Altes Testament

 

[Das „Alte Testament“ ist die Urkunde des ersten („alten“) Bundes Gottes mit dem Volk Israel, das wir als „Juden“ kennen und das jetzt im Staat Israel wieder eine Heimat gefunden hat. Erzählt wird im Wesentlichen die Geschichte dieses Volkes, die allerdings aus dem Gesichtspunkt des Glaubens betrachtet wird. Aus dem Volk der Juden ging Jesus von Nazareth hervor, der den ursprünglichen Glauben seines Volkes wieder herstellen und auch weiter entwickeln wollte. Die Christen erkannten in ihm Retter („Messias“), der den Juden verheißen worden war, und verehrten ihn als Sohn Gottes. Die Wurzeln des Christentums liegen also im Alten Testament, aber dieses wurde überboten durch das Neue Testament, den neuen Bund, den Gott mit allen Menschen in Jesus Christus schloß.

Die Auswahl und Anordnung der Schriften wurde bis zum Jahr 350 endgültig festgelegt und zusammen mit dem Neuen Testament zur christlichen Bibel. Voraussetzung der Gegenüberstellung von altem und neuem Bund waren die Übereinstimmung des Gottes Israels mit dem Vater Jesu Christi und die unverbrüchliche Geltung seiner Segenszusage an Abraham, er werde der Vater vieler Völker werden, die Jesus Christus erfüllt hat. Die Bezeichnung „alt“ wurde oft mit einer Abwertung des Judentums verbunden („veraltet“ oder „überholt“). Deshalb nennen manche christliche Theologen und Kirchen das Alte Testament heute auch „Erstes Testament“ oder „Hebräische Bibel“.

Die ältesten Überlieferungen sind in den Büchern („Pentateuch“) gesammelt, die dem Mose zugeschrieben werden. Sie erzählen von der Schöpfung der Welt und Urgeschichte der Menschheit bis zur Befreiung und Einwanderung des Volkes Israel in Kanaan. Dabei hat man Sagenkränze, Ortsgründungserzählungen, Stammesüberlieferungen und Gesetzessammlungen verwandt. Es ist also nicht alles wirklich so passiert, wie es heute in den Büchern erscheint. Es geht nur um die Aussage, daß Gott sich ein Volk erwählt hat, es aus Ägypten herausgeführt und einen Bund mit ihm geschlossen hat.

Die Einzelquellen wurden wohl schon in der Königszeit (ab 1000 vCh), besonders aber ab der Zeit der Verbannung (587 vCh), zu größeren Einheiten verbunden:

* Erzväter-Erzählungen (Genesis 12-47)

* Auszug aus Ägypten, Wüstenwanderung und Bundesschluß am Sinai (Exodus)

* Besiedlung des Landes (Teile des 4. Buchs Moses, Josua und Richter)

* „Urgeschichten“ (Gen 1-11)

* Gesetzessammlungen (Teile des 2. und 4. Buchs und das gesamte 3. und 5. Buch)

Hinzu kamen seit der Königszeit Überlieferungen über die politische Geschichte Israels, die im und nach der Verbannung zu größeren Einheiten wie dem „Deuteronomischen Geschichtswerk“ verbunden wurden: Dazu gehören die Bücher Samuel, Könige und Chronik.

Seit dem 9. Jahrhundert vCh wurden außerdem prophetische Traditionen gesammelt und später entweder in die Geschichtswerke über die Königszeit integriert (Samuel, Nathan, Elia, Elisa) oder zu eigenen prophetischen Einzelbüchern zusammengestellt (von Jesaja bis Maleachi).

Seit der Regierungszeit Salomos im 10. Jahrhundert vCh, besonders aber ab dem 6. Jahrhundert vCh, entstanden liturgische, poetische und weisheitliche Schriften: Gebete wie die Psalmen, Spruchweisheit wie die Sprichwörter oder die Liebesgedichte des „Hohenlieds“ und nachdenkliche Weisheitsliteratur wie die Bücher Kohelet und Hiob. Einige Schriften entstanden nach der Rückkehr eines Teils der verbannten Juden 539 vCh (Esra, Nehemia, Ester, Ruth). Von der seit der Makkabäerzeit (etwa 170 vCh) entstandenen apokalyptischen Literatur wurde nur das Buch Daniel in die Bibel aufgenommen].

 

 

 

Die fünf Bücher Moses

 

Der griechische Ausdruck für die fünf Bücher Moses ist „Pentateuch“ („Fünfgefäß“, nach den Krügen, in denen Schriftrollen aufbewahrt wurden, denn deren Umfang bestimmte auch seine Einteilung in fünf „Bücher“). Diese bilden gemeinsam als „Tora“ den ersten Hauptteil der der hebräischen Bibel, bzw. des christlichen Altes Testaments.

 

Der deutsche Name folgt der jüdischen und christlichen Tradition, daß alle Bücher von Mose verfaßt sind. Die Ereignisse von der Schöpfung bis zur Landverteilung in Kanaan gelten als direkte Offenbarung Gottes an Mose. Der Bericht über den Tod des Mose wäre dann seinem Nachfolger Josua zuzuschreiben. Diese Sichtweise wird heute nur noch von orthodoxen Juden sowie einem Teil der Christen (hauptsächlich aus dem sogenannten evangelikalen und/oder fundamentalistischen Spektrum) vertreten.

Heute nehmen die meisten Forscher an, daß der Pentateuch nach dem babylonischen Exil etwa 440 vCh fertiggestellt wurde. Er wird auf Priester in Israel zurückgeführt, die vor allem am Jerusalemer Tempel wirkten. Seine ältesten und lange Zeit mündlich überlieferten Stoffe reichen jedoch bis 1500 vCh zurück. Ab etwa 250 vCh aus dem Althebräischen in die griechische (Septuaginta) und aramäische Sprache (Targum) übersetzt).

 

Die frühe Forschung beobachtete im gesamten Pentateuch verschiedene Unstimmigkeiten (Spannungen) und Dopplungen (Dubletten), so zum Beispiel:

* Zwei Berichte von der Erschaffung der Welt und des Menschen mit zum Teil widersprüchlichen Aussagen: durch das reine Schöpferwort in Gen 1, als Mann durch ein Töpferwerk Gottes, als Frau aus der Rippe des Mannes in Gen 2.

* Zwei Versionen von der Dauer der Sintflut, vom Bau der Arche und der Rettung der Tiere in Gen 6-8.

* Dreifache Rettung der Stammutter Sara bzw. Rebecca in Gen 12, 20 und 26.

* Mehrfache Namenserklärung für das Heiligtum in Bethel in Gen 12, 28 und 35.

* Der ständige Wechsel der Gottesbezeichnung zwischen „Elohim“ und „Jahwe“. Daraus schloß man auf zwei verschiedene Verfasser der Schöpfungserzählungen in Gen 1,1 - 2,4 (Gottestitel „Elohim”) und Gen 2,5 - 3,24 (Gottesname „Jahwe“). Daraus entwickelten sich nacheinander folgende Hypothesen:

  • Ältere Urkundenhypothese (Quellenhypothese):                                                      Unterscheidung eines vormosaischen „Elohisten“ und eines nachmosaischen „Jahwisten“ („Jehowist“) oder drei Quellen mit zwei Elohisten, die von der Schöpfung durchgehend bis zur Landnahme reichen.
  • Fragmentenhypothese:                                                                                              Zahlreiche, ehedem selbständige Erzählkränzen, die erst nach und nach zu einer Gesamterzählung zusammengearbeitet wurden. Ein Erzählkranz ist eine in sich geschlossene Gruppe von Episoden zu einem bestimmten Thema oder einer bestimmten Person, wie etwa die Erzählungen um den Stammvater Abraham oder die Sintflut.
  • Ergänzungshypothese:                                                                                                Als eine Art Verbindung aus Urkunden- und Fragmentenhypothese entwickelte sich die Ergänzungshypothese (Grundschrifthypothese). Danach bestand die Genesis zunächst aus einer einzigen elohistischen Grundschrift, in die ein jahwistischer Redaktor nach und nach einzelne, sich im Umlauf befindliche Erzählkränze einarbeitete.
  • Neuere Urkundenhypothese („Vierquellentheorie“):                                                Der „Hexateuch“ (Pentateuch und Buch Josua sind aus mehreren fortlaufenden, literarischen Quellen zusammengesetzt. Diese lassen sich anhand verschiedener Merkmale wie Wahl der Gottesbezeichnung, bestimmtem Vorzugsvokabular oder der theologischen Ausrichtung unterscheiden.

Der Forscher Julius Wellhausen unterschied vier Quellen:

* Jahwist (J), aus der Zeit um 950 vCh (Zeit Salomos).

* Elohist (E), aus der Zeit um 800 vCh (Zeit der Reichsteilung).

* Priesterschrift (P), aus der Zeit um 550 vCh (Zeit des babylonischen Exils).

* (Ur-)Deuteronomium (D), aus dem 7. Jahrhundert vCh.

In die jahwistische Quellenschrift (J) arbeitete ein Redaktor (RJE) aus der Zeit unmittelbar nach dem Untergang des Nordreiches Israel im Jahre 722 vCh die elohistische Quelle (E) ein und schuf so das „Jahwistische Geschichtswerk“ (JE). Dieses wurde dann in nachexilischer Zeit wiederum in die Priesterschrift eingearbeitet. Schließlich wurde von einem weiteren Redaktor (nach Wellhausen möglicherweise Esra) das Deuteronomium als eigene Größe hinzugefügt und so entstand der Pentateuch in seiner heutigen Gestalt.

  • Aktuelle Forschung:                                                                                                     Bei J und E handelt es sich nach Ansicht der neueren Forschung seit Beginn der 1970er Jahre insofern nicht um Quellen, da sie die Kriterien einer eigenständigen Quelle (sinnvoller Anfang, sinnvolles Ende, durchlaufender Erzählfaden und erkennbare Gesamtkonzeption) nicht erfüllen. Daher geht die aktuelle Forschung meist nur noch von einer wirklichen Quelle innerhalb des Pentateuch aus, der Priesterschrift. Allein die Priesterschrift besitzt einen von der Erschaffung der Welt bis zur Landnahme reichenden, durchgehenden Erzählfaden. Sie zeichnet sich durch eine klar erkennbare theologische Linie und wiederkehrende Formulierungen aus.                                    Alle anderen Texte, die zuvor J oder E zugewiesen wurden, werden heute in der Regel zu jüngeren Redaktionen gerechnet oder als ältere Einzeltraditionen angesehen. Die Mehrzahl der neueren exegetischen Entwürfe. spricht bei diesen Texten daher einfach von vor- oder nicht-priesterschriftlichen Texten. Auch das Deuteronomium kann strenggenommen nicht als Quelle betrachtet werden, da es keinen gesamten Geschichtsverlauf erzählt. Die Figur des Mose als Mittel gesehen, um sekundär ganz verschiedene, ursprünglich selbständig überlieferte Traditionskomplexe miteinander zu verbinden: den Exodus Israels aus Ägypten, den Zug durch die Wüste, die Sinaioffenbarung und den Beginn der Landnahme.

 

Der Pentateuch ist thematisch in drei Hauptteile gegliedert:

* 1. Buch Mose: Urgeschichte und Erzväter-Erzählungen. Sie behandeln noch nicht die Gesamtgeschichte Israels, sondern seine Vorgeschichte, die mit der Schöpfung der Welt und Berufung verschiedener Stammväter beginnt. Sie enthalten viele Mythen, Legenden und Namenserklärungen, in denen sich historische Erinnerungen nomadischer Sippen an die vorstaatliche Frühzeit der Israeliten verbergen.

* 2. bis 4. Buch Mose: Diese Bücher stellen die eigentliche Heilsgeschichte des Volkes Israel vom Auszug aus Ägypten und Offenbarung der Zehn Gebote Gottes am Sinai bis zur „Landnahme“ Kanaans dar.

* 5. Buch Mose: Dieses enthält nun keine Geschichtserzählungen mehr, sondern nur noch Mose zugeschriebene Reden und Gesetze, die überwiegend schon bekannte Toragebote aus der Sinaitradition übernehmen, aber auch leicht verändern und kommentieren.

 

Die drei Hauptteile durchziehen sieben große Themenkreise, die schon in sehr frühen Glaubensbekenntnissen Gesamtisraels als Stationen einer Heilsgeschichte aneinandergereiht wurden (Dtn 26,5-9):

1. Ein umherirrender Aramäer war mein Vater (Erzvätergeschichten)

2. Er zog nach Ägypten und wurde dort ein großes Volk (Josephserzählung)

3. Gott führte uns heraus aus Ägypten unter großen Schrecken und Wundern (Auszug)

4. Gott brachte uns an diesen Ort (Zug durch die Wüste)

5. Gott gab uns dieses Land, in dem Milch und Honig fließt (Eroberung Kanaans).

6. Bund am Sinai

7. Urgeschichte.

Diese Reihung umgreift eine Geschichtsperiode von gut 500 Jahren von den nomadischen Anfängen Israels bis zur Besiedelung des fruchtbaren Landes Kanaan. Die Themenkomplexe Sinaibund und Urgeschichte fehlen in den alten Glaubensbekenntnissen Israels, da ihr Einbau in den Pentateuch relativ spät erfolgte. Kristallisationskern und ordnendes Zentrum der Überlieferung ist das Thema der Befreiung aus der Sklaverei, mit der Gott sich erstmals unter seinem Namen offenbart und Israel zu seinem Bundesvolk erwählt (Ex 3).

Zu den in der „Weisung“ (Tora) enthaltenen in sich geschlossenen Gesetzeswerken zählt man

Die Zehn Gebote (den Dekalog Ex 20 und Dtn 5), das Bundesbuch (Ex 21-23), das Priestergesetz (Ex 25 - Num 10 und in Numeri verstreute Nachträge), darin eingefügt das Heiligkeitsgesetz (Lev 17-26), und schließlich das deuteronomische Gesetz (Dtn 12-26).

 

 

 

Mose-Erzählungen

 

Das zweite Buch Mose (Exodus)

 

[Das 2. Buch Mose heißt im Lateinischen „Exodus“ („Auszug“). Es handelt vom Auszug der Israeliten aus Ägypten unter der Führung des Mose auf dem Weg in das gelobte Land Kanaan. Zentrales Thema des Buches ist der Bund Gottes mit dem Volk Israel. Mehrfach findet sich das Motiv des oder der zweifelnden Menschen, der Abfall von Gott, die Rückkehr zu Gott und die Bestrafung oder Vergebung durch Gott mit Erneuerung oder Bestätigung des geschlossenen Bundes. Gleichzeitig ist die Rolle des Volks Israel in der Beziehung zu seinem „Jahwe“(JHWH) genannten Gott von Bedeutung.

Das Buch setzt mit der Geburt Moses ein und beschreibt aufkommende Konflikte zwischen Israeliten und Ägyptern. Der Auszug kann erst beginnen, nachdem Ägypten von den Zehn Plagen heimgesucht ist. Die folgende Flucht führt durch das trockenfallende Rote Meer in die Wüste des Sinai, wo Gott am Berg Sinai die Zehn Gebote offenbart. Es folgt der Bund Gottes mit dem Volk Israel, bei dem die Rolle Aarons, des älteren Bruders Moses, an Bedeutung gewinnt. Es werden die Bundesgesetze aufgestellt, die das Volk Israel unter eine Priesterschaft stellen. Als Zeichen dieses Bundes werden die Bundeslade, ein Holzkasten mit Steintafeln darin, auf denen die Zehn Gebote eingeschrieben sind, und ein transportabler Zelt-Tempel vom Troß als Heiligtum mitgeführt. Das Tempelzelt, dessen Konstruktion sehr detailliert beschrieben wird, stellt die erste Form des israelitischen Tempels dar.

Letztlich gibt das 2. Buch Mose die Rechtfertigung für den Anspruch des jüdischen Volkes auf sein Land. Gleichzeitig führt die jüdische Religion viele ihrer grundlegenden Glaubensinhalte auf Offenbarungen Gottes zurück, die im 2. Buch Mose zu finden sind. Im Christentum gilt der Auszug aus Ägypten als wichtigstes Bild für den Abschied von der Sklaverei der Sünden, der unter der Führung Christi möglich wird].

 

Die Israeliten in Ägypten und Mose Geburt und Auftrag (Kapitel 1-4)

In Ägypten gab es eine Gruppe von Menschen, aus denen später das Volk Israel wurde, die aber damals noch Hebräer genannt wurden. Ihre Zahl wuchs aber immer mehr an, weil sie viele Kinder hatten, so daß das Land voll von ihnen wurde. Deshalb sprach der König von Ägypten („Pharao“): „Die Hebräer sind viel und mehr und stärker als wir. Deshalb wollen wir mit List niederhalten, damit sie nicht noch mehr werden. Denn wenn ein Krieg ausbräche, könnten sie sich auch auf die Seite unserer Feinde schlagen und gegen uns streiten und das Land verlassen!“

Deshalb setzte man besondere Aufseher über sie ein, die sie mit Zwangsarbeit bedrücken sollten: Sie bauten dem Pharao die Städte Pithon und Ramses als Vorratsstädte. Aber je mehr sie das Volk unterdrückten, desto mehr mehrte es sich und breitete sich aus. Und es kam sie ein Grauen an vor den Hebräern.

Die Ägypter zwangen die Hebräer unbarmherzig zum Dienst. Sie machten ihnen ihr Leben sauer mit schwerer Arbeit in Ton und Ziegeln und mit allerlei Frondienst auf dem Feld und mit allerlei Arbeit, die sie ihnen auflegten mit Unbarmherzigkeit.

Und der König in Ägypten sprach zu den hebräischen Hebammen: „Wenn ihr den hebräischen Frauen helft, und bei der Geburt seht, daß es ein Sohn ist, so tötet ihn. Ist es aber eine Tochter, so laßt sie leben!“ Aber die Hebammen fürchteten Gott und taten nicht, wie der König von Ägypten ihnen gesagt hatte, sondern ließen die Kinder leben.

Da rief der König in Ägypten die Hebammen und sprach zu ihnen: „Warum tut ihr das, daß ihr die Kinder leben laßt?“ Die Hebammen antworteten Pharao: „Die hebräischen Frauen sind nicht wie die ägyptischen, denn sie sind kräftige Frauen; ehe die Hebamme zu ihnen kommt, haben sie geboren!“Darum tat Gott den Hebammen Gutes. Und das Volk vermehrte sich und wurde sehr stark (Ex 1,1-21, am Anfang gekürzt).

 

Geburt des Mose:

Da gebot der Pharao seinem Volk und sprach: „Alle Söhne, die geboren werden, werft ins Wasser, aber alle Töchter laßt leben. Da wurde einem Ehepaar aus dem Stamm Levi ein Kind geboren. Als die Mutter sah, daß ein feines Kind war, verbarg sie den Sohn drei Monate. Aber als sie ihn nicht länger verbergen konnte, machte sie ein Kästchen aus Rohr und verklebte es mit Erdharz und Pech und legte das Kind hinein und legte ihn in das Schilf am Ufer des Nils.

Seine Schwester aber stand etwas entfernt, weil sie erfahren wollte, wie es ihm gehen würde. Da ging die Tochter des Pharao das Ufer hinab und wollte im Wasser baden. Ihre Freundinnen gingen am Ufer hin und her. Als die Königstochter das Kästchen im Schilf sah, sandte sie ihre Dienerin hin und ließ es holen. Als sie da Kästchen auftat, sah sie das Kind. Da weinte der Junge. Er jammerte sie, und sie sprach: „Es ist eines der hebräischen Kinder!“ Da sprach die Schwester des Jungen zu der Tochter des Pharao: „Soll ich hingehen und eine der hebräischen Frauen rufen, die gerade stillt, damit sie für dich das Kind stille?“ Die Tochter des Pharao sprach zu ihr: „Geh hin!“ Das Mädchen ging hin und rief die Mutter des Kindes. Da sprach die Tochter des Pharao zu ihr: „Nimm in das Kind und stille es für mich. Ich will es dir lohnen!“ Die Frau nahm das Kind und stillte es. Als das Kind groß war, brachte die Mutter es zu der Tochter des Pharao, und es wurde ihr Sohn, und sie hieß ihn „Mose“, denn sie sprach: „Ich habe ihn aus dem Wasser gezogen!“ (Ex 1,22- 2,10).

 

Flucht des Mose:

Als Mose groß geworden war, ging er aus zu seinen Landsleuten. Er sah ihren Frondienst und wie ein Ägypter einen seiner hebräischen Landsleute schlug. Da schaute er sich nach allen Seiten um, und als er sah, daß kein Mensch da war, erschlug er den Ägypter und verscharrte ihn in den Sand.

Am andern Tag ging er wieder hinaus und sah zwei hebräische Männer miteinander streiten und sprach zu dem, der im Unrecht war: „Warum schlägst du deinen Mitmenschen?“ Er aber sprach: „Wer hat dich zum Aufseher oder Richter über uns eingesetzt? Willst du mich auch umbringen, wie du den Ägypter um gebracht hast?“ Da fürchtete sich Mose und sprach: „Wie ist das bekannt geworden?“ Es kam auch vor den Pharao. Der trachtete nun danach, Mose zu töten. Aber Mose floh vor dem Pharao und hielt sich auf im Lande Midian und wohnte bei einem Brunnen.

Der Priester aber von Midian hatte sieben Töchter. Die kamen, um Wasser zu schöpfen an dem Brunnen, und füllten die Rinnen, um die Schafe ihres Vaters zu tränken. Da kamen die Hirten und stießen sie weg. Aber Mose stand auf und half ihnen und tränkte ihre Schafe.

Als sie zu ihrem Vater kamen, sprach er: „Warum seid ihr heute so bald gekommen?“

Sie sprachen: Ein ägyptischer Mann stand uns bei gegen die Hirten und schöpfte für uns und tränkte die Schafe. Er sprach zu seinen Töchtern: „Wo ist er? Warum habt ihr den Mann draußen? Ladet ihn doch ein, mit uns zu essen!“

Mose willigte ein, bei dem Mann zu bleiben. Und er gab Mose seine Tochter Zippora zur Frau. Sie gebar einen Sohn. Mose hieß ihn „Gersom“, denn er sprach: „Ich bin ein Fremdling geworden im fremden Lande.“ Lange Zeit aber danach starb der König in Ägypten. Aber die Hebräer seufzten weiter wegen ihrer Arbeit und schrieen, und ihr Schreien über ihre Sklaverei kam vor Gott. Und Gott erhörte ihr Wehklagen und gedachte an seinen Bund mit Abraham, Isaak und Jakob. Und Gott sah auf die Hebräer und nahm sich ihrer an (Ex 2,11-25).

 

Berufung des Mose:

Mose hütete die Schafe seines Schwiegervaters und trieb die Schafe über die Steppe hinaus und kam an den Berg Gottes, den Horeb. Und der Bote des Herrn erschien ihm in einer feurigen Flamme aus dem Dornbusch. Und er sah, daß der Busch mit Feuer brannte und doch nicht verzehrt wurde. Er sprach: „Ich will hingehen und die seltsame Erscheinung ansehen, warum der Busch nicht verbrennt!“

Da rief ihm Gott aus dem Busch und sprach: „Mose, Mose!“ Er antwortete: „Hier bin ich!“

Gott sprach: „Komm nicht näher. Ziehe aber deine Schuhe von deinen Füßen, denn die Stelle, auf der du stehst, ist ein heiliges Land!“ Und er sprach weiter: „Ich bin der Gott deines Vaters, der Gott Abrahams, der Gott Isaaks und der Gott Jakobs!“ Und Mose verhüllte sein Gesicht, denn er fürchtete sich, Gott anzuschauen.

Und der Herr sprach: „Ich habe das Elend meines Volks in Ägypten gesehen und habe ihr Geschrei über ihre Unterdrücker gehört und habe ihr Leiden erkannt und bin niedergefahren, daß ich sie errette von der Hand der Ägypter und sie führe heraus aus diesem Lande in ein gutes und weites Land, in ein Land, in dem Milch und Honig fließen, in das Land der Kanaanäer, Hethiter, Amoriter, Pheresiter, Heviter und Jebusiter.

Ich will dich zum Pharao senden, daß du mein Volk aus Ägypten herausführst.

Mose aber sprach zu Gott: „Wer bin ich, daß ich zum Pharao gehe und führe die Hebräer aus Ägypten?“ Gott sprach: „Ich will mit dir sein. Und das soll dir ein Zeichen sein, daß ich dich gesandt habe: Wenn du mein Volk aus Ägypten geführt hast, werdet ihr Gott opfern auf diesem Berg!“

Mose sprach zu Gott: „Siehe, wenn ich zu den Hebräern komme und spreche zu ihnen: Der Gott eurer Väter hat mich zu euch gesandt, und sie mir sagen werden: Wie heißt sein Name? was soll ich ihnen sagen?“

Gott sprach zu Mose: „ICH WERDE SEIN, DER ICH SEIN WERDE. So sollst du den Hebräern sagen: ICH WERDE SEIN hat mich zu euch gesandt! Darum so gehe hin und versammle die Ältesten de Hebräer und sprich zu ihnen: Der Herr, euer Väter Gott, ist mir erschienen, der Gott Abrahams, der Gott Isaaks, der Gott Jakobs, und hat gesagt: Ich habe mich eurer angenommen, und gesehen, was euch in Ägypten widerfahren ist, und habe gesagt: Ich will euch aus dem Elend Ägyptens führen in das Land der Kanaaniter, Hethiter, Amoriter, Pheresiter, Heviter und Jebusiter, in das Land, in dem Milch und Honig fließt!“

Gott verspricht auch daß sie auf Mose hören werden. Danach sollst er mit den Ältesten der Hebräer zum König in Ägypten hineingehen und zu ihm sagen: „Der Herr, der Hebräer Gott, ist uns erschienen. Laß uns nun drei Tagereisen in die Wüste gehen, damit wir unserm Gott opfern!“

Gott sagt aber zu Mose: „Aber ich weiß, daß euch der König in Ägypten nicht ziehen lassen wird, er werde denn gezwungen durch eine starke Hand. Daher werde ich meine Hand ausstrecken und Ägypten schlagen mit an den Wundern, die ich darin tun werde. Danach wird er euch ziehen lassen. Auch will ich diesem Volk Gnade geben bei den Ägyptern: Wenn ihr auszieht, werdet ihr nicht leer ausziehen, sondern jede Frau soll sich von ihrer Nachbarin silberne und goldene Gefäße und Kleider geben lassen. Die sollt ihr euren Söhnen und Töchtern anlegen und von den Ägyptern als Beute nehmen.

 Mose antwortete: „Siehe, sie werden mir nicht glauben und nicht auf meine Stimme hören, sondern werden sagen: Der Herr ist dir nicht erschienen!“ Der Herr sprach zu ihm: „Was hast du da in deiner Hand?“ Er sprach: „Einen Stab!“ Gott sprach: „Wirf ihn vor dir auf die Erde!“ Er warf ihn von sich, da wurde er zur Schlange, und Mose floh vor ihr. Aber der Herr sprach zu ihm: „Strecke deine Hand aus und packe sie bei dem Schwanz!“ Da streckte er seine Hand aus und ergriff sie, und sie wurde zum Stab in seiner Hand. Gott sprach: „Darum werden sie glauben, daß dir erschienen ist der Herr, der Gott ihrer Väter, der Gott Abrahams, der Gott Isaaks, der Gott Jakobs!“

Nach zwei weiteren Wunderzeichen har Mose nur noch ein Bedenken: „Ach mein Herr, ich bin von jeher nicht wohl beredt gewesen, auch jetzt nicht, wo du mit deinem Diener geredet hast, denn ich habe eine schwere Sprache und eine schwere Zunge!“ Der Herr sprach zu ihm: „Wer hat dem Menschen den Mund geschaffen? Oder wer hat den Stummen oder Tauben oder Sehenden oder Blinden gemacht?

Habe nicht ich es getan, der Herr? So geh nun hin: Ich will mit deinem Munde sein und dich lehren, was du sagen sollst!“ Mose sprach aber: „Mein Herr, sende, wen du senden willst, nur nicht mich!“ Da wurde der Herr sehr zornig über Mose und sprach: „Weiß ich denn nicht, daß dein Bruder Aaron aus dem Stamm Levi sehr redegewandt ist? Er wird dir entgegen kommen. Und wenn er dich sieht, wird er sich von Herzen freuen. Du sollst zu ihm reden und die Worte in seinen Mund legen. Und ich will mit deinem und seinem Munde sein und euch lehren, was ihr tun sollt. Er soll für dich zum Volk reden, er soll dein Mund sein, und du sollst für ihn wie Gott sein. Und diesen Stab nimm in deine Hand, mit dem du die Zeichen tun sollst!“ (Ex 3,1 - 417).

 

Rückkehr des Mose nach Ägypten:

Mose ging hin und kam wieder zu seinem Schwiegervater, und sprach zu ihm: „Laß mich doch gehen, daß ich wieder zu meinen Landsleuten komme, die in Ägypten sind, und sehe, ob sie noch leben!“ Der Schwiegervater sprach zu ihm: „Gehe hin mit Frieden“. Der Herr sprach zu Mose: „Geh hin und zieh wieder nach Ägypten, denn die Leute sind tot, die dir nach dem Leben trachteten!“ Also nahm Mose seine Frau und seine Söhne und setzte sie auf einem Esel und zog wieder nach Ägyptenland und nahm den Stab Gottes in seine Hand.

Und der Herr sprach zu Mose: Siehe zu, wenn du wieder nach Ägypten kommst, daß du alle Wunder tust vor dem Pharao, die ich dir in deine Hand gegeben habe. Aber ich will sein Herz hart machen, daß er das Volk nicht ziehen lassen wird. Doch du sollst zu ihm sagen: „So sagt der Herr: Das Volk der Hebräer ist mein erstgeborener Sohn. Ich gebiete dir, daß du meinen Sohn ziehen läßt, daß er mir diene. Wenn du dich aber weigern solltest, so werde ich deinen erstgeborenen Sohn töten!“

Aaron ging hin Mose in die Wüste und begegnete ihm am Berge Gottes und küßte ihn. Und Mose sagte Aaron alle Worte, die der Herrn mit ihm geredet hatte. Und sie gingen hin und versammelten alle Ältesten der Hebräer. Und Aaron redete alle Worte, die der Herr mit Mose geredet hatte. Und das Volk glaubte. Und als sie hörten, daß sich der Herr der Hebräer annagenommen hatte und ihr Elend angesehen hätte, neigten sie sich und beteten an (Ex 4,18-31).

 

Mose und Aaron vor dem Pharao: Die Zehn Plagen (Kapitel 5-13)

Noch härte Unterdrückung der Hebräer:

Danach gingen Mose und Aaron hinein und sprachen zu Pharao: „So sagt der Herr, der Gott der Hebräer: Laß mein Volk ziehen, daß es mir ein Fest halte in der Wüste!“ Der Pharao antwortete: „Wer ist der Herr, des Stimme ich hören müßte und Israel ziehen lasse? Ich weiß nichts von dem Herrn, will auch die Hebräer nicht ziehen lassen!“ Sie sprachen: „Der Gott der Hebräer hat uns gerufen. So laß uns nun hinziehen drei Tagereisen in die Wüste und unserm Gott opfern, damit er uns nicht schlage mit Pest oder Schwert!“ Da sprach der König in Ägypten zu ihnen: „Mose und Aaron, warum wollt ihr das Volk von seiner Arbeit frei machen? Geht hin an eure Dienste!“

Weiter sprach der Pharao für sich: „Siehe, sie sind schon mehr als die Einheimischen, und ihr wollt sie noch feiern lasse?“ Am gleichen Tag befahl er den Vögten und ihren Aufsehern:

„Ihr sollt dem Volk nicht mehr Strohhäcksel geben, um wie bisher Ziegel zu machen. Laßt sie selbst hingehen, und Stroh dafür zusammenlesen. Aber die Zahl der Ziegel, die sie bisher gemacht haben, sollt ihr ihnen dennoch aufdrücken. und nichts nachlassen, denn sie sind faul. Darum schreien sie: Wir wollen hinziehen und unserm Gott opfern! Man drücke die Leute mit Arbeit, daß sie zu schaffen haben und sich nicht um falsche Reden kümmern!“

Da gingen die Vögte und ihre Aufseher hin und sprachen zum Volk: „So spricht der Pharao: Man wird euch kein Häcksel geben. Geht ihr selbst hin und sammelt euch Häcksel, wo ihr es findet. Aber von eurer Arbeit soll euch nichts erlassen werden.

Da zerstreute sich das Volk ins ganze Land Ägypten, umStro0h zu sammeln, damit sie Häcksel hätten. Die Vögte trieben sie an und sprachen: „Erfüllt euer Tagwerk, sowie vorher, als ihr Stroh hattet!“ Und die Vertrauensleute der Hebräer, die die Vögte des Pharao über sie gesetzt hatten, wurden geschlagen, und es wurde zu ihnen gesagt: „Warum habt ihr nicht auch heute

euer festgesetztes Tagwerk geschafft wie bisher?“

Da gingen die Vertrauensleute der Hebräer Israel hinein zum Pharao und schrien: „Warum verfährst du so mit deinen Sklaven? Man gibt den Arbeitern kein Häcksel, und sie sollen die Ziegel machen, die uns vorgeschrieben sind. Deine Diener werden geschlagen, und du versündigst dich an deinem Volk!“

Der Pharao aber sprach: „Ihr seid Faulenzer, Faulenzer seid ihr. Darum sprecht ihr: Wir wollen hinziehen und dem Herrn opfern. So geht nun hin und leistet eure Arbeit. Häcksel soll man euch nicht geben, aber die Anzahl der Ziegel sollt ihr schaffen. Da sahen die Vertrauensleute der Hebräer, daß es mit ihnen übel stand, weil man sagte: Ihr sollt das Tagwerk an Ziegeln nicht vermindern.

Als sie vom Pharao gingen, begegneten sie Mose und Aaron und traten ihnen entgegen und sprachen zu ihnen: „Der Herr richte seine Augen gegen euch und straf es, daß ihr uns vor dem Pharao und seinen Großen in Verruf gebracht habt und habt ihnen so das Schwert in die Hände gegeben, uns zu töten!“

Mose kam wieder zu dem Herrn und sprach: „Herr, warum tust du so übel an diesem Volk? Warum hast du mich hierher gesandt? Denn seitdem ich hineingegangen bin zum Pharao, um mit ihm zu reden in deinem Namen, hat er das Volk noch härter geplagt, und du hast dein Volk nicht errettet!“ Der Herr sprach zu Mose: „Nun sollst du sehen, was ich dem Pharao antun werde. Denn durch eine starke Hand gezwungen muß er sie lassen ziehen und sie sogar aus seinem Land von sich treiben!“ (Ex 5, 1 - 6,1).

 

[In Ex 6,2-13 wird noch einmal die Beauftragung des Mose geschildert, die von einer anderen Verfasser stammt. In Ex 2,14-30 folgt eine Aufzählung der Vorfahren Moses und Aarons. In den Kapiteln 7 bis 11werden dann die „ägyptischen Plagen“ geschildert, durch die der Pharao gezwungen werden soll, die Hebräer doch ziehen zu lassen. Diese haben sich jedoch nicht wirklich aus diesem Anlaß ereignet, hier wird nur das Wissen von solchen möglichen Plagen in die Erzählung von Auszug aus Ägypten eingebaut. Die Plagen im Einzelnen sind:

1. Das Nilwasser wird zu Blut

2. Frösche wimmeln im Land

3. Mücken plagen Mensch und Tier

4. Stechfliegen plagen Mensch und Tier

5. Eine Seuche rafft das Vieh dahin

6. Bei Mensch und Vieh brechen Geschwüre auf

7. Hagelstürme verwüsten das Land

8. Heuschrecken fressen das Land kahl

9. Drei Tage herrscht Dunkelheit im Land

10. Obwohl von den immer bedrohlicher werdenden Plagen erschrocken, gewährt der Pharao den Auszug der Israeliten nicht. Die Hebräer werden im Übrigen von den Plagen verschont. Erst die letzte, zehnte Plage, der Tod aller männlichen Erstgeborenen der Ägypter, überzeugt den Pharao, die Israeliten ziehen zu lassen].

 

Einsetzung des Passahfestes:

Der Herr aber sprach zu Mose und Aaron in Ägypten: Dieser Monat soll bei euch der erste Monat sein, und von ihm sollt ihr die Monates des Jahres zählen. Sagt der ganzen Gemeinde: „Am zehnten Tage dieses Monats nehme jedes Familienoberhaupt ein Lamm, je ein Lamm für ein Haus. Wenn aber in einem Haus für ein Lamm zu wenig Bewohner sind, so nehme er es mit seinem nächsten Nachbarn zusammen, bis sie so viel sind, daß sie das Lamm aufessen können. Ihr sollt aber ein Lamm nehmen, an dem kein Fehler ist, ein männliches Tier und ein Jahr alt. Ihr sollt es aufheben bis zum vierzehnten Tag des Monats. Dann soll jede Gruppe im ganzen Volk es gegen Abend schlachten.

Ihr sollt von seinem Blut nehmen und damit beide Pfosten der Tür und die obere Schwelle an den Häusern bestreichen. In derselben Nacht sollt ihr das am Feuer gebratene Fleisch essen und ungesäuertes Brot mit bitteren Kräutern. Ihr sollt es weder roh essen noch mit Wasser gekocht, sondern am Feuer gebraten mit Kopf, Schenkeln und Innereien. Und ihr sollt nichts davon übriglassen bis zum Morgen, sondern wenn etwas übrigbleibt

sollt ihr es mit Feuer verbrennen.

Ihr sollt es aber so essen: Um eure Lenden sollt ihr den Gürtel gelegt haben und eure Schuhe an den Füßen haben und den Stab in euren Händen. Ihr sollt es essen wie Menschen, die davon­eilen. Das ist des Herrn Passah. Denn ich will in derselben Nacht durch Ägypten gehen und alle Erstgeborenen töten in Ägypten, unter den Menschen und unter dem Vieh, und will Strafgericht halten über alle Göttern der Ägypter - ich, der Herr.

Dann soll das Blut soll ein Zeichen sein an alle euren Häusern: Wo ich das Blut sehe, will ich an euch vorübergehen und die Plage wird euch nicht widerfahren, die das Verderben bringt, wenn ich Ägypten bestrafe. Ihr sollt diesen Tag zum Gedenktag machen und sollt ihn feiern als ein Fest für den Herrn, ihr und alle eure Nachkommen, als ewige Ordnung.

Sieben Tage sollt ihr ungesäuertes Brot essen, und zwar vom Abend des vierzehnten Tags

bis zum Abend des einundzwanzigsten Tags des Monats, so daß man sieben Tage keinen Sauerteig in euren Häusern finde

Schon am ersten Tag sollt ihr den Sauerteig aus euren Häusern tun. Wer gesäuertes Brot ißt vom ersten Tage an bis auf den siebenten, der soll ausgerottet werden aus Israel. Am ersten und am siebten Tag soll heilige Versammlung sein. Keine Arbeit sollt ihr dann tun, nur was jeder zur Speise braucht, das allein dürft ihr für euch zubereiten. Haltet das Gebot der ungesäuerten Brote. Denn an diesem Tag habe ich eure Schar aus Ägypten geführt. Darum sollt ihr diesen Tag einhalten, ihr und alle eure Nachkommen, als ewige Ordnung!“ [Hier leicht gekürzt].

Und Mose rief alle Ältesten zusammen und sprach zu ihnen: „Sucht euch Schafe aus und nehmt sie für eure Familien und schlachtet das Passahlamm. Nehmt einen Büschel Isop und taucht in das Blut in dem Becken und bestreicht damit die obere Schwelle und die zwei Pfosten. Und kein Mensch gehe aus seiner Haustür heraus bis zum Morgen. Denn der Herr wird umhergehen und die Ägypter töten. Aber wenn er das Blut sehen wird an der oberen Schwelle und den zwei Pfosten, wird er an der Tür vorübergehen und den Verderber nicht in eure Häuser kommen lassen. Und wenn ihr in das Land kommt, das euch der Herr geben wird, so behaltet diesen Brauch bei. Wenn eure Kinder zu euch sagen werden: Was habt ihr da für einen Brauch? Dann sollt ihr sagen: Es ist das Passahopfer des Herrn, der an unserem Volk vorüber ging in Ägypten, als er die Ägypter tötete und unsere Häuser rettete!“

Da verneigte sich das Volk und betete an. Und sie gingen hin und taten, wie der Herr Mose und Aaron geboten hatte. Um Mitternacht tötete der Herr alle Erstgeborenen in Ägypten von dem ersten Sohn des Pharao bis zu dem ersten Sohn des Gefangenen im Gefängnis und alle Erstgeborenen des Viehs. Da standen der Pharao auf und alle seine Großen und alle Ägypter, und es war ein großes Geschrei in Ägypten, denn es war kein Haus, darin nicht ein Toter war. Der Herr rief Moses und Aaron in der Nacht zu sich und sprach: „Macht euch auf und zieht los. Geht hin und dient dem Herrn, wie ihr gesagt habt. Nehmt auch eure Schafe und Rinder mit, wie ihr gesagt habt. Geht hin und bittet auch um Segen für mich (Ex 12,1-32)

 

Auszug der Hebräer:

Die Ägypter aber drängten das Volk und trieben es eilend aus dem Land, denn sie sprachen: „Wir sind alle des Todes!“ Und das Volk trug den rohen Teig, ehe er durchsäuert war, ihre Backschüsseln in ihre Mäntel gewickelt auf ihren Schultern. Sie hatten getan, wie Mose gesagt hatte, und von den Ägyptern silberne und goldene Geräte und Kleider gefordert. Gott hatte auch gemacht, daß die Ägypter ihnen gegenüber willig waren, und so nahmen sie alles von den Ägyptern zur Beute. So zogen die Hebräer aus von Ramses nach Sukkoth, sechshunderttausend Mann zu Fuß ohne die Frauen und Kinder. Es zog auch mit ihnen viel fremdes Volk, dazu Schafe und Rinder, sehr viel Vieh.

[Diese Zahlen wurden in der Vergangenheit unkritisch als historische Begebenheit akzeptiert. Archäologische Hinweise auf derartig große Bevölkerungsbewegungen im Sinaigebiet oder eine Einwanderung nach Kanaan liegen aber nicht vor. In Kanaan lebten zu jener Zeit nur 50.000 bis 100.000 Menschen. Viele Forscher gehen daher von einer viel kleineren Auswanderung aus, die auch noch gar nicht alle zwölf Stämme umfaßte. Auch wenn nur etwa 400 Personen die Rettung am Meer und den Bundesschluß erlebt haben sollten, so ist dieses Ereignis dennoch die Grundlage des Glaubens des ganzen späteren Volkes Israel].

Die Zeit aber, in der die Hebräer in Ägypten gewohnt haben, sind vierhundertunddreißig Jahre. Als diese um waren, ging das ganze Heer des Herrn an diesem Tag aus Ägyptenland. Eine Für den Herrn war das eine Nacht des Wachens, um sie aus Ägypten zu führen. Deshalb soll auch das Volk diese Nacht zu Ehren des Herrn wachen, sie und ihre Nachkommen.

 

Der Herr sprach zu Mose und Aaron: „Dies ist die Ordnung, das Passah zu halten. Kein Ausländer soll davon essen. Aber wer ein gekaufter Sklave ist, den beschneide man, und dann darf er davon essen. Aber kein Unbeschnittener soll davon essen. Wenn ein Fremder bei dir wohnt und dem Herrn das Passah halten will, der beschneide alles, was männlich ist. Dann trete er herbei, daß er das Passah halte, und sei wie ein Angehöriger des Volkes. Denn es gilt einerlei Ordnung für die Angehörigen unsres Volks und die Fremden, die unter euch wohnen. Alle Mitglieder des Volks taten, wie der Herr Mose und Aaron hatte geboten. So führte der Herr auf einen Tag die Kinder Israel aus Ägypten mit ihrem Heer (Ex 12,33-51, am Schluß gekürzt).

 

Verfolgung der Israeliten und Durchquerung des Roten Meeres (Kapitel 13-15)

Heiligung der Erstgeburt und Fest der ungesäuerten Brote:

Der Herr redete mit Mose: „Stelle mir alle Erstgeborenen zur Verfügung („heilige mir“). Denn alles, was zuerst den Mutterschoß durchbricht bricht, bei Mensch und Vieh, das ist mein. Wenn dich dann der Herr ins Land der Kanaaniter gebracht hat, dann sollst du dem Herrn alles aussondern, was den Mutterschoß durchbricht.

Alle männlichen Erstgeborenen unter dem Vieh gehören dem Herrn. Die Erstgeborenen vom Esel sollst du auslösen mit einem Schaf. Beim Menschen aber sollst du alle Erstgebornen unter deinen Söhnen auslösen.

Und wenn dich heute oder morgen dein Kind wird fragen: „Was bedeutet das?“ sollst du ihm sagen: „Der Herr hat uns mit mächtiger Hand aus der Sklaverei in Ägypten geführt. Und weil der Pharao hart war, uns loszulassen, erschlug der Herr alle Erstgebornen in Ägypten. Darum opfere ich dem Herrn alles Männliche, was geboren wird, aber die Erstgeburt meiner Söhne löse ich aus. Das soll dir ein Zeichen auf deiner Hand sein und ein Merkzeichen zwischen deinen Augen, denn der Herr hat uns mit mächtiger Hand aus Ägypten geführt!“

Auch das Fest der ungesäuerten Brote befahl Gott dem Volk: „Wenn dich der Herr in das Land der Kanaanäer bringen wird, so sollst du den Brauch halten in dem Monat. SiebenTage sollst du ungesäuertes Brot essen, und am siebten Tag ist das Fest des Herrn. Ihr sollt euren Söhnen sagen: Das halten wir deswegen ein, weil Gott so viel an uns getan hat, als wir aus Ägypten zogen. Das soll dir ein Zeichen auf deiner Hand sein und ein Merkzeichen zwischen deinen Augen, denn der Herr hat uns mit mächtiger Hand aus Ägypten geführt (Ex 13, 1-16, gekürzt).

