Religionsunterricht als Christenlehre

 

Neues Testament

 

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Die Reihenfolge dieser Ausarbeitung richtet sich nach der Bibel. Aber selbstverständlich sind die Bibelabschnitte den jeweiligen Lehrplänen zuzuordnen

 

 

 

Geburt Jesu

 

 

A. Die Vorgeschichten zu Weihnachten nach Lukas

Einstieg:

Ehe es beim Skispringen richtig losgeht, kommt immer erst ein Vorspringer. Er kündigt den Zuschauer an: „Paßt jetzt auf! Gleich geht es wirklich los, gleich beginnt der Wettkampf!“ Außerdem wird dabei geprüft, ob auch alles in Ordnung ist und für alle die gleichen Bedingungen herrschen. Ähnlich ist es beim Abfahrtslauf oder Slalom im Wintersport.

Bei einem Festzug laufen auch oft Kinder vorneweg, die gar nicht zum Zug gehören, die nur den Leuten zurufen: „Bald kommt der Zug! Er ist schon in der XY-Straße!“ Oder denken wir auch an eine Hochzeit, da gibt es auch Kinder, die als erste rufen: „Jetzt kommt das Brautpaar!“

Auch Gott hat einen Vorläufer geschickt, ehe er seinen Sohn zu den Menschen sandte. Die Menschen hatten ihn ja noch nie gesehen. Damit sie ihn nicht verpaßten, schickte Gott einen voraus, der den Menschen sagen sollte: „Bald ist es soweit. Macht euch schon fertig. Bald kommt der, auf den ihr wartet!“ Zuerst sollten aber die Eltern des Kindes erfahren, welche Aufgabe ihr Kind haben sollte.

 

Erzählung: Verkündigung an Zacharias

Im Gebirge Juda wohnte der Priester Zacharias mit seiner Frau Elisabeth. Sie waren beide sehr fromm und lebten streng nach den Geboten Gottes. Aber sie hatten einen großen Kummer: Sie hatten keine Kinder! Jeden Tag beteten sie: „Lieber Gott, schenke uns doch einen Sohn!“ Aber nun waren sie schon alt und es bestand nur noch wenig Hoffnung, daß sie einmal ein Kind haben würden.

Zacharias war ein Priester und hatte immer wieder einmal im Tempel von Jerusalem den Gottesdienst zu halten. Es gab 24 Priestergruppen, von denen jede zweimal im Jahr für eine Zeit von einer Woche den Priesterdienst zu versehen hatte. Die einzelnen Aufgaben im Tempel wurden innerhalb der Priestergruppe ausgelost. Zacharias gehörte zur Gruppe des Abia. Auch seine Frau stammte aus einer Priesterfamilie. Wie schön wäre es doch, wenn sie auch einen Sohn hätten, der könnte dann doch auch Priester werden! Schon oft hatte Gott einem Ehepaar noch in letzter Minute ein Kind geschenkt, das dann ein wichtiger Mann in seinem Volk wurde. So hofften auch Zacharias und Elisabeth noch auf' ein Eingreifen Gottes. Sie hofften auf ein Kind für sich. Aber sie hofften auch auf einen Helfer für ihr ganzes Volk.

Eines Tages hat Zacharias wieder im Tempel Dienst. Er wird zum Opfergottesdienst ausgelost. Da freut er sich, denn das Räucheropfer gilt als der heiligste Dienst. Da darf man bis ins Innere des Tempels gehen und ein geschlachtetes Tier in das Feuer auf dem Altar legen. Und wenn es dann in den Flammen verbrannte, dann stellte man sich vor, Gott habe das Tier aufgegessen und das Opfer angenommen.

 Heute muß Zacharias nicht draußen im Vorhof bleiben, um auf einem der großer Altäre zu opfern, sondern er darf in das Innere des Tempels zu dem goldenen Rauchopferaltar: Feierlich schreitet er mit seinem weißen Priestergewand zu dem Altar. Der siebenarmige Leuchter hinter dem Altar brennt schon. Er legt das Opfertier in die Glut und betet dazu: „Herr, vergiß dein Volk nicht. Hilf doch den vielen Leuten. Schicke doch bald deinen Sohn auf die Erde!“ Der aus der Öffnung des Tempeldaches abziehende Rauch galt der Gemeinde draußen im Vorhof als Zeichen der zu Gott aufsteigenden Gebete.

In diesem Augenblick greift Gott ein. Rechts neben dem Altar steht auf einmal ein Engel, ein Bote Gottes. Zacharias erschrickt: Wird er ihm eine Strafe Gottes ankündigen? Zacharias ist Gott begegnet, das versetzt einen Menschen immer in Panik und Schrecken.

Doch der Engel sagt: „Fürchte dich nicht. Ich habe dir etwas Gutes zu sagen. Dein Gebet ist erhört: Das Gebet um einen Sohn und das Gebet für das Volk. Ihr werdet einen Sohr haben, den sollt ihr Johannes nennen, denn Gott hat sich über euch erbarmt. Er wird sein Leben lang ein Gottgeweihter sein, der keiner Alkohol trinken darf, sich die Haare nicht scheren lassen darf und sich nicht an einem Leichnam verunreinigen darf. Er wird die Söhne Israels wieder zu Gott hinführen und in der Kraft des Propheten Elia vor Gott hergehen. Es wird nicht zum Gericht kommen, sondern ihr dürft euch freuen, weil Gott euch jetzt nahe kommt und euch erlösen will!“

Doch Zacharias kann es nicht glauben. Das ist alles so neu und so schön! Er fragt den Engel: „Wie soll ich denn merken, daß dies alles wahr wird? Wir sind doch beide alt und können kein Kind mehr kriegen!“ Jetzt wo die Erfüllung so nahe ist, kann er es nicht glauben und ist völlig unsicher.

Der Engel sagt: „Ich bin Gabriel, der vor Gott steht. Von ihm bin ich gesandt, um dir das alles anzukündigen. Damit du siehst, welche Macht ich habe, sollst du stumm werden. Du wirst nichts mehr reden körnen, bis das Kind geboren ist!“ Das ist zwar eine Strafe. Aber Zacharias hat damit auch ein Zeichen für das Eingreifen Gottes: Wenn Gott ihn stumm machen kann, dann kann er ihm auch einen Sohn geben.

Die Gemeinde draußen wundert sich schon, wo Zacharias nur so lange bleibt. Sonst geht doch immer alles sehr schnell: Endlich kommt er wieder aus dem Tempel heraus. Er hebt die Hände und will der Gemeinde den Segen mit auf den Weg geben. Aber er kann nicht sprechen, so sehr er sich auch abmüht.

Da merkt das Volk, daß dem Zacharias etwas Wunderbares widerfahren ist. Gott muß ihm begegnet sein, so daß es ihm die Sprache verschlagen hat. Sie fragen ihn, was denn passiert ist. Aber er macht nur Bewegungen mit den Händen. Er kann ihren die frohe Botschaft noch nicht sagen, kann ihnen noch nicht von dem Retter erzählen, der schon zu ihnen unterwegs ist. Gott selbst wird aber reden, wenn es an der Zeit ist.

Elisabeth aber kann als Erste spüren, wie Gott hilft: Sie merkt, daß sie ein Kind bekommen wird. Sie zeigt sich zunächst nicht vor den Leuten. Aber sie sagt: „Gott hat mir geholfen, indem er die Schmach vor den Menschen von mir nahm!“So wird sie froh und kann nur Gott

danken.

 

Erzählung: Verkündigung an Maria

Sechs Monate später wird der Engel Gabriel in eine Stadt in Galiläa mit dem Namen Nazareth geschickt. Dort wohnt eine junge Frau mit Namen Maria. Sie ist verlobt mit dem Zimmermann Joseph. Bald wollen sie heiraten, im Grunde sind sie schon verheiratet, aber sie wohnt noch nicht bei ihrem Mann. Joseph stammt aus der Familie Davids, Maria ist eine Verwandte der Elisabeth.

Plötzlich steht groß und hell eine Gestalt vor Maria. Sie spricht: „Sei gegrüßt, du Gesegnete, Gott der Herr ist mit dir!“ Maria erschrickt: Schon daß ein fremder Mann sie anspricht, ist verwunderlich: Eine Frau grüßte man damals nicht, und eine Botschaft hätte man ihr erst recht nicht übermittelt. Noch mehr muß sie sich aber wundern, daß sie hier als eine Auserwählte bezeichnet wird. Sie ist doch nur eine einfache Frau aus dem Volke, und auch vor Gott stellt sie doch gar nichts dar.

Der Engel sieht, wie erschrocken Maria ist. Er sagt: „Fürchte dich nicht, Maria! Gott ist freundlich zu dir, er hat dich lieb. Achte gut auf das, was ich dir von ihm auszurichten habe: Du wirst einen Sohn bekommen. Dem sollst du den Namen Jesus geben. „Sohn des Höchsten“ werden die Menschen zu ihm sagen. Und er wird ein König sein über Himmel und Erde. Gott wird durch ihn den Menschen helfen!“

Gott hat also einen Namen schon ausgesucht. Jesus soll also auch sein Kind sein. Der Name ist zwar häufig in Israel. Aber hier hat er doch eine besondere Bedeutung. Er heißt soviel wie: „Gott hilft“. Das ist ein Zeichen dafür, daß Gott etwas Besonderes mit diesem Kind vorhat. Die anderen Bezeichnungen für ihn erinnern an Worte aus dem Alter Testament. Dadurch wird deutlich: Jetzt gehen die Versprechungen Gottes in den alten Schriften in Erfüllung.

Maria aber fragt: „Wie soll das denn alles werden? Wie soll das zugehen?“ Da antwortet der Engel: „Warte nur ab und freue dich. Gott wird alles tun, denn bei ihm ist kein Ding unmöglich. Der Geist Gottes wird über dich kommen und die Kraft des Höchsten wird dich überschatten wie eine Wolke. Sein Wirken bleibt für dich ein Geheimnis. Aber du sollst noch ein helfendes Zeichen haben: Deine Verwandte Elisabeth erwartet auch ein Kind; das soll dir die Gewißheit geben, daß es dir auch so ergehen wird!“

Maria kann nur antworten: „Ich bin die Dienerin Gottes. Mir geschehe, wie du gesagt hast! Gott mag allein bestimmen!“ Dann ist der Engel wieder fort. Aber Maria fürchtet sich nun nicht mehr. Jetzt freut sie sich von ganzem Herzen, weil sie die Mutter des Gotteskindes sein soll.

 

Fra Angelico da Fiesole: Der Engel kündet die Geburt Jesu an.

Der Dominikanermönch (1387-1455) war einer der bedeutendsten italienischen Maler. Er schuf viele Altäre und Wandgemälde mit Szenen aus dem Leben Jesu, die von einer starken Innigkeit des Glaubens und der Liebe zeugen. Das Bild vor der Ankündigung der Geburt Jesu ist ein fast zwei Meter breites Altargemälde, das sich ursprünglich in einer Kapelle in Florenz befand.

Maria sitzt in einer lichten Halle, die von schlanken Säulen getragen wird und an deren Decke der Sternenhimmel nachgebildet ist. Maria ist ein langes Gewand mit Mantel gekleidet. Der zarte Schleier wird durch einen schmalen, goldenen Stirnreif. gehalten. Um ihr Haupt ist ein Lichtschein mit feinem Muster gelegt. Die demütig gekreuzten Arme wehren noch ab, aber die Abwehr ist im Aufschlagen des Mantels schon überwunden. Sie hat sich andächtig ihr das Gebetbuch auf ihren Knien vertieft. Im Hintergrund ist die einfache Kammer Marias zu sehen. Aber draußen hat sie einen fast königlichen Sitz. An der Ward hängt ein Teppich, der sich auch zu ihren Füßen ausbreitet.

Der Engel Gabriel tritt soeben in die stille Halle ein (beachte den Vogel an der Säule). Mit ehrfurchtsvoller Gebärde verneigt er sich und sieht Maria an. Sein Blick geht in gleicher Richtung wie der aus dem Gotteslicht kommende Strahl, der Maria trifft. Er ist reich gekleidet, die schönen Flügel und die Gloriole weisen kunstvollen Zierat auf, denn er kommt ja aus der himmlischen Welt. Dennoch verneigt er sich vor Maria, weil er weiß, daß dieser

die Maria liebhat.

Gott ist zu sehen auf dem Bild über der mittleren Säule und in Gestalt der Taube in dem Lichtstrahl links vor der mittleren Säule. Ganz links sind Adam und Eva zu sehen, wie sie aus dem Paradies vertrieben werden. Nun aber wendet sich Gott in Jesus wieder voller Erbarmer den Menschen zu. Maria hilft ihm dabei.

 

Miniatur aus dem Hitda-Kodex:

Die Häuser von Nazareth symbolisieren die Welt der Maria. Gegen sie dringt Gottes Welt heran, schiebt den Vorhang zusammen und schafft Platz für die Botschaft von dem Erlöser. In großem Schwung rauscht der Bote in den Raum und sprengt ihn gleichsam auf. Selbst die Verzierungen auf der linken Seite unterstreichen die Bewegung, während es rechts ruhiger ist. Maria ist abwartend, hat die Hand noch abwehrend erhoben. Nur die Füße zeigen eine Bewegung zu dem Engel an. Beide haben ein helles Obergewand, das ihre Übereinstimmung andeutet: „Siehe, ich bin des Herren Magd, mir geschehe, wie du gesagt hast!“ (Äbtissin Hitda von Meschede).

 

Erzählung: Begegnung der Frauen

Maria freut sich auf den Tag, an dem sie ihr Kind in den Armen halten wird. Sie kann nicht recht begreifen, wie ihr Sohn ein König sein soll, wo doch der König Herodes auf dem Thron sitzt?! Gerne möchte sie mit jemanden darüber reden. Da fällt ihr Elisabeth ein. Sie ist nicht nur irgendeine Verwandte, sondern auch ihre Freundin.

Sie muß ein ganzes Stück wandern, bis sie ins Gebirge Juda, kommt. Merkwürdige Dinge sind ja von Elisabeth und Zacharias erzählt worden. Maria weiß, daß Elisabeth ein Kind erwartet. Ein Engel hat die Geburt des Kindes im Tempel angekündigt. Es war also ganz ähnlich wie bei Maria. Nur daß Zacharias seit der Zeit die Sprache verloren hat.

Als Maria in das Haus eintreten will, kommt ihr Elisabeth entgegen. Doch plötzlich bleibt sie stehen, ihre Augen beginnen zu leuchten, eine seltsame Veränderung geht mit ihr vor. Plötzlich ruft Elisabeth, erfüllt von der Kraft des Heiligen Geistes: „Gesegnet bist du unter allen Frauen. Hochgelobt ist das Kind, das du unter dem Herzen trägst. Welch eine Ehre wird mir zuteil, daß die Mutter meines Herrn zu mir kommt. Als du hereinkamst, bewegte sich das Kind vor Freude in mir. Selig bist du Maria, die du geglaubt hast. Was Gott dir angekündigt hat, wird alles geschehen!“

Elisabeth kann etwas sehen und verstehen, was andere Menschen nicht bemerken. Doch sie lobt nicht Maria als die schönste und frömmste aller Frauen, sondern sie lobt den Glauben der Maria, denn sie traut Gott zu, was Menschen nicht für möglich halten. Und Maria ist nicht stolz, weil Gott sie ausgesucht hat. Sie weiß, daß sie alles nur Gott verdankt. Er erniedrigt die Hohen, um die Niedrigen wie Maria zu sich zu erheben.

Auch über Maria kommt eine große Freude. Sie sinkt auf die Knie und stimmt einen Lobgesang zur Ehre Gottes: „Meine Seele rühmt den Herrn und hebt ihn über alles empor. Mein Geist freut sich über den Herrn, den Gott, der mir hilft. Denn er ist seiner Magd, die so niedrig ist, freundlich begegnet. Glücklich werden mich preisen die Menschen und Völker aller Zeiten. Er hat Großes an mir getan, der unendliche Macht hat, und der zu heilig ist für den Dank, mit dem unser Mund ihn nennt. Seine Gerechtigkeit reicht über alle Geschlechter der Menschen. Freundlich begegnet er denen, die ihn fürchten. Hungrige sättigt sein Reichtum, Reiche treibt er mit leeren Händen davon. Er nimmt sich seines Dieners Israel an und gewährt ihm seine Barmherzigkeit. Unseren Vätern hat er es angesagt, und in Ewigkeit gilt es Abrahams Volk - dem Volk, das ihm dient!"

Dann umarmen sich die beiden Frauen mit Tränen der Freude in den Augen. Sie sind zwei Frauen, die Gott erwählt hat zu seinem Dienst. Beide waren dazu bereit. Durch sie wird Gott deshalb sein Heil zu aller Welt bringen.

So geht es auch uns als Christen und der ganzen Kirche: Vor uns aus sind wir nicht mächtig und bedeutend. Im Gegenteil: Wir müssen uns oft unter die Macht anderer Menschen beugen und haben nur wenig zu sagen. Und doch will Gott durch uns große Dinge tun. Durch die Kirche will er der Welt helfen. Er will die Menschen zu sich rufen und ihnen sagen, wie es mit ihnen weitergehen soll. Die Christen erfahren das im Gottesdienst von Gott. Da sind wir vielleicht auch manchmal unzufrieden heimgegangen, weil wir die Predigt nicht verstanden haben oder unser Lieblingslied nicht drankam. Doch wer nur eine erhebende Feier erleben will, wird vielleicht nichts wahrnehmen vor Gottes Botschaft. Wer aber so aufmerksam und bescheiden wie Maria und Elisabeth auf Gott hört, wird so reich nach Hause gehen, daß er auch anderen von dieser frohen Botschaft erzählen muß. Er wird am Ende auch sagen können: „Der Herr hat große Dinge an mir getan!“

 

Geburt Johannes des Täufers (Lk 1 ,57-80):

Hinführung: Wenn ein jüngeres Geschwisterchen geboren wird, überlegen sich die Eltern, wie es heißen soll. Meist sucht ja die Mutter den Namen aus. Bei den Juden hatten nur die Väter (oder auch andere männliche Verwandte) darüber zu bestimmen. Aber einen Namen muß ein Kind ja haben, damit man diesen Namen zum Beispiel bei der Taufe nennen kann. Bei der Taufe erhält man neben Vornamen und Familiennamen noch einen dritten „Namen“: man wird ein Christ, ein Kind Gottes. Besonders dieser Name ist wichtig für den Menschen und sagt viel über ihn aus. Früher legte man auch den Vornamen eine große Bedeutung bei. Das wird deutlich bei der Geburt des Kindes der Elisabeth.

 

Erzählung: Im Hause des Zacharias und der Elisabeth herrschte eine große Freude. Elisabeth hatte einem Kind das Leben geschenkt, und es war ein Junge. Nun hatte sie euch mithelfen können, das Gottesvolk aufzubauen, das so zahlreich werden sollte wie die Sterne am Himmel.

Die Verwandten, Nachbarn und Freunde kommen, um die Freude der Eltern mitzuerleben. Sie sagen: „Gott hat Elisabeth und Zacharias besonders liebgehabt, denn er hat ihnen in ihrem Alter noch einen Sohn geschenkt. Es muß schon etwas Besonderes mit diesem Kind sein!“

Sie fragen natürlich auch: „Wie soll denn das Kind heißen?“ Zacharias kann immer noch nicht sprechen. Deshalb fragen sie Elisabeth. Alle denken sie: „Sicherlich wird er Zacharias heißen wie sein Vater!“ So war es damals üblich, so soll es auch Elisabeth machen.

Doch Elisabeth sagt: „Er soll Johannes heißen, denn Gott hat sich über uns erbarmt!“ Da werden die anderen ganz aufgeregt und rufen: „Aber Elisabeth, was soll denn das bedeuten? So heißt doch keiner in unserer Verwandtschaft. Er könnte wenigstens nach seinem Großvater heißen!“

Das letzte Wort hat allerdings der Vater, ihn wollen sie jetzt doch fragen. Sie geben ihm Zeichen, damit er sich äußert. Er verlangt ein Täfelchen und schreibt darauf: „Er heißt Johannes!“ Also der gleiche Name, wie ihn schon Elisabeth gesagt hat. Da wundern sie sich doch alle.

Es ist der achte Tag nach der Geburt, an dem man ein Fest macht und an dem die kleinen Jungen in das Volk Gottes aufgenommen wurden. Da mußte dann auch endgültig festgelegt werden, wie das Kind heißen soll. Zacharias bleibt bei seiner Anordnung. Kaum hat er das Täfelchen herumgezeigt, da kann er auf einmal wieder reden. Weil er gelernt hatte, voll und ganz auf Gott zu hören und seinem Wort zu vertrauen, wird ihm die Sprache wiedergegeben. Er hatte ja auch nicht geschrieben: „So soll er heißen!“ sondern: „Er heißt so!“ Gott hatte ihm in Wahrheit den Namen gegeben. Das spüren jetzt auch die anderen.

Doch Zacharias benutzt die wiedergewonnene Sprache nun nicht, um den neugierigen Nachbarn die rätselhaften Vorgänge zu erklären, sondern zuerst lobt und preist er Gott. Er erzählt nicht von seinem persönlichen Geschick, sondern vom Handeln Gottes an seinem Volk. Er sagt: „Gepriesen sei der Gott Israels, denn er hat erlöst und besucht sein Volk. Was er versprochen hat, das hat er auch gehalten. Nun wollen wir bei dir bleiben und dich liebhaben unser Leben lang!“

Dann geht er zu dem Kind hin und sagt: „Du Kind, wirst ein Vorläufer des Sohnes Gottes sein. Du wirst vor ihm hergehen und allen Leuten zurufen, daß er kommt. Dann wird es auf einmal strahlend hell werden, er wird uns Leben und Frieden bringen!“ Die Zuhörer sind ganz still geworden. Jetzt ist ihnen klar: Das kommt alles von Gott! Da wird wohl aus dem Kind etwas Großes werden.

Aber sie fürchten sich auch etwas, weil sie dem heiligen Gott so nahe begegnet sind. Sie erzählten es aber überall weiter, so daß es bald alle Leute in der ganzen Gegend wußten. Das Kind wuchs heran und Gott war mit ihm. Johannes wurde nicht Priester wie sein Vater, sondern Gott hatte noch eine größere Aufgabe für ihn.

 

Bild: Die Verwandten fragen Zachäus nach dem Namen des Kindes

 

 

B. Geburt Jesu

 

Martin Schongauer (etwa 1450-1491 in Colmar und Breisach am Oberrhein), ein großer Maler und Kupferstecher des ausgehenden Mittelalters, hat das Bild geschaffen. Er war schon zu seinen Lebzeiten bekannt und berühmt. Seine Werke geben Zeugnis von seiner verhaltenen, tiefen Frömmigkeit, seinem Gemütsreichtum, seinem hochentwickelten Schönheitsgefühl. Zart und innig wirken seine Gestalten, die mitten in deutscher Landschaft leben, umgeben von altdeutschem Gerät und gekleidet in die Gewänder seiner Zeit. Unser Bild ist mit das schönste unter seinen Werken. Es ist ein Gemälde in leuchtenden Farben, nur 37,5 mal 28 Zentimeter groß. Es stammt aus dem Jahre. 1478 oder 1479 und gehört zum Besitz des Deutschen Museums in Berlin.

Einzelheiten des Bildes in ihrer Beziehung zum biblischen Text.

Es ist eine deutsche Sommerlandschaft. Vielleicht hat der Maler seine Heimat vor Augen gehabt. Wir sehen hügeliges Gelände, einen Fluß mit hohen felsigen Ufern, belaubte Bäume und blühende Sträucher, einige prächtige Bauten im Hintergrund, dazu weiße Herden im Tal. Steht vielleicht noch der Stern über dem Stall? Die Wolken oben links sind hell angestrahlt. Weit außerhalb des Ortes scheint die saubere und festgefügte Schutzhütte zu liegen, in der Maria und Josef Obdach gefunden haben. Der Felsen bildet die einzige Wand, sonst ist sie nach allen Seiten offen, Wind und Wetter können hineinblasen. Schilf vom Ufer des Flusses deckt das Dach.

In eine große Einsamkeit und Stille stellt der Maler das Ereignis der Menschwerdung des Gottessohnes. Vielleicht will er besonders darauf hinweisen, daß es sich ganz abseits vom öffentlichen Interesse vollzieht und daß die vielen Menschen, die zur Volkszählung in Bethlehem zusammengeströmt waren, gar keine Notiz davon nehmen.

Links unten in der Ecke hat Josef seinen Wanderstab abgelegt, um den das Bündel mit den geringen Habseligkeiten geschlungen ist. Es mag ein notvoller Weg gewesen sein, den beide zurückgelegt haben, voll von körperlichen Anstrengungen für Maria, seelisch beschwert durch die außergewöhnliche Lage, die beiden von Gott zugemutet wird.

Und auch das Ende der langen Wanderung bringt keine Erleichterung und Hilfe, sondern nur eine notdürftige Unterkunft. Das Kind ist auf ein Strohlager gebettet, über das eine rote Decke gebreitet ist. Sparsam ist es mit weißem Linnen umhüllt. Die Tiere bilden seine nächste Nachbarschaft. Kein festes Haus, nur die offene Hütte dient zum Schutz. Aber nicht diese äußere Armut ist das Wesentliche. Viel bedeutungsvoller ist es, darin zu sehen, daß der Sohn Gottes die Niedrigkeit der Menschen angenommen hat. Er hat die Herrlichkeit des Himmels, die Mitregentschaft beim Vater aufgegeben, um unser Bruder zu werden.

Die Masse der Menschen in Bethlehem geht an der Krippe vorüber. Das Kind ist genau so unscheinbar wie alle anderen Neugeborenen. Kein himmlischer Glanz leuchtet, keine Lichtgloriole verklärt das kleine Haupt. Und doch sehen einige wenige recht und schauen in ihm den verheißenen Retter und Heiland. Sie halten sich an die Verheißungen des Alten Testaments, an das Wort Gottes, das in besonderer Weise an sie erging. Sie haben die große Gabe Gottes erkannt, die ihnen zuteil geworden ist. Es ist ein Anliegen des Bildes, das zum Ausdruck zu bringen.

Alles auf dem Bilde ist dem Kinde z u g e w a n d t. Maria kniet in stiller Anbetung neben dem Lager des Kindes. Sie ist schön in ihrer mädchenhaften Anmut und Zartheit, in ihrem blau getönten reichfallenden Gewande, mit ihrem blonden, lockigen Haar. Die feingliedrigen Hände sind in der Gebärde des Betens zusammengelegt. Aber was uns am meisten beeindruckt, ist, daß die ganze Gestalt von der Haltung der Andacht geprägt ist. Nicht jubelndes Mutterglück allein beherrscht sie. Sie scheint die Worte des Engels in ihrem Herzen zu bewegen, daß ihr Kind zugleich der „Sohn des Höchsten“ ist, der Gottgesandte, der das Werk seines Vaters zur Rettung der Menschen durchführen wird. Sie ist „des Herrn Magd“, die bereit ist, Werkzeug des Heilswillens Gottes zu sein. Demutsvoll kniet sie vor dem Kinde, das auch ihr Heiland und Erlöser ist.

Ganz dicht zur Krippe gehören auch die Tiere: Ochs und Esel, Vertreter der unvernünftigen Kreatur. Auch sie schauen auf das Kind. Wollen sie es beschützen oder erwärmen? Es hat einen tiefen Sinn, daß sie kaum auf einem Weihnachtsbild fehlen. Nach einem alten Prophetenwort (Jes. 1, 3) sind sie eine Mahnung für uns, daß wir nicht etwa zu denen gehören, die an dem Christuskind vorübergehen. Die beiden Tiere unseres Bildes scheinen ahnend zu erfassen, daß dieses Kind der Mitschöpfer und Herr der Welt ist, der einst auch ihre Erlösung heraufführen wird (

Am Bildrande links steht Josef still und versunken mit gefalteten Händen. Er ist dargestellt als alter Mann in Reisekleidung (Bart; feste Stiefel, Geldtasche seitlich am Gürtel). Seinen faltenreichen Mantel haben wir uns in leuchtend roter Farbe zu denken. Auch Josef ist voll dem Christuskinde zugewandt. Auch ihm ist von Gott selbst eine Deutung des Geschehens und ein besonderer Auftrag zuteil geworden (Matth. 1, 18 ff.). Und er ist dem Befehl Gottes gehorsam und übernimmt die Vaterschaft.

Seine Blickrichtung geht auf die drei Gestalten am Bildrande rechts, die H i r t e n. Es sind gebräunte, wetterfeste Gestalten in schadhafter Kleidung mit Hirtenstab, Strohhut und Flöten in den Händen. Eiligen Laufes haben sie sich auf den Weg gemacht - ihre Herden im Tal zurücklassend - und drängen sich nun, das Kind zu sehen. Aber sie bleiben demütig am Eingang der Hütte, einen Raum der Ehrfurcht einhaltend. Zwei beugen die Knie, der Ältere scheint ganz überwältigt zu sein. Der Dritte steht, um besser schauen zu können.

Die Hirten werden nicht unsicher, als sie nur ein hilfloses Kind in armseligen Verhältnissen ohne Glanz und Strahlenkrone finden. Sie haben das Geheimnis der Heiligen Nacht verstanden. Gott hat ihnen den frohen Glauben ins Herz gegeben, daß dieses Kind der erwartete Helfer und Retter ist. Die Hirten wissen: Die Rettung, die allem Volk widerfahren soll, ist auch für sie ganz persönlich da. Und so beugen sie sich vor dem menschgewordenen Gottessohn in ehrfürchtigem Staunen. Bald wird die Freude über das große Geschenk Gottes durchbrechen und sie werden lobpreisend und dankend „ausbreiten“, was sie erlebt und erfahren haben.

Der fromme Maler, der kurz vor Beginn der Reformation lebte, will zum Ausdruck bringen, wenn er das geschichtliche Ereignis der Geburt Jesu von Palästina in die deutsche Landschaft und in die Weite seiner heimatlichen Berge verlegt, daß die Heilstaten Gottes nicht gebunden sind an ein bestimmtes Land oder einen einzelnen Volksstamm. Die Liebe Gottes meint die ganze W e 1 t. Er gab seinen einzigen Sohn, damit alle gerettet werden können. Auch wir sind gemeint, wenn Gott die Botschaft verkünden läßt: „Euch ist heute der Heiland geboren!“ Auch uns gilt die große Freude, die allem Volk widerfahren soll. Und unaufhaltsam und unüberhörbar dringt die Kunde von dem Christuskind in der Krippe, von der rettenden Liebe Gottes in die Weite. Den vollen Reichtum dieser frohen Botschaft werden wir kaum je ausschöpfen können. Aber jedes Jahr kann uns ein neuer Blick in die Fülle der Gnade und Barmherzigkeit Gottes geschenkt werden, die sich hier kundtut. Wir alle sind gerufen, weiterzusagen, was wir gehört haben und was uns geschenkt wurde, nämlich daß Jesus Christus gekommen ist, unser Bruder und Erlöser zu werden, der alles Heil f ü r uns in Händen hält.

Eine Erzählung nach dem Lukasevangelium findet sich im Kapitel „Anfangsunterricht“.

Deshalb werden hier noch einige theologische Überlegungen zu den Erzählungen über die Geburt nach dem Matthäusevangelium angefügt.

Die Geschlechtsregister (Mit 1, 1-17) dienen dazu, das Walten der Macht Gottes über den menschlichen Geschlechtern aufzuzeigen. Sie wollen einen Einblick geben in Gottes Heilsplan mit der Welt. Matthäus führt den Stammbaum Jesu auf Abraham zurück. Damit will er erweisen, daß mit dem letzten Sproß aus Abrahams Geschlecht die Zeit und der Träger der Weltvollendung gekommen ist. Auch wird deutlich: Ein vor aller Welt sündiges Geschlecht bringt den Christus hervor, der der Welt die Vergebung bringt. Der Stammbaum läuft aber auf Joseph hin. Durch die Adoption des Kindes der Maria fügt Joseph der Kette ein neues Glied hinzu. Nun kann Jesus auch der Erbe Davids heißen.

Im Rechtsverständnis des Volkes Israel kam die Verlobung rechtlich einer Eheschließung gleich (in Mt 1, 19 und 24 werden Joseph und Maria als Mann und Frau bezeichnet). Wenn Maria nun überraschenderweise ein Kind erwartet, muß das als Ehebruch aufgefaßt werden. Joseph hätte Maria vor den Ältesten des Ehebruchs anklagen können, die Verlobung wäre aufgelöst worden und Maria käme öffentlich in Schande.

Hätte Joseph ein Tagebuch geführt, dann hätte er vielleicht geschrieben: „Acht Tage vor der richtigen Hochzeit. Jetzt ist alles aus. Das hätte ich nie von Maria gedacht. Ich wollte sie bald zu mir holen. Ein festlicher Tag sollte das sein. Und jetzt? Ich darf gar nicht daran denken. Wer mag der Vater des Kindes sein? Wenn der mir unter die Augen kommt, dann weiß ich nicht, was ich tue?“

Joseph entschließt sich für einen anderen Weg. Er handelt nach der Gerechtigkeit Gottes, der sich der Armen und Elenden aus Liebe erbarmt. Er hält Maria für schuldig. Aber er will die Schuld auf sich nehmen und heimlich fliehen. Dann läge die Schande auf ihm, aber er fürchtet sich nicht davor. Doch er fürchtet sich vor Gott und kann deshalb die Ehebrecherin nicht heiraten.

Aber Gott setzt Joseph zum Vater des Kindes ein. Er gibt ihm durch den Engel den Auftrag, dem Kind den Namen zu geben und es damit als sein Kind anzuerkennen. So ehrt auch die Mutter des Gotteskindes, indem er erst nach der Geburt Jesu die eheliche Gemeinschaft mit ihr eingeht.

So gehorchen Maria und Joseph beide den Anweisungen des Engels. Beide setzen sich über die Sitten der Zeit hinweg, beide beugen sich dem unfaßlichen Ratschluß Gottes auch wenn der ihren überkommenen Anschauungen völlig widerspricht. Er heiratet Maria in einem Akt des Gehorsams und gibt ihr damit Schutz und ein Zuhause. Er ist gehorsam und gerecht.

Verwiesen wird dabei auf ein Wort aus dem Propheten Jesaja. Danach wurde dem zweifelnden König Ahas ein Zeichen geboren in der Geburt eines „Immanuel“ (=Gott mit uns). Das Kind wird nach dem Urtext von einer „jungen Frau“ geboren. Die griechische Übersetzung machte daraus eine „Jungfrau“. Doch das Gewicht liegt in beiden Fällen auf dem Namen des Kindes. Jesus heißt ja „Gott hilft“. In seinem Leben und Sterben erfüllt sich, daß Gott nun mit den Menschen ist. Es geht also nicht darum, wie Gott Mensch wurde, sondern daß und wozu

er Mensch wurde.

Aber es wird auch deutlich: Das Kommen dieses Jesus schafft Unruhe. Es durchbricht die Regeln, die zwischen den Menschen bestehen. Deshalb erfährt Jesus Widerspruch, auch nachher in seinem ganzen Leben. Aber das ist eben der Weg, auf dem Gott handelt.

 

Bildbetrachtung: Karl Kaufmann: Weihnachten, Handreichung zur Unterweisung im Neuen Testament, Nr.1:

Wir sehen einen Menschen des Industriezeitalters, das durch Hochhäuser, Fabrik und Kran gekennzeichnet ist. Die Fenster leuchten, aber es ist nur ein innerweltliches Licht. Der Mensch im Vordergrund aber ist aus dieser Welt herausgerufen. Er lebt von einem anderen Licht, das von Gott kommt. Die Botschaft „Euch ist heute der Heiland geboren“ bezeichnet den Einbruch des Lichtes Gottes in die Welt der Menschen. Mit Jesus ist ein neues Licht in die Welt gekommen. Gott hat sich so tief herabgelassen, daß der Mensch sich beugen muß, um Gottes Gabe zu erkennen. Wenn er es aber tut, dann fällt das Licht von der Krippe auf sein Gesicht; er erhält dadurch erst sein Gesicht. Das Kind in der Krippe ist durch das Kreuz angedeutet, von ihm geht an sich alles Licht aus. Der Mensch verbeugt sich mit einer Geste der Ergebenheit vor dem Kind und gibt ihm die Ehre. Er hat die Augen geschlossen, vielleicht weil er sich von dem Menschenwerk im Hintergrund abwenden will. Seine Gedanken richten sich nur auf Krippe und Kreuz, die ihm den Sinn seines Lebens geben. Der Mensch erkennt sich als der Geliebte Gottes, der in dieser Liebe sein Leben hat und für Zeit und Ewigkeit bewahrt bleibt.

 

Weise aus dem Morgenland:

 

Herodes fragt seine Gelehrten

 

Die Weisen beten das Kind an

 

Flucht nach Ägypten:

 

 

Karl Kaufmann: Das Licht darf nicht verlöschen, ,,Flucht nach Ägypten, Nr.3

Kaum ist das Licht in der Welt da, das die Herzen der Menschen erwärmen kann, da erhebt sich schon die Finsternis dagegen. Unbarmherzig plant Herodes den Mord an dem Jesuskind. Seine Hand greift nach dem Kind, um es zu vernichten. Sie ist wie die Pranke eines Ungeheuers, ein Werkzeug satanischer Macht. Aber diese Hand reicht nicht weit, sie reicht nicht bis zum Jesuskind.

In dem hellen Licht ist eine andere Hand zu sehen, die sich schirmend und bewahrend auf das Kind und seine Eltern herabneigt. Die Familie schreitet aus dem Bereich der Finsternis und des Todes heraus. Keine Macht kann das Licht auslöschen, das Gott selber angezündet hat. Der Lichtkegel symbolisiert die Hilfe Gottes. Auch Maria birgt das Kind in der Armen, Joseph ist der schützende Begleiter.

So kann die Klaue des Herodes das Handeln Gottes nicht hindern. Sie kann nur eins: unschuldige Kinder umbringen. Stellvertretend sehen wir zwei weinende Mütter an den Gräbern ihrer Kinder. Doch Gott ist an ihrem Leid nicht schuld, sondern hier haben sich Menschen gegen den Plan Gottes erhoben. Gott will, daß allen geholfen wird. Wenn Menschen dagegen handeln, ist es ihre Schuld. Letztlich aber durchkreuzt Gott immer der Plan der Menschen. Nicht was Herodes will geschieht, sondern was Gott will.

Weil Menschen auf die Warnung Gottes gehört haben und ihm gehorsam waren, war das Kind schon weit weg, als Herodes zugreifen wollte. Er ist sogar noch zum Handlanger Gottes geworden, denn Gott wollte ja, daß der Heiland aus Ägypten geholt wird, so wie er einst das Volk Israel von dort zurückgeholt hatte. Auch uns will Gott führen und leiten Er hat uns dazu Vater und Mutter und manch anderen Menschen gegeben, die für das Kind sorgen, auch für uns.

 

 

C. Die Darstellung Jesu im Tempel Lk 2,21-38

Erzählung:

Das Kind des Joseph und der Maria hatte den Namen „Jesus“ erhalten. Aber das war noch nicht alles, was man mit einem neugeborenen Kind tat: Nach 43 Tagen machen sich die Eltern auf zum Tempel in Jerusalem, um dort das Kind von einem Priester segnen zu lassen und um das vorgeschriebene Opfer darzubringen. An sich konnte man das auch zu Hause bei einem Priester tun. Aber Jesu Eltern wollen es gern im Tempel tun und nehmen deshalb der Weg auf sich.

Der erstgeborene Sohn gehörte bei den Israeliten an sich immer Gott. Er hätte also Priester werden müssen. Doch es gab ja der Stamm Levi, der sich um den Priesterdienst kümmerte, weil die Leviten alle Priester wurden, brauchten es die anderen nicht zu werden. Aber die Eltern mußten zum Ausgleich eine Geldzahlung leisten. Auch Jesu Eltern halten sich an die jüdischen Gesetze und Sitten, obwohl das bei dem Gottessohn an sich nicht nötig gewesen wäre.

Sie verbinden den Loskauf auch gleich mit dem Reinigungsopfer, das nach. der Geburt eines Kindes gebracht werden mußte. Reiche Leute gaben dabei ein Lamm. Jesu Eltern aber konnten nur zwei Tauben geben, wie es die armen Leute taten.

In Jerusalem lebte nun ein Mensch mit Samen Simeon, der sich an sich in nichts von anderen unterschied. Er gehörte aber zu einer Gruppe von frommen Menschen, deren Herz ganz darauf gerichtet war, Gottes Willen zu erfüllen. Auch trug er die Hoffnung in sich, daß der Messias, der Retter Gottes, bald kommen werde. Er glaubte fest daran, daß er den Erlöser Israels noch sehen werde. Das muß nicht heißen, daß er bei all dem Warten schon alt geworden wäre. Simeon kann durchaus noch ein junger Mann gewesen sein. Er will nur seinen anstrengenden Dienst nicht eher aufgeben, als bis er den Heiland gesehen hat.

Er war ein Prophet, denn der Geist Gottes war mit ihm. Dieser Geist läßt die Menschen den Willen Gottes für die Gegenwart und Zukunft erkennen. Der Prophet ruft die Menschen zur Umkehr und sagt ihnen, was Gott noch mit ihnen vorhat. Nur weil Simeon diesen Heiligen

Geist in sich hat ist er aus der Menge anderer Menschen etwas herausgehoben.

Der Heilige Geist weckte in Simeon aber nicht nur die Erfüllung, sondern teilt ihm auch den richtigen Zeitpunkt mit. Er kommt gerade in den Tempel, als die Eltern mit dem Kind Jesus da sind. Simeon nimmt das Kind auf die Arme und sieht es an: Das soll also der Heiland der Welt sein? Ein armes kleines Kind von 40 Tagen?! Aber der Heilige Geist gibt ihm die Kraft, hinter der unscheinbaren Hülle doch das Handeln Gottes zu erkennen. In dem unbekannten Kind armer Leute erkennt er den von Gott gesandten Christus.

Da kann er nicht mehr anders, er muß Gott loben und preisen für das, was er an ihm und der Menschen getan hat. Er will den Eltern und allen Menschen bezeugen, daß dieses Kind wirklich der Heiland ist. So singt er ein Loblied auf Gott: „Herr, nun kann dein Diener in Frieden sterben, denn meine Augen haben deinen Heiland gesehen. Jetzt brauchst du mich nicht mehr, denn du hast einen anderen, der mein Amt ausführen wird. Ich habe genug gewartet, der Er­wartete ist nun da. Er bringt das Heil für alle Völker. Auch die Heider brauchen jetzt keine Angst mehr zu haben! Auch ihnen wird deutlich werden, daß Israels Gott der Schöpfer und Erhalter der Welt ist!“

Maria und Joseph sehen sich verwundert an. Was soll das nur wieder bedeuten? Aber Simeon läßt sich nicht beirren. Er hebt die Hand und segnet die Eltern. Dann wendet er sich noch einmal besonders an Maria, die Mutter des Kindes. Er sagt: „Dein Sohn wird großen Streit hervorrufen. Er ist das Zeichen Gottes, an dem niemand vorbeikann. Wer ihn nicht als Zeichen Gottes anerkennen will, wird ihm widersprechen. An ihm werden sich die Menschen scheiden. Alle werden sie erst einmal „Nein“ zu ihm sagen und dabei zu Fall kommen. Die einen werden dann in ihrem Widerspruch verharren, die anderer aber werden zum Glauben kommen. Auch du selber wirst von diesem Kampf nicht verschont bleiben. Dein Inneres wird bluten, als habe ein Schwert es durchbohrt. Aber dadurch werden auch die Gedanken der Menschen offenbar werden, es wird sich herausstellen, wie jeder denkt!“

Maria und Joseph wundern sich noch mehr. Soll das etwa ein Segen sein, wenn so Schweres vorausgesagt wird? Maria wird hier doch als eine „Mutter der Schmerzen“ bezeichnet, wie das auch schon in ihrem Namen zum Ausdruck kommt, der ja „Bitternis“ oder „Betrübnis“ bedeutet. Schwere Schmerzen wird sie durch den Sohn erfahren. Aber Simeon will ihr helfen, auch das als einen Segen zu verstehen, denn sie nimmt dadurch ja an Gottes Handeln unmittelbarer Anteil.

Simeon hat noch immer das Kind auf den Armen. Da kommt eine Frau dazu. Sie wohnt ständig im Tempel, denn ihr Mann ist schon früh gestorben und sie war viele Jahre Witwe. Sie hat immer wieder gebetet: „Herr, laß mich dein Heil schauen!“ Nun erkennt sie in dem unscheinbaren Kind den Christus Gottes. Sie erkennt, daß ihr Wunsch in Erfüllung gegangen ist und die Zeit nun erfüllt ist. So wie Simeon muß sie nun Gott loben und preisen für seine große Tat.

Maria und Joseph brachten dann noch das Opfer dar und verließen die Stadt. Sie kehrten wieder zurück nach Nazareth, wo sie ja wohnten. Dort wuchs Jesus nun auf, und die Gnade Gottes war mit ihm.

 

Frage: Können wir Jesus heute auch noch sehen? Gott hat der Heiland den Hirten und Weisen gezeigt, der Hanna und dem Simeon. Er will ihn auch uns zeigen durch die Bibel. Hier im Religionsunterricht erfahren wir von ihm.

 

 

D. Der zwölfjährige Jesus im Tempel (Lk 2,41-52)

Einstieg:

Bei uns dürfen Kinder schon zum Kindergottesdienst, auch wenn sie noch ganz klein sind. Manchmal dürfen sie auch zum Gottesdienst der Großen mit, zum Beispiel wen n Familiengottesdienst ist. Aber die Eltern werden ihre Kinder wohl kaum mit zum Kirchentag nehmen. Das ist für Kinder zu lang und anstrengend.

So war das auch schon zur Zeit Jesu. Als Kind durfte Jesus in Nazareth zum Gottesdienst. Aber die Eltern nahmen ihn nicht mit, wenn sie einmal im Jahr zum Passahfest nach Jerusalem reisten, um dort im Tempel die Gottesdienste mitzuerleben. Oft hatten sie aber schon dem kleinen Jungen von Jerusalem erzählt, wie schön es dort sei und wie sehr sie sich immer wieder darauf freuten. Jesus konnte es gar nicht erwarten, bis sie ihn auch einmal mitnahmen.

 

Erzählung:

Einmal im Jahr kamen besonders viele Menschen nach Jerusalem. Das war, wenn das Passahfest gefeiert wurde. Dann machten sich die frommen Leute aus dem ganzen Land auf, um an den Gottesdiensten im Tempel teilzunehmen. Nur alte und kranke Leute und die Kinder blieben daheim. Aber sonst machte sich das ganze Dorf auf den Weg. Man ging nicht allein, denn das war gefährlich wegen der Räuber, die gern solche Reisenden überfielen. Von Nazareth aus dauerte die Reise mehrere Tage, man mußte unterwegs übernachten, irgendwo in einer Scheune bei einem Gasthaus. Aber all das nahm man auf sich, um an dem großen Fest teilnehmen zu können.

Wenn man dann endlich von ferne die Stadt auf dem Berge liegen sah, dann begann man fromme Lieder zu singen und ging noch einen Schritt schneller, um bald in der Stadt zu sein. Das war ein Leben und Treiben und große Freude bei allen. Acht Tage dauerte das Fest. Das Schönste aber waren die Gottesdienste im Tempel, in denen man Gott lobte und dankte. Hier wurden die vorgeschriebenen Opfer gebracht, hier erklangen Posaunen und Harfen, hier sangen Chöre die Psalmen im feierlichen Sprechgesang.

Als Jesus zwölf Jahre alt ist, darf er zum ersten Mal mit in den Tempel. An sich ist er noch nicht dazu verpflichtet. Erst wenn ein Junge seinen 13. Geburtstag gefeiert hatte, mußte er sich feierlich verpflichten, alle Gebote der jüdischen Religion einzuhalten; dazu gehörte dann auch, daß man einmal im Jahr in den Tempel in Jerusalem ging. Aber oft nahmen die Eltern ihr Kind schon ein Jahr früher mit, damit es sich an seinen Pflichten schon gewöhnen konnte. Auch Jesus soll alle Pflichten eines jüdischen Jungen übernehmen, auch wenn er der Gottessohn ist. Die Eltern wollen nichts Besonderes aus ihm machen.

Die Eltern bleiben nicht nur zum eigentlichen Passahfest, sondern sie sind fromm und halten sich noch die ganze Festwoche in Jerusalem auf. Erst dann wollen die Eltern wieder die Heim­­reise antreten. Da erst merken sie, daß Jesus nicht bei ihnen ist. Er ist immer in den Höfen und Hallen des Tempels herumgelaufen, um sich alles anzusehen. „Sicher ist er mit seinen Freunden und derer Eltern schon losgegangen!“ denken die Eltern. Sie machen sich weiter keine Sorgen und wandern los zu dem Dorf, wo sie übernachten wollen. Sie wollen endlich aus dem Trubel herauskommen, denn außer den über 50.000 Einwohnern waren noch über 100.000 Festpilger in der Stadt.

Aber als sie endlich in dem Dorf ankommen, ist Jesus nicht da. Sie fragen die Verwandten und Nachbarn. Aber niemand hat Jesus gesehen. Da mußte er wohl noch in Jerusalem sein. Voller Angst eilen die Eltern nach Jerusalem zurück. Sie beginnen gleich zu suchen, obwohl es doch schon Nacht ist. Die suchen ihn in allen Ecken der Stadt, wo etwas Besonderes los war. Doch ohne Erfolg, Jesus ist wie vom Erdboden verschwunden.

Immer wieder gehen sie auch in den Tempel und suchen alle Hallen und Höfe durch. Am nächsten Tag endlich sehen sie Jesus mitten unter den Schriftgelehrten sitzen. Diese ließen sich gern in den Vorhöfen des Tempels nieder und gaben der Leuten Auskunft auf ihre Frager. Sie kannten sich ja gut aus in den Heiligen Schriften und konnten deshalb viele Fragen beantworten.

Auch Jesus hat die Gelegenheit genutzt. Er hört zu, er fragt, er antwortet auch. Die anderen aber wundern sich: „Was stellt dieser Junge für vernünftige Fragen! Was gibt er für fromme und kluge Artworten!“ Maria aber entsetzt sich, denn ihr Sohn sitzt da bei den Gelehrten, als sei er einer ihrer Schüler. Mit keinem Gedanken scheint er daran zu denken, daß es Zeit für die Heimkehr ist. Er sitzt hier im Tempel, als könnte es gar nicht anders sein.

Maria ruft: „Kind, warum hast du uns das angetan? Dein Vater und ich haben dich überall voller Sorge gesucht!“ Jesus aber sieht sie ganz verwundert an. Er sagt zu ihnen: „Warum habt ihr mich gesucht? Wißt ihr nicht, daß ich sein muß in dem, das meines Vaters ist? Ich muß doch im Haus meines Vaters sein!“

Da wundern sich die Eltern noch mehr. Was spricht er da von seinem Vater? Joseph ist doch sein Vater?! Will er etwa Gott als seinen Vater bezeichnen? Zählt die Sorge seiner irdischen Eltern nichts? Jesus weht alle Ansprüche auf ihn ab: Erst einmal geht es ihm um der himmlischer Vater, dann erst um seine irdischen Eltern.

Doch Jesus ist nicht aus Neugier oder Wißbegierde in Jerusalem zurückgeblieben, sondern weil sein Leben nach dem Plan Gottes abläuft. Gott hatte einst sein Volk aus der Gefangenschaft in Ägypten gerettet. Daran dachte man am Passahfest und dankte Gott für die Hilfe. Aber diese Errettung konnte ihre volle Erfüllung erst durch den Sohn Gottes finden. Als Junge hat sich Jesus erstmals in Jerusalem zu seinem himmlischen Vater bekannt; an einem anderen Passahfest wird er im Gehorsam gegen diesen himmlischen Vater in Jerusalem sterben. Doch damit erfüllt er, was schon der Schriften des Alten Testaments von Gott versprochen wurde: Mit ihm beginnt die neue Welt Gottes.

Diese Erkenntnis blitzt hier schon einmal kurz auf, so wie manchmal die Sonne durch dunkle Wolken bricht und die Landschaft in helles Licht taucht. In den Worten und dem Verhalten des zwölfjährigen Jesus leuchtet etwas auf vor der Herrlichkeit Gottes, die aber dann sogleich wieder verborgen ist. Von daher erklärt sich auch sein eigentümliches Verständnis der Heiligen Schriften. Weil Gott sein Vater ist, ist er auch im Wort des Vaters zu Hause. An wörtlicher

Kenntnis der Heiligen Schriften sind ihm die Schriftgelehrten überlegen; aber keiner reicht an sein Verständnis des Wortes Gottes heran.

Danach aber bleibt alles beim Alten. Jesus kehrt wieder mit seinen Eltern nach Nazareth zurück. Gott hat im vierten Gebot gesagt, daß Kinder ihre Eltern ehren sollen; das tut Jesus. Eines Tages wird Gott ihn für ganz aus dem Elternhaus herausrufen, dann wird er dazu bereit sein. Aber vorerst wächst er noch in der Geborgenheit seines irdischen Elternhauses heran. Seine Mutter Maria aber vergißt die seltsamen Worte ihres Sohnes nicht. Jesus aber wird größer und klüger, und Gott und die Menschen haben ihn lieb.

 

Antwortgespräch:

Diese Geschichte muß nicht unbedingt so passiert sein. Sie will nur zeigen, daß Jesus schon als Junge ganz eng mit Gott verbunden war. Hier hat die christliche Gemeinde dargestellt, wie Jesus nach ihrer Meinung schon als Kind gewesen war. Vor allem wollte sie zeigen, daß der Weg Jesu von der Krippe bis zum Kreuz unter einem göttlichen Muß stand. Er geht dieser Weg zu unser aller Heil, auch wenn wir ihn nicht verstehen. Gott will aber, daß wir ihn verstehen und uns gern an ihn halten Dazu will uns die Konfirmation helfen (Näheres über die Konfirmation ausführen). Sie erfolgt in einem Alter, in dem auch Jesus in dieser Geschichte war, weil man in diesem Alter sich schon ganz für Gott entscheiden kann, so wie Jesus.

 

Karl Kaufmann: Unterweise mich, so lebe ich, Nr.11:

Wie ein Blitz das Dunkel der Nacht für einen kurzen Augenblink durchbricht, so wird hier plötzlich das Geheimnis gelüftet, wer dieses Kind eigentlich ist. Damit dies geschehen konnte, mußte der Junge erst seinen Eltern verlorengehen. Sie finden ihn in einer Gruppe von Menschen, die die Heilige Schrift lehren und verkündigen. Gott hat diese Gruppe zusammengeführt. Seine Hand durchbricht das Dunkel des göttlichen Willens. Die hier versammelten Menschen stehen in diesem Augenblick in seinem Licht. Mit Jesu Antworten an die Schriftgelehrten und seiner Antwort an die Eltern fällt auch ein Licht auf die Schriften des Alten Bundes. Vor allem aber sehen sich Jesu Eltern plötzlich in einem neuen Licht. Als Jesus davon spricht, der Sohn Gottes zu sein, da erkennen sie, daß Gott in unbegreiflicher Weise in ihr Leben eingegriffen hat. Aber das geschieht nur blitzartig, das göttliche Zeichen leuchtet nur kurz auf. Dann geht das Leben wieder seinen normalen Lauf.

 

 

 

 

Das Wirken Jesu

 

 

Das Auftreten Johannes des Täufers: Lk 3,1 - 20 (22)

 

Einstieg:         

Wir haben von der Geburt des Johannes und von der Geburt Jesu gehört. Wir haben auch eine Geschichte gehört, die deutlich machen soll, daß Jesus schon als Kind ganz mit seinem himmlischen Vater verbunden war. Aber so richtig ins Licht der Öffentlichkeit getreten sind beide erst, als sie erwachsene Männer waren. Johannes sollte doch der Vorläufer Jesu sein. Er war eher geboren worden als er, nun sollte er ihm auch als Erwachsener voraufgehen. Wie er das gemacht hat, wollen wir heute hören. Er wollte schon den Weg vorbereiten, auf dem Jesus dann leichter vorankommen sollte. So wie früher ein König einen Herold vorausschickte, wenn er eine Stadt besuchen wollte, so schickte auch Jesus einen Vorläufer, der die Leute zum festlichen Empfang bereit machen sollte. Wir wissen alle, wie das ist, wenn hoher Besuch kommt. Dann wird schnell noch das Haus in Ordnung gebracht, das Essen vorbereitet und eine festliche Kleidung angezogen. Dazu will der erwachsene Johannes helfen.

 

Erzählung:

Im alten Israel gab es Männer, die hatte Gott immer wieder dem Volk geschickt, damit es seinen Willen erfährt. Oft war ihre Botschaft hart und unangenehm und man hat sie deswegen verspottet und verfolgt. Doch sie schwiegen nicht, sondern richteten immer wieder das Wort Gottes aus. Sie mußten einfach weitersagen, was Gott ihnen aufgetragen hatte. Der letzte jener Propheten sollte Johannes, der Sohn des Zacharias und der Elisabeth werden. Er ist also ein Prophet wie die früheren auch. Aber er darf erleben, was die anderem nur geahnt haben:

Gott hat seinen Sohn schon zu den Menschen geschickt. Johannes hatte eine schwere Aufgabe. Er sollte sein Volk auf den von Gott gesandten Retter vorbereiten. Dazu ging er nicht dorthin, wo man üblicherweise die frommen Leute antreffen konnte. Er ging nicht nach Jerusalem in den Tempel, sondern zunächst in die Wüste in der Nähe des Flusses Jordan, etwa dort, wo der Fluß in das Tote Meer mündet.

Johannes lebte sehr einfach, so wie die alten Propheten auch. Er hatte kein Haus und nährte sich vor dem wenigen, was er finden konnte. Nur gelegentlich kamen Hirten in diese Gegend, und ab und zu einmal Kaufleute. Johannes kam mit ihnen ins Gespräch; und sie erzählten dann in der Dörfern und Städten von dem merkwürdigen Mann in der Wüste. So wurde Johannes bald zu einer bekannten Persönlichkeit. Viele gingen hinaus zu ihm an den Jordan.

Johannes predigt ihnen. Er ist wie der Ausrufer, der die Erlasse des Königs dem Volk mitteilt. Gott ist sein Herr, der ihm diesen Auftrag gegeben hat. So wie die alten Propheten hat er nicht seine eigene Weisheit, sondern Gottes Willen weiterzusagen.

Und Johannes tauft die Menschen. Nachdem er ihnen erklärt hat, was Gott mit ihnen vorhat, nimmt er diese äußerliche Handlung an ihnen vor, damit sie auch ganz fest mit Gott verbunden werden. Zur Taufe steigen die Menschen bis zum Bauch in das Flußwasser, und Johannes taucht sie darr ganz unter. Damit soll deutlich gemacht werden: Durch Gott wirst du zu einem neuen Menschen gemacht. Er wäscht alles Böse von dir ab und du kannst als ein anderer wieder aus dem Wasser heraussteigen.

Es ist eine besondere Taufe, die Johannes da vollzieht. Sie soll helfen zur Umkehr des Menschen. Er soll nicht nur seinen Sinn ändern, sondern auch sein ganzes Leben und Handeln. Viele fromme Leute waren sicher nur gekommen, um ihren vielen guten Taten noch eine weitere hinzuzufügen. Durch die Häufung frommer Übungen wollten sie ganz sicher gehen, daß Gott auch Gefallen an ihnen hat. Johannes aber macht ihnen deutlich: Ihr müßt wirklich Reue empfinden über eurer bisherigen Weg und wirklich ein neues Leben anfangen. Die Taufe soll dazu helfen.

Mit seinem Prediger und Handeln bezieht sich Johannes auf ein Wort bei dem Propheten Jesaja. Dort hieß an sich: „In der Wüste bereitet dem Herrn den Weg! Alle Täler sollen erhöht werden und alle Berge eingeebnet werden! Dann kann der Retter Gottes kommen und alle Menschen werden den Heiland Gottes sehen!“

Aber es gab auch die Übersetzung jener Jesaja-Stelle, die lautete „Es ist die Stimme eines Predigers in der Wüste!“ Nun meinte man, Johannes sei dieser Prediger, den schon der Prophet Jesaja angekündigt habe. Solche alten Worte behalten ihre Kraft auch in späteren Zeiten. In diesem Fall wird dadurch deutlich gemacht: Die Sache mit Johannes ist nicht nur ein Zwischenspiel, sondern geschieht nach dem Willen Gottes. Jetzt wird die letzte Gerichtszeit Gottes eingeleitet, aber auch die letzte Gnadenzeit.

Letztlich ist auch Johannes ein Freudenbote, genauso wie Jesus. Johannes gehört schon in die Geschichte Jesu hinein, auch wenn er noch ein Prophet wie die alten Propheten ist. Aber auch er kann schon davon sprechen, daß Gott sich jetzt allen Menschen zuwendet, nicht nur den Juden. Alle sollen die frohe Botschaft und das Heil Gottes erfahren. Aber wenn das so ist, dann ist es umso notwendiger, ganz schnell das Leben zu ändern. Gott will ja dazu helfen, wenn er ankündigen läßt: „Ich bin schon zu euch auf dem Weg!“

Deshalb macht Johannes noch einmal den ganzen Ernst der Lage deutlich, indem er mit harten Worten zu den Leuten spricht, die zu ihm hinaus in die Wüste gekommen sind: „Ihr Schlangenbrut, niemand kann euch garantieren, daß ihr einmal dem göttlichen Zorn entrinnen werdet. Wer hat euch denn so etwas gesagt? Ihr seid vor Gott wie die Heiden. So wie alle Menschen braucht auch ihr angeblich so frommen Juden die Reinwaschung von Sünden. Ihr meint es ja gar nicht ehrlich mit der Taufe. Ihr tut so, als müßte Gott euch vergeben, weil ihr doch zum Volk Gottes gehört!“

Und weiter droht Johannes: „Aber Gott muß gar nicht. Wenn er will, kann er sich aus diesen Steinen hier ein neues Volk schaffen. Durch die Taufe können auch die Heiden zu ihm gehören. Mit euch aber kann Gott es so machen, wie ein Bauer, der im Herbst die schlechten Bäume einfach abhackt und dann ins Feuer wirft und verbrennt. So könnte auch Gott euch mit dem Tod bestrafen, so daß ihr für alle Ewigkeit verloren und fern von ihm seid. Die Axt ist den Bäumen schon an die Wurzel gelegt. Wenn ihr euch nicht schnell ändert, seid ihr verloren!“

Da sind viele doch erschrocken. Sie merken: „Gott meint es ernst!“ Sie fragen: „Was sollen wir denn tun? Wie ist das denn mit der Umkehr?“ Johannes sagt ihnen: „Damit könnt ihr gleich jetzt anfangen, mit dem neuen Leben. Es werden ja gar keine Sonderleistungen von euch verlangt, sondern nur das, was ihr im Grunde schon längst aus den Geboten Gottes wißt. Wenn euer Verhältnis zu Gott neu geworden ist, dann handelt jetzt so, wie ich es euch sage. Manche von euch haben eine ganze Menge zu Essen mitgebracht, und manche haben gleich zwei Röcke mitgebracht, weil die Nächte hier am Jordan immer sehr kalt sind. Jeder gebe also dem etwas ab, der nichts mitgebracht hat!“

 Johannes weiß auch, daß manche so arm sind, daß sie nur e i n Hemd oder Rock besitzen. Deshalb möchte er, daß die anderen mit diesen Ärmeren teilen, auch wenn sie vielleicht selber gar nicht besonders reich sind.

Es sind auch Zöllner und Soldaten gekommen, also die Leute, die damals die Macht über die Menschen ausübten. Sie fragen auch: „Was sollen wir tun?“ Vielleicht wollen sie damit sagen: „Für uns kann das doch nicht gelten. Gibt es nicht Sonderregelungen für uns?“ Zu den Zöllnern sagt Johannes: „Fordert nicht mehr Geld von den Leuten als ihr nach dem Gesetz dürft!“ Und zu den Soldaten, die sich oftmals selber ihr Essen von der Leuten erpressen mußten, sagt er: „Tut niemand Gewalt oder Unrecht und gebt euch mit eurem Sold zufrieden!“

Johannes verlangt nicht, daß sie ihren Beruf aufgeben, ehe sie zu Gott gehören können. Es ist sicher schwierig, als Zöllner und als Soldat immer ehrlich und anständig zu sein. Aber Johannes erwartet von ihren, daß sie auch in ihrem Alltag den Willen Gottes zu erfüllen suchen. Sie sollen allen Verlockungen ihres Berufes widerstehen und allen Menschen Gerechtigkeit und Güte erweisen. Also ist es gar nicht erforderlich, große Dinge zu tun, sondern sie sollen nur ihre Mitmenschen liebhaben und ihnen helfen.

Einige meinen sogar, Johannes sei selber der Messias, der sei schon der von Gott gesandte Retter. Als Johannes das merkt, sagt er zu den Menschen: „Ich taufe mit Wasser, es kommt aber ein Stärkerer als ich. Der wird euch mit Heiligem Geist und mit Feuer taufen!“ Auch Johannes ist ein Starker, aber es kommt ein noch stärkerer, der der eigentliche Bahnbrecher ist.

So ermahnt Johannes das Volk. Aber letztlich will er ihren doch deutlich machen: Wenn ihr euch wirklich ändert, dann dürft ihr euch freuen. Er spricht von dem Heil und der Barmherzigkeit Gottes, der durch die Taufe des Johannes sein Volk sammeln will und schon den Kom­­menden auf den Weg geschickt hat.

Johannes macht mit seiner Botschaft aber auch nicht vor dem Fürsten seines Landes halt. Sein Landesherr Herodes hatte seine erste Frau verstoßen und dafür die Frau seines Bruders geheiratet. Außerdem legte er dem Volk große Steuerlasten auf. Johannes ruft auch ihm zu: „Kehre um, ändere dein Leben, auch dir kann Gott noch vergeben!“

Aber Herodes hört nicht darauf, sondern läßt der unbequemen Propheten ins Gefängnis werfen und später umbringen.

Als aber Johannes ins Gefängnis kam, da nimmt das Jesus als ein Zeichen, nun seinerseits öffentlich zu predigen. Er will das Werk des Täufers fortsetzen und vor allem auch überbieten. Allerdings wirkt Jesus nicht im Jordanland wie Johannes, sondern er geht in seine Heimat Galiläa und später nach Judäa. Johannes hatte nur vorzubereiten, in Jesus aber kommt das Heil Gottes.

 

Rembrandt: Die Täuferpredigt.

Johannes hat gerade aufgefordert, mit den anderen zu teilen. In dem inneren Kreis um den Täufer sitzen Leute, die seinen Worten folgen wollen (dicht bei Johannes mit Barett der Maler selbst). In dem äußeren Kreis aber sind Menschen, die nur von einer Seite hell sind, die zwar von dem Wort des Johannes getroffen sind, aber sich noch nicht entschieden haben (Pharisäer). In einem dritten dunklen Kreis sind alle, die unbeteiligt sind an dem Geschehen. Die Kreise sind in sich geschlossen, die Lichtlinie geht diagonal und trifft den Betrachter nicht Johannes ist der letzte Prophet des Alten Bundes und gehört zu einer abgeschlossenen Zeit. Das Bild Rembrandts „Predigt Christi“ dagegen zwingt der Betrachter, in den Kreis der Zuhörer zu treten, denn die Lichtlinie geht direkt auf den Betrachter zu. Bei den Worten des Johannes kann man noch Zuschauer sein, bei Jesus nicht.

 

Die Taufe Jesu: Mt 3, 13 - 17 (Mk 1,9-11 / Lk 3,21-22)

Einleitung:

Weil es regnet und Astrid nichts anderes zu tun hat, geht sie mit ihrer Freundin zur Kinderstunde im evangelischen Gemeindehaus. Alles ist ihr fremd. Woher soll sie es auch wissen? Frau Krämer erzählt eine Geschichte. Auf einmal fragt Astrid: „Wer ist denn nur dieser Jesus?“ Einige lachen. Aber Frau Krämer fragt zurück: „Na, könnt ihr es Astrid erzählen und erklären?“ Thomas antwortet: „Jesus ist Gottes Sohn!“ Aber damit kann Astrid nichts anfangen. Sie meint auch: „Gott gibt es doch gar nicht!“

Aber so haben die Menschen schon immer nach Jesus Christus gefragt. Zunächst kannten sie ihn ja auch nicht, wußten, nicht, wer er war. Aber er hatte einen Boten, der ihr ankündigte. Er hieß Johannes der Täufer und wirkte am Jordanfluß.

Er hatte genau erkannt: Das Volk lebte nicht so, wie Gott es erwartet hatte. Es hatte den Bund mit Gott gebrochen und würde seine Strafe dafür noch erhalten. Nur eine Lücke gab es noch für sie: Noch schnell ein neues Leben beginnen und so die Vergebung der Sünder erlangen, ehe der von Gott gesandte Messias kommt. Denn wenn er kommt, dann bedeutet das Gericht über die Menschen.

Ein Mittel dazu sollte die Taufe sein. Dazu trat der Täufling bis zum Bauch ins Wasser eines Flusses und der Täufer übergießt ihn mit Wasser oder taucht ihr sogar ganz unter. Dieses Untertauchen ist gewissermaßen die Vorwegnahme des Todes, der als Strafe für die Sünder zu erwarten ist. Wer aber durch die Wassertaufe „Ja“ sagt zum Gericht Gottes und sich Gott treu zuwendet, der kann hoffen, der letzter Vernichtung zu entgehen. Die Getauften dürfen hoffen, zu dem Rest der Geretteten des Volkes zu gehören.

In diesem Sinne taufte Johannes die Leute. Er stammte wahrscheinlich aus der Gruppe der Essener, die sich darauf vorbereiteten, der heilige Rest Israels zu sein. Die große Menge des Volkes galt ihnen als gesetzlos und unrein. Nur wer sich taufen ließ und das Gesetz

Gottes in Zukunft ganz genau einhielt, sollte gerettet werden. Aber Johannes sprach zum ganzen Volk und wollte es neu sammeln. So wie Gott einst das Volk Israel in der 'Wüste gesammelt hatte nach dem Auszug aus Ägypten, so predigte Johannes in der Wüste Judas und sagte: „Ändert euer Leben, denn die Herrschaft Gottes beginnt bald. Ich taufe euch nur mit Wasser. Nach mir kommt aber einer, der ist stärker als ich. Der wird euch mit Feuer und mit dem Heiliger Geist taufen!“ Wer diese Worte ernst nahm, der ließ sich von Johannes im Jordan taufen Eines Tages aber geschieht etwas Ungewöhnliches.

 

Erzählung:

Eines Tages steht Jesus von Nazareth unter denen, die sich taufen lasse wollen. Dreißig Jahre lang hat er unauffällig in seinem Heimatort Nazareth gelebt und gearbeitet. Jetzt ist er nach Jerusalem und an den Jordan gekommen. Es ist das erste Mal in seinem Leben. Und wenn er das zweite Mal kommen wird, dann wird man ihn kreuzigen. Jetzt schon beginnt für ihn der Weg in den Tod. Aber Gott hat ihn hierher geschickt, er will seinem himmlischen Vater gehorsam sein.

Nichts Besonderes ist an Jesus zu sehen. Er schreit nicht herum: „Seht her, ich bin der Sohn Gottes!“ Er ist ein Mensch wie alle. Ja, er tritt sogar unter die Sünder, obwohl er doch als Einziger keinen falschen Weg gegangen ist und keine Schuld hat.

Johannes erkennt ihn sofort. Er weiß auch: „Dies ist der versprochene Messias!“ Aber wenn das so ist, dann hat es Jesus doch gar nicht nötig, so wie die anderen getauft zu werden. Johannes will die Menschen doch taufen, damit sie zu Gott umkehren. Dieser aber kommt doch von Gott und braucht nicht erst zu ihm umzukehren.

Johannes wünschte sich einen anderen Messias. Er sollte mit aller Gewalt und Herrlichkeit kommen, die Bösen sofort bestrafen und die Guten belohnen. Nur aber steht er dort in aller Niedrigkeit, ein Bruder unter Brüdern. So arm und verborgen hatte er sich den Retter Gottes nicht vorgestellt.

Deshalb sagt Johannes: „Ich hätte es nötig, von dir getauft zu werden. Nun kommst du zu mir. Was soll das?“ Jesus aber antwortet: „Laß es nur jetzt geschehen. Es muß geschehen, wenn alles recht sein soll. So gebührt es uns, alle Gerechtigkeit zu erfüllen! Gott will, daß ich ganz auf der Seite der Menschen stehe. Wir beide müssen jetzt tun, was Gott will!“

Johannes versteht nicht, weshalb das alles sein soll. Er fühlt sich für diesen Dienst zu gering und verweigert ihn. Umgedreht wäre es nichtig, e r bedarf doch der Taufe durch den Gottgesandten. Den Menschen ist es unbegreiflich. Aber Jesus ist Gott ganz gehorsam und unterstellt sich seinem Willen.

Jesus möchte, daß alle Gerechtigkeit erfüllt wird. Gottes Recht ist durch die Sünde der Menschen, durch Ungehorsam und Auflehnung, zertreten worden. Nur die Vernichtung und der Tod der Sünder könnte das Recht wieder herstellen. Nun aber will Jesus das Todesurteil auf sich nehmen und für alle Menschen sterben.

Dadurch aber darf er dann aber auch den Menschen wieder die Gnade Gottes verkündigen, darf ihnen sagen: „Ihr steht als Gerechte vor Gott, ihr dürft wieder mit Gott und für Gott leben!“ Schließlich gibt Johannes doch nach und tauft Jesus so wie alle anderen. Doch der eigentlich Handelnde ist Jesus selbst. Er geht das völlige Risiko des Menschseins ein und tritt an die Stelle der Sünder. Mit dieser Stunde geht der Auftrag des Täufers zu Ende. Er tritt nun in der Hintergrund und Jesu Werk beginnt.

Als Jesus wieder aus dem Wasser steigt, tut sich der Himmel auf. Gott hatte sich bis dahin verborgen gehalten. Aber jetzt ist er in Jesus zu den Menschen gekommen, die eigentlich ohne ihn leben wollten. Nun ist für die Menschen der Weg zu Gott frei. Die Sünde trennt nicht mehr Gott und die Menschen, Gottes Himmel ist allezeit offen für uns, in Jesus neigt sich Gott zu uns herab.

Gleichzeitig sieht Jesus den Geist Gottes wie eine Taube herabfahren und über sich kommen. Noch einmal wird deutlich gemacht: In Jesus kommt Gott zu der Menschen. Er nimmt sogar Gestalt an und ist nicht eine unpersönliche Macht, sondern etwas Greifbares. Jetzt ist die Zeit des Messias angebrochen, denn der vorher entschwundene Geist Gottes kommt wieder zu den Menschen; das aber sollte ein Zeichen für das Kommen des Messias sein.

Gleichzeitig aber spricht eine Stimme vom Himmel herab: „Dies ist mein lieber Sohn, an dem ich Wohlgefallen habe!“ Eine solche Stimme galt als Zeichen der göttlichen Vollendung. Nun bekennt sich Gott voll und ganz zu seinem Sohn. Jesus gehört ganz fest zu Gott. Jesus stellt sich auf unsere Seite, aber Gott steht zu ihm.

Damals verstand man unter einem „Sohn Gottes“ einen Übermenschen. Große und bedeutende Männer erhielten diesen Ehrennamen, zum Beispiel der Kaiser in Rom. Aber Jesus ist nicht von den Menschen zum Sohn Gottes erklärt worden, sondern er ist wirklich der Sohn Gottes. Gott selbst spricht ihm die Sohnschaft zu. In völliger Freiheit wählt er Jesus zu seinem Sohn, weil er Wohlgefallen an ihm hat. „Hier fängt Christus an, ein Christus zu ein!“(Martin Luther).

Zunächst sieht es so aus, als sei dieser Neue nur ein Schüler und Jünger des Johannes. Jesus läßt sich dann sogar auch von Johannes taufen. Aber in Wirklichkeit ist er doch wie der Hohepriester, der allein in das Allerheiligste des Tempels gehen darf, während Johannes im Grunde noch nicht einmal würdig ist, ihm wie ein Tempelsklave die Riemen seiner Sandalen zu lösen.

Jesus wird den Weg gehen, der in der Taufe nur symbolisch dargestellt ist: Er wird tatsächlich sterben und auferstehen. Deswegen kann er auch mit Feuer und mit heiligem Geist taufen. Das Feuer deutet dabei auf das Gericht, das er halten wird. Aber der Geist macht deutlich, daß Gott doch keinen Menschen verderben will, sondern ihn für immer bei sich haben will.

 

Antwortgespräch:

Der Evangelist Matthäus sagt uns, wer Jesus ist. Er will vier Aussagen machen:

Ein Mann aus Galiläa, getauft wie alle, er steht zu uns, gehorcht Gott. Und er sagt weiter:

Er ist gleichzeitig Bruder der Menschen und Sohn Gottes! Viele schütteln über diesen Jesus den Kopf und sind. Aber das ist tatsächlich die einzige und wichtigste Antwort, die wir Astrid geben können: „Jesus ist der Sohn Gottes!“

 

Tafelbild:

Jesus Christus                                                           Gottes Sohn

Aus Galiläa                                                                Gott ist bei ihm

Getauft wie alle                                                        Gott gibt ihm Kraft

Er stellt sich zu uns                                                  Gott steht zu ihm

Auch heute ist der dreieinige Gott gegenwärtig bei jeder Taufe. Er sagt auch zu dem Täufling: „Dies ist mein. lieber Sohn, an dem ich Wohlgefallen habe!“ Das ist möglich, weil Jesus die Sünden der Menschen aller Welt auf sich genommen hat. Gott hat ihm den Heiligen Geist gegeben, damit er diese Last tragen kann. Am Kreuz erleidet er die Strafe für die Sünden. Dadurch sind die Getauften erst wirklich ihre Sünde los. Jetzt ist der Himmel wieder offen und der Weg zu Gott frei.

Schon in der Berufungsstunde Jesu wird die ganze Spannung deutlich, die über seinem Leben liegt. Schon zu Johannes besteht die Spannung zwischen Erwartung und Erfüllung. Aber es ist auch die Spannung da zwischen Jesu Weg des Gehorsams in Niedrigkeit und seine Vollmacht und sein Herrsein über die Welt. Seine Gemeinde steht auch in dieser Spannung, denn sie lernt den Weg des Leidens kennen und wird doch immer wieder seines Herseins gewahr.

 

Bildbetrachtung: Kaufmann, Handreichung, Nr. 4:

 Ein Strom des Geistes Gottes ergießt sich, durch ein Strahlenbündel dargestellt, auf Jesus und das Wasser des Flusses. Die Richtung geht von oben nach unten. Mit einem deutlichen schwarzen Grenzstrich ist das Wasser von dem Strahlenkegel geschieden: Jesus ist mitten unter die Sünder getreten.

Er sieht aber auf das göttliche Licht, die Haltung der Arme drückt völlige Ergebung in den Willen des Vaters aus. Die Jünger sind in ehrfürchtiger Beugung Zeugen des Geschehens. Der Geist stößt in Überbreite auf das Geschehen herab. Er ist keine Friedenstaube, sondern hier ist ein Kelch angedeutet.

 

 

Die Versuchung Jesu (Mt 4,1 -11)

Einstieg:

In dem Lied „ Ach bleib mit deiner Gnade“ ist von dem „bösen Feind“ die Rede. In der Bibel ist manchmal (ebenso wie im Gesangbuch) die Rede vom „Teufel“. Doch wir wissen genau: Den Teufel gibt es nicht wirklich, jedenfalls nicht die Spottfigur, wie wir sie aus dem Kasperletheater kennen oder wie ihn die Maler dargestellt haben: Im Jägerkleidung mit Schwanz und Pferdefuß, über und über mit schwarzer Haaren bedeckt und 100 Meter gegen den Wird stinkend. Wenn es so leicht wäre, den Teufel zu erkennen, dann könnten wir uns leicht gegen ihn schützen.

Der Teufel als Person gibt es nicht. Und doch haben wir jeden Tag mit ihm zu tun. Jeder Mensch lebt in ständiger Versuchung, etwas zu tun, was er eigentlich nicht tun sollte. Manchmal schafft man es, das Böse nicht zu tun. Aber manchmal kann man auch nicht wiederstehen. Und dann vergiftet das Böse das Leben zwischen den Menschen und zwischen Gott und den Menschen.

Diese Kraft, die oft unser Leben zerstört, wird in der Bibel als eine Person dargestellt und als „Teufel“ oder „Satan“ bezeichnet. Man kann die entsprechenden Worte auch wiedergeben mit „Ankläger, Verführer, Zerstörer“. Aber diesen Verführer können wir nicht wirklich sehen. Wir müssen das Bild immer gleich übertragen. So geschieht es auch in der Redewendung: „Mal doch nicht gleich den Teufel an die Wand!“

 

Die fratzenhafte Gestalt des Teufels kann uns gut deutlich werden an einem Bild von Paula Jordan (nicht aus „Schild des Glaubens“): Auf der Spitze eines hoher Berges stehen Jesus und der Teufel. Winzig klein liegen die Dörfer und Städte wie Spielzeug unten im Tal. Ebenso reicht der Blick unermeßlich in die Weite, Berg hinter Berg türmt sich auf. Von der Bergspitze aus kann man „alle Reiche der Welt“ sehen, die Herrlichkeit der Welt liegt zu Jesu Füßen ausgebreitet.

Der Teufel steht hinter Jesus. Geschmeidig wie eine Schlange beugt er sich zu Jesus herab und paßt sich ihm genau an. Wie Schlangen sind auch die Arme, die wie bei einer Frau mit Armbändern geschmückt sind. Sie weisen auf all die Schönheit im Tal. Die Augen sind zu schmalen Schlitzen geschlossen und bohren sich beschwörend in die Augen Jesu hinein. Züngelnd spielt der Wind mit dem flatternden Mantel des Teufels, so als wollte er Jesus im nächsten Augenblick einhüllen als seine Beute. Selbst die Haare des Teufels zucken auf Jesus hin. Jesus mag uns fremd anmuten. Er sieht anders aus als auf den gewohnten lieblichen Bildern. Für Jesus gibt es keine Gemeinschaft mit dem Teufel. Eng zieht er sein Gewand um sich. Alle Linien des Mantels sind stark und gradlinig, wie ein strenger Rahmen. Streng und klar ist das Gesicht, das in eine andere Welt hineinschaut als die, die der Teufel ihm zeigt. Auch die Hände sprechen ein sehr bestimmtes Nein. Den linken Fuß hat er schreitend vorgesetzt. Er will vom Berg herabsteigen und damit das Gespräch beenden. Jesus hat dem Teufel widerstanden. Dadurch hat er ihn besiegt und gibt auch uns Kraft, ihm zu widerstehen. Aber der große Ernst der Auseinandersetzung wird auf diesem Bild sehr gut deutlich.

 

Wie leicht auch wir dem Teufel erliegen, zeigt etwa die Beispielgeschichte von Wilhelm Lobsin „Im Nebel“: Ein Junge wird ins Geschäft geschickt, um eine Christbaumspitze zu kaufen. Dabei stiehlt er eine elektrische Maus, mit der er seinen Bruder ärgern will. Erst hat er nur die Maus gestreichelt, dann schnappte die Hand zu, dann war sie in der Tasche. Erst draußen merkt der Junge: Jetzt muß ich zu Hause lügen! Erst hinterher merkt er, wohinein er geschliddert ist. So fallen wir rein, weil wir anfangs gar nicht merken, mit wem wir es zu tun haben.

Wie schnell glauben wir doch: „Stehlen ist doch nicht so schlimm! Schlechte Worte sind doch nichts Böses! Vater oder Mutter kann man schon einmal belügen!“ Erst wollten wir es gar nicht tun. Aber dann finden wir Ausreden, flüchten zu Heimlichkeiten, das Vertrauen ist gestört. Aber dadurch werden wir auch von Gott weggebracht.

Auch Erwachsene haben manchmal schwere Entscheidungen zu fällen. Auch sie werden vom Teufel versucht. Sogar Jesus wurde mehrmals in seinem Leben versucht. Immer wieder haben Menschen ihn von seinem Weg abbringen wollen: seine Freunde, weil sie ihm einen leichteren Weg wünschten, seine Feinde, weil sie ihn haßten oder fürchteten. Noch als er am Kreuz hing, haben sie gerufen: „Steig doch herab vom Kreuz, dann wollen wir an dich glauben!“ Jesus aber wollte bis zuletzt den Weg gehen, den Gott ihm bestimmt hatte, auch wenn dieser Weg am Kreuz endete.

Seine Jünger haben die inneren Auseinandersetzungen alle miterlebt. Später haben sie das weitererzählt, weil es für andere eine Hilfe sein könnte. Matthäus hat das alles in einer einzigen Geschichte zusammengefaßt. Nun sieht es so aus, als ob Jesus alle diese Versuchungen an e i n e m Tag und am Anfang seiner Wirksamkeit erlebt hätte, aber in Wirklichkeit waren das mehrere Ereignisse. Wie Matthäus die Versuchung Jesu erzählt, wollen wir nun hören.

 

Zunächst aber betrachten wir ein Bild der Landschaft, in der alles beginnt: die Wüste Juda, ein kahles Land mit nur wenig Pflanzen, vor allem aber nicht von Menschen bewohnt, ohne Dörfer und Städte (Bild zeigen).

 

Erzählung:

Gott hatte Jesus den Auftrag gegeben, die Menschen zu erlösen. Aber wie sollte er das machen? Gab es dafür nicht verschiedene Wege? Welchen sollte er gehen? Jesus mußte sich das einmal genau überlegen. Gott wollte auch, daß Jesus ganz klar wußte, welches der richtige Weg für ihn war. Deshalb führte er ihn in die Berge, wo es leer und einsam war wie in der Wüste. Hier sollte er versucht werden wie die Menschen, sollte einmal kennenlernen, wie das ist, wenn das Böse auf den Menschen zukommt.

In der Wüste gibt es einen Menschen. Da gibt es auch nichts zu essen. Aber Jesus will ja auch nichts essen. Er will Zeit haben und Stille, um herauszufinden, wie er nach Gottes Willen den Menschen helfen sollte. Er will beten und mit seinem himmlischen Vater reden. Er will sich ganz zu Gott hinwenden und deswegen nicht einmal etwas essen. Nur so wird er für den kommenden Kampf gerüstet sein, den man nur mit Gott durchstehen kann. Da er eine „höhere Verbindung“ sucht, fällt das Suchen nach den „niederen Dingen“ fort.

Vierzig Tage soll er in der Wüste geblieben sein. Wir werden daran erinnert, daß einst das Volk Israel vierzig Jahre von Gott in die Wüste geführt wurde. Als sie Hunger hatten, murrten sie gegen Gott. Gott aber hat sie erhalten durch das Manna-Brot, das vom Himmel fiel, und durch das Wasser, das aus dem Felsen kam. Die Wüste ist nicht eine gottfeindliche Gegend, sondern auch in der Wüste ist Gott unmittelbar gegenwärtig und trägt und führt die, die an glauben.

Aber nach den vierzig Tagen bekommt Jesus doch Hunger. Er steht nicht über der Not der Welt, wie man das im Altertum von den Göttersöhnen behauptete, sondern hat an der Not der Welt Anteil. Jesus ist ein Mensch wie andere auch und muß deshalb etwas essen. Hier liegt auch die verwundbare Stelle, an der der Versucher ihn angreifen kann.

Wo soll Jesus etwas zu essen herbekommen? Er blickt sich um. Da sieht er viele Steine her­umliegen, die genauso aussehen wie die Gerstenbrötchen, die man beim Bäcker immer kaufen kann. Wäre das nicht eine Möglichkeit, durchzuckt es Jesus? Du könntest doch aus diesen Steinen Brot machen. Du bist doch Gottes Sohn! Du kannst das doch! Wenn das wirklich so ist, dann nütze das doch aus. Gott hat doch auch mit seinem Wort die ganze Welt geschaffen. Da brauchst du doch auch nur ein Wort zu sagen, und aus den Steinen wird Brot. Du kannst doch diese Not sofort beseitigen!“

Und weiter überlegt er: „Es wäre ja nicht nur für dich, sondern auch für alle Menschen. Dann wirst du die Massen für dich gewinnen und mit einem Schlag die Brotfrage gelöst haben. So einen brauchen die Menschen doch. Du brauchst nur ein Wunder vor ihren Augen zu vollbringen und sie werden dir Beifall klatschen. Du bist doch der Messias, der Heilskönig. Das hat doch Johannes der Täufer gerade erst bei deiner Taufe gesagt. Wenn du dir erst die funkelnde Krone eines irdischen Königs aufgesetzt hast, dann wirst du von den Menschen verlangen können, was du willst, und die werden dir folgen. Der König hatte schon immer Erfolg bei den Massen, wenn er ihnen Brot verschaffte, für das man nicht zu arbeiten brauchte. „Brot für die Welt“ - war das Gottes Wille?

Aber es kommt Jesus so vor, als sei der Teufel neben ihn getreten und sagte: „Da siehst du nur, wie weit du mit deinem Beten kommst! Davon wird keiner satt. Von Gott kann man nicht leben. Essen muß der Mensch, das ist die Hauptsache! Jesus weiß, daß Brot eine wichtige Sache ist. Sollte es Gottes Wille sein, die Menschen vom Hunger zu erlösen?

Aber der Mensch braucht mehr. Wenn er zum Beispiel krank ist, dann nützt ihm alles Brot und alle andere Nahrung nichts. Gott will den Menschen mehr geben als nur Brot. Die Menschen sollen auf ihn hören, ihn und die Menschen lieben - nur so kann ihnen wirklich geholfen werden. Er kann sich nicht selber helfen, sondern ihm muß umfassend von Gott geholfen werden.

Deshalb antwortet Jesus: „Der Mensch lebt nicht vom Brot allein, sondern von einem jeden Wort, das Gott zu ihm spricht! Nur weil Gott es will, wird das Leben des Menschen erhalten!“ Jesus beruft sich hier auf ein Gotteswort aus dem Alten Testament (Dt 8,3), das auf die wunderbare Speisung des Volkes Israel in der Wüste verweist.

Damals wurde doch gerade deutlich, daß der Mensch nicht allein vom Brot lebt. Brot ist nur eins der Mittel, durch die Gott das Leben erhält. Aber wenn er es nicht jeden Tag neu gibt, dann ist der Mensch verloren. Ohne Gott kann er nicht existieren. Deshalb gibt sich auch Jesus ganz in die Hand Gottes.

 

Weil Jesus sich auf das Wort Gottes berufen hat, zitiert der Teufel aber nur auch die Bibel. Er führt Jesus nach Jerusalem und stellt ihn auf die Zinne des Tempels. Das war wohl so ein balkonartiger Vorsprung an der Tempelmauer, von dem aus man den ganzen Tempel und die ganze Stadt überblicken konnte. Viele Menschen sind im Tempel. Sie müßte doch eigentlich sehen, daß Jesus dort oben steht. Genügend Publikum ist ihm gewiß.

Da hört er wieder die Stimme: „Du bist doch Gottes Sohn!“ Da wird dich doch Gott retten aus allen Gefahren! Spring doch hinab in die Tiefe. Es wird dir schon nichts passieren, du wirst heil unten ankommen. Gottes Engel werden dich über den Abgrund tragen. Denn in der Bibel steht doch geschrieben: „Gott wird seinen Engeln befohlen, und sie werden dich auf den Händen tragen, daß du deinen Fuß nicht an einen Stein stoßen wirst!“

Bei dieser Worten muß Jesus gleich an das denken, was die Leute immer sagen, wenn sie vom Kommen des Messias reden: „Im Tempel von Jerusalem wird er sich zuerst zeigen!“Er wird sich von der Höhe herablassen und doch am Leben bleiben, der der Messias kann fliegen und andere Wunder tun. Dann werden alle wissen, daß er der von Gott erwählte Retter und Helfer ist.

Jesus denkt bei den Worten des Teufels: „Ja, Recht hat er! Ich könnte das! Und dann hätte ich es leicht bei den Leuten. Alle wüßten dann, wer ich bin und keiner würde mehr an mir zweifeln. Mit einem Schlag könnte er ihm ganzen Volk bekannt werden und die Menschen überzeugen.

Und was der Teufel sagt, das steht doch wirklich in der Bibel. Er kennt sich offenbar dort auch gut aus. Aber das Bibelwort ist anders gemeint, als der Teufel es anwendet. In jenem Psalmwort (Ps 91,11-12) wird dazu aufgefordert, auf die Hilfe Gottes zu vertrauen, wenn man unverschuldet in Not geraten ist. Aber man darf sich nicht mutwillig in Gefahr begeben, um zu probieren, ob Gott hilft. Man darf Gott nicht zwingen wollen und zu seinem Diener machen wollen. Damit würde man sich über Gott stellen und ihn nicht mehr Gott sein lassen.

Jesus schlägt den Teufel mit seinen eigenen Waffen. Er beruft sich auch auf die Schrift, nur verdreht er sie nicht, sondern versteht sie nicht richtig. Er sagt: „Es steht aber auch in der Bibel: Du sollst Gott, deinen Herr, nicht versuchen! Du darfst ihn nicht auf die Probe stellen wollen!“ Damit wehrt Jesus auch diese Versuchung ab.

 

Da geht der Versucher in einem dritten Vorstoß aufs Ganze. Bisher war er scheinbar persönlich ganz urbeteiligt. Aber nur läßt er die Katze aus dem Sack und bietet selber etwas an. Er führt Jesus auf einen sehr hohen Berg und zeigt ihm alle Reiche der Welt. Da liegen die weiten Fluren vor ihm ausgebreitet. Dort sind die großer Städte mit ihren stolzen Schlössern. Jesus kann alle Schönheit und Herrlichkeit der Welt überschauen. So ähnlich muß Mose von einem hohen Berg auf das gelobte Land gesehen haben, das er aber nicht mehr erreichen würde.

Der Teufel merkt, wie Jesus sich an diesem Anblick erfreut. Und er sagt: „Das alles (und er macht dabei eine entsprechende Handbewegung) will ich dir geben, wenn du vor mir niederfällst und mich anbetest!“ Jesus weiß selber auch, daß er in der Augen der Welt nur ein Bettler ist. Er hat kein Königreich, keine Soldaten, kein Gold. Macht hat man nur in der Welt, wenn man etwas hat. Wer die Macht in Händen hält, kann die Welt verändern, zum Bösen oder zum Guten.

Natürlich würde Jesus nur Gutes tun. Er würde es schon schaffen, die Gottesherrschaft auf der Welt aufzurichten. Jesus hätte tatsächlich das Zeug dazu gehabt, als Kaiser der ganzen Welt den Menschen Wohlstand und Frieden zu geben; er wäre wirklich der Heiland auf dem Kaiserthron gewesen. Daran können wir erkennen, wie tief und schwer diese Versuchung für ihn gewesen sein muß.

Und nun steht da der Versucher und sagt zu ihm: „Komm, du König ohne Land, ich will meine Macht mit die teilen. Er ist in einem gewissen Sinne tatsächlich der „Fürst dieser Welt“, der die Herrschaft ausübt. Er hat bisher seine Macht dem römischen Kaiser verliehen. Aber nun körnte sich Jesus an die Stelle des Kaisers setzen. Er würde die Weltherrschaft gleich antreten und könnte sich und seiner Gemeinde den Umweg über die Erniedrigung und den Tod ersparen.

Nur eine kleine, eine ganz kleine Bedingung ist damit verbunden: Er soll vor dem Teufel niederfallen. Das heißt aber: Er soll ihm eine Ehre geben, die man sonst nur dem Staatsoberhaupt oder Gott erwies. Aber Jesus weiß auch, daß damit das erste Gebot übertreten wäre: „Ich bin der Herr, dein Gott, du sollst nicht andere Götter haben neben mir!“ Und die Menschen zum Guten zwingen zu wollen, das ist der Weg des Teufels. Gott will, daß die Menschen ihm freiwillig dienen.

Deshalb geht Jesus auch aufs Ganze und weist diese Versuchung scharf zurück. Er weiß genau, mit wem er es zu tun hat: Das ist der Teufel, der ihn von Gott abbringen will. Jetzt rennt er ihr beim Namen: „Hinweg, Satan! Denn es steht geschrieben: Du sollst Gott anbeten und ihm allein dienen!“ Wieder hat Jesus mit einem Bibelwort den Versucher abgewiesen.

Da gibt es der Teufel auf und verläßt Jesus. Die Versuchungen sind damit nicht ein für allemal beerdet. Aber Jesus bleibt auch nicht allein. Gott zeigt ihm, daß er ihn lieb hat und zu ihm steht: Die Engel Gottes treten zu Jesus und dienen ihm.

 

Antwortgespräch:

Jesus kann uns verstehen in unserem Angefochtensein, weil er selber auch versucht wurde. Aber er blieb ohne Sünde und hat dadurch die Vollmacht, denjenigen aus den Fängen des Widersachers zu lösen, der dem Bösen verfallen ist.

Seine Versuchungen bestanden darin, Brotkönig, Wunderkönig oder Weltkönig zu werden. Will er verzweifelt vom Brot leben oder sich von Gott durchhalten lassen? Will er trotzig mit Gott experimentieren oder auf solche Demonstrationen im Glauben an den ursichtbaren Herrn verzichten? Will er sich der politischen Macht verschreiben oder dem Ewigen allein die Ehre geben? Oder anders gesagt: Will er als Wirtschaftsreformer, Sozialrevolutionär, Sensationsheld oder als politischer Führer das Heil bewirken, oder will er das Reich Gottes heraufführen durch das Wort Gottes, den Gehorsam, den Glauben und die wahrhafte Anbetung?

Wir vergleichen die Messiaserwartungen mit dem Leben und Wirken Jesu.

 

Messiaserwartungen                                    Leben Jesu

Römer verjagen                                             Keine politische Macht

Macht haben                                                  Haß, Tod

               Ruhm                                                               Einsamkeit

Ehre                                                                 Verachtung

               Reichtum                                                        Armut

Dazu sagt Jesus „Nein“                                Dazu sagt Jesus „Ja“.

Darum ist Jesus der Messias.

 

Matthäus berichtet in seiner Erzählung kein einmaliges Ereignis aus dem Leben Jesu, das einmal so passiert ist. Vielmehr will er zeigen: Jesus ist ständig versucht worden, aber er hat die Versuchung bestanden. Die Gemeinde des Matthäus bezeugte: Jesus ist nicht Gottes Sohn nach der Art der damaligen angeblichen „Göttersöhne“ Er lebte in unbedingtem Gehorsam gegen Gott. Deshalb konnte er der Versuchung widerstehen, seine Gottessohnschaft durch Wunder zu erweisen. Wunder sind nur notwendig, wenn man Gott roch mißtraut.

Die Gemeinde wird dadurch vor der Versuchung bewahrt, Jesus falsch zu verstehen. Er beseitigt nicht mit einem Handgriff alle Not. Er verwehrt auch den Ausweg, sich zu einer geschlossenen Gesellschaft zu vereinigen, wo man seine Ruhe hat und überleben kann. Gottes Wort ruft sie vielmehr auf, auch in persönlicher Bedrängnis Liebe zu üben und barmherzig zu sein.

 

Kaufmannn-Bild: Durchbrechung des Teufelskreises (Nr. 5 )

Die Versuchungen werden nicht einzeln dargestellt, sondern in diesem einen Bild zusammengefaßt. Der Satan in Gestalt einer Schlange umschlingt Jesus mit mächtigem Schwung. Sie erreicht ihn mit ihrer gespaltenen Zunge, die das Zeichen für die verlogenen Worte des Teufels ist.

Jesus aber steht unerschütterlich, ruhig und fest. Seine linke Hand wehrt den Angriff des Teufels ab. Seine rechte Hand streckt sich dem Vater entgegen, mit dem er in einer niemals abreißenden Verbindung des Gebets steht. Diese Hand nimmt aber auch das Kreuz entgegen, das Gottes Hand seinem Sohn reicht. Das Kreuz aber ist zugleich Zeichen des Sieges. Gott hat immer den Sieg in seiner Hand. Dem Satan ist keine letzte Macht gegeben, er vermag Jesus nicht ganz zu umschlingen.

Jesus ist in den Teufelskreis hineingestellt, so wie jeder vor uns. Aber er durchbricht ihn mit seinem Gehorsam (vgl. Phil 2). Aber der Gehorsam bedeutet Leiden und Kreuz, aber auch erfolgreiche Abwehr aller Angriffe der widergöttlichen Macht.

 

Unsere Versuchungen heute:

„Glaube doch der Quatsch nicht, den sie dir in der Kirche erzählen!“

„Wir suchen selber etwas zu erreichen, anstatt uns von Gott helfen zu lassen!“

 

Die Versuchungen Jesu:

Ort

Versucher

Versuchung

Sieg

Wüste

Teufel

Brotwunder- Schauwunder -

Weltherrschaft

Es steht geschrieben

Berg

Volk

zum König machen (Speisungs-

wunder)

Jesus entweicht

Cäsarea Philippi

Petrus

Das widerfahre dir nur nicht!

Gehe hinter mich, du Satan

Gethsemane

Angst

Nimm diesen Kelch von mir!

Dein Wille geschehe

Gethsemane

Petrus

Petrus schlägt mit dem Schwert

Soll ich den Kelch nicht trinken?

Golgatha

Volk

Steige herab vom Kreuz!

Es ist vollbracht!

                                                                      

                                                                                 

Jesus gibt den Elenden Hoffnung: Mt 4, 12-17                            

 

Tafelanschrift: ELEND . Was fällt euch ein bei diesem Wort? „Mir ist ganz elend“ oder „Ist das ein Elend auf der Welt“ oder „Er sitzt im Elend“ , usw. Ihr wißt auch, wie elend einem zumute ist, wenn er Vater und Mutter urgehorsam war.

Zum Elend gehören (unter das Wort schreiben): Krankheit, Schmerzen, Hunger, Armut, Haß, Krieg, Leid, Schuld, Tod.

Warum gibt es denn solches Elend? Wie kommen wir aus ihm heraus?

Elend bedeutete früher soviel wie „Ausland: Wer im Elend ist, der ist im Ausland.

Das kann uns auch die Zeichnung deutlich machen:

 

Die Menschen sitzen im Elend. Da gibt es Unfriede, Haß, Ungerechtigkeit. Sie sind wie von einer Schlange, das heißt: vom Bösen eingeschlossen. Nun wollen sie aus dem Elend herauskommen. Sie wollen zum Beispiel Frieden - und kämpfen deshalb für den Frieden. Sie wollen Gerechtigkeit und kämpfen deshalb gegen die Urgerechtigkeit! Sie wollen gesund sein und haben Angst vor dem Tod.

Zur Zeit Jesu wollten die Menschen aus dem Elend herauskommen durch genaue Befolgung der jüdischen Gesetzesvorschriften. Zur. Zeit Luthers versuchter sie es durch Ablaß, Wallfahrt, Reliquien. Heute versuchen sie es durch Leistung, Wohlstandspolitik, usw.

Viele Politiker versprechen den „Himmel auf Erden“.

 

Wie sind denn die Menschen in das Elend hineingekommen? Sie gehören doch eigentlich ganz woanders hin! Sie gehören in das Vaterhaus ihres himmlischer Vaters (obere Hälfte der Zeichnung). Dort ist Friede, Gerechtigkeit, Wahrheit, Leben.

 

Weil die Menschen aber mehr auf die Stimme des Bösen gehört haben, sitzen sie jetzt wie die Gefangenen im Ausland und möchten gern aus dem Elend heraus. Aber das Elend wird immer schlimmer. So geht es im Grunde uns allen. Wir wollen aber hören, was Jesus zu den Menschen sagt, die im Elend sind:

 

 

Erzählung:

Jesus hatte sich von Johannes taufen lassen. Nicht lange danach aber ging eine aufregend Nachricht durchs Land. Von und zu Mund wurde sie weitergesagt: „Wißt ihr schon? Johannes der Täufer - er ist verhaftet worden!“- „Wer hat ihn denn verhaften lassen? Was hat er denn getan? Das ist doch nicht möglich! Er hat doch nichts Schlimmes getan. Er hat doch nur gepredigt und die Menschen getauft!“ So reden die Leute.

Aber dann fällt ihnen auch ein: „Die Wahrheit hat er gesagt. Daß wir gar nicht so sind, wie es Gott gefällt! Und auch dem König Herodes hat er die Wahrheit gesagt. Aber der hat sich das nicht gefallen lassen!“

So ist Johannes ins Gefängnis gekommen. Die Leute sind erschüttert und traurig. Fast alle haben ja von Johannes gehört. Viele kennen ihn persönlich. Sie waren alle ja in die Wüste hinausgegangen, wo er gepredigt hatte. Nun stöhnen sie: „Was ist das doch für ein Leben

in dieser Welt! Soviel Ungerechtigkeit und Unfriede unter den Menschen. Es ist doch wirklich ein Elend, in dem wir leben!“

Johannes kann nun nicht mehr predigen. Er sitzt in seiner Gefängniszelle und hofft, daß jetzt bald ein Stärkerer kommt. Der wird ihn und das ganze Volk aus dem Elend befreien können. Das wüßte wohl einer sein, der ein schreckliches Gericht über alle Menschen hält.

Auch Jesus hat davon gehört, daß Johannes ins Gefängnis gekommen ist. Da weiß er: „Jetzt ist meine Zeit zum predigen gekommen!“ Er geht in seine Heimat nach Galiläa. Aber er bleibt nicht in Nazareth, sondern zieht nach Kapernaum am See Genezareth.

Hier wohnt er und beginnt schließlich zu predigen. Er geht wie alle anderen am Feiertag in das Bethaus. Dort werden die Worte der Propheten vorgelesen und nachher erklärt. Vielleicht kennen die Leute dort auch das Wort aus dem Propheten Jesaja: „Das Volk am See Genezareth, das im Elend sitzt, hat ein großes Licht gesehen!“ Ob sie aber auch wissen, was das bedeutet?

Jesus liest den Abschnitt vor. Dann beginnt er zu predigen, genauso wie Johannes es getan hatte: „Ihr Menschen im Elend. Haltet ein! Tut Buße und ändert euer Leben! Das Himmelreich ist nahe herangekommen! Ihr könnt nicht von euch aus hineinkommen, sondern es ist zu euch gekommen!“

Ob die Leute wohl verstanden haben, was Jesus meinte? Ob sie wohl begriffen haben, daß er ihnen das Himmelreich bringen wollte, damit das Elend in der Welt überwunden werden kann?

Er kam ja selbst ins Elend. Er wurde ein Mensch wie wir und lernte alles Elend der Marschen kennen. Er kannte Not und Angst, Hunger und Durst, Haß, Lüge und Falschheit. Schon bei seiner Geburt wurde deutlich, wie sehr er ins Elend kam.

Wo aber Jesus ist, da ist das Himmelreich ins Elend hineingekommen. Wenn wir auf Jesus sehen und auf sein Wort hören, dann ist es ganz nahe zu uns herangekommen. Dann brauchen wir nicht mehr durch unsere eigenen Leistungen und Anstrengungen aus dem Elend herauszukommen. Jesus kehrt alles um. Und wenn wir ihm darin folgen, dann tun wir „Buße“.

 

In der Welt gibt es immer noch Elend. Aber der Schlange ist schon das Rückgrat gebrochen. An einer Stelle wird schon etwas vom Himmelreich deutlich. Dort setzen sich Menschen für Liebe, Gerechtigkeit, Friede ein, da handeln sie im Sinne Jesu. Er steht am Schnittpunkt zwischen Himmel und Erde und hilft uns, daß wir auf der Erde schon im Sinne Gottes und des Himmelreiches handeln können.

 

Das vierte Bild weist auf das Abendmahl hin, durch das wirk mit dem Himmelreich und mit Jesus in Verbindung kommen.

 

 

Die Berufung des Levi: Mk 2, 13 -17 (Mt 9,9-13 und Lk 5,27-32)

Einstieg:

Als Tafelanschrift das Sprichwort: „Zeige mir, mit wem du umgehst, und ich sage dir, wer du bist!“ Wenn man etwas über das Wesen eines Menschen erfahren will, sollte man ihn im Umgang mit seinen Freunden betrachten. Deshalb wollen auch die Eltern gern wissen, mit wem

ihre Kinder spielen und wer ihre Freunde sind und wen sie zum Beispiel. zum Geburtstag einladen.

Aus Bildern kleben wir eine Tischrunde unter dem Gesichtspunkt: Wen laden wir zum Geburtstag ein? Wir spielen die Diskussion zwischen Mutter und Kind.

Wenn man sich die Freunde eines Menschen ansieht, kann man seine Menschenkenntnis verbessern. Man wird sich aber auch selber überlegen, wen man zum Freund haben will. Ein Jugendlicher wird sich zum Beispiel fragen: Möchte ich vor meiner Eltern oder Lehrern in Gesellschaft dieses Jungens oder Mädchens gesehen werden?

Die Frage ist nur: Nach welchen Gesichtspunkten beurteilt man einen Menschen? Hier hat das Sprichwort auch seine Grenzen: Man ordnet die Menschen zu leicht und zu schnell irgendwo ein und stempelt sie ab. Wir meiden dann vielleicht den Umgang mit einem Menschen, weil er äußerlich abstoßend wirkt, unsauber oder laut ist und vielleicht auch weniger klug. Wir wissen vielleicht, daß er gestohlen hat und im Gefängnis gesessen hat, und bedenken gar nicht, daß er sich ja inzwischen gebessert haben kann.

Oder wir schicken bei einem Gemeindefest einen weg, der sonst auch nicht kommt. Oder ein Kinderchor löst sich auf, weil einer mitsingen will, den die anderen nicht haben wollen. Weil wir leicht Vorurteile haben, sind wir dann ungerecht in der Beurteilung anderer Menschen. Wir wollen aber sehen, wie Jesus zu dem Sprichwort steht: „Sage mir, mit wem du umgehst, und ich sage dir, wer du bist!“

 

Erzählung:

Jesus wollte vom See Genezareth wieder zurück in die Stadt Kaperraum. Am Stadttor muß er wieder an der Zollschranke vorbei, denn Kaperraum ist Grenzstation. Dort sitzt seit Jahr und Tag der Zöllner Levi und kassiert den Zoll ein. Zöllner zu sein, das war damals mehr als eine Berufsangabe, das beschrieb die ganze äußere und innere Situation dieses Mannes. Er arbeitete eng mit der römischen Besatzungsmacht zusammen. Der Römern mußte er im Voraus eine bestimmte Summe Zoll zahlen. Dafür ließen sie ihm freie Hand, soviel aus den Leuten her­aus­zupressen, wie nur irgend ging. Notfalls standen die römischen Soldaten bereit, um der Zahlungswilligkeit der Leute nachzuhelfen.

Der Überschuß über das Soll floß in die Tasche des Zöllners. Deshalb trieb dieser zum eigenen Nutzen die festgesetzten Zolltarife willkürlich in die Höhe. Deswegen waren die Zöllner die bestgehaßten Leute im Volk Israel. Sie wurden von der Gesellschaft ausgestoßen und verachtet. Zu ihnen führte kein Weg, mit ihnen wollte man nichts zu tun haben und man übersah sie einfach. Sie waren und blieben Diebe und Ausbeuter. So dachten die Leute damals, und sie hatten Recht damit.

Doch heute geht Jesus nicht so einfach an der Zollstation vorüber. Er sieht sich den Levi an und weiß sofort, was mit ihm los ist. Da gibt es kein Verstecken mehr! So wie ein Arzt erkennt Jesus die Krankheit dieses Mannes: Er ist ein Betrüger wie alle anderen Zöllner auch, und niemand will etwas mit ihm zu tun haben.

Aber Jesus sagt ganz einfach zu ihm: „Folge min!“ Da geschieht das Erstaunliche: Der Mann verläßt alles und gehorcht. Er macht nur erst noch die Schranke hoch und schließt die Kasse ab. Dann geht er mit Jesus. Der nimmt Levi mit in sein Haus und lädt ihn zum Abendessen ein.

Zu dem Essen kommen aber noch viele andere Leute. Zum Teil sind es Berufskollegen des Levi. Aber es sind auch Leute darunter, die er überhaupt nicht kennt. Es sind alles entweder arme Leute oder Menschen mit einem unehrenhaften Lebenswandel oder Beruf. Es sind ver­achtete und ausgestoßene Menschen, so wie Levi es bisher auch war. Aber nun hat er Menschen gefunden, die ihn nicht wegjagen. Auch die Jünger Jesu sind mit da. Alle essen sie nun zusammen mit Jesus an einem Tisch.

Draußen aber kommt ein Pharisäer vorbei, einer von der ganz Frommen, die es mit den Geboten Gottes übergenau nehmen und es den Menschen damit nur unnötig schwer machen. Er wirft einen kurzen Blick durch das niedrige Fenster in das Haus Jesu. Da sieht er ihn doch wahrhaftig inmitten all dieser Zöllner und Sünder sitzen und ganz gemütlich mit ihren speisen.

Das geht ihm doch über die Hutschnur! Das ist doch gegen die Ordnung Gottes! Er ruft einen anderer Pharisäer herbei und zeigt auf das Haus: „Guck doch nur einmal, mit wem dieser Jesus da an einem Tisch zusammensitzt! Es ist kaum zu glauben! Das ist doch unerhört!“

Als zufällig einmal einer der Jünger nach draußen kommt, fragen sie ihn: „Warum ißt euer Meister mit den Zöllnern und Sündern?“ Jesus aber hat mitgekriegt, was sie fragen wollen. Er ruft ihnen nach draußen zu: „Die Starken bedürfen des Arztes nicht, aber die Kranken. Ihr haltet euch für die Starken, da habt ihr mich auch nicht nötig. Aber diese hier, die brauchen mich. Ihr müßt erst umdenken lernen, ehe ihr verstehen könnt, was hier geschieht: „Ich bin der von den Propheten Verheißene, der gekommen ist, um die Menschen zu heilen und frei zu machen. Was ihr für Sünde haltet, ist in der Augen Gottes Barmherzigkeit. Denn ich bin gekommen, um all die einzuladen, die Not, Verlassenheit und Verachtung erleben. In ihrem Leben, soll es von nur an anders werden!“

 

Bildbetrachtung: Kaufmann, Wort im Bild, Nr. 6:

Levi (Matthäus) hat nicht nur hinter der Zollschranken seines Berufs gesessen, sondere auch hinter der unsichtbaren Schranken seiner Schuld. Doch diese sind gleichzeitig auch die Schranken der Lieblosigkeit und Unbarmherzigkeit der anderen. Diese Schranken wird er nicht aufheben oder durchbrechen können. Ein hartes Gesetz hat ihn verurteilt, hinter diesen Schranken zu Leben. Er ist ein Gescheiterter und Verstoßener.

Aber so wie das helle Licht plötzlich die Dunkelheit durchbricht, so unerwartet und unvorbereitet trifft der Ruf Jesu den hinter den Schranken lebenden Zöllner. Gerade diesen unmöglichen Menschen spricht Jesus an, ruft ihr zu sich und macht ihn zum vertrauten Mitarbeiter. Sein Wort hat die Macht, Schranken aufzuheben und gibt der Weg frei zu einem neuen Leben.

Der Gerufene kann nun die Einladung annehmen. Er kann aber auch Bedingungen stellen und die Nachfolge verweigert. Doch Levi folgt bedingungslos, überwältigt von solch grenzenlosem Vertrauen und solch schrankenloser Liebe.

Levi steht am Scheideweg seines Lebens. Seine leeren Hände streckt er Jesus entgegen. Er läßt sich von den einladenden Händen Jesu gewissermaßen herbeiziehen, denn er ist im Dunkel, aber dort ist Licht. Natürlich läßt er sich auf ein Abenteuer ein, dessen Ausgang völlig offen ist. Aber Jesus hat ihr auf diesen Weggerufen und er folgt ihm - und das ist dann Glaube!

Die anderen aber gehen in das Dunkel hinein, in die „Hölle“ (= weg von Jesus). Die öffentliche Meinung hat das Urteil über den Zöllner Levi bald gesprochen: „Mit so einem hat man möglichst nichts zu tun!“ Sie denken und leben ganz in der Schranken der Gesetzesreligion. Sie halten fest an Ordnung, Gesetz und religiösem Recht. Ja, wenn Jesus den Levi und sich selbst in die Gemeinschaft der Pharisäer eingegliedert hätte, dann hätten sie sich schon um den Gestrauchelten gekümmert, dann hätten sie ihm geholfen, gegen die Sünde zu kämpfen.

Aber bei diesem Jesus gilt ja Liebe statt Recht. Sie können sich nur über seine schrankenlose Liebe ärgern.

In gewisser Weise kann man sie schon verstehen, denn das Handeln Jesu läuft dem natürlichen Denken vieler Menschen entgegen. Jesus hält ihnen ja auch nicht einmal eine Moralpredigt, sondern er läßt sie einfach gehen. Aber dadurch bleiben sie selbst hinter der Schranke und merken nicht einmal, wie hinter ihnen die Schranke wieder zugeht. Sie waren auch auf den Weg des Heils gestellt.

Aber sie sind am Scheideweg ihres Lebens von diesem Weg abgekommen. Sie gehen selbstbewußt den „linken“ Weg der eigenmenschlichen Entscheidung; dieser führt sie aber nur von der Herrlichkeit des Gottesreiches fort. Levi aber geht der „rechten“ Weg der Gnade und findet dort bei Jesus sein Heil und seinen Auftrag.

 

Antwortgespräch :

Die Pharisäer handeln nach dem Sprichwort: „Sage mir, mit wem du umgehst, und ich sage dir, wer du bist!“ Sie wollen erst dann barmherzig sein, wenn der andere auch das Gesetz erfüllt hat. Solange das nicht geschehen ist, sagen sie: „Von dem nehmen wir kein Stück Brot“ und „Zwischen ihm und uns ist das Tischtuch zerschnitten!“

Jesus aber handelt nicht nach solchen Redensarten. Denn da könnte er mit keinem essen: weder mit einem Zöllner noch mit einem Pharisäer noch mit irgendeinem anderen Menschen - alle sind sie seiner Gemeinschaft nicht wert. Vor Gott sind wir alle Versager und Schuldige. Wir brauchen seine Liebe und Hilfe genauso wie die, auf die wir herabsehen und die wir als Außerseiter ablehnen. Mit welchem Recht körnten wir uns für so viel besser und anständiger halter als andere?

Jesus aber tut den Willen Gottes, indem er seine Liebe allen zuwendet, ohne Ansehen der Person und ihrer Verdienste. Er nimmt es dabei auch in Kauf, in den Augen der Gesetzestreuen in Mißkredit zu geraten. Bis zur letzten Konsequenz erleidet er Verachtung und Verfolgung und gibt sogar sein Leben dafür hin, daß Gottes Liebe alle Menschen erreicht.

Deshalb schließt er keiner aus seiner Gemeinschaft aus, sondern nimmt ihn so wie er ist. Er ist ein Freund all derer, die ihr brauchen, die abstoßend, arm, alt und krank sind.

 

Tafelanschrift:

Wir überlegen: Wer in der Bibel ist sonst noch der Freund Jesu?

Wem aus unserer Gemeinde ist Jesus ein Freund?

Bin ich auch sein Freund? (Fragezeichen hinter „ich“)

Schlußstrich ziehen, Summen errechnen: „Jesus ist mein Freund!“

Deutlich wird das heute auch beim Abendmahl in der Kirche. Da stehen oder sitzen wir alle um einen Tisch und sind mit Jesus und vor allem auch untereinander verbunden.

[Lesespiel von Ernst Lange: „Der fromme Fehlschlag“: Versagen einer christlicher Familie gegenüber einem haftentlassenen jungen Mann, dem sie wirklich ehrlich helfen wollen, aber es wird zum Fehlschlag].

Welcher Arbeitgeber stellt einen aus dem Gefängnis Entlassenen wieder ein?

 

 

G. Ein Arbeitstag Jesu in Kapernaum Lk 4,31 - 44 (Mk 1,21 -39)

 

Erzählung:

Die Leute von Nazareth hatten Jesus nicht nur abgelehnt, sondern tödlich bedroht. So ging er über das Bergland hinweg an den See Genezareth. Dort suchte er sich in der Stadt Kaperraum eine Wohnung und sammelte Jünger um sich, die ihn unterstützen sollten. Jetzt soll seine eigentliche Tätigkeit beginnen.

Am Feiertag geht Jesus wie alle anderen ins Bethaus. Wieder beginnt er dort zu predigen. Die Leute wundern sich über ihn, denn er kann so reden, daß er alle überzeugt. Mit seinem Wort gewinnt er Macht über die Menschen. Er predigt den Menschen, daß sie los sein sollen. Er hat aber auch die Macht, das zu bewirken, was er sagt. Da ist nämlich ein Mann im Bethaus, der von einem bösen Geist ergriffen ist.

Plötzlich schreit er auf: „He, was haben wir miteinander zu tun, Jesus von Nazareth. Du bist gekommen, um uns zu verderben. Ich weiß, wer du bist: Du bist der Heilige Gottes!“ Aus dem kranken Menschen spricht ein böser Geist oder gleich mehrere, die ganz schlimme Feinde Jesu sind. Es geht also gar nicht so sehr um diesen Kranken, sondern um den Kampf gegen die böser Geister. Jesus ist gekommen, nicht nur gegen sie zu predigen, sondern auch gegen sie zu handeln. Aber dagegen wehren sie sich. Deswegen schreit der Geist der Namen heraus: „Du bist der Heilige Gottes!“ Wer der Geheimnamen des Gegners kennt, kann ihm die Macht nehmen, dachte man damals.

Doch wo Jesus die Gottesherrschaft ausruft, da müssen alle Mächte der Finsternis weichen. Jesus sagt: „Verstumme und fahre aus von ihm!“ Er befiehlt dem Dämon zu schweigen, wie man einen bellenden Hurd zur Ruhe bringt. Der böse Geist reißt den Menschen noch einmal hin und her, schreit noch einmal laut und verläßt den Menschen. Der Mann selber aber erleidet keinen Schaden.

Die anderen Leute aber sind erstaunt und entsetzt. Sie sprechen darüber und fragen sich: „Was ist das für ein Wort? Er gebietet den unreinen Geistern, und sie gehorchen ihm!“ Bald erzählt man überall in der Gegend von diesen Jesus und fragt sich: „Wer ist dieser Jesus und was ist sein Auftrag?“

Jesus aber verläßt mit seinen Jüngern wieder das Bethaus und geht in das Haus des Petrus. Dort liegt die Schwiegermutter des Petrus krank im Bett. Wahrscheinlich hat sie Malariafieber, das in Abständen den Kranken in Schüttelfrost versetzt und nach dem Anfall eine große Mattigkeit zurückläßt. Eine solche Krankheit führte man damals auch auf einen bösen Geist zurück. Deswegen fragen die Leute, ob Jesus sie nicht auch heilen könne.

Da geht Jesus hin. Mit schlichter Selbstverständlichkeit bedroht Jesus das Fieber, auch diese Frau soll seine hilfreiche Macht erfahren. Da weicht das Fieber vor ihr. Die Frau steht auf und nimmt ihre Arbeit im Haus wieder auf und bewirtet die Gäste.

Bis zum Abend hat es sich in ganz Kapernaum herumgesprochen, daß Jesus Kranke geheilt hat. Und als der Feiertag vorbei ist, kommen sie alle, die an Körper und Geist Kranken und wollen Hilfe von Jesus. Ein richtiger Zug des Elends ist es, der da auf Jesus zukommt. Er steht an der Tür des Hauses des Petrus und weiß: „Denen muß ich helfen, ich muß die Mächte der Finsternis zurückdrängen!“Da legt er die Hand auf sie und die bösen Geister fahren aus ihnen aus. Sie schreien wieder: „Du bist der Sohn Gottes!“ Aber Jesus bedroht sie, daß sie das nicht sagen sollen. Sie sind ja nicht im Inneren davon überzeugt, daß Jesus der Sohn Gottes ist. Deshalb sollen sie so etwas nicht sagen, weil dadurch die Menschen eher noch gehindert werden, die wahre Bedeutung Jesu zu erkennen.

Als die Jünger am anderen Morgen aufwachen, ist Jesus verschwunden. Er muß schon ganz früh weggegangen sein. Sie beginnen ihn gleich zu suchen. Viele Leute aus Kapernaum schließen sieh ihnen an. Endlich finden sie ihn an einer einsamen Stelle, wo sie ihn gar nicht vermutet hätten. Sie laufen zu ihm und wollen ihn festhalten, damit er nicht fortgeht und sie allein läßt. Er aber sagt zu ihnen: „Ich muß auch in den anderen Ortschaften die Botschaft von der Herrschaft Gottes über die Menschen und bösen Geister sagen, denn dazu hat Gott mich geschickt!“

So geht er mit seinen Jüngern, um in den anderen Bethäusern Judäas zu predigen. Auch die Jünger haben ihn wohl nicht so recht verstanden. Warum hat er nicht alle Kranken geheilt? Weshalb verläßt er nach seinem großen Erfolg die Stadt wieder? Die Leute suchen ihn aber wohl nur wegen seiner Wunder. Sie wollen einen haben, der ihr irdisches Glück sichert. Aber Jesus ist nicht nur für die kleine Stadt am See Genezareth da. Gott hat ihn zu aller Menschen in seinem Volk gesandt, ja sogar noch über sein Volk hinaus sollen sie die frohe Botschaft erfahren, daß Gott zu den Menschen gekommen ist. Seine Wundertaten sollen nur noch seine Worte verdeutlichen und bekräftigen. Der Sinn seiner Sendung ist zunächst das Predigen und nicht das Heilen. Aber für jeden hat er die richtige Hilfe bereit. Jedem hilft er so, wie er es gerade braucht: Einen tröstet er, weil er traurig ist. Einem anderen gibt er Mt, weil er sich fürchtet. Wieder einen anderen behütet er in großer Gefahr. Auch für jeden von uns hat er die richtige Hilfe bereit.

 

 

Die Kindersegnung: Mk 10,13 - 16 (Mt 19,13-15 und Lk 18,15-17)

 

Einstieg:

Kinder sind heute der Mittelpunkt der Familie und Gegenstand der Fürsorge des Staates. Man kann sagen, daß es in vieler Hinsicht die Kinder noch nie so gut gehabt haben als heute! Bei uns muß keiner hungern, er hat Wohnung und Kleidung; die Kinder können zur Schule gehen, Bücher lesen, Fernsehen sehen; sie können in vielen Dingen mitreden und werden von den Erwachsenen ernstgenommen.

Aber für viele Leute werden die Kinder aber erst interessant, wenn man etwas mit ihnen anfangen kann, wenn man sie erziehen und unterrichten kann. Sie wollen die Kinder dann nach ihrer Vorstellungen formen und ihnen nicht eine freie Entfaltungsmöglichkeit geben. Vielfach werden die Kinder von Erwachsenen noch beiseite gedrängt, werden falsch verstanden und müssen das tun, was die Erwachsenen sagen. Wenn man die Kinder fragt, könnten sie sicher manches aufzählen, was noch anders werden könnte.

In der Kirche haben die Kinder einen geachteten Platz. Sie können schon als Säuglinge zur Kirche gehören durch die Taufe. Auch wenn sie noch nicht verstehen können, was da mit ihnen gemacht wird, so gilt das doch schon für das ganze Leben. Aber das war nicht immer so. Schon am Anfang der Kirche gab es Leute, die den Kindern die Taufe nicht geben wollten, die sagten: „Dazu muß man erst erwachsen sein!“

Damals waren Kinder ja völlig rechtlos und zählten noch nicht mit. Sie galten als unterentwickelte Menschen, die erst noch nichtige Menschen werden sollten. Sie galten als Eigentum, über das die Eltern frei verfügen können. Am Gottesdienst durften sie noch nicht teilnehmen, da mußten sie erst ungefähr 13 Jahre alt sein. Jesus aber sah die Kinder als Eigentum Gottes an und handelte entsprechend.

 

Erzählung:

Wenn Jesus unterwegs war, dann hatte er immer allerhand zu tun. Er predigte und lehrte, beantwortete die Fragen der Leute, heilte Kranke und half den Traurigen. Jedesmal wenn er in ein Dorf kam, da liefen immer Leute herbei und wollten etwas von ihm.

Manchmal wollte Jesus dann aber auch seine Ruhe haben. Man muß sich auch einmal ausruhen und wieder innerlich sammeln können, sonst schafft man eine solche Arbeit nicht. So war es auch einmal, als Jesus wieder unterwegs war. Wir wissen nicht, wo es war, ob in einem Haus oder auf der Landstraße. Aber jedenfalls war Jesus froh, einmal ein wenig Luft schöpfen zu können. Sonst ließen sie ihn ja kaum zum Essen kommen. Auch die Jünger sind froh, daß sie ihren Herrn endlich einmal für sich haben. Wenn der Herr sich ein wenig ausgeruht hat, dann wollen sie ihn einmal fragen und alles mit ihm bereden, was sie so auf ihrem Herzen haben.

Aber da kommen schon wieder Leute, die sogar noch Kinder mitbringen. Es sind Väter und Mütter, größere Kinder, Onkel und Tanten. Sie führen kleinere Kinder an der Hand oder tragen sie auf dem Arm. Die Jünger können sich schon denken, was diese Leute von Jesus wollen. Es war ja der Brauch im Volk Israel, daß man vor allem am Abend vor dem großen Versöhnungstag die Kinder zu einem Glaubenslehrer brachte, damit er für sie betet, sie ermahnt und sie segnet. Nun werden sie wohl so etwas auch von Jesus erwarten, den sie ja auch für einen Lehrer des jüdischen Gesetzes halten.

Nun war es natürlich aus mit der Ruhe. Lärm von Stimmen und Geschrei störten das ernsthafte Gespräch der Männer. Die Jünger wollen deshalb die Störenfriede unsanft fortweisen. Es sind ja nur Kinder. Für die ist die Zeit Jesu zu kostbar. Von den großen Dingen der Herrschaft Gottes verstehen sie ja doch nichts. Jesus wird es sicher recht sein, wenn sie diese Störung von ihm fernhalten. So denken die Jünger Jesu.

Sicher haben viele Menschen damals gemeint, den Kindern fehle ja doch das rechte Verständnis für die Botschaft Jesu. Vor allem die Jünger haben erfahren, daß manches Opfer notwendig ist, wenn man Jesus nachfolgen will. Das ist eine schwere und ernsthafte Sache. Wenn jetzt auch die Kinder da mitmachen sollen, dann wird die Größe der Aufgabe nicht mehr erkannt und der Eindruck erweckt, als könnten da schon Kinder mittun. Außerdem fehlt den Kindern der nötige Ernst, die Größe des Gesetzes Gottes zu erkennen. Erst mit 12 oder 13 Jahren hielt man sie für fähig, das jüdische Gesetz zu verstehen und auch einzuhalten. Erst dann konnte es ein Verhältnis zu Gott haben.

Die Jünger wollen darüber entscheiden, wer am Gottesreich Anteil haben kann. Kinder dürfen nach ihrer Meinung nicht dazu gehören. Deshalb fahren sie die Leute an, die Kinder zu Jesus bringen wollen: „Was wollt ihr hier? Ihr habt bei Jesus nichts zu suchen. Macht, daß ihr fortkommt!“

Jesus hat bemerkt, was die Jünger da tun und regt sich auf wie selten. Das kann doch nicht wahr sein. Da will jemand zu ihm kommen, und die Jünger wollen das verhindern. Das darf nicht sein. Zu Jesus soll jeder zu jeder Zeit kommen können. Deshalb sagt er:“Laßt die Kinder zu mir kommen und wehret ihnen nicht; denn solchen ist das Himmelreich!“

Wer zu Gott gehören will, braucht dazu keine menschlichen Voraussetzungen mitzubringen. Ja, gerade die Kinder sind solche, die nach Gottes Willen zum Reich Gottes gehören. Es geht dabei nicht um das Alter: Man gehört noch nicht automatisch zu Gott, nur weil man ein Kind ist. Vielmehr geht es um die Wesensart der Kinder: Sie sind noch ganz auf Schutz und Hilfe angewiesen. Ein Kind nimmt Hilfe und Fürsorge ganz selbstverständlich hin. Und es antwortet auf Liebe uneingeschränkt mit Liebe und vertrauendem Gehorsam. Wer Jesus gegenüber so ist wie die Kinder gegenüber ihren Eltern, der kann auch zu Gott kommen und zu ihm gehören, egal wie alt er ist.

Es geht in dieser Geschichte also nicht nur um die Kinder, die wegen ihrer angeblichen Unschuld zu Jesus kommen dürfen. Die Kinder sind nur ein Beispiel, weil sie es noch nicht verlernt haben, sich ganz beschenken zu lassen und die leeren Hände auszustrecken. Die Botschaft Jesu richtet sich vor allem auch an Erwachsene, an Zöllner und Sünder, doch auch so zu kommen wie die Kinder.

Wer zu Jesus kommt, erlangt damit Anteil an der Herrschaft und am Reich Gottes. Jesus ist der, der uns mit Gottes Reich in Verbindung bringt und jedem das Reich Gottes schenken kann. Jeder Mensch kann es erlangen, kann ein Kind Gottes werden. Wenn er sich Gott so nähert, wie es die Kinder in dieser Geschichte tun. Sie können keine guten Werke vorweiser, sondern müssen sich beschenken lassen; das müssen viele Erwachsene erst wieder lernen: Vor Gott hat der Mensch nichts zu bieten, sondern er muß sich alles geben lassen.

Deshalb sagt Jesus auch: „Wahrlich ich sage euch: Wer das Reich Gottes nicht empfängt wie ein Kind, der wird nicht hineinkommen!“ Und dann legt er die Hände auf die Kinder, drückt sie herzlich und segnet sie. Damit stellt er eine unlösliche Verbindung zu ihnen her. Er werdet sich ihnen ohne Einschränkung zu und knüpft ein festes Band zwischen ihnen und sich. Damit werden alle bisher geltenden Regeln auf den Kopf gestellt und den Zuhörern ein völliges Umdenken zugemutet.

Die Jünger werden sich wohl geschämt haben, weil sie Jesus zu wenig verstanden haben. Nun sehen sie: Jesus hat die Kinder so lieb, wie Gott alle Menschen liebhat. So hat Jesus wieder am Beispiel der Kinder ein wichtiges Stück seiner Botschaft erläutert. Er hat nicht nur davon geredet, sondern auch entsprechend gehandelt. Deshalb dürfen wir auch heute schon den Kindern die Botschaft Jesu sagen, sie in die Gemeinschaft mit Gott rufen und taufen.

 

Antwortgespräch:      

Der Erwachsene verdient sich selber sein Geld. Wenn er in Not kommt, hilft er sich selbst, er ist ja groß genug dazu. Ein Kind aber ist noch unselbständig. Die ganz kleinen Kinder müssen noch getragen, behütet, gepflegt und gefüttert werden. Vater und Mutter müssen ihnen alles noch geben.      

Jesus aber gibt den Kindern nicht Essen und Trinken, nicht Spielzeug oder so etwas. Er schenkt ihnen den Gottes Segen; das ist das Beste, was der Mensch haben kann für Zeit und Ewigkeit. Dabei sind sie nicht einmal besonders artig oder fromm. Was Jesus an ihnen gefällt, das ist ihre Bereitschaft, sich beschenken zu lassen.     

Kinder bleiben aber nicht Kinder. Sie werden einmal selbständig und sollen das auch. Aber Gott gegenüber sollen sie doch immer wie Kinder bleiben. Bei ihm können sie nicht auf ihr Geld oder ihre Macht oder ihre Leistung pochen. Gott muß ihrer die Vergebung schenken, muß ihnen überhaupt erst den Glauben möglich machen. Sie sollen nicht wieder zurückkehren in ein angebliches „Kinderparadies“, sondern sollen vorwärtsgehen in eine Zukunft, die bestimmt ist durch die Vaterschaft Gottes.    

 

[Genauere Exegese Mk 10,13-16

Wir können nicht einfach voraussetzen, diese Geschichte habe sich so abgespielt, wie sie Markus erzählt. Die Erzählung ist aber nicht ganz und gar als Gemeindebildung anzusehen. Sie enthält keine der erst nach Ostern aufgekommenen Hoheitstitel für Jesus und wird weder von späteren kirchlichen Bedürfnissen noch von dem Problem der sich verzögernden Wiederkunft Jesu (Parusieverzögerung), beherrscht. Zwar enthält die heutige Gestalt der Erzählung Anzeichen späterer Bearbeitung, aber die Darstellung steht und fällt nicht mit ihnen. Wir können also einen Grundbestand voraussetzen, der aus der Zeit des irdischen Jesus stammt, genauer gesagt: die Erzählung enthält einen Grundbestand, der auf einen vorösterlichen Augenzeugen Jesu zurückgeht.

Zu dem, was der Augenzeuge berichtet hat, wird Vers 15 nicht gehört haben. Dieser Vers bringt einen andern Gedanken in die Erzählung. Der so anschaulich wirkende Vers 13b wird uns auch sogleich fraglich erscheinen - was seine Zugehörigkeit zur ältesten Fassung betrifft. Das gilt dann natürlich auch für die Wendungen: „…wurde er unwillig“ sowie: „…und wehret ihnen nicht" in Vers 14, denn sie beziehen sich ja auf Vers 13b.

So wenig wir freilich völlige Sicherheit gewinnen können, ist es doch nötig, festzuhalten, wie die älteste Fassung ausgesehen haben könnte, etwa so: Sie brachten Kinder zu ihm, damit er sie berühre. Als Jesus sie sah, sprach er: „Laßt die Kinder zu mir kommen, denn ihnen gehört die Herrschaft Gottes!“ Dann drückte er sie an sich und segnete sie unter Auflegen der Hände.

