Gasthaus „Zur Sonne“
Eine bebilderte Datei finden Sie, wenn Sie h i e r klicken un in der Liste die Nummer 48 aufrufen
Eine seltsame Berufsbezeichnung tritt 1860 bei einer Taufe auf: Sowohl der (uneheliche) Vater des Kindes als auch der Pate aus Kilianstädten werden als „Safirnarbeiter“ bezeichnet. Dabei handelt es sich wohl um Diamantschleifer. Carl Friedrich Metschan wird 1890 erstmals als „Diamantschleifer“ bezeichnet. Diamantschleifer ist Johannes Hohmann (Heirat 1912) aus Mittelbuchen, dessen Vater auch schon Diamantschleifer war. Goldarbeiter sind Philipp Daubert (s.o.) im Jahre 1866 und Wilhelm Fischer (Bogenstraße 22) im Jahre 1872. Johannes Hensel (vor dem Obertor) ist Silberschmied. Die Diamantschleiferei hatte ihr Zentrum in Hanau, aber auch in den Dörfern der Umgebung entstanden bald Schleifereien. Vor allem in Wachenbuchen gab es viele Diamantschleifer. In Hochstadt hatte Otto Decker, Am Felsenkeller 9, zeitweise eine Diamantschleiferei, ebenso die Schleiferei Stumpf, Jägerstraße 5.
Im Heimatmuseum Maintal ist seit 2016 die historische Diamantschleiferei von Karl Decker ausgestellt. Es ist ein echtes Schmuckstück. Und das nicht nur, weil hier die edelsten Steine ihren letzten Schliff erhielten. Das liegt allerdings schon einige Jahrzehnte zurück. Das Ausstellungsstück ist eine Dauerleihgabe von Robert Decker. Im Zuge von Aufräumarbeit stieß er 2015 an die Maschinen. In monatelanger Kleinarbeit bereitete er die historische Diamantschleiferei wieder auf, um seinen Eltern und Großeltern ein Denkmal zu setzen. Das ist ihm gelungen. Die Diamantschleiferei zeugt nicht nur von einer längst vergangenen Zeit, sondern auch von der Mühe und Liebe, die Robert Decker investiert hat. Das Ausstellungsstück wird durch Infotafeln mit historischen Fotos ergänzt. Dort sind die einzelnen Herstellungsschritte ausführlich beschrieben.
Es war dessen Großvater Karl Decker, der als Meister Mitte der dreißiger Jahre die Diamantschleiferei in Hochstadt einrichtete und betrieb, zeitweise nebenher, weil er eine Zeitlang ebenfalls eine Hutfabrikation und eine Kartoffelschälerei besaß.
Bis etwa Ende der fünfziger, Anfang der sechziger Jahre wurden an den Maschinen und Werkbänken Rohdiamanten für die Schmuckherstellung gespalten, zersägt, auf die gewünschte Größe gebracht, geschliffen, facettiert, poliert und an Goldschmiede weiterverkauft. Genauigkeit war gefragt: Wenn der Stein nicht genug Facetten hatte, gab es kein Geld und die ganze Arbeit war umsonst.
Im Haus Felsenkeller 9 hatte der Großvater Decker zunächst eine Kartoffelschälerei. Er belieferte Hotels in Frankfurt und hatte dazu eine Dreirad-Lieferauto, das auch einmal umkippte und die Kartoffeln lagen auf der Straße. Der Sohn Otto Decker hatte zunächst eine Diamantschleiferei mit zweitweise zwölf Angestellten. Mit der Zeit richtete er aber auch eine Gaststätte „Zur Sonne“ ein. Dies entwickelte sich durch ein besonderes Ereignis zu einer „Ami-Kneipe“.
Der Transportweg der Amerikaner führte von Frankfurt über Hochstadt nach Hanau. Eines Tages blieb ein Jeep unweit des Obertors mit Motorschaden liegen. Das nächstgelegene Telefon war in der Gaststätte „Zur Sonne“. Von dort riefen sie an und holten Hilfe. Weil es damit aber dauerte, lief Frau Decker erst noch schnell zum Mezger und holte drei Schnitzel, die sie den Amerikaner zubereitete.
Das hat den Amerikanern so gefallen, daß sie am nächsten Tag wieder kamen und andere mitbrachten. So entwickelte sich mit der Zeit die „Ami-Kneipe“. Ihr Ruf war nicht so besonders. Es kam öfter zu Schlägereien, zum Beispiel mit Rockern aus Fechenheim. Dann musste sogar die Militärpolizei kommen.
Die Gaststätte bestand bis 1986.Aber das gute Verhältnis zu den Amerikanern bestand fort. Otto Decker baute soar noch ein weiteres Haus auf dem Grundstück und vermietete es an amerikanische Familien.