 

Die Wolken- und Feuersäule:

Als nun der Pharao das Volk hatte ziehen lassen, führte sie Gott nicht auf der Straße durch das Land der Philister, die an sich der nächste war. Denn Gott dachte, das Volk würde es bereuen, wenn sie Kämpfe vor sich sähen, und sie könnten wieder nach Ägypten umkehren. Darum ließ es das Volk einen Umweg machen und führte es durch die Wüste zum Schilfmeer. Das Volk zog wohlgeordnet aus Ägypten.

Mose nahm die Gebeine Josephs mit, denn dieser hatte dem Volk einen Eid abgenommen und gesprochen: „Gott wird sich eurer annehmen, dann führt meine Gebeine von hier mit euch fort!“ So zogen sie aus von Sukkoth und lagerten sich in Etham am Rand der Wüste. Und der Herr zog vor ihnen her, um sie den rechten Weg zu führen, tagsüber in einer Wolkensäule und nachts in einer Feuersäule, damit sie, Tag und Nacht wandern konnten. Die Wolkensäule wich niemals von dem Volk bei Tag noch die Feuersäule in der Nacht (Ex 13,17-22).

 

Der Durchzug durch das Schilfmeer:

Als es dem König von Ägypten angesagt wurde, daß das Volk geflohen war, wurde sein Herz und das Herz seiner Großen verwandelt und sie sprachen: „Warum haben wir das getan und haben das Volk ziehen lassen, so sie uns nicht mehr dienen?“ Er spannte seinen Wagen an und nahm sein Kriegsvolk mit sich. Er nahm sechshundert auserlesene Wagen und was sonst von Wagen in Ägypten war, mit Kämpfern auf jedem Wagen. Die Ägypter jagten ihnen nach mit Rossen und Wagen und ihren Männern und mit dem ganzen Heer des Pharao und holten sie ein, als sie sich gelagert hatten am Meer bei Pihachiroth.

Als der Pharao nahe heran kam, hoben die Kinder Israel ihre Augen auf, und sahen, daß die Ägypter hinter ihnen her zogen. Da fürchteten sie sich sehr und schrieen zu dem Herrn und sprachen zu Mose: „Waren nicht genug Gräber in Ägypten, daß du uns wegführen mußtest, damit wir in der Wüste sterben? Warum hast du uns das angetan, daß du uns aus Ägypten geführt hast? Haben wir es dir nicht schon in Ägypten gesagt: Laß uns in Ruhe, wir wollen den Ägyptern dienen? Es wäre besser für uns, den Ägyptern dienen als in der Wüste sterben!“

 

Aber Mose sprach zum Volk: „Fürchtet euch nicht, steht fest und seht zu, was für ein Heil der Herr heute an euch tun wird. Denn wie ihr die Ägypter heute seht, werdet ihr sie niemals wiedersehen. Der Herr wird für euch streiten, und ihr werdet still sein!“

Der Herr sprach zu Mose: „Was schreist du zu mir? Sage dem Volk, daß sie weiterziehen. Du aber hebe deinen Stab auf und recke deine Hand aus über das Meer und teile es mitten durch, so daß das Volk auf dem Trockenen mitten hindurch geht! Siehe, ich will das Herz der Ägypter hart machen, daß sie hinter euch herziehen. So will ich meine Herrlichkeit erweisen an dem Pharao und an aller seiner Macht, an seinen Wagen und Männern. Die Ägypter sollen gewahr werden, daß ich der Herr bin, wenn ich meine Herrlichkeit erweise an dem Pharao und an seinen Wagen und an seinen Männern!“

Die Wolkensäule vor ihnen erhob sich und trat hinter sie und kam zwischen das Heer der Ägypter und das Heer des Volkes. Dort war die Wolke finster und hier erleuchtete sie die Nacht, so daß sich die ganze Nacht die Heere nicht näher kamen.

Als nun Mose seine Hand über das Meer ausreckte, ließ es der Herr zurückweichen durch einen starken Ostwind die ganze Nacht und machte das Meer trocken, und die Wasser teilten sich. Und das Volk ging mitten ins Meer auf dem Trockenen, und das Wasser stand wie Mauern zur Rechten und zur Linken.

Die Ägypter folgten ihnen nach und zogen hinein, alle Rosse des Pharao, seine Wagen und Männer, mitten ins Meer. Als nun die Zeit der Morgenwache kam, schaute der Herr auf das Heer der Ägypter aus der Feuersäule und der Wolke und brachte einen Schrecken über ihr Heer und hemmte die Räder ihrer Wagen und machte, daß sie nur schwer vorwärts kamen. Da sprachen die Ägypter: „Laßt uns fliehen vor diesem Volk, denn der Herr streitet für sie gegen die Ägypter!“

Aber der Herr sprach zu Mose: „Recke deine Hand aus über das Meer, daß das Wasser wieder komme und herfalle über die Ägypter!“ Da reckte Mose seine Hand aus über das Meer, und das Meer kam gegen Morgen wieder in sein Bett, und die Ägypter flohen dem Meer entgegen. So stürzte der Herr sie mitten ins Meer. Das Wasser kam wieder und bedeckte Wagen und Männer, das ganze Heer des Pharao, das ihnen nachgefolgt war ins Meer, so daß nicht einer von ihnen übrigblieb.

So rettete an diesem Tag der Herr das Volk aus der Hand der Ägypter. Und sie sahen die Ägypter tot am Ufer des Meeres liegen, und die mächtige Hand, mit der der Herr an den Ägyptern gehandelt hatte. Und das Volk fürchtete den Herrn, und sie glaubten ihm und seinem Diener Mose (Ex 14, leicht gekürzt)

Da sang Mose und das Volk dem Herrn dies Lied: „Ich will dem Herrn singen, denn er hat eine herrliche Tat getan: Roß und Mann hat er ins Meer gestürzt!“ (Ex 15). [Das Lied geht noch weiter, aber das ist wohl eine spätere Erweiterung, ebenso wie die Bemerkung, daß auch Miriam und die Frauen das gleiche Lied gesungen hätten].

[Der Durchzug durchs Meer wird von verschiedenen Quellen unterschiedlich erzählt. Spektakulär ist natürlich die Lesart mit der Teilung des Wassers. Ursprünglich dürfte jedoch doch sein, daß Gott aus der Wolken- und Feuersäule die Ägypter erschreckte und sie in Verwirrung brachte, so daß sie die Verfolgung aufgaben. Man muß auch nicht annehmen, daß sich der Durchzug am tiefen Meer (dem Roten Meer) ereignete. Er war wohl mehr im Bereich des heutigen Suezkanals mit seinen großen Seen und Schilfgürteln].

 

 

Durch die Wüste (Kapitel 16-18):

Mose ließ das Volk vom Schilfmeer hinaus ziehen zur Wüste Sur. Sie wanderten drei Tage in der Wüste und fanden kein Wasser. Dann kamen sie nach Mara, aber sie konnten das Wasser nicht trinken, denn es war sehr bitter (daher hieß man den Ort „Mara“).

Da murrte das Volk gegen Mose und sprach: „Was sollen wir trinken?“ Mose schrie zu dem Herrn, und der Herr zeigte ihm ein Holz. Das warf er ins Wasser, da wurde es süß. Zum Volk sprach er: „Wirst du der Stimme deines Gottes gehorchen und tun, was recht ist vor ihm, und seine Gebote beachten,, so will ich dir keine der Krankheiten auferlegen, die ich den Ägyptern auferlegt habe, denn ich bin der Herr, dein Arzt!“ Und sie kamen nach Elim. Da waren zwölf Wasserbrunnen und siebzig Palmbäume, und sie lagerten sich dort am Wasser (Ex 185, 22-27).

 

Speisung mit Wachteln und Manna:

Von Elim zogen sie aus am fünfzehnten Tag des zweiten Monats, nachdem sie aus Ägypten gezogen waren, in die Wüste Sin zwischen Elim und Sinai. Da murrte das Volk gegen Mose: „Wollte Gott, wir wären in Ägypten gestorben durch des Herrn Hand, als wir bei den Fleischtöpfen saßen und hatten Brot in Fülle zu essen. Denn ihr habt uns herausgeführt in diese Wüste, daß ihr uns Hungers sterben laßt!“

Da sprach der Herr zu Mose: „Siehe, ich will euch Brot vom Himmel regnen lassen, und das Volk soll hinausgehen und täglich sammeln, was es für den Tag braucht, damit ich es prüfe, ob es nach meinen Gesetzen lebt oder nicht. Am sechsten Tag aber werden sie doppelt so viel sammeln, damit sie am siebten Tag ausruhen können!“

Am Abend kamen Wachteln herauf und bedeckten das Lager. Und am Morgen lag Tau um rings um das Lager Als der Tau weg war, siehe, da lag etwas in der Wüste, rund und klein wie der Reif auf der Erde. Mose aber sprach zu ihnen: „Das ist das Brot, das euch der Herr zu essen gegeben hat. Ein jeder sammle, soviel er zum Essen braucht, je einen Krug für jeden Familienangehörigen!“

Da sammelte das Volk alles ein. Mose aber sprach zu ihnen: „Niemand lasse etwas übrig bis zum nächsten Morgen!“ Aber sie gehorchten Mose nicht: Einige ließen davon übrig bis morgen. Da wuchsen Würmer darin und es fing an zu stinken. Und Mose ward zornig auf sie. So sammelten sie jeden Morgen, soviel ein jeder zum Essen brauchte. Wenn aber die Sonne heiß schien, dann zerschmolz es.

Am sechsten Tag sammelten sie doppelt soviel Brot. Mose sprach zu ihnen: „Morgen ist der Feiertag des Herrn. Was ihr backen wollt, das backt, Was aber übrig ist, das hebt auf bis morgen!“ Da wurde es nicht stinkend und es war auch kein Wurm darin. Dennoch gingen am siebenten Tag einige hinaus, um zu sammeln, fanden aber nichts. So feierte das Volk am siebten Tag. Sie aßen aber die Speise vierzig Jahre, bis sie zu dem Lande kamen, wo sie wohnen sollten (Ex 16, stark gekürzt).

 

In Massa und Meriba:

Als sie weiter zogen und sich in Raphidim lagerten, da hatte das Volk kein Wasser zu trinken. Sie grollten mit Mose und sprachen: „Gib uns Wasser, daß wir trinken!“ Mose sprach zu ihnen: „Was zankt ihr mit mir? Warum versucht ihr den Herrn?“ Da murrten sie wieder gegen Mose und sprachen: „Warum hast du uns aus Ägypten ziehen lassen, damit du uns mit unsren Kindern und unserem Vieh vor Durst sterben ließest?“

Mose schrie zum Herrn: „Was soll ich mit dem Volk tun? Es fehlt nicht viel und sie werden mich noch steinigen!“

 

Der Herr sprach zu ihm: „Tritt hin vor das Volk und nimm einige von den Ältesten mit dir und nimm deinen Stab in deine Hand, mit dem du den Nil schlugst, und gehe hin. Ich will dort stehen vor dir stehen auf einem Fels am Horeb. Da sollst du an den Fels schlagen, so wird Wasser herauslaufen, daß das Volk trinke!“ Und Mose tat so vor den Ältesten. Da floß Wasser aus dem Felsen (Ex 17,1-7).

 

Sieg über die Amalekiter:

Da kamen die Amalekiter und kämpften gegen das Volk. Mose sprach zu Josua: „Wähle uns Männer aus und kämpfe gegen die Amalekiter. Morgen will ich oben auf dem Hügel stehen mit dem Stab Gottes in meiner Hand!“ Josua tat, wie Mose ihm sagte, und kämpfte gegen die Amalekiter. Mose aber und Aaron und Hur gingen auf die Höhe des Hügels. Und wenn Mose seine Hand emporhielt, siegte sein Volk. Wenn er aber seine Hand sinken ließ, siegten die Amalekiter. Darum nahmen sie einen Stein und legten ihn hin, damit er sich darauf setzte. Aaron aber und Hur stützten ihm seine Hände, auf jeder Seite einer. So blieben seine Hände erhoben, bis die Sonne unterging. Und Josua überwältigte die Amalekiter durch die Schärfe des Schwerts (Ex 17, gekürzt).

 

Besuch des Schwiegervaters:

Als Moses Schwiegervater hörte, was Gott mit Mose und seinem Volk getan hatte, nahm er die Frau des Mose mit ihren zwei Söhnen. Als sie in die Wüste kamen an den Berg Gottes, gab er Mose Nachricht. Da ging Mose hinaus ihm entgegen und neigte sich vor ihm und küßte ihn. Und als sie sich untereinander begrüßt hatten, gingen sie in das Zelt.

Da erzählte Mose seinem Schwiegervater alles, was der Herr dem Pharao und den Ägyptern getan hatte, und alle die Mühsal, die ihnen auf den Wege begegnet war, und daß sie der Herr errettet hätte. Der Schwiegervater aber freute sich über all das Gute, das der Herr dem Volk getan hatte, daß er sie errettet hatte aus der Hand der Ägypter. Er sprach: „Gelobt sei der Herr, der euch errettet hat aus der Hand der Ägypter und des Pharao. Nun weiß ich, daß der Herr größer ist als alle Götter, denn er hat das Volk aus der Hand der Ägypter errettet, weil sie hochmütig an ihnen gehandelt haben!“ Er brachte Gott ein Brandopfer und Schlachtopfer dar. Da kamen Aaron und alle Ältesten, mit dem Schwiegervater des Mose das Mahl zu halten vor Gott (Ex 18,1-12, gekürzt).

 

Einsetzung von Schiedsmännern:

Am anderen Morgen setzte sich Mose, um Recht zu sprechen im Volk. Das Volk stand um Mose her vom Morgen bis zum Abend. Als aber sein Schwiegervater das alles sah, sprach er: „Warum sitzt du allein, und alles Volk steht um dich her vom Morgen bis zum Abend?“ Mose antwortete ihm: „Das Volk kommt zu mir, um Gott um Rat zu fragen. Wenn sie einen Streitfall haben, kommen sie zu mir, damit ich entscheide zwischen dem einem und dem anderen und ihnen erläutere die Satzungen Gottes und seine Weisungen!“

Sein Schwiegervater sprach zu ihm: „Es ist nicht gut, was du tust. Du machst dich zu müde, dazu auch das Volk, das mit dir ist. Das Geschäft ist dir zu schwer, du kannst e allein nicht ausrichten. Aber höre auf mich, ich will dir raten, und Gott wird mit dir sein. Vertritt du das Volk vor Gott und bringe ihre Anliegen vor Gott und erläutere ihnen die Satzungen und Weisungen und lehre sie den Weg, den sie gehen sollen, und die Werke, die sie tun sollen. Sieh dich unter dem ganzen Volk um nach redlichen Leuten, die Gott fürchten, wahrhaftig sind und dem ungerechten Geiz feind sind.

Die setze über sie, einige über tausend Leute, einige über hundert Leute, einige über fünfzig Leute und einige über zehn Leute. Sie sollen das Volk im Regelfall richten. Nur wenn eine größere Sache ist, sollen sie diese vor dich bringen!“ Mose gehorchte dem Wort seines Schwiegervaters und tat alles, was er sagte: Er erwählte redliche Leute aus dem ganzen Volk und machte sie zu Vorgesetzen über das Volk. Daraufhin ließ Mose seinen Schwiegervater in sein Land ziehen (Ex 18, gekürzt).

 

Am Sinai: Die Zehn Gebote und die Bundesgesetze (Kapitel 19-23):

Ankunft am Sinai:

Im dritten Monat nach dem Ausgang der Kinder Israel aus Ägypten kamen sie in die Wüste Sinai und lagerten sich gegenüber dem Berg. Mose stieg hinauf zu Gott. Und der Herr rief ihm vom Berg: „So sollst du sagen dem Volk verkündigen: Ihr habt gesehen, was ich den Ägyptern getan habe, und wie ich euch auf Adlerflügeln getragen habe und habe euch zu mir gebracht. Werdet ihr nun meiner Stimme gehorchen und meinen Bund halten, so sollt ihr mein Eigentum sein vor allen Völkern, denn die ganze Erde ist mein. Ihr sollt mir ein Königreich von Priestern und ein heiliges Volk sein!“

Mose kam und rief die Ältesten im Volk zusammen und legte ihnen alle diese Worte vor, die der Herr geboten hatte. Und alles Volk antwortete einstimmig und sprach: „Alles, was der Herr geredet hat, wollen wir tun!“ Mose sagte die Worte des Volkes dem Herrn wieder. Da sprach der Herr zu Mose: „Siehe, ich will zu dir kommen in einer dicken Wolke, damit dieses Volk es höre, wenn ich mit dir rede, und dir für immer glaube!“ Und Mose verkündigte dem Herrn die Rede des Volks. Der Herr sprach zu Mose: „Bereite sie heute und morgen auf Gott vor: Sie sollen ihre Kleider waschen und bereit sein für den dritten Tag. Denn am dritten Tag wird der Herr vor allem Volk herabfahren auf den Berg Sinai. Und zieh eine Grenze um das Volk und sprich zu ihnen: Hütet euch, auf den Berg zu steigen oder seinen Fuß anzurühren. Denn wer den Berg anrührt, soll des Todes sterben.

 Keine Hand soll den Berg anrühren. Wer es doch tut, der soll gesteinigt oder erschossen werden, es sei ein Tier oder ein Mensch. Wenn aber das Widderhorn lange tönen wird, dann soll man auf den Berg steigen!“ Mose stieg vom Berg zum Volk und bereitete sie vor und sie wuschen ihre Gewänder. Er sprach zu ihnen: „Seid bereit für den dritten Tag, und keiner rühre eine Frau an!“

Als nun der dritte Tag kam und es Morgen wurde, da erhob sich ein Donnern und Blitzen und es war eine dicke Wolke auf dem Berg und der Ton einer sehr starken Posaune. Das ganze Volk aber, das im Lager war, erschrak. Und Mose führte das Volk aus dem Lager Gott entgegen, und es trat unten an den Berg. Der ganze Berg Sinai aber rauchte, weil der Herr herab auf den Berg fuhr im Feuer Und der Rauch steig auf wie ein Rauch vom Schmelzofen und der ganze Berg bebte sehr. Der Ton der Posaune wurde immer stärker.

Als nun der Herr auf den Berg Sinai herabgekommen war, rief er Mose hinauf auf den Gipfel des Berges, und Mose stieg hinauf. Da sprach der Herr zu ihm: „Steig hinab und verwarne das Volk, daß sie nicht durchbrechen zum Herrn, um ihn zu sehen. Auch die Priester, die sonst sich dem Herrn nähern, sollen sich entsprechend vorbereiten, daß der Herr sie nicht zerschmettere!“ (Ex 19, leicht gekürzt).

 

Die zehn Gebote:

Und Gott redete alle diese Worte:

  • Ich bin der Herr, dein Gott, der ich dich aus der Sklaverei in Ägypten geführt habe. Du sollst keine anderen Götter haben neben mir. Du sollst dir kein Bildnis noch irgendein Abbild machen, weder von dem, was oben im Himmel noch unten auf der Erde noch im Wasser unter der Erde ist. Bete sie nicht an und diene ihnen nicht. Denn ich, der Herr, bin ein eifriger Gott, der die Missetat der Väter straft bis in das dritte und vierte Glied an den Kindern derer, die mich hassen. Ich tue aber Barmherzigkeit an vielen Tausenden, die mich liebhaben und meine Gebote halten.
  • Du sollst den Namen des Herrn, deines Gottes, nicht mißbrauchen, denn der Herr wird den nicht ungestraft lassen, der seinen Namen mißbraucht.
  • Beachte den Feiertag, daß Du ihn für Gott nutzt. Sechs Tage sollst du arbeiten und alle deine Werke tun. Aber am siebenten Tage ist der Feiertag des Herrn. Da sollst du keine Arbeit tun, auch nicht dein Sohn oder deine Tochter oder dein Mitarbeiter oder deine Mitarbeiterin, auch nicht dein Vieh oder der Fremde, der in deiner Stadt lebt. Denn in sechs Tagen hat der Herr Himmel und Erde gemacht und das Meer und alles, was drinnen ist. Aber er ruhte am siebten Tage. Darum segnete der Herr den Feiertag und bestimmte ihn für sich.
  • Du sollst deinen Vater und deine Mutter ehren, damit du lange lebst in dem Land, das dir der Herr gibt.
  • Du sollst nicht töten.
  • Du sollst nicht ehebrechen.
  • Du sollst nicht stehlen (= keinen Menschen stehlen und versklaven).
  • Du sollst kein falsch Zeugnis reden gegen deinen Mitmenschen.
  • Du sollst nicht begehren deines Nächsten Haus.
  • Du sollst nicht begehren deines Mitmenschen Frau, Angestellte, Ochs oder Esel, noch alles, was dein Mitmensch hat.

Das ganze Volk sah den Donner und Blitz und den Ton der Posaune und den Berg rauchen. Als sie aber das sahen, flohen sie blieben in der Ferne stehen und sprachen zu Mose: „Rede du mit uns, wir wollen gehorchen. Aber laß Gott nicht mit uns reden, wir könnten sonst sterben. Mose aber sprach zum Volk: „Fürchtet euch nicht, denn Gott ist gekommen, euch zu versuchte, damit ihr vor Augen habt, wie er zu fürchten ist und ihr nicht sündigt!“

Der Herr sprach zu ihm: „So sollst du dem Volk sagen: Ihr habt gesehen, daß ich mit euch vom Himmel geredet habe. Darum sollt ihr euch keine anderen Götter neben mir machen, weder silberne noch goldene Götter. Mache mir einen Altar von Erde, darauf du dein Brandopfer und Dankopfer, deine Schafe und Rinder opferst. An jedem Ort, wo ich meines Namens gedenken lasse, da will ich zu dir kommen und dich segnen. Und wenn du mir einen steinernen Altar machen willst, sollst du ihn nicht von behauenen Steinen bauen, und wenn mit deinem Eisen darüber kommst, so wirst du ihn entweihen. Du sollst auch nicht auf Stufen zu meinem Altar hinaufsteigen, daß nicht deine Blöße aufgedeckt werde vor ihm (Ex20, 1-26).

[Jetzt folgen Rechtsordnungen, die aber im Grunde die Verhältnisse der späteren Zeit widerspiegeln: Rechte der hebräischen Sklaven, Vergehen gegen Leib und Leben, Ersatzleistungen, todeswürdige Vergehen, Rechtsschutz für die Schwachen, Gerechtigkeit und Nächstenliebe, Sabbatjahr und Sabbat („Sechs Jahre sollst du dein Land einsäen und seine Früchte einsammeln, aber im siebten Jahr sollst du es ruhen und liegen lassen“), die drei großen Jahresfeste (Fest der ungesäuerten Brote, Fest der ersten Ernte, Fest der Herbstlese, Mahnungen und Verheißungen für die Zukunft (Ex 21-23)].

 

Die Steintafeln der Gebote, die Bundeslade, Priesterstand und Altaropfer (Kapitel 24-31):

Der Bundesschluß am Sinai:

Gott sprach zu Mose: „Steig herauf zum Herrn, du und Aaron, Nadab und Abihu und siebzig von den Ältesten Israels, und betet an von ferne. Aber zunächst sollst du allein dich dem Herrn nahen. Lasse jene nicht herannahen, und das Volk komme auch nicht mit dir herauf!“

Da schrieb Mose alle Worte des Herrn nieder und machte sich früh am Morgen auf und baute einen Altar unten am Berg mit zwölf Säulen entsprechend den zwölf Stämmen, und sandte junge Männer hin, daß sie Brandopfer darauf opferten und Dankopfer dem Herrn von jungen Stieren. Mose nahm die Hälfte des Bluts und tat es in ein Becken, die andere Hälfte sprengte er auf den Altar.

 Und nahm das Buch des Bundes und las es vor den Ohren des Volkes. Und als sie sprachen: „Alles, was der Herr gesagt hat, das wollen wir tun und gehorchen!“ Da nahm Mose das Blut und besprengte das Volk damit und sprach: „Sehet, das ist das Blut des Bundes, den der Herr mit euch geschlossen hat auf Grund aller dieser Worte. Da stiegen Mose und Aaron, Nadab und Abihu und siebzig von den Ältesten Israels hinauf und sahen den Gott Israels. Unter seinen Füßen war es wie eine Fläche von Saphir und wie der Himmels, wenn er klar ist. Gott reckte seine Hand nicht aus gegen die Ältesten von Israel und tat ihnen nichts. Und da sie Gott geschaut hatten, aßen und tranken sie [Hier scheint noch etwas durch von einer älteren Überlieferung, daß der Bund nicht allein mit Mose geschlossen wurde, sondern mit den Ältesten als den Vertretern des Volks, die den Bund mit einer Mahlzeit beschließen. Dies ist die Entstehung des Volkes „Israel“, so daß dieser Name von jetzt an auch verwendet wird] (Ex 24,1-11, ausgelassen 12-18)

 

Die Bundeslade:

Gott sprach zu Mose: „Mache eine Lade aus Akazienholz, fast zwei Meter lang und 75 Zentimeter breit und hoch. Überziehe sie inwendig und auswendig mit Gold, und mache einen goldenen Kranz an ihr ringsherum. Gieße vier goldene Ringe und mache sie an ihre vier Ecken und mache Stangen von Akazienholz und überziehe sie mit Gold und stecke sie in die Ringe an den Seiten der Lade, daß man sie damit trage. Du sollst auch einen Gnadenthron machen aus feinem Gold in gleicher Größe wie die Lade. Dann sollst du zwei Gestalten („Cherubim“) machen von getriebenem Gold, so daß eine Gestalt an dem einen Ende, der andere an dem andern Ende ist. Die Gestalten sollen ihr Flügel nach oben ausbreiten, daß sie mit ihren Flügeln den Gnadenthron bedecken und ihre Gesichter sollen auf den Gnadenthron sehen. Der Gnadenthron soll oben auf die Lade kommen und in die Lade soll das Gesetz gelegt werden, das ich dir geben werde. Dort will ich dir begegnen, und von dem Gnadenthron aus, zwischen den zwei Gestalten, will ich alles mit dir reden, was ich dir gebieten will für die das Volk!“ (Ex 25,10-22).

 

Die Schaffung der Stiftshütte:

Gott sprach zu Mose: „Du sollst eine Wohnung du machen für die Bundeslade. Nimm dazu Bretter aus Akazienholz. Darüber spanne Teppiche aus gezwirnter, weißer Leinwand, gut acht Meter lang und gut einen Meter breit. Je fünf Teppiche sollen zu einem Stück zusammengefügt sein. Mit Schleifen und fünfzig goldene Haken sollen die Stücke zusammengeheftet werden zu einer Wohnung. Die Decke sollst du aus Ziegenhaar machen, die an den Seiten überhängt.

Die vierzig Füße sollen aus Silber sein. Der Vorhang soll aus blauem und rotem Purpur, Scharlach und gezwirnter weißer Leinwand sein; den sollst hängen an vier Säulen von Akazienholz, die mit Gold überzogen sind und goldene Haken und vier silberne Füße haben. Die Bundeslade soll innen hinter den Vorhang gesetzt werden, als eine Scheidewand sei zwischen dem Heiligen und dem Allerheiligsten. Und sollst den Gnadenthron setzen auf die Bundeslade im Allerheiligsten (Ex 26, stark gekürzt, die Stiftshütte war also eher ein Zelt, in dem man die Bundeslade mitführte).

 

[Es folgen jetzt in Ex 25 bis 31 lange Ausführungen über Gaben für die Stiftshütte, Tisch für die Schaubrote, Leuchter, Brandopferaltar, Vorhof, Öl für die Leuchter, Kleidung der Priester, Weihe der Priester, Weihe des Altars, tägliche Opfer, Räucheraltar, Steuer für das Heiligtum, kupfernes Becken, Salböl, Räucherwerk. Kunsthandwerker für die Stiftshütte, Feiertag].

 

Das goldene „Kalb“:

Das goldene Stierbild:

Als der Herr ausgeredet hatte mit Mose auf dem Berge Sinai, gab er ihm zwei Tafeln des Gesetzes, die waren beschrieben von dem Finger Gottes. Als aber das Volk sah, daß Mose ausblieb und nicht wieder von dem Berg herabkam, sammelte es sich gegen Aaron und sprach zu ihm: „Auf, mache uns Götter, die vor uns her gehen! Denn wir wissen nicht, was diesem Mann Mose widerfahren ist, der uns aus Ägypten geführt hat!“ Aaron sprach zu ihnen: „Reißt die goldenen Ohrenringe an den Ohren eurer Frauen und Kinder ab und bringt sie zu mir!“

Da rissen alle ihre goldenen Ohrenringe von ihren Ohren und brachten sie zu Aaron.

Er nahm sie von ihren Händen und bildete das Gold in einer Form und machte ein gegossenes Stierbild (eigentlich nur ein Kalb). Und sie sprachen: „Das sind deine Götter, die dich aus Ägypten geführt haben!“ Als das Aaron sah, baute er einen Altar vor ihm und ließ ausrufen und sprach: „Morgen ist des Herrn Fest“. Und sie standen früh am Morgen auf und opferten Brandopfer und brachten dazu Dankopfer dar. Danach setzte sich das Volk, zu essen und zu trinken, und standen auf, um ihre Lust zu treiben nach dem Vorbild der anderen Völker (Ex 31,18 - 32,6).

[Hier wird angespielt auf die beiden Heiligtümer, die später im Nordreich in Bethel errichtet wurden und die natürlich vom Südreich abgelehnt wurden. Die Ereignisse der damaligen Zeit verlegte man in die Wüstenzeit, um sie als falschen Gottesdienst zu entlarven. Dike Stierbilder wurden dabei nach den Vorbildern der anderen Völker geformt. Aber man betete nicht den Stier an, sondern stellte sich vor, der Gott des Volkes Israel stehe unsichtbar auf den Stieren. Man wollte den eigenen Gott verehren, wollte aber dazu etwas Sichtbares vor Augen haben, vermischte dabei aber den Glauben mit den Anschauungen der anderen Völker, die andere Götter verehrten. Der Gott vom Sinai ist aber ein unsichtbarer Gott].

 

Fürbitte des Mose:

Der Herr aber sprach zu Mose: „Steig hinab, denn dein Volk, das du aus Ägypten geführt hast, hat schändlich gehandelt. Sie sind schnell von dem Weg abgewichen, den ich ihnen geboten habe. Sie haben sich ein gegossenes Kalb gemacht und haben es angebetet und ihm geopfert und gesagt: Das sind deine Götter, Israel, die dich aus Ägypten geführt haben. Laß mich, daß mein Zorn über sie entbrenne und sie vertilge!“

Mose aber flehte vor dem Herrn und sprach: „Ach Herr, warum will dein Zorn entbrennen über dein Volk, das du mit großer Kraft und starker Hand aus Ägypten geführt hast? Warum sollen die Ägypter sagen: Er hat sie zu ihrem Unglück herausgeführt, daß er sie umbrächte im Gebirge und vertilgte vom Erdboden? Kehre dich ab von deinem grimmigen Zorn und bereue das Unheil, das du über dein Volk bringen willst. Gedenke an deine Diener Abraham, Isaak und Israel, denen du selbst geschworen und verheißen hast: Ich will eure Nachkommen vermehren wie die Sterne am Himmel, und alles Land, das ich euch verheißen habe, will ich euren Nachkommen geben, und sie sollen es besitzen auf ewig!“ Da reute den Herrn das Unheil, das er an dem Volk zu tun vorhatte (Ex 32,7-14).

 

Die Strafe für den Abfall:

Mose wandte sich und stieg vom Berg herab und hatte die zwei Tafeln des Gesetzes in seiner Hand. Diese waren beschrieben auf beiden Seiten. Gott hatte sie selbst gemacht und selber die Schrift eingegraben. Als nun Josua das Geschrei des Volks hörte, sprach er zu Mose: „Es ist ein Kriegsgeschrei im Lager!“ Mose antwortete: „Es ist nicht kein Geschrei wie bei einemSieg oder einer Niederlage, sondern ich höre ein Geschrei wie beim Tanz!“ Als er aber nahe zum Lager kam und das Kalb und das Tanzen sah, entbrannte sein Zorn und er warf die Tafeln aus seiner Hand und zerbrach sie unten am Berge. Er nahm das Kalb, das sie gemacht hatten, und ließ es im Feuer zerschmelzen und zermalmte es zu Pulver und zerstreute es aufs Wasser und gab es den Israeliten zu trinken.

Dann sprach er zu Aaron: „Was hat dir das Volk getan, daß du eine so große Sünde über sie gebracht hast?“ Aaron sprach: „Mein Herr lasse seinen Zorn nicht entbrennen. Du weißt, daß dies Volk böse ist. Sie sprachen zu mir: Mache uns Götter, die vor uns her gehen, denn wir wissen nicht, wie es diesem Manne Mose geht, der uns aus Ägypten geführt hat.

Ich sprach zu ihnen: Wer Gold hat, der reiße es ab und gebe es mir. Und ich warf es ins Feuer. Da ist das Kalb daraus geworden!“

Als nun Mose sah, daß das Volk zuchtlos geworden war, trat er an das Tor des Lagers und sprach: „Her zu mir, wer zu dem Herrn gehört!“ Da sammelten sich zu ihm alle vom Stamm Levi. Und er sprach zu ihnen: „So spricht der Herr, der Gott Israels: Ein jeder gürte sein Schwert um seine Lenden und gehe durch das Lager, von einem Tor zum andern, und erschlage seinen Bruder, Freund und Mitmenschen!“ Die Kinder Leviten taten, wie ihnen Mose gesagt hatte. An diesem Tag fielen vom Volk dreitausend Mann. Da sprach Mose: „Füllt heute eure Hände zum Dienst für den Herrn, den jeder ist gegen seinem Sohn und Bruder gewesen, damit euch heute Segen gegeben werde!“

Am Morgen sprach Mose zum Volk: „Ihr habt eine große Sünde getan, Nun will ich hinaufsteigen zu dem Herrn, ob ich vielleicht Vergebung erwirken kann für eure Sünde!“ Als nun Mose wieder zum Herrn kam, sprach er: „Ach, das Volk hat eine große Sünde getan, und sie haben sich goldene Götter gemacht. Aber nun vergib ihnen ihre Sünde. Wenn nicht, so tilge mich auch aus deinem Buch, das du geschrieben hast!“

Der Herr sprach zu Mose: „Ich will den aus meinem Buch tilgen, der an mir sündigt. So gehe nun hin und führe das Volk, wohin ich dir gesagt habe. Siehe, mein Bote soll vor dir her gehen. Ich werde ihre Sünde wohl strafen, wenn meine Zeit kommt!“ So strafte der Herr das Volk, weil sie das Kalb gemacht hatten,

Der Herr sprach zu Mose: „Zieht los, du und das Volk, in das Land, das ich Abraham, Isaak und Jakob versprochen habe. Ich will vor dir einen Boten her senden und die Einheimischen vertreiben und will dich bringen in das Land, in dem Milch und Honig fließt. Ich selbst aber will nicht mit dir hinziehen, denn du bist ein halsstarriges Volk, ich würde dich unterwegs vertilgen!“

Und der Herr sprach zu Mose: „Sage zu den Israeliten: Ihr seid ein halsstarriges Volk. Wenn ich nur einen Augenblick mit euch zöge, würde ich euch vertilgen. Und nun lege deinen Schmuck ab, dann will ich sehen, was ich dir tun soll!“ Also legten die Israeliten ihren Schmuck ab am Berg Horeb (Ex 32,15 - 33,6).

 

Das heilige Zelt:

Mose aber nahm die Stiftshütte und schlug sie draußen auf, ferne vom Lager, und hieß sie „Stiftshütte“. Und wer den Herrn fragen wollte, mußte herausgehen zur Hütte des Stifts vor das Lager. Und wenn Mose hinausging zu der Hütte, dann stand alles Volk auf und jede trat in die Tür seines Zeltes und sahen ihm nach, bis er zu der Stiftshütte kam. Und wenn Mose in die Stiftshütte kam, dann kam die Wolkensäule hernieder und stand in der Tür der Stiftshütte und redete mit Mose. Und alles Volk sah die Wolkensäule in der Tür der Stiftshütte stehen, und sie standen auf und verneigten sich. Der Herr aber redete mit Mose von Angesicht zu Angesicht, wie ein Mann mit seinem Freunde redet. Dann kehrte er wieder zum Lager zurück. Aber Josua wich nicht aus der Stiftshütte.

 

Mose will die Herrlichkeit des Herrn sehen:

 Und Mose sprach zu dem Herrn: „Siehe, du sprichst zu mir: Führe das Volk hinauf! und läßt mich nicht wissen, wen du mit mir senden willst, wo du doch gesagt hast: Ich kenne dich mit Namen, und du hast Gnade vor meinen Augen gefunden. Habe ich nun Gnade vor deinen Augen gefunden, so laß mich deinen Weg wissen, damit ich dich erkenne und Gnade vor deinen Augen finde. Und siehe doch, daß dies Volk dein Volk ist!“

Gott sprach: „Mein Angesicht soll vorangehen, ich will dich zur Ruhe leiten!“ Mose aber sprach zu ihm: „Wenn nicht dein Angesicht vorangeht, so führe uns nicht von hier hinauf.

Denn woran soll erkannt werden, daß ich und dein Volk vor deinen Augen Gnade gefunden haben, außer wenn du mit uns gehst?“

Der Herr sprach zu Mose: „Auch was du jetzt gesagt hast, will ich auch tun. Denn du hast Gnade vor meinen Augen gefunden, und ich kenne dich mit Namen!“ Mose aber sprach: „Dann laß mich deine Herrlichkeit sehen!“ Gott sprach: „Ich will vor deinem Angesicht alle meine Güte vorübergehen lassen und will dir kundtun den Namen des Herrn, nämlich ‚Wem ich aber gnädig bin, dem bin ich gnädig, und über wen ich mich erbarme, über den erbarme ich mich‘!“

Dan sprach Gott weiter: „Mein Angesicht kannst du nicht sehen, denn kein Mensch wird leben, der mich sieht. Aber es ist ein Raum bei mir, da sollst du auf dem Fels stehen.

Wenn dann meine Herrlichkeit vorübergeht, will ich dich in die Felskluft stellen und meine Hand über dir halten, bis ich vorübergegangen bin. Dann will ich meine Hand von dir tun. Dann darfst du hinter mir hersehen. Aber mein Angesicht kann man nicht sehen!“ (Ex 33,12-23).

 

Neue Gesetzestafeln:

Und der Herr sprach zu Mose: „Haue dir zwei steinerne Tafeln zu, wie die ersten waren, daß ich die Worte darauf schreibe, die auf den ersten Tafeln standen, die du zerbrochen hast. Und sei morgen bereit, daß du früh auf den Berg Sinai steigst und dort zu mir trittst auf dem Gipfel des Bergs. Laß aber niemand mit dir hinaufsteigen. Es soll auch niemand gesehen werde auf dem ganzen Berg. Auch kein Schaf oder Rind laß weiden in Richtung auf diesen Berg hin!“

Mose hieb zwei steinerne Tafeln, wie die ersten waren, und stand am Morgen früh auf und stieg auf den Berg Sinai und nahm die zwei steinernen Tafeln in seine Hand.

Da kam der Herr hernieder in einer Wolke und Mose trat zu ihm und rief aus den Namen des Herrn. Und der Herr ging vor seinem Angesicht vorüber und Mose rief: „Herr, Herr, Gott, barmherzig und gnädig und geduldig und von großer Gnade und Treue! An Tausenden bewahrt er die Gnade und vergibt Missetat, Übertretung und Sünde. Aber ungestraft läßt er niemand, sondern straft die Missetat der Väter an den Kindern und Kindeskindern bis in die dritte und vierte Generation!“

Mose neigte sich eilend zur Erde und betete an und sprach: „Herr, habe ich Gnade gefunden vor deinen Augen, so gehe der Herr in unsrer Mitte, denn es ist ein halsstarriges Volk. Und vergib uns unsere Missetat und Sünde und laß uns dein Erbbesitz sein!“

Gott sprach: „Siehe, ich will einen Bund schließen. Vor deinem ganzen Volk will ich Wunder tun, wie sie nicht geschehen sind in allen Landen und unter allen Völkern. Und das ganze Volk, in dessen Mitte du bist, soll das Werk des Herrn sehen, denn wunderbar wird sein, was ich bei dir tun werde. Halte, was ich dir heute gebiete. Siehe, ich will vor dir ausstoßen die Einheimischen. Hüte dich, daß einen Bund zu machen mit den Einwohnern des Landes, in das du hineinkommst, damit sie dir nicht ein Fallstrick werden. Sondern ihre Altäre sollst du umstürzen und ihre Steinmale zerbrechen und ihre heiligen Pfähle umhauen. Denn du sollst keinen andern Gott anbeten. Denn der Herr heißt ein Eiferer; ein eifernder Gott ist er!“

Als nun Mose vom Berge Sinai herab ging, hatte er die zwei Gesetzestafeln in seiner Hand und wußte nicht, daß die Haut seines Angesichts glänzte davon, weil er mit Gott geredet hatte.

Als Aaron und alle Israeliten sahen, daß die Haut seines Angesichts glänzte, fürchteten sie sich, zu ihm zu nahen. Da rief sie Mose, und sie wandten sich wieder zu ihm und er redete mit ihnen.

Danach nahten sich alle Israeliten zu ihm. Und er gebot ihnen alles, was der Herr mit ihm geredet hatte auf dem Berg Sinai. Als er dies alles mit ihnen geredet hatte, legte er eine Decke auf sein Angesicht. Und wenn er hineinging vor den Herrn, mit ihm zu reden, tat er die Decke ab, bis er wieder herausging. Und wenn er herauskam und redete mit den Kindern Israel, was ihm geboten war, dann sahen dann die Israeliten, wie die Haut seines Angesichtes glänzte. Dann tat er wieder die Decke auf sein Angesicht, bis er wieder hineinging, mit ihm zu reden. (Ex 31,18- 34,35, Vers 15-28 ausgelassen).

 

Errichten der Bundeslade und des Zelttempels (Kapitel 35-40):

[Jetzt folgen noch einmal Bestimmungen über die Stiftshütte, im Wesentlichen übereinstimmend mit dem schon vorher Beschriebenen. Am Schluß geht es um die Aufrichtung und Einweihung der Stiftshütte (Ex 35-40)].

 

 

 

Das dritte Buch Mose (Leviticus)

 

Das 3. Buch Mose ist als Geschichts- und Gottesdienstbuch entworfen. Es heißt in der lateinischen Übersetzung „ Levitikon bzw. Leviticus“ („Leviten-Buch“). Hier finden sich die Opfergesetze, die Einführung des Priesterdienstes, Reinheitsvorschriften, der Große Versöhnungstag (Jom Kippur) und Gesetze für Alltag und Gottesdienst des Judentums.

Das Buch beginnt mit Vorschriften zum Darbringen unterschiedlichster Opfer (Brandopfer, Speiseopfer, Dankopfer, Sühneopfer, Wiedergutmachungsopfer und weitere Opfer), die von den Priestern, Aaron und seinen Nachkommen, durchgeführt werden (Lev 1-7).

Mit der Weihe Aarons und seiner Söhne zum Priester wird der Priesterstand der Israeliten begründet. Nadab und Abihu, zwei Söhne Aarons, begehen einen schweren Verstoß gegen die Opfervorschriften, und werden von Gott getötet. Dann werden die Pflichten der Priester beschrieben (Lev 8-10).

Vorschriften zum Verzehr erlaubter Tierarten werden gegeben. Darauf folgen Angaben über die rituelle Reinheit von Menschen in verschiedenen Situationen (Geburt, Menstruation, Geschlechtsverkehr, Krankheit)(Lev 13-15).

 

Das alljährliche Fest zur Sündenvergebung aller Israeliten („Jom Kippur“) wird eingesetzt. Die Vertreibung des Sündenbocks bildet dabei den Ursprung des jüdischen Versöhnungstages. Er ist heute noch der höchste Feiertag in Israel. Deshalb wird hier das ganze Kapitel von der Einsetzung wiedergegeben:

Der Herr redete mit Mose: „Sage deinem Bruder Aaron, daß er nicht zu jeder Zeit in das Heiligtum gehe hinter den Vorhang vor dem Gnadenthron, damit er nicht sterbe, denn ich will in einer Wolke erscheinen auf dem Gnadenthron. Er soll hineingehen mit einem jungen Stier für ein Sündopfer und mit einem Widder zum Brandopfer. Er soll das heilige leinene Gewand anlegen und leinene Beinkleider sollen seien Blöße bedecken und er soll sich mit einem leinenen Gürtel gürten und den leinenen Kopfbund umbinden, denn das sind die heiligen Gewänder. Er soll seinen Leib mit Wasser abwaschen und die Gewänder anlegen. Dann soll von der Gemeinde zwei Ziegenböcke entgegennehmen für das Sündopfer und einen Widder zum Brandopfer. Aaron selber soll eine Stier als sein Sündopfer herbeibringen, damit er für sich und seine Familie die Sühne leiste.