 

Dieser Bericht zeigt genau, welchen neuen Wert der irdische Jesus den Kindern, der Kindheit überhaupt gegeben hat - im Unterschied zum damaligen Judentum, ja zur Einstellung in der damaligen Zeit überhaupt, wie sie etwa im Talmud erscheint. In der Frage des Eintritts von Kindern in die Gottesherrschaft gibt es allerdings dort keine eindeutige und einhellige Antwort gibt. „Das Joch der Gottesherrschaft auf sich zu nehmen“, bedeutet im Sinne der Schriftgelehrten, das Gesetz zu erfüllen. Das aber sahen sie als ein schweres und mühsames Geschäft an.

Man mußte ja das Gesetz studieren, mußte sich mit den Problemen auseinandersetzen, die bei schwer zu treffenden Entscheidungen auftraten. Das aber war ja erst das Vorspiel, denn das, was dann als Gottes Willen erkannt hatte, sollte ja nun auch getan werden. Die Erfüllung des Gesetzes erforderte also Einsicht und Entscheidungsfähigkeit. Wir wollen nicht übersehen, daß die jüdische Religion ein hohes Maß an Mündigkeit und Entscheidungsfähigkeit voraussetzt. Deshalb ist das Kind unter zwölf Jahren nicht zum Studium des Gesetzes verpflichtet und nicht haftbar für seine Übertretungen. Ob es aber in die künftige Welt eingehen kann, darüber sollen die Rabinen hin und her verhandelt haben. Gelegentlich kann auch von der Sündlosigkeit der Kinder die Rede sein.

Mit seinem Wort füllt Jesus nicht eine Lücke in den schriftgelehrten Fallstudien. Es paßt in den Rahmen dieser Fallstudien überhaupt nicht hinein. Im Unterschied zu diesen verzichtet es nämlich auf jede Voraussetzung zum Eintritt in die Gottesherrschaft. Sie steht den Kindern gerade deshalb offen, weil sie nichts zu bieten haben. Jesus spricht den Kindern Gottes Herrschaft zu; ganz so, wie sie sind, gehören sie hinein. Dabei ist weder an die Unschuld noch an die Demut (im Sinn einer ethischen Tugend) noch an die Fröhlichkeit der Kinder gedacht, sondern an ihre Hilflosigkeit, ihre objektive Demut, ihr tatsächliches Gering- und Kleinsein.

So gewinnt aus dieser Erzählung eine gerade für uns wichtige Einsicht: das Kindesalter hat für Gott seinen Wert in sich selbst nicht nur als Vorbereitungsstadium für das „eigentliche“ Dasein als Erwachsener, in welchem es dann um Leistung, auch um religiös- moralische Leistung geht. Ist dies Gottes Urteil über Kinder und Kindheit, dann sollte seine eigene Erziehungspraxis einmal daraufhin überprüfen, wie weit sie dem entspricht und wie weit sie nur darauf aus ist, aus dem Kind etwas zu „machen“. Man denkt an die Zukunft des Kindes, in der es sich als Erwachsener zu bewähren hat und vergißt dabei die Zukunft, die Herrschaft Gottes, welche Jesus jenseits aller Bewährung erschließt. Eine so direkte Zusage der Gottesherrschaft wie hier bieten nur noch die Seligpreisungen Matth. 5,3-11.

Als Zusage Gottes bekommt das Handauflegen Jesu Vers 16 einen tieferen Sinn. Daß man Kindern die Hände auflegte, war dem antiken Judentum vermutlich vertraut. Am Versöhnungstage wurden kleine Kinder zu den Rabbinen gebracht, damit diese ihnen die Hände auflegten und für sie beten. Wolfgang Schenk hat nämlich gezeigt, daß es unsachgemäß ist, hier von Segnung zu reden, denn das Segnen war Sache der Priester, nicht der Schriftgelehrten. Jesus ist zwar als Schriftgelehrter, als Rabbi angesehen worden, nie jedoch als Priester. Sache der Schriftgelehrten ist aber die Fürbitte. Jesus ist also um seine Fürbitte angegangen worden. Er hat sie geübt. Das war nichts Ungewöhnliches. Ungewöhnlich war vielmehr das, was er dazu sagte.

 

Aus dem eben Gesagten ergibt sich, daß - wenn wir die Sache noch aus dem Blickwinkel eines Augenzeugen des irdischen Jesus betrachten - weder aus der Erzählung noch aus der Sitte der Zeit ein Grund dafür ersichtlich ist, daß die Jünger diejenigen anfuhren, welche die Kinder brachten. Der Unmut der Jünger dürfte demnach in dem Bericht des Augenzeugen nicht gestanden haben, ist also nicht als historisch anzusehen.

Daß es sich bei Vers 13a um einen sekundären Zug handelt, wird noch durch einen Blick auf den Unwillen Jesu und das „Wehret ihnen nicht“ verstärkt, die ja auf Gedeih und Verderb mit 13a zusammenhängen. Klostermannmacht auf das Fehlen des „und“ vor dem „wehret ihnen nicht“ in den Handschriften mit Ausnahme des Sinaiticus und des ohnehin nicht übermäßig vertrauenswürdigen westlichen Textes aufmerksam. Dieses Fehlen ist aber ein sprachlicher Bruch, also ein Hinweis auf eine Überarbeitung.

Mit den eben genannten Stellen befinden wir uns bereits im Stadium der (nachösterlichen) Gemeindeüberlieferung. Wir müssen nämlich bedenken, daß die Geschichten, die von Jesus kannte oder bildete, d.h. erfand, nicht aus Lust am Fabulieren in den Gemeinden weitererzählt wurden, sondern weil sie für die überliefernden Gemeinden zu irgendeinem praktischen Zweck des Gemeindelebens wichtig waren. Diese Aufgabe, die sie im Gemeindeleben zu erfüllen hatten, nennt man „Sitz im Leben“. Unsere Geschichte dürfte der Beantwortung der Frage gedient haben, ob auch Kinder in das Gottesreich gelangen. Gegenüber einem Rückfall in pharisäische Gesetzlichkeit konnte sich mit dieser Erzählung auf Jesus berufen. In dieser nachösterlichen Situation hat der oben erörterte Widerspruch der Jünger einen einfachen Sinn: die Jünger repräsentieren - wie auch anderswo - die Gemeinde, die von Jesus zurechtgewiesen wird. -

Es gibt in diesen Versen keinen Hinweis auf die Taufe, auch keinen Ritus der Kindersegnung. Es ist ja auch nicht möglich, aus jedem beliebigen Handeln Jesu, das in den Evangelien berichtet wird, auf ein gleiches Handeln der Gemeinde zu schließen. Wenn also heutzutage mancherorts eine Kindersegnung als Ersatzhandlung für eine nicht vollzogene Kindertaufe vorgeschlagen oder auch geübt wird, kann sich nicht auf Markus 10, 13-16 berufen.

 

Daß Vers 15 nicht zum ursprünglichen Bestand der Perikope gehört, ist heutzutage eine fast allgemeine Überzeugung der Ausleger. Dieser Vers führt nämlich einen neuen Skopus ein: es geht nicht mehr um die Kinder, sondern um die Erwachsenen. Sie können nicht in die Herrschaft Gottes eintreten, wenn sie meinen, sie hätten dafür etwas aufzuweisen. Was für die Kinder, eben weil sie Kinder sind, selbstverständlich ist, wird für die Erwachsenen zum Vorbild. Der Vers gehört also inhaltlich in den großen Bereich der Geschichten, die Jesus als Sünderheiland zeigen und zu den Gleichnissen vom Verlorenen. Er ist eine Aufforderung, umzukehren zum Stande eines Kindes.

Man würde allerdings das Konto dieses Verses gefährlich überziehen, wenn durch ihn den immer wieder um sich greifenden Irrationalismus bestätigt sähe. Paulus hat 1. Kor. 14,20 hierfür einen Maßstab gesetzt, der stets beachtet werden sollte. Der Spruch Markus 10,15 kann übrigens sehr wohl aus dem Munde des Irdischen stammen, hat aber eine andere Überlieferungsgeschichte.

Darauf weist schon die Tatsache, daß Matthäus ihn nicht hier zitiert, sondern 18,3. Dort steht er im Zusammenhang mit der Mahnung, die Geringen (in der Gemeinde) nicht zu verachten, hat also einen betont ekklesiologischen Sinn bekommen. Bultmann hält den Vers zwar auch für sekundär im Zusammenhang von Markus 10,13-16, setzt aber voraus, daß Matthäus ihn aus Markus 10,15 an seinen Platz Matthäus 18,3 versetzt habe. Dagegen spricht aber die erheblich abweichende sprachliche Gestalt von Matthäus 18.3. Es ist also wahrscheinlicher, daß Matthäus ihn in dieser Gestalt in einer andern Sammlung gefunden hat. Da er ihn schon 18,3 verwandt hatte, hat er den gleichen Spruch, als er ihn in Markus 10,15 noch einmal fand, in seiner Bearbeitung von Markus 10,13-16 nicht noch einmal verwandt.

 

Damit ist deutlich, daß Markus die Geschichte so vorgefunden hat, wie er sie bietet.

Er bietet unsere Perikope im Rahmen einer internen Jüngerbelehrung, die 8,27 mit dem Ereignis von Cäsarea Philippi beginnt und mit der Heilung des Bartimäus endet. Dann läßt Markus Jesus beim Einzug in Jerusalem wieder in die Öffentlichkeit treten (11,1). Wichtig ist, daß die Jünger trotz der Belehrung unverständig bleiben.

Die Abweisung der Kinder durch die Jünger (Vers 13) und deren Zurechtweisung durch Jesus konnte Markus dabei für sein Motiv des Unverständnisses der Jünger gut verwenden.

Für Markus scheint aber diese Erzählung noch eine andere Rolle gespielt zu haben, die mit der besonderen Zukunftserwartung dieses Evangelisten zusammenhängt.

 

Markus widerspricht in Kapitel 13 der Ansicht, daß das Endheil, die Gottesherrschaft unmittelbar bevorstehe, da der Fall der heiligen Stadt der letzte Akt vor dem Ende sei. Demgegenüber erklärt Markus, zunächst müsse noch die ganze Ökumene evangelisiert werden (13,10) auch sei außer irdisch-politischen Veränderungen noch die kosmische Katastrophe zu erwarten (13,25). Er wehrt also einer überstürzten Naherwartung, verschiebt aber das Endheil nicht in eine ferne Zukunft. Vielmehr werden nach seiner Meinung noch Zeitgenossen des irdischen Jesus das Endheil erleben (9,1; 13,30). In 13,30 ist die Rede von „dieser Generation“. Das sind Jesu Zeitgenossen, die ihm widersprechen oder ihn nicht verstehen, einschließlich seiner Jünger (8,12; 919; 8,38). Dabei handelt es sich um Erwachsene. Sie stehen unter der Drohung Jesu. In 13,30 ist von „dieser Generation“, aber nicht von der Gottesherrschaft die Rede. Das heißt einige der zur Zeit des Irdischen lebende Erwachsene werden auch das Ende noch erleben, ob zu ihrem Heil oder Unheil, wird nicht gesagt. Dagegen redet der Evangelist 9,1 vom Sehen der Gottesherrschaft durch Zeitgenossen, gebraucht aber nicht den Ausdruck „diese Generation“. Da sind also solche gemeint, die ihn weder mißverstanden noch abgelehnt haben].

 

 

Die „Kleiner“ als Vorbild: Mt 18, 1 - 6

Wir befinden uns am Anfang der matthäischen Gemeindeordnung, die von den „Kleinen“ im Himmelreich redet. Es geht um die schlichten, einfachen, auch einfältigen Christen in der Gemeinde. Es geht also nicht speziell um die Kinder in der Gemeinde. Das Kind in der Mitte des Jüngerkreises ist nur das eindrucksvolle Veranschaulichungsmittel für das, was er sagen will. Es geht darum, sich klein zu machen, so daß man wieder wird wie ein Kind. Ein Jünger soll sich so klein machen, wie ein Kind im Verhältnis zum Erwachsenen klein ist oder sich als klein empfindet.

Allerdings geht dann doch ein Satz in den Text ein, der wirklich von einem Kind redet, nämlich der Vers 5 (Kind nicht mehr nur ein Gleichnis). Es geht um die Aufnahme eines einzigen verwaisten Kindes - was in Israel sehr empfohlen und geschätzt wurde. Neu aber ist, daß der Fordernde sich mit dem identifiziert, für den er fordert. Aber an sich wird gesagt: Nicht der Bedeutende, Angesehene, Geachtete, der in der Welt als groß gewertet wird, gilt vor Gott als groß, sondern der Geringe, Unscheinbare. im Hintergrund Stehende.

 

Wir sollten wie die Kleinen werden:

Das Oben-sein-wollen richtet auch in der Kirche viel Schaden an. Natürlich muß es auch in ihr abgestufte Verantwortungsbereiche geben. Das Unglück aber besteht darin, daß man sich größer dünkt als der andere. Man läßt den anderen seine Überlegenheit spüren, manchmal sogar auf die Weise, daß man sich gütig zu ihm hinabneigt. Noch schlimmer aber ist, wenn man das Höherstehen sogar vor Gott geltend macht und seinen Platz im Himmel beansprucht

nach Vermögen und Verdienst (Kinder in der Kirche tun das oft gegenüber denen, die erst später dazugekommen sind).

Der Glaube soll im Laufe des Lebens natürlich euch reifer, verständiger, durchdachter, erfahrener, verantwortlicher werden. Der Kinderglaube wird abgelöst durch einen fragenden, prüfenden, sich durchklärenden Glauben. Aber die geistige Leistung ist kein Maßstab für den Platz im Reich Gottes. Das Kind glaubt auf seine Weise. Und sein Glaube gilt bei Jesus nicht geringer als der des Erwachsenen.

Jesus sieht nicht im Kind den späteren Erwachsenen, sondern im Erwachsenseien das verlorene Kind. Das Kind weiß, daß es auf die Eltern angewiesen ist. Es läßt sich beschenken, ohne jede Berechnung, daß man etwas „zurückschenken“ müßte. Sich liebhaben lassen - mehr bedarf es nicht, auch im Reich Gottes. Ein Kind hat natürlich auch seine Untugenden wie jeder andere Mensch (ichbetont, eigensinnig, trotzig). Niemand sagt, daß es sündlos sei. Vorbild ist das Kind, weil es seine Kleinheit und Niedrigkeit selbstverständlich hinnimmt.

Das Gegenteil von dem, was Jesus meint, ist das Sich-Großmachen, das Sich-Aufspielen, das Sich-nach-vorn-Drängen- Dazu gehört auch die Gesinnung, in der man sich anderen überlegen fühlt. Dazu gehört auch eine erzwungene und vielleicht nur gespielte Demut, der der Hochmut aus allen Knopflöchern schaut.

Sich klein machen, das heißt: sich in die rechte Stellung vor Gott bringen, nämlich einer werden, der alles von Gott und nichts von sich selbst erwartet im Blick auf das Himmelreich. Wir sind alle vor Gott in einer Lage, in der es nichts auszuspielen gibt: ob ich mich auf einem Berg befinde und mein Mitmensch im Tal (oder umgedreht), zur Sonne haben wir praktisch beide den gleichen Abstand. Vielleicht brauchte ich objektiv gesehen die Barmherzigkeit Gottes ein kleines bißchen weniger als mein Mitmensch, aber wir beide leben davon, daß Gott zu uns so unverdient gütig ist.

Wenn ich aber stolz bin, dann habe ich Gott mehr abzubitten als ein „Kleiner“, dessen äußere und innere Situation ihn gar nicht auf den Gedanken kommen läßt, sich über mich zu erheben. Wir leben aber beide davon, daß Gott auf wunderbare Weise und ohne erkennbaren menschlichen Grund f ü r uns ist. Die Szene mit dem Kind mitten unter den Jüngern ist eine schlichte eindrucksvolle Darstellung der Rechtfertigung allein aus Gnaden. Die mir zugedachte „Größe“ (V.4) besteht darin, daß ich dies einsehe und annehme.

Wir sollten uns schützend vor die Kleinen stellen:

Ab Vers 5 ist die Blickrichtung eine andere. Jetzt werden die Kleinen zum Gegenstand besonderer Fürsorge und besonderen Schutzes. Den Kleinen gehört das Himmelreich, wir sollten uns schützend vor sie stellen, so wie Jesus sich hinter sie stellt.

Wer ein Kind aufnimmt, der nimmt Jesus auf. Jesus weiß sich mit den einfachen und hilfsbedürftigen Menschen seiner Gemeinde verbunden, daß er in allem mit betroffen ist, was ihnen auch widerfährt. Mit den Menschen, mit denen wir zu tun haben, geht er bei uns ein und aus. Ihre Enttäuschung ist seine Enttäuschung. Ihr Aufatmen läßt ihn aufatmen. Ihr Frohwerden macht ihn froh. Wenn wir einen Menschen übersehen oder meiden, dann leidet er selbst Einsamkeit (wichtig für Verhältnis in der Schulklasse). Er selbst findet ein Zuhause, wo ein verwaistes Kind aufgenommen wird und Liebe erfährt.

Im Klein-Sein liegt, daß ein Mensch auf Hilfe und Liebe anderer angewiesen ist. Die Gemeinde hat hier eine unendliche Aufgabe. Wir sollten keinen Menschen abschieben, der aufgenommen werden möchte. Noch größer müßte die Sorge sein, daß niemand im Glauben an Jesus beirrt werden darf. Die Kleinen können ihren angefochtenen und allen möglichen Belastungen ausgesetzten Glauben nicht selbst verteidigen, die also in hohem Maße verletzlich sind. Jesus bangt sich gerade um die geringen Christen. Wer sich an ihrem Heil schuldig machte, dem droht er das ewige Gericht an. Der Vers 6 b ist nur der „leichte“ Teil des Vergleichs, den größeren Teil soll man sich denken.

Wir sollten die himmlische Würde der Kleinen achten:

Wir sagen schnell einmal „nur diese Kleinen“, als wären sie nicht vollwertige Christen und als müßten sie von der Gemeinde eben nur so mitgeschleppt werden. Bei den Kindern sagt man sich, daß sie ja einmal heranwachsen werden. Aber bei mancher alten Oma zweifeln wir daran, ob sie wohl etwas von der Predigt mitbekommen hat. Soll sich die Gemeinde nicht doch lieber an ihre ansehnlicheren Glieder halten, mit denen man sich sehen lassen kann und die im Ganzen der Gemeinde etwas bedeuten?

Doch Jesus fordert auf, keinen von diesen Kleinen zu verachten. In Vers 10 gibt es da noch eine andere Begründung: Jeder Mensch hat eine Art Doppelgänger im Himmel. Gott sieht uns ja schon als Menschen in Christus. Dieser vergegenständlichte sich zur Gestalt eines Engels, der dem Menschen auf der Erde zugeordnet ist. Dieser „Engel“ vor Gottes Angesicht ist unsere Zukunft, der in den Augen Gottes schon Wirklichkeit ist. Gott hat schon vor Augen, was er aus einem getauften Kind macht. Er sieht auch ein einfältiges Gemeindeglied ganz anders an als ich.

Wer einen Menschen so betrachtet, daß er sein himmlisches Gegenstück immer gleich mit­ sieht, der verachtet niemanden mehr. Vielmehr sieht er in jedem Menschen den Wert und die Würde, die Gott ihm in Christus beigelegt hat. Wir werden in der Gemeinde noch anders miteinander umgehen, wenn wir in dem anderen die neue Kreatur sähen, nämlich den kommenden Menschen, den Gott schon vor sich hat.

 

 

Jesu erstes Auftreten in Nazareth Lk 14,14 - 30

Einstieg:

Wir erzählen vom Gottesdienst. Es gibt verschiedene Formen des Gottesdienstes, vor allem wenn wir andere Kirchen betrachten (Afrika). In Israel war wieder alles anders. Da gab es einmal die Gottesdienste im Tempel, bei denen Tiere geopfert wunden. Und dann gab es die Gottesdienste in den Städten und Dörfern außerhalb von Jerusalem. Dort hatte man ein Bet­haus (die Synagoge), wo an den Feiertagen der Gottesdienst für die Bewohner des Ortes gehalten wunde, die ja nicht jede Woche nach Jerusalem reisen konnten (dort fuhr man nur einmal im Jahr hin).

Wir betrachten das Bild einer Synagoge in Tell Chum. Bei einem solcher Gottesdienst wunde gebetet und gesungen, vor allem aber aus den Heiligen Schriften vorgelesen. Der Synagogen­diener nahm eine Schriftrolle aus dem Schrank, in der die für diesen Tag festgelegten Lesungen aus dem Gesetz oder den Propheten standen. Jeder zur Gemeinde gehörende Mann konnte sich dann melden, um einen Abschnitt zu lesen oder auszulegen. Es gab Älteste und Leiter der Synagoge, die mit der regelmäßiger Leitung und Beaufsichtigung des Gottesdienstes beauftragt waren. Aber ansonsten hatte jeder Erwachsene dann das Recht auf Mitwirkung. Er stand dann einfach auf und deutete damit seine Bereitschaft an, etwas vorzulesen. Wenn er dann den Abschritt auch auslegen wollte, setzte er sich hin. Es konnte aber auch ein anderer die Auslegung übernehmen.

 

Erzählung:

Nach der Taufe durch Johannes ging Jesus wieder in seine Heimat nach Galiläa. Bald erzählte man überall in den Orten von ihm. Er ging nämlich überall in die Gottesdienste und las aus den Heiligen Schriften vor und legte sie aus. Gottes Geist hatte ihn dazu getrieben.

Eines Tages kam er auch nach Nazareth, wo er aufgewachsen war. Er geht nach seiner Gewohnheit in das Bethaus, um dort eine Bibelstelle vorzulesen und auszulegen. Er steht auf, um anzudeuten, daß er gern etwas sagen möchte. Ein anderer hatte aus dem Gesetz gelesen. Dieser Text war für den betreffenden Feiertag vorgeschrieben. Aber für die zweite Lesung aus den Prophetenbüchern kann man sich den Text selber aussuchen.

Dann reicht Jesus die Buchrolle mit den Worten des Propheten Jesaja. Er rollt sie auf und sucht sich eine Stelle aus, die besonders gut die Gnade und Barmherzigkeit des Messias schildert, der Gott zu den Menschen senden will. Kaum hat er mit Lesen angefangen, da sind die Zuhörer schon sehr gespannt, was er denn wohl dazu sagen wird. Wie wird das denn sein mit dem Messias? Kommt er nun bald?

Jesus liest vor: Der Geist des Herrn ist bei mir, weil er mich gesalbt hat, zu verkündige die frohe Botschaft den Armen. Er hat mich gesandt, zu predigen den Gefangenen, daß sie los sein sollen. Die Blinden sollen sehend werden, die Zerschlagenen sollen frei und ledig sein. Ich verkündige das Gnadenjahr des Herrn!"

Dann gibt Jesus die Buchrolle wieder zurück und setzt sich, um die Bibelstelle auszulegen. Alle sind sie gespannt, was er wohl dazu zu sagen hat. Jesus sagt zunächst nur den einen Satz: „Heute ist diese Schrift erfüllt vor euren Ohren!“ Was der Prophet nur angekündigt hat, das wird jetzt Wirklichkeit. Jesus ist von Gott gesalbt worden wie ein König, daß er diese frohe Botschaft allen Menschen bringe. Vor allem die Armen und Unterdrückten dürfen aufatmen, denn der Retter ist schon da und unterwegs zu ihnen.

Jesus hat absichtlich die Verlesung abgebrochen an der Stelle, an der vom Gnadenjahr Gottes die Rede ist. Nachher ist auch vom Gericht Gottes die Rede, davon daß er die Menschen strafen will. Aber darauf kommt es Jesus nicht an. Er hat heute das Heil Gottes anzubieten. Diese Gelegenheit muß man ergreifen, sonst ist sie vorbei. Wer nicht nichtig zuhört, verpaßt das Angebot Gottes und muß die Folgen dann selber tragen.

Die Leute von Nazareth aber wundern sich, weil er so etwas sagt, solche Gnadenworte zu sprechen. Sie fragen sich: „Ist das nicht Josephs Sohn? Ist das nicht der Sohn des Zimmermanns, den wir alle kennen?" Sie fragen sich: „Darf er das denn überhaupt? Wie kommt er zu solchen Behauptungen, wo er doch ein ganz einfacher Mann ist wie wir?“

Jesus kann sich denken, was die Leute so meinen. Er sagt zu ihnen: „Ihr denkt sicher, ich würde nur große Worte machen. Ihr habt von Wundertaten gehört, die ich in der Stadt Kapernaum vollbracht haben soll. Und nun meint ihr, ich solle doch auch einmal in meiner Vaterstadt so ein Wunder vollbringen, damit ihr etwas merkt von der neuen Zeit. Wenn ihr Taten seht, würdet ihr eher glauben. Doch da will ich euch an die Propheten erinnern, die wunden auch in ihrer Vaterstadt abgelehnt. Kein Prophet gilt etwas in seinem Vaterland! Die Vaterstadt hat keinen Vorzug gegenüber der Stadt der Fremden!“

Jesus verweist dann noch auf den Propheten Elia, der ausgerechnet zu einer heidnischen Frau geschickt wunde, um dort Essen zu erhalten. Und sein Schüler Elisa hat sogar einen Aussätzigen aus dem heidnischen Syrien geheilt. Der Messias, auf den ihr wartet, ist ein Retter für alle Menschen. Euch wird das Heil Gottes zuerst angeboten. Aber wenn ihr nicht wollt und die Gelegenheit nicht ergreift, werden andere die Hilfe Gottes erfahren.

Das können die Gottesdienstbesucher nicht mehr ruhig mit anhören. Jesus spricht nicht vom Gericht über die Völker und bezeichnet sie selbst als Arme und Gebeugte, deren er das Heil bringen will. Was bildet er sich eigentlich ein? Sie fühlen sich doch gar nicht so hilfsbedürftig. Und ausgerechnet der Sohn eines Zimmermanns will ihnen helfen?! Er will ihren sagen: Es ist eure Schuld, wenn ihr nicht glaubt! Aber ein Wunder lehnt er ab. Das wäre doch ein Beweis, dem würden sie glauben. Aber so erlaubt sich dieser Jesus nun Frechheiten und behauptet noch, der Messias zu sein.

Voll heiliger Entrüstung wollen sie für die Ehre Gottes eintreten. Das ist bestimmt ein falscher Prophet. Er schmäht die Frommen in Israel und lobt die Fremden. Er ist ein Gotteslästerer: Das ist das Urteil der Leute von Nazareth über Jesus. Auf Gotteslästerung aber steht die Todesstrafe.

Sie erheben sich von ihren Plätzen und jagen Jesus aus der Stadt hinaus. Sie treiben ihn auf einen Abhang zu und wollen ihn dort herunterstürzen. Jesus aber ist unantastbar. Er geht mitten durch die Menge hindurch und niemand kann ihm etwas antun. Gott hilft ihm, daß nichts passieren kann, die Stunde seines Leidens es ist noch nicht gekommen.

 

Antwortgespräch:

Das war ein gestörter Gottesdienst in Nazareth. Die Frommen lehnen Jesus ab, weil er anders ist, als sie es sich vorgestellt hatten. Da geht Jesus zu denen, die ihn nicht kennen und doch so nötig brauchen, In der Heimat wunde er abgelehnt, aber in der Fremde hat er Zulauf. Erst nach der Ablehnung in der Heimatstadt ist er frei, sich den Fremden zuzuwenden (bei Matthäus beginnt Jesus seine Tätigkeit in Kapernaum, Lukas hat hier bewußt umgestellt). So war es auch später, als die Boten Jesu in alle Welt gingen.

Auch zu uns sagt Jesus: Heue ist diese Schrift erfüllt! Ich will, daß du heute meinem Wort vertraust und dich nicht herausredest: „Ich habe jetzt keine Zeit!“ Er will bei uns der Erste sein. Andernfalls geht er zu den anderen.

 

 

In seiner Heimatstadt will man nichts von Jesus wissen: Mk 6, 1 - 6

Spiele: (es geht um genaues Hinhören und Hinsehen)

1. Pantomimische Spiele wie zum Beispiel „Beruferaten“

2. Kind verändert draußen etwas an sich, die anderer raten

3. Geräusche raten

4. Spieler mit verbundenen Augen bewacht Gegenstand, den die anderen ihm wegzunehmen versuchen müssen.

Genaues Hinhören und Hinsehen ist notwendig, sonst weiß man nicht, worum es geht (Beispiele aus Familie und Schule). Wichtiges kann einem entgehen, wenn man nicht richtig hinsieht, zum Beispiel im Verkehr. Es kann schlimme Folgen haben, nur halb bei der Sache zu sein.

Das gilt auch für das Verhalten anderen Menschen gegenüber. Leicht macht man sich doch ein falsches Bild von einem anderen. Man gibt sich oft wenig Mühe, den anderen wirklich kennenzulernen. Da kommt ein Kind neu in eine Gruppe; es sieht etwas anders aus als die anderen (rote Haare, abstehende Uhren) oder es weiß in der erster Stunde nichts Rechtes zu sagen: schon ist es abgestempelt. Die anderen wissen auch in Zukunft angeblich immer schon, wie der andere ist. Wir sagen dann: „Sie haben ein Vorurteil!“ Ehe wir uns ein richtiges Urteil bilden, haben uns wir schon vorher eins zurechtgemacht, was aber gar nicht stimmt. Aber dann sagen wir: „Der ist doof!“ oder „Der ist faul!“ aber auch: „Der ist prima!“ Besonders wenn einer umgezogen ist und dann neu in eine Klasse kommt, dann kann schon der erste Fehler ihn leicht stempeln.

Das Gefährliche daran ist, daß wir in Zukunft dann nur noch das wahrzunehmen meinen, was mit unserem Vorurteil übereinstimmt. Es ist so, als hätten wir einen Kreis um den anderen

der nur an einiger Stellen durchbrochen ist. Durch die Lücken gelangen nur die Eindrücke und Erfahrungen, die das schon vorhandene Bild vom anderen bestätigen; alles andere prallt einfach ab. Vorurteile sind sehr zählebig, sie werden oft schon in der Jugend erworben und bleiben das ganze Leben über bestehen.

 

Erzählung:

Auch über Jesus meinten die Leute genau Bescheid zu wissen. Viele kannten ihn ja von Kind auf! Ob sie da aber nicht auch irgendwelche Vorurteile hatten? Jesus ist unterwegs in den Städten und Dörfern am See Genezareth. Er spricht zu den Menschen von Gott. Er tröstet die Traurigen und heilt die Kranken. Seine Freunde, die Jünger, sind bei ihm. Sie hören alles, was er spricht, und sehen alles, was er tut. Sie vertrauen ihm und folgen ihm nach. Sie erwarten noch viel von ihm.

Jetzt gehen sie alle nach Nazareth, in die Stadt, in der Jesus aufgewachsen ist. Es ist Sabbat, der Feiertag der Juden. Da gehen sie alle in das Gotteshaus, wie das ihre Gewohnheit ist. Im Gottesdienst der Juden wird auch gebetet und aus der Bibel vorgelesen. Danach spricht immer einer zu den Leuten und legt ihnen das Gehörte aus. Jeder kann dabei das Wort ergreifen, auch wenn er kein Schriftgelehrter ist.

Heute fängt Jesus an zu predigen. Die Menschen hören ihm zu. Sie wundern sich und staunen. Er sagt: „Ihr könnt euch freuen. Ich bringe euch eine gute Nachrieht von Gott. Er läßt euch sagen: Jetzt ist es soweit. Ihr braucht nicht mehr länger zu warten. Meine Zeit ist gekommen. Jetzt wird alles gut. Jetzt wird alles heil. Ich mache alles neu. Und ihr seid eingeladen zu mir. Wenn ihr kommt, werdet ihr eine große Freude erfahren. Kommt doch nur! Kehrt um? Laßt eure Wege sein und kommt auf der Weg zu mir!“

Die Leute in Nazareth wundern sich und einer fragt der anderen: „Wo hat er diese Weisheit denn her? Was sind das für Taten, die durch ihn geschehen? Das kann er nicht von sich haben - das muß von Gott kommen. Aber das kann doch nicht sein! Wir wisse doch, wo er herkommt: Hier aus unserer Stadt. Hier bei uns ist er groß geworden. Hier hat er doch das Bauhandwerk gelernt. Er ist doch Zimmermann, wir kennen ihn doch genau. Er ist doch der Sohn der Maria. Jakobus, Joses, Judas und Simon sind doch seine Brüder. Und seine Schwestern wohnen auch noch hier. Wie kann er nur so reden?! Der hat uns doch gar nichts zu sagen!“

So reden sie untereinander und ärgern sich über ihn, weil er so anders ist, als sie es erwartet haben. Sie wollen nichts mehr von ihm wissen. Da sagt Jesus zu ihnen: „So war das schon immer, so ist das auch jetzt: Einer der etwas kann und etwas zu sagen hat, der wird überall geachtet, nur nicht in der Heimat. Ein Prophet gilt nichts in seinem Vaterland, bei seiner eigener Leuten, die ihn genau zu kennen meinen!“

Hier in Nazareth kann Jesus keine helfenden Taten tun. Sie wollen seine Hilfe nicht, da sind solche Taten auch sinnlos. Sie wollen sein Wort ja nicht wahrhaben: „Gottes Zeit ist gekommen, jetzt wird alles heil“ Nur ganz wenige kommen zu Jesus und wollen sich vor ihm helfen lassen. Jesus wundert sich über den Urglauben der anderen, die seine guten Gaben nicht haben wollen. So geht er von ihnen fort. Er geht in die Dörfer der Umgebung und bringt der Menschen dort die gute Nachricht: „Ihr seid eingeladen, „eingeladen zu großer Freude bei Gott!“

 

Arbeitsbogen:

Bei einer Neueinstellung in einer Firma wird ein Personalbogen angelegt. Wir wollen einmal prüfen, ob wir von Jesus so viel wissen, daß wir einen Personalbogen aufstellen könnten.

Name: Jesus               Vater Joseph   Mutter: Maria

Heimatort: Nazareth  Land: GalIäa

Geschwister: Jakobus, Joses, Judas, Simon, Schwestern

Beruf: Zimmermann  Tätigkeit: Prediger

Die Leute in, Nazareth meinen über Jesus Bescheid zu wissen. Aber Markus sagt: „Sie haben nichts von ihm begriffen. Gerade ihre natürliche Bekanntschaft mit Jesus macht sie blind für sein eigentliches Wesen. Sie erwarten nun vor ihm, daß er genauso ist wie sie, wie auch seine Brüder und Schwestern sind. Ihr einmal festgelegtes „Fremdbild“ macht sie unfähig, Jesus offen und ohne Vorurteile zu begegnen.

So wird ihnen Jesus zum Geheimnis und zum ärgerlichen Außenseiter. Sie nehmen Anstoß an Jesus und sehen, hören und verstehen nichts. Ihre Verschlossenheit nimmt Jesus jede Möglichkeit zu zeigen, wer er ist, und erstickt jede Möglichkeit des Glaubens. Am Ende werden sie noch dafür sorgen, daß er sterben muß.

Auch heute gibt es Menschen, die über Jesus und seine Sache abfällig urteilen oder sie haben überhaupt kein Gespür dafür, wer Jesus ist. Hier aber im Unterricht erfahren, wer Jesus wirklich ist. Dabei lernen wir nie aus. Wenn wir es besser machen wollen, dann müssen wir genau hinsehen und hinhören. Wir haben ja von anderen gehört, die Jesu Ruf gefolgt sind; wir können ihm auch folgen

Aber dann werden wir genauso handeln müssen wie Jesus: Keinen Menschen auf irgendetwas festlegen, keine Vorurteile gegenüber andersartigen Menschen, sondern Offenheit füreinander und Gespräche, damit wir einander kennenlernen und so einander begegnen, wie Jesus den Menschen begegnet ist.

 

Jesu wahre Verwandte: Lk 8,19 - 21 (Mk 3,31-35 und Mt 12,46-52)

Einstieg:

Zwei Schwestern schreiben an ihren 17 jährigen Bruder, der auswärts zur Schule geht: „Lieber Klaus, große Neuigkeit: Wir haben endlich eine größere Wohnung gekriegt. Dann kriegen wir auch ein ewigeres Zimmer. Aber vorerst sieht es noch mies aus. Der Putz fällt von

der Wand! Kannst Du uns nicht helfen? Vater hat schon eine tolle Tapete erwischt. Hilfst Du mit bei den Malerarbeiten? Es grüßen: Marlies und Annett!“

Es ist oft recht günstig, Verwandte zu haben, die einem helfen können. Vielleicht kann man auch seine Urlaubsreise zu Verwandten unternehmen. Und wenn Hochzeit ist, dann wird man dazu eingeladen.

Aber es gibt auch Verwandte, mit denen verträgt man sich nicht. Man hat kaum Verbindung mit ihnen oder ist sogar böse mit ihnen. Selbst unter Geschwistern kommt das vor (gerade unter ihnen, meist über Erbschaftssachen). Aber es kann auch sein, daß man sich in Glaubensdingen nicht mit der Verwandtschaft versteht. Das kann schon für die eigenen Geschwister oder sogar für die eigenen Eltern zutreffen. Es gibt eben Menschen, die Jesus nicht verstehen und ihn ablehnen. Aber in der Gemeinde Jesu finden wir auf jeden Fall eine Gemeinschaft, die uns dann Halt und H:ilfe sein kann. Manchmal kann eben die Gemeinschaft mit Christus und mit den Christen stärker sein als die Beziehung zur eigenen Familie und den Verwandten.

 

Erzählung:

Jesus wanderte durch Dörfer und Städte, um die guten Nachrichten von Gott zu verbreiten. Seine Jünger waren immer bei ihm, auch einige Prauen, die er geheilt hatte. Dazu immer einige Mitläufer, die einmal einige Zeit bei ihm blieben. Er sagte zu ihnen: „Ihr hört zwar zu, wenn ich zu euch spreche. Aber verhaltet ihr euch auch so, wie ich es euch sage?“

Eines Tages kommt er auch nach Nazareth, in seine Vaterstadt. Dort ist er aufgewachsen. Er kennt die Familien, die Häuser, das Gotteshaus. Und alle kennen ihn noch, den Sohn des Zimmermanns Joseph. Ob sie deswegen wohl besonders auf ihn hören?

Auch seine Mutter und seine Brüder kommen. Sie wollen ihn einmal reden hören. Vielleicht erhoffen sie auch einen Beweis seiner göttlichen Macht von ihm, vielleicht daß er einen Kranken heilt.

Doch sie können nicht zu ihm vordringen, weil zu viele Menschen sich um Jesus drängen.

Doch sie lassen nach vorne durchsagen, daß sie da sind. Man sagt es Jesus: „Deine Mutter und deine Brüder stehen draußen und wollen dich sehen!“ Das hört sich so an, als wollten sie nur einmal einen Verwandtenbesuch machen, wollten nur Jesus wieder einmal sehen und sprechen. Sie denken sicher auch: „Die haben doch das Recht dazu, wir sind doch seine Verwandten!“

Vielleicht wollen sie ihn aber auch nach Hause holen. Es könnte sein, daß der Vater Joseph inzwischen gestorben ist (denn sonst wäre er doch wohl mitgekommen). .Jesus als dem Ältesten in der Familie wäre dann die Pflicht zugefallen, der Familienvorsteher zu werden und für die Familie zu sorgen. Dieser Pflicht hatte er sich entzogen, als er sich von Johannes taufen ließ. Nun wollen sie ihn wieder nach Hause holen. Er soll sein Heilandswerk sein lassen und nur noch für die Familie da sein, wie es sich für einen gehorsamen Sohn gehört.

Wahrscheinlich haben sie auch gedacht: „Was gibt er sich nur mit diesen Leuten ab? Dabei kommt doch nichts heraus. Er bringt sich doch bloß in Gefahr und uns auch. Viel vernünftiger wäre es doch, zu Hause in der Werkstatt mitzuhelfen: Bretter zu hobeln und Türen zu bauen. Das ist wenigstens eine produktive Arbeit.

So bleiben die Mutter und die Brüder draußen. Sie sind nicht nur außerhalb des Kreises, der um Jesus herumsteht, sondern sie nehmen auch eine ablehnende Haltung der Sache Gottes gegenüber ein, sie sind im Grunde nichts anderes als mancher Gegner Jesu, der nichts mit ihm zu tun haben will.

Deshalb sagt Jesus zu denen, die um ihn herumstehen: „Meine Mutter und meine Brüder sind die, die Gottes Wort hören und tun!“ Diese haben sich ihm angeschlossen und sind damit seine Brüder geworden. Sie bedeuten ihm das, was einem sonst die Mutter ist. Er hat sie nicht auf Grund ihrer treuen Gesetzeserfüllung ausgewählt oder wegen ihrer vorbildlich frommen Haltung. Aber sie sind in eine Bindung hineingekommen, die fester ist als die doch so starken Bindungen des Blutes.

Allerdings läßt Jesus es offen, daß seine Mutter und seine Brüder doch noch zur Gemeinde kommen können. Wir wissen ja auch, daß sie später dazu gehört haben, ja sogar führende Stellungen eingenommen haben. Aber zunächst einmal entscheidet sich Jesus für Gottes Auftrag und gegen den Unverstand derer, die ihm leiblich am nächsten stehen.

Aber er sagt ausdrücklich: „Mein Jünger kann nur sein, wer auch nach Gottes Wort handelt. Eine bloße Zugehörigkeit macht es noch nicht. Wer ein Jünger Jesu sein will, der läßt sich wieder zu allen Diensten aussenden. Wer von Jesus gesammelt wunde, der wird gleich wieder losgeschickt, um die Botschaft Jesu weiterzusagen.

So entsteht eine neue Gemeinschaft, die so eng zusammenhält wie eine Familie. Wenn man einen Menschen seiner Familie trifft, so hat man das Gefühl, zu ihm zu gehören. Genauso aber fühlt man sich auch mit dem verwandt, dem man im Glauben verbunden ist. Man kann auch zu Jesus in ein persönliches Verhältnis treten, wenn man nicht mit ihm verwandt ist. Entscheidend ist nicht die Blutsverwandtschaft, sondern der Gehorsam gegenüber Gott.

So hatte sich der Fischer Simon Petrus zum Jünger Jesu berufen lassen. Der ausgestoßene Zöllner Zachäus hat sich wieder in die Gottesfamilie zurückholen lassen. Ausgerechnet die Frommen und die Blutsverwandten Jesu versagen sich dem Ruf Jesu. Doch es gibt genug andere, die ihm folgen und den Willen Gottes tun.

 

Antwortgespräch:

Mit Hilfe von Halmasteinen machen wir uns noch einmal die Situation klar: Um Jesus stehen im Halbkreis einige Menschen. Petrus und andere kommen zu diesem Kreis hinzu. Draußen bleiben aber die Verwandten Jesu. Auch Petrus und die anderen standen zunächst draußen (grüne Bogenlinien machen das deutlich). Aber Jesus holt sie herein (einen großen gelben Bogen um sie legen, der die grünen Bogen umschließt). Die anderen aber grenzen sich ab, lassen sich nicht hereinholen (grüne Bogen um sie).

 

Was sollen wir tun, wenn die Eltern den Besuch des Religionsunterrichts verbieten?

Was können wir tun, um andere heranzuholen?

Müßten wir nicht euch einmal die besuchen, um die sich selten jemand kümmert?

 Alte, Behinderte, Kranke freuen sich über ein Lied oder

eine selbstgemalte Spruchkarte oder einen Strauß Blumen.

Eine solche Aktion wird in der nächsten Stunde durchgeführt.

 

Kaufmann: In Gottes Namen fang ich an, Nr. 7 bis 10: [Bilder fehlen]

 

 

Die Anfrage des Täufers: Mt 11, 1 - 11

 

Hinführung:

Auch heute denken wir vielleicht: Wenn Jesus doch endlich einmal wiederkäme und all das Böse in der Welt beseitigte wie ein großer König. Aber sicher hat er mehr Geduld als wir. Und er ist kein König, der unterdrückt, sondern ein echter König, der hilft, der für jeden da ist und der sich sogar für uns hat ans Kreuz schlagen lassen.

Wir stellen uns einen König nur vor wie einen großen und mächtigen Menschen. Aber wenn Jesus wirklich nur so ein Mensch gewesen wäre, dann wären wir sicher auch enttäuscht gewesen. Denn dann hätte er keine Zeit für uns gehabt. Oder kennt ihr einen hohen Herrn, der Zeit für einen gewöhnlichen Menschen hätte?

Dem Volk Israel ging es auch so und geht es bis heute so: Sie können nicht glauben, daß dieser armselig aussehende Jesus von Nazareth der König Gottes gewesen sein soll. Sie hatten schon Jahrhunderte gewartet auf den Gesalbten des Herrn, auf den Messias, auf den Christus, auf einen König wie David. Die Propheten hatten davon geredet. Die Pharisäer versuchten, durch strenge Einhaltung der Gebote diesen Tag des Messias herbeizuzwingen.

Man erwartete auch bestimmte Zeichen für das Erscheinen des Messias: Der Messias wird manche Kranke heilen. Die Blinden werden wieder sehen, die Tauben werden wieder hören, die Lahmen wieder ihre Glieder bewegen können, die Stummen werden reden. So hatte es der Prophet Jesaja angekündigt.

Man erwartete den Messias als einen König mit großer Pracht, der auch die äußeren Feinde des Volkes besiegen und das Volk Israel zur Weltherrschaft führen würde. Der Tag des Messias sollte ein Tag des Gerichts und der Rache sein, an dem alles Böse von der Erde vertilgt würde.

Zu den Leuten, die sehnsüchtig auf den verheißenen Messias warteten, gehört auch Johannes der Täufer. Er hatte auch Jesus getauft und hatte dabei den anderen Leuten zugerufen: „Das ist der Messias, auf den ihr wartet. Ich bin der letzte aller Propheten, ich bin der Vorläufer, der das Kommen des Messias ankündigt. Jetzt dauert es nicht mehr lange. Bereitet euch nur nichtig auf den großen Tag vor!“

Wir wollen heute hören, wie Johannes beinahe an Jesus irre wird und wie er erst lernen muß, daß Jesus doch der Messias Gottes ist.

 

Erzählung:

Johannes der Täufer sitzt auf der Festung Machärus am Toten Meer in Gefangenschaft. Herodes Antipas, der Landesherr von Galiläa und Peräa, hatte ihn verhaften lassen, weil er sich in seine Eheangelegenheiten eingemischt hatte. Er hatte dem Herodes zum Beispiel. Vorhaltungen gemacht, weil er die Frau seines Bruders geheiratet hatte und nun alles tat, was sie ihm sagte. Das hat dem Fürsten nicht gefallen. Und deshalb hat er den unbequemen Mahner einfach ins Gefängnis werfen lassen.

Doch die Verbindung zur Außenwelt ist nicht völlig unterbrochen. Johannes darf Besuch empfangen. So ist er über alles unterrichtet, was draußen im Land vorgeht. Heute kommen wieder zwei seiner Jünger zu ihm in die Festung. Sie werden ihm helfen, endlich Klarheit zu bekommen.

Johannes quält sich nämlich in der Einsamkeit seines Gefängnisses schon wochenlang mit der Frage herum: „Wie ist das mit diesem Jesus von Nazareth? Damals am Jordan habe ich gesagt: Das ist der verheißene Messias. Aber man hat noch nichts weiter von ihm gehört. Sollte ich mich getäuscht haben?“ So wunde Johannes von schweren Zweifeln geplagt.

Nun fragt er seine zwei Jünger: „Sagt mal, was hört man Neues über Jesus von Nazareth?“ Gespannt sieht er die zwei Männer an. Doch die können ihm nur berichten: „Es ist immer dasselbe. Jesus hat zwar auch vom Reich Gottes gesprochen. Aber er verhält sich so gar nicht wie der Messias. Er sitzt mit Sündern an einem Tisch. Er spricht zwar auch von Buße, aber noch mehr ist von Vergebung die Rede. Er hat manche Kranke geheilt und einige Jünger gesammelt. Aber den großen Gang des Weltlaufs hat er nicht geändert!“ Johannes schüttelt den Kopf. Herodes würde also weiterregieren und ihn gefangenhalten können. Er durfte seinen Mutwillen an dem Propheten Gottes austoben und würde ihn am Ende gar noch umbringen! Da war also nichts von Zorn und Gericht zu spüren. Jesus würde nicht wie der Blitz zwischen das gottlose Volk schlagen. Und er würde auch Johannes nicht befreien.

Weil er an keinem Morgen wußte, ob er den Abend noch erlebt ,weil er aber auch gar zu gern gewußt hätte, ob er sich damals getäuscht hat oder nicht, schickt er seine zwei Jünger zu Jesus, um eine deutliche Antwort zu verlangen.

Die beiden Johannesjünger haben Jesus bald gefunden. Viele Menschen drängen sich wieder um ihn. Sie müssen sich erst nach vorne drängen. Alle recken sie die Hälse und sind neugierig. Endlich stehen sie vor Jesus und fragen ihn sofort: „Johannes der Täufer läßt fragen: Bist du, der da kommen soll, oder sollen wir auf einen anderen warten?“

Auch die anderen sind gespannt: Jetzt muß er doch „Ja“ oder „Nein“ sagen und sich als Messias bekennen. Dann muß er aber auch seine Armut und Niedrigkeit ablegen und sich als König auf Davids Thron setzen und die verhaßten Römer aus dem Lande treiben. Ja, die Leute wissen alle sehr gut Bescheid über das, was Jesus müßte und sollte.

Jesus gibt eine deutliche Antwort, die aber doch wieder verhüllt ist. Er antwortet mit einem Wort aus dem Alten Testament, aus dem Propheten Jesaja, das dem Johannes auch bekannt war: „Geht hin und meldet Johannes, was ihr seht und hört: Blinde sehen und Lahme gehen, Aussätzige werden rein, Taube hören, Tote stehen auf und den Armen wird das Evangelium verkündet. Und selig ist, wer sich nicht an mir ärgert und zum Abfall von Gott verleitet wird!“

Ein seltsames Wort! Will Jesus die Verheißung des Alten Testaments auf sich beziehen? Ist sie in ihm erfüllt? Dann ist er also doch der Messias.

Bisher hatten die Johannesjünger immer nur gedacht: Im Alten Testament geht es nur um das Gericht Gottes. Aber nun begreifen sie: Auch das Heil ist schon angekündigt, allerdings vor allem für die Armen und Unterdrückten. Aber Jesus kümmert sich ja gerade um die Armen. Und er hat zu den Werken des Messias sogar noch zwei dazu gefügt: „Die Toten stehen auf“ und „den Armen wird die frohe Botschaft verkündet“, die Botschaft von dem Gott, der sie liebt und ihnen helfen will. Johannes hatte gedacht: Die Werke dieses Christus sind zu gering, als daß sie die Werke des Messias sein könnten. Aber Jesus deutet an: „Mit meiner Predigt und mit meinen Wundern hat die Messiaszeit schon angefangen.

Johannes soll sich mit den Taten des Messias zufrieden geben und keinen Anstoß mehr daran nehmen. Sein Glaube soll nicht daran zerbrechen, sondern im Gegenteil gerade wachsen. Nur der Glaubende wird in Jesus den verheißenen Messias sehen. Alles ist auf den Glauben gestellt. Auch für den Täufer gibt es keinen anderen Weg. Jesus sieht so unscheinbar aus, er kommt so gar nicht mit Macht und Herrlichkeit dieser Welt. Aber wer ihm nicht trotz allem vertraut, dem kann er auch nicht helfen. Es kommt allein auf den Glauben in jedem Menschen an.

Als die Johannesjünger wieder gegangen sind, sagt Jesus nun seine Meinung über Johannes den Täufer: „Ihr kennt den Täufer doch auch alle. Ihr habt ihn doch nie für einen Menschen gehalten, der sein Mäntelchen nach dem Wird hängt und sich vor den herrschenden Meinungen oder dem Willen des Herodes beugt. Er ist auch keiner, der nur seine Behaglichkeit sucht und sich dem Wohlleben und dem Luxus hingibt, wie es an den Königshöfen üblich ist. Ihr habt ihn für einen Propheten gehalten und habt überlegt, ob er vielleicht Elia oder gar der Messias selber sei. Ich aber sage euch: Er ist mehr als ein Prophet, er ist der letzte der Propheten und damit der Vorläufer des Messias.

Aber er gehört noch ganz auf die Seite der Menschen und des Menschlichen. Zwar ist er der Größte unter den bisherigen Menschen, aber er wartet immer noch auf das Reich Gottes. Ihr aber gehört in diese Herrschaft Gottes hinein. Und deshalb ist der Kleinste im Reich Gottes noch größer als er. Wer etwas von dem Messias weiß, der weiß mehr als alle Menschen aus der Zeit des Alten Testaments. Die Stimme des Johannes reicht zwar noch in die neue Zeit, aber er selbst bleibt in der alten. Im Reich Gottes wird man nicht groß durch die eigene, fromme Leistung, sondern durch die Größe des Geschenks, das man bekommt.

 

Antwortgespräch:

Wer ist die Hauptperson in dieser Geschichte? Es geht nicht um das Schicksal des Täufers, sondern um Wort und Tat und Bedeutung des Christus. Johannes ist nur das Mittel, um Jesus die entscheidende Frage zu stellen: „Bist du, der da kommen soll?“

Doch man hätte die Antwort Jesu mißverstanden, wenn man die Zeichen als einen Beweis für die Gottessohnschaft Jesu annähme. Man kann auch noch an Jesu Worten und Taten Anstoß nehmen. Wer sie hört und sieht, ist dennoch zum Glauben aufgerufen. Wir werden alle vor eine Entscheidung gestellt und Beweise werden nicht gegeben. Natürlich ist uns der Zweifel nicht verwehrt; er kommt ja auch ganz von selbst. Wir sehen die Niedrigkeit und Armut Jesu, seine scheinbare Erfolglosigkeit und Ohnmacht gegenüber dem Bösen - auch im Laufe der Kirchengeschichte. Der Glaube an Jesus ist kein sicherer Besitz und muß unter Umständen hart erkämpft werden. Die „Tatsachen“ sprechen so oft gegen Jesus und seine Sendung. Und doch werden wir aufgefordert, diesen Zweifel zu überwinden und Jesus unsern Herrn sein zu lassen.

 

Zachäus : Lk 19, 1 - 10

 

Hinführung:

Warum gehen wir nicht nur zur Schule und zu außerschulischen Veranstaltungen, sondern auch zum kirchlichen Unterricht? Warum gehen die anderen nicht hin, warum brauchen sie es nicht? Wer sind denn die, die so denken wie wir, die auch zur Kirche gehen? Sind Christen bessere und andere Menschen als andere? Warum sieht man vieler Christen nicht an, daß sie zu Christus gehören? Wie wird man ein „richtiger“ Christ? Warum gibt es so viele Menschen, die gar nicht zu Christus gehören wollen? Liebt Gott diese Menschen auch? Liebt er die Christen mehr?

Viele Menschen rufen uns und wollen etwas vor uns: Freunde rufen zum Spiel, Eltern und Lehrer rufen uns, wir hören Hilferufe und Angebote, uns erreichen auch gefährliche Rufe (gegen Aufgaben und Anordnungen, gegen Straßenverkehrsregeln, beim Eislauf auf dünner Eisdecke). Welche Rufe beachten wir? Die uns Freude verschaffen und Vorteile bringen, die mit einer Strafandrohung verbunden sind, die wir für wichtig halten. Manche Rufe beachten wir auch nur ab und zu, manchmal gern und manchmal ungern.

Meist ist es so: Ich stehe in der Mitte und die Rufe greifen wie Angelhaken nach mir. Viele Kinder finden sich schon überfordert: Außerschulische Arbeitsgemeinschaften und zwischenschulische Wettbewerbe (Sport, Mathematik) stellen Ansprüche. In der Familie sind tägliche Hilfeleistungen für Einkauf, Haushalt, Garten eingeplant.

Unter den Angeboten sind auch viele verlockende. Am ehesten wird ausgewählt, was Spaß macht oder Nutzen bringt. Es ist notwendig, eine Auswahl zu treffen. Schließlich werden ja Zeit, Kraft und Interessen beschlagnahmt; meist wird auch eine Beteiligung auf Dauer oder doch auf längere Zeit erwartet.

Oft suchen die Eltern für die Kinder aus, welche Aufforderungen sie für günstig erachten. Nicht immer sind die Kinder mit den elterlichen Entscheidungen einverstanden. Manchmal bleibt ihnen aber auch die Entscheidung selbst überlassen, gerade auch was den kirchlichen Unterricht angeht.

Mancher meint dann, eine solche Verpflichtung brauche man nicht so wichtig zu nehmen.

Hier hilft sehr die Einbettung in eine Gruppe von Gleichaltrigen. Gemeinsames Leben und gemeinsame Aktionen haben prägenden Gewinn. Das Mitmachen ergibt Bekanntwerden mit Glaubensgütern bis hin zum religiösem Erleben und Formen von Glaubensleben. Leitbilder sind andere Kinder oder Jugendliche, aber auch die eigene Familie oder einzelne Mitglieder in ihr.

Die Frage ist aber immer, welchen Stellenwert wir dem Ruf Jesu geben. Ist er nur ein Ruf unter vielen oder ist er der entscheidende Ruf für uns? Vor einem Mann, dem plötzlich Jesus das Wichtigste im Leben wurde, will ich heute erzählen.

 

Erzählung:

Ihr seid vielleicht schon einmal über eine Grenze gekommen. Da kann man nicht so einfach weiterreisen, sondern muß erst seine Papiere vorzeigen. Ein Grenzbeamter verlangt die Ausweise und untersucht vielleicht auch den Inhalt des Autos und der Koffer. Wenn man etwas Verbotenes bei sich hat, wird es eingezogen und man muß obendrein Strafe bezahlen. Solche Zollstationen gab es auch schon im Altertum. Eine von ihnen war in der Nähe von Jericho, der Stadt im Jordantal in der Nähe des Toten Meeres. Wer von Osten her in das Land wollte, mußte seine Waren erst verzollen. Da paßten die Zöllner schon auf, daß keiner ohne Kontrolle und vor allem ohne Bezahlung über die Grenze kam.

Mit dem Zoll war es nämlich so: Der Zoll mußte von einem Zollpächter im Voraus an die Römer abgeliefert werden. die ja die eigentliche Macht im Lande hatten, weil sie das jüdische Volk besiegt hatten. Nur Leute, die schon etwas Geld hatten, konnten also Zöllner werden. Aber auf der anderen Seite hielten sie sich dann an den Reisenden schadlos. Die Höhe der einzelnen Gebühr war nicht so genau festgelegt. Es lag an dem Zöllner, wieviel er aus den Leuten herauspreßte. Je mehr er den Leuten abnahm, desto größer war sein Gewinn, desto mehr wuchs sein Reichtum.

Meist hatten so vier oder fünf Zöllner noch einen Oberzöllner über sich. Dem mußten sie den Zoll abgeben. Aber jeder wollte natürlich dabei verdienen. Man kann sich vorstellen, wie unbeliebt die Zöllner waren. Es ging ja nicht nur darum, daß sie zu viel Geld verlangten und die Leute betrogen. Viel schlimmer war, daß sie dabei mit den verhaßten Römern zusammenarbeiteten. Sie stellten sich der Besatzungsmacht zur Verfügung und dienten somit den ungläubigen Heiden, die das Volk Gottes unterdrückten.

Zöllner waren also ehrlose und vaterlandslose Gesellen, die die Verachtung der Juden verdienten. Besonders die Oberzöllner waren die eigentlichen Erpresser. Sie waren öffentlich als Sünder am laufenden Band bekannt. Sie galten als unrein und durften nicht zum Gottesdienst oder wurden doch zumindest schief angesehen, wenn sie doch einmal auftauchten. Alle sagten: „Wer ein Zöllner ist, der ist für Gott verloren. Wenn der Messias kommt, wird er wird die Zöllner ausstoßen!"

Weil die Zöllner so verachtet wurden, klammerten sie sich umso mehr an das Geld. Das entschädigte sie für manches. Sie konnten sich wenigstens etwas leisten, wenn die Leute sie schon nicht liebten. Das aber steigerte nur noch den Haß der anderen. In gewisser Hinsicht waren die Zöllner durchaus zu bedauern. Das war auch in Jericho nicht anders.

 

In der Stadt Jericho herrscht große Aufregung. Die Leute laufen auf der Straße zusammen. Kommt etwa der König Herodes, der in der schönen Palmenstadt immer den Winter verbrachte? Nein, diesmal ist es nicht Herodes, sondern ein anderer König, der auf dem Weg nach Jerusalem ist: Jesus kommt mit seinen Jüngern! Das haben die Leute erfahren.

Viele Menschen sind auf dem Weg nach Jerusalem, um dort an dem jährlichen Passahfest teilzunehmen. Unter ihnen ist auch Jesus mit seinen Jüngern. Der Weg wird ihn durch Jericho führen, denn die Durchgangsstraße führt mitten durch die Stadt.

Jesus zieht in Jericho ein. Schnell hat es sich herumgesprochen. Er kommt, von dem man schon so viel gehört hat. Die Leute laufen zusammen. Dichtgedrängt stehen sie an den Straßen. Einige laufen noch hin und her. Jeder will ihn sehen. Vielleicht bleibt er stehen

und predigt. Vielleicht wird er einen Kranken heilen. Vor der Stadt, so erzählt man, hat er schon einen Blinden geheilt. Jeder will einen guten Platz an der Straße haben.

 

Einige rufen schon: „Jetzt kommt er durchs Stadttor!“ Da kommt noch einer gelaufen und will ihn auch sehen. Es ist der Oberzöllner Zachäus. Es hat ihn nicht mehr in seinem Haus gehalten. Er hat schon oft von diesem Jesus gehört, wenn die Leute bei ihm an der Zollstation vorbeikamen. Jetzt will er doch einmal persönlich sehen, wer dieser Jesus ist und was an ihm Besonderes dran ist.

Die Leute stecken die Köpfe zusammen und sagen: „Was will der denn hier? Der soll sich fortmachen! Laßt ihn nicht durch!“ An der Zollstation gibt Zachäus immer den Ton an. Da müssen sie ihm gehorchen. Aber jetzt ist es umgedreht: Sie lassen ihn nicht nach vorne durch, sie machen sogar die Schultern und die Ellbogen besonders breit, damit er nur ja nicht durchkommt. Und dann ist Zachäus auch noch klein von Gestalt ist, hat er keine Chance gegen diese Mauer der abweisenden Leute.

Armer Zachäus! Er kann sich zwar alles leisten, was sein Herz begehrt. Aber er ist doch ein armer Mann. Die Leute mögen ihn nicht. Wo er erscheint, da wendet man sich von ihm ab. Jeder zeigt ihm die kalte Schulter. Die Leute machen deutlich: „Mit so einem haben wir keine Gemeinschaft, der hält es mit den Gottlosen; und wo der seinen Reichtum her hat, das wissen wir auch!“ Was nützt ihm nun all sein Geld. Er ist verachtet und verdammt. Er hat Geld, aber keine Liebe.

Aber Zachäus weiß Rat. Er beginnt plötzlich zu rennen. Er will zu einem Maulbeerfeigenbaum. Er steht dicht an der Straße, seine Zweige reichen bis zum Boden, er hat dichtes Laub. Was macht Zachäus nun? Es ist fast zum Lachen: Der kleine Mann klettert geschwind auf den Baum. Von dort schaut er gespannt auf den herankommenden Zug. Das Laub ist dicht, es verbirgt ihn gut. Aber er kann doch gut sehen, was auf der Straße vor sich geht. So hat er also einen prima Platz, niemand hat ihn bemerkt.

Doch als Jesus mit seinen Jüngern kommt, da stockt der Zug plötzlich. Jesus bleibt stehen und blickt zu dem Baum hoch, so als hätten die neugierigen Augen des Zachäus ihn angezogen. Der hat gar keine Zeit, Jesus eingehend zu betrachten. Es kommt umgedreht: Jesus sieht ihn. Er sieht ihn an, wie Gott die Menschen sieht. Zachäus fühlt sich entdeckt und durchschaut. Er erschrickt. Jetzt wird er wohl etwas zu hören kriegen. Und dann wird er mich fortjagen, weil ich mich in seiner Nähe nicht aufhalten darf.

Jesus fragt einen: „Wer ist denn das?“ Die Antwort: „Das ist doch nur der Obergauner Zachäus, den hier jeder nur zu gut kennt!“ Da ist Jesus auf einmal alles klar. Er weiß, weshalb der Mann auf den Baum geklettert ist und sich dort versteckt hat. Jesus erfaßt auch sofort, womit er Zachäus helfen kann. Ein langes Gespräch ist hier nicht möglich. Einem Ausgestoßenen kann man nur helfen, indem man ihn öffentlich ehrt. Das sagt mehr als viele Worte und lange Erklärungen.

Jesus sagt zu Zachäus: „Zachäus, steig eilend hernieder; denn ich muß heute in deinem Hause einkehren!“ Das hat niemand erwartet, auch Zachäus nicht. Er weiß gar nicht, wie ihm geschieht, Jesus hat ihn sogar beim Namen gerufen. In sein Haus will er einkehren? Wie kommt er nur zu einer solchen Ehre? Dann ist Gott doch freundlich zu ihm?

Zachäus steigt schnell vom Baum herunter. Er ist voller Freude. Noch nie ist jemand zu ihm ins Haus gekommen und hat mit ihm gefeiert. Ausgerechnet dieser Fremde will ihm die Ehre antun, sein Gast zu sein. Das Essen ist schnell hergerichtet. Auch noch einige Berufskollegen werden eingeladen.

Jesus und seine Jünger kommen in das Haus des Oberzöllners Zachäus. Die anderen Leute in Jericho können es nicht fassen. Ihre Gesichter verändern sich plötzlich. Sie sind erstaunt und schwer enttäuscht. Wer ist dieser Jesus, daß er es wagt, bei einem Sünder einzukehren? Warum kommt er denn nicht zu ihnen, die doch so oft in der Tempel und das Gotteshaus gehen und alles tun, was die Priester und Schriftgelehrten sagen? Sie geben sich doch wirklich große Mühe, anständige Leute zu sein; sie meinen es auch tatsächlich ernst damit.

Mit diesem Jesus stimmt doch etwas nicht. Warum sagt er: „Ich m u ß heute in deinem Hause einkehren?“ Das scheint ein gefährlicher Mensch zu sein. Der hält sich wohl überhaupt nicht an die Vorschriften und Gesetze unseres Glaubens. Es ist unerhört, daß Jesus zu einem stadtbekannten Sünder geht, wo es doch so viele fromme Leute in Jericho gibt. Enttäuscht und mit zornigem Herzen wenden sie sich ab und gehen in ihre Häuser und in ihr altes Leben zurück.

 

Im Haus des Zachäus aber beginnt ein neues Leben. Jesu Wort ist dem Oberzöllner ins Herz gedrungen und hat es neu gemacht. Er erkennt seine Schuld. Die Liebe Jesu verwandelt ihn. Weil Jesus ihm eine Freude bereitet hat, will er jetzt auch anderen Menschen eine Freude bereiten. Er muß an die Armen denken, die er bisher betrogen hat. Mit einem Male sind sie ihm nicht mehr gleichgültig. Jetzt will er die beschenken, die nichts haben. Er sagt: „Herr, die Hälfte meines Reichtums werde ich den Armen geben. Und wenn ich jemand betrogen habe, dann werde ich ihm viermal soviel zurück geben!“

Jesus hat das nicht verlangt von ihm. Aber weil er dem Zachäus so ganz anders begegnet ist als der es erwartet hat, ist er ein neuer Mensch geworden. Er hat auf einmal ganz von selber gemerkt, was bei ihm anders werden muß. Er tut sogar mehr, als die frommen Leute erwartet hätten. Die sagten: „In einem solchen Fall genügt es, wenn man ein Fünftel seines Besitzes hergibt und zu dem zurückerstatteter Betrag noch ein Fünftel hinzulegt!“Sie hätten auch erst

die völlige Wiedergutmachung verlangt und dann vielleicht dem Zachäus verziehen. Bei Jesus aber ist es umgedreht: Erst nimmt er den Menschen an. Das andere ergibt sich dann von selbst.

Zachäus ist das Geld auf einmal nicht mehr wichtig. Er fängt wirklich ein neues Leben an. Er wird auch weiter seinen Beruf ausüben. Doch bei allem, was er jetzt tun wird, wird er an Jesus

denken. Vieles wird anders sein. Jesus freut sich über die Wandlung des Zachäus, aber er lobt ihn nicht. Die gute Absicht des Zachäus ist ja nicht sein Verdienst. Vielmehr hat Gott an diesem Menschen ein Wunder vollbracht, indem er ihm ein neues Herz gab.

Zu den Leuten von Jericho aber sagt Jesus: „Auch Zachäus gehört zum Gottes Volk. Auch er ist ein Nachkomme Abrahams. Heute ist diesem Hause Heil wiederfahren. Zachäus und seine ganze Familie sind gerettet worden. Denn ich bin gekommen, zu suchen und selig zu machen, was verloren ist!“ Das ist ja der eigentliche Sinn seiner Sendung und der Inhalt des Lebens Jesu.

Heil ist dabei mehr als Glück. Zachäus wird es in Zukunft nicht leicht gehabt haben. Es hat gewiß nicht an heimlichem Spott und offenem Hohn gefehlt, als er zu diesem oder jenem ging, um sein Unrecht wieder gut zu machen. Sicher haben auch seine Berufskollegen versucht, ihn beim „Geschäft“ zu halten. Aber das kann ihn nicht mehr irre machen. Er blieb ja seinem Heilbringer Jesus verbunden. Dabei wurde das Heil sicherlich aber auch zum Glück, freilich zu einem Glück besonderer Art, das nicht jeder faßt.

 

Antwortgespräch:

Wir wiederholen die Geschichte mit einem szenischen Spiel:

1. Am Zoll streiten sich Zöllner, Kaufleute, Zuschauer um die Höhe des Zolls. Zachäus ermuntert die Zöllner zu hohen Forderungen.

2. Ein Reisender kommt mit der Nachricht: Jesus ist auf dem Weg nach Jericho. Die Leute reagieren in typischer Weise unterschiedlich

3.Vor dem Hause des Zachäus empören sich Priester, Pharisäer, Neugierige, weil Jesus sich bei dem Oberzöllner eingeladen hat

4. Am nächsten Tag am Zoll:. Die Kaufleute wundern sich über die niedrige Zollgebühr. Zachäus fragt sie, ob sie das letzte Mal zu viel bezahlt haben, Er läßt Beträge wieder zurückzahlen. Die Leute fragen sich, wieso Zachäus so verändert ist. Sie hören, daß Jesus gestern bei Zachäus gewesen ist.

Manche Menschen ziehen aber unsichtbare Grenzen um andere herum. Da ist kein Grenzstein, kein Graben, kein Stacheldraht - und doch spürt man: Der will nichts mehr mit mir zu tun haben. Mar redet nicht miteinander oder man redet schlecht voneinander.

In der Tat darf man auch nicht zu vertrauensselig sein. Man wird sonst wirklich oft enttäuscht. So denken wir im Grund auch moralisch: „Wer Böses tut, ist böse!“ Wir empfinden es vielfach auch anstößig, wie Jesus hier handelt.

Nur gut, daß Gott da anders mit uns handelt. Die Sünde könnte uns von Gott trennen. Aber Jesus hilft uns, daß das nicht eintritt. Deshalb sollt er wir auch bereit sein, die Zäune niederzureißen, die wir errichtet haben, um uns von anderen abzugrenzen.

 

Zöllner Zachäus

Jesus Christus

wird verachtet

sieht ihn an

ist unbeliebt

geht zu ihm

ist ein Sünder

hält Gemeinschaft mit ihm

hält die Gebote nicht

vergibt ihm

verloren

gerettet

                                  

           

Bildbetrachtung: Kaufmann: Neues Leben durch Gottes Güte (Unterweise mich 3/4):

Zachäus sitzt isoliert in der Finsternis. Halten seine Hände das Geld fest? Wie eine Zange umklammert ihr ein breites Bard. Ob er sich wohl fühlt in dieser Gebundenheit? Er ist in sich verschlossen, sein Blick geht in die Ferne. Wen sucht er? Zachäus hat sich durch eigene Schuld von den anderen abgewendet und die haben sich von ihm abgewendet; auch sie sind im Finstern.

Es müßte einer kommen, der die finsteren Mächte im Herzen der Menschen aufsprengt .Mit explosiver Kraft bricht das Licht hervor. Zachäus ist aus seinen Fesseln befreit. Auf seinem Gesicht leuchtet Freude über das neue Leben, das er gerade begonnen hat. Er ist umgekehrt und wendet sich der anderen zu, seine Hände öffnen sich zur Linderung der Not der Menschen. Er ist umschlossen von der Gestalt Jesu.

 

Bildbetrachtung: Linolschnitt von Kaufmann

In wie viele Gruppen können wir das Bild einteilen? Zwei oder drei? Wer ist der Mittelpunkt des Bildes? Jesus.

Die eine Gruppe wendet sich von Jesus ab. Sie haben sich über ihn geärgert und drohen mit den Fäusten. Als geschlossener Block werden sie von Jesus weggetrieben (beachte die starke Linie am linken unteren Rand!).

Hier wird schon der Grund für die Passion Jesu angedeutet: Die Menschen sind mit ihm nicht einverstanden und deshalb wird er ans Kreuz geschlagen. Von daher gesehen paßt das Bild viel besser zu der Passionsgeschichte. Allerdings stirbt Jesus auch für die, die sich von ihm abwenden.

Auf der anderen Seite sitzt ein Mann im Baum. Ihm wendet sich Jesus zu. Wenn die anderen sich abwenden, dann sieht er nach dem, der ihn braucht. Sein Gesicht und das Gesicht des Mannes im Baum sind hell: Von Jesus gehen Strahlen aus und machen alles hell, wie von einer Lampe wird die ganze rechte Bildhälfte erleuchtet. Weil Jesus nach ihm sieht, wird es bei dem Mann hell.

(Das Folgende vielleicht erst nach der Erzählung).

Wer hat denn wohl den Zaun gebaut, hinter dem Zachäus auf dem Baum sitzt (In der Erzählung war doch keine Rede davon!)? Den haben die Menschen gebaut, die mit Zachäus nichts zu tun haben wollen. Aber Jesus reckt über den Zaun hinweg seine Arme zu Zachäus und

lädt ihn ein. Das Licht, das von ihm ausgeht, dringt auch durch diesen Zaun und macht ihn unwirksam. Die Schuld des Zachäus wird überbrückt und der Verlorene wird eingeladen.

 

Bildbetrachtung: Linolschnitt von Kaufmann II

Zachäus sitzt wie in einem Dorngestrüpp weil die anderen ihn abgewiesen haben. Von Jesus sind nur die einladenden Hände zu sehen. Die Mitte des Bildes muß so erst gesucht werden: Alle Blicke richten sich auf ihn, seine Einladung gilt allen. Aber auf den Gesichtern der Menschen sieht man Wut, Erstaunen, Erschrecken und kühles Überlegen.

Zachäus wird aus seinem alten Leben herausgehoben in das Licht, das im Hintergrund wie die Sonne aufgeht. Das Licht entlarvt ihn zwar als Sünder. Aber Jesus sagt zu ihm: „Heute ist diesem Hause Heil widerfahren!“ Jesus zeigt mit der linken Hand auf das Haus des Zachäus, in das er einkehren will. Der Weg nach dort ist hell erleuchtet. Vorher steht bei Lukas das Gleichnis von dem verlorenen Schaf, dem der Hirt aus den Dornen heraushilft. Hier hat Jesus einem verlorenen Menschen aus seiner Verstrickung herausgeholfen. Jesu Predigt ist eine Einheit mit seinem Handeln.

 

Miniatur aus dem Perikopenbuch Heinrichs II. (11.Jahrhurdert),

Jesus Christus ist auf beiden Bildern als der entscheidende Handelnde dargestellt. Er und sein Wort sind die Mitte des Textes. Das ganze Heilsgeschehen ist von ihm abhängig. Er will uns in dem Text begegnen.

Oben sehen wir den Zöllner im Geäst des Baumes. Von rechts kommt Jesus mit drei Jüngern (nicht Zuschauer). Petrus ist durch einen Heiligenschein etwas hervorgehoben. Zachäus beugt sich etwas vor, streckt die Hand verlangend aus. Es scheint so, als wolle er Jesus einen Schritt entgegengehen. Das ist die Antwort auf die Geste Jesu und seinen Blick.

Unten sehen wir eire Halle, deren Ziegeldach vor Säulen getragen wird. An einem runden Tisch mit lang herabhängendem Tafeltuch sitzen Jesus und die Jünger (in der gleicher Reiherfolge wie oben). Brot, Fisch und Wein sollen vielleicht an das Abendmahl erinnern. Jesus ist der Größte und der Handelnde. Sein Kopf mit dem Kreuznimbus erscheint wie in einem Dreieck.

Zachäus tritt von links heran. Sein Blick ist auf Jesus gerichtet. Die Hände streckt er ihm verlangend entgegen. Sie sind leer und halten nicht mehr das Geld fest. Er ist noch kleiner als der kleinste Jünger Jesu, ist aber in ihre Gemeinschaft einbezogen. Er ist ein Jünger Jesu und Gottes Kind.

 

Geschichtlicher Hintergrund:

In der Gemeinde des Lukas gab es wohl Geldleute, aber auch viele arme Leute. Die Regierung ist nicht gut auf die Christen zu sprechen und hat einigen ihren Besitz beschlagrahmt. Deshalb fordert Lukas auch durch eine solche Geschichte auf: „Verteilt Geld, damit jeder genug hat. Verzichtet auf euren Reichtum, denn wir gehören doch alle zur Familie Gottes!“

Lukas hat wahrscheinlich den Vers 8 eingefügt als Illustration zu dem Gemeindebekenntnis Vers 10. Der Vers stört den Gang der Handlung, Vers 9 nimmt das Murren von Vers 7 wieder auf. Der Vers 9 ist ursprünglich ein Wort über Zachäus (er wird in der dritten Person erwähnt) nicht an ihn. Auch der Herrentitel in Vers 8 deutet auf lukanische Verfasserschaft.

Aber es geht Lukas nicht um Moral, sondern um das Neuwerden des Lebens, das sich in einem neuen Wandeln äußert. Die Menschen, die Zachäus bisher erpreßt hat, sind ihm jetzt Brüder geworden. Er erfüllt keine bittere Verpflichtung, sondern er gewinnt ja mehr als er gibt. Er befreit sein Leben von einer schweren Last der Vergangenheit. Er folgt keiner Ermahnung, sondern er handelt aus freiem Entschluß. Das ist der radikale Neuanfang, der allein

dem Reich Gottes gemäß ist. Hätte es uns Lukas nicht so berichtet, wir müßten es uns so denken. Die Konsequenz für unsere Zeit wäre so etwas wie „Brot für die Welt“.

 

 

Reicher Jüngling: Mk 10, 17 - 27 (und Mt 19,16 - 26)

 

Einstieg:

Kinder denken oft: „Wenn ich erst einmal groß bin, dann geht es erst richtig los!“ Wann aber beginnt das eigentliche Leben Wofür leben und arbeiten wir eigentlich? Wir wollen viel Geld haben, Erfolg im Beruf, für der Frieden und die Überwindung des Hungers arbeiten, überhaupt Zufriedenheit finden. Unser Leben soll ausgefüllt und lebenswert sein. Besonders in Krisenzeiten, besonders zum Beispiel wenn jemand aus unserer Umgebung gestorben ist, fragen wir nach dem Sinn des Lebens. Wir sehen ihn durchaus nicht nur in privaten Wünschen, sondern auch im Einsatz für die Mitmenschen. Wir wünschen uns nicht nur viel Geld, sondern auch ein langes Leben und daß wir „in der Himmel“ kommen.

Aber doch müssen wir uns immer wieder fragen: „Was ist dir das Liebste im Leben?" Das, was wir am schwersten hergeben könnten, ist uns sicher das Liebste. Manchem ist es mehr wert als Gott. Für Kinder zum Beispiel ist der Fernseher wichtiger als die Oma, die krank ist und auf einen Besuch wartet. Gott will aber, daß wir auch einmal unser Liebstes vergessen und Zeit haben für andere und für Gott. Das wird auch deutlich an der Begegnung Jesu mit einem jungen Mann.

 

Erzählung:

Bei der Predigt Jesu hat auch ein junger Mann zugehört. Er hat schon viel von Jesus gehört und weiß, daß er für jeden ein gutes Wort hat. Da wagt er es auch, ihm eine Frage zu stellen, die ihn schon lange bewegt. Bisher hat ihm noch keiner eine befriedigende Antwort geben können.

Als Jesus schon weiterwandern will, läuft der junge Mann zu ihm hin, kniet ehrerbietig vor ihm nieder und fragt: „Guter Meister, was muß ich tun, daß ich das ewige Leben gewinne?“ Das ist eigentlich doch eine gute Frage: Er möchte das Eigentliche, das vor Gott wesentliche und sinnvolle Leben finden. Wenn er in dieser Frage noch etwas vorankommt, wird er ein richtiger Mann sein, denkt er. Jetzt fühlt er sich noch unfertig im Glauben, es fehlt ihm noch etwas zur Vollkommenheit; das hofft er bei Jesus zu finden.

An sich ist er doch ein liebenswerter Mensch. Er fragt nach dem Leben bei Gott und nimmt Gottes Gebote ernst. Er ist schon immer in den Gottesdienst gegangen. Aber er will es noch genauer wissen, als es im Gottesdienst gepredigt wird. Er möchte sicher sein, daß er vor Gott bestehen kann, und er möchte unbedingt einen Ehrenplatz im Himmel bekommen. Er ist überzeugt, das normale Soll erfüllt zu haben. Aber er möchte noch etwas Außerordentliches leisten. An sich kann man sich doch nur über so einen ernsthaften jungen Mann freuen, auch Jesus hätte seine Freude an ihm haben können.

Aber er sagt zu ihm: „Was nennst du mich gut? Niemand ist gut als Gott allein!“ Eine so ehrenvolle Anrede wie „guter Meister“ gebührt nur Gott allein. Jesus verweist auf Gott, der den Menschen doch gesagt hat, was sie tun sollen. Jesus stellt nicht eigene Gebote auf, sondern gibt Gott die Ehre. Der junge Mann aber scheint andeuten zu wollen, daß Gott die Menschen doch im Unklaren gelassen hat über seinen Willen.

Deshalb sagt Jesus zu ihm: „Du kennst doch die Gebote: Du sollst nicht töten, du sollst nicht ehebrechen, du sollst nicht stehlen, du sollst nicht falsch Zeugnis reden, du sollst niemand berauben, du sollst Vater und Mutter ehren!“

Der junge Mann aber ist enttäuscht. Hat Jesus auch keine andere Antwort? Weiß er auch nichts Zusätzliches, das man tun könnte? Er sagt zu Jesus: „Meister, das habe ich alles gehalten von Jugend an!“ Offenbar hat er große und schwierige Forderungen erwartet. Aber die Gebote, die hat er doch von klein auf gelernt und eingehalten, das ist doch nichts Neues.

Der junge Mann hat tatsächlich nicht gestohlen, nicht gelogen, keinen Menschen totgeschlagen. Er hat ein gutes Gewissen und ist sich keiner Übertretung bewußt. Aber er kann nicht glauben, daß er damit schon am Ziel sein soll.

Jesus sieht den jungen Mann freundlich an. Er gefällt ihm, solche gibt es nicht viele. Der hat sich wirklich Mühe gemacht und alles sehr ernst genommen. Er will ihm gar nicht beweisen, wie oft er dennoch die Gebote übertreten hat, er macht ihm keine Vorwürfe. Jesus hat den jungen Mann sogar lieb. Aber er merkt auch, daß er gar nicht fest auf Gott vertrauen kann. Er hat den ehrlichen Willen, aber er ist tatsächlich noch nicht auf dem richtigen Weg. Er ist in der Tat noch nicht so vollkommen, daß er vor Gottes Augen bestehen könnte. Sein Ziel ist noch nicht erreicht.

Doch Jesus ist bereit, ihm weiterzuhelfen. Er spricht zu ihm: „Eins fehlt dir noch: Gehe hin und verkaufe alles, was du hast und gib es den Armen; dann wirst du einen Schatz im Himmel haben. Und darr komm und folge mir nach und werde mein Jünger und nimm das Kreuz auf dich!“ Jesus weiß also doch den Weg, auf dem man unter Garantie zu Gott kommt: „mit Jesus gehen“.

Aber für den junger Mann bedeutet das sehr viel: Er soll alles hergeben, was er besitzt und so arm werden wie die Jünger Jesu. Er soll alles verlassen, was ihm bisher das Leben gesichert hat, und alles von Gott erwarten. Aber er wird dabei nicht arm werden. Er erhält ja dafür einen Schatz bei Gott; als Jünger Jesu wird er einen Reichtum haben, der niemals erschöpft werden kann. Er wird frei davon sei, nur an sich denken zu müssen, und auch für andere da sein können. In der Nähe Gottes wird er froh sein können. Was Jesus zu geben hat, wird für ihn und alle anderen reichen.

Aber der junge Mann erschrickt und wird betrübt. Was will er denn mit einem „Schatz im Himmel“, den man nicht sehen, sondern nur glauben kann? Dieser Schatz ist ihm zu unsicher, das Wagnis des Glaubens zu groß, die Forderung Jesu zu schwer. Schließlich wird der junge Mann sogar ärgerlich über dieses Wort Jesu und geht traurig davon, denn er hat viele Güter.

Bisher hat er nicht besonders darüber nachgedacht, das war alles so selbstverständlich. Jetzt aber wird auf einmal deutlich, wie sehr der Besitz doch sein Leben bestimmt hat. Jetzt erst merkt er auf einmal, daß er sich davon nicht lösen kann. Er möchte gern die von Jesus angebotene Gabe annehmen. Aber er ärgert sich, daß er nicht die Kraft aufbringt, auf seine bisherigen Sicherungen zu verzichten. Und so stellt sich heraus, daß er nicht in der Lage ist, das größte und vornehmste Gebot zu halten, nämlich Gott über alle Dinge zu lieben. Weil er das nicht kann ist er auch nicht bereit, seine Mitmenschen zu lieben und ihnen all seinen Besitz zu geben.

Jesus hat nicht von allen seinen Jüngern verlangt, daß sie ihren Besitz verkaufen sollen. Aber wer sein Jünger wurde, dem werde ganz von selber klar, daß er jetzt sein bisheriges Leben aufgeben mußte. Der Besitz sollte nicht daran hindern, mit Jesus zu gehen. Aber Jesus macht kein allgemeines Gesetz aus jenem Rat an den Reichen Jüngling. Für dieser war das der besondere Rat, den Jesus geben konnte; hier war seine schwache Stelle. Aber einem anderen hätte Jesus vielleicht einen ganz anderen Rat gegeben.

Bei diesem einen aber hat Jesus die schwache Stelle erkannt. Dieser junge Mann ist viel zu sehr an seinen Besitz gebunden. Er hat immerzu Angst, noch nicht genug zu haben. Auch gegenüber Gott denkt er so: immer noch mehr tun, damit es ja reicht. Anstatt sich von Jesus alles schenken zu lassen, will er sich selber den Himmel verdienen. Er setzt sein Vertrauen auf das, was er hat, anstatt auf das, was Jesus ihm geben will.

Jetzt wendet sich Jesus an seine Jünger und sagt: „Wie schwer werden die Reichen in das Reich Gottes kommen!“ Es wird ihrer schwer fallen, sich der unsichtbaren Liebe Gottes anvertrauen zu müssen. Sie sollen alles aus der Hand geben und sich nur der Hand Gottes anvertrauen. Nicht der Besitz an sich hindert den Menschen, zu Gott zu kommen. Aber das Gefühl der Sicherheit, das der Besitz zu geben scheint, hindert viele, sich ganz Gott anzuver­trauen.

Die Jünger erschrecken, als sie das hören, denn sie denken auch an sich. Sie haben zwar alles verlassen, aber sie sollen sich doch auch angesprochen fühlen. Jesus sieht ihre Hilflosigkeit und redet sie freundlich an: „Wie schwer ist es, in das Reich Gottes zu kommen, liebe Kinder! Eher geht ein Kamel durch ein Nadelöhr, als daß ein Reicher in das Reich Gottes kommt!“

Da erschrecken die Jünger noch mehr und sprechen untereinander: „Wer kann denn da überhaupt zu Gott kommen? Wer kann darr selig werden!“Sie haben doch auch manches, was sie noch lieber haben als Gott. Dann kann wohl keiner sich das ewige Leben verdienen. Das kann er in der Tat nicht. Verdienen kann er es sich nicht, auch wenn er sich noch mehr anstrengt als der Reiche Jüngling. Aber er kann es sich schenken lassen.

Deshalb sagt Jesus zum Schluß: „Bei den Menschen ist es unmöglich, aber nicht bei Gott. Denn alle Dinge sind möglich bei Gott!“ Gott hat den Menschen alles hingegeben, er hat sogar seinen Sohn in ihre Hände gegeben. Er kann es auch schaffen, daß ein Mensch frei wird von dem Vertrauen auf seinen Besitz. Wenn Gottes Stunde kommt, dann kann ein Reicher seinen Besitz fahren lassen und getrost und fröhlich mit Jesus gehen. So wird er das ewige Leben nicht verdienen, sondern geschenkt bekommen.

 

Gespräch:

Es geht in dieser Geschichte nicht in erster Linie um das Verhältnis zum Besitz, sondern um das Verhältnis zu Jesus. Geld brauchen wir alle. Und wenn wir vielleicht auch nicht gerade reich sind, so haben wir doch alle Besitz. Das muß wohl auch so sein. Aber der Besitz darf nicht zu unserem Götzen werden.

Andererseits gilt auch: Wenn wir unserer Besitz hergeben, sichert uns das noch nicht einen Schatz im Himmel. Der Dichter Leo Tolstoi hat im Alter all seinen Besitz weggegeben. Diakonissen geben alles her und verzichten auf ein Gehalt, die evangelischer Salzburger und

die Hugenotten haben ihre Heimat hergegeben, Albert Schweitzer hat auf eine Karriere als Orgelspieler, Theologe und Musikwissenschaftler verzichtet (er ist ja so etwas wie ein reicher Jüngling von heute) - aber all das macht noch nicht selig.

Wir wollen doch auch gern Gutes tun, oft sogar ohne die Hilfe Jesu. Unsere eigene Klugheit und Geschicklichkeit, unsere Leistungsfähigkeit und Erfahrung soll uns voranbringen. Auch in vielen Religionen wird eine Leistung von dem Gläubigen verlangt (im Buddhismus gilt Armut als Weg der Selbsterlösung.

In der Bibel aber geht es um das „allein aus Glauben“ Dabei kommen wird durchaus nicht zu kurz, sondern können einen Sinn für unser Leben finden. Es geht dabei nicht nur um die eigene Sicherheit und Geborgenheit, um das eigene Vorwärtskommen und die sinnvolle Gestaltung unserer Zeit, sondern auch um Tätigkeit für andere und das Bleiben in Gemeinschaft mit Jesus. Wenn wir das versuchen, werden wir nicht mehr nur hinter Jesus herhinken, sondern wirklich Nachfolgende sein. Der Sinn unseres Lebens liebt in der Freude, zu Gott zu gehören, im Eingehen auf Gottes Willen und im Einsatz für andere. Und wenn wir Jesu Wort ganz vertrauen, dann beginnt für uns das eigentliche (ewige) Leben.

 

 

Jesu Salbung durch die Sünderin: Lk 7,36-50

Hinführung:

Im Altertum galten Kinder und Frauen nicht viel. Die Kinder wurden als unfertige Menschen angesehen, die Frauen als Menschen zweiter Klasse. Jesus aber hat sie als Menschen wie andere auch angesehen. Sie durften zu ihm kommen. Und er hat ihnen geholfen wie anderen auch.

Eines Tages war Jesus bei einem Pharisäer zu Gast. Sein Name war Simon, und er war einer jener ganz Frommen, die meinten, die könnten die Gebote Gottes alle peinlich genau einhalten. Auf Jesus waren sie an sich nicht gut zu sprechen, weil er auch die Zöllner und Sünder in seiner Nähe hatte und ihnen helfen wollte.

Simon aber hält Jesus für einen durchreisenden Gesetzeslehrer (Rabbi), von denen es damals eine ganze Reihe gab. Er fühlt sich verpflichtet, den gelehrten Mann in sein Haus einzuladen. Und er fühlt sich sicher auch geehrt, als Jesus zu ihm kommt. Schnell hat er noch einige weitere Gäste eingeladen. Sie wollen sich geistreich mit Jesus unterhalten und ihn über Glaubensdinge befragen.

Man hat sich auf niedrige Polster rund um den Tisch gelegt, wie es damals üblich war. Da tritt plötzlich eine Frau in den Raum mit einer Flasche Salböl in der Hand. Was will sie bloß? Bei einem Gastmahl dürfen doch Nachbarn und Bekannte nicht ohne Einladung einfach zusehen.

Außerdem ist es eine Frau, über die alle reden. Sie führt ein schlechtes Leben, hat immerzu fremde Männer im Haus und hat ihren Haushalt verliedern lassen. Sie ist eire „Sünderin“, sagen die Leute. Was will sie hier im Haus eines frommen Pharisäers? Schnell geht sie auf Jesus zu.

Sie beugt sich über die Füße Jesu und beginnt, heftig zu weinen. Ihre Tränen fallen auf die Füße Jesu. Dann löst sie ihr Haar und trocknet damit die Füße Jesu ab. Schließlich küßt sie die Füße Jesu, so wie ein Angeklagter die Füße des Richters küßt, wenn er freigesprochen worden ist. Zum Schluß salbt sie die Füße mit dem kostbaren Öl ein, das sie mitgebracht hat.

Die anderer sehen es und sind empört. So etwas macht man doch nicht vor allen Leuten. Eine Frau darf überhaupt nicht ihr Haar in Gegenwart von Männern auflösen. Jesus aber läßt sich alles gefallen. Simon aber denkt: „Wenn er ein Prophet wäre, dann wüßte er, was das für eine Frau ist. Dann ließe er sich nicht vor ihr anrühren, denn sie ist eine Sünderin!“ Deshalb also hatte er Jesus eingeladen: Er wollte herausfinden, ob er ein Prophet ist, der die Menschen durchschauer kann. Aber Jesus kann es offenbar nicht, denkt Simon.

Jesus aber spricht zu Ihm: „Simon, ich habe dir etwas zu sagen!“ Simon artwortet: „Meister, sprich nur!“ Da erzählt Jesus ein Beispiel: „Ein Mann hatte zwei Schuldner. Der eire war ihm 500 Mark schuldig, der andere 50 Mark. Beide aber konnten nicht bezahlen. Da erließ er beiden die Schuld und schenkte ihnen das Geld. Welcher von den beiden wird ihn nun wohl am meisten lieben?“

Simon antwortet: „Ich nehme an, dem am meisten erlassen worden ist!“ Aber hat er auch begriffen, daß Jesus ihn gemeint hat. Er ist Gottes Schuldner genauso wie die Frau. Die Frau hat vielleicht mehr Schuld, aber das macht nicht den entscheidenden Unterschied aus. Beide körnen sie ihre Schuld nicht bezahlen. Aber in Simons Haus ist einer, der die Schuld vergeben kann. Das hat die Frau erkannt, aber Simon noch nicht. Doch Jesus sagt zunächst zu ihm: „Du hast richtig geurteilt, Simon!“ Aber dann muß er den Gastgeber auch wieder tadeln, weil er etwas versäumt hat.

Jesus sieht die Frau an und spricht zu Simon: „Siehst du, diese Frau und was sie getan hat? Ich bin in dein Haus gekommen und du hast mir kein Wasser gegeben, damit ich meine Füße waschen und vom Staub der Landstraße reinigen könnte. Sie aber hat meine Füße mit ihren Tränen benetzt und mit ihren Haaren getrocknet. Auch hast du mir keinen Begrüßungskuß gegeben und mein Haupt nicht mit Öl gesalbt. Diese aber hat meine Füße geküßt und gesalbt“"

Da ist Simon doch betroffen. Das wäre freilich seine Pflicht als Gastgeber gewesen. Aber er hat erst einmal abwarten wollen, was dieser Jesus für einer ist. Er wollte ihm nicht zu viel Ehre geben, falls er nicht das ist, was er sich von ihm verspricht. Die Frau aber ist gekommen, weil sie sich von Jesus die Vergebung ihrer Sünder erhoffte. Deshalb brachte sie den Mut auf, trotz ihres schlechten Rufs in Simons Haus zu gehen. Simon aber wollte keine Vergebung der Sünden, sondern wollte nur bei den Nachbarn angeben, weil der bekannte Jesus zu ihm gekommen war.

Jesus sagt weiter: „Ihr sind viele Sünder vergeben, darum hat sie mir auch viel Liebe und Dankbarkeit gezeigt. Wem aber wenig vergeben wird, der liebt auch wenig!“ Und zu der Frau sagt er: „Dir sind deine Sünden vergeben!“ Jetzt ist sie keine „Sünderin“ mehr, in Zukunft kann sie im Frieden mit Gott leben.

Die anderen aber regen sich auf: „Wer ist der? Kann der denn Sünden vergeben?“ Jesus kann das tatsächlich, denn er ist nicht nur ein Prophet, sondern der von Gott versprochene Messias. Deshalb kann er auch zum Schluß zu der Frau sagen: „Dein Glaube hat dir geholfen. Gehe hin in Frieden!“

 

Jesus und die Frauen:

Dies ist nicht das einzige Beispiel dafür, daß Jesus die Frauen geachtet hat. Gleich darauf hören wir, daß auch Frauen unter denen waren, die ständig bei ihm waren. Er zog durch das Land, lehrte in den Gotteshäuser, heilte die Kranken und trieb böse Geister aus. Um sich hatte er die zwölf Jünger, mit denen er engste Gemeinschaft hält, um sie nachher zu seinen Boten (seinen „Aposteln“) zu machen.

Aber es sind auch einige Frauen unter ihnen: Maria Magdalena, aus dem Ort Magda­la am See Genezareth, die hat er von sieben bösen Geistern geheilt. Johanna war die Frau eines Hofbeamten des Königs Herodes Antipas und gehörte also einer vornehmen Familie an. Dann ist das Susanna, von der wir sonst nichts weiter hören, und noch einige andere Frauen, die Jesus von ihrem Geld abgegeben hatten, damit er und seine Jünger davon leben konnten.

Die Frauen sind allerdings nicht so berufen worden, wie er die Jünger berufen hat. Aber sie dürfen mitgehen. Jesus macht sich auch nichts daraus, was die Leute wohl sagen werden, wenn er auch Frauen dabei hat. Er muß damit rechnen, daß die anderen sich darüber ärgern. Aber für ihr sind sie Menschen wie andere auch. Sie dürfen bei ihm sein, auch wenn sie vorher krank oder Sünder gewesen sind (was für viele damals das Gleiche war).

Später sind diese Frauen die Zeugen des Leidens und Sterbens Jesu. Sie bleiben unter dem Kreuz, als die Jünger geflohen sind. Sie sind nachher Zeugen seines Begräbnisses und zum Teil sogar die ersten Zeugen der Auferstehung. Frauen hat man damals nicht ernst genommen, vor Gericht durften sie nicht auftreten. Aber Jesus nimmt ihr Zeugnis ernst und läßt durch sie bei anderen Glauben wecken.

 

 

Naturwunder

 

Die Stillung des Seesturms Mk 4,35 - 41 /(Mt 8,23-27 und Lk 8,22-25)

 

Hinführung:

Jeder Mensch hat schon einmal Angst gehabt, vor anderen Menschen oder vor bestimmten Dingen oder auch nur so eine unbestimmte Angst. Auch Christen haben Angst. Kinder haben Angst, wenn sie nachts allein auf die Straße gehen sollen oder wenn sie allein zu Hause sind. Die Mutter hat Angst, wenn ihr Kind krank ist. Der Vater hat Angst, wenn sein Kind nicht lernt. Alle haben sie Angst vor einem Unglück.

Aber nicht so schlimm ist es mit der Angst, wenn man noch einen hat. Das Kind braucht dann die Eltern und die Erwachsenen, brauchen andere Erwachsene. Alle aber brauchen sie Gott, der ihren die Angst wegnehmen kann.

Das haben auch Männer erfahren wie Paul Schneider, Dietrich Bonhoeffer und Maximilian Kolbe, die wegen ihres Glaubens verhaftet und umgebracht worden sind. Sie hatten sicher auch Angst. Aber sie haben auch im Gefängnis auf Gott vertraut und sind im Glauben an ihn in den Tod gegangen. Schon Jesus hat seinen Jüngern die Angst nehmen wollen. Davon wollen wir heute hören.

 

Erzählung:

Jesus ist oft mit seinen Jüngern am See Genezareth. Viele Leute kommen zu ihm, um zu hören, was er ihnen von Gott zu sagen hat. Sie sind am Ostufer des Sees. Jesus hat von einem Fischerboot aus zu den Menschen gesprochen. Am Abend aber sagt er: „Laßt uns hinüberfahren auf die andere Seite des Sees. Wir wollen wieder heim!“ Zu den Leuten sagen sie: „Geht nun auch nach Hause!“ Darr rudern sie los. Jesus legt sich im hinteren Teil des Fischkutters hin, um zu schlafen.

Der See ist zunächst ganz glatt und ruhig. Als sie aber schon weit weg vom Ufer sind, bricht plötzlich ein Sturm los. Die Jünger kennen das, diese plötzlichen Winde, die das Wasser aufpeitschen und jedes Bott hin und her werfen. Sie sind Fischer und wissen, wie gefährlich ihre

Lage ist. Wie eine kleine Nußschale wird das Schiff hin und her gezerrt. Die Wellen werden immer höher. Das Boot verschwindet einen Augenblick in einem Wellental, um gleich darauf wieder auf dem Kamm einer Welle zu tanzen. Wasser schlägt über den Bootsrand, so daß es bald voll Wasser steht. Die Jünger versuchen es auszuschöpfen. Aber so schnell können sie gar nicht arbeiten, wie das Wasser steigt. Die Not ist ganz groß, sie ist nicht mehr zu überbieten.

Jesus aber schläft ganz ruhig hinten im Schiff. Er hat sich ein Kissen unter den Kopf geschoben, auf das sich sonst die Ruderer setzen. Er schläft, als läge er zu Hause im Bett. Ist er wirklich so müde, daß er gar nichts merkt? Oder zeigt sich hier in seine Hoheit und sein Verbun­den­sein mit Gott? Welch ein Gegensatz: Die Jünger sind nervös, sie sehen schon alles zerbrechen und untergehen. Sie regen sich auf, weil er schläft, wo er doch unbedingt etwas tun hätte. Schrecken ergreift sie, Angst um das eigene Leben. Sie werden ganz kopflos und wissen nicht, was sie tun sollen.

Dabei hätten die Jünger doch eigentlich keine Angst zu haben brauchen. Den ganzen Tag haben sie der Predigt Jesu von der Herrschaft Gottes über die Welt und die Menschen zugehört. Sie haben zu allem gläubig genickt und waren überzeugt: Jesus wird noch Großes heraufführen.

Aber da kommt ein Sturm - und ihr Glaube an das Kommen Gottes ist wie weggeblasen. Jetzt wo der Sturm sich brüllend auf sie wirft, ist ihr Vertrauen zu Gott dahin. Sie sehen nur noch den Sturm und wollen gegen ihn kämpfen, jeder für sich allein mit seiner schwachen Kraft. Als sie Jesus nachfolgten, hatten sie ihr eigenes Leben ganz aufgegeben und sich in den Dienst Gottes gestellt. Aber nun geht es ihnen nur noch um sie selbst, ums nackte Leben.

Jesus aber ist völlig ohne Angst. Er bleibt auch ruhig, als er geweckt wird, er läßt sich nicht in die Panik hineinreißen. Doch wir sollten nicht meinen: „Er wußte ja, daß ihm nichts passieren konnte!“ Er ist ja kein Zauberer, der den Sturm wegzaubern kann. Jesus ist so ruhig, weil Gott ihm ja einen Auftrag gegeben hat. Dieser Auftrag ist noch nicht erfüllt. Aber so ein Sturm wird ihn nicht hindern, Gottes Willer auszuführen. Das wäre Unglaube, wie ihn die Jünger zeigen. Er weiß, daß er auch gefährdet ist.

Aber um ihn geht es gar nicht. Viel wichtiger ist, daß Gottes Sache dann gefährdet wäre. Wenn er in einer solchen Lage Angst hätte, würde er ja an Gottes Auftrag und Gottes Macht zweifeln, dann würde ja der Sturm Gottes Absichten verhindern können. Das darf doch nicht sein. Jesus weiß auch, daß noch weit Schlimmeres für ihn kommen wird: Er wird Verrat, Gefangenschaft, Spott und Tod erleben. Davor hätte er Angst haben können. Was sind demgegenüber schon Wind und Wellen? Im Vertrauen auf Gottes Güte wird er seinen Weg zu Ende gehen. Er hat vielleicht im Inneren auch so eine leichte Angst, aber er geht den Weg Gottes doch im sicheren Glauben. Das ist das eigentliche Wunder in dieser Geschichte.

Eins machen die Jünger allerdings richtig: In ihrer Not wenden sie sich an Jesus. Sie wecken ihn auf und sagen: „Meister, fragst du nichts danach, daß wir verderben?“ Sie wissen also, daß er ihr Meister ist. Aber sie gestehen ihm nicht ihre Angst ein, damit er sie wieder da heraus heraushole. Vielmehr klagen sie Jesus an und machen ihm Vorwürfe. Sie werfen ihm Gleichgültigkeit vor und bitten ihn nicht einmal direkt um Hilfe. Aber in Wirklichkeit steckt dahinter natürlich eine verzweifelte Anfrage, denn sie wissen natürlich, daß nur er helfen kann.

Jesus aber ist enttäuscht wie ein Führer, der seine Truppe gut ausgebildet hat, aber nun sehen muß, daß sie im Kampf versagt. Wenn eine tapfer kämpfende Truppe um Unterstützung bittet, mag es ja noch angehen. Aber das Versagen dieser Jünger ist doch sehr beschämend und zeigt eine Kluft zwischen Jesus und den Jüngern. Diese Panik ist kein erhebendes Bild; und die Jünger werden sich nachher noch lange deswegen geschämt haben.

Jesus aber steht auf, bedroht der Wird und spricht zu dem Meer: „Schweig und verstumme!“ Da legt sich der Wird und es wird eine große Stille. Nur gut, daß Jesus mit im Boot ist. Daran werden die Jünger durch das Wort Jesu erinnert. Mag mit dem Boot passieren, was will. Selbst wenn es unterginge, dann ginge er auch mit unter, aber die Jünger gingen nicht verloren.

Jesus spricht nur wenige Worte, so als wollte er Dämonen beschwören. Wind und Wellen müssen ihm gehorchen. Bald legt sich der Wird, so plötzlich wie er gekommen war, ist er auch wieder fort. Nach dem großen Aufruhr kommt die große Stille. So wie die Israeliten einst am Schilfmeer durch das Wasser kamen, so sind auch die Jünger nun gerettet.

Jesus aber sagt zu ihnen: „Weshalb seid ihr so furchtsam? Habt ihr denn keinen Glauben?“ Die Jünger sind fassungslos. Erst bringt Jesus den Sturm zum Aufhören. Dann sagt er ihnen: „Eure Angst kommt daher, daß ihr zu wenig Glauben habt!“ Sie sind zwar nicht ganz ungläubig. Aber ihr Glaube ist Belastungen (noch) nicht gewachsen. In einer entscheidenden Situation kam es zu panikartiger Verwirrung. Sie haben Jesu Macht aus den Augen verloren, wo sie sie besonders nötig gehabt hätten. Wo sie Jesu Hand fester hätten ergreifen sollen, ließen sie sie fahren. Statt auf Gott zu schauen, machen sie erschreckt die Augen zu. Weil sie Gott vergessen hatten, wurden sie feige.

Jesus hilft ihnen aber dennoch, so lieb hat er sie. Er hilft denen, die ihn mit Ernst anrufen, auch wenn ihr Glaube schwach ist. Die Jünger können darüber nur staunen. Noch mehr staunen aber die Menschen am Ufer, die das alles mitgekriegt haben. Sie sagen: „Wer ist der? Selbst Wind und Meer sind ihm gehorsam!“ Wer nicht mit im Boot sitzt, begreift eben nicht, was da vor sich geht. Die Jünger aber dürfen sich über die Gegenwart ihres Herrn freuen.

 

Antwortgespräch:

Im Jahre1911 ist der Dampfer „Titanic“ auf der Fahrt von Europa nach Amerika mit einem Eisberg zusammengestoßen. Er galt als das größte, modernste und sicherste Schiff seiner Zeit. Es sollte auch unter Beweis stellen, daß es das schnellste Schiff der Welt ist. Deshalb wählte man eine weit nördlich verlaufende Route, weil das der kürzeste Weg ist. Dabei kam es zu dem folgenschwerer Zusammenstoß.

Wir wollen die Schilderung eines Augenzeugen hören: „Als um1 Uhr morgens das letzte Boot abgefahren war, blieb uns nichts mehr zu tun übrig, als das Ende abzuwarten. Der ganze Vorderteil der Titanic stand jetzt unter Wasser. Die Decks waren mit Männern besetzt, die ihre Frauen, mit Vätern, die ihre Kinder hatten abfahren sehen. Leute, die ihre Angehörigen nicht mehr wiederfinden konnten, und Frauen in Nervenkrisen. Ich sah einige Gruppen, die sich zum Gebet versammelt hatten. Von der zweiten Klasse her drangen die Töne eines irischer Chorals: Näher mein Gott zu dir! Nähr mein Gott zu dir! Männer und Frauen sangen das, und es übertönte das Jammern und Seufzen. Ein Fahrgast machte mich darauf aufmerksam, daß vorn die Kommandobrücke in die Flut tauchte. Man spürte jetzt sehr deutlich, wie das Schiff allmählich sank. Der Lärm der Fahrgäste war fürchterlich. Einige fluchten wie Besessene. Eine Frau hörte ich rufen: ‚Herr, der du allmächtig bist, erbarme dich, rette mich!‘ Das aus dem Wasser emporragende Heck stieg vor uns an wie ein steiler Berg. Überall hielten sich weinende Gruppen angeklammert, und man konnte sie selbst dann noch deutlich unterscheiden, als das Licht erloschen war. Plötzlich sagte ein Herr neben mir: ‚Ich kann dieses Schreien nicht länger aushalten. Lieber will ich ein Ende machen!‘ Und noch bevor ich eine Bewegung tun konnte, hatte er den Lauf des Revolvers in den Mund gesteckt und sich eine Kugel durch den Kopf gejagt. Er brach zu meinen Füßen zusammen. Trotz aller Anstrengungen, die ich machte, um in dieser furchtbaren Lage Herr meiner Gedanken zu bleiben, muß ich doch gestehen, daß ich anfing, den Kopf zu verlieren. Das Grauen ringsum auf diesem langsam in den Abgrund sinkenden Schiffe, an das sich fünfzehnhundert jammernde und schreiende Menschen anklammerten, wollte mich fast um den Verstand bringen. Ich erlebte einen Augenblick entsetzlicher Verzweiflungsausbrüche. Ich hörte aber immer auch noch das ruhige Singen: Näher, mein Gott, zu dir! Später konnte ich mich an den Kiel eines gekenterten Rettungsbootes kalten und wurde so gerettet!“

Mit der Titanic sind auch Christen untergegangen. Sie haben auch Angst gehabt, aber sie waren wohl nicht so verzweifelt wie die anderen. Sie haben sich durch ihr Singen ruhig gemacht und waren doch recht gefaßt. Sie konnten zwar nicht vor dem Tode gerettet werden, aber sie wurden aus dem Tode gerettet. Sie wußten sich auch im Tode nicht verlassen und vertrauten weiter auf Gott. Sie wußten: Wenn er uns jetzt nicht rettete, dann nachher, wenn es um das ewige Leben geht. Deshalb hatten sie keine Todesangst.

Manche haben in großer Seenot gebetet und sich doch untergegangen. Aber wenn sie diese Geschichte von der Stillung des Seesturms nicht umsonst gehört haben, dann haben sie sich von Jesus Christus die Angst nehmen lassen. Sie wußten sich bei Gott geborgen, da konnten Wind und Wellen ihnen nichts anhaben. Sie konnten ihr Geschick nur vertrauensvoll aus der Hand des Vaters nehmen. Im Vertrauen auf Gottes Güte sind sie den Weg Gottes zu Ende gegangen.

So schrieb etwa Gorch Fock, der 1916 in der Schlacht am Skagerrak gefallen ist, in sein Bordbuch: „Das Meer, in das mein Leib versinkt, ist auch nur die hohle Hand meines Heilandes, aus der mich nichts reißen kann!“

Es ist also nicht immer so wie in der biblischer Geschichte von der Stillung des Seesturms. Wir können uns nur schwer vorstellen, daß so etwas möglich sein soll. Aber eine wirkliche Begebenheit dieser Art muß wohl stattgefunden haben, wenn man sie vielleicht auch nachher ausgeschmückt und das Wunder verstärkt hat. Jesus hat wirklich Außerordentliches und seinen Zeitgenossen Unerklärbares getan.

Man kann damit nicht fertigwerden, indem man sagt: „Es war eben Zufall, daß der Ruf Jesu und das Aufhören des Sturm zusammenfielen!“ Das wäre ein Erklärungsversuch von der Vernunft her, ginge aber an der Sache vorbei. Die Vernunft kann aber auch nicht den Beweis erbringen, daß ein solches Wunder nicht geschehen sein kann. Eine biblische Geschichte ist nicht Unsinn, weil in ihr das natürliche Geschehen durchbrochen wird. Gerade die „Wunder gegen die Natur“ machen deutlich, daß Jesus Christus überhaupt ein einziges Wunder ist.

Aber man kann solche Wundergeschichten nicht als „objektiven Beweis“ für das Dasein Gottes oder für die Macht Jesu benutzen. Der Glaube hängt nicht an solchen Wundern. Er wäre auch da, wenn sich überhaupt nichts Derartiges ereignet hätte und die Geschichte von Anfang bis Erde erfunden wäre. Dann wären diese Wundererzählungen nur so etwas wie ein Gleich­nis, das Glaubensdinge verdeutlichen will, nicht aber von tatsächlichen Ereignissen berichten will. Die Entscheidung fällt nicht an den Wundern, sondern an Jesus Christus selber.

Jesus lehnt solche Wunder ab, die nur auf Demonstration, Eigenhilfe, Rache oder Politik aus sind. Fast alle seine Wunder sind Rettungstaten, die die Freundlichkeit und helfende Liebe des Vaters deutlich machen. Er hilft, weil er die Not der Menschen sieht. Seine Wunder machen auch den Glauben nicht überflüssig; sie stellen vor die Glaubensentscheidung, erzwingen diese aber nicht.

Jesus war auch kein Zauberer. Den Lauf der Winde und der Strömungen des Sees konnte er nichts ändern, er war nicht Herr über die Naturerscheinung „Seesturm“. Aber er ist der Herr über das, was das Versinken im Wasser bedeutet: Er ist der Herr über Leben und Tod. Die Gemeinde hat die Erfahrung gemacht, daß ihr Herr sich durch nichts hindern läßt, zu den ver­ängstigter Seinen zu kommen. Jene Erzählung, die wie ein historischer Bericht klingt, ist dann nur Niederschlag der Glaubenserfahrung.

Diese Geschichte geht ja nicht nur die Leute an, die in Seenot geraten sind. Es geht ja um eine Nachfolgegeschichte und um Jesu Handeln an den Jüngern (und nicht am Unwetter!). Seine Jünger müssen mit vielen Nöten und Schwierigkeiten rechnen, sie werden Angst bekommen und meinen, ihr Herr merke nichts von ihrer Not. Es ist nicht immer leicht, diesem Jesus zu folgen. Das ist die Not der Nachfolge. Ihre Verheißung aber ist: Wer an Jesus glaubt, kann frei werden von Angst, er darf Jesus anrufen, der mit an Bord ist.

 

Tafelbild:

Nicht ohne Grund hat der Weltrat der Kirchen (die „Ökumene“) sich ein Schiff als Symbol gewählt. Mal schlagen die Wellen um das Schiff höher, mal niedriger (das hat tatsächlich im Laufe der Jahre bei der Darstellung gewechselt). Aber Jesus ist mit im Schiff (dargestellt in Form eines Kreuzes), da kann nichts passieren. Manchmal spricht man ja auch beim Kirchengebäude vom „Kirchenschiff“, also dem Inneren der Kirche, wo die Bänke stehen. Manche Kirche erinnert ja auch tatsächlich an ein Schiff. Zumindest können die in der Kirche sich fühlen wie in einem großen Schiff, in dem Jesus Christus der Steuermann ist.

Angst ist eine Sache, die sich überall im Leben findet. Überall da aber stellt auch Christus die Frage: „Ihr Kleingläubigen, warum seid ihr so furchtsam?“ Dabei kann es sich um Krieg, Krankheit, Firma, Zensuren, Dunkelheit, Alleinsein und noch manches andere handeln. Gott bewahrt nicht alle Menschen vor Unglück und Leid. Aber er nimmt alle mit in sein Schiff, die das wollen. Hier geht es also um unsere ureigene Sache, um unsre Angst und wie wir davor loskommen körnen.

Die Menschen im Boot fürchten sich vor den Wellen. Aber Jesus ist bei ihnen. An ihn können sie sich wenden im Gebet, auch heute noch. Unsere Ängste sind vielleicht Angst vor Dunkelheit, vor einem Hurd, vor dem Alleinsein im Wald, vor einer Klassenarbeit. An die Stelle Jesu kommt nun das Kreuz, weil Jesus ja nicht mehr sichtbar unter uns ist; auch die Jünger fallen weg, weil es ja um uns heute geht, so daß wiederum das Symbol der Ökumene entsteht.

 

 

Speisung der fünftausend: Mt 14.13-21

(Mk 6,30-44 und Mk 8,1-9 und Mt 15,13-19 und Lk 9,10-17 und Joh 6,1-13

 

 

Hinführung:

In einer Ecke des Raumes sind verschiedene Teller mit Süßigkeiten vorbereitet. Alle dürfen sich darauf stürzen und sich etwas nehmen. Anschließend wird ausgewertet, was man beobachten konnte: Hatten nicht viele Angst, zu kurz zu kommen und nicht das Beste zu erwischen? Was hat die Gemeinschaft zerstört? Wer hat überhaupt nichts bekommen? Wir kommen auch anderswo zu kurz: In der Familie, in der Schule, unter den Spielkameraden. Es gibt viele Menschen, die fühlen sich zu kurz gekommen.

Jesus aber möchte, daß alle etwas kriegen und keiner dabei zurückgesetzt wird. Er hat selber auch entsprechend gehandelt, als viele Menschen einmal in Not gekommen waren. Gleich sechsmal ist im Neuen Testament die Geschichte erzählt. Da muß sie doch für die Christenheit von besonderer Bedeutung gewesen sein und bis heute sein.

Jesus hatte seine Jünger als Apostel losgeschickt in viele Dörfer und Städte, um den Menschen dort von Gott zu erzählen. Viele hatten auf sie gehört, manche aber lehnten auch ab. Aber mancher war froh, von Gott zu hören. Deswegen half man auch den Jüngern, daß sie nicht zu hungern brauchten. Jesus hatte ihnen ja verboten, Brot mitzunehmen. Aber sie erfuhren, daß sie dennoch erhalten wurden. Aber eines Tages bekamen die Jünger doch wieder Angst, als einmal kein Brot da war.

 

Erzählung:

Jesus fuhr mit seinen Jüngern in einem Boot über den See Genezareth. Dort war es einsam und öde, eine dem Menschen feindliche Landschaft. Hier würde sie niemand stören, hier würde Jesus auch ungestört mit Gott reden können, denn die Wüste galt von alters her als ein Ort, an dem Gott sich besonders zeigt         (Wüstenwanderung des

Volkes Israel).

Aber die Leute am Westufer des Sees haben die Abfahrt Jesu aus der Entfernung beobachtet. Sie wollen Jesus noch keine Ruhe lassen, sie haben immer noch Wünsche an ihn. Manche wollen noch mehr von ihm hören über Gott, manche wollen ihre Kranken zu Jesus bringen, damit er sie heilt. Auf jeden Fall laufen sie schnell am Ufer entlang auf die andere Seite des Sees.

Als Jesus am anderen Ufer aussteigt, findet er dort schon wieder eine große Volksmenge vor. Wie sie es nur gemacht haben, so schnell um den See herum zu kommen? Wo nur die vielen Leute herkommen, wo es doch dort drüben kaum Dörfer gibt? Soll Jesus die Leute wieder heimschicken? Nein, das kann er nicht.

Er muß noch einmal zu ihnen reden und ihnen deutlich machen, wer er wirklich ist. Sie halten ihn noch immer für einen Wundertäter und Wunderarzt. Aber er hatte ihnen deutlich machen wollen, daß Gott alle Menschen lieb hat. Aber nur wenige ahnen, was Jesus wirklich will. Er wird jetzt bald nach Jerusalem gehen, um die Auseinandersetzung mit den Führern des Volkes zu führen. Hier in seiner Heimat kommt er nicht weiter, er muß in die Hauptstadt.

Aber gerade deswegen kann er die Menschen hier nicht so einfach stehen lassen. Er muß ihnen ein Zeichen der bleibenden Zusammengehörigkeit und der Hoffnung geben. Als er sie so da stehen sieht, tun sie ihm leid. Sie wissen zu wenig von Gott, dem Vater. Keiner sagt ihnen, wie sie nichtig beten sollen. Keiner heilt die Kranken. Das Herz tut Jesus weh, als er die Leute sieht.

Sie sind wirklich wie Schafe, die keinen Hirten haben. Die Schriftgelehrten und Pharisäer waren solche Hirten nicht, sie verachteten das einfache Volk. Und von dem König Herodes hatten sie erst recht nichts Gutes zu erwarten.

Jesus spricht zu den Leuten und heilt ihre Kranken. Dabei merken sie gar nicht, wie schnell die Zeit vergeht. Langsam wird es schon Abend. Da gehen die Jünger zu Jesus und sagen“ „Es wird schon langsam Nacht. Schicke doch die Leute fort, denn sie werden Hunger haben. Hier in der Gegend aber ist es einsam und öde. Sie müssen in die Dörfer gehen, um sich etwas zu essen zu kaufen. Oder noch besser wäre, sie gingen gleich nach Hause!“

Jesus aber scheint gar nicht zu verstehen, was ihm die Jünger deutlich zu machen versuchen. Er sagt den erstaunten Jüngern: „Es ist gar nicht nötig, daß sie fortgehen. Gebt ihr ihnen doch zu essen!“ Jesus hat die Menschen in eine unangenehme Lage gebracht. Wenn sie aber noch schnell loslaufen, könnten sie sich noch in der Nähe Brot kaufen.

„Das ist doch auch nötig“, denken die Jünger. Sie haben doch nur früh ein kleines Frühstück gekriegt. Es wird höchste Zeit für eine richtige Mahlzeit. Aber ums Essen muß sich jeder selber kümmern. „Das geht Jesus nichts an“, denken die Jünger. Das ist eine weltliche Sache und hat mit dem eigentlichen Auftrag Jesu nichts zu tun.

Er hat nur Gottes Wort zu sagen.

Die Jünger sehen sich erstaunt an. Sie verstehen nicht, was Jesus meint. Jesus denkt offenbar gar nicht an eine Speise, die man in den umliegenden Dörfern holen könnte, sondern an das, was sie dabei haben. Sofort zählen sie den geringen Vorrat auf: „Wir haben hier nichts als fünf Brote und zwei Fische! Wie soll so etwas ausreicher unter so viele!“ Die Jünger können nicht glauben, daß man damit etwas anfangen kann.

Jesus aber will den Anspruch Gottes auf alle Bereiche des Lebens verkündigen. Auch die Brotfrage ist Gottes Sache. Sie sollen ihn aber nicht daran hindern, Gottes Wort zu verkündigen und die Kranken zu heilen. Die Jünger meinen: „Jetzt ist es erst einmal genug. Jetzt müssen wir uns erst einmal um das Essen kümmern!“ Aber Jesus macht ihnen deutlich: „Wer bei ihm ist, der hat an nichts einen Mangel. Jesus sorgt für alles.

Er sagt: „Bringt mir das Brot und die Fische her!“ Jetzt körnen die Jünger nichts mehr von sich aus tun, sie haben nur das zu tun, was Jesus ihnen sagt. Aber sie sind nicht nur Gesprächspartner Jesu, sondern sie haben einen wesentlichen Anteil an dem, was jetzt geschieht.

Zunächst befiehlt Jesus dem Volk: „Lagert euch alle hier im Gras!“ Dann nimmt er die fünf Brote und die Fische, sieht hinauf in den Himmel, spricht ein Dankgebet und bricht das Brot auseinander. So tat es immer der Vater in der Familie, wenn sie abends sich alle zum Abendessen versammelten. Nun ist Jesus der Hausvater für all diese vielen Menschen, der für sie sorgt und ihren alles gibt, was sie zum Leben brauchen. Jetzt sind die Menschen nicht mehr wie ein Schafherde ohne Hirten, sondern wie eine Gemeinde, die einen Gott hat und miteinander Gottesdienst hält.

 

Jesus gibt den Jüngern die Brote. Diese dürfen sie an die anderen weitergeben. Sie sind die Helfer Jesu. Sie gehen durch die Reihen und teilen das Brot aus. Jeder bekommt ein Stück, keiner geht vergessen. Sie essen alle davon und werden auch alle satt, Jesus sorgt schon dafür.

Es bleibt sogar noch etwas übrig. Als die Jünger die Brocken einsammeln, werden zwölf Körbe davor voll. Es hat also nicht jeder seinen Rest mitgenommen, sondern alle sollten sehen, wieviel noch übrig war. Dabei war es eine große Zahl von Leuten, die bei jenem Abendbrot dabei waren. Der Evangelist Matthäus spricht sogar

von 5.000 Männern ohne die Frauen und Kinder. Jesus hat für sie alle gesorgt, mit seinem Wort und mit seiner Tat.

 

Antwortgespräch:

In dieser Geschichte gibt es einige unglaubhafte Dinge:

1. Wie können die Leute eher am anderen Ufer sein als das Boot?

2. Wo sollen die Menschen herkommen bei nur 2000 Einwohnern in Kapernaum?

3. Wie soll Jesus zu 5.000 Menschen ohne Lautsprecher reden?

4. Wo kommt auf einmal grünes Gras in der Wüste her?

5. Wo kommen plötzlich die Körbe zur Einsammlung der Reste her?

6. Vor allem aber: Die ungeheure Vermehrung der Brotmenge!

 

Vor zwei Erklärungsversuchen sollten wir uns hüten:

a.) Kritische Fragen können wir nicht abschneiden mit der Behauptung: „Jesus kann das eben!“ Wir können dabei auch nicht auf das Wachsen in der Natur verweisen, wo ja jedes Jahr ein Samenkorn viele andere Körner hervorbringt; das natürliche Wachstum lebendiger Zellen ist doch etwas anderes als die Vermehrung toter Brotlaibe.

b.) Am Sinn der Geschichte geht auch folgender Erklärungsversuch vorbei: Das Beispiel der Jünger, von dem wenigen etwas abzugeben, habe ein Wunder in den Menschenherzen bewirkt; sie hätten nun auch ihre Beutel geöffnet und mit denen geteilt, die nichts hatten. Dann wäre alles also ein großes christliches Liebesmahl gewesen.

Es geht auch nicht um ein Märchen wie im „Tischlein-deck-dich“.

 

Es geht nicht um auserlesene Gerichte, sondern um ein übliches Abendbrot. Die Nahrung wird nicht ins Ungemessene vermehrt (wie in dem Märchen „Der süße Brei“). Jesus hat das Wunder nicht alle Tage wiederholt, sondern es ging um ein Zeichen für die Jünger! Außerdem ist Jesus keine erfundene Figur, sondern ein wirklicher Mensch. Jesus spricht keinen Zauberspruch, sondern ein Gebet. Das Wunder wird nicht beschrieben, das „Wie“ interessiert gar nicht.

Es handelt sich also um eine Bildgeschichte, die mit einem Märchen nichts zu tun hat. An sich kann man nur sagen: „Jesus hat viele Menschen erst gelehrt und dann mit wenig Brot gespeist!“Niemand konnte begreifen, daß sie alle satt wurden. Den Jüngern und anderen erschien das alles wie ein Wunder. Vielleicht hat Jesus bewußt in der Zeit vor dem Passahfest mit den Seinen ein gemeinsames feierliches Mahl gehalten, das für sie der Hinweis auf den Anbruch der Heilszeit sein sollte.

Hinter der Erzählung steht die Glaubenserfahrungen von mehreren Generationen der Urchristenheit: Der Herr nimmt sich auch der leiblichen Not der Gemeinde an, er wird auch mit der Macht des Hungers fertig. Der Hunger ist allerdings nur ein Beispiel für die Nöte, die die Menschen haben. Insofern ist die Erzählung nicht Abbild einer einmaligen Erfahrung, sondern Inbegriff vieler Erfahrungen.

Ob die Geschichte wirklich auf ein punktuelles Ereignis mit dem historischen Jesus zurückgeht, muß offen bleiben. Auf jeden Fall weist sie über ein vergangenes und punktuelles Geschehen hinaus. Sie greift nach dem Hörer von heute. Sie ruft ihn heraus aus seiner Angst ums tägliche Brot und fordert zum Dienst.

Auch heute gibt es viele Menschen, die Hunger haben. Jesus macht sie nicht satt ohne die Mithilfe der Jünger. So etwas wie die Aktion „Brot für die Welt“ ist unbedingt nötig.

Jesus ist der gute Hirte. Aber er ist der Heiland der Seele u n d des Leibes. Er hält die Seinen durch in ihrer inneren und äußeren Existenz und schenkt ihnen oft mit geringen Mitteln die Fülle.

Er gibt uns aber auch sein Wort in Religionsunterricht und Kindergottesdienst. Er hat uns jedesmal etwas Neues von Gott zu sagen, das ist heute vor allem seine Gabe an uns.

 

Bildbetrachtung:

Die Tischgemeinschaft hatte für die Menschen im Altertum eine große Bedeutung. Jesus hat sie nicht nur mit seinen Jüngern, sondern auch mit Zöllnern und Sündern gehalten. Sie hat die Menschen freigemacht von Bindungen, durch die sie bislang beherrscht wurden. Sie war Urbild für die engste Gemeinschaft und für die Freudenzeit des Messias.

Gerade bei Matthäus aber wird die Speisungsgeschichte nach der Art des späteren Herrenmahls dargestellt. Er gebraucht die gleichen Worte wie in der Erzählung vom letzten Abendmahl Jesu mit seinen Jüngern (Mt 26,26). Die Fische werden zwar zunächst erwähnt, aber sie werden nachher nicht mit ausgeteilt (entweder gehörten sie

nur zur normaler Abendmahlzeit und störten den Bezug auf das Herrenmahl. Oder sie wurden später eingefügt von einer Gemeinde, die zum Herrenwahl auch Fisch verwendete). Besonders stark werden die Jünger hervorgehoben: Sie waren es ja, die später das Herrenmahl ausgeteilt haben. Überhaupt erinnert die ganze Erzählung stark an den Ablauf des urchristlichen Gottesdienstes: Sammlung, Predigt, Mahlfeier, Entlassung.

Auf das Abendmahl weist auch der Linolschnitt von Sigrid Bauman-Senn hin: „Die Speisung der Fünftausend“. Der Mittelpunkt ist die helle Gestalt Christi, die sich deutlich von dem schwarzen Hintergrund abhebt. Er ist das Licht in der Finsternis. Die Jünger sind auf ihn ausgerichtet. Zu ihm hin und von ihm weg geht eine Bewegung von Geben, Nehmen und Weitergeben.

Die den Wartenden zugewandten Jünger: Zwei Jünger sind den Wartenden zugewandt. Sie stellen die Verbindung zwischen Christus und der erwartungsvollen Menschen her. Es führt eine Linie von den Händen Christi über die Hände der Jünger zu den verlangenden Händen der Menschen. Die Jünger geben das weiter, was sie empfangen haben.

Sie sind nicht nur fromme Konsumenten, die lediglich ihre eigenen religiösen Bedürfnisse befriedigen. Sie bleiben nicht lebenslang Flaschenkinder, sondern sie lassen sich senden und geben weiter. Mit der einen Hand geben sie weiter, aber mit der anderen nehmen sie Brot und Fisch aus der Hand Jesu.

Die Christus zugewandten Jünger: Merkwürdig starr stehen im Hintergrund vier weitere Jünger gestalten. Mit Augen und Armen sind sie ganz auf Christus ausgerichtet. Sie teilen Brot und Fisch nicht gleich aus, obwohl unten doch viele darauf warten. Die Geber sollen erst durch Jesu Hände gehen. Erst wenn er sie segnet, sind sie das,

was sie sein sollen. Das Brot ist nicht mehr nur gewöhnliches Brot, das der knurrende Magen sättigen könnte. In diesem Brot kommt Jesus selber zu den Menschen und macht „den ganzen Menschen satt und heil“ (Diese Jünger könnten übrigens auch die Jünger darstellen, die das Übriggebliebene wieder zurückbringen).

Die Warterden: Das untere Drittel des Bildes ist ausgefüllt von einer Menge wartender Menschen. Auch im Hintergrund sind Menschen zu erkennen. Erwartungsvolle Gesichter, ausgestreckte Hände sind nach oben gerichtet. Aber sie blicken nicht direkt auf Christus. Sie scheinen hungrig zu sein, obwohl sie wohlgenährt aussehen. Ihr Verlangen gilt der Gabe aus den Händen der Jünger, die aber mehr ist als ge­wöhn­liches Brot. Christus hat für alle etwas: die Rundung deutet die Erde an, Christus ist für alle Menschen gekommen. Jesus ist gekommen, um den Hunger der Menschen zu stillen. Aber er braucht dazu Mitarbeiter. Doch diese körnen nicht aus dem Eigenen geben. Sie müssen ihre Hände immer wieder falten und bitten, daß Christus die Gaben segnet. Hier wird das Wesen des Jüngerseins und des Christseins überhaupt dargestellt. Der Christ ist auch in seiner diakonischen Aktivität immer ganz gar Nehmender. Das ist immer die Ausgangsposition des Christen.

 

Tafelanschrift:

Die Speisung der Fünftausend

„Bist du Gottes Sohn, so sprich, daß diese Steine Brot werden!“

„”Der Mensch lebt nicht von Brot allein, sondern von einem jeden Wort,

das durch den Mund Gottes geht!“

Jesus gibt zuerst das Wort Gottes: Der Herr ist mein Hirte Ich bin der gute Hirte

Jesus gibt danach Speise,

nicht aus Steinen

sondern wirkliche Brote und Fische

nicht für sich selbst,  

sondern für die anderen (Erbarmen)

nicht aus eigener Macht,      

sondern durch das Dankgebet

 

 

Heilungswunder

 

Heilung eines Aussätzigen Lk 5,12-16 (Mt 8,1-4 und Mk 1,40-45)

Einstieg:

Wenn Kinder krank sind haben sie doch die Eltern, die sich um sie kümmern: Sie holen den Arzt und die Arznei, pflegen das Kind, beten mit ihm und für es. Aber so gut haben und hatten es die Kranken nicht immer. Was würdet ihr wohl sagen, wenn ihr krank im Bett liegt und die Nachbarn jagten euch aus der Wohnung hinaus und sagten: „Laß dich ja nicht wieder bei uns blicken!“So etwas gibt es noch bis heute, vor allem bei ansteckenden Krankheiten.

Zumindest war es so zur Zeit Jesu. Da konnte es vorkommen, daß ein Mann oder eine Frau plötzlich einen schlimmen Ausschlag bekamen, der nicht wieder wegging. Schließlich bildeten sich Geschwüre, die nicht wieder weggingen. Vor allem war die Krankheit stark ansteckend. Einen solchen Kranken durfte man nicht berühren, sonst konnte man die Krankheit auch kriegen.

Für uns hat eine eklige Krankheit, zum Beispiel ein Ausschlag, ja auch etwas Abstoßendes. Wenn ein Kind so etwas hat, dann will niemand neben ihm sitzen oder mit ihm spielen. Vielleicht wird es sogar noch verspottet. So ein Mensch wird oft alleingelassen.

Eine besonders schlimme Krankheit dieser Art war der Aussatz, der in manchen Ländern heute noch vorkommt, aber heute viel besser behandelt werden kann als früher. Man nennt diese Krankheit auch „Lepra“.

Dabei wachsen die Geschwüre so weit an, daß schließlich das Fleisch am Körper verfault und die Gliedmaßen nacheinander abfallen: erst die Finger und Zehen, dann Harde und Füße, usw. Und weil das so eine furchtbare Krankheit war, an der sich niemand anstecken wollte, vertrieb man die Kranken aus den Wohnstätten der anderen Menschen. Die Städte durften sie nicht betreten. Nur in der Nähe von Dörfern durften sie sich in eigenen kleinen Siedlungen aufhalten. Mitleidige Leute stellten ihnen Essen an den Weg, wo sie es sich dann holen konnten. Unter besonderen Vorsichtsmaßnahmen durften sie auch am Gottesdienst teilnehmen. Doch wenn ihnen auf der Straße gesunde Menschen entgegenkamen, dann mußten sie „ unrein, unrein“ rufen, um die anderen zu warnen.

