigentümers eine Laterne an der unübersichtlichen Stelle anbringen. Sie verlöschte von selbst, wenn das Petroleum verbraucht ist. Noch vor dem Ersten Weltkrieg wurde der Durchgang erweitert und eine Straße aus Schotter gebaut, die der „Neue Weg“ genannt wurde. Im Zusammenhang mit diesen Problemen ist aber nie die Rede von einem Turm.

 

Aber es ist nicht zu übersehen, daß auf dem Ortsplan von 1920 an der Westseite der Bahnhofstraße noch ein Viertelkreis als Ansatz für einen Turm eigezeichnet ist. Hier muß also ein Turm gestanden haben. Der Ortsplan von 1715 ist in diesem Fall nicht zuverlässig, er läßt die Türme an der Bahnhofstraße und hinter dem Haus Lutherstraße 3 aus.

 

 

Brunnenstraße

Auf dem Schwarz-Weiß-Plan von 1715 ist hier ein Turm eingezeichnet. Der Abstand zwischen den Häusern beträgt zwar nur 2,60 Meter. Aber die Mauer stand ja mindestens einen Meter außerhalb der Häuserreihe. Wenn man dort von Grund­stücksgrenze zu Grundstücksgrenze geht, sind das 5,70 Meter, also ein Innenmaß von 3,90 Meter. Möglich wäre also ein Turm gewesen. Am Kirchberg sind die Maße auch nicht anders.

Dieser Turm wäre dann der südliche Eckturm des alten Dorfes gewesen, so wie der entsprechende Turm an der Nordseite Höhe Brunnnestraße 22. Er ist durch den alten Ortsplan bezeugt, war aber offenbar 1855 und 1920 nicht mehr vorhanden. Da er in der Mitte des Dorfes liegt, wurde er vielleicht zuerst als neuer Durchgang in den Süden beseitigt.

 

Turm hinter dem Haus Lutherstraße 3:

Ein Turm stand hinter dem Haus Lutherstraße 3. Die freigelegte Grundmauer der Ringmauer mit dem Ansatz des Turms ist in Schellmann III, Seite 44, zu sehen. Die Kalksteine wurden aber alle entsorgt und eine Mauer aus Natursteinen aus dem Baumarkt ersetzt

 

Am Pfarrhof:

Im Hof des Hauses Am Pfarrhof 3 ist ein doppelter Carport aufgestellt worden und verschandelt den Blick auf das Fachwerkhaus Am Pfarrhof 1. Hier wäre ein Carport mit einem Satteldach (oder zwei kleineren Dächern) besser gewesen. Dazu kommt noch, daß das Holz nicht naturbelassen wurde, sondern mit einer häßlichen grauen Farbe gestrichen wurde.

 

In der Lücke beim Haus Am Pfarrhof 1 stand kein Turm, sondern das Haus des Kuhhirten.

Hier beginnt ein Stück Gang hinter Mauer, der aber gewöhnlich durch ein Eisengitter abgesperrt ist. Die Mauer reichte früher noch weiter bis zur Straße:

 

Nördlich des Wehrgangs standen noch Wirtschaftsgebäude des Grundstücks Am Pfarrhof 1, von denen aber außer dem Wohngebäude nur noch ein Anbau vorhanden ist. Die anschließende Scheune ist abgerissen, an ihrer Südostsecke ist noch ein neun Meter tiefer Brunnen vorhanden. Im weiteren Verlauf der Mauer ist noch eine Schießharte erhalten

 

Turm Ringstraße 10:

Dann kommt man an die Stelle, wo früher auch ein Turm war. Von der Ringstraße her gesehen stand er östlich des Hauses Ringstraße 10 in der Verlängerung der Einfahrt. Es gibt im Stadtarchiv drei Schwarz-Weiß-Bilder des Hoffotografen Schubert aus Hanau von diesem Turm (nicht: Wilhelm Daubert, Schellmann III, Seite 46). Sie zeigen den Zustand, als der Turm noch zur Hälfte stand. Alle drei Bilder zeigen den gleichen Turm, einmal von rechts, einmal von vorne, einmal von links. Dieser Turm ist auf dem Plan von 1920 richtig eingezeichnet, weil er damals noch vorhanden war, denn die Straße war noch nicht bebaut (die dortigen Häuser hatten keine alten Hausnummern).

 

Als man das Rondell abriß, schloß man die Lücke notdürftig mit einigen Steinen (nicht in Mauerstärke). Der untere Teil der Mauer ist aber herausgebrochen und den oberen Teil hat man mit einem Eisenstempel abgestützt, der auf der gegenüberliegenden Wand aufsitzt.

Diese Wand ist ein Rest der Scheune des Hauses Hauptstraße 7, dessen Hof übrigens nur über das Grundstück Hauptstraße 3 (nicht 5) erreicht werden konnte. Der Giebel stand zur Mauer, aber erhalten ist nur noch die untere Mauer als Abgrenzung gegenüber dem Gang an der Ringmauer. Heute ist dort Garten mit Baumbestand (und eine Garage). Das Grundstück wurde in den fünfziger Jahren von der Familie Krämer (Hauptstraße 5) gekauft und Wohnhaus, Stall und zwei Scheunen wurden abgerissen. – In diesem Bereich der Ringmauer gibt es och vier zugemauerte Schießscharten und den Pausenhof der Schule Hauptstraße 4

 

 

 

 

 

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