Dann soll er die zwei Böcke nehmen und vor den Herrn stellen an der Tür der Stiftshütte und soll das Los werfen über die zwei Bö>Dann soll er denn den Stier seines Sündopfers herbeibringen und sich und seine Familie entsühnen und soll ihn schlachten und soll eine Pfanne voll Glut vom Altar nehmen und beide Hände voll zerstoßenen Räucherwerks und es hinein hinter den Vorhang bringen und das Räucherwerk aufs Feuer tun vor dem Herrn, daß die Wolke vom Räucherwerk den GnadenThron bedecke, damit er nicht sterbe.

Er soll von dem Blut des Stiers nehmen und es mit seinem Finger gegen den Gnadenstuhl sprengen. Vor den Gnadenthron aber soll er siebenmal mit seinem Finger von dem Blut sprengen.

 

Danach soll er den Bock als Sündopfer des Volks schlachten und sein Blut hineinbringen hinter den Vorhang und soll mit seinem Blut tun, wie er mit dem Blut des Stiers getan hat, und etwas davon auch gegen den GnadenThron und vor den Gnadenthron sprengen. So soll er das Heiligtum entsühnen wegen der Verunreinigungen der Israeliten und wegen ihrer Übertretungen, mit denen sie sich verunreinigt haben So soll er es auch tun mit der Stiftshütte, die bei ihnen ist inmitten ihrer Unreinheit.

Kein Mensch soll in der Stiftshütte sein, wenn er hineingeht, Sühne zu leisten im Heiligtum, bis er herauskommt. So soll er Sühne schaffen für seien Familie die ganze Gemeinde Israel.

Er soll herausgehen zum Altar, der vor dem Herrn steht, und ihn entsühnen und soll vom Blut des Stiers vom Blut des Bocks nehmen und es ringsum auf die Hörner des Altars streichen und soll vom Blut mit seinem Finger siebenmal darauf sprengen und ihn reinigen und heiligen von den Verunreinigen der Israeliten.

Wenn er so die Entsühnung des Heiligtums, der Stiftshütte und des Altars vollbracht hat, dann soll er den lebendigen Bock herbeibringen. Er soll seine beiden Hände auf den Kopf des Bocks legen und über ihm bekennen alle Missetat der Israeliten und alle ihre Übertretungen, und soll sie dem Bock auf den Kopf legen und ihn durch einen Mann, der bereit steht, in die Wüste bringen lassen, damit der Bock alle ihre Missetat auf sich nehme und in die Wildnis trage und man lasse ihn in die Wüste.

Aaron aber soll in die Stiftshütte gehen und die leinenen Gewänder ausziehen und sie dort lassen. Er soll sich mit Wasser abwaschen an heiliger Stätte und seine eigenen Gewänder anziehen und wieder herausgehen und sein Brandopfer und das Brandopfer des Volkes darbringen und sich und das Volk entsühnen und das Fett vom Sündopfer auf dem Altar in Rauch aufgehen lassen. Der Mann aber, der den Bock für Asasel hinausgeführt hat, soll seine Gewänder waschen und sich mit Wasser abwaschen und erst danach ins Lager kommen.

Den jungenStier und den Bock zum Sündopfer, deren Blut in das Heiligtum zur Entsühnung gebracht wurde, soll man hinausschaffen vor das Lager und Fell, Fleisch und Mist mit Feuer verbrennen. Und der sie verbrennt, soll seine Gewänder waschen und seinen Leib mit Wasser abwaschen und erst danach ins Lager kommen.

Auch soll euch dies eine ewige Ordnung sein: Am zehnten Tag des siebenten Monats sollt ihr fasten und keine Arbeit tun, weder ein Einheimischer noch ein Fremder unter euch. 0Denn an diesem Tage geschieht eure Entsühnung, daß ihr gereinigt werdet: Von allen euren Sünden werdet ihr gereinigt vor dem Herrn. Das soll euch eine ewige Ordnung sein, daß ihr die Israeliten einmal im Jahr von allen ihren Sünden entsühnt werden (Lev 16).

 

Weiter geht es mit Vorschriften zur heiligen Lebensweise. Die geheiligte Lebensweise wird zuerst durch den rechten Umgang mit dem Blut von Speise- und Opfertieren erreicht. Dies ist grundlegend, da nach jüdischer Lehre das Blut die Seele ist.

Ein zweiter Regelkomplex betrifft Heiratsverbote zwischen Verwandten sowie Vorschriften zum Sexualverhalten: Inzest, Geschlechtsverkehr während der weiblichen Regel, Analverkehr zwischen Männern sowie der Geschlechtsverkehr zwischen Mensch und Tier werden streng untersagt. Die Strafe beim Übertreten dieser Regeln ist in der Regel die Todesstrafe.

Es folgt eine Reihe von Gesetzen zum Zusammenleben der Menschen. Man findet Anklänge an die Zehn Gebote und den Satz: „Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst.“ (Lev 19,18 ).

Besondere Regeln gelten für das Verhalten von Priestern, sowohl im Alltagsleben als auch in ihrer religiösen Rolle. Daneben gibt es spezielle religiöse Festtage: Der Sabbat als letzter (siebter) Tag jeder Woche, Jom Kippur und das Laubhüttenfest. Es folgen Vorschriften zum Tempelritus und Strafmaßnahmen – hieraus auch die Festlegung der Todesstrafe durch Steinigung für Gotteslästerung oder der Ausspruch „Auge um Auge, Zahn um Zahn“ (Lev 24,20) – sowie Bestimmungen zum Sabbatjahr, Jubeljahr und zur Möglichkeit der Sklaverei.

Abschließend gibt es eine Verheißung und Verfluchung Gottes. Diese wurde später oft zur Grundlage für Strafpredigten, woher der Ausdruck „jemandem die Leviten lesen“ kommt. Den Schluß bilden Bestimmungen zu Gelübden (Lev 17–27).

 

 

 

Das vierte Buch Mose (Numeri)

 

Das 4. Buch Mose wird auch „Numeri „(„Zahlen“) genannt. Davon ist gleich am Anfang die Rede. Zu Beginn des Buches werden die Stämme der Israeliten aufgezählt und eine Volkszählung beschrieben, in der alle Männer ab 20 Jahren aufgeführt werden – es sind 603.550 Männer (sicherlich eine weit übertriebene Zahl). Die Leviten werden nicht dazugezählt, da sie als Träger und Hüter des Heiligen Zeltes und der Bundeslade für Verteidigung und Kriegsführung nicht zur Verfügung stehen. Ihre Aufgabe ausführlich beschrieben. Die Lager und Marschordnung werden ebenfalls festgeschrieben (Num 1-4).

Im weiteren Verlauf des Buches werden verschiedene Gesetze beschrieben: Es wird beschrieben, was Aussatz ist, und daß Aussätzige das Lager zu verlassen haben. Es wird beschrieben, wie bei Diebstahl und Verdacht auf Ehebruch gehandelt werden soll. Vorschriften, wie Priester und andere Menschen sich Gott weihen können, werden beschrieben, und der priesterliche Segen (Num 5–6). Dieser lautet:

Der Herr redete mit Mose und sprach: „Sage Aaron und seinen Söhnen und sprich: So sollt ihr zu den Israeliten sagen, wenn ihr sie segnet: Der Herr segne dich und behüte dich, der Herr lasse sein Angesicht leuchten über dir und sei dir gnädig, der Herr hebe sein Angesicht auf dich und gebe dir Frieden. Denn ihr sollt meinen Namen auf die Kinder Israel legen, daß ich sie segne!“ (Num 6,22-27).

Nun kehrt das Buch von den gesetzlichen Vorschriften zu der Handlung um Mose und das Volk Israel zurück. Es werden die Einweihung des Heiligtums sowie die Geschenke zur Einweihung (Gold, Silber und Opfertiere) beschrieben. Das Licht im Heiligtum wird beschrieben und die Weihung der Leviten zum Dienst, sowie weitere Vorschriften zum Pessachfest (Num 7-9).

Der Zug durch die Wüste beginnt damit, daß Gott Signaltrompeten herstellen läßt und ihre Verwendung vor schreibt. Die Marschordnung wird beschrieben, und das Volk zieht los.

Nach einiger Zeit fängt das Volk an zu klagen, daß sie kein Fleisch bekämen. Gott schickt ihnen nach einer Beschwerden des Mose Fleisch (Wachteln), an dem jedoch viele Israeliten sterben. Das Volk zieht weiter (Parallele zu Ex 16). Mirjam, Moses Schwester, lehnt sich gegen ihren Bruder auf, weil er eine Ägypterin geheiratet hat. Dafür wird sie mit Aussatz bestraft, der jedoch nach einer Woche abheilt. Danach erst wandert das Volk weiter (Num 10-12).

Es bleibt aber vierzig Jahre in der Wüste, vor allem in der Oase Kadesch im heutigen Grenzgebiet zwischen Israel und Ägypten. Kundschafter werden nach Kanaan ausgesandt. Sie berichten von einem reichen Land, das jedoch von einem starken Volk bewohnt wird: Die Kundschafter kamen zu Mose und Aaron und zu der ganzen Gemeinde der Israeliten in die Wüste Pharan nach Kadesch und brachten ihnen und der ganzen Gemeinde die Kunde, wie es stünde, und ließen sie die Früchte des Landes sehen und erzählten ihnen: „Wir sind in das Land gekommen, dahin ihr uns gesandt habt: Es fließen wirklich Milch und Honig darin, und dies ist seine Früchte. Aber stark ist das Volk, das darin wohnt, die Städte sind sehr befestigt und sehr stark!“ (Num 13,26-29).

Das Volk Israel weigert sich weiterzuziehen und Gott will sie dafür strafen. Nur durch das Eingreifen des Mose wird das Volk verschont, doch werden die Menschen des Volkes das gelobte Land nicht sehen, sondern erst ihre Nachkommen. So zieht das Volk vierzig Jahre lang durch die Wüste, und diejenigen, die schon vorher nach Kanaan wollen, werden von den dortigen Bewohnern verjagt. Die Opfervorschriften für das Land Kanaan werden noch ergänzt, und die Menschen werden noch einmal ermahnt, Gottes Gebote zu beachten (Num 13-15).

Korach, einer der Leviten, zettelt einen Aufstand an und bringt das Volk auf seine Seite. Er fragt Mose, warum nur er und nicht alle heilig seien. Auch andere Männer zweifeln die Herrscherposition des Mose an. Mose fordert sie auf, ein Opfer zu bringen. Gott hat vor, die Israeliten für ihren Aufstand zu töten, doch wieder greift Mose ein. So läßt Gott nur eine Spalte im Erdboden öffnen, und Korach und seine engsten Anhänger stürzen hinein. Der Rest des Volkes opfert aus Angst vor dieser Strafe. Doch dann werfen sie Aaron und Mose vor, die Bestraften umgebracht zu haben. Aaron und Mose versöhnen das Volk mit einem Rauchopfer, doch viele Menschen sterben unter Gottes Zorn. Mit einem Zeichen bestätigt Gott Aarons Priesteramt (Num 16-17).

Noch einmal betont Gott Aaron gegenüber die Bedeutung seines Priesteramtes und erläutert noch einmal den Lohn, den die Priester und Leviten bei jedem Opfer erhalten und der ihr Überleben sichert. Die Herstellung des Reinigungswassers wird erläutert (es wird genutzt, um Menschen wieder rein zu machen, die durch Berührung eines Toten unrein geworden sind) (Num 18-19).

Aaron und Mose klagen, weil der Herr sie in eine Wüste geführt hat, in der sie noch nicht einmal Wasser finden (Parallele zu Ex 17). Gott ist enttäuscht von Mose und Aaron, läßt aber Wasser aus einem Stein sprudeln. Doch Gott straft Aaron für seine Zweifel und tötet ihn, sein Nachfolger wird Eleasar.

Da Moses und Aaron gegen Ende der Wanderung durch die Wildnis versäumten, Jahwe zu heiligen, als er Israel bei Kadesch durch ein Wunder mit Wasser versorgte, durften auch sie nicht in das Land der Verheißung einziehen (Num 20,1-13).

Den Israeliten wird versagt, durch das Land der Edomiter zu ziehen. Der König von Arad greift sie sogar an, als sie in sein Gebiet kommen, seine Armee und seine Städte werden jedoch von den Israeliten zerstört. Bei der weiteren Wanderung durch die Wüste klagen die Menschen wieder und werden von Schlangen gestraft, die Gott ihnen schickt.

Das Volk wurde verdrossen auf dem Weg und redete gegen Gott und gegen Mose: „Warum hast du uns aus Ägypten geführt, daß wir sterben in der Wüste? Denn es ist kein Brot noch Wasser hier, und uns ekelt vor dieser mageren Speise!“ Da sandte der Herr feurige Schlangen unter das Volk. Die bissen das Volk, sodaß viele Israeliten starben. Da kamen sie zu Mose und sprachen: „Wir haben gesündigt, daß wir gegen dich geredet haben. Bitte den Herrn, daß er die Schlangen von uns nehme!“ Mose bat für das Volk.

Da sprach der Herr zu Mose: „Mache dir eine Schlange aus Erz und richte sie an einer Stange auf. Wer gebissen ist und sieht sie an, der soll leben!“ Da machte Mose eine kupferne Schlange und richtete sie hoch auf. Und wenn jemanden eine Schlange biß, so sah er die kupferne Schlange an und blieb leben (Num 21,4-9).

Auch der Amoriterkönig läßt die Israeliten nicht durch sein Land ziehen, sondern greift sie an. Die Israeliten besiegen sie aber in einer Schlacht und nehmen die Städte ein. Auch Og, der König von Basan, tritt ihnen mit seinem Heer entgegen und wird von ihnen besiegt (Num 20-21).

 

Es folgt die Geschichte von Bileam. Weil diese auch im Neuen Testament erwähnt wird, wird sie hier wiedergegeben:

Die Moabiter und Midianiter verbünden sich unter Balak, um die Israeliten aufzuhalten. Doch Gott befiehlt Bileam, der Israel im Auftrag der beiden Völker verfluchen soll, es nicht zu verfluchen, und hält seine Eselin auf. Bileam opfert Gott, doch seine Verbündeten verlangen weiterhin, daß er die Israeliten verflucht, doch stattdessen segnet er sie dreimal (Num 22-24).

 

Die Israeliten lagerten sich gegenüber von Jericho. Die Moabiter fürchteten sich sehr vor dem Volk, das so groß war, sie sprachen zu den Ältesten der Midianiter: „Nun wird dieser Haufen alles auffressen, was um uns ist, wie ein Rind das Gras auf dem Feld auffrißt!“ Balak, der König der Moabiter, sandte Boten zu Bileam und ließ ihm sagen: „Siehe, es ist ein Volk aus Ägypten gezogen, das bedeckt das Angesicht der Erde und lagert mir gegenüber. So komm nun und verfluche mir das Volk, vielleicht kann ich es dann schlagen und aus dem Land vertreiben. Denn ich weiß, wen du segnest, der ist gesegnet, und wen du verfluchst, der ist verflucht!“

Die Ältesten der Moabiter und der Midianiter gingen hin und hatten den Lohn für den Wahrsager in ihren Händen und kamen zu Bileam und sagten ihm die Worte Balaks. Er sprach zu ihnen: „Bleibt hier über Nacht, dann will ich euch sagen, wie mir der Herr sagen wird!“ Gott aber sprach zu Bileam: „Geh nicht mit ihnen, verfluche das Volk auch nicht, denn es ist gesegnet!“ Am Morgen stand Bileam auf und sprach zu den Fürsten Balaks: „Geht hin in euer Land, denn der Herr will es nicht gestatten, daß ich mit euch ziehe!“ Die Fürsten der Moabiter kamen zu Balak und sprachen: „Bileam weigert sich, mit uns zu ziehen!“

Da sandte Balak noch größere und mächtigere Fürsten, als jene waren. Als die zu Bileam kamen, sprachen sie zu ihm: „So läßt dir Balak sagen: Wehre dich doch nicht, zu mir zu ziehen, denn ich will dich hoch ehren, und was du mir sagst, das will ich tun. Komm doch und verfluche mir dieses Volk!“ Bileam antwortete und sprach zu den Dienern Balaks: „Wenn mir Balak sein Haus voll Silber und Gold gäbe, so könnte ich doch nicht das Wort des Herrn, meines Gottes übertreten, weder im Kleinen noch im Großen. Aber bleibt doch auch diese Nacht hier, daß ich erfahre, was der Herr weiter mit mir reden werde!“ Da kam Gott in der Nacht zu Bileam und sprach zu ihm: „Sind die Männer gekommen, dich zu rufen, so mache dich auf und zieh mit ihnen. Doch du sollst das tun, was ich dir sagen werde!“

Da stand Bileam am Morgen auf und sattelte seine Eselin und zog mit den Fürsten der Moabiter. Aber der Zorn Gottes ergrimmte doch, als er hinzog. Und der Bote des Herrn trat ihm in den Weg, um ihm zu widerstehen.

Die Eselin sah den Boten des Herrn im Wege stehen und ein bloßes Schwert in seiner Hand. Da wich sie vom Weg ab und ging auf dem Felde. Bileam aber schlug sie, um sie wieder auf den Weg zu bringen.

Da trat der Bote des Herrn auf den Pfad zwischen den Weinbergen, wo auf beiden Seiten Mauern waren. Als die Eselin den Boten des Herrn sah, drängte sie sich an die Mauer und klemmte Bileam den Fuß an der Mauer. Aber er schlug sie noch mehr. Da ging der Bote des Herrn weiter und trat an eine enge Stelle, wo weder rechts noch links kein Platz mehr war zum Ausweichen. Die Eselin sah den Boten des Herrn, fiel auf ihre Knie. Da entbrannte der Zorn Bileams, und er schlug die Eselin mit dem Stecken.

Da öffnete der Herr der Eselin den Mund, und sie sprach zu Bileam: „Was habe ich dir getan, daß du mich nun dreimal geschlagen hast?“ Bileam sprach zur Eselin: „Weil du mich verhöhnst! Wenn ich jetzt ein Schwert in der Hand hätte, ich wollte dich töten!“ Die Eselin sprach zu Bileam: „Bin ich nicht deine Eselin, auf der du geritten bist von jeher bis auf diesen Tag? War es meine Art, es so mit dir zu treiben?“ Bileam sprach: „Nein!“ Da öffnete der Herr dem Bileam die Augen, daß er den Boten des Herrn im Wege stehen sah und ein bloßes Schwert in seiner Hand, und er neigte sich und fiel nieder auf sein Gesicht.

Und der Bote des Herrn sprach zu ihm: „Warum hast du deine Eselin dreimal geschlagen? Siehe, ich bin ausgegangen, daß ich dir widerstehe. Denn dein Weg ist verkehrt. Aber die Eselin hat mich gesehen und ist dreimal ausgewichen. Wenn sie nicht vor mir ausgewichen wäre, dann hätte ich dich jetzt getötet, aber die Eselin am Leben gelassen!“

Da sprach Bileam zu dem Boten des Herrn: „Ich habe gesündigt, denn ich habe es nicht gewußt, daß du mir entgegenstandest auf dem Weg. Aber nun, wenn es dir nicht gefällt, will ich wieder umkehren!“ Der Bote des Herrn sprach zu ihm: „Ziehe hin mit den Männern. Aber du sollst nichts anderes reden, als was ich dir sagen werde!“ So zog Bileam mit den Fürsten Balaks.

Als Balak hörte, daß Bileam kam, zog er aus ihm entgegen und sprach zu ihm: „Habe ich nicht zu dir gesandt und dich rufen lassen? Warum bist du denn nicht zu mir gekommen? Meinst du ich könnte dich nicht ehren?“ Bileam antwortete ihm: „Siehe, ich bin zu dir gekommen. Aber wie kann ich etwas anderes reden, als was mir Gott in den Mund gibt? Nur das kann ich reden!“ So zog Bileam mit Balak.

Und Bileam sprach zu Balak: „Baue mir hier sieben Altäre und schaffe mir her sieben junge Stiere und sieben Widder!“ Balak tat, wie ihm Bileam sagte, und beide opferten je auf einem Altar einen Stier und einen Widder.

Und Bileam sprach zu Balak: „Aus Syrien hast du mich holen lassen mit dem Auftrag: Komm, verfluche mir Jakob! Komm, verwünsche Israel! Wie soll ich fluchen, dem Gott nicht flucht? Wie soll ich verwünschen, den der Herr nicht verwünscht? Denn von der Höhe der Felsen sehe ich ihn, und von den Hügeln schaue ich ihn! Wer kann zählen den Staub Jakobs, auch nur den vierten Teil Israels?“ Da sprach Balak zu Bileam: „Was tust du an mir? Ich habe dich holen lassen, um meinen Feinden zu fluchen, und du segnest sie!“ Er antwortete: „Muß ich nicht das halten und reden, was mir der Herr in den Mund gibt?“

Balak sprach zu ihm: „Komm doch mit mir an einen andern Ort, von wo du nur das Ende des Volks siehst und es nicht ganz siehst, und fluche ihm dort!“ Er führte ihn auf einen freien Platz auf der Höhe Pisga und baute sieben Altäre und opferte je auf einem Altar einen Stier und einen Widder. Balak sprach zu ihm: „Was hat der Herr gesagt?“

Bileam sprach: „Stehe auf, Balak, und höre! Gott ist nicht ein Mensch, daß er lüge, noch ein Menschenkind, daß ihn etwas gereue. Sollte er etwas sagen und nicht tun? Sollte er etwas reden und nicht halten? Siehe, zu segnen bin ich hergebracht. Er segnet, und ich kann es nicht wenden. Man sieht kein Unheil in Jakob und kein Verderben in Israel. Der Herr, sein Gott, ist bei ihm und es jauchzt ihm wie einem König entgegen. Gott hat sie aus Ägypten geführt. Es ist kein Zauberer in Jakob und kein Wahrsager in Israel. Zur rechten Zeit wird Jakob und Israel gesagt, welche Wunder Gott tut. Siehe, das Volk wird aufstehen wie ein junger Löwe Es wird sich nicht legen, bis es den Raub verzehrt und das Blut der Erschlagenen getrunken hat!“

Da sprach Balak zu Bileam: Du sollst es weder fluchen noch es segnen!“ Bileam antwortete und sprach zu Balak: „Habe ich dir nicht gesagt, ich würde alles tun, was der Herr reden würde?“ Als nun Bileam sah, daß es dem Herrn gefiel, Israel zu segnen, ging er nicht mehr auf Zeichendeutung aus, sondern richtete sein Gesicht aus zur der Wüste. Er hob seine Augen auf und sah Israel, wie sie lagerten nach ihren Stämmen.

Und der Geist Gottes kam auf ihn, und er begann seinem Spruch: „Es sagt Bileam, es sagt der Mann, dem die Augen geöffnet sind, es sagt der Hörer göttlicher Rede, der die Offenbarung des Allmächtigen sieht, dem die Augen geöffnet werden, wenn er niederkniet: Wie fein sind deine Zelte, Jakob, und deine Wohnungen, Israel: Wie die sich ausbreitenden Täler, wie die Gärten an den Wassern, wie vom Herrn gepflanzten Aloebäume, wie die Zedern an den Wassern. Seine Eimer fließen von Wasser über, und seine Saat hat Wasser in Fülle. Er hat sich niedergelegt wie ein Löwe, wer will ihn aufjagen? Gesegnet sei, der dich segnet, und verflucht, der dir flucht!“

Da entbrannte Balaks Zorn gegen Bileam und er schlug die Hände zusammen und sprach zu ihm: „Ich habe dich gerufen, daß du meinen Feinden fluchen solltest. Aber du hast sie nun dreimal gesegnet. Geh nun weg in dein Land. Ich dachte, ich wollte dich ehren, aber der Herr hat dir die Ehre verwehrt.

Bileam antwortete ihm: „Habe ich nicht auch zu deinen Boten gesagt: Wenn mir Balak sein Haus voll Silber und Gold gäbe, so könnte ich doch an des Herrn Wort nicht vorüber. Sondern was der Herr reden würde, das würde ich auch reden? So komm, ich will dir verkünden, was dies Volk deinem Volk tun wird zur letzten Zeit!“

Und er hob an seinen Spruch und sprach: „Es wird ein Stern aus Jakob aufgehen und ein Zepter aus Israel aufkommen und wird zerschmettern die Schläfen der Moabiter. Edom wird er einnehmen, und Seir wird seinen Feinden unterworfen sein. Israel aber wird den Sieg haben. Aus Jakob wird der Herrscher kommen und umbringen, was übrig ist von den Städten!“ Und Bileam machte sich auf und zog hin und kam wieder in sein Land, und auch Balak zog seinen Weg (Num 22-25, gekürzt).

 

Viele der Israeliten wurden von den Moabitern zu den Opferfesten ihrer Götter eingeladen, wo das Volk vor deren Göttern niederfällt, zum Beispiel vor dem Baal von Peor. Mose befahl, alle Verehrer Baal-Peors zu töten. Als ein Israelit sogar eine Midianiterin mitbrachte und der Priester Pinchas beide tötete, soll er dadurch den Zorn des Gottes Israels abgewendet haben. Dann erst war die Seuche beendet, an der 24.000 Israeliten starben. Gott befiehlt eine zweite Volkszählung, bei der 601.730 Männer ab 20 Jahren gezählt werden. Außerdem gibt es 23.000 männliche Leviten. Bei der Volkszählung fällt auf, daß außer Mose nur noch Kaleb und Josua leben, die auch bei der ersten Zählung dabei waren (Num 25-26).

Gott legt eine Erbreihenfolge fest: Sind keine Söhne vorhanden, so erben die Töchter, ansonsten die Onkel oder anderen leibliche Verwandte. Da auch Mose nicht nach Kanaan darf, wird Josua als sein Nachfolger bestimmt und geweiht. Es wurde ihm aber nicht die ganze Würde des Moses übertragen, sondern nur so viel, wie nötig war, damit das Volk ihn respektierte. Statt sich wie Moses mit Gott direkt verständigen zu können, mußte sich Josua an den Oberpriester wenden, dem Wahrsagehölzer anvertraut worden waren, durch die Gottes Wille ermittelt werden konnte (Num 27,18-23). Es werden noch einmal die Opferregelungen beschrieben. Die Gelübde von Frauen sind ebenso gültig wie die der Männer, wenn ihr Vater oder Mann keinen Einspruch erhebt (Num 27-30).

Die Midianiter werden angegriffen und geschlagen. Danach befiehlt Mose, alle zu töten, lediglich Jungfrauen werden gefangengenommen. Die Beute der Schlacht wird auf die Stämme verteilt, und die Heerführer opfern Gott zum Dank für diesen Sieg, bei dem kein Israelit ums Leben gekommen ist. Danach enthält das Buch rituelle Vorschriften über die Reinigung von Waffen und Gerät nach einem Völkermord (Num 31).

Die Stämme Ruben und Gad und der halbe Stamm Manasse wollen im gerade eroberten Ostjordanland bleiben, doch sie versprechen, gemeinsam mit dem Volk Israel um weitere Gebiete zu kämpfen. Das Volk zieht weiter durch die Wüste. Auf dieser Reise stirbt Aaron auf dem Berg Hor. Gott befiehlt den Israeliten, das Volk der Kanaaniter zu vertreiben und ihre Götterstatuen zu zerstören. Die Ausdehnung des Landes wird genau beschrieben, und per Los sollen die Gebiete aufgeteilt werden. In den Levitenstädten sollen Menschen, die unabsichtlich jemanden getötet haben, Unterschlupf erhalten, bis ihr Fall vor Gericht entschieden wird. Jeder andere Mord soll mit dem Todesurteil bestraft werden. Am Ende des vierten Buches Mose wird festgelegt, daß Grundstücke nur innerhalb eines Stammes vererbt werden dürfen (Num 32-36).

 

 

Das fünfte Buch Mose (Deuteronomium)

 

[Das 5. Buch Mose stellt in mancher Hinsicht eine Zusammenfassung des 2. bis 4. Buches dar, geht aber in seinen Lehren auch darüber hinaus. Die Bezeichnung „Deuteronomium“ („zweite Gesetzgebung“) entstammt der lateinischen Bibelübersetzung.

Das Deuteronomium hat im Wesentlichen zwei Ziele:

* Im Glaubensbekenntnis („Sch'ma Israel“) wird die Ausschließlichkeit der Jahwe-Verehrung (Monotheismus) gefordert.

* Das Grundgebot des Deuteronomium verlangt die Zentralisation des Kultes am Tempel in Jerusalem.

* Zusätzlich werden noch Gebote erlassen in folgenden Bereichen: Abgabe des Zehnten, Erlaßjahr (Jubeljahr)und Asyl und Asylstädte

Das 5. Buch Mose setzt sich mit Ausnahme des Schlusses in Stil, Methode und Ausdrucksweise derart von den übrigen Büchern der Tora ab, daß sein Ursprung einer eigenständigen Schule zugeschrieben wird. Insbesondere die Tatsache, daß im Buch selbst von einem eigenständigen Gesetz gesprochen wird, spricht für eine Entstehung, die getrennt von den vier vorhergehenden Büchern anzusetzen ist. Auch die Gesetze zeigen einige Unterschiede, und die Rolle der Priesterschaft (Aaroniten) gegenüber der des Stammes Levi (Leviten) wird abweichend dargestellt.

 

Die Entstehung nach Mose wird nach biblischen Quellen folgendermaßen begründet: Am Ende des 2. Buch der Könige wird von religiösen Reformen unter König Josia berichtet. Während dieser Periode findet der Hohepriester Hilkia bei Umbauarbeiten im Tempel eine Schriftrolle der Tora. Insbesondere die zentrale Rolle Jerusalems im jüdischen Kultus, die von Josias Reformen betont wurde, ist in den Mosebüchern nur im 5. Buch Mose zu finden (nicht namentlich, sondern als „der Ort, den der Herr erwählen wird“). Hiernach wird Jerusalem Zentrum des Kultus, und die Lesung des Buches durch den König ist Teil der Pilgerfahrt am Laubhüttenfest.

Eine spätere Entstehung zur Untermauerung der politischen und religiösen Reformen ist wahr­scheinlicher. Demnach wäre sie unter Federführung einer königstreuen, in religiösen Dingen den Vorstellungen des Staates zuneigenden Partei der Priesterschaft unter Berücksichtigung der vorhandenen Traditionen entstanden (und von den Schreibern auch nicht als „Fälschung“, sondern als Formalisierung ihres Ritus verstanden worden).

Aus dem Vergleich mit prophetischen Büchern der hebräischen Bibel schließen Forscher (Gustav Hölscher), das 5. Buch Mose sei in frühnachexilischer Zeit verfaßt worden. Die Quellen, die die Schreiber bei der Abfassung der uns heute bekannten Form des Buches verwendet haben, sind jedoch zweifellos sehr viel älter].

 

Das 5. Buch Mose besteht im Wesentlichen aus drei Ausführungen, die Mose kurz vor seinem Tode an die Israeliten richtete. Der Inhalt des Buchs wird hier nur knapp zusammengefaßt:

 

Die Rede des Mose:

Das Buch beginnt mit einer sehr genauen Anleitung von Ort und Zeit, zu der Mose das Gesetz niedergeschrieben und seinem Volk vorgetragen haben soll: Im vierzigsten Jahr seit dem Auszug aus Ägypten, im elften Monat, am ersten Tag des Monats, jenseits des Jordan, in der Wüste Araba.

Dann erzählt Mose, wie Gott das Volk aufgefordert hatte, nun den Jordan zu überschreiten und das Land Kanaan, das Gott seinem Volk als Besitz versprochen hat, zu erobern und zu bevölkern. Er erwähnt noch einmal eine der Grundlagen des Gesetzes, das durch ihn vermittelt wurde: Die Ältesten und Richter unter dem Volk sollen ihre Entscheidungen ohne Ansehen der Person fällen, sowohl für Israeliten als auch für Fremde.

Weil aber das Volk Gott nicht vertrauen wollte und vor den Amoritern Angst hatten, wurde Gott zornig und schwor: Kein einziger von diesen Männern soll das prächtige Land sehen, das ich euren Vätern versprochen habe! So sollte das Volk Israel vierzig Jahre durch die Wüste ziehen, bis von der Generation, die damals zusammen mit Mose aus Ägypten ausgezogen war, keiner mehr lebte, außer Kaleb und Josua. Auch Mose sollte das gelobte Land nicht mehr betreten können.

Es folgt ein Rückblick auf die Reise des Volkes durch die Wüste, an deren Ende die Eroberung des Ostjordanlandes folgt. Die unterworfenen Völker werden auf Geheiß Gottes dem Untergang geweiht. Es folgen Anweisungen zur Eroberung des Westjordanlandes, des heutigen Israel. Mose darf vom Gipfel des Berges Nebo ins gelobte Land hinübersehen. Er selbst wird es nicht mehr betreten dürfen, Josua wird das Volk im Krieg führen.

Als Abschluß der Rede des Mose folgt im vierten Kapitel eine erneute Mahnung, die Rechtsvorschriften des Gesetzes zu halten. Dazu gehört ganz besonders, keine Götter von den besiegten Völkern anzubeten oder sich sonstige Götzenbilder zu machen. Mose trägt dem Volk auch auf, die Zehn Gebote, die ihm der Herr übergeben hat, an die nachfolgenden Generationen weiterzugeben.

Sollte das Volk die Vorschriften übertreten, droht der Herr mit schweren Strafen bis hin zur Vertreibung aus dem Land Israel. Der erste Teil des Buches endet mit der Liste der Asylstädte im Ostjordanland (Dtn 1,1 - 4,43).

 

Die Verkündigung des Gesetzes:

Der zweite Teil des Buches enthält nun konkrete Rechtsvorschriften, die Mose dem Volk vorgelegt hat. Die Form der Verkündigung ist die eines Bundesschlusses, das heißt einer freiwilligen Verpflichtung auf das Gesetz durch das Volk. Damit soll das Gesetz ein Vertrag zwischen Gott und seinem Volk werden und nicht nur eine von Gott bestimmte weltfremde Vorschrift.

Zunächst folgt eine Wiederholung der Zehn Gebote. Dieser Abschnitt ist, bis auf eine etwas andere Formulierung beim Feiertagsgebot, weitgehend identisch mit der Übergabe der Gebote in Ex 20. Es folgt ein Einschub der erzählt, wie das Volk Mose als seinen Mittler bei Gott einsetzt, da es sich am Horeb dafür gefürchtet hatte, selbst Gott gegenüberzutreten. So soll Mose den Israeliten das Gebot, das der Herr ihm auf dem Horeb gibt, verkünden.

Die eigentliche Verkündigung der Vorschriften beginnt mit einem Abschnitt, der verlangt das Gesetz auf dem Herzen geschrieben und um das Handgelenk gebunden zu haben. Gott wird danach erneut ganz deutlich als der einzige Gott Israels herausgehoben und an die Zeichen erinnert, die in Ägypten geschehen sind, weil der Pharao Mose nicht glauben wollte.

In Kapitel 7 wird dem Volk Israel deutlich gemacht, daß die fremden Völker vernichtet werden müssen. Es ist verboten, sich mit den geschlagenen Völkern einzulassen oder gar ihre Söhne und Töchter den eigenen zu geben.

Es folgt ein Rückblick auf die Verkündigung der Zehn Gebote am Horeb. Um nicht der Versuchung der fremden Götter zu verfallen, ist es auch notwendig, die Altäre und Kultstätten dieser Gottheiten zu zerstören. Für den Gott der Israeliten wird es nur eine Kultstätte geben, die er bestimmen wird. Dies wird zunächst noch das Zelt sein, das das Volk auf der Reise begleitet hat, später wird der Tempel des Herrn auf dem Zion in Jerusalem erbaut werden. Nur dort dürfen dem Herrn Schlachtopfer dargebracht werden. Das Schlachten und verzehren von Tieren ist jedoch überall gestattet, verboten ist hingegen der Verzehr des Blutes getöteter Tiere - damals vermutete man im Blut die Lebenskraft und damit die Seele der Tiere, weshalb andere Kulturen ebendieses Blut während der Opferung tranken. Schlacht- und Brandopfer und die restlichen Abgaben, die den Zehnten ausmachen, sowie die Erstlinge von allem Vieh, sollen zum Zelt des Herrn gebracht werden.

Anstiftung zum Abfall von Gott und zur Anbetung von fremden Gottheiten wird mit Steinigen des Verführers bestraft. Sollte eine ganze Stadt vom Herrn abfallen, wird sie gnadenlos vernichtet.

Dann kommen Speisevorschriften, besonders darüber, welche Tiere verzehrt werden dürfen und welche nicht. Heute ist nicht mehr direkt nachvollziehbar, daß Tiere gegessen werden dürfen, die gespaltene Klauen haben und Wiederkäuer sind. Fische und Vögel dürfen im Allgemeinen auch verspeist werden, die meisten fleischfressenden Vögel jedoch nicht. Der Verzehr von Aas und von Aasfressern ist auf jeden Fall verboten.

Der Zehnte Teil der Ernte des Jahres gehört Gott und den Leviten, die den Dienst am Altar verrichten. Jedes siebte Jahr ist ein Erlaßjahr, in dem alle Schulden erlassen werden. Auch sollen Arme mit Pfandleihen oder Almosen unterstützt werden, wenn es nötig ist. Nach den Bestimmungen für das Wochenfest und das Laubhüttenfest folgen Vorschriften zum rechten Gerichtsverfahren. So soll jemand nur zum Tod verurteilt werden können, wenn mindestens zwei Zeugen gegen ihn auftreten.

Weitere Gesetze finden sich fast unverändert auch in modernen Rechtsstaaten: Grenzverrückung und die Verwendung von zweierlei Gewichten ist verboten, genauso wie eine falsche Aussage vor Gericht, von Menschenraub versteht sich das von selbst.

Kapitel 20 enthält die sogenannten Kriegsgesetze. Der Abschnitt beginnt erneut mit der Bekräftigung, daß der Herr mit seinem Volk in den Krieg ziehen wird und sich dieses daher nicht vor größeren und stärkeren Feinden fürchten soll. Das Aufgebot zum Krieg gilt grundsätzlich allen Männern des Volkes; ausgenommen sind Männer, die gerade ein Haus gebaut, einen Weinberg angelegt, oder sich gerade verlobt aber noch nicht geheiratet haben. Diese dürfen nach Hause zurückkehren. Nicht zum Kampf antreten soll auch einer, der sich fürchtet. Wieder wird das Volk ermahnt, die aktuellen Einwohner des Landes Kanaan keinesfalls zu verschonen und der Vernichtung zu weihen. Die Einwohner von weiter entfernten Städten dürfen hingegen versklavt und ihre Frauen geheiratet werden.

Die folgenden Abschnitte enthalten in kurzer Form wieder Gesetze des täglichen Lebens: Gefundenes Gut soll zurückgegeben werden. Hatte ein Landsmann einen Unfall mit dem Ochsenkarren, soll ihm beigestanden werden. Männer sollen keine Frauenkleider tragen und umgekehrt. An Dachterrassen sollen Geländer angebracht werden. Am Gewand sollen Quasten getragen werden.

Das Buch enthält einige sehr ins Einzelne gehende Gesetze zum Ehebruch. Grundsätzlich wird dieser mit dem Tod beider Beteiligter bestraft. Wenn ein Mann eine Frau vergewaltigt, soll er sterben, sie darf am Leben bleiben, wenn nicht nachgewiesen werden kann, daß sie hätte um Hilfe rufen können. Beschuldigt einer seine Frau, nicht jungfräulich in die Ehe gekommen zu sein, sollen die Eltern der Frau als Beweisstück für das Gegenteil ihr Hochzeitskleid vorlegen.

Weitere Gesetze bestimmen die Bedingungen für die Aufnahme in die Versammlung des Herrn, die Reinheit des Heerlagers, ein Verbot zur Auslieferung von Flüchtlingen und die sakrale Prostitution. Dazu ein Verbot, von Brüdern Zinsen zu verlangen oder gewisse lebenswichtige Dinge wie Mühlsteine als Pfand zu nehmen. Der Lohn eines Tagelöhners soll noch vor dem Sonnenuntergang bezahlt werden. Die sogenannte Sippenhaft ist verboten und an Acker im Weinberg soll keine Nachlese gehalten werden - diese Früchte sind für die Armen bestimmt (Dtn 4,44 - 28,68).

 

Die letzten Verfügungen des Mose:

Mose sagt: Der Herr wird dem Volk Glück geben, wenn sie ihm gehorchen und seine Gebote halten, denn „es ist das Wort gar nahe bei dir, in deinem Munde und in deinem Herzen, daß du es tust. Siehe ich habe dir heute vorgelegt das Leben und das Gute, den Tod und das Böse,

der ich dir heute gebiete, daß du den Herrn, deinen Gott, liebst und wandelst in seinen Wegen und seine Gebote, Gesetze und Rechte haltest und leben mögest und gemehrt werdest und dich der Herr, dein Gott, segne in dem Lande, in das du einziehst!“

Mose wußte, daß er sehr alt war und den Jordan nicht mehr überschreiten werde. Aber er rief Josua und sprach zu ihm vor den Augen des ganzen Israel: „Sei getrost und unverzagt. Denn du wirst dies Volk in das Land bringen, das der Herr ihren Vätern geschworen hat ihnen zu geben, und du wirst es unter sie austeilen. Der Herr aber, der selber vor euch her geht, der wird mit dir sein und wird die Hand nicht abtun noch dich verlassen. Fürchte dich nicht und erschrick nicht.“ Dann wird gesagt, daß Mose die Worte dieses Gesetzes aufgeschrieben hatte in ein Buch und dieses den Leviten übergeben hat. Sie sollen es neben die Bundeslade legen (wo es dann später zur Zeit des Königs Josua „gefunden“ wird) (Dtn 28,69 - 32,52).

Es folgen drei kurze Anhänge:

1. Das Moselied, das Mose auf Gottes Anweisung verfaß hat (Dtn 32).

2. Segenssprüche über jeden der Stämme Israels (Dtn 33).

3. Der Bericht von Moses Tod (32:48-52) und Beisetzung (Dtn 34):

 

Mose ging auf den Berg Nebo, gegenüber von Jericho. Und der Herr zeigte ihm das ganze Land und sprach zu ihm: „Dies ist das Land, das ich den Nachkommen Abrahams, Isaaks und Jakobs zugesagt habe. Du hast es mit deinen Augen gesehen, aber du sollst nicht hinübergehen!“ So starb Mose, der Diener des Herrn, dort im Lande der Moabiter. Gott begrub ihn im Tal im Lande der Moabiter, und niemand hat sein Grab erfahren bis auf den heutigen Tag.

Mose war hundertundzwanzig Jahre alt, als er starb.

Josua aber, ward erfüllt mit dem Geist der Weisheit, denn Mose hatte seine Hände auf ihn gelegt. Und die Israeliten gehorchten ihm und taten, wie der Herr dem Mose geboten hatte.

Und es stand hinfort kein Prophet in Israel auf wie Mose, den Gott angesehen hätte von Angesicht zu Angesicht. Im Buch Josua wird die Geschichte des Volkes Israel nach der Überquerung des Jordan weitergeführt.

 

 

 

 

 

Das erste Buch Mose (Genesis)

 

[Das 1. Buch Mose handelt von Gottes Schöpfung, die auf den Menschen zielt, ihm dient und ihm anvertraut ist. Dann wird zunächst eine Frühgeschichte der Menschheit erzählt (über Adam und Eva, Kain und Abel, Noah), die mit der Völkertafel endet. Es folgt die Frühgeschichte des Volkes Israel, beginnend mit der Berufung des Erzvaters Abraham. Die Lebens- und Familiengeschichten der Patriarchen Abraham, Isaak und Jakob stellen den Ursprung der Israeliten, ihrer Gesetze, Bräuche und religiösen Vorstellungen unter dem Aspekt der göttlichen Erwählung und des Bundes mit Israel bis zum Tod Josefs in Ägypten dar.

An sich müßte man sich jetzt dem weiteren Verlauf der Landnahme des Volkes Israel zuwenden, denn erst danach kam die Frage auf: Ist nicht der Gott, den wir in unserer Geschichte erfahren haben, auch der Herr der ganzen Welt und sogar ihr Schöpfer? Erst als das Volk Israel seßhaft geworden war, überlegte man sich, daß Gott ja auch der Schöpfer der ganzen Welt sein müsse. Sie hatten ihn erfahren als den Gott, der ihnen in der Geschichte beigestanden hatte. Er hatte sie vor den Ägyptern errettet, hatte mit ihnen einen Bund geschlossen und ihnen das Land gegeben.

Er sollte aber nicht nur der Gott dieses Volkes sein, sondern der Gott aller Völker. Deshalb mußte er auch der Schöpfer der Welt sein. Das war er schon immer, aber die Israeliten haben es erst jetzt erkannt. Deshalb dachten sie sich die Schöpfungserzählungen aus, um in anschaulichen Bildern den Glauben an diesen Gott zu umschreiben. Sie beschreiben nicht „Schöpfungsgeschichte“, so als wäre das alles wortwörtlich so passiert, sondern es handelt sich um ein Glaubensbekenntnis in erzählerischer Form.

Außerdem kam es ja zur Begegnung mit den orientalischen Großmächten und ihren Göttergeschichten von der Erschaffung der Welt. Deshalb stellte Israel sein Werden in den größeren Rahmen der Erschaffung der Welt. Die Urgeschichte am Anfang der Bibel ist also der letzte Themenkomplex, der dem Pentateuch zugewachsen ist.