Es ging dabei aber nicht nur um die Ansteckungsgefahr, sondern man sagte: „Er macht das Gottesvolk unrein. Er hat bestimmt Böses getan, und nun wird er von Gott dafür bestraft!“ Deshalb wurde er aus der Gemeinschaft des Gottesvolkes ausgestoßen. Er durfte kein Haus mehr betreten, weil er sonst alles in dem Haus „unrein“ gemacht hätte, so daß auch die Leute dort nicht mehr zum Gottesdienst gedurft hätten.

Ein Aussätziger war so gut wie ein Toter. Nur ganz selten wurde ein Aussätziger wieder gesund. Dann mußte er zum Priester gehen, der ihn dann für gesund erklärte. Das lag nicht nur daran, daß die Priester damals vielfach auch Ärzte waren, sondern vor allem sollte der Priester ja erklären, daß die böser Taten jenes Menschen nicht mehr zählen, daß Gott ihm vergeben hat und er auch in diesem Sinne wieder rein geworden ist. Heilung konnte im Grunde nur von Gott her kommen und wurde der Auferweckung eines Toten gleichgestellt. Wenn der Messias kommen sollte, dann würde er auch den Aussatz beseitigen, so sagte man.

So war der erhoffte Messias die einzige Hoffnung für die Leprakranken. Andernfalls konnten sie nur denken: Gott straft mich, er hat mich verlassen, ich kann nie wieder gesund werden. Mancher konnte auch gar nicht mehr beten, weil er dachte: Gott will ja doch nichts von mir wissen. Das war wohl das Allerschlimmste. Meist mußte dann so ein Kranker irgendwo allein in seiner Hütte oder Höhle sterben.

 

Erzählung:

in einer Stadt kommt ein Mann auf Jesus zu, der voller Aussatz ist. Irgendeiner mußte ihm von Jesus erzählt haben. Er soll schon Kranke geheilt haben. Manche sagen sogar, er sei der Messias, der alle Krankheiten beseitigen werde. Einst hatte ein Priester ihn für unrein erklärt. Nur ein Priester (oder noch besser: der Messias) konnte ihn wieder für rein erklären. Bisher hatte er fern von menschlichen Ansiedlungen gelebt. Aber nun wagt er sich in die Stadt, obwohl die Leute sicher mit ihm gezankt und ihn bedroht haben; aber es wagt sich ja keiner an ihn heran, weil die Krankheit so ansteckend ist. Er ruft nicht einmal „unrein, unrein“, sondern rennt geradewegs auf Jesus zu.

Jesus läuft nicht weg und schimpft auch nicht. Er weiß ja: Gott hat mich auch zu den Aussätzigen geschickt! Der Kranke wirft sich vor ihm nieder, so wie man sich sonst nur vor einem König niederwirft.

Er sagt: „Herr, wenn du willst, so kannst du mich rein machen!“ Er traut also Jesus zu, daß er all seiner Not ein Ende machen kann. Jesus ist in gleicher Weise traurig und zornig über die Macht, die die Krankheit über diesen Menschen hat. Er sieht das große Vertrauen dieses Menschen und denkt daran, daß er doch der Helfer der geplagten Menschen sein soll.

Da streckt Jesus die Hand aus, rührt damit sogar den Kranken an und sagt: „Ich will es tun, sei rein!“ Jesus zuckt nicht zurück, er hat keine Angst vor der Ansteckung, er will nur helfen. Die Jünger aber sind erschrocken. Sie haben Angst, ihr Herr könne sich auch anstecken. Vor allem aber denken sie daran, daß doch nur Gott selbst den Aussatz heilen kann. Wie kann Jesus etwas versprechen, was an sich nur Gott erfüllen kann? Ist er vielleicht doch der versprochene Messias?

Der Kranke aber merkt, wie die Krankheit von ihm weggeht. Er wird wieder rein. Nun könnte er wieder nach Hause gehen zu seiner Familie und sein altes Leben wieder aufnehmen. Am liebsten hätte er es allen Leuten erzählt. Aber Jesus will nicht, daß die Leute nur wegen solcher Taten an ihn glauben. Deshalb droht er dem Geheilten ganz ernsthaft: „Sage niemand etwas davon. Gehe aber und zeige dich dem Priester. Bringe auch das vorgeschriebene Opfer von zwei Tauben. Dann werden alle merken: Die Heilung kommt von Gott. Wenn der Priester dich für rein erklärt, dann bist du rein!“

Doch die anderen, die alles miterlebt haben, erzählen überall von dem Ereignis. Viele Leute kommen zusammen und wollen von Jesus hören und durch ihn gesund werden von ihren Krankheiten. Er konnte sich gar nicht mehr in der Stadt sehen lassen. So flieht Jesus in eine einsame Gegend, um dort beten zu können. Die Gemeinschaft mit seinem himmlischen Vater war ihm das Wichtigste. Bei allem Erfolg stellt er sich doch unter Gott. Es geht ihm nicht um die Zustimmung des Volkes, sondern um die Verbindung mit dem Vater.

 

Antwortgespräch:

Die Bitte des Aussätzigen um Reinigung zeigt seinen Glauben: „Jesus ist der Messias!“ Jesus bestätigt diesen Glauben durch Wort und Tat. Auch uns kann Jesus helfen. Er kann zum Beispiel helfen, daß aus einem bösen Kind ein richtiger Christ wird (Lied: Ein reines Herz). Doch es geht dabei um den Glauben und nicht um besondere Wundertaten. Er will die Menschen wieder zu richtigen Menschen machen, die in der Gemeinschaft der anderen sein dürfen, die aber auch mit Gott Gemeinschaft haben.

 

Reichenauer Buchmalerei: Jesus heilt einen Aussätzigen.

Ein Aussätziger - an seinen Flecken deutlich erkennbar - kommt auf Jesus zu. Er hat ein Horn umgehängt, um die Gesunden warnen zu können, weil er nicht mehr rufen kann. Die Krankheit zwingt ihn, so gebeugt zu gehen. Aber er verbeugt sich auch vor Jesus. Er streckt ihm die Hand entgegen wie zum Empfang einer Gabe.

Jesus ist größer dargestellt als die anderen, in einen Purpurmantel gehüllt, mit einem Lichtstrahl (Kreuznimbus) umgeben. Seine Hand scheint dem Aussätzigen etwas zu geben. In allem ist dargestellt: „Jesus ist der Messias!“ Hinter ihm stehen drei Jünger, die ihre Hände abwehrend gehoben haben, weil sie fürchten, daß der Aussätzige Jesus auch unrein macht.

Unten sehen wir den Geheilten, und den Priester im Tempel. Der Geheilte hat neue Kleider an und bringt eine Taube als Opfer. Vor Jesus hat er sich gebeugt. Aber hier steht er aufrecht, um Zeugnis abzulegen von Jesus, der ihn gesund gemacht hat. Der Priester hat auf dem Schoß ein dickes Buch, in dem das Gesetz des Mose steht mit seinen Bestimmungen über den Aussatz. Seine Hände deuten Verwunderung an über das, was der Geheilte sagt. Aber die Tatsache der Heilung läßt sich nicht leugnen. Und er kann auch nicht verhindern, daß der Geheilte bezeugt: Jesus ist der Messias.

 

 

 

Heilung des Gelähmten Mk 2,1 - 12 (Mt 9,1-8 und Lk 5,17-26)

 

Einstieg:

Wenn heute ein Wundertäter bei uns erschiene, dann würden ihm doch die Leute in Scharen rachlaufen. Denn alle haben sie Angst vor Krankheit und frühem Tod. Die Gesundheit ist auch wirklich ein hohes Gut, für das wir Gott nicht genug danken können. Viele Leute leben nur für ihre Gesundheit und bringen dafür alle Opfer und tun alles Mögliche. Viele sagen: „Gesundheit, das ist die Hauptsache!“ Wenn aber eine Krankheit kommt, dann sagt man umgekehrt: „Das ist das Schlimmste, das mir passieren konnte!“

Es gibt noch andere Dinge, bei denen wir meinen. das ist aber jetzt das Schlimmste, das mir passieren konnte:

1.) Eine junge Frau wird krank. Sie geht zum Arzt. Sie bekommt den Bescheid: schwer krank! Nur durch jahrelange Kuren ist eine Besserung des Leidens möglich. Die Frau kann sich damit nicht abfinden. Sie meint: „Das ist das Schlimmste, das mir passieren konnte!“.

2.) In einem Internat werden die Zimmer neu verteilt. Jeder hat dabei seine eigenen Wünsche. Ein Mädchen kommt mit niemandem zusammen, der sie bisher hat gut leiden können. Die anderen Mädchen sind ihr alle fremd. „Das ist das Schlimmste, das mir passieren konnte“, denkt sie und sagt sie ihrer besten Freundin.

3.) In einer Abschlußklasse sprechen sie darüber, welchen Beruf jeder ergreifen möchte. Viele suchen noch eine passende Lehrstelle. Ein Mädchen hat gerade den Bescheid gekriegt, daß nirgends eine Lehrstelle für sie frei ist. Es sind ihr aber andere Stellen angeboten worden, doch die möchte sie nicht. So sagt sie: „Das ist das Schlimmste, das mir passieren konnte!“

Krankheit und Tod, ein ungeliebter Beruf, kein Verständnis bei anderen, Zusammenleben mit unausstehlichen Leuten sind durchaus schon schlimme Dinge. Wir spüren, daß wir uns da allein nicht helfen können und an die Grenzen unseres Wollens      und Könnens stoßen.

Aber im Grunde ist das noch längst nicht das Schlimmste im Leben eines Menschen. Was das Zusammenleben der Menschen untereinander so schwer macht, das trennt uns auch von der Gemeinschaft mit Gott. In der Bibel wird dann von der „Sünde“ gesprochen, die uns von Gott trennt. Wir merken das auch, wenn uns eine solche Sünde drückt: Dann sind wir unsicher und bedrückt, wir wollen den Eltern aus dem

Weg gehen, kriegen vielleicht Bauchschmerzen und können nicht schlafen. Wir fühlen uns durchschaut und wissen nicht, wie wir da wieder heraus kommen sollen. Da hilft nur ein gutes Wort der Mutter oder des Vaters. Es führt dazu, daß wir unsere Schuld aussprechen und dann Vergebung erlangen. Dann wird einem wieder leichter ums Herz, wir merken, daß wir wieder angenommen werden.

So ist also nicht nur die äußere Gesundheit unseres Körpers notwendig, sondern auch die Gesundheit unserer Seele. Viel schlimmer als eine körperliche Krankheit ist eine innere Krankheit unserer Seele (die manchmal auch zu einer körperlicher Krank­heit führen kann).So hat es jedenfalls Jesus zum Ausdruck gebracht, als ihm einmal ein schwerkranker Mann vorgestellt wurde.

 

Erzählung:

Jesus hält sich wieder einmal in der Stadt Kapernaum am See Genezareth auf. Schnell verbreitet sich die Nachricht: „In dem kleinen Fischerhaus unten am See ist er!“ Viele Leute kommen gelaufen. Sie wollen etwas von Jesus hören. Manche kommen nur aus Neugier. Andere wollen Material gegen Jesus sammeln, damit sie ihn anklagen können. Immer mehr Leute drängen in das Haus und den Hof. Jesus stellt sich mehr nach der Tür zu, damit sie ihn drinnen und draußen hören können. Er erzählt ihnen von Gottes Liebe zu allen Menschen und von der Herrschaft, die er über die Welt aufrichten will.

Plötzlich entsteht Bewegung unter den Menschen. Eine Gruppe von Menschen nähert sich. Vier von ihnen tragen einen auf einer Trage. Die Leute kennen ihn. Er ist auch so gesund gewesen wie die anderen und hat als Fischer auf dem See gearbeitet. Aber dann wurde er krank, konnte seine Glieder nicht mehr bewegen und mußte seinen Beruf aufgeben. Seine Gelenke sind wohl verkalkt, so daß er am Ende gelähmt wurde.

Seit er krank geworden ist, geht es der Familie schlecht. Seine Frau muß zu anderen Leuten arbeiten gehen, kriegt aber nicht viel dafür. Es langt gerade noch so zum Leben. Aber neue Kleider können sie sich nicht kaufen. Und am Haus können sie auch nichts reparieren lassen. Es geht ihnen wirklich schlecht.

Aber noch schlimmer ist etwas anderes. Die Leute sagen nämlich: „Das ist die Strafe Gottes. Du bist nicht fromm genug gewesen, du hast die Gebote Gottes nicht gehalten. .Jetzt straft Gott dich dafür!“ Deswegen darf er auch nicht zum Gottesdienst gehen bzw. gebracht werden.

In der Tat: Manche böse Tat steht vor ihm. Er möchte sie gern vergessen. Aber Gott kann sie sicher nicht vergessen, denkt er. Manchmal sagt ihm eine böse Stimme: „Gott ist urgerecht. Solches Elend hast du nicht verdient! „ Er ist nicht nur getrennt von seinem Beruf und den Freuden des Lebens, sondern auch von Gott.

Aber er hat noch ein paar Freunde, Verwandte und Bekannte. Die bringen ihn nun zu Jesus. Aber bei dieser großen Menschenmenge gibt es kein Durchkommen. Nur ein Weg ist noch frei: über die Außentreppe auf das flache Dach hinauf. Dort hacken sie die Decke auf und lassen die Trage mit dem Kranken an Stricken ins Haus hinab. Der Kranke läßt das alles mit sich geschehen. Er landet direkt vor Jesus. So ist er also doch noch zu ihm gekommen.

Jesus begreift sofort, was die Männer wollen. Er sieht die außerordentliche Mühe, die sie sich mit dem Kranken gemacht haben. Er erkennt ihren Glauben und ihr Vertrauen. Sie wollen doch zum Ausdruck bringen: „Nur du, Jesus, kannst diesem Gelähmten helfen!“ Wer so zu ihm kommt, der muß Hilfe erfahren. Das ist doch wirklicher Glaube, wenn man in einer so handgreiflichen Not wirklich mit Gott rechnet.

Jesus sagt zu dem Kranken: „Mein Sohn‚ deine Sünden sind dir vergeben!“ Alles Unrecht, das dich von Gott trennt, ist weggewischt. Deine Schuld braucht dich nicht mehr zu belasten; sie ist durchgestrichen und du darfst ein neues Leben beginnen. Jetzt ist alles wieder gut, deine Not hat ein Ende! Du bist jetzt kein Ausgestoßener sein, sondern du darfst ein Kind Gottes sein.

Als Kind wird er ein Zuhause in der Familie Jesu finden. Gott ist es ja, der die Sünde vergibt. Er hat damit schon begonnen bzw. sie ist schon geschehen. Dadurch erst wird der Kranke ganz gesund werden können. Was nützt ihm denn die körperliche Heilung, wenn ihm die Sünde beleibt? Diese ist doch seine eigentliche Not, die sich unter anderem auch in der Krankheit zeigt. Die Krankheit ist nicht Folge einer bestimmten Sünde. Umgedreht ist die Vergebung nicht die Ursache der nachfolgenden Heilung. Aber beides hängt doch miteinander zusammen.

Die Umstehenden sind erstaunt über dieses Wort Jesu. Das hatte keiner erwartet. Vor allem die Schriftgelehrten sind empört. „Wie kann dieser Jesus so etwas sagen? Sünden darf doch nur Gott vergeben!“ Er lästert Gott! So denken sie im Stillen. Vor allem kritisieren sie an ihm: „Jesus greift doch damit Gott vor, der allein vergeben darf. Er spricht bedingungslos die Vergebung zu ohne vorherige Umkehr. Und er spricht einem Einzelnen die Vergebung zu, das ist zu speziell!“

Sie würden es noch gelten lassen, wenn Jesus nur den Kranken wieder gesund gemacht hätte. Aber Sünden vergeben, das darf keiner. Ob einem die Sünden vergeben sind, wird man erst erfahren, wenn man vor Gott steht. Wenn Jesus jetzt schon die Sündenvergebung gewährt, dann macht er sich zum Stellvertreter Gottes, und das ist Gotteslästerung.

Auch die anderen Zuschauer sind verwundert. Alles hätten sie erwartet, nur das nicht: Der Mann wollte doch gesund werden. Nun aber spricht Jesus von Gottes Liebe. Aber das bedrückte Gesicht des Kranken ist hell geworden. Die Gesundheit ist für ihn nicht mehr die Hauptsache. Seine Krankheit bedrückt ihn nicht mehr so wie vorher. Das schönste Geschenk hat er schon erhalten.

Jesus kann sich denken, was in seinen Gegnern vor sich geht. Da braucht man gar keine übernatürlichen Fähigkeiten zu haben, über die Wirkung seiner Worte mußte er sich im Klaren sein. Jetzt sagt er zu den Schriftgelehrten: „Was denkt ihr so etwas in eurem Inneren? Was ist leichter zu sagen zu so einem Gelähmten: ‚Dir sind deine Sünden vergeben!‘ oder: ‚Stehe auf, nimm dein Bett und gehe heim?“

Jesus selber hält die Heilung des Kranken für die leichtere Sache. Aber die Leute werden sagen: „Von Sündervergebung kann jeder reden. Das ist leicht gesagt. Das kann man ja nicht nachprüfen!“ Aber letztlich ist beides gleich schwer und für unser menschliches Verständnis gleich unwahrscheinlich. Für einen Menschen ist das eine so unwahrscheinlich wie das andere. Aber Gott kann beides tun. Er hat Jesus seine große Macht gegeben, auch beides zu tun. So kommt wieder in Ordnung, was in Un­ordnung geraten war.

Jesus wartet gar keine Antwort ab, sondern spricht weiter: „Ich will euch zeigen, daß ich der Auftrag habe, alles wieder gut zu machen. Ich bin für die Heilung der äußeren und der inneren Krankheit zuständig!“ Und zu dem Gelähmten spricht er: „Nimm dein Bett und geh nach Hause!“ Da steht der Mann auf, nimmt seine Trage und geht fort. Alle können es sehen: Er ist gesund geworden. Da sollen sie auch glauben können: Wenn Jesus ihn heilen kann und alle es sehen können, dann kann er auch Sünden vergeben, auch wenn man das nicht sehen kann.

Die Gottesherrschaft hat nicht erst mit der Heilung begonnen, sondern schon als er sagte: „Dir sind deine Sünder vergeben!“ Darauf kommt es eigentlich an: Jesus redet heute schon in 'der Kraft Gottes! Und dann geschieht etwas: Bei Gott die Vergebung der Sünden und auf der Erde die Heilung von einem unheilbarer Leiden.

Viele geraten außer sich und erschrecken, weil sie genau spüren: Hier hat Gott gehandelt. So etwas haben sie noch nie erlebt, das muß etwas mit Gott zu tun haben. Einige beginnen auch, Gott zu loben und zu preisen für das, was er getan hat.

 

Gespräch:

Jesus gebraucht das Wort „Sünde“ nur sehr selten. Daran könnten wir uns ein Beispiel nehmen, denn wir wissen oft gar nicht, was dieses Wort wirklich bedeutet. Haben wir wirklich schon erkannt, daß all unsere Nöte ihren tiefsten Grund in der Trennung von Gott haben? Aus manchen Nöten können wir uns selbst befreien; aber aus der Not der Sünde kann nur Jesus helfen.

Wir kennen alle die große Erleichterung, wenn Vater und Mutter uns wieder verziehen haben. Sie sind erst mit Recht sehr böse über uns gewesen. Aber weil sie die Eltern sind und uns liebhaben, lassen sie es doch wieder gut sein. Ob Gott auch so schnell zur Vergebung bereit sein wird? Jesus will es uns gewiß machen!

Ob der Gelähmte wirklich das alles auch erkannt hat und gerettet wurde? Er hat ja nicht um die Vergebung der Sünde gebeten. Es ist nicht einmal die Rede davon, daß er selber auch an Jesus geglaubt und ihm vertraut hat (nur vom Glauben der Träger ist die Rede!).

Nachher geht er ohne ein Wort des Dankes fort. Ob ihm nur die Heilung wichtig war? Aber geschenkt worden war sie ihm doch zur Befestigung seines Glaubens.

Die Schriftgelehrten scheinen diesen Widerspruch auch zu spüren. Sie widersprechen Jesus, weil sie nicht erkennen, daß in Jesus die Zeit des Messias angebrochen ist. Theoretisch wissen sie genau Bescheid über alles. Aber als er vor ihrer Augen seine Macht zeigt, können sie es nicht glauben. Jesus hat auch ihnen in jeder Hinsieht helfen wollen. Aber sie beginnen, ihn zu kritisieren:

1.) Du greifst dem Handeln Gottes vor, denn erst vor Gottes Thron erfährt man, ob einem vergeben worden ist, nicht eher.

2.) Du stellst keine Bedingungen für die Vergebung, verlangst keine Opfer, Gelübde und Almosen, überhaupt keine Erfüllung des Gesetzes

3.) Du sprichst die Vergebung dem Einzelnen zu, obwohl es doch nur die Vergebung für das Volks als Ganzes gibt

4.) Du verstehst unter Sünde nicht eine einzelne böse Tat, sondern eine Last, die auf dem ganzen Menschen liegt und die er nicht selber beseitigen kann, sondern die nur Gott ihm wegnehmen kann.

Die Erzählung von der Heilung des Gelähmten ist wie alle Geschichten in den Evangelien eine Predigt. Sicherlich geht sie auf ein tatsächliches Ereignis mit Jesus zurück. Aber ihre jetzige Form hat die Geschichte in der späteren Gemeinde erhalten.

Petrus hatte zum Beispiel an Pfingsten in seiner Predigt gesagt: „Jeder lasse sich taufen auf den Namen Jesu Christi zur Vergebung seiner Sünden!“ Dann waren auch Leute gekommen und hatten flehentlich gesagt: „Ein reines Herz, Herr, schaff in mir, schließ zu der Sünde Tor und Tür!“

Zu ihnen sagt Petrus: „Wenn ihr den Namen Jesu anruft, dann darf jeder von euch hören: Gott hat dich lieb! Gott vergibt dir die Schuld!“ Da wurden sie wieder froh.

Die Schriftgelehrten aber wurden zornig und schimpften: „Das könnt ihr den Leuten nicht versprechen. Nur Gott kann Sünden vergeben. Auch euer Jesus hat solche Macht nicht gehabt!“

Da haben die Apostel dann Zeugnis abgelegt von der Macht Jesu. Sie haben gepredigt über das Wort Jesu: „Mir ist gegeben alle Gewalt im Himmel und auf Erden!“ Manchmal erzählten sie dabei auch jene Geschichte von der Heilung des Gelähmten, die in den Evangelien gleich dreimal überliefert ist. Eine solche Geschichte ließ sich besser merken als eine Predigt; aber sie ist selber auch eine Predigt.

Während Markus nur von der Vollmacht Jesu spricht, erwähnt Matthäus am Schluß auch die Vollmacht, die Jesus seinen Jüngern gegeben hat. Sie haben ja nach Jesu Tod seine Taten fortgeführt: Sie haben Kranke geheilt und die Vergebung der Sünden zugesprochen.

Auch heute geschieht das noch in der Kirche, daß wir aus dem Mund eines Menschen hören dürfen: „Dir sind deine Sünden vergeben, Gott ist dir wieder gut!“ Das geschieht in jedem Beichtgottesdienst, aber auch wenn ein Einzelner etwa zum Pfarrer kommt, seine Sünden bekennt und die Vergebung der Sünden zugesprochen bekommt. Solche Macht hat Gott den Menschen gegeben. In seinem Auftrag dürfen sie solche wichtigen Dinge mitteilen. So wie Gott seinem Sohn Vollmacht gegeben hat, den Freispruch zu verkünden so tun es nunmehr unter Nennung seines Namens die, die zu ihm gehören.

Den Streit Jesu mit den Schriftgelehrten hatte die Gemeinde Jesu später genauso zu führen. Jene Tat Jesu half ihr, das Recht zur Sündenvergebung zu begründen. Die Geschichte ist ein Dokument des urchristlichen Glaubens, der sich auf Jesus beruft, wenn er die Vergebung ausspricht.

Heute begegnet uns die Vergebung Gottes

im Gottesdienst durch das Wort

 im Abendmahl durch die Zeichen

 im täglichen Miteinander durch die gegenseitige Vergebung.

In Matthäus 11 fragt Johannes der Täufer bei Jesus an, ob er der erwartete Messias sei. Jesus antwortet ihm: „Blinde sehen, Lahme gehen, Aussätzige werden rein und Tote stehen auf, und den Armen wird das Evangelium verkündet!“ Das Evangelium war vor allem auch die Botschaft von der Vergebung. Jesus hat beides gebracht: Heilung und Heil. Auch für uns heute gehört beides zusammen.

 

Vergleich der Markusvorlage mit der Matthäusfassung:

Nachdem in der einen Stunde die Geschichte nach Markus erzählt wurde, liest nun zu Beginn der nächsten Stunde der Lehrer die gleiche Geschichte aus der Bibel vor,

allerdings in der Matthäusfassung. Dies wird aber vorerst nicht gesagt, sondern der Lehrer unterbricht sich wiederholt beim Lesen und sagt: „Wo steht denn das mit dem Haus, das hier spielt doch auf der Straße?“ oder „Sind sie denn nicht auf das Dach

gestiegen?“ oder „Von dem 'Sei getrost' haben wir doch gar nichts gehört!“

Der Lehrer zeigt schließlich sein Neues Testament den Schülern vor, damit diese das Rätsel lösen können. Sie stellen dann (hoffentlich) fest, daß nicht „Markus“ über der Seite steht, sondern „Matthäus“. Dann wird gesucht, wo die Geschichte bei Markus steht.

Wir stellen fest: Das Neue Testament hat den Text gleich zweimal in zwei Evangelienbüchern (Lukas wird nicht erwähnt). Beide Erzählungen weichen etwas voneinander ab. Das ist nicht verwunderlich. Wenn sich irgendwo ein Verkehrsunfall ereignet hat und die Polizei befragt die Zeugen, dann kommt es auch oft zu widersprüchlichen Aussagen. Jeder hat auf etwas anderes geachtet, jedem ist etwas anderes wichtig gewesen.

Wir wissen auch alle, daß eine Aussage schnell interessengefärbt ist. Wenn einer selber an dem Unfall schuld war, wird er ihn anders darstellen als der Geschädigte. Was man nicht wahrhaben will, blendet man ab. Was den eigenen Wünschen entgegenkommt, wird dagegen groß herausgestrichen.

Wenn eine Familie etwa ein Auto kaufen will, dann haben die einzelnen Familienmitglieder auch unterschiedliche Fragen und Wünsche: Der elfjährige Andreas interessiert sich für Spitzengeschwindigkeit, Motor, Art des Antriebs, Parkleuchten usw. Die Mutter möchte alles wissen über Farbe, Federung, Polsterung, große Scheiben, Autoradio, Kofferraum. Der Vater wird nach Lebensdauer, Benzinverbrauch und Preis fragen. Wenn sie dann nach Hause kommen und der Oma erzählen, wird jeder etwas anderes wissen, obwohl sie doch alle von dem gleichen Auto erzählen.

So wird auch im Neuen Testament das gleiche Ereignis unterschiedlich dargestellt. In diesem Fall wird uns vielleicht die Markusfassung besser gefallen. Aber vielleicht gefällt uns auch an der Art des Matthäus das eine oder andere. Wir wollen einmal die beiden Geschichten nebeneinander halten und genau vergleichen, um so hinter die Eigenart der beiden Evangelisten zu kommen.

Zunächst ist auf den Zusammenhang zu achten: Matthäus stellt die drei Streitgespräche in Matthäus 9 zwischen zwei große Blöcken, die Jesus als Gebieter über Sturm und Dämonen und nachher als Herrn über Krankheit und Tod zeigen. In dem Mittelteil ist nicht die Heilung des Gelähmten, sondern der Zuspruch der Sündenvergebung das eigentliche Anliegen.

Es geht um Fragen der Lehre und des Rechts und die Auseinandersetzung mit der Schriftgelehrten. Markus hat solche scharfen Gegensätze nicht. Vor allem folgt nicht urmittelbar eine ausgesprochen sichtbare Tat Jesu. Bei ihm stehen Sündenvergebung und Krankenheilung stärker nebeneinander, mehr im Gleichgewicht.

 

 

 

Nach Matthäus (V.1) kehrt Jesus in „seine eigene Stadt“ zurück. Dort ist er zu Hause, dort hat er Bürgerrecht. Matthäus ist mit den Verhältnissen im Lande vertraut und kann deshalb so schreiben. Klar ist ihm und seiner Lesern, daß damit nur Kapernaum gemeint sein kann. Markus ist nicht so landeskundig und erwähnt deshalb extra der Namen der Stadt, nämlich Kapernaum.

Doch gerade diese Stadt wird in Matthäus 11,25-24 von Jesus verdammt, weil sie nicht auf die großen Taten Jesu geachtet hat, die in ihren Mauern geschehen sind. Es gab zwar auch einige Glaubende in ihr, wie gerade diese Geschichte zeigt. Aber das wird ihr nicht angerechnet. Viel schwerer wiegt, daß es auch in dieser Stadt manche Schriftgelehrten gab, die Material für ein Todesurteil gegen Jesus zusam­menzutragen halfen. insofern ist Kaperraum ein galiläisches Gegenstück zu Jerusalem.

Bei Matthäus ereignet sich alles am Wege. Jesus kehrt vor einer Überfahrt zurück und ist auf dem Wege in die Stadt. Die einzelnen Gruppen von Menschen kommen (allerdings schnell nacheinander) hinzu( Krankenträger, Schriftgelehrte, Leute). Es fehlt die Predigt Jesu und vor allem die interessante Einzelheit mit dem Aufgraben des Daches (Matthäus ist also der erste Kritiker dieser Geschichte mit dem Dach). Auf den Kranken wird keine ungewöhnliche Aufmerksamkeit gelenkt, er ist nur der Anlaß für ein Lehrgespräch. Das Eingangsstück wird zu einer knappen Einleitung, nicht einmal die Zahl der Träger wird genannt.

Das Wort Jesu an den Kranken lautet bei beiden Evangelisten gleich: „Mein Sohn, dir sind deine Sünden vergeben!“ Aber Matthäus setzt noch davor: „Sei getrost!“ Dieses Wort findet sich noch bei der Heilung der blutflüssigen Frau (Mt 9,22) und als Zuruf an die Jünger, die in Seenot geraten sind (Mt 14,27). Markus hat diesen Zuruf nur als Wort der Volksmenge an den blinden Bartimäus (Mk 10,49). Matthäus läßt es in dieser Geschichte aus, so daß dieses Wort nur im Munde Jesu vorkommt.

Dieses Wort richtet sich nicht eigentlich an Kranke, sondern es unterstreicht die Vollmacht Jesu zur Sündenvergebung. Wo es um die Lossprechung von Sünden geht, da hat Matthäus mehr geschrieben als Markus, darauf kommt es ihm also an; er ist seelsorgerlicher und innerlicher.

Der Vers 3 beginnt wie Vers 2 mit „Und siehe“. Dadurch werden die beiden Gruppen der Hilfsbedürftigen und der Ankläger scharf gegeneinander gestellt. Matthäus führt nur die mittlere Anklage des Markus an, die schwerste im Volk Israel mögliche Anklage: „Dieser lästert Gott!“ Auch die Antwort Jesu ist schärfer. Bei Markus bleibt offen, ob die Schriftgelehrten sich nicht doch noch eines Besseren belehren lassen. Bei Matthäus aber sieht Jesus, daß die Schriftgelehrten Böses in ihrem Herzen planen; sie haben den Beschluß gefaßt, den Gotteslästerer zu beseitigen. Sie sind Feinde Jesu, die satanischen Mächten zum Opfer gefallen sind.

Jesus fragt knapper und bedrängt seine Gegner stärker. In Vers 5 hat Matthäus gekürzt und sowohl „dem Gelähmten“ als auch „nimm dein Bett“ ausgelassen. In Vers 6 stellt er „auf Erden“ voran, um zu betonen: Die Vergebung der Sünden ist nicht erst der Entscheidung eines künftigen Gerichts vorbehalten. Das Recht der Gemeinde, die Sündenvergebung zuzusprechen, wird damit unterstrichen.

Der Abschluß der Geschichte ist bei Matthäus anders. Es tritt noch einmal eine neue Gruppe auf, das „Volk“. Diese allein „fürchten“ sich, die Schriftgelehrten haben sich auf jeden Fall dem Gotteslob entzogen. Markus bleibt im alltäglichen Bereich, es geht nur um die Heilung, denn mehr haben die Leute ja nicht gesehen. Bei Matthäus aber sagen die Leute etwas von geistlichem Gewicht, sie preisen Gott, der seiner Gemeinde die Vollmacht gegeben hat, die Sünden zu vergeben. Während Markus ausführlicher ist und gewissermaßen ein Bild malt, ist Matthäus kürzer und theologischer, hat mehr die Kirche im Blick. Beide wollen aber das Gleiche erzählen, nur jeder etwas anders.

 

 

 

Heilung des fallsüchtigen Knaben Mk 9,14 - 27 (Mt 17,14-21 und Lk 9,37-43)

 

Hinführung:

Es gibt Krankheiten, da kann kein Mensch helfen. Da stehen auch die Ärzte machtlos am Krankenbett und sind mit ihrer Kunst am Ende. Besonders schwer ist es auch für die Familienangehörigen, die das alles mit ansehen müssen und bestenfalls der Kran­kenpfleger können und ihm das Leben so angenehm wie möglich machen. Wie Jesus aber handelt, wenn er auf einen kranken Menschen trifft, davon wollen wir heute hören.

 

Erzählung:

Jesus hat seine Jünger für kurze Zeit allein gelassen. Als er wieder zu ihnen kommt, steht eine große Menschenmenge um die Jünger herum. Die Leute streiten mit den Jüngern. Vor allem die Schriftgelehrten führen das große Wort.

Sie scheinen sich über Jesus zu streiten. Offenbar haben die Schriftgelehrten Jesus kritisiert; sie stehen ja immer feindselig zu Jesus, auch wenn sie letztlich nichts gegen Ihn auszurichten vermögen. Sie trauen Jesus nicht zu, daß er Macht vor Gott hat.

Aber als Jesus kommt, ändert sich die Lage schlagartig. Er will gar nicht wissen, worüber man streitet, er läßt sich nicht zum Gegenstand der Diskussion machen. Wenn er kommt, dann muß aller Streit verstummen. Er wird die Spannung lösen können, die durch das Für und Wider der Meinungen entstanden ist.

Die Leute wenden sich ihm zu. Sie sind voll Freude und grüßen ihn. Eben noch haben sie an ihm gezweifelt, jetzt behandeln sie ihn wie einen König. Das Volk ist halt immer wankelmütig und leicht entflammbar und läßt sich bald von dem und bald von dem beeinflussen, sie haben keine feste Meinung.

Jesus fragt die Leute: „Was streitet ihr euch mit meinen Jüngern?“ Er will gar nicht der Inhalt des Streitgesprächs erfahren, sondern seine Ursache. Es meldet sich einer, der die ganze Sache erst ausgelöst hat. Er sagt: „Meister, ich habe meinen Sohn hergebracht zu dir. Er hat einen sprachlosen Geist. Und wo er ihn erwischt, da reißt er ihn hin und her. Er schäumt und knirscht mit den Zähnen und wird starr!“

Der Junge hat eine Krankheit, die wir „Epilepsie“ nennen oder auch „Fallsucht“. Diese kann leichter oder schwerer auftreten, aber sie ist nicht heilbar. Heute kann man durch Medikamente höchstens die Schwere der Krankheit etwas dämpfen. Früher führte man diese Krankheit auf einen bösen Geist zurück. Wenn man diesen durch einen mächtigen Befehl nötigen kann, aus dem Menschen auszufahren, dann wird er auch wieder gesund. So dachte man damals.

Der Vater hat sich zunächst an die Jünger gewandt, weil er Jesus nicht antraf. Ein Schüler hat ja die Macht seines Meisters, dachte man damals; und an der Macht des Schülers kann man auch die Macht des Meisters ablesen. Aber mit diesem Fall werden die Jünger nicht fertig, der böse Geist ist zu stark für sie.

Ein solcher Versager ist aber auch für den Meister bedenklich. Ein solches Versagen fällt auch auf den Meister zurück. Der Vater des Jungen ist offenbar auch in seinem Vertrauen zu Jesus erschüttert worden: Er schildert Jesus nur die Situation, bittet ihn aber nicht um Hilfe.

Auch die Schriftgelehrten nutzen die Gelegenheit sofort aus. Sie sagen: „Euer Meister behauptet, ein Herr über Krankheit und Tod zu sein!“ Viele Menschen trauen ihm große Kraft zu und halten ihn wohl gar für den Messias. Aber wenn er fort ist, können seine Jünger nichts tun. Wer weiß, ob er nicht selber in diesem Fall auch ohnmächtig ist! Jetzt sind alle gespannt, was Jesus vermag. Sie wollen sehen, ob er mehr kann als seine Jünger.

Jesus antwortet auf die Klage des Vaters ebenfalls mit einer Klage. Er sagt: „Ihr ungläubigen Menschen! Wie lange soll ich bei euch sein Wie lange soll ich euch noch ertragen?“ Er meint damit nicht direkt die Jünger und auch nicht die umstehenden Leute, denn die hatten ja noch keine Gelegenheit, ihren Glauben zu beweisen. Jesus spricht hier ganz allgemein und gibt einem schon längeren Ärger Ausdruck. Jesus kommt aus einer anderen Welt und geht in eine andere Welt. Nur für kurze Zeit befindet er sich auf der Erde. Von den Menschen dort ist er innerlich tief geschieden. Nun ist er es müde, noch länger unter diesem glaubenslosen Volk zu leben. Er hält es nur noch bei ihnen aus, weil das Gottes Wille ist. Und er will helfen, wo er nur helfen kann.

Jesus sagt: „Bringt den Jungen her zu mir!“ Er wird gebracht. Da ist es, als erkenne der böse Geist seinen Gegner. Vor den Augen aller zeigt er noch einmal seine ganze Macht. Der Kranke bekommt erneut einen Anfall: Er stürzt zu Boden, schlägt um sich, Schaum tritt ihm vor den Mund, er wälzt sich hin und her.

Jetzt können es alle sehen, was das für eine schlimme Krankheit ist. Jetzt ist es noch schwerer, an eine Heilung zu glauben. Aber Jesus bleibt ganz ruhig. Wie ein Arzt fragt er nach der Dauer der Krankheit. Der Vater sagt: „Das hat er schon von Kind an!“ Dadurch wird die Schwere der Krankheit noch deutlicher und das Versagen der Jünger erklärlich.

Der Vater macht sogar noch deutlich, daß die Krankheit lebensgefährlich ist: „Oft hat der böse Geist den Jungen schon ins Feuer oder ins Wasser geworfen, um ihn um­zubringen. Unsre ganze Familie ist dauernd in Angst und Sorge deswegen. Wenn du etwas kannst, dann erbarme dich über uns und hilf uns!“ Es ist nicht ganz deutlich, ob der Vater an Jesus zweifelt oder ob er voraussetzt, daß Jesus wirklich helfen kann. Aber er scheint doch ein gewisses Vertrauen zu Jesus zu gewinnen. Seine Bitte ist schon ein erster Schritt aus der Not heraus. Er beginnt zu ahnen, daß nicht menschliche Kunst, sondern nur göttliches Erbarmen helfen kann.

Jesus greift die Worte des Vaters auf, wendet sie aber anders: „Alles kann, wer glaubt!“ Jesus selber ist der Glaubende. Er will auch den Vater zu einem ganzen Glauben führen. Er will ihm sagen: „Glaube doch, daß ich alles vermag, auch deinen Sohn zu heilen. Glaube an mich, so wird dir geholfen!“

Da schreit der Vater auf: „Ich glaube, hilf meinem Unglauben!“ Seine Not ist nicht nur die Krankheit des Sohnes, sondern es kommt dazu, daß er selber zwischen Glaube und Unglaube hin und her gerissen wird. Nun soll er aber doch glauben, sonst kann sein Sohn nicht gesund werden. Das ist seine besondere Not. Er möchte glauben; und doch ist er immer noch gebannt von der Macht der bösen Geister. Erst muß diesem Vater geholfen werden.

Jesus hilft diesem Mann zum Glauben. Er macht ihm sein Versagen deutlich. Aber er hilft ihm auch aus der Not heraus. Der Vater kann den Glauben nicht selber hervorbringen, aber Jesus schenkt ihn ihm. Nun kann auch der zweite Schritt der Hilfe erfolgen. Jesus hat mit dem Vater etwas abseits von den Leuten gesprochen. Als der Mann aufschreit, kommen die anderen herbeigelaufen.

Jesus sagt: „Du sprachloser und unsauberer Geist. Ich gebiete dir, daß du von ihm ausfährst und nicht wieder in ihn hineinkommst!“ er läßt sich also gar nicht weiter mit dem Geist ein, sondern betrachtet ihn als erledigt. Ein letztes Mal übt er noch einmal seine Macht aus, dann muß er weichen: Er schreit und reißt den Kranken noch einmal hin und her, dann ist Ruhe.

Die Leute denken: Jetzt ist er tot! Sie wollen schon auseinandergehen. Aber Jesus richtet den Kranken auf, und er ist gesund. Die Lebenskraft Jesu strömt in ihn ein und er lebt wieder. Jesus hat den Sieg errungen.

Als Jesus wieder mit seinen Jüngern allein ist, fragen sie ihr: „Warum konnten wir die Krankheit nicht vertreiben?“ Da merkt Jesus, daß sie immer noch nichts gelernt haben. Er sagt: „Alles Böse, das uns Angst und Not macht, kann nur von Gott vertrieben werden. Deshalb hilft nur, sich auf Gott verlassen und zu ihm zu beten. Solche bösen Geister und Krankheiten kann man nur durch Gebet austreiben. Heilen kann nur, wer wirklich beten kann!“

 

Gespräch:

Die Frage der Jünger ist auch unsere Frage. Wir erfahren doch auch oft, daß wir nichts vermögen, gerade wenn es um Krankheit geht. Wir möchten manchmal gern glauben, können es aber nicht. Was hindert uns aber, Jesus volles Vertrauen ent­gegenzubringen? Sind es die „Verhältnisse“, sind es die Menschen, sind wir selber es? Wir werden doch auch mit dem Unheil in der Welt (Mißtrauen, Hetze, Alkohol, Hunger, Krieg, Rüstung) genausowenig fertig wie die Jünger.

Aber es wäre Unglaube, wenn wir aus eigener Kraft Abhilfe schaffen wollten. Viele wollen es auch einmal mit der Religion versuchen, schaden kann das nichts. Aber mit einer Tat Jesu, die wirklich alles verändert, rechnet so richtig keiner.

Enttäuschung, Verzweiflung und Angst können nur überwunden werden durch den Glauben. Die Schriftgelehrten lehnen Jesus ganz ab und zeigen nur Unglauben. Das Volk schwankt hin und her und weiß noch nicht, ob es glauben soll. Die Jünger glauben nicht genug und haben nur einen Kleinglauben. Vor dem Vater des Jungen aber fordert Jesus der Glauben, der sich voll und ganz und ohne alle Zweifel auf Jesus verläßt. Solcher Glaube kann auch das kranke Kind mittragen.

Allerdings gibt es beim Glauben auch Höhen und Tiefen. Er muß also ständig gefestigt werden. Wir können im Kampf gegen das Böse nur in jeder Situation standhalten, wenn wir uns ganz auf Gott verlassen. Wenn wir im Gebet die Verbindung zu Gott halten, wächst der Glaube. Ob wir einem Menschen vertrauen können, merken wir oft, wenn wir mit ihm reden. Wenn wir mit Gott reden, merken wir, daß wir ihm die Rettung zutrauen können.

Der Glaube ist allerdings kein Werk, das wir selbst vollbringen könnten. Jesus tritt an die Stelle des fehlenden Glaubens, er hilft uns zum vollen Glauben. Manchmal kann auch ein anderer Mensch uns Hilfe geben. Aus seinen besseren Erfahrungen heraus kann er uns zum Beten und zum Glauben helfen.

Umgekehrt sollen auch wir anderen helfen. Wenn einer allerdings unter einer Krankheit leidet, ist das oft schwer. Man kann ihm doch nicht einfach sagen: „Du wirst wieder gesund!“ Aber man kann ihm helfen, innerlich damit fertigzuwerden, damit die Krankheit nicht zur Katastrophe wird.

Das Gebet macht das Handeln nicht überflüssig. Bei einer Krankheit geht man natürlich auch zum Arzt. Das Beten aber ist damit nicht überflüssig. Es kann uns davor bewahren, daß Krankheit und Tod uns wie dämonische Mächte überfallen und die Familie zerrütten.

Wir können auch rein äußerlich etwas machen. Es werden Krankenhäuser und Heime gebaut. Dafür werden Menschen gebraucht, die bereit sind, andere zu pflegen. Andere tun das auch. Wir müßten uns fragen: Welchen eigenen Beitrag leisten wir als Christen? Liegt er nur darin, daß wir auch die Hände falten?

 

Heilung eines Taubstummen Mk 7, 32 - 37 (Mt 15,29-31)

 

Hinführung:

Wir spielen „Stille Post“: Einer sagt seinem Nachbarn leise einen kurzen Satz ins Ohr, und der sagt ihn wiederum seinem Nachbarn und so weiter bis zum Letzten. Dann sind alle gespannt, ob der Satz auch nichtig angekommen ist.

Es ist schlecht, wenn man nicht nichtig hören kann. Wenn Opa oder Oma schlecht hören, dann kann man sich schlecht mit ihnen verständigen und sie können schlecht an einem Gespräch der anderen teilnehmen. Noch schlimmer aber ist es, wenn einer überhaupt nichts mehr hören kann, wenn er ganz taub ist.

Tun gibt es aber Menschen, die sind von Kind an taub gewesen. Sie haben nie die Sprache ihrer Eltern oder anderen Menschen hören können. Deshalb haben sie die Sprache auch nicht lernen können. Sie sind dann nicht nur taub, sondern auch stumm; oder wir sagen auch: Sie sind taubstumm.

In einem Film wurde das einmal dargestellt: Ein Vater ließ aus Versehen einen ganzen Stoß Teller fallen. Aber das kleine Kind in der Nähe rührte sich nicht, sondern spielte selbstvergessen weiter, weil es nichts gehört hatte. Solche Kinder müssen dann in ein Heim und sollen versuchen, dennoch unsere Sprache zu lernen. Mit viel Geduld und Mühe gelingt das dann, aber die Aussprache ist doch unnatürlich, weil diese Kinder nie die nichtige Sprache haben hören können. Meist lernen sie auch die Zeichensprache, um sich untereinander verständigen zu können.

Solche Menschen haben es besonders schwer. Es ist sehr umständlich, ihnen etwas zu erklären. Wie will man ihnen zum Beispiel erklären, wer Gott ist? Aber sie sollen auch etwas von Gott erfahren. Zur Zeit Jesu war es noch schlim­mer mit diesen Menschen. Man sagte: „Ihre Krankheit ist eine Strafe Gottes; deswegen wurden sie verachtet und durften auch nicht zum Gottesdienst.

An der Flanellwand legen wir einen Kreis von Menschen (alle in einer Farbe), und außerhalb dieses Kreises steht ein einzelner Mensch (in einer anderer Farbe); bei ihm ist ein großes durchgestrichenes Ohr und ein durchgestrichener Mund (das Bild wird am Schluß der Stunde noch einmal aufgenommen).

                                  

Erzählung:

Als Jesus noch mit seinen Jüngern durch sein Land zog, da kam er in viele Städte und Dörfer und auch in das Nachbarland. Dort leben Heiden, die nichts von Gott wissen, wenn sie auch eine hohe Bildung und Kultur haben. Ein frommer Jude ging da nicht hin, denn die Juden verachteten die Heiden und wollten nichts mit ihnen zu

tun haben. Ob die Menschen wohl dort auf Jesus hören würden, ob sie ihn gebrauchen können?

Jedenfalls erzählt Jesus ihnen vor Gott. Es war so wie immer: Einige hörten auf ihn, andere wieder nicht. Mancher paßte das nicht, was er tat. Er besuchte zum Beispiel diejenigen, mit denen keiner etwas zu tun haben wollte. Er sagte oft: „Habt auch die lieb, die euch unangenehm sind!“

Aber einer ist da, der kann nicht hören, was Jesus sagt: Er ist taubstumm und kann nicht hören und nicht sprechen. Seine Familienangehörigen aber haben gehört, daß Jesus schon kranken Menschen geholfen hat. Da überlegen sie nicht lange: Sie nehmen den Taubstummen an der Hand und bringen ihn zu Jesus. Sie bitten Jesus: „Heile ihn doch, damit er hören und sprechen kann!“ Jesus brauchte ja nur die Hand auf ihn zu legen, da würde es schon anders mit ihm werden.

Der Taubstumme versteht nicht, was man mit ihm vorhat; er läßt aber alles mit sich geschehen. Erwartungsvoll blicken alle auf Jesus. Er schickt den Kranken nicht fort, wie die Ärzte es so oft getan haben. Er nimmt der Taubstummen beiseite, weil nicht alle mitkriegen sollen, was jetzt geschieht. Was jetzt geschieht, geht nur ihn und den Kranken an, niemand soll sie stören können. Jesus möchte auch nicht, daß man ihn für einen Wunderdoktor hält. Gewiß kann er Wunder tun; aber die Leute sollen nicht deswegen an ihn glauben. Außerdem könnten sie denken: Jesus ist auch nur so ein Wunderdoktor wie mancher andere auch, er macht so ein bißchen Hokuspokus, um damit hat sich's. Aber darum geht es gar nicht so sehr, Jesus will ja etwas anderes erreichen.

Der Taubstumme sieht Jesus mit erwartungsvollen Augen an. Er spürt ganz deutlich: Hier ist einer, der hat mich lieb, zu dem darf ich Vertrauen haben, hier werde ich nicht verachtet. Aber Jesus kann sich ihm ja nicht verständlich machen. Er muß etwas tun, das der Taubstumme versteht, auch ohne Worte. Da steckt er ihm die Finger in die Ohren und macht seine Zunge mit Speichel naß (vormachen), denn um Ohren und Zunge geht es ja.

Doch dann erst kommt das Entscheidende: Jesus blickt zum Himmel auf, so als wollte er beten. Hier können nicht Menschen helfen, sondern allein Gott. Dann seufzt er, weil er an die vielen Krankheiten und an das viele Leid denkt, das es in der Welt gibt. Und schließlich spricht er zu dem Kranken gewandt: „Hephata!“ Das bedeutet so viel wie: „Tue dich auf!“ Die Ohren sollen sich auftun, aber auch der Mensch soll bereit sein, auf das zu hören, was Jesus ihm eigentlich zu bringen hat.

Da merkt der Taubstumme: Jetzt wird etwas anders mit mir! Er hört das Gezwitscher der Vögel und das Gemurmel der Leute. Seine Zunge wird locker und leicht, er kann auf einmal reden. Was er spricht, das ist auch nichtig, die anderer können ihn verstehen. Gott hat ihr auch klug gemacht zum Reden. Jesus hat ihn wieder zu einem Menschen gemacht. Er hat für ihn zu Gott gebetet, und Gott hat das Gebet erhört. Jetzt erst hat er die Möglichkeit, alles über Gott zu erfahren.

Jesus geht mit dem Geheilten zu den anderen zurück. Der vorhin noch krank und ausgeschlossen war, kann jetzt wieder hören und sprechen und in die Gemeinschaft der Menschen aufgenommen werden. Und nun kann er auch Gott loben und danken für alles, was er an ihm getan hat.

Die Menschen aber wundern sich sehr, sie können es kaum begreifen: „Er hat alles wohl gemacht; die Tauben macht er hören und Sprachlose reden!“ Gott hatte einst die Welt gut geschaffen. Krankheit zerstört die gute Ordnung Gottes. Aber Jesus stellt die gute Schöpfung Gottes wieder her und erfüllt damit gleichzeitig, was schon die Propheten des Alten Testaments als eine besondere Tat Gottes angekündigt hatten.

 

Der Evangelist Markus aber, der uns diese Geschichte aufgeschrieben hat, meint noch, Jesus hätte den Leuten verboten, von dieser Tat zu erzählen. Sicher hat er befürchtet, die Leute würden alles noch mißverstehen. Sie würden ihn nur für einen Wundertäter halten und nicht begreifen, daß Jesus auch wird leiden und sterben müssen. Erst n a c h Tod und Auferstehung wird man Jesus richtig verstehen können.

Deswegen sollen die Leute bis nach Ostern schweigen und erst dann alles sagen, was sie von Jesus wissen. Aber ich glaube kaum, daß sie so etwas gemacht haben. Sie hatten ein Wunder erlebt. Das müssen sie gleich allen Leuten erzählen. Und sie erzählten dabei auch von Jesus, der das alles mit der Hilfe Gottes vollbracht hatte.

 

Antwortgespräch:

Es ist nicht immer so, daß wir gesund sind oder gesund gemacht werden. Es gibt auch heute raubstumme Menschen. Sie müssen meist in Heimen leben, jedenfalls solange sie noch lernen müssen. Manche Heime sind nach dem Wort genannt, das Jesus in unserer Geschichte gebraucht hat, nämlich „Hephata“. In diesen Heimen des Diakonischen Werkes geschehen keine Krankenheilungen wunderhafter Art. Aber es soll versucht werden, den Menschen dort auch das Herz für Jesus zu öffnen. Vielleicht haben gerade Taubstumme ein offenes Ohr für Jesus! Mancher Gesunde aber steht Jesus verständnislos gegenüber. Wer nicht glaubt, der ist in einem ganz anderen Sinn „taubstumm“.

Was können wir tun, daß wir recht auf Jesus hören? Wozu haben wir denn unsere fünf Sinne erhalten?! Das Taubstumm-Sein braucht kein Dauerzustand zu sein!

Jesus schenkt dem einen Kranken das Leben neu, denn vorher, das war doch kein Leben. Aber das geschieht nicht bei allen so. An dem einen Menschen hat Jesus zeigen wollen, daß er die Macht hat zu solchem Tun und daß er einmal alle Krankheit besiegen will. Aber er möchte auch, daß sich Menschen finden, die so einem Taubstummen helfen. Wenn wir Jesus recht verstanden haben, dann sind wir auch bereit zur Hilfe an solch armen Menschen, soweit wir das können.

 

Flanellbild:

An einem Flanellbild zeigen wir, wie der Taubstummen immer außerhalb des Kreises der anderen Menschen stand. Aber dann verändern wir das Flanellbild, indem wir den Taubstummen in den Kreis der anderen mit hineinnehmen (herumdrehen, so daß er die gleiche Farbe hat wie die anderen). Indem Jesus so handelt, erfüllt er den Willen seines Vaters im Himmel. Aber Gottes Wille geschah auch schon, als sie den Kranken zu Jesus brachten. Auch nachher, als sie ihn in ihre Gemeinschaft aufnahmen.

Wir heften das Spruchband an die Flanellwand: „Vaterunser, dein Wille geschehe!“ Das hat schon Jesus seinen Jüngern beibringen wollen. Sie sind an sich der Kreis, in der der Taubstumme hineingehört. Sie sind ganz nahe an die Vaterunser bitte heranzurücken und auch eng zueinander, so daß sie sich mit den Händen fassen. Wenn wir uns so verhalten, erfüllen wir den Willen des Vaters im Himmel.

 

Spiel zur Geschichte vor der Heilung des Taubstummen:

Wir bilden zwei Kreise. Der eine Kreis steht etwas abseits und stellt Taubstumme dar. Der andere Kreis steht unter dem Kreuz und soll die Gebärden verstehen. Der Lehrer gibt Anweisung, was dargestellt werden soll bzw. macht die Gebärden vor.

Zunächst werden Tätigkeiten vorgemacht, die Taubstumme ausüben können: Schneider, Tischler, Gärtner, Schlosser, Schuhmacher, Küche, Schreibmaschine usw. Die anderer raten die Tätigkeit.

Dann wird die biblische Geschichte pantomimisch dargestellt: Mit dem Finger auf sich selbst zeigen, beide Hände an die Ohren, Mund mit dem Finger verschließen, mit den Achseln zucken. Ein Kind faßt das andere an der Hand, sie führen sich gegenseitig unter das Kreuz, dem anderen Halbkreis gegenüber. Alle erheben die Hände und drücken damit Flehen und Bitten aus. Ein Kind streichelt dem anderen den Backen und deutet damit an, daß es dieses Kind liebhat (aus der Taubstummensprache).

Die Gruppe der Gesunden ruft: „Hephatal“ Die anderen antworten: „Tu dich auf!“

Dann bilden alle gemeinsam einen Kreis und drohen mit dem Finger und legen den Finger auf der Mund.

 

 

Die zehn Aussätzigen Lk 17,11 - 19

 

Hinführung:

im Wartezimmer eines Arztes kann man oft hören, was man alles unternommen hat, um gesund zu werden. Da werden bewährte Familienmittel genannt, Doktorbücher empfohlen, die Namen von Ärzten erwähnt. Vielleicht kann man auch hören, daß das „Gesundbeten“ und das „Besprechen“ geholfen haben. Hinter allen Gesprächen aber steht die Sehnsucht nach umfassender Gesundheit. Manche haben allerdings die Hoffnung schon aufgegeben; und manche wollen besonders fromm sein und alles Gott überlassen.

Aber die meisten wollen gesund werden, weil sie arbeiten wollen und etwas vom Leben haben wollen und weil sie Leid und Schmerzen nicht auf sich nehmen wollen. Grundsätzlich ist nichts dagegen zu sagen, denn unser Leben hat viele Aufgaben und Freuden für uns bereit, die wir nur als Gesunde erfüllen können. Aber jeder hat auch schon merken müssen, daß es Grenzen gibt und daß nicht jeder Weg recht gewesen ist.

Sicherlich ist auch das Beten bei einer Krankheit notwendig. Aber das heißt nun nicht, daß wir den Weg zum Arzt meiden müßten. Gott hat uns Ärzte gegeben, damit wir uns helfen lassen. Und wenn sie auch nicht alles können, so kann Gott doch helfen. Wer aber den Arzt ganz ablehnt, der sage nicht, das sei das Kennzeichen für die Echtheit des Christseins.

Aber wir sollten auch nicht meinen, eine Krankheit hätte gar nichts mit Gott zu tun. Wäre es nicht richtig, die medizinischen Durchhilfen als Hilfen Gottes anzusehen? Es könnte ja sein, daß Gott dem Chirurgen das Messer führt oder dem Facharzt für innere Medizin den Weg zur Behandlung weist. Gott kann auch heute dem äußer­lichen Elend in großer Barmherzigkeit helfend begegnen. So geht Jesus im Grunde auch heute noch durch die Krankensäle.

Aber ist das alles, was Jesus will? Geht es nur um die Gesundmachung oder geht es nicht vielmehr um die Begegnung mit dem lebendigen Gott? Sollte Jesus seine Vollmacht einfach an die Chirurgen abgeben? Dazu wollen wir eine Geschichte hören.

 

Erzählung:

Jesus geht mit seinen Jüngern auf ein Dorf zu. Am Eingang trifft er auf zehn Männer, die krank zu sein scheinen. Sie haben eine ganz schlimme Krankheit, die man „Aussatz“ nennt. Sie beginnt mit einer zerstörenden Fäulnis der Haut, die allmählich auch die inneren Organe erfaßt. Kleine Geschwüre treten auf, die immer weiter um sich greifen. Schließlich verfallen die Gliedmaßen, so daß sie schließlich abfallen. Am Ende muß der Mensch dann sterben.

Weil die Krankheit stark ansteckend ist, mußte man die Kranken streng isolieren. Ein Aussätziger mußte zerrissene Kleider tragen, den Bart verhüllen und bei Annäherung anderer Menschen sich mit dem Ruf „unrein, unrein“ bemerkbar machen. Kein Aussätziger durfte in den Tempel und in das Bethaus nur unter strengen Sicherheitsmaß­nahmen.

Der Priester stellte fest, ob man die Krankheit hatte. Sie galt als eine Strafe Gottes. Gelegentlich kam auch einmal eine Heilung vor. Dann mußte aber der Geheilte trotzdem Gott um Vergebung bitten und im Tempel ein Opfer bringen.

Gar mancher Familienvater, der von der Krankheit befallen wurde, mußte seine Arbeit aufgeben, Haus und Dorf verlassen und irgendwo draußen vor dem Dorf mit Leidensgenossen hausen. Mitleidige Leute stellen ihnen etwas zu essen hin. Aber es spricht niemand mit ihnen, alle haben sie Angst vor der Ansteckung.

Doch die Kranken, auf die Jesus trifft, halten sich nicht an die Vorschriften. Sie rufen laut: „Jesus, Meister, erbarme dich über uns!“ Sicherlich haben sie schon von Jesus gehört, können sich denken, daß er es ist. Sie wollen nichts urversucht lassen. Sie reden Jesus an, wie das nur die Jünger tun. Sie erkennen ihn auch als ihren Herrn, und Meister an, der ihnen helfen kann.

Jesus weicht nicht zurück vor ihnen, er macht nicht einen großen Bogen um sie. Er merkt gleich: Das Erbarmern besteht bei diesen Männern darin, daß er sie wieder gesund macht und in die Gemeinschaft der anderen Menschen zurückkehren laßt. Jetzt gelten sie als nutzlos, aber ihr Leiden soll doch noch einen Sinn haben.

Doch Jesus berührt die Kranken nicht, er untersucht sie nicht und gibt ihnen keine Medizin oder Salbe. Er sagt ihnen auch kein Heilswort und hält auch keine Predigt über die ihm von Gott gegebene Vollmacht. Er sagt nicht einmal: „Ihr seid rein!“ Er mutet der Kranken etwas Ungeheures zu. Er sagt nur: „Geht hin und zeigt euch den Priestern!“ Die werden dann entscheiden, ob ihr gesund seid!“

Wie denkt er sich das nur? Als Aussätzige sollen sie sich unter die Gesunden wagen? Man wird sie doch gleich erkennen und mit Steinen nach ihnen werfen, damit sie sich verziehen? Doch die zehn Männer lassen es darauf ankommen. Sie vertrauen Jesus und gehorchen ihm, ohne einen Beweis in der Hand zu haben. Ihr Vertrauen wird belohnt: Sie sind wirklich geheilt, als sie endlich einen Priester gefunden haben, der sie ansieht und für rein erklärt. Heimlich und unbemerkt, wie die Krankheit gekommen war, ist sie auch von ihnen abgefallen.

Als das feststeht, haben sie nur einen Gedanken: Nun aber schnell heim zu unseren Familien. Wir dürfen wieder bei ihnen leben!“ Nur einer von ihnen kehrt erst noch einmal um und läuft zu Jesus zurück. Er ruft mit lauter Stimme: „Gott hat mich gesund gemacht, Gott hat mich geheilt, Gott hat es gut gemacht!“ Er fällt vor Jesus nieder, so wie man nur vor einem König oder vor Gott niederfällt, und dankt ihm. Er sucht die Gemeinschaft mit dem Retter aus der Not.

Die Israeliten warteten ja schon lange auf den Heiland, der auch die Aussätzigen wieder gesund machen würde. Dieser eine hier erkennt, daß er in Jesus gekommen ist, in ihm ist Gott auf die Erde gekommen. Deswegen gefällt er Gott mehr als die anderen, die sicher dann nachher noch im Tempel ihr Dankopfer gebracht haben. Das Wichtige bei allem war der Glaube dieses Mannes.

Ausgerechnet dieser eine ist aber ein Samariter. Er kommt aus dem Lande Samaria, um das die frommen Juden immer einen großen Bogen machen. Die Samariter glauben zwar auch an den gleichen Gott wie die Juden, aber sie verehren ihn nicht im Tempel von Jerusalem, sondern in einem eigenen Tempel. Sie haben sich vom Gottesvolk getrennt und werden nun als Feinde angesehen. Nur durch die Krankheit waren die zehn Männer miteinander verbunden worden, die Krankheit hatte alle gleich gemacht, denn sie waren alle aus der Gemeinschaft der anderen ausgestoßen worden.

Jesus aber wundert sich und fragt: „Waren es nicht zehn, die gesund wurden? Wo sind denn die anderen neun? Hat sich denn sonst keiner gefunden, der wieder umkehrte um Gott die Ehre zu geben, nur dieser Fremde? Im Unglück hatten die Aussätzigen zusammengehalten, aber nicht im Dark. Nur einer bedankt sich und das ist ausgerechnet ein „gottloser“ Samariter.

Die anderer nehmen die Heilung hin als etwas, das ihnen als Gliedern des Gottesvolks zusteht. Sie mißachten zwar nicht Jesu Gabe, aber sie mißachten ihn selbst. Es ist ihnen überhaupt nicht aufgegangen, daß ihnen der Herr begegnet ist. Sie sehen in ihm einen üblichen Wundertäter, den sie bald weiterempfehlen wollen. So darf nur der Samariter das Wort Jesu hören: „Stehe auf, gehe hin. Dein Glaube hat dich gerettet!“ Dieser Mann ist nicht nur äußerlich gesund geworden, sondern er wird sein Leben in Zukunft mit Jesus führen

 

Flanellbild:

Die Aussätzigen werden aus der Gemeinschaft der anderen Menschen ausgeschlossen. Sie suchen in Felsenhöhlen ihren Unterschlupf. Die Gesunden meiden die Kranken. Die Aussätzigen finden in einer Notgemeinschaft zusammen. Zu ihr gehört auch ein Samariter, mit dem die Juden normalerweise nichts hätten zu tun haben wollen (Bild 1).

Jesus ist auf dem Weg nach Jerusalem zum Passahfest. Viele Menschen ziehen mit ihm. Vor allem sind es seine Jünger, also die Männer, die ganz zu ihm gehören (gleiche Farbe wie Jesus). Jesus weiß, daß er diesen Weg nicht mehr zurückkommen wird; aber er geht ihn doch, für diese Aussätzigen, für uns, für alle. Jesus sieht ihre Not und ihr Vertrauen. Er hilft ihnen, allerdings anders, als sie es erwartet haben. Es geschieht das Unbegreifliche: Sie vertrauen dem bloßen Wort gegen allen Augenschein und gehen (Bild 2).

Indem sie gehorchen, werden sie rein. Nur einer geht den Weg zurück und sucht den Herrn. Er kann unterwegs nicht schweigen, er muß von dem Geschenk singen und weitersagen. Er findet Jesus und erweist ihm königliche Ehren (Bild 3).

Einer kehrt als ganz anderer heim. Er hat jetzt einen mächtigen Herrn, auch zu Hause. Der ist immer mit dabei und kann auch in Zukunft helfen (rote Figur).

Die Geschichte von der wunderbaren Heilung will uns nicht zur Dankbarkeit gegenüber Gott und den Menschen ermahnen, so wie etwa ein Patient seinem Arzt dankt und hoffentlich auch das Dankgebet an Gott nicht vergißt. Vielmehr geht es um die Bewährung des Glaubens nachempfangenem Heil. Es geht darum, daß Gottes Herrlichkeit in Jesus gegenwärtig ist und Gott die Ehre gegeben wird. Doch nicht die Juden (die das an sieh hätten wissen müssen) erkennen das als Erste, sondern ausgerechnet ein Samariter. Er ist in dieser Schicksalsbegegnung offen für die Erfahrung Gottes.

Er fühlt sich doppelt beschenkt, weil er bisher angenommen hat, daß ihm die Gnade Gottes gar nicht zustehe; weil ihm mehr gegeben wurde, ist er auch mehr dankbar. Weil er erkannt hat, daß ihm Barmherzigkeit von Gott (!) widerfahren ist, wurde ihm die Heilung des Körpers zum Heil seines Lebens.

Auch uns wurde schon von Gott geholfen. Haben wir es gleichgültig hingenommen und haben wir uns dafür bedankt? Sind wir etwa auf halber Strecke steckengeblieben wie jene Neun? Sagen wir nur: „Da habe ich noch einmal Glück im Unglück gehabt!“ oder habe ich das Ereignis als eine Begegnung mit der Macht Gottes erfahren? Fest steht: Gott wartet immer noch auf jeden Einzelnen von uns. Wenn wir es noch nicht getan haben, dann können wir es noch tun.

 

 

 

Totenauferweckungen

 

Der Jüngling zu Nain Lk 7,11- 17

 

Hinführung:

Wenn, ein Mensch gestorben ist, dann sind seine Familienangehörigen traurig. Wenn wir aber einmal über den Friedhof gehen, dann sehen wir auf vielen Grabsteinen Kreuze eingehauen. Sie weisen hin auf Jesus, der vom Tod auferstanden ist und auch unseren Tod überwinden wird. Mit dem Tod ist nicht alles aus. Wir sind auch dann nicht allein. Gott nimmt uns auf. Am Ewigkeitssonntag und an Ostern denken wir besonders daran.

Jesus hat aber schon zu seinen Lebzeiten gezeigt, daß er der Herr über den Tod ist. Der Tod hat nur eine gewisse Zeit Gewalt über die Menschen. Aber dann kommt Jesus und nimmt sie ihm wieder weg und holt sie zu sich.

 

 

Wenn wir uns allerdings Todesanzeigen ansehen (Beispiele mitbringen), dann kommt darin oft das Schreckliche und Sinnlose des Todes zum Ausdruck. Unsere menschliche Ohnmacht gegenüber dem Tod wird herausgestellt, man meint eben: Gegen den Tod ist kein Kraut gewachsen. Wir wissen: Tote können nicht zurück. Bei der Beerdigung wird gesagt: „Erde zur Erde, Asche zur Asche, Staub zum Staub!“

Viele Menschen wollen das nicht wahrhaben. Sie möchten möglichst lange (wer möchte das nicht?!) und rennen deshalb zum Arzt und in die Apotheke. Sie möchten noch viel Geld verdienen, Reisen machen, gut essen und trinken, ins Kino gehen, noch dies oder jenes mehr. Aber beim Apotheker gibt es keine Medizin, die uns das ewige Leben verschaffen könnte.

Auch in früheren Zeiten fragten sich die Leute schon: Wie kann man ewig leben? Das jüdische Volk wußte mehr davon. Es hoffte auf den Heiland der Welt, der alle Menschen zum ewigen Leben einladen wird. Dieser Heiland wird auch Tote auferwecken. Niemand wird mehr weinen müssen.

In einer Beispielgeschichte wollen wir nun hören, wie Jesus andere Menschen wieder froh macht, die untröstlich traurig sind.

 

Erzählung:

Jesus ist mit seinen Jüngern und vielen Leuten auf dem Weg durch sein Heimatland. Sie gehen auf die Stadt Nain zu, die etwa 8 bis 9 Stunden von der Stadt Kapernaum entfernt ist, wo Jesus sich meist aufhält. Wie ein Heerführer geht Jesus vor der Volks­menge her auf das Stadttor zu.

Doch da kommt aus der Stadt ein Leichenzug heraus. In dem offenen Sarg liegt ein junger Mann. Daneben geht seine Mutter, die heftig weint und sich nicht trösten lassen will. Schon vor mehreren Jahren war ihr Mann gestorben. Damals war ihr Junge noch ein Kind. Sie hat hart gearbeitet, um ihm Essen und Kleidung kaufen zu können. Immer hatte sie gedacht: Wenn der Junge erst groß ist, dann werde ich es besser haben. Dann wird er selber Geld verdienen und für sie sorgen.

Aber nun ist der einzige Sohn gestorben. Sie ist ganz allein. Sie hat keinen, der für sie sorgt. Und sie hat auch keinen, der sie gegenüber anderen Menschen beschützt. Eine Frau durfte damals nicht auf die Ämter gehen, nicht vor Gericht erscheinen, keine Verträge abschließen. Das durfte nur ihr Mann oder ihr Sohn. Wenn aber beide tot waren, dann ging es so einer Witwe schlecht. Jeder dachte, er könne mit ihr machen, was er wolle. Ud so war diese Frau nun schutzlos und rechtlos.

Es sind zwar viele Leute mit zur Beerdigung gegangen. Aber das ist natürlich nur ein schwacher Trost für die Frau. Außerdem flüstern einige: „Sie müssen etwas Böses getan haben. Dafür werden sie jetzt von Gott gestraft!“ Ein früher Tod galt damals als Folge der bösen Tat. Wahrscheinlich haben beide etwas Böses getan, dachten die Leute. Aber sie gehen mit zur Beerdigung, sie reihen sich mit ein in den Heerzug des Todes. Man wird sie nicht mehr aufhalten können, man wird das nicht aufhalten können, was nun kommt.

Dann bewegen sich die beiden Menschengruppen aufeinander zu: Jesus, der das Leben bringt, der Leichenzug, der den Tod bringt. Was wird geschehen, wenn sie ein­ander begegnen, wenn sie aufeinander stoßen Wer wird wem Platz machen? Bisher war es immer so, daß die Lebenden dem Tode Platz machten.

Hier aber übernimmt Jesus auch die Befehlsgewalt über die zweite Gruppe. Er sieht sofort, daß er hier helfen muß. Die arme Witwe kann vor lauter Tränen nichts mehr sehen. Aber Jesus sieht sie. Ihr Leid geht ihm durch und durch bis ins Innerste. Das ist nicht nur menschliches Mitleid, sondern ein einzigartiges göttliches Erbarmen. Ihm muß auch die Tat folgen. So kann sich nur Jesus einem Menschen in Not zuwenden.

Er sagt zu der Frau: „Weine nicht!“ Wer weint, gibt dem Tod die Macht. Er meint, jetzt sei doch alles zu spät. Dagegen aber will Jesus ankämpfen. Er kümmert sich zunächst gar nicht um den Toten, sondern um die Frau. Ihr muß erst einmal geholfen werden. Er will sie nicht trösten, wenn er sagt: „Weine nicht!“ Vielmehr ist das ein hartes Wort, mit dem er die Frau auffordern will, dem Tod den Gehorsam aufzusagen. Damit nimmt er der Mutter das Letzte, was ihr geblieben ist: die Möglichkeit, ihrem Schmerz Ausdruck zu geben Er untersagt ihr, was doch menschlich so verständlich ist, um die Verzweiflung beim Tod eines Menschen überwinden zu können.

Jesus spricht kein Gebet, sondern er befiehlt. Er tritt dem Tod entgegen und weicht nicht. Aber so kann nur sprechen und handeln, der wirklich der Herr ist, der auch Macht über den Tod hat. Durch sein entschiedenes Wort zeigt Jesus den Menschen „Ich bin der Herr. Eure Vorurteile gegenüber dieser Frau sind falsch!“

Die Frau weiß auch nicht, wer das ist, der zu ihr gesagt hat: „Weine nicht!“ Wenn sie es gewußt hätte, dann hätte sie wirklich aufgehört zu weinen. Wenn er so etwas sagt, dann ist alles gut. Die Frau muß nur von dem Toten weg auf Jesus sehen .Jetzt wird er auch handeln müssen.

Jesus tritt an den Sarg und berührt ihn. Er hat keine Angst, sich die Finger dreckig zu machen und vom Gottesdienst ausgeschlossen zu werden (damals wurde nämlich vom Gottesdienst ausgeschlossen, wer einen Toten berührte). Die Träger bleiben stehen, weil sie diese Bewegung der Machtübernahme richtig verstehen. So etwas ist ihnen noch nicht vorgekommen, daß einer dem Tod trotzt. Aber dieser Jesus muß wohl etwas Besonderes sein.

Jesus spricht nun mit dem Toten, so als lebe er noch und als körne man ihm Befehle geben wie einem Lebenden. Jesus sagt: „Jüngling, ich sage dir, stehe auf!“ Das göttliche Wort erweist auch seine Kraft. Der Tote richtet sich auf und beginnt zu reden. Damit wird deutlich, daß er wieder lebendig ist. Das Leben hat über den Tod gesiegt. Das Heer des Todes kann nur umkehren oder sich in die Gruppe des Lebens einreihen.

Jesus gibt den Sohn seiner Mutter wieder. Um sie war es ja vor allem gegangen. Sie soll merken, wer das ist, der ihr geholfen hat. Sie erhält ihren Sohn wieder als Zeichen und Unterpfand, daß sie dem barmherziger Gott begegnet ist, der selbst die Toten wieder lebendig machen kann.

Die Menschen, die das erleben, erschrecken zunächst. Furcht kommt über sie, weil sie dem lebendigen Gott begegnet sind. Hier war nicht irgendein Zauberkünstler am Werk, sondern Gott selber. Deshalb geben sie auch Gott die Ehre und loben und preisen ihn, weil er hier eingegriffen hat. Auch die Mutter schließt sich diesem Lobpreis an.

Die Kunde vor diesem Ereignis wird weitergetragen in das ganze Land. Alle sollen es wissen: Der Messias ist da, der Heiland!“ Gott hat sein Volk nicht vergessen, sondern er ist zu seinem Volk gekommen.

 

Bildbetrachtung: Kaufmann Nr. 12

Auf einem Kreuzweg, irgendwo auf den Straßen dieser Welt, begegnen sich der Zug des Todes und der Zug des Lebens. Die unter der Macht des Todes Gebeugten begegnen dem, der Vollmacht über Leben und Tod hat. Die Mutter und die Mittrauern­den sind tief vom Leid gebeugt. Todesdunkel liegt über ihnen.

Jesus hält diesen Zug mit erhobener Hand auf. Wie ein Blitz ist er in die Welt gekommen und hat sie hell gemacht. Für einen Augenblick leuchtet einmal die Welt Gottes ohne Krankheit und Tod auf. Wo Jesus steht, da ist alles hell.

Aber Jesus weist auch auf Gott, der allein alles anders machen kann. Der weist auf den Kommenden hin, der ihm aber jetzt schon Vollmacht gibt. Mit seiner Linken gibt er diese Kraft weiter zu dem Toten hin, der aber gar nicht so sehr im Mittelpunkt steht: In erster Linie geht es um die Begegnung der beiden Menschengruppen.

Alles steht aber auf dem Kreuz Jesu. Der Tod wird noch nicht endgültig aus der Welt beseitigt. Jesus selber hat ja am Kreuz sterben müssen, damit wir einmal bei Gott leben können: Das Kreuz ist von leuchtendem Weiß überstrahlt, vom Licht der Auferstehung.

Das Verkehrszeichen „Vorsicht Kurve“ ist nicht die Kurve selber, sondern es weist hin auf eine Kurve. Man darf nicht auf das Zeichen sehen, sondern muß auf die Kurve achten. So geht es auch in dieser Geschichte vor allem um Jesus, der von Gott gesandt wurde, um die Menschen trösten zu können.

Es kann natürlich auch sein, daß wir es nicht so erleben wie die Witwe von Nain. Es kann sein, daß jemand nicht wieder gesund wird, den wir sehr gern haben. Es könnte so aussehen, als kümmere sich Gott nicht um uns, auch wenn wir zu ihm beten. Die Geschichte aber will uns deutlich machen: Gott kann die allertraurigsten Menschen wieder zu getrösteten Menschen machen.

Es geht dabei nicht darum, daß ein Scheintoter wieder zum Leben erweckt wird oder daß man bei einem Herzstillstand das Herz durch Druckmassage wieder zum Schlagen bringt. Wir sollten uns auch nicht davon irre machen lassen, daß Ähnliches auch von anderen Leuten berichtet wird, schon in der Bibel selber (Elia, 1. Kön 17, 17 ff, Elisa 2.Kör 4,32ff), aber auch bei dem Wanderprediger Apollonius von Thyana: Die Propheten beten nur zu Gott, und Apollonius weckt eine nur scheintote Braut wieder auf. Jesus aber tritt mit Befehlsgewalt dem Tod gegenüber, weil er von Gott kommt.

Wir können uns nicht vorstellen, was hier wirklich passiert ist. Wir waren ja auch nicht dabei. Aber eins können wir gewiß sagen: Jesus kann helfen und froh machen.

Wir dürfen auch nicht vergessen, daß hier eine Predigt vorliegt, die exemplarisch geschichtliche Erfahrungen verkündet. Es geht nicht um das Abbild einer einmaligen Erfahrung, sondern sie ist Inbegriff vieler Erfahrungen. Diese Geschichte ist „wahr“, auch wenn nicht jede Einzelheit der Handlung so war. Es kommt nur darauf an, daß wir mit einer richtigen Frage an die Geschichte herangehen. Wir können ja auch nicht fragen: „Wie schwer ist ein Meter?“ Und so können wir hier auch nicht fragen: „Ist das wirklich so passiert?“ sondern wir sollten fragen: „Was will Gott uns hier sagen?“

 

 

 

Der Hauptmann von Kapernaum Mt 8, 5 - 13

 

Hinführung:

In einem Buch wird ein Mann Mitte der Vierzig geschildert, der eines Tages Schmerzen im Unterleib verspürt. Der Arzt vermutet zunächst, der Mann habe Krebs. Schockiert von der Vorstellung eines frühen Todes zieht er Bilanz und muß sich eingestehen, daß seine glänzende Laufbahn auch voller moralischer Niederlagen und Verfehlungen gegenüber seinen Mitmenschen war.

Hals über Kopf versucht er, sein Verhältnis zur Umwelt zu bereinigen. Dadurch möchte er sich ein ehrendes Andenken bei den Überlebenden verschaffen. Er handelt bloß aus eigennützigen Motiven und nicht aus Einsicht in sein Versagen. Die Geschwulst stellt sich dann aber als harmlos heraus. Er wird damit zum Leben verurteilt. Er muß noch einmal von vorn anfangen. Aber er hat auch die Möglichkeit zu wirklicher Bewährung.

Hier hat ein Mensch voll auf die Diagnose des Arztes vertraut. Dieses Vertrauen läßt ihn sein Leben noch in den letzten Tagen ändern. Mit der veränderter Situation muß er dann weiterleben. Es kann sein, daß wir einem Wort viel zutrauen. Dabei wird es darauf ankommen, wer dieses Wort zu uns sagt. Nur wenn derjenige uns vertrauenswürdig erscheint, werden wir ihm glauben.

Von einem Mann der ganz auf das Wort Jesu vertraut und dem deshalb geholfen wird, wollen wir heute hören:

 

Erzählung:

Das Volk Jesu war vor dem mächtigen Volk der Römer besiegt worden. Nun mußten sie dem römischen Kaiser gehorchen. Deshalb gab es auch in Kapernaum, wo Jesus wohnte, römische Soldaten. Ihr Oberster war ein Hauptmann.

Die Juden aber wollten mit dieser Soldaten nichts zu tun haben. Sie waren Ausländer und glaubten nicht an Gott. Wer ein richtiger Jude sein wollte, der sprach nicht mit ihnen. Man konnte ihnen nicht ganz aus dem Weg gehen, aber wenn es möglich war, machte man einen großen Bogen um sie. Und selbst wenn er gelegentlich zum Gottesdienst der Juden kam und der Gemeinde gelegentlich auch Geld gab, so blieb er doch ein Fremder und ein Feind.

Als Jesus wieder einmal nach Kaperraum zurückkehrt und durch das Stadttor schreitet, tritt der römische Hauptmann auf ihn zu. Es macht ihm nichts aus, einen Juden anzusprechen. Schließlich ist er ja ein Hauptmann, der nichts auf das Gerede der Leute zu geben braucht. Vor allem aber treibt ihn eine schwere Sorge, er hat ein Problem, mit dem er nicht allein fertig werden kann.

Er sagt zu Jesus: „Herr, mein Untergebener liegt zu Hause und ist gelähmt und leidet große Qualen!“ Er spricht keine ausdrückliche Bitte aus. Aber seine flehentliche Anrede „Herrn“ macht an sich alles deutlich: Hier ist ein Soldat, der hat auch ein Herz für seine Leute hat, auch wenn natürlich jener Soldat etwas Besonderes war, weil er den Hauptmann jeden Tag bediente und besonders mit ihm verbunden war.

Jesus versteht jedenfalls, was der Mann will. Seine Antwort ist doppeldeutig. Entweder hat er gemeint: „Ich werde kommen und ihn gesund machen!“ Es kann aber auch sein, daß er entrüstet eine Frage gestellt hat: „Was, ich soll kommen und ihn gesund machen?“ Dann hätte er zum Ausdruck bringen wollen: Es ist eine Zumutung für einen Juden, das Haus eines Heiden zu betreten oder auch nur irgendwie mit ihm in Berührung zu kommen.

Aber der Hauptmann weiß längst einen Ausweg. Er weiß um die Schranke, die ihn als Heiden von den Juden trennt. Er will Jesus das Betreten eines heidnischen Hauses ersparen. Er hält ihn für einen besonderen Propheten Gottes. Daß er auch Menschen geheilt hat, wird er wohl gehört haben; aber das ist ihm nicht das Wichtige. Er weiß vielmehr: Dieser Mann ist vor allem ein Prediger, der durch sein Wort unter den Menschen wirkt. Da wird er auch durch sein Wort einen Kranken wieder gesund machen können.

Deshalb sagt er: „Herr, ich bin es nicht wert, daß du unter mein Dach gehst Aber sprich nur ein Wort, dann wird mein Helfer gesund werden!“ Und dann zieht er einen Vergleich, wie ihn nur ein echter Soldat bringen kann. Er sagt: „Mein Wort hat doch auch Macht. Wenn ich zu einem Soldaten sage: ‘Gehe hin!‘ so geht er. Und wenn ich zu einem anderen sage: ‚Komm her!‘ dann kommt er. Und wenn ich zu meinem Helfer sage: ‚Tu das!‘ so tut er es. Aber mein Wort wirkt nur in einem begrenzten Bereich: Ich habe nur Befehlsgewalt über meine Soldaten. Du aber hast doch Anteil an der Macht Gottes. Dein Wort kann doch wirken, was es will!“

Der Hauptmann weiß auch, daß dem Kaiser in Rom über tausende von Kilometern hinweg die Soldaten folgen. Er selber gehorcht dem Kaiser ja auch. Und nun denkt er, Jesus könne so etwas auch, wenn es um die Heilung einer Krankheit geht. Jesus wundert sich, daß ausgerechnet so ein heidnischer Hauptmann so groß von ihm denkt. Die Menschen aus seinem eigenen Volk, die etwas von ihm wollten, hatte er immer erst zum vollen Vertrauen führen müssen. Dieser Mann aber nimmt sogar an, daß die Grenzen des Volkes und der Religion nicht mehr gelten. Er vertraut fest darauf, daß Jesus jedem hilft, der Hilfe von ihm erwartet. Auf einen solchen Menschen hat Jesus schon immer gehofft. Nun ist es ausgerechnet ein Heide, der so spricht, wie Jesus es erhofft hat.

Er sagt zu den Umstehenden: „Wahrhaftig, ich sage euch, solchen Glauben habe ich im Volk Israel bei keinem gefunden!“ Er läßt den Glauben des Hauptmanns als echten Glauben an Gott gelten. Er weiß: „Wahrer Glaube wird immer von Gott selbst hervorgebracht. Wo aber Gott bereits in einem Menschen gewirkt hat, da darf Jesus keine trennende Linie ziehen und seine Hilfe verweigern!“

Zu den Umstehenden sagt er: „Viele werden von allen Enden der Welt kommen und am Freudenmahl im Reich Gottes teilnehmen. Aber die anderen, die an sich mit dazu gehört hätten, werden nach draußen gestoßen in die Finsternis. Da wird man nur noch Heulen und Zähneklappen hören!“

Damit will er seinem Volk nicht drohen, sondern er will noch einmal um sie werben: Besinnt euch doch darauf, was euch angeboten wurde. Ihr könnt doch auch beim großen Mahl dabei sein. Das Reich Gottes hat doch schon begonnen mit den Wundern, die ich vollbracht habe. Aber ihr werdet nur dazu gehören, wenn ihr mich als den anerkennt, den Gott zu euch geschickt hat.

Zu dem Hauptmann aber sagt er: „Gehe hin. Dir geschehe, wie du geglaubt hast!“

Es war also nicht so, daß erst das Wunder den Glauben hervorgebracht hätte. Vielmehr erhält der Glaubende, worum er gebeten hat. Der Hauptmann geht froh nach Hause. Jesus hatte ihm Hilfe versprochen, nun würde der Soldat bald gesund werden. Als der Hauptmann in sein Haus tritt, bleibt er erstaunt stehen: Der Soldat

ist tatsächlich wieder gesund. Er war in der gleicher Stunde gesund geworden, als Jesus sein Wort gesprochen hatte.

 

Antwortgespräch:

Ein Herr ist einer, der uns etwas zu sagen hat. Wir lassen uns nicht von jedem etwas sagen, wir gehen zum Beispiel nicht mit jedem mit. Viele Menschen wollen aber nicht, daß Gott etwas über sie zu sagen hat. Deshalb sagen sie: „Ich glaube nicht an Gott!“

Jesus aber möchte sein Volk zum rechten Glauben führen. Sie sollen den rechten Zeitpunkt nicht verpassen und durch den Glauben des Hauptmanns angereizt werden. An dem Glauben an Jesus entscheidet sich die Zukunft bei Gott. Auch die Juden dürfen sich ihrer Erwählung nicht zu sicher sein, denn ihr Verhältnis zu Gott entscheidet sich jeweils neu durch ihre Stellung zu Jesus.

Glaube heißt, etwas zu erwarten: Der Hauptmann erwartet eine Veränderung der Situation, und das bringt ihn dazu, etwas Außergewöhnliches zu riskieren. Solcher Glaube erhält die Verheißung, nicht allein zu bleiben, sondern bei den „vielen“ am Tisch Gottes zu sitzen. In der Gemeinschaft der vielen will sich Gott finden lassen, in der Gemeinschaft begegnet der Einzelne Christus.

Gottes Erwählung wurde aber auf die Völker ausgeweitet. Auch wir sind erwählt seit unserer Taufe. Wir dürfen zu Gott beten, und er wird uns helfen, wenn wir ihn als Herrn anerkennen. Aber wir müssen uns wirklich fragen: „Was unterscheidet uns von denen, die der Kirche fernstehen? Warum gehen wir zur Kirche und was erwarten wir dort?

 

 

Auferweckung der Tochter des Jairus Mk 5,22 - 24 und 35 - 43

(Mt 9,18-26 und Lk 8,40-56)

 

Hinführung:

Martin Luther hatte eine kleine Tochter mit Namen Magdalene. Als sie 13Jahre alt war, wurde sie schwer krank. Man mußte damit rechnen, daß sie sterben würde. Da fragte der Vater sie: „Gell, du bliebst gern bei mir, deinem irdischen Vater. Aber du gingst auch gern zu Gott, deinem himmlischer Vater?“ Magdalene antwortete: „Ja, lieber Vater, wie Gott will!“

Wenn ein Mensch so vom Sterben sprechen kann, dann kann man nur froh sein. Wir haben doch Angst vor dem Sterben. Aber wer weiß, daß er durch den Tod nur zu seinem himmlischen Vater kommt, der braucht keine Angst mehr zu haben. Mit dem Tode ist nicht alles aus, sondern da beginnt noch einmal ein Neues .Das wird auch deutlich an einer Erzählung, die von der Begegnung Jesu mit einem gestorbenen Mädchen erzählt.

 

Erzählung:

Als Jesus wieder einmal am Ufer des Sees Genezareth zu vielen Leuten predigte, kommt ein Mann zu ihm gelaufen. Ehrfürchtig machen die Leute ihm Platz, denn es ist Jairus, der Vorsteher des Gotteshauses. Er ist ein angesehener Mann und nicht ohne Vermögen. Was will wohl der vornehme Herr bei einem armen Wanderprediger wie Jesus? Er hat es sehr eilig, ist ganz aufgeregt, achtet gar nicht auf die Leute. Was ist nur los mit ihm?

Endlich ist er bis zu Jesus vorgedrungen. Jetzt kniet er sogar mitten zwischen den Leuten vor Jesus nieder und ehrt ihn damit wie einen König. Es wird ihm nicht leicht gefallen sein, angesichts der Leute sich vor diesem Mann in den Staub zu werfen. Was treibt ihn wohl zu solchem Tun?

Er bittet Jesus: „Meine Tochter liegt in der letzten Zügen. Komm doch und lege deine Hände auf sie, daß sie gesund werde und lebe!“ Damals hat man oft Älteste oder angesehene Gemeindeglieder an das Sterbelager eines Menschen gebeten. Aber dieser Vorsteher hat sogar das Vertrauen zu Jesus, daß er seine Tochter noch retten kann. Außerdem möchte er bei den Leuten nicht als Sünder gelten, denn wenn das

Kind stirbt, wird man doch sagen: „Was mag er wohl Böses getan haben, wenn Gott ihn so straft? Kann er denn dann sein Amt in der Gemeinde behalten?“

Jesus erkennt die Angst und Not dieses Vaters und hat Mitleid mit           ihm. Er will auch gleich mitgehen, weil schnelle Hilfe nötig ist. Er ist sich sicher, daß er noch helfen kann. Aber da kommt eine Frau dazwischen, die auch noch etwas von Jesus will. Er wird aufgehalten. Der Vater des Kindes aber sieht seine Hoffnung fahren. Eben noch hat er hoffen dürfen, daß alles noch gut geht in diesem Wettrennen zwischen Leben und Tod. Aber nun brechen seine letzten Hoffnungen zusammen, die kostbaren Minuten gehen vorüber.

Als Jesus noch mit der Frau redet, kommen Boten aus dem Haus des Jairus. Dem stockt das Herz vor Schreck: Was ist wohl mit dem Kind? Sie sagen ihm: „Deine Tochter ist gestorben. Was machst du dem Meister weiterhin Mühe!“ Jesus hat das auch mitgehört. Aber er bleibt ruhig. Jairus soll noch eine besondere Hilfe für seinen Glauber erfahren. Jesus ist nämlich nicht der Meinung, daß man nun nichts mehr machen könne und alles aus ist.

Er ruft dem Jairus zu: „Fürchte dich nicht, glaube nur!“ Er will ihn damit zum Glauben rufen, auch wenn er noch keine Wendung sehen kann. Jairus soll Bedenken und Zweifel fahren lassen und sich allein auf den verlassen, der sein Helfer sein will. Es geht dabei gar nicht allein um den Glauben, daß Jesus etwas gegen den Tod unternehmen kann. Vielmehr will Jesus den Vater zum vollen Glauben an Gott führen, denn solcher Glaube kann alle Angst im Leben überwinden.

Jesus nimmt nur seine Jünger Petrus, Jakobus und Johannes mit in das Haus. Der Vater des Kindes wird gar nicht mehr erwähnt, weil allein das wichtig ist, was Jesus tut. Die Öffentlichkeit wird ausgeschlossen. Jesus will keine Sensation bieten, die Menge soll das Wunder nicht direkt miterleben können. Erst später wird davon erzählt werden, was in dem Haus geschieht.

Im Haus hat man schon die Totenklage angestimmt. Die Flötenbläser und die Klagegeister sind gekommen, um die bösen Geister zu vertreiben, die die aus dem Körper entwichene Seele an sich reißen wollen; so dachte man damals. Es bleibt also nichts anderes übrig, als alles für die Bestattung zu ordnen. Der Tod ist endgültig. Was soll da Jesus noch, er ist doch völlig überflüssig?!

Aber Jesus läßt sich auch davon nicht beeinflussen. Er sagt zu den Schreienden und Klagenden: „Was lärmt und weint ihr? Das Kind ist nicht gestorben, sondern es schläft!“ Da fangen die anderen an zu lachen: Tot ist tot, denken sie, da kann auch Jesus nichts machen! Er hat das Kind ja noch nicht einmal gesehen! Soll doch er doch hineingehen in ihre Kammer, da wird er sehen, was los ist!

Jesus aber geht sehr respektlos mit dem Tod um. Er setzt ihn herab zum Schlaf. Man spricht ja bis heute abmildernd von „entschlafen“, wenn einer gestorben ist. Aber für Jesus ist das Sterben wirklich nur ein Schlafen. Er sieht der Tod mit der Augen Gottes und seine Worte sind wie mit Gottes Mund gesprochen. Wo Jesus hinkommt, da muß alle Totenklage verstummen. Vor dem Herrn des Lebens muß auch der Tod weichen.

Die anderen aber haben das noch nicht erkannt, sie bleiben ungläubig. Da wirft Jesus die ganze Gesellschaft kurzerhand hinaus. Nur die Eltern und seine drei Jünger nimmt er mit, als er in das Zimmer des Mädchens geht. Er will sich nicht vor ungläubigen Zuschauern zeigen. Aber er will den glaubenden Eltern zu Hilfe kommen. Doch er sieht auch: Das Mädchen atmet nicht mehr, leblos und totenbleich liegt es auf seinem Bett. Es ist wirklich tot.

Doch Jesus ergreift die Hand des Mädchens und sagt: „Talitha kumi! Mädchen, ich sage dir, stehe auf!“ Er hat kein Zauberwort gebraucht, das hat Jesus nicht nötig; das entscheidende Wort ist uns nur in der Ursprache überliefert. Er ruft das Mädchen ganz alltäglich, so als ob er eine Schlafende aufwecken wollte. Die Mutter hätte das Kind lange rufen und rütteln können, das hätte nichts geholfen. Für Jesus aber ist die Auferweckung einer Toten nicht mehr, als wenn, morgens einer vom Schlaf erweckt wird.

Das Mädchen richtet sich auch tatsächlich auf, beginnt wieder zu atmen, öffnet die Augen, blickt umher, erhebt sich und läuft durchs Zimmer. Sie ist nicht nur dem Tod entrissen, sondern auch von ihrer Krankheit befreit. Es sieht so aus, als habe sie wirklich nur geschlafen und sei nun aufgeweckt worden.

Die Eltern und die anderen aber erschrecken. Sie spüren genau: Hier hat einer im Auftrag Gottes gehandelt, hier ist Gott mit dabei gewesen. Vielleicht fürchten sie auch, daß es sich nur um ein Scheinleben handele. Jesus aber zerstreut alle Befürchtungen, indem er ganz nüchtern sagt: „Gebt ihr etwas zu essen!“ Damit wird der Erfolg seines Handelns eindeutig.

Jesus befiehlt noch: „Erzählt nichts von alledem weiter!“ Er will nicht, daß die Leute nur aus Neugier zu ihm gelaufen kommen. Außerdem ist diese Aufhebung des Todes ja nur vorläufig. Später ist das Mädchen ja doch einmal endgültig gestorben. Aber es hat wissen dürfen: Auch der endgültige Tod ist nur ein Schlaf, Gott wird uns wieder auferwecken zu einem neuen Leben bei ihm.

 

Antwortgespräch:

Ist so etwas möglich, wie es hier geschildert wird? Das können wir doch nicht glauben! Das müssen wir auch nicht unbedingt so wörtlich glauben. Entscheidend an der Erzählung ist das Wort Jesu: „Das Mädchen ist nicht gestorben, es schläft nur!“ Das will er uns sagen für die Zeit nach unserem Tod. Er will sagen: Der Tod ist nur wie ein Schlaf, ihr braucht keine Angst zu haben, denn dann seid ihr bei Gott. Diese Beispielgeschichte will nur zeigen, was mit uns allen einmal bei der Auferstehung der Toten geschehen wird.

Das Verhalten der Menschen zu allen Zeiten bei einem Todesfall ist geprägt

Lärm, Klage, Furcht, Unglaube, Tod und Teufel.     

Wo aber Jesus zu Sterbenden oder Trauernden kommt, da gibt es nur noch:

Stille, Zuversicht, Vertrauen, Glaube, Leben, Gott.

Der Besuch Jesu war ein entscheidender Tag im Leben des Jairus. Er mußte sich entscheiden. Er hätte ja auch sagen können: „Es ist zu spät. Ich verzichte. Auch du kannst nichts mehr ändern!“ Er sagt das aber nicht, sondern geht mit Jesus, obwohl er ja noch nicht weiß, wie Jesus helfen wird.

So wird es auch ein entscheidender Tag für das Leben des Mädchens. Wenn wir diese Geschichte hören, kann es auch ein entscheidender Tag für uns werden: Hier können wir die Angst vor dem Sterben verlieren und frohe und getroste Menschen werden.

 

 

2.) Karl Kaufmann: Handreichung zur Unterweisung im Neuen Testament, Nr.8

Das Bild zeigt uns nicht die Landschaft des Heiligen Landes. Es ist alles so anders, so merkwürdig dargestellt. Was für eine Straße ist das? Wenn nun unsere Straße damit gemeint wäre? Wir sind ja alle unterwegs auf unseren Lebensweg. Dieser Weg ist gefährlich. Schonmancher wurde darauf niedergeschlagen (im übertragenen Sinne) durch Unglück, Rücksichtslosigkeit, Habgier, Ehrgeiz.

Dieses Bild      zeigt den Niedergeschlagenen in der „Kurve“. Kurven sind ja besonders gefährlich. Deshalb wird auf der Straße eine Kurve durch ein Warnzeichen, angekündigt. Wenn wir auf unserem Lebensweg einem Menschen begegnen, der auf unsere Hilfe angewiesen ist, dann befinden wir uns an einer gefährlichen Stelle in unserem Leben. Der Überfallene wartet ja darauf, daß wir ihm nahe kommen und ihm zum Nächsten werden.

Jesus wandelt die Frage: „Wer ist denn mein Nächster?“ um in die Frage: „Wem werde ich Nächster?“ Irgendwann und irgendwo führt unser Weg eben zu einem, dem wir Nächster sein sollen. Und das ist auch dann jedesmal die Stelle in unserem Leben‚ wo Gott uns ganz nahe kommt und unsere Entscheidung für oder gegen ihn fordert.

Gehen wir an einem Hilflosen vorüber, dann geht es mit uns bergab. Wir bleiben dann in der Finsternis und über unserem Weg stehen „Berge der Schuld“ und das höhnische Gelächter der finsteren Mächte. Die Berge haben nämlich Gesichter unddeuten zugleich die abweiserde Härte der Landschaft an.

Vorüber gegangen ist der Priester Er ist vom Bildrand geschnitten, um die Eile zu unterstreichen, mit der er aus dem Geschehensfeld herauszukommen versucht. Auch der Levit ist mit einen gezeichnet, um die Bewegung zu betonen. Wer aber von uns könnte von sich sagen: Ich bin noch nie an einem Menschen vorübergegangen!?“ In diese Landschaft bricht nun die Wirklichkeit des Gottesreiches ein: Eine parabelähnliche Linie umschließt ein besonderes Feld, das in seinem Weiß von allem Erdendunkel geschieden ist. Hier ist das Reich Gottes, hier geschieht Gottes Wille. Die Hand Gottes mit dem gebieterischen Zeigefinger weist ja extra noch darauf hin, wo wir etwas tun sollen.

Der Priester und der Levit haben sich sicher gesagt: „Der da liegt, das ist ja ein Fremder, dem braucht man nicht zu helfen!“ Aber das Bild stellt uns diesen Menschen als einen Bekannten dar: Ist es nicht Christus selbst, der da liegt? Wenn wir uns einem Menschen nicht nahen, der auf unsere Hilfe angewiesen sind, dann sind wir also an Christus vorüber gegangen. Wir sagen oft: „Ein solcher Mensch ist doch

ein Fremder!“ Aber Christus kennt ihn und nennt ihn seinen Bruder.

Auch der unscheinbarste Mensch, auch der zu einer anderen Rasse, Klasse oder Partei gehört, ist Christi Bruder und soll auch unser Bruder sein. In allem Leid der Welt begegnet uns der Gekreuzigte.

Sicher haben wir da oft versagt und den Mitmenschen und Christus übersehen. Unsere Lage wäre in der Tat verzweifelt ‚ wenn wir auf das angewiesen wären, was wir getan oder nicht getan haben. Aber Jesus, der das Gleichnis erzählt hat, will selbst unser barmherziger Samariter sein. Er will unser verwundetes Gewissen heilen, wenn wir ihn anrufen. Jesus ist selbst der barmherzige Samariter, der zu uns sagt:

„Stehe auf, deine Sünden sind dir vergeben!“ Und dann hilft er uns zu echter Bruderliebe, wenn wir ihn nur darum bitten.

 

3.) Hans-Georg Anniès: Wer ist mein Nächster? (Wir haben das Leben, Nr.10).

Der hilfsbedürftige Mensch liegt auf dem Boden, den Oberkörper nur mit Mühe ein wenig aufgerichtet. Der Kopf ist erschöpft nach unten geneigt, das Haar hängt wirr herab. Mit der linken Hand stützt er den Körper ein wenig, die Rechte streckt er nach Hilfe aus.

Diese Hilfe ist schon da. Der Helfende wendet sich ganz dem Elenden zu. Er kniet nieder und sucht den Liegenden mit seinen beiden Händen zu umfangen. Die Rechte faßt nach der Rechten des Hilfesuchenden. Die Linke umfaßt dessen Kopf. Sie ist überlang gezeichnet und deutet damit die überschwengliche Bereitschaft zur Hilfe an. Auch das Gesicht des Helfers ist voll und ganz dem Menschen in Not zugewendet.

Er gibt nicht etwas Eßbares oder Trinkbares, auch nicht ein Kleidungsstück, sondern er gibt sich selbst als Mensch und als Bruder. Alles andere ergibt sich erst daraus. Beide Figuren ergeben in ihren Randumrissen ein geschlossenes ellipsenförmiges Gebilde. Dieses ist ein Zeichen der Liebe und des Vollkommenen, so wie Gott es will Allerdings ist die praktische Hilfe an Notleidenden nicht der einzige Friedensdienst der Christen. Auch indem wir Gottes Wort weitersagen, helfen wir zum Verständnis der Menschen untereinander.

 

4.) Hans-Georg Anniès: Der barmherzige Samariter (Zeichen, N.2.1.3).

Links oben sehen wir in einem schwarzen Viereck einen leidenden Menschen dargestellt. Sein Blick verrät Qual und Verzweiflung. Die Hände sind hilflos übereinandergelegt. Seine linke Hand am Kinn unterstützt den aus Schmerz und Leid aufsteigenden fragenden Ausdruck der Augen. Der Leib erscheint eingeschnürt durch Fesseln. Der Mann ist hilflos und preisgegeben und seiner Freiheit beraubt.

Rechts von ihm steht die größte Gestalt des Bildes. Der Mann zeigt mit der ausgestreckten Rechten auf der hilflosen Mann. Sie umfängt auch die in einem Kreis dargestellte Hauptszene der Beispielerzählung vom Barmherzigen Samariter: Der Samariter ist von seinem Reittier abgestiegen und bemüht sich um den am Boden Liegenden. Im Hintergrund sieht man den Priester und der Leviten im Wald verschwinden.

Die beiden Bögen könnte man nach unten verlängern und dann würde ein Herz daraus. So will das Bild sagen: Hab ein Herz für den Menschen neben dir, der dich braucht! Übe Barmherzigkeit. Dies wird auf den beiden unteren Bildern dargestellt. Ein dicker Querstrich zieht die Summe der oberen Bilder: Drei Figuren wenden sich entschlossen nach rechts, zwei nach links. Sie gehen auf die Welt zu, um das zu tun, was Jesus im Gleichnis sagte. Ihre Gesichter sehen ähnlich aus wie das der großen Figur, die Jesus darstellen soll, und übrigens auch wie das des Samariters in dem Kreis. Sie haben die schraffierten Bänder durchbrochen, die die Mauern zwischen den Menschen darstellen.

Das Bild ist in Rot gehalten, der Farbe des Blutes. Christusliebe läßt es sich sogar das Herzblut kosten, um anderen zu helfen. Der Weg der Liebe kann zum Kreuz führen. Wer Jesus nachfolgen will, wird unter Umständen leiden müssen. Das wird angedeutet durch das Kreuz, das durch den Querstrich und der senkrechte Schriftband gebildet wird: „Gehe hin und tue desgleichen!“

 

 

 

Wunder

           

           

Die Moderne Naturwissenschaft macht den Wunderglauben leichter, denn sie sieht in den Wundern „Kraftwirkungen“ und Jesus hätte dann im Kraftfeld Gottes gestanden. Es wäre jedoch ein Armutszeugnis gewesen, wenn er sie nötig gehabt hätte. Es wäre aber auch Mißtrauen, wenn man dem Sohn Gottes unterstellen wollte, er hätte Wunder getan, um Jünger zu werben. Deshalb hat Jesus auch manchmal Wunder abgelehnt und das Weitererzählen verboten. Jesus will keine Schauwunder um etwas zu erreichen (Luk 14) Schauen, so daß auch alle daran glauben, gibt es erst im jüngsten Gericht.

Wunder auf Zeit sind im Augenblick des Geschehens nicht zu erklären, aber vielleicht in nächster Zukunft. Wenn man Wunder als psyschologischen Vorgang sieht, dann wären sie mit Hilfe der Naturgesetze geschehen, aber anscheinend durch eine Durchbrechung der Naturgesetze.

Das Wunder gehört zum Glauben, aber es stützt ihn nicht. Es gehört insofern dazu, als der Christ mit der Möglichkeit der göttlichen Hilfe in Form des Wunders rechnet, denn sonst wäre ja jedes Fürbittengebet sinnlos.

Gegen die Meinung, die Wunder sollten die unsichtbaren, anzweifelbaren göttlichen Dinge sichtbar und unbezweifelbar machen, wird festgestellt, daß solche den Glauben durch das Schauen ersetzen wollende Beweiswunder die biblische Botschaft nicht erhöhen, sondern untergraben, denn dann traut man Gott nichts zu.

Das Wunder beweist und überbietet nicht das göttliche Wort von der Vergebungsvollmacht Jesu, sondern Gott legt dasselbe aus, indem es zeigt, daß es dabei nicht um eine Lehre geht, sondern um eine Tat, die den Menschen in eine ganz persönliche Entscheidung gegenüber Christus stellt. Ein Religionsstifter gibt Rezepte und verkündet eine Lehre, Christus jedoch vollbringt die Tat.

Aber Predigt und Wunder treffen nicht alle, weil man sie nicht annehmen will. Die noch sündigen Menschen verlangen ein Wunder. Aber nur wer Gottes Willen tun will, wird keine Fragen mehr haben (Joh 7 ,17). Es geht nicht um Denkvorgänge (Theologiestudium), sondern um die Tat, den Einsatz, das Leben.

Jesus lehnt das Wunder überall da ab, wo man sich unter allerlei Vorwand vor einer persönlichen Entscheidung und einem tathaften Einsatz des Glaubens drückt. Man macht einen Bogen um den unbekannten Gott, um den unbequemen Gott, indem man Vorwände bringt. Aber nicht der mangelnde Verstand ist der Grund, sondern man will nicht Gottes Willen tun. Man gibt dann Jesus die Schuld am Unglauben, weil er keine Wunder tut. Dabei vergißt man ganz, welch große Unfreiheit es wäre, wenn Jesus dann ein Wunder täte und den Menschen dann gewissermaßen auf seine Seite zwänge.

Die Wunder wollen Jesu Sendung deuten, sie sind Predigt: Wie das Wunder die Naturgesetze durchbricht, so ist die Sündenvergebung eine Durchbrechung des Gesetzes von Schuld und Sühne; Wunder und Predigt gehören also durchaus zusammen.

Auch das anerkannte Wunder 1äßt die Entscheidungs- und Anfechtungsfrage offen, ob das Wunder von Gott oder Dämonen stammt (Matth. 21,23) und führt somit entweder zur Erhellung oder zur Verdunklung der biblischen Botschaft. Das bedeutet: Da der Teufel auch Wunder tut, kann man ein Wunder nicht als einen Beweis für die Hilfe Gottes ansehen, es hat keine große Bedeutung. Es liegt nicht an der „religiösen“ Veranlagung, ob man hinter dem Wunder Gott oder einen Dämonen oder das Naturgesetz sieht, sondern allein an der Bereitschaft zur Hingabe und zum Gehorsam gegenüber Gott.

 

 

Verkündigung Jesu

 

Seligpreisungen:

Was würden wir verändern, wenn wir die Welt verändern könnten? Schule abschaffen, Einkauf ohne Bezahlung einführen, kein Hunger und kein Elend mehr, immer Friede und Gerechtigkeit, keine Unterdrückung und Ausbeutung, kein Böses mehr in der Welt.

Immer wieder haben die Menschen sich bemüht, die Welt zum Guten zu verändern: Tolstoi, Gandhi, Martin Luther King. Auch der Sozialismus ist ein solcher Versuch, die Welt zu verbessern. Die Welt hat eine Sehnsucht nach Gerechtigkeit. Gott weiß davon. Und Jesus sagt:

„Es ist gut, wenn ihr diese Sehnsucht habt!“

Jesus kennt auch die Angst vieler Menschen um ihr Glück. Wenn einer etwas erreicht hat,

dann strebt er weiter. Es gehört offenbar zum Menschsein, daß wir nicht ausruhen können. Und auch wenn einer nicht über das Erreichte hinausstrebt, dann sucht er es doch zu sichern und zu schützen. Es gibt Augenblicke, da fühlen wir uns glücklich. Aber wir haben auch Angst, das Glück wieder zu verlieren. Wer ist da schon wirklich glücklich?

Matthäus hat in seiner sogenannten „Bergpredigt“ eine Reihe von Jesusworten zusammengestellt, die von glücklichen Menschen erzählen. Alle diese Sätze fangen mit „selig sind…“ an,

und meist wird das ausführlicher übersetzt „glückselig zu preisen sind...!“ (Wir lesen Mt 5,1-10 oder auch eine freie Umschreibung).

Hier ist die Rede von Menschen, die wissen, daß sie nicht vollkommen sind und sich doch nach Vollkommenheit sehnen („geistlich arm“), die einen Kummer haben wegen eines Todesfalls oder eines Unglücks („Leid tragen“), die sich um Frieden zwischen anderen bemühen und selber auf ihr Recht verzichten („sanftmütig“), die Gerechtigkeit noch mehr ersehnen als bei leiblichem Hunger die Sättigung („hungert und dürstet“), die bereit sind zum Helfen („barmherzig“).

Wir würden doch erwarten, daß Jesus die Klugen und Starken seligpreist. Aber er nennt ganz andere Leute, die nach den üblichen Maßstäben als unglücklich gelten. Im Altertum wurde das Glück als etwas verstanden, was nur die die Götter erlebten und den Menschen also vorenthalten war. Jesus aber sieht es anders.

Er spricht zu den einfachen, aber frommen Leuten. Sie wollten die Gebote Gottes streng und treu halten und verzichteten lieber auf soziale Sicherheit, als daß sie ihr Heil verscherzten, weil sie es mit den Geboten ernst nahmen, kamen sie im Leben nicht so sehr voran. Aber sie erwarten alles von Gott, auf den sie angewiesen sind.

Die „geistlich Armen“ haben also nicht einen Mangel an heiligem Geist oder gar an Verstand, sondern die Demut vor Gott ist ihre innere Lebenshaltung. Sie können glücklich sein, auch wenn sie nichts haben, was nach unserer landläufigen Meinung zum Glücklichsein dazugehört.

Das liegt daran, daß ihnen das Glück von Jesus zugesprochen wird. Er gibt ihnen keine Empfehlungen und macht ihnen keine Versprechungen. Er vertröstet sie auch nicht auf ein besseres Jenseits (auch nicht in Vers 4 und 6), sondern er trifft einfach die Feststellung: Ihr seid glücklich, und zwar schon hier und heute. Sie sind deshalb glücklich, weil sie Frieden schaffen unter den Menschen um sie herum, sie lösen Freude aus und das Glück strahlt förmlich von ihnen aus.

Das ist natürlich nur möglich, weil Jesus für das Heil und das Glück dieser Menschen eingetreten ist. Vorher waren sie gefangen von den Vorurteilen und der Verachtung der anderen Menschen. Aber nun hat Jesus von außen ihr Gefängnis aufgebrochen, indem er am Kreuz gerade für diese Menschen starb. Nicht erst sein Tod hat Heilsbedeutung, sondern schon sein Leben. Schon hier stellte er sich ganz auf die Seite der Menschen, die unter einer Last gebeugt waren und in Angst und Einsamkeit lebten (deshalb hat man diese Jesusgeschichten auch für die Nachwelt erhalten, weil hier besonders deutlich wird, wie Jesus der Christus für andere ist).

Die rein menschlichen Wünsche werden dadurch zwar nicht erfüllt oder weggeblasen. Auch die Wirklichkeit bleibt unverändert. Aber sie ist keine Bedrohung mehr für das Glück. Gott sagt „Ja“ zu uns, auch wenn wir ein Kreuz zu tragen haben. Er hat ja selber beim Kampf um das Glück der Menschen seinem eigenen Sohn das Kreuz auferlegt, damit es die Menschen nicht mehr tragen müssen. Was dann noch bleibt, das ist im Glauben an Gott zu tragen.

Vor allem kann man auch die Not der Mitmenschen erkennen. Wenn wir sehen, daß sie es vielleicht noch schwerer haben, dann werden wir wieder zufrieden mit dem, was wir haben. Dann fragen wir auch nach den Wünschen der anderen und versuchen ihnen zu helfen. Wir werden selber am meisten davon haben. Zum Glücklichsein ist nicht erforderlich, daß alle unsere Wünsche in Erfüllung gehen, sondern daß Jesus Christus in unser Leben kommt und uns den Blick frei macht für unsere Mitmenschen.

Deutlich werden kann uns das auch an der Erzählung „Der kleine Prinz“ von Saint Exupery. Auf den ersten vier Planeten trifft er auf Menschen, die befehlen wollen, die bewundert sein wollen, die vergessen wollen und die besitzen wollen.

All das gehört angeblich zum Glück, aber im Grunde

machen sich alle etwas vor und sie beschäftigen sich nur mit sich selber. Der kleine Prinz

dagegen hat nur ein kleines Ziel: Er will seine Blume pflegen. Aber er kann sagen: „Es ist gut für meine B1ume, daß ich sie besitze!“ Glück ist nicht da, wo der Mensch für sein privates Wohlergehen sorgt, sondern wo er sein Leben einsetzt für Andere.

 

Wie sähe es wohl in unserer Welt aus, wenn wir zu den „Seligen“ gehörten?

Wenn wir um unsere Grenzen und Mängel wüßten                        Vers 3

Wenn wir unsere Traurigkeit zugäben, uns aber trösten ließen     Vers 4

Wenn wir Mißverständnisse und Vorurteile aufgäben                     Vers 5

Wenn wir uns alle um Gerechtigkeit bemühten                                Vers 6

Wenn wir Hilfsbereitschaft und Mitgefühl zeigten                            Vers 7

Wenn unsere Gedanken und Wünsche rein und liebevoll wären   Vers 8

Wenn wir auf eine Sache verzichteten oder eine Bemerkung unterdrückten.

 

Es gibt aber solche Menschen, die nach der Bergpredigt leben und von denen ein Segen auf die Menschheit ausgeht. Man muß dabei nicht nur an berühmte Leute denken (Albert Schweitzer). sondern es gibt solche Menschen auch in unserer Nähe. Sie sind nicht tyrannisch und hochmütig, sondern friedfertig; sie haben selber Leid erfahren, können aber dennoch andere trösten. Sie verbreiten eine Welt des Friedens um sich herum und das ist ansteckend.

Wenn wir nun aber nicht zu diesen Menschen gehören? Vielleicht gehören wir doch dazu. Viele wollen doch die Welt verändern. Dann sollen sie bei sich selber anfangen. Denn das kann jeder: Es ist zwar unbequem, aber sehr wirksam.

 

Aufgaben:

Suche in der Weihnachtsgeschichte nach Menschen, die geistlich arm sind, die nach Gerechtigkeit hungert, die friedfertig sind (dazu gehören auch Simeon und Hanna)

 

Von der Feindesliebe: Mt 5, 43 48

 

A. So machen es alle:

Flanellbild I: Strichzeichnung

Auf der Flanellwand erscheint ein Mensch: Das bin ich? Um mich herum stehen andere Menschen: Eltern, Geschwister, Freunde. Die nehme ich gern in meinen Umkreis hinein, auch oft einen Lehrer oder eine Lehrerin oder noch andere Menschen.

Warum habe ich diese Menschen lieb? Weil sie sich um mich kümmern, zum Beispiel am Geburtstag. Aber oft lieben sie sich dabei auch selbst, denn Eltern versuchen bei aller Liebe doch immer wieder, ihre Kinder zu einem Abbild ihrer selbst zu machen. Aber das ist halt nichts Besonderes in der Welt: So machen es alle!

Außerhalb unsres engeren Umkreises sind andere: Fremde (blau) und Feinde (schwarz). Sie gehen mich nichts an, die kümmern mich nicht, auch wenn sie vielleicht mit im gleichen Haus wohnen oder mit in die gleiche Klasse gehen. So haben die Pharisäer ihre Gegner bekämpft: Die Zöllner, Sünder, die Römer, sogar die Kranken. Aber auch wir heute bekämpfen unsere Feinde. Aber so machen es halt alle! Doch wo hat uns dieser Haß hingebracht? Judenverfolgungen des Dritten Reiches!

Schon zur Zeit Jesu war es nicht anders: Samaritaner verfluchen Galiläer. Die zischen zurück: „Wartet nur, das wird euch heimgezahlt!“ Ein samaritanischer Kaufmann hat einen Unfall, sein Lasttier ist gestürzt. Doch ein Galiläer geht mit steinernem Gesicht vorüber: „Wie du mir, so ich dir!“

Ist es nicht schön dumm, seine Feinde zu lieben? Wenn der Feind das nun ausnutzt? Darf man sich alles gefallen lassen?

 

Spiel: An der Bushaltestelle .

Es warten viele Leute. Der Bus hat Verspätung. Sie werden ungeduldig. Endlich kommt der Bus. Doch er ist schlimm voll. Es werden nicht alle mitkommen. Alle drängeln sich zur Tür. Die anderen können kaum aussteigen. Einer hat den Ellenbogen des anderen in die Seite gekriegt. Er schreit ihn an: „Hau bloß ab!“ und versucht, selber mit Hilfe seiner Ellenbogen nach vorne zu kommen.

 

II Jesus aber sagt:

„Ihr wißt, wie es alle machen! Ich aber sage euch: „Liebet eure Feinde!“ Auch wenn euch ein noch so großes Unrecht zugefügt wurde! Der Text wird aus dem Neuen Testament gelesen! (Predigttext kann nicht erzählt werden).

Wir wollen natürlich sofort sagen: „Das können wir nicht, das ist unmöglich!“ Jesus weiß auch, daß es oft über unsre Kraft geht. Deshalb spricht er hier ein Machtwort, um unser Vertrauen zu wecken und uns an sich zu binden. Er bietet sich an, in uns solche unmöglichen Dinge zu bewirken.

 

Flanellbild II:

Das Ich wird aus dem Mittelpunkt geholt und Jesus (weiß mit einem Kreuz) wird in die Mitte gestellt. Dadurch sind alle Menschen in die gleiche Lage versetzt: Sie stehen in gleichem Abstand zu Jesus, sie sind alle miteinander solidarisch und Jesus ist der Mittelpunkt. Wer aber von sich selber befreit ist, der ist erlöst.

Wenn Jesus im Zentrum steht, dann kann ich auch für den Feind beten, der selber vielleicht gar nicht einmal betet. Stellvertretend stelle ich mich neben ihn und bete für ihn. Dann kann er mich auch nicht mehr verfluchen, denn die Strahlen Jesu erreichen ja uns beide („Die Sonne, die mir lachet“). Ein anderer Geist ist in mich hineingekommen, ich mache es nicht mehr so wie alle, sondern wie Jesus, der noch am Kreuz seinen Feinden verzieh (Lk 23,34). So entsteht und so lebt die Gemeinde Christi!

 

 

Der gute Hirte lebt für die Herde: Joh 10, 11-18 und 27-30

Hinführung

Wo kommt das Bild vom Hirten in der Bibel sonst noch vor? In Psalm 23 geht es um den guten Hirten, der seine Schafe zur frischen Weide führt. In Johannes 10 dagegen läßt der Hirte sein Leben für die Schafe, aber ergibt ihnen auch das ewige Leben.

Folgende Geschichte verdeutlicht das Bild vom guten Hirten:

Ein Bauernhof war nachts in Brand geraten. Helfer kamen erst nach und nach heran, weil der Hof etwas für sich lag. Man wollte auch die Schafherde retten. Mit viel Gewalt und Geschrei hatte man sie endlich aus dem Stall heraus. Aber da drehten die ersten wieder um und rannten in den brennenden Stall zurück. Die Herde wäre nicht zu retten gewesen. Doch plötzlich hob der Leithammel den Kopf. Auf einmal drängen die Schafe von selbst zum Ausgang. Was war geschehen?

Der Schäfer kam herbei! Durch das Geschrei der Menschen und das Prasseln der Flammen hindurch hatten die Schafe seinen Ruf und seinen Pfiff gehört. Sie konnten ihn noch nicht sehen, aber sie folgten ihm dorthin, wo er sie hinführt. Kein Schaf blieb zurück. Die Stimme des Hirten hatte sie gerettet. Die anderen Menschen meinten es auch gut mit den Schafen und wollten sie bewahren, aber auf ihre Stimmen haben die Schafe nicht gehört.

 

Auslegung:

10.) Die Hirtenrede und die Rede vom wahren Weinstock sind die beiden einzigen ausgeführten Ich-bin-Bildreden im Johannesevangelium. Die Hirtenrede ist die letzte vor dem Volk gehaltene Offenbarungsrede (Joh 15 nur vor den Jüngern). Sie ist letzter Appell an die Welt, indem das Wechselverhältnis zwischen Jesus und den Seinen als höchste Möglichkeit des Glaubens hingestellt.

Der Hintergrund zur Hirtenrede ist das Tempelweihfest (Chanukka). Es wird in der Regenzeit eine Woche lang gefeiert. Es erinnert an die Wiedereinweihung des Tempels durch Judas Makkabäus im Jahre 165 vCh, nachdem die Syrer das Heiligtum entweiht hatten. Zu den gottesdienstlichen Lesungen des Festes gehört Hesekiel 34, in dem von den guten und schlechten Hirten Israels gesprochen wird.

(11.) Schon vorher war von dem Hirten und dem Dieb die Rede. Jetzt geht es um den g u t e n Hirten und den Mietling. Ein Hirte hat zwar gelegentlich sein Leben für die Schafe riskiert. Aber dieser Hirte gibt es sogar hin (V.15).

(12.) Der gemietete Hirte läßt die Schafe im Stich, um sein eigenes Leben zu retten. Er hat ja keine echte Beziehung zu den Schafen, es gibt keine gegenseitige Vertrautheit. Das „kennen“ drückt in der Bibel eine persönliche Beziehung aus („Adam erkannte sein Weib“). Die alttestamentlichen Hirten waren Herrscher, Jesus aber ist der Erlöser, der die Seinen persönlich kennt.

(13.) Ein erläuternder Zusatz des Evangelisten, der schlecht anschließt, wie noch die Arbeit der späteren Abschreiber zeigt.

(14.) Die Verse 14 - 18 und 27 - 30 enthalten die Deutung der beiden Gleichnisse durch Johannes. Vers 14 wiederholt das Ich-bin-Bildwort, allerdings wird jetzt das gegenseitige Kennen und Sichkennen herausgestellt, das den Seinen Anteil an der himmlischen Welt gibt.

(15.) Das Verhältnis der Seinen zum Hirten entspricht dem Verhältnis des Offen­barers zum Vater. Die Sprache stammt aus der hellenistischen Mystik und gnostischen Literatur; dort geht es aber um die wesensmäßige Einheit des Mysten mit der Gottheit, während es bei Johannes auf das gegenwärtige Kennen ankommt. Die Innigkeit des Verhältnisses hat aber ihren Grund in der Selbstaufopferung Jesu. Ab Vers15 b und in den Versen 17 - 18 wird der zweite Hauptgedanke der Bildrede gedeutet: der Lebenseinsatz des Hirten für die Schafe.

(16.) Eine polemische Einfügung der kirchlichen Redaktion, die eine Weissagung auf Heidenmission und die universale Kirche eingetragen hat. Der „Stall“ wird auf das jüdische Volk bezogen. Die zu Jesus gehörenden „Schafe“ leben aber nicht nur in Israel, sondern auch in der Weite der Heidenvölker. Jesus ist der Heiland der Welt und nicht nur der Juden. Das Endziel wird sein: eine Herde und ein Hirt!

(17.) Der Gedanke von Vers 15 wird wieder aufgenommen. Der Opfertod Jesu ist freiwillig. Aber er „nimmt“ sein Leben auch wieder. Bei Johannes wird Jesus nicht von Gott auferweckt, sondern sein Tod ist die souveräne Rückkehr zum Vater.

(18.) Hingeben wie Nehmen war Auftrag des Vaters an Jesus. Jesus Sterben ist die Tat seines Gehorsams. Er legt sein Leben hin wie ein Gewand, das er nachher aber wieder anzieht.

(27.) Die beiden Sätze von Vers 14 werden nun zweimal in umgekehrter Reihenfolge variiert. Der Gedanke der Sicherheit des Glaubens wird nun zum eigentlichen Thema. Die subjektive Sicherheit liegt darin, daß die Seinen den Offenbarer kennen und ihm folgen. Aber es gibt auch eine objektive Sicherheit, weil man im Glauben auf den hört, der auch die Seinen kennt.

(28.) Die Verheißungen des ewigen Lebens unterstreichen das noch. Nicht einmal durch den Tod kann man von dem Hirten getrennt werden.

(29.) Der Wille des Vaters ist stärker als alle Widersacher! Jesus weiß sich mit ihm völlig eins. Der Vater und Jesus handeln völlig solidarisch an den Schafen.

(30) Knapper kann man es nicht formulieren. Aber man sollte dabei nicht dogmatisch über das innergöttliche Wesensverhältnis spekulieren.

 

 Gespräch :    

Wer hat uns etwas zu sagen, auf      wen hören wir? Staatsorgane, Eltern, Nachbarn, Mode, Gespräche am Arbeitsplatz‚ Medien.

Die Beantwortung dieser Frage kann uns deutlich machen, wer heute unser guter Hirte ist bzw. wenn wir dafür ansehen. Es gibt begründete und unbegründete Ansprüche an uns. Auch Jesu Anspruch war zunächst überheblich. Mit seinem „Ich bin!“ wirkt er wie ein Angeber und Hochstapler. Aber bei ihm ist es doch etwas anderes als das Versprechen Kaiser Wilhelms II. „Ich führe euch herrlichen Zeiten entgegen!“oder der Ausspruch Goethes über die „himmlischen Mächte“: „Ihr führt ins Leben uns hinein, Ihr laßt den Armen schuldig werden, dann überlaßt ihr ihn der Pein; denn alle Schuld rächt sich auf Erden!“ (Wilhelm Meisters Lehrjahre). Der „Mietling“ hat keinen Idealismus, er setzt sich bei seiner Arbeit nicht ein, er hat kein Verhältnis zu ihr, pfuscht bei der Arbeit und denkt nur an den eigenen Vorteil.

Jesus dagegen setzt sich mit seinem Leben ein, um Liebe unter die Menschen zu bringen. Das unterscheidet das Christentum von allen Religionen: Jesus Christus ist der Gekreuzigte, seine „Überheblichkeit“ ist in seinem Opfertorf begründet. Im Ge­gen­satz zu den „himmlischen Mächten“ läßt Jesus die Seinen in ihrem Versagen nicht allein.

Die Deutung der Hirten in Hesekiel 34 gibt uns das Recht, auch die heutigen Politiker zunächst einmal als „gute Hirten“ anzusehen. Zumindest wollen sie es doch nach ihrem eigenen Selbstverständnis sein. Sie wollen das Beste für ihr Volk, nur. Will das Volk es im Augenblick noch nicht so recht einsehen.

Die Politiker sagen: „Wir wissen um die Entwicklung im Großen und Ganzen. Ihr dürft nicht nur auf der Augenblick und eure persönlichen Wünsche sehen. Im Augenblick mag manches hart für euch sein. Aber ihr dürft sicher sein: Auf die Dauer gesehen ist das richtig, was wir für euch entschieden haben.

Um die Herde muß zum Beispiel ein Zaun gelegt werden, damit sie sich nicht verläuft und damit Fremde nicht einbrechen können. Für den Einzelnen führt das zu unerträglichen Härten. Aber angeblich nützt das dem Volk insgesamt. Der gute Hirte allein entscheidet, was für seine Schafe gut ist.

Diese sind oft „dumme Schafe“. Dabei sind Schafe gar nicht so dumm, wie ihnen oft nachgesagt wird. Das Bild vom Hirten und der Herde ist nicht so beliebt, wegen der „dummen“ Schafe. Aber es hat auch etwas Positives: Wenn Jesus wirklich der gute Hirte ist, warum sollte man sich ihm nicht anvertrauen? Es kann doch nur gut für uns sein, wenn wir dem wahren Hirten folgen!

Das Gegenbild des „Mietlings“ kennen wir auch. In unserem Alltagsleben verhalten wir uns oft selber so. Viele möchten möglichst nur zwei Stunden am Tag arbeiten, aber im Monat 5.000 Euro dafür erhalten.

Für die Qualität der Produkte sind wir nicht verantwortlich. Und auch dabei findet man nichts, wenn man das Firmeneigentum „in persönliche Pflege“ nimmt. Der Erfolg der Firma geht uns nichts an. Wir gehen nur hin, weil wir eben etwas tun müssen. .Aber das ist nicht unser Leben.

Anders sieht es aus, wenn einer eine eigene Firma hat oder wenn er etwas in seiner Freizeit tut oder wenn er ein eigenes Haus hat. Das Eigene pflegt man. Aber ein Christ hat die Pflicht, auch dann ordentlich zu arbeiten, wenn es nicht um das Eigene geht.

Jeder neue Herrscher wird mit großen Hoffnungen begleitet. Er will zunächst nachweisen, daß vorher alles falsch gemacht worden ist. Jetzt erst beginnt eine neue Zeit. Bald werden alle erkennen, daß sie es jetzt besser haben. Dann steht in der Zeitung: „Es wurden Maßnahmen getroffen im Interesse der Bürger!“ Wenn so etwas drinsteht, dann kann man damit rechnen, daß das Leben erschwert wird und wieder ein Stück Fortschritt und Freiheit zurückgedreht wird. Es stellt sich heraus, daß der neue „Hirte“ auch nur mit Wasser kocht. Und je länger er dran ist, desto mehr wünschen die Leute seine Ablösung. Wenn dann wieder ein „Neuer“" kommt, dann weist er wieder nach, daß vorher alles falsch gemacht wurde und jetzt erst mit ihm die neue Zeit beginnt.

 

 

Gleichnisse

 

Das Gleichnis vom Sämann: Mk 4, 1 - 20  (Mt 13,1-23 und Lk 8,4-15)

Einstieg:

In Illustrierten und Zeitungen suchen wir nach Erfolgsmeldungen. Wir fragen uns: Woher kommen die Erfolge? Werden auch Mißerfolge berichtet? Hat die Kirche auch Erfolge zu melden? Es sind doch nur relativ wenige Leute im Gottesdienst. Und bei denen, die da sind, weiß man nicht, ob sie das Wort Gottes wirklich annehmen. Fast zweitausend Jahre wird die Botschaft von Jesus verkündet, aber die Welt hat sich nicht verändert. Die Kirchengruppen werden kleiner. Nur relativ wenig junge Leute entschließen sich zu einem kirchlichen Beruf. Wenn wir jemanden zur Kirche einladen wollen, erhalten wir viele Absagen und kriegen Ausreden zu hören. Das enttäuscht uns dann. Aber in der Bibel wird uns vielfach von der Ablehnung des Wortes Gottes berichtet; besonders die Propheten klagen darüber. Weshalb soll es da bei uns anders sein?

Andererseits können wir auch von Erfolgen und Leistungen in der Kirche reden. Da wird Geld gesammelt für Hilfsbedürftige bei uns und anderswo, an Weihnachten kommen viele in die Kirche, es werden große kulturelle Leistungen vollbracht. Erstaunlich ist, daß es immer wieder neue Christen gibt, daß auch heute noch Menschen zu Gott finden.

Jesus hat einmal dazu gesagt: „Das ist doch ganz üblich, der Mißerfolg und der Erfolg. Da braucht ihr euch nicht zu wundern!“ Was er meinte, hat er mit einem Gleichnis deutlich zu machen versucht.

 

Erzählung: I :

Wir betrachten eine Handvoll Samen und sprechen darüber, wie aus dem Samenkorn langsam eine Pflanze und nachher eine Frucht wird. Die Bauern müssen sich viel Mühe machen, ehe auf den Feldern etwas wächst. In früheren Zeiten war das noch mühsamer. Im Lande Jesu konnte man dem Boden nur wenig Ertrag abringen. Besonders die Heimat Jesu, die Landschaft Galiläa, war ziemlich unfruchtbar. Aber die Leute mußten ja von etwas leben und machten sich deshalb immer wieder Jahr für Jahr große Mühe.

Die Felder waren nicht sauber abgeteilt. Wege und Trampelpfade führten oft mitten über die Äcker. Der Boden war steinig, oft lag nur eine dünne Ackerkrume auf dem felsigen Untergrund. Dann dörrte die Sonnenhitze den Boden aus und erhitzte die Steine. Die Pflanzen gingen dort zwar schnell auf, weil es warm war und keine dicke Erdschicht zu durchdringen war. Aber wenn dann der heiße Glutwind kam, waren die Pflanzen schnell wieder versengt und vertrocknet.

Oft waren die Felder auch voller Dornengestrüpp, Unkraut und Disteln, die bis zu zwei Metern hoch werden konnten. Mit dem einfachen Holzpflug konnte man diese Gewächse natürlich nicht mit der Wurzel ausrotten. Überhaupt säte man erst den Samen auf den völlig unvorbereiteten Acker. Dabei fiel manches natürlich auf den Weg, die felsigen Stellen oder unter die Dornen. Aber das ließ sich gar nicht anders machen. Erst danach wurde der Boden mit dem Pflug notdürftig aufgerissen. Bei solchen Methoden war der Ertrag natürlich mangelhaft.

Aber es gab auch gute Felder. Und auch auf den wenigen guten wuchs am Ende doch noch etwas. Von einem solchen Ackerfeld erzählt Jesus, um uns etwas über Gott deutlich zu machen.

