Bilanz - 50 Jahre Maintal

 

Als alter Hochstädter kommt es mir immer noch seltsam vor, daß ich in einer Stadt wohne, deren Namen an eine Landschaft bei Schweinfurt erinnert. Man hätte sie lieber Dörnigheim nennen sollen, um die Verbindung mit der Vergangenheit zu behalten, so wie das Oberursel oder Hofheim gemacht haben. Aber da machten die Bischofsheimer nicht mit, die ja selber zu einer Stadt hatten werden wollen.

Dennoch war der Zusammenschluß zu einer Kunststadt richtig, damit man nicht in den Nachbarstädten unterging. Aber mit dem „Maintalbewußtsein“ ist es immer noch so eine Sache. Ein Bürgerbegehen hat kaum Aussicht auf Erfolg, denn was interessiert die Bischofsheimer ein Bahnübergang an der Eichenheege oder die Wachenbucher das Bürgerhaus in Bischofsheim?

Es ist in 50 Jahren besser geworden mit dem Zusammengehörigkeitsgefühl. Aber die einzelnen Bürger fühlen sich immer noch mehr mit ihrem Stadtteil verbunden als mit der Stadt. Weil es keine Ortsbeiräte (wie in Hanau) oder gar ehrenamtliche Ortsvorsteher gibt, ist viel Bindung zum Bürger verloren gegangen. Da hilft auch nicht die neuerliche Aufteilung der Stadtverwaltung auf drei oder vier Gebäude.

Richtig war es, die „Grüne Mitte“ zu erhalten, auch wenn immer wieder einmal versucht wurde, sie als beplanbare Fläche zu nutzen. Und ob hier nicht doch einmal ein neues Stadtzentrum entsteht, ist nicht sicher. Noch ist nicht alles so zugebaut wie im Ruhrgebiet, noch haben wir Wälder, Wiesen und Äcker. Wird man aber dieses Erbe auch noch in 50 Jahren genießen können? Es gab auch schon einmal den Beschluß, Maintal sei jetzt groß genug. Für die „alten Maintaler“ aus den Dörfern war das auch gut so. Aber im Ballungsraum strecken natürlich viele ihre Hände aus nach den „Filetstücken“ der Stadtentwicklung (wie man das dann nennt). Und jeder Bürgermeister und jeder Stadtrat will sich auch irgendwie verwirklichen

 

Weil aber Kritik immer leichter zu üben ist, will ich aber zuerst einmal auf die positiven Seiten von Maintal eingehen. Als Erstes ist hier die „Zivilgesellschaft“ zu nennen, die vielen Ehrenamtlichen in Vereinen und Organisation und selbst in der Politik. Was leistet allein die Bürgerhilfe bis hin zur Tafel für Bedürftige! Da sind die Sportvereine, die es bis zu Deutschen Meistern gebracht haben und Hunderte von Kindern und Erwachsenen betreuen. Da ist die Feuerwehr, das Rote Kreuz die Lebensrettungsgesellschaft. Da sind auch die Kulturvereine, die bis hin zum Theater Vieles auf die Beine stellen. Es wird immer wieder einmal geklagt, Maintal sei nur eine Schlafstadt. Aber das sagen nur Leute, die das reichhaltige kulturelle Angebot nie wahrgenommen haben. Für alles und für jeden gibt es ein Angebot - und wenn es das nicht gibt, dann wird es ins Leben gerufen.

Vorbildlich ist Maintal in der Kinderbetreuung Man will eine kinderfreundliche Stadt sein und tut auch Einiges dazu. Ein Kindergarten wurde als bester Kindergarten Deutschlands ausgezeichnet. Die Schulen haben einen guten Ruf, von den Grundschulen und Sonderschulen bis hin zum Einstein-Gymnasium. Mit der Bundes-Fachschule für Klimatechnik ist man fast so etwas wie ein Hochschulort. In allen Stadtteilen gibt es Jugendclubs und private Initiativen. Die Frauen werden geachtet und beachtet. Es gibt einen Seniorenbeitrat und einen Inklusionsbeirat. Auch die Kunst hat in Maintal ihren Platz. Es gibt international bekannte Künstler, eine Jugend-, Musik- und Kunstschule, Ausstellungen und Kunst im öffentlichen Raum.

Als ehemaliger Pfarrer will ich auch auf die Religionsgemeinschaften verweisen. Und dabei denke ich nicht nur an die Kirchenmusik in Bischofsheim (und anderswo) oder die Theatergruppen. Zu einem funktionierenden Gemeinwesen gehören auch übergeordnete Wertvorstellungen. Und das sind nicht nur das Grundgesetz und die Menschenrechte, sondern auch die Ethik des Jesus, von Nazareth, die das alles speist und nicht so einfach umgestoßen werden kann, wenn man es anders will.

Maintal hat eine starke Wirtschaft von den Solo-Selbständigen über die vielen Handwerksbetriebe bis zu weltweit tätigen und vernetzten Firmen. Die städtische Wirtschaftsförderung und die Entwicklung neuer Gewerbegebiete helfen dazu.

Kritsch sehen kann man die Verwaltung der Stadt. Die Stadtverordnetenversammlung gibt sich zwar alle Mühe. Aber die wahre Macht liegt bei den ausführenden Organen. Da wird mit viel Mühe ein Haushaltsplan erstellt und verändert, aber die Jahresrechnung sieht dann in vielen Punkten doch anders aus. Nicht ausgegebene Posten werden in andere Haushaltsstellen verschoben. Für große unvorhergesehen Ausgaben ist plötzlich fast eine Million da (wenn auch wahrscheinlich auf Kredit). Wir sind eine Demokratie, aber letztlich macht oft der Sachbearbeiter auf dem Amt von seinem Ermessenspielraum Gebrauch und entscheidet oft einmal so und einmal so. Die verschiedenen Versuche zu einer Bürgerbeteiligung (Agenda 21, Stadtleitbild, Bürgerhaushalt) sind alle im Sande verlaufen, am Ende wurden nur Kleinigkeiten umgesetzt und die Bürger zogen sich enttäuscht zurück.

Zurzeit haben sich die Verantwortlichen in der Stadt viel vorgenommen: Bürgerhaus Bischofsheim, Feuerwehr Dörnigheim und Wachenbuchen, Verwaltungsbau am Bahnhof. Polizei und natürlich Schwimmbad. Dessen Kosten sind von zunächst 20 Millionen auf 40 Millionen gestiegen, kosten wird es erfahrungsgemäß 60 Millionen. So beginnt die Bilanz über 50 Jahre Maintal mit dem Schwimmbad und mit dem Schwimmbad endet sie auch. Oder wird daraus eine unendliche Geschichte? 

Man könnte noch viel mehr sagen zur einer Bilanz -50 Jahre Maintal. Dennoch ist Maintal eine lebenswerte Stadt, mit Schwächen und Stärken wie jede andere Stadt auch. Maintal gehört zu den 80 größten Städten in Deutschland, ist auch nicht mehr die „größte unbekannte Stadt Deutschlands“, sondern hat sich einen Namen gemacht. Fast könnte man sagen: „Ich bin stolz, ein Maintaler zu sein!“

 

 

 

 

 

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