Diesen durchzieht ein Spannungsbogen von der Verheißung zur Erfüllung, bezogen besonders auf das Stichwort des „Landes“, das Gott durch Unterscheidung von Himmel und Urflut schuf (Gen 1,1-12), um es Mose kurz vor seinem Tod als Erbe Israels zu zeigen (Dtn 34,1-4). Da aber die fünf Bücher Mose eine Einheit sind, wird jetzt erst das erste Buch besprochen.

Die Erzählungen vom Anfang der Welt enden mit der großen Katastrophe, daß die Völker unterschiedliche Sprachen haben und über die ganze Welt verstreut werden. Gott aber greift sich einen einzelnen Menschen heraus, den Abraham, und beginnt mit ihm etwas Neues. Weil Abraham ein Mensch nach seiner Vorstellung war, hoffte er daß er mit ihm mehr Erfolg haben werde. Aus Abraham erwuchs ein großes Volk, das aber auch nicht dem Willen Gottes gehorsam war. Es blieben immer nur Einzelne, die nach dem Willen Gottes lebten.

[Als das Volk im Land Kanaan seßhaft geworden war, erinnerte es sich daran, daß dieses Land ja schon den Vorvätern von Gott versprochen worden war. Diese „Erzväter“ Abraham, Isaak und Jakob verkörpern aber ursprünglich die Anführer je eines Volksstamms, der dann im Volk Israel aufging. In den Erzählungen wurden sie dann als Vater, Sohn und Enkel verknüpft. Aus der Stammesgeschichte wurde eine Familiengeschichte.

Die Erzählungen von den „Erzvätern“ Abraham, Isaak und Jakob wollen nachweisen, daß die Einnahme des Landes Kanaan (die heutigen Wohnstätten der Israelis und der Palästinenser) gerechtfertigt war, weil dieses Land schon den Erzvätern von Gott versprochen worden war und diese dort schon gelebt hatten. Man sah auch schon in ihrem Leben den Gott Israels am Werk. Aber an sich setzte sich das spätere Volk Israel zusammen aus Gruppen, die sich auf einen (vielleicht mythischen) Erzvater zurückführten, aus den Stämmen aus dem Ostjordanland und aus der kleinen Gruppe, die aus Ägypten gekommen war und den Durchzug durchs Meer und den Bundesschluß am Sinai erfahren hatte und deren Glaube dann von den anderen übernommen wurde.

Inhaltlich gibt es einige direkte Hinweise zur Datierung des Textes: Kamele wurden im 12. oder 11. vorchristlichen Jahrhundert domestiziert, und die ältesten Hinweise auf Kamelkarawanen im Nahen Osten stammen aus dem 7. Jahrhundert. Der Bezug auf israelitische Könige deutet auf eine Entstehung nach dem 10. vorchristlichen Jahrhundert hin. Erste Ansiedlungen der Philister gibt es seit dem 13. Jahrhundert, und erste Städte im 7. Jahrhundert. Mit der Datierung der Patriarchen auf die Zeit zwischen dem 25. und dem 16. vorchristlichen Jahrhundert (je nach Lehrmeinung) ergibt sich eine Entstehung von einigen Jahrhunderten nach den (mutmaßlichen) Ereignissen].

 

 

 

 

 

 

Abrahamerzählungen

 

[Als das Volk im Land Kanaan seßhaft geworden war, wollt es sich seiner Wurzeln vergewissern. Es erinnerte es sich daran, daß dieses Land ja schon den Vorvätern von Gott versprochen worden war. Diese ganze Volksgruppe wurde symbolisch zusammengefaßt in den Figuren der „Erzväter“. Abraham, Isaak und Jakob verkörpern aber ursprünglich die Anführer je eines Volksstamms, der dann im Volk Israel aufging. In den Erzählungen wurden sie dann als Vater, Sohn und Enkel verknüpft: Aus der Stammesgeschichte wurde eine Familiengeschichte].

 

Abram und Sara :

Der Herr sprach zu Abram: „Geh aus deinem Vaterland und von deiner Verwandtschaft und aus deines Vaters Haus in ein Land, das ich dir zeigen will. Ich will dich zum großen Volk machen und will dich segnen und dir einen großen Namen machen, und du sollst ein Segen sein. Ich will segnen, die dich segnen, und verfluchen, die dich verfluchen; und in dir sollen gesegnet werden alle Generationen auf Erden!

Abram war fünfundsiebzig Jahre alt, als er aus Haran zog. Er nahm seine Frau Sara  und Lot, den Sohn seines Bruders, mit aller ihrer Habe, und die Leute, die sie erworben hatten in Haran. Sie zogen aus, zu reisen in das Land Kanaan. Als sie dort angekommen waren, zog Abram durch bis an die Stätte bei Sichem und an den Hain More. Es wohnten aber zu der Zeit die Kanaaniter im Lande.

Da erschien der Herr dem Abram und sprach: „Dies Land will ich deinen Nachkommen geben!“ Und Abram baute dort einen Altar für den Herrn, der ihm erschienen war.

Danach brach er von dort auf ins Gebirge öst der Stadt Bethel und schlug sein Zelt auf, so daß er Bethel im Westen und Ai im Osten hatte, und baute dort dem Herrn einen Altar und rief den Namen des Herrn an (Gen 12,1-9).

 

Abram und Sara  in Ägypten:

Danach zog Abram weiter in den Süden. Es kam aber eine Hungersnot in das Land. Da zog Abram hinab nach Ägypten, um dort als ein Fremder zu leben, denn der Hunger war groß im Land. Als er aber nahe an Ägypten kam, sprach er zu seiner Frau: „Ich weiß, daß du ein schönes Gesicht hast. Wenn dich nun die Ägypter sehen werden, so werden sie sagen: Das ist seine Frau! Und werden mich töten und dich leben lassen. Sage doch, du seist meine Schwester, damit es mir wohl gehe und ich am Leben bleibe!“

Als Abram nun nach Ägypten kam, sahen die Ägypter die, daß seine Frau sehr schön war. Die Großen des Pharao sahen sie und priesen sie vor ihm. Da wurde sie in das Haus des Pharao gebracht. Der Pharao tat Abram Gutes wegen seiner Frau: Er bekam Schafe, Rinder, Esel, Sklaven und Sklavinnen, Eselinnen und Kamele. Aber der Herr plagte den Pharao mit großen Plagen und sein Haus wegen Sara .

Da rief Pharao Abram zu sich und sprach zu ihm: „Warum hast du mir das getan? Warum sagtest du mir nicht, daß sie deine Frau ist? Warum sprachst du denn, sie wäre deine Schwester? So daß ich sie zu meiner Frau nehmen wollte. Da hast du deine Frau, nimm sie und ziehe hin!“ Und der Pharao bestellte Leute, daß sie Abram geleiteten und seine Frau und alles, was er hatte (Gen 12,10-20).

 

Abram und Lot trennen sich:

Lot zog auch mit Abram ins Südland. Abram aber war sehr reich an Vieh, Silber und Gold. Er zog immer weiter vom Südland bis nach Bethel, an die Stätte, wo zuerst sein Zelt war, zwischen Bethel und Ai, wo er zuvor den Altar gemacht hatte. Dort rief er den Namen des Herrn an. Lot aber, hatte auch Schafe und Rinder und Zelte. Deshalb konnte das Land es nicht verkraften, daß sie beieinander wohnten, denn ihre Habe war groß.

Es gab immer Zank zwischen den Hirten von Abrams Vieh und den Hirten von Lots Vieh. Da sprach Abram zu Lot: „Laß doch nicht Zank sein zwischen mir und dir und zwischen meinen und deinen Hirten, denn wir sind doch verwandt Steht dir nicht alles Land offen? Trenne dich doch von mir. Willst du auf die linke Seite, so gehe ich auf die rechte Seite, oder wenn du auf die rechte willst, dann gehe ich auf die linke!“

Da hob Lot sein Augen auf und besah die ganze Gegend am Jordan. Denn ehe der Herr Sodom und Gomorra vernichtete, war die Gegend wasserreich, wie ein Garten des Herrn, wie Ägypten. Da wählte Lot die ganze Gegend am Jordan und zog nach Osten. So trennte sich ein Verwandter von dem andern: Abram wohnte im Lande Kanaan und Lot in den Städten der Jordangegend. Und Lot zog mit seinen Zelten bis nach Sodom. Aber die Leute zu Sodom waren böse und sündigten sehr gegen den Herrn (Gen 13,1-13).

 

Erneute Verheißung an Abram:

Als Lot sich von Abram getrennt hatte, sprach der Herr zu Abram: „Hebe dein Augen auf und siehe von der Stätte an, wo du wohnst, nach Norden, Süden, Osten und Westen. Denn alles Land, das du siehst, will ich dir geben und deinen Nachkommen für alle Zeit. Ich will deine Nachkommen machen wie den Staub auf der Erde. Wenn ein Mensch den Staub auf der Erde zählen kann, dann wird er auch deine Nachkommen zählen können. Darum so mache dich auf und ziehe durch das Land in die Länge und Breite, denn dir will ich es geben. Do zog Abram weiter mit seinem Zelt und wohnte im Hain Mamre, der bei Hebron ist, und baute dort dem Herrn einen Altar (Gen 13,14-18).

 

Abram rettet Lot:

Es gab einen Aufstand gegen den König von Sodom, und sie kamen alle zusammen im Tal Siddim, wo jetzt das Salzmeer ist. Die Könige von Sodom und Gomorra wurden in die Flucht geschlagen und fielen in Erdharzgruben hinein, und was übrigblieb, floh auf das Gebirge.

Die Feinde auch Lot mit sich mit all seiner Habe. Das meldete einer, der entronnen war, dem Abram. Da rüstete Abram seine Leute aus und jagte ihnen nach bis nach Dan. Nachts fiel er über sie her und schlug sie und verjagte sie und brachte Lot und seine Familie wieder zurück.

Als er zurück kam, gingen ihm entgegen der König von Sodom und Melchisedek, der König von Salem und Priester Gottes des Höchsten. Dieser trug Brot und Wein heraus und segnete ihn und sprach: „Gesegnet seist du, Abram, vom höchsten Gott, der Himmel und Erde geschaffen hat. Gelobt sei Gott der Höchste, der deine Feinde in deine Hand gegeben hat!“ (Gen 14, gekürzt).

 

Gott verheißt Abram einen Sohn:

Nach diesen Geschichten hörte Abram das Wort des Herrn: „Fürchte dich nicht, Abram! Ich bin dein Schild und dein sehr großer Lohn“ Abram aber sprach: „Herr, was willst du mir geben? Ich gehe dahin ohne Kinder und mein Diener Elieser von Damaskus wird mein Haus besitzen.

Da sprach der Herr sprach zu ihm: „Er soll nicht dein Erbe sein, sondern der von deinem Leib kommen wird, der soll dein Erbe sein!“ Er befahl ihm hinaus zu gehen und sprach: „Sieh in den Himmel und zähle die Sterne. Kannst du sie zählen? So zahlreich sollen deine Nachkommen werden!“ Und Abram glaubte dem Herrn, und das rechnete er ihm zur Gerechtigkeit.

Gott sprach zu ihm: „Ich bin der Herr, der dich von Ur in Chaldäa ausgeführt hat, damit ich dir dies Land zum Besitz gebe!“ Abram aber sprach: „Herr, woran soll ich merken, daß ich es besitzen werde?“ Er sprach zu ihm: Bringe mir eine dreijährige Kuh und eine dreijährige Ziege und einen dreijährigen Widder und eine Turteltaube und eine andere Taube!“ Abram brachte ihm das alles und zerteilte es in der Mitte und legte je einen Teil dem andern gegen­über, nur die Vögel zerteilte er nicht.

Als nun die Sonne am Untergehen war, fiel ein tiefer Schlaf auf Abram. Schrecken und große Finsternis überfiel ihn. Da sprach Gott zu Abram: „Das sollst du wissen, daß deine Nachkommen werden fremd sein in einem Lande, das nicht ihnen ist. Dort wird man sie zwingen vierhundert Jahre zu dienen. Aber ich will das Volk strafen, dem sie dienen müssen. Danach sollen sie ausziehen aus dem Land mit großem Gut. Und du sollst fahren zu deinen Vätern mit Frieden und in gutem Alter begraben werden. Sie aber sollen nach vier Menschenaltern wieder hierher kommen!“[Anspielung auf den Aufenthalt in Ägypten].

Als nun die Sonne untergegangen und es finster geworden war, siehe, da war ein rauchender Ofen, und eine Feuerflamme fuhr zwischen den Tierhälften hin [Anspielung auf den Bundesschluß am Sinai]. An dem Tage machte der Herr einen Bund mit Abram und sprach: „Deinen Nachkommen will ich dies Land geben, von dem Wasser Ägyptens bis an den große Strom Euphrat!“ (Gen 15).

 

Hagar und Ismael:

Doch Sara  gebar Abram kein Kind. Sie hatte aber eine ägyptische Magd, die hieß Hagar. Und sie sprach zu Abram: „Siehe, der Herr hat mich unfruchtbar gemacht. Gehe doch zu meiner Magd, ob ich vielleicht durch sie zu einem Sohn komme!“ Abram gehorchte Sara  und sie gab ihm Hagar zur Frau, nachdem sie zehn Jahre im Lande Kanaan gewohnt hatten. Hagar wurde schwanger. Als sie nun sah, daß sie schwanger war, achtete sie ihre Herrin gering.

Da sprach Sara  zu Abram: „Das Unrecht, das mir geschieht, komme über dich! Ich habe meine Magd dir in die Arme gegeben. Nun aber wo sie schwanger geworden ist, bin ich gering in ihren Augen!“ Abram aber sprach zu Sara : „Siehe, deine Magd ist unter deiner Gewalt, tue mit ihr, wie es dir gefällt!“

Als Sara  nun Hagar wollte demütigen, floh sie von ihr. Aber der Bote des Herrn fand sie bei einer Quelle in der Wüste, nämlich bei der Quelle am Wege nach Sur. Der sprach zu ihr: „Hagar, wo kommst du her, und wo willst du hin?“ Sie sprach: „Ich bin von meiner Herrin Sara  geflohen!“ Der Bote des Herrn sprach zu ihr: „Kehr wieder um zu deiner Herrin, und füge dich unter ihre Hand. Ich will deine Nachkommen so vermehren, daß sie wegen der großen Menge nicht gezählt werden können. Du wirst einen Sohn gebären, den sollst du Ismael heißen, denn der Herr hat dein Elend erhört. Er wird ein wilder Mensch sein: Seine Hand gegen jedermann und jedermanns Hand gegen ihn, und er wird wohnen allen seinen Brüder zum Trotz!“

Hagar hieß den Namen des Herrn, der mit ihr redete: „Du bist ein Gott, der mich sieht“. Denn sie sprach: „Gewiß habe ich hier den gesehen, der mich angesehen hat!“ Darum nannte man den Brunnen „Brunnen des Lebendigen, der mich ansieht“. Und Hagar gebar einen Sohn. Abram nannte den Sohn, den ihm Hagar gebar, „Ismael“. Er war sechsundachtzig Jahre alt, als ihm Hagar den Ismael gebar (Gen 16).

 

Ewiger Bund und neue Namen:

Als Abram neunundneunzig Jahre alt war, erschien ihm der Herr und sprach zu ihm: „Ich bin der allmächtige Gott. Lebe vor mir und sei fromm. Ich will meinen Bund zwischen mir und dir aschließen und ich will dich über alle Maßen vermehren!“ Da fiel Abram auf sein Angesicht. Und Gott redete weiter mit ihm und sprach: „Siehe, ich habe meinen Bund mit dir, und du sollst ein Vater vieler Völker werden. Darum sollst du nicht mehr „Abram“ heißen, sondern „Abraham“ soll dein Name sein, denn ich habe dich gemacht zum Vater vieler Völker. Ich will dich sehr fruchtbar machen und will aus dir Völker machen, und auch Könige sollen von dir kommen. Ich will aufrichten meinen Bund zwischen mir und dir und deinen Nachkommen, daß es ein ewiger Bund sei, so daß ich dein Gott sei und deiner Nachkommen Gott!“

Und Gott sprach weiter: „Ich will dir und deinen Nachkommen das Land geben als ewigen Besitz, das ganze Land Kanaan, in dem du ein Fremder bist, und ich will ihr Gott sein. So halte nun meinen Bund, du und deine Nachkommen von Generation zu Generation. Das ist aber mein Bund, den ihr halten sollt: Alles Männliche unter euch soll beschnitten werden. Eure Vorhaut sollt ihr beschneiden. Das soll ein Zeichen sein des Bundes zwischen mir und euch. Jeder Junge soll beschnitten werden, wenn er acht Tage alt ist. Beschnitten werden sollen auch die Kinder der Angestellten. So soll mein Bund an eurem Fleisch zu einem ewigen Bund werden. Wenn ein Mann nicht beschnitten wird an seiner Vorhaut, der soll ausgerottet werden aus seinem Volk, weil er meinen Bund gebrochen hat (Ex 17,1-14).

 

Verheißung Isaaks:

Gott sprach abermals zu Abraham: Du sollst deine Frau Sara  nicht mehr „Sara “ heißen, sondern „Sara“ soll ihr Name sein. Denn ich will sie segnen, und auch von ihr will ich dir einen Sohn geben. Denn ich will sie segnen, und Völker sollen aus ihr werden und Könige über viele Völker. Da fiel Abraham auf sein Angesicht und lachte, und sprach in seinem Herzen: „Soll mir, im Alter von hundert Jahren ein Kind geboren werden, und Sara gebären, die neunzig Jahre alt ist?

Abraham sprach zu Gott: „Ach, daß Ismael möchte leben bleiben!“ Da sprach Gott: „Nein, deine Frau Sara wird dir einen Sohn gebären, den sollst du „Isaak“ nennen, denn mit ihm will ich meinen ewigen Bund aufrichten und mit seinen Nachkommen. Aber wegen Ismael habe ich dich auch erhört. Siehe, ich habe ihn gesegnet und will ihn fruchtbar machen und über alle Maßen vermehren. Zwölf Fürsten wird er zeugen, und ich will ihn zum großen Volk machen. Aber meinen Bund will ich aufrichten mit Isaak, den dir Sara gebären soll um diese Zeit im nächsten Jahr!“

Da nahm Abraham seinen Sohn Ismael und alle Sklaven (die im Haus geborenen und die gekauften) und alles, was männlich war in seinem Haus, und beschnitt ihre Vorhaut an eben diesem Tag, wie ihm Gott gesagt hatte. Abraham war neunundneunzig Jahre alt, als er seine Vorhaut beschnitt. Sein Sohn Ismael war dreizehn Jahre alt, als seine Vorhaut beschnitten wurde (Ex 17, 15-27).

 

Der Herr bei Abraham im Hain Mamre:

Der Herr erschien Abraham im Hain Mamre, während er an der Tür seines Zeltes saß, als der Tag am heißesten war. Und als er seine Augen aufhob, da standen drei Männer vor ihm. Und als er sie sah, lief er ihnen entgegen von der Tür seine s Zeltes und neigte sich nieder zur Erde und sprach: „Herr, habe ich Gnade gefunden vor deinen Augen, so gehe nicht an deinem Diener vorüber. Man soll euch ein wenig Wasser bringen und eure Füße waschen, und laßt euch nieder unter dem Baum. Ich will einen Bissen Brot bringen, daß ihr euer Herz labt; danach mögt ihr weitergehen. Denn darum seid ihr zu eurem Diener gekommen!“ Sie sprachen: „Tue, wie du gesagt hast!“ 

Abraham eilte in das Zelt zu Sara und sprach: „Eile und menge drei Maß feinstes Mehl, knete und backe Kuchen!“ Er aber lief zu den Rindern und holte ein zartes, gutes Kalb und gab es dem Sklaven. Der eilte und bereitete es zu. Abraham trug auf Butter und Milch und Fleisch von dem Kalb, das er zubereitet hatte, und setzte es ihnen vor und blieb stehen vor ihnen unter dem Baum, und sie aßen.

Da sprachen sie zu ihm: „Wo ist deine Frau Sara?“ Er antwortete: „Drinnen im Zelt!“ Da sprach einer der Männer: „Ich will wieder zu dir kommen in einem Jahr. Dann soll deine Frau Sara einen Sohn haben!“ Das hörte Sara hinter der Tür des Zelts und lachte vor sich hin und sprach: „Nun ich alt bin, soll ich noch Liebe machen, und mein Mann ist auch alt?“

Da sprach der Mann zu Abraham: „Warum lacht Sara und spricht: Meinst du, das es wahr werde, daß ich noch gebären werde, wo ich doch alt bin? Sollte dem Herrn etwas unmöglich sein? Um diese Zeit will ich wieder zu dir kommen in einem Jahr, dann soll Sara einen Sohn haben!“ Da leugnete Sara und sprach: „Ich habe nicht gelacht!“denn sie fürchtete sich. Aber er sprach: „Es ist nicht so, du hast gelacht!“ (Gen 18,1-15).

 

Fürbitte für Sodom:

Da brachen die Männer auf und wandten sich nach Sodom. Abraham ging mit ihnen, um sie zu geleiteten. Da sprach der Herr: „Wie könnte ich Abraham verbergen, was ich tue, zumal er ein großes und mächtiges Volk soll werden, und alle Völker auf der Erde in ihm gesegnet werden sollen? Denn dazu habe ich ihn bestimmt, daß er seinen Kindern und seinen Nachkommen befehle, daß sie des Herrn Wege halten und tun, was recht und gut ist, damit der Herr auf Abraham kommen lasse, was er ihm verheißen hat!“

Und der Herr sprach: „Es ist ein großes Geschrei über Sodom und Gomorra, daß ihre Sünden sehr schwer sind. Darum will ich hinab fahren und sehen, ob sie alles getan haben, was das Gerücht besagt, das vor mich gekommen ist, oder ob es nicht so sei, damit ich es genau wisse!“

Die Männer wandten ihr Angesicht und gingen nach Sodom. Abraham aber blieb stehen vor dem Herrn und trat zu ihm und sprach: „Willst du denn den Gerechten mit dem Gottlosen umbringen? Es könnten vielleicht fünfzig Gerechte in der Stadt sein. Wolltest du die umbringen und dem Ort nicht vergeben um fünfzig Gerechter willen, die darin wären? Das sei ferne von dir, daß du das tust und tötest den Gerechten mit dem Gottlosen, so daß der Gerechte gleich behandelt wird wie der Gottlose! Das sei ferne von dir! Sollte der Richter aller Welt nicht gerecht richten?“

Der Herr sprach: „Finde ich fünfzig Gerechte in der Stadt Sodom, so will ich um ihrer willen dem ganzen Ort vergeben!“ Abraham antwortete und sprach: „Ach siehe, ich habe es gewagt mit dem Herrn zu reden, obwohl ich Erde und Asche bin. Es könnten vielleicht fünf weniger den fünfzig Gerechte darin sein. Wolltest du dann die ganze Stadt verderben um der fünf willen?“ Er sprach: „Finde ich darin fünfundvierzig, so will ich sie nicht verderben!“ Abraham fuhr fort mit ihm zu reden und sprach: „Man könnte vielleicht nur vierzig Gerechte darin finden!“ Er aber sprach: „Ich will ihnen nichts tun um der vierzig willen!“ Abraham sprach: „Zürne nicht, Herr, daß ich noch mehr rede. Man könnte vielleicht dreißig darin finden!“ Er aber sprach: „Finde ich dreißig Gerechte darin, so will ich ihnen nichts tun!“

Abraham sprach: „Ach siehe, ich habe es gewagt, mit dem Herrn zu reden. Man möchte vielleicht zwanzig Gerechte darin finden!“ Gott antwortete: „Ich will sie nicht verderben um der zwanzig willen!“ Abraham sprach noch einmal: „Ach zürne nicht, Herr, daß ich nur noch einmal rede. Man könnte vielleicht zehn darin finden!“ Er aber sprach: „Ich will sie nicht verderben um der zehn willen!“ Der Herr ging hin, als er mit Abraham ausgeredet hatte, und Abraham kehrte wieder um an seinen Ort (Gen 18, 16-33).

 

Untergang von Sodom und Gomorra:

Zwei Gottesboten kamen gegen Abend nach Sodom. Lot aber saß in Sodom unter dem Tor. Als er sie sah, stand er auf, ihnen entgegen, und neigte sich bis zur Erde und sprach: „Liebe Herren, kehrt doch ein im Haus eures Dieners und bleibt über Nacht. Laßt euch die Füße waschen und steht morgens früh auf und zieht eure Straße!“ Aber sie sprachen: „Nein, sondern wir wollen über Nacht im Freien bleiben!“

Da nötigte er sie sehr, und sie kehrten bei ihm ein und kamen in sein Haus. Er machte ihnen ein Mahl und backte ungesäuerte Kuchen, und sie aßen. Aber ehe sie sich zum Schlafen legten, kamen die Männer der Stadt Sodom und umringten das ganze Haus, jung und alt, das ganze Volk aus allen Ecken der Stadt, und riefen Lot heraus und sprachen zu ihm: „Wo sind die Männer, die diese Nacht zu dir gekommen sind? Führe sie heraus zu uns, damit wir mit ihnen Geschlechtsverkehr haben können!“

Lot ging heraus zu ihnen vor die Tür und schloß die Tür hinter sich zu und sprach: „Ach, liebe Nachbarn, tut nichts so Übles! Ich habe zwei Töchter, die haben es noch mit keinem Mann gehabt. Die will ich euch herausgeben, und tut mit ihnen, was euch gefällt. Aber diesen Männern tut nichts, denn darum sind sie unter den Schatten meines Daches gekommen!“ Sie aber sprachen: „Weg mit dir!“

Und sie sprachen auch: „Du bist der einzige Fremde hier und willst das Sagen haben? Wohlan, wir wollen dich noch übler plagen als jene!“ Sie drangen hart auf Lot. Doch als sie hinzu liefen und die Tür aufbrechen wollten, griffen die Gäste hinaus und zogen Lot hinein zu sich ins Haus und schlossen die Tür zu. Aber die Männer vor der Tür wurden mit Blindheit geschlagen, klein und groß, so daß sie es aufgaben, die Tür zu finden.

Die Gäste sprachen zu Lot: „Hast du noch irgend hier einen Schwiegersohn und Söhne und Töchter, und wer sonst noch zu dir gehört in der Stadt, den führe weg von dieser Stätte. Denn wir werden diese Stätte verderben, weil ihr Geschrei groß ist vor dem Herrn. Der hat uns gesandt, sie zu verderben!“ Da ging Lot hinaus und redete mit den Männern, die seine Töchter heiraten sollten: „Macht euch auf und geht aus diesem Ort, denn der Herr wird diese Stadt verderben!“ Aber das war ihnen lächerlich.

Als nun die Morgenröte aufging, drängelten die Boten und sprachen: „Mache dich auf, nimm deine Frau und deine zwei Töchter, damit du nicht auch umkommst in der Missetat dieser Stadt!“ Als er aber zögerte, ergriffen die Männer ihn und seine Frau und seine zwei Töchter bei der Hand, weil der Herr ihn verschonen wollte, und führten ihn hinaus und ließen ihn erst draußen vor der Stadt wieder los. Als sie ihn hatten hinausgebracht, sprach der eine: „Rette dein Leben und sieh nicht hinter dich, bleib auch nicht stehen in dieser ganzen Gegend. Rette dich auf das Gebirge, daß du nicht umkommst!“

Aber Lot sprach zu ihm: „Ach nein, Herr! Dein Diener hat Gnade gefunden vor deinen Augen und du hast deine Barmherzigkeit groß gemacht, als du mich am Leben erhalten hast. Ich kann mich nicht auf das Gebirge retten, denn es könnte mich dort ein Unheil ereilen, so daß ich stürbe. Es ist aber eine kleine Stadt nahe, dahin will ich mich retten, daß ich am Leben bleibe!“

Da sprach der Bote zu ihm: „Siehe, ich habe auch in dieser Sache dir nachgegeben, daß ich diese kleine Stadt nicht zerstöre, von der du geredet hast. Eile und rette dich dahin, denn ich kann nichts tun, bis daß du dort hineinkommst!“ Daher ist diese Stadt genannt „Zoar“. Die Sonne war schon aufgegangen, als Lot nach Zoar kam.

Da ließ der Herr Schwefel und Feuer von Himmel herab regnen auf Sodom und Gomorra und vernichtete die Städte und die ganze Gegend und alle Einwohner der Städte und was auf dem Land gewachsen war. Aber Lots Frau sah hinter sich und wurde zur Salzsäule. Abraham aber machte sich früh am Morgen auf an den Ort, wo er vor dem Herrn gestanden hatte, und wandte sein Gesicht in Richtung Sodom und Gomorra und alles Land der Gegend und schaute. Siehe, da ging Rauch auf vom Lande wie ein Rauch vom Ofen [Mit dieser Erzählung wird erklärt, weshalb Sodom und Gomorra nur noch eine Ruinenstäte war, Zoar aber weiter bestand; außerdem wird begründet, weshalb eine Felsformation wie eine Frau aussah].

Lot zog aus Zoar und blieb auf dem Gebirge mit seinen beiden Töchtern, denn er fürchtete sich, in Zoar zu bleiben; und so blieb er in einer Höhle mit seinen beiden Töchtern. Da sprach die ältere Tochter zu der jüngeren: „Unser Vater ist alt, und ist kein Mann mehr auf der Erde, der uns schwängern könnte. So laß uns unserm Vater Wein zu trinken geben und bei ihm schlafen, daß wir uns Nachkommen verschaffen von unserm Vater!“ Also gaben sie ihrem Vater Wein zu trinken in derselben Nacht. Dann ging die erste hinein und legte sich zu ihrem Vater. Er aber merkte es nicht, weder als sie sich hinlegte noch als sie aufstand.

Am Morgen sprach die ältere zu der jüngeren: „Ich habe gestern bei meinem Vater gelegen. Laß uns ihm diese Nacht auch Wein zu trinken geben, daß du hineingehst und legst dich zu ihm, daß wir uns Nachkommen von unserm Vater verschaffen!“

So gaben sie ihrem Vater diese Nacht auch Wein zu trinken. Und die jüngere machte sich auf und legte sich zu ihm. Und er wurde es nicht gewahr, weder als sie sich hinlegte noch als sie aufstand. So wurden beide Töchter Lots schwanger von ihrem Vater. Die ältere gebar einen Sohn, den nannte sie „Moab“. Von dem kommen die Moabiter her bis auf den heutigen Tag. Die jüngere gebar auch einen Sohn, den hieß sie „Ben-Ammi“. Von dem kommen die Kinder Ammon bis auf den heutigen Tag [Hier wird erklärt, daß die zwei Völker im Grunde mit Israel verwandt sind. Daß weder Lot noch seine Töchter bestraft werden, zeigt wie gnädig Gott in diesem Fall ist. Indirekt wird dabei klar, wie schlimm die Vergehen der Sodomiter - die hiernach benannten Sodomie - angesehen worden sein müssen] (Gen 19).

 

Abraham und Sara bei Abimelech:

Abraham aber zog von dort ins das Südland und wohnte zwischen Kadesch und Schur und ward ein Fremder in Gerar. Er sprach aber von seiner Frau Sara, sie sei seine Schwester. Da sandte Abimelech, der König zu Gerar, zu ihr hin und ließ sie holen. Aber Gott kam zu Abimelech im Traum und sprach zu ihm: „Du bist des Todes wegen der Frau, die du genommen hast, den sie ist eine Ehefrau!“

Abimelech aber hatte sie nicht berührt und sprach: „Herr, willst du denn auch ein gerechtes Volk umbringen? Hat er nicht zu mir gesagt, sie sei seine Schwester? Und sie hat auch gesagt, daß er ihr Bruder sei. Ich habe das doch getan mit gutem Gewissen und unschuldigen Händen!“Gott sprach zu ihm im Traum: „Ich weiß auch, daß du das mit gutem Gewissen getan hast. Darum habe ich dich auch davor behütet, daß du gegen mich sündigtest, und habe es nicht zugelassen, daß du sie berührtest. So gib nun dem Mann seine Frau wieder, denn er ist ein Prophet. Und laß ihn für dich bitten, so wirst du am Leben bleiben. Wenn du sie aber nicht zurück gibst, so wisse, daß du des Todes sterben mußt und alles, was dein ist!“

Da stand Abimelech früh am Morgen auf und rief alle seine Diener und sagte ihnen dieses alles; und die Männer fürchteten sich sehr.

Abimelech rief auch Abraham und sprach zu ihm: „Warum hast du uns das getan? Was habe ich an dir gesündigt, daß du so eine große Sünde auf mich und mein Reich bringen wolltest? Du hast mit mir gehandelt, wie man nicht handeln soll.

Abraham sprach: „Ich dachte, vielleicht ist keine Gottesfurcht an diesem Ort, und sie werden mich wegen meiner Frau umbringen. Sie ist wahrhaftig meine Schwester, denn sie ist meines Vaters Tochter, aber nicht meiner Mutter Tochter. So ist sie meine Frau geworden. Als mich aber Gott aus meines Vaters Hause wandern hieß, sprach ich zu ihr: Die Liebe tu an mir, daß du sagst, ich sei dein Bruder, wo wir auch hinkommen!“

Da nahm Abimelech Schafe und Rinder, Sklaven und Sklavinnen und gab sie Abraham und gab ihm seine Frau Sara wieder und sprach: „Siehe da, mein Land steht dir offen, wohne, wo es dir gefällt!“

Und zu Sara sprach: „Ich habe deinem Bruder tausend Silberlinge gegeben. Das soll wie eine Decke vor den Augen aller sein, die bei dir sind, zu deinem Wohl!“ Damit war ihr Recht verschafft.

Abraham aber betete zu Gott. Da heilte Gott Abimelech und seine Frau und seine Sklavinnen, so daß sie wieder Kinder gebären, denn der Herr hatte zuvor wegen Sara alle Mütter des Hauses Abimelech hart verschlossen (Gen 20).

 

Isaaks Geburt:

Der Herr tat mit Sara, wie er geredet hatte: Sie wurde schwanger und gebar Abraham in seinem Alter einen Sohn, um die Zeit, von der ihm Gott geredet hatte. Und Abraham hieß seinen Sohn „Isaak“ und beschnitt ihn am achten Tage, wie ihm Gott geboten hatte. Hundert Jahre war Abraham alt, als ihm sein Sohn Isaak geboren wurde. Und Sara sprach: „Gott hat mich zur Lachnummer gemacht, denn wer es hören wird, der wird über mich lachen. Und wer durfte von Abraham sagen, daß Sara Kinder stille? Und doch habe ich ihm einen Sohn geboren in seinem Alter!“ Das Kind wuchs heran. Abraham machte ein großes Mahl an dem Tag, als Isaak entwöhnt wurde.

Als Sara den Sohn der Ägypterin Hagar sah, wie er ein Spötter war, und sprach sie zu Abraham: „Treibe diese Sklavin aus mit ihrem Sohn, der Sohn dieser Sklavin soll nicht erben mit meinem Sohn Isaak!“ Das Wort mißfiel Abraham aber wegen seines Sohnes. Aber Gott sprach zu ihm: „Rege dich nicht auf wegen der Sklavin und ihrem Sohn. Gehorche in allem was dir Sara gesagt hat, denn nur nach Isaak sollen deine Nachkommen genannt werden. Aber ich will auch den Sohn der Sklavin zum Volk machen, weil er dein Sohn ist!“

Da stand Abraham Morgen früh auf und nahm Brot und einen Schlauch mit Wasser und legte es Hagar auf ihre Schulter, dazu gab er ihr den Sohn und schickte sie fort. Da zog sie hin und ging in der Wüste umher bei Beer-Seba.

Als nun das Wasser in dem Schlauch ausgegangen war, warf sie den Jungen unter einen Strauch und ging hin und setzte sich gegenüber, einen Bogenschuß weit entfernt. Denn sie sprach: „Ich kann das Sterben des Kindes nicht ansehen!“ Und sie setzte sich gegenüber und weinte mit lauter Stimme.

Da erhörte Gott die Stimme des Kindes. Und der Bote Gottes rief vom Himmel und sprach zu ihr: „Was ist dir Hagar? Fürchte dich nicht, denn Gott hat erhört die Stimme des Jungen, der dort liegt. Steh auf, nimm den Jungen und führe ihn an deiner Hand, denn ich will ihn zum großen Volk machen!“ Gott öffnete ihr die Augen, daß sie einen Wasserbrunnen sah. Da ging sie hin und füllte den Schlauch mit Wasser und tränkte den Jungen.

Und Gott war mit dem Jungen. Er wuchs heran und wohnte in der Wüste und wurde ein guter Schütze. Und seine Mutter gab ihm eine Frau aus Ägypten [Erneut wird die enge Verwandt­schaft Israels mit den Wüstenvölkern begründet](Gen 21,1-21).

 

Abrahams Bund mit Abimelech:

Zu der Zeit redete Abimelech zusammen mit seinem Feldhauptmann Pichol mit Abraham und sprach: „Gott ist mit dir in allem, das du tust. So schwöre mir nun bei Gott, daß du mir und meinen Kindern und meinen Enkeln keine Untreue erweisen wirst, sondern an mir und an dem Land, in dem du ein Fremder bist, die Barmherzigkeit tun wirst, die ich an dir getan habe!“ Da sprach Abraham: „Ich will schwören!“ Aber Abraham stellte Abimelech zur Rede wegen des Wasserbrunnens, den Abime­lechs Leute mit Gewalt genommen hatten.

 

Da antwortete Abimelech: „Ich habe es nicht gewußt und weiß auch nicht, wer das getan hat. Weder hast du es mir gesagt noch habe ich es gehört bis heute!“ Da nahm Abraham Schafe und Rinder und gab sie Abimelech. Und sie schlossen beide einen Bund miteinander.

Aber Abraham stellt sieben Lämmer beiseite. Da sprach Abimelech zu Abraham: „Was sollen die sieben Lämmer, die du besonders gestellt hast?“ Er antwortete: „Sieben Lämmer sollst du von meiner Hand nehmen, damit sie mir zum Zeugnis seien, daß ich diesen Brunnen gegraben habe!“ Daher heißt die Stätte Beer-Seba, weil sie beide miteinander da geschworen haben. Abi­melech und Pichol machten sich auf und zogen wieder in das Land der Philister. Abraham aber pflanzte Bäume in Beer-Seba und rief dort den Namen des Herrn, des ewigen Gottes, an. Aber er blieb ein Fremder im Land der Philister eine lange Zeit (Gen 21, 22-34).

 

Abrahams Versuchung bei Isaaks Opferung:

Nach diesen Geschichten versuchte Gott Abraham und sprach zu ihm: „Abraham!“ Und er antwortete: „Hier bin ich!“ Und Gott sprach: „Nimm Isaak, deinen einzigen Sohn, den du liebhast, und gehe hin in das Land Morija und opfere ihn dort zum Brandopfer auf einem Berge, den ich dir sagen werde!“ Da stand Abraham früh am Morgen auf und gürtete seinen Esel und nahm zwei Diener mit sich und seinen Sohn Isaak. Er spaltete Holz zum Brandopfer, machte sich auf und ging an den Ort, von dem ihm Gott gesagt hatte.

Am dritten Tage hob Abraham seine Augen auf und sah die Stelle von ferne. Da sprach er zu seinen Dienern: „Bleibt ihr hier mit dem Esel! Ich und der Junge wollen dorthin gehen. Und wenn wir angebetet haben, wollen wir wieder zu euch kommen!“ Und Abraham nahm das Holz für das Brandopfer und legte es auf seinen Sohn Isaak. Er aber nahm das Feuer und Messer in seine Hand, und die beiden gingen miteinander.

 Da sprach Isaak zu seinem Vater Abraham: „Mein Vater!“ Abraham antwortete: „Hier bin ich mein Sohn!“ Und Isaak sprach: „Siehe, hier ist Feuer und Holz. Wo ist aber das Schaf zum Brandopfer?“ Abraham antwortete: „Mein Sohn, Gott wird sich schon ein Schaf aussuchen zum Brandopfer!“ So gingen beide miteinander.

Als sie an die Stätte kamen, die ihm Gott gesagt hatte, baute Abraham dort einen Altar und legte das Holz darauf. Dann fesselte er seinen Sohn Isaak, legte ihn auf den Altar oben auf das Holz. Dann reckte seine Hand aus und faßte das Messer, um seinen Sohn zu schlachten.

Da rief ihm der Bote des Herrn vom Himmel und sprach: „Abraham! Abraham!“ Er antwortete: „Hier bin ich!“ Der Bote sprach: „Lege deine Hand nicht an den Jungen und tue ihm nichts. Denn nun weiß ich, daß du Gott fürchtest und hättest deinen einzigen Sohnes nicht verschont um meinetwillen!“

Da hob Abraham sein Augen auf und sah einen Widder hinter sich mit seinen Hörnern in der Hecke hängen. Er ging hin und nahm den Widder und opferte ihn zum Brandopfer an der Stelle seines Sohnes. Und Abraham hieß die Stätte: „Der Herr sieht!“ Daher man noch heutzutage sagt: „Auf dem Berge, wo der Herr sieht!“

Der Bote des Herrn rief Abraham abermals vom Himmel und sprach: „Ich habe bei mir selbst geschworen: Weil du das getan hast und hättest deinen einzigen Sohnes nicht verschont, will ich deine Nachkommen segnen und vermehren wie die Sterne am Himmel und wie den Sand am Ufer des Meers. Deine Nachkommen sollen die Tore ihrer Feinde einnehmen. Und durch deine Familie sollen alle Völker auf Erden gesegnet werden, weil du meiner Stimme gehorcht hast!“

So kehrte Abraham wieder zu seinen Dienern und sie machten sich auf und zogen miteinander nach Beer-Seba und er wohnte dort [Hier wird begründet, daß man vom Menschenopfer zum Tieropfer übergehen soll] (Gen 22).

 

Sara stirbt und Abraham erwirbt ein Erbbegräbnis:

 Sara ward hundertsiebenundzwanzig Jahre alt und starb in Hebron im Lande Kanaan. Da kam Abraham, daß er sie beklagte und beweinte. Danach stand er auf von seiner Toten und redete mit den Hethitern und sprach: „Ich bin ein Fremder und Einwohner bei euch. Gebt mir ein Erbbegräbnis bei euch, daß ich meine Toten hinaustrage und begrabe!“

Da antworteten die Hethiter und sprachen zu ihm: „Höre uns, lieber Herr! Du bist ein Fürst Gottes unter uns. Begrabe deine Toten in unsern vornehmsten Gräbern. Kein Mensch unter uns wird dir wehren, daß du in seinem Grabe deine Toten begräbst!“ Da stand Abraham auf und verneigte sich vor dem Volk des Landes.

Abraham sprach: „Bittet für mich Ephron, daß er mir gebe seine Höhle in Machpela, die am Ende seines Ackers liegt. Er gebe sie mir als Erbbegräbnis für Geld, soviel sie wert ist!“ Da antwortete Ephron: „Nein, mein Herr! Ich schenke dir den Acker und dazu die Höhle darin und übergebe ihn dir vor den Augen meines Volks, um deine Tote zu begraben!“ Da verneigte sich Abraham vor dem Volk und redete mit Ephron: „Wenn du mir ihn lassen willst, so bitte ich, nimm von mir das Geld für den Acker, so will ich dort meine Tote begraben!“ Ephron antwortete Abraham und sprach zu ihm: „Mein Herr, höre mich doch! Das Feld ist vierhundert Gramm Silber wert. Was ist das aber zwischen mir und dir? Begrabe nur deine Tote!“

Abraham gehorchte Ephron und wog ihm die Summe ab, nach dem Gewicht, das beim Kauf gang und gäbe war.

So wurde Ephrons" Acker östlich von Mamre, auf dem die Höhle ist, Abraham zum Eigentum bestätigt, mit der Höhle darin und mit allen Bäumen auf dem Acker umher, vor den Augen der Hethiter und aller, die beim Tor seiner Stadt versammelt waren. Danach begrub Abraham seine Frau Sara in der Höhle des Ackers östlich von Mamre. So wurden Abraham der Acker und die Höhle zum Erbbegräbnis von den Kindern Hethitern bestätigt [Diese Höhle war gewissermaßen der Anfang der Inbesitznahme des Landes durch das spätere Volk Israel] (Gen 23).

 

 

 

Isaakerzählungen

 

Rebekka wird Isaaks Frau:

Abraham wurde alt und hochbetagt, und der Herr hatte ihn gesegnet in jeder Hinsicht. a sprach er zu dem ältesten Diener seines Hauses, der allen seinen Gütern vorstand: „Lege deine Hand unter meine Hüfte und schwöre mir bei dem Herrn, daß du meinem Sohn keine Frau nimmst von den Töchtern der Kanaaniter, unter denen ich wohne, sondern daß du ziehst in mein Vaterland und zu meiner Verwandtschaft und nimmst meinem Sohn Isaak eine Frau. Der Mann sprach: „ Wenn mir aber das Mädchen nicht folgen will in dies Land, soll ich dann deinen Sohn zurückbringen in jenes Land, aus dem du ausgezogen bist?“

Abraham sprach zu ihm: „Davor hüte dich, daß du meinen Sohn nicht wieder dahin bringst. Der Gott des Himmels, der mich aus meinem Vaterhaus weggenommen hat und von meiner Heimat, der zu mir geredet hat und mir auch geschworen hat: Dies Land will ich deinen Nach­ kommen geben, der wird seine Boten vor dir her senden, daß du meinem Sohn dort eine Frau nimmst. Wenn aber Das Mädchen dir nicht folgen will, so bist du von dem Eid frei. Aber brin­ge meinen Sohn nicht wieder dorthin!“

Da legte der Diener seine Hand unter die Hüfte Abrahams, und schwor ihm alles. Also nahm der Diener zehn Kamele seines Herrn und zog hin und hatte mit sich allerlei Güter und machte sich auf und zog nach Mesopotamien zu der Stadt Nahors.