 

Erzählung II:

„Hört zu! Siehe, es ging ein Sämann aus zu säen!“Durch einen solchen starken Ausruf will Jesus die Aufmerksamkeit seiner Hörer erregen. Sie sollen nicht nur mit den Ohren hören, sondern auch in ihrem Inneren etwas wahrnehmen .Die Zuhörer kennen das, wie man den Samen aussät: Der Bauer greift mit der Hand in sein Tuch, in dem er die Körner trägt. Er nimmt eine Handvoll heraus und wirft sie in großem Bogen vor sich auf das Land. Sie fallen überall hin. Der Bauer kann nicht darauf achten, daß sie nur auf guten Boden fallen.

„Indem er säte, fiel einiges auf den Weg; da kamen die Vögel und fraßen es auf. Über den Acker haben Leute einen Weg getreten. Dort kann der Same nicht eindringen. Die Vögel kommen und picken ihn weg. Er war ganz nutzlos gesät.

„Einiges fiel auf das Felsige, wo es nicht viel Erde hatte. Es ging bald auf, weil es nicht von viel Erde bedeckt war. Aber als die Sonne hochstieg, verwelkte es. Und weil es keine tiefen Wurzeln hatte, verdorrte es.

„Beim Säen kann man nicht sehen, wie der Untergrund ist, die Oberfläche sieht ja normal aus. Der Bauer freut sich sogar, daß an einigen Stellen sehr schnell die Saat aufgeht. Aber bald ist die Herrlichkeit zu Ende.

„Einiges fiel unter die Dornen. Diese wuchsen zusammen mit dem Getreide auf und erstickten es, so daß es keine Frucht brachte!“ Vor allem die Disteln haben breitere Blätter und wachsen schneller. Zunächst denkt man: Dort wächst wenigstens etwas. Aber bald sind die Disteln größer und stärker und die eigentliche Frucht kann nicht kommen. Sie erhält nicht genug Wasser, Regen und Nahrung und muß verwelken und eingehen. Das ist also ein sehr trauriges Erde: Soviel Mühe hat sich der Bauer gemacht, soviel Samen hat er ausgestreut, aber vieles ist dann doch wieder kaputtgegangen.

Wir könnten nun meinen: Da bleibt doch gar nichts mehr übrig. Wenn drei Viertel des Samens verlorengehen, dann wird ja kaum noch etwas wachsen! Aber es geht hier nicht um vier nebeneinanderliegende Flächen. Es ist nur e i n Acker, auf dem es verschiedene Möglichkeiten des Ertrages gibt. Es sind nur wenige kleinere Stellen, die keinen Ertrag bringen. Die muß der Bauer in Kauf nehmen, die kann er nicht aussparen, sonst wird alles zu umständlich.

Er muß zwar mit einigem Mißerfolg rechnen. Aber das Meiste fällt doch auf gutes Land. Und jedes einzelne Samenkorn bringt wiederum 35 neue Körner hervor, manchmal waren es auch 60 und vereinzelt sogar 100 Körner in einer Ähre. So gibt es doch noch eine erstaunlich große Ernte: „Einiges fiel auf gutes Land und ging auf und wuchs und brachte Frucht und trug dreißigfach und sechzigfach und hundert= fach!“

 

Erzählung III:

Die Zuhörer werden sich gefragt haben: Was hat er damit wohl gemeint? Mit dem Sämann meint er wohl Gott oder sich selber. Er hat das Wort Gottes ausgestreut wie ein Bauer den Samen. Einige nehmen das Wort Gottes freudig auf. Aber ihr Herz ist glatt und hart und der Glaube bewährt sich nicht im Leben. Schon wenn ihnen Spott wegen des Glaubens droht, ziehen sie sich zurück. Wenn ihnen wegen ihres Glaubens Nachteile entstehen könnten, sind sie nicht mehr zu sehen. Erst haben sie begeistert in der Gemeinde mitgearbeitet, nun sind sie völlig gleichgültig.

Bei anderen geht die Saat zunächst auf, aber sie erhält nicht genügend Platz, um sich ausbreiten zu können. Allzu fromm will man dann doch nicht sein, das könnte unbequem werden. Es gibt ja noch so vieles anderes im Leben, das wichtig ist. Die erste große Begeisterung hält nicht lange vor. So vertrocknet das Wort Gottes wieder.

Ähnlich ist es mit der dritten Gruppe. Das Wort Gottes wird im Gottesdienst gehört und schlägt auch Wurzeln. Aber dann ist anderes stärker: die Angst vor der Zukunft, die Jagd nach Reichtum, schnelles berufliche Fortkommen - das prägt dann das Leben. Manche sind jahrelang in der Jungen Gemeinde aktiv, aber dann gewinnt doch anderes Macht in ihrem Leben. Gottes Wort erstickt wieder bei ihnen.

Aber es gibt auch eine reiche Ernte. Wo das Samenkorn auf guten Boden fällt, da hat es eine große Kraft in sich und bringt viel Frucht. Da lernt ein ungehorsames Kind gehorchen und hat die Eltern lieb, da wird ein zänkisches Kind friedlich, da sieht eins, wo man Hilfe braucht und greift zu. Seit Jesus Christus ist die Gottesherrschaft angebrochen und gelangt trotz Mißerfolg und Ablehnung doch zu einem unerwartet herrlichen Ziel, auch bei uns.

 

Gespräch:

Während der Erzählung wurde das Gleichnis an der Flanellwand dargestellt. Der Same wird ausgestreut und wieder weggenommen. Die Vögel kommen, die Dornen gehen auf, die Halme legen sich um. Aber Einiges wächst doch heran, es ist sogar der größte Teil. Nun fügen wir die Deutung des Gleichnisses noch hinzu:

Wie der Sämann den Samen ausstreut        

... so läßt Gott sein Wort ausstreuen

Wie das meiste davon verlorengeht....

...so geht von Gottes Wort vieles verloren

Wie die Ernte am Ende doch sehr groß ist...

...so ist Gottes Gemeinde am Ende groß.

Heute wird Gottes Wort ausgestreut. Die Strahlen gehen in alle Richtungen: Das Wort wird gesagt in Gottesdienst, Kindergottesdienst, Christenlehre, Kinderstunde, bei Taufe und Abendmahl, es trifft uns beim Beten und Bibelleser, durch Bücher und Kirchenzeitung, durch Rundfunk und Fernsehen; es gibt Schaukästen, CD’s, Kunst, Verkündigungsspiele. Auch die Besuchsdienste und die Heime sind nicht zu vergessen.

Aber dann kommen andere Dinge, die diese Strahlen wieder verdecken: Keine Zeit, lieber Fernsehen, Sport, aber auch Angst und Sorge. Da bleibt kein Platz mehr für Gottes Wort. Oder doch? Es gibt Menschen, die füllt Gottes Wort so aus, daß sie es gar nicht für sich behalten können; sie sind so froh, daß sie auch andere froh machen wollen (neue Strahlen werden hinzugefügt).

Hier können wir uns fragen: Welche Art Acker bist du? Gehörst du zum guten Land? So wie es in dem Nachtwächterlied heißt: „Vierfach ist das Ackerfeld. Mensch, wie ist dein Herz bestellt?“ Doch in dem Gleichnis ist nicht so sehr die Art des Ackers im Vordergrund, sondern das Schicksal des Samens, also des Wortes Gottes.

Es hat den zweifelnden Thomas dazu gebracht, daß er an den auferstandenen Jesus glauben konnte; es hat dreitausend Menschen dazu geführt, sich an Pfingsten von Petrus taufen zu lassen; Christen haben sich im Glauben an das Wort Gottes den Löwen vorwerfen lassen und haben doch ihren Glauben behalten. Missionare sind in ferne Länder gezogen, um dieses Wort auszubreiten und junge Menschen lernen Krankenpflege, um dieses Wort auch in die Tat umzusetzen.

Nun sehen wir auf einmal ein fröhliches Bild vor unseren Augen: Das Wort Gottes ist stark und mächtig und schafft viel Frucht. Alle Ablehnung kann nicht verhindern, daß Gott herrschen wird. Manchmal meinen wir, es sei kümmerlich um das Reich Gottes bestellt. Aber es hat schon angefangen, wo einer das Wort Gottes aufnimmt. Auch wenn es heute manchmal so aussieht, als gäbe es Mißerfolge, so wird doch

einmal deutlich werden, daß dem Wort eine reiche Ernte geschenkt ist

 

Verlorenes Schaf - Verlorener Groschen: Lk 15,1 - 10

Einstieg:

Es ist schlimm, wenn man etwas verloren oder verlegt hat und es nicht finden kann. Wir machen einige Suchspiele (Heiß-kalt, usw.), um uns das zu verdeutlichen. Manchmal sieht man dreimal an der gleichen Stelle nach und findet endlich doch noch das Gesuchte. Dann ist die Freude groß, die Ungewißheit ist vorbei, man kann wieder seine eigentliche Arbeit tun. - Vom Suchen und Wiederfinden handeln auch die beiden folgenden Gleichnisse Jesu.

 

Erzählung:

Wie schon so oft kommen allerhand Menschen zu Jesus, die von den anderen für schlecht gehalten werden. Aber sie wollen ihn hören und erhoffen sich Hilfe von ihnen. Es sind „Zöllner und Sünder, stadtbekannte Diebe und Betrüger, Säufer und Ehebrecher. Sie kümmern sich nicht um die Gebote Gottes, sondern denken nur an sich, wie sie sich möglichst viel Geld beschaffen können.

Jesus aber spürt ihre Hoffnungslosigkeit und Verlorenheit. Er will um einen freien Raum für diese Sünder kämpfen. Deshalb lädt er sie sogar an seinen Tisch ein und ißt mit ihnen. Jesus redet nicht nur von der Vergebung, sondern handelt auch entsprechend. In ihm wird die Liebe Gottes zum Ereignis, er handelt, wie Gott handeln würde. Er weiß, was das für Leute sind. Aber er verlangt nicht, daß sie erst ein Sündenbekenntnis ablegen und erst versprechen, andere Menschen zu werden.

Es sind aber andere da, die sich über ein solches Verhalten Jesu ärgern. Sie sagen: „Diese hat Freude an Zöllner und Sündern und ißt mit ihnen!“ Es sind die Pharisäer und Schriftgelehrten, die schon oft etwas an Jesus auszusetzen hatten. Sie fordern eine Trennung von den Sündern. Sie sind ja doch verloren; man darf sich ihnen nicht einmal nähern, um ihnen Gottes Wort nahezubringen. Wer sich doch mit ihnen einläßt, muß selber ein Sünder sein.

Wenn einer zurückkehren will, dann muß man ihm mindestens seine Reue ansehen; er muß seine Gesinnung wandeln und seine Schuld wiedergutmachen. Nur so wird der Gerechtigkeit Gottes Genüge getan und Raum für die Vergebung geschaffen. Wenn aber Jesus diese Sünder auch so wieder annimmt, dann wiegt er sie in einem Schaf der Sicherheit, da müssen sie doch denken, es sei alles in Ordnung mit ihnen. Dann macht man es ihnen mit dem Gesetz zu leicht.

So denken die Pharisäer. Sie lassen es sich sauer werden mit dem Einhalten der Gebote Gottes. Nun aber fürchten sie, ihren Vorteil zu verlieren, wenn auch die Sünder ohne eine eigene Leistung angenommen werden. Warum sucht Jesus nicht Tuchfühlung mit ihnen, den Frommen? Warum kümmert er sich gerade um diese zerbrochenen und zerstörten Menschen? Das ist doch ein öffentlicher Skandal, eine Verhöhnung des frommen Lebens, ja fast eine Gotteslästerung.

Um diesen Kritikern gegenüber sein Verhalten zu rechtfertige, spricht Jesus zu ihnen in Gleichnissen. Die beiden ersten handeln von einem Tier und einem Gegenstand, die nichts tun können für das Wiederfinden. Das dritte handelt dann von einem Menschen, der sich selber auf den Heimweg machen muß. Jesus sagt:

I. Stellt euch vor, ihr hättet unter euch einen, der eine Schafherde hat. Es ist eine Herde mittlerer Größe mit 100 Schafen. Er weidet sie im Gebirge, in einem einsamen und unübersichtlichen Gelände. Plötzlich stellt er fest, daß eins seiner Schafe fehlt. Da läßt er doch die 99 allein und geht dem einen nach und sucht es. Er verzichtet auch auf dieses eine nicht, weil er an jedem Schaf mit gleicher Liebe hängt. Der Besitz der übrigen ersetzt ihm nicht den Verlust des einen.

Wenn er aber das Schaf gefunden hat, jagt er es nicht unbarmherzig zurück, sondern sorgt sich noch in besonderer Weise um es. Es könnte ja gar nicht allein zur Herde zurücklaufen, so ermattet ist es. Da nimmt es der Hirte auf seine Schultern und trägt es freudig heim. Zuhause ruft er noch seine Freunde und Nachbarn zusammen und spricht zu ihnen: „Freut euch mit mir, denn ich habe mein Schaf gefunden, das verloren war!“ Je mehr Mühe und Sorge man sich gemacht hat, je größer die Gefahr war, desto größer ist die Freude.

Die Zuhörer Jesu sollen erkennen: In Jesus begegnet die suchende Liebe Gottes dem Sünder. Darüber kann man sich nur freuen. Auch die Frommen sollen sich da mitfreuen. Gott schaut auch nach denen aus, die gar nicht daran denken, nach ihm auszuschauen. Auch die Frommen sind nicht ausgeschlossen. Auch sie sind gefunden worden und hatten damit Glück gehabt. Aber sie sollen sich auch mitfreuen.

Jesus fügt hinzu: „So wird auch Freude im Himmel sein über einen Sünder, der umkehrt. Es wird mehr Freude sein als über 99 Gerechte, die die Umkehr nicht nötig haben!“ Deshalb darf sich auch Jesus mit den Zöllnern und Sündern abgeben. Gott freut sich über sie, wenn wie zu ihm umkehren. Er freut sich so über sie wie über die anderen, die bei ihm geblieben sind. Deshalb wird die Kirche, die nach ihm kommt auch den Menschen die Sündenvergebung Gottes verkünden dürfen: Wer will, darf immer zu Gott zurückkehren.

Jesus erwartet von seinen Zuhörern Einverständnis, daß sie sich mitfreuen, wenn Zöllner und Sünder zu Gott zurückkehren. Wenn Gott sich über sie freut, sollen sie sich auch mitfreuen. Und zwar soll das schon jetzt geschehen, nicht erst, wenn einmal das Endgericht über die Menschen kommt. Das ärgert ja gerade die anderen, daß das schon jetzt so sein soll. Aber Jesus handelt entsprechend. Er weiß, daß der Mensch nicht aus eigener Kraft zu Gott umkehren kann, wie das die Pharisäer wollen, sondern daß er von Gott gefunden werden muß. Erst wenn der Mensch gefunden ist, kann er sein Leben ändern, nicht umgekehrt: erst Leben ändern, dann Vergebung.

II. Damit sie das noch besser verstehen, schließt Jesus ein ähnliches Gleichnis an: Wenn eine Frau 10 Silbermünzen hat und eine verliert, dann sucht sie doch auch danach. Wenn es gar eine Schmuckmünze ist, die zum Kopfschmuck bei ihrer Hochzeit gehört hat, dann wird sie besonders eifrig danach suchen. Sie zündet ein Licht an, weil der eine Raum in ihrem Haus nur ein kleines Fenster hat. Sie fegt alles

sorg­fältig aus, damit sie die Münze vielleicht auf dem Boden klirren hört. Sie untersucht jede Ecke und jeden Winkel.

Wenn sie aber die Münze wiedergefunden hat, dann läuft sie und ruft die Bekannten aus der Nachbarschaft herbei. Sie ruft: „Freut euch mit mir, denn ich habe meine Münze gefunden, die ich verloren hatte!“ Es war ein empfindlicher Verlust. Der eigentliche Geldwert macht es nicht einmal. Es geht vielmehr darum, daß es sich um ein Andenken handelt, das für den Besitzer einen besonderen Wert hat.

Die Nachbarinnen nehmen es der Frau ab, daß sie sich so sehr freut. Es wurde zwar nur der frühere Zustand wiederhergestellt, aber das ist doch auch großer Grund zur Freude. Man gibt etwas Verloreneres nicht einfach auf, sondern man hält sein Eigentumsrecht aufrecht.

„So ist es aber auch bei Gott!“ sagt Jesus. „So wird auch Freude sein vor den Engeln

Gottes über einen Sünder, der zu Gott umkehrt!“ Gott sucht auch die Geringen, weil sie bei ihm einen hohen Wert haben. Er schickt Jesus zu den Menschen, damit er den Verlorenen nachgeht. Aber das Entscheidende ist nicht das Suchen, sondern die Freude beim Wiederfinden. Diese Freude soll auch die Gemeinde Gottes im Himmel und auf der Erde empfinden. Sie soll dem verlorenen Bruder die Heimkehr zu Gott leicht und schön machen.

 

 

Gleichnis vom verlorenen Sohn: Lk 15, 11 - 32

Hinführung:

Wir haben alle schon einmal etwas verloren. Wenn einer etwas verloren hat, dann beginnt er zu suchen, macht unter Umständen eine öffentliche Bekanntmachung, verspricht eine Belohnung, geht zum Fundbüro. Allerdings werden nicht alle Dirne gesucht, zum Beispiel eine verlorenen Zeitung oder ein heruntergefallener Pfennig im vollen Autobus. Wir suchen also verlorene Sachen, die für uns wertvoll sind. Und je wertvoller das Wiedergefundene ist, desto größer ist die Freude.

 

Spiel: Laut tickenden Wecker verstecken und dann von einem suchen lassen. „Heiß oder kalt rufen“, wenn sich der Suchende dem zu suchenden Gegenstand nähert.

Manchmal geht auch ein Mensch verloren. Wenn sich etwa ein Schaf verirrt oder ein Groschen verlorengeht, dann können die nichts dafür und können auch nichts dazu beitragen, daß sie wiedergefunden werden. Wenn ein Mensch aber nichts mehr vom anderen wissen will und von ihm weggeht, dann ist das seine Schuld; sie kann nur wieder gut gemacht werden, indem der Betreffende umkehrt.

Viele junge Leute verlassen zum Beispiel ihre Eltern, weil sie endlich einmal groß sein wollen. Sie wollen selbst über ihr Leben bestimmen, wollen tun können, was sie wollen, und können sich alle Wünsche erfüllen. Denkt ihr nicht manchmal auch so?

Zielangabe: Wir wollen eine Geschichte hören, in der es um die Freude des Wiederfindens geht. Damit soll etwas deutlich gemacht werden von der Freude Gottes, die er empfindet, wenn ein Mensch wieder zu ihm zurückkehrt.

 

Erzählung:

Bei Jesus waren oft Menschen, die sich nicht an die Gebote Gottes hielten. Man bezeichnete sie als „Sünder“ und rechnete vor allem die Zöllner zu ihnen. Aber gerade solche Leute kamen immer wieder zu Jesus, um ihn zu hören. Er hat sie nämlich nicht geschimpft und verachtet, sondern er erzählte ihnen von der Liebe Gottes, der auch sie zu neuen Menschen machen will.

Das aber ärgert die Pharisäer und Schriftgelehrten. Wenn dieser Jesus der Sohn Gottes sein will, dann darf er sich doch nicht mit Betrügern und Verbrechern einlassen! Sie murren und sprechen: „Dieser nimmt die Sünder freundlich auf und lädt sie mit ein an seinen Tisch!“ Um ihnen sein Verhalten zu erläutern, erzählt ihnen Jesus ein

Gleichnis, eine Beispielgeschichte.

Ein Mann hatte zwei Söhne. Eins Tages sagt der jüngere von ihnen zum Vater: „Vater, gib mir der Teil des Besitzes, der mir zusteht!“ Das ist an sich nicht ungewöhnlich. Besonders wenn einer auswandern will oder sich eine eigene Existenz aufbauen will, konnte er sein Pflichtteil ausbezahlt kriegen.

Aber der junge Mann lehnt offenbar die Existenz ab, die ihm sein Vater bietet. Er will auf eigenen Füßen stehen. Beim Vater hatte er es gut. Aber er will doch endlich selbständig sein, nicht immer noch unter den Augen des Vaters, wo man doch immer irgendwie auf ihn Rücksicht nehmen muß. 

Den Bauernhof bekommt sowieso sein älterer Bruder. Und vom Vieh und Geld bekommt er auch den doppelten Anteil. Da ist es besser, sich schon rechtzeitig umzusehen und bald auf eigenen Füßen zu stehen. So stößt er die Tür des Vaterhauses auf und zieht hinaus in die vermeintliche Freiheit. „Ich werde es euch schon zeigen!“ denkt er. „Ich will nicht immer nur der Kleine und der Dumme sein!“ So will er also fort.

Dem Vater hat er damit bestimmt weh getan. Aber was will er machen? Er kann ihn nicht halten. Er muß auch den Eindruck haben, daß der Sohn nicht warten kann, bis der Vater gestorben ist. Er setzt also den Anteil der beiden Söhne fest: Der Ältere erhält zwei Drittel, der jüngere ein Drittel. Und bald darauf zieht auch der jüngere fort, nimmt all sein Geld mit und will in ein fernes Land.

Jetzt ist er ein reicher Mann und kann mit seinem Geld machen, was er will. Tor und Tür stehen ihm offen. Er gibt sein Geld mit vollen Händen aus. In der Wirtschaft bezahlt er eine Runde nach der anderen. Er hat bald viele Freunde und auch Freundinnen, ja er kann sich immer wieder eine andere Freundin leisten. Alles scheint ihm zu gelingen. Seitdem er nicht mehr bei dem Vater ist, hat er erst begonnen, als ein richtiger Mensch zu leben.

Aber als das Geld alle ist, da sind auch seine Freunde weg. Gerade in dieser Zeit bricht aber auch eine große Hungersnot in dem Land aus. Es gibt kaum noch etwas zu essen, die Lebensmittel werden teuer und der junge Mann hat kein Geld mehr. Jetzt sind auf einmal alle Türen für ihn verschlossen. Keiner seiner früheren Freunde öffnet ihm sein Haus, jeder denkt nur an sich selbst.

Endlich findet er einen, der ihm Arbeit gibt. Aber was ist das für eine Arbeit! Der Sohn eines Großbauern muß bei einem anderen Bauern die Schweine hüten! Dieser Mann war ja ein Heide, er hielt sich nicht an das jüdische Gesetz: Die Juden haben keine Schweine, weil sie sie für unreine Tiere halten. Aber dieser Mann hat eine große Herde davon. Die muß nun bei Wind und Wetter draußen gehütet werden. Eine schwere und erniedrigende Arbeit und für einer frommen Juden verboten. Aber was tut man nicht alles, wenn man Hunger hat.

Der junge Mann denkt: Da kriege ich wenigstens ab und zu etwas von dem Schweinefutter ab. Die Schoten des Johannisbrotbaumes sind zwar schwer verdaulich und bestenfalls als Schweinefutter geeignet. Aber wenn man nichts anderes hat, ißt man auch das. Doch es stellt sich heraus: Nicht einmal von dem Schweinefutter darf er essen, sie verbieten es ihm. Die Schweine sollen fett werden, nicht er. Den Schwei­nen ging es also besser als ihm.

Aber der junge Mann will nicht zugrunde gehen. In dieser verzweifelten Situation beginnt er nachzudenken. Er sucht die Schuld nicht bei anderen, sondern sieht seinen Fehler ein. Er denkt an die Tür des Vaterhauses, die er durchschritten hat, um in die Fremde und in die Freiheit hinauszugehen. Jetzt erscheint ihm diese Tür wie das Paradies: Dort wird man ja nicht unterdrückt, sondern da hat man es gut, besser könnte man es nirgends in der Welt haben.

Er sagt sich: „Wie viele Tagelöhner hat mein Vater. Und alle haben sie Brot im Überfluß. Ich aber komme hier vor Hunger um. Ich will mich aufmachen und zu meinem Vater gehen und zu ihm sagen: „Vater, ich habe gesündigt gegen Gott und gegen dich. Ich bin nicht mehr wert, dein Sohn genannt zu werden .Mache mich zu einem deiner Tagelöhner!“

Er will gar nicht mehr der Sohn sein, nur ein Tagelöhner. Er merkt, daß er auf der falschen Seite steht. Er war verrückt gewesen, als er vom Vater wegging, wo er es doch gut hatte. Das alte Sprichwort ist eben doch wahr: „Wenn der Jude auf die Frucht des Johannisbrotbaums angewiesen ist, dann kehrt er um!“ Das will er jetzt auch tun. Er will umkehren, seine Schuld bekennen und seinen Vater um Hilfe bitten, auch wenn er von dem nichts Gutes mehr zu erwarten hat.

Die Tür des Vaterhauses ist aber immer offen geblieben. Manchen Tag hat der Vater in der Tür gestanden und nach seinem Sohn Ausschau gehalten. Er weiß genau: Eines Tages wird er wieder zurückfinden! Nun ist der Augenblick gekommen. In der Ferne sieht er einen herankommen, der aussieht wie eine Mischung zwischen Bettler und Verbrecher. Der Vater weiß sofort: Das ist mein Sohn!

Er läuft ihm entgegen, er fällt ihm um den Hals, ehe der Sohn noch vor dem Vater niederknie kann. Er küßt ihr, um ihm sofort deutlich zu machen: Du bist noch mein Sohn! Die Vaterliebe überwindet alles, die Schuld ist mit einem Schlag weggewischt.

Der Sohn aber schreit all seine Schuld heraus: „Vater, ich habe gesündigt gehen Gott und gegen dich. Ich bin nicht mehr wert, dein Sohn genannt zu werden!“ Weiter läßt ihn der Vater nicht reden. Er kann nicht sagen: „Mache mich zu deinem Tagelöhner!“ Der Vater hat das Schuldbekenntnis gehört, jetzt handelt er nur noch, jetzt muß allen deutlich gemacht werden, daß dieser noch sein Sohn ist.

Der Vater dreht sich um und ruft einem Arbeiter zu: „Bring schnell das Ehrenkleid, was wir für hohe Gäste im Schrank haben und zieh es ihm an!“ Gib ihm auch den Siegelring unserer Familie an die Hand! Und Sandalen braucht er auch wie jeder freie Mann! Und dann laß das Mastkalb schlachten und bereitet alles für ein Fest vor. Wir wollen essen und fröhlich sein. Denn dieser mein Sohn war tot und ist wieder lebendig geworden; er war verloren und ist wieder gefunden worden!“

Die Tür zum Vaterhaus öffnet sich wieder, der Sohn geht mit dem Vater ins Haus. Ihm ist vergeben, der Vater hat ihn lieb wie eh und je. Er wird wieder in die Tisch­ge­mein­schaft aufgenommen und alles ist wieder gut. Der Sohn ist wieder auf dem richtigen Weg.

 

Antwortgespräch:

Ob die Pharisäer verstanden haben, was Jesus ihnen mit dem Gleichnis sagen wollte? Man muß eher annehmen, sie haben ihn nicht verstanden, weil sie ihn nachher haben kreuzigen lassen. Wir wollen aber die Pharisäer nicht gleich verurteilen. Sie bezeichneten ja Menschen als Sünder, die sich tatsächlich schwere Verfehlungen gegen Gottes Gebote und die Gesetze der Menschen hatten zuschulden kommen lassen. Nur wenn sie sich deutlich änderten, konnten sie wieder Zugang zu Gott finden.

Wie hätte euer Vater reagiert? Er hätte euch aufgenommen, aber geschimpft. Wie seht ihr das?

Jesus aber nimmt sie in seine Gemeinschaft auf, ohne daß man Anzeichen einer solchen Lebensänderung erkennen kann. Damit stellt er sich nach Meinung der Pharisäer den Sündern gleich. Wenn er so ein besonders enges Verhältnis zu Gott hat, kann er sich nicht mit Sündern abgeben, die ausgerechnet noch am weitesten von Gott entfernt sind.

Jesus will ihnen deutlich machen: Gott muß euch nicht lieber haben als die Sünder. Er freut sich auch über einer Sünder, der umkehrt. Und ihr solltet euch mitfreuen, daß so etwas möglich ist! Mit dem Gleichnis gibt Jesus eine Antwort auf die Vorwürfe der Frommen. Er will sie dadurch in Übereinstimmung mit ihm bringen.

Jesus kann dieses Gleichnis ja nur erzählen, weil er durch sein Tun und sein Wort den Sündern tatsächlich vergibt. indem er mit den Sündern verkehrt, versöhnt er sie mit Gott. Das Gleichnis macht deutlich, wer Jesus für die Menschen ist: Er ist die Tür zum Vaterhaus! In Jesus neigt sich der Vater im Himmel allen verlorenen Söhnen zu. Jesus führt sie in die Gemeinschaft mit dem Vater zurück.

Haben wir denn verstanden, was Jesus will und von uns erwartet? Sind wir nicht selber auch solche verlorenen Söhne? Jeder denkt doch: „Wenn ich erst groß bin, dann...!“ Dann bin ich endlich selbständig, kann selber bestimmen, kann tun, was ich will und kann mir alle Wünsche erfüllen. Dabei denken wir: Ohne Gott kann man viel besser leben, man braucht ihn gar nicht zum Leben. Und dann laufen wir auch davon. Erst wollen wir nicht beten und dann können wir es nicht mehr. Weil wir nicht mehr zum Gottesdienst gehen, hören wir des Vaters Stimme nicht mehr und können sie schließlich auch gar nicht mehr verstehen.

So gibt es heute viele Menschen, die sich nicht um Gott kümmern und nichts von ihm wissen wollen. Doch wenn dann einmal einer zum Gottesdienst oder zu einer kirchlichen Veranstaltung kommt, machen wir es dann nicht auch oft so wie die Pharisäer und sagen:“Du hast hier gar nichts zu suchen!“ Sind wir wirklich besser als die anderen? Gott freut sich über jeden, der zu ihm kommt, weil er alle Menschen liebhat.

So müssen alle zur Kenntnis nehmen, daß der Sohn wieder nach Hause gefunden hat. Als er wegging, war es für ihn ein „Abschied für immer“. Seine Heimkehr bedeutet nun das Geschenk eines neuen Lebens. Er findet etwas wieder, was er unwieder­bringlich verloren geglaubt hat. Aber im Grunde hat nicht er wieder zurückgefunden, sondern der Vater hat immer die Arme nach ihm ausgestreckt und auf ihn gewartet, daß er kommt.

 

Antwortgespräch:

Ein solcher verlorener Sohn war auch der Dichter Heinrich Heine. Im Vorwort zu seinem „Romancero“ bekennt er: „Seit ich selbst der Barmherzigkeit Gottes bedürftig, habe ich allen meinen Feinden Amnestie erteilt. Manche schöne Gedichte... wunden deshalb in vorliegender Sammlung nicht aufgenommen. Gedichte, die nur halbwegs Anzüglichkeiten gegen den lieben Gott selbst enthielten, habe ich mit ängstlichem Eifer den Flammen überliefert.

Es ist besser, daß die Verse brennen, als der Versemacher. Ja, wenn mit der Kreatur, habe ich auch mit dem Schöpfer Frieden gemacht, zum größter Ärgernis meiner aufgeklärten Freunde, die mir Vorwürfe machten über dieses Zurückfallen in den alten Aberglauben, wie sie meine Heimkehr zu Gott zu benennen beliebten

Ja, ich bin zurückgekehrt wie der verlorene Sohn, nachdem ich lange Zeit bei den Hegelianern (= eine Philosophenschule) die Schweine gehütet! Meine religiösen Überzeugungen und Ansichten sind freigeblieben vor jeder Kirchlichkeit; kein Glockenklang hat mich verlockt, keine Altarkerze mich geblendet. Ich habe mit keiner Symbolik gespielt und meiner Vernunft nicht ganz entsagt!

 

Der Dichter Wolfgang Borchert schrieb mit 26 Jahren kurz vor seinem frühen Tod das Stück „Draußen vor der Tür“. Es handelt von der größten Not eines Menschen, der heimkehren möchte und doch nicht heimkehren kann, weil ihm alle Türen verschlossen sind. Der Ausgang des Stückes ist erschütternd: Der Heimkehrer erwacht zum Schluß aus einem langen, qualvollen Traum, und mit den folgenden Worten schließt das Stück:

„Und du - du sagst ich soll leben! Wozu? Für wen? Für was? Hab ich kein Recht auf meinen Tod? Hab ich kein Recht auf meinen Selbstmord? Soll ich mich weiter morden lassen und weiter morden? Wohin soll ich denn? Wovon soll ich leben? Mit wem? Für was? Wohin sollen wir denn auf dieser Welt? Verraten sind wir! Furchtbar verraten! Wo bist du, Anderer? Du bist doch sonst immer da! Wo bist du jetzt, Jasager? Jetzt antworte mir! Jetzt brauche ich dich, Antworte! Wo bist du denn? Du bist ja plötzlich nicht mehr da! Wo bist du Antworter, wo bist du, der mir den Tod nicht gönnte! Wo ist denn der alte Mann, der sich Gott nennt? Warum redet er denn nicht!

Gebt doch Artwort! Warum schweigt ihr denn? Warum? Gibt denn keiner Antwort? Gibt denn keiner Antwort??? Gibt denn keiner, keiner Antwort???

Diese letzten Worte werden vor der Bühne her ins Publikum hineingerufen, ja hineingeschrien. Dann ist das Stück zu Ende - der Vorhang fällt. Es ist eigentlich ein grauenvolles Stück. Aber wenn sich keine Tür für einen Heimkehrer auftut, dann ist das die größte Finsternis, dann ist das die Hölle.

 

 

Der zweite verlorene Sohn: Lk 15, 26 - 32

Hinführung:

Jedes Haus und jede Wohnung hat eine Tür. Verschlossene Türen müssen aufgetan werden, wenn wir hineinwollen. Zu den meisten Türen haben wir ja keinen Schlüssel. Deshalb müssen sie von innen aufgetan werden. Wir müssen darum bitten, daß sie aufgetan werden. Wer Türen gewaltsam öffnet, ist ein Einbrecher.

Es ist nicht gleichgütig‚ durch welche Tür man geht. Kinder lernen sehr schnell, welches die nichtige Tür zum Vaterhaus ist. Sie erfahren auch sehr schnell, daß ihnen diese Tür immer aufgetan wird. Das furchtbarste, das einem Kind widerfahren könnte; wenn es nicht mehr heimkommen könnte, wenn die Tür verschlossen wäre. Es wäre heimatlos und verstoßen und würde in großes Elend geraten („Elend“ = Ausland).

Auch für Erwachsene ist es schlimm, wenn sie vor verschlossenen Türen stehen, wenn niemand etwas mit ihnen zu tun haben will und alle Türen verschlossen bleiben. Es ist schlimm, wenn man draußen vor der Tür steht. Wolfgang Borchert hat in seinem Stück „Draußen vor der Tür“ die Erlebnisse eines Kriegsheimkehrers geschildert, den niemand haben will.

Türen verschließen sich aber niemals von selbst. Es sind immer Menschen, die das tun. Hinter jeder verschlossenen Tür steht ein Mensch. Warum verschließt er die Tür? Warum halten wir unsere Türen nicht Tag und Nacht offen? Es gibt Länder, da ist so etwas möglich! Wir aber wissen, daß keiner dem anderen trauen kann. Es gibt viel Schlechtigkeit in der Welt, so daß wir voreinander die Türen verschließen müssen. So sieht es eben aus in der Welt, wir brauchen eben eine Versicherung gegen Diebstahl.

Dieses Mißtrauen aber hat seinen Sitz im Menschenherzen. Dort wohnen Neid und Haß, Lüge und Verrat. Und weil sie dort wohnen, ist die „Tür des Herzens“ oft ver­schlossen. Die Stimme des Mitmenschen kann gar nicht mehr hineindringen. Selbst das Herz des Kindes kann sich schon verschließen, so daß es nicht mehr auf die Worte des Vaters oder der Mutter hört. Wieviel Leid und Tränen gibt es in der Welt, weil die Türen unserer Herzen verschlossen sind.

Wie groß sind aber das Glück und die Freude, wenn sich eine Herzenstür wieder auftut und ein Mensch Vertrauen findet. Wir Christen müssen die Tür immer auftun. Wir müssen antworten, wenn einer draußen steht und uns fragt. Die Antwort übernehmen wir von Jesus. Er hat auch eine Geschichte vor einer Tür erzählt.

 

Erzählung:

Bei dem Fest, das der Vater für den heimgekehrten Sohn gab, fehlte einer: der älteste Sohn! Er war noch draußen auf dem Feld bei der Arbeit. Jetzt kommt er heim. Erstaunt hebt er den Kopf, als er den Hof betritt. Hört er recht? Aus dem Haus dringt laute Musik. Sofort wird er mißtrauisch. Welchen Grund wird der Vater wohl haben zu einem solchen Fest? Ihm ahnt nichts Gutes.

Als er draußen auf dem Feld gepflügt hat, war er noch so glücklich und zufrieden gewesen. Es war zwar alle Jahre dasselbe: Immer Pflügen -Säen -Ernten, immer die gleiche Arbeit und immer dasselbe Leben daheim auf dem väterlichen Hof. Er hat es sich nicht leicht gemacht im Leben. Aber der Lohn würde nicht ausbleiben: Einmal würde ihm alles gehören, der Hof, die Felder, die Wiesen, die Wälder - ihm ganz allein! Der Bruder ist ja fort. Wer weiß, wo er jetzt ist. Sein Erbteil hat er ja schon ausgezahlt bekommen. Wenn er sein Geld inzwischen verliedert hat, ist das seine Sache. Aber hier jedenfalls hat er nichts mehr zu suchen.

Was ist nur los, daß sie jetzt im Haus so laut feiern? Er ruft einen Arbeiter herbei: „Was hat das denn zu bedeuten?“ Der Mann ist etwas verlegen. Er sagt: „Dein Bruder ist nach Hause gekommen. Dein Vater hat sich so darüber gefreut, daß er gleich ein großes Fest für alle veranstalten läßt. Alle sollen sich mitfreuen. Er hat auch das Mastkalb schlachten lassen!

Da langt es dem älteren Sohn aber. Jetzt geht er erst recht nicht hinein. Zorn und Wut steigen in ihm hoch. Da war er, der „Brave“ all die ganzen Jahre über der Dumme: Er ist beim Vater geblieben und hat sich ihm untergeordnet. Soll das nun

der Lohn dafür sein? Ärgerlich sagt er zu dem Arbeiter: „Was sagst du da: Mein Bruder? Ich habe keinen Bruder!“ Erschrocken sieht der Mann ihn an. Wie sich sein Gesicht plötzlich geändert hat! Man muß sich ja fürchten vor ihm. Blaß und häßlich ist er geworden in seinem Zorn.

„Was stehst du noch hier und gaffst mich an? Nimm die Ochsen und mach, daß du fortkommst Ich will nichts mehr hören. Und erst recht will ich nichts sehen von dem, was da drinnen los ist. Unter dieser Umständen verzichte ich lieber und bleibe draußen!“

Er bemerkt gar nicht, wie gestraft und geschlagen der Bruder ist. Er sieht nicht, wie gut er es all die Jahre beim Vater gehabt hat. Doch jetzt ist er dem Vaterhaus selber fremd geworden. Jetzt wird deutlich, daß Dienen und Gehorchen ihm eine harte Last war.

Doch der Vater hat ihn genauso lieb. Er steht schon in der Tür und wartet auch auf den älteren Sohn. Er hat nicht einen Arbeiter geschickt, sondern er kommt selber. Aus der Helle des Hauses tritt er hinaus, um auch den anderen Sohn aus der Dunkelheit zu holen. Er kennt auch die Not dieses Sohnes: Er hat die Herzenstür vor seinem Bruder verschlossen. Aber der Vater wird nicht zornig, sondern er bittet den Sohn freundlich.

Der Vater bittet ihn: „Komm doch herein, mein Sohn! Ich bitte dich darum, ich, dein Vater!“ Muß sich der Sohn nun nicht schämen vor seinem Vater. Er schimpft ihn nicht, sondern er bittet ihn. Aber was muß er von seinem älteren Sohn hören. Nicht einmal die Anrede „Vater“ darf er hören.

Der Sohn sagt nur: „Jahraus, jahrein habe ich fleißig für dich gearbeitet. Ich habe dir gedient und nichts von deinen Gütern vertan. Mein ganzes Leben war nichts als Arbeit und Mühe. Freude und Fröhlichkeit habe ich nicht gekannt. Nichts habe ich mir gegönnt. Kein Fest, kein Mastkalb, niemals eine Freude!“ So klagt er den Vater an .Er rechnet nur mit Leistung und Gegenleistung, nicht mit Liebe. Er ist zwar immer zu Hause gewesen, aber innerlich war er vom Vater getrennt, er war auch ein verlorener Sohn.

Doch es geht gleich weiter: „Jetzt aber ist dein sauberer Herr Sohn nach Hause gekommen. Er hat dein Geld vertan und es mit liederlichen Weibern verjubelt. Jetzt kommt er heim und es wird ihm gleich alles geboten: Musik und Tanz, Essen und Trinken, Fröhlichkeit und Jubel im ganzen Haus!“

Der Vater sieht seinen Sohn lange an. Er schweigt zu den Anklagen, er macht dem Sohn keine Vorwürfe. Aber es tut ihm weh, daß der ihn nicht verstehen will. Er will ihm doch auch helfen! Im Haus herrscht Freude über den heimgekehrten Sohn. Und hier steht nun der Bruder und hat vergessen, daß er Sohn und Bruder ist. „Dein Sohn“ hat er gesagt, nicht „mein Bruder“.

Doch nun redet ihn der Vater doch liebevoll an: „Mein liebes Kind, du bist allezeit bei mir gewesen. Alles was mein ist, das ist auch dein. Du solltest auch fröhlich sein und dich freuen. Denn dein Bruder war tot und ist wieder lebendig geworden, er war verloren und ist wiedergefunden worden!“ Aber hat er hat das nicht selbständig gemacht, sondern Gott hat ihn wieder zurückgeführt. Der Vater sagt wieder „dein Bruder“ und er lädt damit den älteren Sohn ein, ihn doch auch wieder als Bruder anzuerkennen und sich mit den anderen zu freuen.

Der Schluß der Geschichte ist nicht erzählt. Ist der Sohr nun hineingegangen oder nicht? Wären wir hineingegangen? Stehen wir nicht vor der gleichen Entscheidung? Auch uns lädt der Vater ein. Die Hauptperson ist der Vater. Um seine Liebe zu den beiden Söhnen geht es. Das Hauptgewicht liegt auf dem zweiten Sohn, der zur Freude über die Heimkehr des verlorenen Sohnes eingeladen werden soll. Oder noch besser gesagt: Es geht um den barmherzigen Vater und seine beiden verlorenen Söhne!

 

Mit der zweiten Hälfte des Gleichnisses hält Jesus den Pharisäern und Schriftgelehrter einen Spiegel vor. In dem zweiten Sohn sollen sie sich selber erkennen. Sie wollen sich ja auch nicht mitfreuen über die Aufnahme der Verlorenen.

Wir denken doch auch: So wie es der Vater in Gleichnis macht, so macht es doch kein Mensch! Kein verantwortlich handelnder Vater gibt seinem Sohn die Selbständigkeit, wenn dieser sie noch gar nicht gebrauchen kann. Kein irdischer Vater kann es sich leisten, seinem urgehorsamer Sohn in so schrankenloser Weise entgegenzukommen!

Jesus aber übernimmt das Bild nicht, das die Pharisäer von Gottes Verhalten gegenüber dem Sünder hatten. Gott läßt die Menschen ihre eigenen Wege gehen, auch wenn diese in die Sünde und Gottferne führen. Im Grunde sind wir alle solche „verlorene und verdammte Menschen“ (Erklärung zum 2. Artikel). Aber wir dürfen immer wieder heimkehren zu Gott. 'So groß ist seine Güte.

Diese Güte sollen auch die Pharisäer gern annehmen, für andere und für sich. Jesus weiß, wie sehr sie sich bemühen, fromm zu leben: Sie verzehren sich im Dienst für den Vater. Aber sind sie wirklich in der Gemeinschaft mit dem Vater geblieben? Ist ihre Frömmigkeit nicht zum Selbstzweck geworden? Sie dienen Gott in der Hoffnung, dadurch Ehre vor den Menschen und Lohn bei Gott zu finden. Deshalb empfinden sie die Vergebungsbereitschaft Gottes als Ungerechtigkeit. Sie freuen sich nicht mit, wenn der Verlorene zum Vater zurückkehrt und wieder angenommen wird. Deshalb murren sie auch, wenn Jesus als Zeichen der Liebe Gottes zu den Sündern ihnen seine Gemeinschaft gewährt.

Gott aber geht diesen murrenden Frommen mit der gleicher Liebe nach wie dem Menschen, der sich erst im Elend an seine Liebe erinnerte und zu ihm heimkehrte. Auch wenn die Erinnerung unter schwerer äußerer Not erwachte, bleibt sie doch die Erinnerung an Gott. Aus dieser Erinnerung an Gottes Güte kann ja erst nichtig die Umkehr erwachsen. Daß es diesen Weg der Umkehr gibt und er sogar der allein richtige ist, das sollen die Pharisäer erkennen. Und wir sollen es mit ihren erkennen, die wir doch auch oft kleine Pharisäer sind und uns etwas auf unseren Glauben und unsre Frömmigkeit einbilden wollen. Bei Gott zählt das nicht. Aber wer zu ihm kommen will, der darf zu ihm kommen.

 

Antwortgespräch:

Mit der zweiten Hälfte des Gleichnisses hält Jesus den Pharisäern und Schriftgelehrtem einen Spiegel vor. In dem zweiten Sohn sollen sie sich selber erkennen. Sie wollen sich ja auch nicht mitfreuen über die Aufnahme der Verlorenen.

Wir denken doch auch: So wie es der Vater im Gleichnis macht, so macht es doch kein Mensch! Kein verantwortlich handelnder Vater gibt seinem Sohn die Selbständigkeit, wenn dieser sie noch gar nicht gebrauchen kann. Kein irdischer Vater kann es sich leisten, seinem ungehorsamen Sohn in so schrankenloser Weise entgegenzukommen!

Jesus aber übernimmt das Bild nicht, das die Pharisäer von Gottes Verhalten gegenüber dem Sünder hatte. Gott läßt die Menschen ihre eigenen Wege gehen, auch wenn diese in die Sünde und Gottferme führen. Im Grunde sind wir alle solche „verlorene und verdammte Menschen“ (Erklärung zum 2. Glaubensartikel). Aber wir dürfen immer wieder heimkehren zu Gott, so groß ist seine Güte.

Diese Güte sollen auch die Pharisäer gern annehme, für andere und für sich. Jesus weiß, wie sehr sie sich bemühen, fromm zu lebe; sie verzehren sich im Dienst für den Vater. Aber sind sie wirklich in der Gemeinschaft mit dem Vater geblieben? Ist ihre Frömmigkeit nicht zum Selbstzweck geworden? Sie dienen Gott in der Hoffnung,

dadurch ihre Ehre vor den Menschen und den Lohn bei Gott zu finden. Deshalb

empfinden sie die Vergebungsbereitschaft Gottes als Ungerechtigkeit. Sie freuen sich nicht mit, wenn der Verlorene zum Vater zurückkehrt und wieder angenommen wird. Deshalb murren sie auch, wenn Jesus als Zeichen der Liebe Gottes zu den Sündern ihnen seine Gemeinschaft gewährt.

Gott aber geht diesem murrenden Frommen mit der gleichen Liebe nach wie dem Menschen, der sich erst im Elend an seine Liebe erinnerte und zu ihm heimkehrte. Auch wenn die Erinnerung unter schwerer äußerer Not erwachte, bleibt sie doch die Erinnerung an Gott. Aus dieser Erinnerung an Gottes Güte kann ja erst nichtig die

Umkehr erwachsen. Daß es diesen Weg der Umkehr gibt und er sogar

der allein richtige ist, das sollen die Pharisäer erkennen. Und wir

sollen es mit ihnen erkennen, die wir doch auch oft kleine Pharisäer sind und uns etwas auf unseren Glauben und unsere Frömmigkeit einbilden. Bei Gott zählt das nicht. Aber wer zu ihm kommen will, der darf zu ihm kommen.

 

Bildbetrachtung:

Der Vater ist aus dem Haus herausgetreten. Er steht auf der Schwelle zur Tür, die weit offen ist. Es ist ganz hell im Haus des Vaters, denn wo Freude herrscht, da kann es keine düsteren Farben geben. Der Vater hat die Arme weit ausgebreitet. Man hat den Eindruck, als spräche er: „Kommt her zu mir, meine Söhne!“

Der eine Sohn geht auch hinein aus der Finsternis ins Licht. Er hat in Demut den Kopf gesenkt, obwohl doch große Freude herrscht. Er war weit weg vom Vater. Aber nun hat ihm der Vater wieder seine Rechte und seine Ehre gegeben. Jetzt erst ist er wieder lebendig geworden.

Der ältere Sohn aber steht draußen vor der geöffneten Tür. Trotzig und hochmütig hat er sein Haupt erhoben. Er ist empört über die Ungerechtigkeit des Vaters. Während der Vater seine Hände einladend über beide Söhne hält, hat der ältere Sohn seine rechte Hand bei sich verborgen. Er hat dem Bruder nicht die Hand gegeben und kann darum auch nicht die Hand des Vaters ergreifen. Seine linke Hand ist im Zorn zur Faust geballt. Sie sieht aus, als sei sie verkrampft, weil er darin etwas festhalten will. Er kommt wohl von den guten Werken, die er getan hat, nicht los. Sie sind ihm mehr wert als die Liebe des Vaters. Man kann nur dafür bitten, daß ihm Herz und Hände geöffnet werden.

Der Vater wartet ja darauf. Seine Gestalt erinnert an den gekreuzigten Jesus. Gott war in Christus. In Christus ist er aus dem Vaterhaus herausgekommen und hat die Tür geöffnet. Jeder darf hinein, der sich nicht an ihm ärgert. Jesus hat ja gesagt: „Ich bin die Tür!“ (Joh 10,9).

Für uns ist sein Wort die Tür zum Leben und zur ewigen Freude. In der Kirche hören wir davon. Die dargestellte Tür sieht wie eine Kirchentür aus. Die Gottes Wort hören, gehen durch diese Tür. Sie versöhnen sich untereinander, sie werden zu Brüdern und gehen gemeinsam durch die offene Tür des Vaters. In der Kirche wird Gottes Wort verkündet. Die sein Wort hören werden zu Brüdern und gehen gemeinsam durch die offene Tür des Vaters. So breitet der Vater seile Arme aus und wartet darauf, daß wir zu ihm kommen als seine Kinder.

Aber nicht alle gehen durch diese Tür. Weshalb ist es denn so schwer, durch diese Tür hindurchzugehen? Was hält uns „draußen vor der Tür“ und läßt uns nicht hineingehen? Der Vater wartet doch darauf, daß alle seine Kinder kommen. Mancher ärgert sich eben darüber, daß wirklich alle kommen dürfen .Sie sagen: „Wenn so ein Lump zum Gottesdienst geht, dann gehe ich nicht. Mit dem setze ich mich nicht in

eine Bank!“

Wird aber die Tür immer offen bleiben? Könnte es nicht auch einmal heißen: „Jetzt Ist es zu spät!“ Wir dürfen auch die Gnade Gottes nicht verschleudern. Richtig ist es, wenn wir ihn bitten: „Herr, öffne mir die Herzenstür!“ (Gesangbuchlied).

 

Ein Vater ging einmal mit seinem Sohn in die Kirche. Es war kein Gottesdienst, sie wollten sich nur das Gebäude ansehen. Vorne vor dem Altar blieben sie stehen. Der Junge betrachtete eingehend das Kruzifix, das Kreuz, an dem Jesus hängt. Der Junge fragt: „Vater, was macht denn der Mann dort?“ Der Vater weiß im ersten Augenblick nicht, was er sagen soll. Wie will er auch einem kleinen Jungen klarmachen, was eine Kreuzigung bedeutet. Aber der Junge hat inzwischen schon selber eine Antwort gefunden. Er sagt: „Jetzt weiß ich's: Der macht „Komm in meine Arme!“

Das war eine schöne Antwort. So etwas kannte er von seinem eigenen Vater, wie der die Arme ausbreitet und sein Kind in die Arme nimmt. Vielleicht hat er auch schon die Erfahrung gemacht, wie schön es ist, wenn man böse war und der Vater oder die sagt doch wieder: „Komm in meine Arme!“

 

Der Sohn des verlorenen Sohnes

Ich habe keinen Glauben und keine Heimat. Ich bin in der Fremde geboren und erwarte nicht, daß jemand in einem fernen Vaterhaus auf mich wartet. Ich habe mich nicht von meinem Vater losgesagt, sondern er hat meine Mutter schon sehr bald verlassen. Ich kenne ihn nicht, er kennt mich nicht. Meine Mutter spricht gut von ihm. Sie bewahrt ein paar Erinnerungsstücke auf. Wir kennen den Acker, auf dem er die Säue hütete. Aus dem, was ich weiß, ergeben sich die Fragen: „Warum war mein Vater daheim weggegangen? Warum denkt er nicht mehr an die Menschen, die ihm in seiner Not nahe standen? Welches Verhältnis hat er zu seinem Vater?“

Meine Mutter hat mich ordentlich erzogen. Ich war freilich viel auf mich allein gestellt und mußte mir von Anfang an selbst helfen. Mutter kennt nur Arbeit. Ich habe einen Beruf erlernt, den ich nicht liebe, aber - wie ich meine - ordentlich ausübe. Ich verdiene angemessen, doch muß ich gestehen, daß ich nicht zufrieden bin. Mein Bruder kennt keine Probleme, er kennt seinen Vater. Ich bin manchmal, wenn es ruhig ist. unruhig. Woran soll ich glauben?

Was ist das überhaupt, glauben? Mutter sagt, solche Fragen zu stellen, hätte ich nicht von ihr. Hat Vater sie gestellt oder konnte er sie gar beantworten? Wenn er doch sagte: „Ich will mich aufmachen und zu meinem Sohn gehen! Er muß doch noch wissen, wie das ist ohne Vater!“ Oder meint er, mir die Fremde sowieso nicht ersparen zu können; wenn schon, dann besser gleich?

Ich gestehe, es ist nicht leicht, so zu leben, wie ich es muß. Vater kannte seine Heimat, und als er sich davon getrennt hatte, konnte er zurückkehren. Ich werde immer auf der Suche bleiben, wahrscheinlich weniger nach ihm, als nach einem echten Ersatz.

So weit, liebe Leser, diese Beichte. Sie werden zugeben müssen, sie ist nicht an den Haaren herbeigezogen. Beinahe eine ganze Generation könnte so reden. Natürlich behält das Gleichnis vom verlorenen Sohn seine Wahrheit. Es ist unentbehrlich und unübertrefflich. Es wird die in den beiden Söhnen dargestellten Menschen in ihrem Verhältnis zu Gott immer geben.

Doch es gibt noch andere, die Söhne des verlorenen Sohnes. Sie sind nie aus der Kirche ausgetreten, weil sie nie zur Kirche gehörten. Falls sie noch getauft waren, wunden sie nicht in einer christlichen Heimat groß. Sie haben sich nie von Gott losgesagt, denn sie waren nie bei ihm, kennen ihn nicht. Sie stehen ihren Mann, beißen sich durch, haben Vorzüge und Nachteile. Sie bevölkern die Sportplätze, liegen in Krankenhäusern, sind nüchterne Rechner und Fernsehnormalverbraucher, sie streiten und helfen, ohne das alles mit Gott auch nur in Verbindung zu bringen. Sie beneiden uns nicht. Sie halten unseren Glauben für einen überflüssigen Luxus wie das Rauchen, eher schädlich als gut. Ihre Zahl wächst.

Was sollen wir tun? Vorüber ist die Zeit der großen Volksmissionare. Sie erreichten noch verlorene Söhne. Vorüber ist die Zeit der großen Kirchentage. Sie waren für viele so etwas wie ein Familientreffen. Vorüber ist die optimistische Meinung, die paar Abgefallenen schaffen wir schon. Stattdessen hat mancherorts müde Enttäuschung um sich gegriffen. Nicht vorüber sind die Versuche, wissenschaftlich durchdachte, originelle Einzelbeispiele, aus der Ökumene importierte, im Team erarbeitete, die Söhne des verlorenen Sohnes nicht verloren bleiben zu lassen. Sie dürfen auch nicht vorüber sein. Die naiv klingende Frage: „Wie würde sich der verhalten, der gekommen ist, die Verlorenen zu suchen?“ ist gut. Ihre Beantwortung darf uns keine Ruhe lassen.

Zwei Überlegungen mögen hilfreich sein. Gott ist kein Großvater. Wir reden von Menschen, für die er es zu sein scheint. Doch wie ehemals die Heiden nicht erst Juden werden mußten, um Christen zu werden, so müssen diese Söhne des verlorenen Sohnes nicht erst die Generation finden, die noch Erfahrung mit Gott gemacht hat, ehe sie dahinter dann Gott selbst entdecken können. Das bedeutet sogar, daß ein in der Fremde Geborener nicht erst in der Kirche heimisch sein muß, bevor er es bei Gott sein kann. Das Wort des Kirchenvaters: „Wer die Kirche nicht zur Mutter hat, kann Gott nicht zum Vater haben!“ gilt so nicht mehr. Die Mutter Kirche befindet sich in den Wechseljahren. Der Sohn des verlorenen Sohnes ist Gottes Kind, nicht sein Enkel. Was dieser Heimatlose sucht, ist Gott selbst, nicht einen, der ihm Gott vermittelt.

Dies führt zum zweiten: Es ist ganz verständlich, daß man jetzt immer wieder fragt, wie kann heute recht von Gott geredet werden? Die Skala der Antworten ist bekanntlich sehr groß. Sie reicht von: „Wie bisher auch!“ über: „Gott ist Mitmenschlichkeit!“ bis zu: „Gott ist tot!“ Ein Wegweiser nach ganz verschiedenen Richtungen mit der gleichen Aufschrift. Der arme Fremde! Der arme Sohn des verlorenen Sohnes! Werden die, denen seiner jammert, ihm die Klarheit geben können, daß eins not ist? Jesus hat liebevoll und ernst, lockend und persönlich von Gott geredet. Das sollen wir auch, aber dazu so, daß es Antwort gibt auf unsere heutigen Fragen.

Und die lauten für viele anders als zur Zeit Jesu. Nicht: „Wie finde ich zurück zum Vater?“ sondern: „Gibt es überhaupt Gott als Vater?“ Gerade junge Menschen können nicht einfach erinnert werden an etwas, das sie aufgegeben haben, vielmehr müssen ihnen ihre selbstgemachten Götter in Technik, Sport oder Sex zerstört werden, um den lebendigen Gott an ihre Stelle zu setzen. Daß dies in Wahrheit nur der Heilige Geist vermag, erwähne ich nur nebenbei. Die Bitte um diesen Geist darf nicht nur nebenbei geschehen.

Die folgende Veränderung des Gleichnisses lesen Sie recht, wenn Ihnen damit ein Spiegel vorgehalten wird: Eine Mutter hatte zwei Söhne. Der ältere unter ihnen, der uneheliche, sprach zu der Mutter: „Gib mir, Mutter, das Foto und die Briefe von meinem Vater!“ Und sie gab sie ihm. Und nicht lange danach sammelte der ältere Sohn alles zusammen und zog ferne über Land.

Da fand er einen Menschen, der aussah wie sein Vater und er redete, wie sein Vater schrieb. Und er ging hin und hängte sich an ihn und begehrte, heimisch zu werden. Aber das Haus wunde renoviert, und es konnte keine Einigung mit den Handwerkern erzielt werden. Er aber begehrte, heimisch zu werden, doch niemand half Ihm: Da schlug er in sich und sprach: „Wieviel problemloser leben die Menschen in der Umgebung meiner Mutter! Ich will mich aufmachen und zu meiner Mutter gehen und zu ihr sagen: Mutter, meine Sehnsucht war Unsinn!“ Und er machte sich auf und kam zu seiner Mutter. Die ersparte ihm alle Worte und sagte: „Ich weiß, du wolltest heim zu deinem Vater. Aber wer kann das? Komm, arbeite weiter. Und sie fingen an zu produzieren!“

Aber der jüngere Sohn, der eheliche, war auf einem Fest. Als er nun am Morgen nach Hause kam, hörte er den Maschinenlärm und fragte, was das wäre. Da sagte man ihm: „Dein Bruder ist gekommen, und deine Mutter hat ihn gleich in die Werk­statt geschickt!“ Da wunde er verlegen und wollte nicht hineingehen. Da ging seine Mutter heraus und sprach: „Siehe. dein Bruder wollte zu seinem Vater, aber er hat ihn nicht gefunden. Wie fleißig ist er gleich wieder! Du mußt immer mein Gebot übertreten und mit deinen Freunden fröhlich sein. und was wir verdienen, mit Dirnen verprassen. Er aber sprach zu ihr: „ Mutter, das ist mein gutes Recht. Ich kenne doch meinen Vater!“ (H. L.= Hans Lieberknecht?).

 

 

Der barmherzige Samariter: Lk 10, 25 - 37

Einstieg: Geschichte vor Joachim Schöne „Dieteldatsch“ (siehe Beilage)

Ähnlich war es mit der Versuch der Verkehrspolizei: Man hatte einen Unfall vorgetäuscht, ein Auto lag im Straßengraben, ein Verletzter in der Nähe. Es fuhren viele Autos vorbei, aber keiner hielt an. Erst der 27. Autofahrer kümmerte sich um den Verletzten? Wäre das bei uns auch so?

 

Rahmenerzählung:

Als Jesus einmal die Heilige Schrift in einem Gotteshaus auslegte, stand ein Schriftgelehrter auf und fragte ihn. Er kennt ja die Schrift gut und will nur sehen, ob Jesus auch in ihr Bescheid weiß und sie richtig auslegt.

Er fragt: „Meister, was muß ich tun, daß ich das ewige Leben ererbe!“ Das ist eine gute Frage. Heute fragt kaum noch jemand danach, wie er leben soll, so daß das Leben einen Sinn hat und man zu Gott kommt. Aber an sich müßte der Schriftgelehrte ja die Antwort auf die Frage kennen, denn in der Heiligen Schrift steht ja, daß man dazu die Gebote einhalten muß.

Der Schriftgelehrte aber will Jesus auf die Probe stellen: Sagt er etwas anderes, als es im jüdischen Gesetz niedergelegt ist, dann ist er ein Ketzer. Sagt er aber das Gleiche, dann ist er nicht mehr als jeder andere Gesetzeslehrer auch, weil er ja nur das sagt, was längst bekannt ist.

Jesus verweist ihn auch in der Tat auf das Gesetz und sagt: „Was steht denn im Gesetz geschrieben? Wie liest du?“ Und der Schriftgelehrte kennt seine Bibel auch gut und antwortet: „Du sollst Gott, deinen Herrn, lieben, und deinen Nächsten wie dich selbst!“ Jesus lobt ihr für diese Antwort und sagt: „Tu das nur, so wirst du leben!“

Jesus stimmt also voll und ganz mit dem Gesetz Gottes überein. Er kennt die Verbindung vor Gottesliebe und Menschenliebe, das sogenannte „Doppelgebot der Liebe“ aus dem Gottesdienst und sagt hier eigentlich auch nichts Neues. Er betont nur sehr, daß man dieses Gebot auch tun muß. Ob man das ewige Leben erlangt, hängt vom Lebensvollzug und vom Verhalten des Menschen ab.

Aber auch darin stimmt der Schriftgelehrte mit ihm überein. Aber er fragt weiter: „Wer ist denn mein Nächster, wer ist denn mein Mitmensch?“ Damit fragt er danach, ob er alle Menschen lieben muß oder ob die Liebe nicht eine Grenze hat.

Wir würden wohl auch sagen: „Mein Nachbar und mein Freund, die sind meine Nächsten. Vor allem die Menschen, die mir helfen. Und genauso hatten die Juden auch einer Katalog aufgestellt, wer denn zu den Mitmenschen, zu den „Nächsten“ gehört: Die Familienmitglieder, die Nachbarn, die Bekannten, die Angehörigen des eigenen Volkes und die Glaubensgenossen. Nicht dazu gehörten die Fremden und die Feinde.

Jesus aber macht diese Einteilung nicht       mit. Deshalb erzählt er eine Geschichte, die an einem Beispiel erläutert, was man tun soll, wenn man die Gebote Gottes und besonders das Doppelgebot der Liebe einhalten will.

In dieser Geschichte kommen verschiedene Personen vor, die ich zunächst einmal nennen will: Ein Mann, dessen Namen nicht genannt wird und dem etwas passiert. Ein Priester, der im Tempel von Jerusalem die Gottesdienste geleitet hat und die Tieropfer vollzogen hat. Dabei half ihm ein Levit, ein Tempeldiener, der auch bestimm­te Aufgaben im Gottesdienst zu übernehmen hatte. Immer eine Woche hatten sie Dienst, dann gingen sie wieder nach Hause. Man hielt sie für fromme Leute und sie waren sehr geachtet im Volk. Schließlich noch ein Samariter aus der Gegend um die Stadt Samaria in Mittelpalästina. Die Samariter waren zwar mit den Juden verwandt. Aber sie erkannten nur die ersten fünf Bücher Mose als ihre Bibel an und hatten ihren eigenen Tempel. Fromme Juden wollten mit ihnen nichts zu tun haben: Sie zogen nicht durch ihr Land und nahmen auch nichts von ihnen zu essen.

Die Erzählung spielt in dem Gebiet zwischen der Hauptstadt Jerusalem und der Kaufmannstadt Jericho. Jerusalem liegt auf dem Gebirge, Jericho etwa 30 Kilometer östlich in einer tiefer Talsenke. Der Weg war einsam und verschlungen und führte durch Gebirge und wüstes Gelände. Hier gab es viele Schlupfwinkel für Räuber und Diebe. Es war gefährlich, diesen Weg zu gehen, und niemand ging ihn gern und möglichst nicht allein. Und wenn er es doch tun muß, dann eilt er sich, um nur ja diese Gegend bald hinter sich zu bringen.

 

Erzählung:

Aber es war ein Mensch, der ging von Jerusalem hinab nach Jericho und fiel unter die Räuber. Plötzlich springen sie hinter einem Felsen hervor. Sie stürzen sich auf den Mann, reißen ihn zu Boden, schlagen ihn und rauben ihn aus: Sie nehmen ihm alles Geld und alle Wertsachen ab. Dann laufen sie schnell davon und lassen ihn halbtot liegen. Alleine konnte er sich nicht mehr helfen. Als er aber schon eine Weile gelegen hat, kommt ein Mensch vorbei. Der Überfallene hebt der Kopf und sieht: Es ist ein Priester! „Der wird mir helfen“, denkt er, „das ist doch ein frommer Mann und er kennt die Gebote Gottes gut!“ Er will nach Jerusalem, um dort für eine Woche die Gottesdienste zu halten. Er hat er es eilig, er geht mit großen Schritten.

Der Priester hat den Überfallenen auch gesehen. Er erschrickt: Was soll er tun? „Vielleicht sind die Räuber noch in der Nähe! Vielleicht warten sie nur darauf, mich auch ausplündern zu können!“ Dann könnte er nicht die Gottesdienste halten! Dort wird er nötiger gebraucht. Es wird schon noch ein anderer vorbeikommen, der gerausogut helfen kann. Er hat Wichtigeres zu tun. Er beeilt sich, an diesem gefährlichen Ort vorbei zu kommen, er geht an dem Verletzten vorüber. Ganz weit drüben auf der Straße geht er, um so tun zu können, als habe er nichts gesehen.

Es wurde wieder ganz still. Doch dann stöhnte der Mann, weil die Wunden schmerzten und die Sonne heiß vom Himmel brannte. Auf einmal hört er erneut Schritte. Ein Levit kommt vom Tempeldienst zurück. Aber auch er geht schnell vorüber. Vielleicht hatte er noch eine wichtige Verabredung, wollte zu einer Familienfeier oder zu einer dringenden Arbeit. Keine Zeit, sich da noch um einen Verletzten zu kümmern.

Aber wenn nicht bald etwas geschieht, wird der blutende Mann sterben müssen. Von wem kann er noch Hilfe erwarten, wenn schon ein Priester und ein Levit ihm nicht helfen? Doch da kommt noch einer. Es ist ein Mann aus Samaria, das kann er gleich an der Kleidung erkennen. Aber der wird nicht helfen, denn die Samariter hassen die Juden, weil diese sie so verachten. Die Samariter sind die Feinde der Juden, sie haben einen anderen Glauben und wollen nichts mit den Juden zu tun haben. Von dem ist nichts zu erhoffen. Der Verletzte sieht gar nicht nach ihm hin.

Doch der Fremde hält sein Reittier an. Er sieht sofort, was mit dem Mann los ist. Er hat Mitleid mit ihm und kommt sofort, um zu helfen. Er sieht nach dem Verwundeten. Und er hat Erbarmen mit ihm. Er fühlt ein tiefes Mitleid mit dem Mann, der hilflos am Straßenrand liegt.

Der Samariter hat Wein dabei. Damit wäscht er dem Mann die Wunden aus. Dann gießt er Öl darauf, damit die Schmerzen etwas nachlassen. Der Überfallene fühlt sich gleich etwas besser. Er hilft dem Schwerverletzten auf sein Reittier und geht selber nebenher, bis sie zu einem Gasthaus kommen. Dort besorgt er ihm ein Zimmer, sieht wieder nach den Wunden, verbindet den Mann.

 

Am anderen Morgen muß er weiter, weil er Geschäfte zu erledigen hat. Er gibt dem Wirt zwei Silbergroschen als Pflegegeld für zwei Tage und sagt zu ihm: „Kümmere dich um ihn. Und wenn es länger dauert, will ich dir's bezahlen, wenn ich wieder einmal vorbeikomme!“

So hat ausgerechnet einer geholfen, von dem man es nicht erwartet hätte. Er hat das Gebot Gottes besser verstanden als die frommen Leute, die es doch eigentlich hätten wissen müssen. Der Samariter verläßt sich also nicht darauf, daß andere nun ihre Pflicht tun werden, sondern er sorgt selber dafür, daß alles in Ordnung geht .Er tut das, was notwendig ist, weil sein Mitmensch diese Hilfe braucht. Das ist für ihn entscheidend. Er behandelt den Kranken so, als ob er es selbst wäre; er liebt ihn wie sich selbst und hilft ihm deshalb aus Barmherzigkeit.

Nun schaut Jesus den Schriftgelehrten an und fragt ihn: „Welcher unter diesen Dreien ist nun der Nächste gewesen für den, der unter die Räuber gefallen war?“ Nun weiß zwar der Schrift­gelehrte die Antwort. Aber er möchte nicht sagen „Der Samariter“, weil er doch die Samariter verachtet und sich darüber ärgert, daß ausgerechnet ein Samariter barmherzig gewesen sein soll. Deshalb sagt er: „Der die Barmherzigkeit an ihm tat!“ Er hat genau begriffen: Das ewige Leben kann nur erlangen, wer nicht nur von Liebe redet, sondern auch danach handelt, ohne danach zu fragen, ob der andere ein Freund oder ein Feind ist. Deshalb sagt Jesus auch zu ihm: „So gehe hin und tue das Gleiche!“

 

Antwortgespräch:

Tafelbild:

Anschauung der Juden: Das „Ich“ ist in der Mitte, darum herum sind Eltern, Freunde, Bekannte, Nachbarn. Um sie wird ein Kreis gezogen und außendran geschrieben; Fremde, Feinde, Verachtete, Heiden, Samariter.

Anschauung Jesu: In der Mitte steht der „hilflose Mensch“. Drumherum stehen Priester, Levit, Samariter, Du und Ich. Um sie alle herum wird ein Kreis gezogen.

 

Es wird absichtlich nicht gesagt, wer es gewesen ist, der unter die Mörder gefallen ist. Somit kann jeder Mensch, der in der in Not ist, damit gemeint sein, wenn Jesus sagt: „ u sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst!“ Der Nächste ist immer der, der uns gerade braucht.

Allerdings kann ein Nichtchrist unter Umständen genauso anpacken wie ein Christ (oder sogar besser?). Von einem Christer aber gilt in besonderer Weise: Er hilft immer und überall und sucht nie im Helfen zurückzustehen! Die Geschichte fordert ja gerade unsere Zustimmung heraus: „Selbstverständlich ist das Tun des Samariters das Richtige. Ich will es ebenso machen! Im Gegensatz zu den Nichtchristen aber dürfen wir wissen: Wenn wir einmal in der Liebe versagen (und das geschieht jedem Menschen), dann haben wir den barmherzigen Samariter, der uns hilft.

 

Joachim Schöne: Dieteldatsch

An einem kalten, feuchten Märzsonntag ist Dieteldatsch aus dem Dorf gelaufen. Und dann immer so in den Straßengraben gepatscht! Schneematsch und Schlamm sind hoch aufgespritzt. Und Dieteldatsch hat gequiekt vor Vergnügen. Und sich bekleckert, na, das kannst Du Dir vorstellen. Schließlich aber wurde es ihm langweilig, das Spritzen und Quietschen. Es war ja keiner da, der es sehen und hören konnte. Und dann schmerzten ihm die Füße, und kalt war es ihm auch.

Da kuschelte sich Dieteldatsch im Straßengraben zusammen. Doch wurde es ihm nicht wärmer, sondern die Feuchtigkeit kroch in seinen Sachen hoch. Und nun hockte und winselte er: „Muttiiiii, Muttiiiii!“ Aber die Mutter hatte noch gar nicht gemerkt, daß Dieter weggelaufen war.

Nun aber kam eine Rettung aus dem Nachbardorf. Sie hieß Sabine und wollte in den Kindergottesdienst. Ein bißchen spät war es freilich schon. Und Sabine hatte ihren besten Mantel an, das wollen wir nicht vergessen. Dieteldatsch verstummte, als er das Mädchen kommen sah. Und dadurch gelang es Sabine, so zu tun, als sähe sie den kleinen und frierenden Schmutzfinken nicht. Sie guckte tatsächlich nicht nichtig hin. Und außerdem hatte sie es eilig! Und als Dieteldatsch zu heulen anfing, setzten gerade die Kirchenglocken ein. Tun mußte sich das Mädchen noch mehr beeilen.

Ja, was sollen wir zu Sabine sagen? Sie hatte die gute Absicht, in den Kindergottesdienst zu gehen und dieser Dieteldatsch hätte ja nicht wegzulaufen brauchen!

Doch sehen wir erst einmal weiter: Nun näherte sich zwar (und zwar aus Dietel­datschs Dorf) die Marion mit einem dicken Papierwickel in der Hand. Darin steckten, vor der Kälte geschützt, zarte Alpenveilchen. Marions Großmutter feierte nämlich an diesem Sonntag Geburtstag. Diesmal machte sich Dieteldatsch sofort bemerkbar. Marion blieb stehen, schnappte nach Luft und schimpfte: „Wie siehst du denn aus, du Ferkel! Was hast du denn überhaupt hier zu suchen? Wart nur, wenn ich heute Abend heimkomme, erzähle ich alles meiner Mutter! Scher dich nach Hause! Ich habe jetzt keine Zeit für dich. Meine Großmutter wartet auf mich. Wenn ich nicht komme, macht sie sich Sorgen!“ Mit diesen Worten ging Marion weiter. Hat sie recht? Läßt man eine Großmutter warten, weil ein kleines Ferkel im Straßengraben hockt?

Ich weiß nicht recht. Jedenfalls war dem Dieteldatsch so jämmerlich zumute, daß er noch mehr in sich zusammenkroch.

Um ein Haar hätte ihn Michael wirklich nicht gesehen .Dieser hatte gerade den großen Gang eingeschaltet und wollte aufs Dorf zubrausen, stolz über sein neues Fahrrad. Endlich war der Winter gewichen, und man konnte sich sehen lassen! Michael erblickte das jammernde Häufchen und bremste. Und wenn du denkst, nun habe er auch seine Rede angefangen und den Ausreißer bedroht, so täuschst Du Dich. Und wenn Du meinst, Michael sei mit dem Lausbengel verwandt oder verschwägert gewesen, so bist Du in einem Irrtum befangen. Nichts dergleichen!

Er bremste, stieg ab, packte den Dieteldatsch und hob ihn auf seinen Esel - Unsinn, auf sein Fahrrad natürlich. Wie komme ich nur auf den Esel? Und weil er spürte, daß der Kleine zitterte, zog er seinen Anorak aus und stülpte ihn über den Schmutzfinken. Ja, das tat er und fuhr los und brachte den Dieteldatsch zu seinen Eltern. Das war das Ende.

Und nun frage ich Dich: W e r hat nichtig gehandelt? So, daß Jesus sagen könnte: „Mach es genau so!“ Ja, das frage ich Dich! Muß man Dieter nicht auch einen Denkzettel geben, damit er aus Erfahrung klug wird?

 

 

Bildbetrachtung:

1.) Werner Juza: Barmherziger Samariter heute    

a) Wir betrachten mit den Kindern zunächst den Vordergrund des Bildes und fordern sie auf: Wir wollen gemeinsam zusammentragen, was wir in der Mitte des Bildes sehen! Auffällig ist die Gestalt eines Mannes mit großen Händen. Wahrscheinlich geht er nach getaner Arbeit nach Hause. Er ist also in seinen Arbeitsprozeß eingegliedert und hat eigentlich keine Zeit. Trotzdem hockt er nun hier am Straßenrand, beugt sich über einen Verletzten, hilft ihm. Über den Hilflosen ist nicht viel zu sagen. Er hat offenbar eine Kopfverletzung und schließt vor Schmerzen die Augen.

b) Ein bißchen könnt ihr lesen, was auf der Litfaßsäule steht: Hier finden wir vielversprechende Angebote (Glück, Geld, usw.) für die Menschen. (Mit den Kindern kann man ein bißchen darüber reden, welche Bedeutung diese Dinge im Leben eines Menschen haben). Für den Verletzten jedenfalls sind alle diese Angebote im Augenblick unwichtig. Für ihn ist jetzt allein lebensnotwendig, daß ihm jemand hilft.

c) Wir wollen jetzt schauen, was wir auf dem Hintergrund des Bildes sehen! Es fällt sofort auf, daß es sich um vorbeieilende Menschen handelt. Sie könnten eigentlich sehen, was hier am Straßenrand passiert. Aber der Künstler Wenner Juza hat sie als Unbeteiligte dargestellt, nur ihre Füße und Beine gezeichnet. Offenbar gehen diese Menschen zu einem Vergnügen und haben jetzt keine Zeit.

d) Wir werden uns selber manchmal in der Situation des Vorbeieilenden befinden. Es gehört zum Leben, daß wir oft in Anspruch genommen sind von unseren eigenen Dingen und weder einen Blick noch Zeit haben für das, was neben uns passiert. Das Evangelium vom barmherzigen Samariter sagt nicht, daß wir unsere Augen verschließen sollen vor den Dingen, die unser Leben schön und lebenswert machen.

Es will uns aber den Blick dafür schärfen, daß wir nicht nur von unseren eigenen Wünschen bestimmt werden, sondern auch bewußt Zeit für Hilfeleistungen einplanen. Auch dies sollten wir bedenken, und es trägt zu einer realen Lebenssicht bei, daß auch wir einmal auf Hilfe anderer angewiesen sind.

 

Leiden und helfen

 

Henri Dunant

Jeder von uns kennt die Krankenwagen mit dem Roten Kreuz, die oft mit Notsignal zum Krankenhaus fahren. Wenige aber wissen etwas von dem Gründer des Roten Kreuzes und Urheber der Genfer Konvention, dem Schweizer Henry Dunant (sprich: Aonri Dünaont).

Am 8. Mai 1828 wurde er in Genf geboren als Sohn einer calvinistischer Patrizierfamilie. Die Eltern waren gläubige Menschen und bemühten sich, überall Gutes zu tun, und begeistert für alles Große. Der junge Dunant besuchte mit der Mutter und später mit Gleichgesinnten Arme und Kranke. Er lernte das Unglück und das Elend kennen, das in den dunklen Gassen und in den Wohnungen herrschte. Er begriff, daß ein Einzelner angesichts von soviel Elend machtlos ist. Wenn man nur ein wenig helfen will, dann müssen alle Menschen antreten, um eine solche furchtbare Not zu beseitigen.

Im Jahre 1859 war Henry Dunant 31 Jahre alt und reiste als Geschäftsmann nach Oberitalien. Er hatte finanzielle Sorgen und wollte sie mit dem französischer Kaiser Napoleon III. besprechen. Dieser war gerade in einen Krieg gegen die Österreicher verwickelt und befand sich auf dem Schlachtfeld in der Nähe von Solferino und Castiglione bei Brescia.

Dunant kam mitten hinein in die Schlacht. In einem Kampf Mann gegen Mann standen sich 160.000 Österreicher und 100.000 Franzosen sowie 50.000 Italiener ge­genüber. Es war der 25. Juni, ein heißer Tag. Dunant trug einen weißen Leinenanzug und einen Tropenhelm.

Das Schlachtfeld war überall mit Leichen übersät. Menschen und Pferde lagen auf Straßen, in Gräben und Bächen, im Gebüsch und auf Wiesen. Das Herz des Mannes in Weiß krampft sich zusammen. Er läuft durch die Reihen der blutenden, zerfetzten, verstümmelten Menscherleibern und Toten hin und her. Aber Mitleid hat noch niemandem geholfen. Dunant vergißt die eigenen Sorgen und die Schrecken der Schlacht und hilft selber, wo er nur kann. Mit seinen geringen Kräften versucht er, wenigstens etwas von der Qualen und Leiden zu lindern. Aber Tausende warten vergeblich auf Hilfe.

Da schreit einer: „Lassen Sie mich nicht sterben!“ Ein anderer bittet: „Schreiben Sie doch meinem Vater, daß er meine Mutter trösten soll!“ Ein Gardegrenadier ruft laut: „Ich will nicht sterben, ich will nicht sterben!“ Angesichts der Überzahl der Hilfesuchenden drohen die pausenlos arbeitenden Ärzte und Sanitäter immer wieder zu verzagen.

Aber Dunant gibt nicht auf: Er bedeckt einem Verwundeten die Wunde mit Gazestoff, er spendet einem Sterbenden letzten Trost, er legt einer rettungslos Verstümmelten in eine bequemere Lage. Es gelingt ihm aber auch, einige Frauen zusammenzubringen, die sich von ihm anleiten lassen und die gleich ihm anpacken. Er weist sie auf ein Kruzifix hin und packt sie so, daß sie mithelfen.

Auch einige andere helfen: ein alter Seeoffizier, ein italienischer Pfarrer, ein Pariser Journalist, einige Offiziere. Der französische Kommandant von Castiglione stellt Gefangene zur Verfügung, die sich um die Verwundeten kümmern, eine nach damaligem Kriegsrecht unerhörte Tat.

Dunant eilt von Kirche zu Kirche, von Kapelle zu Kapelle. Überall liegen Verwundete. Er teilt ein, organisiert die Hilfsbereiten und sorgt dafür, daß die Frauen sich nicht allein denen widmen, die am lautesten schreien. Kleine Jungen spannt er ein. Sie laufen von den Sammelplätzen zu den nächsten Brunnen und holen Wasser. Er läßt Verbandszeug in großen Ballen da und dort niederlegen. Kraftbrühe wird ausgeteilt und Suppe.

Aber es fehlt an Hemden und Leinen. Er schickt einen Kutscher nach Brescia, damit der Orangen und Zitronen holt. Aber auch Hemden, Schwämme, Zigarren, Tabak, Kamille, Holunder, Binden und Stecknadeln hat er mitgebracht. Die Leute würden sonst an Hunger und Durst sterben. Es geht nicht nur um Operationen, sondern auch darum, die Wunden zu verbinden und die blutenden, mit Kot und Ungeziefer bedeckten Körper zu waschen.

Die Frauen wollen sich zuerst nicht um die Feinde kümmern. Aber das Vorbild Du­nants reißt sie mit: Sie gehen auch zu den Kroaten, Österreichern und Ungarn. Ein Stichwort macht die Runde: „Tutti fratelli“ - „Alle sind Brüder!“ Auch die Ärzte und Sanitäter handeln so. In den umliegenden Ortschaften sitzen die Bewohner und zupfen Verbandszeug zurecht. Sobald aber ein Transport vorüberfährt, springen sie auf und versuchen zu helfen und zu lindern. Alle begreifen sie „Wir sind Brüder!“ Die Bauersfrauen, die Herrin des Schlosses, Stadträte in Brescia, die 15.000 Betten haben auf stellen lassen, so gut es eben geht. Bis zum Abend hat Dunant 300 Helfer zusammen, die er in Gruppen einteilt und gezielt einsetzt.

Ein Professor der Anatomie aus Toronto eilt aus Straßburg herbei. Medizinstudenten aus Bologna und Pisa stellen sich ein. Durchreisende aus vielen Ländern wollen sich nicht beschämen lassen. Ein junger Soldat aus Piemont geht mit den Ärzten und dolmetscht. Ein Mädchen aus Piacenza leistet Dienste, die sie zu Hause nicht hätte tun müssen.

Außer 3 Feldmarschällen, 9 Generälen und 1.566 Offizieren hatte man etwa 40.000 Soldaten und Unteroffiziere zu der Toten und Verwundeter zu zählen. Nach zwei Monaten mußte man noch einmal 40.000 Tote hinzuzählen, die an Krankheiten aller Art gestorben waren trotz aller Hilfe.

Diese Tatsache brannte in der Seele Henni Dunants so, daß er ein Buch der Anklage und des Hilferufs veröffentlichte: „Erinnerungen an Solferino“. I Jahr 1862 ging es in Tausenden von Exemplaren in die Welt, besonders an die regierenden Fürsten und Staatsmänner in Europa. Dunant schlägt die Gründung freiwilliger Vereinigungen vor, die Verwundeten und Kranken während eines Krieges Hilfe bringen sollen bzw. andere bei dieser Aufgabe unterstützen.

In Friedenszeiten könnten sie bei größeren Unglücken, Epidemien und Feuersbrünsten und Überschwemmungen Hilfe leisten. Die Arbeit soll international organisiert werden und die Helfer sich verpflichten, Freunden und Feinden ohne Unterschied Hilfe zu bringen. Als einheitliches Erkennungszeichen schlug Dunant ein rotes Kreuz auf weißem Grund vor, ein Gedanke, der ihm bald nach dem Tag von Solferino im Haus der Gräfin Borromeo gekommen war.

Der Vorsitzerde der Schweizer gemeinnützigen Gesellschaft griff freudig Dunants Gedanken auf. Er schuf ein internationales Komitee für Verwundetenhilfe, dessen Schriftführer Dunant wunde. Am 26.10.1863 konnte er in Genf 36 Vertreter aus 16 europäischen Staaten begrüßen. Als Internationale Konferenz zur Beratung von Mitteln, mit denen man dem Sanitätsdienst im Felde zu Hilfe kommen könnte, schuf sie die Grundlage für die Verwundetenpflege im Krieg. Einer der vereinbarten Punkte lautete: „Als Kennzeichen tragen die freiwilligen Krankenpfleger in allen Ländern eine weiße Armbinde mit einem roten Kreuz“.

Am 22.8.1864 wunden die zehn Artikel der 1.Genfer „Konvention zur Verbesserung des Schicksals der verwundeter Soldaten der Armeen im Felde“ unterzeichnet .An dieser Konferenz nahm Dunant nicht mehr teil. Er trat bescheiden zurück. Er sagte: „Ich war nur ein Werkzeug in Gottes Hand. Jetzt ist es Sache anderer, die besser geeignet sind, es voranzutreiben und in Gang zu halten!“

Doch drei Jahre später verlor Dunant sein ganzes Vermögen. Schwere Notjahre kommen. Dunant lebte in Paris, in England, in Stuttgart und schließlich im Bezirks­krankenhaus des kleinen Ortes Heiden im schweizerischen Kanton Appenzell. Dorthin hatte man der 64 Jährigen gebracht, als er durchgegangene Pferde aufhalten wollte und dabei verunglückte.

Nur wenige wußten um seine Not, auch nicht als er 1872 in London sprach. In Plymouth brach er während eines Vortrags vor Hunger zusammen. Als 1892 das Internationale Rote Kreuz in Rom tagte, lief ein Telegramm ein: „Henni Dunant lebt und ist in Not. Wilhelm Sonderegger!“ Das Telegramm stammte von dem Lehrer des kleinen Ortes Heiden. Nun horchten nicht nur die Tagungsteilnehmer auf. Ehrungen aus aller Welt wurden Dunant zuteil. Im Jahre 1901 wurde er zusammen mit dem Franzosen Frederic Passy mit dem ersten Friedensnobelpreis ausgezeichnet. Er starb am 31.Oktober 1910. Der letzte Satz seines Testaments lautet: „Ich bin ein Jünger Christi wie im ersten Jahrhundert und sonst nichts!“

Heute werden männliche und weibliche Kräfte zur ersten Hilfe bei Unfällen ausgebildet. Bei Katastrophen, im Rettungswesen und bei Grubenunglücken sind die Sanitäter mit der weißer Armbinde und der auch mit einem roten Kreuz gekennzeichneten Umhängetasche unentbehrlich. Mit allen Mitteln der modernen Wissenschaft kämpfen Ärzte unter dem Zeichen des Roten Kreuzes um das Leben der Menschen. Sie gebrauchen nicht nur feinste Instrumente, sondern sie haben auch Kraftfahrzeuge und Hubschrauber. Heute ist das Rote Kreuz eine weltweite Organisation, zum Teil als „Roter Halbmond“ oder als „Roter Löwe“. Es tut sehr viel für den Frieden in der Welt und ist international geachtet.

 

Fallbesprechung:

1. Gabis Vater war ganz plötzlich schwer erkrankt. Gestern fehlte Gabi in der Schule, und die Lehrerin teilte uns mit, daß Gabis Vater gestorben ist. Übermorgen wird sie wahrscheinlich wieder zur Schule komme. Gabi tut uns leid! Was können wir für sie tun?

2. In unserer Nachbarschaft ist eine neue Familie eingezogen. Sie haben einen kranken Jungen. Er kann gar nichts lernen und geht nicht einmal zur Sonderschule. Er hat einen so großen Kopf und macht mit seinen Armen so eigenartige Bewegurgen. Viele lachen über ihn. Uns tut der Junge so leid! Was können wir für ihn tun?

3. Jürgen stottert. Wenn er aufgeregt ist oder Angst hat, dann bekommt er kein Wort heraus und wird ganz rot! Jürgen wird oft ausgelacht und aufgezogen. Manche machen ihn nach und rufen auf der Straße hinter ihm her. Uns tut Jürgen leid. Was können wir für ihn tun?

4. Thomas ist in den Ferien beim Spielen in ein Auto gelaufen. Sein rechtes Bein wird für immer steif bleiben. Thomas war begeisterter Fußballspieler. Er tut uns so leid! Was können wir für ihn tun?

 

Überlegung:

Wenn wir uns unser künftiges Leben vorstellen, dann wünschen wir uns Gesundheit, Arbeit, Freude, Freundschaft, Erfolg. Wir denken aber nicht an Krankheit, Armut, Einsamkeit, Trauer. Aber das kann ja auch kommen. Dann gilt es, ganz fest an Gott fest­zuhalten und ihm weiter zu vertrauen.

Davor spricht der 73. Psalm: „Dennoch bleibe ich stets an dir!“ Da hat ein Mensch schwere Erlebnisse mitgemacht. Aber er dankt Gott dennoch und spricht: „Gerade jetzt will ich bei dir bleiben, denn du hältst mich bei meiner rechten Hand und leitest mich nach deinem Rat!“.Trotz allen Leidens hat er doch immer auch Grund zum Freuen gehabt.

Manche meinen ja: Der liebe Gott steht einem immer bei, wenn man in Gefahr ist! Das ist aber nur die halbe Wahrheit. Gott ist auch bei den fröhlichen Ereignissen unseres Lebens dabei, das sollten wir nicht vergessen. Vielleicht kommen wir sogar zu der Erkenntnis: „Auch das Leid kommt aus Gottes Liebe!“ Aber man kann einem Kranken nicht sagen: „Deine Krankheit ist ja gar nicht so schwer!“ Zu solcher Erkennt­nis kann er höchstens selber kommen. Eine Hilfe dazu kann der 73.Psalm sein.

 

Die Situation der Behinderten:

Behinderte kommen wenig heraus, manche gar nicht. Sie müssen auf ein normales Leben verzichten, zum Beispiel Schule, Beruf, Ehe, Kinder, Kino, Theater. Überhaupt ist der Besuch von Veranstaltungen jeder Art schwer möglich. Vor allem sind sie dadurch auch von Gleichaltrigen isoliert.

Es fällt ihnen schwer, immer auf Hilfe angewiesen zu sein. Sie haben kein Leistungs­vermögen und bleiben abhängig. Besonders schwierig ist die Begegnung mit Gesunden. Diese weichen ihnen entweder aus oder begegnen ihnen gehemmt oder falsch. Gesunde stempeln sie oftmals als Menschen zweiter Klasse und zu geistig Minderbemittelten oder sozial Minderwertigen.

Auch Leute aus der Gemeinde überfallen Behinderte oft mit tierischem Ernst und guten Sprüchen. Sie machen dann eine Aktion wie einen „Tag der Diakonie“, wo ein Behinderter dann fremden Menschen gegenüber sitzt und sich über Geschenke und Lieder nicht freuen kann, weil er nachher ja doch wieder allein ist. Bemitleidet werden möchte er nicht.

Ein Körperbehinderter ist niemals erfreut, wenn man ihn fragt: „Seit wann haben Sie ihr Leiden? Haben Sie das von Geburt an? Psychisch sind Sie doch gesund?“ Der Gefragte hört die Neugier heraus, die falsche Absicht. Aber auch übertriebene Höflichkeit mag er nicht, etwa: „Ach Sie armes Menschenkind, was mußten Sie schon alles durchmachen!“ Mehr Freude wird ihm bereiten, wenn man sich ganz unbefangen und natürlich mit ihm unterhält.

Besonders schwer ist es, eine Arbeitsstelle zu finden. Kein Chef möchte eine Körperbehinderte als Sekretärin haben, auch nicht in Anstalten. Und wenn man einen Körperbehinderten nimmt, dann gibt man ihm meist Schema-Arbeiten. Dabei kann eine sinnvolle Arbeit eine große Hilfe für einen Behinderten sein.

Manche meinen allerdings: Bei uns gibt es keine Behinderten! Dabei muß man auf 3.000 Einwohner mit einem jüngeren schwerstbehinderten Menschen rechnen. Noch größer ist die Zahl der geistig Behinderten.

Wir müssen uns um die kümmern, die nichts mehr oder überhaupt nichts für die Allgemeinheit leisten können, weil einer über die Erde gegangen ist, dem die Menschen nicht wegen ihrer Leistungen, sondern wegen ihrer Bedürftigkeit wichtig waren.

Es ist kein Verdienst, wenn wir gesund sind. Dankbarkeit kann zur Bereitschaft führen, sich für Menschen zu engagieren, die auf Kontakte warten. Man wird dabei Erfahrungen machen, die zur Führung des eigenen Lebens helfen. Es ist also ein gegenseitiges Dienen und Helfen, was dann geschieht.

 

Konkrete Hilfen:

1. Andere über die Lage Behinderter aufklären, um Verständnis werben

2. Behinderte vor Spott anderer schützen, selber nicht mit spotten

3. Spielzeug sammeln für behinderte Kinder in Heimen und Anstalten

4. Eltern auf Urlaubsmöglichkeiten bei der Kirche hinweisen

5. Auf Behinderte im Straßenverkehr achten und ihnen helfen

6. Wege bei Behörden erledigen, Pflegegeld besorgen usw.

7. Besuche, möglichst zu zweit und möglichst regelmäßig

8. Besuch einer Kindertagesstätte und gemeinsamer Spiele nachmittag

9. Manche machen die Hilfe an Behinderten zum Lebensberuf

Behinderte fallen immer noch in der Öffentlichkeit auf. Deshalb brauchen gerade Jugendliche den Mut, sich in der Öffentlichkeit mit einem Behinderten zu zeigen. Es ist eben noch nicht selbstverständlich, daß Behinderte bei Veranstaltungen dabei sind, auch bei kirchlichen Veranstaltungen. Eine große Hilfe ist da zum Beispiel ein Tierparkbesuch mit „Rollern“ und „Latschern“, wie man das in Berlin nennt,

Aber die Frage muß man sich immer stellen: Würden wir Körperbehinderte in unserer Gruppe oder im Jugendkreis begrüßen? Was müßte sich dann im Kreis ändern? Warum wurden Einladungen noch nicht ausgesprochen?

Das Gleichnis vom bittenden Freund: Lk 11, 1 -13

Hinführung:

Die Jünger Jesu haben mehrmals am Tage die vorgeschriebenen Gebete

vernichtet. Sie kannten die altgewohnten Gebete ihres Volkes und sangen die Psalmen wie wir die Lieder aus dem Gesangbuch. Dennoch bitten sie eines Tages ihren Herrn, ihnen doch ein besonderes Gebet beizubringen. Einer sagte: „Herr, lehre uns beten, wie auch Johannes seine Jünger lehrte!“ Durch ein solches Gebet könnte ihre Gemeinschaft neue Kraft empfangen. Der Meister würde es sicher besser können als sie, sie wollten noch etwas von ihm lernen.

Da lehrte Jesus sie das Vaterunser, das wir bis heute im Gottesdienst und bei anderen Gelegenheiten beten. Wir leben zwar in einer Welt, in der Gottes Name weithin nicht geheiligt wird, wo Gottes Reich unendlich weit entfernt zu sein scheint, wo Gottes Wille verlacht und verachtet wird. Aber wir bitten in diesem Gebet unseren Herrn um einen neuen Himmel und eine neue Erde.

Das hilft auch, Gemeinschaft untereinander zu halten und mit bestimmten Nöten im Leben des Einzelnen fertigzuwenden. Bis heute ist das Vaterunser das einigende Band unter den Kindern der Welt. Bei allen christlichen Versammlungen von Vertretern verschiedener Kirchen wird es gebetet, wenn auch in unterschiedlichen Sprachen. So ist das Vaterunser tatsächlich ein einigendes Band in der Christenheit geworden.

Jesus wollte aber auch deutlich machen, daß es wirklich Sinn hat, zu Gott zu beten. Gott will gebeten sein, er ist der Freund, der unsere Bitten gern erfüllt, wenn er sie erfüllen kann und sie gut für uns ist. Um das deutlich zu machen, hat Jesus sich eine Geschichte ausgedacht, die aber tatsächlich so passiert sein könnte.

 

Erzählung:

In einem kleinen Dorf trifft am späten Abend noch ein Reisender ein. Abends läßt es sich besser gehen, weil es da schon etwas kühler ist. Aber nun hat er sich verspätet und weiß nicht, wo er unterkommen soll. Er kennt jemand in dem Dorf. Ob der ihn wohl aufnehmen wird? Damals war Gastfreundschaft etwas Heiliges: Selbst wenn ein Fremder an die Türklopfte, mußte man ihn aufnehmen. Es gab ja keine Gasthäuser und Hotels, man war auf die Hilfsbereitschaft anderer Leute angewiesen. Daß man solche Gastfreundschaft gewährt, war damals jedenfalls selbstverständlich, man konnte gewiß mit der Hilfe rechnen, das war gar keine Frage.

Aber in diesem Falle wird das alles sehr schwierig. Die Familie ist schon zu Bett gegangen. Zu essen ist auch nichts mehr da. Man backt ja nur das Brot für einen Tag, da gibt es so spät meist nichts mehr. Aber man kann einen Gast doch nicht ohne Bewirtung aufnehmen? Und die Füße muß er sich doch auch waschen können nach einer so langen Wanderung über die staubigen Straßen. Was soll der Gastgeber nur machen?

Es bleibt ihm nichts anderes übrig, als nun wiederum seinen Freund zu bitten, daß der ihm wenigstens mit Brot aushilft. Vielleicht hat er noch etwas übrig. Es geht schon auf Mitternacht zu, als er bei seinem Freund anklopft und ruft: „Lieber Freund, leihe mir drei kleine Brote. Ein Bekannter ist zu mir gekommen und ich habe nichts, was ich ihm vorsetzen kann!“ Drei Brote aus Gersten- oder Weizenmehl, so groß wie ein Teller und etwa einer Daumen dick, sind gerade so eine Mahlzeit für einen Menschen.

Aber der Freund drinnen ist auch längst zu Bett gegangen mit seiner Familie. Die Tür ist längst zugeschlossen und mit einem hölzerner Riegel gesichert. Wenn man ihn aus den eisernen Ringen zieht, geht das nicht ohne Lärm. Dadurch werden aber sicher alle im Haus wach werden, denn es ist nur ein kleines Haus mit einem einzigen Raum, in dem alle zusammen auf ihren Schlafmatten schlafen.

Da ist es doch verständlich, wenn der Freund dem Gastgeber durch die Tür artwortet: „Mach mir keine Mühe und Unruhe! Die Tür ist schon zugeschlossen. Meine Kinder liegen bei mir und schlafen. Ich kann jetzt nicht aufstehen und dir etwas geben!"“

Doch der draußen läßt nicht locker. Wenn er noch länger ruft, werden die Kinder sowieso wach sein. Da ist es besser, doch aufzustehen und ihm etwas zu geben. Außerdem ist der Gastgeber ja auch wirklich in einer schlimmen Verlegenheit: Er hat die heilige Pflicht, einen späten Gast noch zu bewirten. Er kann es nicht. Aber sein Freund könnte es! Einen Freund, der ihn hier im Stich ließe, kann es doch gar nicht geben!

Deshalb sagt Jesus: „Er wird nicht aufstehen, weil der da draußen sein Freund ist. Aber weil er so unverschämt drängt, wird er doch aufstehen und ihm geben, soviel er braucht!“ Vielleicht hat er sich auch etwas geschämt, weil er den Freund im Stich lassen wollte. Er hat doch nur so rücksichtslos gebettelt, weil er selber der Pflicht der Gastfreundschaft nachkommen wollte.

Jesus aber fährt fort: „Bittet, so wird euch gegeben; suchet, so werdet ihr finden; klopfet an, so wird euch aufgetan. Denn wer da bittet, der empfängt; wer da sucht, der findet; und wer da anklopft, dem wird aufgetan!“ So wie jener Mann im Gleichnis darf man auch Gott bitten. Jesus weiß, daß Gott die Bitte erfüllen wird. Deshalb macht er den Jüngern mit dieser Geschichte Mut, Gott um alles zu bitten. Aber er erwartet auch von ihnen, daß sie bereit sind, anderen zu helfen, wenn sie um Hilfe gebeten werden. Und dabei muß es nicht nur ums Brot gehen, sondern um sehr viel mehr.

Aber Jesus spricht noch weiter: „Wo bittet unter euch ein Sohn den Vater um einen Fisch und der gibt ihm eine gefährliche Schlange, die wie ein Fisch aussieht? Oder wenn er um ein Ei bittet, der ihm einen Skorpion biete, der sich wie ein Ei zusammengerollt hat?“ Die Zuhörer sollen antworten: „Nein, das tut keiner, niemals!“ Man kann seinen eigenen Kindern doch nichts Gefährliches geben, wenn sie Hunger haben, sogar etwas, das den Tod bringen kann.

Väter sind zwar auch manchmal boshaft und fügen Schaden zu. Aber ihren Kindern sind sie gütige Väter und wollen ihnen nur Gutes geben. Gott aber ist noch mehr darauf bedacht, seinen irdischen Kindern gute Gaben zu geben. Er gibt ihnen sogar seinen heiligen Geist, damit sie ihn bitten um alles, was sie nötig haben.

 

 

Pharisäer und Zöllner: Lk 18, 9 - 14

Hinführung:

Luther hat das alles selbst erlebt, was er in dem Lied „Nun freut euch, liebe Christengmein“ schildert, vor allem während seines Klosterlebens. Er hat gute Werke für Gott tun wollen, hat gefastet, sich ausgepeitscht, regelmäßig gebetet, gebettelt, Ablaß erworben, Wallfahrten unternommen. Er hat sich sehr abgequält; aber er wollte Gott damit zufriedenstellen und ihn zwingen, ihn in sein Reich aufzunehmen. Wie es damals in seinem Herzen aussah, erzählt der zweite und dritte Vers.

Mit jedem guten Werk dachte er, sich eine neue Stufe an der Treppe zum Himmel gebaut zu haben (Gute Werke in Form einer Treppe an die Tafel malen). Aber er mußte erleben, daß Gott all seine guten Werke nicht annahm. Gott aber hat ihm geschenkt, was Luther ihm hatte abzwingen wollen. Aus lauter Barmherzigkeit hat er seinen Sohn zu den Menschen geschickt, um ein Bruder der Menschen zu werden und sie zu erlösen.

Es hat schon bestimmt einmal jemand zu euch gesagt: „Da hast du dich aber verrechnet!?“ Wir rechnen heute viel, verrechnen uns aber auch oft - und das ist uns dann peinlich. Wir rechnen mit Geld, mit Zahlen, mit Maßen, mit Gewichten und mit der Zeit. Es kommt manchmal vor, daß wir uns verrechnen: in der Schule, im Geschäft, beim Hausbau, usw. Es kann sehr unangenehm und sogar gefährlich sein, wenn man sich verrechnet. Der gefährlichste Rechenfehler ist aber, wenn man beim Ziel seines Lebens verrechnet, wenn man sein ganzes Leben verfehlt. Aber rechnen wir auch mit Gott? Denken wir nur an ihn, wenn wir ihn brauchen?

In Israel gab es Leute, die sehr gut rechnen konnten, nicht nur mit ihrem Geld, sondern mit Gott. Sie sagten: „Gott ist gerecht. Er kennt den Menschen durch und durch und kann jeden nach seinen Werken behandeln. So wird er die frommen Menschen gerecht sprechen und ihnen das ewige Leben als Lohn geben. Die Bösen aber wird er zum ewigen Tod verurteilen. Für sie war es klar, wie man sich das ewige Leben verdienen kann.

Sie nahmen ihren Glauben sehr ernst und versuchten, Gott zu gefallen, so wie es dann auch Luthers versucht hat. Sie hatten Angst; sie könnten ein Gebot übertreten, ohne daß sie es wollten oder auch nur merkten. Deshalb haben sie Einzelvorschriften wie einen Zaun um die Gebote herumgelegt, um gar nicht erst bis in den Bereich des eigentlichen Gebotes heranzukommen. Wer das Feiertagsgebot ernst nahm, legte das Anmachholz schon am Vortag in den Ofen oder hielt das Feuer die Nacht über in Gang.

Und doch stimmt etwas nicht in der Rechnung der frommer Pharisäer. Jesus deckt ihren Kernfehler auf, weil er nicht will, daß wir Menschen uns verrechnen, wo es um das ewige Leben geht‘

In der Geschichte von Zachäus haben wir schon von diesen Frommen gehört, die sich aber von Jesus abgewendet haben, weil er sich so sehr um diesen Zachäus gekümmert hat. Nein, diese Pharisäer wollten mit den Zöllnern nichts zu tun haben.

Sie sonderten sich streng ab von den weniger Frommen, damit sie nicht von ihnen angesteckt wurden. Voller Verachtung schauten sie auf diese „Ungerechten“, wie sie diese Menschen nannten. Ganz besonders verhaßt waren ihnen die Zöllner. Diese waren wirklich schlimme Leute. Die Pharisäer würden ganz gewiß viel besser vor dem Urteil Gottes bestehen können als die Zöllner.

Wie Jesus aber die Pharisäer und Zöllner beurteilt, hat er uns in einer Beispielgeschichte deutlich gemacht, die wir jetzt hören wollen: Jesus warnt uns dabei vor einem gefährlichen Rechenfehler!

 

Erzählung:

Um Jesus hatten sich wieder viele Menschen versammelt. Er hatte ihnen schon viel von seinem Vater erzählt, der alle Menschen liebt und sich gerade auch um seine ungehorsamen Kinder kümmert. Doch viele wollten den Worten Jesu nicht glauben. Sie dachten: „Was dieser Jesus hier sagt, geht uns doch alle nichts an. Wir halten doch die Gebote Gottes und geben unser Opfer. Wir geben uns mit keinem unreinen Menschen ab. Uns ist das Reich Gottes doch sicher!“

Doch Jesus wußte, wie es in ihrem Herzen aussah, daß nämlich einer immer besser sein wollte als der andere. Aber er wußte auch, daß Gott keine selbstherrlichen Menschen haben will. Um diesen Menschen zu helfen, erzählt er ihnen deshalb eine Geschichte.

Geht einmal mit mir in Gedanken in den Tempel von Jerusalem. Hier will Gott mitten unter seinem Volk sein, hat er gesagt, und will auf alle Gebete hören. Deshalb gehen viele Menschen morgens um 9 Uhr und nachmittags um 15 Uhr zu den üblichen Gebetszeiten in den Tempel, um dort zu beten. Sie durchschreiten den großen Vorhof und betreten den inneren Vorhof. Sie sammeln sich zum gemeinsamen Gebet. Bis eine Gruppe versammelt ist, betet jeder allein.

Auch heute kommt wieder wie jeden Tag jener bekannte Pharisäer, einer von den ganz besonders Frommen. Zusätzlich zu den Zehn Geboten hatten sie noch 248 Gebote und 365 Verbote aufgestellt. Es war sehr schwer, sie alle zu wissen; noch schwerer war, sie alle zu halten. Doch die Pharisäer nahmen es sehr genau damit.

Ihm Gesetz des Mose war nur vorgeschrieben, daß die Bauern einen Teil ihrer Erzeugnisse verzehren mußten. Das heißt: Wenn sie hundert Sack Getreide geerntet hatten, mußten sie zehn Sack davon als Steuer an den Tempel abführen. Wenn das nicht geschehen war, durfte ein frommer Mann das Getreide nicht essen. Die Pharisäer wollten nun sicher gehen. Woher sollten sie denn wissen, daß alles verzehntet war? Lieber wollten sie noch einmal alles verzehnten, was sie gekauft hatten, als gegen ein Gebot Gottes verstoßen.

Dann haben sie sich ein strenges Fasten auferlegt. Das heißt: Sie haben einen ganzen Tag lang nichts gegessen und auch nichts getrunken; in einem so heißen Land bedeutet das schon etwas. Im Gesetz war nur e i n Fasttag vorgeschrieben, der große Versöhnungstag. Aber die Pharisäer fasteten sehr viel öfter, beteten dann sehr viel und gaben den Bettlern besonders viel Geld und legten ein großes Opfer in den Opferkasten im Tempel.

Diese Pharisäer haben wirklich viel Gutes getan. Und sie waren wirklich fromm. Sie gingen oft in den Tempel und wußten genau, was in der Bibel steht und hielten sich an die Gebote. Wir können nur den Hut abziehen vor dem Ernst dieser Leute, die ihren Glauben sehr ernst nahmen. Sie waren keine Heuchler, die nur so taten als ob.

Sie waren wirklich besser als andere Menschen. Und man weiß nicht, ob man sich nicht vor ihnen schämen müßte, denn so genau wie sie nehmen wir es doch alle nicht.

Solch ein Pharisäer kommt also heute wie jeden Tag in den Tempel. Er ist deutlich erkennbar als Pharisäer durch die Gebetsriemen und Quasten am Oberkleid, die ihn an das rechte Beten und die Gebote erinnern. Die Menschen grüßen ihn ehrfurchtsvoll und machen ihm Platz. Er kann sich wirklich sehen lassen, nicht nur vor den Menschen, sondern auch vor Gott. Er weiß, daß er zu Gott gehört. Aber mit den anderen Leuten steht es eben schlimm. Er will ihnen ein Vorbild sein und sie auf den rechten Weg führen.

Ganz vorne stellt er sich hin, so daß alle ihn sehen können. Aufrecht und für sich allein steht er an der Stelle, wo er auf Grund seines Lebenswandels hingehört. Halblaut spricht er sein Gebet vor sich hin, so wie es damals üblich war. Es ist ein Dankgebet. Aber der Pharisäer dankt gar nicht für Gottes Güte, sondern er spricht im Grunde nur mit sich selbst und dankt sich selbst für seine eigenen Leistungen. Er sagt: „Ich danke die, Gott daß ich nicht bin wie die anderen Leute, Räuber, Ungerechte, Ehebrecher oder auch wie dieser Zöllner. Ich faste zweimal in der Woche und gebe den Zehnten von allem, was ich habe!“

Und dabei deutet er auf einen Zöllner, der irgendwo hinten in der Ecke steht. Ihn kennen die Leute auch alle. Er sitzt doch immer in dem Zollhäuschen bei der Zollschranke und nimmt allen Leuten Geld ab für die Waren, die sie nach Jerusalem bringen. Doch alle wußten: In der Regel nimmt er mehr ab, als er laut Tarif darf, und steckt einen Teil des Geldes in seine eigene Tasche. Er war ein Betrüger. Und außerdem hält er es mit den Römern, mit den Feinden, die das Land besetzt halten. Wenn ein römischer Offizier kam, hat er immer große Verbeugungen gemacht. Aber seine eigenen Leute ließ er nicht durch die Schranke, wenn sie nicht zahlten, was er verlangte. So einer ist dieser Zöllner! Was will denn der eigentlich im Tempel, bei all den frommen Leuten? Daß er sich nicht schämt!“

Der Zöllner weiß, daß er ein schlechter Mensch ist. Er wagt sich gar nicht bis nach vorn, wo die frommen Leute beten. Er bleibt ganz hinten stehen, wo auch die Heiden sind. Von dort aus kann man in das Innere des Tempels sehen. Aber dieser Zöllner tut es nicht, sondern schlägt die Augen nieder. Er schämt sich und weiß genau: „Ich kann nicht zu Gott kommen. Ich bin viel zu schlecht. Ich werde in alle Ewigkeit draußen vor Gottes Tor stehenbleiben müssen!“

Er weiß, daß er durch seine große Schuld schon verurteilt ist. Er hat keine guten Werke aufzuweisen. Mit leeren Händen steht er da, Gott wird ihn von sich fortstoßen. Wenn ihn schon die Menschen verachten und heimlich die Faust in der Tasche ballen, wenn er kommt, dann hat er bei Gott erst recht nichts Gutes zu erwarten, denn Gott ist ein gestrenger Richter, der die Bösen straft und die Guten belohnt.

Dieser Zöllner vergleicht sich nicht mit anderen Menschen, weder mit den besseren noch mit den schlechteren. Er sieht sich allein gemessen mit dem Maßstab Gottes und erkennt seine rettungslose Verlorenheit. Es war ihm ja unmöglich, sein Unrecht wieder gutzumachen, was nach der damaligen Anschauung unbedingt notwendig war, um Vergebung zu erlangen. Aber er konnte all das Geld samt zwanzig Prozent Zinsen unmöglich wieder zurückerstatten. Er wußte ja auch gar nicht mehr, wen er alles betrogen hatte.

Nur noch eine Hoffnung hat er: Er betet zu Gott. Doch er wagt nicht einmal, die Hände zum Gebet zu erheben, sondern er schlägt sich nur an die Brust, wie es bei der Totenklage üblich war, und betet aus vollem Herzen: „Gott, sei mir Sünder gnädig!“ Er kann nur hoffen, daß Gott ein barmherziger Richter ist.

(Zwischenfrage: Wie wird Gott wohl entscheiden? Wenn die Schüler die Geschichte noch nicht kannten und sie wurde nichtig erzählt, werden sie antworten: Der Pharisäer ist Gott lieber!).

Jesus bricht seine Erzählung plötzlich ab, schaut seine Zuhörer an und sagt: „Was ich jetzt erzählt habe, geht euch alle an. Das eine sage ich euch: Gott hat diesem Zöllner seine Last abgenommen und ihm die Schuld vergeben. Er hat das Tor in das himmlische Reich für den Zöllner weit aufgemacht. Er ging getröstet und gerecht gesprochen wieder zurück in sein Haus.

Der Pharisäer aber ging so wieder zurück, wie er gekommen war. Seine Gedanken waren nur bei dem, was er Gutes getan hatte. Gott brauchte er gar nicht. Für ihn war das Tor zu Gott noch zu. Jesus schließt: „Wer sich selbst groß macht, wird erniedrigt werden, und wer sich selber niedrig macht, wird erhöht werden!“

So ist Gott also: Er sagt „Ja“ zum hoffnungslos verzweifelten Sünder und „Nein“ zum Selbstgerechten. Er ist ein Gott der Verzweifelten und nicht der Stolzen und Gebildeten. Der Pharisäer bildete sich ja sogar noch ein, er könnte die Untaten seiner Mitmenschen wieder gutmachen, wenn er fastet und den Zehnten gibt. Denn er selber hat ja nichts gutzumachen, weil Gott doch eigentlich ganz zufrieden mit ihm sein mußte. Er merkt gar nicht, daß er auch wie alle anderen Menschen auf die Barmherzigkeit Gottes angewiesen ist.

 

Die Zuhörer Jesu werden gedacht haben: So eine Unverschämtheit! Da meint dieser Zöllner, so einfach kommen zu können und Gott um Gnade bitten zu können! Da könnte man sich doch alle Mühe ersparen. Was haben wir denn da noch vor einem Zöllner voraus? Wir sind doch für Gott mehr wert als ein Zöllner. Irgendwie muß unsere Leistung doch anerkannt werden, muß die Rechnung doch aufgehen!

 

Jesus aber sagt: „Der Zöllner ging hinab gerechtfertigt in sein Haus, nicht der Pharisäer!“ Dieses Urteil Jesu schlägt wie ein Blitz bei seinen Zuhörern ein. Wenn Gott so gnädig ist, dann stimmt ja ihre ganze Rechnung nicht. Wenn alles so einfach ist, dann lohnt sich ja alle Mühe gar nicht. Kopfschüttelnd gehen sie davon: Dieser Jesus ist doch ein sonderbarer Mensch.

 

Der Evangelist Lukas, der uns diese Geschichte aufgeschrieben hat, der hat noch als Bestätigung hinzugefügt: „Wer  erhöht, der wird erniedrigt werden. Und wer sich selbst erniedrigt, der wird erhöht werden!“ Lukas versteht die Geschichte als Warnung vor Hochmut und Mahnung zur Demut, während Jesus doch die Selbstgerechtigkeit der Pharisäer angreifen wollte und den Zöllnern und Sündern die Gnade Gottes zusprechen wollte.

Aber Lukas hat richtig erfaßt: Da stimmt etwas nicht         in der Rechnung des Pharisäers. Er macht sich selber groß und setzt sich auf einen Thron, von dem aus er auf die anderen herabsehen kann. Das aber ist lieblos und gegen Gottes Gebot. Der Zöllner aber nimmt den Platz ein, der ihm vor Gott zusteht. Er macht sich nicht niedriger, als er ist, aber er will auch nicht mehr sein; als er ist. Diese Selbsterkenntnis, daß wir vor Gott nichts sind, nennen, wir „Demut“. Der Zöllner hat sie gehabt. Jesus möchte auch seine Zuhörer dafür gewinnen, daß sie seiner Auffassung zustimmen

 

Antwortgespräch:

Wir teilen folgende Prädikate auf Pharisäer und Zöllner auf:

Gesetzestreue, Gewissenhaftigkeit, praktische Frömmigkeit, Absonderung, Leistungsstolz, Selbstbewußtsein, Nüchternheit, Selbsterkenntnis. Selbstkritik, Diesseitstyp, Gewissensmensch, Außenseiter, Geldraffer, Beter, Sünder, Verzweifelter, Selbstgerechter, Schwindler, Gottsucher.

 

Auch kleine Kinder haben da schon ihre Geheimrisse: Wenn sie die Mutter angelogen haben, wenn sie mit dem Bruder gezankt haben, wenn            sie die Spielsachen mutwillig zerbrochen haben. Und die Großen haben vielleicht etwas mitgenommen, das ihnen nicht gehört. Oder sie haben einem anderen Menschen schlimme Worte gesagt oder ihn gar geschlagen. Wen aber so etwas bedrückt, der darf damit immer zu Gott kommen und ihm alles erzählen. Er darf zu Gott beten und darum bitten, daß Gott ihm deshalb nicht mehr böse ist. Und dann werden wir auch erfahren: Wir können wieder froh werden, denn Gott ist uns wieder gut.

Wir sind doch zunächst einmal der Meinung: „Gott kann doch nur den frommen Pariser liebhaben und. nicht den lumpigen Zöllner. Er kann auch nur den treuen Kirchengänger lieben und nicht den, der sagt: „Alle Jahre wieder, aber alle Jahre nur einmal!“ Werden wir denn überhaupt nicht dafür belohnt, daß wir so treu zur Stange gehalten haben? Entweder gelten die Gebote Gottes, und dann ist es nicht egal, ob man sie peinlich getreu einhält oder ob man sie öffentlich verachtet. Oder die Gebote Gottes sind nicht erst gemeint; und dann ist der Lump fein heraus und alle Opfer und aller innerer Kampf sind entwertet

Sicherlich gibt es in der Kirche bestimmte Regeln, die unaufgebbar sind. Aber wir dürfen dabei nie die Liebe zu den anderen vergessen, die vielleicht tatsächlich noch nicht so weit sind wie wir. Aber das Gesetz zu predigen ist leicht. Das Gesetz zu halten ist schwerer. Sich nicht zu rühmen, weil man das Gesetz erfüllt hat, ist am schwersten.

Die Rechnung der Pharisäer war: „Gott ist ein gerechter Richter. Er verurteilt den Sünder zum ewigen Tod, er spricht die Frommen gerecht und gibt ihnen das ewige Leben. Wir sind gerecht: Also haben wir das ewige Leben!“ .Jesus aber streicht die letzten beiden Aussagen durch und sagt: „Keiner ist gerecht, alle werden verurteilt!“ Aber er fügt auch die frohe Botschaft hinzu: „Gott macht den Sünder gerecht!“ Wenn die Pharisäer mit dem richtigen Maßstab messen würden, dann müßten sie erkennen, daß sie auch Sünder sind. Aber auch ihnen würde dann die Barmherzigkeit Gottes zuteil.

In jedem Menschen steckt so ein Pharisäer, auch in uns. Wir sagen auch gern: „So etwas wäre mir nicht passiert. So schlecht bin ich nicht. Natürlich, ein Vorbestrafter, das kann nur dem passieren. Auch in der Schule verweisen wir gern auf die anderen, die noch schlechter sind. Wir sind alle kleine Pharisäer.

Wir prahlen auch oft damit: „Ich habe aber gestern der Mutter beim Abwaschen geholfen Ich habe dem Vater die Hacke zum Garten getragen!“ Andere Kinder aber haben fast jeden Tag beim Abwasch geholfen oder sogar die Stube saubergemacht, ohne große Worte darüber zu verlieren.

Eine alte Frau versucht möglichst unauffällig einen Fünf-Euro-Schein auf den Opferteller in der Kirche zu legen, während ein reicher Bauer sein Zwei-Euro-Stück ordentlich klingen läßt und dabei denkt: „Diesmal kann sich aber niemand beschweren, ich hätte zu wenig gegeben!“

Mancher von uns möchte sicherlich auch gern aufzählen: „Sieh mal, Gott, was ich dir alles zu bieten habe: einmal im Monat zum Gottesdienst, die Kinder gehen alle in den Religionsunterricht und im Kindergottesdienst, zehnmal bin ich Pate, fünfzig Euro habe ich für die Erneuerung der Kirche gespendet und die Kirchensteuer auch immer pünktlich bezahlt!“ So gibt es unter den kleinen und großen Leuten von Heute auch solche Pharisäer, wie sie Jesus vor Augen gehabt hat.

Jesus hat damit auch seine Jünger gemeint. Die hatten sich das Denken der Pharisäer auch nicht so schnell abgewöhnen können (Mt 19,27). Und wir denken im Grunde unsres Herzens auch noch so. Wir sagen auch oft zu unseren Eltern „Aber so schlecht und so frech wie d e r bin ich doch nicht!“ Oder wir reden uns heraus: „Der hat es doch auch gemacht und noch viel schlimmer!“ Oder wir wollen nicht neben einem sitzen, der frech ist, vielleicht auch lügt oder stiehlt. Wir wünschen uns doch immer die neben uns, die wir gut leiden können und die unsere Freunde sind. Doch Gott will auch denen helfen, die nicht fromm und nicht anständig sind; und er will uns helfen, daß wir sie auch liebhaben können.

Es gibt allerdings nicht nur den hochmütigen Pharisäer, sondern auch den hochmütigen Zöllner. Für den ist das Schuldbekenntnis nur ein Trick. Heimlich schnalzt er mit der Zunge, wenn er an die Freude denkt, die Gott doch an so einen zerschlagenen Gewissen und an solcher Selbsterniedrigung haben muß. Ein solcher Zöllner sagt:

„Ich danke dir Gott, daß ich nicht so hochmütig bin wie dieser Pharisäer. Ich bin ein Verbrecher, Lump und Ehebrecher. So ist nur einmal der Mensch, und ich bin auch so. Aber ich bin mir wenigstens darüber im Klaren und bis deshalb doch noch ein wenig besser als die anderen Ich bin ein anständiger Mensch, weil ich mir nichts vormache. Ich bin wenigstens ein ehrlicher Sünder und führe meinen inneren Schweinehund offen spazieren und verstecke ihn nicht wie dieser verlogene Spießbürger in den Falten meines Gewandes!“

 

Antwortgespräch:

Der Pharisäer beginnt mit „Ich“, der Zöllner mit „Gott“.

Der Pharisäer zählt seine guten Taten auf, der Zöllner gesteht seine Schuld ein.

Der Pharisäer hat gewissermaßen einen Gutschein bei Gott:

(zweites Gebot, drittes Gebot, siebtes Gebot, Fasten, Verzehnten).

Der Zöllner aber hat nur einen Schuldschein vorzuweisen:

(Erstes Gebot, drittes Gebot, siebtes Gebot,

denkt nicht an Gott, nur an sein Geld).

 

Genauso hat es Luther erlebt, als seine Gemeindeglieder mit dem Ablaßzettel zu ihm kamen. Sie meinten, sie hätten die Vergebung Gottes nicht mehr nötig und hielten ihrem Pfarrer den Gutschein hin. Dabei hatte Luther im Kloster längst erkannt, daß man sich keine Treppe zu Gott bauen kann. Und auch der Pharisäer konnte durch sein Beten, Fasten und Almosengeben nicht zu Gott gelangen.

 

Der Pharisäer macht folgende Rechnung auf:

„Gott ist ein gerechter Richter.

Ich bin fromm und tue gute Werke

Ich bin gerecht!

            Gott ist gerecht.

Zöllner sind Sünder

            Der Zöllner ist verurteilt

Da hat er sich aber gründlich verrechnet: Gott zerreißt den Gutschein und auch den Schuldschein (beide an der Tafel durchstreichen). Er urteilt nur: Keiner ist gerecht, keiner ist richtig! So wie Luther es in seinem Lied sagt: „Mein guten Werk, die galten nicht!“  Aber die frohe Botschaft lautet: „Gott macht den Sünder gerecht“ (unter die Scheine schreiben).

 

Es geht hier also nicht um eine Unterweisung über das nichtige Beten, sondern um das Zeugnis von der Rechtfertigung des Sünders. Beim Pharisäer trat an die Stelle des Gottvertrauens das Selbstvertrauen; er suchte nur seinen eigenen Ruhm und hielt damit schon nicht das erste Gebot. Er fragt nur nach dem, was die Leute sagen, und nicht nach Gott.

Der Zöllner aber darf hören, wie es in den Seligpreisungen heißt: „Selig sind, die da hungert und dürstet nach der Gerechtigkeit. Selig sind die geistlich Armen, die wissen, daß sie vor Gott nur wie ein Kind sind, das sich beschenken läßt!“ Vielleicht ärgern wir uns darüber, daß Gott so ist: „Das ist doch ungerecht!“

.Aber wir dürfen hören: „Wir sind die von Gott Beschenkten!“

 

 

 

Der reiche Kornbauer: Lk 12, 13- 21

Lied: „Befiehl du deine Wege“. In diesem Lied sind besonders wichtig die Wörter „Weg“ (= Lebensweg), „Lauf „ (= Lebenslauf), „Bahn“ (= Lebensbahn). Unser Leben ist mit einem Weg zu vergleichen.

Wohin fahrt ihr am liebsten? Wohin möchtet ihr am liebsten fahren? Es gibt kaum einen Menschen, der nicht Sehnsucht hätte, auf Reisen und auf Fahrt zu gehen. Man hat schon vorher „Reisefieber“ und freut sich, wenn es endlich losgeht. Vor lauter Freude singt man Fahrten- und Wanderlieder („Auf du junger Wandersmann“ singen lassen, letzte Strophe einüben).

Wer auf Fahrt geht, muß aber auch dazu gerüstet sein. Man nimmt nichts Unnötiges oder Überflüssiges mit, wenn man auf Fahrt geht (kein Klavier). Wir freuen uns, wenn wir Reisegefährten haben. Jede Fahrt hat ein Ziel, das wir fest im Auge behalten müs­sen. Und dennoch können wir auch die Heimat nicht vergessen. Mancher bekommt Heimweh auf seiner Reise. Zuerst drängt es uns mit Macht in die Ferne, dann aber zieht es     wieder nach Hause.

Unser Leben ist auch so eine „Lebensfahrt“. Die mit uns auf Fahrt sind, nennen wir „Gefährten“. Mann und Frau sind einander „Lebensgefährten“, die machen ihre Lebensfahrt bis zum Ende gemeinsam, sie helfen sich gemeinsam auf ihrem Weg.

Auf diesem Weg gibt es Markierungen, die unser Alter angeben, so wie die Kilometersteine an der Landstraße. Wir können aber auf unserem Lebensweg nur in eine Richtung gehen. Wenn wir etwas vergessen haben, können wir nicht mehr zurück und noch einmal von vorne anfangen.

Wir zeichnen den Lebensweg an die Tafel: Eine Straße mit Kilometersteinen und einem Richtungspfeil und einem Fragezeichen für die Zukunft.

Die einzelnen Stationen auf dem Weg sind: Geburt, Elternhaus, Kindergarten, Schule. Wie geht es weiter? Ihr seid jetzt 11 Jahre. Aber keiner weiß, ob ihr 12 Jahre alt werdet. Wir nehmen es alle an und hoffen es, aber keiner kann es sicher wissen Wir können Pläne machen, aber wir wissen nicht, ob sie sich werden verwirklichen lassen.

Wir sind auf der Lebensfahrt ständig in Gefahr (aufzählen lassen). Aber es gibt auch noch größere Gefahren. Viele Menschen sagen: „Man will doch etwas vom Leben haben“. Man will glücklich werden und sich alles leisten können. Dazu braucht man aber Geld (an die Tafel schreiben). Nun wird sich ein Ziel nach dem anderen gesteckt; Sparbuch, Auto, Haus, Kleidung, Möbel, Reisen, Freunde, Lebensversicherung...(Ziele zu dem Ausspruch an die Tafel schreiben).

Mancher erreicht nun wirklich den Zeitpunkt, wo er denkt: „So, nun habe ich es erreicht! Auf mein Hab und Gut kann ich mich verlassen! Nun kann mir nichts mehr geschehen. Mein Leben ist gesichert!

Zielangabe I : Wir wollen von einem Mann hören, der glaubte, er brauche Besitz, um glücklich zu werden.

 

Erzählung I :

Viele Menschen haben sich um Jesus versammelt, um zu hören, was er zu sagen hat. Die Menschen erwarten alles Mögliche von ihm: Die einen hoffen auf ein Wunder von ihm, die anderen wollen einen guten Rat von ihm. Sie wissen alle: Jesus kann helfen in vielen Nöten des Lebens.

Da ruft einer dazwischen, er hat ein persönliches Anliegen: „Herr, meine Eltern sind gestorben. Sie haben Haus, Äcker und Geld hinterlassen. Aber mein Bruder will mir mein Erbteil nicht herausgeben. Aber ich muß doch etwas zum Leben haben. Sage doch meinem Bruder, daß er das Erbe mit mir teile!“

Die Umstehenden haben Mitgefühl mit dem Mann. Es ist doch schändlich, wenn man so um sein Recht gebracht wird. Doch Jesus kann sich vorstellen, wie dieser Mann denkt: Tag und Nacht macht er sich Sorgen um seinen Anteil und meint: Wenn ich das Geld nur habe, kann ich sorglos leben. Jesus aber will diesem Mann helfen, noch mehr, als dieser es erbeten hat, so wie ein Arzt vielleicht bei einem Patienten ein viel schwereres Leiden entdeckt als das, weshalb ihn der Mann ursprünglich aufgesucht hat.

Jesus antwortet dem Bittsteller: „Wer hat mich zum Schiedsrichter         in Erbangelegenheiten berufen? Ich bin nicht dazu da, eure Streitigkeiten zu schlichten? Ist denn die Geldfrage das Wichtigste im Leben? Sehet zu und hütet euch vor. der Habgier! Denn niemand lebt davon, daß er reich ist und viele Güter hat!“

 

Besprechung:

Es ist schon recht, daß der Mann zu Jesus geht und nicht zum Gericht oder zu den Schriftgelehrten. Er traut Jesus mehr Macht zu und denkt: „Wenn er etwas sagt, wird mein Bruder auf ihn hören!“ Aber Jesus will ja auch ihm helfen, glücklich zu werden. Der Mann ist bei Jesus genau an der richtigen Stelle, denn Jesus will ihm ganz anders helfen.

Jesus sagt: „Hütet euch vor der Habgier!“ (nicht, wie noch bei Luther, „Geiz“; gemeint ist das immer mehr haben            wollen). Er sagt nicht: „Hütet euch vor dem Besitz!“ Es ist nicht unrecht, wenn man Besitz hat und im 7.Gebot ist der Besitz auch ausdrücklich geschützt. Der Besitzende darf auch gar nicht alles weggeben, so daß er anderen zur Last fällt. Er soll auch frei bleiben von der gefährlichen Abhängigkeit, in die die Armut den Menschen oft bringt . Was der Mensch braucht zur Erhaltung seines Lebens, das ist sein rechtmäßiger Besitz. Die Frage ist nur, was mit dem Überfluß geschehen soll. Es geht nur darum, daß man nicht unnötig Schätze aufhäuft und seine Ansprüche immer mehr steigert („Je mehr er hat, je mehr er will!“). Und außerdem warnt Jesus davor, sich auf irdische Güter zu verlassen, als könnten sie unser Leben sichern. Dieser Mann hofft, sein Leben sichern zu können. Jesus aber geht wehrlos nach Jerusalem, wo er sein Leben verlieren wird. Deshalb sagt er dem

Mann: „Deine Erbsache ist nicht das Wichtigste. Frage lieber danach, wie du dein Leben bei Gott sichern kannst.

 

Zielangabe II:

Deshalb erzählt Jesus nun von einem Mann, der sich überlegte, was für sein Leben wichtig ist und der sich danach einrichtete. Ob wir wohl auch so gedacht hätten wie dieser Mann?

 

Erzählung II :

Es gibt Jahre, da haben die Felder ganz besonders gut getragen. Da freuen sich die Leute über die reiche Ernte und sagen auch: „Der hat es gut, dem das alles gehört. Der braucht sich jetzt vorerst keine Sorgen zu machen!“

Doch der Besitzer läuft aufgeregt zwischen seinen Feldern hin und her. Er hat einen Notizblock in der Hand, schreibt, schätzt ab, überlegt, rechnet. Seine Stirn legt sich in sorgenvolle Falten: „Meine Scheunen werden nicht ausreichen, wenn all das Getreide eingefahren werden soll, das mir in diesem Jahr gewachsen ist. Was soll ich nur machen. ich kann es doch nicht verkommen lassen und mich im nächsten Jahr wieder abrackern!“

Doch auf einmal hellt sich sein Gesicht auf. Er schnalzt mit dem Finger und lacht vor sich hin. Warum wird er so fröhlich? Will er seinen Reichtum etwa verschenken? Nein, dieser Mann denkt nur an sich: „Ich will meine alten Scheunen abreißen und neue, größere bauen. Ich kann es nicht alles auf einmal gebrauchen, denn es ist doch viel zu viel. Aber es gehört doch ihm - ihm ganz allein!“

Er geht auf den Hof, ruft seine Leute zusammen und bespricht gleich alles mit ihnen. Am nächsten Morgen soll gleich mit allem angefangen werden. Am Abend sitzt er in seinem Sessel und denkt über seine Pläne nach. Er rechnet seinen Gewinn aus und überlegt, wie lange er jetzt wohl sorglos wird leben können.

Zufrieden streicht er sich über den Bart und spricht zu sich selber vor sich hin: „Liebe Seele, du hast nun Ruh. Du hast einen großen Vorrat auf viele Jahre. Iß und trink und habe guten Mut!“ Er denkt: „Nun hab ich es geschafft. Nun bin ich ganz oben. Jetzt kann mir nichts mehr, passieren und mein Leben ist gesichert!“

Wir würden sagen: „Er ist ein kluger und ein glücklicher Mann!“ Aber eins hat dieser Mann vergessen bei all seinem rechnen: „Er hat nicht mit Gott gerechnet!“ Doch Gott spricht in der Nacht im Traum zu ihm: „Du Narr! Heute noch wird man dein Leben von dir fordern. Und wem wird das alles gehören, was du geschafft und vorbereitet hast?“

Am anderen Morgen warten die Arbeiter darauf, daß die Arbeitseinteilung bekanntgegeben wird. Doch der Chef kommt nicht. Schließlich geht einer ins Haus, klopft an seinem Zimmer. Niemand antwortet. Da geht er hinein und findet ihn tot im Bett liegen.

Die Leute haben die Beispielgeschichte Jesu gehört. Aber haben sie auch verstanden, was ihnen Jesus damit sagen wollte? Vielleicht sind viele sehr nachdenklich geworden. „Niemand lebt davon, daß er viele Güter hat!“ hatte Jesus gesagt. Ja, wovon lebt der Mensch? Was ist das Wichtigste im Leben eines Menschen.

Später als man diese Geschichte weitererzählte, hat einer die Warnung hinzugefügt: „So geht es dem, der sich Schätze sammelt und ist nicht reich für Gott!“ Er wollte damit darauf hinweisen: Es kommt in unserem Leben allein darauf an, ob wir uns Schätze im Himmel, bei Gott, sammeln.

 

Antwortgespräch:

Wir hören ein sehr hartes Urteil über diesen Menschen. Ob wir ihn auch einen „Narren“ nennen würden? Kann man nicht doch viel Gutes an ihm finden? (An der Tafel untereinander schreiben): Er ist fleißig, er plant, er rechnet, er denkt nach, er handelt schnell, er ist entschlossen, er ist vorsorglicher plant auf weite Sicht - Summe: Ein kluger Mann, ein tüchtiger, umsichtiger Geschäftsmann!

 

Kaufmann-Bild ohne Totenkopf zeigen: Der Bauer hat die Geldsäcke um sich herumgestellt, wie eine Burg, die ihn beschützt. Er fühlt sich sicher hinter diesem Wall und klammert sich an sein Geld. Er ist der Normalfall des gottlosen Menschen, der nicht mit dem Tod und nicht mit Gott rechnet.

 

Kaufmann-Bild mit Totenkopf zeigen: Der Mann ist nicht einfach ein Dummer (so verstehen wir heute oft das Wort „Narr“). Er hat sicher auch gewußt, daß er einmal wird sterben müssen und daß ihm dann all sein Reichtum nichts nützt. Aber er denkt nicht, daß der Tod schon vor der Tür stehen könnte. Er vergißt Gott und ist deshalb gottlos; deshalb wird er als „Narr“ bezeichnet.

Tafelanschrift: Wie Gott den Bauern sieht: Er verläßt sich auf seinen Reichtum, er will sein Leben sichern, er vergißt den Tod, er vergißt Gott, er vergißt die Mitmenschen; Summe: Er ist ein „Narr“! Tafelanschrift: „Verrechnet“!

Wo liegt der Fehler in dem Plan? Er rechnet nicht mit Gott und deshalb rechnet er auch nicht mit dem Mitmenschen. Aber nun gibt es kein Zurück mehr für ihn, seine Fehler sind nicht wieder gutzumachen.

Wir wünschen uns doch auch so vieles, das wir für unser Leben für wichtig halten. Doch wenn wir es dann haben, fällt uns etwas anderes auf und wir sagen: „Ich war ja dumm!“ Da ist es doch besser, wenn wir gleich richtig wählen.

Wir leben nur recht, wenn wir mit Gott rechnen und auf sein Wort hören. Gott legt un­seren Lebensweg fest und gibt uns auf diesem Weg alles, was wir brauchen. Deshalb brauchen wir uns keine Sorgen um das Ziel zu machen und wie wir dorthin kom­men! Gott kennt das Ziel und hilft uns auch, es zu erreichen.

Der Bauer aber hat nicht an das Ziel seiner Lebensfahrt gedacht. Er hat nicht erkannt, daß allein Gott für ihn sorgt und ihn auf seiner Fahrt bis zum Ziel erhält. Er weiß nicht, daß alles, was er brauchen und gebrauchen kann, Gottes gute Gabe an ihn ist.

Der Bauer denkt nur an sich. Er steht in der Mitte und redet nur zu sich selber. Gott aber redet dazwischen und spricht vom Tode. Da sucht der Mann einen Halt und will sich festhalten an seinem Besitz. Aber das hilft ihm nichts.

Manche Leute sagen: „Geld macht nicht glücklich, aber es beruhigt!“ Sie beneiden die Leute, die im Lotto oder Toto gewonnen haben. Oft haben die Gewinner mit ihrem Geld nichts rechtes anfangen können, sie machten sich Tag und Nacht Sorgen darüber, wie sie es wohl anlegen könnten. Viele waren nach Jahren ärmer als zuvor und hatten viel Schlimmes durchgemacht, weil sie sich zu sehr ans Ausgeben gewöhnt hatten.

Jesus sagt: „Zur Ruhe kommen könnt ihr nur, wenn ihr reich seid in Gott!“ Wie hätte das wohl bei dem Bauern ausgesehen? Er hätte Gott danken können, er hätten offen sein können für die Not anderer Menschen, er hätte sich als Verwalter und nicht als Besitzer fühlen können, er wäre bereit gewesen, jederzeit Besitz und Leben in die Hände Gottes zurückzulegen.

Nur so kann die Lebensrechnung dann stimmen. Nur so lebt man glücklich und beruhigt. Nur so ist man klug. Im Alten Testament heißt es in einem Gebet: „Herr, lehre uns bedenken, daß wir sterben müssen, auf daß wir klug werden!“ Nur so haben wir etwas vom Leben. Der reiche Bauer hat nur ein Herz, indem steht „Geld“ drin. Gott aber will ein Herz, in dem „Gott“ steht, in dem aber auch die anderen Menschen nicht vergessen sind.

Der Bauer baut einen Zaun zwischen sich und seinem Besitz auf der einen Seite und den anderen Menschen auf der anderen Seite; deshalb steht er unter der Drohung Gottes. Gott aber will, da0 wir die anderen zu unserem Reichtum einladen und sie daran teilhaben lassen. Dann sind wir mit Gott und unseren Nächsten zu einem großen Kreis zusammengeschlossen. Wer aber den Weg zu Gott mit seinen Scheunen verbaut, der verliert das Ziel seines Lebens aus den Augen.

Der reiche Bauer spricht nur mit sich selber, aber er redet nicht mit Gott. Wir aber beten: „Unser tägliches Brot gib uns heute!“ Mit dem Wort „Brot“' ist all das gemeint, was wir zum Leben notwendig brauchen. Gott aber will uns all das geben, was wir brauchen, wenn wir auf unserer Lebensfahrt sind (Nahrung, Kleidung, Wohnung, Gesundheit, Liebe, Vertrauen, Freunde, Glaube, Gott).

 

Wir leben hier „im Elend“, in der Heimatlosigkeit, in der Fremde. Deshalb wissen wir auch: Wir können nichts von all den Sachen mitnehmen, wenn wir am Ziel unserer Fahrt angelangt sind.

Gott erhält allerdings auch die Menschen, die nichts von Gott wissen oder nichts von ihm wissen wollen. Das zeigt ja gerade das Beispiel des reichen Bauern. Es geht ihm ja anscheinend besser als denen, die beten: „Unser tägliches Brot gib uns heute!“

Wenn wir Gott darum bitten, dann bekennen wir: „Gott ist unser Vater, der für uns sorgt und der uns erhält, der mit uns redet, wie ein Vater zu seinen Kindern spricht. Aber wir wissen dann auch, daß wir hier keine bleibende Stadt haben. Und eines Tages geschieht es dann, daß wir „heimfahrn aus diesem Elende“.

Bis dahin aber dürfen wir fröhliche Wanderer sein, weil wir wissen, daß Gott am Ende unserer Lebensfahrt steht und auf uns wartet. Deshalb dürfen wir ihm danken und ihn loben mit Herzen, Mund und Händen (vergleiche wieder die letzte Strophe von „Auf du junger Wandersmann“).

Am Erntedankfest bekennen wir vor aller Welt: Alles, was wir für unsere Lebensfahrt brauchen, ist Geschenk Gottes, unseres Vaters im Himmel. Darum singen wir auch in dieser Zeit: „Alle gute Gabe kommt her von Gott dem Herrn!“ Wir können Erntegaben nicht direkt an Gott geben, wir geben sie anderen Menschen.

 

 

 

Reich - Gottes - Gleichnisse

 

 

 

Gleichnis von den Arbeitern im Weinberg: Mt 20, 1 -16

(Gleichnis vom gütigen Arbeitsherrn)

 

Hinführung:

Bilder von Menschen zeigen, die etwas geleistet haben (Arbeiter, Wissenschaftler, Sportler). Wenn die Mutter den größeren oder den kleineren Kindern mehr geben als den anderen, dann fühlen sich die Benachteiligten ungerecht beurteilt und behandelt. Jeder soll doch das Gleiche erhalten. In der Familie jedenfalls würde protestiert. Wenn die Geschichte, die wir jetzt hören wollen, heute so passiert wäre, hätte es bestimmt einen wütenden Protest oder sogar einer Prozeß gegeben. Aber wenn Jesus so eine Geschichte erzählt, will er ja nicht über ein wirkliches Ereignis berichten, sondern er will uns an einem solchen Beispiel etwas über Gott deutlich machen. So wollen wir jetzt auf die Geschichte hören.

 

Erzählung:

Ein Weinbergbesitzer geht früh am Morgen auf den Markt, um Arbeiter für seinen Weinberg zu finden. Er ist mitten in der Ernte, da kann er jede Hand gebrauchen. Ehe das Wetter wieder schlechter wird, soll noch alles drin sein. So geht er schon früh bei Sonnenaufgang los, so um 6 Uhr herum.

In der Tat stehen auch schon Männer auf dem Markt herum und warten auf eine Gelegenheitsarbeit. Nur für diesen einen Tag sollen sie angestellt werden. Der Bauer einigt sich mit den Männern auf einen Silbergroschen. Das ist der übliche Tagelohn. Es ist nicht sehr viel, damit kann man gerade eine Familie ernähren kann; aber es ist immerhin mehr als nichts. Diese Männer schickt der Weinbergbesitzer in seinen Weinberg.

Um 9 Uhr geht er wieder zum Markt und sieht dort andere Männer untätig herumstehen. Er spricht zu ihnen: „Geht ihr auch hin in meinen Weinberg. Ich will euch geben, was recht ist!“ Er macht keinen bestimmten Lohn mit ihnen aus; aber sie nehmen natürlich an, daß er den üblichen Lohn zahlen wird. So gehen sie also hin. Auch um 12 und um 15 Uhr findet der Weinbauer noch Männer, die in seinen Weinberg gehen.      

Schließlich geht er auch kurz vor Feierabend, so um 17 Uhr, noch einmal auf den Markt. Da stehen immer noch Männern herum. Er spricht sie an und fragt sie: „Was steht ihr hier denn den ganzen Tag untätig herum?“ Sie antworten: „Es hat uns niemand angeworben und verpflichtet. Wir haben es an verschiedenen Stellen versucht, aber es hat nicht geklappt. Da spricht der Weinbergsbesitzer: „Geht ihr auch hin in meinen Weinberg!“

Am Abend sagt der Henn des Weinbergs zu seinem Verwalter: „Rufe die Arbeiter und gib ihnen den Lohn. Fang an bei den Zuletztgekommenen und gehe dann weiter bis zu den Ersten!“ Der Verwalter hat schon verstanden: Er soll an alle den angemessenen Lohn auszahlen, er kennt ja seinen Herren!

Er beginnt bei denen, die erst eine Stunde vor Feierabend gekommen sind. Sie erhalten einen Silbergroschen, der vollen Lohn für einen ganzen Tag. Das hätten sie nicht erwartet! Sie sind hoch erfreut! Das ist aber ein gütiger Henn, denken sie. Jetzt ist wenigstens die Nahrung für den kommenden Tag gesichert.

Die anderen Arbeiter haben das natürlich mitgekriegt. Sie rechnen sich schon aus: Wenn die schon soviel kriegen, dann werden wir doch entsprechend mehr kriegen. .Aber auch die Erster bekommen nur einen Silbergroschen, so wie es vereinbart war. Sie werden also nicht übervorteilt oder ausgenutzt, sondern bekommen, was ihnen zusteht. Sie werden gerecht entlohnt.

Doch sie beginnen zu murren gegenüber dem Weinbergbesitzer: „Diese letzten haben nur e i n e Stunde gearbeitet. Aber du hast sie uns gleichgemacht, die wir die Last und Hitze des Tages getragen haben. Das geht doch nicht!“ Der Weinbauer aber antwortet einem von ihnen: „Mein Freundchen, ich tue dir nicht Unrecht .Hast du dich nicht mit mir geeinigt auf einen Silbergroschen? Nimm, was dein ist, und geh!“ Die Arbeiter haben ihn nicht höflich angeredet. Er aber will mit ihnen reden und wirbt um ihr Verständnis.

Deshalb erklärt er ihnen: „Ich will diesen letzten geben wie dir. Kann ich nicht mit dem Meinen tun, was ich will. Ich kann doch das verschenken, was mir gehört. Siehst du deshalb so böse drein, weil ich so gütig bin?“ Wie die Sache ausging, wissen wir nicht. Hoffentlich waren die anderen nun zufrieden.

Als der Evangelist Matthäus diese Geschichte aufgeschrieben hat, hat er noch ein anderes Wort Jesu angefügt, weil es ihm hier gut zu passen schien: „So werden die Letzten die Ersten und die Ersten die Letzten sein!“

 

Antwortgespräch:

 Das Gleichnis will uns zeigen, wie es zugeht, wo Gott herrscht. Wir dürfen Gottes Handeln nicht mit unseren Maßstäben messen. Er stellt Menschen in seinen Dienst (als „Arbeiter in seinem Weinberg“). Dafür gibt es auch einen Lohn, aber er ist immer ein Gnadengeschenk, denn Gott gibt immer mehr, als man verdienen kann. Es liegt auch an Gott allein, wer er in seinen Dienst ruft und wann er ihn ruft. Für ihn lohnt es sich auch noch, wenn er einer in der letzter Stunde ruft. Hier wird nicht die Rechtsordnung gebrochen, sondern die Güte Gottes gezeigt; Güte aber kann man nicht mißbilligen.

Das Gleichnis ist zu Menschen gesagt, die an der Botschaft Jesu von der Güte Gottes Anstoß nehmen. Das können die frommen Pharisäer sein, die schon immer meinten, sie gehörten aber ganz sicher zu Gott.

Das können auch die Jünger Jesu sein, die alles verlassen haben und ihm nachgefolgt sind. Aber deswegen haben sie keine Ansprüche gegenüber Gott. Es gibt keinen höheren oder besserer Lohn für die, die länger an der Sache Jesu arbeiten. Auch die Jünger haben keine größerer Lohnansprüche zu stellen als andere Menschen auch, die mit Jesus ziehen und ihn verkündigen.

Selbst die Sünder können noch zu Gott kommen. Das macht ja Jesus mit seinem Verhalten deutlich. Sein Handeln ist Rahmen für die Gleichnisse. Jesus hat ja Gute und Böse einander gleichgesetzt und damit die heilige Ordnung gestört. Seine Gegner kritisieren ihn deswegen, weil er es auch an jeder erzieherischen Mahnung fehlen läßt. Jesus aber möchte Menschen anwerben für die Güte, das heißt daß

sie solche Güte üben wie der Weinbergsbesitzer im Gleichnis.

Andererseits können wir nicht aus Faulheit oder Bequemlichkeit uns noch Zeit lassen und zum Beispiel sagen: „Wenn ich Rentner bin, kann ich immer noch Christ werden!“ oder: „Die Kirche ist ja kein Frosch, sie hüpft nicht weg!“ Denn wer kann wissen, daß Gott ihn noch einmal rufen wird?

Keiner kann sagen: „Ich habe nichts von Gott gehört!“ Wir haben es von den Eltern, im Kindergarten, im Kindergottesdienst, im Religionsunterricht, in der Konfirmandenstunde, selbst im Radio und Fernsehen gehört. Jeden Tag rufen die Glocken zum Gebet und am Sonntag zum Gottesdienst.

Wir können zwar den Zeitpunkt einer „Bekehrung“ nicht von uns aus bestimmen. Aber keiner kann sagen: „Für mich ist es zu spät!“ Vielleicht hat man lange Zeit als unbeteiligter Zuschauer dabei gesessen. Aber auf einmal zündet es! Gott hat nicht schon alles von vornherein festgelegt, sondern er baut den freien Willen des Menschen in seinen Plan ein.

 

Miniatur aus dem Codex aureus von Echternach:

Auf dem Bild von 31 Zentimeter Höhe und 23 Zentimeter Breite ist das Gleichnis in drei Bildstreifen übereinander dargestellt. Oben sehen wir zweimal den Weinbergbesitzer in Verhandlungen mit Männern. Die Hand mit dem ausgestreckten Zeigefinger betont die Abmachung mit ihnen. Einige wenden sich schon zur Arbeit. Alles ist auf zwei Szenen konzentriert (nicht fünfmaliger Vertragsschluß).

In der Mitte sieht man viele Männer bei der Arbeit (im Gleichnis wird das nicht ausdrücklich erwähnt). Mit schweren Hacken lockern sie den Boden, mit großen Winzermessern beschneiden sie die Reben der Weinstöcke (also nicht die Erntesituation angenommen). Der Mann mit dem roten Rock gliedert den Bildstreifen. Er gehört zu denen, die in letzter Stunde kamen, vielleicht ist er überhaupt der letzte gewesen. Hier steht er schon in der Mitte des Bildes, unten wird er als erster bei der Auszahlung stehen.

Auf dem unteren Bild ist der Weinbergbesitzer zweimal zu sehen vor seinem Haus, um den Lohn auszuzahlen. Vornean steht der Mann mit dem roten Rock. Der Weinbauer zeigt mit der Hand nach oben: Im Gleichnis geht es gar nicht um die gerechte Entlohnung, sondern um die unverdiente Gnade Gottes. Der Mann im roten Rock folgt seiner Gebärde mit dem Blick und mit der Hand. Auf der rechten Bildhälfte dagegen strecken die „Ersten“ fordernd die Hände dem Verwalter entgegen, drohend haben sie die Hacken erhoben. Einer reckt sich vom Bildrand her ganz nach vorn und hält dem Verwalter empört sein Geldstück hin; sein Gesicht ist rot angelaufen, sein Auge sieht nach der Seite (er sieht „scheel“, wie Luther übersetzt hat). Der Weinbauer beruhigt und mahnt: „Siehst du darum so zornig, weil ich so gütig bin!?“

 

 

Der reiche Mann und der arme Lazarus: Lk 16, 19 - 31

Einstieg:

In Todesanzeigen lesen wir manchmal: „Er war ein guter Mensch, ein treusorgender Vater oder eine aufopferungsvolle Mutter“. Doch ob Gott auch so über den Menschen denkt, ist noch die Frage. Gott beurteilt die Menschen nach anderen Maßstäben. Vor allem fragt er danach, ob einer auf sein Wort gehört hat und entsprechend den Menschen geholfen hat.

Manche Kinder beten: „Lieber Gott, mach mich fromm, daß ich in den Himmel komm!“ Doch viele werden sich gar nicht überlegen, was damit gemeint ist. Man kann sich auch nur schwer vorstellen, was nach dem Tode sein wird. Die Menschen zur Zeit Jesu meinten, es sei ein herrliches Festessen. Dabei sollten Abraham und alle, die an Gott geglaubt hatten, mit dabei sein. Und eine besondere Ehre wäre es, ganz nahe an der Seite Abrahams sitzen zu dürfen.

Heute sagen viele: „Mit dem Tode ist alles aus!“ Das sagen sogar Menschen, die zur Kirche gehören: Wenn ein Mensch gestorben ist, dann sieht es doch auch ganz so aus, denn der Mensch kann nicht mehr essen trinken, nicht mehr arbeiten und sich freuen, nichts einkaufen oder verkaufen.

Deshalb leben viele Menschen nach dem Spruch: „Laßt uns essen und trinken und fröhlich sein, denn morgen sind wir tot!“ Sie wollen noch jeden Lebenstag genießen, gut essen und trinken, viel Geld verdienen und sich was leisten können, denn nachher geht es nicht mehr. Aber ist mit dem Tode wirklich alles aus? (Den Satz kann man dann auch auf Flanellstreifen schreiben und dann entsprechend umstellen: „Mit dem Tode / ist / alles aus“ wird umgestellt zu: „Ist / mit dem Tode / alles aus?“)

Jesus jedenfalls hat eine Erzählung seiner Zeit aufgenommen, um deutlich zu machen: „Wir müssen in dieser Welt nach dem Willen Gottes leben, damit wir eine Zukunft bei Gott haben!“

 

Erzählung:

Einst lebte ein reicher Mann. Der wohnte in einem prächtigen Haus und kleidete sich in prachtvolle Gewänder wie ein König. Er trug ein purpurnes Obergewand, und sein Untergewand war aus kostbarer ägyptischer Leinwand. Er sah aus wie ein König und fühlte sich wie ein König. Er lebte alle Tage herrlich und in Freuden, feierte Feste mit seinen Freunden und ließ es sich wohl sein .Er hatte ja alles, er konnte es sich leisten.

Reichtum ist an sich nichts Verwerfliches. Daran war der Reiche nicht schuld. Man kann höchstens sagen: „Nach Gottes Willen soll der Mensch arbeiten und nicht jeden Tag nur seinen Vergnügungen nachgehen!“ Aber an sich kann die Reiche ja nichts dafür, daß er reich ist.

Schlimm war nur, daß er bei seinen Festen nicht sah, wie das Elend vor seiner Tür lag. Es lag da in der Gestalt des armen Lazarus, eines Bettlers, der über und über mit Geschwüren bedeckt war. Außerdem ist er gelähmt, denn jeden Tag tragen seine Verwandten ihn vor die Tür des reichen Mannes.

Der Name „Lazarus“ war damals beliebt. Er bedeutet so viel wie „Gott hilft“. Damit soll wohl gesagt werden: Der Arme trug sein Los mit Geduld und Gott war seine einzige Zuversicht. Jedenfalls war er einer, der ganz auf die Hilfe Gottes angewiesen war. Menschlich gesehen war er ganz „auf den Hund gekommen“, denn immer wieder kamen die Hunde und leckten ihn an den Geschwüren und er konnte nichts dagegen tun.

Sicher hat der reiche Mann den armen Lazarus bemerkt. Aber er tut nichts für ihn, sondern sieht an ihm vorbei, als wäre er nicht vorhanden .Er hätte ihm wenigstens die Brotbrocken geben können, die von seinem Tisch fielen. .Man aß ja mit den Fingern und tauchte die Bissen in eine gemeinsame Schüssel. Bei reichen Leuten wischte man sich dann die Finger mit Brot ab und warf die Brocken unter den Tisch, wo sie von herumstreunenden Hunden gefressen wurden.

Offenbar konnte Lazarus immer wieder einmal einen solchen Brocken erwischen, denn sonst hätte man ihn nicht dorthin gebracht. Aber meist war es so, daß die Hunde an ihm herumleckten und seine Schmerzen vergrößerten. Und er konnte nichts dagegen tun. Außerdem galten die Hunde als unrein. Wer mit ihnen in Berührung kam, wurde selber auch unrein und wurde aus der Gemeinschaft der Menschen ausgestoßen. Lazarus war ganz unten angekommen.

Jesus hat sicher aus eigener Anschauung solche Elendsbilder gekannt. Aber die meisten Menschen seiner Zeit hielten solche Unterschiede für in Ordnung und von Gott gewollt. Man sagte: „Irdische Güter sind Segen von Gott. Man muß sie zu vermehren versuchen, um einen Beweis der Gunst Gottes in Händen zu haben!“ Mangel an Besitz war ein Zeichen einer Schuld. Wenn der Segen ausblieb, dann wollte Gott das so, dann mußte man sich damit abfinden.

Eines Tages aber sterben beide bald kurz nacheinander. Das Begräbnis des Armen wird nicht erwähnt, es wird armselig genug gewesen sein. Der Reiche dagegen wird mit allem Prunk beerdigt worden sein. Aber dann kommt das Erwachen: Der Arme wird von den Engeln Gottes getragen „in Abrahams Schoß“, das heißt: er darf bei dem himmlischen Festmahl ganz nahe an der Seite Abrahams sitzen. Man stellte sich damals vor, daß .die Verstorbenen in ein Totenreich kommen, das aus zwei nahe beieinanderliegenden Abteilungen besteht: Die Gläubigen kommen in das Paradies, wo sie warten und für das Leben bei Gott zugerüstet werden. Die Ungläubigen und Bösen aber kommen in die Hölle, wo schon das Gericht Gottes beginnt. Die Qual wird als ein verzehrender Durst beschrieben, verursacht von einer Flamme, die nicht zerstört, aber verschmachten läßt - eine schlimme Strafe.

An diesen Ort der Qual kommt der reiche Mann. Seine Qual wird noch dadurch gesteigert, daß er nun Lazarus immer vor Augen hat. Die Verhältnisse haben sich umgekehrt: Jetzt geht es Lazarus gut und dem Reichen geht es schlecht. Jetzt auf einmal nimmt der Reiche den Lazarus wahr, den er in seinem Leben immer übersehen

hat. Damals war er gewohnt zu befehlen, jetzt muß er selber bitten. Er möchte, daß der ihm einen Dienst erweist, dem er selber zu seinen Lebzeiten den Dienst schuldig geblieben ist. Es ist nur eine ganz kleine Sache: Bei Lazarus waren es einige Brocken, jetzt ist es ein einziger Tropfen Wasser.

Auf einmal erinnert sich der Reiche daran, daß auch Lazarus zum erwählten Volk gehört und ein „Sohn Abrahams“ ist. Er ruft hinüber: „Vater Abraham, erbarme dich über mich und sende Lazarus, daß er das Äußerste seines Fingers ins Wasser tauche und kühle meine Zunge, denn ich leide Pein in dieser Flamme!“

Abraham aber kann dem Wunsch des Reichen nicht entsprechen, weil Gott bereits sein Urteil gesprochen hat: Wer nicht an den hungernden Mitmenschen gedacht hat, kommt in die Gottesferne. Es geht nicht um eine ausgleichende Gerechtigkeit, daß im Himmel alles umgedreht sein soll, sondern angesprochen werden diejenigen, die alles für sich behalten wollen. Deshalb wird dem Reichen auch seine kleine Bitte versagt.

So muß Abraham sagen: „Mein Sohn, du hast das Gute in deinem Leben empfangen. Lazarus dagegen hat Böses empfangen. Nun wird er hier getröstet, und du wirst gepeinigt. Außerdem ist eine große Kluft zwischen euch und uns. Wir können unmöglich zu euch kommen und ihr nicht zu uns!“ Also kann auch Abraham nicht helfen, wie es damals viele Juden hofften. Auch der Reiche muß nun einsehen, daß es keine Hilfe gibt.

Da fällen ihm mit Schrecken seine Brüder ein. Sie leben ja noch heute so, wie er es getan hat und verbrauchen ihre Güter nur für sich selbst. Da werden sie unweigerlich ja auch hierher kommen, denkt er. Das ist nicht ein Zeichen dafür, daß er sich jetzt geändert hätte, sondern jetzt soll noch die Frage beantwortet werden: „Wie kann man noch schnell sein Leben vor Gott in Ordnung bringen?“

Deshalb bittet der Reiche den Abraham: „Sende doch Lazarus zu meinen Brüdern, damit er sie warne, damit sie nicht auch hierher kommen!“ Doch Abraham antwortet: „Sie haben doch Mose und die Propheten, auf die können sie hören!“ Sie haben doch das ganze Wort Gottes, sie haben Gottes Gebote und seine Verheißungen. Dort steht doch: „Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst!“ oder „Brich dem Hungrigen dein Brot!“

Aber der Reiche ist mit dieser Antwort noch nicht zufrieden. Jetzt wünscht er von Abraham ein Zeichen, ein Wunder: das würde alle überzeugen! Der Reiche meint: Wenn ein Verstorbener zurückkäme und sagen könnte: „Es gibt tatsächlich eine Strafe Gottes“, dann würden die Menschen sich ändern.

Aber Abraham lehnt wiederum ab: „Hören sie Mose und die Propheten nicht, so werden sie auch nicht glauben, wenn einer von den Toten auferstünde!“ Wer Gottes Stimme überhört und den Nächsten übersieht, der läßt sich auch durch Wunder nicht stören, der hält von vornherein Gott und sein Gericht für Unsinn. Die menschliche Vernunft würde nicht ruhen und rasten, bis sie das Wunder „erklärt“ hat und damit beiseite geschoben hat. Angesichts von „Beweisen“ würde man die Änderung des Lebens auf die lange Bank schieben. Ein Wunder schafft nicht den Glauben, sondern setzt ihn voraus!

 

Antwortgespräch:

Anhand eines Flanellbildes wird der Umschwung in dieser Geschichte deutlich gemacht: Der Arme darf ganz bei Gott sein, der andere ist weit weg von Gott. Ein dicker schwarzer Balken zwischen ihnen macht deutlich: das ist nun endgültig! (Bild 1).

Wir hören aus dem Leben der Menschen (Balken entfernen): Der eine war reich mit allen Attributen des Reichtums, der zweite war arm mit allen üblichen Merkmalen. Aber beide kennen sie Gottes Wort und beide sind sie Abrahams Kinder. Beide hören sie die Gebote (in der Zusammenfassung Jesu)(Pfeile)(Bild 2).

Das Wort Gottes spielt bei Lazarus eine Rolle (Figur mit erhobenen Händen). Der Reiche aber meint, Gott nicht zu brauchen, er hat ja alles; es steht um ihn herum und schirmt ihn gegen Gott ab. Deshalb konnte er auch die Not des Menschen vor seiner Tür nicht sehen. Auch dem Armen hätte das passieren können, wenn die Not ihn so ausgefüllt hätte, daß Gott und die Menschen keinen Platz mehr bei ihm gehabt hätten(Bild 3).

Wir sind nicht in dieser Weise reich oder arm wie die Menschen in dieser Geschichte. Aber auch zu uns redet Gott in seinem Wort. Aber auch uns könnten Dinge so ausfüllen, daß wir Gottes Wort nicht beachten und die Menschen übersehen, die uns brauchen. Nur wenn wir zu Gott und zu dem Mitmenschen in Beziehung treten, machen wir es richtig (Bild 4).

 

Jesus will hier keine Mitteilungen über Himmel und Hölle machen. Er greift die damals gängigen Vorstellungen darüber auf, setzt sich aber nicht mit ihnen auseinander. Die Qualen des Reichen und das Freudenmahl für den Armen sind Bilder, die das „fern von Gott“ und das „geborgen bei Gott“ ausdrücken sollen.

An sich findet gar keine Umkehrung im Jenseits statt: Lazarus hat das, was er im Leben auch schon hatte, nämlich Gottes Nähe. Der Reiche aber brauchte Gott in seinem Leben nicht, nun erlebt er die wahre Gottesferne.

Vielleicht hat sich die Geschichte an die Sadduzäer gerichtet, die meist reich waren, Diesseitsmenschen, politische Führer. Vor allem glaubten sie nicht an die Auferstehung und ein Gericht nach dem Tode - ganz wie die Brüder des reichen Mannes. Sie verlangten nach einem Zeichen, wie es die Brüder erfahren sollen, aber es wird ihnen nicht gewährt.

Der Reiche kommt nicht an den Ort der Qual, weil er reich ist. Auch Abraham war reich und war doch gesegnet. Der Reiche war auch nicht hartherzig, denn er hat Lazarus immerhin nicht fortgejagt. Aber er kommt an den Ort der Qual, weil er sich nicht um den anderen gekümmert hat und nur an sich selbst und seine Freunde gedacht hat.

Hier wird also die fromme Anschauung zerschlagen, als verbürgten irdische Güter unbedingt das Wohlwollen Gottes, und als könne man sie ungestört genießen, ohne sich dem leidenden Mitmenschen verpflichtet zu wissen. Sicher ist auch der Reiche ein „Kind Abrahams“ (er darf ihn als „Vater Abraham“ anreden). Aber das entschuldigt oder schützt ihn nicht, sondern verschlimmert seine Lage nur. Er hätte es ja wissen müssen. Ihm war die Bibel von klein auf bekannt; aber offenbar so bekannt, daß er es gar nicht mehr für nötig erachtete, auf das Wort der Bibel zu achten.

Man hat dem Christentum oft vorgeworfen, es nehme die sozialen Mißstände kritiklos hin und ermahne die Armen zur Geduld und vertröste sie auf ein besseres Jenseits. Doch es geht hier nicht um ein Trostwort für die Armen (Lazarus bleibt im Hintergrund), sondern um ein Gerichtswort gegen die Reichen und gegen deren Rücksichtslosigkeit, mit der sie die Armen übersehen. Ihnen wird ganz unmißverständlich gesagt: Mit dem Tode ist nicht alles aus. Im Gegenteil: Es gibt eine Trennung, die einen kommen in die „Seligkeit“, die anderen in das „ewige Verderben“. An Gottes

Wort entscheidet sich, wohin man kommt. Seine Gebote sind wie Wegweiser, die nach links und rechts zeigen und die unmißverständlich klar machen, welches der Weg Gottes ist.

 

 

Das Gleichnis vom Schalksknecht: Mt 18, 21 -35

Hinführung:

Habt ihr schon einmal der Ausspruch gehört: „Jetzt langt mir's aber!“ oder: „Das geht mir über die Hutschnur!“ oder: „Da platzt mir der Kragen!?“ Wenn Kinder frech sind, ist die Geduld der Erwachsenen einmal zu Ende und es folgt die Abrechnung. Wenn es zuviel wird, gibt es keine Vergebung mehr, sondern: „Wer nicht hören will, muß fühlen!“

Manchmal wäre es aber gut, wenn wir mehr bereit wären zur Verzeihung:

1. Frau Hamann war für die nächste Prämie vorgeschlagen. Frau Lindner aber hat das in wenig schöner Weise hintertrieben und selber die Prämie bekommen. Hinterher hatte sie ein schlechtes Gewisser und wollte die Sache wieder gut machen. Aber Frau Hamann sagt: „Das verzeihe ich der Lindner nie. Als sie neulich mit mir reden wollte, habe ich sie einfach stehen gelassen. Die ist für mich erledigt!“

2. Werner trifft den Pfarrer und warnt ihn davor, den Heinz auf der Kirchenkasse an­zustellen: „Ich weiß nicht, ob sie das bereuen werden. Der Heinz hat nämlich einmal ganz schön tief in die Ladenkasse gegriffen, als er noch bei mir Verkäufer war. Als es herauskam, stellte sich heraus, daß er es aus einer Notlage heraus getan hatte und wir haben uns dann geeinigt: Er hat sich entschuldigt und gab alles zurück. Aber warnen möchte ich Sie doch vor ihm!“

Wenn wir aber einem verziehen haben, ist das Unrecht doch abgetan und muß vergessen sein. Wer immer noch davon redet, der kann nicht behaupten, er hätte sich mit dem anderen geeinigt. Wir sollten aber schon dann zur Vergebung bereit sein, wenn der andere noch gar nicht darum gebeten hat. Wir sollten nicht nur zu denen gut sein, die auch zu uns freundlich sind. Gott gibt uns ja auch viel Gutes, wenn wir böse sind; da sollten wir auch zur Vergebung und zur Hilfe bereit sein.

Wie sieht es aber oft aus: Da kommt ein Mädchen zu ihrer Freundin und fragt, wie die Rechenaufgabe zu lösen ist. Gemeinsam gehen sie an die schwere Aufgabe. Aber noch am gleichen Tag kommt ein anderes Mädchen aus der Klasse und bittet: „Erklär mir doch einmal die Aufgabe!“ Doch da schüttelt das Mädchen mit dem Kopf und sagt: „Mach es doch allein!“ So ist es sicher nicht recht. Wie Jesus über solche Menschen denkt, wollen wir nun hören.

 

Erzählung:

Simon Petrus kann, sich noch gut erinnern, wie Jesus ihm alle Schuld vergeben hatte, damals als er ihn zu seinem Jünger berief. Er hatte sich auch immer bemüht, anderen zu vergeben, die ihm etwas angetan hatten. Aber nun fragt er Jesus: „Herr, wie oft muß ich denn meinem Mitmenschen vergeben, der mir etwas Böses getan hat? Genügt es, wenn ich ihm siebenmal wegen der gleichen Sache immer wieder vergebe?“

Petrus hat begriffen, daß in der Gemeinde Jesu andere Regeln für das menschliche Zusammenleben gelten als sonst üblich. Sie gelten nicht nur in der Gemeinde, son­dern für das Verhalten eines jeden Christen zu einem anderen Menschen. Ohne Vergebung ist menschliche Gemeinschaft unmöglich.

Aber Petrus hat offenbar Bedenken, unbegrenzt oft zu vergeben. Aus erzieherischen Gründen muß man der Vergebung doch Grenzen setzen, sonst nutzt der andere das aus. Die Schriftgelehrten meinten: Zwei- oder dreimal könne man schon vergeben, beim viertenmal aber wird nicht mehr vergeben. Petrus ist bereit, noch weiter zu gehen. Das ist an sich hoch anzurechnen.

Jesus aber sagt ihm: „Ich sage dir: Nicht siebenmal, sondern siebzigmal siebenmal!“ Damit will er sagen: „u mußt immer wieder vergeben, unbegrenzt oft, das Zählen ist dir untersagt. Petrus möchte das Vergeben als seine eigene Leistung auf sein Konto buchen; aber Jesus nimmt ihm das Kontobuch aus der Hand. Er soll erkennen, daß er nicht nur anderen die Vergebung gewährt, sondern auch selber Vergebung empfängt. Ehe man selber ans Vergeben geht, muß man erst etwas vom Ausmaß der Vergebung Gottes wissen. Damit Petrus und die anderen Jünger das besser begreifen, erzählt ihnen Jesus eine Geschichte:

Ihr kennt doch die großen Könige in unserer Nachbarländern. Denen gehören so viele Städte und Dörfer, Äcker und Wiesen, Menschen und Tiere, daß sie gar nicht alles allein verwalten können. Sie haben dazu ihre Minister, die „Knechte“ genannt wenden. Diese sind reiche Männer, die viel zu sagen haben. Sie können sich in ihrem Landesteil alles nehmen oder weggeben, wie sie wollen. Alles Geld aus ihrem Gebiet geht durch ihre Hände. Damit sollen sie Straßen und Gebäude bauen lassen, die Staatsdiener bezahlen und manches andere mehr. Aber wenn sie es in die eigene Tasche stecken, dann sagt zunächst auch niemand etwas.

Von Zeit zu Zeit aber müssen die Statthalter vor den König kommen und ihm vorrechnen, wie sie gewirtschaftet haben in des Königs Land. Vor allem müssen sie ihm auch den Ertrag ihrer Provinz abliefern. Die Männer haben sich am Königshof eingefunden. Einzeln werde sie vor den König geführt.

Aber einer von ihnen wird erst aus dem Gefängnis geholt. Man weiß schon, daß er viel Geld unterschlagen hat. Bei der Abrechnung stellt sich heraus, daß die Summe ungeheuer groß ist: Zehntausend Pfund Silber! Das ist ein Millionenbetrag! Der König Herodes zum Beispiel nimmt im Jahr 900 Pfund ein, und ganz Galiläa und Peräa bringen 200 Pfund Steuern auf. Der Statthalter muß zugeben, daß die Abrechnung stimmt. Aber als er bezahlen soll, hat er kein Geld.

Da sagt der König: „Wenn er das Geld nicht hat, dann verkauft ihn, seine Frau und seine Kinder in die Sklaverei. Verkauft auch all seinen Besitz, damit ich wenigstens einen Teil der Schulden wieder hereinkriege!“ Damit wäre der reiche Mann bettelarm geworden, nicht mehr ein Herr, sondern ein Sklave. Sein ganzes Leben und das seiner Familie wäre zerstört.

Da wirft er sich vor dem König auf die Knie und ruft: „Habe doch Geduld mit mir!“ Ich will die auch alles bezahlen!!“ Dieses Versprechen war sicher voreilig, denn wie soll er jemals wieder so viel Geld zusammenbekommen? Aber er bettelt um das Leben seiner Familie, da ist ihm jedes Versprechen recht.

Die Not dieses Mannes geht dem König an die Nieren und dreht ihm das Herz um. Er sagt: „Laßt ihn frei und streicht seine Schuld durch!“ Er hat also nicht nur Geduld mit ihm, sondern vergibt ihm auch seine Untreue. Man kann es kaum glauben: So ein unbarmherziger Herrscher hat doch einmal eine menschliche Stunde. Das Urmögliche ist geschehen: Der Betrüger wird freigelassen! (Hier die Kinder fragen: Wie wird

es wohl nun weitergehen?).

Überglücklich verläßt der Statthalter den Palast des Königs. Das hat er beim Hineingehen wirklich nicht zu hoffen gewagt. Jetzt kann er aufatmen, das Leben ist ihm neu geschenkt. Doch vor dem Schloßportal trifft er einen seiner Mitarbeiter. Der ist ihm auch etwas schuldig. Aber es ist eine vergleichsweise lächerlich kleine Summe: 100 Silbergroschen, etwa 80 Euro. Der Betrag ist keiner Rede wert, wenn man an die große Summe denkt, die eben gerade erlassen wunde.

Der Mann aber geht auf seiner Schuldner los, würgt ihn am Hals und schreit: „Bezahle, was du mir schuldig bist!“ Gerade noch ist ihm eine große Schuld erlassen worden, aber nun besteht er auf seinem Recht. Das ist doch ein Urmensch, hart und unbarmherzig! An sich sollte er doch gar nicht anders können, als dem anderen auch zur Freiheit zu verhelfen. Aber dieser Mann hat längst alles vergessen, was eben mit ihm geschehen ist.

Da wirft sich der Schuldner vor ihm auf die Knie und ruft: „Habe Geduld mit mir! Ich will dir auch alles bezahlen!“ Aber der Statthalter will nicht warten. Dabei könnte der Mann sicher in einiger Zeit das Geld zurückzahlen, denn soviel ist es ja nicht. Doch der Statthalter läßt ihn ins Gefängnis werfen. Verkaufen darf er den Mann nicht, denn der Erlös wäre ja höher als seine Schuld. In einem solchen Fall kommt der Schuldner solange ins Gefängnis, bis er dort die Schuld abgearbeitet hat oder seine Verwandten die Schuld für ihn bezahlen. So kommt jener Schuldner jetzt in die Gefängniszelle, in der vorher der Statthalter saß.

Einige andere Statthalter aber habenalles mit angesehen. Sie haben erlebt, wie jenem erst die große Schuld erlassen wurde und wie er nun mit dem anderen verfahren ist. Sie erzählen es dem König. Der läßt den bösen Statthalter noch einmal holen und sagt zu ihm: „Du gemeiner Kerl, du Schalksknecht!“ Alle diese Schuld habe ich dir erlassen, weil du mich darum batest. Solltest du dich da nicht auch erbarmen über deinen Mitknecht, wie ich mich über dich erbarmt habe?“

Voller Zorn ruft der König: „Übergebt ihn den Folterknechten, bis er alles bezahlt hat, was er schuldig ist. Jetzt geht es auch bei ihm wieder nach Recht und Gesetz. Jetzt wird er für immer im Gefängnis bleiben müssen, denn eine solche Schuld kann er nicht abbezahlen. So geht es dem, der nicht barmherzig ist.

Zum Schluß wendet sich Jesus an seine Jünger und sagt: „So streng wie der König am Abrechnungstag mit seinem Statthalter gewesen ist, so streng wird auch Gott am Jüngsten Tag mit euch sein, wenn ihr nicht von Herzen dem anderen seine Fehler vergebt. Wer nicht gut ist, wird von Gott einmal bestraft werden. An sich ist Gott barmherzig. Aber seine Barmherzigkeit findet eine Grenze, wenn ein Mensch gegenüber dem anderen unbarmherzig ist.

Damit hat auch Petrus eine Antwort auf seine Frage erhalten: Er soll immer wieder vergeben, um nicht den Zorn Gottes herauszufordern. Ihm ist die große Schuld vergeben worden, nun soll er auch anderen vergeben.

 

Antwortgespräch:

Wir denken doch: „Kein König handelt so wie in dieser Geschichte!“ Aber Gott handelt wirklich so. Weil es bei ihm möglich ist, soll es auch bei uns möglich sein. Denn die Knechte des Königs sind untereinander Brüder. Wer ihm deshalb nicht von Herzen vergibt, hat keinen Anteil an der Herrschaft Gottes. Mit der Vergebung ist es wie mit einem Stafettenstab: Man muß ihn weiterreichen! Wenn man allein weiter rennen will, bricht man unter Garantie zusammen! Gottes Vergebung haben wir an andere weiterzugeben. Die Schuld unserer Mitmenschen ist dabei doch gering, gemessen an der Schuld, die wir gegenüber Gott haben.

Allerdings können wir nicht so sprechen wie der französische Philosoph Voltaire (1694-1778). Als man ihn fragte, ob ihm nicht Angst vor dem Tode sei, gab er zur Antwort: „Gott wird schon vergeben, das ist ja sein Geschäft!“ In der Tat ist die Vergebung Gottes Geschäft, aber nur solange, wie sie ernstgenommen wird und Gehorsam bewirkt und neue Vergebung auslöst. Gottes Vergebung ist aber nicht selbstverständlich. Selbstverständlich ist die Abrechnung, nicht aber die Vergebung. Wir können nicht leichtfertig mit seiner Vergebung spielen (das ist der eschatologische Zug des Gleichnisses)

Wer von uns glaubt aber wirklich, daß er 4.000.000 Mank Schulden hat? Jeder fühlt sich doch als anständiger Mensch. Aber Gott - und nur er - deckt die Schuld auf. Was wir schon als große Schuld ansehen, das ist bei ihm nur wie 80 Euro. Was andere uns antun, nehmen wir furchtbar ernst und wichtig, da sind wir empfindlich und nachtragend. Aber die Schuld gegenüber Gott juckt uns gar nicht so sehr. Um diese geht es aber Gott.

Diese Schuld kann nicht durch Erziehung beseitigt werden. Sie kann nicht durch eine Gegenleistung ausgeglichen werden. Sie ist so häufig und groß, daß Gott gar nicht erst anfängt zu zählen. Er sieht aber auch nicht durch die Finger, sondern - er mußte mit dem Tod seines Sohnes dafür bezahlen.

Weil Gott derart zur Vergebung bereit ist, sollen wir auch dazu bereit sein. Das heißt nicht, daß wir auf Rechtsansprüche verzichten sollten und zum Beispiel Geldschulden nicht einfordern sollten. Wir haben zunächst einmal das Recht, solche Dinge zurückzufordern. Aber auch hier sollten wir nicht wie Michael Kohlhaas auf jeden Fall Recht behalten wollen und irgendwelche Ansprüche an uns reißen.

Wir sollten auch Schluß machen mit dem Satz: „Vergeben will ich schon, aber nicht vergessen!“ Natürlich kann man nichts ungeschehen machen. Aber man sollte auch nicht immer alles nachtragen und immer wieder aufwärmen (zum Beispiel eheliche Untreue an der Ostsee). Wer vergibt, der vergißt auch langsam.

Wer dazu bereit ist, wird auch nach dem Lied handeln können: „…daß ich die Liebe, von der ich leb, liebend an andere weitergeb!“ So handelte ein kleines Mädchen, das von den Verwandten viele Geschenke bekommen hatte und nun mit vollen Händen Bonbons und Schokolade wieder austeilte; dabei fragte sie gar nicht danach, ob noch etwas übrigblieb. Sie wollte nur weiterschenken, damit sich auch andere freuen können.

 

 

Gleichnis vom urgerechter Haushalter: Lk 16, 1 - 9

Hinführung:

Wenn einer eine Strafe zu erwarten hat, dann versucht doch irgendwie, sie abzu­mildern. Ein Weg ist, daß man entsprechend vorsorgt. Wenn die Eltern sanft gestimmt werden sollen, dann macht man freiwillig alles Mögliche, ist brav und hilfsbereit, damit das Donnerwetter nicht so schlimm ausfällt. Jesus hat dieses Bestreben gekannt und eine entsprechende Geschichte erzählt, die uns einen Sachverhalt des Glaubens deutlich machen soll.

 

Erzählung:

Ein Gutsbesitzer hat sein Landgut von einem Inspektor verwalten lassen. Jährlich muß der Verwalter ihm Weizen und Öl als Pacht abliefern. Doch eines Tages hört der Gutsbesitzer: „Dein Verwalter bringt deine Güter durch!“ Da kündigt er ihm schnell und fordert ihn auf, ihm die Abrechnung vorzulegen.

Der Verwalter überlegt nun, was er tun soll. Wenn es zur Abrechnung kommt, wird sein Betrug deutlich werden. Er wird seinen Posten verlieren und dann vor dem Nichts stehen. Zu schwerer Landarbeit taugt er nicht. Und betteln möchte er nicht. Da kommt ihm der rettende Gedanke: „Ich muß mir Freunde schaffen, damit ich jemanden habe, der mir hilft, wenn ich keine Arbeit mehr habe!“

Schnell ruft er die Pächter seines Herrn zusammen. Noch ist er ja Verwalter und hat eine gewisse Macht. Er ruft sie einzeln herein und verhandelt mit ihnen. Den ersten fragt er: „Wieviel Pacht mußt du jährlich meinem Herrn zahlen?“ Er antwortet: „Den Ertrag von 160 Ölbäumen, nämlich 3 600 Liter Öl!“ Da sagt der Verwalter: „Wir ändern deinen Vertrag und setzen nur noch die Hälfte ein!“

Den Nächsten fragt er: „Wieviel bist du schuldig?“ Der antwortet: „Es sind 100 Doppelzentner Weizen im Jahr!“ Da sagt der Verwalter: „Wir schreiben lieber 80 Doppelzentner!“ In Geldwert ist das genausoviel wie der Wert des erlassenen Öls. So hat er es wahrscheinlich auch mit anderen Pächtern gemacht. Nun sind diese Männer ihm verpflichtet und von seinem Schweigen abhängig. Wenn er seine Stelle verliert und bei ihnen vorspricht, werden sie ihn bei sich aufnehmen müssen.

Jesus aber lobt den ungerechten Haushalter, weil er klug gehandelt hat. Er bezeichnet ihn zwar als ungerechten Haushalter, dessen Tun man sich eigentlich nicht zum Vorbild nehmen kann. Er betrügt seinen Herrn und handelt nicht recht gegen Gott. Jesus lobt nur an ihm, daß er verständig und vorausschauend gehandelt hat. Er ist in gewisser Hinsicht ein kluger Mann, auch wenn er an sich nicht gut handelt. Der Verwalter weiß, was er will.

Wenn das doch auch die wüßten, die zu Gott gehören wollen! Jesus nennt sie die „Kinder des Lichts“ und stellt sie den „Kindern der Welt“ gegenüber. Der Verwalter ist so ein Kind dieser Welt. Aber seine Jünger und alle Christen sollen doch Kinder Gottes, „Kinder des Lichts“, sein. Jesus sagt über sie: „Die Kinder dieser Welt sind untereinander klüger als die Kinder des Lichts!“

An sich sollten die Christen die Klügeren sein, denn sie haben eine Zukunft und ein Ziel. Aber oft machen es die Kinder der Welt besser: Sie sorgen für ihre Zukunft. In diesem Punkt können die Christen noch von ihnen lernen und müssen sich schämen, daß sie es nicht auch so machen. Sonst würden sie ja das Gericht Gottes ernst nehmen, denn für sie steht noch mehr auf dem Spiel als für die anderen. Sie können sich das ewige Leben zwar nicht verdienen, aber sie können es sich täglich verscherzen.

Abschließend sagt Jesus noch: „Macht euch Freunde mit dem ungerechten Mammon, damit sie euch in die ewigen Hütten aufnehmen, wenn das Geld zu Ende ist!“ Das Fremdwort „Mammon“ bezeichnet an sich das, worauf man vertraut. Da viele aber allein auf ihr Vermögen vertrauen, ist damit alles gemeint, was einen Geldwert hat und uns vom Vertrauen auf Gott abhält.

Jesus aber will sagen: „Aller Besitz ist nicht Eigentum der Menschen, sondern Eigentum Gottes. Die Menschen sind nur Verwalter dieses Vermögens. Es ist ihnen gegeben, damit sie sich damit Freunde machen können. Aber nun nicht, um in dieser Welt reich zu werden, sondern um nach der Aufnahme in die „ewigen Hütten“ zu trachten.

Damit ist sicher die Welt Gottes gemeint. Der Mann im Gleichnis verschaffte sich nur eine Heimat auf Zeit. Den Christen aber kann eine unvergängliche Zukunft eröffnet wenden. Diese kann natürlich nur Jesus oder Gott selber geben. Wer seinen Besitz also nutzt, um anderen Menschen Gutes zu tun, wird damit Chancen haben, zu Gott zu gelangen „ in die ewigen Hütten“.

 

Antwortgespräch:

Das Gleichnis Jesu ist doch sehr anstößig. Warum nimmt er ausgerechnet ein solches Beispiel? Jesus will den Verwalter ja in seinem Handeln gerade nicht loben. Seine Jünger sollen gerade kein Geld horten, um so für ihre Zukunft vorzusorgen. Mit Geld kann man höchstens bis zu seinem Tode sorgen. Aber dann gilt diese Währung nicht mehr. Dann muß man etwas haben, das auch vor Gott gilt.

An dem Verwalter soll nur gelobt wenden, daß er sich seine Lage klar macht und sich auf die kommende Zeit einstellt. Er tut das mit untauglichen, menschlichen Mitteln. Als Christen müssen wir bessere Wege finden, die nicht dem Willen Gottes widersprechen.

Jesus will uns mit dem Gleichnis deutlich machen: „Lernt aus dieser Geschichte! Ihr seid in derselben Lage wie jener Verwalter, dem das Messer an der Kehle saß. Nur ist die Krise, die euch droht und in der ihr schon mittendrin steht, unvergleichlich furchtbarer. Deshalb seid klug! Es steht alles auf dem Spiel!“

 

 

Das Gleichnis vom großen Abendmahl: Lk 14, 15 - 24

Hinführung:

Lied: „Danke für diesen guten Morgen“.

An die Tafel wird geschrieben: „Wir sind eingeladen!“ Wenn man eingeladen

wird, dann, freut man sich und tut alles, um der Einladung nachkommen zu können.

Vielleicht muß man sich in der Schule oder in der Firma freiholen. Schon die Vorbereitung macht Freude, und das Fest selber erst recht.

Im alten Israel gab es gelegentlich auch einmal ein großes Fest: Dazu wurde schon lange vorher eingeladen. Und wenn das Fest anfangen sollte, dann schickte man erst noch Boten zu den Eingeladenen, um sie abzuholen. Der Bote forderte auf: „Kommt, es ist alles bereit!“ und dann ging man mit und setzte sich mit an die große Tafel, aß und trank und war fröhlich. So ähnlich würde es wohl auch im Reich Gottes sein, stellten sich die Menschen, vor.

Wir tragen zusammen, was alles zu einer Hochzeit gehört: Gutes Essen, Trinken, schöne Kleider, Blumen, Gesang, Gäste, Zuschauer. Man kann auch manches nennen, was in dem „Dankelied“ erwähnt wird: Man kann auch die entsprechenden Symbole auf Flanell aufkleben und um den Satz herum gruppieren: „Der Herr lädt ein zur Freude!“.

Manchmal allerdings lassen wir uns auch nicht einladen oder kommen der Einladung nur ungern nach. Vielleicht haben, wir zu der Zeit gerade Training oder müssen zur Musikschule oder die Großeltern besuchen oder es kommt ein schöner Film im Fernsehen. Dann, müssen wir uns entscheiden, was wir machen, was uns besser gefällt oder was wichtiger ist.

Heute wollen wir eine Geschichte hören, die Jesus erzählt hat, in der es auch um eine Einladung geht. Er will damit etwas über Gott sagen, und über die Menschen, wie die sich zu Gott verhalten.

 

Erzählung:

Ein Mensch wallte einmal ein großes Abendessen veranstalten und mit vielen Gästen zusammen feiern. Schon lange vorher wunden, die Vorbereitungen getroffen. Der Festsaal wurde neu ausgemalt, eine Musikkapelle bestellt; die Kochfreuen wurden gesucht und das Essen schon bestellt oder eingekauft. Und natürlich wurden auch die Leute schon eingeladen, die zu dem Fest kommen sollten. Der Hausherr war schon ganz aufgeregt; ob auch alles klappen wird. Aber er freute sich auch auf das Fest und die Gäste.

Endlich ist der große Tag gekommen. Noch einmal wird jemand zu allen Eingeladenen geschickt, um ihnen zu sagen: „Kommt, denn es ist alles bereit!“ Sicher haben sich alle schon gefreut und recht auf den Tag vorbereitet, denkt der Gastgeber.

Aber als sein Bote bei den Eingeladenen anklopft, da entschuldigen sich alle nacheinander und sagen, sie könnten nicht kommen.

Der Erste sagt: „Ich habe einen Acker gekauft und muß hinausgehen, um ihn

mir anzusehen. Ich bitte dich, entschuldige mich!“ Der Zweite sagt:

„Ich habe fünf Ochsen für ein Gespann gekauft, und ich gehe jetzt hin, um sie mir anzusehen. Ich bitte dich, entschuldige mich!“ Der Dritte schließlich sagt sogar: „Ich heirate heute. Da kann ich doch nicht kommen!“ Eine Entschuldigung scheint dieser Letzte nicht nötig zu haben.

An sich sind das durchaus einleuchtende Gründe: Ein Kauf wurde erst rechtskräftig, wenn man die gekaufte Sache sich auch angesehen hatte. Und wer selber Hochzeit hat, geht nicht anderswo auf die Hochzeit. Die Arbeit und die Familie gehen vor, denkt       man doch, Ihnen zuliebe muß man auf ein Vergnügen schon einmal verzichten.

Doch was soll aus dem Fest werden? Die Braten sind schon fertig, der Wein ist aus dem Faß abgefüllt, die Blumen stehen auf dem Tisch. Jetzt   kann man das Fest nicht mehr verschieben. Als der Gastgeber die bestürzende Botschaft hört, kommt es ihm vor, als würde die Welt untergehen. Er hatte doch rechtzeitig eingeladen, jeder hätte sich auf den Termin einrichten können und nicht ausgerechnet an diesem Tag einen Kauf abschließen oder selber ein sollen. Was soll er denn nun machen? Er wird zornig über die Leute, die Freunde sein wollen und ihn jetzt so schmählich im Stich gelassen haben.

Doch dann faßt er sich wieder und entscheidet: „Das Fest findet trotzdem statt. Wir werden schon jemand finden, der mit uns feiert!“ Er sagt zu seinem Boten: „Geh schnell hinaus auf die Straßen und Gassen der Stadt und führe die Armen und Krüppel, die Blinden und Lahmen herein!“ Der Mann wundert sich nicht schlecht, denn Kranke und Verachtete lud man doch nicht zu einem großen Fest ein. Die mußten doch draußen bleiben und durften bestenfalls von draußen hereinsehen. Aber der Mann gehorcht natürlich dem Befehl und sucht alle möglichen Leute auf der Straße zusammen und lädt sie ein. Die         lassen sich das nicht zweimal sagen und kommen sofort.

Aber es sollte je großes Fest werden Aber der Tafel ist immer noch Platz. Da sagt er zu seinem Herrn: „Es ist alles geschehen, wie du es befohlen hast. Es ist aber immer noch Platz da!“ Da sagt der Henn: „Dann gehe hinaus auf die Landstraßen und an die Zäune und drängele die Landstreicher dort, doch hereinzukommen, damit mein Haus noch voll wird. Aber keiner der Männer, die eingeladen waren, wird mein Abendmahl schmecken!“ So werden also noch einmal Menschen erbeigeholt, die ganz weit weg waren. Die zuerst Eingeladenen aber haben ihre Chance verspielt, sie werden nicht nur dieses Fest verpassen, sondern überhaupt nie mehr eingeladen werden.

Der letzte Satz hört sich so an, als würde nicht mehr der Herr im Gleichnis ihn sagen, sondern Jesus, der das Gleichnis erzählt hat. Vorher könnte man noch unbe­teiligt zuhören .Aber jetzt muß jeder begreifen, worum es geht: Um: die Gemeinschaft mit Jesus, die man ins einem Abendmahl haben kann. Jetzt wird jeder Hörer zur Entscheidung gerufen. Wer die Einladung ausschlägt, der wird nicht mit dabei sein beim Mahl im Reich Gottes.

 

Antwortgespräch:

Mit dem Herrn im Gleichnis ist Gott gemeint. Er hat immer wieder die Menschen eingeladen, durch die Propheten durch Jesus, durch die Pfarrer und Religionslehrer.

Zunächst waren die religiösen Führer Israels und das ganze Volk Israel eingeladen. Aber sie haben die Einladung nicht angenommen. Jesus war ihnen zu niedrig. Aber indem sie Jesus ablehnen, verachten sie Gott selbst. Und dann reden sie sich ein, sie hätten Wichtigeres zu tun. Aber die Leute hätten ihre Geschäfte ja auch verschieben können. Man muß doch annehmen, daß sie dieses Geschäft absichtlich auf den Tag des Festes gelegt haben.

Aber die Warnungen des Gleichnisses müssen wir auch auf uns beziehen: Gott lädt auch uns zu sich ein! Wenn wir aber nicht kommen und Entschuldigungen haben, dann zürnt Gott und lädt andere Menschen zu sich ein. Wer nicht auf ihn hört, wird vorn Reich Gottes ausgeschlossen. Wir werden auch eingeladen durch Pfarrer, Religionslehrer, Jungscharleiter, Kinderdiakoninnen. Wir hören die Glocken, erhalten manchmal Handzettel und haben die Kirchenzeitung. Aber gar mancher sagt: „Ich kann nicht, ich muß erst meine Arbeit erledigen und meinen Pflichten nachkommen oder erst einmal ausschlafen. Später paßt es vielleicht einmal besser!“

Wenn dies geschieht, wird Gott seine Einladung weitergehen lassen. Schon damals sind seine Boten in andere Länder gezogen und haben von Jesus gepredigt. Auch zu unseren Vorfahren sind sie einmal gekommen. Aber wenn wir nichts mehr von Jesus wissen wollen, dann geht die Botschaft weiter zu Menschen in Ländern, wo sie viel freudiger auf das Wort Gottes hören, als wir. Noch können wir Gottes Einladung hören. Aber bald könnte es zu spät sein. Eine Gelegenheit, zu der Einladung Gottes „Ja“ zu sagen, ist die Konfirmation.

Wenn uns Jesus zu seinem Abendmahl         einlädt, sind wir nicht Zaungäste, sondern richtige Gäste. Wir müssen nicht draußen bleiben, sondern sind selber mit am Tisch dabei. Seit der Taufe gehören wir zu den Eingeladen. Und wenn, das Abendmahl in der Kirche gefeiert wird, dann heißt es: „Kommt, denn es ist alles bereit!“

oder auch ähnlich. Dann, wird es ernst für uns, ob wir die Einladung annehmen und zu wirklichen Gästen werden oder ob wir einen anderen Weg gehen.

Wenn wir aber zu Jesus gehen, dann werden wir teilnehmen können an der großen, Freude, die an seinem Tisch herrscht.

 

 

Das große Weltgericht: Mt 25, 31 - 46

Hinführung:

In einem Neubaugebiet arbeitete ein Pfarrer schon 5 Jahre. Er lud Menschen zum Gottesdienst ein, besuchte sie in ihren Wohnungen, unterrichtete die Kinder, taufte und beerdigte. Eines Tages aber schickte die Kirchenbehörde einen Fragebogen und wollte wissen, wie viele Menschen denn dort zur Gemeinde gehören.

Der Pfarrer wußte nicht recht, wen er alles zur Gemeinde zählen sollte: die Kirchensteuerzahler, die Gottesdienstbesucher, alle Getauften, die nur dem Namen nach in der Kirche sind , wer die Kirche irgendwie in Anspruch nimmt, die für das „Christentum“ sind, Leute die für eine gute Sache viel Zeit und Geld einsetzen, Wonach soll der Pfarrer sich wohl richten?

 

In der Gemeinde, für die Matthäus sein Evangelium schrieb, ist wohl auch die Frage entstanden: „Wer gehört zu uns? Sind es nur diejenigen, die sich ganz streng an den Wortlaut der Gesetze der Juden halten oder diejenigen, die sagen, Christus hat uns von der Befolgung der jüdischen Gesetze befreit? Die Gemeinde mußte sich abgrenzen gegen falsche Richtungen.

Es gab ja Leute, die sagten: Die Herrschaft Gottes hat schon begonnen. Wir gehören schon dazu, ganz gleich, was wir tun, das kann uns nicht mehr verloren gehen. Und dann gab es wieder gesetzestreue Leute, die durchaus fromm waren und viele alte Bräuche beachteten, aber doch am eigentlichen Willen Gottes vorbeigingen und nicht nach dem Sinn der Gebote Gottes lebten. Wer von ihnen sollte zur Gemeinde Jesu Christi gehören? Indem Matthäus ein Gleichnis Jesu nacherzählt, versucht er auf diese Frage eine Antwort zu geben.

 

Erzählung:

Unsere Welt wird einmal ein Ende haben. Dann wird Jesus wiederkommen in seiner Herrlichkeit und alle Engel mit ihm. Er wird sich auf den Thron setzen wie ein König, der über seine Untertanen richten will. Die Menschen aus allen Völkern werden vor ihm erscheinen müssen und sich vor ihm verantworten müssen.

Natürlich werden Gute und Böse unter ihnen sein. Aber nur Jesus wird wissen, wo die Grenze zwischen ihnen zu ziehen ist. Er wird sie voneinander trennen, so wie der Schafhirte abends die Schafe von den Böcken trennt. Die Menschen, die sich auf Gott verlassen haben, kommen auf die rechte Seite. Und die Gott verspottet haben, kommen auf die linke Seite.

Kein Mensch weiß vorher, zu welcher Seite er gehört. Nur Jesus als der Weltenrichter weiß, wer zu den Gesegneten und wer zu den Verfluchten gehört. Er sagt: „Kommt her, ihr Gesegneten meines Vaters. Ihr seid Gott recht, ihr dürft bei ihm sein. Ihr werdet das Reich Gottes ererben, das von Anbeginn der Welt für euch zubereitet ist. Denn ihr habt in eurem Leben gezeigt, wo ihr hingehört: Wenn ich hungrig gewesen bin, dann habt ihr mir zu essen gegeben. Wenn ich durstig war, habt ihr mir zu trinken gebracht. Ich war fremd bei euch und ihr habt mich in euer Haus hereingeholt. Ich habe gefroren und ihr habt mir Kleider gegeben. Ich war krank und ihr habt mich besucht. Ich war im Gefängnis und ihr seid zu mir gekommen!“

Doch die Menschen, die so angesprochen worden sind, können sich nur wundern. Sie fragen erstaunt: „Das verstehen wir nicht! Wir können uns gar nicht mehr darauf besinnen, daß wir dir etwas zu essen gegeben haben oder zu trinken oder Kleider zum Anziehen. Wann haben wir dich ins Haus geholt oder dich besucht?“ Sie sind Jesus ja nie direkt begegnet; sie haben nur von ihm gehört, aber ihn nie selber erlebt. Wie haben sie ihm da etwas Gutes tun können?

Der Richter aber wird ihnen antworten: „Was ihr irgendeinem Menschen in Not getan habt, einem Kranken, Armen, einen Hungrigen, einem Durstigen, einem Frierenden - das habt ihr mir getan! Was ihr getan habt einem unter diesen meinen geringsten Brüdern, das habt ihr mir getan!“

Die Brüder Jesu, das sind zunächst die, die zu seiner Gemeinde gehören. Aber wir dürfen sicherlich auch an all die anderen Menschen denken, die irgendwie in Not gekommen sind. Jesus möchte, daß wir ihnen helfen, denn er selber kann es ja nicht, er braucht uns als seine Helfer. Wenn wir aber einem anderen etwas Gutes getan haben, dann ist das so, als hätten wir es Jesus selbst getan.

Die Menschen auf der rechten Seite wenden sich dann natürlich freuen. Sie hatten ja nicht Gutes getan, weil sie von Jesus dafür belohnt werden wollten. Unbewußt haben sie das getan, was Jesus von ihnen erwartet hat.

Die auf der linken Seite aber werden ein hartes Urteil erfahren. Sie dürfen nie bei Gott sein, weil sie immer nur an sich selbst gedacht haben. Jesus sagt zu ihnen: „Geht weg von mir, ihr Verfluchten, in das ewige Feuer, das von Beginn der Welt für

den Teufel und seine Gesellen bestimmt ist. Nun kommt ihr auch dorthin. Das war nicht von Anfang an so vorgesehen. Ihr hättet die Möglichkeit gehabt, dem zu entgehen. Aber weil ihr so ein herzloses Leben geführt habt, bleibt jetzt nur noch das für euch!“

Doch die Verfluchten wollen sich entschuldigen und herausreden und sagen: „Wir haben dich ja nie hungrig oder durstig gesehen oder als einen Fremdling oder nackt oder gefangen. Du kannst uns doch nicht verantwortlich machen für das, was wir gar nicht tun konnten. Hätten wir es gewußt, dann hätten wir uns anders verhalten!“

Aber Jesus artwortet ihnen: „Ihr habt in eurem Leben viele Menschen gesehen, die Hilfe brauchten. Aber ihr habt nichts getan, um ihnen das Leben leichter zu machen. Was ihr denen nicht getan habt, das habt ihr mir auch nicht getan. Was ihr nicht getan habt einem unter dieser Geringsten, das habt ihr mir auch nicht getan. Deshalb sollt ihr ewig gequält werden und große Schmerzen erleiden!“

Es kommt also gar nicht so sehr auf die Klärung der Frage an, wer zur Gemeinde gehört und wer nicht. Viel entscheidender ist, wie man sich den Mitmenschen gegenüber verhält. Der gekreuzigte und auferstandene Christus ist allen Menschen bezeugt worden. Wenn aber nicht alle auf ihn gehört haben, dann wird sie das Gericht des Christus treffen. Die Trennung liegt ganz in seiner Hand und wird manche Überraschungen mit sich bringen. Nicht die Menschen haben zu entscheiden, denn sie können ja nicht alles wissen und nicht erkennen, wie es im Inneren der anderen aussieht. Aber Jesus weiß, was in jedem steckt, deshalb kann er auch ein gerechtes Urteil sprechen.

Allerdings möchte er nicht, daß viele bestraft wenden. Er wünscht sich, daß Viele auf die rechte Seite kommen. Deshalb spricht er am Schluß noch einmal von den Gerechten, die in das ewige Leben gehen werden. Die Gott recht sind, die sich so verhalten haben, wie es Gott gefällt, die werden bei ihm leben in Zeit und Ewigkeit!

 

Antwortgespräch:

Bei einer üblichen Gerichtsverhandlung beachtet man die Umwelt des Angeklagten (das „Milieu“), seine körperliche und seelische Verfassung, die Motive der Tat, die Beurteilung der Arbeitskollegen‚ usw. Beim Weltgericht aber spielen alle diese Dinge keine Rolle, da steht der Angeklagte ganz schutzlos dem Richter gegenüber.

Allerdings nennt Jesus einen anderen, der zwischen Richter und Angeklagtem steht, nämlich der Notleidende. Und dann kommt noch die überraschende Aussage: der Richter und der Notleidende sind derselbe (bei Flanellbildern den Richter auf dem Notleidenden anbringen). Der Angeklagte wird allein nach seiner Tat am notleidenden Menschen gefragt (Beispiel aus der Literatur: Leo Tolstoi: Wo Liebe ist, da ist euch Gott.)

Aber an anderer Stelle des Neuen Testaments hören wir doch, daß nicht die guten Werke uns selig machen, sondern allein der Glaube und die Vergebung Gottes. Hier dagegen heißt es: Die Beurteilung erfolgt nach den Werken, die dem Herrn erwiesen wurden, indem man anderen Marschen Gutes getan hat. Es gibt also ein allgemeines Weltgericht als erdgültiger Abschluß aller Geschichte. Manche Untat wird zwar auch schon innenhalb dieser Weltzeit gerächt, aber die endgültige Abrechnung kommt erst am Erde.

Allerdings muß man beachten: Die guten Werke sind nicht aus den natürlichen Kräften der Menschen erwachsen, sondern die Werke der Liebe kommen aus der Kraft des heiligen Geistes. Auch kann sich keiner in die Gruppe der Gesegneten hineinschmuggeln: Der Richter allein bestimmt, wer zu den Gesegneten dazugehört; mancher, den wir vielleicht zu den Verfluchten gerechnet hätten, wird doch auf der Seite der Gesegneten sein, weil Jesus sein geringes Werk anerkannt hat. Und der Lohn ist immer nur Gnadenlohn. Daß man einen Hungrigen gespeist hat, bringt einem noch nicht in der Himmel; aber Jesus hat sich neben den Notleidenden gestellt und gesagt: Eure Hilfe habt ihr mir erwiesen, ich rechne euch das so an, als hätte ich selber die Hilfe empfangen.

Die guten Werke sind auch nur geringfügig im Verhältnis zum Lohn. Es wird ja euch gar nicht nach großartigen Leistungen gefragt, sondern nach den kleinen Hilfen im täglichen Leben. Wer einen echten Glauben hat, der wird sich ganz von selbst zu guten Werken gedrängt fühlen. Der Glaube ist das Erste, die Werke sind nur eine Folge davon, sie machen nur unter anderem den Glauben anschaulich.

Die Zugehörigkeit zur Kirche oder ein kirchlicher Beruf allein machen es allerdings nicht. Entscheidend ist, daß der Wille Gottes getan wird. Aber wer ihn tut, weiß im Grunde gar nicht darum und tut es nicht im Blick auf möglichen Lohn. Aber wenn er nach seinem Verhältnis zu Christus gefragt wird, dann werden seine Werke darüber Auskunft geben.

 

Perikopenbuch Heinrichs II : Des Weltgericht

Im Auftrag des Kaisers Heinrich II wurde in der Zeit zwischen 1002 und 1014 in der Klosterschule der Insel Reichenau im Bodensee ein Perikopenbuch hergestellt, das Bilder zu den Bibeltexten für die einzelnen Sonntage enthält. Heinrich schenkte es dem Dom zu Bamberg, damit es dort in der Gottesdiensten gebraucht werden konnte (noch heute sind Wachstropfen auf manchen Blättern). Das Buch ist etwa 28 x 21 Zentimeter groß und aus feinem Pergament. Zur Verdeutlichung des Bibeltextes hat der Künstler Bilder aus dem Leben Jesu eingefügt.

Der obere Teil des Bildes zeigt den Vorgang im Himmel. Jesus als der Weltenrichter ist die beherrschende Gestalt. Er ist umgeben von einer Fülle von Gestalten, die mit zur Darstellung seiner Herrlichkeit gehören. Sie sind in verschiedene Gruppen und Ebe­nen geordnet.

Oben sehen wir auf jeder Seite sechs Engel, die Flügel sind hochgestellt, der Heiligen­schein umgibt die Köpfe wie eine Scheibe. Ehrfürchtig neigen sie sich dem Herrn zu, die großen Augen sind voll Staunen und Erwartung auf ihn gerichtet. Auch die Arme und Hände weisen auf ihn. Man könnte an einen Gottesdienst in der oberen Welt denken, bei dem die himmlischer Heerscharen dem Herrn in feierlicher Liturgie einhellig ihren Lobpreis darbringen.

Die Gestalten darunter wirken bewegter und unruhiger. Es sind Männer verschie­de­nen Alters (Haarfarbe dunkel bis weiß). Sie sitzen auf Bänken. Einige halten Bücher in den Händen. Die beiden ersten sind Jesus zugewandt und blicken mit huldigender Gebärde der Hände zu ihm empor. Die nächsten zwei sprechen jeweils miteinander

Die anderen sehen auf Christus hin. Es sind die Apostel, die Jesus zu Beisitzern seines Gerichts bestimmt hat. Sie halten die Bücher in den Händen, die beim jüngsten Gericht aufgeschlagen werden, und unterhalten sich über das Urteil.

Jesus sitzt auf einem schlichter Thron, der einige wenige Ornamente zieren. Die Füße ruhen auf einem Schemel, auf dem Sitz liegt ein dunkles Kissen. Der große Heiligenschein ist am äußeren Rande mit weißen Perlen verziert. Ein leuchtendes Kreuz durchschneidet und überragt ihn. Seine Gestalt ist von überragender Größe, sie erreicht den oberen Bildrand. Mit durchdringendem Blick scheint er die ganze Welt zu erfassen. Aus Liebe ist er für alle Menschen gestorben.

Nun versammelt er sie alle um seinen Thron. Die linke Hand stellt die Verbindung her zu den Engelscharen, derer Lobpreis er annimmt. Mit der Rechten umfaßt er das mächtige Kreuz, das Zeichen seines Opfertodes und zugleich seines Sieges. ­So ist es bis zum jüngsten Tag das Zeichen des Menschensohns, durch das nun alle Völker zum Gericht gerufen werden.

Der untere Teil des Bildes zeigt das Geschehen auf der Erde. Etwas von der ruhevollen Klarheit des oberen Teiles spiegelt sich aber auch in der unteren Hälfte. Unter dem Richterstuhl stehen zwei mächtige Engel. Sie sind größer dargestellt als die anderen Engel, weil sie hohe Beauftragte des Herrn sind. In den Händen halten sie große Spruchbänder.

Sie handeln     in eigener Machtvollkommenheit, sondern geben allein das Urteil des Herrn weiter. Demütig führen sie ihren Auftrag aus, indem sie sich mit ihren Spruch­bändern der jeweiligen Menschengruppe zuneigen. Die inneren Flügel berühren sie‘ und weisen auf den hin, dem alle Gewalt im Himmel und auf Erden gegeben ist. Auf der Spruchbändern stehen die Bibelworte V.34 b und 41 b.

Die Verurteilten stehen Kopf an Kopf. Wir erkennen zwei Frauen an ihren Kopf­tüchern. Dem König mit der Krone legt einer der Höllenknechte eine Kette um der Hals. Ein anderer Helfer zieht mit einem gekrümmten Stab die ganze Gruppe dem Abgrund zu. Tiefbeugt schreiten sie dahin, Entsetzen in den Augen. Zwei Menschen haben die Hände an den Kopf gelegt, weil sie ihre Schuld erkennen. Andere haben die Arme traurig gesenkt. Der König hebt die Hand in großer Bewegung dem Engel entgegen, so als wollte er das Wort des Herrn anerkennen, auch wenn es ihm Gericht bringt. Auch einige andere schicken einen langen Blick zu Christus empor, weil sie ihr verfehltes Leben erkennen.

Eine kleine sitzende Gestalt blickt zum Engel empor, linke Hand ans Herz gelegt, mit der rechten die Stirn berührend. Keiner der Höllenknechte hat an ihm Interesse. Vielleicht handelt es sich um ein .Kind oder um einen Menschen, der noch in letzter Stunde Gnade erbittet und empfängt. Den Satan selbst sehen wir am unteren Bildrand in Ketten gelegt. Zähnefletschend blickt er den Herrn an, der ihn besiegt hat. Seine Zeit ist zu Ende, seine Macht gebrochen.

Die Geretteten auf der linken Seite bilden auch eine geschlossene Gruppe. Einige blicken zu denen zurück, die noch kommen. Andere richten der Blick zu den Engeln bzw. zu Christus empor. Wieder erkennen wir zwei Frauen mit Kopftüchern und. einer König. Außerdem einer Bischof in farbenprächtigem Ornat, der die Arme in lobpreisender Gebärde emporhebt. Die anderen tun es ihm freudig nach. Auf den Gesichtern der Menschen ist ein Ausdruck des Gelöstseins, der Freude und des Friedens. Sie haben gehört: „Kommt her, ihr Gesegneten des Herrn, und erbt das Reich!“

 

 

 

Leiden und Auferstehung

 

Auf dem Weg nach Jerusalem

 

Jesus wird von einem Blinden als Messias erkannt: Mk 10,46 - 52

Hinführung:

Zu unsren Sinnen gehört euch das Sehen. Zum richtigen Sehen gehört aber mehr als das Hingucken .Man kann für etwas blind sein, obwohl man mit beiden Augen sehen kann. Dann sagen wir etwa: „Merkst du denn nicht, daß du nur ausgenutzt wirst? Weißt du nicht, daß das gut für dich ist? (zum Beispiel orthopädisches Turnen). Zur Sehen gehört das Merken und Fühlen, das „mit dem Herzen sehen“.

 

Spiele:

Verschiedene Gegenstände liegen verdeckt auf einem Tablett. Sie werden schnell aufgedeckt und wieder zugedeckt. Wie viele Gegenstände habt ihr euch merken können?

Postkutsche: Einem werden die Augen verbunden und er muß die beiden fangen, die ihre Plätze wechseln.

 

Es ist gar nicht schön, wenn man nichts sieht: Man ist unsicher und kommt sich verlassen vor (Spieler interviewen). Da könnt ihr ein wenig ahnen, wie es einem Menschen zumute ist, der nichts sieht. Für ihn ist es immer Nacht, er kann keine Blume sehen, weiß gar nicht, was Farbe ist.

Dennoch muß ein Blinder nicht unbedingt traurig sein. Es gibt nämlich viele Menschen, die sich um Blinde kümmern. Sie können zur Schule gehen, studieren oder einen Beruf erlernen. Und auf der Straße gibt es auch immer wieder Menschen, die einem Blinden einmal helfen.

Zur Zeit Jesu war das anders. Man schaffte die Blinden vor das Stadttor und ließ sie dort betteln. Manche Leute gaben auch etwas, nicht unbedingt dem Blinden zuliebe, aber es galt als gutes Werk, das Gott gefallen würde. Was geschah, als Jesus einmal einem Blinden begegnete, davon will ich erzählen

 

Erzählung:

In Jericho wohnt ein Mann mit Namen Bartimäus. Er kann nicht allein durch die Straßen gehen, sondern er muß immer geführt werden. Er kann nicht wie die anderen zur Arbeit gehen, um Geld für das Essen zu verdienen. Er muß von seinen Verwandten oder guten Freunden geführt werden, denn seine Augen sind blind.

Jeden Morgen wird er durch die Stadt geführt, um draußen vor dem Stadttor zu betteln. Hier kamen viele Leute vorbei. Er bettelt immer: „Gebt mir etwas, denn ich bin blind!“ Er hat seinen Mantel vor sich ausgebreitet. Mancher wirft ihm etwas hin, andere aber gehen achtlos vorüber. Abends wird Bartimäus dann wieder nach Hause geführt. Sein größter Wunsch ist: „Ach, wenn ich doch auch sehen könnte wie die anderen Menschen. Dann wäre ich nicht mehr auf die anderen angewiesen und könnte mir selber helfen. Wer würde ihm nun helfen können?

In der Bibel stand doch etwas von einem Helfer, der so sein sollte wie der König David es war. Er würde von Gott geschickt werden und die Blinden wieder sehend und die Lahmen wieder gehend machen, Taube sollten wieder hören und Kranke gesund gemacht werden. Dieses Versprechen kennen viele Menschen. Auch Bartimäus hat davon gehört. Nun ist sein größter Wunsch, daß Gott doch diesen Heiland möglichst bald schickt.

Bartimäus hört oft die Gespräche der Vorübergehenden. So hat er auch etwas von Jesus gehört, der aus Nazareth stammt. Der hatte schon einmal. einen Schwerkranken gesund gemacht, daß er wieder laufen konnte. Andere erzählen von anderen Wundertaten, die er vollbracht hat. „Ob das wohl der Heiland ist, auf den wir warten?“ denkt Bartimäus. Das könnte doch der sein, der auch ihn wieder gesund macht.

In den letzten Tagen sind besonders viele Menschen an Bartimäus vorbeigekommen. Sie sind alle auf dem Weg nach Jerusalem, um dort ein großes Fest zu feiern. Auf einmal kommen besonders viele Menschen daher. Bartimäus kann es genau hören. Er fragt einen Vorübergeheden: „Weshalb kommen denn da so viele Leute?“ Der andere fragt erstaunt: „Du weißt es wohl noch gar nicht: Jesus von Nazareth ist in unserer Stadt. Er will jetzt weiterziehen nach Jerusalem, um auch an dem Fest teilzunehmen!“

Da fährt Bartimäus vor Freude zusammen. Das ist seine Chance, jetzt oder nie. Er fängt ganz laut an zu schreien: „Jesus, du Sohn Davids, erbarme dich über mich! Hilf mir aus meiner Not, denn ich bin blind und möchte doch so gern sehen!“

 

Er schreit wie ein Ertrinkender. Alle sehen sie zu ihm. Doch die Leute, die in der Nähe des Bartimäus stehen, werden ärgerlich und sagen: „Sei doch still. Glaubst du denn, daß Jesus Zeit für dich hat. Du siehst doch, wie beschäftigt er ist!“ Bartimäus kann das zwar nicht sehen, aber es ist ihm auch egal. Er will Hilfe haben. Die anderen können sich noch genug mit Jesus unterhalten. Aber bei ihm kommt er nur einmal vorbei.

Einige kommen gelaufen und drohen ihm: „Sei sofort still! Du kannst doch nicht hier einen solchen Auflauf machen!“ Der Blinde stört sie auf ihrem feierlichen Weg nach Jerusalem. Ausgerechnet so ein Bettler will den Herrn Jesus beanspruchen, das geht doch nicht. Bartimäus aber schreit nur noch lauter.

Jesus bleibt stehen und sagt: „Ruft ihr her!“ Einige sagen zu Bartimäus „Du brauchst keine Angst zu haben. Steh auf, er ruft dich!“ Da springt Bartimäus auf. Er wirft seinen Mantel weg, damit er schneller laufen kann. Er weiß ungefähr die Richtung, wo Jesus ist.

Da spricht Jesus ihn an: „Was willst du, das ich dir tun soll?“ Seltsame Frage: Das kann doch jeder sehen, was der Blinde will. Aber Jesus will offenbar, daß Bartimäus noch einmal eindeutig sagt, was er mit der Bezeichnung „Jesus, du Sohn Davids“ gemeint hat. Jesus ist jetzt auf dem Weg nach Jerusalem, wo sie ihn umbringen werden .Aber hier in Jericho kann schon deutlich werden, wer Jesus wirklich ist: Nicht ein Verbrecher, sondern ein Helfer.

Bartimäus sagt: „Herr, ich möchte wieder sehen können!“Jesus kennt die Not dieses Mannes. Er merkt aber auch: Dieser Mann vertraut ganz auf Jesus und erwartet alles von ihm. Mit seinen Augen kann er nichts sehen. Aber er hat erkannt, wer Jesus ist.

Da artwortet ihm Jesus: „Du sollst wieder sehen können. Du hast geglaubt, daß ich dich gesund machen kann. Darum tue ich es jetzt auch. Gehe hin, dein Glaube hat dir geholfen!“

Da kann Bartimäus wieder sehen: die Menschen, die Bäume, die Häuser. Jetzt muß er nicht mehr betteln, jetzt ist er wieder ein ganzer Mensch .Aber er geht nicht irgend­wohin, sondern er geht mit Jesus nach Jerusalem. Er hat den Retter gefunden, den will er jetzt nicht wieder aus den Augen verlieren.

 

Antwortgespräch:

Bartimäus ist der letzte von Jesus berufene Jünger. Er wird sehend, während in Jerusalem „Blinde“ Jesus ans Kreuz hängen. Man kann blind für Jesus sein, obwohl man ihn vor Augen hat. Bartimäus aber erkennt: Erst wenn ich jeden Tag mit Jesus lebe, dann bin ich wirklich sehend. Er will das festhalten, was er einmal erkannt hat. Das wäre auch die Aufgabe für uns: Mehr als die anderen die Jesus sehen. Andere verspotten ihn vielleicht, halten ihr nur für einen gewöhnlichen Menschen. Sie sind blind für Jesus. Wir aber dürfen uns an ihn wenden und alles von ihm erwarten. Er kann uns helfen, er kennt unsere not und weiß auch Mittel dagegen. Wenn wir ihm nachfolgen, dann kann uns kein Leid mehr geschehen.

 

Messiaserwartungen

Schon vor vielen hundert Jahren haben die Menschen im Volk Israel auf einen Heiland und Retter gewartet. Viele Menschen glaubten nicht mehr en Gott, sogar die Könige beteten Götzen an, Feinde drohten dem Volk mit Krieg. Was müßte da der Retter tun, der helfen konnte? Was meint ihr? (Feinde besiegen, im Volk Ordnung schaffen, Gottes Gebote achten, Götzendienst beseitigen). Was die Bibel aber einen solchen Retter sagt, wollen wir uns an einigen Beispielen ansehen:

 

Jesaja 11,1 - 2: „Ein Zweig wird aus dem Stamm Isais aufbrechen, und ein Sprößling wird aus seiner Wurzel emporkeimen. Auf ihm wird der Geist Gottes ruhen, als der Geist der Weisheit und des Verstandes, als der Geist des Rates und der Kraft, als der Geist der Erkenntnis und Furcht Gottes!“

Hier wird ein Nachkomme Isais angekündigt. Dieser war der Vater des bedeuten­den Königs David. Man erwartete also, daß David selber wiederkommt. Er hatte das Reich des Volkes Israel zu neuer Blüte geführt. Dieses Reich galt nun als Bild für die kommende Herrschaft eines neuen Retters.

Dieser wird den Geist Gottes bekommen, wenn er in sein Amt eingesetzt wird. Im Volk Israel wurden sowohl der Königs auch der Hohepriester durch eine Salbung in ihr Amt eigesetzt (David wurde schon als junger Mann von Samuel gesalbt!). Der „Gesalbte“ heißt aber auf Hebräisch „Messias“ und auf griechisch „Christus“. In Israel erwartete .man also einen Messias, mit dem das Heil und die Erlösung aber auch die Befreiung von irdischen Unterdrückern anbrechen sollte.

Wir wissen heute, daß dieser Messias in Jesus Christus gekommen ist. Aber das Volk Israel mußte noch auf ihn warten. Die Propheten haben von ihm gesprochen und haben ihn angekündigt, haben auch beschrieben, wie er sein sollte.

Jesaja nennt: Weisheit (Erfahrung, die Dinge des s richtig zu beurteilen) und Verstand (Klugheit, Sachkenntnis), Rat (rechte Mittel und Wege im rechten Augenblick) und Kraft (Tüchtigkeit, die getroffenen Entschlüsse auch durchzusetzen), Erkenntnis (W:issen um Gott und seinen Willen) und Furcht Gottes (Unterordnung unter Gott; höchste Vollkommenheit ist, den Willen Gottes zu kennen und zu tun).

 

Sacharja 9,9: „Tochter Zion, jauchze sehr; frohlocke, Tochter Jerusalem. Siehe, dein König kommt zu dir; sein Recht ist anerkannt, und er ist siegreich!   Er ist demütig und reitet auf einem Esel, auf dem Fohlen einer Eselin!“

Dem Volk in und um Jerusalem wird eine große Freude versprochen, denn sein König soll einziehen. Dieser macht jedoch einen recht merkwürdigen Eindruck: Er ist demütig, denn statt auf einem Streitroß reitet er auf einem Esel. Er setzt nicht auf Macht und Gewalt, sondern wird sich nur auf Gott verlassen. Aber von Gott her ist auch sein Königsrecht anerkannt, er kommt als der Gerettete, sein Recht ist von Gott anerkannt, er ist siegreich (nicht: Gerechter).

 

Jesaja 61,1 - 2: „Der Geist Gottes des Herrn ist auf mir, weil Gott mich gesalbt hat. Er hat mich gesandt, den Geknechteten eine frohe Botschaft zu bringen zerbrochene Herzen zu verbinden, den Gefangenen die Freilassung anzusagen und den Gebundenen die Öffnung des Kerkers; auszurufen ein Gnadenjahr Gottes und den Tag der Rache unseres Gottes, alle Traurigen zu trösten.

Der auch an anderen Stellen als „Knecht Gottes“ bezeichnete Gesandte Gottes hat von Gott den Auftrag bekommen, die Not des Volkes zu beseitigen und die Befreiung aus der Unterdrückung. Er ist nicht nur Verwalter, sondern Bringer des Heils (in Lk 4,18 wird das auch auf die persönliche Not des Einzelnen bezogen, zum Beispiel die Krankheit). Der Knecht Gottes verkündet auch das Gnadenjahr Gottes, in dem jedem wieder sein Recht geschehen soll: Sklaven werden frei, der Besitz geht wieder an seinen ursprünglichen Besitzer. Die „Rache“ Gottes besteht in der Wiederherstellung von Recht und Gerechtigkeit, mit dem Messias bricht eine Zeit des Rechtes und der Freiheit an.

 

Diese drei Weissagungen stammen aus verschiedenen Zelten und haben verschiedene Umstände zum Anlaß. Ihr Inhalt ist verschieden, weil eben die Erwartungen sehr vielseitig waren. Dennoch gibt es im Alten Testament eine stark ausgeprägte zukünftige Heilserwartung. Allerdings ist der Titel „König“ dabei fast ganz vermieden, weil Gott der eigentliche König des Volkes ist und auch der irdische König sich nach seinem Willen richten muß. Gott schafft das Heil, der Messias verwertet es nur.

 

Als Christen sehen wir diese Weissagungen aus der späteren Zeit her. Wir erkennen, daß sie sich in Jesus Christus in einem größeren und vollendeteren Sinn erfüllt haben. Wir müssen dabei aber bedenken, daß diese Weissagungen nicht gradlinig auf Christus hin gesprochen waren. Viele Stellen sind erst später messianisch gedeutet worden (zum Beispiel auch 1. Mose 3,15).

Die drei Texte aus dem Alten Testament wollen aber deutlich machen:

Jes 11 : W e r der Messias ist            - Herkunft       -  Sproß, aber stark

Sach 9: W i e der Messias ist                         - Gestalt          -  König, aber arm

Jes 61 : W a s der Messias t u t         - Wirken          -  Richter, aber barmherzig.

 

Allerdings hat Jesus jene Erwartungen in ganz anderer Weise erfüllt:

Messiaserwartung

 und Wirken Jesu

Reichtum

Armut

politische Macht

Machtlosigkeit

Ruhm

Verachtung

Ehre

Einsamkeit

Dazu sagt Jesus: „N E I N“

Dazu sagt Jesus: „J A“

           

Wie anders Jesus war als alle Erwartungen zeigt auch die Geschichte von der Ver­suchung Jesu die uns deutlich machen will, wie Jesus sich gleich zu Beginn seiner Wirksamkeit über seinen Weg klar werden mußte.

 

 

 

Das Bekenntnis des Petrus: Mt 16, 13 - 28                                   

Hinführung:

Wir zählen berühmte Leute auf und geben ihren Beruf an: Dichter, Musiker, Maler, Filmstars, Schlagersänger usw. Wer kann berühmte Leute aus dem Volk Israel nennen? Mose, David, Salomo; vielleicht kommen auch schon Elia und Jeremia zur Sprache. Dann auf Johannes den Täufer hinführen.

Die Namen werden in zwei Spalten an die Tafel geschrieben!

Warum sind diese Leute so berühmt geworden? Sie haben Dinge geschaffen, die andere Menschen erfreuen oder ihnen helfen. Die Männer aus Israel sind so berühmt, weil Gott sie sich als besonderen Helfer auserwählt hat. Wie ist das nun mit Christus? Gehört der auch in diese Reihe mit solchen berühmten Männern? Jesus ist mehr als alle diese Männer, Die Propheten konnten nur sagen, daß einmal der Messias kommen wird, selbst bei Johannes dem Täufer war das noch so. Aber Jesus ist der Verheißene. Zielangabe: Wir wollen heute hören, wie die Jünger sich zu ihrem Herrn Jesus bekennen.

 

Erzählung:       Jesus verließ mit seinen Jüngern die Gegend um den See Genezareth, weil er wieder einmal mit ihnen allein sein wollte. Er wußte, daß nun schwere Wochen für ihn kommen würden: deshalb wollte er sich in Ruhe innerlich darauf vorbereiten. Sie waren nach Norden gezogen, in das Land der Heiden, in die Kaiserstadt des Philippus, die der Fürst Philippus zu Ehren des Kaisers Tiberius erbaut hatte und die nun „Cäsarea Philippi“ hieß (früher hieß sie „Paneas“ und in ihr gab es eine Grotte des Pan).

Hieran der nördlichsten Grenze des Gebietes, das Gott einst dem Volk Israel als Eigentum gegeben hatte, war der große Wendepunkt im Wirken Jesu erreicht. Er wußte, daß nun bald sein Leiden und Sterben beginnen sollte und wollte deshalb das Herz seiner Jünger festmachen. Sie sollten wissen, wem sie nachfolgten und warum sie das taten, damit niemand sie wieder aus der Hand Gottes fortreißen konnte. Jetzt war ein klares Bekenntnis für oder gegen Jesus von ihnen gefordert, denn nur so konnte eine Jüngerschar und Gemeinde entstehen, die in allen Gefahren zusammenhielt.    

Bisher hatte er immer erzählt oder andere Menschen hatten ihn gefragt. Er war der Geber und sie waren die Nehmenden. Aber nun bleibt er auf einmal mitten auf dem Weg stehen, sieht seine Jünger an und fragt sie: „Für wen halten mich denn die Leute? Was sagen sie vom Menschensohn und wer sagen sie, daß ich sei?“Da sprudelt es aus den Jüngern heraus: „Einige sagen, du seist Johannes der Täufer. Andere halten dich für Elia oder Jeremia oder einen der Propheten!“ Jesus kennt diese Vorstellungen des Volkes, daß große Männer wiederkehren, wenn das Reich neu ersteht. Und er weiß auch, daß man die Wiederkehr des Elia erwartete, wenn Gott sein Reich aufrichten wird.

Er predigt ja fast so wie Johannes. Die Leute reden halt über jeden und natürlich auch über Jesus. Was sie über ihn sagen, klingt nicht einmal schlecht, diese Namen haben ja im Volk einen guten Klang. Jesus könnte auch so einer werden, von dem man noch lange redet. Aber bei Jesus geht es nicht nur um die Botschaft, sondern auch um die Person dessen, der sie bringt, denn Botschaft und Person gehören aufs Engste zusammen.

Aber er spürt auch, daß sie ihn nur für einen Vorläufer halten, so wie Johannes den Täufer. Sie sehen in ihm eine gotterfüllte und außerordentliche Persönlichkeit, aber sie rechnen ihn doch zu den Menschen. Sie wollen nicht erkennen, daß er in Wahrheit von Gott kommt.

Da sieht er seine Jünger an und fragt sie direkt: „Für wen haltet ihr mich denn? Wer sagt denn ihr, daß ich sei?“ Da tritt Petrus vor und spricht für sie alle: „Du bist Christus, des lebendigen Gottes Sohn!“ Er will damit sagen: „Du bist nicht nur ein Wegbereiter, sondern der König des Reichs selbst.“

Jesus freut sich. Er sieht ihn an und sagt: „Selig bist du, denn du hast es begriffen. Selig bist du, Simon, Jonas Sohn. Denn Fleisch und Blut hat dir das nicht offenbart, nicht Menschen haben dir das gesagt, sondern mein Vater im Himmel!“ Gott selbst hat dem Petrus die Augen geöffnet. Denn mit menschlichen Augen kann man an Jesus nicht mehr sehen, als daß er ein Prophet ist.

Im Grunde war Jesus doch ziemlich erfolglos geblieben. Nur wenige Menschen waren ihm gefolgt. Und am Ende würde die Mehrheit der anderen ihn noch umbringen. Doch hier bei Cäsarea Philippi ereignet sich das Wunder des Glaubens: Hier ist eine Schar Menschen, die dem bloßen Worte traut und nicht erst äußerliche Zeichen haben will, ehe sie glaubt: Hier ist zum ersten Mal eine Gemeinde entstanden, nicht in Jerusalem, sondern im heidnischen Gebiet.

Jesus aber fährt fort: „Du heißt ‚Petrus‘' und das bedeutet ‚der Fels‘! Auf diesen Felsen will ich meine Gemeinde bauen und die Pforten des Totenreiches sollen sie nicht überwältigen. Ich will dir die Schlüssel zum Himmelreich geben. Alles, was du auf Erden binden wirst, soll auch im Himmel gebunden sein, und alles, was du auf Erden lösen wirst, soll auch im Himmel los sein: Wen du auf der Erde von seiner Sünde losgesprochen hast, der soll auch im Himmel frei sein!“ Hier wird die Himmelsherrschaft so vorgestellt wie ein Haus, dessen Schlüssel an Petrus gegeben wird.

Doch im Grunde ist es nicht nur Petrus (und auch nicht der Papst, sein Nachfolger), sondern die ganze Gemeinde, der die Vollmacht zur Sündenvergebung erteilt wurde. Diese Gemeinde Jesu Christi wird also auch vom Tod nicht überwältigt werden, denn die zu Christus gehören, nehmen an seiner Auferstehung teil. Jesus hat durch seinen Tod am Kreuz und durch seine Auferstehung den Zugang zu Gott eröffnet. Petrus und die anderen Jünger erhalten Anteil an dieser Vollmacht: Sie dürfen verurteilen oder freisprechen, und wer an Jesus gebunden ist, der ist von anderen Bindungen los und freigesprochen.

Es ist ein großes Geheimnis, das die Jünger hier von ihrem Meister erfahren dürfen. Aber Jesus sagt zu ihnen: „Ihr dürft nichts davon weitersagen. Die Leute sollen es nicht erfahren, daß ich der Christus bin!“ Aber die Jünger werden sich wohl kaum an dieses Verbot gehalten haben.

Doch Jesus hat seinen Jüngern noch mehr zu sagen. Seit dem Tag von Cäsarea Philippi spricht er immer wieder davon, daß er bald wird sterben müssen. Er spricht: „Wir gehen jetzt nach Jerusalem“, sagt er, „und ich muß viel leiden von den Hohenpriestern und Schriftgelehrten und am dritten Tage wiederauferstehen!“

Die Jünger waren entsetzt, wenn er immer so redete. Petrus nimmt ihn beiseite und sagt: „Herr, das verhüte Gott! Das widerfahre dir nur nicht!“ Wenn Jesus von dem Reich Gottes sprach, dann dachten sie an Regierung, Besitz und Gewalt. Aber der Gedanke, daß das Reich Gottes nicht von dieser Welt ist und daß der König dieses Reiches leiden und sterben muß, das war ihnen ein fremder Gedanke.

Und daß die Führer des eigenen Volkes den Messias töten würden, war ihren jüdischen Ohren gänzlich unverständlich. Sie konnten es nicht begreifen, daß Jesus nichts mit Gewalt erreichen wollte, sondern nur durch Dienst und Opfer. Jesus bereitet hier seine Jünger auf sein Leiden vor, damit sie ihm trotz des Leidens folgen können. Wenn Jesus ein leidender Messias ist, dann werden die Jünger in dieses Leiden hineingezogen. Davor aber schreckt Petrus zurück.

Jesus weist den Petrus mit harten Worten zurecht. Gerade noch hatte er ihn so gelobt, und nun fährt er ihn an: „Mach dich fort von mir, Satan! Denn du willst, daß ich mich an Gott ärgere und den Glauben an ihn verliere. Du meinst nicht, was göttlich ist, sondern was menschlich ist!“

Jesus weiß: Da ist er wieder, der Versucher! Der Teufel wird ihn noch einmal in Versuchung führen. Er wird mit allen Mitteln verhindern wollen, daß Jesus für die Sünden der Welt leidet. Er wird ihn auf den Weg der Gewalt führen wollen und damit vom Gehorsam gegen den Vater abbringen wollen. Es ist ein menschlicher Wunsch, dem Leiden auszuweichen. Und es sind menschliche Vorstellungen, nach denen der Messias durch alle Zeichen menschlicher und göttlicher Macht und Herrlichkeit bestätigt sein muß und direkt zur Herrlichkeit

aufsteigen muß.        

Jesus weiß, daß seine Jünger erschrocken sind. Aber er sagt ihnen die Wahrheit. Er weiß auch, daß Petrus ihn liebhat und nur deshalb so etwas gesagt hat. Aber er muß sie alle auffordern: „Wer mir nachfolgen will, der verleugne sich selbst und nehme sein Kreuz auf sich und folge mir. Denn wer sein Leben erhalten will, der wird es verlieren; wer aber sein Leben verliert um meinetwillen, der wird es finden!“ Sie werden kein herrliches Leben und Reichtum haben, sondern mit dem Kreuz bekennen, daß sie zum Leiden bereit sind und alles mit Jesus teilen wollen.

Wer Jesus nachfolgt, der wird genauso fremd sein in der Welt wie Jesus selbst. Er muß den Weg Jesu zum Kreuz zu seinen eigenen Weg machen. Jeder Mensch versucht sich unter den anderen Menschen auszubreiten. Er ist wie ein Keil, der sich zwischen seine Mitmenschen zwängt und unter ihnen Raum gewinnen will. Der Mensch aber, der Jesus nachfolgen will, ist wie ein Kreuz, das heißt ein Balken, der durch einen anderen ausgestrichen ist, also ein Mensch, der seine eigenen Wünsche ausstreichen muß. Aber das Leben, das er von Gott erhält, ist mehr wert als aller Besitz in der ganzen Welt.

Deshalb schließt Jesus mit dem Wort: „Was hülfe es dem Menschen, wenn er die ganze Welt gewönne und nähme doch Schaden an seiner Seele!“ Das heißt: Wenn er zwar alle irdischen Güter hat, aber sein Leben bei Gott verliert, oder wenn einer alle Menschen für Christus gewinnt, aber selber an Gott vorbeigeht, nutzt es ihm nicht. Denn Jesus wird wiederkommen, nicht als Messias, sondern als Menschensohn, um die Menschen zu richten.

 

Antwortgespräch:

Wer waren denn die ersten, die gewußt haben, wer Jesus wirklich ist? Maria, Joseph, Simeon, Johannes der Täufer, dann die Jünger. Doch wichtig ist für uns vor allem, daß auch wir sagen können:“Ich glaube an Jesus Christus, Gottes eingeborenen Sohn, unseren Herrn!“ Wir sind zwar alle getauft und gehören zur christlichen Gemeinde, aber wir müssen uns doch immer wieder für Gott entscheiden und zu Jesus bekennen.

Jeder von uns soll so ein Fels werden wie Petrus (Wer heißt Peter?). Der Fels ist allerdings nur der Untergrund und Jesus ist der Bauherr. Und Petrus ist nicht der einzige gute Untergrund, sondern andere treten neben ihn (Mt 18,18). In 1. Petr 4,10 steht ausdrücklich: „Jeder Christ ist ein Haushalter der mancherlei Gnade Gottes!“

Nicht Petrus ist also der Herr der Kirche, auch nicht sein angeblicher Nachfolger in Rom, sondern Christus allein. Er baut auf dem Grund der Apostel eine neue Kirche, die sich von der Gemeinde des Alten Bundes löst, während der Tempel in Jerusalem in Trümmern sinkt. Gott baut sich einen neuen Tempel, in dem er ewig wohnen will. Petrus wird an seiner Tür stehen (natürlich nur bildlich) und verkünden, wer eintreten darf und wer nicht.

Eins aber steht vor allem fest: Die Macht des Todes wird nicht in dieses Haus Gottes hineinreichen.

 

 

Salbung in Bethanien: Mt 26, 1 - 13

Hinführung:

Es sind mache Menschen, die wir ehren, zum Beispiel Vater und Mutter, überhaupt erwachsene Leute. Am Frauentag werden besonders die Frauen geehrt und am Kindertag stehen sogar die Kinder im Mittelpunkt. Dann schenkt man sich auch oft etwas, um dem anderen eine Freude zu machen. Manchmal opfert man sogar viel Geld dafür.

Zur Zeit Jesu wurde besonders den Königen Ehre entgegengebracht. Ehe sie König wurden, hat man sie gesalbt mit teurem Öl: Eine ganze Flasche voll Öl wurde über ihrem Kopf ausgeschüttet. Wir mögen das als urappetitlich empfinden. Aber damals war das so etwas wie später die Krönung eines Königs. Auch Jesus ist einmal völlig überraschend so wie ein König gesalbt worden. Und das kam so:

 

Erzählung:

Jesus hatte schon mehrfach davon gesprochen, daß er bald würde sterben müssen. So sprach er etwa zu seinen Jüngern: „Ihr wißt, daß in zwei Tagen das Passahfest ist. Dann wird der Menschensohn verhaftet werden, damit er gekreuzigt wird!“

Die Hoherpriester und Ältesten des Volkes versammelten sich auch schon im Palast des Hohenpriesters Kaiphas. Sie wollten beraten, wie sie Jesus mit List ergreifen und töten könnten. Aber sie wissen noch nicht, wie sie es anstellen sollen. Auf keinen Fall soll es während des Festes sein. Das würde zuviel Aufsehen erregen. Es hat schon genug Unruhe um diesen Jesus gegeben.

Vor allem darf den Römern kein Grund gegeben werden, irgendwie einzugreifen. So muß es entweder noch vor dem Fest geschehen oder aber erst nachher. Aber wer weiß denn, ob Jesus noch in der Stadt ist? Aber daß Jesus irgendwie zu Tode gebracht werden muß, das wird schon beschlossen.

Wer wird Jesus da nur helfen? Das Volk vielleicht. Sie hatten ihm doch beim Einzug in Jerusalem zugejubelt, sie schienen doch alle auf seiner Seite zu stehen. Aber man weiß doch auch, wie schnell sich die Menge begeistern läßt und wie schnell man wieder allein dasteht, wenn es erst einmal erst wird. Die Jünger hat Jesus noch. Aber werden sie nicht auch wankend werden, wenn es um ihr Leben geht? Wer wird in dieser Tagen wirklich zu Jesus halten?

Mitten in der Welt des Hasses und des Todes kommt es zur Begegnung Jesu mit einer Frau, die unbedingt zu ihm hält. Wir wissen nicht einmal ihren Namen. Es geschieht auch gar nicht viel, jedenfalls nichts, was den Tod Jesu verhindert hätte. Aber es wird doch deutlich, daß Jesus nicht allein dasteht und doch einige begriffen haben, wer er wirklich ist und was nun mit ihm geschehen wird.

Jesus hält sich in dem Dorf Bethanien auf, nicht weit von Jerusalem entfernt. Dort war er schon öfters zu Gast bei den Geschwistern Maria und Martha und Lazarus. Dies­mal aber hat ihn ein Mann namens Simon eingeladen. Die Leute nennen ihn immer noch den „ Aussätzigen“. Sicher hat er einmal diese schlimme Krankheit gehabt. Und vielleicht hat Jesus ihn einmal davon geheilt.

Simon freut sich, daß Jesus auch einmal zu ihm kommt. Er hat ein festliches Mahl vorbereitet. Beim Empfang werden allen Gästen die Füße gewaschen, denn die Wege sind in der heißen Jahreszeit sehr staubig. Jeder bekommt zur Erfrischung auch etwas Öl auf die Stirn; man nimmt nur wenige Tropfen, weil Öl sehr viel kostet. Ganz besonders teuer war Nardenöl, das aus einer Wurzel gewonnen wird, die in Indien wächst. Aber Simon hatte sicher solches Öl nicht im Haus.

Die Männer lagern sich auf die Polster rund um den Tisch und beginnen mit dem Mahl. Da tritt eine Frau in den Saal. Was will sie wohl in dieser Gesellschaft von Männern? Da haben Frauen doch nichts zu suchen! Unwillig sieht man zu ihr hinüber.

Die Frau geht dahin, wo Jesus liegt. In der Hand hält sie eine Flasche aus weißem Alabaster, einem leicht zerbrechlichen durchscheinendem Gips. In solchen Gefäßen pflegte man kostbares Salböl aufzubewahren. In der Tat bricht die Frau auch das Gefäß über dem Haupt Jesu entzwei und läßt das Öl auf ihn tropfen. Sie behält nichts davon zurück, bis auf den letzter Tropfen soll Jesus alles haben. Dadurch will sie ihm ihre Verehrung und Liebe zeigen. Sie hat wohl Jesus nicht zum König salben, sondern nur ihre Dankbarkeit zeigen wollen.

Bald erfüllt ein herrlicher Wohlgeruch den ganzen Raum. Alle merken: Das ist echtes Nardenöl, nicht nur ein bißchen, sondern eine ganze Flasche voll. Bald beginnen einige der Gäste zu tuscheln. Sie sehen die Frau, die bei Jesus steht. Sie haben bemerkt, daß sie ihn mit dem kostbaren Öl gesalbt hat.

Auch die Jünger werden unwillig und fauchen die Frau an: „Wozu diese Vergeudung? Dieses Wasser hätte teuer verkauft werden können. Und der Ertrag hätte man den Armen geben können!“ In der Tat mußte man für eine solche Flasche 300 Silberstücke bezahlen, der Lohn eines Arbeiters für ein ganzes Jahr. Jesus war doch sonst gegen jeden Aufwand, er war doch gekommen, um der Menschen zu dienen und besonders den Armen zu helfen. Wie viele Arme hätte man mit diesem Geld unterstützen können, sodaß sie sich zum Passahfest auch einmal eine gute Mahlzeit hätten leisten können.

Jesus aber nimmt die Frau in Schutz. Er spricht in die Unruhe hinein: „Laßt sie nur! Was macht ihr der Frau nur Kummer? Sie hat ein gutes Werk an mir getan. Arme Leute habt ihr immer bei euch. Aber mich habt ihr nicht allezeit bei euch. Den Armen könnt ihr immer noch Gutes tun, mir aber nicht mehr lange!“

Jesus weiß eben schon mehr, er sieht schon weiter als seine Jünger. In dieser Stunde wird er der Allerverachtetste und Ärmste sein, der bald den Tod eines Verbrechers am Kreuz sterben wird. Und dann wird man nicht einmal Zeit haben, hm noch die übliche Totensalbung zu geben.

Deshalb erläutert Jesus jetzt: „Sie hat das Öl auf meinen Leib gegossen, um mich schon fürs Grab vorzubereiten!“ So weist Jesus die rücksichtslosen Angriffe zurecht und gibt er Tat der Frau einen zusätzlichen Sinn. Sie hat das getan, was im Augenblick notwendig war, was das Werk der Liebe in dieser Stunde war.

Zuletzt verspricht Jesus der Frau noch, daß man ihre Tat nie vergessen wird: „Wo das Evangelium gepredigt wird in der ganzen Welt, da wird man sich an diese Frau erinnern und was sie getan hat. Immer wenn man vom Leiden Jesu erzählen wird, dann wird auch die Liebe dieser Frau mit dazugehören!“

Vor einem anderen wird man auch immer berichten. Aber der hat gerade das Gegenteil getan. Unfaßlich, daß es auch noch ein Jünger Jesu ist. Judas Ischarioth geht hinaus und läuft zu dem Hohenpriestern und sagt zu ihnen: „Was wollt ihr mir geben? Ich will ihn euch verraten. Ich weiß genau, wo er sich immer aufhält, ich weiß auch, wie er aussieht. Ich liefere ihn euch ans Messer!“ Da sind die Hoherpriester hoch erfreut und bieten dem Judas 30 Silberstücke für seine Tat. Wir wissen nicht, weshalb Judas so gehandelt hat. Aber er hat es getan. Von nun an wartet er auf eine günstige Gelegenheit, um Jesus in die Hände seiner Feinde ausliefern zu können.

 

Antwortgespräch:

Sonst sind immer Menschen zu Jesus gekommen, die Gesundheit oder Rat oder Sündenvergebung haben wollten. Diese Frau aber will nichts für sich selber, sondern sie will Jesus etwas schenken. Sie will Jesus als einen hohen Gast ehren. Vielleicht hat er ihr auch früher einmal geholfen. Auf jeden Fall äußert sie ihre schrankenlose Liebe zu diesem Herrn. Dabei setzt sie sich über alle Schranken der Sitte hinweg. Sie rechnet nicht, sie denkt nicht an die Zukunft - alles soll Jesus gehören.

Eine Totensalbung hat sie wohl nicht vorgehabt. Sie paßt ja auch nicht bei einem Lebenden und während so eines festlichen Mahls. Aber Jesus gibt ihrem Handeln diese Deutung. Er weiß ja, daß andere da sind, die schon seinen Tod planen. Sie steigern sich noch einmal in einen letzten Haß, während diese Frau noch einmal ihre letzte Liebe erweist.

Jesus versteht diese Frau so gut, weil er selbst aus Liebe zu den Menschen in den Tod geht. Deshalb stellt er sich schützend vor sie, wie sie sich da plötzlich einer Grup­pe vor Gegnern gegenübersieht.

So stehen wie auch oft den vielen Gegenüber, die Jesus nicht haben wollen. Oft handeln wir nicht so wie diese Frau, die offen ihre Liebe zeigt. Sie fragt nicht danach, was die anderen sagen, ob sie spotten, ob sie vielleicht mit Nachteilen rechnen muß. Diese einzelne Frau beschämt uns.

Aber sie ist nicht allein, denn Jesus stellt sich zu ihr. Was er am Kreuz tun will, das gilt ihr. Die Frau sagt ihm auf ihre Weise schon Dank dafür mit offenen Händen und offenem Herzen. Deshalb brauchen auch wir Jesus nicht nur heimlich lieb zu haben, brauchen unseren Glauben und unsre Liebe nicht zu verstecken, denn Jesus ist

da und steht uns bei.

 

Einzug in Jerusalem: Mt 21, 1 - 11

Hinführung:

Wenn ein hoher Staatsmann seinen Besuch in einem Ort ankündigt, dann werden einige Verantwortliche in dem Ort doch etwas aufgeregt. Schnell wird etwas unternommen, um den hohen Besuch würdig zu empfangen. An der Landstraße wird das vertrocknete Gras und Unkraut gemäht. Die Baustellen in der Stadt werden abgebaut. Kurz und gut: Alles wurde noch schnell in Ordnung gebracht.

Aber dann kommt einer von der Regierung und sagt, das sei gar nicht im Sinne des Besuchers, wenn man solchen Aufwand treibt. Aber all das zeigt doch, wie die Leute meiner, naß eine hohe Persönlichkeit empfangen werden müßte: Manchmal werden sogar Straßen und Häuser geschmückt mit Girlanden, Fahnen, Blumen. Absperrungen werden errichtet, Schulkinder sollen Fähnchen schwingen, Lautsprechermusik ertönt.

Wenn der Gast dann kommt, fährt die Polizei vorneweg. Im größten Auto sitzt der Höchste. Am Ziel wird manchmal sogar ein roter Teppich ausgerollt, damit der hohe Gast sich nicht die Schuhe schmutzig macht. Dann sagen Kinder Gedichte auf und überreichen einen Blumenstrauß. Vielleicht wird eine kleine Rede gehalten. So ist es und so war es auch schon früher, wenn ein hoher Gast zu empfangen war.

Wind man Jesus wohl auch wie einen hohen Herrscher empfangen, wenn er in Jerusalem einzieht? Wird er als der Davidssohn kommen, der als mächtiger König alle Feinde Israels überwinden wird? Oder wird er als ein Gerechter und ein Helfer kommen, der arm ist und auf einem Esel reitet?

 

Erzählung:       (dabei wird das Flanellbild zu Mt 21 gezeigt)

Lange Zeit war Jesus mit seinen Jüngern durch die Landschaft Galiläa gezogen. Nun aber wollte er in die Hauptstadt Jerusalem, um sein Volk und vor allem die Führer des Volkes vor die Entscheidung zu stellen: „Werdet ihr mich als den von Gott gesandten Messias anerkennen oder werdet ihr sagen, ich sei ein Schwindler?“

Jesus macht sich nichts vor. Er weiß genau, wie eng die Schriftgelehrten die alten Gesetze auslegen, wie viele Gesetze und Regeln sie noch hinzugefügt haben. Sie würden ihn mehr als streng prüfen und ihre Vorurteile nicht so schnell aufgeben. Aber er weiß auch: Was auch in Jerusalem geschehen wird, kann nur nach dem Willen Gottes sein. Seine Jünger hat er schon schonend vorbereitet, was ihn unter Umständen dort erwartet; sie sind schon Mitwisser und werden auch bald Augenzeugen sein.

Von Osten her nähert sich Jesus der Stadt. Das war an sich der übliche Weg, den alle Pilger aus Galiläa nahmen, wenn sie nach Jerusalem zogen. Aber vom Oster her, vom Ölberg her, erwarteten die Juden auch das Kommen des Messias: Von dort her wird er in Jerusalem einziehen.

Knapp unterhalb des Gipfels des Ölbergs liegt das Dorf Bethphage. Dort macht Jesus halt. Vor sich hat er die ganze Stadt Jerusalem (Bilder zeigen: Blick vom Ölberg, noch nicht den Tempel)

Jesus ist schon öfters hier gewesen. In der Nähe ist Bethanien, wo Maria und Martha und Lazarus wohnen. Jesus kennt in Bethphage einen Mann, der Esel an die Pilger verleiht. Auch die Religionslehrer haben sich hier gern noch einen Esel ausgeliehen, wenn sie nach Jerusalem wollten. Auch Jesus will es diesmal so machen.

Jesus sagt zu zwei seiner Jünger: „Geht schon voraus in das Dörfchen vor uns. Dort werdet ihr eine Eselin angebunden finden; vielleicht ist auch das Füllen bei ihr. Bindet sie los und führt sie zu min! Und wenn einer etwas zu euch sagt, dann antwortet einfach: ‚Der Herr braucht sie!‘ Dann wind man euch die Eselin lassen!“

Das ist ein etwas rätselhafter Befehl. Aber die Jünger gehorchen. Vielleicht fällt ihnen das alte Wort aus dem Propheten Sacharja ein. Dort heißt es: „Sagt Jerusalem: Dein König kommt zu dir, er ist sanft und reitet auf einem Esel“ (nicht zwei Esel, Mißverständnis des hebräischen Textes). Dann wäre also Jesus der von den Propheten verheißene Messias! Doch er kommt nicht wie ein König auf einem Streitroß, sondern gewaltlos und friedlich, arm und niedrig. Einen Beweis haben die Jünger damit noch nicht, aber wer an Jesus glaubt, wird verstehen, was hier gemeint ist.

Die Jünger finde auch alles so, wie es Jesus gesagt hat. Sie bringen den Esel zu ihm. Der wird nun mehr zum Zuschauer als zum Handelnden. Er läßt mit sich geschehen, was sie mit ihm vorhaben. Sie ziehen ihre Überkleider aus und legen sie auf den Esel. Dann setzt sich Jesus

drauf und reitet auf Jerusalem zu.

An sich war es nichts besonderes, wenn ein Mann auf einem Esel nach Jerusalem ritt. Aber die Menschen hier spüren doch, daß Jesus mehr ist als nur irgendeiner. Deshalb reißen sie Zweige von den Bäumen und legen sie vor Jesus auf den Weg. Andere ziehen ihre Oberkleider aus und breiter sie wie einen Teppich vor Jesus aus. Es sind nicht die Großen von Jerusalem, sondern die kleinen Leute, die auch mit zum Passahfest nach Jerusalem wollen. Viele laufen vorneweg, viele kommen hinterher.

Dann stimmen sie den Psalm an, der immer beim Einzug in Jerusalem gesungen wird: „Hosianna, dem Sohn Davids! Gelobt sei, der da kommt, in dem Namen des Herrn! Hosianna in der Höhe!“ Dieser Psalmvers wird nun zum Lobgesang für Jesus. Er ist doch ein Nachkomme Davids und kommt im Namen des Herrn. Viele freuen sich, daß sie dies beim Passahfest mit­erleben dürfen.

Als die Gruppe aber in die Stadt einzieht, da werden doch allerhand Leute aufmerksam. Die einen freuen sich mit. Andere aber regen sich auch auf und sagen: „Wer ist denn der?“ Da antworten die von draußen Gekommenen: „Das ist Jesus, der Prophet aus Nazareth in Galiläa!“ Dann wäre er also doch nur ein Prophet wie andere auch? Nicht der Davidssohn und verheißene Messias? Diese Antwort läßt wieder alles offen. Am Ende werden sie sich noch ganz gegen Jesus stellen.

 

Bildbetrachtung: H.-G. Anniès: Wir haben das Leben gesehen, Nr.13 [Bild fehlt]

Ein Knäuel menschlicher Gestalten blickt verbissen nach allen vier Himmelsrichtungen. Einer geht mit verschränkten Armen und selbstsicherem Gesichtsausdruck auf den Betrachter zu. Obwohl sie dicht beieinander sind, besteht zwischen ihnen keine innere Verbindung. Ihre Blicke und Füße gehen auseinander.

Über ihnen sieht man das Zifferblatt einer Uhr. Offenbar gilt für diese Männer: „Zeit ist Geld!“ Nur einer (hinten links) blickt auf das zeigerlose Zifferblatt und scheint sich zu besinnen, jedenfalls ist er nicht beteiligt am Treiben der anderen.

Aber der Mann sieht auch über die Uhr hinweg auf den Stern, der über dem Geschehen scheint. Der Mann rechts weist sogar energisch mit der Hand auf den Stern hin. Mit der linken Hand will er die auseinanderstrebenden Menschen aufhalten. Ihm ist der Christusstern aufgegangen als ein Zeichen der Hoffnung. Er will die Entdeckung weitergeben: „Siehe, dein König kommt zu dir!“Alle Figuren und Zeichen bilden ein Dreieck, das nach oben weist. Die Uhr gehört dabei zu der Welt der Menschen, die ihre eigenen Wege gehen. Der Stern aber überstrahlt alles. Die kreisförmigen Lichtwellen beziehen auch das Dunkle in die Welt Gottes ein. Jesus hat seine Liebe allen Menschen gebracht. Eigentlich ist das ein Weihnachtsbild. Aber die Ankunft Jesu auf der Welt und sein Einzug in Jerusalem gehören zusammen (wie Krippe und Kreuz). Wir sind gefragt, ob wir uns von ihm erleuchten lassen.

 

 

Die Tempelreinigung: Mt 21 ,12 - 16

Hinführung:

Es gibt Kirchengebäude in unserem Land, die sehen jämmerlich aus. Die Fenster sind eingeschlagen, die Dachrinnen hängen herunter, die Ziegel fallen vom Dach, auf dem Kirchhof liegt der Schutt und die Brennesseln wachsen. Vielleicht steht auch die Türe auf und die Kinder laufen darin herum und spielen Verstecken. Dann ist die Kirche zu einem Spielplatz geworden.

So darf es aber nicht sein. Auch wenn eine Kirche zur Zeit nicht benutzt wird, so ist sie doch das Haus, in dem Gottesdienst abgehaltem wurde oder wird. Es ist ein heiliger Ort, wo man sich ruhig und würdig verhalten soll. Wenn man in die Kirche kommt, dann geht man langsam, spricht nicht laut und setzt sich still auf einen Platz. Dort kann man ein kurzes Gebet sprechen, egal ob man die Kirche nur besichtigen will oder am Gottesdienst teilnehmen will. In der Kirche verhält man sich mindestens so wie im Theater oder im Museum. Das galt natürlich auch für den Tempel in Jerusalem.

 

Erzählung:       (dabei Flanellbild zu Mt 21 anheften)

Zum Passahfest in Jerusalem drängten sich wieder viele Menschen in den Straßen von Jerusalem. Viele Ausländer - vor allem Juden aus dem Ausland - waren zum Fest gekommen und gingen auf den Tempel zu. Mancher von ihnen sah den Tempel zum ersten Mal: Die hohen Mauern aus weißem Marmor schimmerten in der Sonne. Darüber breitete sich das goldene Dach.

Dieses kostbare Gotteshaus war damals in der ganzen Welt berühmt. Daheim in Griechenland oder in Italien oder auch in Afrika hatten sie zwar auch schöne Tempel. Aber in ihnen standen nur tote Götterfiguren aus Stein oder Holz. Hier in Jerusalem aber konnte man den lebendigen Gott, den Herrscher über Himmel und Erde anbeten.

Der Tempel war nicht nur ein Haus, wie wir das von unseren Kirchen gewöhnt sind. Es gehörte auch ein großer Platz dazu mit Hallen und Säulengängen. Dazu gab es vier Vorhöfe; sie waren zusammen einen halben Kilometer lang. Es hatte 46 Jahre gedauert, bis das Gotteshaus so prächtig ausgebaut war.

Wer den Tempel betreten durfte, schritt gewissermaßen eine Stufenleiter zu Gott empor. Um den eigentlichen Tempel herum lag der Vorhof der Heiden. Nur eine einzige Tür führte in das Innere, die „schöne Pforte“. Neben ihr waren Schilder angebracht, die den Heiden die Todesstrafe androhten, wenn sie hier weitergingen.

Im Inneren kam man zunächst in den etwas erhöhten Vorhof für die Frauen. Durch eine Mauer kam man in den Männervorhof, der wiederum durch eine Mauer vom Priesterhof getrennt war. Aber immerhin war die Mauer so niedrig, daß die Männer den Gottesdienst verfolgen konnten, den die Priester vor dem eigentlichen Tempelgebäude abhielten. In den eigentlichen Tempel durften nur die Priester hinein. Innen war noch einmal ein besonderer Raum abgeteilt, das „Allerheiligste“, in das der Hohepriester nur einmal im Jahr eintreten durfte.

Man merkt gleich: Die Frauen galten damals nicht viel. Und die Heiden schließlich mußten sogar ganz draußen bleiben. Aber auch Kranke und Kinder mußten draußen bleiben. Sie konnten nicht verstehen, was im Gottesdienst gesungen und gebetet wurde; nur ab und zu konnten sie die Posaunen hören. Aber viele waren dennoch gekommen, um wenigstens draußen im Vorhof zu dem lebendigen Gott beten zu können.

Doch das war gar nicht so einfach. Im Vorhof hatten die Priester nämlich all das organisiert, was man so im Tempel brauchte: Man konnte dort Tauben und andere Tiere kaufen, denn die konnte man ja nicht aus den fernen Ländern mitbringen. Hier konnte man auch sein Geld wechseln, denn im Tempel galt nur ein besonderes Tempelgeld. Außerdem liefen noch allerhand andere Leute über den Vorhof, weil das der kürzeste Weg quer durch die Stadt war (so wie auch bei uns die Leute über den Friedhof gehen, selbst wenn dort eine Beerdigung stattfindet).

So war es kaum möglich, in diesem Vorhof zu beten. Bei dem vielen Lärm ringsum gerieten die Worte durcheinander. Da waren die Heiden nun aus fernen Ländern gekommen. Aber vom Gottesdienst bekamen sie nichts mit. Und nun war nicht einmal Gelegenheit, ungestört zu beten. Es ist ein unbeschreiblicher Lärm, alles rennt und schreit durcheinander; es sieht eher aus wie auf einem Marktplatz als in einem Gotteshaus. Die Händler priesen ihre Ware an, die Tiere schrieen dazwischen, Geld wurde gezählt.

Doch was ist das? Auf einmal zornige Rufe. Geld rollt über die Pflastersteine. Ein Schwarm Tauben fliegt auf, Tische und Hocker poltern um. Die Wechsler hasten davon. Die Händler ziehen eilig ihr Vieh hinter sich her. Über allem aber hört man eine Stimme, die ruft: „Steht nicht geschrieben: ‚Mein Haus soll ein Bethaus sein für alle Völker?‘ Ihr aber habt eine Räuberhöhle daraus gemacht!“

Es ist Jesus von Nazareth, der mit seinen Jüngern in den Vorhof des Tempels gekommen ist. Voller Zorn sieht er, daß die Händler und Geldwechsler nur ihr Geschäft im Sinn haben und die anderen Menschen am Gebet hindern .Das aber darf doch nicht sein. Jesus hat sicher nicht behaupten wollen, daß die Leute hier von den Händlern betrogen werden. Die Priester haben den Handel sicher gut überwacht. Aber die Tatsache des Handels im Gotteshaus überhaupt macht es schon zur „Räuberhöhle“.

Deshalb stößt Jesus voller Wut die Tische und Bänke der Händler und Geldwechsler um und jagt sie mit all ihrem Kram aus dem Vorhof des Tempels hinaus. Und er weist alle zurück, die über den Vorhof gehen wie über einen Marktplatz, nur weil sie abkürzen wollen.

Auf einmal liegt der Vorhof ganz menschenleer und verlassen da. Es gibt nichts mehr, was Andacht und Gebet stört. Jetzt können die Fremden wirklich von ganzem Herzen zu Gott beten. Jesus hat die Verheißung des Propheten wahr gemacht (Sach 14, 21): Wenn Gott kommt, dann wird es keine Händler mehr im Haus Gottes geben. Er hat den Tempel wieder zum Bethaus für alle Völker gemacht. In Jesus hat sich Gott selber bis zu den Menschen vorgearbeitet. Es gibt nun keine Vorzimmer mehr, sondern schon vom Vorhof der Heiden aus kann man zu Gott beten.

Doch der Vorhof bleibt nicht lange leer. Alle Tore und Türen stehen ja offen. Und draußen stehen andere, die gern in den Tempel hinein möchten. Die blinden und lahmen Bettler haben Jesus zuerst entdeckt. Jetzt ist endlich Platz im Tempel - auch für sie. Vorher durften sie nicht hinein; man hielt sie für Menschen, die von Gott gestraft worden waren und deshalb nichts im Tempel zu suchen hatten. Doch mit der Ankunft des Messias sollte sich das ja alles ändern. Jetzt ist es soweit, jetzt ist er da. Auch die Blinden und Lahmen dürfen wie selbstverständlich im Tempel sein. Sie suchen nicht vergeblich Hilfe bei Jesus. Er heilt sie und macht sie von Herzen froh.

Plötzlich sind auch Kinder da, große und kleine. Niemand hat darauf geachtet. Man ließ sie nicht in den Tempel, weil sie angeblich zu klein waren und doch alles nicht verstünden. Aber sie haben sehr genau zugehört, was die Erwachsenen riefen, als Jesus in Jerusalem einzog. Jetzt rufen sie auch: „Hosianna, dem Sohne Davids!“ Zu solchem Lob Gottes ist der Tempel wahrhaftig da. Weithin war der Lobgesang der Kinder Jerusalems zu hören.

Da erscheinen die Priester, die für die Ordnung im Tempel verantwortlich sind. Sie sind entsetzt, als sie die Bescherung sehen: Da sind ja Kranke und Bettler im Tempel! Und dann diese Kinder: Die rennen überall herum und schreien! Das ist ja entsetzlich! Wie kommen sie dazu, Jesus zum Davidssohn und damit auch zum Sohn Gottes zu erklären? Bei all ihrer Klugheit bleibt ihnen verborgen, was Gott mit Jesus vorhat. Sie sind die Sachverständigen. Aber sie bleiben blind und unwissend, während die Blinden wieder sehend werden. Die über Gott so genau Bescheid wissen wollen, versagen hier. Aber die unmündigen Kinder loben Jesus als den Sohn Gottes. Wenn die Experten es nicht merken, dann ist Gott eben auf schreiende Kinder angewiesen.

Jesus soll dafür sorgen, daß die Kinder mit ihrem Geschrei aufhören. Die Priester sagen: „Hörst du eigentlich, was die Kinder über dich sagen?“ Dadurch wollen sie Jesus einschüchtern und wollen ihm zeigen, wer im Tempel die Macht hat. Doch Jesus hat keine Angst vor ihrem Zorn. Die Kinder sagen doch die Wahrheit.

Jesus nimmt sie in Schutz und sagt: „Ich habe gehört, was sie sagen. Dieses Lob hat Gott sich selber bestellt. Weil die Erwachsenen stumm geworden sind, müssen die Kinder beten, loben und singen. So steht es doch schon im 8. Psalm geschrieben: Aus dem Munde der Unmündiger und Säuglinge hast du dir das Lob bestellt!“

Doch die Priester machen da nicht mit. Sie sind doch die Bibelkenner. Aber nun müssen sie sich vor den Kindern schämen, die mehr von der Bibel begriffen haben als die gelehrter Leute! Wo Jesus ist, da muß man ihn loben und Gott dafür danken. Jesus läßt die Priester einfach stehen und geht aus dem Tempel und aus der Stadt hinaus.

 

Antwortgespräch:

Jesus ging es nicht darum, nur einmal Krach zu schlagen. Er protestierte nicht um des Protestes willen, sondern weil es ihm um Gott ging. Jesus hat die Verbotsschilder am Eingang zum eigentlichen Tempel nicht entfernt. Aber er hat ihre Gültigkeit praktisch aufgehoben, indem er den Vorhof zum heiligen Bezirk erklärte, an Rang und Würde den inneren Höfen gleich, ein Ort zum Beten.

Auch bei uns gibt es eine perfekt organisierte Religionsausübung. Man zahlt Kirchensteuer und wird dadurch vor einem „Spezialisten“ bedient mit Wort, Gebet und Segen. Er macht bestimmte Höhepunkte im Leben wie Taufe und Trauung zu Treffpunkten mit Gott. Beide Teile sind damit zufrieden.

Jesus will uns aus allem Gewohnheitschristentum herausholen. Auch der Alltag ist kein „Vorhof“ mehr, sondern unser ganzes Leben ist echter Gottesdienst. Dazu gehört auch, daß wir die Kranken nicht als minderwertig ansehen, nicht als hinderlich und lästig. Treffpunkt mit Gott ist nicht mehr ein bestimmtes Gebäude, sondern Jesus selbst.

Bei uns dürfen auch Kinder ins Gotteshaus kommen. Wenn sie auch einmal dazwischen quäken oder „Amen“ sagen, ist das nicht so schlimm. Nur wenn ein zu kleines Kind ständig den Gottesdienst stört, dann sollte man doch mit ihm hinausgehen oder wenigstens mehr nach hinten. Und die größeren Kinder sollten erst recht wissen, wie man sich in der Kirche und vor allem im Gottesdienst benimmt.

 

 

Die Fußwaschung: Joh 13, 1 - 20

Hinführung.

Wir sind alle auf der Jagd nach dem ersten Platz, auf dem Sportplatz, in der Schule, überhaupt im Leben. Es ist nichts dagegen einzuwenden, wenn jemand fleißig ist und seine Körper- und Geisteskräfte übt. Aber gefährlich wird es, wenn es auf Kosten der anderen geht. Da will jeder die beste Stellung und das meiste Geld haben. Der erste Platz (ihn muß es ja irgendwie geben) wird durch Herrschsucht mißbraucht: Alle müssen mir dienen, alles dreht sich um mich.