Da ließ er die Kamele sich lagern draußen vor der Stadt bei einem Wasserbrunnen, abends um die Zeit, wenn die Frauen für gewöhnlich herausgehen und Wasser zu schöpfen. Er sprach: „Herr, du Gott meines Herrn Abraham, begegne mir heute und tue Barmherzigkeit an meinem Herrn Abraham! Siehe, ich stehe hier bei dem Wasserbrunnen, und die Töchter der Leute in dieser Stadt werden herauskommen, Wasser zu schöpfen. Wenn nun eine Mädchen kommt, zu der ich spreche: Neige deinen Krug, und laß mich trinken! und sie sprechen wird: Trinke, ich will deine Kamele auch tränken! das sei die, die du deinem Diener Isaak beschert hast, und daran werde ich erkennen, daß du Barmherzigkeit an meinem Herrn getan hast“!“ 

Ehe er noch ausgeredet hatte, kam Rebekka heraus, die Tochter seines Vetters Bethuel, und trug einen Krug auf ihrer Achsel. Das Mädchen war eine sehr schön von Angesicht und sie hatte es noch mit keinem Mann gehabt. Die stieg hinab zum Brunnen und füllte den Krug und stieg herauf. Da lief ihr der Diener entgegen und sprach: „Laß mich ein wenig Wasser aus deinem Krug trinken!“Sie sprach: „Trinke, mein Herr!“ Sie ließ eilend den Krug hernieder auf ihre Hand und gab ihm zu trinken.

Als sie ihm zu trinken gegeben hatte, sprach sie: „Ich will deinen Kamelen auch schöpfen, bis sie alle getrunken haben!“ Sie eilte und goß den Krug aus in die Tränke und lief abermals zum Brunnen, zu schöpfen, und schöpfte für alle seine Kamele. Der Mann aber betrachtete sie und schwieg still. Er wollte warten, bis er erkannt hätte, ob der Herr Gnade zu seiner Reise gegeben hätte oder nicht.

Als nun die Kamele alle getrunken hatten, nahm er einen goldenen Stirnreif, sechs Gramm schwer, und zwei goldene Armreigen für ihre Hände, hundertzwanzig Gramm schwer, und sprach: „Wessen Tochter bist du? Sage mir doch: Haben wir Raum in deines Vaters Haus, um dort zu übernachten?“

Sie sprach zu ihm: „Ich bin Bethuels Tochter. Es ist auch viel Stroh und Futter bei uns und Raum genug, zu übernachten!“ Da neigte sich der Mann und betete den Herrn an und sprach: „Gelobt sei der Herr, der Gott meines Herrn Abraham, der seine Barmherzigkeit und seine Treue nicht hat weichen lassen von meinem Herrn. Denn der Herr hat mich geradewegs zum Haus des Bruders meines Herrn geführt!“

Das Mädchen lief und berichtete alles im Haus seiner Mutter.

Rebekka aber hatte einen Bruder, der hieß Laban. Dieser lief zu dem Mann draußen bei dem Brunnen. Und als er den Stirnreif und die Armreifen an den Händen seiner Schwester sah und hörte die Worte Rebekkas, kam er zu dem Mann, der bei den Kamelen am Brunnen stand. Er sprach: „Komm herein, du Gesegneter des Herrn! Warum stehst du draußen? Ich habe das Haus vorbereitet und für die Kamele auch Raum geschaffen!“ So führte er den Mann ins Haus und zäumte die Kamele ab und gab ihnen Stroh und Futter und Wasser, um seine Füße und die Füße seiner Männer zu waschen, und setzte ihnen Essen vor.

Er sprach aber: „Ich will nicht essen, ehe ich nicht zuvor meine Sache vorgebracht habe!“ Sie antworteten: „Sage an!“ Er sprach: „Ich bin Abrahams Diener. Gott der Herr hat meinen Herrn reichlich gesegnet, so daß er groß geworden ist, und hat ihm Schafe und Ochsen, Silber und Gold, Sklaven und Sklavinnen, Kamele und Esel gegeben. Dazu hat Frau Sara meinem Herrn einen Sohn geboren, obwohl beide schon alt waren. Dem hat er alles gegeben, was er hat. Und mein Herr hat einen Eid von mir genommen und gesagt: Du sollst meinem Sohn keine Frau nehmen von den Töchtern der Kanaaniter, in deren Land ich wohne, sondern ziehe hin zu meiner Verwandtschaft, dort nimm meinem Sohn eine Frau!“

Dann stellt er die Frage: „Seid ihr nun die, so an meinem Herrn Freundschaft und Treue beweisen wollen, so sagt es mir. Wenn aber nicht, so sagt es mir auch, daß ich mich wende zur Rechten oder zur Linken!“

Da antworteten Laban und Bethuel und sprachen: „Das kommt vom Herrn! Darum können wir nichts gegen dich reden, weder Böses noch Gutes. Da ist Rebekka, nimm sie und zieh hin, daß sie die Frau des Sohnes deines Herrn sei, wie der Herr geredet hat!“

 Als Abrahams Diener diese Worte hörte, neigte er sich vor dem Herrn zur Erde und zog silberne und goldene Kleinode und Kleider hervor und gab sie Rebekka Auch ihrem Bruder und der Mutter gab er kostbare Geschenke. Dann aß und trank er mit den Männern, die mit ihm waren, und blieb über Nacht da.
Am Morgen aber stand er auf und sprach: „Laß mich ziehen zu meinem Herrn!“ Aber Rebekkas Bruder und ihre Mutter sprachen: „Laß doch das Mädchen einen Tag oder zehn bei uns bleiben, danach sollst du ziehen!“ Da sprach er zu ihnen: „Haltet mich nicht auf, denn der Herr hat Gnade zu meiner Reise gegeben. Laßt mich, daß ich zu meinem Herrn ziehe!“

Da sprachen sie: „Laßt uns das Mädchen rufen und fragen, was sie dazu sagt!“ Sie riefen Rebekka und sprachen zu ihr: „Willst du mit diesem Mann ziehen?“ Sie antwortete: „Ja, ich will es!“ So ließen sie Rebekka mit Abrahams Diener und seinen Leuten ziehen. Sie segneten Rebekka und sprachen zu ihr: „Du bist unsre Schwester! Wachse in vieltausendmal tausend, und dein Nachkommen sollen die Tore ihrer Feinde besitzen!“ Da machte sich Rebekka auf mit ihren Gehilfinnen, und setzten sich auf die Kamele und zogen dem Mann nach.

Isaak aber war zum „Brunnen des Lebendigen, der mich sieht“ gezogen und wohnte im Südland. Dort war er ausgegangen, um gegen Abend auf dem Feld den zu beten. Da hob er seine Augen auf und sah, daß Kamele daherkamen. Auch Rebekka hob ihre Augen auf und sah Isaak. Da stieg sie eilend vom Kamel und sprach zu dem Diener: „Wer ist der Mann auf dem Feld?“ Der Knecht sprach: „Das ist mein Herr!“ Da nahm sie den Schleier und verhüllte sich. Der Diener aber erzählte Isaak alles, was er ausgerichtet hatte. Da führte sie Isaak in das Zelt seiner Mutter Sara und nahm die Rebekka. Sie wurde seine Frau und er gewann sie lieb. So wurde Isaak getröstet über den Tod seiner Mutter (Gen 24, gekürzt um die Wiederholung).

 

Abrahams Tod:

Abraham heiratete noch einmal und hatte mit seiner Frau Ketura noch sechs Söhne, die dann wiederum Nachkommen hatten. Aber all sein Vermögen gab Isaak. Den Kindern seiner Nebenfrauen gab er Geschenke und ließ sie noch zu Lebzeiten Isaaks nach Osten ziehen. Abraham wurde schließlich hundertfünfundsiebzig Jahre alt. Als er alt und lebenssatt war, starb er in einem guten Alter und kehrte heim zu seinen Vätern. Seine Söhne Isaak und Ismael begruben ihn in der Höhle von Machpela auf dem Acker Ephrons, die gegenüber von Mamre liegt, auf dem Felde, das Abraham von den Hethitern gekauft hatte. Dort ist Abraham begraben mit seiner Frau Sara. Nach dem Tod Abrahams segnete Gott dessen Sohn Isaak. Der wohnte bei dem „Brunnen des Lebendigen, der mich sieht“ [Wieder wird großer Wert gelegt auf das Erbbegräbnis und den Wohnort Isaaks, um deutlich zu machen, daß schon die Vorväter einen Teil des Landes besaßen. Die Altersangaben darf man nicht zu wörtlich nehmen. Es folgt noch eine Liste der Nachkommen Ismaels und ihrer Wohnorte (Gen 15,1-18).

 

Esaus und Jakobs Geburt und Verkauf des Erstgeburtsrechts:

Isaak aber war vierzig Jahre alt, da er Rebekka zur Frau nahm. Als er sechzig Jahre alt war,

bat er den Herrn für seine Frau, denn sie war unfruchtbar. Und der Herr ließ sich erbitten, und Rebekka wurde schwanger. Die Kinder aber stießen sich miteinander in ihrem Bauch. Da sprach sie: „Wenn es mir so ergehen soll, warum bin ich schwanger geworden?“ Und sie fing an, den Herrn zu befragen. Der Herr sprach zu ihr: „Zwei Völker sind in deinem Bauch, und zweierlei Volk wird aus deinem Bauch kommen. Aber ein Volk wird dem andern überlegen sein, und der Ältere wird dem Jüngeren dienen!“

Als nun die Zeit kam, daß sie gebären sollte, da waren Zwillinge in ihrem Bauch. Der erste, der herauskam, war rötlich, ganz rauh wie ein Fell; den nannten sie „ Esau“. Danach kam sein Bruder heraus, der hielt mit seiner Hand die Ferse des Esau; den hießen sie „Jakob“. Als nun die Jungen groß wurden, wurde Esau ein Jäger und streifte auf dem Feld umher, Jakob aber war ein häuslicher Mann und blieb bei den Zelten. Isaak aber hatte Esau lieb und aß gern von seinem Wildfleisch. Rebekka aber hatte Jakob lieb (

Als Jakob ein Gericht kochte, kam Esau vom Feld und war müde und sprach zu Jakob: „Laß mich essen von dem roten Gericht, denn ich bin müde!“ Aber Jakob sprach: „Verkaufe mir heute dein Erstgeburtsrecht!“ Esau antwortete: „Siehe, ich muß doch sterben; was soll mir da die Erstgeburt?“ Jakob sprach: „So schwöre mir heute!“ Und Esau schwur ihm und verkaufte Jakob sein Erstgeburtsrecht. Da gab ihm Jakob Brot und das Linsengericht, und er aß und trank und stand auf und ging davon. Also verachtete Esau sein Recht (Gen 25,19-34).

 

Isaak und Rebekka in Gerar:

Es kam aber eine Teuerung ins Land wie zu Abrahams Zeiten. Da zog Isaak zu dem Philisterkönig Abimelech nach Gerar. Da erschien ihm der Herr und sprach: „Zieh nicht hinab nach Ägypten, sondern bleibe in dem Land, das ich dir sage. Sei ein Fremder in diesem Land, und ich will mit dir sein und dich segnen. Denn dir und deinen Nachkommen will ich alle diese Länder geben und will meinen Eid bestätigen, den ich deinem Vater Abraham geschworen habe, und will deine Nachkommen vermehren wie die Sterne am Himmel und will deinen Nachkommen alle diese Länder geben. Und durch deine Nachkommen sollen alle Völker auf der Erde gesegnet werden, weil Abraham meiner Stimme gehorsam gewesen ist und hat gehalten meine Rechte und Gebote, meine Weisungen und Gesetze!“ So wohnte Isaak weiter in Gerar.

Und wenn die Leute in diesem Ort nach seiner Frau fragten, dann sprach er: „Sie ist meine Schwester!“ Denn er fürchtete sich zu sagen, daß sie seine Frau ist, denn sie könnten ihn sonst töten wegen Rebekka, denn sie war schön von Angesicht.

Als er nun eine Zeitlang da war, sah der König Abimelech durchs Fenster und wurde gewahr, daß Isaak Liebe machte mit seiner Frau Rebekka. Da rief Abimelech den Isaak und sprach: „Das ist doch deine Frau. Weshalb hast du denn gesagt: Sie ist meine Schwester?“ Isaak antwortete ihm: „Ich dachte, ich müßte vielleicht sterben müssen um ihretwillen!“ Abimelech sprach: „Warum hast du das getan? Es wäre leicht geschehen, daß jemand vom Volk mit deiner Frau geschlafen hätte, und du hättest so eine Schuld auf uns gebracht!“ Da befahl Abimelech allem Volk und sprach: „Wer diesen Mann oder seine Frau antastet, der soll des Todes sterben.

Isaak säte in dem Land und erntete desselben Jahres hundertfach, denn der Herr segnete ihn.

Er wurde ein reicher Mann und nahm immer mehr zu, bis er sehr reich wurde, so daß er viel Gut hatte an kleinem und großem Vieh und eine große Dienerschaft. Darum beneideten ihn die Philister und verstopften alle Brunnen, die schon die Leute seine Vaters gegraben hatten und verfüllten sie mit Erde, so daß auch Abimelech zu ihm sprach: „Zieh von uns, denn du bist uns zu mächtig geworden!“

Da zog Isaak fort und schlug sein Zelt auf im Tal von Gerar und wohnte dort. Er ließ die Wasserbrunnen wieder aufgraben, die sein Vater Abraham hatte graben lassen, die aber nach Abrahams Tod die Philister verstopft hatten, und nannte sie mit demselben Namen, mit denen sie sein Vater genannt hatte. Auch seine Leute gruben und fanden dort eine Quelle mit lebendigem Wassers

Aber die Hirten von Gerar zankten mit den Hirten Isaaks und sprachen: „Das Wasser ist unser!“ Da gruben sie einen andern Brunnen. Darüber stritten die Philister auch. Da machte er sich fort und grub einen andern Brunnen. Darüber stritten sie dann nicht mehr. Darum nannte Isaak den Brunnen „Rehoboth“ und sprach: „Nun hat uns der Herr Raum gemacht und wir können wachsen lassen im Lande!“ Danach zog Isaak weiter nach Beer-Seba.

Der Herr aber erschien ihm in derselben Nacht und sprach: „Ich bin der Gott deines Vaters Abraham. Fürchte dich nicht, denn ich bin mit dir und will dich segnen und deine Nachkommen vermehren um meines Dieners Abrahams willen! Da baute Issak dort einen Altar und reif an den Namen des Herrn und richtete dort sein Zelt auf, und seine Diener gruben dort einen Brunnen.

Da Abimelech kam zu ihm von Gerar mit seinem Freund Ahussat und seinem Feldhauptmann Pichol. Isaak sprach zu ihnen: „Warum kommt ihr zu mir? Ihr haßt mich doch und habt mich von euch getrieben!“ Sie sprachen: „Wir sehen mit sehenden Augen, daß der Herr mit dir ist. Darum sprachen wir: Es soll ein Eid zwischen uns und dir sein, und wir wollen einen Bund mit dir schließen, daß du uns keinen Schaden tust, so wie wir dich nicht angetastet haben und dich mit Frieden haben ziehen lassen. Du bist ja doch der Gesegnete des Herrn!“

Da machte Issak ihnen ein Mahl, und sie aßen und tranken. Früh am Morgen standen sie auf und einer schwor dem anderen. Und Isaak ließ sie gehen, und sie zogen von ihm mit Frieden. Am gleichen Tag aber kamen Isaaks Leute und sagten ihm an von dem Brunnen, den sie gegraben hatten: „Wir haben Wasser gefunden!“ Isaak nannte den Brunnen „Seba“ (=Schwur). Deshalb heißt die Stadt bis auf den heutigen Tag „Beer-Seba“ (=Schwurbrunnen). Als Esau vierzig Jahre alt war, nahm er die zwei Hethiterfrauen Judit und Basmath zur Frau. Aber beide brachten Isaak und Rebekka viel Herzeleid (Gen 26,1-35).

 

 

 

Jakobserzählungen

 

Jakob erschleicht sich den Erstgeburtssegen:

Als Isaak alt war geworden und seine Augen schwach geworden waren zum Sehen, rief er seinen älteren Sohn Esau und sprach zu ihm: „Mein Sohn!“ Er aber antwortete ihm: „Hier bin ich!“ Und Issak sprach: „Siehe, ich bin alt geworden und weiß nicht, wann ich sterben werde. So nimm nun Köcher und Bogen und geh aufs Feld und jage mir ein Wild. Dann mache mir ein Essen, wie ich es gern habe, und bringe es mir herein zum Essen esse, damit ich dich segne, ehe ich sterbe!“ Rebekka aber hörte diese Worte, die Isaak zu seinem Sohn Esau sagte. Und Esau ging hin aufs Feld, daß er ein Wild jagte und heimbrächte.

Da sprach Rebekka zu Jakob, ihrem Sohn: „Siehe, ich habe deinen Vater mit deinem Bruder Esau reden gehört, wie er sagte: Bring mir ein Wild und mache mir ein Essen, daß ich es esse und dich segne vor dem Herrn, ehe ich sterbe!“

 

Rebekka fuhr fort: „So höre nun, mein Sohn, was ich dich heiße. Geh hin zur Herde und hole mir zwei gute Böcklein, daß ich deinem Vater ein Essen davon mache, wie er es gern hat. Das sollst du deinem Vater hineintragen, daß er es esse und dich segne vor seinem Tod!“

Jakob aber sprach zu seiner Mutter Rebekka: „Mein Bruder Esau hatte eine rauhe Haut, und ich bin glatt. Wenn mich nun mein Vater mich betastet und merkt, daß ich ihn betrügen wollte, dann bringt er über mich einen Fluch und nicht einen Segen!“

Da sprach seine Mutter zu ihm: „Der Fluch sei auf mir, mein Sohn. Gehorche nur meiner Stimme, gehe und hole mir!“ Da ging er hin und holt das Fleisch und brachte es seiner Mutter. Da machte seine Mutter ein Essen, wie es sein Vater gern hatte. Dann nahm sie die kostbaren Gewänder Esaus und zog sie ihrem jüngeren Sohn Jakob an. Aber die Felle von den Böcklein legte sie um seine Hände um den Hals, wo er glatt war.

Dann gab sie das Essen in Jakobs Hand und er ging hinein zu seinem Vater und sprach: „Mein Vater!“ Er antwortete: „Hier bin ich. Wer bist du, mein Sohn?“ Jakob sprach zu seinem Vater: Ich bin Esau, dein erstgeborener Sohn. Ich habe getan, wie du mir gesagt hast. Steh auf, setz dich und iß von meinem Wild, damit du mich segnest!“ Isaak aber sprach zu seinem Sohn: „Mein Sohn, wie hast du so bald etwas gefunden?“ Er antwortete: „Der Herr, dein Gott, bescherte es mir!“

Da sprach Isaak zu Jakob: „Tritt herzu, mein Sohn, daß ich dich betaste, ob du mein Sohn Esau bist oder nicht!“ So trat Jakob zu seinem Vater Isaak. Als er ihn betastet hatte, sprach er: „Die Stimme ist Jakobs Stimme, aber die Hände sind Esaus Hände!“ Er erkannte ihn nicht, denn seine Hände waren rauh wie die seines Bruders Esau. Und Issak segnete ihn und sprach: „Bist du mein Sohn Esau?“ Er antwortete: „Ja, ich bin es!“ Da sprach Isaak: „So bringe mir her, mein Sohn, zu essen von deinem Wildbraten, daß ich dich segne!“ Da brachte er ihm das Essen, und er aß. Jakob trug ihm auch Wein hinein, und er trank.

Da sprach Isaak zu ihm: „Komm her und küsse mich, mein Sohn!“ Er trat hinzu und küßte ihn. Da roch er den Geruch seiner Gewänder und segnete ihn und sprach: „Siehe, der Geruch meines Sohnes ist wie ein Geruch des Feldes, das der Herr gesegnet hat. Gott gebe dir vom Tau des Himmels und von der Fettigkeit der Erde und Korn und Wein die Fülle. Völker müssen dir dienen, und Leute müssen dir zu Fuße fallen. Sei ein Herr über deine Brüder, und deine Geschwister sollen dir zu Füßen fallen. Verflucht sei, wer dir flucht. Gesegnet sei, wer dich segnet!“

Als nun Isaak den Segen über Jakob vollendet hatte, und Jakob kaum hinausgegangen war von seinem Vater Isaak, da kam sein Bruder Esau von seiner Jagd. Er machte auch ein Essen und trug e hinein zu seinem Vater und sprach zu ihm: „Steh auf, mein Vater, und iß von dem Wildbraten deines Sohnes, damit du mich segnest!“

Da antwortete ihm Isaak: „Wer bist du?“ Er sprach: „Ich bin Esau, dein erstgeborener Sohn!“

Da entsetzte sich Isaak über die Maßen sehr und sprach: „Wer ist denn der Jäger, der mir etwas zu essen gebracht hat, und ich habe von allem gegessen, ehe du kamst, und habe ihn gesegnet? Er wird auch gesegnet bleiben!“

Als Esau diese Rede seines Vaters hörte, schrie er laut und wurde über die Maßen sehr betrübt und sprach zu seinem Vater: „Segne mich auch, mein Vater! Er aber sprach: „Dein Bruder ist gekommen mit List und hat deinen Segen weggenommen!“ Da sprach er: „Er heißt mit Recht „Jakob“ (=der Hinterlistige), denn er hat mich nun zweimal überlistet. Mein Erstgeburtsrecht hat er genommen, und nun nimmt er auch meinen Segen. Hast du mir denn keinen Segen aufgehoben?“

 

Isaak antwortete ihm: „Ich habe ihn zu Herrn über dich eingesetzt, und alle seine Brüder habe ich zu seinen Sklaven gemacht, mit Korn und Wein habe ich ihn versehen. Was soll ich nun dir noch tun, mein Sohn?“ Esau sprach zu seinem Vater: „Hast du denn nur einen Segen, mein Vater? Segne mich auch, mein Vater!“ Und er erhob seine Stimme und weinte. Da antwortete Isaak ihm: „Siehe da, du wirst wohnen ohne Fettigkeit der Erde und ohne Tau des Himmels.

Von deinem Schwerte wirst du dich nähren und deinem Bruder sollst du dienen. Aber es wird geschehen, daß du einmal sein Joch von deinem Hals reißen wirst Gen 27,1-40)[Im Hintergrund steht hier der Gegensatz zwischen dem Jäger und dem seßhaften Bauern. Der Segen des Vaters bezieht es sich aber dennoch nicht auf den vermeintlichen Jäger, sondern auf die Fruchtbarkeit des Feldes. Esau aber wird dennoch zum Stammvater der Edomiter, die aber mehr Jäger und Nomaden bleiben].

 

Jakobs Flucht nach Haran:.

Esau war Jakob natürlich böse wegen des Segens, mit dem ihn sein Vater gesegnet hatte. Er sprach in seinem Herzen: „Es wird die Zeit bald kommen, da man um meinen Vater Leid tragen muß. Dann will ich meinen Bruder Jakob umbringen!“ Da wurden Rebekka diese Worte ihres Sohnes Esau gesagt. Und sie schickte hin und ließ ihren jüngeren Sohn Jakob rufen und sprach zu ihm: „Dein Bruder Esau droht dir, daß er dich umbringen will. Aber höre auf mich, mein Sohn: Mach dich auf und flieh zu meinem Bruder Laban nach Haran und bleib eine Weile bei ihm, bis sich der Ärger deines Bruders legt und bis sich sein Zorn gegen dich von dir wendet und er vergißt, was du ihm angetan hast. Dann will ich dir Nachricht geben und dich von dort holen lassen. Warum sollte ich euch beide verlieren an einem Tag?“

Rebekka sprach zu Isaak: „Die Hethiterinnen nehmen mir die Lust zum Leben. Wenn Jakob sich eine Frau nimmt von den Töchtern des Landes, was soll mir das Leben?“ Da rief Isaak seinen Sohn Jakob und segnete ihn und befahl ihm: „Nimm keine Frau von den Töchtern Kanaans, sondern mache dich auf und ziehe nach Mesopotamien zum Hause Bethuels, und nimm dir dort eine Frau von den Töchtern Labans, des Bruders deiner Mutter! Und der allmächtige Gott segne dich und mache dich frucht­bar und vermehre dich, damit du ein Haufe von Völkern wirst. Ich gebe dir den Segen Abrahams, dir und deinen Nachkommen, daß du das Land besitzt, in dem du ein Fremder bist, das Gott aber schon Abraham gegeben hat!“ So entließ Isaak den Jakob ab, daß er nach Mesopotamien zog zu Laban. Als nun Esau sah, daß Isaak die Töchter Kanaans nicht gerne in seiner Familie sah, ging er hin zu Ismael und nahm noch die Tochter Ismaels, des Sohnes Abrahams, zur Frau (Gen 27,41- 28,9).

 

Jakob schaut die Himmelsleiter:

Jakob zog aus von Beer-Seba und reiste nach Haran. Da kam an einen Ort, da blieb er über Nacht, denn die Sonne war untergegangen. Er nahm einen Stein von der Stätte und legte ihn unter seinen Kopf und legte sich an dem Ort schlafen. Er träumte und sah eine Leiter auf der Erde stehen, die rührte mit der Spitze an den Himmel, und siehe, die Boten Gottes stiegen daran auf und nieder. Und der Herr stand oben drauf und sprach: „Ich bin der Herr, der Gott deines Vaters Abraham, und Isaaks Gott. Das Land, auf dem du liegst, will ich dir und deinen Nach­kommen geben. Deine Nachkommen sollen werden wie der Staub auf der Erde, und du sollst ausgebreitet werden nach Westen und Osten, nach Norden und Süden. Und durch dich und deine Nachkommen sollen alle Menschen auf Erden gesegnet werden. Und siehe, ich bin mit dir und will dich behüten, wo du hin ziehst, und will dich wieder her­bringen in dies Land. Denn ich will dich nicht lassen, bis daß ich alles tue, was ich dir zugesagt habe!“

Als nun Jakob aus seinem Schlaf aufwachte, sprach er: „Der Herr ist in der Tat an diesem Ort, und ich wußte es nicht!“ Er fürchtete sich und sprach: „Wie heilig ist diese Stätte! Hier ist nichts anderes als Gottes Haus, und hier ist die Pforte des Himmels!“

Jakob stand früh am Morgen auf und nahm den Stein, den er unter seinen Kopf gelegt hatte, und richtete ihn auf zu einem Steinmal und goß Öl oben drauf und nannte die Stätte „Bethel“ („Haus Gottes“, vorher aber hieß die Stadt Lus).

Und Jakob tat ein Gelübde und sprach: „Wird Gott mit mir sein und mich behüten auf dem Weg, den ich reise, und mir Brot zu essen geben und Gewänder anzuziehen und mich in Frieden wieder heim zu meinem Vater bringen, so soll der Herr mein Gott sein. Dieser Stein, den ich aufgerichtet habe zu einem Steinmal, soll ein Gotteshaus werden. Und von allem, was du mir gibst, will ich dir den zehnten Teil geben (Gen 28,10-22).

 

Jakob dient um Lea und Rahel:

Da machte sich Jakob auf den Weg und ging in das Land, das im Osten liegt. Das sah er einen Brunnen auf dem Feld, und drei Herden Schafe lagen dabei. Denn von dem Brunnen pflegten sie die Herden zu tränken. Aber ein großer Stein lag vor dem Loch des Brunnens. Dort pflegten die Hirten ihre Herden alle zu versammeln und den Stein gemeinsam von dem Brunnenloch zu wälzen und die Schafe zu tränken; dann taten sie den Stein wieder vor das Loch an seine Stelle.

Jakob sprach zu ihnen: „Liebe Leute, wo seid ihr her?“ Sie antworteten: „Wir sind von Haran!“ Er sprach zu ihnen: „Kennt ihr auch Laban, den Sohn Nahors?“ Sie antworteten: „Wir kennen ihn wohl!“ Er sprach: „Geht es ihm auch wohl?“ Sie antworteten: „Es geht ihm wohl. Siehe, da kommt seine Tochter Rahel mit den Schafen!“ Er sprach: „Es ist noch mitten am Tag und es ist noch nicht die Zeit, das Vieh einzutreiben. Tränkt doch die Schafe und geht hin und weidet sie!“ Sie antworteten: „Wir können nicht, bis alle Herden zusammengebracht werden und wir den Stein von des Brunnens Loch wälzen und so die Schafe tränken!“

Als er noch mit ihnen redete, kam Rahel mit den Schafen ihres Vaters. Als aber Jakob Rahel sah, die Tochter des Bruders seiner Mutter, und die Schafe Labans, trat er hinzu und wälzte den Stein von dem Loch des Brunnens und tränkte die Schafe Labans. Und er küßte Rahel und weinte laut und sagte ihr, daß er der Bruder ihres Vaters wäre und Rebekkas Sohn. Da lief sie und sagte es ihrem Vater an. Als aber Laban von Jakob hörte lief er ihm entgegen und herzte und küßte ihn und führte ihn in sein Haus. Da erzählte er dem Laban alles, was sich begeben hatte. Da sprach Laban zu ihm: „Fürwahr, du bist von meinem Gebein und von meinem Fleisch!“

Als Jakob einen Monat lang bei ihm gewesen war, sprach Laban zu Jakob: „Zwar bist du mein Verwandter, aber solltest du mir deshalb umsonst dienen? Sag mir, was dein Lohn sein soll?“ Laban aber hatte zwei Töchter: die ältere hieß Lea und die jüngere Rahel. Aber Lea hatte ein blödes Gesicht, Rahel dagegen war hübsch und schön.

Jakob gewann die Rahel lieb und sprach: „Ich will dir sieben Jahre dienen um Rahel zu erlangen, deine jüngere Tochter!“ Laban antwortete: „Es ist besser, ich gebe sie dir als einem andern. Bleibe bei mir!“ Also diente Jakob sieben Jahre für Rahel, und sie schienen ihn, als wären es einzelne Tage, so lieb hatte er sie.

Dann sprach Jakob zu Laban: „Gib mir nun meine Frau, denn die Zeit ist hier, daß ich zu ihr gehe!“ Da lud Laban alle Leute des Orts und machte ein Hochzeitsmahl. Am Abend aber nahm er seine Tochter Lea und brachte sie zu ihm und er schlief mit ihr.

 

Am Morgen aber, siehe, da war es Lea. Und er sprach zu Laban: „Warum hast du mir das getan? Habe ich dir nicht um Rahel gedient? Warum hast du mich denn betrogen?“ Laban antwortete: „Es ist nicht Sitte in unserm Land, daß man die jüngere weggebe vor der älteren. Halte mit dieser die Hochzeitswoche aus, dann will ich dir diese auch geben um den Dienst, den du bei mir noch weitere sieben Jahre leisten sollst!“ Jakob tat so und hielt die Woche aus. Dann gab ihm Laban seine Tochter Rahel zur Frau. Also schlief er auch mit Rahel und hatte Rahel lieber als Lea. Aber diente Laban weitere sieben Jahre (Gen 29,1-30).

 

Jakobs Kinder:

Als aber der Herr sah, daß Lea ungeliebt war, machte er sie fruchtbar, Rahel aber war unfruchtbar. Lea wurde schwanger und gebar einen Sohn, den sie „Ruben“ hieß und sprach: „Der Herr hat angesehen mein Elend, nun wird mich mein Mann liebhaben!“ Sie wurde abermals schwanger und gebar einen Sohn und sprach: „Der Herr hat gehört, daß ich ungeliebt bin, und hat mir diesen auch gegeben. Und sie hieß ihn „Simeon“. Sie wurde abermals schwanger und gebar einen Sohn und sprach: Nun wird mein Mann mir doch zugetan sein, denn ich habe ihm drei Söhne geboren. Darum hieß sie ihn „Levi“. Dann wurde sie zum vierten Mal schwanger und gebar einen Sohn und sprach: Nun will ich dem Herrn danken. Darum hieß sie ihn „Juda“. Damit hörte sie auf, Kinder zu gebären.

Als Rahel sah, daß sie Jakob keine Kinder schenken konnte, beneidete sie ihre Schwester und sprach zu Jakob: „Schaffe mir Kinder, wenn nicht, so sterbe ich!“ Jakob aber wurde sehr zornig auf Rahel und sprach: „Bin ich doch nicht Gott, der dir keine Kinder geben will!“ Sie aber sprach: „Siehe, da ist meine Gehilfin Bilha. Gehe zu ihr, daß sie auf meinem Schoß gebäre und ich doch durch sie zu Kindern komme!“ Sie gab ihm Bilha zur Frau, und Jakob ging zu ihr. So wurde Bilha schwanger und gebar Jakob einen Sohn. Da sprach Rahel: „Gott hat mir Recht verschafft und mich erhört und mir einen Sohn gegeben!“ Darum hieß sie ihn „Dan“. Bilha wurde noch einmal schwanger und gebar Jakob den andern Sohn. Da sprach Rahel: „Über alle Maßen habe ich gekämpft mit meiner Schwester und ich habe gesiegt!“ Und sie nannte den Sohn „Naphthali“.

Als Lea aufgehört hatte zu gebären, nahm sie ihre Gehilfin Silpa und gab sie Jakob zur Frau. So gebar Silpa einen Sohn für Jakob. Da sprach Lea: „Glück zu!“ Und nannte den Sohn „Gad“. Danach gebar Silpa einen weiteren Sohn für Jakob. Da sprach Lea: „Wohl mir! Denn mich werden selig preisen die Töchter!“ Und sie nannte den Sohn „Asser“.

Ruben ging aus zur Zeit der Weizenernte und fand Liebesäpfel auf dem Feld und brachte sie heim seiner Mutter Lea. Da sprach Rahel zu Lea: „Gib mir von den Liebesäpfeln deines Sohnes!“ Sie antwortete: „Hast du nicht genug, daß du mir meinen Mann genommen hast, und willst auch die Liebesäpfel meines Sohnes nehmen?“ Rahel sprach: „Wohlan, laß ihn diese Nacht bei dir schlafen für die Liebesäpfel deines Sohnes!“

Als nun Jakob am Abend vom Feld kam, ging ihm Lea hinaus entgegen und sprach: „Zu mir sollst du kommen, denn ich habe dich erkauft um die Liebesäpfel meines Sohnes!“ Und er schlief die Nacht bei ihr. Gott erhörte Lea, und sie wurde schwanger und gebar Jakob den fünften Sohn und sprach: „Gott hat es mir gelohnt, daß ich meine Gehilfin meinem Mann gegeben habe!“ Und nannte den Sohn „Issaschar“. Lea wurde noch einmal schwanger und gebar Jakob den sechsten Sohn und sprach: „Gott hat mich reich beschenkt. Nun wird mein Mann doch bei mir bleiben, denn ich habe ihm sechs Söhne geboren!“ Und nannte den Sohn „Sebulon“. Danach gebar sie eine Tochter, die nannte sie „Dina“.

Gott dachte aber auch an Rahel und erhörte sie und machte sie auch fruchtbar. Da wurde sie schwanger und gebar einen Sohn und sprach: „Gott hat meine Schmach von mir genommen!“ Sie nannte den Sohn „Joseph“ und sprach: „Der Herr wolle mir noch einen Sohn dazugeben!“ (Gen 29,1- 30,24).

 

Jakob kommt zu Reichtum:

Als Rahel den Joseph geboren hatte, sprach Jakob zu Laban: „Laß mich ziehen und reisen an meinen Ort in mein Land. Gib mir meine Frauen und meine Kinder, um die ich dir gedient habe, daß ich fort ziehe, denn du weißt, wie ich dir gedient habe!“ Laban sprach zu ihm: „Laß mich Gnade vor deinen Augen finden. Ich spüre, daß mich der Herr segnet um deinetwillen. Bestimme den Lohn, den ich dir geben soll!“ Er aber sprach zu ihm: „Du weißt, wie ich dir gedient habe und was aus deinem Vieh geworden ist unter mir. Du hattest wenig, ehe ich her kam. N es zu einer großen Menge geworden, und der Herr hat dich gesegnet auf jedem meiner Schritte. Und nun, wann soll ich auch für mein Haus sorgen?“

Er aber sprach: „Was soll ich dir denn geben?“ Jakob sprach: „Du sollst mir gar nichts geben. Sondern wenn du mir tun willst, was ich dir sage, so will ich wiederum deine Schafe weiden und hüten. Ich will heute durch alle deine Herden gehen und aussondern alle gefleckten und bunten Schafe und alle schwarzen Schafe und die bunten und gefleckten Ziegen. Was nun bunt und gefleckt sein wird, das soll mein Lohn sein. So wird meine Redlichkeit zeugen heute oder morgen, wenn du kommst wegen meines Lohnes, den ich von dir nehmen soll. Was nicht gefleckt oder bunt unter den Ziegen und nicht schwarz sein wird unter den Lämmern, das sei ein Diebstahl, wenn es sich bei mir findet!“ Da sprach Laban zu ihm: „Es sei, wie du gesagt hast!“

An jenem Tag sonderte Laban die sprenkligen und bunten Böcke und alle gefleckten und bunten Ziegen aus, wo nur etwas Weißes daran war, und alles, was schwarz war unter den Lämmern, und gab sie in die Hand seiner Kinder.

Dann hielt er einen Abstand von drei Tagereisen zwischen sich und Jakob. Jakob aber weidete die übrigen Herden Labans.

Jakob aber nahm Stäbe von grünen Pappelbäumen, Mandelbäumen und Platanen und schälte weiße Streifen daran, so daß an den Stäben das Weiß bloß wurde. Dann legte er die Stäbe, die er geschält hatte, in die Tränkrinnen, wo die Herden hinkommen mußten, um zu trinken.

Wenn sie zu trinken kämen, sollten sie dort Nachwuchs empfangen. So empfingen die Herden über den Stäben und brachten Sprenklinge, Gefleckte und Bunte hervor.

Da sonderte Jakob die Lämmer aus und machte sich eigene Herden, die tat er nicht zu den Herden Labans und machte sich eine eigene Herde, die tat er nicht zu der Herde Labans.

Wenn aber die Brunftzeit der kräftigen Tiere war, legte er die Stäbe in die Rinnen vor die Augen der Herde, daß sie über den Stäben empfingen. Wenn aber die Tiere schwächlich waren, legte er sie nicht hinein. So wurden Laban die schwächlichen Tiere zugeteilt, aber die Kräftigen dem Jakob. Daher wurde der Mann über die Maßen reich, so daß er viele Schafe, Sklavinnen und Sklaven, Kamele und Esel hatte (Gen 30,25-43).

 

Jakobs Flucht und Vertrag mit Laban:

Es kamen vor Jakob die Reden der Kinder Labans, daß sie sprachen: „Jakob hat alles Gut unsers Vaters an sich gebracht, und von unsers Vaters Gut hat er solchen Reichtum zuwege gebracht!“ Jakob sah an das Angesicht Labans und es war nicht gegen ihn wie zuvor. Der Herr sprach zu Jakob: „Ziehe wieder in das Land deiner Väter und zu deiner Verwandtschaft. Ich will mit dir sein!“

Da sandte Jakob Boten hin und ließ Rahel und Lea rufen aufs Feld zu seiner Herde und sprach zu ihnen: „Ich sehe eures Vaters Angesicht, daß es nicht gegen mich ist zuvor. Aber der Gott meines Vaters ist mit mir gewesen. Ihr wißt, daß ich aus allen meinen Kräften eurem Vater gedient habe. Aber er hat mich getäuscht und nun zehnmal meinen Lohn verändert. Aber Gott hat es ihm nicht gestattet, daß er mir Schaden täte. Wenn er sprach: Die bunten Rinder sollen dein Lohn sein, so trug die ganze Herde bunte. Wenn er aber sprach: Die sprenkligen sollen dein Lohn sein, so trug die ganze Herde sprenklige. So hat Gott die Güter eures Vaters ihm entwunden und mir gegeben. Ich bin der Gott zu Bethel, wo du den Stein gesalbt hast und mir dort ein Gelübde getan. Nun mach dich auf und zieh aus diesem Land und zieh wieder in das Land deiner Verwandten!“(gekürzt).

Da antworteten ihm Rahel und Lea: „Wir haben doch keinen Anteil mehr noch ein Erbteil in unsers Vaters Haus. Haben wir doch gegolten wie die Fremden, denn er hat uns verkauft und unseren Kaufpreis verzehrt. Der ganze Reichtum den Gott unserem Vater entzogen hat, gehört uns und unseren Kindern. Alles nun, was Gott dir gesagt hat, das tue!“

So machte sich Jakob auf und lud seine Kinder und Frauen auf Kamele und führte weg all sein Vieh und alle seine Habe, die er in Mesopotamien erworben hatte, um zu seinem Vater Isaak zu kommen ins Land Kanaan. Laban aber war gegangen, sein Herde zu scheren. Und Rahel stahl den Hausgott ihres Vaters. Jakob täuschte Laban dadurch, daß er ihm nicht sagte, daß er abziehen wollte. Also flohen er und alles, was sein war. Er machte sich auf und fuhr über den Euphrat und richtete seinen Weg nach dem Gebirge Gilead.

Am dritten Tag wurde Laban angesagt, daß Jakob geflohen wäre. Da nahm er seine Brüder zu sich und jagte ihm sieben Tagereisen weit nach und erreichte ihn auf dem Berge Gilead. Gott kam im Traum des Nachts zu Laban und sprach zu ihm: „Hüte dich, daß du mit Jakob nicht anders redest als freundlich!“

Laban holte Jakob ein. Jakob aber hatte sein Zelt aufgeschlagen auf dem Gebirge. Laban und seine Brüdern schlugen ihre Zelte auch auf dem Gebirge Gilead. Da sprach Laban zu Jakob: „Was hast du getan, daß du mich getäuscht hast und hast meine Töchter entführt, als wenn sie im Krieg gefangen worden wären? Warum bist du heimlich geflohen und hast mich hintergangen und hast es mir nicht angesagt, daß ich dich geleitet hätte mit Freuden, mit Singen mit Pauken und Harfen? Du hast mich nicht einmal meine Enkel und Töchter küssen lassen. Du hast töricht gehandelt. Ich hätte wohl so viel Macht, daß ich euch Böses antun könnte. Aber eures Vaters Gott hat diese Nacht zu mir gesagt: Hüte dich, mit Jakob anders zu reden als freundlich! Und wenn du schon weggezogen bist und sehntest dich so sehr nach deines Vaters Haus, warum hast du mir meinen Hausgott gestohlen?“

Jakob antwortete und sprach zu Laban: „Ich fürchtete mich und dachte, du würdest deine Töchter von mir reißen. Bei wem du aber deinen Gott findest, der sterbe. Hier vor unsern Brüder suche das Deine bei mir und nimm es hin!“ Jakob wußte aber nicht, daß Rahel den Gott gestohlen hatte.

 

 

Da ging Laban in die Zelte Jakobs und Leas und der beiden Gehilfinnen, fand aber nichts. Dann ging er in das Zelt Rahels. Rahel aber hatte den Gott unter den Kamelsattel gelegt und sich darauf gesetzt. Laban aber betastete das ganze Zelt und fand nichts. Da sprach sie zu ihrem Vater: „Mein Herr, zürne mir nicht, denn ich kann nicht aufstehen vor dir, denn es geht mir nach Weise der Frauen und ich habe meine Regel!“ So fand Laban den Gott nicht, wie sehr er auch suchte.

Jakob wurde zornig und schalt Laban und sprach zu ihm: „Was habe ich dir Übles getan oder gesündigt, daß du so hitzig hinter mir her bist? Du hast allen meinen Haus­rat betastet. Was hast du von deinem Hausrat gefunden? Lege das dar vor meinen und deinen Brüdern, daß sie zwischen uns beiden richten. Zwanzig Jahre bin ich bei dir gewesen, deine Schafe und Ziegen haben keine Fehlgeburt gehabt. Die Widder deiner Herde habe ich nie gegessen. Was die wilden Tiere zerrissen, brachte ich dir nicht, ich mußte es ersetzen. Du fordertest es von mir, es mochte mir am Tag oder in der Nacht gestohlen sein. Am Tag kam ich vor Hitze um und in der Nacht vor Frost, und kein Schlaf kam in meine Augen. So habe ich diese zwanzig Jahre in deinem Hause gedient, vierzehn um deine Töchter und sechs um deine Herde, und du hast mir meinen Lohn zehnmal verändert. Wenn nicht der Gott meiner Väter auf meiner Seite gewesen wäre, du hättest mich leer ziehen lassen. Aber Gott hat mein Elend und meine Mühe angesehen und hat diese Nacht ein gerechtes Urteil gesprochen!“

Laban antwortete und sprach zu Jakob: „Die Töchter sind meine Töchter, und die Kinder sind meine Kinder, und die Herden sind meine Herden, und alles, was du siehst, ist mein. Was kann ich heute meinen Töchtern oder ihren Kindern tun, die sie geboren haben? So komm nun und laß uns einen Bund schließen, ich und du, der ein Zeuge sei zwischen mir und dir!“ Da nahm Jakob einen Stein und richtete ihn auf zu einem Steinmal.