Das Dienen dagegen ist nicht mehr modern. Wir wollen nicht Dienen sein, sondern Hausherren. Wenn man an die unterwürfigen und trotteligen Dienerfiguren in den Filmen denkt, dann möchte man in der Tat nicht ein solcher Diener sein. In dieser Sicht sind Diener armselige, unterdrückte Menschen, die keinen eigenen Willen haben und immer nur nach der Pfeife ihres Herrn tanzen müssen.

Wir zeigen Bilder von Menschen bei unterschiedlicher Arbeiten: Baby füttern, Roll­stuhl fahren, Unkraut jäten, Schuhe putzen, mit kleinen Kindern spielen, ein krankes Kind versorgen, Geschirr spülen, bei Schularbeiten helfen. (unter den Fotos sollen sich etwa gleichviel „beliebte“ und „unbeliebte“ Tätigkeiten befinden, die Tätigkeiten sollen auch unterschiedlich dringend und notwendig sein). Wir überlegen, welche Aufgabe wir gern übernehmen möchten und welche nicht (Nummer des Bildes auf Zettel schreiben und auswerten).

Es wird deutlich, was besonders häufig gewählt wurde und was wenig oder gar nicht gewählt wurde. Das Ergebnis wird anders sein, wenn in einer Gruppe viele Kinder sind, die zu Hause einen großen Garten haben oder wenn nur wenige Kinder am Wochenende in den Garten fahren. Was mal immer wieder tun muß, wird langweilig. Aber wenn man jemandem damit hilft, macht es doch auch Spaß. Wer helfen will, muß erst den anderen sehen und seine Probleme erkennen. Er muß allerdings auch etwas lernen, damit er auch wirklich helfen kann (Wenn einer in Erdkunde auf einer 5 steht, wird er kaum einem anderen helfen körnen). Einer, der anderen geholfen hat, war Jesus. Eine beispielhafte Erzählung wollen wir heute hören.

 

Erzählung:

Jesus ist mit seinen Jüngern nach Jerusalem gekommen. Es ist kurz vor dem Passahfest, einem der großen Feste der Juden. Viele Menschen aus aller Herren Länder sind gekommen. Es ist ein großes Gedränge in der Stadt, viele rufen und laufen. Aber Jesus beteiligt sich nicht an diesem Trubel, weil er ja vor dem Fest noch einen schweren Weg wird gehen müssen. Jetzt ist die Stunde seines Sterbens gekommen, jetzt wird er aus dieser Welt zu seinem Vater gehen.

Es wird schwer werden für seine Jünger, ihren Herrn leiden und sterben zu sehen. Sie hoffen, daß er nun endlich seine Herrschaft allen Leuten öffentlich zeigen wird. Er aber weiß, daß er von ihnen wird Abschied nehmen müssen. Er hat sie sehr lieb. Er geht auch für sie in den Tod, gerade weil er sie so lieb hat. Damit sie aber das Kom­mende nur gut durchstehen können, will ihnen Jesus noch einmal deutlich machen, wie lieb er sie hat.

Es ist beim Abendessen. Es ist die letzte Nacht vor dem Tod Jesu, am 13. Nisan, dem Tag vor dem Schlachten der Passahlämmer. Es handelt sich um eine ganz gewöhnliche Abendmahlzeit, nichts deutet auf die Besonderheiten des Passahmahles hin, das ja erst zwei Tage später begangen wurde. Die Erzählung findet sich nur im Johannesevangelium. Sie steht im Aufbau des Evangeliums ungefähr an der Stelle, wo bei den anderen Evangelisten die Einsetzung des Abendmahls erzählt wird, von der bei Johannes ja nichts steht. Mit ihr beginnt die eigentliche Passionsschilderung.

Der Teufel, der Widersacher Gottes, hat schon zum entscheidenden Schlag angesetzt, denn er hat dem Jünger Judas der Gedanken ins Herz gegeben, seinen Herrn doch zu verraten an seine Feinde. So wie Jesus den Willen seines Vaters tut, so wird Judas den Willen des Teufels tun. Aber im tiefsten Sinne ist er auch wieder machtlos, denn er dient ja nur dazu, daß Gott sein Ziel erreicht

und daß die Liebe Jesu zu den Seinen vollkommen wird.

Jesus weiß um seine Macht, die ihm sein Vater gegeben hat. Und doch steht er plötzlich vom Tisch auf, legt sein Obergewand ab, bindet sich eine Schürze um, gießt Wasser in eine Waschschüssel und beginnt, den Jüngern die Füße zu waschen. Dann trocknet er ihnen die Füße mit seiner Schürze ab.

Das alles geschieht lautlos, ohne ein Wort. Die Jünger können sich nur wundern: Das ist doch eine Arbeit für Sklaven! Wie kann der Herr denn so eine niedrige Arbeit tun? Er beugt sich hier doch in den „Sündenschmutz“ der anderen hinab, stellt sich mit ihnen auf eine Stufe, als sei er der gleichen Bürde fähig! Aber für Jesus ist diese Erniedrigung der Anfang der Kreuzigung. Er demütigt sich, weil Gott das von ihm erwartet.

Jetzt kommt die Reihe auch an Petrus .Der aber will nicht zulassen, daß sein Herr sich so vor ihm erniedrigt. Er spricht das aus, was die anderen auch denken: „Herr, solltest du mir meine Füße waschen? Warum tust du das?“ Wie so oft macht er sich zum Sprecher der anderen, um das ratlose Staunen und die peinliche Betroffenheit zu durchbrechen.

Jesus aber sagt ihm: „Was ich tue, das weißt du jetzt nicht; du wirst es aber hernach erfahren!“ Jesus denkt schon an die Zeit nach seinem Tode. Dann wird ihnen deutlich werden, daß dieses Dienen nur ein Teil der gesamten Hingabe Jesu ist. Er gibt sogar sein Leben hin, um ihnen zu helfen.

Aber Petrus will nicht so lange warten. Eifrig lehnt er ab: „Nie und nimmermehr sollst du mir die Füße waschen!“ Jesus aber antwortet ihm: „Werde ich dich nicht waschen, so hast du keine Gemeinschaft mit mir!“ Das aber will Petrus auf keinen Fall. Er hat nur halb verstanden und will sich nun Hals über Kopf in das Tun Jesu hineinziehen lassen: „Herr, dann nicht die Füße allein, sondern auch die Hände und den Kopf!“ Jetzt übertreibt er wieder nach der anderen Seite.

Jesus aber sagt zu ihm: „Wer gewaschen ist, braucht sich nur noch die Füße zu waschen, denn er ist ganz rein!“ Zunächst denkt er dabei an das Reinigungsbad, das sie wie alle Festpilger beim Betreten der Heiligen Stadt hinter sich gebracht haben. Vor den einzelnen Festakten brauchte man sich dann nur die Füße zu waschen. Aber er will damit auch sagen: „Ich mache euch rein von aller Sünde, ich wasche das Böse von euch ab, so wie ich jetzt den Staub von eurer Füßen wasche. Diesen Dienst müßt ihr euch schon gefallen lassen, wenn ihr ganz rein sein wollt. Immer wieder muß diese Reinigung geschehen, denn jeden Tag neu werden sie schuldig.

Deshalb sagt Jesus: „Ihr seid rein. Aber nicht alle!“ Dabei denkt er an den Verräter, der seine Absicht schon zu verwirklichen beginnt. Aber noch ist es nicht so weit. Jesus steht wieder auf, legt die Schürze ab, stellt die Schüssel an ihren Platz, zieht sein Gewand wieder an und setzt sich zu den Jüngern.

Dann fragt er: „Wißt ihr, was ich euch getan habe? Ihr heißt mich Meister und Herr, und ihr tut recht damit, denn ich bin es auch. Wenn aber ich als euer Meister euch die Füße gewaschen habe, dann sollt ihr es auch untereinander tun. Ein Beispiel habe ich euch gegeben, damit ihr tut, wie ich euch getan habe!“

Jesus ist ein Herrscher. Aber er herrscht durch das Dienen. So sollen es auch die Seinen machen. Sie werden nicht großartige Herrscher im Reich Gottes sein, sondern den Menschen zu dienen haben wie ein Sklave. Die Fußwaschung ist Vorbild für das Tun der Jünger untereinander und gegenüber anderen Menschen. Dazu brauchen sie sich nicht gegenseitig den Dreck von den Füßen zu waschen, sondern gemeint ist eher, daß sie sich auch untereinander vergeben. Aber dazu gehört auch ganz allgemein, daß sie sich der Not des Mitmenschen dienend und helfend zuwenden. Dazu will er sie durch sein Vorbild bereit machen.

 

Antwortgespräch:

Uns reinigt Gott, indem er uns durch die Taufe in seine Gemeinschaft aufnimmt. Aber wir laden immer wieder Schuld auf uns. Deshalb hat uns Gott das Abendmahl gegeben, das von neuem die Vergebung vollzieht; so wie wir uns jeden Tag waschen müssen, so werden wir durch das Blut Jesu auch reingewaschen von aller Sünde.

Aber er erwartet von uns auch, daß wir zum Dienst an unseren Mitmenschen bereit sind. Wir könnten doch für eire begrenze Zeit einmal bestimmte Aufgaben übernehmen: Baby hüten, Einkaufen, bei alten Menschen vorlesen, Gartenpflege bei der Oma, Bastelei für ein kirchliches Heim, usw. Nach einiger Zeit tauschen wir unsere Erfahrungen aus: Was war schön und was war nicht schön? Haben wir alles geschafft? Was haben wir aus dieser Arbeit gelernt? Wie haben wir Jesus gedient?

 

Wir empfinden es als eine Zumutung, den anderen „den Dreck wegzumachen“. Das soll der tun, der ihn verursacht hat. Aber wer soll etwa einem kleinen Kind den Dreck wegmachen. Das macht selbstverständlich die Mutter (oder der Vater). Aber warum eigentlich „selbstverständlich“? Christen sind dazu da, anderen den Dreck wegzumachen!

Dabei ist nicht nur die Arbeit gemeint, die schmutzig macht. Es geht um jede Arbeit im Dienst des anderen‚ besonders die unbequeme Arbeit Es geht auch nicht, die Faulheit anderer zu unterstützen und sich ausnutzen zu lassen. Und wir sollten uns intensiv bemühen, erst gar keinen „Dreck“ entstehen zu lassen. Es werden aber immer wieder Menschen gebraucht, die zum Einspringen bereit sind. Das tun auch viele Nichtchristen und nicht nur die Mütter.

Was Jesus tut, erregt natürlich Anstoß. Das ist so, wie wenn der Regierungschef persönlich die Klärgrube hinter seinem Haus ausschöpfen würde (manche halten das schon bei einem Pfarrer für anstößig). Alles muß im Rahmen bleiben, sagen wir.

Mancher will sich auch nichts schenken oder nachsagen lassen. Das Annehmen der Liebe Jesu ist gar nicht so einfach. Wo kämen wir denn hin, wenn alle es so machten? Ans Kreuz wie Jesus! Mit der Fußwaschung hat alles angefangen.

Jesus will nichts verlangen, was er nicht selber vorgemacht hat. Sein neues Gebot gilt zunächst innerhalb der Gemeinde. Aber wir haben auch eine Pflicht ohne Grenzen. So wie Jesus sich hingegeben hat, so haben wir uns hinzugeben an die Welt. Nur so lassen sich Haß und Elend überwinden. Wenn der große Jesus uns diesen großen Dienst getan hat, dann können wir, die Kleinen, den kleinen Dienst nicht verweigern.

1. Beleidigungen kann man nur überwinden nach dem Beispiel Jesu. So können wir Außenseiter wieder in die Gemeinschaft hineinziehen.

2. Auch die unter unmenschlichen Verhältnissen lebenden Menschen sollen etwas von der Liebe Gottes zu den Menschen erfahren.

3. Der ferne Nächste soll uns nicht davon abhalten, auf die Probleme unserer nächsten Umgebung zu achten (zum Beispiel Altenarbeit, Altenclub, usw.)

 

Parteimitglieder erkennen sich untereinander an ihrem Abzeichen. Erkennen wir aber Christen an ihrem Verhalten? Zum Beispiel in der Eisenbahn: Als eine Gruppe Frauen einsteigt, schubsen und drängen sie und jeder will einen Fensterplatz haben. Eine Frau muß dann ganz allein sitzen. Aber nachher holen sie Bücher heraus und singen fromme Lieder.

 

 

Das Abendmahl: Mt 26, 17 - 30

 

Hinführung:

Kinder finden es gemein, wenn einer etwas verrät. Ein Verräter wird von den anderen verachtet und kann seine Tat nur schwer wieder gutmachen. Deshalb ist es besser, wenn es erst gar nicht zum Verrat kommen muß und wenn man dem Verräter noch eine Chance läßt, sein Vorhaben nicht auszuführen. Davor handelt die folgende Geschichte, die sich vor einer Schule ereignete.

Da wartete eine Klasse, bis der Unterricht beginnen sollte. Auf der Straße war ein Auto abgestellt. Die Jungen sahen sich das Auto an und spielten damit herum. Einer hat den Gedanken, eine bestimmte Schraube abzuschrauben und wegzuwerfen. Der Fahrer kommt und will wegfahren. Zum Glück merkt er den Schaden.

Er sagt zu den Jungen: „Wenn innerhalb von zwei Minuten die Schraube wieder da ist und auf dem Auto liegt, will ich alles vergessen. Sonst muß ich die Sache der Polizei übergeben!“ Keiner weiß, wer es eigentlich gewesen ist. Sie haben sich alle an Auto zu schaffen gemacht. Nun suchen alle die weggeworfene Schraube. Einer allerdings weiß so ungefähr, wo sie liegt. Schnell hat er sie wieder gefunden und legt sie auf das Auto. So kann der Schaden wieder in Ordnung kommen, ohne daß der Name des Täters genannt wurde. Der Übeltäter hat sich noch einmal mahnen lassen und alles ist gut ausgegangen. Die Freundlichkeit des Fahrers half dem Täter, wieder aus der Sache herauszukommen.

Auch Jesus hat versucht, einen seiner Jünger wieder auf den rechten Weg zurückzubringen. Er hat ihn nicht aus der Gemeinschaft der anderen ausgeschlossen, sondern hat ihm noch eine Möglichkeit zur Umkehr gegeben.

Erzählung:

Jesus war mit seinen Jüngern zum Passahfest nach Jerusalem gekommen. Aber für Auswärtige war es zu so einem Fest ganz besonders schwer, einen Raum für die Feier zu bekommen. Zum Glück kennt Jesus jemanden in der Stadt, der ihnen vielleicht das kleine Stübchen auf dem Dach seines flachen Hauses geben könnte. So schickt er seine Jünger hin, die sollen sagen: „Der Meister läßt dir sagen: Meine Zeit ist nahe, ich will bei dir das Passahfest mit meinen Jüngern feiern!“ Es klappt auch alles, die Jünger können alles für das Fest vorbereiten.

Bei diesem Fest erinnerte man sich an die letzte unheimliche Nacht vor dem Auszug des Volkes Israel aus Ägypten. Damals waren viele Ägypter umgekommen, aber die Israeliten blieben verschont. „Passah“ heißt „verschonen“ und war ein Fest der Dankbarkeit für Gottes große Taten. Man aß und trank miteinander, sang und betete. Alles war von einem feierlichen Ernst, aber auch von einer großen Freude erfüllt. Man gehörte in Gedanken mit zu den Israeliten von damals, die dankbar über die Rettung Gottes waren.

Jesus hatte schon oft mit seinen Jüngern und auch mit anderen Leuten bei solch festlichen Anlässen zusammengesessen. So ein gemeinsames Essen schaffte Verbindung untereinander. Wer dabei beteiligt war, vertraute dem anderen und sah ihn als seinen Bruder an. Der Gastgeber sprach immer ein Dankgebet, wenn er das Brot auseinanderbrach. Ebenso machte er es, wenn der Becher mit dem Wein herumgereicht wurde. Dann fühlte man sich mit Gott und untereinander verbunden, dann lag der Segen Gottes über einer solcher Tischrunde.

Aber diesmal war es doch etwas anderes als sonst. Nur mit seinen Jüngern wollte Jesus zusammen sein. In dunklen Andeutungen hatte er von seinem Tod gesprochen. Sollte es das letzte Mal sein, daß sie so mit ihm zusammensein konnten? Es war ein Passahmahl wie alle Jahre. Und doch schien es den Jüngern diesmal etwas anderes zu sein.

Die Jünger besorgten einer flachen Tisch und eine Reihe von Polstern und Teppichen, auf die sie sich rund um den Tisch lagern konnten. Einer ging zum Tempel und ließ dort ein einjähriges Lamm schlachten. Ein anderer besorgte ungesäuertes Brot und Wein, wie man es beim Passahfest verwendete. Das Lamm wurde gebraten und aus würzigen Kräutern eine Soße bereitet.

Am Abend beginnt dann die Feier. Jesus läßt sich mit seinen Jüngern rund um den Tisch nieder. Die Tafel ist festlich gedeckt, es werden Lieder gesungen und Gebete gesprochen. Es ist wie bei einem Gottesdienst. Man beginnt zu essen und zu trinken. Alle sind sie von einer Festtagsfreude erfüllt.

Da sagt Jesus auf einmal: „Einer unter euch wird mich verraten!“ Wie ein Blitz schlagen die Worte ein. Die Jünger sind bestürzt. Sie fragen sich: „Wer kann das wohl sein? Ich doch bestimmt nicht!“ Jesus gibt ihnen auch nur eine ausweichende Antwort: „Wer die Hand mit mir in die Schüssel taucht, der wird mich verraten!“ Aber das taten sie ja alle: Jeder nahm ein Stück Brot, tauchte es in die Soßenschüssel und aß es dann.

Jesus fährt fort: „Der Menschensohn muß sterben, wie es vor ihm in den alten Schriften steht. Aber wehe dem Menschen, durch den er verraten wird. Einer muß es ja tun, das ist so bestimmt. Aber der es dann tut, der wird dafür bestraft werden. Es wäre besser für ihn, wenn er gar nicht geboren worden wäre!“

Judas Ischarioth fühlt sich getroffen. Er war es doch, der zu den Hohenpriestern gegangen war und sich auch noch selber angeboten hatte, seinen Herrn zu verraten. Aber jetzt sagt er scheinheilig: „Bin ich es, Meister?“ Jesus antwortet ihm ruhig und gefaßt: „Du sagst es!“

Dann nimmt Jesus das Brot, dankt Gott und bricht es auseinander. Er gibt seinen Jüngern jedem ein Stück und sagt dazu: „Nehmt und eßt, das ist mein Leib!“ Dann nimmt er den Kelch, dankt Gott und reicht ihr herum mit den Worten: „Trinkt alle daraus. Wenn ihr es trinkt, dann gehört ihr zum neuen Bund, der besiegelt wird durch mein Blut, das vergossen wird für viele zur Vergebung der Sünden!“

Jetzt ist ganz deutlich, daß es sich nichtmehr nur um ein Passahmahl handelt. Das Alte ist vergangen, es ist alles neu geworden. Jetzt geht es nicht mehr um das Passahlamm, sondern um das Lamm Gottes, das der Welt Sünde trägt. Es geht nicht mehr um die Begegnung mit dem Gott vom Sinai, sondern um das kommende Reich Jesu Christi.

Deshalb sagt Jesus auch zum Schluß: „Ich werde von nun an nicht mehr von diesem Gewächs des Weinstocks trinken bis an den Tag, da ich es neu trinken werde mit euch in meines Vaters Reich!“ Er denkt schon über seinen Tod hinaus, an die Gemeinschaft derer, die sich auch dann noch um den Tisch des Herrn versammeln werden und die es einst mit Gott essen und trinken werden in seinem Reich.

Zum Schluß sprechen sie noch gemeinsam den üblichen Lobgesang und gehen dann hinaus vor die Stadt an den Ölberg. Jetzt wird das Schicksal seinen Lauf nehmen, seinen von Gott vorbestimmten Lauf!

Antwortgespräch:

Nach alter Erfahrung gewinnt ein Verräter nichts Gutes. Judas hat ja dann auch seinem Leben selbst ein Ende gesetzt. Er war Sklave seiner eigenen Gedanken, die er über Jesus hatte. Jesus sollte stark und mächtig sein, alle Feinde vertreiben, ein eigenes Reich aufrichten und an seine Jünger Ehrenposten und Ministersessel verteilen. Aber Jesus war ganz anders. Er war stark im Vergeben und Heilen.

Er hätte auch dem Judas noch vergeben. Er hat ihr ja nicht von seinem Tisch weggejagt, sondern hat ihm eine letzte Möglichkeit zur Umkehr gegeben. Aber einmal ist es zu spät.

Viele sind wie Judas. Sie lebten mit Jesus, falteten die Hände, beteten zu ihm; sie hörten sein Wort im Religionsunterricht und im Kindergottesdienst, sie waren eifrig und treu. Doch dann gingen sie ihre eigenen Wege und blieben ohne Jesus, ohne sein Wort und Gebet. Sie meinten, das wäre bequemer, bringe mehr Geld, bessere Posten und mehr Glück. Sehr leicht hat man Jesus verraten, wenn man sagt: „Ich gehe nicht mehr in den Religionsunterricht, das ist doch Quatsch!“ Jesus aber will uns bei sich halten. Er will uns im Glauben stärken, durch das Abendmahl, das wie ja auch noch heute in der Kirche feiern.

Und wenn wie einmal etwas nicht verstehen, dann sollten wir lieber fragen, wie das alles zusammenhängt. Keiner muß fortgehen, wie Judas, wenn er sich zu Jesus hält.

 

 

Jesus in Gethsemane: Mt 26, 31 - 45 (Mk 14,27-42 und Lk 22,31-46),

Hinführung:

Die kleine Inge kam herein und heulte: „Mutti, auf der Straße sind Kinder, die schlagen mich!“ Warum kommt Inge wohl zur Mutter? Weil die ihr helfen soll! Ob die Mutter wohl helfen konnte? Sie konnte nicht die bösen Kinder wegschicken. Sie wollte aber auch Inge nicht im Zimmer behalten. Da hat sie gesagt: „Geh nur wieder! Ich sage den Kindern, sie solle dich in Ruhe lassen. Und ich schaue immer einmal durchs Fenster, daß sie dir auch nichts tun!“

Es ist gut, wenn wir mit einer großen Sorge zu den Eltern gehen und uns von ihnen helfen lassen. So ging auch Jesus mit einer großen Sorge zu seinem himmlischen Vater und hat ihm alles anvertraut und sich sagen lassen, wie es weitergehen soll.

 

Erzählung:

In die größte Versuchung kam Jesus am Ende seines Lebens. Er hatte mit seinen Jüngern zusammengesessen, sie hatten ein letztes Mal miteinander zu Abend gegessen. Sie sargen noch ein Danklied und gingen hinaus vor die Stadt Jerusalem. Sie mußten erst ein Stück der Berg hinuntersteigen und auf der anderen Seite ein Stück der Ölberg hinaufgehen. Dort war ein Park mit Namen „Gethsemane“, wo sie übernachten wollten. Es waren ja warme Nächte, da konnten sie wie viele der anderen Pilger im Freien übernachten.

Auf dem Weg spricht Jesus zu ihnen: „In dieser Nacht werdet ihr euch alle schämen, zu mir zu gehören, ihr werdet Ärgernis nehmen an mir. Es wird das geschehen, was schon in der Bibel steht: „Sie werden den Hinten schlagen und die Schafe werden sich zerstreuen! Aber ich werde auferstehen und vor euch hingehen nach Galiläa,

wo wie alle herkommen!“

Die Jünger sind erschrocken und traurig, weil er so etwas sagt. Petrus aber verspricht ihm mit voller Überzeugung: „Wenn sich auch alle von dir abwenden, so will ich es doch nimmermehr tun!“ Simon Petrus war ja immer ein ganzer Kerl, tüchtig und tapfer. Er ließ sich nicht so schnell in Furcht versetzen.

Aber Jesus sagt zu ihm: „In dieser Nacht, ehe der Hahn kräht, wirst du dreimal sagen, daß du mich nicht kennst, du wirst mich dreimal verleugnen!“ Petrus aber behauptet ganz entschieden: „Und wenn ich mit dir sterben müßte, so will ich dich doch nicht verleugnen und mich zu dir bekennen!“ Und die anderen Jünger stimmen ihm zu: „Wir werden immer zu dir halten!“

Inzwischen sind sie an dem Garten Gethsemane angekommen. Noch hätte Jesus die Möglichkeit zu fliehen. Sie hätten nur über den Berg weiterzugehen brauchen, dann waren sie bald aus dem Bereich der Stadt heraus und niemand würde sie mehr finden .Aber Jesus weiß ja, was ihm bevorsteht, was Gott von ihm will. Er darf nicht fliehen, er muß aushalten, was jetzt geschehen wird.

Er sagt zu seinen Jüngern: „Setzt euch hierher, während ich dorthin gehe und bete!“ Nur seine drei engsten Vertrauten, Petrus, Johannes und Jakobus, nimmt er noch mit. Das hat er auch sonst gelegentlich schon gemacht, daß er diese drei an Dingen teilnehmen ließ, die die anderer jünger erst später erfuhren.

Er will diese drei bei sich haben, weil er so schlimme Angst hat. Jetzt, wo sein Leiden und Sterben unmittelbar bevorstehen, überfallen ihn Furcht und Entsetzen. Da hält er es nicht aus, allein zu sein. Er sagt zu seiner drei Vertrauten „Meine Seele ist betrübt bis an den Tod. Bleibt hier und wacht mit mir!“ Das versprechen sie auch: Sie wollen bei ihm bleiben und mit ihm beten.

Jesus aber geht noch ein paar Schritte weiter in den Garten hinein. Er bleibt aber in Hör- und Rufweite. Er wirft sich auf den Boden, das Gesicht zur Erde. Er will beten. Und seine äußere Haltung macht deutlich, wie dringlich und ernst es ihm damit ist. Er bricht gewissermaßen vor Gott zusammen und will alle Not und Angst vor ihm ausschütten.

Er betet: „Mein Vater, wenn es möglich ist, dann laß doch diesen Kelch an mir vor­über­gehen. Doch nicht wie ich will, sondern wie du willst!“ Er denkt dabei an den Giftbecher, den ein zum Tode Verurteilter austrinken mußte. Nur Gott wird ihn vor dem Sterbenmüssen bewahren können. Deshalb bittet er seinen himmlischen Vater, ihm den schweren Weg doch zu erlassen. Aber die Entscheidung über sein Leben überläßt er allein Gott. Noch stärker als sein Wunsch ist das Verlangen, daß Gottes Wille geschehen möge.

Jesus weiß genau: Jetzt ist wieder der Widersacher am Werk, der ihn schon am Anfang seiner Tätigkeit in Versuchung führen wollte. Jetzt will er ihm sagen: „Hau doch noch schnell ab! Du kannst ja deine Haut noch retten! Nur ein paar Schritte und du bist frei!“ Jesus weiß, daß man solche Gedanken nur abwehren kann, indem man sich ganz fest zu Gott hält und ihn über alles entscheiden läßt.

Aber er steht auch nicht so über der ganzen Sache, als ginge ihn das nichts an. Er ist eher auch ein Mensch wie wir, der alle Angst der Menschen kennengelernt hat. Aber damit zeigt er uns auch, wie man mit der Angst fertigwerden kann: Nur indem man mit Gott redet wird einem geholfen.

Jesus sucht aber auch die Gemeinschaft und den Beistand der ihm nächsten und vertrautesten Menschen. Auch das könnte ihm helfen. Aber die Junger versagen völlig in dieser schwerer Stunde: Als er wieder zu den drei Jüngern zurückkommt, sind sie eingeschlafen. Er rüttelt sie wach und sagt zu Petrus: „Könnt ihr denn nicht eine Stunde mit mir wachen? Wachet und betet, daß ihr nicht in Anfechtung fallet. Der Geist ist willig, aber das Fleisch ist schwach!“

Jesus weiß: Die Jünger haben ihn lieb und es fehlt ihnen auch nicht an gutem Willer. Aber sie sind auch wie alle Menschen schwach und schrecken vor manchem schweren Weg zurück, den Gott sie führen will. Sich an Gott zu halten, das will gelernt und geübt sein.

Es wird ja noch schlimmer für die Jünger kommen. Wenn sie es dann nicht gelernt haben, sich im Gebet ganz Gott anzuvertrauen, werden sie umfallen und von Gott getrennt werden. Nur wenn Gott hilft, kann man Gefahr und Anfechtung bestehen. Jesus schimpft die Jünger nicht. Als er ihre Schwachheit sieht, vergißt er sein eigenes Leid und hilft den Jüngern zurecht. Er ist wirklich der gute Hirte für sie.

Aber er selber hat ja auch noch keine Antwort von Gott. Das gibt ihm schon einen Vorgeschmack der Gottverlassenheit, in die er noch hineinkommen wird. Aber er betet und ringt, bis er Gottes Artwort hat.

Er geht wieder ein Stück in den Garten hinein und betet erneut: „Vater, wenn es nicht möglich ist, daß dieser Kelch an mir vorübergeht, dann will ich ihn trinken!“ Aber im Stillen hofft er doch noch, daß Gott ihm Alles erläßt. Gott könnte ja sagen: „Der gute Wille genügt!“ Aber im gleichen Atemzug sagt er auch wieder: „Dein Wille geschehe!“ Gottes Wille ist ihm das Höchste. Er ist bereit, alles zu leiden, wenn der Vater es so will, wenn es keinen anderen Weg gibt.

Als er zu den Jüngern zurückkommt, schlafen sie schon wieder. So bleibt er allein und hat niemand, mit dem er einmal alles besprechen könnte. Menschen können ihm nicht helfen. Er hat nur noch Gott, mit dem er weiter über alles sprechen kann.

Noch ein drittes Mal geht er davon und betet die gleichen Worte wie vorher. Als er zurückkommt und die Jünger schlafend findet, sagt er zu ihnen: „Ihr wollt wohl immer noch schlafen! Aber jetzt ist die Stunde da, daß in der ich in die Hände der Sünder übergeben werde. Steht auf, laßt uns gehen! Er ist da, der mich verrät!“

Jesus tadelt die Jünger nicht, weil er weiß: Hier ist ein ganz anderer Widersacher am Werk. Er führt Jesus in Anfechtung und die Jünger in Trübsal. Nur Gott kann da helfen und stärken.

 

 

Die Gefangennahme Jesu: Mt 26, 47 - 56

(Mk 14,43-52 und Lk 22,47-53 und Joh 18,1-11)

Hinführung:

Habt ihr schon einmal das Spiel „Räuber und Gendarm“ gespielt? Ich kann min vorstellen, daß da jeder bis zum Letzten versucht, nicht gefangengenommen zu werden. Auch ein echter Räuber setzt alles daran, nicht in die Hände der Polizei zu fallen. Auch im Krieg begibt sich kein Soldat gern in Gefangenschaft. Jeder Mensch kämpft bis zum letzten Blutstropfen und mit allen Mitteln für seine Freiheit. Selbst ein Verbrecher tut das.

Wie ist es aber bei der Verhaftung Jesu zugegangen? Ihr wißt, daß Jesus von den Römern hingerichtet worden ist. Aber dazu mußte er ja erst einmal gefangengenommen werden. Er wußte, worum es ging und was auf dem Spiel stand. Hat er sich da nicht versteckt? Hat er für seine Freiheit gekämpft oder hat er sich feige gefangennehmen lassen?

 

Erzählung:

Während Jesus im Garten Gethsemane betete und seine Jünger schliefen, waren andere Leute unterwegs, deren Ziel auch der Garten war. In dem sonst so stillen Park hört man Schritte und Stimmer, Laternen und Fackeln werden geschwungen. Dunkle Gestalten bewegen sich zwischen der Bäumer und nähern sich.

Unter dieser ist auch Judas, einer der Jünger. Er hatte sich heimlich aus dem Hause fortgemacht, in dem Jesus mit der Jüngern das Abendmahl gefeiert hatte. Er war zu der Hohepriestern und Schriftgelehrten gegangen und hatte gesagt: „Heute nacht geht er wieder in den Garten. Ich führe euch hin und zeige euch, wer er ist, damit ihr auch in der Dunkelheit der Richtigen findet!“

Ja, Judas wollte seinen Herrn verraten. Er hielt ihn für feige, weil er seine Macht nicht allen Leuten zeigte, sondern immer nur wie ein armer Wanderer durch das Land zog und zu den Leuten predigte.

Judas dachte sich: Wenn ihn seine Gegner erst einmal verhaften wollen, dann muß er zeigen, wer er wirklich ist. Wenn ihn die Feinde ergreifen, wird er schon beweisen müssen, daß er Gottes Sohn ist und wer wirklich die Macht in der Welt hat.

In großer Eile hatte man die Tempelwache alarmiert. Die Gelegenheit war günstig. Heute würde ihrer Jesus in die Falle gehen. Aber waren sie denn auch genug Leute? Wenn nur die Jünger ihren Herrn verteidigten und Hilfe herbeiriefen? Ganz in der Nähe standen doch die Zelte der Galiläer, die mit Jesus gekommen waren. Am Ende hätte es noch einen Aufruhr gegeben!

Rasch wurde noch ein Bote zu dem römischen Statthalter Pilatus geschickt. Er bat um eine Abteilung Soldaten, um einer gefährlicher Aufrührer gefangenzunehmen. Pilatus gewährte sofort die Bitte, denn einen Aufrührer mußte man doch gefangennehmen!

So kommen sie nun in den Garten: die jüdische Tempelpolizei, die römischen Soldaten mit ihrem Hauptmann, einige Hohepriester und Schriftgelehrte - eine starke Truppe, mit Schwertern und Lanzen bewaffnet.

Judas hatte mit ihnen ausgemacht: „Den ich küssen werde, der ist es, den müßt ihr ergreifen!“ Jetzt näherten sich Jesus und die anderen Jünger. Judas fällt Jesus um der Hals und deutet rechts und links einen Bruderkuß an. Jesus weiß ja, was nun kommt. Er läuft nicht davon, er läßt es geschehen.

Aber er sieht Judas fest und ohne

Furcht an und fragt: „Mein Freund, warum bist du gekommen?“ Da merkt Judas, daß er durchschaut ist. Im gleichen Augenblick bereut er es, Jesus an seine Gegner verraten zu haben. Aber nun war es zu spät. Er stand auf der falschen Seite, er hatte sich von Jesus getrennt. Die Soldaten kommen und nehmen Jesus fest. Sie fesseln ihn und wollen ihn abführen. Jesus ist ihr Gefangener.

Die Jünger hatten die ganze Zeit dabeigestanden. Doch nun hält es sie nicht mehr länger. Sie kochen vor Wut. Einer vor ihnen hat auf einmal ein Schwert in der Hand, das er heimlich eingesteckt hatte. Er will für seiner Herrn Jesus kämpfen (ob es wohl der Petrus war, der das ja versprochen hatte?).Auf einmal schreit ein Soldat auf und greift sich an den Kopf: ein Ohr war ihm abgehauen worden! Jetzt ziehen auch die anderen Soldaten die Schwerter. Es sieht so aus, als sollte es jetzt zum Kampf kommen.

Aber Jesus sagt ganz ruhig zu dem Jünger: „Stecke dein Schwert wieder an seinen Ort. Denn wer das Schwert nimmt, soll durch das Schwert umkommen! Meinst du, ich körnte nicht meinen Vater bitten, daß er mir mehr als zwölf Legionen Engel zur Hilfe schickte? Aber es muß alles so geschehen, wie es schon in der Bibel vorausgesagt ist!“

Zu den Hohepriestern und Schriftgelehrter aber sagt Jesus: „Ihr seid mit Schwertern und Spießen ausgezogen, wie um einen Mörder zu fangen. Dabei habe ich doch jeder Tag im Tempel gesessen und gelehrt. Aber da habt ihr mich nicht ergriffen. Doch es mußte ja alles so kommen, damit das erfüllt würde, was in der alten Schriften steht!“ Seine Jünger aber verlassen ihn alle und fliehen.

 

Bildbetrachtung: Kaufmann Nr. 13 [Bild fehlt]

Leute, die etwas zu verbergen haben, kommen immer bei Nacht. Das ist ihre Stunde. Wo ist auf dem Bild die Finsternis zu sehen? Die Soldaten stehen in zwei Reihen, dicht an dicht. Sie stehen noch im Licht, aber hinter ihnen lastet die Finsternis (die Werkzeuge der Finsternis kleiden sich oft mit leuchtendem Weiß und haben doch Dunkles im Sinn).

Von weitem sehen diese Häscher aus wie die Zähne im dem Rachen eines Tieres. Die zwei Reihen schließen sich hinten keilförmig zusammen und drohen jeden zu zermalmen und zu verschlingen, der sich in ihre Fänge begibt.

Jesus aber geht aus freiem Willen in den Rachen des Todes. Er streckt die Hände nach vorne und geht mutig voran. Will er sich die Hände fesseln lassen? Oder will er beten? Weil er nur an den Willen Gottes gebunden ist, ist er in Wirklichkeit frei. Die Soldaten aber sind im Grund nur Werkzeuge Gottes und deshalb unfrei. Für sie mag es eine sonderbare Verhaftung gewesen sein: So etwas haben sie roch nicht mitgemacht, daß der zu Fangende sich nicht einmal wehrt!

Jesus ist ganz klein: Er begibt sich in die Gewalt der Menschen. In dieser Stunde scheinen seine Gegner die Oberhand zu haben. Aber die Macht, aus der sie handeln, stammt aus der Finsternis: Das Werk Jesu soll zerstört werden. Aber Jesus hält still, bis Gott mit seinem Handeln am Ziel ist.

Aber auch die Jünger lassen alles stehen und liegen und laufen davon. Angstvoll sind ihre Finger gespreizt, ihre Schritte sind groß. Im Verhältnis zu Jesus sind sie sehr groß gezeichnet: Erst hatten sie behauptet, sie könnten mit Jesus in den Tod gehen. Aber nur lösen sie selber die Gemeinschaft mit Jesus und werden alle an ihm schuldig.

Über allem aber steht das Auge Gottes (in der Zeichnung das Auge des Tieres). Gott ist auch bei diesem dunklen Geschehen mit dabei. Für ihn sind die handelnden Personen nur Werkzeuge. Er hat diesen Weg des Leidens für Jesus vorgesehen‚ damit er nachher zur Herrlichkeit erhöht wird.

 

           

Jesus vor dem Hohen Rat: Mt 26, 57 - 68 (Mk 14,55-56. 60-65 und Lk 22,63-71)

 

Hinführung.

Wer von euch weiß, was eine Gerichtsverhandlung ist? Da wird einer verurteilt, der etwas verbrochen hat. Wenn er aber nichts getan hat, dann wird er freigesprochen.

In einem Gerichtssaal ist vorne ein langer Tisch, an dem die Richter sitzen. Links von ihnen sitzt der Ankläger und rechts der Verteidiger. Vor diesem Halbkreis steht der

Angeklagte und hinter ihm sitzen die Zeugen. Der Angeklagte und die Zeugen werden verhört, der Ankläger und der Verteidiger sprechen, und dann zieht sich das Gericht zur Beratung zurück. Die Richter und ihre Helfer entscheiden darüber, ob der Angeklagte schuldig gesprochen wird oder nicht. Es kommt dabei entscheidend auf die Aussagen der Zeugen und des Angeklagten an. Wenn aber die Schuld feststeht, dann haben die Richter ihre Gesetze, die das Strafmaß bestimmen. Und das Urteil wird dann von allen verkündet. Aber jedenfalls geht es vor Gericht ruhig, sachlich und gerecht zu.

Zur Zeit Jesu gab es auch ganz bestimmte Vorschriften für eine Gerichtsverhandlung. Das oberste Gericht versammelte sich zum Beispiel immer im Tempel in der Halle Salomos. Es durfte nicht an Feiertagen zusammentreten und auch nicht bei Nacht, wenn es um Dinge ging, auf denen die Todesstrafe stand. Zuerst waren immer die Entlastungszeugen zu hören. Von den Belastungszeugen müssen mindestens zwei Zeugen gleichlautend aussagen, ehe eine rechtmäßige Verurteilung erfolgen darf. (Bei Meineid wurden die Zeugen zum Tode verurteilt!). Die Verhandlungen waren öffentlich und das Volk durfte zuhören. - Heute wollen wir einmal von einer ganz ausgefallenen Gerichtsverhandlung hören, die bei Nacht stattfand.

 

Erzählung:

Jesus war von den Juden gefangengenommen worden. Durch die nächtlichen Gassen von Jerusalem hört man den Marschtritt der Soldaten und das Klirren der Waffen. In ihrer Mitte geht Jesus: gefesselt. Er soll vor Gericht und verurteilt werden.

Doch es geht nicht hinein in den Tempel, sondern in das Haus des Hohenpriesters Kaiphas. Es ist ja Nacht. Aber beim Hohenpriester ist noch Licht, denn er wartet schon auf den Gefangenen. Doch er ist nicht allein: Der ganze Hohe Rat ist versammelt, die 71 vornehmsten Priester, Schriftgelehrten und Ältesten von Jerusalem, lauter würdige und fromme Herren, die alle für sehr fromm und gerecht gehalten wurden.

Sie hatten es alle sehr eilig. Das Passahfest hatte schon angefangen und Jesus sollte möglichst schnell, am besten schon bis zum nächsten Morgen, abgeurteilt sein. Schnell hatte man also den Hohen Rat in der Nacht zusammengerufen.

Jesus wird herein gebracht. Gespannt schauen alle auf ihn. Ruhig, aber mit erhobenem Haupt, steht er vor seinen Anklägern und Richtern. Die Zeugen werden hereingerufen. Doch der eine sagt es so, der andere sagt es so. Sie sollen Jesus belasten, aber ihr Zeugnis stimmt nicht überein. Schließlich schreien sie alle durcheinander und es weiß eigentlich keiner mehr so recht, was los ist. Eine peinliche Lage für das oberste Gericht des Landes.

Zuletzt traten zwei Zeugen auf, die sagten: „Er hat gesagt: ‚Ich kann den Tempel Gottes abbrechen und in drei Tagen aufbauen!‘ Da steht der Hohepriester auf und sagt: „Antwortest du nichts auf das, was diese gegen dich aussagen?“ Aber Jesus schweigt weiter. Da sagt der Hohepriester zu hm: „ich beschwöre dich bei dem lebendigen Gott, daß du uns sagst, ob du er Christus bist, der Sohn Gottes!“

Jesus sagt zu ihm: „Du sagst es. Und ich sage auch: Von nun an wird es geschehen, daß ihr den Menschensohn sehen werdet, wie er sitzt an der rechten Seite der Kraft und kommen in den Wolken des Himmels!“

Da ruft der Hohepriester in den Saal: „Jetzt habt ihr die Gotteslästerung gehört. Nun sprecht euer Urteil. Was meint ihr?“ Da schreien sie alle: „Er ist des Todes schuldig!“ Die Probe­abstimmung für die Hauptverhandlung hat geklappt.

Eigentlich hätten die Juden nun nach geltendem Recht die Möglichkeit gehabt, Jesus zu steinigen, wie sie es später mit Stephanus getan haben. Eine spontane Tötung durch Steinigung wurde von den Römern nicht bestraft. Aber die Juden haben noch etwas anderes vor: Jesus soll als politischer Messias an die Römer ausgeliefert werden. Durch die unreinen Hände der Heiden soll er die heidnische Strafe der Kreuzigung erleiden. Damit soll vor aller Augen bewiesen werden: Der, den ihr für Christus gehalten habt, der ist aus der Gottesgemeinde ausgestoßen und von Gott verflucht! Damit soll Jesus ein für allemal beim Volk erledigt sein. Es ist nur noch die Frage, wie die Römer so weit gebracht werden können, daß sie die Kreuzigung übernehmen.

Das Verhör in der Nacht hat noch ein trauriges Nachspiel: Die Ankläger spucken Jesus ins Gesicht, einige schlagen ihn mit Fäusten und sogar ins Gesicht. Andere binden ihm ein Tuch vor die Augen und spotten: „Sage uns doch, Christus, wer dich geschlagen hat!“ Die Mitglieder des Hohen Rates und die Wachsoldaten beteiligen sich in gleicher Weise an den ungesetzlichen Mißhandlungen des Gefangenen. Ja, es scheint halt immer der Recht zu haben, der im Augenblick die Macht hat.

Jesus aber läßt alles über sich ergehen. Er ist wie ein Lamm, das zur Schlachtbank geführt wird und seinen Mund nicht auftut, wie es einmal der Prophet Jesaja gesagt hat. Schließich wird er abgeführt und am folgenden Morgen ist dann die Hauptverhandlung im Tempel.

 

Antwortgespräch:

Was war ungesetzlich am Vorgehen des Hohen Rates? Versammlungsort, Feiertag, Nachtzeit, Belastungszeugen Öffentlichkeit. Es handelt sich allerdings nicht um die offizielle Gerichtsverhandlung, sondern nur um ein Verhör. Aber das Ergebnis steht eigentlich schon von vornherein fest! Jesus wehrt sich auch nicht dagegen. Aber er bekennt sich im entscheidenden Augenblick zu Gott.

Würden wir das auch sagen, wie es im zweiten Glaubensartikel heiß „...sitzend zur Rechten Gottes des Vaters...?“

Wer ist denn hier eigentlich der Angeklagte? Wem wird eigentlich der Prozeß gemacht werden? In dieser Gerichtsverhandlung wiederholt sich die ganze Geschichte Israels in kürzester Form: Gott bietet seine Hilfe durch Jesus Christus an, aber das Volk ist ungehorsam wie eh und je. Sind wir besser?

Wer ist nun eigentlich schuld am Tode Jesu: Die Juden oder die Römer? Hätten wir es anders gemacht?

Bild zeigen: Eigentlich sind hier die Rollen vertauscht: Der gefesselte Jesus ist der kommende Weltenrichter. Vor ihm wird Israel als ein Volk der Sünde offenbar. Am Ende der Zeit wird dieses Volk angeklagt sein und Jesus wird der Ankläger sein. Ausgerechnet der Hohe Rat, der von amtswegen über Glauben und Frömmigkeit der jüdischen Gemeinde zu wachen hatte, werden zuerst in Beschlag genommen von der „Macht der Finsternis“. Aber Jesus ist das helle Licht, das die Welt erleuchtet. Weil er aber unschuldig war, hat er für unsere Schuld die Vergebung erworben. Er will uns helfen, daß wir froh und frei werden.

 

 

Verleugnung des Petrus: Mt 26, 69 - 75 (Mk 14,66-72 und Lk 22,54-61)

 

Hinführung:

Wir wissen alle, wie schnell es geht, daß wir uns nicht zu unserem Glauben bekennen wollen. Da sind wir auf dem            Weg zur Kirche. Aber da kommt ein anderer aus unserer Klasse und sagt: „Gehst du mit zum Schlittenfahren!“ Schon läßt mancher die Kirche sein. Gewiß, die meisten sagen dann: „Nein, jetzt geht es nicht, ich will

zur Kirche! Aber sehr schnell hat man sich auch - ohne daß man es wollte - wieder herausgeredet und sagt nur einfach: „Ich habe etwas anderes vor!“ ohne zu sagen, wo man tatsächlich hingeht. Nun ja, es geht die anderer ja nichts an. Aber hat man damit nicht doch den Herrn Jesus „verleugnet“, das heißt: nicht zugegeben, daß man zu ihm gehören will. Aber zu unserem Trost sei gesagt, daß das auch schon einem Jünger Jesu passiert ist. Ausgerechnet Petrus war es, der doch zu Jesus gesagt hatte: „Und wenn ich mit dir sterben müßte, so will ich dich nicht verleugnen!“ Aber Jesus hatte ihm gesagt: „In dieser Nacht, ehe der Hahn kräht, wirst du mich dreimal verleugnen!“

 

Erzählung:

Jesus war in das Haus des Hohen Rates geführt worden .Petrus war ihm gefolgt, hatte sich aber nicht mit in das Haus getraut. Draußen im Hof wollte er abwarten, was mit Jesus geschieht. Er setzte sich in eine dunkle Ecke und versuchte etwas mitzukriegen vor dem, was in dem Haus geschah. Der Hof war rundherum zugebaut, die Räume waren nach innen offen, man konnte alles beobachten.

Da kommt eine junge Frau, die beim Hohen Rat arbeitet, sieht ihn genau an und sagt: „Du warst auch mit dem Jesus von Galiläa, du bist doch mit ihm gekommen!“

 Petrus zuckt zusammen: Nun haben sie ihn doch erkannt. Was tun? Er sagt nur schnell: „Ich weiß nicht, was du sagst!“ Wozu sollte er sich unnötig gefährden, mag er gedacht haben. Nur schnell etwas gesagt, wenn es darauf ankommt, dann wird

er sich schon zu Jesus bekennen.     

Vorsichtshalber geht er aber doch nach einiger Zeit aus dem Hof hinaus. Doch wie er durchs Tor geht, hört er eine andere Frau, die zu den anderen sagt: „Dieser war auch mit Jesus von Nazareth!“ Petrus bleibt stehen, schüttelt mit dem Kopf und sagt: „Ich

kenne den Menschen nicht!“ Jetzt hat er doch eine ziemliche Angst, es könnte ihm auch so gehen wie Jesus. Er hebt sogar die Hand und sagt laut: „Ich schwöre es euch!“

Aber auch draußen auf der Straße ist Petrus nicht sicher. Nach einiger Zeit kommen ein paar Leute auf Petrus zu und sagen: „Du bist doch auch einer von denen, denn deine Sprache verrät dich!“ Da merkt Petrus, daß er einen Fehler gemacht hat: Um nicht aufzufallen hat er sich ganz harmlos zu den anderen gestellt und auch gelegentlich einmal etwas gesagt. Nun haben sie ihn an der Sprache erkannt, daran hatte er nicht gedacht.

Doch nun beginnt er, sich zu verfluchen, wenn er nicht die Wahrheit sage. Und er schwört: „Ich kenne den Menschen nicht!“ Doch im gleichen Augenblick kräht irgend­wo ein Hahn. Da fallen Petrus die Worte seines Herrn ein:“Ehe der Hahn kräht, wirst du mich dreimal verleugnen!“ Jetzt sieht er, wie schnell das passiert ist, was er nicht für möglich gehalten hatte. Er ist da in etwas hineingeschliddert, das er nicht gewollt hat: Er geht fort und weint bitterlich. Nur Jesus wird ihn wieder von seiner Schuld befreien können.

 

 

Jesus vor Pilatus: Mt 27, 1 - 30 (Mk 15,1-19 / Lk 23, 1-5.13-25 /Joh 18,28-40)

 

Hinführung:

Die Juden hatten ihr Urteil über Jesus gesprochen. Sie waren schnell fertig mit ihrer sogenannten Gerichtsverhandlung. Es war zwar nicht alles so nach Vorschrift gegangen, aber das machte ihnen nichts aus. Wenn nur alles schnell ging. Mit dem Recht und den Vorschriften konnte man es da nicht so genau nehmen.

Findet denn Jesus nirgends sein Recht? Gibt es denn niemanden in Jerusalem, der ihm Recht verschaffen könnte? Er ist doch unschuldig, er hat doch nichts Böses getan, er hat sich doch ganz an den Willen Gottes gehalten!

Es gibt schon jemanden, der ihm Recht verschaffen könnte. Die jüdische Behörde ist ja nicht ausschlaggebend, denn die Herren im Lande sind ja die Römer, die das Land vor einigen Jahrzehnten erobert haben und seitdem besetzt halten. In ihren Händen liegt die oberste Gerichtsbarkeit, zumindest wenn es um Straftaten geht, die mit dem Tode bestraft werden können.

Und zum Passahfest kommt ja auch immer der römische Statthalter Pontius Pilatus nach Jerusalem. Meist regierte er das Land von der Stadt Cäsarea am Meer aus, wo auch seine Soldaten ihre Kasernen haben. Aber zu den großen Fester kam er nach Jerusalem. Er wollte selber da sein, wenn es vielleicht zu größeren Zwischenfällen oder Aufstandsversuchen kam. Immer wieder tauchten Partisanen auf und es kam zu Überfällen und Gefechten. Bei den Festen kamen immer große Menschenmassen zusammen; zwischen ihnen konnte sich eine Widerstandsgruppe leicht verbergen, um dann im geeigneten Augenblick losschlagen zu können. Nein, Pilatus wollte lieber selber da sein, um notfalls seine Truppen befehligen zu können.

Der Statthalter ist der Vertreter des Kaisers in Rom. Der Kaiser konnte ja nicht in allen Ländern gleichzeitig sein und sie regieren. Deswegen hatte er überall in den Provinzen seine Statthalter eingesetzt, die ihn dort vertraten. Sie paßten auf, daß jeder Widerstand gegen die Römer sofort unterdrückt wurde. In Judäa mußte man besonders aufpassen, daß die Juden nicht heimlich einen zum König krönten, der sie zum Aufstand gegen die Römer führen sollte.

Pilatus war für diese Aufgabe nach Meinung des Kaisers besonders geeignet. Er war unbeugsam und hart bis zur Rücksichtslosigkeit. Aber er war auch jähzornig und unzuverlässig und ließ sich bestechen. Immer wieder ließ er Menschen mißhandeln und ohne Urteilsspruch       hinrichten.

Dabei hätte er es als oberster Richter besonders mit dem Recht halten müssen. Das römische Recht war damals in aller Welt bekannt. Man rühmte es, weil es so sehr gerecht war und jedem zu seinem Recht verhalf. Die Richter waren unbestechlich und urteilten ohne Ansehen der Person. Pilatus aber war anders: Erst ging er mit unerbittlicher Strenge vor, aber dann merkte er, daß seine jüdischen Gegner zäher waren als er und ließ sich von ihnen erpressen. Er war wohl auch nicht der rechte Mann, um Jesus zu seinem Recht zu verhelfen.

 

Erzählung:

Am frühen Morgen des Passahtages marschiert wieder ein Trupp Soldaten durch die Stadt Jerusalem. In ihrer Mitte geht Jesus, gefesselt und gedemütigt. Einige Mitglieder des Hohen Rates folgen in einigem Abstand. Sie hatten Jesus gefesselt, um gleich den Eindruck zu erwecken, es handele sich um einen ganz gefährlichen Verbrecher.

Auch Judas muß mit ansehen, daß Jesus sich nicht wehrt, sondern vor Gericht gestellt werden soll. Jetzt erst erkennt er, was er angerichtet hat und wie sehr er sich getäuscht hat. Er läuft zum hohen Rat und will ihnen die dreißig Silberstücke zurückgeben, die er für den Verrat an Jesus erhalten hat. Doch der Hohepriester sagt ihm nur: „Was geht uns das an!“ Da nimmt Judas das Geld und wirft es in den Tempel und geht davon und erhängt sich.

Die Soldaten aber gehen mit Jesus zu dem Haus, in dem der Statthalter in Jerusalem wohnt. Werden die Juden es schaffen, den Römer für ihr Ziel zu gewinnen? Sie wissen genau: Daß Jesus sich „Sohn Gottes“ genarrt hat, das läßt Pilatus kalt, das geht ihn nichts an. Er packt nur zu, wenn es sich um ein politisches Verbrecher handelt. Den Juden liegt aber daran, daß Jesus durch die Heiden umgebracht wird. Er soll aus der jüdischen Gemeinde ausgestoßen werden. Alle sollten sehen, daß er ein Verfluchter ist und nicht der Sohn Gottes.

Pilatus fragt zunächst: „Was habt ihr gegen diesen Mann vorzubringen?“ Einer antwortet: „Er hat behauptet, er sei der König der Juden!“ Pilatus fragt zurück: „Bist du der König der Juden?“ Jesus antwortet ihm ruhig: „Du sagst es!“ Vielleicht will er damit ausdrücken: „Das hast du nichtig erkannt!“ Vielleicht will er aber auch sagen:

„Das sagst du, das ist deine Ausdrucksweise!“ Jesus ist natürlich so etwas wie ein König. Aber er ist auch wieder anders als ein irdischer König.

Die Hoherpriester und Ältesten aber schreien durcheinander und klagen ihn an: „Zum König kann man sich doch nicht selber machen! Er will nur gegen die Römer kämpfen! Der Mann ist gefährlich!“ Jesus aber schweigt zu dem allen. Er weiß ja, worauf das alles hinauslaufen wird. Das Urteil ist ja längst fertig, nicht nur bei den Ältesten des jüdischen Volkes, sondern auch bei Gott. Pilatus aber sagt: „Hörst du nicht, wie hart sie dich verklagen!“ Aber auch dem Pilatus antwortet Jesus nicht, so daß sich dieser doch sehr wundert. Jeder Angeklagte versucht doch, sich zu verteidigen. Aber dieser hier ist anders.

Da war jener Barrabas doch ganz anders. Er hatte mit seiner Barde gegen die Römer gekämpft und viele Leute auf dem Gewissen. Er war ein Mörder und Verbrecher. Aber er kannte auch keine Rücksichten und hatte keine Angst. Dem Pilatus hatte er seine Anklagen ins Gesicht geschleudert, so daß er sie heute noch zuhören glaubte. Jener Barrabas war wirklich gefährlich.

Aber Jesus war doch ganz harmlos. Das merkt Pilatus gleich. Sicher haben die Juden ihr nur aus Neid hierher gebracht und angeklagt. Da hat der Statthalter eine gute Idee, wie er meint. Zum Passahfest wurde doch immer ein Angeklagter begnadigt. Dieser Jesus wäre doch der nichtige Mann dafür.

Sie gehen nach draußen auf die Veranda vor dem Haus. Viele Neugierige stehen draußen und warten, was mit Jesus geschehen soll. Pilatus zeigt ihnen Jesus. Und er läßt den Barrabas holen und stellt ihn neben Jesus. Welch ein Gegensatz zwischen dem friedlichen Jesus mit den sanften Augen und dem wilden, finster dreinblickenden Barrabas! Da dürfte die Wahl doch nicht schwer fallen.

Pilatus setzt sich auf seinen Richterstuhl und fragt: „Welchen soll ich euch losgeben zum Fest, Jesus oder Barrabas? Den, von dem gesagt wird, er sei der Christus, oder jenen Mörder und Verbrecher?“

Da kommt ein Mädchen aus dem Haus und flüstert Pilatus etwas ins Ohr. Sie hilft immer der Frau des Pilatus und ist von ihr geschickt. Sie sagt ihm: „Verurteile diesen Jesus nicht, das ist ein gerechter Mann, der hat nichts Böses getan. Ich habe heute Nacht von ihm geträumt und habe viel Schreckliches gesehen, falls er umgebracht werden sollte. Mach dir die Finger nicht dreckig an dem!“

Inzwischen aber haben sich die Hohenpriester und Ältesten unter das Volk gemischt. Sie überreden das Volk, daß sie um Barrabas bitten sollten. Sie sagten: „Barrabas hat doch wenigstens gegen die Römer gekämpft. Das ist unser Mann. Jesus aber ist ein Gotteslästerer!“ So hetzen sie das Volk auf.

Pilatus fragt: „Welchen von diesen zweien soll ich euch losgeben?“ Da rufen sie alle wie aus einem Munde: „Barrabas! Barrabas!“ Pilatus ist bestürzt, weil sie so entscheiden .Er möchte doch lieber Jesus loslassen. Aber sie rufen weiter:“Barrabas!“ Hilflos fragt Pilatus: „Was soll ich denn machen mit Jesus, von dem gesagt wird, er sei der Christus?“ Da ruft die Menge: „Laß ihn kreuzigen!“ Jetzt ist es heraus, was sie ihn Wahrheit wollen.

Aber Pilatus gibt noch nicht auf. Er fragt weiter: „Was hat er denn Übles getan?“ Sie schreien aber noch lauter: „Laß ihn kreuzigen!“Pilatus ist machtlos gegen sie. Er muß ihnen zu willen sein, sonst gibt es hier noch einen Aufruhr. Dann aber würde man sagen, Pilatus sei unfähig für sein Amt und würde ihn absetzen. Das aber will der Statthalter auf alle Fälle verhindern. So einer wie dieser Jesus soll ihm nicht in die Quere kommen. Pilatus kann sich nicht mehr frei entscheiden, kann kein gerechter Richter sein, wie er das sein sollte.

Nur eins tut er noch: Er läßt sich eine Schüssel mit Wasser bringen und wäscht sich die Hände darin und sagt: „Ich bin unschuldig, wenn dieser gerechte Mann sterben muß. Ich wasche meine Hände in Unschuld! Seht ihr zu, was ihr mit ihm macht!“ Die Menge antwortet ihm willig: „Wenn wie durch seinen Tod Schuld auf uns laden, dann komme die Strafe über uns und unsre Kinder!“

Da gibt ihnen Pilatus den Barrabas los. Er hat sich gegen Jesus entschieden. Erst hatte er sich herausreden wollen, aber nun muß er Stellung beziehen, so wie alle in dieser Geschichte. Der Name des Pilatus geht so in die Geschichte ein. Noch nach Jahrtausenden wird sein Name von den Christen genannt werden, wenn sie vom Tod ihres Herrn sprechen.

Jesus wird den Soldaten übergeben. Sie legen ihm einen Purpurmantel an, geißeln ihn mit großen Peitschen, daß das Blut über den Rücken läuft. Sie flechten eine Dornenkrone und setzen sie ihm auf den Kopf. Sie geben ihm ein Rohr in die rechte Hand und verbeugen sich vor ihm und gehen auf die Knie wie vor einem König. Und sie rufen: „Gegrüßet seist du, der König der Juden!“ Dann bereiten sie alles für die Kreuzigung vor.

 

Antwortgespräch:

Wer war alles schuld am Tod Jesu? Hoher Rat, Volk, Pilatus, Soldaten. Wie hätten wir damals gehandelt? Tun wir nicht heute auch manches, was gegen Jesus ist?

Die Behörde wußte, was sie tut. Es gibt auch schuldhaftes Nichtwissen!

 

Passionsgeschichte für Kinder?

Es ist schon ein Problem, ob man kleinen, noch vorschulpflichtigen Kindern, die Passionsgeschichte erzählen solle. . Das Wissen vom Leiden und Sterben unseres Herrn wurde praktisch mit der Muttermilch aufgenommen. Vielleicht hing sogar im Elternhaus ein Kruzifix oder ein Passionsbild. Manche werden sich später gewünscht haben, sie hätten nie etwas vom Kreuz Jesu Christi gehört, das ihnen als eine selbstverständliche Tatsache schon allzu bekannt sei. Sie hegten vielmehr den Wunsch, daß es ihnen ergehen möchte wie den Heiden, die zum ersten Mal und überwältigend neu die Kunde von der Erlösungstat Gottes durch seinen Sohn erfuhren. Wiederum später werden sich diese Menschen dessen bewußt geworden sein, daß ihnen ihre Eltern gar nicht Besseres mit auf den Lebensweg geben konnten, als den Trost und die Gewißheit der Heilstat Jesu.

Heute ist fast in aller Welt bekannt, daß das Kreuz das Zeichen der Christenheit ist, wenn man auch im Allgemeinen wenig damit anzufangen weiß. Doch daß Kinder in ihren Elternhäusern noch etwas von der Leidensgeschichte oder überhaupt von Jesus erzählt bekommen, geschieht sehr selten, es sei denn, eine fromme Großmutter ist in der Lage, diese wichtige Aufgabe zu übernehmen. Die Eltern selbst werden es so gut wie gar nicht tun.

Jeder Christ weiß, daß er das Amt hat, die frohe Botschaft an alle Menschen weiterzusagen, mit denen er zusammen kommt; denn der Auftrag Jesu: „Gehet hin in alle Welt und lehret alle Völker ...“ gilt nicht allein den Pfarrern und kirchlichen Mitarbeitern, sondern der ganzen Ge­meinde. Nun beschränkt sich unser menschlicher Kontakt nicht nur auf Erwachsene. Jeder kommt auch mit Kindern in Berührung. Auf welche Weise das geschieht, spielt dabei keine Rolle. Ob ich als Hausbewohner das Kind meiner Nachbarin hüte, ob ich mich am Zaun meines Schrebergartens mit meinem kleinen „Kollegen“ unterhalte, ob ich als Helfer im Kindergottesdienst tätig bin, überall begegne ich Kindern, denen ich die frohe Botschaft schuldig bin. Schön wäre es, wenn es uns allen dabei erginge wie den Aposteln, die es gar nicht lassen konnten, von Christus zu zeugen.

Nun sind einige Menschen der Ansicht, daß man die „schaurige“ Geschichte vom Leiden und Sterben Jesu kleinen Kindern noch nicht erzählen dürfe. Sie könnten davor erschrecken und vielleicht sogar Abscheu empfinden. Alles, was vom Leben Jesu in der Bibel steht, von seinen Wundern und Heilungen, seinen Lehren und Geboten, dürften sie selbstverständlich erfahren.

Dazu ist Folgendes zu bemerken:

1. Die Kreuzigungsgeschichte ist der Mittelpunkt des ganzen Evangeliums. An sie schließt sich in der Erzählung der Urgemeinde rückwirkend das Leben Jesu an und ihr folgen dann die Ostern und Apostelgeschichten. Enthalten wir kleinen Kindern das Sterben Jesu vor, können wir ihnen auch nichts von Ostern und Pfingsten erzählen.

Dabei ist wichtig zu bedenken: Jede Begegnung, die wir mit kleinen Kindern haben, wo sich die Gelegenheit bietet, von Jesus zu erzählen, kann für diese Kinder die letzte sein, etwas von ihm zu erfahren. Niemand weiß, ob sie später die Christenlehre besuchen werden, niemand weiß, ob ein anderer Mensch mit ihnen von Jesus sprechen wird.

Vielleicht werden diese Kinder alle Erzählungen von Jesus, die sie zu hören bekamen, von seinen Wundern, Heilungen. Totenauferweckungen später als Märchen abtun, weil sie sich nicht mehr an die Deutung der Erzähler entsinnen können. Doch unter Umständen werden sie sich des Todes Jesu erinnern als an eine Möglichkeit, die glaubbar wäre. Und vielleicht wird der Heilige Geist dann das Seinige tun und ihnen dabei behilflich sein, auch auf eine Auferstehung zu hoffen.

2. Außerdem ist die Frage stellen, ob die Gemüter der kleinen Kinder wirklich so empfindlich sind. Durch das Fernsehen, die Zeitung, das Radio, das Kino, sind die Kleinen bereits schon so mit den Leiden der Menschheit vertraut, daß man sich nur darüber wundern kann, wie gelassen sie derartige Geschehnisse aufnehmen. Sie sehen Bilder gequälter Kinder, hören im Radio von der rücksichtslosen Erschießung Farbiger, sehen im Kino Indianer-Filme, wo es Tote die Menge gibt. Derartige Beispiele ließen sich beliebig erweitern. So ist das Schicksal einer ganzen Menschheit auch in die behütete Atmosphäre der Kinderstuben eingedrungen.

Weil es aber schon für einen Erwachsenen unmöglich ist, mit jedem leidenden Menschen, von dem er täglich hört, mitzuleiden, er würde seelisch daran zugrunde gehen, kann er sich nur noch so dagegen wehren, daß er alles Gehörte formelhaft in sich aufnimmt: drei Erschossene, über 500 Gefallene, 58 Verunglückte, 16 Verschüttete. Und es wird viel bedeuten, wenn er der einzelnen einen Augenblick still gedenkt.

Kann es da verwundern, wenn es den Kindern ebenso ergeht? Man beklagt sich vielfach über die Gefühlsroheit der heutigen Jugend. Ein Lehrer beschwerte sich heftig, als bei einer Theatervorführung von Brechts „Die Gewehre der Frau Carrar“ die Schüler lachten, als man die Leiche des Sohnes der Frau Carrar auf die Bühne trug.

Unsere Kinder erschüttert so nichts mehr. Sie sehen und hören zu viel. Bei einem Krimi stellen sie abwertend fest: Es gab nur einen Toten! Und die Erwachsenen entsetzen sich darüber.

Beim Passionsgeschehen handelt es sich auch nur um einen Toten, wenn man von den beiden Übeltätern absieht. Insofern kann sich die Geschichte an Grausamkeit durchaus nicht mit den heutigen Leidensgeschichten messen, und es wird auch ein kleines Kind nicht zutiefst erschüttern, wenn es von einem Toten hört.

Bei der Erzählung vom Sterben Jesu gilt es, den Kindern verständlich zu machen, daß sich dieser Tod grundsätzlich von jedem anderen Tod - sei er noch so grausam oder aufopfernd - unterscheidet. Kein anderer Mensch starb oder stirbt je sündlos. Kein anderer Mensch kann

sich bezeichnen als der Sohn Gottes.

Das Ausschlaggebende ist, daß sich auch die Art und Weise, wie die Menschen diesen Tod im Gegensatz zu anderen Toden „betrachten“ können, voneinander unterscheidet. Das Leiden Jesu kann niemand formelhaft in sich aufnehmen, denn jeder ist ganz mit einbezogen in dieses Sterben, weil es heißt: Für dich und deine Sünde in den Tod gegeben.

 

 

Jesu Kreuzigung: Mk 15,20-1 (Mt 27,31-56)

Hinführung:

Wir erinnern uns an die großen Taten, die berühmte Männer vollbracht haben: Cäsar, Karl der Große, Luther, Marx, Gagarin.

Wie erinnern uns an die Taten Jesu (Wunder, Gleichnisse, Gastmahl). Welches aber ist seine wichtigste Tat gewesen? Wenn wir sein Erlösungswerk am Kreuz sehen, dann ist alles andere nur Einleitung und Vorspiel. Die Geschichte vorn Leiden, Sterben und Auferstehen Jesu hat man ja auch zuerst aufgeschrieben, und erst später sind die anderen Jesusgeschichten dazugekommen.

Wir wollen hören, wie Jesus in den Tod gegangen ist.

 

Erzählung:

Dies ist eine sehr traurige Geschichte. Aber dennoch eine schöne Geschichte, denn sie zeigt uns: Jesus hat uns liebgehabt, er hat für uns gelitten, damit wir nicht bestraft werden. Wenn wir daran denken, werden wir wieder froh. Als die Soldaten Jesus verhaftet hatten, zogen sie ihm den Purpurmantel wieder aus, zogen ihm seine eigenen Kleider wieder an und führten ihn fort, um ihn zu kreuzigen.

Es ist kurz vor neun Uhr morgens. im Tempel bringt man das Morgenopfer dar. Jesus aber geht, das größte Opfer der Welt zu bringen. Sie haben ihn den Querbalken des Kreuzes auf die Schultern gelegt. Er ist schwer, und Jesus ist schon schwach von der Geißelung her. Vorneweg trägt ein Soldat ein Schild mit der Aufschrift, was Jesus getan haben soll und weshalb er zur Hinrichtung geführt wird.

Es geht durch die engen Straßen der Stadt Jerusalem. Viele Leute bleiben stehen und schauen zu. Die fremden Pilger fragen: „Wer ist denn das?“ Die anderen antworten: „Das ist Jesus aus Nazareth, der behauptet hat, er sei Gottes Sohn!“ Die einen lachen darüber, die anderen sind traurig, daß es so weit gekommen ist; die meisten aber sind gleichgültig, die anderen gaffen nur und sind nur neugierig, was da wohl los ist. Viele laufen mit und wollen bei der Kreuzigung zusehen.

Für diese Menschen ist ein Freudentag. Sie feiern das Fest der Befreiung aus Ägypten. Aber auf Jesus und die zwei anderen Verbrecher, die mit ihm zur Hinrichtung geführt werden, wartet ein langes, qualvolles Sterben. Unter den vielen Tausenden aber begreift keiner, daß der Tod dieses Jesus ihnen das wahre Fest der Befreiung bringen soll.

Sie kommen durch das Stadttor. Vor ihnen liegt die Hinrichtungsstätte, der Hügel Golgatha. Jesus aber kann nicht mehr. Mühselig schleppt er sich weiter. Die Mißhandlungen der Soldaten haben ihn schon zu sehr geschwächt. Das Kleid klebt ihm am Leib, an der aufgerissenen Haut. Seine Knie geben nach, der Schweiß bricht ihm aus - er sinkt schweigend unter seiner Last zusammen.

Die Soldaten rufen einen Bauern, der gerade vom Feld heimkommt. Er soll das Kreuz Jesu tragen; das heißt: er muß es tun, ob er will oder nicht. Aber was äußerlich gesehen eine Schande und Kränkung ist, das ist für diesen Simon von Kyrene zum Heil geworden: Er und seine beiden Söhne Rufus und Alexander wurden Christen, und Simon war der erste Jünger, der hinter Jesus sein Kreuz herträgt.

Bald ist der Zug mit den Verurteilten auf der kleinen Anhöhe angekommen. Dort stehen schon drei Pfähle für die Verurteilten. Der mittlere war ursprünglich vielleicht für Barrabas bestimmt gewesen. Doch nun soll Jesus an ihm sterben, hier auf diesem Hügel, der wie ein kahler Schädel aussieht und deshalb auch „Schädelstätte“ („Golgatha“) heißt.  

Die Soldaten ziehen Jesus die Kleider aus. Die Arme werden mit Stricken an dem Querbalken festgebunden, die Hände werden zusätzlich festgenagelt. Man bringt Jesus einen Becher, in dem Wein mit Myrrhe gemischt ist: das soll ihn betäuben und die unerträglichen Schmerzen etwas lindern. Doch Jesus nimmt ihn nicht: Er will

mit vollem Bewußtsein das letzte Leiden erdulden.

Die Soldaten ziehen nun den Querbalken an dem Pfahl hoch und binden ihm die Füße an den Stamm. Die Soldaten aber haben nichts Eiligeres zu tun, als die Kleider Jesu unter sich aufzuteilen und darum zu würfeln. Sie sind völlig ungerührt von dem Geschehen, sie führen nur ihre Befehle aus.

Es ist gegen neun Uhr morgens und die Sonne steigt höher. Die Soldaten bringen noch das Schild über dem Kopf Jesu an. Nun können es alle lesen: „Der König der Juden!“ Pilatus hatte es zum Spott für die Juden schreiben lassen. Aber unbewußt hat er ja damit das Richtige geschrieben. Lateinisch lautet die Inschrift: „Jesus Naza­renus, rex Judaeorum“ oder abgekürzt „INRI“ So kennen wir es von vielen Kreuzigungsdarstellungen.

Nun werden auch die zwei Verbrecher in der gleichen Weise gekreuzigt, einer rechts und einer links von Jesus. Es sieht so aus, als sei Jesus auch ein Verbrecher, so wie es schon der Prophet Jesaja geschrieben hat: „Er ist unter die Übeltäter gerechnet!“.

Doch die Menschen, die vorbeikommen, spotten noch über Jesus. Sie schütteln ihren Kopf vor Abscheu und rufen: „Pfui, wie schön zerbrichst du den Tempel und baust ihn in drei Tagen wieder auf! Hilf dir doch selber und steig vom Kreuz herab!“

Auch die Hohenpriester und Schriftgelehrten sind gekommen. Sie warten auf das Schuldbekenntnis des falschen Propheten, sie warten auf den Widerruf, der ihr Urteil bestätigen würde. Sie spotten auch: „Er hat anderen geholfen und kann sich selber nicht helfen. Ist er Christus und König in Israel, so steige er nun vom Kreuz, damit wir es sehen und an ihn glauben!“

Noch im letzten Augenblick müssen sie also zugeben, daß Jesus anderen geholfen hat. Und sie tun nun so, als würden sie jetzt an ihn glauben, wenn er sich durch ein Wunder als Gottessohn ausweist. Doch Jesus widersteht dieser letzten Versuchung. So hatte schon der Versucher am Anfang der Wirksamkeit Jesu gesprochen. Doch Jesus hat ja auf alle indische Macht verzichtet, er will freiwillig alles aufgeben und sterben.

Gegen Mittag verdunkelt sich auf einmal der Himmel. Die Spötter verstummen: Ist das ein Zeichen Gottes? Die Mittagssonne wird auf einmal rot wie am Abend, als wollte sie sich von diesem Geschehen zurückziehen. Ist es nur ein Sandsturm, der die Sonne verdunkelt? Oder geschieht hier mehr? Drei Stunden bleibt es dunkel und die Menschen setzen ihr dunkles Werk ungerührt fort.

Ist es auch um Jesus dunkel? Er kämpft seinen letzten Kampf. Plötzlich ruft er: „Eli, Eli, lama asaphtani?“ Das heilt auf Deutsch: „Mein Gott, mein Gotte, warum hast du mich verlassen?“ Jesus betet laut den 22.Psalm. Es sieht so aus, als verzweifle er an Gott und seiner Hilfe. Aber in Wahrheit bekennt er sich auch im tiefsten Leiden zu Gott und ruft: „Mein Gott! Ich lasse dich nicht, auch wenn du mich zu verlassen scheinst!“

Doch die Leute, die dabeistehen, verstehen ihn falsch. Sie denken, er rufe dem Elia, dem Propheten des Alten Testaments. Sie spotten wieder: „Soll doch Elia kommen und ihn herab nehmen!“ Einer aber läuft davon, holt einen Schwamm mit Essig, steckt ihn auf einen Rohrstock und gibt ihn Jesus zu trinken. Das soll ihn noch etwas stärken und seine Qual verlängern. Und die andern lachen darüber.

Plötzlich schreit Jesus laut auf und stirbt. Und im gleichen Augenblick zerreißt der Vorhang mitten im Tempel entzwei, von oben bis unten. Nun können alle in das Innerste des Tempels sehen, in das Allerheiligste, weil nun die Sünde zwischen Gott und den Menschen zerrissen ist: Durch Jesu Tod ist der Weg zu Gott frei.

Der römische Hauptmann aber, der die Hinrichtung leitet und alles miterlebt hat, er wird von diesem Geschehen angerührt. Er sagt: „Ja, dieser Mensch ist Gottes Sohn gewesen!“ Der Heide ist der Einzige, der erkannt hat, was hier geschah. Aus seinem Munde hören wir das große Wort „Gottes Sohn“, das sonst nur am Anfang des Evangeliums auftauchte. Der Heide gibt Jesus den Ehrennamen, den ihm Israel verweigert.

Außerdem war nur noch eine Gruppe von Frauen mit dabei, die nicht gespottet und gelästert haben. Sie waren ihm schon von Galiläa her immer gefolgt und mit nach Jerusalem gekommen. Sie waren traurig über den Tod Jesu. Aber sie wissen auch: Gott hat uns lieb, so lieb, daß er seinen einzigen geliebten Sohn dahingegeben hat und für alle Menschen geopfert hat.

 

Antwortgespräch:

Wer ist der Sieger bei dieser Kreuzigung? Jesus muß nicht alles willenlos über sich ergehen lassen, sondern sein Leiden ist seine eigene Tat. Jesus ist als Sieger gestorben.

Deshalb steht das Kreuz in unseren Kirchen auf dem Altar, hängt in unseren Häusern und steht auf den Gräbern in unseren Friedhöfen. Es erinnert uns immer wieder daran, daß Jesus für uns gestorben ist. Wenn wir etwas Böses tun wollen, dann sollen wir immer daran denken: Dafür hat Jesus sterben müssen. Doch wir dürfen jeden Tag wieder zu Gott kommen und ihn im Namen Jesu um Verzeihung bitten.

 

 Isenheimer Altar:

Beispielhaft sei hier verwiesen auf die Deutung der mittleren Tafel des Isenheimer Altars von Grünewald. Der Maler hat das Kreuzigungsbild für das Kloster zu Isenheim im Elsässischen gemalt. Dorthin kamen viele kranke Menschen. Sie baten Gott vor dem Altarbild um Heilung. Im Spital des Klosters fanden sie Pflege und Hilfe. So sah viel Volk das Gemälde. Es winkte wie eine Predigt, die der Künstler an die Menschen richtete. Das Lendentuch, das sich um die Hüften Christi schlingt, ist zerfetzt und zerrissen. Die Menschen, die vor dem Bild knieten, wußten das, und sie sahen den Unterschied. Das war die Absicht des Malers. Die Betrachter sollten erkennen, daß Christus zu den Armen gehörte und nicht für die Reichen gestorben war.

Eine christliche Interpretation wird nicht den Deutefinger des Täufers oder auch die Figurengruppe Maria - Johannes übersehen dürfen. Die Menschengruppe links zeigt Maria Magdalena, die Frau, die Jesus salbte (das Salbgefäß steht neben ihr). Sie ist auf die Knie gesunken. Die Hände ringt sie in wildem Schmerz. Alles in ihr bäumt sich auf gegen die nackte Wirklichkeit. Sie ist die einzige Gestalt im Bild, von der Leben und Erregung ausgeht. Beachtet die Linien ihres Gewandes. Vielleicht betet sie: „Gott, das darf doch nicht wahr sein - du kannst doch deinen Sohn nicht so enden lassen. Nimm mein Leben, aber mach ihn wieder lebendig!“„

Ganz anders Johannes der Jünger und Maria, die Mutter Jesu Christi. Der Schmerz hat sie fast getötet. Mit letzter Kraft hält Johannes die totenblasse Maria in den Armen. Voll Liebe und Erbarmen sieht er auf die Ohnmächtige herab. Der eigene Schmerz hat ihn nicht hart und gefühllos gemacht - im Gegenteil - er ist an ihm gewachsen, gereift und kann nun so Maria zum Halt werden. Darauf weist auch das leuchtend rote Gewand des Johannes hin - rot die Farbe des Schmerzes und der Liebe.

 

Man brachte die Kranken vor den Altar, ließ sie diese Kreuzigung anschauen und hoffte auf Heilung. Nun werdet ihr sagen, wenn man krank ist und sich dieses furchtbare Bild anschauen muß, dann kann man nur noch elender, aber niemals gesund werden?

 

Von Johannes und dem weißen Lämmlein zu seinen Füßen strahlt eine große Energie, aber auch eine große Ruhe aus. Fest steht der Mann mit beiden Beinen auf der Erde. Er hat etwas auszusagen, etwas, das ihm diese unerschütterliche Sicherheit verleiht. Hier ist der Schmerz schon überwunden im Glauben. Es ist Johannes der Täufer. Neben ihm steht in lateinisch, was er in Hinblick auf Jesus gesagt hat: „Jener muß wachsen, ich aber abnehmen!“ Das Lämmlein erinnert an ein anderes Täufer­wort: „Siehe. das ist Gottes Lamm, das der Welt Sünde trägt!“

 Als Jesus gekreuzigt wurde, war Johannes der Täufer längst tot. Der Maler hat aber bewußt diesen Zeitirrtum begangen. Johannes, der schon immer auf Jesus hingewiesen hat, ist hier die Stimme des Glaubenden. Beachtet den überlebensgroßen Zeigefinger - er deutet auf Jesus und will sagen: „Seht, dieser geschundene und gemarterte Mensch ist ein Mensch wie ihr. Ihr aber tragt eure Leiden, er jedoch trägt das Leid der ganzen Welt. Es gibt nur eine Liebe, die so weit geht. Das ist seine Liebe. Diese Liebe wächst über den Tod und über all das Grauen hinaus. Aus ihr bekommt der Glaubende seine Kraft und Zuversicht. aus ihr allein kann er überhaupt leben!“

Deshalb hat man die Kranken vor das Bild gebracht. Manche wurden gesund, den Sterbenden aber gab es starken Trost. Hier ist einer im Tod vorausgegangen - wir gehen nur noch nach. Die Liebe Gottes reicht über den Tod hinaus. Auch uns weist Johannes der Täufer auf diese Liebe hin.

 

Grabtuch von Turin

In der italienischen Stadt Turin wird ein Tuch aufbewahrt, auf dem sich schattenhaft eine menschliche Gestalt zeigt. Es soll sich um das Grabtuch handeln, mit dem vor nahezu 2000 Jahren der Leichnam des gekreuzigten Jesus bedeckt worden ist. Besitzt damit die Christenheit ein echtes Bild ihres Herrn?

Das Turiner Grabtuch zeigt die Vorderansicht eines etwa 1,80 m großen Toten. Das Tuch ist insgesamt 4,38 Meter lang und 1,10 Meter breit. Es zeigt auch die Rückenpartie einer in ihm eingeschlagenen Leiche. Die dunklen Streifen am Rand stellen Spuren eines Brandes dar, dem das mehrfach zusammengelegte Tuch im Jahre 1532 ausgesetzt war. Auch das Löschwasser hat Spuren hinterlassen.   

Bereits im Mittelalter war die Echtheit des Grabtuches heftig umstritten. Damals befand es sich längere Zeit in dem französischen Ort Lirey. Im Jahre 1389 schrieb Bischof Peter von Arcis an den Papst, die Lireyer hätten sich das „künstlich bemalte“ Tuch beschafft, um aus dem einsetzenden Pilgerstrom Gewinn zu schlagen. Doch bereits sein Vorgänger im Bischofsamt habe an der Echtheit des Tuches gezweifelt und schließlich den Betrug aufgedeckt: Der Künstler selbst habe eingestanden, das Tuch bemalt zu haben.

Das Tuch kam im Jahre 1578 nach Turin. Ungeachtet des alten Echtheitsstreites war man dort fest davon überzeugt, mit ihm das Bild Christi aufzubewahren. Das galt auch für das Jahr 1898, als es wieder im Dom öffentlich ausgestellt wurde.

Wer aber wissenschaftlich gebildet war und auf der Höhe der zeitgenössischen Bildung stand, hielt es mit der Feststellung, die Bischof Peter 500 Jahre vorher getroffen hatte: Ein mittelalterlicher Künstler hat das Tuch hergestellt. Direkter Farbauftrag ließ sich allerdings nicht nachweisen, so daß irgendwelche Abdruckverfahren vermutet wurden.

Da geschah etwas, was diese so sichere Meinung grundlegend erschütterte: Das Tuch wurde zum ersten Mal fotografiert. Als der Fotograf die riesige, 50 x 60 Zentimeter messende Fotoplatte entwickelte, erblickte er auf dem fotografischen Negativ ein positives Bild in natürlichen Helligkeitswerten. Das bedeutete: die Gestalt auf dem Grabtuch war ein Negativ. Dem entsprechend wirkt im Original das Gesicht des Toten auch gar nicht „schön“: Weit aufgerissene Augen starren dem Betrachter entgegen. Erst die fotografische Umkehrung zeigt es so, wie es offenbar „gemeint“ ist: ruhig und hoheitsvoll.

Diese überraschende Entdeckung wirft eine Reihe von Fragen auf, die zum Nachdenken zwingen. Wie konnte ein mittelalterlicher Künstler lange vor der Erfindung der Fotografie auch nur eine Vorstellung von einem negativen Bild haben, das dunkel darstellt, was hell sein soll und umgekehrt? Nie hätte er seine Bildbotschaft derartig verschlüsselt!

Damit war noch kein Echtheitsbeweis erbracht, der eine künstliche Herstellung der Reliquie überhaupt ausschloß. Aber vor allem Naturwissenschaftler bemühten sich in den folgenden Jahrzehnten bis in unsere Gegenwart hinein darum, mit allen Mitteln gerichtsmedizinischer Methoden glaubhaft zu machen, daß das Tuch tatsächlich aus der Zeit und aus dem Lebensraum Jesu stammt und das Bild eines Gekreuzigten wiedergibt.

Mit sichtbarer Sympathie für diese kriminalistisch zu nennende Fährtensuche hat der Jesuitenpater Werner Bulst die Forschungen um das Turiner Grabtuch beschrieben („Das Grabtuch von Turin“, Leipzig 1983). Der Autor selbst faßt das Ergebnis seiner Darstellung in die Worte: Ohne Zweifel handele es sich um das Grabtuch eines Gekreuzigten. Auch der Indizienbeweis sei überzeugend: „Der Gekreuzigte war Jesus von Nazareth!“

Die Herausgeberin seines Buches dagegen urteilt vorsichtiger: Der letzte wissenschaftliche Beweis sei auch nicht erbracht. Und sehr richtig sagt sie: „Für den Glauben an die Auferstehung ist es letztlich unerheblich, ob wir es mit dem Grabtuch Jesu zu tun haben oder nicht!“

Ihr ist zuzustimmen. Ein Glaube, der zu seiner Bestätigung solcher materieller Beweise bedarf, hat Jesus Christus als bestimmende Realität seines Lebens noch nicht erfahren.

Aber auch auf der Ebene der naturwissenschaftlich-historischen Betrachtung sind weiterhin Zweifel geboten. Dem Leser des Buches von Werner Bulst ist ebenso eindrücklich wie die Schilderung überraschender Untersuchungsergebnisse die Tatsache, daß der Autor eine Zen­tralfrage in keiner Weise überzeugend zu beantworten vermag: Durch welchen chemischen Prozeß hat sich auf dem Tuch das Bild eines Toten abzeichnen können, so kräftig, daß es ohne Fixierung 2000 Jahre lang von Bestand ist? Es müßte sich um ein fotochemisches Spontanergebnis handeln, das Louis Daguerre, den Erfinder der Fotografie, weit in den Schatten stellt (Gottfried Müller).

 

Der Missionsbefehl Mt 28, 16 - 20

Hinführung:

Wir überlegen: Wer hat uns etwas zu sagen? Eltern, Lehrer, Vorgesetzte, Polizei, Arzt, Minister, Präsident, Bürgermeister, Offizier, usw. Diese Menschen haben über bestimmte andere Menschen zu bestimmte, aber ihre Befehlsgewalt ist begrenzt auf einen bestimmten Raum. Sie sind mächtiger als wir. Aber sie meinen es auch gut mit uns. Denken wir nur an den Verkehrs­polizisten auf der Kreuzung: dem müssen alle folgen, wenn es kein Unglück geben soll. Oder denken wir an den Schwimmeister im Schwimmbad: Er kann Befehle geben, denn er hat Erfahrung und hat auch die Verantwortung, seine Anweisungen sind zur Hilfe für die Menschen gegeben, ihnen nicht zu folgen, bedeutet Lebensgefahr.

Könnte auch Jesus so ein Herr sein, der über uns wacht und der die Macht hat, uns vor Gefahren zu schützen? Er war doch aus seinem Volk ausgestoßen worden und wie ein Verbrecher gestorben. Wehrlos hatte er Hohn und Spott ertragen müssen. Es gab auch keine Gemeinde mehr, denn seine Jünger hatten versagt, hatten ihn verleugnet und waren geflohen. Eine ganze Zeit waren sie mit Jesus gegangen, aber nun war alles aus. Sie fragten sich: War Jesus wirklich der Sohn Gottes? Oder haben wir uns getäuscht?

Aus dieser Not konnten sie nicht allein wieder herausfinden Es hätte gar nichts genutzt, wenn sie sich wieder zusammengefunden hätten, um sich wieder aufzuraffen und gegenseitig Mut zu machen. Jesus selber mußte ihnen helfen und ihnen einen neuen Auftrag und die entsprechende Vollmacht geben. Davon wollen wir nun hören.

 

Erzählung:

Die Jünger hatten von den erschrockenen und doch hocherfreuten Frauen erfahren, was an Jesu Grab geschehen war: „Wir haben den Herrn gesehen“, sagten sie, „er ist nicht im Tode geblieben, sondern Gott hat ihn auferweckt. Er hat uns gesagt, ihr sollt nach Galiläa gehen, dort werdet ihr ihn auch sehen können.

Dennoch konnten sich die Jünger nicht freuen. Ihre Verlassenheit war zu groß und ihr Gewissen zu schwer belastet. Die Leute fragten sie: „Na, wo ist denn nun euer Meister?“ Niemand hätte es ernst genommen, wenn sie gesagt hätten: „In Galiläa wird er sich uns zeigen!“ Die Leute erzählten sich ja untereinander etwas anderes: Die Jünger selber hätten den Leichnam Jesu nachts aus dem Grab gestohlen, um behaupten zu können, er sei auferstanden! Wie sollten sie nur solchen Behauptungen entgegentreten?

Sie hatten auch alle ein schlechtes Gewissen: „Was würde Jesus dazu sagen, daß sie ihn alle verlassen hatten? Besonders Petrus wußte nicht, wie er Jesus gegenübertreten sollte, wo er doch geleugnet hatte, Jesus zu kennen. Diese Jünger konnten sich nicht freuen, sie konnten sich nicht einmal gegenseitig trösten. Sie waren ein verlassenes Häuflein.

Aber sie machten sich doch auf nach Galiläa. Sie wanderten dorthin zurück, wo sie die erste glückliche Zeit ihrer Jüngerschaft erlebt hatten. Elf Jünger waren es nur, denn Judas fehlte ja. Das ganze schreckliche Geschehen des Leidens und Sterbens Jesu war ihnen

so immer noch vor Augen. Sie kennen der Weg genau. Auf dem Berg waren sie mehrfach mit Jesus zusammen. Hier hatten sie ihr in all seiner Herrlichkeit sehen können, vom göttlichen Lichtglanz umstrahlt; würden sie ihn jetzt wieder so sehen können?

Plötzlich steht Jesus vor ihnen. Mit ihren eigenen Augen dürfen sie den Auferstandenen wahr­nehmen. Das überwältigt sie so, daß alle Zweifel und Hoffnungslosigkeit schwinden. Sie werfen sich vor ihm nieder und beten ihn an, so wie man sonst einem König huldigt.

Damit bekennen sie ihre Untreue und bitten um Vergebung, sie wollen ihr ganzes Leben wieder hingeben. Jetzt ist kein Geheimnis mehr um Jesus, sondern ihnen ist der Blick auf den wahren und wirklichen Christus eröffnet.

Dennoch zweifeln einige. Zumindest zögern sie und sind noch verzagt. Es wird für uns tröstlich sein, daß auch die Jünger Jesu sich nicht so sicher waren. Einige wollen erst noch kritisch prüfen, ob sie nicht einem Spuk erlegen sind oder sich alles nur eingebildet haben. Ist nicht alles nur ein Traum? Diese stumme Gestalt ist doch nicht der Jesus, den sie kennen, auch wenn er hundertmal so aussieht wie Jesus. Sie brauchen Gewißheit, denn auf ihre Augen allein wollen sie sich nicht verlassen. Nur sein Wort könnte aller Zweifel überwinden und alles klar machen.

Jesus schimpft die Jünger nicht. Er bleibt aber auch nicht in unnahbarer Ferne, sondern tritt zu seinen Jüngern. Und er redet mit ihnen. An den Worten erkennen sie ihn, und alle Zweifel sind verflogen, Es geht also gar nicht so sehr um die Erscheinung Jesu, sondern es kommt auf die Worte an, die er ihnen zu sagen hat.

Jesus sagt: „Mir ist gegeben alle Gewalt im Himmel und auf Erden!“ Das war den Jüngern sicher neu: Daß, er alle Gewalt im Himmel hat, das war ihnen klar. Aber auf der Erde herrschen doch andere Gewalten. Doch nur wird den Jüngern deutlich: Jesus bestimmt den Lauf der irdischen Geschichte und alle Menschen sind sein Eigentum. Diese Menschen sollen von ihm erfahren. Deshalb sagt er zu den Jüngern: „Darum gehet hin und macht zu Jüngern alle Völker. Tauft sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiliger Geistes, und lehret sie halten alles, was ich euch befohlen habe!“ Damit werden sie wieder in ihr Amt als Apostel eingesetzt. Jesus hat ihnen vergeben und alle Untreue ausgelöscht. Er erneuert und erweitert der Auftrag, den er ihnen schon einmal gegeben hatte.

Nun sollen sie zu allen Völkern gehen. Es ist kein Unterschied mehr zwischen dem ursprünglicher Volk Gottes und denen, die bisher abseits standen. Alle sollen sie zu Jüngern Jesu werden. Ein erster Schritt dazu ist die Taufe. Der zweite wäre dann, daß sie die Lehre Jesu kennenlernen.

Sicherlich kann die Reiherfolge auch andersherum sein. Aber wenn die Taufe an erster Stelle steht, dann wird doch deutlich: Ehe der Mensch etwas tun kann, hat Gott schon an ihn gehandelt. Gottes Gabe ist das Erste, das Tun des Menschen nur die Antwort. Aber ohne diese Antwort ist die Taufe sinnlos. Und die Antwort besteht nicht nur in Worten, sondern auch im Handeln nach dem Liebesgebot Jesu.

So erhält die Kirche Jesu Christi ihren Auftrag für die Zeit, bis Jesus wiederkommen wird. Sie hat zu predigen und im Sinne Jesu zu handeln. Da hat sie viel zu tun, die Zeit wird ihr nicht lang werden. Sie wird sich nicht zur Ruhe setzen können und in alten Formen erstarren, sondern immer wieder in eine heilsame Unruhe versetzt werden.

Doch die Jünger denken: Das ist ein ungeheurer Auftrag, den können wir nie und nimmer erfüllen. Ja, wenn uns alle Gewalt im Himmel und auf Erden gegeben wäre, dann könnten wir es gerne vollbringen. Aber da dürfen sie nach dem Auftrag auch die Verheißung hören: „Siehe, ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende!“

In allem, was auch kommen mag, werden sie in seiner Gemeinschaft geborgen sein. Das wird gelten bis zur Vollendung der Weltzeit. Diese Welt wird einmal ein Ende haben, aber nicht so, daß sie ins Nichts versänke. Es wird vielmehr alles vollendet werden, was Gott angefangen hat. So endet das Matthäusevangelium mit einem Ausblick nach vorn, der nicht Abschied ist, sondern die Zusage, daß der auferstandene Herr gegenwärtig ist! (Gliederung: Was Gott getan hat, was die Gemeinde zu tun hat, was Jesus tun wird: Vollmacht, Auftrag, Verheißung!)

 

Antwortgespräch:

Aus dem eigenen Umgang untereinander und aus der Erfahrung mit Erwachsener wissen wir, daß die Macht vor entscheidender Bedeutung im Leben ist. Wer Macht hat, erreicht etwas im Leben. Wer Macht hat, kann auch Befehle erteilen bzw. sogar Gehorsam erzwingen: Eltern, Schule, Verein, usw. geben uns Befehle, wir haben sie zu befolgen.

Jesus allerdings will unseren Gehorsam nicht erzwingen, sondern er möchte, daß wir uns ihm freiwillig zur Verfügung stellen. Im Leben Jesu war auch nur wenig sichtbar von der Macht, die ihm zur Verfügung stand, wie wir zum Beispiel an der Versuchungsgeschichte und der Gefangennahme sehen. Daß Jesus Macht hat, ist eine Glaubensaussage. Auf diesen Glauben hin haben Menschen angefangen zu predigen. Sie haben die Worte Jesu ernst genommen, und daraus ist die Kirche in aller Welt geworden. Nur wenn wir heute der Auftrag ebenso ernst nehmen, wird auch heute von der Macht Jesu mehr zu spüren sein.

Das Matthäus-Evangelium beantwortet die Frage: Wie sollen wir durchkommen, wenn Jesus nicht mehr unter uns zu sehen ist? Auf die Einsetzung Jesu zum Herrn der Welt und den Missionsbefehl läuft alles hinaus.

Im Sinne Jesu allerdings ist der Leidende der Überwindende und nur durch den Verzicht auf Machtansprüche lebt man im Sinne Jesu.

Das zeigt die Erzählung von Leo Tolstoi: „Das Lichtchen“: Für die russischen Christen ist Ostern das wichtigste Fest. In einem Ostergottesdienst fehlt kein orthodoxer Christ ohne zwingende Gründe. Doch der Verwalter eines Gutes zwingt Pjotr, an Ostern zu pflügen. Von ihm wird etwas Unzumutbares verlangt, aber es stehen ihm auch keine Mittel zur Verfügung, gegen den Verwalter anzugehen. So wiedersetzt er sich nicht. Aber er stellt sein Licht auf den Pflugbalken und singt beim Pflügen die Osterlieder. Indem er Ostern auf diese Weise feiert, sieht der Ohrmächtige über der Mächtigen. Pjotr hat über den Verwalter gesiegt, obwohl er ganz gehorsam war. So hat sich auch Jesus die Hände binden lassen, ist aber in seinem Gehorsam der Sieger geblieben.

 

Bildbetrachtung: H.G. Anniès: Wir haben das Leben gesehen, Nr. 4:

[Bild nicht vorhanden]

Eine Bogenlinie, die die Erde und die Welt als ganze meint, läuft im unteren Drittel des Bildes durch das schwarze und das weiße Feld. Die Gruppe der elf Jünger kniet im rechten Teil des Bogenfeldes, ragt aber weit ins helle Panabelfeld hinein. Die Köpfe sind erhoben, die leeren Hände gefaltet oder flehend erhoben. Über ihnen steht die Gestalt des Auferstandenen, erkenntlich an den Nägelmalen. Sie ragt riesenhaft vor den Jüngern auf. Doch sie schwebt nicht nach oben, sondern steht fest auf der Erde, die Arme weit ausgebreitet, das Haupt frei erhoben. Alle Gesichtszüge (er ist ja der Auferstandene) bekrönt vor einer schmalen Krone, nimmt Abschied von seinen Jüngern, aber er geht nicht weg, sondern bleibt unsichtbar anwesend. Er beherrscht die Welt königlich und umfaßt mit seinen durchbohrten Händen auch die ganze Finsternis und sendet die Seinen in die Welt. Jesu tritt aus seiner Welt heraus. Aber die Jünger können nicht in seine Welt hinein.

 

Die Zahl der Christen in der Welt wächst zwar, aber die Weltbevölkerung wächst noch schneller, so daß der Anteil der Christen sinkt. Man kann heute mit etwa einer Milliarde Christen rechnen, die allerdings in viele Kirchen gespalten sind. Dennoch ist das im Vergleich

zu den elf Jünger' ein großer Fortschritt. Aber sind diese Christen alle wirklich Christen im Sinne von Jüngern Jesu? Der Missionsbefehl ist noch nicht erfüllt. Drei Viertel der Menschheit sind keine Christen, gehören anderen Religionen an oder sind gar Atheisten.

Wir sind aufgerufen, Missionare Jesu in unserer Umgebung zu sein und Liebe zu üben, wo wir nur können (aus Zeiturgen können wir Bilder und Berichte sammeln von Menschen, denen geholfen werden muß).

 

Was ist der „Himmel“?

Die Geschichte vom Abschied Jesu vor seinen Jüngern wird meist als „Himmelfahrt“ bezeichnet. Doch das kann natürlich nicht bedeuten, daß Jesus dann irgendwie in die Luft geschwebt wäre. Wenn er damals mit Lichtgeschwindigkeit gestartet wäre, dann wäre er in 8 Minuten an der Sonne gewesen, in 100 Jahren am großen Himmelswagen, nach 300 Jahren am Polarstern. Aber erst nach 8.000 Jahren würde er in die Mitte unserer Milchstraße kommen, und in 80.000 Jahren an den Rand unserer Milchstraße. Aber dort beginnen ja wieder neue Sternensysteme. Wo soll da der Himmel sein? Noch weiter draußen?

In der englischen Sprache gibt es zwei Wörter für Himmel: Der Wolkenhimmel heißt „sky“, aber der Gotteshimmel heißt „heaven“. Jesus aber ist in den unsichtbaren „heaven“ zurückgekehrt, an sich schon bei der Auferstehung, aber hier wird das noch einmal in einer eigenen Geschichte herausgestellt.

Der räumlichen Auffassung von „Himmelfahrt“ leisten natürlich die bildlichen Darstellungen Vorschub (z.B. Paula Jordan und Himmelfahrtssymbol von Rudolf Koch). Deshalb sind Bilder zu bevorzugen, die Jesus zwar schwebend darstellen (anders geht es wohl kaum), aber doch noch in großer Nähe zum Erdboden. Besser wären vielleicht technische Bilder: die Fernsehwellen werden durch das Fernsehgerät sichtbar, Rundfunkwellen hörbar. Aber wenn wir sie nicht empfangen, sind sie doch da.

Wir dürfen ganz ohne naturwissenschaftlichen Kummer beten: „Unser Vater im Himmel“. Der Himmel befindet sich ganz in unserer Nähe, sozusagen vor unserer Tür. Der Himmel ist die Nähe Gottes, da rückt er uns auf den Pelz, denn in Jesus ist er uns nahe gekommen (Hölle ist die Ferne von Gott).

 

Der Bordesholmer Altar von Hans Brüggemann: Die Himmelfahrt Christi.

Hans Brüggemann aus Walsrode in der Lüneburger Heide hat den Schnitzaltar für die Kirche des Augustinerklosters Bordesholm (zwischen Kiel und Neumünster) im Jahre 1521 vollendet. Er ist bis zu 16 Meter hoch, war früher bunt bemalt und zeigt Szenen aus der Passion Jesu bis hin zu Pfingsten. Heute steht er im hohen Chor des Domes zu Schleswig. in der höchsten Spitze über allen Teildarstellungen mit ihren über 400 Figuren erscheint Christus als Weltenrichter auf dem Regenbogen thronend und mit der Weltkugel zu seinen Füßen.

Auf engem Raum ist nur die Spitze des Himmelfahrtsberges zu sehen. Wir sehen deutlich 9 Jünger (zwei weitere sind hinter der Bergspitze zu vermuten) und Maria, die Mutter Jesu, mit faltenreichem Gewand und tief ins Gesicht fallendem Schleier. Der Jünger rechts neben ihr scheint Petrus zu sein, der dritte von rechts mit dem bartlosen jungen Gesicht ist Johannes.

Die starke Geschlossenheit der Gruppe beruht vor allem auf der inneren Haltung, von der sie getragen wird. Sie sind einmütig in der Liebe zu ihrem Herrn und in der Bereitschaft, ihm zu dienen. Ehrfurchtsvoll schauen sie nach oben. Die Vorderen sind in die Knie gesunken. Einige haben die Hände zur Anbetung zusammengelegt, andere breiten die Arme aus in starker innerer Bewegung. Der Abschiedsschmerz tritt zurück.

Hoch über dem Jüngerkreis auf der Spitze des Berges befindet sich der Herr. Seine hoheitsvolle Gestalt beherrscht das Ganze. Helles Licht liegt über ihm. Die Strahlen der mächtigen Gloriole sind nach allen Seiten ausgebreitet. Das Geheimnisvolle der Stunde soll verdeutlicht werden, in der Jesus Christus sich von der Welt löst (Fußstellung!). Er hat jetzt Anteil an der Weltherrschaft Gottes. Seine durchbohrte Rechte in der Haltung der Schwurhand scheint die Worte zu besiegeln, die er als Weisung und Trost gerade gesprochen hat. Der Blick seines edlen, hoheitsvollen Gesichts richtet sich in die Weite, als ob er die ganze Menschheit umfassen wollte, auf die er Anspruch hat.

 

 

Die Passionsgeschichte nach Lukas: Lk 22 -23

 

Geschichtlicher Hintergrund:

Der Evangelist Lukas schreibt in einer Zeit, in der die Christen inmitten einer heidnischen Umwelt immer wieder an den Rand gedrängt wunden. Schon die ersten Gemeinden haben unter Herodes und seinen Nachfolgern schlimme Verfolgungen erlebt. Von Jakobus und Stephanus werden wir noch hören. Dann hatte im Jahre 64 der Kaiser Nero den Brand der Stadt Rom den Christen zur Last gelegt (obwohl er sie wahrscheinlich selbst hat anzünden lassen, um sie größer und schöner wieder aufbauen zu können). Im Jahre 96 begannen wieder massive Maßrahmen des Kaisers Domitian gegen die Christen in Italien und Kleinasien. Die Ausbreitung des Glaubens führte also zu verstärkten Zusammenstößen mit der Umwelt.

In dieser Zeit der versteckten oder offenen Christenverfolgungen wirbt Lukas mit seinem Doppelwerk Evangelium/Apostelgeschichte um gerade diese Welt. Er hat erkannt, daß es noch einige Zeit dauern wird, bis der Herr wiederkommen wird. Deshalb gilt es, sich in dieser Welt irgendwie einzurichten. Deshalb bemüht er sich, mit dem damaligen Staat ins Gespräch zu kommen. Er möchte, daß das Christentum als staatliche anerkannte Religion angesehen wird. Deswegen stellt er die Kirche als das wahre Israel dar, damit es die gleichen Vorteile genießt wie die Juden im römischen Reich, die in ihrer Religionsausübung einigermaßen frei waren.

Lukas benutzt für Jesus ganz bewußt einen völlig unpolitischer Königstitel (für uns schwer verständlich, daß er unpolitisch sein soll). Er stellt deutlich Jesu politische Harmlosigkeit heraus. Dreimal stellt ein Vertreter des römischen Reiches ausdrücklich Jesu Unschuld fest und lehnt eine Verurteilung ab. Das bedeutet allerdings, daß nun die Juden massiv beschuldigt werden. Der christlichen Gemeinde aber macht Lukas Mut zum Glauben im Geist und im Namen Jesu, der als leuchtendes Vorbild des Glaubens und des Gehorsams hingestellt wird.

 

Erzählung:

Bei der Taufe hatte sich Gott zu Jesus bekannt. Von da an zog er durch das Land und sagte den Menschen: Gott „hat euch so lieb wie ich euch liebhabe!“ Aber nicht alle Menschen hatten Jesus lieb. Er machte vieles anders, als sie es sich vorstellten. Sie konnten sich nicht denken, daß ausgerechnet dieser Jesus von Gott kommen soll­te. Deshalb überlegten sie, wie sie Jesus umbringen könnten.

Doch nicht das ganze Volk steht ihm feindlich gegenüber, auch nicht die frommen Pharisäer, sondern die Hohenpriester und Schriftgelehrten, die besonders kundig sind und seine Lehre besonders gut kennen.

Aber sie wagen nicht, Jesus im Tempel zu verhaften, weil er doch zu viele Anhänger hat. Aber es ist schon einer da, der ihren helfen wird. Die schöne Zeit der ungestörten Wirksamkeit Jesu ist vorbei. Jetzt ist der Satan wieder da, der Widersacher Gottes, der Jesus bald nach der Taufe hatte verlassen müssen. Aber jetzt fährt er in den Judas, den Jünger Jesu. Dieser geht hin zu den Hohenpriestern und beredet mit ihren, wie er ihnen Jesus in die Hände spielen will. Da freuen sie sich und versprechen ihm sogar, sie wollen ihm Geld geben. Seit der Zeit sucht Judas eine Gelegenheit, wie er Jesus den Hohenpriestern übergeben kann, ohne daß großes Aufsehen dabei entsteht.

In der Nacht hält sich Jesus mit seinen Jüngern immer in einem Garten am Ölberg auf. Aber in dieser Nacht betet er: „Vater, wenn es möglich ist, so laß diesen Kelch an mir vorübergehen. Doch nicht mein Wille, sondern dein Wille geschehe'!“ Der Angstschweiß tropfte ihm wie Blutstropfen zur Erde. Da kommt ein Bote Gottes und stärkt ihn. Die Jünger aber sind eingeschlafen.

Da kommt aber auch schon der Trupp Soldaten, der Jesus verhaften will. An ihrer Spitze geht Judas, der Jünger Jesu. Er tritt auf Jesus zu und will ihn küssen. Jesus aber sagt zu ihm: „Judas, verrätst du mich mit einem Kuß?“ Die Jünger erkennen sofort, was jetzt kommen wird. Sie fragen: „Herr, sollen wir mit dem Schwert dreinschlagen?“ Einer hat schon sein Schwert gezogen und haut damit einem Soldaten des Hohenpriesters das rechte Ohr ab. Jesus aber ruft: „Halt!“ und setzt dem Soldaten wieder das Ohr an und heilt ihn.

Zu den Hohenpriestern und Hauptleuten des Tempels und den Ältesten aber sagt er: „Ihr seid wie zu einem Mörder mit Schwertern und mit Spießen ausgezogen. Dabei war ich doch täglich bei euch im Tempel. Aber da habt ihr keine Hand an mich gelegt. Aber dies ist eure Stunde und die Macht der Finsternis!“ Wer Böses vorhat, muß sich in der Dunkelheit verstecken. Die Feinde Jesu machen sich zu Werkzeugen des Bösen, während er doch niemand etwas Böses getan hat und auch jetzt nicht tut.

Es wird nicht gesagt, daß die Jünger geflohen seien. In Zeiten der Verfolgung und Bedrohung ist es ja gerade die Aufgabe, durchzuhalten und zu bleiben.

Nur über Petrus ist Jesus traurig. Der hatte doch gesagt: „Ich bin bereit, mit dir ins Gefängnis und sogar in den Tod zu gehen!“ Aber als man ihn im Hof des Hohen­priesters dreimal fragt: „Gehörst du nicht auch zu diesem Jesus?“ da sagt er jedesmal: „Ich weiß nicht, wovon du redest!“ Erst als der Hahn kräht, fällt ihm alles wieder ein, was Jesus gesagt hat und was er ihm versprochen hatte. Da geht er aus dem Hof hinaus und weint, weil er sich so schämt.

Jesus steht unterdessen vor dem Hohen Rat. Sie fragen ihn: „Bist du der Christus, der Messias, auf den wir schon so lange warten?“ Aber Jesus antwortet: „Wenn ich ‚Ja‘ dazu sage, glaubt ihr es ja doch nicht. Wenn ich euch aber frage, dann antwortet ihr nichts. Aber von jetzt ab werdet ihr den Menschensohn sitzen sehen zur Rechten Hand der Kraft Gottes!“

Der Hohe Rat rätselt herum: Wen hat er wohl mit dem „Menschensohn“' gemeint? Sie fragen:“Bist du denn Gottes Sohn?“ Da. sagt es Jesus frei heraus: „Ihr sagt es: Ich bin es!“Da freuen sie sich und sagen: „Jetzt brauchen wir keine Zeugen mehr, wir haben es selbst gehört. Er hat sich selbst zum Sohn Gottes gemacht. Das aber ist eine Gotteslästerung, die den Tod verdient!“

Sie schleppen Jesus zu dem römischen Statthalter Pontius Pilatus. Dieser war vom Kaiser eingesetzt, das Land zu verwalten, und sollte für Ruhe und Ordnung sorgen. Nun behaupten diese Leute von Jesus: „Er verbietet den Leuten, dem Kaiser die Steuer zu bezahlen! Er sagt auch, er sei der Christus und sei ein König!“ Jesus bestätigt Pilatus, daß er ein König ist. Aber Pilatus weiß in der Religion der Juden schon so viel Bescheid, daß er weiß: Damit ist nicht ein politischer Herrscher gemeint, sondern hier handelt es sich um einen Begriff aus der Religion der Juden, ein König ist nur ein religiöser Führer.

Deshalb sagt Pilatus: „Ich finde keine Schuld an diesem Menschen!“ Die Juden aber werden wild und sagen: „Er wiegelt das Volk auf durch seine Lehre. In Galiläa hat er damit angefangen und nun ist er bis hierher gekommen!“

Als Pilatus etwas von „Galiläa“ hört, sieht er einen Ausweg. Wenn der Mensch ein Galiläer ist, dann ist er ja ein Untertan des Königs Herodes, der sich gerade in Jerusalem aufhält. Jesus wird also zu Herodes gebracht. Der hat schon von Jesus gehört und ist nun gespannt auf ihn. Er hofft, er würde vielleicht ein Wunder für ihn tun. Herodes fragt allerhand, aber Jesus antwortet nicht. Da verspottet ihn Herodes und sein Hofstaat und schickt ihr wieder zurück zu Pilatus.

Pilatus sagt noch einmal zu der Juden: „Ich finde keine Schuld an ihm und der König Herodes auch nicht. Ich will ihn auspeitschen lassen und dann freigeben!“ Der Haufe des Volkes vor seinem Palast aber ruft: „Wir wollen den Barrabas freihaben. Und den Jesus laß kreuzigen!“ Pilatus versucht es ein drittes Mal und bestätigt die Unschuld Jesu. Aber sie geben nicht nach. Da überläßt er Jesus seinen Feinden, damit sie mit ihm machen können, was sie wollen. Sie wissen auch schon genau, wie es weitergeht.

Ein Holzkreuz ist schon da. Jesus muß es selber zur Hinrichtungsstätte tragen. Als er nicht mehr kann, nehmen sie einfach einen anderen, der gerade vom Feld kommt und lassen es von ihm schleppen. Dieser Simon aus Kyrene in Nordafrika wird so zum ersten Menschen, der Jesus das Kreuz im wahrsten Sinne des Wortes nachträgt. Man nimmt an, daß Simon dadurch selber zum Christen wurde. Er hat jedenfalls erfahren, was von jedem Jünger Jesu erwartet werden kann: Schmach, Ablehnung, Leiden.

Die Frauen am Wegrand haben Mitleid mit Jesus. Sie klagen und beweinen Jesus. Die Männer können sich das nicht leisten, weil man das als eine politische Sache ausgelegt hätte, als eine Auflehnung gegen die Römer und eine Kritik an ihren Maßnahmen. Die Frauen aber hindert niemand, die Stimme der Menschlichkeit zu erheben.

Mit Jesus werden noch zwei wirkliche Verbrecher gekreuzigt. An sich waren sie Freiheitskämpfer, die ihr Volk von der Herrschaft der Römer befreien wollten. Aber um dieses Ziel zu erreichen, hatten sie zu terroristischen Mitteln gegriffen und viele Leute umgebracht. Jesus wird mit ihnen gekreuzigt, damit gleich deutlich werden soll: Er ist auch so einer wie die, mindestens genauso gefährlich. Nähere Einzelheiten der Kreuzigung werden nicht erwähnt.

Jesus verhält sich aber ganz anders als viele Menschen, die damals gekreuzigt wurden. Er flucht nicht und jammert nicht. Er will sogar noch anderen helfen. So bittet er für die Schuldigen: „Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun!“ So tritt er für die Unwissenden ein und eröffnet ihnen noch einmal die Möglichkeit zur Umkehr in letzter Minute.

Doch die Soldaten bleiben ungerührt. Sie teilen die Kleider Jesu unter sich auf oder verlosen sie. Das Volk steht ungerührt als unparteiischer Zuschauer dabei. Nur die Obersten spotten: „Er hat anderen geholfen. Jetzt helfe er sich doch selber, wenn er der Christus ist!“ Aber noch in ihrem Spott müssen sie anerkennen, daß Jesus anderen geholfen hat. Aber sie meinen natürlich „“Weil er sich nicht selber hilft, kann er auch nicht der Auserwählte Gottes sein!“

Auch die Soldaten beteiligen sich an der Verspottung. Sie bringen ihm essig-sauren Wein, wie ihn die Soldaten manchmal trinken. Aber einem König gebührte natürlich richtiger Wein. Sie spotten: „Bist du der Juden König, so hilf dir selber!“ Als Ausländer sprechen sie natürlich nicht vorn Messias, sondern vom König. Sie bringen auch eine Inschrift über dem Kreuz an: „Dies ist der Juden König!“ Aber damit sprechen sie ja -ohne es zu wissen - die Wahrheit aus, denn Jesus ist ja tatsächlich ein König, wenn auch anders als die Könige der Welt.

Doch der Spott steigert sich noch. Auch einer der beiden Verbrecher stimmt mit ein: „Bist du nicht der Christus!?Hilf dir selbst und uns!“ Wenn er so über Jesus spottet, dann lästert er damit aber auch zugleich Gott. Doch dieser Mann sieht in Jesus einen Versager, den man nur verspotten kann.

Doch in diesem Chor der Spötter kommt auch noch eine andere Stimme zu Wort. Es ist der andere Verbrecher, der alles durchschaut hat und nun zu seinem Kumpanen spricht: „Fürchtest du dich gar nicht vor Gott? Du hängst doch genauso am Kreuz wie er. Nur ein Unterschied ist: Wir hängen zu recht hier, denn wir empfangen, was unsere Taten wert sind. Dieser aber hat nichts Unrechtes getan!“

Dieser Mann kommt angesichts des Todes zu einem Schuldbekenntnis, weil er merkt: „Mein Leben war total verfehlt!“ Das wunde ihm an Jesus deutlich. Die Augen werden ihm geöffnet: Gott geht einen anderen Weg, als wir ihr uns gedacht haben. Jesus ist auf diesem Weg geblieben, als er Gott ganz gehorsam war.

Das Wunder wäre nicht gewesen, wenn Jesus vom Kreuz gestiegen wäre. Das eigentliche Wunder ist die Umkehr dieses Verbrechers. Dieser erkennt nun, daß es Schlimmeres gibt als den Tod am Kreuz, nämlich die Furcht vor Gott. Er sagt „Ja“ zu dem Gericht Gottes. Aber er erkennt auch in Jesus seinen Retter und wird so ein Glaubender inmitten der Schar der Spötter.

Voller Vertrauen werdet er sich nun an Jesus und sagt: „Jesus, denke an mich, wenn du in dein Reich kommst!“ In seiner Todesangst setzt er all seine Hoffnung auf den gekreuzigten Jesus, den er damit als seinen Herrn anerkennt.

Jesus ist tatsächlich der Herr des Reiches Gottes. Deshalb darf er dem Verbrecher sagen: „Heute wirst du mit mir im Paradiese sein!“ Jesus ist das Tor zur Herrlichkeit Gottes, Jesu Antwort ist die Antwort Gottes. Da darf der Mann sicher sein: Wenn Jesus das sagt, dann ist das so, als hätte er heute schon Anteil an der Welt Gottes, als gehörte er heute schon in die Herrschaft Gottes.

Von Mittag an verfinstert sich das ganze Land für drei Stunden. Der Vorhang vor dem Allerheiligsten im Tempel zerreißt. Auf dem Hügel vor der Stadt Jerusalem geschieht mehr als daß nur ein Mensch stirbt. Der alte Tempel als Sammlungsort des Volkes Gottes ist nicht mehr nötig, eine neue Zeit bricht an, die Zeit des Geistes Gottes.

Draußen auf dem Hügel aber betet Jesus Worte aus dem 31. Psalm, den die frommen Juden vor dem Einschlafen sprachen: „Vater, ich befehle meinen Geist in deine Hände!“ Er beugt sich unter Gottes Willen und sieht sein Sterben nur als ein Einschlafen an. Er ist gewiß, daß bei Gott das Leben auf ihn wartet. Gott hat sich ja

mit äußeren Zeichen zu ihm bekannt. Deshalb gibt er auch getrost sein Leben zurück in Gottes Hände.

Jesus stirbt. Aber das Kreuz wird zum Siegeszeichen. Durch sein Verhalten gewinnt Jesus noch in letzter Minute Gegner und Unbeteiligte Einer von ihren ist der römische Hauptmann, der Gott preist und sagt: „Wahrhaftig, dieser ist wirklich ein frommer Mensch gewesen!“ Er erkennt: Dieser Mann war einer, wie Gott ihn haben will. Seine Erkenntnis ist nur ein erster zaghafter Anfang; aber zu dieser Erkenntnis werden noch ganze Völker kommen.

Doch es kommt noch zu einer Steigerung. Das bisher neutral gebliebene Volk fängt an zu begreifen: Sie schlagen sich er die Brust und bekennen damit ihre Schuld. Sie waren gekommen, um ein Schauspiel zu erleben. Nun aber sind sie erschüttert und traurig und vielleicht auch auf dem Weg zum Glauben.

Auch die Freunde Jesu haben dabeigestanden und haben alles miterlebt. Unter ihnen waren auch einige Frauen, die aus Galiläa ihm gefolgt waren. Auch der Ratsherr Joseph von Arimathia war ein Freund Jesu. Er läßt den Leichnam Jesu in ein Felsengrab legen. Die Frauen aus Galiläa waren dabei, als Jesus bestattet wurde. Da aber der Feiertag schon anfing (abends um 18 Uhr) konnten sie ihn nicht mehr einsalben, wie es üblich war; sie konnten nur alles vorbereiten.

 

Antwortgespräch:

Welche Menschen waren bei der .Kreuzigung dabei, wie verhalten sie sich: Volk (Zuschauer),  Soldaten (Besserwisser), Oberste (Spötter), Hauptmann (Nachdenkliche).

Schwer zu verstehen ist, daß einer eine so scharfe Strafe erhält, der doch nur den Willen Gottes getan hat. Manchmal dauert es ein Leben lang, bis man so etwas verstehen kann. Aber Jesus hat das auf sich genommen, um auch unsere Schuld auszulöschen. Damit wir nicht die Todesstrafe erleiden müssen, ging er ans Kreuz. Als Sterbender noch konnte er einem anderen das ewige Leben zusprechen. Er war eben kein gewöhnlicher Mensch, sondern Herr über alles; deshalb ist er auch auferstanden vom Tode. Wer ihn als Herrn anerkennt, hat das ewige Leben. Das erkennt der eine Verurteilte im letzten Augenblick.

 

 

Auferstehung Jesu: Lk 24,1 - 12

Hinführung:

Die Schüler haben Grabinschriften gesammelt, völlig wahllos. Sie werden zunächst kommentarlos angeschrieben: „Ich weiß, daß mein Erlöser lebt!“ „Du bist gut aufgehoben!“ „Unvergeßlich!“ „Ungetröstet über deinen Tod!“ Dann fragen wir: Welche Inschriften lassen vermuten, daß die Leidtragenden etwas von der frohmacherden und lebensspendenden Kraft des Glaubens wußten?

Auf ein großes Zeichenblatt werden Bilder aus Illustrierten geklebt unter den Themen „traurig und fröhlich“. Wenn wir nur Bilder der Schüler hätten, wo würden wir sie hinkleben? Doch sicherlich rechts, denn es ist schön, fröhlich zu sein.

Wir schreiben Worte an die Tafel, die beide Seiten erläutern: Traurig, arm, unglücklich, Angst, weinen, zanken, fröhlich lachen, spielen, tanzen, singen, Sonne, schön.

Es kann aber sein, daß Menschen von der traurigen auf die fröhliche Seite wechseln, zum Beispiel wenn sie etwas geschenkt bekommen, wenn ihnen geholfen wurde oder wenn sie einen Freund gefunden haben. Jeder kann die Freude sehen, denn fröhliche Menschen haben fröhliche Gesichter.

Jesus hat Menschen geholfen, daß sie wieder auf der „fröhlichen“ Seite eingeordnet werden konnten: Er hat Kranke geheilt, Zöllner eingeladen, Kinder gesegnet, usw. Nach der Begegnung mit Jesus wurden diese Menschen froh. Jesus wunde für diese Menschen die große Sonne, die ihr Leben neu machte.

Aber nicht alle Menschen waren Jesu Freunde. Seine Feinde haben ihr gefangen und getötet. Sie standen auf der dunklen Seite. Aber Jesus ist auch für sie gestorben. Auch die Jünger Jesu waren auf die traurige Seite geraten. Sie waren traurig und verzagt. Für sie war gewissermaßen die Sonne untergegangen. Es hatte alles sehr schnell gehen müssen mit der Beerdigung Jesu. Das Passahfest stand ja bevor: Es begann noch am Freitagabend um 18 Uhr.

Aber nicht einmal ein Grab war da. Zum Glück stellte ein Mann vom Hohen Rat, der heimlich ein Anhänger Jesu war, sein Felsengrab zur Verfügung. Nur reiche Leute konnten sich solche Grabkammern leisten, die in mühseliger Arbeit in den Felsen gehauen wurden. Sie lagen meist außerhalb der Ortschaften in einem Park. Sie waren meist geräumig und boten Platz für mehrere Tote. Am Kopfende und am Fußende wurde eine Steinbank stehen ge­lassen. Der Tote lag dann in Leinentücher und Binden eingewickelt und das Gesicht mit einem Taschentuch bedeckt zwischen diesen Bänken in einer Nische. Vor den Eingang der Felsenkammer rollte man von seitwärts einer großen Stein zum Schutz vor wilden Tieren und Räubern.

In ein solches Grab hatte man Jesus gelegt. Aber es war keine Zeit gewesen, eine Gedenkplatte anzubringen. Man hatte nicht einmal der Leichnam mit Öl einsalben können, dem bestimmte Gewürze und Harze beigemischt waren. Das war damals so üblich, weil man den Leichengeruch dadurch überdecken wollte. Aber nicht einmal dieser letzte kleine Liebesdienst war mehr möglich gewesen.

Was tun wir mit einem Toten, um die Erinnerung an ihn nicht ganz verblassen zu lassen? Wir legen ihn in ein Grab und pflegen es gut, und stellen einen Grabstein mit dem Namen des Toten auf. Das ist der letzte Liebesdienst, den wir einem Toten tun können. Jeder möchte das gern tun und diese Pflicht nicht versäumen.

Doch sehr bald geschah etwas Wunderbares: Jesus zeigte sich wieder seinen Jüngern, zuerst dem Petrus und dann den anderen. Sie konnten Jesus irgendwie sehen, und er sprach mit ihnen. Da wurden sie ganz froh. Sie wußten: Jesus, unsere „Sonne“, scheint wieder, die Strahlen seiner Liebe gehen nur weiter in die Welt.

 

Zu denen, die auch davon erfuhren, gehörten auch die Christen in der Stadt Korinth in Griechenland. Der Apostel Paulus hatte sie auf die helle Seite geholt, als er ihnen von Jesus erzählte, dem Gekreuzigten und Auferstandenen. Aber als die Korinther wieder allein waren, kamen ihnen doch manche Fragen und Zweifel. Deshalb schrieben sie an Paulus und baten ihn um Antwort.

Paulus schrieb ihnen einen Brief: „Liebe Christen in Korinth! Ich habe euch erzählt, was mir auch schon erzählt worden ist. Ich habe es von der Jüngern Jesu selber gehört, als ich etwa drei Jahre nach dem Tod Jesu in Jerusalem war. Sie haben gesagt: ‚Christus ist gestorben für unsre Sünden!‘ Schon in den alten Schriften war davon zu lesen. Er wunde begraben, aber am dritten Tag wieder auferweckt. Auch davon war schon in den alten Schriften zu lesen. Jesus ist dem Petrus erschienen, er hat ihn gesehen. Es war der Jesus, den sie schon von früher kannten. Also mußte Gott ihn auferweckt haben. Dann haben die Zwölf ihn gesehen, schließlich 500 Christen auf einmal. Durch diese Erscheinungen ist ja erst die Christengemeinde entstanden. Zuletzt, sagt Paulus, ist er auch mir erschienen und hat mich zu einem Christen und Apostel gemacht. Nun will ich den Menschen helfen, daß sie auch auf der hellen

Seite stehen können.

So oder ähnlich sprach man von Jesus, dem auferstandenen Herrn. Aber bald wollte man mehr darüber wissen, nicht nur so einen knappen und nüchternen Bericht haben. Jedem Hörer sollte vor Augen gemalt und ins Herz geschrieben werden, daß Jesus lebt.

Wenn Jesus begraben worden war und nachher außerhalb des Grabes gesehen wurde, dann mußte das doch bedeuten: Das Grab war leer! So weitete man allmählich die Osterbotschaft aus, um konkret und bildhaft die Wahrheit bezeugen zu können: „Jesus von Nazareth ist auch nach. seinem Tode als der lebendige Herr erfahren worden!“. So trat neben eine Reihe von Erscheinungserzählunger auch die Erzählung vom leeren Grab, die in dem alter Osterbekenntnis noch nicht erwähnt wunde.

Ja, es kam schließlich sogar so weit, daß die Erzählung von der Auffindung des leeren Grabes die ursprünglichere Überlieferung von der Schau des Auferstandenen verdrängt hat. Die anschauliche Geschichte merkte man sich besser als das trockene Bekenntnis. Und wenn einer fragte: „Wie soll man denn merken, daß Jesus lebt?“ dann antworteten die Christen: Darüber gibt es eine wunderbare Geschichte, die vom leeren Grab Jesu erzählt. Das ist der Beweis dafür, daß Jesus lebt!

So dachten und sagten viele, aber nicht alle: Manche blieben bei dem alten Bekenntnis. Und manche hatten wohl auch Zweifel daran, ob das mit dem leeren Grab so stimmte. Zumindest meinten sie: Zum Glauben an der lebendigen Christus kommt man nicht, wenn man von dem leeren Grab hört. Der Glaube entsteht durch das Hören auf Gottes Wort, wie es in der Bibel niedergelegt ist. Man kann alle Geschichten von Jesus sammeln, auch die vom leeren Grab, aber wichtiger ist die grundlegende Botschaft: Jesus lebt und ist auch unser Herr!

So wollen wir jetzt die Geschichte vom leeren Grab hören. Aber wir wollen dabei daran denken: Das Grab allein bringt noch nicht zum Glauben an der auferstandenen Jesus, sondern erst das deutende Wort, das dazu gesagt wird. Der Christ Lukas hat diese Geschichte nur aufgeschrieben, weil sie uns auch helfen kann, die wirkliche Osterbotschaft vom auferstandenen Jesus kennenzulernen.

 

Erzählung:

Endlich war der Feiertag vorüber. Am Tag nach dem Sabbat, noch ganz früh am Morgen, ehe die Sonne aufgegangen ist, machen sich einige Frauen auf zum Grab Jesu. Sie sind mit Jesus von Galiläa nach Jerusalem gekommen. Sie hatten unter dem Kreuz gestanden, als er starb. Die Zeit hatte am Tag vor dem Feiertag gerade noch gereicht, allerhand Öl und Salben einzukaufen. Jetzt wollen sie ihm den letzten Liebesdienst tun und ihn salben. In der Hand tragen sie die Gefäße mit kostbarer Salbe und gutem Öl. Sie wollen Jesus ehren, weil sie ihn so lieb haben.

. Während die Jünger zweifeln oder sich vor Angst verstecken, wollen diese Frauen wenigstens ein geringes Zeichen ihnen Treue geben.

Es ist ein trauriger Weg für sie. Wie sollte nur alles weitergehen, nachdem Jesus nun tot ist? Obwohl die Sonne inzwischen aufgegangen ist, bleibt es doch dunkel in ihnen. Sie überlegen auch gar nicht, daß ja ein großer Stein vor dem Grab liegt. Wer soll den Stein denn wegwälzen, wo doch noch niemand so früh unterwegs ist? Sie allein werden es nicht können. Aber sie wollen wenigstens in der Nähe ihres toten Herrn sein, auch wenn das Grab noch verschlossen ist. Dann bleiben sie eben draußen und warten.

Sie haben sich die Stelle genau gemerkt, wo das Grab liegt. Aber als sie näher kommen, sehen sie das Furchtbane: Der große Stein vor dem Grab ist weggewälzt, die Tür steht weit offen. Die Frauen erschrecken. Sie ahnen etwas Ungeheuerliches.

Doch die Überraschung wird noch größer: Sie sehen in das Grab und sehen, daß es leer ist. Sie suchen und suchen, aber sie finden den Leichnam nicht, Jesus ist nicht mehr da. Wie kann das nur sein? Das ist doch unmöglich, er muß doch da sein, hier hatten sie ihn doch vor zwei Tagen hingelegt? Hat ihn jemand gestohlen? Die Frauen sind ratlos. Von Glauben ist bei ihnen noch keine Spur zu finden.

Sie wollen schon wieder gehen, da treten zu ihnen zwei Männer in weißen Kleidern. Die Frauen merken sofort: Das sind Gottesboten, jetzt wird etwas ganz Wichtiges kommen! Sie neigen den Kopf und schlagen die Augen nieder aus Ehrfurcht. Sie sind sehr erschrocken, wie das immer ist, wenn man einem Engel Gottes begegnet.

Die Männer stellen ihnen zunächst eine Frage: „Was sucht ihr den Lebendigen bei den Toten?“Die Männer wissen, was die Frauen wollen. Ja sie wissen sogar noch mehr. Die Frauen sind gekommen, um einem Toten den letzten Liebesdienst zu erweisen. Sie suchen einen Irdischen, den Jesus von Nazareth, den sie schon lange kennen. Doch das ist zwecklos.

Kurz und knapp, aber voller Triumph und Freude klingt die Deutung des ganzen Geschehens: „Er ist nicht hier, er ist auferstanden!“ Die Frauen können es nicht fassen. Sie haben doch mit ihren eigenen Augen gesehen, wie tot er war. Sie hatten ihn in das Felsengrab gelegt und der Stein war davor gewälzt worden. Und nun soll er nicht mehr tot sein, sondern lebendig?

Doch die Männer reden schon weiter: „Ihr müßt euch nicht sehr wundern. Ihr kennt doch Jesus. Er hat es euch doch schon gesagt, als er noch in Galiläa war. Damals sagte er doch: Ich muß in die Hände der Sünder übergeben werden und gekreuzigt werden und am dritten Tage wieder auferstehen!“

Sie werden also en den irdischen Jesus erinnert, den sie kennen. Und der jetzt auferstanden ist, ist kein anderer als der Jesus von damals. Es mußte aber alles so kommen nach Gottes Ratschluß und Willen. Jetzt vom Ende her wird alles verständlich.

Jetzt verstehen die Frauen erst alles und es wird ihnen warm ums Herz: Jesus ist nicht einfach tot, sondern er lebt!            Wenn er aber lebt, dann braucht man sich um seinen Körper und um sein Grab nicht mehr zu kümmern. Er ist ja nicht mehr am Ort des Todes, sondern er lebt auf eine neue Art und Weise weiter. Die Liebe Gottes geht weiter.

Die Frauen erleben die Auferstehung nicht selber mit; das kann keiner, da war niemand dabei. Die Frauen sehen nur die Folgen: das leere Grab und die Gottesboten, die ihnen das Geschehen deuten. Aber sie glauben an das Wort, das ihnen gesagt wird, so wie wir ja heute auch an dieses Wort glauben. Das leere Grab selber ist ja. noch kein Beweis: Der Leichnam Jesu hätte ja auch gestohlen sein können, wie das nachher die Juden behaupteten. Aber das Wort der Engel macht die Frauen wieder froh ihnen lacht die Sonne wieder, weil Jesus lebt. So wie am ersten Schöpfungstag die Welt mit der Erschaffung des Lichtes begann, so beginnt an diesem Tag eine zweite Schöpfung mit der Auferstehung Jesu.

Erst hatten sie sich wie die Jünger auch mit dem Tod Jesu abgefunden. Deshalb waren sie ja gekommen, um ihn einzusalben. Mit keiner Silbe hatten sie an eine Auferstehung gedacht. Doch Gott hat es von Anfang an anders vorgehabt.

Plötzlich haben es die Frauen sehr eilig. Aus den Hörern der Osterbotschaft werden sofort Sendboten dieser Botschaft. Sie können das alles nicht für sich behalten. Sie laufen zurück zu den elf Jüngern und erzählen ihnen alles.

Doch die Jünger schauen sich urgläubig an. Auch die anderen, die dabei sind, schütteln mit dem Kopf. Sie glauben den Frauen nicht, denn die Frauen galten in der damaligen Zeit nicht als vertrauenswürdige Zeugen. Gott hatte sie für würdig erachtet, die ersten Zeugen der Auferstehung zu sein, aber die Jünger glauben ihnen nicht. Es kommt ihnen alles wie ein Märchen vor. Sie werden nicht froh über das, was die Frauen sagen. Der Osterglaube kommt eben nur durch die Überwindung des Unglaubens zustande.

Nur dem Petrus läßt alles keine Ruhe, er will sich selber Gewißheit verschaffen. Er läuft zur Grabkammer, bückt sich hinein und sieht in der Tat nur noch die Leintücher dort liegen. Still geht er wieder davon. Er kann sich das alles nicht erklären. Zum Glauben, daß der Gekreuzigte lebt, kommt er noch nicht. Ob er wohl einmal an den auferstandenen Christus wird glauben können, so wie wir heute daran glauben?

 

Antwortgespräch:

Wir denken natürlich auch: Wie kann jemand auferstehen, der tot ist? Tot ist tot und bleibt tot. Im heißen Klima Palästinas ist ein Toter doch nach drei Tagen in Verwesung übergegangen. Der Tod ist unwiderruflich, denken wir.

:Es geht aber nicht um die Wiederkehr eines Scheintoten oder auch nur die Wiederbelebung eines Leichnams. Der Auferstandene ist auch kein Gespenst oder nur eine Einbildung der Jünger, die so gespannt auf eine Wiederkehr gewartet hätten, bis sie es nachher selber glaubten (sie haben es ja gerade nicht erwartet!).

Es geht auch nicht um ein Fortleben Jesu in seinen Ideen, oder in seiner Lehre oder um ein Symbol der Unsterblichkeit der Seele oder des Sieges des Lebens über den Tod, wie man es in der Natur erleben kann.

Hier geht es vielmehr um ein geschichtliches Ereignis, in dem Gott von außen her in unsere Todeswelt eingreift und Leben schafft, wo sonst nur Tod ist. Gott ist ganz und gar der Handelnde. Jesus ist nicht selbst auferstanden, sondern Gott hat ihn auferweckt. Seine Herrlichkeit steht im Mittelpunkt.

Wie 'die die Auferstehung vor sich ging, wird nirgends beschrieben. Wir erfahren nur: Die Jünger haben ihn gesehen. Dadurch haben sie die Tatsache des Todes Jesu bewältigt. Das „Nein“ der Juden zu Jesus wurde überwunden durch das „“Ja Gottes. So wirklich wie sein Sterben ist jetzt auch sein Auferstehen. Leiden und Sterben waren nur ein Zwischenspiel.

Wir können Jesus heute nicht mehr sehen. Aber wir können ihm begegnen im Hören auf sein Wort, wenn von ihm gepredigt wird. Wenn wir ein Bild sehen wie etwa die Auferstehungstafel des Isenheimer Altans, so können wir doch nicht wissen, wie es wirklich war; so hat es sich nur der Künstler vorgestellt.

Vielleicht hilft uns aber der Vergleich mit der Schöpfung: Gott schuf die Welt und den Menschen aus dem Nichts. So könnte Gott auch eine zweite Schöpfung erschaffen. Das zeigte er mit der Auferstehung Jesu und das wird er noch einmal an der Auferstehung aller Christen zeigen.

Wenn in einem Bergwerk ein Verschütteter den Weg ins Freie findet, so sind alle Verschütteten frei. Als Kolumbus die neue Welt entdeckte, hat er sie für alle Menschen erschlossen und nicht nur für sich selbst. So hat auch Jesus für uns alle das neue Leben bei Gott gebracht. Deshalb brauchen wir uns nicht mehr vor dem Tod zu fürchten und brauchen nicht mehr zu denken: „Mit dem Tod ist alles aus!“

Zum Andenken an dieses Ereignis feiern wir den Sonntag als Feiertag. Die Juden haben den Samstag, weil das der siebte Tag der Woche ist, an dem Gott nach der Schöpfung von allen seinen Werken ruhte. Wir aber feiern den Sonntag, den ersten Tag der Woche, weil das der Auferstehungstag Jesu ist. Im Grunde ist jeder Sonntag ein Auferstehungs- und Ostertag.

 

Nachtrag:

Lukas hatte wohl eine Gemeinde vor sich, die zwar an den auferstandenen Christus glaubte, aber noch nicht mit der Notwendigkeit des Leidens und Sterbens Jesu am Kreuz fertig geworden war. Deshalb betont er so sehr das göttliche „Muß“

Außerdem legte diese Gemeinde in ihrer Missionspraxis wohl großen Wert auf das leere Grab als Auferstehungsbeweis. Lukas scheidet diese Geschichte nicht aus, aber er versucht ihr den rechten Stellenwert zu geben und deutlich zu machen. Letztlich kommt alles auf das Wort und die lebendige Begegnung an.

 

Die Auferstehung ist nicht das Symbol der Unsterblichkeit der Seele oder des Sieges des Lebens über den Tod. Sie ist auch nicht einfach die anschauliche Erzählung einer ewigen Idee. Sie ist vielmehr ein geschichtliches Ereignis, in dem Gott

von außen herein in unsere Todeswelt eingreift und Leben schafft, wo sonst nur Tod ist.

Es geht also nicht um. die Wiederkehr eines Scheintoten oder am Halluzinationen der Jünger, die so gespannt darauf gewartet haben, da sie dann auch meinten, es zu sehen; sie haben es ja gerade nicht erwartet! Es geht auch nicht um das Fortleben Jesu in seinen Ideen oder in seiner Lehre.

 

 

Der lebendige Christus hat an Ostern den toten Glauben der Jünger wieder erweckt - und nicht umgekehrt. Natürlich müssen wir den Bezug der Botschaft auf den Hörer von damals und von heute herstellen. Aber dadurch dürfen wir nicht die Wirklichkeit verlieren, wie sie im Neuen Testament bezeugt ist.

 

Bildbetrachtung: Osterbild von Karl Kaufmann:

Die fünf Jünger links stehen noch im Dunkel. Sie sehen nur die Kreuze auf Golgatha und sind traurig. Die anderen drei aber stehen im Licht und erzählen die frohe Botschaft: Jesus lebt und ist auferstanden, denn hinter dem Kreuz ist die Sonne aufgegangen. Da können die anderen nur staunen (ihre Münder sind weit auf). Aber sie sollen, auch die frohe Botschaft erfahren.

 

 

Die Jünger auf dem Weg nach Emmaus: Lk 24, 13 - 35

Hinführung:

Welches große christliche Fest feiern wir am liebsten? Weihnachten (das Fest der Geburt Jesu), Ostern (das Fest der Auferstehung Jesu). Pfingsten ?

Ostern ist für uns ein frohes Fest/ Woran können das die Menschen merken? Kleider, Wetter, Ostereier, Geschenke, Kuchen.   Die Christen aber wissen: Es ist das Fest der Auferstehung Jesu, darum können sie auch Ostern am fröhlichsten feiern.

 

Wir lesen eine möglichst unqualifizierte Osterbetrachtung aus der Zeitung, in der der Ton auf Frühlingsromantik und dem Blühen der Natur liegt.

Wir lesen eine qualifizierte Osterbetrachtung aus einer christlichen Wochenzeitschrift, die zwar textgemäß, aber so frei und säkular wie möglich formuliert sein sollte.

Verstehen wir das eigentlich, daß Ostern ein frohes Fest ist? Stellt euch vor, ihr hättet einen lieben Menschen beerdigt und nun kommt ihr an das Grab und das Grab ist leer. Das würde uns doch nur noch trauriger machen als vorher, denn wir müßten doch annehmen, der Leichnam sei gestohlen worden und man habe dem Verstorbenen nicht einmal die letzte Ruhe gelassen.

Das erste Osterfest ist deshalb ganz anders gewesen, als wir es heute feiern. Die Jünger Jesu dachten an den Freitag, der vorangegangen war, an dem man Jesus hingerichtet hatte. Sie konnten nicht feiern und fröhlich sein. Traurig saßen sie beisammen. Sie hatten sich eingeschlossen und redeten nur leise miteinander, denn sie hatten Angst, sie könnten auch abgeholt werden und getötet werden.

Jesus konnte ihnen ja nun nicht mehr helfen, denn er war tot. Aber nicht einmal den toten Herrn hatten sie, denn sein Grab war ja leer. Sie konnten das Grab nicht mehr schmücken und dort um ihren toten Herrn weinen. Es war alles aus. Da brauchten sie auch nicht länger in Jerusalem zu bleiben.- Wir wollen aber heute hören, wie zwei der Jünger Jesu Ostern erlebten.

 

Erzählung:

Am Nachmittag des ersten Ostertages machen sich zwei der Jünger Jesu auf den Weg von Jerusalem in ihren Heimatort Emmaus, der etwa zehn Kilometer von Jerusalem entfernt liegt. Sie hatten auch zu Jesus gehört, wenn auch nicht zu dem engsten Kreis der zwölf Jünger. Doch nun gehen sie enttäuscht wieder von Jerusalem fort. Es kommt ihnen so vor, als entfernten sie sich immer weiter von Jesus, je weiter sie von Jerusalem weggehen: sie wollen nichts mehr mit Jesus und mit dem, was in Jerusalem geschehen ist, zu tun haben.

Die Bilder von den Ereignissen der Passahtage stehen ihnen noch deutlich vor Augen. „Weißt du noch“, sagt der eine, „wie oft wir mit Jesus hier entlanggegangen sind?“ Der andere fährt fort: „Als er vor einer Woche mit uns in Jerusalem einzog, da dachten wir nicht, daß es das letztemal sein könnte. Die Leute haben ihm zugejubelt und wir dachten, er würde nun der von Gott eingesetzte König über sein Volk werden. Aber dann mußte er sterben wie ein Verbrecher und Sünder. Einer von den Jüngern hat ihn sogar verraten, so daß er nachts gefangengenommen werden konnte. Aber allein gelassen haben wir ihn im Grunde alle!“

Wie sie so traurig dahingehen, merken sie gar nicht, daß ein fremder Wanderer sie eingeholt hat. Er geht ganz allein, obwohl doch so ein Weg wegen der Räuber und wilden Tiere ganz schön gefährlich ist, so daß man sonst nur in Gruppen ging. Eigent­lich hätten die Jünger ihn ja kennen müssen. Aber vor lauter Traurigkeit sind ihre Augen wie zugehalten.

Der Mann fragt sie: „Wovon redet ihr da? Was sind das für Sachen, die ihr da untereinander besprecht?“ Da bleiben die zwei traurig stehen und Kleopas, der eine von ihnen, fragt ganz erstaunt: „Bist du denn der einzige unter den fremden Festpilgern in Jerusalem, der nicht weiß, was in diesen Tagen dort geschehen ist: Alle Leute wissen es und du hast nichts davon bemerkt?“ Kleopas kann es gar nicht fassen; er meint, ganz Jerusalem habe nichts anderes im Sinn gehabt als die Kreuzigung Jesu und was sie bedeutet, so sehr hat ihn das alles beschäftigt.

Doch der Fremde fragt ganz ahnungslos: „Was ist denn passiert?“ Da erzählen die zwei Jünger, was sie erlebt haben. Jetzt haben sie einmal die Gelegenheit, ihr Herz auszuschütten. Sie sagen: „Nun, die Geschichte von Jesus von Nazareth, der ein großer Prophet war. Er hat den Menschen viel Gutes getan: Er hat Kranke gesund gemacht, Blinde wurden wieder sehend, die Lahmen konnten wieder gehen, sogar Aussätzige sind wieder rein von ihrem Ausschlag geworden. Er hat uns erst richtig gelehrt über Gott und uns vom Reich Gottes erzählt. Wir dachten, er sei der wahre

Helfer den Gott uns gesandt hat, er würde uns erlösen von allem Übel, auch von der Fremdherrschaft der Römer. Aber dann kamen die Führer unseres Volkes und haben ihn in die Hände der Feinde ausgeliefert und er wurde gekreuzigt. Drei Tage ist das nun schon her. Wir haben keine Hoffnung mehr. Zu allem Überfluß haben uns auch noch einige der Frauen erschreckt; die sind früh beim Grab gewesen und erzählen, sie haben seinen Leib nicht gefunden; sie hätten aber zwei Engel gesehen, die sagten, er lebe. Es waren auch einige von uns dort und fanden alles so, wie es die Frauen gesagt hatten, aber ihn selbst sahen sie nicht!“

Die Jünger wollen also ausdrücken: Die Botschaft der Frauen hielt einer Nachprüfung nicht stand. Jesus ist tot und wir werden ihn nie wieder sehen. Er ist nur ein Prophet gewesen wie die anderen auch. Das hat er bewiesen durch seine Taten und durch seine Botschaft. Aber der verheißene Christus ist er nicht gewesen, da haben sie sich getäuscht

Doch der fremde Wanderer antwortet ihnen: „O ihr unverständigen Menschen. Könnt ihr denn gar nicht glauben? Warum seid ihr so verständnislos und so langsam im Glauben. Bei Gott ist doch kein Ding unmöglich! Habt ihr denn eurem Herrn nie richtig zugehört, als er bei euch war und euch sagte, welchen Weg Gott für ihn ausgesucht hat? Kennt ihr denn die Heilige Schrift nicht?

Da steht doch bei Mose und in den Psalmen und beim Propheten Jesaja: Gottes Sohn muß viel leiden und sterben und am dritten Tage wieder auferstehen. Er ist gestorben, weil er die Strafe für all die ungehorsamen Menschen auf sich genommen hat. Christus mußte das alles erleiden, damit er Gott mit uns versöhnte. Und gerade weil er Gott gehorsam war, zeigt sich nun erst die Herrlichkeit seines Todes: Jetzt braucht niemand mehr Angst zu haben vor Gottes Gericht, weil Jesus schon alle Strafe für uns ertragen hat.

Die Jünger habe genau zugehört: Jetzt wird ihnen das so langsam alles deutlich. Sie begreifen etwas von der Logik Gottes. Das Herz fängt ihnen an zu brennen vor Freude. Gern hätten sie noch mehr von dem Fremden gehört, der so gut Bescheid wußte in der Bibel und über den Herrn Jesus. Sie haben gar nicht bemerkt, wie schnell sie die lange Wegstrecke zurückgelegt haben. Jetzt sind sie schon gleich in Emmaus. Der Fremde will weitergehen. Doch sie bitten ihn: „Bleibe bei uns, denn es will Abend werden und der Tag hat sich geneigt!“ Siewollen ihn noch bei sich haben, sie wollen ihn aber auch nicht allein den gefährlichen Weg weiterziehen lassen.

Sie gehen hinein in das Haus, sie zünden die Öllampe an, sie decken den Tisch und holen Brot und Wein für das Abendessen. Noch immer wissen sie nicht, wer der Fremde ist. Sie setzen sich alle. Schon will der Hausherr das Tischgebet sprechen und dann das Brot anbieten, als der Fremde das Brot nimmt, Gott für diese Gabe dankt, das Brot in Stücke bricht und den anderen gibt.

Da schenkt Gott es den Jüngern, daß ihre Augen aufgetan werden und sie erkennen dürfen: So hat das ja Jesus immer getan, als sie noch mit ihm zusammen waren. Jetzt ist er wieder bei ihnen, er ist in ihrer Mitte. Und sie denken an das Wort, das er ihnen einmal gesagt hatte: „Wo zwei oder drei versammelt sind in meinem Namen, da bin ich mitten unter ihnen!“ Als sie hier das Abendmahl miteinander feiern, ist Jesus als der lebendige Herr mit dabei.

Auf einmal werden sie wieder froh. Sie sind nicht allein, Jesus lebt und ist immer noch ihr Herr. Mit weit offenen Augen sehen sie ihn an. Doch da verschwindet er wieder vor ihnen. Aber sie brauchen ihn ja nun nicht mehr länger. Fröhlich sehen sie sich an: „Darum brannte also unser Herz, als er unterwegs mit uns redete und die Heilige Schrift erklärte!“

Nun hätten sie eigentlich unbekümmert ins Bett gehen können. Doch sie denken sofort an die anderen Jünger, die traurig in Jerusalem sitzen und noch nichts von dieser frohen Botschaft wissen. Sie sollen es doch auch wissen: Jesus lebt!

So machen sie sich wieder auf und laufen mitten in der Nacht zurück nach Jerusalem. Sie denken nicht mehr an die Gefahren im Dunkeln. Ihre Freude ist größer als alle Angst. Sie kehren wieder zurück nach Jerusalem, dem Ort der Schande und der Schmach. Aber damit kehren sie auch wieder zurück zu ihrem Herrn, dessen Schicksal sie jetzt erst nichtig verstehen: Er mußte das alles leiden, um so zu seiner Herrlichkeit gelangen zu können!

Als sie ganz aufgeregt in Jerusalem ankommen, sind die elf Jünger noch versammelt. Doch als die zwei die Türe öffnen und gerade sprechen wollen, da rufen ihnen die anderen schon entgegen: „Der Herr ist wahrhaftig auferstanden und dem Simon Petrus erschienen!“ Und nun erzählen die zwei Jünger aus Emmaus, was sie erlebt haben und wie sie Jesus erkannten, als er ihnen das Brot brach. So hat der auferstandene Jesus alle wieder froh gemacht!

 

Antwortgespräch:

 

Vorher

Nachher

müde

aufgeregt

traurig

froh

enttäuscht

glaubend

gedrückt

zuversichtlich

nicht erkennen

wiedererkennen

unverständig

verständig

 

 

Schriftauslegung

Brotbrechen

Predigt

Abendmahl

Wort

Sakrament

Osterfreude und Glaube

Verkündigung

Einladung zum Mahl

 

Kaufmann - Bilder:

(1) Golgatha im Hintergrund gehen zwei Jünger von Leid und ihren Gedanken gebeugt ihren Weg. Es ist ein Weg des Dunkels, den eine Sonne ohne Kraft nicht zu erhellen vermag. Es ist der Weg der Trübsal, der Hoffnungslosigkeit und der Schuld. Und Zeichen dieser Schuld ist das Kreuz auf Golgatha: Durch das völlige Versagen der Jünger zerbrach die Gemeinschaft mit Jesus. Ist mit Karfreitag nun alles aus? So geht ein jeder dahin und schaut auf seinen Weg.

Da aber tritt der Auferstandene zu ihnen und macht ihren Weg wieder hell, denn er ist das Licht der Welt. Er öffnet ihnen die Schrift und zeigt ihnen, daß der Weg zur Herrlichkeit durch das Leiden führt. Diesen Weg des Kreuzes wird auch die Gemeinde gehen müssen. Die Jünger sind schon auf diesem Kreuzweg. Wer auf diesem Weg bleibt, der hat immer schon den bei sich, der das Licht der Welt ist.

(2) Die Jünger hatten das Wort des Auferstandenen gehört und hatten im Mahl die Gemeinschaft mit ihm. Das führt zur totalen Wende im Leben der Jünger: Sie kehren um! Es ist mitten in der Nacht, Nacht der Schuld, der Hoffnungslosigkeit und Angst. Sie gehen zurück als die Boten der Auferstehung. Die Gebeugten blicken wieder empor, die Mühseligen eilen froh ihrer neuen Aufgabe entgegen. Die Gestirne beginnen neu zu leuchten. Am Rande der Landschaft leuchtet eine helle Linie auf: Die Geschichte der Menschheit hat ihren befreienden Horizont gefunden. Das Kreuz ist nicht mehr Zeichen der Schuld und des Gerichts, sondern zugleich ein Zeichen der überwältigenden Liebe Gottes. Mit dieser Freude kann niemand bei sich allein bleiben - er muß sie anderen mitteilen.

(3) Im hellen Licht der Botschaft von der Auferweckung Jesu werden die auseinan­derstrebenden Jünger wieder zusammengeführt: Sie legen wieder die Hände inein­ander, nachdem der Auferstandene ihnen seine Hand gereicht hat.

Jesus ist nicht den Mächten der Finsternis erlegen, sondern er ist der Sieger, so gewiß wie die Morgensonne die Nacht zerbricht. Der Glaube aber hat die zerstörte Gemeinschaft der Jünger wieder in herzlicher Bereitschaft und heiliger Freude erneuert.

 

Rembrandt van Rijn: Jesus mit den Emmaus-Jüngern

In dem von Abenddämmerung erfüllten Raum haben drei Wanderer Platz genommen. Ihre Mäntel haben sie abgelegt. Der Tisch ist gedeckt. Eine weiße Decke ist ausgebreitet. Eßgeschirr und Brot wurden bereits gebracht. Der Wirt ist dabei, ein Gericht anzubieten. Was hier geschieht, soll auch für die geschehen, die es noch gar nicht verstehen. Er steht zwar, ist aber im Dunkel.

Auch die Jünger sind im Dunkel, ein Zeichen ihnen inneren Not. Tiefe Schatten füllen den Raum aus und lauern in der Nische, hinter der Säule, an der Tür, auf dem Boden. Um Jesus herum aber wird es licht in dem dunkelnden Raum. Sein helles Gewand, die Stirn, der leuchtende Schein um sein Haupt tragen überirdischen Glanz. Dieses Licht kommt nicht von dem links zu vermutenden Fenster, sondern von Jesus selbst, der gesagt hat: „Ich bin das Licht der Welt!“

Dabei ist er ohne äußeren Glanz und Aufwand dargestellt, fast unscheinbar und das Gewand ohne Verzierung. Aber die Gestalt strahlt Majestät und Hoheit aus. In großer innerer Sammlung und Stille sitzt er am Tisch. Die Linien vom Haupt über die Arme zu den Händen bilden ein abgeschlossenes Ganzes, das ihn ebenso wie der Lichtschein von den anderen trennt. Er ist seinen Jüngern nahe und doch fern. Seine Augen blicken empor, er betet, er ist beim Vater, ganz mit ihm eins.

In diesem Augenblick erkennen ihn die Jünger. Die Dunkelheit weicht zurück, die Herrlichkeit des Herrn leuchtet auf. Sie sind hineingenommen in diese Klarheit. Das zeigt das helle Gesicht des Älteren, das Licht auf der Hand des Jüngeren, das Licht auf dem Gesicht des Wirts. Die Jünger sind tief erregt. Der Jüngere schlägt die Hände zusammen, sie scheinen fliehen zu wollen. Und doch zieht es sie hin zum Herrn, weil sie überwältigt sind von seiner Nähe und weil sie ahnen‚ was er für sie und die Welt bedeutet.

 

Jesus nimmt Abschied von seinen Jüngern: Lk 24, 36 - 53

Erzählung:

Nach seiner Auferstehung erschien Jesus noch gelegentlich im Kreis seiner Jünger. Sie sitzen zusammen und unterhalten sich noch über alles, da tritt er plötzlich mitten, unter sie. Aber sie springen nicht vor Freude auf, sondern sie erschrecken, weil sie meinen, sie sähen ein Gespenst.

Er aber sagt: „Was seid ihr so erschrocken, warum kommen solche Gedanken in euer Herz? Seht meine Hände und Füße. Ich bin es selber. Fühlt mich an, und stellt es doch selber fest. Ein Gespenst hat doch nicht Fleisch und Knochen wie ich!“

Der Osterglaube hat die Jünger ganz unerwartet ergriffen. Er hat nichts mit Geistererscheinungen zu tun. Der Gekreuzigte und der Auferweckte sind derselbe. Um sie ganz zu überzeugen, fragt Jesus: „Habt ihr nichts zu essen?“ Sie geben ihm ein Stick gebratenen Fisch und er ißt es auf. Das hört sich alles anders und viel wunderbarer an als bei Petrus. Dort war nur von Erscheinungen die Rede, nicht aber von solchen Einzelheiten. Sicherlich soll hier aber nur gezeigt werden, daß Jesu kein Gespenst war. Aber wir wissen eben doch, daß mit ihm etwas anders geworden war als vorher. Er kann plötzlich da sein und wieder verschwinden, das kann doch kein üblicher Mensch.

Noch wichtiger als diese Dinge ist aber das, was Jesus sagt: Zunächst erinnert er an das, was gewesen ist: „Ich sagte euch doch, daß alles erfüllt werden muß, was in den alten Schriften steht!“ Dann erklärt ihnen noch einmal alles und mach ihnen deutlich: „Christus mußte leiden und am dritten Tag auferstehen von den Toten!“

Aber er spricht auch von der Aufgabe, die für die Zukunft bleibt. Durch seine Auferweckung ist der Weg frei für die Mission unter den Völkern. Sie haben die Aufgabe, in seinem Namen die Völker der Welt zur Umkehr aufzufordern, damit ihnen die Sünden vergeben werden können. Die Verwirklichung dieses Auftrags beginnt in Jerusalem. Dort haben sie Kreuz und Auferstehung erlebt und dort hat Jesus Christus auch wieder die Gemeinschaft mit ihnen aufgenommen. Nur dort können sie auch mit der Kraft aus der Höhe ausgerüstet werden, die sie für die Zukunft brauchen. Deshalb sollen sie in der Stadt bleiben.

Einige Tage später führt Jesus eine größere Schar von Jüngern bis an die äußerste Stadtgrenze von Jerusalem. Es ist zunächst der gleiche Weg, der er während der letzten Tage in Jerusalem allabendlich mit ihnen gewandert ist, um dann mit ihnen im GartenGethsemane zu übernachten. Doch diesmal gehen sie noch etwas weiter den Ölberg hinauf bis in die Nähe des Dorfes Bethanien. Von dort hatten sie den Esel für den feierlichen Einzug in Jerusalem geholt. Dort hatte Jesus den Lazarus von den Toten auferweckt. Dort wohnten Maria und Martha, bei denen er eingekehrt war. Es kam den Jüngern so vor, als habe sich nichts geändert gegen früher.

Aber auf einmal bleibt Jesus stehen und hebt die Hände über seine Jünger und segnet sie wie ein Hoherpriester. Der Segen stellt einen Menschen unter den besonderen Schutz Gottes. Der Gesegnete darf wissen: Gott ist mit mir! Dadurch bleibt Jesus auch weiter bei seinen Jüngern, macht ihnen deutlich: Ich schenke euch meine ganze Liebe, die zugleich die Liebe meines Vater ist. Gott beschütze euch und erfülle euer Herz mit großer Freude.

Während Jesus noch die Hände segnend hochhält, wird er von den Jüngern getrennt. Die Jünger sind auf einmal allein. Sie wissen: Die Erscheinungen des Auferstandenen haben nun ein Ende. Jetzt ist er nur noch unsichtbar unter ihnen gegenwärtig.

Doch vor ihnen steht immer noch das Bild des segnenden Christus, seine Worte haben sie noch im Ohr. Sie sind keine verlorene und verlassene Schar, sondern Jesus ist alle Zeit in ihrer Mitte als Herr und Meister gegenwärtig. Eine neue Gemeinschaft hat begonnen, die nicht mehr durch Sterben und Tod bedroht ist. Sie haben keine Angst, weil einer bei ihnen ist, der stärker ist als alle Menschen.

Die Jünger können nicht traurig sein. Zwar ist die Stelle leer, wo Jesus eben noch gestanden hat. Aber sie spüren eine große Freude. Sie kehren nach Jerusalem zurück. Dort sollen sie ja bleiben, bis die Kraft aus der Höhe über sie kommen soll. Dann werden sie alles weitererzählen, was sie von Jesus wissen und mit ihm erlebt haben,

Zunächst gehen sie in den Tempel, um dort Gott zu loben und zu preisen. Jeden Tag kommen sie nun in den Tempel, um Gott zu danken. Aber sie treffen sich auch in den Häusern und denken dabei an Jesus und erzählen von ihm. Die Jesusgeschichte hat noch kein Ende gefunden, sein Abschied war nicht das Ende seiner Sache. Er hatte ihnen ja seinen Segen zurückgelassen, da wird es jetzt erst richtig los gehen. Freude, Lob und Dank sind nun zur Grundhaltung im Leben der Jünger geworden.

 

Antwortgespräch::

Üblicherweise spricht man im Zusammenhang mit dem Abschied Jesu von seiner „Himmelfahrt“. Aber damit kann nicht gemeint Erzählung ist keine Rede von einer „Himmelfahrt“ (die entsprechenden Worte in Vers 51 sind später hinzufügt).

Die Geschichte macht uns aber sehr deutlich: Mit den Ostererscheinungen hatte es einmal eine Ende. Es gab einen endgültigen Abschied Jesu von unserer Erde. Aber die Gemeinde bleibt nicht allein zurück, sondern Jesus ist in anderer Form bei ihr

und gibt ihr einer Auftrag für die Welt.

Es wird auch noch einmal deutlich: Jesus steht auf der Seite Gottes. Dieser ist allerdings nicht in einem Wolkenhimmel zu finden, sondern „Himmel“ ist nur eine Bezeichnung für den Ort Gottes. „Himmelfahrt“ ist dann als die Rückkehr Jesu zu dem Ort Gottes. Im Neuen Testament ist auch oft die Rede vom „Sitzen zur Rechten Gottes“ oder von der „Erhöhung“ (wobei Ostern und Himmelfahrt zusammenfallen).

 

 

Ostererzählungen nach Johannes

 

Der Auferstandene und Maria Magdalena: Joh 20,1 - 18

Hinführung:

Ostern ist das höchste Fest für die Christenheit. Woran denken wir an diesem Festtag? Wir kennen Osterlieder. Wir wissen, daß das Kreuz Jesu nicht das Letzte war. Seit Ostern ging die Sache Jesu weiter. Es gab sogar Menschen, die ihren Auftrag erst nach dem Tode Jesu empfangen haben, die ihn in der Gemeinde als ihren Herrn bezeugt haben.

Ein Beispiel dafür ist Maria aus Magdala, meist „Maria Magdalena“ genannt. Jesus hatte sie von einer seelischen Verkrampfung frei gemacht, die damals als teuflische Besessenheit verstanden wurde. Sie stammte aus dem Ort Magdala am Westufer des Sees Genezareth und hieß in ihrer Muttersprache „Mariam“, in griechischer Sprache aber „Maria“.

 

Erzählung:

Jesus war am Kreuz gestorben. Man hatte ihn in Tücher gewickelt und mit kostbaren Salben eingerieben. Dann hatte man ihn in ein Grab gelegt in der Nähe der Hinrichtungsstätte. Es sah so aus, als hätte man damit dem Toten den letzten Liebesdienst getan, als könne man nichts weiter mehr tun.

Am ersten Tag der Woche aber geht Maria Magdalena in den Garten, wo das Grab ist. Tun kann sie nichts mehr, der Leichnam ist ja schon gesalbt worden, das Grab verschlossen. Vielleicht will sie nur in der Nähe ihres toten Herrn und Wohltäters sein. An sich aber gibt es keinen Grund, weshalb sie zum Grab gehen sollte. Maria geht zwar hin, aber sie weiß eigentlich nicht, warum sie geht.

Es ist noch dunkel. Die Welt ist dunkel, das Grab ist dunkel. Maria ist traurig. Aber an sich ist sie auf dem falschen Weg. Sie will zu einem Grab. Aber das ist längst kein Grab mehr. Da ist längst etwas passiert. Maria merkt es, als sie näherkommt: Der große Verschlußstein vor dem Eingang der Grabhöhle ist weggewälzt. Wo ist Jesus? Was haben sie mit ihm gemacht?

Maria ist völlig ratlos und hilflos. Sie meint: Jetzt ist mir auch noch das Letzte genommen, nämlich der tote Herr! Sie rennt zurück zu den Jüngern Petrus und Johannes, um ihnen zu berichten: „Sie haben der Herrn weggenommen aus dem Grab, und wir wissen nicht, wo sie ihn hingelegt haben!“ Sie berichtet also nicht, was sie tatsächlich gesehen hat, sondern gibt gleich eine Deutung. Sie weiß ja nur, daß der Stein abgewälzt ist. Nachgesehen in dem Grab hat sie ja nicht. Aber ihre Schlußfolgerung ist menschlich verständlich. Mit der Möglichkeit einer Auferstehung rechnet sie nicht.

Sie spricht zwar vom „Herrn“, aber dieses Wort ist für sie nicht mehr als eine Anrede. Aber in Wirklichkeit sagt sie damit ja mehr, denn Jesus ist ja nun der Herr über die ganze Welt, auch der Herr über den Tod. Sie weiß nicht, wer den toten Herrn weggenommen haben sollte. Sie vermutet irgendwelche Diebe. In Wirklichkeit aber hat Gott ihn ja aus dem Grab fortgenommen. Aber das weiß Maria ja alles noch nicht. Sie fragt, so wie alle Nichtwissenden: Was ist da wohl vor sich gegangen?

Maria will sich nur an die Vergangenheit erinnern. Sie sucht nach Überresten, durch die sie immer wieder ihre Erinnerung kräftigen kann. Sie will das Grab sehen, so wie sie es verlassen hatte, sonst kann sie sich nicht mehr richtig erinnern. Ein leeres Grab ist für sie nur ein unbedeutendes Erdloch. Nur wenn der tote Jesus noch drin liegt, hat es eine Bedeutung und einen Wert für sie. Sie wird roch viel lernen müssen. Sie wird aber auch erkennen können, daß man mit Jesus verbunden sein kann, auch wenn man ihn selber - nicht einmal seinen toten Körper - sehen kann. Aber ehe sie das glauben kann, muß ihr erst einmal alles genommen werden, woran sie sich bisher hält.

Doch zunächst wollen wir hören, was Petrus und Johannes tun: Sie gehen sofort aus der Stadt nach dem Garten, in dem das Grab ist. Als sie den weggewälzten Stein sehen, beginnen sie zu laufen. Es wird ein richtiger Wettlauf, den Johannes gewinnt. Er kommt zuerst zum Grab und sieht hinein. Schon auf den ersten Blick stellt er fest, daß die Leinenbinden ordentlich zusammengelegt sind. Das sieht rieht nach einem Diebstahl aus: Weshalb hätte man denn die Binden abnehmen sollen, wenn man die Leiche an einen anderen Ort bringen wollte? Hier muß doch etwas anderes vorliegen.

 

Petrus geht hinein in das Grab, um alles genauer zu untersuchen. Er sieht auch, daß das Gesichtstuch schön zusammengewickelt an einer besonderen Stelle liegt. Da geht auch Johannes hinein und stellt das Gleiche fest. Zwei Zeugen wissen nun, daß ein Raub oder eine Verlegung des Leichnams nicht in Frage kommen.

Als Johannes das aber alles sieht, beginnt er zu glauben. Maria hat aus dem leeren Grab nicht die richtigen Schlußfolgerungen ziehen können. Dieser Jünger aber, der Jesus liebhatte, beginnt zu ahnen, was hier geschehen ist. Er tut einen ersten Schritt, kommt aber noch nicht zum vollen Ergebnis. Es ist ja keiner da, der ihm das Geschehen deuten und alles eindeutig machen könnte. Erst später sind die Jünger zum vollen Osterglauben gekommen. Jetzt aber gehen die Jünger erst einmal wieder heim.

Maria aber geht wieder zum Grab. Sie weint, weil ihr jetzt erst richtig bewußt wird, welchen Verlust sie erlitten hat: Auch die Jünger haben den Herrn nicht gefunden. Jetzt hat sie gar keine Möglichkeit mehr, an einem bestimmten Platz ihren Erinnerungen anzuhängen und nur an die Vergangenheit zu denken.

Als sie noch weint, sieht sie in das Grab hinein. Da sieht sie an zwei Stellen etwas Hellglänzendes, am Kopfende und Fußende der steinernen Bank, auf die sie den toten Jesus gelegt hatten. Sind das Engel Gottes? An sich haben sie hier doch nichts zu suchen, sie gehören doch nicht in ein Grab.

Die Engel sprechen zu ihr: „Frau, was weinst du?“ Maria scheint gar nicht vom Tod Jesu betroffen zu sein. Sie macht sich nur Gedanken über die Fortnahme der Leiche: „Sie haben meinen Herrn weggenommen, und ich weiß nicht, wo sie ihn hingelegt haben!“ Wieder spricht sie vom „Herrn“ und irgendwelchen Leuten, ohne zu erkennen, wer da hinter dem allen steht. Aber die Engel scheinen ihr auch nicht das Rätsel lösen zu können. Da muß erst noch ein anderer kommen, der ihr zum Glauben verhilft.

Plötzlich merkt sie, daß einer hinter ihr steht. Sie weiß nicht, wer es ist. Er sagt zu ihr, fast mit den gleichen Worten wie die Engel: „Frau, was weinst du? Wen suchst du?“ Sie denkt, es sei der Gärtner. Deshalb fragt sie ihn: „Herr, hast du ihn weggetragen? Dann sag mir doch, wo du ihn hingelegt hast, dann will ich ihn holen!“Sie fragt das, was man einen Gärtner fragen kann: Er soll ihr helfen, das Grab des toten Herrn wiederherzustellen. Doch das kann gerade jetzt nicht die Aufgabe sein.

Der Mann spricht sie mit Namen an: „Maria!“ (er sagt in aramäischer Sprache „Mariam“). Da wendet sie sich ganz um und erkennt ihn: Es ist Jesus, der Totgeglaubte und jetzt Lebende! Sie erkennt ihn nicht an der Stimme, denn die hat sie ja schon vorher gehört. Eher liegt es daran, daß er sie mit ihrem Namen ruft, so wie der gute Hirte seine Schafe ruft.

Doch Maria erkennt den Auferstandenen immer noch nicht, ihr ist nur der irdische Jesus bekannt. Sie meint ‚ jetzt sei alles wieder so wie früher, sie habe wieder den alten Jesus vor sich. Sie redet ihn an mit dem aramäischen Wort: „Rabbuni“, das heißt „Meister“. Für sie ist er nur ein Lehrer und noch nicht der auferstandene Herr. Sie glaubt immer noch, das alte Verhältnis wieder herstellen zu können.

Maria hat sich wohl etwas stürmisch umgedreht. Jesus wehrt sie erschrocken ab: „Rühre mich nicht an! Denn ich bin noch nicht aufgefahren zum Vater!“ Er kann auch gemeint haben: „Halte mich nicht auf!“ Aber es ist dennoch verwunderlich, weshalb man ihn sehen, aber nicht anfasse darf. Hätte man ihn überhaupt aufhalten können? Seine Himmelfahrt scheint unmittelbar bevorzustehen.

Aber er hat noch einer Auftrag an Maria: „ehe hin zu meinen Brüdern und sage ihren: „Ich fahre auf zu meinem Vater und zu eurem Vater, zu meinem Gott und zu eurem Gott!“ Sein Platz wird jetzt bei dem Vater im Himmel sein. Aber er wird weiter mit den Jüngern verbunden bleiben. Sie sind seine Brüder, denn sie haben den gleichen Gott wie er. Er sagt allerdings nie „unser Vater“ oder „unser Gott“: Er ist doch noch in einer besonderer Weise der Sohn Gottes, er hat ein anderes Verhältnis zu Gott als die Jünger. Das wird nun auch Maria und den Jüngern deutlich werden.

Maria hat sich an jeden Strohhalm geklammert, der ihr die Verbindung an das vergangene Leben mit Jesus geben könnte. Ihre Gedanken gelten nur dem toten Leib des Herrn. Urd selbst als sie Jesus sieht, betrachtet sie ihn als einen, der wieder in das alte Leben zurückgekehrt ist. Ihr Suchen geht in die falsche Richtung. Erst die Aussage Jesu und sein Auftrag machen sie zur Zeugin des Auferstandenen.

Sie geht wieder zu den Jüngern - jetzt wohl zu allen - und sagt ihnen: „Ich habe den Herrn gesehen. Er hat zu mir gesagt: „Ich fahre auf zum Vater!“ Das Wichtigere ist ihr das Sehen. Aber erst die Worte haben alles gedeutet und klar gemacht. Jetzt erst haben sie eine Antwort auf ihre Verlegenheit am Ostermorgen bekommen.

 

Holzschnitt von Herbert Seidel: „Der Ostermorgen“ [Bild nicht vorhanden]

Nur knapp ist das Wesentliche dargestellt. Zunächst fallen das Erschrockensein und die Trauer der Menschen auf, durch die breite schwarze Fläche im Vordergrund noch unterstrichen. Man sieht in eine weite, stille Landschaft. Vorne ist ein Felsblock zu erkennen. Die Kargheit der Landschaft, das große schwarze Loch im Vordergrund läßt nichts von der Osterfreude vernehmbar werden.

Vor dem Grab stehen Maria Magdalena, Petrus und Johannes. Sie können sich nicht denken, was sich ereignet hat. Maria schaut hoffnungslos in das Dunkel des leeren Grabes, der Kopf ist traurig gesenkt, die Arme hängen schlaff herab und sind unter dem weiten Mantel verborgen.

Neben ihr steht Johannes, auch voller Trauer und Hoffnungslosigkeit. Aber er beginnt schon zu begreifen, daß Gott hier gehandelt hat. Er sieht schon nicht mehr so hoffnungslos aus wie Maria.

Petrus starrt verstört in die dunkle Tiefe. Seine Gedanken arbeiten angestrengt. Große Erschütterung und Fassungslosigkeit fallen an ihm auf. Diesen Jüngern ist die Zukunft erschlagen.

Die Jünger wissen noch nicht, daß Gott eingegriffen hat. Bald aber werden sie erkennen, daß Jesus aus dem Tod ins Leben durchgedrungen ist und auch ihnen die Tür zum Leben aufgetan hat. Durch die große Helligkeit in der Weite der Landschaft ist schon auf das Ostergeschehen hingedeutet. Doch die Tatsache des leeren Grabes wird nicht zum Osterglauber führen, nur der Herr selber kann das tun.

Dies gilt für alle Ostererzählurgen. Wissenschaftlich kann man das Osterereignis nicht fassen. Der Osterglaube spricht sich aber aus in der Osterbotschaft. Diese kommt zunächst zum Ausdruck in formelhaften Osterbekenntnissen wie 1. Kor 15,5-11. Es geht dabei nicht um die Einzelheiten, sondern um die Osterbotschaft in den Ostergeschichten. Die Ostergeschichten haben für den Glauben an den lebendigen Herrn Jesus Christus nur eine relative Bedeutung. Die Grabesgeschichten sind nur indirekte Zeugnisse für die Auferstehung. Um sich den Juden verständlich zu machen, sprach man von der Wiederbelebung eines Leichnams. Aber nötig ist das nicht, um die Lebendigkeit Jesu trotz Kreuz und Grab zu erfahren. Den Jüngern sagt das leere Grab noch nichts, erst die Begegnung mit dem lebendigen Herrn bringt sie zum Glauben.

 

Der ungläubige Thomas: Joh 20, 19 - 30

Hinführung:

Im Winter sagt die Mutter: „Zieh dich warm an, es ist kalt draußen!“ Mache Kinder wollen das nicht wahrhaben und gehen ohne warme Sachen hinaus. Wenn sie dann frieren, sind sie überzeugt worden, daß die Mutter recht hatte. Und wenn sie Pech haben, werden sie auch noch von der Mutter gestraft, weil sie urgehorsam waren.

Auch Erwachsene zweifeln manchmal an bestimmten Dingen, die sie hören:

1. Als das erste Flugzeug erfunden wurde, wollten es viele nicht glauben, daß man damit wirklich durch die Luft fliegen kann. Viele sagten: „Wie ist das möglich? Da fällt man ja herunter!“ Das müssen wir erst gesehen haben, sonst glauben wir es nicht!“

Wir glauben nur, was wir selbst sehen!

2. Als das Radio erfunden wurde, sagten viele Leute: „Wie sollen wir ohne einen Telefondraht hören können, was irgendwo anders ein Mensch spricht? Das müssen wir erst selbst hören, ehe wir es glauben können!“ Wir glauben nur, was wir selbst hören!

3. Nach dem Krieg warteten viele Frauen auf ihre Männer, die noch in der Gefangenschaft waren. Oft gingen Gerüchte herum: Zu Weihnachten kommen die Männer nach Hause, das ist ganz sicher. Aber weil es schon oft Enttäuschungen gegeben hatte, sagten viele Frauen: „Ich glaube es erst, wenn ich meinen Mann im Arm halte!“

Wir glauben nur, was wir selbst anfassen!

 

Zweifel gehören mit zum Menschsein hinzu. Auch und gerade in Glaubensfragen gibt es Zweifel. Viele zweifeln daran, daß der gekreuzigte Jesus noch heute leben kann. Sie sagen: Man müßte ihn einmal sehen können. Er müßte erst einmal das Böse in der Welt verhindern! Solche Fragen stellten schon die Christen wenige Jahre nach jenem ersten Ostern in Jerusalem. Sie sagten: „Uns ist Jesus nicht erschienen!“!

Wie sollen wir da glauben, daß er lebt, wo er doch am Kreuz gestorben ist!?"

Ein Beispiel für solche fragenden Menschen ist auch die Plastik von Ernst Barlach: „Der Zweifler“: Dieser Mann will beten, er hat sich schon hingekniet. Die Hände sind geschlossen, allerdings anders, als es sonst beim Beten üblich ist. Den Kopf hält er schief, die Augen blicken ungewiß schräg nach oben. Man spürt: Hier ist keine Sammlung und keine Konzentration da, wie man sie fürs Gebet braucht. Dieser Mann will beten, aber er kann nicht, weil er zweifelt! - Von einem Jünger Jesu, der nicht glauben konnte, erzählt die folgende Geschichte.

 

Erzählung:

Nach der Kreuzigung Jesu bleiben die Jünger in Jerusalem. Hier hatten sie zwar alle ihre Hoffnungen auf Jesus aufgeben müssen, die Stadt hatte einen bedrohlichen Charakter für sie gewonnen. Aber sie wurden doch wenigstens immer wieder an das erinnert, was mit Jesus gewesen war. Heimlich versammelten sie sich in einem Haus, weil die Feinde Jesu es auch auf sie abgesehen hatten. Die Stimmung war angstvoll und bedrückt. Sie dachten an ihr Versagen, als Jesus verhaftet und umgebracht wurde. Aber auch jetzt ist es noch nicht viel besser mit ihnen: Sie sind nur eine Gruppe von „Ehemaliger“, die sich verkriechen in der Hoffnung, daß sie keiner sieht.

Am Abend des ersten Tages der Woche, am Sonntagabend, tritt Jesus plötzlich mitten unter sie. Wie ist er nur hereingekommen? Sie haben die Türen doch fest verschlossen! Aber für Jesus sind sie offenbar kein Hindernis, er kann doch bei ihnen sein.

Er sagt zu ihnen: „Friede sei mit euch!“ Das ist an sich ein üblicher Gruß. Aber für die Jünger hat er eine besondere Bedeutung. Jesus weiß ja, wie den Jüngern zumute ist, wo es bei ihnen fehlt und welche Schuld und Angst sie mit sich herumtragen. Aber er hat sie auch weiterhin lieb und möchte, daß sie froh werden können. Jetzt will er ihnen sagen: „Seid ohne Angst, ich komme als euer Freund!“ Da kehren auch Freude und Friede bei den Jüngern ein. Sie wissen: Es ist wieder alles in Ordnung, sie haben wieder Gemeinschaft mit Jesus.

Dann zeigt er ihnen seine Hände und seine Seite, die der Soldat bei der Kreuzigung aufgestochen hatte. Da sehen die Jünger: Es ist der Gekreuzigte, dieser Mann ist der Jesus, den sie kennen. Es ist keine Einbildung, ihr gekreuzigter Herr lebt! Man hätte ihn anfassen können, er ist kein Gespenst.

Da sind die Jünger auf einmal wie umgewandelt. Ruhe und Friedenkehren bei ihren ein. Sie werden wieder froh, weil sie ihren Herrn gesehen haben. Es ist nicht aus mit ihnen, weil es nicht aus ist mit Jesus. Aber Jesus will ihnen nicht ein überirdisches Schauspiel bieten, sondern er hat eine Aufgabe für sie: Diese kleine Gruppe, die sich eben noch vor allem versteckt hat, wird in die Welt hinausgeschickt. Er sagt zu ihnen: „Friede sei mit euch! Wie mich der Vater gesandt hat, so sende ich euch!“ Sie sollen also sein Werk zum Abschluß bringen. Jesus hat begonnen, zu allen Menschen zurückzukehren. Seine Jünger dürfen es zuerst erfahren. Aber nun sollen sie es den anderen weitersagen.

Dann haucht er die Jünger an und spricht zu ihren: „Nehmt hin den Heiligen Geist! Welchen ihr die Sünden erlasset, denen sind sie erlassen; und welchen Ihr sie behaltet, denen sind sie behalten!“

Nun erfüllt Jesus sein Versprechen, das er den Jüngern gegeben hat. Er wird sie nicht allein lassen. Er gibt ihnen den Heiligen Geist, damit sie seine Werkzeuge in der Welt sein können. Hier fallen Ostern und Pfingsten zusammen, der Auferstandene ist nun durch seinen Heiligen Geist bei ihren.

Sie sollen sogar das Recht haben, anderen Menschen die Vergebung Gottes zu verkünden. Gott wird bestätigen, was sie den Menschen zusprechen. Jeder kann sich darauf verlassen, daß eintreffen wird, was die Jünger sagen. Wer sich aber nicht von ihnen freisprechen lassen will, der wird seine Schuld weiter mit sich herumtragen müssen.

So erleben die Jünger den ersten Gottesdienst der neuen Kirche: Jesus ist mitten unter ihnen. Er vergibt ihnen, macht Frieden mit ihnen und schenkt ihnen neue Freude. Und er sendet sie aus, damit sie seinen Frieden und seine Vergebung in die Welt bringen.

Der Erste, dem sie das alles sagen möchten, ist der Jünger Thomas. Er ist nicht bei ihnen gewesen, sondern ruhelos und traurig umhergelaufen. Was ihn bisher mit den anderen verbunden hatte, das hat keine Bedeutung mehr für ihr. Alle Hoffnungen auf Jesus sind zunichte. Weshalb soll man noch Gemeinschaft mit den anderen halten, wo doch die Mitte dieser Gemeinschaft nicht mehr da ist?

Doch schließlich geht er doch wieder in das Haus, in dem sich die Jünger jetzt immer versammeln. Ob sie überhaupt noch da sind? Sind sie vielleicht auch verhaftet worden? Er öffnet die Tür - und sieht lauter frohe Gesichter. Er kommt gar nicht dazu, sie zu fragen, weshalb sie so strahlen.

Die anderen rufen ihm zu: „Thomas, freu dich, wir haben den Herrn gesehen!“ Thomas aber antwortet: „Das ist ganz unvorstellbar. Das kann ich nicht glauben. Nur wenn ich die Nägelspuren von der Kreuzigung sehe und mit den Fingern spüren kann und meine Hand an seine Seitenwunde legen kann, dann will ich es glauben, Andernfalls werde ich unter keinen Umständen daran glauben.

Thomas ist wie ein moderner Mensch: Er will erst handfeste Beweise haben, sonst kann er nicht glauben. Die frohen Gesichter der Jünger genügen ihm nicht, er will Jesus selber sehen. So denken doch auch viele Menschen, die nicht glauben können, ohne ein Wunder zu sehen. Thomas hat nicht umsonst den Beinamen „Zwilling“. Er hat schon immer gründliche und schwierige Fragen gestellt. Aber nun ist er in sich gespalten wie ein Zwilling. Er möchte es gern glauben, aber er kann es nicht. Er hält es für urmöglich, daß er sich selbst überzeugen kann.

Aber immerhin bleibt er jetzt bei den anderen Jüngern. Noch vergeht eine ganze Woche, in der Thomas nicht froh werden kann. Dann ist wieder Sonntag. Die Jünger sitzen am Abend wieder hinter verschlossenen Türen in ihrem Haus. Nun ist Thomas bei ihnen.

Da tritt Jesus wieder mitten unter sie und spricht: „Friede sei mit euch!“ Dann wendet er sich gleich an Thomas. Er tadelt ihn nicht, sondern geht auf seinen Wunsch ein. Jesus sagt: „Reiche deinen Finger her und siehe meine Hände. Reiche deine Hand und lege sie in meine Seite. Und sei nicht ungläubig, sondern gläubig!“

Thomas soll sich also Jesus gegenüber als ein Glaubender verhalten. Thomas ist auch so überwältigt von der Liebe Jesu, der zu ihm kommt und ihm zum Glauben helfen will, daß er nur sagen kann: „Mein Herr und mein Gott!“ Damit hat er das höchste Bekenntnis zu Jesus ausgesprochen, das es nur geben kann. Thomas hat erkannt, wer Jesus schon     immer gewesen ist: Der Herr der Welt und aller Menschen, auch der Herr des ungläubigen Thomas.

Aber er ist ja gar kein ungläubiger Thomas mehr. Einen Beweis im menschlichen Sinne ist hier gar nicht mehr nötig, Thomas ist von der Liebe Jesu überwunden. Jetzt redet er nicht mehr über den Glauben, sondern bekennt sich zum Glauben an Jesus. Jesus ist viel mehr als ein Meister, er ist der „Herr“, in dem man gleichzeitig auch Gott finden kann. Hätte er nur gleich gemerkt, wer Jesus ist!

Es ist nicht deutlich, ob Thomas wirklich seine Hände auf die Nägelmale gelegt hat. An sich ist es nicht nötig. Er hätte es tun können. Aber nachdem er sich zu Jesus bekannt hat, ist so etwas ja nicht mehr nötig. Thomas glaubt auch ohne das.

Jesus aber sagt nun zu ihm: „Thomas, weil du mich gesehen hast, so glaubst du. Selig sind, die nicht sehen und doch glauben!“ Damit kritisiert er Thomas, der das Wunder forderte. Er fordert ihn auf, doch allein dem Wort zu glauben: „Wir haben den Herrn gesehen!“ Jesus geht noch einmal auf den Wunsch eines Jüngers ein. Aber damit sollen alle Zweifler es nun genug sein lassen. Alle Einzelheiten der Oster­-Erzählungen sind nicht so wichtig wie das Bekenntnis zu Jesus, dem auferstandenen und lebenden Herrn. Echter Glaube hält sich nur an Jesu Wort, auch gegen allen Augenschein!

 

Antwortgespräch:

Wir betrachten wieder eine Plastik von Ernst Barlach: Thomas.

Sein Gesicht und sein ganzer Kopf machen deutlich, wie erschrocken er über den Unglauben ist. Aber er ist ja nur ein Beispiel für alle Zweifler. Auch die anderen Jünger haben ja erst geglaubt, nachdem sie gesehen haben. Thomas bittet um Verzeihung für seinen Unglauben, sein Körper krümmt sich Jesus entgegen. Die Hände hat er auf die Schultern Jesu gelegt: „Ich möchte zu dir gehören! Nimm mich doch wieder an!“ will er sagen. Jesus hält ihn fest und zieht ihn zu sich heran. Aber sein Blick geht über Thomas hinweg. Er sieht den Betrachter des Bildes an und fragt ihn: „Willst du auch zweifeln oder willst du glauben!“

Richtiger Glaube braucht nicht zu sehen. Er gründet sich nicht in erster Linie auf die Hör- und Seherlebnisse der ersten Osterzeugen. Er bezieht sich zwar auf diese Zeugnisse. Aber er kommt zustande durch das Hören des Wortes Gottes in der heutigen Verkündigung. Dabei kommt es nicht auf sichtbare Beweise an, sondern auf Vertrauen und Wagnis. Dieses gewinnt man durch den Verzicht auf das Sehenwollen und das tägliche Hören auf Gottes Wort.

Thomas handelte richtig, als er im Kreis der Osterzeugen blieb. Nur hier konnte er die Wahrheit finden. An sich war es sein gutes Recht, nicht einfach die Glaubensbekenntnisse der anderen nachzusprechen. Er wollte zu einer persönlichen Glaubensgewißheit kommen. Er möchte nicht, daß sein Glaube nur ein Hirngespinst sei. Wir heute allerdings können es besser wissen als Thomas. Wir blicken auf viele Jahrhunderte an Glaubenserfahrungen zurück und könnten nun eigentlich wissen, was richtig ist.

Dennoch gibt es auch heute Menschen, die nicht glauben können. Aber Jesus gibt keinen auf, sondern geht ihm in seiner Liebe nach. Er hilft uns durch s ein Wort und Sakrament zum Glauben. Wer sich daran hält ‚ wird seine Zweifel überwinden und auch bekennen können: „Ich glaube, daß Jesus Christus sei mein Herr!“(Erklärung zum zweiten Glaubensartikel).

 

Viele in der Gemeinde werden sagen: „Wir haben doch gar keine Zweifel am Ostergeschehen, wir sind doch kein ungläubiger Thomas!“ Bei Johannes sind diese Geschichten herausgesponnen aus der Bemerkung der Synoptiker „etliche aber zweifelten“. Haben wir heute wirklich keine Zweifel?

Da sind Menschen selbstsicher und gläubig. Aber dann ist gerade ihr Sohn im Krieg gefallen und schon war der Zweifel da. Gleiches gilt, wenn Krankheit sich einstellt oder es zu einer Scheidung kommt, aber es geht auch bis hin zu Umweltproblemen.

Es geht hier also nicht um das intellektuelle Problem, ob eine Auferstehung möglich ist oder nicht, sondern um tiefe Fragen. Da kann man doch nur drei Tage betroffen daneben stehen wie Hiobs Freunde, ohne eine Patentlösung zu finden. Thomas hat keinen Theologenzweifel, sondern der Sinn des Ganzen ist ihm entfallen, es ist ihm „zum Kotzen „, er sieht keinen Ausweg und keine Hoffnung. Es geht also nicht nur um einen Auferstehungszweifel, sondern um den umfassenderen Zweifel.

Wir fragen schon: Macht es einen Sinn zu leben und wie wir leben, erwarten wir da Hilfe von Gott und aus Gottes Wort? Die Alten sagen: „Die paar Jahre bringen wir noch rum!“ Aber die Jungen sagen: „Soll das denn schon alles gewesen sein? Jetzt sind wir noch jung, jetzt können wir uns noch einmal umstellen!“ Und dann erhoffen sie sich eine Sinngebung durch einen Umzug oder sonst etwas.

 

 

Johannes 20 im Überblick

Die Jesus-Maria-Perikope zeigt einen sichtbaren Christus nach der Passion und eine Frau, die sich seiner bemächtigen möchte. Worin der Glaube der Maria wurzelt, ist höchstens Vorland des Glaubens. Niemand sollte seinen Glauben gründen auf dieses seltsame Spiel mit dem geöffneten Grab, mit der Engel- und Herrenszene, mit Mißverstehen und Verstehen. Maria ist der Typus der sich Erinnerndem. Ihr Interesse wurzelt an der Unversehrtheit des Grabes, sie fordert das Grab und den Toten, ihre Liebe erwartet den toten Herrn.

Sie muß erst die neue Weise der Gemeinschaft mit dem Herrn lernen: Alle Verbindung mit ihm meint auch eine Trennung. Aber Jesus wird auch beim Vater mit denen verbunden sein, die auch beim Vater sein werden; sie sind beim Vater, weil Jesus als der Auferstandene dort für sie vorstellig wird.

Noch am gleichen Tag kommt es zur Erscheinung Jesu vor allen Jüngern, auch wenn Judas und Thomas fehlen. Sie haben sich aus Angst vor den „Juden“ versteckt. Die Türen sind fest verschlossen, um das Wunder des Erscheinens Jesu deutlich zu machen. Er ist nicht mehr auf menschliche Wege angewiesen. Er zeigt seine Hände und seine Seite, die Zeichen der Kreuzigung. Der Auferstandene ist derselbe wie der Gekreuzigte. Die Erfahrung der Gegenwart Christi macht die Jünger froh.

Jesus grüßt nicht nur mit dem üblichen Friedensgruß, sondern spendet selber Frieden. Er erneuert seine Zusage und leitet die Sendung der Jünger ein. Es gibt kein Atemholen, der Auftrag Gottes muß weitergehen. Sie brauchen aber auch den Heiligen Geist. Bei Johannes ist Ostern und Pfingsten eine Einheit, alles geschieht noch „am ersten Tag der Woche“.

Wo der Geist Gottes weht, da werden die verschlossenen Türen der Angst aufgestoßen. Mit der Verleihung des Geistes verbunden ist die Vollmacht zur Sündenvergebung. Die Gemeinde hat mehr Aufgaben im inneren Bereich und bedarf dazu der Bevollmächtigung, die Missionssituation ist nicht so sehr gegeben.

 

Der ungläubige Thomas ist ein sympathischer Typ. Wenn er nicht im Johannesevangelium vorkäme, kämen wir auch nicht darin vor. Eine Parallele sind die Samaritaner (Joh 4), die auch nicht glauben wollen. Heute wird nicht so sehr daran gezweifelt, daß Jesus wahrer Mensch war, vielmehr wird gefragt, ob Jesus auch Gott ist. Wichtig ist, daß der Auferstandene derselbe ist wie der Gekreuzigte. Der in die Herrschaft eingesetzt ist, bleibt aber der Gekreuzigte. Hier wird der Zweifler angenommen; er soll nicht „die Augen schließen und glauben blind“, wie es im Lied heißt. Aber er wird aufgefordert zu einem anderen Sehen. Wir glauben aber nicht, weil wir hören, er habe sich damals noch einmal gezeigt. Wir glauben, weil wir seine Gegenwart erfahren in Wort, Sakrament und Mitmensch. Glaube ist die Sehschulung, daß die Welt nicht von Gott verlassen ist, sondern der Auferstandene in ihr gegenwärtig ist. Die Texte sind eine Anregung für die Phantasie des Glaubens, daß wir ihn h e u t e sehen lernen. Wir sind nicht schon deshalb selig, weil wir nicht mehr sehen können.

 

 

Der Auferstandene am See Tiberias: Joh 21,1-25

Erzählung:

Nach Ostern sind die Jünger wieder an den See Genezareth gegangen. Hier hatte sie Jesus zu Jüngern berufen, hier hatte er gepredigt, hier haben sie viele Wunder mit ihm erlebt. Nun scheint wieder alles so wie früher zu sein. Nur sind sie eben allein. Was sollen sie nur machen? Etwas müssen sie doch tun!

Schließlich steht Petrus auf und sagt: „Ich will fischen gehen!“ Das ist wirklich noch das Vernünftigste, was man machen kann. Die anderen sagen: „Wir kommen mit!“ Es ist Abend, sie steigen in das Boot und werfen die Netze aus.

Aber in der ganzen Nacht fangen sie keinen einzigen Fisch. Sie können sich darüber nur wundern, denn sonst gibt es doch viele Fische in dem See. Nun aber stehen sie wieder vor dem Nichts. Schon wird es hell, der Morgen kommt. Müde und verzagt fahren sie zurück.

Aber steht da nicht jemand am Ufer? Undeutlich steht eine Gestalt im Dämmerlicht, wohl ein Fremder Doch er ruft ihnen zu: „Kinder, habt ihr nichts zu essen?“ Traurig antworten sie: „Wir haben nichts, nicht einmal für uns!“ Da sagt der fremde Mann: „Werft das Netz auf der rechten Seite des Bootes aus, dann werdet ihr Fische fangen!“ Das ist ein seltsamer Rat. Aber die Jünger befolgen ihn und fahren noch einmal los. Da wird das Netz voll und schwer von Fischen, so daß sie es kaum noch ziehen können.

Da spricht Johannes zu Petrus: „Es ist der Herr!“ Damit will er sagen: „Nur unser Herr kann uns so reich beschenken. Ohne ihn können wir nicht mehr leben und arbeiten!“ Doch nun Petrus wirft sich sofort ins Wasser und schwimmt auf Jesus zu. Nun, wo er ihn erkannt hat, möchte er ihm so nahe sein wie möglich. Die anderen Jünger bringen die Boote an Land. Schwer müssen sie ziehen, so voll sind die Netze, so reich ist ihr Fang. Gleichzeitig mit Petrus kommen sie an.

Am Ufer erwartet sie eine neue Überraschung: Ein Kohlenfeuer brennt am Boden und brät ein paar Fische und Brot. Jesus aber sagt: „Bringt her von den Fischen, die ihr jetzt gefangen habt!“ Da zieht Petrus das Netz an Land. Es enthält 153 Fische und zerreißt doch nicht.

Da sagt Jesus: „Kommt und nehmt eure Mahlzeit ein!“ Mit großer Fürsorge kümmert er sich um die Seinen, wie er es immer schon getan hat. Keiner der Jünger wagt, ihn zu fragen: „Wer bist du?“ Sie wissen ja, daß es ihr Herr ist. Er selber bedient sie, gibt ihnen das Brot und die Fische. Die von ihnen gefangenen Fische werden gar nicht gebraucht. Da erkennen sie: Sie brauchen gar nicht für sich selber zu sorgen, es ist schon alles bereit, der Herr sorgt für die Seinen, so wie er das vorher auch getan hat. Sie brauchen nie mehr traurig zu sein. Sie sind nicht allein. Jesus lebt.

Aber noch ist eine Sache zu klären, die trennend zwischen Jesus und einem seiner Jünger stehen könnte. Petrus hatte ja als Jünger schwer versagt. Als man ihn fragte, hatte er gesagt: „Ich kenne diesen Jesus nicht!“ Wie kann er da weiter der Jünger Jesu sein? Wie soll er da einmal sein Apostel und Leiter der neuen Gemeinde Jesu werden können? Nach dem Mahl spricht Jesus zu Simon Petrus: „Simon, des Johannes Sohn, hast du mich lieber, als mich diese haben?“ Ganz feierlich

klingt es. Petrus antwortet schnell: „Ja, Herr, du weißt, daß ich dich lieb habe!“ Da sagt Jesus zu ihm: „Weide meine Lämmer!“ Jesus kann jetzt nicht mehr als der gute Hirte für die Seinen sorgen. Nun soll Petrus es in seinem Auftrag tun.

Jesus fragt noch ein zweites und ein drittes Mal in gleicher Weise, und Petrus antwortet ebenso. Nur beim drittenmal ist Petrus doch etwas traurig, daß ihn der Herr so oft fragt. Aber schließlich hat er ihn ja auch dreimal verleugnet, so wird er nun dreimal gefragt. Außerdem ist so alles ernster und feierlicher.

Diesmal sagt Petrus: „Herr, du weißt alle Dinge. Da weißt du doch auch, daß ich dich lieb habe!“ Da gibt ihm Jesus noch einmal den Auftrag: „Weide meine Lämmer!“ Aber nun fügt er hinzu: „Als du noch jünger warst, hast du dir der Gürtel um dein Gewand selber umgebunden und bist gegangen, wohin du wolltest. Wenn du aber alt geworden bist, wirst du deine Hände ausstrecken und ein anderer wird dich gürten und führen, wohin du nicht willst!“

Da weiß Petrus ganz sicher: Der Herr hat mir vergeben. Er braucht mich noch, ich darf wieder in seine Dienste treten. Allerdings wird das nicht leicht sein. Jesu Boten werden auch Dinge tun müssen, die ihnen gar nicht so lieb sind, werden leiden und vielleicht auch sterben müssen. Jesus fordert ihn noch einmal auf: „Folge mir nach!“ Dazu ist Petrus gern bereit.

 

Antwortgespräch:

Wir hören hier von der Berufung bzw. Wiederberufung des Petrus in den Dienst Jesu. Es wird ihm gesagt, daß durch die Predigt der Jünger eine Gemeinde zusammen­kommen wird. Die Zahl der Fische soll andeuten, daß alle Völker der Welt in dieser „Fang“ einbezogen werden; allerdings wird dieses Amt nicht mit eigener Kraft bewältigt werden können. Jesus gibt Stärkung durch das Abendmahl für diesen Auftrag. So macht er es bis heute. Und wenn einmal etwas mißlungen ist, dann vergibt der Herr auch uns und stellt uns neu in seinen Dienst

 

 

Urgemeinde und Paulus

 

Himmelfahrt und Pfingsten

 

Die Himmelfahrt Jesu Apg 1 , 1 - 14

Hinführung:

An der Bushaltestelle oder auf dem Bahnhof kann man es manchmal erleben, wie Kinder ihre Oma verabschieden. Ingrid und Lutz bringen die Oma zum Bus, die bei ihnen zu Besuch gewesen war. Ingrid hängt sich noch einmal bei ihr ein und sagt: „Schade, Oma, daß du schon wieder fortfährst. Es war doch so schön mit dir zusammen!“ Lutz trägt Omas Tasche. Ganz traurig fragt er: „Mußt du denn wieder weg, Oma? Kannst du denn nicht für immer bei uns bleiben?“ - „Nein, Kinder“, antwortet die Oma. Das geht nicht! Aber ich besuche euch ja wieder. Darauf könnt ihr euch ganz fest verlassen!“ Der Bus kommt. Die Kinder helfen der Oma beim Einsteigen und rufen: „Komm bald wieder, Oma, bitte! Nicht vergessen!“ Und dann winken die beiden noch lange.

Oder denkt: Euer Vater muß verreisen, vielleicht für lange Zeit. Er gibt noch letzte Anweisungen für die Zeit seiner Abwesenheit. Die Kinder stellen ihm Fragen. Aber was geschieht, wenn ihr nun vergessen habt, etwas zu fragen? Dann könnt ihr schreiben. Ihr bleibt ja weiter mit ihm in Verbindung, auch wenn er weit weg zu sein scheint. Aber es kommt ja Antwort auf die Briefe und keiner bricht die Verbindung ab. Und schließlich kommt der Vater ja auch einmal wieder.

Auch den Jüngern Jesu steht ein Abschied bevor. Jesus nimmt Abschied von ihnen, sie werden ihn nun nicht mehr sehen können. Wird es ein schlimm trauriger Abschied werden? Jesus hatte die Jünger doch gerade erst wieder in Jerusalem zusammengeführt. Sie warteten auf das, was er noch mit ihnen vorhatte. Und nun hatte er sie auf einmal verlassen! Würde nicht wieder alles zusammenbrechen?

Wir wollen heute hören, wie Jesus von seinen Jüngern Abschied nimmt und welchen Auftrag er ihnen mit auf den Weg gibt. Wir wollen dabei euch versuchen, die Fragen zu beantworten: Warum kann man Jesus heute nicht sehen? Wo ist er heute? Warum erscheint er uns nicht wie seinen Jüngern?

 

Erzählung:

Nach Ostern hatte sich Jesus noch manches Mal seinen Jüngern gezeigt. Er wollte ihnen helfen, daß sie ihm vertrauen konnten. Sie sollten ganz genau wissen: „Ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende!“ Sie sollten spüren: Wo zwei oder drei versammelt sind in meinem Namen, da bin ich mitten unter ihnen!"

Die Jünger hatten noch manche Fragen auf dem Herzen. Jesus hatte ihnen doch so oft vom Reich Gottes erzählt, von der Herrschaft Gottes, die er über die ganze Welt aufrichten würde. Aber nun war Jesus gekreuzigt worden. War damit alles aus? Viele fragten sich auch: „Was wird nun aus uns? Wie wird alles werden?"

Eines Tages ruft Jesus sie alle in Jerusalem zusammen. Er geht mit ihnen einen bekannten Weg, den sie schon oft gegangen sind, wenn sie von Jerusalem nach Osten in das Dorf Bethanien gewandert sind. Am Ölberg gegenüber von Jerusalem macht Jesus halt.

Mit großer Entschiedenheit befiehlt er seinen Jüngern: „Bleibt hier in Jerusalem. Verlaßt die Stadt nicht. Wartet, bis die Verheißung meines Vaters eintrifft, von der ich immer gesprochen habe: „Johannes hat noch mit Wasser getauft. Ihr aber sollt mit dem heiligen Geist getauft werden. Lange wird es nicht mehr dauern!“

Gespannt und mit großer Aufmerksamkeit hatten die Jünger zugehört. Aber sie haben noch eine Frage, die ihnen schon lange im Herzen brennt: „Herr, wirst du jetzt das Reich für Israel aufrichten?“ Sie hoffen immer noch, Jesus würde die Herrschaft Gottes verwirklichen und auch die Römer aus dem Land vertreiben. Gespannt blicken sie auf Jesus.

Doch dieser muß ihre letzten Hoffnungen zerschlagen. „Es steht euch nicht zu, die Zeit oder Stunde zu wissen, die der Vater in seiner Macht bestimmt Aber ihr werdet die Kraft des Heiligen Geistes empfangen , der auf euch kommen wird. Dann werdet ihr meine Zeugen sein in Jerusalem und in ganz Judäa und Samarien und bis an das Ende der Erde!“

Die Jünger sollen all das weitersagen, was sie von Jesus gesehen und gehört haben: Jesus ist der Sohn Gottes, der auch heute lebt. Nicht die Hoffnung auf ein Königreich soll ihnen wichtig sein, sondern nur diese Aufgabe, allen Menschen von Jesus zu erzählen. Gott aber wird ihnen Kraft dazu geben.

Endlich begreifen die Jünger: Ihr Herr braucht sie für seinen Dienst, sie sollen Menschen zu Christus führen. Doch jetzt, wo sie alles verstehen, verschwindet Jesus wieder vor ihnen. Es kommt ihnen so vor, als hülle ihn Gott in eine Wolke ein und nehme ihn vor ihren Augen weg. Sie wissen: Jesus hat endgültig von ihnen Abschied genommen. Er ist jetzt ganz bei seinem Vater. Aber sie sind nicht allein, sondern er ist ihnen ganz nahe.

Als die Jünger noch so in die Luft starren, stehen plötzlich zwei Männer in weißen Kleidern da und sagen: „Ihr Männer aus Galiläa, was steht ihr da und seht in den Himmel. Dieser Jesus, der jetzt von euch genommen wurde zu Gott, der wird in der gleichen Weise wiederkommen. Ihr werdet ihn wiedersehen!“

Voller Freude gehen die Jünger in die Stadt Jerusalem zurück in das Haus, wo sie sich immer aufzuhalten pflegten. Sie beteten und dankten Gott für alles. Jetzt würden sie immer zusam­menbleiben, die elf Jünger, einige Frauen, die Mutter Jesu und seine Brüder. Sie waren nicht traurig, sondern warteten voll Spannung auf das, was nun noch kommen sollte.

 

Antwortgespräch:

Ein Abschied ist in der Regel eine traurige Sache. Die Jünger aber gingen fröhlich zurück nach Jerusalem. Warum?

1. Jesus ist ihnen euch dann nahe, wenn sie ihn nicht sehen oder direkt fragen können. Aber sie bleiben in Verbindung mit ihm und beten zu ihm, ihre Zweifel sind beseitigt.

2. Die Jünger bleiben fest beieinander und warten auf die verheißene Gabe. Sie haben einen Auftrag und ein Ziel. Sie werden auch die Kraft bekommen für ihre Predigt.

3. Es ist kein Abschied für immer, denn Jesus hat gesagt, er wird wiederkommen. Nur soll keiner herumrätseln, wann das sein wird, weil allein Gott die Stunde bestimmt. Bis jetzt hat sich alles erfüllt, was Jesus gesagt hat. Da wird auch das Letzte sich erfüllen, daß Jesus wiederkommen wird. Er ist bei Gott. Wir aber sollen weiterleben und sein Wort allen Menschen weitersagen. Tun wir es? Halten wir Verbindung zu Gott.

4. Gott wird für die Zeit bis zum Ende der Welt eine neue Gemeinschaft schaffen: die Kirche. In ihr wird der Geist Gottes lebendig sein und jeder wird spüren können, wie nah ihm Gott ist. Jesus sitzt nicht einfach unbeweglich neben dem Thron des Vaters, sondern in seinem Namen geht es auf der Erde weiter, bis er selber wiederkommt, zu richten die Lebendigen und die Toten.

 

Die Jünger lebten in der Erwartung des nahen Endes der Welt. Sie stehen in der Gefahr, in der Verantwortung für die Welt nachzulassen und ihr nicht mehr das Wort Gottes zu verkünden. Jesus beseitigt ihre Ungeduld radikal. Ob früher oder später - das ist für einen Christen eine völlig unnütze Frage, weil doch Gott allein sie entscheidet.

Zwischen den irdischen Tagen Jesu und seiner Wiederkunft vergeht Zeit, vielleicht sogar viel Zeit. Aber diese Zeit ist nicht einfach leer, so eine Art Zwischenspiel. Sie ist nicht nur mit Langeweile und Warten erfüllt, sondern von den großen Taten Gottes. Die Geschichte Jesu setzt sich fort in der Kirche. Die Christen erhalten die Aufgabe, allen Menschen von Jesus zu erzählen. Sie sollen nicht zurückschauen, aber auch nicht auf ein besseres Jenseits hoffen, sondern einfach ihre Aufgabe anpacken.

 

Kaufmann-Bild aus der Mappe: „Die Apostelgeschichte“, Nummer 2:

Hier ist die Blickrichtung umgekehrt: nicht von unten nach oben, sondern von oben nach unten. Die Hände Gottes weisen in die Welt. Sie halten auch eine Leine, die die Gruppe der Jünger umschließt. Er kann diese Leine aber auch verschieben, in die ganze Welt hinein. Sie aber sollen jetzt in seinem Auftrag in die Welt gehen.

 

Der Mann am Steuer:

Der „Himmel“, in den Jesus kommt, ist die Zentrale, von der aus der Herr die Geschicke der Einzelnen, der Kirche und der Völker und der gesamten Welt lenkt. Er steht auf der Kommandobrücke und steuert das Schiff durch die Welt.

Es ist ganz entscheidend, ob ein guter Mann am Steuer sitzt. Wenn wir mit dem Bus fahren, dann sitzt am Steuer oft ein Mann, den wir gar nicht kennen. Er hat eine verantwortungsvolle Aufgabe, denn Leben und Tod der Fahrgäste können von ihm

Abhängen . Aber wir wissen: Er ist geprüft und wir können ihm vertrauen.

Je mehr Menschen befördert werden, desto größer ist die Verantwortung des Mannes am Steuer. Manche Männer haben ein ganzes Volk zu führen. Aber sie können es einen guten oder einen schlechten Weg führen. Es kommt also alles darauf an, daß ein guter Mann am Steuer sitzt.

Die kleine Gemeinde Jesu hatte diesen M.ann nicht mehr. Ihr Meister war nicht mehr sichtbar bei ihnen, es fehlte ihnen der Lotse. Wer würde sie nun den rechten Weg führen? Doch da setzt Gott seinen Sohn an das Steuer der Welt. Zwar kann er nun nicht mehr sichtbar bei den Jüngern sein, aber er ist nun für die ganze Welt da.

Deshalb ist Himmelfahrt ein fröhlicher Tag. Wir wissen: Der Herr Jesus ist am Steuer der Welt, da ist sie auch in guten Händen. Er gibt seiner kleinen Mannschaft den Befehl zur Weltmission. Aber sie weiß auch, daß er am Steuer der Welt wieder einmal sichtbar wird.

 

 

Die Nachwahl des Matthias: Apg 1, 15 - 26

Hinführung:

Wir sagen oftmals: „Da hast du aber Glück gehabt!“ Bei Wettkampf, Unfall, Zensuren, usw. Manchmal steht wirklich eire Leistung dahinter. Aber an sich deutet so ein Ereignis an: Gott will etwas von mir, will mir damit etwas sagen. Und er erwartet meinen Dank.

Nicht alles, was wir Glück nennen, ist wirklich „Glück“. Wir sollten einmal überlegen, ob Gott da nicht eingegriffen hat. Zumindest können wir manchen Vorgang noch nachträglich als ein Eingreifen Gottes verstehen. Und umgedreht haben wir nicht Pech gehabt, sondern auch da steht Gottes Wille dahinter. Wenn etwas geschieht, dann ist es nicht zufällig, sondern Gottes Wille.

Das sehen wir an dem Schicksal des einen Jüngers Jesu, der ihn verraten hatte: Er hat nicht einfach Pech gehabt. Und das sehen wir auch am Schicksal eines anderen Mannes, der zum Jünger Jesu wurde, der aber auch nicht nur Glück gehabt hat.

 

Erzählung:

Die Jünger Jesu versammelter sich jeden Tag in Jerusalem. Jesus hatte ihnen ja gesagt, sie sollten in der Stadt bleiben und warten, bis die Kraft Gottes über sie kommt. Es waren nicht nur die elf Jünger, die nach dem Ausscheiden des Judas übriggeblieben waren, sondern auch noch eine Reihe anderer Menschen, ungefähr 120 Leute. Einige von ihnen waren auch mit Jesus und seinen zwölf Jüngern durch das Land gezogen. Sie hatten miterlebt, wie er gepredigt hatte. Einige waren sogar dabeigewesen, als er Kranke geheilt hatte. Und schließlich hatten einige ihn sogar als den Auferstandenen gesehen.

Da steht Petrus auf und sagt: „Ihr Männer und Brüder, ihr wißt, daß einer aus unserem Kreis fehlt. Judas Ischarioth hat denen den Weg gezeigt, die Jesus fangen wollten, er hat ihn verraten. Damit ging in Erfüllung, was schon der            König David von ihm vorausgesagt hatte. Aber Judas war eben auch einer von uns. Er hat mit uns das Amt eines Jüngers und Apostels erhalten. Aber nun hat er unseren Herrn verraten. Und von dem Geld für diesen Verrat kaufte er sich einen Acker. Aber dort ist er vornüber gestürzt, sein Leib ist aufgerissen und seine Eingeweide sind herausgequollen. Den Acker nennt man seitdem „Blutacker“!“

Die Jünger und die anderen sind sehr ernst, als sie das hören. Dieser Judas gehörte zu ihnen, aber er hat sich von Jesus und von ihnen losgesagt. Er war Jesus äußerlich ganz nahe, aber er ist doch verlorengegangen. Sein Amt aber soll einem anderen gegeben werden.

Petrus sagt dazu: „Es kann nur einer an die Stelle des Judas gesetzt werden, der von Anfang an mit Jesus gegangen ist, seit der Taufe durch Johannes bis zu dem Tag, an dem Jesus wieder vor uns genommen wurde. Er soll all die Dinge bezeugen die wir gehört und gesehen haben. Und er soll den Menschen weitersagen können, daß Jesus auferstanden ist!“

Zwei Männer sind da, die diese Bedingungen erfüllen: Joseph und Matthias. Wer von ihnen soll aber nun das Amt bekommen? Die Jünger wollen nicht alleine eine Entscheidung fällen, denn hier geht es ja vor allem um eine Sache Gottes. Deshalb beten sie zuerst zu Gott: „Herr, der du die Herzen aller Menschen kennst, zeige uns, welchen du unter diesen zweien erwählt hast. Er soll dann an den Platz des Judas treten!“

Daraufhin losen sie, und das Los fällt auf Matthias, der nun dem Jüngerkreis zugeordnet wird. Hat er Glück gehabt und Joseph Pech? Gott hat hier gehandelt!

Und den Joseph hat er vielleicht zu einem anderen Dienst gebraucht.

 

 

Pfingsten: Apg 2 , 1 - 14

Hinführung:

Wart ihr schon einmal auf dem Sportplatz? Wie verhalten sich die Zuschauer, wenn ein Tor für die eigene Mannschaft gefallen ist? Sie schreien, springen auf, reißen die Arme hoch - sie sind begeistert, weil nun der Sieg ihrer Mannschaft fest steht.

 

Bild aus der Verteilbildserie „Apostelgeschichte“ (Harry Franke):

Diese Männer reißen auch die Arme hoch. Sie sind ganz Feuer und Flamme. Sie rufen etwas. Aber sie schreien nicht „Tor“ oder „Hurra“', sondern „Halleluja! Gelobt sei Gott!“ Das Halleluja ist ein Siegesgeschrei, das „Hurra“ der Christen. Zu beachten ist der Gegensatz zwischen den Männern in der leuchtend gelben Parabel (dieses Zeichen kennt ihr schon) und den vorerst noch verständnislos staunenden Männer in Grau vorne links. Der eine sperrt sogar Mund und Ohren auf.

Wir lesen die Bildunterschrift und weisen auf die Bibelstelle hin. Dort steht die Geschichte, die wir dann gleich hören wollen. Hier steht auch das Wort „Gottes Geist“. Was ist denn „Geist“? Nicht gemeint ist ein „Gespenst“, das zur Geisterstunde erscheint. Das Wort Geist hat mehrere Bedeutungen. Hier ist der Geist gemeint, der in Begeisterung versetzt. Wir sahen das beim Fußballspiel. Da werden Zuschauer auf einmal ganz andere, weil sich in ihnen ein neuer Geist auswirkt. Geist ist also etwas, das den Menschen ganz anders macht.

Vergleich: Eire Glühbirne brennt nicht von selber. Ich muß erst den Schalter anknipsen. Aber wenn die Birne nicht festgedreht ist, brennt sie immer noch nicht: Erst muß der Kontakt da sein. Die Birne macht den elektrischen Strom sichtbar. Ohne die Birne und den nötigen Kontakt können wir nichts von ihm bemerken. Er wird auch nicht in der Birne erzeugt, sondern kommt immer von woanders her.

Gott ist auch unsichtbar. Von den Auswirkungen seiner Kraft können wir nur etwas merken, wenn Menschen da sind, die von dieser Kraft gefüllt werden und die in Kontakt mit Gott stehen (zum Beispiel durch das Gebet). Die Kraft Gottes, die an den Menschen wirkt, ist sein Geist. Wir sagen „Gottes Geist“ oder „Heiliger Geist“. Das Wort „heilig“ bedeutet ja: „zu Gott gehörend“. Heiliger Geist heißt also: „Der Geist, der zu Gott gehört, die Kraft, die von ihm ausgeht“.

Wir feiern demnächst wieder ein Fest, bei dem es um den Heiligen Geist geht. An Pfingsten kam der Geist Gottes zum ersten Mal über die Gemeinde in Jerusalem. Wie ein Blitz schlug er ein, so daß die Jünger Jesu auf einmal leuchteten und ganz anders wurden, weil nun die Kraft Gottes in ihnen steckte.

Heute wollen wir nun hören, wie dieses Ereignis in der Apostelgeschichte beschrieben wurde, als Gott den Kontakt mit seiner Gemeinde und der Welt herstellte.

 

Erzählung:

In Jerusalem war wieder einmal ein großes Fest. Die ganze Stadt war auf den Beinen. Das erste Erntedankfest in diesem Jahr, 50 Tage nach dem Passah. Der erste Weizen ist schon reif. Nun bringt man die Dankgaben zum Tempel.

Aus den engen Gassen drängen sich die Menschen zum Tempel hinauf. Sie sind festlich gekleidet, ihre Gesichter sind fröhlich. Es geht nun wieder an die Ernte und die Früchte sind gut geraten. Die Sonne scheint, es ist drückend heiß.

Besonders die alten Leute freuen sich. „Es ist alles noch sowie früher!“ sagen sie. Die Feste ihres Volkes sind doch der Höhepunkt des Lebens. Viele von ihnen hatten im Ausland gelebt und gearbeitet: in Ägypten, in Arabien, in Mesopotamien, in Persien, in Kleinasien, in Nordafrika, in Rom. Aber auf ihre alten Tage wollten sie doch wieder in Jerusalem sein, um im Land ihrer Väter und in der Stadt Gottes zu sterben und begraben zu werden. Auch sonst waren viele Fremde aus aller Herren Länder da. Sie glaubten auch an den Gott der Juden und wollten zu ihm beten. Deshalb waren sie zum Fest nach Jerusalem gekommen. Heute dürfen sie nun wieder ein solches Fest im Tempel und die Gottesdienste miterleben.

Die zwölf Jünger Jesu jedoch beteiligen sich nicht an dem Fest. Sie sitzen in einem Haus beisammen und warten. Bei ihnen sind die Mutter Jesu und seine Brüder und noch einige andere, die auch Jesus nachgefolgt waren. Sie singen und beten und warten auf etwas, das ihnen noch wichtiger ist als das große Fest im Tempel. Vor zehn Tagen war ihr Herr endgültig von ihnen gegangen. Sein letzter Auftrag an sie lautete: „Bleibt in Jerusalem, auch wenn ihr dort sehr viel Schlimmes erlebt habt. Denn bald wird euch Gott ein großes Geschenk machen. Ich gehe jetzt von euch, aber Gott wird euch auf andere Art nahe sein. Er wird euch helfen und trösten, wenn ich nicht mehr bei euch bin. Ihr werdet eine Kraft empfangen und dadurch stark werden, meine Worte in aller Welt weiterzusagen!“ So warteten nun die Jünger gehorsam und ließen sich von dem Festtrubel nicht ablenken; und ihr Gehorsam wird belohnt.

Draußen wogen die Menschenmassen weiter hin und her. Ordner sorgen dafür, daß Fremde nicht Tempelhallen betreten, die sie nicht betreten dürfen. Männer, Frauen und Kinder, ganze Familien treffen sich, begrüßen sich, freuen sich. Man spricht über die Ernte und die weiteren Ernteaussichten, und man spricht ein bißchen über Politik. Und dazwischen geht man zu den Gottesdiensten in den verschiedenen Hallen des Tempels.

Immer mehr Menschen kommen herauf. Nur mühsam kann man sich noch einen Weg durch die Menge bahnen. Ab und zu tragen sie auch eine Frau beiseite, die ohnmächtig geworden ist. Kein Wunder bei der Schwüle, da kommt schon einmal so etwas vor.

Plötzlich ist es wie das Brausen eines gewaltigen Windes! Es ist, als ob ein Gewitterwind in die Ölbäume und Zypressen gefahren ist. Aber man sieht keine Wolke, kein Wind ist zu spüren, auch nicht ein Hauch. Es ist direkt unheimlich.

Vor einer Seitenhalle des Tempels stauen sich die Menschen. Immer mehr kommen dazu. „Da ist was los!“ sagt einer und rennt hin. Jetzt tritt ein Mann aus der Halle, groß, mit einem Bart, das Gesicht von Wind und Wetter zerfurcht, die abgearbeiteten Hände zerschunden. Dahinter andere, die nun mutig heraustreten, mit leuchtenden Gesichtern und blitzenden Augen.

Sie reden alle durcheinander, schnell und laut. Die Worte können ihnen gar nicht schnell genug über die Lippen kommen. Aber sie reden mit großer Begeisterung. „Verstehst du etwas?“ fragt ein Mädchen seine Freundin. „Nicht ein Wort!“ - „Ich auch nicht!“

„Glotzt doch nicht so“, zischt sie ein junger Mann an. „Die haben doch bloß zu viel Wein getrunken!“ Ein paar lachen. „Ja, anders kann es wohl kaum sein. Du meine Güte, haben die sich aber vollaufen lassen. Und das am frühen Morgen. Was sind denn das für Leute? Wo kommen sie wohl her?“

„Perser“, sagt einer. „Nein, Ägypter“, meint ein anderer. „Ich werde es doch wohl wissen“, sagt wieder der andere, ich bin doch in Persien geboren. Sie rufen immer wieder ‚Jesus Christus‘ und loben Gott und preisen seine großer Taten!“Jetzt läßt sich ein alter Mann vernehmen: „Aber das sind doch alles Galiläer. Ich kenne sie doch. Das sind doch die Jünger dieses Jesus von Nazareth, von denen man doch seit Wochen nichts mehr gehört hat. Und der ganz vorne, das ist der Petrus!“

„Aufhängen sollte man sie, allesamt, wie Jesus!“ ruft wieder der junge Mann. „Seht ihr denn nicht, daß sie alle betrunken sind? Abführen sollte man sie! Sie stören das schöne Erntedankfest im Tempel. Eine Schande ist es!“

Jetzt hebt Petrus die Hand. „Seid stille, er will etwas sagen“, ruft einer. Totenstille tritt ein in der Menschenmenge. Petrus beginnt: „Ihr Männer, liebe Brüder! Bürger von Jerusalem! Hört gut was ich euch zu sagen habe! Wir sind keinesfalls betrunken, wie ihr meint. Es ist doch erst neun Uhr morgens und die Zeit zur Morgenandacht. Was hier geschieht, ist doch schon von den alten Propheten vorausgesagt worden: Gottes Heiliger Geist ist aber uns gekommen, so daß es uns war, als hätten wir Feuerflammen auf dem Kopf und das Dröhnen eines Sturmwindes in den Ohren. Unser Herr, Jesus von Nazareth, hat uns das alles schon vorher angekündigt. Er hat gesagt: Bald wird die Kraft des Heiligen Geistes all denen gegeben werden, die an ihn glauben! Dieses Geschenkt ist jetzt eingetroffen, denn sonst hätten wir nicht den Mut, jetzt hier vor allen Leuten zu predigen!“

Dann fährt Petrus fort. „Diesen Jesus hat Gott durch große Zeichen, Taten und Wunder als seinen Sohn erwiesen: Er hat Blinde sehend gemacht, Lahme gehend, Taube hörend. Er hat Tote auferweckt und den Armen die frohe Botschaft von Gott dem Vater verkündet. Aber ihr habt ihn den Römern ausgeliefert und zum Tode verurteilen lassen. Gott hat es zugelassen! Aber er hat ihn auch wieder auferweckt und den Tod besiegt. So hat es schon der König David vorausgesagt. Wir alle können es bezeugen, denn wir haben ihn selbst als den Auferstandenen gesehen. Er ist nun ein mächtiger Herrscher und regiert über uns alle, über alle Welt! Heute hat er wieder den Kontakt mit uns hergestellt!“

Als die Leute das hören, gibt es ihnen einen Stich ins Herz und sie sind tief betroffen. Ein Mann spricht zu seiner Frau: „Ich habe damals auch geschrien: ‚Kreuzige diesen Jesus, kreuzige ihn!‘ Gott wird uns jetzt verstoßen und bestrafen!“ In seiner Angst fragt er den Petrus: „Was sollen wir denn tun?“ Petrus artwortet: „Kehrt um und laßt euch taufen auf den Namen Jesu Christi. Dann werden euch eure Sünder vergeben und ihr werdet auch die Kraft des Heiligen Geistes erlangen!“

Es war ja deutlich geworden daß mit den Jüngern etwas anders geworden war: Petrus, der seinen Herrn verleugnet hatte und fortgelaufen war, fürchtete sich nun nicht einmal vor Tausenden. Einfache Leute, die sonst kaum einen Ton herausbrachten, predigten nun, daß es ans Herz ging. Sie hatten keine Angst mehr und machten sich nichts aus dem Spott. Das konnte nur von Gott kommen - ein Werk des Heiligen Geistes! Unsichtbar war er für sie gewesen. Aber nun hatten sie seine Auswirkungen gesehen und gespürt.

Seltsamerweise verstanden auch alle, was Petrus sagte. Sie waren doch aus aller Herren Länder gekommen und sprachen ganz verschiedene Sprachen. Aber heute war es so, als hätte der Heilige Geist alle ergriffen, so daß sie doch verstehen konnten, worum es ging.

An diesem Tag lassen sich 3000 Menschen taufen. Der Heilige Geist hatte die erste christliche Gemeinde gegründet und wirkte fortan in ihr. Immer mehr kommen dazu, trotz Spott und Verfolgung. Sie halten miteinander Gottesdienst, singen und beten und leben wie eine große Familie. Es gibt keinen Streit, sondern jeder hilft dem anderen, wo er nur kann. Das alles schafft der Heilige Geist, wenn er zu den Menschen kommt.

 

Antwortgespräch:

Bild von Kaufmann:

Das Kraftfeld des Heiligen Geistes ist mit hellen Streifen erfüllt. Eine Bewegung von oben nach unten wird deutlich: In das Schwarze hinein kommen die hellen Kraftlinien. Wie ein Stoßkeil stoßen sie in die Menschen vor. Diese denken: Da ist etwas los! Sie werden von dem Feld angezogen, ob sie wollen oder nicht. Die verschiedenartigen Kopfbedeckungen machen deutlich, daß sie von allen Enden der Erde kommen.

Petrus streckt die Hand nach oben: Wenn er predigt, gibt er nur das weiter, was vom Geist Gottes kommt. Er ist nur Sprachrohr und sagt weiter, was er im Grunde selbst nicht versteht. Die Predigt beginnt bei David und den Propheten (Harfe, knieender König, Buchstabe D) und endet bei der Krone über den Kreuzen von Golgatha.

Die Flammen sind nicht genau auf den Köpfen, sondern etwas weiter oberhalb. Die Kraft Gottes erleuchtet und erwärmt, kann aber auch verbrennen und von allem Alten reinigen. Der Geist der Jünger wird erleuchtet und sie kommen zu neuen Erkennt­nissen, die von Gott kommen. Und ihr Herz wird warm; wer aber die Kraft des Heiliger Geistes nicht hat, wird kaltherzig und sieht der Bruder nicht.

 

Ihr seid nur auch gefragt: Wenn ihr etwas von Gott und Jesus Christus hört, im Gottesdienst, im Religionsunterricht oder sonstwo: Wollt ihr euch da auch von Gottes Geist umdrehen lassen und zu neuen Menschen werden wie die Jünger, oder wollt ihr die Alten bleiben, wo sich nichts geändert hat, wenn sie in Kontakt kommen mit Gott? Wenn ihr aber Kontakt habt, müßt ihr ihn weiterleiten und zum Beispiel andere einladen. Die Jünger konnten beim besten Willen nicht für sich behalten, was sie erfahren haben, sonst wären sie geplatzt. Sie haben keine Angst mehr vor den Leuten, sondern müssen die großen Taten Gottes erzählen.

Seit Pfingsten bzw. seit unserer Taufe haben wir alle eine Kraft in uns, die uns schon die richtigen Worte und den richtigen Mut gibt, Gottes Wort weiterzusagen. Auch ein Pfarrer hat manchmal Angst. Und doch steigt er jeden Sonntag wieder auf die Kanzel und hält Unterricht und besucht die Leute in den Häusern. Ihr könnt genauso zuversichtliche Christen sein, denn Gott steht hinter euch. Auch heute wird gepredigt, auch heute kommen immer wieder durch die Taufe Menschen zur Gemeinde dazu. Ihr dürft stolz darauf sein, daß ihr auch dazu gehören dürft.

 

Die Gabe des Heiligen Geistes:

Lukas hatte eine schwierige Aufgebe, das Kommen des Geistes darzustellen: Er kommt vom Himmel, ist aber nichts Sinnenfälliges. Die Herkunft des Geistes machte er deutlich mit dem Bild des Windes; das war besonders für griechisch sprechende Menschen verständlich, denn im Griechischen sind „Pneuma“ (Geist) und „Poe“ (Windhauch) verwandte Begriffe. Aber wo der Geist hinzielt, daß er den einzelnen Jünger erfaßt, das konnte er nur mit Hilfe der jüdischen Pfingsttradition verdeutlichen, durch den Bezug auf die Sinaigeschichte: Feuer brennt und greift um sich; es frißt alles weg, was sich ihm in den Weg stellt; es bleibt nicht verborgen, sondern tritt immer mächtiger hervor. So steckt auch der Heilige Geist andere in Brand, so daß sie in das öffentliche Lob der großen Taten Gottes einstimmen.

Doch es gibt kaum einen Künstler, der das einigermaßen angemessen darstellen konnte. Die Flammen über der Köpfen nehmen sich meist so unbedeutend aus, daß nichts von der feurigen Gewalt des Geistes zu spüren ist .Das Brausen des Windes kann aber eindrucksvoll durch wehende Gewänder dargestellt werden wie auf dem

 

Bild „Pfingstpredigt“ von Paula Jordan. Dort treibt das „Feuer“ hinter den Jüngern diese zum Reden. Häupter und Glieder gehen in eins mit der Bewegung der wehen­den Gewänder. Ein inneres Getriebensein, Mitgerissensein, ist diesen Gestalten abzuspüren.

 

Die ungeheure Kraft des Heiligen Geistes ist von gewaltiger Wirkung:

1. Mut zum öffentlichen Zeugnis (Geistrede, Predigt)

2. Sprachenwunder, Verstehen als Reaktion auf die Geistrede

3. Buße, Betroffenwerden vom gepredigten Wort sowie Umkehr

4.Frohes, menschliches Leben (Gebet, Gemeinschaft, Hilfsbereitschaft).

 

Die Jünger lassen sich bei ihren Reden nicht vom Haß und vom Drang nach Vergeltung treiben. Sie wissen vielmehr von ihrer großen Verantwortung für ihre Hörer, denen sie eine Botschaft auszurichten haben.

Deshalb verurteilen sie auch nicht die am Tode Jesu Schuldigen, sondern weisen sie auf die Möglichkeit zur Umkehr hin. Ihre Wandlung ist aber nicht nur als Ausfluß der Begeisterung der Jünger zu erklären. Dann hätte die Gemeinde gewiß keinen Bestand gehabt: Mit Begeisterung alleine läßt sich die Wandlung nicht begreiflich machen. Daß der am Kreuz gestorbene Jesus von Gott zum Herrn eingesetzt worden sein soll ist so unbegreiflich, daß die Jünger nicht von selber darauf gekommen sein können. Hier hat Gott an ihnen gehandelt. Ihre Erkenntnis ist Erleuchtung, also eine Begeisterung in einem höheren Sinne.

 

Pfingsten heute:

Wenn wir vergleichen, was von der ersten Gemeinde        in Jerusalem erzählt wird und was wir in unserer eigenen Gemeinde bemerken können, dann wird meist die Armut unserer Gemeinde deutlich werden.

Die Bitte um den Heiligen Geist ist also dringlich. Aber wir brauchen auch nicht alles grau in grau zu malen. Es gibt auch hoffnungsvolle Anzeichen. In kirchlichen Zeitungen suchen wir nach Meldungen, die darauf schließen lassen, daß der Heilige Geist

auch heute wirksam ist.

Heute wird Pfingsten meist als Gelegenheit zu einem Ausflug angesehen. Aber für uns Christen bleibt weiterhin die Aufgabe, allen Menschen zu zeigen, wie Menschen sich wieder zu versetzen beginnen, die vorher nicht miteinander reden konnten.

Unser Bekenntnis zum Heiligen Geist ist sinnlos, wenn wir es an Pfingsten ablehnen, mit denjenigen Christen zu sprechen, mit denen man angeblich nicht reden kann. Meist reden wir nur mit Gesinnungsfreuden. Aber der Heilige Geist arbeitet auf Verständigung hin

Auch zwischen Pfarrer und Gemeinde könnte es mehr zur Verständigung kommen.

Meist ist doch der Pfarrer wie ein Soldat tätig und seine Predigt ist eine Einbahnstraße. Er hört keine Gegenäußerung, weder Erstaunen noch Verwunderung noch Empörung noch Widerspruch. Wir haben einen ruhigen Ablauf der christlichen Verkündigung gewonnen, aber wir zahlen einen hohen Preis dafür. Vielleicht könnte der Heilige Geist hier wieder für mehr Verständigung sorgen.

 

 

Urgemeinde

 

Die erste Gemeinde in Jerusalem: Apg 2 , 42 - 47

Nach der Predigt des Petrus hatten sich 3.000 Menschen in Jerusalem taufen lassen. Aber nun galt es, festzuhalten an dem, was da begonnen hatte. Die neuen Christen wollten immer wieder von Jesus hören. Deshalb liefen sie nicht auseinander, sondern blieben zusammen und versammelten sich im Tempel oder in den Häusern.

Vier Kernzeichen werden genannt, die das Dabeibleiben deutlich machen: Sie blieben beständig in der Apostel Lehre, in der Gemeinschaft, im Brotbrecher und im Gebet.

 

1. Apostellehre: Bis jetzt hatten sie nur Verkehrtes über Jesus gehört. Jetzt aber hatten sie einen großen Hunger danach, endlich die Wahrheit über Jesus zu erfahren. Deshalb müssen die Jünger immer wieder von Jesus erzählen. Viele haben ganz schlicht die Worte Jesu auswendig gelernt. Sie wollen an Jesus festhalten, auch wenn er wie ein Verbrecher ans Kreuz genagelt wunde. Sie halten an dem Gekreuzigten und Auferstandenen fest, auch wenn es nicht immer leicht war, sich zu diesem verachteten Jesus zu bekennen.

2. Gemeinschaft: Sie wollten aber nicht nur hören, sondern auch innerlich eine Gemeinschaft sein. Gerade das Hören auf die Worte Jesu führte sie zu einer solchen Gemeinschaft zusammen. Sie sitzen nicht nur während ihrer Zusammenkünfte nebeneinander, sondern sie unterhalten sich auch und leben und essen miteinander. Dadurch war es für den einzelnen leichter, am Glauben an Jesus festzuhalten. Nur wenn man in einer solchen Gemeinschaft fest drinsteht, wird man richtig an Jesus glauben können.

3. Brotbrechen: Ausdruck dieser Gemeinschaft war auch die gemeinsame Feier des Abendmahls, das auch „Brotbrechen“ genannt wurde, weil die Mahlzeit mit dem Brechen des Brotes begann. Sie haben sich dabei richtig satt gegessen, das heißt: Sie haben zusammen das Abendbrot eingenommen. Nach jüdischer Sitte begann dieses aber mit einem Gebet und dem Brotbrechen. Aber sie erinnerten sich dabei natürlich auch daran, wie Jesus immer mit ihnen zusammen zu Abend gegessen hatte. Da hatte er auch zuerst .gebetet, dann das Brot auseinandergebrochen und dann die Stücke ausgeteilt. Jetzt war es ihnen so, als sei Jesus unsichtbar bei ihnen, wenn sie so gemeinsam das Abendmahl aßen. Jetzt waren sie wieder innerlich mit ihm verbunden, auch wenn sie ihn nicht sehen konnten.

4. Gebet: Im Gebet konnten sie noch zu ihm reden. Sie wußten: Der Herr ist da! Sie durften ihn bitten, daß seine Botschaft weiter ausgebreitet wird und daß er die beschützt, die sie weitersagen. Sie dankten auch dafür, daß ihnen die Augen geöffnet worden waren. Sie baten darum, daß Jesus ihnen nicht das Böse anrechne, das sie früher getan hatten.

Viele hatten auch Furcht, weil Jesus so nahe da war. Auch viele Zeichen und Wunder machten deutlich, daß Jesus ganz nahe war. Gott tat seine Wunder nicht nur im Allerheiligsten des Tempels, sondern auf den Straßen und in Häusern. Gewöhnliche Menschen waren seine Boten, die Priester hatten keine Bedeutung mehr, sie hatten sich nicht rufen lassen.

Aber noch etwas war neu. Die Leute in Jerusalem setzte das in Erstaunen: Die Christen legten ihren Besitz zusammen. Ihre Gemeinschaft machte also vor dem Geld und dem Besitz nicht halt. Ihr Vorbild war dabei Jesus, der sich ja selbst als Opfer für Arme und Reiche gegeben hatte. Auch bedeutete ihnen der Besitz nicht so sehr viel, weil sie ja damit rechneten, daß Jesus bald wiederkommen würde und damit der Welt ein Ende setzen würde. Deshalb waren der Mitmensch und seine Not ihnen wichtiger.

Allerdings dürfen wir uns nicht vorstellen, die Christen hätten damals schon eine kommunistische Gesellschaft errichtet. Es ging ihnen nicht um eine Wirtschaftsform, sondern um Hilfe in einem konkreten Fall. Wenn irgendein Notfall auftrat, dann erklärte sich einer bereit, zum Beispiel einen Acker zu verkaufen; dann war genug Geld da, um erst einmal zu helfen.

Aber keiner wurde zu solchem Tun gezwungen, keiner wunde schief angesehen, wenn er es nicht tat. Aber mancher Bäcker, der vorher nur auf seinen Verdienst gesehen hatte, der gab jetzt kostenlos Brot an Arme ab. Und manche Bauern stifteten Feldfrüchte und Obst. Manche wurden dabei auch selber arm und waren dann auf

die Hilfe der Gemeinde angewiesen. Aber sie taten es im Vertrauen auf den Herrn Jesus, der unser aller Leben erhält.

Aber die Christen vergaßen auch nicht, täglich in den Tempel zu gehen. Sie hielten sich an die üblichen jüdischen Gebetszeiten, denn sie waren ja meist Juden von Geburt gewesen. Warum sollten sie da nicht weiter in den Tempel gehen und den Gott verehren, der der Vater Jesu war? Aber sie glaubten eben jetzt außerdem auch an Jesus, der von Gott geschickt worden war.

Darüber hinaus gab es einen regelmäßigen Besuchsdienst. Die Christen besuchten sich von Haus zu Haus und aßen miteinander und feierten das Abendmahl in den Häusern. Dabei dachten sie dann daran, daß sie einst einmal bei Gott im Himmel sitzen und das Abendmahl feiern würden. Und dann würde Jesus wieder das Brot brechen, so wie sie es gewohnt waren. Dieser Gedanke erfüllte sie mit großer Freude und brachte sie zum Loben Gottes.

Die Außenstehenden sahen mit Freude auf die Christen, weil sie so vorbildlich lebten. Viele wollten auch zu dieser Gemeinde gehören und ließ en sich taufen. So sorgte Gott dafür, daß täglich neue Menschen zur christlichen Gemeinde hinzukamen und so für Gott gerettet wurden.

 

 

Heilung des Lahmen Apg 3, 1- 26

Hinführung:

Bei der Straßensammlung sagte       ein Mann, als er Geld in die Büchse steckte: „Damit ich einmal in den Himmel komme!“ Er dachte dabei also nicht an die vielen kranken Menschen, denen das Geld zugute kommen sollte, sondern er tat es für sich.

Auch im Volk Israel dachte man schon so. Die frommen Juden meinten: Wenn wir etwa Krüppeln und Lahmen ein Geldstück hinwerfen, dann bekommen wir einen besseren Platz im Reich Gottes, dann werden die bösen Taten gestrichen und der Geber wird vom Tod erlöst (Sir 3,33 und Tob 4,11). So schaffen die Gaben ein Kapitel, durch das man sich besser vorkommt als andere Menschen.

Aber die Geber sprachen mit dem Bettler kein Wort. Im Gegenteil: Sie sagten, alle Krüppel oder ein Blinder seien unrein, mit ihnen dürfe man nichts z tun haben. Jesus aber hatte sich gerade um diese Leute gekümmert und hatte ihnen gezeigt: Gott hat euch besonders lieb! Ob seine Jünger nun wohl von ihm gelernt haben und es anders machen als die Menschen ihrer Umgebung?

Sie wollten ja im Sinne Jesu weiterwirken. Es ging ihnen nicht nur um einen Akt der Menschlichkeit. Der Dichter Johann Wolfgang von Goethe hat den Satz geprägt: „Edel sei der Mensch, hilfreich und gut!“ Viele halten das für einen sehr christlichen Satz. Er vertritt ja auch ein christliches Anliegen. Jesus hat auch gewollt, daß wir hilfreich sind. Aber das ist nicht alles. Er möchte vor allem, daß wir an ihr glauben und aus diesem Glauben heraus auch anderen Menschen helfen. Das kann uns deutlich werden an einer Geschichte, die Petrus und Johannes erlebt haben.

 

Erzählung:

Nach dem Pfingstfest, bei dem die Jünger die Kraft des Heiligen Geistes erhalten hatten, blieben sie weiter in Jerusalem. Sie gingen auch weiter in den Tempel, oftmals dreimal am Tag zu den üblichen Gebetszeiten. Man wartete im Vorhof des Tempels, bis sich zehn Männer eingefunden hatten. Dann sprach einer eines der herkömmlichen Gebete.

So gehen auch Petrus und Johannes an einem Nachmittag gegen 15 Uhr in den Tempel. Sie gehen wie zu Jesu Zeiten zu zweit, weil sie sich ja gegenseitig helfen können und weil sie dann jeweils einen Zeugen haben für das, was gesagt und getan wird. Das wird auch in der folgenden Geschichte wichtig sein.

Schon als die beiden Jünger den Berg zum Tempel hinaufsteigen, hören sie die Stimme eines Bettlers. Sie kennen diesen Mann. Er war seit seiner Geburt gelähmt und hatte noch nie laufen können. Er konnte nicht wie die anderen in den Gottesdienst gehen und konnte seinen Lebensunterhalt nicht selbst verdienen. Gute Freunde trugen ihn jeden Tag zum Tempel, damit er dort bettelte.

Es gab viele Bettler in Jerusalem. Sie konzentrierten sich vor allem an den Orten, wo man damit rechnen konnte, auf Menschen zu treffen. Vor allen Dingen erwartete man natürlich etwas von Leuten, die um ihres Glaubens willen etwas geben würden. Solche Spenden an Kranke und Arme galten als ein besonders gutes Werk. Die Bettler gaben den Frommen eire Gelegenheit, eine gute Tat zu tun.

In den inneren Tempelbezirk durften die Bettler allerdings nicht. Sie mußten draußen im Vorhof bleiben, so wie die Heiden, die keine Israeliten waren. Jener Mann saß zwischen dem Vorhof der Heiden und dem Vorhof der Frauen an der Ostseite des

Tempels. Das Tor hieß „die schöne Pforte“, weil es aus massivem korinthischem

Erz gegossen war und besonders prächtig aussah.

Aber für den Bettler dort war es gar nicht schön. Die Leute warfen ihm zwar etwas Geld in den Hut oder in die Hand. Aber ehe er aufblicken konnte, waren sie schon im Tempel verschwunden. Er wurde nicht unbedingt als lästig angesehen, denn er half den Frommen, ihre Glaubenspflicht zu erfüllen. Sie wollten ja nicht nur zum Beten in den Tempel gehen, sondern auch gute Werke tun, wie es ihr Glaube vorschrieb. Aber der Bettler blieb doch ein Ausgestoßener, er führte ein Leben ohne Menschen und ohne Liebe. Er war nur wie ein Kollektenkasten, in die man achtlos Geld wirft, den Menschen sah man nicht.

Als Petrus und Johannes herankommen, ruft der Mann wieder: „Ein Almosen bitte, gebt mir ein Almosen!“ So nannte man jene Spenden, die einem Armen gegeben wurden, um bei Gott eine gute Nummer zu haben. Und wirklich, die beiden Männer bleiben auch stehen. Der Kranke sieht sie erwartungsvoll, streckt schon die Hand aus.

Petrus sieht den Bettler an und erkennt mit einem Blick dessen Not. Dieser Mann braucht nicht nur Geld, er braucht mehr: Er braucht Liebe und Zuwendung anderer Menschen.

Petrus sagt zu ihm: „Sieh uns an!“ Da hebt der Bettler erstaunt den Kopf: Das ist ihm noch nie passiert! Zunächst denkt er: Bestimmt bekomme ich jetzt ein besonders großes Geldstück! Doch was Petrus sagt, muß ziemlich enttäuschend für ihn gewesen sein: „Gold und Silber habe ich nicht!“ Dann soll er weitergehen, denkt der Bettler.

Doch Petrus spricht weiter: „Silber und Gold habe ich nicht. Was ich aber habe, das will ich dir geben: Im Namen Jesu Christi von Nazareth: Stehe auf und gehe umher!“

Jetzt ist gesagt, um wen es hier geht: Jesus Christus ist der eigentlich Handelnde. Wer seinen Namennennt, der hat auch besonderen Anteil an seiner Macht und Kraft.

Wer im Namen Jesu handelt, bei dem ist Jesus unsichtbar gegenwärtig und hilft ihm. Jesus ist zwar nicht mehr zu sehen, aber er handelt durch seine Jünger. Sein Werk setzt sich in seiner Gemeinde fort. Und sein Name spielt dabei eine hervorragende Rolle. Das zeigt schon diese Geschichte mit dem Lahmen, es wird aber nachher noch mehr deutlich. Was jetzt geschieht, geschieht zur Ehre des Namens Jesu. „Im Namen Jesu“ bedeutet dann „in der Kraft Jesu“, In dieser Kraft wollen die Jünger handeln.

Petrus ergreift den gelähmten Mann an der rechten Hand und zieht ihn hoch. Aber er kann doch nicht hoch. Doch! Er kann: Die Füße und Knöchel werden fest, er steht auf, er kann stehen, er kann gehen. Er läuft und springt umher. Er verhält sich wie ein Kind, das sich an seinen Gliedern und ihrer Beweglichkeit freut.

Und sei Herr macht sich Luft in einem lauten Lobpreis Gottes. Zur ersten            Mal in seinem Leben kann er in den Tempel hineingehen und dort ein Gebet verrichten. Ihm ist ein neues Leben geschenkt worden. Die Heilung ist dabei nur des das äußere Zeichen des Wunders.

Viel größer ist, daß Gott in dem Geheilten - und auch in den Jüngern - den Glauben

an seine Macht gewirkt hat. Jesus wirkt auch noch heute, mit Wort und mit Tat, auch wenn sie ihn nicht sehen können. Er ist bei ihnen und hilft ihnen zum Lobpreis Gottes.

Die anderen Leute im Tempel kennen den Geheilten. Der hat doch immer an der „schönen Pforte“ gesessen. Und jetzt springt er hier herum und lobt Gott mit lauter Stimme. Die Leute wundern sich und sind sogar entsetzt über das, was diesem Mann widerfahren sein mußte. Sie merken auch: Er läuft immer hinter Petrus und Johannes her, die nach der Halle Salomos gehen wollen. Sie vermuten, die zwei seien so etwas wie Zauberer. Vielleicht werden sie noch mehr solcher Kunststücke vollbringen. Die Leute sind neugierig und wittern eine Sensation.

Petrus merkt, w e n sie da anstaunen. Aber es geht ja nicht um die Jünger, sondern es geht um den Herrn. Petrus muß ihnen sagen, daß doch Jesus den Kranke n geheilt hat. Die Jünger vermögen nichts von sich aus. Sie waren nur in den Tempel gekommen, um der frommer Sitte gemäß ihr Gebet zu verrichten. Daß mehr daraus wurde, das ist das Werk ihres Herrn. Und jetzt gibt er ihren sogar noch den Auftrag, vor dem versammelten Volk seine Herrlichkeit zu bezeugen.

Petrus spricht: „Ihr Männer von Israel, was wundert ihr euch darüber oder meint,

wir hätten diesen Mann gesund gemacht durch unsere eigene Kraft oder Frömmigkeit? Hier hat Gott seinen Sohn Jesus verherrlicht. Der Helfer, auf den ihr schon so lange wartet, hat schon in eurer Mitte gelebt. Aber ihr habt ihn verfolgt und habt nichts mit ihm zu tun haben wollen. Ihr habt den Mörder Barrabas frei haben wollen. Aber den Fürsten des Lebens habt ihr getötet. Gott aber hat ihn auferweckt von den Toten; dafür sind wir alle Zeugen. Nur durch den Glauben an Jesus ist der Kranke gesund geworden. Der Name Jesu hat den Gelähmten stark gemacht. Er hat den Glauben gewirkt bei den Jüngern und dem Kranken!“

Petrus möchte natürlich, daß auch seine Zuhörer sich für diesen Glauben entschließen. Noch kann alles gut werden für sie, wenn sie diesen Glauben annehmen und Jesus nicht weiterhin ablehnen. Sie haben die Predigt dieses Namens gehört. Das wer die Voraussetzung dafür, daß der Glaube entstehen kann. Sie hätten jetzt Gelegenheit dazu.

Petrus wirbt sogar um seine Zuhörer. Er redet sie an als „liebe Brüder“ und spricht davon, daß sie ja aus Unwissenheit gehandelt haben. Aber er sagt auch: „Ändert euch, damit eure Sünden getilgt werden und ihr auch den Segen Gottes empfangt. Gerade euch zuliebe hat Gott seinen Sohn Jesus gesandt, damit sich jeder von seiner Bosheit bekehren kann und auch die Hilfe Gottes erfahren kann!“

 

Antwortgespräch:

„Edel sei der Mensch, hilfreich und gut!“ Das schon, aber wirklich kann man es nur sein, wenn man an Jesus glaubt und in seinem Namen handelt. Es geht nicht nur um Mildtätigkeit oder die Herstellung der Gesundheit, sondern der Kranke wird ja geheilt,

damit er nachher in der Gemeinde leben kann und am Gottesdienst teilnehmen kann.

Zunächst sah alles so aus wie bei einer damals üblichen Heilung: Eine lange Krankheit, die Herstellung des Kontakts mit dem Heiler, der Beweis der Heilung und die Bestätigung des Wunders durch die Zuschauer. Auch die Nennung des wunderkräftigen Namens gehörte damals mit zu den zauberischen Vorstellungen von einer Heilung. Auch nachher wird deutlich, daß nicht nur dieser eine Mann gerettet werden sollte, sondern das ganze Volk hat die Möglichkeit, aus seinen Sünden gerettet zu werden.

Jesus hilft jedem. Wir dürfen ihn in allen Sachen anrufen, selbst wenn es um eine Rechenarbeit in der Schule geht. Jesus ist für alle und für alles da. Aber er ist kein Automat, in den man nur die Münze einwirft und unten kommt das Gewünschte heraus. Jesus hört bestimmt die Bitte. Er erfüllt sie aber so, wie es für uns richtig ist.

Aber Jesus will auch, daß wir anderen helfen. Wir sind seine Boten und Apostel. Aber was wir tun, das können wir nur im Namen Jesu Christi tun. Christen helfen anderen im Namen Jesu Christi. Der Name Gottes wird bei uns geheiligt, wenn wir anderen helfen.

 

Petrus und Johannes vor dem Hohen Rat: Apg 4, 1 - 31

Petrus und Johannes hatten im Namen Jesu einen Gelähmten geheilt. Während sie aber noch darüber zu den anderen Tempelbesuchern reden, kommt plötzlich die

Tempelwache. Ihr Hauptmann ist persönlich mit gekommen, denn er trägt die Ver­antwortung für alle Vorgänge im Tempelbezirk. Auch andere Priester sind mitgekommen.

Außerdem sind auch einige Sadduzäer dabei. Diese stellen eine eigene religiöse Gruppe dar, die nicht an die Auferstehung der Toten glaubt. Als die Jünger aber von der Auferstehung Jesu redeten, wurden sie hellhörig und wollen dagegen vorgehen. Sie haben schon genug Ärger mit den Pharisäern, die immer von einer Auferstehung reden.

Jetzt geht alles ziemlich schnell Die beiden Jünger werden festgenommen und bis zum nächsten Morgen im Gefängnis festgehalten. Sie gehen auch ohne Widerstandmit. Sie könnten sich ja doch nicht aus eigener Kraft verteidigen, wenn Gott es nicht wollte. Aber während sie im Gefängnis sitzen, kommen wieder neue Menschen zur Gemeinde hinzu. Die Gegner wollen die Sache unterdrücken, aber Gott stärkt die Gemeinde und läßt sie zunehmen.

Am nächsten Morgen versammeln sich die Obersten des Volkes in Jerusalem. Auch viele Schriftgelehrte sind dabei und natürlich die Hohenpriester, der jetzige und die früheren. Sie holen die beiden Jünger zum Verhör. So wie Jesus einst vor dem Hohen Rat stand, so werden nun seine Jünger Rede und Antwort stehen und ihren Herrn bezeugen dürfen.

Aber jetzt geht es gar nicht mehr um die Frage der Auferstehung, Man nimmt vielmehr Anstoß an jeder Verkündigung des Namens Jesu und an jedem Handeln im Namen Jesu. Die Jünger werden gefragt: „Aus welcher Kraft oder in welchem Namen habt ihr das getan?“ Der Hohe Rat vermutet irgendeine Zauberei mit einem Namen; und darauf stand die Todesstrafe.

Petrus antwortet darauf, erfüllt vom Heiligem Geist: „Ihr Obersten des Volkes! Wir werden heute verhört wegen einer Wohltat an einem kranken Menschen. So will ich euch mitteilen, weshalb er jetzt gesund vor auch steht: Er wurde gesund im Namen Jesu Christi! Den habt ihr gekreuzigt, aber Gott hat ihn auferweckt. Er ist wie ein Stein, den die Bauleute erst nicht haben wollten, aber dann hat ihn ein anderer zum Eckstein seines Hauses gemacht. In keinem anderen ist das Heil, es ist auch kein anderer Name unter dem Himmel den Menschen gegeben, darin wir sollen selig werden!“

Unmißverständlich verkündet Petrus, daß man nur im Glauben an Jesus Heil und Rettung finden kann. Dabei wird wiederum die Schuld Israels deutlich. Aber das Schwergewicht liegt mehr darauf, daß sich das Volk jetzt für oder gegen Jesus entscheiden muß.

An sich hätte sich der Hohe Rat freuen können, weil er noch die Möglichkeit hat, sich für Jesus zu entscheiden. Aber das wollen sie offenbar nicht. Sie schauen nur verwundert auf die Jünger, die ohne Angst            zu allen reden. Zunächst wissen sie gar nichts zu sagen und sind ganz ratlos.

Es ist ihnen bekannt, daß all diese Männer mit Jesus gegangen waren. Aber sie wissen auch, daß es einfache und ungelehrte Leute sind. Woher haben sie das nur, daß sie jetzt so reden können? Und daß der Gelähmte gesund geworden ist, das können sie nicht leugnen, er steht ja vor ihnen.

Um Zeit zu gewinnen ziehen sie sich zunächst einmal zur Beratung zurück. Sie wis­sen nicht so recht, wie sie mit dieser Angelegenheit fertig werden sollen. Ein wirklicher Grund zur Bestrafung liegt nicht vor. Aber sie haben auch Angst um ihre Sache, weil diese Heilung solchen Anklang bei dem Volk gefunden hat. Schließlich haben sie eine Idee, wie sie meinen. Damit die Angelegenheit sich nicht weiter im Volk verbreitet, wollen sie den Jüngern verbieten, noch weiter vom Namen Jesu zu reden. Sie wollen die Jünger hart bedrohen, nur ja nichts mehr von Jesus zu sagen.

Petrus und Johannes werden wieder gerufen. Man sagt ihnen: „Wir verbieten euch, noch jemals von diesem Jesus zu reden und in seinem Namen zu lehren!“ Das war ein harter und deutlicher Befehl. Die Jünger wären fein heraus gewesen, wenn sie das Urteil angenommen hätten. Aber sie erinnern sich daran, wie Jesus zu ihnen redete: „Ihr sollt meine Zeugen sein!“ Deshalb antworteten sie wie aus einem Munde: „Sagt doch selbst, ob es vor Gott recht sei, daß wir euch mehr gehorchen als Gott. Wir können es ja nicht lassen, von dem zu reden, was wir gesehen und gehört haben!“

 

So sollten alle Christen antworten, wenn man sie unterdrücken will und ihren Glauben verbieten will. Der Name Jesu muß überall verkündet werden, weil allen Menschen das Heil und Rettung angeboten werden muß. Der Heilige Geist wird ja bei denen sein, die bei dieser Predigt in Gefahr und Verfolgung geraten.

Petrus und Johannes brauchen keine Angst zu haben.

Der Hohe Rat möchte gern etwas tun, möchte die zwei bestrafen. Aber er fürchtet sich auch vor dem Volk. Die waren ja begeistert und lobten Gott für das, was geschehen war. So drohen sie nur, verbieten den Jüngern noch einmal die Predigt des Namens Jesu. Aber dann ließ man sie laufen.

Der Hohe Rat, der eigentlich alles hätte wissen sollen, war ratlos geblieben. Die Jünger Jesu aber haben nicht nur protestiert, sie haben sogar ihre Ankläger noch angeklagt. Hier wurden die Rollen vertauscht: Zuerst standen die Jünger dem ganzen Hohen Rat alleine gegenüber. Aber dann trat Jesus an ihre Seite, der ja mit ihnen angeklagt werden sollte. Er hat ihnen geholfen, aus jener Anklage frei zu kommen. Keine Macht der Welt kann Gottes Wort aufhalten.

Petrus und Johannes gehen sofort zur Gemeinde zurück. Sie erzählen, was sie beim Hohen Rat erlebt haben und was man ihnen dort gesagt hat. Da fangen alle an, Gott zu leben und ihm zu danken für die Rettung, In einem längeren Gebet wird uns deutlich, wie Christen sich verhalten sollten, wenn ihnen Verfolgung droht. Im gemeinsamen Gebet erfahren sie eine starke Tröstung und Verbindung untereinander.

Sie beten gemeinsam den zweiten Psalm, denn es kommt ihnen so vor wie dem Beter des alten Psalms: Alle haben sich gegen Jesus verschworen. Aber was sie auch gegen ihn getan haben, sie haben damit nur Gottes Plan erfüllt.

Aber die Gemeinde bittet auch für ihre Gegenwart um Gottes Beistand: „Laß uns auch weiter mit Offenheit und Mut dein Wort weitersagen. Strecke deine Hand aus, damit Heilungen und Zeichen und Wunder geschehen durch den Namen deines

Sohnes Jesus!“ Und während sie noch beten, merken sie erneut, daß die Kraft Gottes über sie kommt und der Heilige Geist in ihnen wirkt.

Was sie erbeten haben, ist auch später eingetroffen: Die Jünger konnten viele Zeichen und Wunder tun und Kranke heilen. Daraufhin wurden sie erneut verhaftet.

Aber in der Nacht werden sie erneut befreit und erhalten erneut von Gott den Befehl, im Tempel zu predigen.

Als der Hohe Rat sich versammelt, um über die Gefangenen zu Gericht zu sitzen,

sind diese nicht mehr im Gefängnis zu finden. Schließlich meldet einer: „Die Jünger stehen im Tempel und predigen zu dem Volk!“ Der Hauptman holt sie, nicht mit Gewalt, denn er hat Angst vor dem Volk. Aber die Jünger gehen ja auch freiwillig und ohne Widerstand mit. Man sagt ihnen: „Wir haben euch doch erst befohlen, nicht mehr im Namen dieses Mannes zu lehren. Jetzt aber habt ihr ganz Jerusalem erfüllt mit dieser Lehre!“ Petrus und die anderen Jünger aber antworten nur: „Man muß Gott mehr gehorchen als den Menschen! Gott hat Jesus auferweckt, den ihr habt kreuzigen lassen!“

Einige ärgern sich noch mehr als vorher und wollen die Jünger umbringen. Aber der Schriftgelehrte Gamaliel tritt auf und sagt: „Laßt diese Menschen gehen. Wenn sie nur eine menschliche Sache vertreten, so wird diese in sich selbst zusammenfallen, nachdem ihr Anführer jetzt tot ist. Steht aber Gott hinter ihnen, so könnt ihr sie sowieso nicht hindern. Ihr wollt doch wohl nicht gegen Gott streiten?“

Aber die Jünger werden dennoch ausgepeitscht und das Redeverbot wird erneuert. Die Jünger aber gingen fröhlich fort, denn sie waren würdig gewesen, um des Namens Jesu willen zu leiden. Sie hörten nicht auf, alle Tage im Tempel zu lehren und zu predigen. In dem Konflikt wegen ihrer Predigt haben sie besonders die Nähe ihres Herrn erfahren.

Darauf dürfen auch wir uns verlassen, wenn wir Zeugen Jesu sein wollen. Jesus möchte auch uns zu Menschen machen, die sagen: „Wir können es ja nicht lassen, von Jesus zu reden!“ Er will und wird uns auch helfen, wenn wir verspottet werden. Von uns wird nicht so viel verlangt wie von Paul Schneider oder Dietrich Bonhoeffer

oder Martin Luther King (eventuell Lebensbilder einfügen). Aber wir sollten doch die große Freude weitergeben, die wir erfahren haben. Das geschieht auch durch Besuche bei Alten und Kranken oder Mitwirkung im Gottesdienst.

 

Karl Kaufmann: Die Apostelschichte , Bild 4:

Petrus und Johannes und die Gemeinde leben „im Namen“ Christi. Immer Neue kommen in das Kraftfeld durch die Predigt der Apostel. Die beiden stellen sich schützend vor die Gemeinde: Mit der einen Hand weisen sie die Forderung des Gerichts

Ab, mit der anderen zeigen sie „in“ den Namen, das heißt: Sie zeigen dorthin, wo der Name Jesu angerufen wird und wirksam ist.

Die Apostel sind keine Helden. Aber sie werden gehalten von dem Kraftfeld Gottes. Doch dieses ist gezeichnet mit dem Kreuz: Nachfolge ist Leiden! Aber der Weg des Kreuzes ist der Weg der Nachfolge. Auf diesen Weg weisen sie die Gemeinde.

 

Ananias und Saphira: Apg 4, 32 - 5, 11

Hinführung:   

Wenn man geröntgt wird, muß man sich vor einen Apparat stellen, der das Innere des Körpers fotografiert. Viele Menschen haben Angst vor so einer Durchleuchtung und möchten am liebsten nicht hingehen, weil man nie weiß, welches das Ergebnis sein wird. Es könnte ja sein, daß ein Mensch, der äußerlich gesehen ganz gesund zu sein scheint, in Wirklichkeit schlimm krank ist.  

Kann man denn nun auch die Gedanken eines Menschen auf diese Art durchleuch­ten und feststellen? Zum Teil kann man das heute wirklich:           Es gibt den Lügendetektor und die Gehirnwäsche und Wahrheitspillen. Aber im Grunde gilt doch immer noch: „Die Gedanken sind frei und niemand kann sie erraten!“           

Wenn es auch keinen Menschen gibt, der letztlich feststellen kann, was ich denke, so kennt doch Gott unser Herz: „Der Mensch sieht, was vor Augen ist; Gott aber sieht das Herz an!“ Gott sieht vor allem auch das, was uns von anderen Menschen trennt: Haß, Neid und Streit. Er weiß, warum Menschen nicht mehr miteinander reden oder sich gegenseitig etwas vormachen. Wir wissen auch, daß das nicht richtig ist. Und doch tun wir es.    

Wer aber zum Beispiel seine Mutter belügt, der belügt damit auch Gott. Denn Gott will, daß wir uns nicht von unserem Mitmenschen trennen, sondern ehrlich zu ihm sind. Wer aber andere Menschen belügt, der trennt sich damit auch von Gott.  -

Wir wollen heute hören, wie es in der Gemeinde Jesu zugehen soll und wie es nicht zugehen soll.

 

Erzählung:

Die junge Christengemeinde in Jerusalem hielt gut zusammen. Täglich versammelte sie sich im Tempel und in verschiedenen Häusern, hielt Gottesdienstsang und betete und besprach die Fragen des Gemeindelebens. Mit großer Kraft sprachen die Apostel von der Auferstehung Jesu und überzeugten viele Menschen.

Es brauchte auch keiner Not zu leiden. Die Gemeinde war an sich sehr arm, denn Hungersnöte und politische Unruhen hatten das ganze Land schwer mitgenommen und es gab viele arme Leute. Doch in der christlichen Gemeinde half man sich untereinander aus. Die Christen verstanden ihren Besitz nicht als ihr persönliches Eigentum, sondern als ein Geschenk Gottes, das im Grunde ihnen allen gemeinsam gehörte.

Wenn also Not am Mann war, dann verkaufte einer von den reicheren Gemeindegliedern ein Haus oder einen Acker und brachte das Geld zu den Aposteln und legte es zu ihren Füßen nieder, damit sie damit machen konnten, was sie wollten. Vielleicht haben viele nur gedacht: „Das Ende der Welt ist ja doch nahe, was soll ich da noch mit meinem Besitz?“Aber sie dachten auch an Jesu Gebot: „Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst!“ und haben es wortwörtlich befolgt. Sie haben anderen helfen wollen, die in noch größerer Not waren.

Da war zum Beispiel ein Mann mit Namen Joseph Barnabas, der aus Zypern stammte. Er verkaufte einen Acker, den er in Jerusalem besaß, und brachte das Geld und legte es (im Gottesdienst?) zu den Füßen der Apostel nieder, damit sie in der Gemeinde helfen konnten. Viele Gemeindeglieder freuten sich über diesen Mann, der seinen Glauben so ernst nahm, und noch viele Jahre später hat man von seiner Tat berichtet.

Aber einem Ehepaar ließ das keine Ruhe. Ananias und Saphira möchten auch gern in der Gemeinde gelobt werden und sich einen guten Namen machen. Vielleicht denken sie auch, sie könnten sich bei Gott dadurch Verdienste erwerben.

So verkauft also Ananias auch einen Acker. Aber er tut einen Teil des Geldes beiseite. Seine Frau weiß davon und billigt es. Dann geht Ananias mit dem anderen Geld scheinheilig zu den Aposteln und sagt zu Petrus: „Ich habe auch einen Acker verkauft und hier bringe ich dir das Geld, das ich dafür erhalten habe, damit du damit die Armen unterstützen kannst!“

Alle denken sie: Das ist eine Tat, die wirklich Dank und Anerkennung verdient. Vielleicht war es sein einziger Acker und nun ist er am Ende auch ganz auf die Unterstützung der Gemeinde und die Hilfe Gottes angewiesen. Wirklich fromme Leute, mögen die anderen gedacht haben. Doch in Wirklichkeit ist Ananias geizig und selbstsüchtig und will nur vor den anderen glänzen. Es ging ihm nicht um Hilfe, sondern um Ruhm.

Allein Petrus durchschaut den Betrug, weil in ihm der Heilige Geist lebendig ist und wirkt. Vor den Augen des Petrus liegt das innere des Ananias offen da. Traurig fragt er ihn: „Ananias, warum hat der Satan so dein Herz erfüllt, daß du den Heiligen Geist zu belügen versuchst und von dem Ertrag deines Ackers einen Teil unterschlägst? Du hättest doch den Acker behalten können, denn keiner hat dich zu dem Verkauf gezwungen. Und als er verkauft war, konntest du immer noch mit dem Geld machen, was du wolltest. Wir hätten uns auch über einen Teil davon gefreut. Wie ist dir das bloß ins Herz gekommen, was da geschehen ist? Du hast nicht Menschen belogen, sondern Gott!“

Als Ananias das hört, bricht er zusammen und ist auf der Stelle tot. Er hat begriffen: In diesem Augenblick steht er nicht nur vor dem Menschen Petrus, sondern vor dem Heiligen Gott, der seine Gemeinde rein halten will von allem Bösen und sie durch sein strenges Gericht reinigt von allem Unglauben und aller Selbstsucht. Nicht Petrus ist der Richter, sondern Gott selber, der dem Petrus nur die Augen geöffnet hat für das, was in Ananias vorging.