Laban aber sprach zu seinen Brüdern: „Lest Steine auf!“ Und sie nahmen Steine und machten einen Haufen und aßen auf dem Steinhaufen. Da sprach Laban: „Der Haufe sei heute Zeuge zwischen mir und dir!“ Daher heißt man ihn „Gilead“ (= Steinhaufe des Zeugnisses) und „Mizpa“ (= Spähort), denn er sprach: „Der Herr wache als Späher über mir und dir, wenn wir voneinander gegangen sind, daß du meine Töchter nicht unterdrückst oder andere Frauen dazu nimmst über meine Töchter hinaus. Es ist kein Mensch hier bei uns. Aber Gott ist der Zeuge zwischen mir und dir!“

Laban sprach weiter zu Jakob: „Siehe, das ist der Haufen und das ist das Steinmal, das ich aufgerichtet habe zwischen mir und dir. Dieser Haufen sei Zeuge und das Steinmal sei auch Zeuge, daß ich nicht an diesem Haufen vorüberziehe zu dir hin oder du in böser Absicht vorüberziehst zu mir hin über diesen Haufen und dies Mal hinaus. Der Gott Abrahams und der Gott Nahors, der Gott ihres Vaters, sei Richter zwischen uns!“

Jakob schwor ihm beim Gott seines Vaters Isaak. Und er opferte auf dem Gebirge und lud seine Verwandten zum Essen. Und als sie gegessen hatten, blieben sie auf dem Gebirge über Nacht. Am Morgen aber stand Laban früh auf, küßte seine Enkel und Töchter und segnete sie und zog hin und kam wieder an seinen Ort (Gen 31,1 c- 32,1).

 

Jakob rüstet sich zur Begegnung mit Esau:

Jakob zog seinen Weg und schickte Boten vor sich her zu seinem Bruder Esau in das Land Seir, in das Gebiet von Edom, und befahl ihnen und sprach: „So sprecht zu meinem Herrn Esau: Dein Knecht Jakob läßt dir sagen: Ich bin bisher bei Laban lange in der Fremde gewesen und habe Rinder und Esel, Schafe, Sklaven und Sklavinnen.

Ich habe Boten zu dir gesandt, meinem Herrn, um dir das alles zu sagen, damit ich Gnade vor deinen Augen fände!“ Die Boten kamen wieder zu Jakob und sprachen: „Wir kamen zu deinem Bruder Esau, aber er zieht dir auch entgegen mit vierhundert Mann!“

Da fürchtete sich Jakob sehr, und ihm wurde bange. Deshalb teilte er das Volk, das bei ihm war, und die Schafe und die Rinder und die Kamele in zwei Heere und sprach: „Wenn Esau kommt auf das eine Lager kommt und macht es nieder, so wird das andere entrinnen!“ Weiter sprach Jakob: „Gott meines Vaters Abraham und Gott meines Vaters Isaak, der du zu mir gesagt hast: Zieh wieder in dein Land und zu deiner Verwandtschaft, ich will dir wohltun!

Herr, ich bin zu gering aller Barmherzigkeit und aller Treue, die du an deinem Diener getan hast. Denn ich hatte nicht mehr als diesen Stab, als ich über den Jordan ging, und nun sind aus mir zwei Lager geworden. Errette mich von der Hand meines Bruders Esau. Denn ich fürchte mich vor ihm, daß er komme und schlage mich und die Mütter samt den Kindern. Du hast gesagt: Ich will dir wohltun und deine Nachkommen machen wie den Sand am Meer, den man wegen der Menge nicht zählen kann!“

Er blieb die Nacht da und nahm von seinem Vermögen ein Geschenk für seinen Bruder Esau: zweihundert Ziegen, zwanzig Böcke, zweihundert Schafe, zwanzig Widder und dreißig säugende Kamele mit ihren Füllen, vierzig Kühe, zehn junge Stiere, zwanzig Eselinnen mit zehn Jungeseln. Er gab sie in die Hand seiner Leute, je eine Herde für sich, und sprach zu ihnen: „Geht vor mir hin und laßt Raum zwischen einer Herde und der andern!“

Er gebot dem ersten und sprach: „Wenn dir mein Bruder Esau begegnet und dich fragt, wem du gehörst und wo du willst hin und wem das gehört, was du vor dir hertreibst, dann sollst du sagen: Es gehört deinem Diener Jakob zu, der sendet das seinem Herrn Esau als Geschenk und zieht hinter uns her!“

Ebenso gebot er auch dem andern und dem dritten und allen, die den Herden nachgingen, und sprach: „Wie ich euch gesagt habe, so sagt zu Esau, wenn ihr ihm begegnet. Und sagt auf alle Fälle: Siehe, dein Diener Jakob ist hinter uns!“ Denn er gedachte: Ich will ihn versöhnen mit dem Geschenk, das vor mir her geht. Danach will ich ihn sehen, vielleicht wird er mich annehmen. So ging das Geschenk vor ihm her. Er aber blieb diese Nacht im Lager (Gen 32,2-22).

 

Jakobs Kampf am Jabbok:

Jakob stand auf in der Nacht und nahm seine zwei Frauen und die zwei Gehilfinnen und seine elf Kinder und zog an die Furt des Flusses Jabbok. Er nahm sie und führte sie über das Wasser, so daß hinüberkam, was er hatte. Er aber blieb allein zurück. Da rang ein Mann mit ihm, bis die Morgenröte anbrach. Als der aber sah, daß er Jakob nicht überwinden konnte, schlug er ihn auf das Gelenk seiner Hüfte. Da wurde das Gelenk der Hüfte Jakobs bei dem Ringen mit ihm verrenkt.

Der Mann sprach: „Laß mich gehen, denn die Morgenröte bricht an!“ Aber Jakob antwortete: „Ich lasse dich nicht, du segnest mich denn!“ Der andere sprach: „Wie heißt du?“ „Er antwortete: „Jakob!“ Da sprach der Mann: „Du sollst nicht mehr Jakob heißen, sondern Israel, denn du hast mit Gott und mit Menschen gekämpft und hast gewonnen!“.

Jakob fragte ihn: „Sage doch, wie heißt du?“ Er aber sprach: „Warum fragst du, wie ich heiße?“ Aber er segnete ihn dort. Und Jakob nannte die Stätte „Pniel“, denn er sprach: „Ich habe Gott von Angesicht gesehen und doch wurde mein Leben gerettet!“.

 

Als er an Pniel vorüberkam, ging ihm die Sonne auf. Jakob aber hinkte an seiner Hüfte. Daher essen die Israeliten bis heute nicht das Muskelstück auf dem Gelenk der Hüfte, weil der Fremde auf den Muskel der Hüfte Jakobs geschlagen hatte (Gen 32,23-33)[Bei dieser mysteriösen Geschichte ist nicht recht deutlich, ob Jakob mit einem Menschen ringt oder mit einem Gottesboten oder mit Gott selbst. Ursprünglich war wohl der örtliche Gott am Jabbock gemeint. Der neue Namen „Israel“ bedeutet soviel wie „der mit Gott ringt“, Wiederholung in Gen 35,9-15)].

 

Jakobs Versöhnung mit Esau:

Jakob hob seine Augen auf und sah seinen Bruder Esau kommen mit vierhundert Mann. Er verteilte seine Kinder auf Lea und Rahel und auf die beiden Nebenfrauen. Er stellte die Nebenfrauen mit ihren Kindern vornean und Lea mit ihren Kindern dahinter und Rahel mit Joseph zuletzt. Er selber ging vor ihnen her und neigte sich siebenmal zur Erde, bis er zu seinem Bruder kam.

Esau aber lief ihm entgegen und umarmte ihn und fiel ihm um den Hals und küßte ihn, und sie weinten. Dann hob Esau seine Augen auf und sah die Frauen mit den Kindern und sprach: „Wer sind diese bei dir?“ Jakob antwortete: „Es sind Kinder, die Gott deinem Diener Jakob beschert hat!  Die Nebenfrauen traten herzu mit ihren Kindern und verneigten sich vor Esau. Lea trat auch herzu mit ihren Kindern und verneigte sich vor ihm. Danach traten Joseph und Rahel herzu und verneigten sich auch vor ihm.

Esau sprach: „Was willst du mit all den Herden, denen ich begegnet bin?“ Er antwortete: „Daß ich Gnade fände vor meinem Herrn!“ Esau sprach: „Ich habe genug, mein Bruder, behalte was du hast!“ Jakob antwortete: „Ach, nein! Habe ich Gnade gefunden vor dir, so nimm mein Geschenk von meiner Hand, denn ich sah dein Angesicht, als sähe ich Gottes Angesicht, und du hast mich freundlich angesehen. Nimm doch diese Segensgabe von mir an, die ich zu dir gebracht habe, denn Gott hat sie mir beschert, und ich habe von allem genug!“ So nötigte er ihn, daß er es annahm.

Esau sprach: „Laß uns aufbrechen und fortziehen, ich will mit dir ziehen!“ Jakob aber sprach zu ihm: „Mein Herr weiß, daß ich zarte Kinder bei mir habe, dazu säugende Schafe und Kühe.
Wenn sie auch nur einen Tag zu viel getrieben würden, würde mir die ganze Herde sterben. Mein Herr ziehe vor seinem Diener hin. Ich will das Vieh gemächlich hinterher treiben, je nachdem wie das Vieh und die Kinder gehen können, bis ich komme zu meinem Herrn nach Seir!“ Esau sprach: „Aber ich will doch einige von meinen Leuten bei dir lassen!“ Jakob antwortete: „Ist das denn nötig? Laß mich nur Gnade vor meinem Herrn Esau finden!“ Also zog Esau an jenem Tag wieder seines Wegs nach Seir.

Jakob zog nach Sukkoth und baute sich ein Haus und machte seinem Vieh Hütten. Daher heißt die Stätte „Sukkoth“(= Hütten). Danach zog er wohlbehalten zu der Stadt Sichem im Lande Kanaan und lagerte vor der Stadt. Das Land, wo er sein Zelt aufgeschlagen hatte, kaufte er von den Söhnen Hemors für hundert Geldstücke. Er errichtete dort einen Altar und nannte ihn „Gott ist der Gott Israels (Gen 33)

 

Die Schandtat an Dina:

Sichem, der Sohn Hemors, hatte Jakobs Tochter Dina vergewaltigt, wollte sie aber heiraten. Jakob tut zunächst so, als wolle er darauf eingehen, wenn nur alles Männliche in der Stadt sich beschneiden lasse. Die Einheimischen gehen auch darauf ein.

Aber als sie am dritten Tag noch Schmerzen haben, nehmen die zwei Söhne Jakobs, Simeon und Levi, jeder sein Schwert und gehen kühn in die Stadt und töten alles, was männlich ist, und holen ihre Schwester Dina heraus (Gen 34, ganz stark gekürzt).

 

Gott segnet Jakob in Bethel:

Gott sprach zu Jakob: „Mache dich auf und ziehe nach Bethel und wohne dort und mache dort einen Altar für den Gott, der dir erschien, als du flohst vor deinem Bruder Esau!“ Da sprach Jakob zu seiner Familie und zu allen, die mit ihm waren: „Tut von euch die fremden Götter, die unter euch sind, und reinigt euch und wechselt eure Kleider und laßt uns aufbrechen und nach Bethel ziehen, damit ich dort einen Altar errichte dem Gott, der mich erhört hat zur Zeit meiner Trübsal und ist mit mir gewesen auf dem Weg, den ich gezogen bin!“ Da gaben sie ihm alle fremden Götter, die in ihren Händen waren, und ihre Ohrenspangen; und er vergrub sie unter einer Eiche, die neben Sichem stand.

Dann brachen sie auf. Es kam aber ein Gottesschrecken über die Städte, die um sie her lagen, daß sie den Söhnen Jakobs nicht nachjagten. So kam Jakob nach Lus im Lande Kanaan, das heute Bethel heißt, mit all dem Volk, das mit ihm war, und baute dort einen Altar und hieß die Stätte Beth-El, weil Gott ihm dort offenbart hatte, als er floh vor seinem Bruder. Gott erschien Jakob abermals und segnete ihn und sprach zu ihm: „Ich bin der allmächtige Gott. Sei fruchtbar und mehre dich. Ein Volk und viele Völker sollen von dir kommen, und Könige sollen von dir abstammen. Und das Land, das ich Abraham und Isaak gegeben habe, will ich dir geben und will es deinen Nachkommen geben!“

Dann fuhr Gott auf von ihm an der Stätte, wo er mit ihm geredet hatte. Jakob aber richtete ein Steinmal auf an der Stätte, wo er mit ihm geredet hatte, und goß ein Trankopfer darauf und begoß es mit Öl. Und Jakob nannte die Stätte, wo Gott mit ihm geredet hatte, „Bethel“ (Gen 35,1-15).

Benjamins Geburt und Rahels Tod:

Sie brachen auf von Bethel. Als es da noch ein Stück Wegs war bis Ephratha, da kamen bei Rahel die Wehen. Als ihr aber die Geburt sehr schwer wurde, sagte die Hebamme zu ihr: „Fürchte dich nicht, denn aus diesmal wirst du einen Sohn haben!“ Als ihr aber das Leben ausging und sie sterben mußte, hieß sie das Kind „Ben-Oni“(= Sohn meines Unglücks). Aber sein Vater hieß ihn „Ben-Jamin“(= Sohn des Glücks). So starb Rahel und wurde begraben an dem Wege nach Ephratha, das nun Bethlehem heißt. Und Jakob richtete ein Steinmal auf über ihrem Grab, das ist das Grabmal Rahels bis auf den heutigen Tag [Auslassung].

So hatte Jakob zwölf Söhne:

Die Söhne Leas: Ruben, Simeon, Levi, Juda, Issaschar und Sebulon.

Die Söhne Rahel: Joseph und Benjamin.

Die Söhne Bilhas (Rahels Gehilfin): Dan und Naphthali.

Die Söhne Silpas (Leas Gehilfin): Gad und Asser.

Dann kam Jakob zu seinem Vater Isaak nach Hebron, wo Abraham und Isaak als Fremde gewesen sind. Isaak ward hundertundachtzig Jahre alt und starb und wurde versammelt zu seinen Vätern, alt und lebenssatt. Seine Söhne Esau und Jakob begruben ihn (Gen 35,16-29).

Es folgen das Register der Nachkommen Esaus, des Stammvaters der Edomiter. Es folgen die Namen ihrer Könige (Gen 36).

 

 

 

Josephserzählung

 

[Die „Josephsgeschichte“ ist eine Novelle, die die Erzählungen von Jakob und seinen Söhnen dazu benutzt, die Erzväter mit dem Aufenthalt in Ägypten zu verbinden, also zu erklären, weshalb „Israeliten“ auf einmal in Ägypten waren. Aber historisch gesehen war es eher so, daß irgendwelche „Hebräer“ aus der Wüste nach Ägypten eingesickert waren und dort als billige Arbeitskräfte ausgenutzt wurden. Sie waren noch kein „Volk“, sondern eher eine soziale Schicht. Ein Teil von ihnen brach dann aus Ägypten aus und floh in die Wüste. Erst durch die Rettung am Meer und den Bundesschluß am Sinai wurden sie zu einem Volk, dem „Volk Israel“].

 

Josephs Träume:

Dies ist die Geschichte der Familie Jakobs, der m Lande Kanaan wohnte, in dem sein Vater ein Fremder gewesen war: Joseph war siebzehn Jahre alt und war ein Hirte bei den Schafen. Er war Gehilfe bei den Söhnen Bilhas und Silpas und brachte vor ihren Vater, wenn etwas Schlechtes über sie geredet wurde. Jakob aber hatte Joseph lieber als alle seine Kinder, weil er ihn im Alter gezeugt hatte. So machte er ihm zum Beispiel einen bunten Rock. Als nun seine Brüder sahen, daß ihr Vater ihn lieber hatte als alle seine Brüder, wurden sie gegenüber Joseph feindlich gesinnt und konnten ihm kein freundliches Wort sagen.

Dazu hatte Joseph einmal einen Traum und erzählte seinen Brüdern davon. Da wurden sie ihm noch mehr feind. Denn er sprach zu ihnen: „Hört doch, was ichgeträumt habe: Wir banden Garben auf dem Felde, und meine Garbe richtete sich auf und stand, und eure Garben umher neigten sich vor meiner Garbe!“ Da sprachen seine Brüder zu ihm: „Willst du unser König werden und über uns herrschen?“ Und sie wurden ihm noch mehr feind wegen seines Traumes und seiner Rede.

Er hatte aber noch einen andern Traum, den erzählte er seinen Brüdern und sprach: „Ich habe noch einen Traum gehabt: Die Sonne und der Mond und elf Sterne neigten sich vor mir!“ Als er das seinem Vater und seinen Brüdern erzählte, schalt ihn sein Vater und sprach zu ihm: „Was ist das für ein Traum, den du geträumt hast? Sollen ich und deine Mutter und deine Brüder kommen und vor dir niederfallen?“ Seine Brüder wurden neidisch auf ihn. Aber sein Vater behielt diese Worte im Gedächtnis (Gen 37,1-11)

 

Joseph wird verkauft:

Als nun die Brüder hingegangen waren, das Vieh ihres Vaters in Sichem zu weiden, sprach Jakob zu Joseph: „Hüten nicht deine Brüder das Vieh in Sichem? Komm, ich will dich zu ihnen senden!“ Er aber sprach: „Hier bin ich!“ Der Vater sprach: „Geh hin und sieh nach, ob es gut steht um deine Brüder und um das Vieh, und sage mir dann, wie es steht!“ Und er sandte ihn aus dem Tal von Hebron und er kam nach Sichem.

Da fand ihn ein Mann, als er auf dem Feld umherirrte. Derr fragte ihn: „Wen suchst du?“

Er antwortete: „Ich suche meine Brüder. Sage mir doch, wo sie hüten!“ Der Mann sprach: „Sie sind weiter gezogen. Aber ich hörte, daß sie sagten: Laßt uns nach Dothan gehen!“ Da zog Joseph seinen Brüdern nach und fand sie in Dothan.

 Als diese ihn in der Ferne sahen, überlegten sie einen Plan, wie sie ihn töten könnten, und sprachen untereinander: „Seht, der Träumer kommt daher. So kommt nun und laßt uns ihn töten und in eine Grube werfen und sagen, ein böses Tier habe ihn gefressen. Dann wird man sehen, was seine Träume wert sind!“ Als das Ruben hörte, wollte er ihn aus ihren Händen erretten, und sprach: „Laßt uns ihn nicht töten. Vergießt nicht Blut, sondern werft ihn in die Grube hier in der Wüste, aber legt die Hand nicht an ihn!“ Er wollte ihn aber aus ihrer Hand erretten und ihn seinem Vater wiederbringen.

Als nun Joseph zu seinen Brüdern kam, zogen sie ihm seinen bunten Rock aus und nahmen ihn und warfen ihn in die Grube (aber die Grube war leer und kein Wasser darin). Dann setzten sie sich nieder, um zu essen. Als sie aber ihre Augen auf oben sahen sie eine Karawane von Ismaelitern von Gilead kommen. Die trugen kostbares Harz, Balsam und Myrrhe und zogen hinab nach Ägypten.

Da sprach Juda zu seinen Brüdern: „Was hilft es uns, wenn wir unseren Bruder töten und sein Blut verbergen? Kommt, laßt uns ihn den Ismaeliten verkaufen, damit sich unsere Hände nicht an ihm vergreifen. Denn er ist unser Bruder, unser Fleisch und Blut!“ Sie gehorchten Juda. Als die midianitischen Kaufleute vorüberkamen, zogen sie ihn aus der Grube heraus und verkauften ihn um zwanzig Geldstücke. Die Ismaeliten brachten ihn nach Ägypten. Als nun Ruben wieder zur Grube kam und Joseph nicht darin fand, zerriß er sein Gewand und kam wieder zu seinen Brüdern und sprach: „Der Knabe ist nicht da! Wo soll ich hin?“

Da nahmen sie Josephs Rock und schlachteten einen Ziegenbock und tauchten den Rock ins Blut und ließen den bunten Rock zu ihrem Vater bringen und sagen: „Diesen haben wir gefunden. Sieh, ob es deines Sohnes Rock ist oder nicht!“ Jakob erkannte ihn und sprach: „Es ist der Rock meines Sohnes. Ein reißendes Tier hat Joseph zerrissen!“ Und Jakob zerriß seine Gewänder und legte ein grobes Tuch um seine Lenden und trug Leid um seinen Sohn lange Zeit.

Alle seine Söhne und Töchter kamen, ihn zu trösten. Aber er wollte sich nicht trösten lassen und sprach: „Ich werde mit Leid hinunterfahren zu den Toten, zu meinem Sohn. Und sein Vater beweinte ihn. Aber die Midianiter verkauften ihn in Ägypten dem Potiphar, dem Kämmerer des Pharao und Oberster der Leibwache (Gen 37,12-36).

Eingeschoben ist nun die Erzählung von Juda, dessen Sohn Onan sich weigert, die Frau seines verstorbenen Bruders Ger zu heiraten, wie es nach damaliger Sitte seine Pflicht war, damit der Bruder doch noch Nachkommen habe. Weil er aber wußte, daß die Kinder nicht seine Kinder sein würden, ließ er seinen Samen auf die Erde fallen. Wegen dieses Ungehorsams wurde er von Gott getötet. Thamar aber, die Witwe, verkleidet sich und biete sich ihrem Schwiegervater in einer anderen Stadt an. Der schläft auch mit ihr und läßt seinen Ring als Pfand zurück. Als er Thamar aber als Hure verbrennen will, zeigt sie ihm den Ring und wird deshalb verschont. Sie bringt Zwillinge zur Welt (Gen 38).

 

Joseph in Potiphars Haus:

Gott war mit Joseph, daß er ein Mann wurde, dem alles glückte. Auch sein ägyptischer Herr sah, daß Gott mit ihm war, denn alles, was er tat, ließ der Herr in seiner Hand glücken. So fand er Gnade vor Potiphar und wurde sein Diener. Der setzte ihn ein über sein Haus, und all sein Vermögen legte er in seine Hände. Von der Zeit an segnete Gott das Haus des Ägypters um Josephs willen. Der Segen Gottes war in allem, was er hatte, zu Hause und auf dem Feld.

Darum ließ er alles unter Josephs Händen und kümmerte sich um nichts außer um das, was er aß und trank.

Joseph war schön und hübsch von Angesicht. So kam es, daß die Frau seines Herrn ihre Augen auf Joseph warf und sprach: „Schlafe mit mir!“ Er weigerte sich aber und sprach zu ihr: „Siehe, mein Herr kümmert sich um nichts, was im Hause ist, und alles, was er hat, das hat er in meine Hände gelegt. Er ist in diesem Haus nicht größer als ich und hat mir nichts vorenthalten außer dir, weil du seine Frau bist.

Wie sollte ich denn nun ein solch großes Übel tun und gegen Gott sündigen?“ Sie bedrängte Joseph mit solchen Worten täglich. Aber er gehorchte ihr nicht, daß er sich zu ihr legte und bei ihr wäre.

Eines Tages, als Joseph zu seiner Arbeit in das Haus ging und kein Mensch von den Mitarbeitern des Hauses dabei war, das sie erwischte die Frau ihn bei seinem Gewand und sprach: „Schlafe bei mir!“ Aber er ließ das Gewand in ihrer Hand und floh und lief zum Haus hinaus.

Als sie nun sah, daß er sein Gewand in ihrer Hand ließ und hinaus floh, rief sie die Mitarbeiter im Haus und sprach zu ihnen: „Seht, er hat uns den hebräischen Mann hereingebracht, daß er seinen Mutwillen mit uns treibe. Er kam zu mir herein und wollte mit mir schlafen. Ich rief aber mit lauter Stimme. Als er hörte, daß ich ein Geschrei machte und rief, da ließ er sein Gewand bei mir und lief hinaus!“ Und sie legte sein Gewand neben sich, bis sein Herr heimkam und sagte zu ihm die gleichen Worte und sprach: „Der hebräische Sklave, den du uns hereingebracht hast, kam zu mir herein und wollte seinen Mutwillen mit mir treiben. Als ich aber ein Geschrei machte und rief, da ließ er sein Gewand bei mir und floh hinaus!“ Als sein Herr die Rede seiner Frau hörte, wurde er sehr zornig und er nahm ihn und steckte ihn ins Gefängnis, in dem die Gefangenen des Königs lagen.

So lag Joseph dort im Gefängnis. Aber Gott war mit ihm und neigte die Herzen zu ihm und ließ ihn Gnade finden vor dem Aufseher über das Gefängnis: Dieser vertraute ihm alle Gefangenen an, und was dort geschah, das mußte durch Joseph geschehen. Der Amtmann des Gefängnisses kümmerte sich um nichts. Aber der Herr war mit Joseph, und was er tat, dazu gab der Herr Glück (Gen 39).

 

Joseph legt Träume aus:

Eines Tages versündigten sich der Mundschenk des Königs in Ägypten und der Bäcker an ihrem Herrn, so daß dieser sie in das Gefängnis steckte, in dem Joseph lag. Beide aber, der Mundschenk und der Bäcker, hatten in einer Nacht einen eigenen Traum. Als Joseph am Morgen zu ihnen hereinkam und sah, daß sie traurig waren, fragte er sie: „Warum seid ihr heute so traurig?“ Sie antworteten: „Wir haben geträumt, aber wir haben niemand, der uns die Träume auslegt!“ Joseph sprach: „Auslegen ist allein Sache Gottes. Doch erzählt mir einmal eure Träume!“

Da erzählte der Mundschenk seinen Traum und sprach zu Joseph: „Ich träumte, daß ein Weinstock vor mir wäre, der hatte drei Reben. Der grünte, wuchs und blühte, und seine Trauben wurden reif. Ich hatte den Becher des Pharao in meiner Hand und nahm die Beeren und zerdrückte sie in den Becher und gab den Becher dem Pharao in die Hand!“

Joseph sprach zu ihm: „Das ist die Deutung des Traums: Drei Reben sind drei Tage. Nach drei Tagen wird der Pharao dich wieder an dein Amt einsetzen, damit du ihm den Becher in die Hand gibst wie vorher, als du sein Mundschenk warst. Aber denke an mich, wenn es dir wohl geht, und tue Barmherzigkeit an mir, daß du dem Pharao von mir erzählst und er mich aus diesem Haus bringt. Denn ich bin aus dem Land der Hebräer heimlich gestohlen worden. Aber hier habe ich nichts getan, weshalb sie mich ins Gefängnis stecken dürfen!“

Als der Bäcker sah, daß die Deutung gut war, sprach er zu Joseph: „Ich habe geträumt, ich trug drei weiße Körbe auf meinem Kopf. Im obersten Korb waren allerlei gebackene Speisen für den Pharao. Aber die Vögel fraßen aus dem Korb auf meinem Kopf!“ Joseph antwortete: „Das ist die Deutung des Traums. Drei Körbe sind drei Tage, Nach drei Tagen wird dir Pharao dich an den Galgen hängen, und die Vögel werden dein Fleisch essen!“

Am dritten Tag feierte der Pharao seinen Geburtstag. Da machte er eine Mahlzeit für alle seine Großen. Dabei setzte den Mundschenk wieder in sein Amt, daß er den Becher reiche in Pharaos Hand. Aber den Bäcker ließ er henken, wie ihnen Joseph gedeutet hatte. Aber der Mundschenk dachte nicht mehr an Joseph, sondern vergaß ihn (Gen 40).

 

Joseph deutet die Träume des Pharao:

Zwei Jahre später hatte der Pharao einen Traum: Er stand am Nil und aus dem Wasser stiegen sieben schöne, fette Kühe, die auf der Weide im Gras gingen. Danach sah er andere sieben Kühe aus dem Wasser aufsteigen, die waren häßlich und mager und traten neben die Kühe an das Ufer am Wasser. Aber die häßlichen und mageren fraßen die sieben schönen, fetten Kühe.

Da erwachte der Pharao. Aber er schlief wieder ein, und ihn träumte erneut: Sieben Ähren wuchsen an einem Halm, voll und dick. Danach gingen sieben dünne Ähren auf, die wurden vom Ostwind versengt. Aber die sieben mageren Ähren verschlangen die sieben dicken und vollen Ähren. Da erwachte der Pharao und merkte, daß es ein Traum war. Am Morgen war er traurig und er schickte Boten aus und ließ alle Wahrsager und alle Weisen in Ägypten rufen und erzählte ihnen seine Träume. Aber da war keiner, der sie dem Pharao deuten konnte.

Da redete der Mundschenk zum Pharao und sprach: „Ich muß heute an meine Sünden denken. Als der Pharao zornig wurde über mich und den Bäcker und uns ins Gefängnis legte, da träumte uns beiden in einer Nacht. Da war bei uns ein hebräischer Jüngling, der Diener des Gefängnisaufsehers, dem erzählten wir alles. Der deutete uns unsere Träume, einem jeden seinen Traum. Und wie er uns den Traum deutete, so ist es uns ergangen, denn ich bin wieder in mein Amt eingesetzt, aber jener ist gehenkt worden!“

Da sandte der Pharao hin und ließ Joseph rufen. Sie ließen ihn eilend aus dem Gefängnis. E ließ sich die Haare schneiden und zog andere Gewänder an und kam hinein zu dem Pharao. Da sprach der Pharao zu ihm: „Ich habe geträumt, aber es ist niemand da, der den Traum deuten kann. Ich habe aber gehört, daß man von dir sagt, wenn du einen Traum hörst, so kannst du ihn deuten!“ Joseph antwortete dem Pharao: „Das steht mir nicht zu. Aber Gott wird jedoch dem Pharao Gutes verkünden!“

Der Pharao sprach zu Joseph: „Ich träumte, ich stand am Ufer des Nils und sah aus dem Wasser sieben schöne, fette Kühe steigen, die gingen auf der Weide im Grase. Aber nach ihnen sah ich andere sieben sehr häßliche und magere Kühe heraussteigen. Ich habe in ganz Ägyptenland nicht so häßliche gesehen. Und die sieben mageren und häßlichen Kühe fraßen auf die sieben fetten Kühe. Als sie die fetten Kühe gefressen hatten, merkte man es ihnen nicht an, daß sie die gefressen hatten, und sie waren häßlich wie vorher. Da wachte ich auf. Und ich hatte noch einmal einen Traum: Ich sah sieben Ähren auf einem Halm wachsen, voll und dick. Danach gingen sieben dürre Ähren auf, dünn und versengt. Und die sieben dünnen Ähren verschlangen die sieben dicken Ähren. Ich habe das den Wahrsagern gesagt, aber die können es mir nicht deuten!“

Joseph antwortete dem Pharao: „Beide Träume des Pharao haben die gleiche Bedeutung. Dadurch verkündet Gott dem Pharao, was er vorhat. Die sieben schönen Kühe sind sieben Jahre, und die sieben guten Ähren sind auch die sieben Jahre. Die sieben mageren und häßlichen Kühe, die nach jenen aufgestiegen sind, das sind sieben Jahre, und die sieben mageren und versengten Ähren sind sieben Jahre teure Zeit. Siehe, sieben reiche Jahre werden kommen in ganz Ägypten.

Aber danach werden sieben Jahre des Hungers kommen, so daß man vergessen wird alle Fülle in Ägypten, und der Hunger wird das Land verzehren, so daß man nichts wissen wird von der Fülle im Lande vor der Hungersnot, die danach kommt, denn sie wird sehr schwer sein. Daß aber der Pharao zweimal geträumt hat, das bedeutet, daß Gott das gewiß und eilend tun wird!“

Joseph hat auch gleich einen Vorschlag: „Nun sehe der Pharao nach einem verständigen und weisen Mann, den er über Ägypten einsetze, und sorge dafür, daß er Amtleute verordne im Land und nehme in den sieben reichen Jahren eine Steuer von einem Fünftel ein und lasse seine Leute den ganzen Ertrag der kommenden guten Jahre sammeln, daß sie Getreide als Vorrat in den Kornhäusern des Pharao aufschütten und es verwahren, damit für die Nahrung gesorgt sei für das Land in den sieben Jahren des Hungers, die über Ägypten kommen werden, und das Land nicht vor Hunger verderbe!“ (Gen 41,1-36).

 

Josephs Aufstieg:

Die Rede gefiel Pharao und allen seinen Großen gut. Er sprach zu seinen Großen: „Wie könnten wir einen solchen Mann finden, in dem der Geist Gottes ist wie in diesem?“ Er sprach zu Joseph: „Weil dir Gott das alles kundgetan hat, ist keiner so verständig und weise wie du. Deshalb sollst du meine Regierung leiten, und deinem Wort soll all mein Volk gehorsam sein, nur um den Thron will ich höher sein als du: Ich setze dich ein über ganz Ägypten!“ Er tat seinen Ring von seiner Hand und gab ihn Joseph an seine Hand und kleidete ihn mit köstlicher Leinwand und legte ihm eine goldene Kette um den Hals und ließ ihn auf seinem zweiten Wagen fahren und ließ vor ihm her ausrufen: „Der ist der Vater des Landes!“ Weiter sprach er zu Joseph: „Ich bin der Pharao, aber ohne deinen Willen soll niemand seine Hand und Fuß regen in ganz Ägypten!“ Er gab ihm Asnath zur Frau, die Tochter des Priesters zu On. Joseph war dreißig Jahre alt, als er vor dem König in Ägypten stand. Dann ging er los und zog durch ganz Ägypten.

Das Land trug in den sieben reichen Jahren im Übermaß. Joseph sammelte die ganze Ernte der sieben Jahre, als im Land Ägypten Überfluß war. Was an Getreide auf dem Felde rings um jede Stadt umher wuchs, das tat er hinein. So schüttete Joseph das Getreide auf, über die Maßen viel wie Sand am Meer, so daß er schließlich aufhörte es zu zählen, denn man konnte es nicht zählen.

Joseph wurden zwei Söhne geboren. Den ersten nannte er Manasse, weil Gott ihn all sein Unglück und sein ganzes Vaterhaus hat vergessen lassen. Den anderen nannte er Ephraim, weil Gott ihn hat wachsen lassen in dem Land seines Elends.

Als nun die sieben reichen Jahre um waren in Ägypten, da fingen an die sieben Hungerjahre zu kommen, von denen Joseph gesagt hatte. Als nun ganz Ägypten auch Hunger litt, schrie das Volk zum Pharao um Brot. Aber der Pharao sprach zu den Ägyptern: „Geht hin zu Joseph. Was euch der sagt, das tut!“ Als nun im ganzen Land eine Hungersnot war, tat Joseph alle Kornhäuser auf und verkaufte den Ägyptern das Getreide. Denn der Hunger wurde je länger, je größer im Land. Und alle Welt kam nach Ägypten, um bei Joseph zu kaufen, denn der Hunger war groß in allen Ländern (Gen 41, 37-57).

 

Erste Reise der Söhne Jakobs:

Als aber Jakob sah, daß Getreide in Ägypten zu haben war, sprach er zu seinen Söhnen: „Was seht ihr euch lange an? Siehe, ich höre, es sei in Ägypten Getreide zu haben. Zieht hinab und kauft uns Getreide, daß wir leben und nicht sterben!“ Also zogen zehn der Brüder Josephs hinab, daß sie in Ägypten Getreide kauften.

Aber den kleinen Benjamin ließ Jakob nicht mit seinen Brüdern ziehen, denn er sprach: „Es könnte ihm ein Unfall zustoßen!“ So kamen die Söhne Jakobs, um Getreide zu kaufen, mit all den anderen, die mit ihnen zogen, denn es gab im ganzen Land Kanaan eine Hungersnot. Aber Joseph war der Herrscher im Land und verkaufte allen Leuten im Land das Getreide. Als nun seine Brüder kamen, fielen sie vor ihm nieder zur Erde auf ihr Antlitz. Er sah sie an und erkannte sie, aber er verhielt sich fremd gegen sie und redete hart mit ihnen und sprach zu ihnen: „Woher kommt ihr?“ Sie sprachen: „Aus dem Land Kanaan, um Getreide zu kaufen!“ Er erkannte sie, aber sie kannten ihn nicht.

Da dachte Joseph an die Träume, die er von ihnen geträumt hatte, und sprach zu ihnen: „Ihr seid Spione und seid gekommen, um zu sehen, wo das Land offen ist!“ Sie antworteten ihm: „Nein, mein Herr, deine Diener sind gekommen, um Getreide zu kaufen. Wir sind alle die Söhne eines einigen Mannes. Wir sind redlich, und deine Diener sind nie Spione gewesen!“ Er aber sprach zu ihnen: „Nein, sondern ihr seid gekommen, um zu sehen, wo das Land offen ist!“ Sie antworteten ihm: „Wir, deine Diener, sind zwölf Brüder, die Söhne eines Mannes im Land Kanaan. Der jüngste ist noch bei unserm Vater, und einer ist nicht mehr vorhanden.

Joseph sprach zu ihnen: „Es ist, wie ich euch gesagt habe: Kundschafter seid ihr. Daran will ich euch prüfen: So wahr der Pharao lebt! Ihr werdet nicht von hier wegkommen, wenn nicht euer jüngster Bruder herkommt. Sendet einen von euch hin, der euren Bruder hole. Ihr aber sollt so langegefangen sein. So will ich eure Rede prüfen, ob ihr die Wahrheit sagt oder nicht. Wenn nicht, so seid ihr Spione!“

Und er ließ sie drei Tage lang beisammen in Gewahrsam nehmen. Am dritten Tag aber sprach er zu ihnen: „Wollt ihr leben, so tut wie ich euch sagte, denn ich fürchte Gott. Seid ihr redlich, so laßt einen eurer Brüder gefangen in eurem Gefängnis liegen. Ihr aber zieht hin und bringt heim, was ihr gekauft habt für den Hunger. Und bringt euren jüngsten Bruder zu mir, so will ich euren Worten glauben, daß ihr nicht sterben müßt!“ Sie gingen darauf ein.

Untereinander aber sprachen sie: „Das haben wir an unserm Bruder verschuldet. Wir sahen seine Angst, als er uns anflehte, aber wir wollten ihn nicht erhören. Darum kommt nun dieser Kummer über uns!“ Ruben antwortete zu ihnen: Sagte ich es euch nicht, als ich sprach: Versündigt euch nicht an dem Jungen! Doch ihr wolltet nicht hören? Nun wird sein Blut gefordert!“ Sie wußten aber nicht, daß Joseph sieverstand, denn er redete mit ihnen über einen Dolmetscher. Und er wandte sich von ihnen ab und weinte. Als er sich wieder zu ihnen wandte und mit ihnen redete, nahm er Simeon aus ihrer Mitte und ließ ihn binden vor ihren Augen!“

Dann gab Joseph den Befehl, ihre Säcke mit Getreide zu füllen und ihnen ihr Geld wiederzugeben, einem jeden in seinen Sack, dazu auch Verpflegung auf den Weg. Und so tat man ihnen. Sie luden ihre Ware auf ihre Esel und zogen von davon.

Als aber einer seinen Sack auftat in der Herberge, daß er seinem Esel Futter gäbe, bemerkte er sein Geld, das oben im Sack lag, und sprach zu seinen Brüdern: „Mein Geld ist wieder da, in meinem Sack ist es!“ Da sackte ihnen ihr Herz in die Hose, und sie erschraken untereinander und sprachen: „Warum hat Gott uns das getan?“

Als sie nun heimkamen zu ihrem Vater Jakob ins Land Kanaan, sagten sie ihm alles, was ihnen begegnet war, und sprachen: „Der Mann, der in Ägypten der Herr ist, redete hart mit uns und hielt uns für Spione. Er wollte daran merken, ob wir redlich sind, wenn wir den jüngsten Bruder zu ihm bringen.

Da sprach ihr Vater Jakob zu ihnen: „Ihr beraubt mich meiner Kinder! Joseph ist nicht mehr vorhanden, Simeon ist nicht mehr vorhanden, Benjamin wollt ihr auch mitnehmen. Das ist zu viel für mich!“ Ruben antwortete seinem Vater und sprach: „Wenn ich dir ihn nicht wieder­bringe, so töte meine zwei Söhne. Gib ihn nur in meine Hand, ich will ihn dir wiederbringen!"

Jakob sprach: „Mein Sohn soll nicht mit euch hinab ziehen, denn sein Bruder ist tot, und er ist allein übriggeblieben. Wenn ihm ein Unfall auf dem Weg begegnete, den ihr reiset, würdet ihr meine grauen Haare mit Herzeleid zu den Toten bringen (Gen 42, am Schluß gekürzt).

 

Zweite Reise der Söhne Jakobs:

Die Hungersnot drückte aber weiter das Land. Und als verzehrt war, was sie an Getreide aus Ägypten mitgebracht hatten, sprach ihr Vater zu ihnen: „Zieht wieder hin und kauft uns ein wenig Getreide!“ Da antwortete ihm Juda und sprach: „Der Mann schärfte uns hart ein: Ihr sollt mein Angesicht nicht sehen, es sei denn euer Bruder mit euch. Willst du nun unseren Bruder mit uns senden, so wollen wir hinab ziehen und dir zu essen kaufen. Willst du ihn aber nicht sendest, so ziehen wir auch nicht hinab!“

Jakob sprach: „Warum habt ihr mir das angetan, daß ihr dem Mann sagtet, daß ihr noch einen Bruder habt?“Sie antworteten: „Der Mann forschte so genau nach uns und unsrer Verwandtschaft und sprach: Lebt euer Vater noch? Habt ihr auch noch einen Bruder? Da sagten wir ihm, wie er uns fragte. Wie konnten wir wissen, daß er sagen würde: Bringt euren Bruder mit herab?“

Da sprach Juda zu seinem Vater: „Laß den Jungen mit mir ziehen, daß wir uns aufmachen und reisen und leben und nicht sterben, wir und du und unsre Kinder. Ich will Bürge für ihn sein, von meinen Händen sollst du ihn fordern. Wenn ich dir ihn nicht wiederbringe und vor deine Augen stelle, so will ich mein Leben lang die Schuld tragen. Denn wenn wir nicht gezögert hätten, wären wir wohl schon zweimal wiedergekommen!“

Da sprach Jakob zu ihnen: „Wenn es denn sein muß, so tut es und nehmt von den besten Früchten des Landes in eure Säcke und bringt dem Manne Geschenke hinab: ein wenig Balsam und Honig, Würze und Myrrhe, Nüsse und Mandeln. Nehmt auch anderes Geld mit euch. Und das Geld, das ihr oben in euren Säcken wieder gefunden habt, das bringt auch wieder hin. Vielleicht ist da ein Irrtum geschehen. Dazu nehmt euren Bruder, macht euch auf und kommt wieder zu dem Mann. Aber der allmächtige Gott gebe euch Barmherzigkeit vor dem Manne, daß er mit euch euren andern Bruder und Benjamin ziehen lasse. Ich aber muß sein wie einer, der seiner Kinder ganz und gar beraubt ist!“

Da nahmen sie diese Geschenke und das doppelte Geld mit sich, dazu Benjamin. Dann machten sich auf, zogen nach Ägypten und traten vor Joseph. Als Joseph sie sah mit Benjamin, sprach zu seinem Verwalter: „Führe diese Männer ins Haus und schlachte und bereite alles zu, denn sie sollen zu Mittag mit mir essen!“

Der Mann tat, wie ihm Joseph gesagt hatte, und führte die Männer in Josephs Haus. Sie fürchteten sich aber, als sie in Josephs Haus geführt wurden und sprachen: „Wir sind hereingeführt worden wegen des Geldes, das wir beim erstemal in unsern Säcken wiedergefunden haben. Man will auf uns eindringen und ein Urteil über uns fällen und uns zu Sklaven machen und uns die Esel nehmen!“

Darum traten sie zu Josephs Verwalter und redeten mit ihm vor der Haustür und spra­chen: „Mein Herr, wir sind das vorige Mal herabgezogen, um Getreide zu kaufen, und als wir in die Herberge kamen und unsere Säcke auftaten, siehe, da war das Geld eines jeden von uns oben in seinem Sack mit vollem Gewicht.

Darum haben wir es wieder mit uns gebracht und haben auch anderes Geld mit uns hergebracht, um Getreide zu kaufen. Wir wissen aber nicht, wer uns unser Geld in unsre Säcke gesteckt hat!“

Der Mann sprach: „Seid guten Muts, fürchtet euch nicht. Euer Gott hat euch einen Schatz in eure Säcke gegeben. Euer Geld habe ich erhalten. Und er führte Simeon zu ihnen heraus und brachte sie in Josephs Haus, gab ihnen Wasser zum Füße waschen, und gab ihren Eseln Futter.

Sie aber bereiteten das Geschenk vor, bis Joseph am Mittag kommen sollte, denn sie hatten gehört, daß sie dort essen sollten. Als nun Joseph zum Hause hineinging, brachten sie ihm das Geschenk in ihren Händen ins Haus und fielen vor ihm nieder zur Erde. Er aber grüßte sie freundlich und sprach: „Geht es eurem alten Vater gut? Lebt er noch?“ Sie antworteten: „Es geht unserem Vater gut und er lebt noch!“ Da verneigten sie sich und fielen vor ihm nieder.

Joseph hob seine Augen auf und sah seinen Bruder Benjamin und sprach: „Ist das euer jüngster Bruder, von dem ihr mir sagtet?“ Und zu Benjamin sprach er: „Gott sei dir gnädig, mein Sohn!“ Joseph eilte hinaus, denn sein Herz brannte in ihm wegen seines Bruders, und er suchte etwas, wo er weinen könne, und ging in seine Kammer und weinte dort.