Alle, die das miterlebt haben, ergreift eine große Furcht. Nur zu deutlich haben sie gemerkt, daß Gott durch den heiligen Geist auch heute noch in seiner Gemeinde wirkt, Gott läßt sich von keinem betrügen. Wer ihn nicht ernst nimmt und einen falschen Schein erwecken will, der verfällt dem Gericht Gottes. Einige junge Männer stehen schnell auf, hüllen den Leichnam in Tücher, bringen ihn nach draußen und begraben ihn.

Etwa drei Stunden später kommt Saphira zu den anderen. Sie weiß noch nichts von dem, was vorgefallen ist. Sie will nur nach ihrem Mann sehen, wo er wohl so lange bleibt. Vielleicht will sie auch erfahren, was die anderen über das Geschenk gesagt haben.

Doch Petrus fragt sie: „Saphira, sag mir, habt ihr den Acker wirklich für soundso viel verkauft?“ Doch Petrus will ihr damit nicht noch eine letzte Chance geben; er will nur den anderen zeigen, daß die Frau auch mitschuldig ist.

Saphira erschrickt. Woher hat Petrus seinen Verdacht? Doch woher soll Petrus denn etwas wissen? Er ist doch auch nur ein Mensch und kann doch nicht hellsehen. Schnell sagt sie: „Ja, für soundso viel haben wir ihn verkauft?“

Da sagt Petrus zu ihr: „Warum habt ihr euch bloß verabredet, den Geist des Herrn zu prüfen und zu versuchen? Siehe, die Männer, die deinen Mann begraben haben, sind noch vor dem Tor. Sie werden auch dich hinaustragen!“ Da fällt auch Saphira tot nieder und die jungen Männer tragen sie hinaus und begraben sie neben ihrem

Mann. Die Gemeinde aber erschrickt noch mehr über diese Gewalt des Heiligen Geistes. Doch sie ist auch froh, weil sie wiesen darf: „Gott ist gegenwärtig!“ Gott straft so hart, weil der Satan keinen Einlaß in der Gemeinde finden soll.

 

 

Antwortgespräch:

In jedem Dorf und in jeder Stadt gibt es einige Vereine (aufzählen!). Jeder Verein hat einen Gründungstag, einen Vorstand und seine Mitglieder. Welches ist nun der Unterschied zwischen einem Verein und einer christlichen Gemeinde? Die Gemeinde hört auf Gottes Wort, sie betet zu Gott, sie handelt nach dem Liebesgebot Jesu, in ihr wirkt der Heilige Geist, Gott ist in ihr gegenwärtig. Das zeigt diese Geschichte von Ananias und Saphira

Als sie zur Gemeinde stießen, suchten sie wirklich keine Vorteile, denn diese Gemeinde war von den Machthabern bedroht. Sie suchten keine Hilfe, sondern sie kamen - ergriffen vom Heiligen Geist - und erkannten Jesus als ihren Herrn an. Sie wollten auch zu dieser Gemeinde gehören, in der der Geist Gottes so sichtbar wirkte. Doch sie brachten der Güte Gottes nicht ganzes Vertrauen entgegen. Sie wollten auch aus eigener Kraft etwas leisten, aber nach außen ihren Unglauben nicht bekennen. In ihrem Herzen sieht es böse aus. Gott aber sieht das Herz an.

Gott verlangt nicht von jedem, daß er seinen Besitz hergibt, am Ende noch alles, was er hat. Kein Mensch wird gezwungen, Schritte zu tun, für die sein Glaube nicht ausreicht. Gott hat Geduld. Er stößt niemanden zurück, der seine Schwachheit erkennt und sie gerne überwinden möchte. Gott will allen helfen, die es ehrlich meinen. Aber es werden immer nur Einzelne bleiben, die so handeln können, wie Joseph Barnabas, denn es sind nicht alle von Eigensucht frei.

Hier wird kein christlicher Liebeskommunismus gefordert und es hat ihn auch nie gegeben. Nur muß es immer wieder einmal solche Menschen geben, die bereit sind, alles wegzugeben. Und man darf Gott danken, daß es immer wieder solche Christen gibt.

Ananias und Saphira möchten in der Gemeinde einen falschen Schein erwecken. Die Leute sollen sehen, wie fromm sie angeblich sind. Sie wollen nur halben Gehorsam leisten, aber ganzen Gehorsam zur Schau tragen. Aber 50 Prozent Lüge und 5 Prozent Wahrheit sind bei Gott immer noch 100 Prozent Heuchelei.

Ananias und Saphira trauen aber auch Gott nichts zu. Sie wollen eine Reserve haben für Notzeiten, über die sie allein verfügen können. Sie wollen selber für ihre Zukunft sorgen. Sie nehmen Gott nicht ernst und übergeben ihm nicht völlig ihr Leben. Deshalb ist ihr halber Glaube in Wirklichkeit aber Unglaube.

Es ist besser, ein Atheist zu sein als ein halber Christ. Vom Unglauben kann man wenigstens zum Glauben kommen, aber nicht von einem geheuchelten Glauben. Es ist besser, man sagt: „Ich glaube nicht!“ oder: „Ich habe Angst, so zu tun, als glaube man und so zu tun, als mache man gerne mit, was in der Gemeinde sonst üblich ist.

 

Kaufmann-Bild: Aus der Mappe „Die Apostelgeschichte“:

Ananias ist schon niedergestreckt. Aber er greift noch nach dem Geld, das er geteilt hat. Er hat kein ungeteiltes Vertrauen, sondern der Satan hat ihn gespalten durch die Frage: „Was wird aus unsrer Zukunft?“ Er vertraut Gott ein bißchen, aber er vertraut ebensoviel dem, was man hat und was man sieht. Das aber ist die Sünde gegen

den heiligen Geist. Gott aber durchleuchtet: Saphira wird vom Lichtkegel durchschaut.

 

 

Die Einsetzung der Diakone: Apg 6, 1 - 7  

Hinführung:

Welche Aufgaben hat ein Pfarrer in der Gemeinde? Predigt, Abendmahl, Taufe, Trauung, Beerdigung, Konfirmandenunterricht, Besuche, Verwaltungsarbeit, Fortbildung.

Welche weiteren Ämter gibt es in der Gemeinde? Organist, Kirchendiener, Chorleiter, Krankenschwestern, Jugendarbeiter, Kindergärtnerinnen, Lektoren, Bürokräfte, Leiter von Gemeindekreisen, Diakon, Gemeindehelferin.

Kann der Pfarrer alles allein schaffen? Nein, er braucht Helfer aus der Gemeinde, die entsprechend ihren Gaben in der Gemeinde eingesetzt werden

 

Schon in der ersten Christengemeinde tauchten auf einmal neue Aufgaben auf, die nicht mehr allein von den Aposteln als den Gemeindeleitern gelöst werden konnten. Wir haben schon gehört, daß viele Gemeindeglieder sehr arm waren. Besonders schlecht ging es den Witwen, also den Frauen, die ihren Mann verloren hatten, aber auch nicht selber für ihren Lebensunterhalt sorgen konnten. Viele waren auch aus dem Ausland gekommen, um ihren Lebensabend in Jerusalem zu verbringen, hatten aber keine Verwandte am Ort.

Aus dem Osten des Reiches waren gekommen, die kein Hebräisch bzw. Aramäisch sprachen. Aber aus dem Westen des Reiches kamen auch viele Griechisch spre­chen­de Menschen, denn Griechisch war damals die Weltsprache. Auch galiläische Anhänger Jesu mußten jetzt versorgt werden.

Die Witwen mußten vor allem auch deswegen große Not leiden, weil sie schutzlos und rechtlos waren. Sie wurden verachtet und galten gar nicht als volle Menschen, wenn sie nicht einen Sohn hatten, der sie beschützte. Solange sie zur jüdischen Gemeinde gehörten, wurden sie von dieser versorgt. Wenn sie aber Christen wurden, fiel das weg.

Jesus    allerdings hat anders gedacht über die Witwen. Er half den Witwen und ihren Kindern, er kümmerte sich um ihre Sorgen und versuchte ihnen zu helfen (Jüngling zu Nain). Seine Jünger machten es ebenso, das hatten sie von Jesus gelernt. Sie gingen jeden Tag in Jerusalem bei den Witwen der Gemeinde herum und versorgten sie mit Nahrung und dem Nötigsten. Und das Geld dazu erhielten sie als Spende von den anderen Gemeindegliedern. Es war alles sehr gut geordnet.

Bald aber traten doch Schwierigkeiten damit auf. Wir wollen heute hören, wie die Gemeinde mit diesen Schwierigkeiten fertig wurde.

 

Erzählung:

Die Gemeinde in Jerusalem wuchs immer mehr. Vor allem viele von den Juden, die aus dem Ausland gekommen waren, ließen sich taufen. Die Apostel hatten alle Hände voll zu tun. Aber sie taten es gern und es lief alles gut in der Gemeinde. Bis es dann eines Tages Klatsch und Streit in der Gemeinde gab. Es war also durchaus keine Idealgemeinde. Es gab Schwierigkeiten und es gab Gerede. Erst hörte man hintenherum böses Gerede. Aber es wurde immer lauter und mußte eines Tages auch zu den Ohren der Apostel dringen.

In der nächsten Gemeindeversammlung soll die Sache also zur Sprache kommen. Punkt 1 der Tagesordnung: Die Apostel berichten, daß die Gemeinde immer mehr wächst. Viele Männer haben sich taufen lassen. Selbst einige Priester sind darunter, die sich haben überzeugen lassen, daß Jesus der Christus ist.

Dann aber kommt als 2. Punkt das Hauptproblem zur Sprache: Einer steht auf und sagt: „Erhalten denn die griechisch sprechenden Witwen keine Unterstützung mehr? Sie waren doch immer so eifrig im Gottesdienst! Gibt es denn zwei Sorten von Christen unter uns? Warum werden nicht alle gleich behandelt?“

Petrus erschrickt: So etwas darf es natürlich nicht geben. Aber er hat eben auch nicht mehr so den Überblick, es sind zu viele. Und schließlich kann er sich auch nicht um alles selber kümmern. Deshalb macht er den folgenden Vorschlag: „Liebe Brüder und Schwestern““sagt er, "wir müssen da einen Ausweg finden. Es wäre aber auch nicht recht vor Gott, wenn wir, die Apostel, unsere eigentliche Aufgabe vernachlässigten. Gott hat uns zuerst zu Predigern eingesetzt. Wir sind ihm dafür verantwortlich, daß sein Wort immer wieder und überall weitergesagt wird. Schließlich sind wir als die Jünger Jesu auch am besten dazu geeignet. Deshalb wählt doch am besten sieben Männer aus der Gemeinde, die sich um die Mahlzeiten für die Armen und um die Krankenpflege kümmern und die auch voll dafür verantwortlich sind. Die Verhältnisse zwingen uns einfach dazu, dieses neue Amt zu schaffen. Ich schlage die Bezeichnung ‚Diakon‘ vor, denn in erster Linie sollen sie ja den Tischdienst übernehmen.

Natürlich müssen es Männer sein, die einen guten Ruf haben und nicht so etwas tun wie Ananias und Saphira. Und es soll sichtbar sein, daß auch in ihnen der Heilige Geist wirksam ist. Wir aber, die Apostel, wollen weiterhin nur für Predigt und Gebet zuständig sein!“

Es ist erstaunlich, wie schnell sich die Apostel auf die neue Lage einstellten. Die Anforderungen waren größer geworden, da ordneten sie den Hilfsdienst neu. Er wird nicht einfach dem Zufall überlassen, sondern durch ein Gemeindeamt sichergestellt. Durch ein neues Amt wird das Leben der Gemeinde wieder geordnet.

Die Apostel fragen nicht lange: „Wer hat daran die „Schuld? sondern sie gehen ohne persönliche Gereiztheit an die Beseitigung des Schadens. Vielleicht waren sie für unsere Begriffe gar nicht einmal überlastet und hätten die neue Aufgabe durchaus noch mit übernehmen können. Aber sie wollten innerliche Ruhe haben, um sich auf die Predigt recht vorbereiten zu können. Sie hielten das Predigen für ein ausreichendes Amt, das Schaden leiden muß, wenn es zusätzliche Tätigkeiten noch aufnehmen soll.

So wie im Menschen Leib und Seele zusammengehören, so gehören auch in der christlichen Gemeinde seitdem die Sorge für die Armen und Hilfsbedürftigen und die Sorge für die Predigt des Wortes Gottes zusammen. Beides sind leitende Gemeindeämter, zu beidem ist die Kraft des Heiligen Geistes notwendig.

Die ganze Gemeinde war es so zufrieden. Sie wählt aus ihrer Mitte si9eben Männer, die nur für die Diakonie zuständig sind. Sie werden gewählt und nicht einfach von den Aposteln bestimmt, weil die Gemeinde so ihre Angelegenheiten am besten regeln kann. So haben sie wenigstens das Vertrauen der ganzen Gemeinde. Sie haben alle griechische Namen und werden deshalb wohl alle zu den griechisch sprechenden Christen gehört haben: Da ist ja sichergestellt, daß die griechischen Witwen nicht zu kurz kommen.

Von zweien dieser Männer hören wir später noch einmal etwas. Vor allem Stephanus scheint ein Mann gewesen zu sein, der sich sehr um die Gemeinde gekümmert hat. Er hat auch von Jesus gepredigt, so streng hat man die Aufgabenbereiche nun doch nicht getrennt. Und auch von Philippus hören wir, daß er einen Mann aus Äthiopien zum Glauben geführt und getauft hat.

Jedenfalls betet die Gemeinde für diese sieben Männer, denn ohne den Segen Gottes kann die Arbeit nicht begonnen werden. Nur Gott kann ihnen auch Kraft geben für ihren Dienst. Die Apostel legen ihnen die Hände auf, um dadurch äußerlich sichtbar anzudeuten: „Euch ist auch der Heilige Geist verliehen, der euch fähig macht zum Dienst für Gott an der Gemeinde!“

Gott aber gibt sichtbar seinen Segen zu dieser Regelung. Denn durch diese gute Lösung wächst die Gemeinde noch mehr und übt eine starke Anziehungskraft auf die Außenstehenden aus.

 

Antwortgespräch.

Das dort „Diakon“ kommt in dem Bibeltext Apostelgeschichte 6 nicht ausdrücklich vor. Es ist aber unausgesprochen hier gemeint. Zunächst ist damit der gemeint, der bei Tisch bedient. Aber die Bedeutung des Wortes dehnt sich dann aus auf die Armenfürsorge und die Krankenpflege. Das Wort „dienen“ und „Diakon“ hat nicht mehr die abwertende Bedeutung wie früher, sondern es bezeichnet die Haltung, die jeder Christ eigentlich einnehmen sollte.

Heute ist der Beruf des Diakons anerkannt und hoch geachtet. Diakone sind heute tätig in Krankenpflege, Jugendarbeit, Predigtdienst, Verwaltung und bei vielen Spezialaufgaben.

Ausbildungsstätten für Diakone befinden sich zum Beispiel in Eisenach, Neinstedt (Harz), Moritzburg (bei Dresden) ‚Berlin, Neuendettelsau (Württemberg) und anderswo. Jeder junge Mann mit einer abgeschlossenen Berufsausbildung kann dort in solch ein Brüderhaus eintreten.

Aber auch die anderen können in ihrer Gemeinde nebenamtliche Diakone werden. Welche Aufgaben kann ein Kind schon übernehmen, welche die Konfirmanden? Psalmlesung, Saubermachen, Einladungen austragen, Adventssingen, Erntedankgaben, usw.

 

 

Die Steinigung des Stephanus: Apg 6, 8 - 7, 59

Hinführung:

Vor langen Jahren hatte in Düsseldorf der junge Maler Domenico Feti seine Werk­statt. Er malte viele schöne Dinge. Eines Tages erhielt er von einer Kirchgemeinde den Auftrag, ein Altarbild von der Kreuzigung Jesu zu malen. Er kannte die Geschichte gut. Aber sein Herz blieb unbewegt, als er das Bild malte. Doch eines Tages sah ein Zigeunermädchen das Bild in seiner Werkstatt. Scheu und staunend fragte sie: „Wer ist das? Was geschieht mit ihm? Warum wurde er gekreuzigt?“ Sie hatte noch nie von Jesus Christus gehört. Da erzählte ihr der Maler die Geschichte von dem Gekreuzigten.

Die Augen des Mädchens standen voller Tränen. Ehrfürchtig schaute sie zu dem gekreuzigten Mann auf. Dann sagte sie zu dem Maler: „Nicht wahr, du liebst ihn sehr, weil er alles für euch getan hat?“ Der Künstler schämte sich, denn daran hatte er noch nie gedacht. Er konnte diese Worte nicht mehr vergessen. Je mehr er darüber nachdachte, desto größer wurde seine Liebe zu Christus. Wie konnte er ihm seine Liebe zeigen? Bisher hatte er Bilder nur für Geld gemalt. Jetzt aber wollte er durch seine Bilder die Liebe Christi verkündigen. Er schuf ein neues Gemälde von der Kreuzigung, das die Herzen vieler Menschen bewegte. Unter dem Bild standen die Worte: „Das tat ich für dich - was tust du für mich?“

Viele Jahre später kam ein junger Mann nach Düsseldorf in die Gemäldegalerie, wo er das Bild sah. Es war der junge Graf Nikolaus von Zinzendorf aus der Lausitz, der am Dresdener Königshof eine hohe Stellung einnehmen sollte, aber erst noch eine Bildungsreise durch halb Europa unternahm. Auf der Reise nach Paris, wo er ein schönes Leben führen wollte, kam er auch nach Düsseldorf. Als er aber das Bild und die Inschrift sah, änderte er sein Leben und stellte es ganz in den Dienst Jesu. Auf seinem Gut Herrnhut bei Berthelsdorf nahm er die letzten Mitglieder der Böhmischen Brüdergemeine auf, die von den Katholiken aus ihrer Heimat vertrieben worden waren. Sie bildeten die Herrnhuter Brüdergemeine, die sich bald über die ganze Welt verbreitete. Die noch heute üblichen Losungen stammen aus Herrnhut. -

Wir wollen heute von einem Mann hören, der auch viel für Christus getan hat.

 

Erzählung:

In einem Haus bei der Stadtmauer treffen sich die Christen immer in den Abendstunden. Petrus und Johannes und die anderen Apostel erzählen von Jesus und zeigen, was er für uns getan hat: Er ist für uns gekreuzigt, gestorben und begraben, auferstanden und aufgefahren gen Himmel.

Unter den Zuhörern sitzen auch einige junge Leute. Einen davon kennen wir schon mit Namen: Stephanus, einer von den sieben Armenfürsorgern. Als er spät am Abend nach Hause geht, da will ihm der Satz des Petrus nicht mehr aus dem Sinn: „Das tat ich für dich - Was tust du für mich?“ Stephanus will sich bemühen, möglichst viel für Christus zu tun.

Stephanus ist für Christus ein Diakon. Früh am Vormittag macht er Besuche in der Gemeinde. Er geht zu den Armen und bringt ihnen Essen und Geld. Er geht zu den Kranken und versorgt und pflegt sie. Unermüdlich geht er von Haus zu Haus und von Straße zu Straße, treppauf und treppab.

Dann steht Stephanus vor dem Lager eines Lahmen. Er hat Mitleid mit dem armen Mann und er denkt an manche Krankenheilung Jesu, von der die Apostel erzählt haben. Wenn er nur diesem Mann helfen könnte. Stephanus kniet an seinem Bett nieder und bittet Gott um Kraft. Dann nimmt er die Hand des Mannes und zieht ihn hoch. Da kann der Lahme auf einmal wieder gehen und sich bewegen. Wie ein Lauffeuer verbreitet sich diese Tat Jesu durch seinen Diakon in der Stadt. So etwas kommt nun öfters einmal vor.

Am Nachmittag ist Stephanus von einigen Auslandsjuden zu einem Streitgespräch in ihren Versammlungsraum in die Synagoge eingeladen. Das sind freigelassene römische Sklaven jüdischer Abstammung (die sogenannten „Libertiner“), das sind nordafrikanische Juden und Juden, die in Kleinasien gelebt haben. In Jerusalem haben sie alle ihr eigenes Gotteshaus. Von einer dieser Gruppen wird Stephanus nun eingeladen. Für Jesus will er es gerne tun und sich in ein Streitgespräch einlassen.

Der erste Vorwurf kommt schon sehr bald: „Wir sehen, daß die Christen nicht mehr am Opferdienst teilnehmen. Ihr bringt keine Opfertiere mehr als Sünd- und Schuldopfer in den Tempel. Was sagst du dazu, Stephanus?“ Sie freuen sich schon, denn sie denken, Stephanus könne auf diesen Angriff nichts erwidern.

Aber er bleibt ihnen kein Wort schuldig: „Das stimmt schon, was ihr da sagt. Aber wir berufen uns dabei auf Jesaja 53, das auch in eurer Bibel steht. Dort spricht Gott von einem, der alle Sünde tragen wird. Das aber ist Jesus von Nazareth. Er ist das einzige Opferlamm für uns gewesen. Auch der Tempel ist nun überflüssig geworden. Heu­­te kann man an jedem Ort der Welt zu Gott beten!“ Empörte Zwischenrufe waren zu hören.

Gleich kommt der zweite Angriff: „Wie steht es denn bei euch mit der Erfüllung des

Gesetzes? Ich sehe immer wieder Christen, die am Feiertag mehr als 1.000 Schritte gehen. Das ist nicht recht vor Gott!“ Stephanus antwortet: „Niemand kann sich den Himmel verdienen durch gute Werke. Wir werden nur dorthin kommen, weil Jesus ihn uns verdient hat. Aber wir leben nach den Zehn Geboten Gottes, wie Jesus es uns gezeigt hat. Er ist unser Herr. Wir gehorchen nur ihm!“

Wieder kommen empörte Zwischenrufe von allen Seiten. Die Gegner müssen erkennen, daß sie auf diese Art nicht mit dem Diakon Jesu fertigwerden. Erst hofften sie, im Redekampf mit ihm fertig zu werden. Aber als ihnen das nicht gelang, wurde ein Verleumdungsfeldzug in Gang gesetzt. Sie greifen zu heimtückischen Mitteln. Durch bezahlte Männer lassen sie das Gerücht in der Stadt ausstreuen: „Er hat Lästerworte gegen Mose und gegen Gott gesprochen!“ Sie bringen das Volk gegen Stephanus aut.

Als er gerade einen Besuch beendet hat, wird er gefangengenommen und vor den Hohen Rat geschleppt, die oberste Gerichtsbehörde in Israel. So wie beim Prozeß Jesu treten falsche Zeugen auf und behaupten: „Dieser Mensch hört nicht auf, Lästerworte zu reden gegen den heiligen Tempel und gegen das Gesetz. Er hat gesagt: Jesus von Nazareth wird diese Stätte zerstören und die Sitte ändern, die Mose uns gegeben hat!“ Alle sehen sie gespannt auf Stephanus, was er nun wohl sagen wird. Aber sein Gesicht leuchtet nur, weil er weiß: Jetzt ist die Stunde gekommen, wo er Zeugnis ablegen kann für seinen Herrn. Als der Hohepriester ihn fragt: „Ist es so, wie sie sagen?“ da hält er eine lange Verteidigungsrede, in der er mit Israel abrechnet und an deren Ende das Christuszeugnis steht.

Stephanus erzählt: „Liebe Brüder! Ihr habt die Bibel und haltet sie in Ehren - aber ihr versteht sie falsch. Ihr hört nicht auf Gott. Aber das war schon immer so in unserem Volk. Unser Vater Abraham, der war Gott noch gehorsam, so wie Gott es wollte. Deshalb versprach er auch unsrem Stammvater Land, Nachkommen und seinen Segen. Aber schon unter den Söhnen Jakobs gab es Neid und Streit. Joseph hörte auf Gott, aber seine Brüder verkauften ihn nach Ägypten. Dann hat er unserem Volk das Gesetz, die zehn Gebote, geschenkt. Doch sie haben Mose immer wieder nicht gehorcht. Sie sind sogar ganz von Gott abgefallen und haben ein Kalb angebetet. Wen Gott ihnen auch schickte - sie wollten keinen hören!“

Doch Stephanus fährt noch fort: „Schließlich meinten sie sogar, sie könnten Gott an ein Haus binden. Der König Salomo, der den Tempel bauen ließ, hatte zwar gesagt: ‚Nur wer Gott von Herzen liebhat, wird ihm in diesem Haus dienen können!‘ Aber das Volk wollte nur dort opfern und dachte, damit sei alles in Ordnung. Dann hat Gott euch Männer geschickt, die euch sagten, was er von euch will. Aber ihr habt sie und was sie euch sagten verachtet; ihr ward halsstarrig und habt dem Heiligen Geist widerstanden!“

Und schließlich wird Stephanus ganz deutlich: „Nicht nur eure Väter haben das früher so gemacht, sondern ihr tut es heute auch nicht besser. Eure Väter haben die Propheten getötet. Ihr aber habt den von den Propheten angekündigten Messias Gottes getötet. Ihr seid Verräter Gottes und Mörder geworden. Gott hat euch immer wieder beschenkt. Aber ihr hattet ihn nicht lieb, sondern habt schließlich und endlich noch seine Sohn Jesus von Nazareth getötet!“

 

Abraham

war Gott gehorsam

Seine Kinder verwarfen Joseph und Mose

Sie dienten den Götzen der Heiden

Sie wollten Gott an ein Haus binden

Ihr habt den Messias getötet

 

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Die Predigt des Stephanus ist scharf wie ein Pfeil. Er sagt: „Gott hat immer schon unbegreiflich an diesem Volk gehandelt, indem er ihnen immer wieder Gottesmänner schickte, obwohl sie alle verachteten und Jesus sogar töteten. Doch nicht Tempel und Gesetz können das Heil bringen, sondern allein der Glaube an Christus!“

 

Die anderen aber beißen die Zähne aufeinander, als sie das hören. Es geht ihnen durchs Herz. Stephanus aber darf einen Blick in den Himmel tun, in die Kommandozentrale Gottes. Er wird überwältigt von der Herrlichkeit Gottes und ruft aus: „Ich sehe den Himmel offen und des Menschen Sohn zur Rechten Gottes stehen!“ Dieses Christusbekenntnis führt zu einem Tumult, so wie einige Monate vorher das Messias­bekenntnis Jesu vor dem Hohen Rat. Die geordnete Gerichtsverhandlung wird unterbrochen. Alles schreit laut durcheinander. Die frommen Juden halten sich die Ohren zu. Andere dringen auf Stephanus ein und stoßen ihn nach draußen.

Sie jagen ihn durch die Straßen der Stadt bis zu einem Steinbruch draußen vor der Stadt. Einige Männer ziehen ihre Obergewänder aus und legen sie ab zu Füßen eines jungen Mannes mit Namen Saulus. Stephanus aber kniet nieder und betet: „Herr Jesus, nimm meinen Geist auf!“ Da stoßen sie ihn über den Rand des Abgrunds hinunter in die Tiefe. Er schreit noch: „Herr, behalte ihnen diese Sünde nicht!“ Dann werfen sie alle mit Steinen auf ihn, bis er tot ist. Die Juden haben ihrer Unheilsgeschichte ein weiteres Glied hinzugefügt. Die christliche Kirche aber hat ihren ersten Märtyrer!

 

Antwortgespräch:

Ein „Märtyrer“ ist ein Zeuge für Christus, der dafür leiden muß, daß er sich zu Christus bekennt. Noch in der Apostelgeschichte wird uns davon berichtet, wie der Apostel Jakobus umgebracht wird. Auch Petrus und Paulus sind bei einer Christenverfolgung umgekommen.

Immer wieder haben durch die Jahrhunderte hindurch Christen für ihren Glauben sterben müssen. Die größte Christenverfolgung war während des Ersten Weltkriegs, als die Türken Hunderttausende von armenischen Christen umbrachten. Einzelne Blutzeugen aus der neueren Zeit sind Professor Traugott Hahn, der 1919 als Pfarrer der Universitätsgemeinde in Dorpat den Tod fand. Wir kennen natürlich auch den Namen Dietrich Bonhoeffer, der als Pfarrer gegen die Naziherrschaft Widerstand leistete. Zwar spielten hier auch politische Motive mit. Aber Bonhoeffer kam nur zum politischen Widerstand von seinem Glauben her.

Auch heute kann es uns noch passieren, daß wir für unsren Glauben verspottet werden und dafür leiden müssen. Da wurden schon einmal Mitarbeiter der Kirche mit Dreck beworfen, wenn sie die Straße entlang kamen, um eine Kinderstunde zu halten.

Aber wir haben an Stephanus gesehen: Der getötet wird, hat in Wahrheit gesiegt. Durch seinen Tod haben sich viele von der Wahrheit des christlichen Glaubens überzeugen lassen und die Gemeinde wuchs weiter an. In späterer Zeit hat man einmal gesagt: „Das Blut der Märtyrer ist der Same der Kirche!“

Jesus aber hilft seinem. treuen Diener, gerade in der Verfolgung. Es gehört zu einem Christen dazu, daß er ein Bekenner und Zeuge wird und auch sein Leben einsetzt, wenn es sein muß. Christus erweckt in seiner Gemeinde immer wieder Glaubenszeugen, die ihr Leben für Christus hingeben können. Nicht von jedem wird verlangt, daß er soviel für Christus tut. Aber wenn wir unsren Herrn bekennen, wenn er von anderen verspottet wird, dann haben wir schon viel für ihn getan.

 

 

Der Apostel und de Zauberer: Apg 8, 9 - 20

Hinführung:

„Mutti, bitte kauf mir das!“ So sagen oft die kleinen Kinder, wenn sie an einem Schaufenster vorbeikommen. Was ihnen gefällt, das möchten sie haben. Sie meinen, die Eltern könnten ihnen alles kaufen; denn sie haben ja Geld. Aber das Geld ist schnell ausgegeben, wenn man nicht damit rechnet. Mancher denkt: „Wenn ich erst einmal erwachsen bin, dann kann ich mir alles kaufen, was ich möchte. Geld regiert die Welt!

Aber es gibt Dinge, da nützt kein Geld etwas. Die Liebe der Eltern oder ihre Vergebung kann man sich nicht kaufen. Mit Geld kann man keinen Freund oder Freundin gewinnen oder erreichen, daß sie einem fest vertrauen.

Aber all das brauchen wir doch notwendig. Aber kaufen können wir es uns eben nicht. Auch bei Gott gilt das Geld nichts. Wir können ihm nicht 100 Euro hinlegen und sagen: „So lieber Gott, jetzt hilf mir, damit ich wieder gesund werde!“ Gott will schon helfen, aber er läßt sich nicht zwingen. Wir dürfen zu ihm beten, dürfen ihn bitten, und wenn es sein Wille ist, dann wird er uns helfen.

 

Z

Erzählung:

Der Apostel Philippus war nach Samaria gegangen, hatte dort gepredigt und viele Kranke geheilt: Die unsauberen Geister fuhren aus vielen Besessenen aus mit großem Geschrei. Auch viele Leute mit Gicht oder mit Lähmungen wurden gesund gemacht. Viele Leute freuten sich darüber.

Aber da ist auch ein Mann namens Simon, der in der Stadt Zauberei betrieb und vorgab, er sei ein ganz Großer. Die Leute waren auch zu ihm gegangen und hatten gesagt: „Der ist eine Kraft Gottes!“ Nun aber war Philippus gekommen und hatte von Jesus und vom Reich Gottes gepredigt. Jetzt gingen sie alle zu Philippus.

Auch Simon wird gläubig und geht zu Philippus und läßt sich taufen. Vor allem bewunderte er die Zeichen und Wunder, die geschahen.

Als aber die Apostel in Jerusalem hörten, daß Samarien das Wort Gottes angenommen hatte, sandten sie Petrus und Johannes, damit auch dort die neuen Christen den heiligen Geist empfingen. Sie waren zwar getauft auf den Namen des Herrn Jesus, aber der Heilige Geist war noch nicht über sie gekommen. Erst als die Apostel die Hände auf sie legten, wurden auch sie vom heiligenGeist erfüllt.

Als aber Simon sieht, wie der Geist gegeben wird, wenn die Apostel die Hände auf die Menschen legten, bietet ihnen Geld an und spricht: „Gebt mir auch die Macht, einen anderen Menschen den heiligen Geist zu geben, wenn ich ihm die Hände auflege!“

Petrus aber spricht zu ihm: „Du sollst verdammt werden mit deinem Geld, weil du meinst, Gottes Gabe werde durch Geld erlangt. Du hast weder einen Anteil noch ein Anrecht an diesem Wort, denn dein Herz ist nicht rechtschaffen vor Gott. Bitte den Herrn, ob er dir noch vergibt. Denn ich sehe, du bist voll bitterer Gedanken, so daß dir die Galle überläuft. Du bist völlig verstrickt in Ungerechtigkeit!“

Da antwortet Simon: „Bittet ihr den Herrn für mich,

daß nichts von dem über mich kommt, von dem ihr gesprochen habt!“ Da kehren die zwei Apostel wieder zurück nach Jerusalem.

 

Antwortgespräch:

Petrus mußte dem Zauberer Simon sagen: Gott verkauft seinen Geist nicht, sondern er schenkt ihn dem, der fest an ihn glaubt und ihm vertraut. Menschen sind dabei seine Werkzeuge. Aber die sucht Gott sich selber aus.

Offenbar meinte man damals, erkennen zu können, ob der Heilige Geist gekommen ist oder nicht. An ekstatischen Reden und wilden Verrenkungen wollte, man ihn erkennen. Vor allem aber wollte der Zauberer die Macht haben, auch so große Wunder zu tun. Er hielt die Apostel für Kollegen, die es noch besser konnten. Da er sich schon als die „große Kraft!“ausgegeben hatte, war die neue Konkurrenz seinem Ansehen schädlich.

 

Simon begriff, daß der Gott der Apostel seine Kraft solchen bevorzugten Menschen zur Verfügung stellt. Er wußte aber nicht, daß den Aposteln solche Wunder durchaus nicht immer gelangen. Gottes Kraft läßt sich nicht in menschliche Regie nehmen. Er läßt uns nur teilhaben an seinem Wirken, wann und wo er es für richtig hält.

 

Wenn wir also zu Gott beten, dann sollten wir das Gebet nicht als eine Art Zauber verstehen. Es ist schon richtig, daß Gott nicht hilft, weil wir Geld auf den Kollekten­teller legen, sondern weil wir zu ihm beten. Aber Gott ist nicht unser Lieferant. Wir sollten sein Schweigen mit der gleichen        Freude hinnehmen wie die Erhörungen. Beides ist ein Zeichen dafür, daß wir über die Kraft Gottes nicht verfügen können.

 

Es gibt auch unter Christen eine Art Angeberei mit Gebetserhörungen, die von der Meinung des Simon nicht weit entfernt ist. Jesus hat Wunder immer abgelehnt, und vom Kreuz ist er nicht herabgestiegen. Wer an Gott glauben will, muß sich an den Gedanken gewöhnen, daß in dieser Schwachheit Gottes unsere Rettung liegt.

Es gibt keinen billigen Trick, mit dem die Freundlichkeit Gottes zu gewinne wäre. Durch häufiges Beten, regelmäßigen Kirchgang und reichliche spenden können wir

wir jenes Vertrauen nicht ersetzen, das wir Glauben nennen.

 

 

Der Kämmerer aus dem Mohrenland: Apg 8, 26 - 40      

Hinführung:

Unsere Kirche ist nicht die einzige. Schon in unserer Stadt gibt es mehrere Kirchen. Und in den umliegenden Dörfern gibt es auch Kirchen. Überall in der Welt gibt es Kirchen, wenn auch nicht überall so zahlreich wie bei uns.

Wir wollen einmal in Gedanken eine weite Reise unternehmen. Im Lande Jesu in der Stadt Jerusalem war keine Kirche, sondern der Tempel. Dort wurden nicht nur Gottesdienste gehalten, sondern dort wurden auch Tiere geopfert. Deshalb war der Tempel das eigentliche Gotteshaus für alle Juden.

Die Leute in Jerusalem konnten jeden Tag in den Tempel gehen. Die aus den anderen Orten mußten oft weite Reisen unternehmen. Aber viele Juden kamen öfters nach dort, mindestens einmal im Jahr, soweit sie im Land der Juden wohnten. .Andere wohnten in fernen Ländern und konnten vielleicht nur einmal im Leben nach Jerusalem kommen. Aber wenn sie Juden waren, durften sie bis in der Vorhof der Juden.

Aber die Leute aus einem fremden Land, die nicht zum Gottesvolk gehören, müssen im Vorhof der Heiden bleiben.

Da kommt ein prächtig gekleideter Mann aus Afrika: Er ist wohl ein hoher Staatsbeamter und sehr reich. Mit einem schönen Reisewagen war er gekommen und hatte eine lange Reise hinter sich, nur um einmal den Tempel sehen zu können. Er hatte viel von dem Gott der Juden gehört und wollte nun in Jerusalem mehr vor ihm erfahren. Auf den Besuch des Tempels hatte er sich besonders gefreut. Aber auch er mußte im Vorhof der Heider bleiben, denn er gehörte nicht zum Gottesvolk und würde auch nie dazu gehören können. All sein Reichtum nutzte ihm nichts.

Für ihr gilt praktisch: „Für Farbige verboten!“ Er war ausgeschlossen aus der Gemeinschaft des Gottesvolkes. Wir schließen ja auch manchmal andere von unseren Spieler oder vom Mitlernen aus, besonders auch fremde Kinder, die wir aus irgendeinem Grunde nicht leiden können. Aber darf es in der Kirche so sein? Wird es mit dem Afrikaner so bleiben, daß er für immer vom Gottesvolk ausgeschlossen ist?

 

Erzählung:

Unter den Aposteln, die neu zur Gemeinde gekommen waren, war auch einer mit Namen Philippus. Er gehörte noch nicht lange zur Gemeinde. Aber er hatte in dieser kurzen Zeit schon vielen Menschen seines Volkes von Jesus erzählt und sie zu Jüngern Jesu gemacht, indem er sie taufte.

Eines Tages nun bekam er von Gott einen seltsamen Auftrag: „Gehe nach Süden auf die Straße, die von Jerusalem nach Gaza führt!“ Philippus denkt sich: „Was soll ich nur dort? Das ist doch eine ganz öde Gegend, da gibt es doch kaum Menschen. Hier dagegen in den Städten Samarias, da gibt es noch viel zu tun!“ Aber Philippus gehorcht dem Befehl Gottes und macht sich auf den Weg, wenn er auch noch nicht weiß, wie das alles weitergehen soll.

Auf der einsamen Straße nach Gaza fährt ein Reisewagen. Langsam geht die Fahrt auf der staubigen Landstraße. Die Sonne des Südens brennt heiß hernieder. Mit gesenkten Köpfen trotten die Pferde ihres Weges und ziehen geduldig den Wagen.

In ihm sitzt ein fremdländischer Mann. Er hat eine braue Hautfarbe und stammt aus Nubien, einem afrikanischen Land am Oberlauf des Nil. Er ist gut gekleidet. Er ist der Finanzminister seiner Königin und verwaltet die Schatzkammer seines Landes. Er ist wohl ein vermögender Herr, denn sonst hätte er sich nicht einen solchen Reisewagen leisten können. Außerdem hatte er eine kostbare Buchrolle auf der Knien liegen. Für viel Geld hatte er sie in Jerusalem erstanden, denn die Juden gaben ihre heiligen Schriften an sich nicht in die Hände Andersgläubiger.

Lange hatte er sich auf die Reise nach Jerusalem gefreut. Keine Kosten hatte er gescheut. Er war auch nach Jerusalem und zum Tempel gekommen. Aber nur bis zum Vorhof der Heiden. Dann hatte er die großen Schilder gelesen, die jeden Fremden mit dem Tod bedrohten, wenn er weiterging. Er hatte zu dem Gott der Juden beten können. Aber letztlich blieb er doch ein Ausgeschlossener, zum eigentlichen Gottesvolk gehörte er nicht. Dieser Gott der Juden war wohl doch kein Gott für ihn, den Afrikaner und Heiden. Traurig fuhr er wieder in Richtung Heimat.

Er fragte sich: „So hat Gott mich nicht lieb? Nun muß ich wieder heimfahren ohne Trost und Hoffnung?“ Nur eine Freude blieb ihm: Die Buchrolle mit den Worten des Propheten Jesaja. Jetzt liest er nach der Sitte der damaligen Zeit halblaut daraus vor. Er hofft aus diesem Buch zu erfahren, wer alles zu dem lebendigen Gott gehören darf.

Aber der Prophet redete doch von der Liebe Gottes zu allen Menschen! Er spricht sogar von einem Retter und Helfer, der alle Menschen zu Gott führen würde. Eines Tages wurde es so weit sein. Aber wann wohl? Würde er es noch erleben?

So ist ein Mensch ganz allein mit einem Buch der Bibel auf einer einsamen Landstraße. Er liest die Worte immer wieder und weiß doch nicht, was sie bedeuten. Obwohl die Sonne hell vom Himmel scheint, ist es doch eine Fahrt im Dunkeln. Die eigentliche Dunkelheit ist die Not und Hoffnungslosigkeit in seinem Herzen. Es ist wirklich keine fröhliche Heimfahrt!

Einer aber ist auf aller Straßen der Welt und läßt keinen allein, auch den Mann aus dem fernen afrikanischen Land nicht. Ein Mann kommt: Es ist Philippus, der Prediger der christlicher Gemeinde, der von Gott der Auftrag erhalten hat, diesem Mann zu helfen. Jetzt weiß er, weshalb er nach Gaza gehen sollte.

Philippus fragt: „Verstehst du auch, was du liest?“ Der Afrikaner sieht erstaunt hoch: „Wie kann ich das, wenn mich niemand anleitet? Aber du bist doch ein Jude, du hast das doch alles gelernt. Steig doch zu mir auf den Wagen und fahre ein Stückchen mit mir. Da kannst du mir etwas erklären!“

Nun lesen sie gemeinsam: „Er ist wie ein Schaf, das zur Schlachtung geführt wird. Wie ein Lamm still ist vor seinem Scherer, so hat er seinen Mund nicht aufgetan. Sein Leben wird von der Erde weggenommen. Der Finanzminister sieht Philippus ratlos an: „Von wem redet der Prophet denn hier, von sich selber oder von einem anderen?“

Philippus sieht: Gott hat mich zur rechten Zeit zu diesem Mann geschickt Er kann ihm die toten Buchstaben dieser Schrift aufschließen, er kann ihm die frohe Botschaft von Jesus sagen. Der Reisewagen wird zur Kirche, in der die zwei Männer versammelt sind in Jesu Namen und da ist er mitten unter ihnen.

Philippus sagt: „Mit dem Lamm ist Jesus Christus gemeint. Er wurde von seinem Volk ans Kreuz gebracht. Aber Gott hat ihn wieder von den Toten auferweckt. Er ist der Herr der Christen, und du kannst auch einer werden. Auch für dich ist er auferstanden. auch dich hat er lieb. Und wer an den Namen Jesu glaubt und getauft wird, dem kann keine Macht der Welt mehr schaden, auch nicht der Tod!“ Da wird der Afrikaner froh, diese Predigt hat alle Finsternis bei ihm vertrieben.

Sie kommen zu einem Wasser. Der Afrikaner fragt: „Kann ich nicht getauft werden?“

Philippus widerspricht nicht. Sie halten an und steigen vom Wagen. Sicher war es Gottes Wille, daß gerade jetzt das Wasser zur Verfügung stand. In späterer Zeit hat man aber vor der Taufe erst noch streng gefragt: „Glaubst du auch von ganzem Herzen an Gott!“ Und wenn der Taufbewerber dann sagte: „Ich glaube, daß Jesus Gottes Sohn ist!“ dann wurde er getauft.

Hier an der Landstraße nach Gaza ging das noch weniger kompliziert vor sich. Der Finanzminister hatte seinen Willen geäußert, so wurde er getauft. Natürlich gehören Glaube und Taufe zusammen. Aber es ist nicht unbedingt notwendig, daß man über alle Punkte des Glaubens vollständig Bescheid weiß. Die Hauptsache ist: Mann will zu Gott und seiner Gemeinde gehören.

Als die Taufe beendet ist, hat auch Philippus seinen Auftrag erfüllt. Der Afrikaner braucht ihn nun nicht mehr. Er war nur nie mehr allein. Einer war bei ihm auf seiner ganzen Lebensfahrt: Jesus Christus!

Deshalb heißt es von dem Finanzminister: „Er zog aber seine Straße fröhlich!“ Weil er fröhlich geworden war, kann er allein weiterziehen. Alles Weitere liegt nun in Gottes Hand. Aber sicher hat der Afrikaner seine Freude nicht für sich allein behalten, sondern hat die frohe Botschaft von Jesus weitergesagt: in seinem Heimatland entstanden Christengemeinden, die bis zur Gegenwart bestehen und somit zu den ältesten Christengemeinden gehören.

So unerwartet wie Philippus gekommen war, so ging er euch wieder. Gott braucht ihn jetzt woanders. Er bleibt aber in den Städten im Westen des Landes. Die Gemeinden dort sind so wie manche Gemeinden in Samaria von Philippus und seinen griechisch sprechenden Freunden gegründet worden.

 

Antwortgespräch:

Manchmal sehen wir ein Schild „Zutritt verboten!“ oder: „Unbefugten Zutritt verboten!“ Und wenn wir nicht „befugt“ sind, dürfen wir dort nicht hingehen. Wir können auch nicht ohne Weiteres am Kreissportfest oder der Musikschule oder der Olympiade teilnehmen. Aber es gibt einen Ort, wo alle hinkommen können: Die Kirche. Da kommen zwar auch nicht alle hin, die kommen dürften; meist sind es nur diejenigen, die getauft sind und damit zur Kirche gehen. Aber es könnten auch andere kommen.

Deshalb darf es auch für die Kirche keine Grenze geben, weil Gott mit allen Menschen Gemeinschaft haben will.

Jener Afrikaner kam voller Hoffnung nach Jerusalem, dann war er enttäuscht und schließlich konnte er sich freuen: An einigen Smilies kann man das demonstrieren

 

 

Hervorgerufen wunde diese Wandlung durch seine Taufe. Er ist der erste Heide, der getauft wurde. Später wird noch vor der Bekehrung des römischen Hauptmanns Cornelius durch Petrus berichtet. Aber andere Apostel sind offenbar auch schon diesen Schritt gegangen. So wird deutlich, daß die Mission vorankommt. Allerdings geschieht alles nur auf Weisung des Heiligen Geistes. Er schließt auch das Verständnis des Alten Testaments auf und hilft, viele Stellen auf Jesus Christus zu deuten. Seit Jesu Tod und Erhöhung ist die Schrift erfüllt und kann nur noch von Jesus her verstanden werden.

Auch wir sind getauft: Wir suchen unseren Namen im Taufregister oder lassen uns unsere Taufurkunde zeigen! Auch wir hören Gottes Wort, um zum wahren Glauben zu kommen. Taufe und Glaube gehören zusammen, die Reihenfolge ist nicht so wichtig.

Wer aber getauft ist, der ist auch ein Missionar. Durch uns will Gott Menschen erreichen, die ihn noch nicht kennen. Er will uns haben, damit anderen Menschen seine Hilfe zuteil wird. Wir könnten Missionare sein, indem wir andere zum Religionsunterricht mitnehmen oder im Familiengottesdienst mitwirken oder auch Einladungskarten malen. Keiner ist zu klein, um Gottes Bote zu sein.

 

Bildbetrachtung: Karl Kaufmann: Apostelgeschichte, Bild 6:

Auf zwei Straßen der Welt kommt es zu einer Begegnung. Wenn Menschenwege sich in dieser Stelle kreuzen, kann es dabei zu Begegnungen mit Menschen kommen, in denen Christus selber durch sein Wort und Sakrament (Taufe) begegnet. Gott zieht wie mit einem Lasso zwei Menschen in sein Wirkungsfeld, so daß der eine von ihnen auch zum Glauben kommt. Er war in großer Not. Wenn ihm nicht einer zu Hilfe kommt, wird er seine Straße nicht fröhlich ziehen können. Aber Gott werdet sich durch Jesus Christus auch dem Einzelnen zu. Werkzeug ist ihm dabei ein Mensch, der selber im Kraftfeld Christi lebt und darum in Vollmacht die Botschaft Christi weitersagen kann. So werden zwei Menschen unter dem Wort zusammengeführt, in dem engen Reisewagen ereignet sich „Kirche!“, weil dort zwei versammelt sind im Namen Christi.

 

 

Die Bekehrung des Paulus : Apg 8, 1 - 4 und 9,1- 31

Hinführung:

Wenn wir ein Haus bauen wollen, dann brauchen wir dazu Werkzeuge. Zählt einmal auf, was der Maurer alles braucht: Kelle, Hammer, Schaufel, Bleilot, Schnur .Aber heutzutage hat der Maurer auch Maschinen, die ihm die Arbeit erleichtern (zum Beispiel Betonmischmaschine).

Wie wird es wohl zur Entstehung dieser Maschinen gekommen sein? Da hat sicher einmal einen Ingenieur gesehen, daß die Maurer mit den bisherigen Werkzeugen nicht mehr fertig werden. Deshalb hat er nach einem Gerät gesucht, das die schwere Arbeit abnehmen kann. Er schafft dieses neue Werkzeug und stellt es in seinen Dienst, damit mehr geleistet werden kann.

Christus hat auf der Erde auch ein groß es Werk begonnen. Am Beginn der Apostelgeschichte steht es geschrieben: „Ihr sollt meine Zeugen sein in Jerusalem, in ganz Judäa und Samarien und bis an das Ende der Erde!“ Bisher waren alle seine Jünger auch seine Boten gewesen. Er wird sie auch weiterhin gebrauchen können. Aber nun entstehen neue Aufgaben. Das Evangelium soll auch zu den Heiden nach Kleinasien und Europa getragen werden. Dazu braucht Christus ein neues Werkzeug, einen neuen Mann, der sein Bote bei den Heiden wird.

Welche Eigenschaften müßte der Mann besitzen, der diese Arbeit tun soll? Er muß Liebe zu Jesus haben, muß Juden und Heiden in gleicher Weise kennen, muß griechisch sprechen und anderes mehr. Ob Christus wohl diesen Mann gefunden hat?

Wie Christus sich einen Menschen als sein neues Werkzeug holt, wollen wir heute hören. Wir würden den neuen Missionar unter den Christen in Jerusalem suchen,

aber Christus hat etwas ganz anderes vor!

 

Erzählung:

Unter den Christen in Jerusalem herrscht große Aufregung. Immer wieder kommen die Männer von der Tempelpolizei in die Häuser der Christen, durchsuchen alle Winkel und nehmen jeden mit, den sie finden. Die Christen kommen alle in die Gefängnisse, Männer und Frauen. Einige hat man auch schon vor Gericht gestellt, nur weil sie sich zu Jesus Christus bekennen. Sie werden als Aufrührer und Gotteslästerer verklagt genau wie Jesus auch. Vielleicht werden sie sogar zum Tode verurteilt werden. Viele sind schon geflohen, in die Dörfer Judäas und Samariens.

Besonders heftige Gegner der Christen waren einige Studenten aus Jerusalem, die dort die jüdischen Gesetze lernten und den Glauben ihrer Väter studierten. Sie konnten nicht begreifen, weshalb man die Christen nicht einfach ausrottete. Sie hielten doch die Gesetze nicht und verkehrten mit Kranken und Lahmen und stellten sich überhaupt ganz außerhalb der Volksgemeinschaft.

Unter diesen jungen Männern ist auch Saulus. Er ist um die gleiche Zeit wie Jesus geboren in der Stadt Tarsus in Kleinasien. Sein Vater soll aus Gischala in Galiläa. stammen und als Kriegsgefangener nach Tarsus gebracht worden sein. Bei seiner Freilassung erhielt er das römische Bürgerrecht, das er auf seinen Sohn weitervererbte. Saulus ist also ein echter Jude. Sein Vater gehört zum Stamm Benjamin und hat ihn wie einen echten Juden erzogen. Sie gehören beide zu den Pharisäern, den besonders frommen und strenggläubigen Juden. Deshalb hat Saulus euch zwei Namen: In der Synagoge, dem jüdischen Gotteshaus, nennt man ihn Saulus nach dem israelitischen König Saul. Die Römer und Nichtjuden aber nennen ihn Paulus, „der Kleine“.

Doch Paulus kommt sich zunächst gar nicht so klein vor, sondern ist einer der Eifrigsten bei der Verfolgung der Christen. Die Behauptung der Apostel, Jesus sei auferstanden, hält er für einen Betrug. Daß ein Gekreuzigter der König des Gottesreiches sein soll, hält er für eine Schande. Die Gemeinschaft der Christen mit den Sündern und Gesetzlosen ist Gotteslästerung. Denn das Heil kann für Saulus nur auf dem Wege einer genauen Befolgung des Gesetzes erlangt werden. Saulus will die Ehre Gottes retten, soweit sie noch zu retten ist. Wenn die Christen den Glauben des Alten Bundes angreifen, dann kann man nicht warten wie sein Lehrer Gamaliel es geraten hat.

Jetzt haben sich die Christen schon durch die Verfolgung in Jerusalem über das ganze Land ausgebreitet. Da muß schnell gehandelt werden. Paulus läßt sich Vollmacht geben vom Hohen Rat in Jerusalem, auch in anderen Städten die Christen zu verfolgen. Die Juden in der ganzen Welt unterstanden ja in religiösen Dingen dem Gerichtshof in Jerusalem.

Schnell sucht sich Saulus einige bewaffnete Männer zusammen und sie reiten mit ihren Pferden los in Richtung auf Damaskus, die Hauptstadt Syriens. Er ist siegesgewiß. Jetzt wird ein für allemal Schluß gemacht mit dieser falschen Lehre. In diesem Glauben, daß die Christen das Falsche sagen, ist Saulus erzogen worden. diesen Glauben will er jetzt auch bis aufs letzte verteidigen. Schon kommt Damaskus in Sicht.

Da umleuchtet den Siegesgewissen plötzlich ein Licht vom Himmel. Und noch im Niederstürzen hört er eine Stimme: „Saul, Saul, was v verfolgst du mich?“ Saulus ist wie vom Blitz getroffen. Er redet die Stimme an: „Herr, wer bist du?“ Noch aber will er nicht glauben, daß es Jesu Stimme ist. Er hält es ja für ausgeschlossen, daß Jesus auferweckt ist und zur Rechten Gottes sitzt. Doch nun tritt ihm dieser Herr in den Weg und Saulus muß erkennen: „Jesus lebt. Er ist der Messias!“ Es ist alles anders gekommen, als geplant. Auf dem Gipfel der Macht muß Saulus umkehren. Schon bei der ersten Aktion gegen Jesus wird er geknickt.

Ja, Saul hat gegen Christus selber gekämpft, als er die Christen verfolgte. Denn der Herr spricht zu ihm: „Ich bin Jesus, den du verfolgst!“ Saulus hatte geglaubt, nur eine jüdische Sekte zu verfolgen. Jetzt aber ist dieser Jesus tatsächlich Gottes Sohn

und schützt auch jetzt noch seine Leute, indem er ihrem schlimmsten Verfolger persönlich entgegentritt. Nun kann ja nur noch das Todesurteil gegen den Verfolger kommen.

Doch Jesus hat etwas anderes mit ihm vor. Er nimmt den Paulus auf der Stelle für sich in Beschlag und mutet ihm einen radikalen Kurswechsel zu. Nun sagt er ihm: „Stehe auf und gehe in die Stadt; da wird man dir sagen, was du tun sollst!“

Welch eine Wandlung der Dinge. Paulus hatte ja nie an der Richtigkeit seiner Einstellung gezweifelt. Wir hören auch nichts davon, daß ihn die Standhaftigkeit der Christen beeindruckt hätte. Der Umschwung kam ganz von außen. Es ist allein Christus, der seinen Verfolger in die Nachfolge zwingt.

Wie anders als erwartet ist doch der Einzug des Paulus in Damaskus. Seine Begleiter müssen ihn von Boden aufheben. Sie haben zwar auch die Stimme gehört, aber nichts gesehen. Nun stellen sie fest: Paulus ist blind geworden. Er kann nicht mehr allein gehen, sondern muß wie ein Kind geführt werden. Nicht wie ein Richter kommt er, sondern wie ein Gefangener.

Aber er ist auch noch innerlich blind. Jesus hat ihm ja noch nicht gesagt, was er mit ihm vorhat. Paulus kennt nur den nächsten Schritt. Aber den geht er im Gehorsam gegen seinen neuen Herrn. Hier vor Damaskus ist Paulus von Neuem geboren worden und in die Welt Christi versetzt worden. Zum Zeichen seiner Umkehr ißt und trinkt er drei Tage nichts mehr. Paulus ist in der tiefsten Tiefe seines Lebens angelangt. Wer wird ihn wieder herausholen? Aber Christus schickt dem total gebrochenen Paulus schon einen Menschen, der ihn wieder aufrichtet.

In einem Hause in Damaskus wohnt ein Jünger Jesu mit Namen Ananias. Der hat zwei oder drei Tage nach der Ankunft des Paulus eine innere Eingebung und hört den Herrn Christus sprechen: „Ananias!“ Und er antwortet: „Hier bin ich, Herr!" Der Herr wieder zu ihm: „Stehe auf und gehe in die gerade Gasse und frage in dem Haus des Judas nach einem Mann namens Saul von Tarsus. Er betet und hat eine innere Schau gehabt: Er sah einen Mann mit Namen Ananias zu ihm hineinkommen, der die Hand auf ihn legt, so daß er wieder sehend wurde!“

Ananias erschrickt: Zu dem Verfolger der Christen soll er gehen, in die „Höhle des Löwen“? Er hat viel gehört von diesem Mann, wie er den Christen in Jerusalem viel Böses getan hat. Ananias sträubt sich und sagt zu Gott: „Er hat doch Vollmachten aus Jerusalem, alle gefangen zu nehmen, die deinen Namen anrufen!“ Und vielleicht denkt er auch: „Das ist doch ungerecht. An den Händen dieses Mannes klebt soviel Blut der Brüder; und nun soll er nicht bestraft werden, sondern sogar noch in die Gemeinde aufgenommen werden?“

Doch der Herr gibt ihm erneut den Auftrag: „Gehe hin! Denn dieser Paulus ist das Werkzeug, das ich min ausgewählt habe. Er soll meinen Namen vor die Heiden tragen und vor Juden. Ich will ihm zeigen, wieviel er leiden muß um meines Namens willen!“ Ananias hatte gesagt: „Der Mann wird die leiden lassen, die den Namen Christi anrufen!“Und nun muß er von Christus hören: „Ich will ihm zeigen, wieviel er für diesen Namen leiden muß!“.Es muß eine gewaltige Wendung geschehen sein, wenn Paulas jetzt still in diesem Haus ist und betet.

Ananias macht sich auf den Weg in die Gerade Straße, die kilometerlange prächtige Hauptstraße von Damaskus mit ihren großen Säulengängen. Er kommt in das Haus und spricht sofort: „Lieber Bruder Saul, der Herr hat mich gesandt, der dir erschienen ist auf dem Weg. Du sollst wieder sehend werden und mit dem Heiligen Geist erfüllt werden!“ Paulus soll in die Christengemeinde aufgenommen werden.

Da fällt es wie Schuppen von seinen Augen und er wird wieder sehend. Er steht auf und läßt sich von Ananias taufen. Dann nimmt er auch wieder Speise zu sich und stärkt sich. Er ist zu einem ganz neuen Menschen geworden. Die Gemeinde erfährt das Ereignis mit großer Freude. Mit derselben Kraft‚ die er vorher gegen Christus eingesetzt hat, arbeitet er jetzt für ihn.

Zuerst wendet er sich an die Juden in Damaskus. Wir können uns vorstellen, wie entsetzt die waren Der entschiedenste Feind der Christen wird zu ihrem eifrigsten Anwalt. Nachdem sie die erste Lähmung überwunden haben, verfolgen sie Paulus mit ihrem Haß. Schließlich wollen sie ihn ermorden.

Doch die Gemeinde erfährt diesen Plan und daß die Stadttore Tag und Nacht bewacht werden, um Paulus zu fassen. Einige beherzte Männer aus der Gemeinde bringen Paulus in der Nacht an die Stadtmauer und lassen ihn in einem Korb hinab. Paulus ist seinen Verfolgern entwischt.

Drei Jahre lang hält er sich nun in dem Nabatäerstaat Arabia auf. Danach geht er nach Jerusalem. Auch dort fürchten sich die Christen zuerst vor ihm. Sie können nicht glauben, daß Paulus zum Christen geworden ist: Überall begegnet ihm eine Mauer des Schweigens und der Ablehnung. Nur einer hält zu Paulus und nimmt ihn bei sich auf: Barnabas. Er stellt ihn auch den Aposteln vor und er kann erzählen, wie es zu seiner Bekehrung gekommen ist und daß er in Damaskus den Namen Christi frei und offen gepredigt hat.

Nachdem die Apostel ihn anerkannt haben, wird er nun auch von der Gemeinde in die Mitte genommen. Er predigt nun auch in Jerusalem, besonders unter den Juden aus dem Ausland, die griechisch sprechen. Doch diese verfolgen ihn auch, um ihn zu töten. Seine Freunde aber bringen ihn nach Cäsarea am Meer und mit dem Schiff fährt er weiter in seine Heimatstadt Tarsus. Zur gegebenen Zeit wird Christus ihn schon wieder rufen.

 

Kaufmann - Bild : Apostelgeschichte, Nummer 7:

Hier wird einer verhaftet: Von rückwärts legen sich zwei Hände auf die Schultern des Paulus, so als sollte damit ausgedrückt werden: Bis hierher und nicht weiter! Es sind gewaltige Hände, aber keine gewalttätigen Hände; es sind bewahrende Hände, aber keine würgenden. Die Hände des gekreuzigten und auferstandenen Herrn ergreifen den, der mit eilen Vollmachten irdischer Behörden ausgestattet ist und gebieten ihm ein „Halt“.

Machtlos sinken die Hände des Paulus herab. Die brutalen Hände, an denen Blut klebt, kommen zur Ruhe. Der selber fangen wollte, ist zum Gefangenen Jesu geworden: Handschellen umschließen seine Gelenke.

Das Schwert, das er gegen die Jünger Jesu führte, richtet sich nun gegen ihn selbst: gegen sein Herz oder seine Gurgel. Eigentlich hätte er sterben müssen - und fast sieht es je auch so aus. Erst in der Taufe wird er wieder lebendig gemacht: In der Taufe stiebt der alte Mensch ab und es entsteht wieder ein neuer Mensch. Das Gesicht des Paulus ist tot. Er war schon lange verblendet; aber nun wird er äußerlich lind, bis es ihm nach der Taufe wie Schuppen von den Augen fällt. Gott öffnet ihm wieder die Augen, damit er alles anders sehen lernt: die Welt, die Menschen, sein Leben und Christus. Nicht mit dem Schwert kommt man voran, sondern nur, wenn man es umdreht- Das Schwert wird zum Kreuz: gerade der Schwache und Leidende ist stark, weil Christus ihn stark macht!

 

Saulus, vorher und nachher:

Vorher

Nachher

Pharisäer

Christ

Feind der Gemeinde

Bruder in der Gemeinde

Sendbote des Hohen Rats

Sendbote Jesu (Apostel)

Verfolger

Verfolgter

Christus hat die Wende herbeigeführt

 

 

Der Herr ist auch der Herr über seine Feinde. Viele Menschen sind vergebens gegen Christus und seine Gemeinde angerannt. Der Kaiser Julian wollte das Christentum im römischen Reich wieder abschaffen. Aber am Ende seines Lebens mußte er doch sagen: „Du hast doch gesiegt, Galiläer!“

Der Auferstandene ruft nach starken und entschlossenen Menschen in seinen Dienst. Der Christenglaube ist nicht nur etwas für Schwache und Geringe oder für Alte und solche Menschen, die nichts vom Leben zu erwarten haben. Christus will gerade die Starken haben.

 

 

Die Taufe des Hauptmanns Kornelius: Apg 10, 1- 48

Hinführung:

Wenn wir eine große Freude erlebt haben, dann teilen wir diese Freude nicht allen Menschen mit, sondern zum Beispiel den Eltern, Verwandten und Freunden. Ein unbeliebter Klassenkamerad oder eine       alte Frau aus dem Nachbarhaus brauchen von unserer Freude ja nichts zu erfahren.

Woher kommt es eigentlich, daß wir bestimmte Leute nicht leiden können? Mancher ist uns eben einfach unsympathisch, ohne daß wir wissen, warum das so ist. Manchen lehnen wir ab, weil er immer so altmodische Ansichten hat oder weil

er immer etwas anderes will als wir. Aber Menschen haben eben sehr verschiedene

Ansichten zu ein und derselben Frage. Wir aber halten unsre Meinung für die richtige und grenzen uns ab. Dennoch müssen wir mit den anderen auskommen.

Es gibt aber auch noch andere Unterschiede zwischen den Menschen. Die Menschen unterscheiden sich nach Hautfarbe, Lebensstandard, Glaube und manchem anderem.

So leben wir zwar vielfach zusammen, haben aber doch lauter unsichtbare Schranken um uns. Hinderlich sind auch die Vorurteile, die wir haben. Wir haben ebenso unsere Ansichten und teilen die Menschen danach ein. Die einen mögen wir eben und die anderen können wir nicht leiden. Es fällt uns schwer, dann dennoch mit diesen Menschen auszukommen. Eigentlich möchten wir lieber unter uns sein. Wir verstehen nicht, daß wir mit den anderen zusammengehören sollen.

Diese Probleme gab es auch schon in den ersten christlichen Gemeinden. Sie mußten auch erst lernen, daß Gottes Liebe mehr Menschen umfaßt als nur die Menschen des jüdischen Volkes. Davon erzählt die folgende Geschichte.

 

Erzählung:

Am Mittelmeer lag die Stadt Cäsarea, eine wichtige Militärstadt der Römer. Hier hatte die italische Abteilung ihr Standquartier: Sie umfaßte 700 Mann und war auch zum Schutz des römischen Statthalters da, der in Cäsarea wohnte. Doch die Juden wollten mit den fremden Soldaten sowieso nichts zu tun haben. Ein Soldat war nach Ansicht der Juden sowieso „unrein“, weil er dem Kaiser die vorgeschriebenen Opfer brachte und den Feiertag nicht einhielt. So waren überall unsichtbare Schranken und Mauern aufgerichtet. Die Juden handelten nach dem Grundsatz: Was Gott getrennt hat, darf er Mensch nicht zusammenfügen.

Aber der Hauptmann Cornelius, der die italische Abteilung befehligte, war ein gottesfürchtiger Mann. Er ging in das jüdische Gotteshaus, um dort zu beten (obwohl die strengen Juden das nicht haben wollten). Und er gab der Gemeinde allerhand Unterstützungen in Form von Geld.

Zuhause hielt er die jüdischen Gebetszeiten ein. Auch seine Familienangehörigen und seine Dienerschaft folgten ihm darin. An sich erfüllt er also die Anforderungen, die an einen Juden gestellt wurden, aber er war selber nicht Jude geworden, sondern er war nur ein „Gottesfürchtiger“ und galt den frommen Juden immer noch als Heide und Unreiner, auch wenn er „Freund des Gottesvolkes“ genannt wurde.

Eines Tages, als Kornelius mittags um drei Uhr betete, da sieht er plötzlich einen Boten Gottes vor sich, der ihn mit Namen anruft: „Kornelius!“ Gott hat ihn sich als Gesprächspartner erwählt, Gott kümmert sich um ihn und denkt an ihn. Doch Kornelius erschrickt erst einmal und fragt: „Herr, was ist?“

Der Engl sagt ihm: „Deine Gebete und deine Gaben hat Gott gesehen und gehört. Er will dir nun noch einen Schritt weiterhelfen: Sende Männer in die Stadt Joppe und laß den Simon Petrus holen. Er wohnt in einem Haus am Meer bei dem Gerber Simon!“

Kornelius befolgt den Befehl. Er läßt Gott handeln und fragt nicht, weshalb alles so ist. Warum soll er ausgerechnet den Petrus holen? Es gab schon längst in Cäsarea andere Christen, die Philippus für den Glauben an Christus gewonnen hatte: Ob Gott vielleicht den Petrus zu neuen Einsichten führen will?

Am nächsten Tag steigt Petrus auf das flache Dach des Hauses, in dem er wohnt. Er möchte beten, obwohl es eigentlich keine übliche Gebetszeit ist. Aber auf dem Dach hat er Ruhe, und die frische Luft vom Meer bringt etwas Kühlung. Allerdings hat Petrus auch ganz schönen Hunger. Doch es ist noch nicht so weit, daß es Mittagessen gäbe.

Als er aber betet, sieht er plötzlich, wie sich der Himmel öffnet und ein großes Leinentuch wird herabgelassen. Darin befinden sich wie in einem Gefäß allerlei vierfüßige und kriechende Tiere und Vögel. Petrus schüttelt sich vor ihnen, denn es sind auch allerhand unreinen Tiere dabei, die kein Jude essen darf.

Doch er hört eine Stimme: „Steh auf, Petrus, schlachte sie und iß sie auf!“ Doch Petrus ruft entsetzt: „O nein, Herr, das werde ich nie tun. Ich habe noch nie etwas Gemeines und Unreines gegessen!“ Die Jünger Jesu hatten tatsächlich an dem frommen Brauch der Juden festgehalten. Petrus kann sich nicht denken, daß Gott jetzt auf einmal die Speisegebote geändert haben sollte.

Ein Schauder vor dem Unreinen und der Lebensweise der Heiden überkommt ihn.

Doch die Stimme sagt zu ihm: „Was Gott gereinigt hat, das bezeichne du nicht als gemein!“ So geschieht es dreimal. Das Gefäß wird gleich danach immer wieder zum Himmel hochgezogen. Petrus versteht nicht, was da soll. Gelten die Speisegebote nicht mehr? Soll das ganze jüdische Gesetz nichts mehr bedeuten?

 

Inzwischen sind unten vor Haus drei Männer angekommen. Sie fragen nach Simon Petrus, ob er da wäre. Es sind zwei Diener des römischen Hauptmanns Kornelius und einer seiner Soldaten, der auch an Gott glaubt. Wieder hört Petrus die Stimme: „Steig hinab und geh mit den Männern. Zweifle nicht, denn ich habe sie gesandt!“ Da geht Petrus hinab zu den Männern und sagt: „Ich bin es, den ihr sucht! Weshalb seid ihr hier?“ Sie antworten: „Unser Hauptmann Kornelius, ein frommer und gottesfürchtiger Mann mit einem guten Ruf bei den Juden, hat von Gott den Befehl erhalten, dich in sein Haus holen zu lassen, um zu hören, was du zu sagen hast!“

Da ruft Petrus sie herein und beherbergt sie. Petrus scheut sich nicht, die Heiden in das Haus aufzunehmen, sie übernachten sogar dort. Am nächsten Tag machen sie sich auf den Weg nach Cäsarea. Petrus hat etwas vor, das für einen Juden unerhört ist: Er will zu einem Heiden ins Haus gehen! Aber Gott hat die Heiden ja gerade für rein erklärt mit der Erscheinung, die Petrus gehabt hat. Da will er nicht ungehorsam sein und sie nicht weiterhin als unrein ansehen.

Er nimmt sogar noch einige Christen mit, die Juden gewesen waren, damit sie Zeugen sind bei dem, was nun geschehen wird. Sie gehen nach Cäsarea. Kornelius und seine Verwandten und nächsten Freunde warten schon auf sie. Als Petrus hineingeht, kommt Kornelius ihm entgegen, fällt vor ihm nieder und betet ihn an, so als ob er ein Gott wäre. Aber Petrus zieht ihn hoch und sagt: „Stehe auf, ich bin auch nur ein Mensch!“

Petrus spricht zu den Versammelten: „Ihr wißt, daß es einem Juden verboten ist, mit Fremden Umgang zu haben oder zu ihm zu kommen. Aber Gott hat mir gezeigt, daß man keinen Menschen als gemein und unrein bezeichnen darf. Darum habe ich mich auch nicht geweigert zukommen, als ich geholt wurde. Aber ich frage euch nun: Weshalb habt ihr mich holen lassen?“ Kornelius erzählt noch einmal alles, was gewesen war.

Da sagt Petrus: „Jetzt erfahre ich in Wahrheit, daß Gott die Person nicht ansieht, sondern jeder ist ihm angenehm, der ihn fürchtet und recht tut, gleichgültig, zu welchem Volk er gehört!“

Erst Schritt für Schritt ist Petrus zu dieser Erkenntnis gekommen. Erst sah es so aus, als ginge es nur um die jüdischen Speisevorschriften. Dann wurde er in das Haus eines Heiden geschickt. Und nun weiß er: „Ich soll denen von Jesus Christus erzählen und soll sie taufen, sie sollen auch Christen werden. Gott will es so, das hat er jetzt genügend deutlich gemacht!“

Petrus hält eine Art Musterpredigt, wie damals immer die Christen hielten, wenn sie zu Heiden von Christus sprachen: „Gott hat durch Jesus Christus Frieden mit den Menschen gemacht. Er wurde von Johannes getauft. Und begann im Lande umherzuziehen und zu predigen. Auch hat er viele Kranke gesund gemacht, denn Gott war mit ihm. In großer Freiheit hat er alle möglichen Menschen an seinen Tisch eingeladen und sich um sie gekümmert, auch um die Heiden. Sie haben ihn getötet. Gott hat ihn aber auferweckt am dritten Tag und hat ihn erscheinen lassen, uns, den von Gott im Voraus erwählten Zeugen. Er hat uns beauftragt, allem Volk zu predigen. Wir sollen den Menschen sagen, daß er von Gott zum Richter über die Lebendigen und die Toten eingesetzt ist. Aber schon bei den Propheten steht von ihm geschrieben, daß durch seinen Namen alle, die an ihn glauben, Vergebung ihrer Sünde erlangen können!“

Der letzte Satz ist neu. Den hatte Petrus noch nicht so gesagt. Aber jetzt hat er erkannt: „Jesus von Nazareth ist der Heiland der ganzen Welt, die Schranke Israels ist durchbrochen. Auch der römische Kaiser hat keine Macht mehr. Jesus Christus ist der einzige Herr und Richter über alle Menschen, vor dem sie sich verantworten sollen und müssen!“

Als Petrus aber so redet, fällt der Geist Gottes auf alle, die zuhören. Sie fangen auch an, Gott zu loben und zu preisen, in ganz ungewöhnlicher Sprache, so wie es damals an Pfingsten mit den Jüngern Jesu geschehen war. Die Christen, die aus Cäsarea mitgekommen waren, erschrecken und entsetzen sich, weil nun auch auf die Heiden der Geist Gottes gekommen ist.

Petrus aber hat sich ganz zu der neuen Erkenntnis durchgerungen, er will ganz das Werkzeug Gottes sein. Er fragt: „Ist etwa jemand dagegen, daß diese getauft werden, die doch den Heiligen Geist empfangen haben wie wir?“ Petrus wartet nicht lange auf eine Antwort. Er kann diesen Menschen nicht verwehren, was Christus ihnen geben will. Die Taufe wird nur das bestätigen, was geworden ist. So befiehlt er, daß Kornelius, seine Familie und seine Freunde getauft werden. Er bleibt auch noch einige Tage bei ihnen, um ihnen zu zeigen, daß er sie als vollwertige Christen und Gemeindeglieder ansieht.

Auch in den führenden Kreisen der Gemeinde in Jerusalem wir die Entscheidung

Schließlich anerkannt. Petrus muß sich rechtfertigen. Aber er sagt: „Ich habe nur auf

direkte Weisung Gottes gehandelt!“ Die anderen jubeln nicht gerade, erkennen aber die Tatsachen an. Gott hat der Gemeinde den Weg der Mission vorgezeichnet. Die Botschaft vom Heil gilt allen Menschen, Juden und Heiden sind in gleiche Weise zu seiner Gemeinde gerufen. Wer Jesus Christus dienen will, soll es tun können, ohne Rücksicht darauf‚ was er früher war. Der Zugang zu Gott ist für jedermann frei.

 

Antwortgespräch:

Gott respektiert die Grenzen nicht, die für uns wichtig sind und auf deren Einhaltung wir so streng achten. Vor Gott gilt nicht Hautfarbe, Rasse, Ansehen, sondern Gott sieht das Herz an. Er machte damals dem Petrus (und auch den anderen) deutlich: „Ihr werdet meine Zeugen sein bei Juden u n d Heiden. Damit wir die Verkündigung des Namens Jesu an einem entscheidenden Wendepunkt angelangt, die Entscheidung hatte grundsätzlichen Charakter.

Gott ist ein Gott der ganzen Welt, deshalb gilt sein Wort auch für alle Menschen. Es gilt auch uns, die wir uns Christen nennen. Wir stehen in d er Gefahr, die Erwählung Gotte als eine gesicherte Sache zu betrachten. Gottes Wort schafft aber immer auch eine neue Gemeinde. Wir dürfen die Grenze der Gemeinde nicht zu eng ziehen, sondern sollten ökumenisch denken.

Der Schritt des Apostels Petrus ist für uns heute keine Frage, wir sehen ihn als selbst­verständlich an. Wir können nicht verstehen, weshalb die Heiden erst Juden hätten werden sollen, ehe sie Christen werden konnten, weshalb sie das ganze jüdische Gesetz hätten halten sollen, von dem Jesus doch befreit hatte.

Aber vergessen wir nicht: In der Nazizeit sollten die getauften Juden aus der Kirche herausgeworfen werden. Die Nazis wollten sie nur noch in Sondergemeinden dulden. Aber das geht natürlich nicht: Christ ist Christ, ganz gleich, was vorher war. Die Kirche hat da nicht mitgemacht.

Heute müssen wir einsehen, daß die Christen in Afrika und Asien nicht unbedingt unsere Form des Christentums übernehmen können. Sie haben ihr eigenen Lieder, Gottesdienstformen, Gotteshäuser. Sie haben ihre eigene Pfarrer und kirchlichen und häuslichen Sitten. Und das Christuskind hat natürlich bei ihnen eine schwarze Hautfarbe.

In unserem Raum wird es auch darauf ankommen, die Mauer zwischen Christen und Nichtchristen einzureißen. Und vor allem sollten wir keine Mauer stehen lassen zwischen uns und denen, die erst später Christen geworden sind. Die schon immer dabei waren und Gott die Treue gehalten haben und sich das auch etwas haben kosten lassen, sind nicht mehr als die Neulinge, die geistigen Herumtreiber und religiös Zugereisten.

 

 

Die erste Missionsreise: Apg 13 - 14

Hinführung.

Wir betrachten eine Landkarte mit den Missionsreisen des Paulus und machen eine Tafelskizze. Wir geben einen Rückblick auf die Berufung des Paulus, der ein auserwähltes Werkzeug des Herrn ist, um das Evangelium vor Juden und Heiden zu verkündigen.

 

Erzählung:

Eines Tages erfahren die Apostel in Jerusalem durch einen Kaufmann: In Antiochien in Syrien hat sich eine kleine christliche Gemeinde gebildet. Antiochien ist ein wichtiger Verkehrsknotenpunkt und eine blühende Handelsstadt. Nach hier sind Flüchtlinge aus Jerusalem gekommen, die von Paulus und seinen Leuten verfolgt wurden.

Aber nun haben sie die Christusbotschaft auch hierher getragen und haben offene Ohren und Herzen bei den Heiden gefunden.      

Den Aposteln liegt sehr daran, eine Verbindung zu dieser Gemeinde zu bekommen. Deshalb schicken sie Barnabas nach Antiochien. Der Abgesandte der Apostel in Jerusalem kann aber nur hocherfreut sein über das rege Leben der Gemeinde in Antiochia, wie sie mit Worten und Taten für ihren Glauben werben. Hier hört Barnabas auch zum ersten Mal den Namen „die Christen“ als Bezeichnung für die, die zu Christus gehören.

Barnabas wird der Leiter dieser Gemeinde. Aber er braucht euch noch einen Helfer. Er findet ihn in Paulus, der lange Zeit in seiner Vaterstadt Tarsus gelebt hat, von wo ihn Barnabas nun holen läßt. Jetzt wird er neben Barnabas zum Leiter und Prediger der Gemeinde in Antiochien.

Aber seine Stunde kommt erst noch. Die führenden Männer der Gemeinde in Antio­chien sind zum Gebet vereint. Sie beten darum, daß sie den Auftrag Christi, seine Zeugen zu sein, noch besser erfüllen können als bisher. Plötzlich einer von ihnen auf und sagt: „Barnabas und Paulus sollen ausgesandt werden, um auch anderwärts die Christusbotschaft zu verkündigen!“

Die anderen begrüßen den Vorschlag und treffen alle Vorbereitungen für die Aussendung. Sie fasten und beten, um zu der nötigen inneren Sammlung zu gelangen. Dann legen sie Barnabas und Paulus die Hände auf in der festen Gewißheit, daß Gott seinen Segen zu dieser Werk geben wird. Es ist ja nicht der Wille des Paulus oder der Gemeinde, daß nun in der Ausbreitung des Evangeliums ein neuer Abschnitt beginnt, nämlich die planmäßige Mission durch Abgesandte. Gott selber gibt den Auftrag und die Gemeinde handelt nur in seinem Namen. So ist das ja auch heute noch, wenn ein Missionar oder ein Pfarrer in sein Amt eingesetzt wird.

 

Bald darauf fahren Paulus und Barnabas los. Von der Hafenstadt Seleukia geht es mit dem Schiff zunächst nach Zypern. Sie durchziehen die ganze Insel und predigen den Juden von Jesus. Der römische Gouverneur nimmt sie freundlich auf und wird ein Christ. Paulus aber drängt weiter: Sie fahren wieder hinüber aufs kleinasiatische Festland, wo zunächst Antiochien in Pisidien ihr Ziel ist.

Der Weg ist nicht einfach. Sie müssen die Paßstraße durch die Schluchten des Tau­rusgebirges zum Hochland hinaufsteigen. Unten war es noch heiß und die Pfir­sich- und Orangenbäume blühten. Auf der Höhe aber überfallen sie heftige Schnee­stürme. Aber mit Gottes Hilfe überstehen sie alles und kommen nach Antio­chien, eine Stadt, die von ausgedienten römischen Legionären gegründet wurde und in der jetzt auch viele Juden wohnen.

Zunächst sehen sie ins Judenviertel und suchen sich dort Arbeit. Paulus hat ja den Beruf des Teppichwebers erlernt und beginnt sofort seine Arbeit am Webstuhl. Am Feiertag aber geht er in das jüdische Gotteshaus und stellt sich dort als Gesetzeslehrer vor; schließlich hat er ja in Jerusalem studiert. Der Synagogenvorsteher ist hocherfreut aber den Besuch von außerhalb und gibt den beiden Ehrenplätze.

Nach der Verlesung der Schriftstellen aus dem Gesetz und den Propheten kommt der Kirchendiener und bittet darum, eine Ansprache an die Gemeinde zu richten. Paulus freut sich darüber, denn nun hat er einen Anknüpfungspunkt. Aber auch die Gemeinde ist auf die Fremden gespannt, ob sie etwas zu sagen haben.

Zunächst erzählt Paulus nur lauter bekannte Dinge: „Gott hat das Volk Israel erwählt, es aus Ägypten herausgeführt und ihm das Land Kanaan gegeben. Er hat ihnen Richter, Propheten und Könige gegeben, vor allem den König David. Aber nun kommt das Neue, das den Juden in Antiochien ganz ungewohnt ist: Aus dem Geschlecht Davids hat Gott den Heiland Jesus Christus kommen lassen. Aber die Juden in Jerusalem haben ihn nicht erkannt und ihn unschuldig verurteilt und kreuzigen lassen Doch Gott hat ihn auferweckt und er lebt. Wer an ihn glaubt, der erlangt die Vergebung der Sünden. Macht es nicht so wie die Menschen in Jerusalem, sondern laßt euch retten!“

Viele Menschen sind von dieser neuen Predigt beeindruckt. Vor allem die Heiden, die oft zum Gottesdienst der Juden kamen und die deshalb „Gottesfürchtige“ genannt wurden. Sie bitten die zwei Fremden: „Kommt doch am nächsten Feiertag wieder, wir wollen mehr hören!“ Am nächsten Sabbattag versammelt sich fast die ganze Stadt im Gotteshaus der Juden.

Aber jetzt wollen die Juden gar nichts mehr von dieser neuen Lehre hören. Sie widersprechen und lästern schließlich sogar den Namen Jesu Christi. Sie sind eben neidisch, weil diese beiden einen so großen Zulauf habe. In einer Woche haben sie erreicht, was die Juden in Jahren nicht erreicht haben. Vor allem aber ärgert es sie, daß auch die Heiden das Heil erfahren sollen, ohne daß sie erst Juden werden müssen. Das kann nicht sein, meinen die Juden. Und deshalb lehnen sie die Apostel ab.

Paulus aber sagt ihnen: „Euch Juden mußte zuerst das Wort Gottes gesagt werden. Ihr seid ja schließlich das auserwählte Volk. Weil ihr aber die Botschaft von euch stoßt und das ewige Leben in Jesus Christus verachtet, deshalb wenden wir uns nun an die Heiden!“ Viele Heiden wunden darüber sehr froh und lobten Gott und breiteten diese neue Botschaft noch weiter aus, auch in die umliegenden Orte.

Die Juden aber hetzen die römischen Behörden gegen die beiden Fremden auf. Sie haben gute Beziehungen zu den Frauen der römischen Beamten, die in ihre Gottesdienste kommen. So werden die Apostel aus der Stadt ausgewiesen und machen sich auf den Weg nach Ikonion, um dort das Evangelium auszubreiten.

Auch hier gehen sie zuerst in die Synagoge. Aber es geschieht wieder das Gleiche: Die Gemeinde spaltet sich sogar: Einige halten es mit den Juden, andere mit den Aposteln. Es entsteht Streit und die Apostel kommen in Gefahr, gesteinigt zu werden. Da fliehen sie aus der Stadt und ziehen nach Lystra Immer weiter werden sie- ohne es zu wollen- in das Landesinnere getrieben und predigen dort.

Lystra ist euch eine römische Kolonie. Aber es wohnen dort auch einheimische Ly­kao­nier, die ihre angestammte Sprache sprechen. Deshalb kann Paulus sie nicht verstehen, als sie über ein bestimmtes Vorhaben beraten.

Als Paulus in Lystra predigt, bemerkt er dort einen Mann, der gelähmt ist seit seiner Geburt. Aber Paulus sieht auch: „Der glaubt ja, daß er gerettet werden kann!“ Schon ruft er ihm mit lauter Stimme zu: „Steh auf, stell dich aufrecht auf deine Füße!“ Da springt der Mann auf und geht umher und ist ganz gesund.

Nun hielt man aber damals Wunderheilungen für ein Werk der Götter. Nun erzählte man sich aber dort in der Gegend, daß einst Jupiter und Merkur in Menschengestalt auf die Erde gekommen sind und bei einem alten Ehepaar freundliche Aufnahme fanden und dafür belohnt wunden. Nun denken die Leute von Lystra: Jetzt sind sie auch zu uns gekommen. Und sie rufen laut in ihnen Landessprache: „Die Götter sind den Menschen gleich geworden und zu uns herniedergekommen. Der da (und sie zeigen auf Barnabas) ist sicher der Göttervater Jupiter und der andere, der so viel redet und so geschäftig ist, das ist sicher der Götterbote Merkur!“

Schon hat man den Priestern des Jupiter im Zeustempel vor der Stadt benachrichtigt. Sie bringen zwei Stiere, mit Kränzen geschmückt, und wollen ihren Göttern opfern. Erst jetzt begreifen Paulus und Barnabas: „Man hält sie für Götter!“ Sie sind entsetzt, sie geraten außer sich. Welch eine Gotteslästerung!

Sie zerreißen ihre Kleider, springen unter die Menschenmenge und reden auf die Leute ein: „Ihr Männer, was macht ihr da? Wir sind doch auch nur Menschen, genau wie ihr. Wir wollen euch doch gerade sagen: Laßt von euren falschen Göttern ab und bekehrt euch zu dem lebendigen Gott, der Himmel und Erde und Meer und alles, was drinnen ist, gemacht hat. Dieser Gott hat in den vergangenen Zeiten die Heidenvölker ihre eigenen Wege gehen lassen. Er hat ihnen nur seine Wohltaten gezeigt. Er gibt auch euch Regen vom Himmel und fruchtbare Zeiten. Er schenkt euch das tägliche Brot, so daß eure Herzen fröhlich sein können!“

Unversehens hat Paulus ihnen eine Predigt gehalten. Allerdings mußte er hier andere vorgehen als bei den Juden in Antiochien. Hier konnte er ja nicht an die Geschichten aus dem Alten Testament anknüpfen, sondern mußte von dem ausgehen, was auch die Heiden in ihrer Umgebung sehen können. Doch nur mit Mühe gelingt es ihnen, die Menge davon abzubringen, ihnen zu opfern.

Inzwischen waren aber Juden aus Antiochien und Ikonion gekommen und hatten auch hier das Volk aufgehetzt. Sehr plötzlich schlägt die Stimmung in der Stadt um: Sie bewerfen Paulus mit Steinen, schleifen ihn vor die Stadt hinaus und lassen ihn dort liegen, weil sie meinen, er sei tot. Doch später kommen seine neuen Freunde

aus der Stadt und merken: er lebt ja noch! Sie bringen ihn in ein Haus und pflegen ihn, er kommt wieder zu sich und kann schon am nächsten Tag seine Wanderung fortsetzen. Der Herr hat seine Boten wunderbar erhalten, er braucht sie noch für größere Aufgaben.

Sie kommen noch bis in die nächste Stadt mit Namen Derbe. Dann kehren sie wieder um, suchen die neuen Gemeinden noch einmal auf, um sie innerlich zu stärken und zum Glauben zu ermahnen. Sie sollen auch wissen, da man nur durch viele Leiden zu Gott wird kommen können. Dann setzen sie noch Älteste in den Gemeinden ein, damit alles seine Ordnung hat. Sie werden in Zukunft die Vertreter der Apostel sein, die Gottesdienste halten und die Gemeinde nach außen gegen ihre Feinde verteidigen. Sie beten mit der Gemeinde und befehlen sie dem Herrn, an den sie gläubig geworden waren.

In Antiochia angekommen erstatten sie Bericht. Vor allem loben sie Gott, der den Heiden die Tür des Glaubens aufgetan hat und das Werk seiner Abgesandten so gut hat gelingen lassen. Nichts hat den Siegeszug des Wortes Gottes aufhalten können. Weder der Aberglaube der Heiden noch die Verfolgungswut der Juden haben Gott hindern können, sein Werk zu tun. Gerade die Verfolgung trägt dazu bei, daß anderswo neue Gemeinden entstehen. Die Verfolgungen werden von den Erfolgen der Apostel verdeckt, denn in ihnen ist Gott mächtig.

 

Kaufmann- Bild Nummer 9:

Paulus geht in jeder Stadt immer zuerst zu den Juden. Aber sie lehnen ihn ab. Sein Volk, das Volk des Alten Bundes, hat taube Ohren und verstockte Herzen. Sie gehen weg aus den Kraftfeld Gottes und begeben sich unter das Gesetz. Sie halten ihre Gesetzesrolle krampfhaft fest und denken: „Wir werden es schon schaffen, wir bauen uns den Weg in den Himmel selbst.

Paulus gehört ja selber zum Volk Israel. Es ist ihm schmerzlich genug, daß sein Volk nicht auf ihn hört und er sich zu den Heiden wenden muß. Die Juden haben das Vaterhaus verlassen und stehen nun draußen vor der Tür. Aber. die Einladung ins Vaterhaus gilt auch ihnen weiterhin.

Das wollte ja Jesus mit dem Gleichnis von verlorenen Sohn sagen: Der Sohn der im­mer beim Vater war, will nicht heimkehren. Dabei sind sie alle beide verlorene Söhne, Juden wie Heiden. Sie brauchen alle beide die barmherzige Liebe des Vaters.

Aber der zeigt sein Erbarmen nur durch das Wort Jesu. Nur von dort her kann etwas davon erfahren. Paulus aber steht im Kraftfeld dieses Gottes und gibt sein Wort weiter. Wer seine leeren Hände danach ausstreckt, dem werden sie gefüllt, der wird auch ins Vaterhaus hineingerufen.

Im neuen Bund ist das Gesetz auch noch da. Aber es ist keine Last mehr, weil das Kreuz darüber steht. Jesus hat gesagt: „Kommt her zu mir alle, die ihr mühselig und beladen seid. Ich will euch erquicken!“

 

Apostelkonzil: Apg 15, 1 - 35

Erzählung:

Paulus und Barnabas hatten auf ihren Missionsreise viele Menschen für die Kirche gewonnen. Diese vom Heiligen Geist befohlene und von Antiochien ausgegangene Mission sollte aber nicht neben dem geschehen, was von Jerusalem aus getan wird.

In der aussendenden Missionsstation Antiochien waren Leute aus Judäa angekommen. Sie waren nicht von der Jerusalemer Gemeinde geschickt. Aber sie lehren: Die jüdische Beschneidung ist notwendig, um das Heil zu erlangen. Beschneidurg aber bedeutete auch Überrahme des Gesetzes des Mose.

Es kommt zu harten Auseinandersetzungen, die damit enden, daß eine Abordnung nach Jerusalem geschickt wird, um die Frage mit den Aposteln und Ältesten zu besprechen. Dort berichten sie zunächst wieder von ihrer Mission. Nun aber treten ehemalige Pharisäer auf, die Christen geworden sind, und vertreten der gleichen Standpunkt wie die Judäer. Sie verlangen, daß man den Heidenchristen gebieten soll, Beschneidurg und Gesetz zu halten.

Nach langer Beratung führt dann Petrus aus: „Gott machte keinen Unterschied zwischen den Heiden und uns, nachdem er ihre Herzen gereinigt hatte durch den Glauben. Warum wollt ihr nun ein Joch auf sie legen, was weder unsere Väter noch wir haben tragen können?“

Er äußert damit einen völlig unjüdischen Gedanken, nämlich daß das Gesetz ein „Joch“, also eine harte Last sei. Paulus war ja der Meinung, er habe das Gesetz eingehalten, solange er Jude war (Phil 3,6). Aber er bestritt, daß das Gesetz ein Weg zum Heil ist, selbst wenn man es erfüllt; nur durch die Gnade des Herrn Jesus können wir gerettet werden. das ist auch die Meinung des Lukas, des Verfassers der Apostelgeschichte, wenn er dem Petrus diese Worte in den Mund legt.

Jakobus führt schließlich den Schriftbeweis, indem er auf den Propheten Amos verweist, nach dem auch die Heiden nach dem Herrn fragen sollen (so steht es nur in der griechischen Übersetzung, Jakobus hätte aber sicher aus der hebräischen Bibel zitiert). Er schlägt vor, die Heidenchristen sollten sich vor Götzendienst, Unzucht, Ersticktem und Blut hüten. Sie sollen also nicht das ganze Gesetz des Mose halter, sondern nur die vier Bestimmungen, die schon immer für die Fremden galten, die in Israel wohnten (vgl. auch Apg 21,20-25).

Aus dem Galaterbrief erfahren wir allerdings nicht von solchen Auflagen. Danach haben sich nur die Apostel die Hand gegeben und sich darauf geeinigt, daß Paulus und Barnabas das Evangelium bei den Heiden verkünden. Was Lukas hier schreibt stammt aus einem späteren Abschnitt, als man die Mahlgemeinschaft zwischen Judenchristen und Heidenchristen nur ermöglichen konnte, indem man der Heidenchristen solche Forderungen abverlangte.

Eine Delegation wird nach Antiochien geschickt mit einem Brief: „Der Heilige Geist und wir haben beschlossen, euch weiter keine Last aufzuerlegen als jene vier Bedingungen!“ Es klingt etwas respektlos, wenn hier so geredet wird, als sei der Heilige Geist stimmberechtigtes Mitglied in der Beratung gewesen. Es soll aber nur gesagt werden, daß der Beschluß unter Anleitung des Heiligen Geistes zustande gekommen ist. Offenbar liebt er auch die klare Rede, die genaue Sachkenntnis und eine sinnvolle Tagesordnung. Aber er ist nur da, wo die Gemeinde sich berät; es heißt nicht: „Der Heilige Geist und ich!“

Schon in der frühen Kirche gab es also verschiedene theologische Richtungen, die durch die verschiedene völkische und religiöse Herkunft und Umgebung der Menschen entstanden waren. Man hat diese Richtungen nicht krampfhaft unter einen Hut gebracht. Man hat aber Mittel und Wege gefunden, die eine Mahlgemeinschaft unter­­einander ermöglichten, indem man eben Zugeständnisse machte.

 

Die zweite Missionsreise: Apg 16 - 18

Die Kraft des Evangeliums wirkt wie eine Atombombe, allerdings nicht nur auf einige Kilometer, sondern weltweit über Meere und Erdteile hinweg. Vor seiner Gewalt springen die Menschenherzen auf, aber auch die Gefängnistüren; es reißt aus der Verzweiflung in die Seligkeit. Das zeigen besonders die Ereignisse der zweiten Missionsreise.

Paulus hat sich genau überlegt, wo er seine Tätigkeit aufnehmen wollte. Da er immer seine Predigt in der Synagoge begann, beschränkte er sich in der Regel auf die Städte. Hier konnte er auch Menschen treffen, die Griechisch zumindest verstanden. Meist gab es dort auch „Gottesfürchtige“, die sich zur Synagoge hielten.

Zunächst besuchte Paulus auf der zweiten Reise die Gemeinden, die er auf der ersten Reise gegründet hatte. Seine Begleiter waren Silas und ein junger Mann namens Timotheus, dessen Mutter eine Jüdin war, sein Vater aber war ein Grieche. Dann gab

es die Möglichkeit, entweder in die großen Städte an der Westküste zu gehen oder nach Norden ans Schwarze Meer. Doch er kann nirgends recht bleiben, die Predigten gelingen ihm nicht recht, er ist so voll Unruhe.

Da merkt er: Das kommt vom Heiligen Geist, Gott will mich woanders haben. Aber wo nur? Lange weiß er es nicht. Schließlich kommt er in die Haferstadt Troas im Mittelmeer. In der Nacht hat er einen Traum: Er sieht einen Mann aus Mazedonien auf der anderen Seite des Meeres. An seiner Kleidung ist er genau zu erkennen. Der bittet ihn: „Komm herüber nach Mazedonien und hilf uns!“ Da weiß Paulus: Er soll auf die andere Seite, soll hinüber nach Griechenland und damit nach Europa.

Schon mit dem nächsten Schiff fahren er und seine Begleiter übers Meer. So ereignet sich in der Hafenstadt Neapolis ein weltgeschichtlicher Augenblick: Das Kreuz Jesu beginnt einen neuen Erdteil zu erobern!

Dann wandern sie die Berge hinauf nach Philippi, eine Römerstadt, in der nur wenige Juden wohnen. Deshalb gibt es dort auch kein jüdischen Gotteshaus. Aber Paulus weiß: Wenn der Sabbat, der Feiertag kommt, dann werden sich die Juden der Stadt an einem Wasserlauf versammeln und dort beten; dort können sie auch die Waschungen vornehmen, die von ihrem Glauben vorgeschrieben sind.

In der Tat kommen am Sabbat auch einige Frauen an den Fluß, denen Paulus predigt. Eine von ihnen, die Purpurhändlerin Lydia läßt sich auch bekehren und taufen. Sie nimmt Paulus und seine Begleiter dann auch in ihr Haus auf.

Eines Tages aber, als sie wieder zum Fluß gehen, läuft ihnen eine junge Frau nach, die immer wieder schreit: „Diese Menschen sind Diener des höchsten Gottes, die euch den Weg zur Rettung verkünden!“ Sie hat angeblich einen Wahrsagegeist und kann den Leuten deshalb bestimmte Dinge voraussagen. Sie ist eine Sklavin, die mehreren Herren gehört. Diese haben ein gutes Geschäft mit ihr gemacht, denn viele Leute kommen und wollen für Geld die Zukunft wissen. Jetzt aber schreit sie hinter Paulus her.

An sich sagt sie ja die Wahrheit. Aber Paulus tut es weh, den heiligen Namen Gottes aus dem Munde widergöttlicher Mächte zu vernehmen. Die Verkündigung der frohen Botschaft braucht solche Unterstützung nicht, ja sie darf sie nicht einmal dulden. Deshalb sagt Paulus zu dem bösen Geist, der in der Frau steckt: „Ich gebiete dir im Namen Jesu Christi, daß du aus ihr ausfahrest!“ Sofort wird die Frau frei von ihrem Leiden. Nun aber bringt sie ihren Herren kein Geld mehr ein, so daß diese sie bei den Stadtrichter anklagen: „Diese Leute sind Juden und wollen uns zu ihrem Glauben bekehren. Das aber ist ihnen doch verboten, darauf steht Auspeitschung und

Ausweisung!“ Da werden sie ausgepeitscht und ins Gefängnis geworfen.

 

 

Der Kerkermeister zu Philippi (Apg 16, 23 - 40)

Erzählung.

Der Gefängnisdirektor kam dem Befehl eifrig nach, die Gefangenen sicher zu bewahren. Er läßt sie in einen unterindischen Raum im innersten Gefängnis bringen und die Füße in einen Holzblock legen. Nun können sie sich nicht mehr bewegen. Eine hoffnungslose Lage! Ihre Arbeit für Christus scheint schon zu Erde zu sein, nachdem sie kaum begonnen hat. Was soll nun werden? Die Glieder schmerzen, die Gedanken sind unruhig.

Aber was jetzt geschieht, ist fast unglaublich: Um Mitternacht singen Paulus und Silas Lieder und Gebete und loben Gott. Staunend hören es die anderen Gefangenen. Ihr Fluchen, Stöhnen und Klagen hört auf und sie werden mit hineingenommen in diesen nächtlichen Gottesdienst.

Und dann greift Gott ein. Plötzlich kommt ein Erdbeben, die Türen springen auf, die Fesseln zerreißen. Das Wunder ist nicht, daß die Erde bebte, das tut sie in jener Gegend oft. Aber daß es gerade in dieser Nacht geschieht, ist dann doch eine Tat Gottes.

Der Gefängnisaufseher fährt aus dem Schlaf hoch. Er sieht: Alle Türen sind offen. Er denkt sofort: Jetzt sind alle fort! Angst packt ihn .Jetzt wird man ihn verantwortlich machen. Er haftet mit seinem Leben für die Gefangenen. Und daß das Erdbeben schuld war, wird man ihm ja nicht glauben.

Er greift nach seinem Schwert und will sich das Leben nehmen. Doch da hört er die beruhigende Stimme des Paulus: „Tu es nicht, wir sind je alle hier!“ Der Aufseher nimmt ein Licht, läuft in die Zelle, sieht nach. In der Tat: Keiner ist fort, nicht die zwei besonderen Gefangenen, aber auch nicht die anderen. Was sind das nur für Menschen, die die anderen überredet haben, nicht zu fliehen, die sich auch um das Schicksal ihres Feindes kümmern?

Zitternd fällt der Aufseher vor Paulus und Silas nieder. Er führt sie aus dem Gefängnis in sein Haus. Er fragt sie: „Weshalb habt ihr denn so gehandelt?“ Das ist natürlich ein Grund für Paulus, von Jesus Christus zu erzählen. Nun beginnt der zweite Gottesdienst im Gefängnis. Der Aufseher fragt: „Was muß ich tun, daß ich selig werde?“ Da antwortet Paulus: „Glaube an den Herrn Jesus, so wirst du und deine Familie gerettet werden!“

Da wäscht ihnen der Aufseher die Wunden von der Auspeitschung ab. Und dann läßt er sich mit seiner ganzen Familie taufen. Dann gehen sie ins Haus. Der Tisch wird gedeckt, es wird gegessen und alle sind fröhlich, weil sie an Gott gläubig geworden sind. Freude und Jubel erfüllten das Haus.

So benutzt Gott das Leiden seiner Apostel, um eine Familie für den Glauben zu gewinnen. So können die widergöttlichen Mächte nicht siegen, sondern Gottes Werk geht weiter. Menschen, die sonst vielleicht nie vom Evangelium erreicht worden wären, werden so gerettet und in die Gemeinde Gottes eingefügt. Auch Gefangenschaft und Fesseln können die Ausbreitung des Evangeliums nicht hindern.

Am Morgen schicken die Stadtrichter Boten mit der Nachricht: „Laß die Menschen gehen!“ Aber Paulus sagt: „Ihr habt uns ohne Recht und Urteil öffentlich geschlagen und ins Gefängnis geworfen. Und jetzt wollt ihr uns heimlich fortschicken? Nein, kommt jetzt und geleitet uns selbst wieder mit ehrenvollem Geleit aus der Stadt hinaus!“

Dabei erwähnt Paulus auch, daß sie römische Bürger sind. Da erschrecken die Richter doch sehr, denn römische Bürger durften nicht ausgepeitscht werden. Paulus hatte vorher nichts davor gesagt, weil er einen langwierigen Prozeß vermeiden wollte, der seine Missionstätigkeit behindert hätte. Jetzt aber möchte er, daß das Unrecht wieder gut gemacht wird, weil sich Christen auch nicht alles gefallen zu lassen brauchen und um die junge Gemeinde vor weiteren Anfeindungen zu schützen. Sie besuchen roch einmal die Christen und lassen sich dann bis zur Stadtgrenze bringen.

 

Kaufmann-Bild: Apostelgeschichte Nummer 10-11

Auch im Gefängnis sind Paulus und Silas im Kraftfeld Gottes, auch wenn ihre Füße in Untieren stecken und eine finstere Macht sie zu verschlingen droht. Auch die Gefängniswärter sind Werkzeuge einer Macht, die sich gegen Christus erhebt. Hier geht es um die Auseinandersetzung zwischen dem Reich Christi und den Mächten dieser Welt.

Diese wollen das Reich Gottes auslöschen, indem sie die Boten dieses Reiches vernichten. Dabei stützten sie sich auf ihre Macht, auf ihr Schwert. Aber die Kraft „von oben her“ dringt auch durch die Kerkermauern, denn sie ist nicht von dieser Welt. Indem die beiden Jünger singen, werden sie in das Kraftfeld Christi hineingenommen. Es macht ihnen schon zu schaffen, daß sie ins Gefängnis gekommen sind. Aber sie beten zum Beispiel die drei ersten Bitten des Vaterunser und nehmen dadurch die Verbindung zu Gott auf im Gebet.

Gott verwandelt den Lobpreis zu einem Zeichen seiner Macht und Herrlichkeit. Das Gefängnis ist leer, das Gitter zerrissen, die Untiere haben keine Macht mehr. Im Kraftfeld Christi aber stehen jetzt mehr Leute. Es ist ein Teil der Aufseher, die sich segnen und taufen lassen. Paulus empfängt den Segen „von oben“ und gibt ihn weiter. Das Schwert aber muß draußen bleiben, es hat in der Kirche nichts zu suchen. Die anderen Aufseher aber stützen sich weiter auf ihr Schwert: Sie sehen zwar interessiert zu, lassen sich aber nicht taufen.

Was damals in Philippi geschehen ist, das hat sich in der Geschichte der Kirche tausendfach wiederholt. Christen wurden auch in ärgsten Verfolgungen durch die Nähe ihres Herrn fähig, Gott zu loben und zu preisen. In der Nazizeit hat der Pfarrer Paul Schneider im Konzentrationslager Buchenwald den Mitgefangenen Bibelsprüche zugerufen, bis die Bewacher ihn halbtot schlugen und schließlich umbrachten.

Auch schon zur Zeit des Paulus ging die Ausbreitung des Evangeliums unter Not und Verfolgung vor sich. Wie überall, so blieb auch in Philippi eine Gemeinde von Christer zurück, an der der Apostel Paulus mit besonderer Liebe gehängt hat.

 

Erzählung:

Durch verschiedene Städte kommen Paulus und Silas nach Athen, dem geistigen Zentrum der damaliger Welt. Dort gibt es viele Tempel und Götterbilder. Die Einführung neuer Götterkulte aber war nicht erlaubt. Paulus hat dort wenig Erfolg. Es gelingt ihm schließlich, einige Philosophielehrer zum Stehenbleiben zu bringen. Aber sie lachen nur, der neue Glaube erleidet eine Niederlage. Das geistig geschulte Publikum läßt sich durch so primitive Argumente nicht beeindrucken.

Paulus und Silas werden auf den Areopag geschleppt, wo Gericht gehalten wurde. Man hat herausgefunden, daß sie einen neuen Glauben lehren. Deswegen sollen sie sich nun verantworten. Aber die Athener sind auch neugierig auf alles Neue. Deshalb kann Paulus jetzt zu ihnen sagen:“Ich sehe, daß ihr sehr die Götter fürchtet. Ich

bin umhergegangen und habe die vielen Altäre gesehen. Dabei fand ich auch einen, auf dem stand: ‚Dem unbekannten Gott‘. Ich kann euch nun sagen, wer dieser Gott ist. Er ist der Schöpfer der Welt und der Menschen. Er regiert die ganze Welt. Durch ihn und in ihm ist die gesamte Menschheit eine Einheit. Er hat bisher übersehen, daß ihr selbstgemachte Götter verehrt habt. Aber jetzt steht sein Gericht bevor. Richter wird dann ein Mann sein, den er von den Toten auferweckt hat!“

Als sie von der Auferstehung der Toten hören, lachen sie. Aber einige werden auch gläubig. Paulus hatte geschickt angeknüpft an die Sage von den Altären, die anläßlich einer Pest in Athen den unbekannten Göttern errichtet wurden. Paulus wendet das aber geschickt an auf Gott, den Schöpfer und Vater Jesu Christi. Damit kann er wenigstens einige gewinnen, wenn auch die Gebildeten ihn verlachen.

Die nächste Station war Korinth, wo Paulus eineinhalb Jahre blieb und auch dem Statthalter Gallio vorgestellt wurde, der aber in Glaubenssachen neutral bleiben wollte. Über Ephesus kehrte er wieder nach Antiochien zurück.

 

 

Paulus in Ephesus: Apg 18, 23 - 19, 40

Schon früher hatte Paulus die Absicht, in die Provinz Asia und ihre Hauptstadt Ephesus zu gehen. Doch auf der zweiten Missionsreise war er nur kurz dort geblieben. Aber das Ehepaar Aqila und Priscilla blieb dort und half den Boden vorbereiten. So als wäre diese Aufgabe bis zuletzt für ihn aufgespart geblieben, macht Paulus nun auf der dritten Reise dort länger Station.

Ephesus war damals die größte Handelsstadt Kleinasiens. Sie hatte über 200.000 Einwohner. Neben dem Handel blühte vor allem die Fremdenindustrie. Denn Ephesus hatte in seinen Mauern eines der sieben Weltwunder von damals: den Tempel der Diana. Es war der Wunsch der Menschen von damals, wenigstens eines dieser Weltwunder einmal gesehen zu haben. An dem Tempel der Diana, die bei der Griechen Artemis hieß, hatte man 120 Jahre gebaut. Tiefe Fundamente mußten in sumpfiges Gelände gelegt werden, große Marmorblöcke transportiert werden. Die Grundfläche war anderthalbmal so groß wie die des Kölner Doms. Das Dach wurde von 128 Säulen getragen, von denen jede 19 Meter hoch war.

Im Inneren des Tempels saß auf einer Art Hochaltar eine Dianafigur, aus schwarzem Holz geschnitzt, der Sage nach einst vom Himmel gefallen und an dieser Stelle aufgefunden. Die Figur ist nach unsren Begriffen ein scheußliches Bild gewesen: eine weibliche Gestalt mit einem Dutzend Brüsten, auf dem Kopf eine Mauerkrone, dahinter eine Scheibe, die den Mond oder die Sonne darstellen soll. Der Unterkörper ist fest eingebunden wie bei einem Wickelkind, Unterarme und Hände rechtwinklig seitwärts gestreckt und auf Stäbe gestützt, in den Händen Kornähren. Rund um das Mittelmeer hat man 32 Kultstätten dieser Göttin festgestellt, aber Mittelpunkt blieb Ephesus, eine Art Wallfahrtsort.

In der Stadt gab es auch eine kleine judenchristliche Gemeinde, in der ein gewisser Apollos gewirkt hatte. Als aber Paulus nach dort kam, fand er auch einige Christen, die noch nichts vom Heiligen Geist wissen. Es sind offenbar Johannesjünger, die zu einer Sekte neben der Kirche zu werden drohen. Paulus aber macht ihnen klar: Die Johannestaufe ist Ausdruck für eine Abkehr von der Sünde, die Taufe auf den Namen Jesu aber ist der Ausdruck für die Heimkehr unter die Gnade Gottes. Da lassen sie sich auch taufen auf den Namen Jesu und erhalten den Heiligen Geist.

Paulus predigte wie immer in der Synagoge. Weil er aber anders lehrte, als man es dort gewohnt war, kam es zu Auseinandersetzungen. Da zieht Paulus in den Lehr­saal des Tyrannos um und predigt dort jeden Tag. Zwei Jahre lang geht das so. Von Ephesus aus verbreitet sich der christliche Glaube auch über die Landschaft und in die umliegender Städte.

Paulus kann nach der Meinung des Lukas auch viele Wunder vollbringen. Paulus selber sprach mehr vor der Schwachheit des Apostels, der das Kreuz Christi zu tragen hat. Aber auf jeden Fall kommen einige jüdische Zauberer und wollen den Namen Jesu für ihre Zauberei benutzen. Doch als sie aus einem Geisteskranken einen böser Geist austreiben wollen „ im Namen Jesu, den Paulus predigt“, da stürzt sich der Kranke auf die Männer und wirft sie zu Boden und ruft: „Jesus kenne ich, und von Paulus weiß ich. Wer aber seid ihr?“ Zerschlagen und zerrissen müssen sie aus dem Haus fliehen.

Als das in Ephesus bekannt wird, kommt Furcht über alle. Viele kommen zu Paulus und bekennen ihre Sünden und bringen ihre Zauberbücher und verbrennen sie, auch wenn sie einen ungeheuren Wert darstellen. So breitet sich die Macht des Wortes Gottes immer mehr in Ephesus aus.

Bald gibt es aber wieder Unruhe in Ephesus. Da ist ein Silberschmied mit Namen Demetrius, der viele Handwerker und Arbeiter beschäftigt. Sie fertigen kleine silberne Nachbildungen des berühmten Tempels an. Weil sie beschützen und Glück bringen sollen, kaufen viele Leute sie, besonders aber die Fremden, die nach Ephesus kommen. So blüht das Geschäft des Demetrius.

Aber eines Tages ruft er seine Handwerker zusammen und sagt: „Ihr wißt, daß wir unseren Wohlstand unserem Gewerbe verdanken. Aber nun kommt dieser Paulus undbringt die Leute in der ganzen Provinz vom alten Glauben ab. Er sagt, es gäbe keine Götter, die von Menschenhänden gemacht werden. Damit bringt er unser ganzes Geschäft in Verruf. Bald wird man unsere Tempel nicht mehr kaufen, auch der Tempel der großen Göttin Diana wird nicht mehr geachtet werden und schließlich

wird die Göttin selber untergehen!“

Da packt sie alle der Zorn und sie fangen an zu schreien: „Groß ist die Diana der .Epheser!“ Demetrius wollte die Einberufung einer Volksversammlung erreichen, die gegen Paulus energische Maßnahmen ergreifen soll. Aber er behält die Sache nicht in der Hand. Die Menge stürmt ins Theater, eine Art Stadion unter freiem Himmel. Zwei Reisegefährten des Paulus werden ergriffen und mitgeschleppt. Paulus will sich auch in das Getümmel stürzen, aber seine Freunde halten ihn zurück. Es ist zu gefährlich für ihn. Auch die römischen Beamten schicken ihm die Botschaft: „Gehe nur ja nicht in das Theater!“

Dort herrscht wirklich ziemlicher Tumult und Wirrwarr. Die einen schreien dies, die anderen das. Die meisten wissen überhaupt nicht, weshalb man zusammengekommen ist. Schließlich schicken die Juden einen Mann mit Namen Alexander vor, der ihnen erklären soll, daß die Juden nicht zu den Christen und zu Paulus gehören. Aber als er reden will, schreien sie nur noch lauter: „Groß ist die Diana der Epheser!“ So geht das zwei Stunden.

Endlich gelingt es dem Stadtschreiber, die Lage zu beruhigen. Er sagt: „Jeder vernünftige Mensch weiß doch, daß die Diana die größte Göttin ist und in Ephesus ihren liebsten Wohnsitz hat. Deshalb seid stille und tut nichts Unbedachtes. Ihr habt diese Männer da hierher geschleppt. Aber Tempelräuber sind sie nicht und gelästert haben sie unsere Göttin auch nicht. Wenn etwa Demetrius und seine Handwerker sich über sie zu beschweren haben, dann können sie ja zu den Gerichten gehen. Und wenn ihr sonst noch ein Anliegen habt, dann in einer öffentlichen Volksversammlung erledigt werden. Geht jetzt lieber heim, sonst werden uns noch die Römer wegen Aufruhrs verklagen. Und wir hätten keine Ausrede, womit wird diese Unruhe entschuldigen könnten!“

Da gehen sie wirklich nach Hause und es geschieht weiter nichts. Paulus aber ruft die Gemeinde zusammen, sagt ihr noch ein mahnendes Wort und verabschiedet sich dann. Er zog weiter durch Mazedonien und Griechenland. Von Korinth aus schreibt er der Brief an die Römer, in dem er seinen Plan mitteilt, nach Rom und nach Spanier zu kommen. Dann macht er sich auf den Weg nach Jerusalem, um die große Kollekte der Gemeinden in Kleinasien zu überbringen.

 

 

 

Schluß der dritten Reise und vierte Reise: Apg 20, 17 - 28, 31

Erzählung:

Schon gegenEnde der dritten Reise hatte Paulus so eine Ahnung, als würde er nicht urgeschoren in Jerusalem davonkommen. Als er in Milet ankommt, läßt er die Ältesten und Vorsteher der Gemeinde in Ephesus zu sich rufen, um sich von ihnen zu verabschieden. Er sagt zu ihnen: „Ich habe euch das ganze Evangelium gesagt. Ich meine, daß Gefangenschaft und Traurigkeit auf mich warten, wenn ich jetzt nach Jerusalem gehe. Aber ich will den mir von Gott bestimmten Weg mit Freuden vollenden. Achtet auf euch selbst und die ganze Gemeinde. Nach meinem Weggang werden falsche Lehrer in die Gemeinde einbrechen. Darum seid wachsam. Ich befehle euch Gott und dem Wort seiner Gnade!“

Dann kniet er nieder und betet mit ihnen allen. Die Ältesten müssen weinen bei diesem Abschied und fallen ihm um den Hals, weil er doch gesagt hatte, er würde sie nun nicht mehr sehen. Dann bringen sie ihn wieder auf das Schiff. Aber Paulus hat seine Kraft an seine Nachfolger weitergegeben. Wo er bisher gewirkt hat, da müssen sie jetzt wirken. Ob sie wohl ihre Aufgabe recht weitergeführt haben? (vergleiche Apk 2,2-5).

An Kreta vorbei fahren sie mit dem Schiff nach Tyros, von dort nach Cäsarea. Mehrere Leute warnen Paulus davor, nach Jerusalem zu gehen. Darunter ist auch der Prophet Agabus, der sich mit einem Gürtel Hände und Füße gebunden hatte, um zu zeigen, wie es Paulus in der Stadt ergehen würde. Paulus aber sagte: „Ich bin sogar bereit, um des Namens Jesu willen zu sterben!“

Als er in Jerusalem ankommt und mit den anderen Aposteln spricht, baten diese ihm, an einem Beispiel zu zeigen, daß er auch das jüdische Gesetz einhält. Es sind da vier arme Männer, die ein Gelübde getan haben, sie wollten dreißig Tage lang keinen Wein trinken und sich die Haare wachsen lassen. Nach Abschluß dieser Zeit hatten sie in Jerusalem ein Opfer darzubringen. Das Geld für dieses Opfer soll Paulus übernehmen. Vorher aber muß er selber im Tempel mit Entsühnungswasser besprengt werden, weil er in heidnischen Ländern gewesen war. Als er deswegen in den Tempel kommt, wird er dort am siebten Tag verhaftet. Man wirft ihm vor, gegen das jüdische Volk, das Gesetz und den Tempel gelehrt zu haben, weil er Heiden in die Gemeinde aufgenommen hat. Auch werfen sie ihm vor, einen Heiden in den Tempel geführt zu haben.

Es entsteht ein großer Aufruhr in der Stadt. Sie ziehen ihn aus dem Tempel auf den Vorplatz und wollen ihn umbringen. Als der römische Hauptmann davon hört, eilt er sogleich mit seinen Soldaten zum Tempelplatz. Die Juden lassen Paulus sofort los. Der Hauptmann läßt ihn in eine Art Schutzhaft nehmen und erst einmal in Ketten legen. Als er ihn fragt, wer er wäre und was er getan hätte, da schreit das Volk so und drängt heran, daß er ihn in die Burg bringen läßt.

Nach kurzem Gespräch erlaubt der Hauptmann ihm, sich gegenüber dem Volk draußen zu verteidigen, um den Zorn der Juden zu besänftigen. Er erzählt zunächst seinen ganzen Werdegang und seine Bekehrung und erwähnt dabei auch, daß er das ganze Gesetz eingehalten habe. Als er aber seine Mission unter den Heiden erwähnt, da rufen sie: „Weg mit ihm von der Erde! Er darf nicht mehr leben!“ Mit der judenchristlichen Gemeinde habe sie sich noch abgefunden, weil diese alle Eiferer für das Gesetz sind. Durch die Heidenmission aber ist der geistliche Standort Jerusalems abgewertet.

Der Hauptmann läßt ihn wieder in die Burg führen und will ihn auspeitschen lassen, um zu erfahren, was er verbrochen hat. Paulus aber beruft sich darauf, daß er römischer Bürger ist und dieses Recht schon seit seiner Geburt hat. Am nächsten Tag will der Hauptmann nun beim Hohen Rat erkunden, was gegen Paulus vorliegt.

Es war wohl mehr eine formlose Zusammenkunft mit dem Hohen Rat, bei der auch der römische Hauptmann anwesend ist. Paulus bezeichnet sich zunächst als Pharisäer, der wegen seiner Hoffnung auf die Auferstehung angeklagt wird. Damit will er den alten Zwiespalt zwischen Pharisäern und Sadduzäern wieder neu aufbrechen lassen. Es entsteht ein so großer Aufruhr, daß der Hauptmann den Gefangenen wieder in die Burg bringen lassen muß.

Er soll nun zum Statthalter nach Cäsarea gebracht werden. Einige Juden aber ma­chen eine Verschwörung, sie wollen nicht mehr essen und trinken, bis sie Paulus getötet haben. Doch ein Neffe des Paulus erfährt davon und sagt es dem Hauptmann. Der stellt eine Truppe von 200 Soldaten, siebzig Reitern und 200 Schützen zusammen und läßt Paulus in der Nacht nach Cäsarea bringen.

Die weitere Verhandlung findet nun vor dem Statthalter Felix statt. Nach fünf Tagen kommen einige vom Hohen Rat mit dem Anwalt Tertullus und verklagen Paulus. Dieser rechtfertigt sich wieder damit, er habe doch das Gesetz gehalten und werde nur wegen seiner Auferstehungshoffnung verklagt.

Der Statthalter Felix zieht dann aber den Prozeß sehr lange hin. Er läßt Paulus öfter rufen und spricht mit ihm, auch seine Frau Drusilla ist manchmal dabei (Sie war die jüngste Tochter des Herodes Agrippa I., also eine Schwester des Herodes Agrippa II.

und der .Berenice. Sie war mit einem kleinasiatischen verheiratet gewesen, heiratete dann aber den Felix, ohne die erste Ehe aufzulösen. Zusammen mit ihren Sohn fand sie im Jahre 79 bei der Verschüttung Pompejis den Tod).

Felix wird sonst als ein grausamer und lüsterner Mensch geschildert. Hier aber erscheint er aber doch an der Predigt des Paulus interessiert. Nur als der ihn vom Gericht Gottes erzählt, will er nichts davon hören. Auf jeden Fall läßt Felix aber den Paulus nicht frei, obwohl er von dessen Unschuld überzeugt ist.

Sein Nachfolger ist Porcius Festus, an sich ein gewissenhafter Beamter und Mann schnellen Handelns. Aber offenbar hatte er doch einmal eine schwache Stunde und will gegen Paulus in Jerusalem verhandeln, um ihn womöglich an den Hohen Rat abzuschieben. Da beruft sich Paulus darauf, nur vor einem kaiserlichen Gericht

aussagen zu wollen.

Als der .König Agrippa und seine Schwester Berenice nach Cäsarea kommen, werden sie auch als jüdische Sachverständige gefragt. Paulus muß sich vor ihnen ver­antworten. Sie sind nicht unbedingt Große in der Welt, aber immerhin darf er vor dem letzten jüdischen König sprechen. Paulus schildert ihm wieder seinen ganzen Werdegang und seine Bekehrung. Agrippa muß bekennen: „Es fehlte nicht viel und du hättest mich noch zu einem Christen gemacht!“ Sein abschließendes Urteil ist: „Der Mann hätte freigelassen werden können, wenn er sich nicht auf den Kaiser berufen hätte!“

So bekennt Paulus unerschrocken vor Kaiser und Reich seinen Glauben. Er macht aber auch gerade den einflußreichen Kreisen deutlich, daß es nicht zum Zusammenstoß zwischen Christengemeinde und Staat kommen muß. Selbst wenn ein Verdacht auf die Christen fällt, stellt sich vor Gericht bald ihre Unschuld heraus. Die Römer täten am besten, die Christen zu dulden, denn sie sind ja aus. dem Judentum her­aus­gewachsen, das ja auch eine geduldete Religion ist.

 

Kaufmann-Bild Nummer 12:

Hinter dem Statthalter und dem Königspaar steht die bewaffnete Macht. Paulus steht da in völliger Ohnmacht, weist aber auf der Ausgangspunkt des Kraftfeldes, das alle umgibt: „Von dort kommt die Macht, auf den sollt ihr hören!“ Christus hat sich in die Ohnmacht begeben, nun will er auch in der Ohnmacht seiner Boten mächtig sein. Paulus predigt nur; aber dadurch werden die Hörer unversehens in das Kraftfeld hineingenommen.

 

Erzählung:

Als der Sommer zu Ende geht, soll Paulus von einer Abteilung Soldaten unter dem Hauptmann Julius nach Rom gebracht werden. Es geht schon auf den Winter zu und die Fahrt auf dem ziemlich kleinen Segelboot wird schon gefährlich wegen der zu erwartenden Stürme. An Zypern vorbei sind sie an die Nordküste Kretas gekommen. Paulus warnt vor der Weiterfahrt; aber die Seeleute wollen wenigstens noch einen Hafen an der Südküste erreichen, um dort zu überwintern. Sie hören nicht auf Paulus, dem Gott doch die Augen geöffnet hat für das, was jetzt bevorsteht.

Plötzlich setzt von Nordost ein starker Orkan ein, der das Schiff auf das offene Meer treibt. Man kann noch schnell das Rettungsboot an Bord nehmen. Durch Stricke soll der Schiffsrumpf vor dem Anprall der Wellen geschützt werden. Man wirft allen Ballast von Bord und legt den Treibanker aus.

Aber bald haben sie jede Orientierung verloren, das Schiff treibt dahin. Alle auf dem Schiff haben mit dem Leben abgeschlossen. Nur Paulus hält an der Zusage Gottes fest, daß er nach Rom kommen werde. Er erzählt auch den anderen von seiner Bindung an Gott, in dessen Dienst er steht und dem er fest vertraut. „Keiner von euch wird umkommen, nur das Schiff!“ ruft er.

Als sie aber in die Nähe des Festlandes kommen, wollen die Seeleute

heimlich das Schiff verlassen. Paulus aber bemerkt es und macht den Hauptmann darauf aufmerksam. Da hauen die Soldaten die Stricke des Rettungsbootes durch, so daß es ins Wasser fällt. Jetzt müssen sie alle zusammenbleiben.

Als es hell wird, fordert Paulus die verstörten Menschenauf, doch erst einmal etwas zu essen, um für die kommenden Strapazen gekräftigt zu sein. Er selbst spricht ein Dankgebet und beginnt zu essen. Da fassen auch die anderen Schiffsreisenden wieder Mut und beginnen zu essen. Dann hauen sie die Anker ab und lassen das Schiff auf eine kleine Bucht zutreiben, damit es am Strand aufläuft. Mt einem Ruck fahren sie auf eine Sandbank auf, das Hinterschiff bricht ab.

 

Aber die Schiffbrüchigen können sich alle ans Ufer retten, indem sie schwimmen oder sich an Schiffstrümmern festklammern. Sie werden alle gerettet. Sie sind auf der Insel Malta gelandet. Die Leute dort nehmen sie freundlich auf, machen ihnen

Feuer, damit sie sich trocknen und wärmen konnten.

Der Leuten auf dem Schiff aber ist deutlich geworden: Wo Christen sind, da geht es gut voran. Ihre Geborgenheit in Gott macht sie ruhig in den Stunden der Gefahr. Sie erlaubt ihnen inmitten des Schreckens noch ein erfolgreiches Nachdenken. Paulus erscheint hier als der von Triumph zu Triumph schreitende Liebling Gottes, als der er sich eigentlich gar nicht gefühlt hat (2. Kor 1,8 ff). In ihm steigern sich durch sein Christsein die römischen Tugenden bis zur höchstmöglichen Höhe. Er übertrifft die Seeleute mit seinem Urteil und kann besser als sie Rat geben. Er hält Hoffnung und Mut aufrecht, als alle verzweifeln. So wird er zum Heilbringer für alle.

Im Frühjahr wird Paulus nach Rom gebracht. Dort ist eine christliche Gemeinde entstanden durch Kaufleute und Leute, die in die Hauptstadt umzogen. Nun ist Paulus an seinem Ziel. Wer im Zentrum des Weltreichs ist, kann von dort aus eher „bis an die Enden der Erde“ kommen. Ob Paulus noch nach Spanien gekommen ist, wissen wir nicht. Abner er kann sich ziemlich frei bewegen, er hat nur einige Soldaten als Bewachung dabei. Wahrscheinlich ist er bei der Christenverfolgung unter dem Kaiser Nero umgebracht worden.

 

Kaufmann-Bild Nummer 13:

Die Füße des Apostels sind zur Ruhe gekommen. Aber das Evangelium bedarf dieser Füße nicht mehr, das Wort läuft von selber in die Welt. Viele Hände strecken sich aus und tragen das Wort einer Fackel gleich nach aller Richtungen der Welt. Paulus ist nicht wichtig Gott baut sein Reich auf Erden. Die Waffen des Soldaten müssen solange ruhen. So endet die Apostelgeschichte mit einem verheißungsvollen Bild, sie endet, wie sie begonnen hat: „Meine Zeugen bis an das Ende der Erde!“

 

 

Paulus schreibt an die Philipper voller Freude

Hinführung.

Wir betrachten Bilder bzw. kleben eine Bildmontage zum Thema: „Worüber Men­schen sich freuen“. Es kann verschiedene Voraussetzungen für die Freude geben, sie ist von verschiedenen Dingen abhängig. Auch in einer Kirchengemeinde kann man manchmal eine Freude erleben. Aber es kann auch sein, daß es in einer Gemeinde nur wenig Erfreuliches gibt. Wenig Freude werden wohl die Menschen haben, die im Gefängnis sitzen. Es gibt aber einen Brief aus dem Gefängnis, in dem von der Freude die Rede ist. Es sind Sätze aus dem Brief des Paulus an die Gemeinde in Philippi:

 

„Ich danke meinem Gott, sooft ich an euch denke (1,3). Ich bin guter Zuversicht, daß, Gott das gute Werk auch fortführen wird, das er bei euch angefangen hat (1,6). Wie es um mich steht, das ist nur zur Förderung des Evangeliums geworden (1,12). Wenn nur Christus verkündet wird auf alle Weise, so freue ich mich darüber und will mich auch fernerhin freuen (1,18). Christus ist mein Leben und Sterben ist mein Gewinn (1,21). Ich habe Lust zu sterben und bei Christus zu sein (1,23), aber ich will bleiben, euch zur Förderung und zur Freude im Glauben (1,25). Macht meine Freude völlig und seid eines Sinnes (2,2). Jeder sehe nicht auf das Seine, sondern auf das, was des anderen ist (2,4). Jeder sei gesinnt wie Jesus Christus auch war und wie es sich für den gehört, der zu Christus gehören will (2,5).

 

Die Stadt Philippi liegt in Nordgriechenland an der Küste. Ihren Namen hat sie von ihrem Gründer, dem König Philipp II von Makedonien, dem Vater Alexander des Großen. Sie war eine wichtige Durchgangsstation zwischen Europa und Asien. Die christliche Gemeinde dort bestand aus ehemaligen Heiden. Im Einzelnen sind aus ihr bekannt die Purpurhändlerin Lydia, eine Sklavin mit Wahrsagekräften und ein Gefängnisaufseher.

Das Verhältnis der Gemeinde zum Apostel Paulus war gut. Sie hat ihr während seiner Gefangenschaft in Cäsarea versorgt; von dort hat er ihr mehrere Briefe geschrieben, von denen uns einer im Neuen Testament erhalten ist.

Paulus muß damit rechnen, daß die Gefangenschaft mit einem Todesurteil endet. Vielleicht verbindet ihn das auch besonders mit der Gemeinde in Philippi. Er lobt sie uneingeschränkt und dankt ihr und Gott wie sonst kaum. Immer wieder spricht er von der Freude, am deutlichsten in Kapitel 4, Vers 4: „Freut euch in dem Herr allewege, und abermals sage ich euch: Freuet euch!“

Wie ist Paulus zu dieser Freude gekommen? Woher hat er diese Freiheit im Gefängnis? Artwort kann uns ein Lied geben, das Paulus in seinen Brief eingefügt hat. Er hat es wohl nicht selbst gedichtet, sondern aus dem christlichen Gottesdienst übernommen. Nur an einer Stelle hat er seinen Kommentar eingefügt. Das Weltbild und die Sprache dieses Textes mag uns fremd vorkommen. wir müssen uns einiges erklären lassen Wir können eine Gliederung in Abschnitte versuchen und Überschriften dazu finden. Vor allem aber sollten wir uns fragen, ob in diesem Lied eine Antwort auf die Frage liegt, weshalb Paulus sich trotz Gefängnis und Todesgefahr freuen kann.

 

Das Lied Phil 2,5-11:

Seid so gesinnt, wie es sich in Jesus Christus gehört!

Er war wie Gott, aber er betrachtete das Gott-gleich-sein

nicht als unaufgebbaren Besitz.

Aus freiem Entschluß gab er alles auf und wurde wie ein Sklave.

Er kam als Mensch in die Welt und er lebte wie ein Mensch.

Er erniedrigte sich, gehorsam bis zum Tod, bis zum Kreuzestod.

Darum hat ihn Gott über alles erhöht und

gab ihm den höchsten Ehrennamen, den es gibt.

Vor Jesus müssen alle Mächte niederknien,

ob sie im Himmel, auf der Erde oder im Toterreich sind.

Jede Zunge muß bekennen zum Ruhme Gottes des Vaters:

Herr ist Jesus Christus!          (nach „Gute Nachricht“).

 

Jesus war nicht nur nach seiner äußeren Gestalt göttlich, sondern seine gesamte Existenz war auf Gott ausgerichtet. Doch freiwillig gab er diese göttliche Existenz auf. Er wurde wirklicher Mensch in seiner gesamten Existenz, und nach damaliger Anschauung ein Sklave der Schicksalsmächte. Aber er verhielt sich doch anders als andere Menschen: Er hat die Möglichkeit zur Sünde nicht wahrgenommen, sondern war Gott gehorsam. Das ist die Hauptaussage dieses Textes. Nun ist er mitbeteiligt an der Herrschaft Gottes über die Welt. Es gibt keinen Bereich, in dem seine Herrschaft nicht gilt. Die Schicksalsmächte werden entmachtet, alles liegt in der Hand des Christus. Der Name „Jesus“ wird ausdrücklich noch einmal erwähnt, damit unverwechselbar klar ist, wer dieser Herrscher ist: Es ist der, der erniedrigt und verachtet am Kreuz starb! Hier an dieser Stelle hat Paulus seiner Kommentar eingefügt, indem er sagt „bis zum Tod am Kreuz“. Dadurch hat er den Weg zu Gott freigelegt. Er will nicht versklaven, sondern erretten und heimführen.

 

Antwortgespräch:

Der Grund für die Freude des Paulus ist die Herrschaft Jesu Christi und die Verbundenheit mit diesem Herrn. Deshalb ruft er auch die Gemeinde zur Freude auf. Sie darf bekennen: Jesus Christus ist der Herrscher! Weil Jesus gehorsam war, ist Gott zu uns barmherzig!

In dem Lied wird die ganze Bewegung Jesu Christi von Gott zu den Menschen und wieder zurück zu Gott beschrieben (ähnlich wie im 2. Artikel des Glaubensbekenntnisses).        

Wir können aber keinen Gegensatz herstellen zwischen der natürlichen Freude des Menschen und der „wahren Freude“ des Christer. Auch Nichtchristen können sich über viele Dinge freuen. Und auch Christen freuen sich an allem Schönen und Guten in der Welt. Sie wissen aber darüber hinaus von dem, der solche Freude möglich macht. Auch versuchen sie, solche Freude an andere Menschen weiter zu geben: „Gebe ich Freude weiter, werden andere froh!“ Und Christen werden in ihrer Freude auch nicht gleich geknickt werden, wenn sie einmal Schweres durchzustehen haben.

 

 

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