Als er sein Gesicht gewaschen hatte, ging er heraus und hielt sich zurück und sprach: „Legt die Speisen auf!“ Man trug Joseph extra etwas auf und den Brüdern extra und auch den Ägyptern, die mit ihm aßen, denn die Ägypter dürfen nicht mit den Hebräern essen, denn das ist ein Greuel für sie. Man setzte die Brüder gegenüber von Joseph, und zwar dem Alter nach, den Erstgeborenen ganz oben und den Jüngsten ganz unten. Darüber wunderten sie sich untereinander. Und man trug ihnen Essen auf von Josephs Tisch, aber dem Benjamin erhielt fünfmal mehr als die andern. Und sie tranken und wurden fröhlich mit Joseph (Gen 43).

 

 Josephs Brüder sind in Angst:

Joseph befahl seinem Verwalter: „Fülle den Männern ihre Säcke mit Getreide, soviel sie fortbringen können, und lege jedem sein Geld oben in seinen Sack. Meinen silbernen Becher aber lege oben in den Sack des Jüngsten mit dem Geld für das Getreide!“ Der Mann tat, wie ihm Joseph gesagt hatte. Am Morgens, als es hell wurde, ließen sie die Männer mit ihren Eseln ziehen.

Als sie aber zur Stadt hinaus waren und noch nicht weit gekommen waren, sprach Joseph zu seinem Verwalter: „Auf jage den Männern nach! Und wenn du sie erreichst, so sprich zu ihnen: Warum habt ihr Gutes mit Bösem vergolten? Warum habt ihr den silbernen Becher gestohlen? Ist das nicht der, aus dem mein Herr trinkt und aus dem er weissagt? Ihr habt Böses getan!“

Als er sie einholte, redete er mit ihnen diese Worte. Sie antworteten ihm: „Warum redet mein Herr solche Worte? Es sei ferne von deinen Dienern, so etwas zu tun. Das Geld, das wir oben in unsern Säcken fanden, haben wir wiedergebracht zu dir aus dem Lande Kanaan. Und wie sollten wir denn aus deines Herrn Hause Silber und Gold gestohlen haben? Bei welchem er gefunden wird unter deinen Dienern, der sei des Todes. Darüber hinaus wollen auch wir unseres Herrn Sklaven sein!“

Er sprach: „Ja, es sei, wie ihr geredet habt. Bei welchem er gefunden wird, der sei mein Sklave, ihr aber sollt frei sein!“ Sie legten eilends ein jeder seinen Sack ab auf die Erde, und jeder machte seinen Sack auf. Der Verwalter suchte und fing beim Ältesten an bis zu dem Jüngsten. Da fand sich der Becher in Benjamins Sack. Da zerrissen sie ihre Kleider und jeder belud seinen Esel und sie zogen wieder in die Stadt.

Juda ging mit seinen Brüdern in Josephs Haus, wo er noch war. Sie fielen vor ihm nieder auf die Erde. Joseph aber sprach zu ihnen: „Wie habt ihr das tun können? Wußtet ihr nicht, daß ein Mann wie ich weissagen kann?“ Juda sprach: „Was sollen wir meinem Herrn sagen, oder wie sollen wir reden, und womit können wir uns rechtfertigen? Gott hat die Missetat deiner Diener gefunden. Siehe da, wir und der, bei dem der Becher gefunden wurde, sind meines Herrn Sklaven!“

Joseph aber sprach: „Das sei ferne von mir, solches zu tun! Der Mann, bei dem der Becher gefunden ist, soll mein Sklave sein. Ihr aber zieht hinauf mit Frieden zu eurem Vater!“ Da trat Juda zu ihm und sprach: „Mein Herr, laß deinen Diener ein Wort reden vor den Ohren meines Herrn, und dein Zorn ergrimme nicht über deinen Diener, denn du bist wie der Pharao.

Mein Herr fragte seine Diener und sprach: Habt ihr auch einen Vater oder Bruder? Da antworteten wir: Wir haben einen Vater, der ist alt, und einen jungen Knaben, der noch in seinem Alter geboren wurde. Aber sein Bruder ist tot. Er ist allein übriggeblieben als Kind seiner Mutter, und sein Vater hat ihn lieb. Wenn ich nun heimkäme zu meinem Vater, und der Junge wäre nicht bei uns, an dem er so hängt, so wird er sterben. Ich bin Bürge geworden für den Jungen und habe zu meinem Vater gesprochen: Bringe ich ihn dir nicht wieder, so will ich mein Leben lang die Schuld tragen. Darum laß deinen Diener hier bleiben an der Stelle des Jungen als Sklave meines Herrn und laß den Jungen mit seinen Brüdern hinaufziehen (Gen 44, am Schluß gekürzt).

 

Joseph gibt sich zu erkennen:

Da konnte Joseph nicht länger an sich halten vor allen, die um ihn her standen. Er rief: „Laßt jedermann hinausgehen!“ Kein Mensch stand bei ihm, als sich Joseph seinen Brüdern zu erkennen gab. Und er weinte laut, daß es die Ägypter und die Leute des Pharao hörten, und sprach zu seinen Brüdern: „Ich bin Joseph. Lebt mein Vater noch?“ Aber seine Brüder konnten ihm nicht antworten, so erschraken sie vor seinem Angesicht.

Er sprach zu seinen Brüdern: „Tretet her zu mir!“ Und sie traten herzu. Er sprach: „Ich bin Joseph euer Bruder, den ihr nach Ägypten verkauft habt. Macht euch keine Sorgen und denkt nicht, daß ich deshalb zürne, daß ihr mich hierher verkauft habt. Denn um euer Leben zu retten hat mich Gott vor euch her gesandt. Denn es sind jetzt zwei Jahre, daß Hunger im Land ist. Es sind aber noch fünf Jahre, daß kein Pflügen und Ernten sein wird. Aber Gott hat mich vor euch her gesandt, daß er euch übriglasse auf der Erde und euer Leben erhalte zu einer großen Errettung. Ihr habt mich nicht her gesandt, sondern Gott, der hat mich zum Vater über den Pharao eingesetzt und zum Herrn über all sein Haus und zum Herrscher in ganz Ägypten!“

Dann fährt Joseph fort: „Eilt nun und zieht hinauf zu meinem Vater und sagt ihm: Das läßt dir dein Sohn Joseph sagen: Gott hat mich zum Herrn über ganz Ägypten eingesetzt. Komm herab zu mir, säume nicht! Du sollst im Lande Gosen wohnen und nahe bei mir sein, du und deine Kinder und deine Kindeskinder, dein kleines und dein großes Vieh und alles, was du hast. Ich will dich dort versorgen. Denn es sind noch fünf Jahre der Hungersnot, damit du nicht verarmst mit deiner Familie und allem, was du hast. Siehe, eure Augen sehen es und die Augen meines Bruders Benjamin, daß ich leibhaftig mit euch rede. Verkündet meinem Vater alle meine Herrlichkeit in Ägypten und alles, was ihr gesehen habt. Eilt und kommt herab mit meinem Vater nach hierher!“

Und er fiel seinem Bruder Benjamin um den Hals und weinte, und Benjamin weinte auch an seinem Halse. Er küßte alle seine Brüder und weinte an ihrer Brust. Danach redeten seine Brüder mit ihm.

 

Als das Gerücht kam in das Haus des Pharao, daß Josephs Brüder gekommen wären, gefiel es dem Pharao wohl und allen seinen Großen. Pharao sprach zu Joseph: „Sage deinen Brüdern: Macht es so, beladet eure Tiere, zieht hin. Und wenn ihr kommt ins Land Kanaan, so nehmt euren Vater und alle die Euren und kommt zu mir. Ich will euch das Beste geben in Ägypten daß ihr essen sollt das Fett des Landes. Gebiete ihnen: Nehmt Wagen für eure Kinder und Frauen und bringt euren Vater mit und kommt. Seht euren Hausrat nicht an, sondern das Beste des ganzen Landes Ägypten soll euer sein.

Die Söhne Jakobs taten so. Und Joseph gab ihnen Wagen nach dem Befehl des Pharao und Verpflegung auf den Weg und gab, einem jeden ein Festgewand; aber Benjamin gab er dreihundert Geldstücke und fünf Festgewänder. Seinem Vater sandte er zehn Esel, mit dem Besten aus Ägypten beladen, und zehn Eselinnen mit Getreide und Brot und Verpflegung für seinen Vater auf den Weg. Damit entließ er seine Brüder, und sie zogen hin. Er sprach zu ihnen: „Zankt nicht auf dem Weg!“

 So zogen sie hinauf von Ägypten und kamen in das Land Kanaan zu ihrem Vater Jakob und verkündeten ihm: „Joseph lebt noch und ist Herr über ganz Ägypten!“ Aber Jakobs Herz blieb kalt, denn er glaubte ihnen nicht. Da sagten sie ihm alle Worte Josephs, die er zu ihnen gesagt hatte. Und als er die Wagen sah, die ihm Joseph gesandt hatte, um ihn zu holen, wurde der Geist Jakob doch lebendig. Er sprach: „Mir ist es genug, daß mein Sohn noch lebt. Ich will hin und ihn sehen, ehe ich sterbe (Gen 45).

 

Jakobs Reise nach Ägypten:

Jakob zog hin mit allem, was er hatte. Als er nach Beer-Seba kam, opferte er dem Gott seines Vaters Isaak. -Und Gott sprach zu ihm in der Nacht im Traum: „Jakob, Jakob!“ Er sprach: Hier bin ich!“ Und er sprach: „Ich bin Gott, der Gott deines Vaters. Fürchte dich nicht, nach Ägypten hinab zuziehen, denn dort will ich dich zum großen Volk machen. Ich will mit dir hinab nach Ägypten ziehen und will dich auch wieder heraufführen. Und Joseph soll dir mit seinen Händen die Augen zudrücken!“

 Da machte sich Jakob auf von Beer-Seba. Die Söhne habenihren Vater, ihre Kinder und Frauen auf den Wagen, die Pharao gesandt hatte, um ihn zu holen, und nahmen ihr Vieh und ihre Habe, die sie im Lande Kanaan erworben hatten, und kamen so nach Ägypten, Jakob und seine ganze Familie mit ihm, seine Söhne und seine Kindessöhne, seine Töchter und seine Kindestöchter, die brachte er mit sich nach Ägypten, insgesamt 70 Personen ohne die Frauen (es folgt eine Aufzählung der Namen).

Jakob sandte Juda vor sich hin zu Joseph, daß dieser ihm das Land Gosen anwiese. Als sie nach Gosen in das Land Gosen kamen, spannte Joseph seinen Wagen an und zog hinauf, seinem Vater Israel entgegen. Und als er ihn sah, fiel er ihm um den Hals und weinte lange an seinem Hals.

Da sprach Jakob zu Joseph: „Ich will nun gerne sterben, nachdem ich dein Angesicht gesehen habe, daß du noch lebst!“ Joseph sprach zu seinen Brüdern und zur Familie seines Vaters: „Ich will hinaufziehen und dem Pharao sagen: Meine Brüder und die Familie meines Vaters sind zu mir gekommen aus dem Lande Kanaan. Es sind Viehhirten, die ihr kleines und großes Vieh und alles, was sie haben, mitgebracht haben. Wenn euch nun Pharao rufen wird und fragen: Was ist euer Gewerbe? dann sollt ihr sagen: Deine Diener sind Leute, die mit Vieh umgehen, von unsrer Jugend auf bis hierher, wir und unsre Väter. Dann dürft ihr wohnen im Lande Gosen, denn alle Viehhirten sind den Ägyptern ein Greuel (Gen 46).

 

Jakob vor dem Pharao:

Da kam Joseph und sagte es dem Pharao an und sprach: „Mein Vater und meine Brüder, ihr kleines und großes Vieh und alles, was sie haben, sind aus dem Lande Kanaan gekommen. Jetzt sind sie im Land Gosen!“ Dann nahm er fünf seiner Brüder und stellte sie vor den Pharao. Da sprach Pharao zu seinen Brüdern: „Was ist euer Gewerbe?“ Sie antworteten: „Deine Diener sind Viehhirten, wir und unsere Väter. Wir sind gekommen, bei euch zu wohnen im Land. Denn deine Diener haben keine Weide für ihr Vieh, so hart drückt die Hungersnot das Land Kanaan. So laß doch nun deine Diener im Lande Gosen wohnen!“

Der Pharao sprach zu Joseph: „Es ist dein Vater und es sind deine Brüder, die sind zu dir gekommen. Das Land Ägypten steht dir offen. Laß sie am besten Ort des Landes wohnen, laß sie im Lande Gosen wohnen. Und wenn du weißt, daß Leute unter ihnen sind, die tüchtig sind, so setze sie ein über mein Vieh!“

Joseph brachte auch seinen Vater Jakob hinein und stellte ihn vor den Pharao. Und Jakob segnete den Pharao. Der Pharao aber fragte Jakob: „Wie alt bist du?“ Jakob sprach: „Die Zeit meiner Wanderschaft ist hundertdreißig Jahre. Wenig und böse ist die Zeit meines Lebens und reicht nicht heran die Zeit meiner Väter auf ihrer Wanderschaft!“ Jakob segnete den Pharao nochmals und ging heraus von ihm.

Joseph schaffte seinem Vater und seinen Brüdern Wohnung und gab ihnen Besitz in Ägypten, am besten Ort des Landes, im Lande Ramses, wie Pharao geboten hatte. Und er versorgte seinen Vater und seine Brüder und die ganze Familie seines Vaters mit Brot, einem jeden nach der Zahl seiner Kinder [Aus antiken Quellen ist bekannt, daß „Hebräer“ am Bau der Städte Pithom und Ramses beteiligt waren] (Gen 47,1-12).

 

Die Ägypter verkaufen alles dem Pharao:

Es war aber kein Brot im ganzen Land; denn die Hungersnot war sehr schwer, so daß Ägypten und Kanaan verschmachteten vor Hunger. Joseph brachte alles Geld zusammen, das in Ägypten und Kanaan gefunden wurde, für das Getreide, das sie kauften. Und Joseph tat alles Geld in das Haus des Pharao. Als nun das Geld knapp wurde, kamen alle Ägypter zu Joseph und sprachen: „Schaffe uns Brot! Warum läßt du uns vor dir sterben, weil wir ohne Geld sind?“ Joseph sprach: „Schafft euer Vieh her, so will ich euch Brot dafür geben, weil ihr ohne Geld seid!“

 Da brachten sie Joseph ihr Vieh. Er gab ihnen Brot als Gegenleistung für ihre Pferde, Schafe, Rinder und Esel. So ernährte er sie das Jahr hindurch mit Brot für all ihr Vieh. Als das Jahr um war, kamen sie zu ihm im zweiten Jahr und sprachen zu ihm: „Wir wollen unserm Herrn nicht verbergen, daß nicht nur das Geld, sondern auch alles Vieh schon unserem Herrn gehört. Es ist nichts mehr übrig als unsere Leiber und unser Feld. Warum läßt du uns vor dir sterben? Kaufe uns und unser Land ums Brot, damit wir und unser Land leibeigen seien dem Pharao. Gib uns Korn zur Saat, damit wir leben und nicht sterben und das Feld nicht wüst werde!“ So kaufte Joseph dem Pharao das ganze Ägypten. Denn die Ägypter verkauften ein jeder seinen Acker, weil die Hungersnot schwer auf ihnen lag. Und so wurde das Land das Eigentum des Pharao: Er machte das Volk leibeigen von einem Ende Ägyptens bis ans andere. Ausgenommen war nur das Feld der Priester, das kaufte er nicht, denn es war vom Pharao für die Priester bestimmt, daß sie sich davon ernähren sollten; darum brauchten sie ihr Feld nicht zu verkaufen.

Da sprach Joseph zu dem Volk: „Siehe, ich habe heute euch und euer Feld gekauft für den Pharao. Siehe, da habt ihr Korn zur Saat, und nun besät das Feld. Aber von der Ernte sollt ihr ein Fünftel dem Pharao geben: vier Teile sollen euer sein, um das Feld zu besäen und zu eurer Speise und für eure Familien und eure Kinder!“

Sie sprachen: „Du hast uns am Leben erhalten. Laß uns nur Gnade finden vor dir, unserem Herrn, dann wollen wir dem Pharao gerne leibeigen sein!“ So machte es Joseph zum Gesetz bis auf diesen Tag, daß ein Fünftel vom Ertrag des Feldes dem Pharao zu geben ist, ausgenommen das Feld der Priester (Gen 37,13-26) [Hier spiegeln sich die sozialen Verhältnisse in Ägypten, während im späteren Israel das Land nur Gott gehörte und an sich nicht verkauft werden durfte].

 

Jakobs letzter Wunsch:

So wohnte Jakob in Ägypten im Lande Gosen. Sie hatten das Land inne und wuchsen und vermehrten sich sehr. Jakob lebte siebzehn Jahre in Ägypten, so daß sein ganzes Alter hundertsiebenundvierzig Jahre war. Als nun die Zeit herbeikam, daß Jakob sterben sollte, rief er seinen Sohn Joseph und sprach zu ihm: „Habe ich Gnade vor dir gefunden, so lege deine Hand unter meine Hüfte und schwöre mir, daß du mir die Liebe und Treue antust und begräbst mich nicht in Ägypten, sondern ich will liegen bei meinen Vätern, und du sollst mich aus Ägypten führen und in ihrem Begräbnis begraben!“ Er sprach: „Ich will tun, wie du gesagt hast!“ Jakob aber sprach: „So schwöre mir“ Und er schwur es ihm. Da neigte sich Jakob anbetend über das Kopfende des Bettes (Gen 47,27-31).

 

Jakobs Segen über seine Söhne:

Danach wurde Joseph gesagt: „Siehe, dein Vater ist krank!“ Und er nahm mit sich seine beiden Söhne, Manasse und Ephraim. Da wurde es Jakob angesagt: „Siehe, dein Sohn Joseph kommt zu dir!“ Da machte sich Jakob stark und setzte sich auf im Bett und sprach zu Joseph: „Der allmächtige Gott erschien mir zu Lus im Lande Kanaan und segnete mich und sprach zu mir: Siehe, ich will dich wachsen lassen und mehren und will dich zu einer Menge von Völkern machen und will dies Land zu eigen geben deinen Nachkommen für alle Zeit. So sollen nun deine zwei Söhne Ephraim und Manasse, die dir geboren wurden in Ägypten, mein sein gleich wie Ruben und Simeon. Die du aber nach ihnen zeugest, sollen dein sein und genannt werden nach dem Namen ihrer Brüder in ihrem Erbteil. Als ich aus Mesopotamien kam, starb mir Rahel im Lande Kanaan auf dem Weg bei Ephrath. Ich begrub sie dort an dem Weg nach Ephrath, das nun Bethlehem heißt!“

Jakob sah die Söhne Josephs an und sprach: „Wer sind die?“ Joseph antwortete seinem Vater: „Es sind meine Söhne, die mir Gott hier gegeben hat!“ Er sprach: „Bringe sie her zu mir, daß ich sie segne!“ Denn die Augen Jakobs waren schwach geworden vor Alter, und er konnte nicht gut sehen. Joseph er brachte die Söhne zu ihm. Er aber küßte sie und herzte sie und sprach zu Joseph: „Siehe, ich habe dein Angesicht gesehen, was ich nicht gedacht hätte, und siehe, Gott hat mich auch deine Söhne sehen lassen!

Joseph nahm sie von seinem Schoß und verneigte sich vor ihm zur Erde. Dann nahm Joseph beide, Ephraim an seine rechte Hand gegenüber Jakobs linker Hand und Manasse an seine linke Hand gegenüber Jakobs rechter Hand, und brachte sie zu ihm. Aber Jakob streckte seine rechte Hand aus und legte sie auf das Haupt Ephraims und seine linke Hand auf Manasses Haupt und kreuzte seine Hände, obwohl Manasse der Erstgeborene war.

Jakob segnete Joseph und sprach: „Der Gott, vor dem meine Väter, Abraham und Isaak, ihr Leben geführt haben, der Gott, der mein Hirte gewesen ist mein Leben lang bis auf diesen Tag, der segne diese Jungen, daß durch sie der Namenmeiner Väter Abraham und Isaak fortlebe, daß sie wachsen und viel werden auf der Erde!“

 

Als aber Joseph sah, daß sein Vater die rechte Hand auf Ephraims Haupt legte, mißfiel es ihm, und er faßte seines Vaters Hand, daß er sie von Ephraim Haupt auf Manasses Haupt wendete, und sprach zu ihm: „Nicht so, mein Vater; dieser ist der Erstgeborene, lege deine rechte Hand auf sein Haupt!“ Aber sein Vater weigerte sich und sprach: „Ich weiß wohl, mein Sohn, ich weiß wohl. Dieser soll auch ein Volk werden und wird groß sein. Aber sein jüngerer Bruder wird größer als er werden, und seine Nachkommen werden ein großes Volk werden!“ So segnete er sie an diesem Tag und sprach: „Wer in Israel will jemand segnen, der sage: Gott mache dich wie Ephraim und Manasse!“ So zog er Ephraim dem Manasse vor.

Und Jakob sprach zu Joseph: „Siehe, ich sterbe. Aber Gott wird mit euch sein und wird euch wiederbringen in das Land eurer Väter. Ich gebe dir ein Stück Land vor deinen Brüdern, das ich mit Schwert und Bogen aus der Hand der Amoriter genommen habe [Hier spiegelt sich eine gewisse Rivalität zwischen den späteren Stämmen Ephraim und Manasse, die zusammen das „Haus Joseph“ bilden].

Jako rief auch seine anderen „Söhne und sprach: Versammelt euch, daß ich euch verkündige, was euch begegnen wird in künftigen Zeiten!“ Alle zwölf Stämme Israels wurden gesegnet mit einem besonderen Segen (Jetzt folgen Segenssprüche für jeden Stamm, die aber viele bisher unbekannte Einzelheiten nennen und eine eigene Sammlung darstellen) (Gen 48,1 - 49,28, Kapitel 49 sehr stark gekürzt).

 

Jakobs Tod und Bestattung:

Jakob sprach: „Ich werde versammelt zu meinem Volk. Begrabt mich bei meinen Vätern in der Höhle auf dem Acker des Hethiters Ephrons, in der Höhle Machpela, die gegenüber von Mamre liegt, im Lande Kanaan, die Abraham kaufte zum Erbbegräbnis. Dort haben sie Abraham und seine Frau Sara begraben. Dort sie auch Isaak begraben und seine Frau Rebekka. Dort habe ich auch Lea begraben!“ Als Jakob dies Gebot an seine Kinder vollendet hatte, tat er seine Füße zusammen auf dem Bett und verschied und wurde versammelt zu seinen Vätern

Da warf sich Joseph über seines Vaters Angesicht und weinte über ihn und küßte ihn. Dann befahl er den Ärzten, daß sie seinen Vater zum Begräbnis salbten. Und die Ärzte salbten Jakob, bis vierzig Tage um waren, denn so lange dauern die Tage die Salbung. Auch die Ägypter beweinten ihn siebzig Tage.

Als nun die Trauertage um waren, redete Joseph mit den Leuten des Pharao und sprach: „Habe ich Gnade vor euch gefunden, so redet mit Pharao und sprecht: Mein Vater hat einen Eid von mir genommen und gesagt: Begrabe mich in meinem Grabe, das ich mir im Lande Kanaan gegraben habe. So will ich nun hinaufziehen und meinen Vater begraben und wiederkommen!“ Der Pharao sprach: „Zieh hinauf und begrabe deinen Vater, wie du ihm geschworen hast!“

So zog Joseph hinauf, seinen Vater zu begraben. Und es zogen mit ihm alle Großen des Pharao, die Ältesten seines Hofstaats und alle Ältesten des Landes Ägypten, dazu die Helfer Josephs und seine Brüder und die Helfer seines Vaters. Nur ihre Kinder, Schafe und Ochsen ließen sie im Lande Gosen.

Es zogen mit ihm hinauf Wagen und Gespanne, ein sehr großes Heer. Als sie nun jenseits des Jordans kamen, da hielten sie eine sehr große und feierliche Klage. Joseph hielt sieben Tage Totenklage über seinen Vater. Jakobs Söhne taten, wie er ihnen befohlen hatte, und führten ihn ins Land Kanaan und begruben ihn in der Höhle Machpela, die Abraham kauft hatte mit dem Acker zum Erbbegräbnis von dem Hethiter Ephron, gegenüber von Mamre. Als sie ihn nun begraben hatten, zog Joseph mit seinen Brüdern wieder nach Ägypten und mit allen, die mit ihm hinaufgezogen waren, seinen Vater zu begraben (Gen 49, 29 - 50,14).

 

Josephs Tod:

Die Brüder aber Josephs fürchteten sich, als ihr Vater gestorben war, und sprachen: „Joseph könnte uns gram sein und uns alle Bosheit vergelten, die wir an ihm getan haben!“ Darum ließen sie ihm sagen: „Dein Vater befahl vor seinem Tod und sprach: So sollt ihr Joseph sagen: Vergib doch deinen Brüdern die Missetat und ihre Sünde, daß sie so übel an dir getan haben. So vergib doch nun diese Missetat uns, den Dienern des Gottes deines Vaters!“ Aber Joseph weinte, als sie das mit ihm redeten. Seine Brüder gingen hin und fielen vor ihm nieder und sprachen: „Siehe, wir sind deine Diener!“

Joseph sprach zu ihnen: „Fürchtet euch nicht. Stehe ich denn an Gottes Stelle? Ihr gedachtet es böse mit mir zu machen. Aber Gott gedachte es gut zu machen, um das zu tun, was jetzt am Tage ist, nämlich am Leben zu erhalten ein großes Volk. So fürchtet euch nun nicht: Ich will euch versorgen und eure Kinder!“ Und er tröstete sie und redete freundlich mit ihnen. So wohnte Joseph in Ägypten mit seines Vaters Haus und lebte hundertundzehn Jahre und sah Ephraims Kinder bis ins dritte Glied. Als dann Manasses Sohn Machir auch Söhne geboren wurden, wurden sie dem Stamm Josephs zugerechnet.

Eines Tages sprach Joseph zu seinen Brüdern: „Ich sterbe, und Gott wird euch begegnen und aus diesem Lande führen in das Land, das er Abraham, Isaak und Jakob zu geben geschworen hat!“ Darum nahm er einen Eid von den Brüdern und sprach: „Wenn euch Gott heimführen wird, so führt meine Gebeine mit euch!“ So starb Joseph, als er hundertundzehn Jahre alt war. Und sie salbten ihn und legten ihn in einen Sarg in Ägypten (Gen 50,15-26).

 

 

 

 

Erzählungen vom Anfang der Welt

 

[Die letzte Stufe der Glaubensentwicklung Israels war dann, daß man auch noch hinter die Erzväter zurückgehen wollte. Hier stellte sich dann die Frage nach dem Ursprung der Welt. Der Gott, den man bisher in der Geschichte als Helfer erlebt hatte, der mußte auch der Schöpfer der Welt sein. Diesen Glaubenssatz hat man dann in anschauliche Geschichten verpackt, in denen das „Wissen“ der damaligen Zeit verwendet wurde.

Die Bibel enthält im Buch Genesis zwei Schöpfungsberichte, die von unterschiedlichen Autorengruppen in unterschiedlichen Zeiten verfaßt wurden. Der ältere wurde wohl vor etwa 3000 Jahren von dem so genannten Jahwisten geschaffen, der zweite im 6. Jahrhundert vCh von Priestern während des babylonischen Exils. . Beide biblischen Schöpfungsberichte wollen bestimmte Aussagen über die Beschaffenheit der Welt und des Menschen machen und wurden deshalb beide – ohne Rücksicht auf die offensichtlichen Widersprüche – von späteren Bearbeitern hintereinander an den Anfang der Bibel gestellt.

Die erste Schöpfungserzählung knüpft an Weltentstehungsmythen in Israels antiker Umwelt (vor allem das babylonische Gilgamesch-Epos) an, grenzt sich aber auch deutlich gegen mythische Vorstellungen (zum Beispiel die Sterngötter Babyloniens) ab. Das kleine Israel war ja umgeben von den großen Kulturvölkern der Babylonier und Ägypter, die unter anderem auch die Gestirne und die Elemente als Götter verehrten. Im Gegensatz zu den verbreiteten Ansichten der meisten polytheistischen Religionen jener Zeit, wonach diese durch göttliche Zeugungen entstanden, lehrt die Bibel, daß alles durch das Wort Gottes erschaffen wurde.

Die Erzählung läßt Gott das Licht, die Himmelsfeste, die bewohnbare Erde, darauf die Gestirne, Pflanzen, verschiedene Tierarten und schließlich den Menschen in sechs Tagen erschaffen, mit einem folgenden siebenten Tag der Ruhe. Die Darstellung entspricht nicht den modernen naturwissenschaftlichen Theorien über die Entstehung des Universums, der Erde, der Lebewesen und des Menschen, also den Theorien vom Urknall und von der Entstehung der Galaxien, Sonnensysteme und Planeten einschließlich der Erde. Dazu kommen die Theorien von der Evolution, der Erdgeschichte, in der Geologie und der Paläontologie.

Die biblischen Schöpfungserzählungen sind jedoch nicht als „naturwissenschaftliche“ Abhandlungen zu verstehen und wollen gar kein „historisches“ Bild der Weltentstehung abliefern. Aus diesem Grunde sind Schöpfungsgeschichte und Naturwissenschaft grundsätzlich unvergleichbar. Heute gehen viele Christen davon aus, daß die Schöpfungserzählungen keine naturwissenschaftlichen Theorien aufstellen wollten, sondern die Absicht hätten, theologische Aussagen über Gott, den Menschen und die Welt zu machen. Die Schöpfungserzählungen sind nicht als naturwissenschaftliche Beschreibung zu verstehen, sondern als Beschreibung der Aufgaben des Menschen in seiner Welt, die ihm nicht gehört.

Das Licht wurde vor der Sonne geschaffen. Die Entstehung der Pflanzen erfolgt vor der Schöpfung der Gestirne. Die Sonne und andere Gestirne werden nicht als Quelle des Lichts angesehen. Die unmittelbare Anschauung legt ja auch nahe, daß das Licht nicht bloß von der Sonne kommt, denn tagsüber ist der ganze „Himmel“ hell, selbst wenn die Sonne gar nicht sichtbar ist. Die beiden größten Gestirne (Sonne und Mond) sind nur „zur Beherrschung“ von Tag und Nacht gemacht. Bei den Babyloniern war die Erschaffung von Sonne, Mond und Sternen der erste Schritt der Schöpfung. Aber Israel sagt: Die traten erst am vierten Tag auf, und sie sind keine Götter, sondern Geschöpfe Gottes und sie bestimmen nur über Tag und Nacht und über den Kalender.

Die Quelle des Lichts vor der Entstehung der Himmelskörper ist dabei nicht das Thema, ebensowenig wie die Quelle der Existenz Gottes selbst. Gott ist da. Er setzt den Anfang von Welt und Zeit. Die Vorgeschichte der Welt schmilzt in den kurzen Satz „Die Erde war wüst und leer “ zusammen („Tohuwabohu“).

In Abgrenzung zu der Vielgötterwelt der Babylonier wird die Einzigartigkeit Gottes Jahwe herausgestellt, der Herr über die gesamte Schöpfung ist. In der babylonischen Verbannung wollte man der Versuchung der scheinbar siegreichen Religion Babylons mit seinen prunkvollen Festen widerstehen und so einen Zusammenhalt für das Volk finden und festigen.

 

Die Schöpfung:

Am Anfang schuf Gott Himmel und Erde. Und die Erde war wüst und leer, und es war finster auf der Tiefe, und der Geist Gottes schwebte auf dem Wasser. Und Gott sprach: „Es werde Licht!“ Und es ward Licht. Und Gott sah, daß das Licht gut war. Da schied Gott das Licht von der Finsternis und nannte das Licht „Tag“ und die Finsternis „Nacht“. Da ward aus Abend und Morgen der erste Tag.

Und Gott sprach: „Es werde eine feste Wand zwischen den Wassern, und die da scheide zwischen den Wassern!“ Da machte Gott die feste Wand und schied das Wasser unter der Wand von dem Wasser über der Wand. Und es geschah so. Und Gott nannte die Wand „Himmel“. Da ward aus Abend und Morgen der zweite Tag.

Und Gott sprach: „Es sammle sich das Wasser unter dem Himmel an besondere Orte, daß man das Trockene sehe!“ Und es geschah so. Und Gott nannte das Trockene „Erde“, und die Sammlung der Wasser nannte er „Meer“. Und Gott sah, daß es gut war.

Und Gott sprach: „Es lasse die Erde aufgehen Gras und Kraut, das Samen bringe, und frucht­bare Bäume auf der Erde, die ein jeder nach seiner Art Frucht tragen, in denen ihr Same ist!“ Und die Erde ließ aufgehen Gras und Kraut und fruchtbare Bäume. Und Gott sah, daß es gut war. Da ward aus Abend und Morgen der dritte Tag.

Und Gott sprach: „Es werden Lichter am Himmel, die da scheiden Tag und Nacht und geben Zeichen, Zeiten, Tage und Jahre, und seien Lichter am Himmels, daß sie scheinen auf Erden. Und es geschah so. Und Gott machte zwei große Lichter: ein großes Licht, das den Tag regiere, und ein kleines Licht, das die Nacht regiere, dazu auch die Sterne. Und Gott setzte sie an die Feste des Himmels, daß sie schienen auf die Erde und den Tag und die Nacht regierten und schieden Licht und Finsternis. Und Gott sah, daß es gut war. Da ward aus Abend und Morgen der vierte Tag.

Und Gott sprach: „Es wimmle das Wasser von lebendigen Tieren, und Vögel sollen fliegen auf der Erde unter dem Himmel. Und Gott schuf große Wale („Walfische“ als Symbol für Meeresungeheuer) und allerlei Tiere, von denen es im Wasser wimmelt, ein jedes nach seiner Art, und allerlei Vögel, ein jedes nach seiner Art. Und Gott sah, daß es gut war. Und Gott segnete sie und sprach: „Seid fruchtbar und mehrt euch und erfüllt das Wasser im Meer und die Vögel sollen sich vermehren auf der Erde Da ward aus Abend und Morgen der fünfte Tag.

Und Gott sprach: „Die Erde bringe hervor lebendige Tiere, ein jedes nach seiner Art: Vieh, Würmer und Tiere des Feldes, ein jedes nach seiner Art. Und es geschah so. Und Gott machte die Tiere des Feldes, ein jedes nach seiner Art, und das Vieh nach seiner Art, und allerlei Würmer im Erdboden nach seiner Art. Und Gott sah, daß es gut war.

Und Gott sprach: „Laßt uns Menschen machen, ein Bild, das uns gleich sei, die da herrschen über die Fische im Meer und über die Vögel unter dem Himmel und über das Vieh und über alle Tiere des Feldes und über alle Würmer, die auf der Erde kriechen!“

Und Gott schuf den Menschen ihm zum Bilde, zum Bilde Gottes schuf er ihn. Und er schuf sie als Mann und Frau. Und Gott segnete sie und sprach zu ihnen: „Seid fruchtbar und vermehrt euch und füllt die Erde und macht sie euch untertan und herrscht über die Fische im Meer und über die Vögel unter dem Himmel und über alle Tiere, die auf der Erde kriechen!“

[Dieser Herrschaftsauftrag an den Menschen über die Natur wird oft mißverstanden. Das klingt für in der Demokratie aufgewachsene Menschen nach „tyrannisieren“. In der altorientalischen Literatur bedeutet „herrschen“ auch immer „behüten“ oder „in Ordnung“ halten. Der Mensch wird also als eine Art „Gärtner“ in den Garten Eden eingesetzt].

 

Und Gott sprach weiter: „Ich habe euch gegeben alle Pflanzen, die Samen bringen und alle fruchtbaren Bäume zu eurer Speise. Auch allen Tieren auf der Erde und allen Vögeln unter dem Himmel und allen Würmern habe alles grünes Kraut zur Nahrung gegeben. Und es geschah so. Und Gott sah alles an, was er gemacht hatte, und siehe da, es war sehr gut. Da ward aus Abend und Morgen der sechste Tag.

So wurden vollendet Himmel und Erde und alles andere. Und so vollendete Gott am siebten Tag seine Werke, die er gemacht hatte, und ruhte am siebenten Tage von allen seinen Werken, die er machte. Und Gott segnete den siebten Tag und heiligte ihn, weil er an ihm geruht hatte von allen seinen Werken. So sind Himmel und Erde geworden, als sie geschaffen wurden (Gen 1,1- 2,4).

 

 

Die zweite Schöpfungserzählung:

[Die Erzählung vom Garten Eden gibt eine andere Lesart der Schöpfung wieder. Eine Übereinstimmung mit naturwissenschaftlichen Erkenntnissen über die Entstehung der Arten ist dabei selbstverständlich nicht zu erkennen. Die Erzählung ist allein theologisch begreifbar: Gott formt den Menschen aus Erde des Ackerbodens. Das heißt: Der Mensch ist aus demselben Stoff erschaffen wie seine Umwelt. Er ist kein Gott, er hat sich nicht selbst gemacht, er ist begrenzt. Alle Menschen entstammen der Erde, jenseits aller Geschichte, Kasten, Rassen und Kultur.

Aber der Grundstoff Erde wird aber erst richtig zum Menschen, indem ihm Gott seinen Atem (= seinen Geist) in die Nase bläst. Gott tritt also mit dem Menschen in seine Schöpfung hinein. In ihm berühren sich Himmel und Erde. Dann versucht Gott, dem Menschen einen passenden Gefährten zu schaffen. Von den Tieren kann niemand die Ansprüche des Menschen erfüllen. Damit findet eine Abgrenzung zum Tierkult der heidnischen Umgebung Israels statt. Das Tier wird unter den Menschen gestellt. Gott wendet nun eine List an, versetzt Adam in den Schlaf und entnimmt ihm eine Rippe. Aus dieser Rippe formt Gott eine Frau namens Eva. Dabei wird klar, Mann und Frau sind wesensgleich. Das war in der damaligen orientalischen Welt eine kleine Revolution.

Dieser von Gott geschaffene Mensch kann sich auch in einer freien Entscheidung gegen Gott stellen. Das wird mit dem Begriff „Sünde“ umschrieben. Der Mensch will mehr vom Leben, mehr Freiheit, mehr Lust. Er entwickelt eine wahre Gier, setzt sich hinweg über die gottgegebenen Gesetze der Natur, über jegliche vorgegebene Ordnung und hält allein sich für das Maß aller Dinge.

Diese theologische Aussage wird mit der Erzählung vom Sündenfall gemacht. Die Schlange war dabei ein heiliges Tier in dem blühenden Kult der Kanaaniter. Sie wurde hochaufgerichtet dargestellt und stand für Fruchtbarkeit und Leben. Sie wird in die Schöpfungserzählung zurückverlegt, in ihr schimmert die Religion der Bewohner Kanaan mit durch. Wer sich der Schlange zuwendet, verfällt dem Verderben, wie die ersten Menschen im Paradies.

Die Schlange verspricht den beiden einen noch größeren Reiz. Sie sollen vom Baum der Erkenntnis eine Frucht essen. Der Baum ist in den auch damals schon staubtrockenen Gebieten des Orients ein Bild für Wasser, Schatten, Leben schlechthin. An diesem Lebensbaum wachsen Früchte, die für die Beiden, die nun schon im Paradies leben, eine noch größere Machtsteigerung bedeuten. Vielleicht endlich gleich sein wie Gott. Das Ende der Geschichte ist bekannt. Sie fühlen sich nach dem Sündenfall „arom“ (nackt, arm, unwissend ohnmächtig geworden). Die Schlange hatte ihnen aber versprochen, daß sie „arum“ das heißt. klug, wissend, mächtig werden.

Gott verstößt nun Adam und Eva aus dem Paradiesgarten mit dem Erkenntnisbaum. Sie werden bestraft, die Kräfte der Natur stellen sich von nun an gegen den Menschen. Alles was sie tun ist endlich und oft nur unter Qualen und Mühen erreichbar. Leid und Schmerz haben nun ihren Platz im Menschenleben gefunden. Gleichzeitig verflucht Gott die Schlange, die fortan als Symbol für das Böse dienen wird].

 

Es war zu der Zeit, da Gott der Herr Erde und Himmel machte. Alle Sträucher auf dem Feld waren noch nicht auf der Erde, und alles Kraut auf dem Feld war noch nicht gewachsen, denn Gott der Herr hatte noch nicht regnen lassen auf Erden. Und es war kein Mensch, der das Land bebaute. Aber ein Nebel stieg auf von der Erde und feuchtete alles Land. Da machte Gott der Herr den Menschen aus Erde vom Acker, uns blies ihm ein den Atem des Lebens seine Nase. So wurde der Mensch ein lebendiges Wesen. Und Gott der Herr pflanzte einen Garten in Eden gegen Osten hin.

Und Gott der Herr ließ aufwachsen aus der Erde allerlei Bäume, verlockend anzusehen und gut zu essen, und den Baum des Lebens mitten im Garten und den Baum der Erkenntnis des Guten und Bösen (Es folgt nun eine Schilderung der vier Paradiesströme, die den Reichtum an Wasser darstellen).

Und Gott der Herr nahm den Menschen und setzte ihn in den Garten Eden, daß er ihn bebaute und bewahrte. Und Gott der Herr gebot dem Menschen und sprach: „Du darfst essen von allen Bäumen im Garten. Aber von dem Baum der Erkenntnis des Guten und des Bösen darfst du nicht essen, denn an dem Tag, an dem du davon ißt, wirst du des Todes sterben!“

Und Gott der Herr sprach: „Es ist nicht gut, daß der Mensch allein sei, ich will ihm eine Partnerin machen, die um ihn sei und zu ihm paßt. Und Gott der Herr machte aus Erde alle Tiere auf dem Feld und alle Vögel unter dem Himmel und brachte er sie zu dem Menschen, daß er sähe, wie er sie nennte; denn der wie Mensch jedes Tier nennen würde, so sollte es heißen.

Und der Mensch gab einem jeden Vieh und Vogel unter dem Himmel und Tier auf dem Feld seinen Namen.

Aber für den Menschen wurde keine Partnerin gefunden, die um ihn wäre. Da ließ Gott der Herr einen tiefen Schlaf auf den Menschen fallen, und er schlief ein. Und er nahm eine seiner Rippen und schloß die Stätte zu mit Fleisch. Und Gott der Herr baute ein Weib aus der Rippe, die er von dem Menschen nahm, und brachte sie zu ihm.

Da sprach der Mensch: „Das sind doch Knochen aus meine Knochen und das ist doch Fleisch von meinem Fleisch. Man wird sie „Männin“ nennen, weil sie vom Mann genommen ist [Im Hebräischen liegt hier ein Wortspiel vor, denn „isch“ heißt der Mann und „ischah“ heißt die Frau]. Darum wird ein Mann Vater und Mutter verlassen und an seiner Frau hängen, und sie werden sein ein Fleisch. und sie waren beide nackt, der Mensch und seien Partnerin, und schämten sich nicht Gen 2,4-25).

 

Der Anfang der Sünde:

Die Schlange war listiger als alle Tiere auf dem Feld, die Gott der Herr gemacht hatte, und sprach zu der Frau: „Ja, sollte Gott gesagt haben: Ihr sollt nicht essen von allen Bäumen im Garten?“ Da sprach die Frau zu der Schlange: „Wir essen von den Früchten der Bäume im Garten. Aber von den Früchten des Baumes mitten im Garten hat Gott gesagt: Eßt nicht davon, rührt sie auch nicht an, daß ihr nicht sterbt!“

Da sprach die Schlange zur Frau: „Ihr werdet keineswegs des Todes sterben. Sondern Gott weiß: An dem Tag, an dem ihr davon eßt, werden eure Augen aufgetan, und werdet sein wie Gott und wissen, was gut und böse ist!“ Die Frau sah, daß von dem Baum gut zu essen wäre und daß er eine Lust für die Augen wäre und verlockend, weil er klug machte. Und sie nahm von der Frucht und aß und gab ihrem Mann auch davon, und er aß. Da wurden ihnen beide Augen aufgetan, und sie bemerkten, daß sie nackt waren, und flochten Feigenblätter zusammen und machten sich Schürzen.

Da hörten sie Gott den Herrn, wie er im Garten ging, als der Tag kühl geworden war. Und Adam versteckte sich mit seiner Frau vor dem Angesicht Gottes des Herrn unter den Bäumen im Garten. Und Gott der Herr rief Adam und sprach zu ihm: „Wo bist du?“ Er sprach: „Ich hörte deine Stimme im Garten und fürchtete mich, denn ich bin nackt, darum versteckte ich mich!“ Gott sprach: „Wer hat dir gesagt, daß du nackt bist? Hast du nicht gegessen von dem Baum, von dem ich dir verbot, davon zu essen?“ Da sprach Adam: „Die Frau, das du mir als Partnerin gegeben hast, gab mir von dem Baum, und ich aß!“ Da sprach Gott der Herr zur Frau: „Warum hast du das getan?“ Die Frau sprach: „Die Schlange betrog mich, so daß ich aß!“

Da sprach Gott der Herr zu der Schlange: „Weil du das getan hast, seist du verflucht, verstoßen aus allem Vieh und vor allen Tieren auf dem Feld. Auf deinem Bauch sollst du kriechen und Erde fressen dein Leben lang. Ich will Feindschaft setzen zwischen dir und der Frau und zwischen deinem Nachkommen und ihrem Nachkommen. Dieser soll dir den Kopf zertreten, und du wirst ihn in die Ferse stechen!“

Zur Frau sprach er: „Ich will dir viel Mühsal verschaffen, wenn du schwanger wirst. Du sollst unter Mühen die Kinder gebären. Und dein Verlangen soll nach deinem Mann sein, aber er soll dein Herr sein!“ Zu Adam sprach er: „Weil du der Stimme deiner Frau gehorcht hast und hast gegessen von dem Baum, von dem ich dir gesagt hatte: Du sollst nicht davon essen! Verflucht sei der Acker um deinetwillen. Mit Mühsal sollst du dich von ihm nähren dein Leben lang. Dornen und Disteln soll er dir tragen, und du sollst das Kraut auf dem Feld essen. Im Schweiße deines Angesichts sollst du dein Brot essen, bis daß du wieder zu Erde werdest, davon du genommen bist. Denn du bist Erde und sollst zu Erde werden!“ Und Adam nannte seine Frau „Eva“, denn sie wurde die Mutter aller Lebenden. Gott der Herr machte Adam und seiner Frau Röcke von Fellen und zog sie ihnen an.

Und Gott der Herr sprach: „Siehe, der Mensch ist geworden wie ich und weiß, was gut und böse ist. Aber er soll nicht seine Hand ausstrecken und auch noch eine Frucht abbrechen von dem Baum des Lebens und davon essen und in Ewigkeit leben!“ Deshalb wies ihn Gott der Herr aus dem Garten Eden, daß er die Erde bebaute, von der er genommen ist. Er trieb die Menschen hinaus und ließ lagern vor den Garten Eden die Gottesboten („Cherubim“) mit dem flammenden Schwert, um zu bewachen den Weg zu dem Baum des Lebens (Gen 3).

 

Kain erschlägt seinen Bruder Abel:

Adam machte Liebe mit seiner Frau Eva und sie wurde schwanger und gebar den Kain und sprach: „Ich habe einen Mann gewonnen mit Hilfe des Herrn!“ Danach gebar sie Abel, seinen Bruder. Abel wurde ein Schäfer, Kain aber wurde ein Ackermann. Nach einiger Zeit brachte Kain dem Herrn Opfer von den Früchten des Feldes. Und Abel brachte auch von den Erstgeborenen seiner Herde und von ihrem Fett. Der Herr sah gnädig an Abel und sein Opfer, aber Kain und sein Opfer sah er nicht gnädig an.

Da wurde Kain sehr zornig und er senkte finster seinen Blick. Da sprach der Herr zu Kain: „Warum bist du zornig? Und warum senkst du deinen Blick? Ist es nicht also: Wenn du fromm bist, so kannst du frei den Blick erheben. Bist du aber nicht fromm, so lauert die Sünde vor der Tür, und nach dir hat sie Verlangen. Du aber herrsche über sie“

Da sprach Kain zu seinem Bruder Abel: „Laß uns aufs Feld gehen!“ Als sie auf dem Feld waren, hob Kain seine Hand gegen seinen Bruder Abel und schlug ihn tot. Da sprach der Herr zu Kain: „Wo ist dein Bruder Abel?“ Er sprach: „Ich weiß nicht! Soll ich meines Bruders Hüter sein?“ Gott aber sprach: „Was hast du getan? Die Stimme des Bluts deines Bruders schreit zu mir von der Erde. Verflucht seist du auf der Erde, die ihr Maul hat aufgetan hat und deines Bruders Blut von deinen Händen empfangen. Wenn du den Acker bebauen wirst, soll er dir in Zukunft seinen Ertrag nicht geben. Unruhig und flüchtig sollst du sein auf Erden!“

Kain aber sprach zu dem Herrn: „Meine Strafe ist zu schwer, als daß sie tragen könnte. Du treibst mich heute von dem Acker, und ich muß mich vor deinem Angesicht verbergen und muß unruhig und flüchtig sein auf der Erde. Es wird mir so ergehen, daß mich totschlägt, wer mich findet!“ Aber der Herr sprach zu ihm: „Nein, sondern wer Kain totschlägt, das soll siebenfach gerächt werden!“ Und der Herr machte ein Zeichen an Kain, daß ihn niemand erschlüge, wer ihn fände.

So ging Kain hinweg von dem Angesicht des Herrn und wohnte im Lande Nod, im Osten jenseits von Eden. Kain machte Liebe mit seiner Frau. Sie wurde schwanger und gebar den Henoch. Und er baute eine Stadt, die nannte er nach dem Namen seines Sohnes Henoch (Der Ursprung der weiteren Menschen bleibt unklar. Es folgen nun die Namen der Nachkommen Henochs). Adam machte noch einmal Liebe mit seiner Frau und sie gebar einen Sohn, den hieß sie Seth, denn Gott hat mir, sprach sie, einen andern Sohn gegeben für Abel, den Kain getötet hat (Gen 4).

(Es folgen nun die Nachkommen Adams bis zu Noah und seinen Söhnen Sem, Ham und Japhet, den Stammvätern der Semiten, Hamiten und Japhetiten, Gen 5).

 

Gottessöhne und Menschentöchter:

Als sich aber die Menschen auf der Erde sich zu vermehren begannen und ihnen Töchter geboren wurden, da sahen die Göttersöhne nach den Töchtern der Menschen, wie sie schön waren, und nahmen zu Frauen, welche sie wollten. Da sprach der Gott Herr: „Mein Geist soll nicht immer im Menschen wirken. Ich will ihnen hundertundzwanzig Jahre als Lebenszeit geben!“ Zu der Zeit und auch später noch, als die Göttersöhne mit den Töchtern der Menschen Kinder hatten, wurden daraus die Riesen auf der Erde, die hochberühmten Helden der Vorzeit (Gen 6,1-4)[Hier ist in der Bibel ein Stück alter Religion enthalten, mit vielen Göttern, die sich mit den Menschen vermischen wie in der griechischen Religion. Dies wird im Folgenden angesehen als Wachsen der Bosheit der Menschen].

 

Ankündigung der großen Flut („Sintflut“):

Als aber der Herr sah, daß der Menschen Bosheit groß war auf der Erde und alles Dichten und Trachten ihres Herzens ständig nur böse war, da reute es ihn, daß er die Menschen gemacht hatte auf der Erde, und es bekümmerte ihn in seinem Herzen, und er sprach: „Ich will die Menschen, die ich gemacht habe, von der Erde vertilgen, vom Menschen an bis zum Vieh und bis zu den Würmern und bis zu den Vögeln unter dem Himmel. Denn es reut mich, daß ich sie gemacht habe!“

Aber Noah fand Gnade vor dem Herrn. Er war ein frommer Mann und ohne Tadel zu seinen Zeiten und lebte mit Gott. Aber die Erde war verderbt vor Gottes Augen und voller Frevel. Da sah Gott auf die Erde, und siehe, sie war verderbt, denn alle Menschen hatten ihren Weg verderbt auf der Erde. Da sprach Gott zu Noah: „Ich habe das Ende aller Menschen beschlossen, denn die Erde ist voller Frevel. Ich will sie verderben zusammen mit der Erde. Du aber mache dir einen Kasten von Tannenholz („Arche“) und mache Kammern hinein und bestreiche ihn mit Pech innen und außen. Er soll hundertfünfzig Meter lang sein, fünfundzwanzig Meter breit und fünfzehn Meter hoch. Ein Fenster sollst du oben drauf machen, fünfzig Zentimeter groß. Die Tür sollst du mitten an die Seite setzen. Er soll drei Boden haben: einen unten, den andern in der Mitte, den dritten in der Höhe!“

Gott begründet seinen Befehl: „Ich will eine große Wasserflut kommen lassen auf die Erde, um alle Menschen unter dem Himmel zu verderben. Alles, was auf der Erde ist, soll untergehen. Aber mit dir will ich meinen Bund schließen. Du sollst in den Kasten gehen mit deinen Söhnen, mit deiner Frau und mit den Frauen deiner Söhne. Und du sollst in den Kasten allerlei Tiere tun, je ein Paar, männlich und weiblich, daß sie leben bleiben bei dir, Vögel, Vieh und Würmer. Und du sollst dir von jeder Speise etwas mitnehmen und sollst sie bei dir sammeln, daß sie dir und ihnen zur Nahrung dienen!“ Und Noah tat alles, was ihm Gott gebot (Gen 6,5-22, leicht gekürzt).

 

 

Die große Flut:

Der Herr sprach zu Noah: „Gehe in die Arche, du und deine ganze Familie, denn ich habe gesehen, daß du gerecht bist vor mir. Von allen reinen Tieren nimm zu dir je sieben und sieben, das Männchen und sein Weibchen, von den unreinen Tieren aber nur je ein Paar. Ebenso von den Vögeln unter dem Himmel je sieben und sieben, um das Leben zu erhalten auf der ganzen Erde. Denn von heute an in sieben Tage will ich auf die Erde regnen lassen, vierzig Tage und vierzig Nächte, und alles Lebendige vom Erdboden vertilgen, das ich gemacht habe!“

Noah tat alles, was ihm der Herr gebot. Er ging in den Kasten vor dem Wasser der Sintflut mit seinen Söhnen, seiner Frau und den Frauen seiner Söhne. Von dem reinen Vieh und von dem unreinen, von den Vögeln und von allen Würmern gingen paarweise zu ihm in die Arche, wie ihm Gott geboten hatte. Und der Herr schloß hinter ihm zu.

Als die sieben Tage vergangen waren, kam das Wasser der großen Flut auf die Erde. Noah war im sechshundertsten Jahre alt, am siebzehnten Tage des zweiten Monats, als alle Brunnen der großen Tiefe aufbrachen und sich die Fenster des Himmels auftaten, und es kam ein Regen auf die Erde vierzig Tage und vierzig Nächte lang. Die Wasser wuchsen und hoben die Arche und trugen ihn empor über die Erde. Das Wasser wuchs so sehr auf der Erde, daß alle hohen Berge unter dem ganzen Himmel bedeckt wurden. Siebeneinhalb Meter hoch ging das Gewässer über die Berge.

Da gingen alle Lebewesen unter, Vögel, Vieh, Tiere, alles was sich regt auf der Erde, und alle Menschen. Allein Noah blieb übrig und was mit ihm in der Arche war. Das Gewässer stand auf der Erde hundertundfünfzig Tage (Gen 7, gekürzt).

[Es mag sein, daß diese Erzählung auf eine tatsächlich stattgefundene Naturkatastrophe zurückgeht, zum Beispiel das Vollaufen des Schwarzen Meeres, verbunden mit viel Regen. Allerdings gab es keine weltweite Überschwemmung. Die Erzählung ist auch in den Mythen anderer Völker überliefert und wurde möglicherweise von den Sumerern übernommen und als Erzählung über den Bund Gottes mit dem Menschen umformuliert].

 

Das Ende der großen Flut:

Da dachte Gott an Noah und an alle Tiere und ließ einen Wind auf die Erde kommen. Die Wasser fielen wieder und die Brunnen der Tiefe wurden verstopft samt den Fenstern des Himmels. Der Regen ließ nach und das Gewässer verlief sich von der Erde immer mehr und nahm ab nach hundertfünfzig Tagen. Am siebzehnten Tage des siebenten Monats ließ sich die Arche nieder auf das Gebirge Ararat. Es nahm aber das Wasser immer mehr ab bis zum zehnten Monat, an dessen erstem Tag die Spitzen der Berge hervorsahen.

Nach vierzig Tagen tat Noah das Fenster auf an seiner Arche und ließ einen Raben ausfliegen. Der flog immer hin und wieder her, bis das Gewässer vertrocknete auf der Erde. Danach ließ er eine Taube ausfliegen, um zu erfahren, ob das Wasser sich verlaufen hätte auf der Erde.

Da aber die Taube nichts fand, wo ihr Fuß ruhen konnte, kam sie wieder zu ihm in die Arche, denn das Wasser war noch auf dem ganzen Erdboden. Da streckte er die Hand heraus und nahm sie zu sich in die Arche. Er wartete noch weitere sieben Tage ab und ließ abermals eine Taube fliegen. Die kam am Abend wieder und hatte ein Ölblatt abgebrochen und trug es in ihrem Schnabel.

 

Da merkte Noah, daß die Wasser sich verlaufen hatten auf der Erde. Aber er wartete noch weiter sieben Tage ab und ließ eine Taube ausfliegen; die kam nicht wieder zu ihm. Da tat Noah das Dach von der Arche ab und sah, daß der Erdboden trocken war.

Da redete Gott mit Noah und sprach: „Gehe aus der Arche, du und deine Frau, deine Söhne und die Frauen deiner Söhne. Auch alle Tiere, die bei dir sind, sollen mit dir herausgehen, daß sie sich regen auf der Erde und fruchtbar seien und sich mehren auf der Erde!“ Also ging Noah heraus mit allen anderen. Er baute dem Herrn einen Altar und nahm von allem reinen Vieh und von allem reinen Geflügel und opferte Brandopfer auf dem Altar. Der Herr roch den lieblichen Geruch und sprach in seinem Herzen: „Ich will in Zukunft nicht mehr die Erde verfluchen um der Menschen willen. Denn das Dichten des menschlichen Herzens ist böse von Jugend auf. Solange die Erde steht, soll nicht aufhören Saat und Ernte, Frost und Hitze, Sommer und Winter, Tag und Nacht!“ (Gen 8, gekürzt, weil hier zwei verschiedene Erzählungen ineinander gearbeitet wurden, erkennbar an dem Raben und der Taube).

 

Gottes Bund mit Noah:

Gott segnete Noah und seine Söhne und sprach: „Seid fruchtbar und mehrt euch und erfüllt die Erde. Furcht und Schrecken vor euch komme über alle Tiere auf der Erde und über alle Vögel unter dem Himmel, über alles, was auf dem Erdboden kriecht, und über alle Fische im Meer: In eure Hände seien sie gegeben. Alles, was sich regt und lebt, das sei eure Speise. Wie das grüne Kraut habe ich es euch alles gegeben!“ [Am Beginn der Schöpfung durften die Menschen nur vegetarisch leben, jetzt werden ihnen auch die Tiere als Nahrung gegeben].

Gott macht allerdings eine Ausnahme: „Nur eßt das Fleisch nicht mit seinem Blut, in dem das Leben ist. Auch will ich euer eigenes Blut rächen und will es von allen Tieren fordern und will des Menschen Leben fordern von an einem jedem Menschen. Wer Menschenblut vergießt, dessen Blut soll auch durch Menschen vergossen werden, denn Gott hat den Menschen zu seinem Bilde gemacht. Seid fruchtbar und vermehrt euch und regt euch auf Erden, damit ihr viel darauf werdet!“

Und Gott sagte zu Noah und seinen Söhnen: „Siehe, ich schließe mit euch einen Bund und mit euren Nachkommen nach euch und mit allen Tieren bei euch, die aus der Arche gegangen sind. Ich schließe meinen Bund mit euch, daß in Zukunft kein Lebewesen mehr verderbt werden soll mit dem Wasser der großen Flut. Es soll in Zukunft überhaupt keine große Flut mehr kommen, die die Erde verderbe!“

 Und Gott sprach: „Das ist das Zeichen des Bundes, den ich gemacht habe zwischen mir und euch und allen Lebewesen bei euch hinfort auf ewig: Meinen Bogen habe ich gesetzt in die Wolken. Dieser Regenbogen soll das Zeichen sein des Bundes zwischen mir und der Erde.

Wenn es kommt, daß ich Wolken über die Erde führe, so soll man meinen Bogen sehen in den Wolken. Dann will ich denken an meinen Bund zwischen mir und euch, daß in Zukunft keine Sintflut komme, die alle Lebewesen verderbe. Darum soll mein Bogen in den Wolken sein, daß ich ihn ansehe und denke an den ewigen Bund zwischen Gott und allen Lebewesen, die auf der Erde sind!“.

Noah aber, der Ackermann, pflanzte als erster einen Weinberg. Und als er von dem Wein trank, wurde er betrunken und lag im Zelt aufgedeckt. Als nun Ham, der Vater Kanaans, seines Vaters Blöße sah, sagte er es seinen beiden Brüdern draußen. Da nahmen Sem und Japheth ein Kleid und legten es auf ihrer beider Schultern und gingen rücklings hinzu und deckten des Vaters Blöße zu; ihr Angesicht war dabei abgewandt, daß sie ihres Vater Blöße nicht sahen.

Als nun Noah erwachte von seinem Rausch und erfuhr, was ihm sein jüngster Sohn angetan hatte, sprach er: „Verflucht sei Kanaan und sei unter seinen Brüdern ein Sklave aller Sklaven!“ Dann sprach er weiter: Gelobt sei der Herr, der Gott Sems. Aber Kanaan sei sein Sklave! Gott breite Japheth aus, und lasse ihn wohnen in den Zelten Sems. Aber Kanaan sei sein Sklave!“ Noah aber lebte nach der Sintflut noch dreihundertfünfzig Jahre, so daß er neunhundertundfünfzig Jahre wurde und starb (Gen 9).

[Jetzt folgt die sogenannte Völkertafel, eine lange Liste mit den Namen der Stammväter verschiedener Völker des Mittelmeerraumes von Noah an. Darin kommen auch die Namen verschiedener Städte und Länder wie Ägypten, Kanaan und Babel vor. Diese Personifizierung der Städtenamen bildet die damalige hebräische Denkweise ab, wonach auch Orte und nicht nur Völker einen Stammvater haben. Es wird auch Nimrod erwähnt, der der Erste war, der Macht gewann auf der Erde. Er war ein gewaltiger Jäger vor dem Herrn. Daher spricht man: „Das ist ein gewaltiger Jäger vor dem Herrn wie Nimrod!“ Der Anfang seines Reiches war Babel. Von dort ist er gekommen nach Assur und baute Ninive und andere große Städte, Gen 10].

 

Der Turmbau zu Babel:

Es hatte aber alle Welt einerlei Zunge und Sprache. Als die Menschen nun nach Osten zogen, fanden sie ein ebenes Land im Lande Sinear, und wohnten dort. Da sprachen sie untereinander: „Wohlauf, laß uns Ziegel streichen und brennen!“ Sie nahmen Ziegel als Steine und Erdharz zu Mörtel, und sprachen: „Wohlauf, laßt uns eine Stadt und einen Turm bauen, dessen Spitze bis an den Himmel reiche, daß wir uns einen Namen machen!“ Denn wir werden sonst zerstreut in alle Länder.

Da fuhr Gott der Herr hernieder, um die Stadt und den Turm zu sehen, die die Menschen bauten. Er sprach: „Siehe, es ist einerlei Volk und einerlei Sprache unter ihnen allen. Das ist aber nur der Anfang ihres Tuns. Sie werden nicht ablassen von allem, was sie sich vorgenommen haben zu tun. Laßt uns herniederfahren und ihre Sprache verwirren, daß keiner die Sprache des andern verstehe!“ So zerstreute sie der Herr von dort in alle Länder, daß sie aufhören mußten die Stadt zu bauen. Daher heißt ihr Name „Babel“, weil der Herr dort verwirrt hatte die Sprache aller Länder und sie von dort zerstreut hatte in alle Länder (Gen 11,1-9).

[Den Turm zu Babel hat es wirklich gegeben, nämlich als etwa 90 Meter hoher Stufenturm in Babylon mit einem Tempel für den dortigen obersten Gott oben drauf. Er war aber zur Zeit der babylonischen Gefangenschaft schon zerstört. Die Erzählung vom Turmbau will eine Erklärung dafür geben: Die Menschen rebellierten gegen Gott und dieser antwortet mit der Sprachverwirrung und der Zerstreuung der Völker].

(Es folgen nun die Nachkommen Sems bis zu Tharah, dem Vater Abrams, Nahors und Harans. Sie führen hin zu den Erzvätererzählungen, die schon oben vorgestellt wurden. Deshalb geht es jetzt weiter mit den Erzählungen von der Landnahme und der Festigung des Staatswesens).

 

 

 

 

Die Geschichtsbücher

 

Das Buch Josua

 

[Israel wurde erst zu einem Volk mit dem „Landtag zu Sichem“ (Josua 24). Hier traf sich die kleine Gruppe, die aus Ägypten ausgezogen war, das Wunder am Meer erlebt hatte und am Berg Sinai den Bund mit Gott geschlossen hatte, mit den anderen Stämmen, die eher aus dem Ostjordanland eingewandert waren. Erst hier schlossen sich alle zwölf Stämme dem Glauben an den Gott Jahwe vom Sinai an und wurden dadurch zum „Volk Israel“, indem sie den Bund vom Sinai bestätigten.

Josua wird zum Teil auch „Joschua“ geschrieben. Jesus von Nazareth hieß aramäisch also ebenfalls „Josua / Jeschua / Jehoschua“. Die Bibel stellt Josua als einen mutigen, unerschrockenen Führer dar, der den Verheißungen Jahwes völlig vertraute, sich von Gott leiten ließ und entschlossen war, ihm in Treue zu dienen. Er war Führer im Kampf gegen die Amalekiter. Damals wurde Josua von Moses zum Befehlshaber im Kampf gegen die Amalekiter eingesetzt. Unter seiner geschickten Führung und mit Gottes Hilfe besiegten die Israeliten den Feind.

Als Diener des Mose befand sich Josua später am Berg Sinai wahrscheinlich unter den 70 älteren Männern, die das Vorrecht hatten, in einer überwältigenden Vision Gottes Herrlichkeit zu sehen. Danach begleitete er Moses ein Stück weit den Berg Sinai hinauf, trat aber offenbar nicht mit ihm in die Wolke hinein, denn nur Moses wurde dazu aufgefordert. Josua und Moses blieben 40 Tage und 40 Nächte auf dem Berg Sinai. Als sie danach zusammen vom Berg hinabstiegen, hielt Josua den Schall des Gesangs der Israeliten, die ein Kalb anbeteten, irrtümlich für „Schlachtenlärm“. Zweifellos wurde er ebenso zornig wie Moses, als er das Goldene Kalb sah, und vielleicht half er sogar bei dessen Zerstörung mit.

Unter Gottes Leitung ermutigte Moses Josua und gab ihm bestimmte Richtlinien, die ihm helfen sollten, seine Aufgabe treu zu erfüllen. Als schließlich die Zeit seines Todes nahte, müßte er sich zusammen mit Josua in das Zelt der Zusammenkunft begeben. Dann setzte Gott Josua in sein Amt ein und bestätigte so die frühere Ernennung, die Moses durch Handauflegung vorgenommen hatte].

 

Vorbereitung für den Einzug ins gelobte Land:

Nach dem Tod des Mose, sprach der Herr zu Josua, dem Sohn Nuns: „Mein Diener Mose ist gestorben. So mach dich nun auf und zieh über den Jordan, du und dies ganze Volk, in das Land, das ich dem Volk Israel gegeben habe. Jede Stätte, auf die eure Fußsohlen treten werden, habe ich euch gegeben, wie ich es Mose versprochen habe. Von der Wüste bis zum Libanon und vom großen Strom Euphrat bis an das große Meer im Westen soll euer Gebiet sein.

Es soll dir niemand widerstehen dein Leben lang. Wie ich mit Mose gewesen bin, so will ich auch mit dir sein. Ich will dich nicht verlassen noch von dir weichen. Sei getrost und unverzagt, denn du sollst diesem Volk das Land zuteilen, das ich ihnen zum Erbe geben will, wie ich ihren Vorfahren geschworen habe!“

Weiter spricht er Josua Mut zu: „Sei nur getrost und ganz unverzagt, daß du hältst und tust in allen Dingen nach dem Gesetz, das dir Mose geboten hat. Weiche nicht davon, weder zur Rechten noch zur Linken, damit du es recht ausrichten kannst, wohin du auch gehst. Und laß dieses Buch des Gesetzes nicht aus deinem Gesichtskreis kommen, sondern betrachte es Tag und Nacht, damit du hältst und tust in allen Dingen nach dem, was darin geschrieben steht. Dann wird es dir auf deinen Wegen gelingen und du wirst es recht ausrichten. Siehe, ich habe dir geboten, daß du getrost und unverzagt seist. Laß dir nicht grauen und entsetze dich nicht. Denn der Herr, dein Gott, ist mit dir in allem, was du tun wirst!“

Da befahl Josua den Anführern des Volks: „Geht durch das Lager und gebietet dem Volk und sprecht: Schafft euch Vorrat, denn in drei Tagen werdet ihr hier über den Jordan gehen, daß ihr hineinkommt und das Land einnehmt, daß euch der Herr geben wird!“

Zu den Rubenitern, Gaditern und dem halben Stamm Manasse aber sprach Josua: „Eure Frauen und Kinder und Vieh laßt diesseits des Jordans bleiben. Eure streitbaren Männer sollen mit den anderen vom Volk mit hinüber ziehen und ihnen helfen,bis der Herr sie auch zur Ruhe bringen wird wie euch, daß sie auch das Land einnehmen, das ihnen der Herr geben wird. Dann sollt ihr wieder umkehren in euer Land im Osten!“ Sie antworteten Josua: „Alles, was du uns geboten hast, das wollen wir tun, und wo du uns hin sendest, da wollen wir hingehen. Wie wir Mose gehorsam sind gewesen, so wollen wir dir auch gehorsam sein. Sei nur getrost und unverzagt! (Jos 1, am Schluß gekürzt)

[Hier wird ein Groß-Israel beschrieben, wie es in etwas nur zur Zeit des Königs David bestand. Es wird aber auch erklärt, weshalb ein Teil der Stämme im Ostjordanland blieb].

 

Die Kundschafter in Jericho:

Josua sandte hatte heimlich zwei Kundschafter aus und ihnen gesagt: „Geht hin, seht das Land an, auch Jericho!“ Die gingen hin und kamen in das Haus der Hure Rahab und kehrten dort ein. Da wurde dem König von Jericho gemeldet: „Es sind in dieser Nacht israelische Männer hereingekommen, um das Land zu erkunden!“

Da sandte der König von Jericho Boten zu Rahab und ließ ihr sagen: „Gib die Männer heraus, die zu dir in dein Haus gekommen sind, denn sie sind gekommen, das ganze Land zu erkunden!“ Aber die Frau verbarg die zwei Männer: Sie ließ sie auf das Dach steigen und versteckte sie unter den Flachsstengeln, die sie auf dem Dache ausgebreitet hatte.

Zu den Boten aber sprach sie: „Ja, es sind Männer zu mir hereingekommen, aber ich wußte nicht, woher sie waren. Aber als man die Tore zuschließen wollte, gingen sie hinaus. Aber ich weiß nicht, wo sie hingegangen sind. Jagt ihnen nach, dann werdet ihr sie ergreifen!“

Die Männer jagten ihnen nach bis an die Furt am Jordan.

Ehe die Männer sich schlafen legten, stieg Rahab zu ihnen hinauf aufs Dach und sprach zu ihnen: „Ich weiß, daß der Herr euch das Land gegeben hat, denn ein Schrecken vor euch ist über uns gefallen, und alle Bewohner des Landes sind feig vor euch geworden. Denn wir haben gehört, wie der Herr das Wasser im Schilfmeer ausgetrocknet hat vor euch her, als ihr aus Ägypten auszogt, und was ihr den zwei Königen jenseits des Jordans getan habt, wie ihr an ihnen den Bann vollstreckt habt. Seit wir das gehört haben, ist unser Herz verzagt und es wagt keiner mehr vor euch zu atmen, denn der Herr, euer Gott, ist Gott oben im Himmel und unten auf der Erde. So schwört mir nun bei dem Herrn, daß ihr barmherzig mit meiner Familie umgehen werdet, weil ich auch an euch Barmherzigkeit getan habe. Gebt mir ein sicheres Zeichen, daß ihr meinen Vater, meine Mutter, meine Brüder und meine Schwestern und alles, was sie haben leben laßt, und uns vom Tod errettet!“

 Die Männer sprachen zu ihr: „Wenn wir nicht Barmherzigkeit und Treue an dir üben, wenn uns der Herr das Land gibt, so wollen wir selbst tot sein, sofern du unsere Sache nicht verrätst“ Da ließ sie die Männer am Seil durchs Fenster nieder, denn ihr Haus war an der Stadtmauer. Und sie sprach zu ihnen: „Geht auf das Gebirge, daß euch eure Verfolger nicht begegnen, und verbergt euch dort drei Tage, bis die Verfolger wiederkommen. Danach geht eure Straße!“

Die Männer aber sprachen zu ihr: „Wir wollen den Eid so einlösen, den du uns hast schwören lassen. Wenn wir in das Land kommen, so sollst du dies rote Seil in das Fenster knüpfen, mit dem du uns herniedergelassen hast. Versammeln dann in deinem Haus deinen Vater, deine Mutter, deine Brüder und die ganze Familie deines Vaters. Wer aber aus Tür hinausgeht, der ist selbst daran schuld, wenn er umkommt, wir aber sind unschuldig. Doch das Blut aller, die in deinem Hause sind, komme auf uns, wenn Hand an sie gelegt wird. Doch wenn du etwas von dieser unsrer Abmachung verrätst, so sind wir den Eid los, den du uns hast schwören lassen!“

Sie sprach: „Es sei, wie ihr sagt!“ und ließ sie gehen. Und sie gingen weg. Sie aber knüpfte das rote Seil ins Fenster. Die Kundschafter aber gingen hin und kamen auf das Gebirge und blieben drei Tage dort. Dann kamen die Verfolger wieder zurück, die sie auf allen Straßen gesucht und doch nicht gefunden hatten. Da kehrten die zwei Männer wieder um und gingen vom Gebirge herab und setzten über den Fluß. Sie kamen zu Josua und erzählten ihm alles, wie ihnen begegnet war, und sprachen zu Josua: „Der Herr hat uns das ganze Land in unsre Hände gegeben. Und es sind auch alle Bewohner des Landes feig vor unserem Volk geworden!“ (Jos 2).

 

Das Volk Israel geht durch den Jordan:

Josua machte sich früh auf und sie kamen an den Jordan, er und alle Israeliten, und blieben dort über Nacht, ehe sie hinüberzogen. Nach drei Tagen aber gingen die Anführer durchs Lager und befahlen dem Volk: „Wenn ihr die Bundeslade eures Gottes sehen werdet und wie die Priester aus dem Stamm Levi sie tragen, so brecht auf von eurem Ort und folgt ihr nach. Aber laßt zwischen euch und ihr Raum von etwa tausend Metern. Ihr sollt ihr nicht zu nahe kommen. Aber ihr müßt natürlich wissen, auf welchem Weg ihr gehen sollt, denn ihr seid den Weg ja bisher noch nicht gegangen!“

Dann sprach Josua zu dem Volk: „Macht euch bereit für Gott, denn morgen wir der Herr ein Wunder unter euch tun!“ Und zu den Priestern sprach er: „Hebt die Bundesladeauf und geht vor dem Volk her!“ Da hoben sie die Bundeslade auf und gingen vor dem Volk her. Der Herr sprach zu Josua: „Heute will ich anfangen, dich groß zu machen vor ganz Israel, damit sie wissen: Wie ich mit Mose gewesen bin, so bin ich auch mit dir. Gebiete den Priestern, die die Bundeslade tragen, und sprich: Wenn ihr kommt ins Wasser des Jordans kommt, so bleibt dort stehen!“

Zu den Israeliten sprach er: „Hört die Worte des Herrn, eures Gottes! Daran sollt ihr merken, daß ein lebendiger Gott unter euch ist, und daß er vor euch vertreiben wird die Kanaaniter, Hethiter, Heviter, Peresiter, Girgasiter, Amoriter und Jebusiter. Die Bundeslade des Herrschers über alle Welt wird vor euch her gehen. So nehmt nun zwölf Männer aus den Stämmen Israels, aus jedem Stamm einen. Wenn dann die Fußsohlen der Priester, die die Bundeslade tragen, im Jordan still stehen, dann wird das Wasser, das den Jordan herabfließt, nicht weiter laufen im Jordan, sondern stehen bleiben wie ein einziger Wall!“

Als nun das Volk aus seinen Zelten auszog, um durch den Jordan zu gehen, und als die Priester die Bundeslade vor dem Volk her trugen und an den Jordan kamen und ihre Füße vorn ins Wasser tauchten, da stand das Wasser, das von oben herabkam, wie ein einziger Wall. Aber das Wasser, das zum Salzmeer hinunterlief, das nahm ab und floß ganz weg. So ging das Volk gegenüber von Jericho durch den Jordan. Die Priester standen still im Trockenen mitten im Jordan. Und ganz Israel ging auf trockenem Boden durch den Jordan, bis das ganze Volk über den Jordan gekommen war (Jos 3).

 

Gedenksteine an den Durchzug:

Als nun das Volk ganz über den Jordan gegangen war, sprach der Herr zu Josua: „Nehmt euch zwölf Männer, aus jedem Stamm einen, und gebietet: Hebt mitten aus dem Jordan zwölf Steine auf von der Stelle, wo die Füße der Priester stillgestanden haben, und bringt sie mit euch hinüber, und legt sie in dem Lager nieder, wo ihr diese Nacht bleiben werdet!“.

Da rief Josua die zwölf Männer und sprach zu ihnen: „Geht vor der Bundeslade hinüber mitten in den Jordan hinein, und jeder hebe einen Stein auf seine Schulter entsprechend der Zahl der Stämme Israels, damit sie ein Zeichen seien unter euch. Wenn eure Kinder später einmal ihre Väter fragen werden und sprechen: Was tun diese Steine da? Dann sollt ihr ihnen sagen: Weil das Wasser des Jordan weggeflossen ist vor der Bundeslade, sollen diese Steine den Israeliten ein ewiges Andenken sein!“

Da taten die Israeliten, wie ihnen Josua geboten hatte, und trugen zwölf Steine mitten aus dem Jordan, wie der Herr zu Josua gesagt hatte, nach der Zahl der Stämme der Israeliten, und brachten sie mit sich hinüber in das Lager und legten sie dort nieder. Josua richtete dann zwölf Steine auf mitten im Jordan, wo die Füße der Priester mit der Bundeslade gestanden hatten. Sie sind noch dort bis auf den heutigen Tag.

Der Herr sprach zu Josua: „Gebiete den Priestern, die die Bundeslade tragen, daß sie aus dem Jordan heraufsteigen!“ Da gebot Josua den Priestern und sprach: „Steigt herauf aus dem Jordan!“

Als die Priester aus dem Jordan heraufstiegen und mit ihren Fußsohlen aufs Trockene traten, kam das Wasser des Jordan wieder an seine Stätte und floß wie zuvor an allen seinen Ufern.

Es war am zehnten Tag des ersten Monats, als das Volk aus dem Jordan heraufstieg. Sie lagerten sich in Gilgal, östlich der Stadt Jericho.

Die zwölf Steine, die sie aus dem Jordan genommen hatten, richtete Josua in Gilgal auf und sprach zu den Israeliten: Wenn eure Kinder hernach ihre Väter fragen werden und sagen: Was sollen diese Steine? so sollt ihr es ihnen erzählen und sagen: Israel ging trocken durch den Jordan, als der Herr das Wasser des Jordan austrocknete vor uns, bis wir hinüber gegangen waren, so wie der Herr tat in dem Schilfmeer, das er vor uns austrocknete, bis wir hindurchgegangen waren, damit alle Völker auf Erden die Hand des Herrn erkennen, wie mächtig sie ist, und den Herrn, fürchten allezeit.

Als nun alle Könige der Amoriter, die jenseits des Jordan nach Westen zu wohnten, und alle Könige der Kanaaniter am Meer hörten, wie der Herr das Wasser des Jordans ausgetrocknet hatte vor den Israeliten, da verzagte ihr Herz, und es wagte keiner mehr zu atmen im Angesicht der Israeliten (Jos 4,1 - 5,1 (Wiederholungen gekürzt)[Hier liegen eindeutig zwei Überlieferungen vor. Das wird vor allem sichtbar bei den zwölf Steinen, die einmal mitten im Fluß aufgestellt werden und einmal im Ort Gilgal, wo ein frühes Heiligtum der Israeliten war.

Älter ist wohl die Überlieferung daß die Steine im Fluß standen und dort auch noch zu sehen waren. Das Motiv wurde aber dann benutzt, um für Gilgal eine Gründungsurkunde zu haben. Zu diesem Zweck hat man dann auch dort solche Steine gesetzt].

 

Feier des Passahfestes in Kanaan:

Zu der Zeit sprach der Herr zu Josua: „Mach dir steinerne Messer und beschneide die Israeliten wie schon früher!“ Da machte sich Josua steinerne Messer und beschnitt die Israeliten an der Vorhaut. Der Grund dafür war: Alle Männer waren unterwegs in der Wüste gestorben, denn die Israeliten wanderten vierzig Jahre in der Wüste. Aber deren Kinder beschnitt Josua nun.

Als die Israeliten in Gilgal das Lager aufgeschlagen hatten, hielten sie am Abend das Passahfest am vierzehnten Tage des Monats im Jordantal bei Jericho. Sie aßen vom Getreide des Landes am Tag nach dem Passah, nämlich ungesäuertes Brot und geröstete Körner. An diesem Tag hörte das Manna auf, weil sie jetzt das Getreide des Landes aßen.

Als Josua nahe bei Jericho war, hob er seine Augen auf und wurde gewahr, daß ein Mann ihm gegenüberstand und sein bloßes Schwert in seiner Hand hatte. Und Josua ging zu ihm und sprach zu ihm: „Gehörst du uns an oder unsern Feinden?“ Er sprach: „Nein, sondern ich bin ein Fürst über das Heer des Herrn und bin jetzt gekommen!“. Da fiel Josua auf sein Angesicht zur Erde und betete an und sprach zu ihm: „Was sagt mein Herr seinem Diener?“ Der Fürst über das Heer des Herrn sprach zu Josua: „Zieh deine Schuhe aus von deinen Füßen; denn die Stätte, darauf du stehst, ist heilig!“ Und Josua tat so (Jos 5,2-15, gekürzt).

 

Jericho wird erobert:

Jericho aber war verschlossen vor den Israeliten, so daß niemand heraus oder hinein kommen konnte. Aber der Herr sprach zu Josua: „Siehe, ich habe Jericho samt seinem König und seinen Kriegern in deine Hände gegeben. Laß alle Krieger einmal rings um die Stadt her gehen, und mache das sechs Tage so. Und laß sieben Priester sieben Posaunen tragen vor der Bundeslade her, und am siebten Tag geht siebenmal um die Stadt, und laß die Priester die Posaunen blasen.

Und wenn man die Posaune bläst und es lange tönt, daß ihr die Posaune hört, so soll das ganze Volk ein großes Feldgeschrei machen, so werden die Mauern der Stadt umfallen, und das Volk soll hinaufsteigen, ein jeder gerade vor sich hin!“

Da rief Josua die Priester und sprach zu ihnen: „Bringt die Bundeslade, und sieben Priester sollen sieben Posaunen tragen vor der Lade des Herrn!“ Zum Volk aber sprach er: „Geht hin und zieht um die Stadt. Die Krieger sollen vor der Lade des Herrn her gehen!“

Josua aber gebot dem Volk: „Ihr sollt kein Feldgeschrei machen noch eure Stimme hören lassen, noch soll ein Wort aus eurem Munde gehen bis auf den Tag, an dem ich zu euch sagen werde: Macht ein Feldgeschrei! Dann macht ein Feldgeschrei!“ So ließ er die Lade des Herrn einmal rings um die Stadt gehen. Dann kamen sie zurück in das Lager und blieben darin über Nacht.

Josua machte sich am Morgen früh auf, und die Priester trugen die Lade des Herrn und die sieben Priester trugen die sieben Posaunen vor der Lade des Herrn her und gingen und bliesen Posaunen. Die Krieger gingen vor ihnen her, und das Volk folgte der Lade des Herrn, und man blies die Posaunen. Am anderen Tag gingen sie wieder einmal um die Stadt herum und kamen wieder ins Lager. So taten sie es sechs Tage.

Am siebenten Tage aber, als die Morgenröte aufging, machten sie sich früh auf und gingen in derselben Weise siebenmal um die Stadt; nur an diesem Tag zogen sie siebenmal um die Stadt. Als beim siebtenmal die Priester die Posaunen bliesen, sprach Josua zum Volk: „Macht ein Feldgeschrei, denn der Herr hat euch die Stadt gegeben. Aber diese Stadt und alles, was darin ist, soll dem Bann des Herrn verfallen sein. Nur die Hure Rahab soll leben bleiben und alle, die mit ihr im Haus sind, denn sie hat die Boten versteckt, die wir aussandten. Aber hütet euch vor dem Verbannten, und laßt euch nicht verführen, etwas von dem Verbannten zu nehmen und das Lager Israels in Bann und Unglück zu bringen. Aber alles Silber und Gold samt dem kupfernen und eisernen Gerät soll dem Herrn geheiligt sein und zum Schatz des Herrn kommen!“

Da erhob das Volk ein Feldgeschrei, und man blies die Posaunen. Und als das Volk den Hall der Posaunen hörte, machte es erst recht ein großes Feldgeschrei. Da fiel die Mauer Jerichos um, und das Volk stieg zur Stadt hinauf, ein jeder direkt vor sich hin. So eroberten sie die Stadt und vollstreckten den Bann an allem, was in der Stadt war, mit der Schärfe des Schwerts: Mann und Frau, jung und alt, Rinder, Schafe und Esel.

Josua sprach zu den zwei Männern, die das Land ausgekundschaftet hatten: „Geht in das Haus der Hure und führt die Frau von dort heraus mit allem, was sie hat, wie ihr versprochen habt!“ Da gingen die Kundschafter hinein und führten Rahab heraus samt Vater und Mutter und Brüdern und allem, was sie hatte, und brachten sie außerhalb des Lagers Israels unter. Aber die Stadt verbrannten sie mit Feuer und alles, was darin war. Allein das Silber und Gold und kupferne und eiserne Geräte taten sie zum Schatz in das Haus des Herrn.

Zu der Zeit ließ Josua schwören: „Verflucht sei der Mann, der sich aufmacht und diese Stadt Jericho wieder aufbaut! Wenn er einen Grund legt, das koste ihn seinen erstgeborenen Sohn, wenn er ihre Tore setzt, das koste ihn seinen jüngsten Sohn!“ So war der Herr mit Josua, daß man ihn rühmte in allen Landen (Jos 6, leicht gekürzt) [In Wirklichkeit hat das Volk Israel das Land nur langsam „erobert“. Es war mehr ein langsames und friedliches Einsickern der neuen Bewohner, die zuerst einmal die freien Flächen besiedelten. Erst später wurden einzelne Ereignisse verklärt als kriegerische Eroberungen].

 

Achans Diebstahl:

Aber einige Israeliten vergriffen sich doch an dem Verbannten. So nahm Achan vom Stamm Juda etwas von dem Verbannten. Da entbrannte der Zorn des Herrn über die Israeliten.

Und Josua sandte Männer von Jericho aus nach Ai, ein Ort vor Bethel, und sprach zu ihnen: „Geht hinauf und erkundet das Land!“ Als sie hinaufgegangen waren und Ai erkundet hatten, kamen sie zu Josua zurück und sprachen zu ihm: „Laß nicht alle Krieger hinaufziehen, sondern etwa zwei- oder dreitausend Mann sollen hinaufziehen und Ai schlagen. Es muß sich nicht das ganze Volk nach dort bemühen, denn sie sind nur wenige! So zogen etwa dreitausend Mann hinauf, aber sie flohen vor den Männern von Ai. Die Männer von Ai erschlugen sechsunddreißig Mann. Sie hatten sie nämlich von dem Tor bis zu den Steinbrüchen gejagt und am Abhang erschlagen. Da verzagte das Herz des Volks und wurde zu Wasser.

Josua aber zerriß seine Gewänder und fiel auf sein Angesicht zur Erde vor der Lade des Herrn bis auf den Abend samt den Ältesten Israels, und sie warfen Staub auf ihre Häupter. Josua sprach: „Ach Herr, Herr, warum hast du dies Volk über den Jordan geführt und gibst uns in die Hände der Amoriter, um uns umzubringen? O, daß wir doch jenseits des Jordans geblieben wären! Ach, mein Herr, was soll ich sagen, nachdem Israel seinen Feinden den Rücken gekehrt hat? Wenn das die Kanaaniter und alle Einwohner des Landes hören, so werden sie uns umbringen und auch unsern Namen ausrotten von der Erde. Was willst du dann für deinen großen Namen tun?“

Da sprach der Herr zu Josua: „Stehe auf! Warum liegst du da auf deinem Angesicht? Israel hat sich versündigt, sie haben meinen Bund übertreten, den ich ihnen angeboten habe, und haben etwas von dem Verbannten genommen und gestohlen und es verheimlicht und zu ihren Geräten gelegt. Darum kann Israel nicht bestehen vor ihren Feinden, sondern müssen ihren Feinden den Rücken kehren, denn sie sind dem Bann verfallen. Ich werde hinfort nicht mit euch sein, wenn ihr nicht den Bann aus eurer Mitte tilgt. Stehe auf und heilige das Volk und sprich: Heiligt euch auf morgen. Denn so sagt der Herr Israels: Es ist Gebanntes in deiner Mitte, Israel. Darum kannst du nicht bestehen vor deinen Feinden, bis ihr das Gebannte von euch tut! Morgen früh soll ihr herzutreten, ein Stamm nach dem andern. Und welchen Stamm der Herr treffen wird, der soll herantreten, ein Stamm nach dem andern. Und welchen Stamm der Herr treffen wird, der soll herantreten, eine Familie nach der anderen. Welche Familie der Herr treffen wird, die soll herantreten, Mann für Mann. Und wer so mit dem Gebannten angetroffen wird, den soll man mit Feuer verbrennen mit allem, was er hat, weil er den Bund des Herrn übertreten und einen Frevel in Israel begangen hat!“

Da machte sich Josua früh am Morgen auf und ließ Israel antreten, einen Stamm nach dem andern. Da wurde der Stamm Juda getroffen. Als er nun immer mehr die Gruppen vereinzelte, wurde Achan getroffen aus dem Stamm Juda. Josua sprach zu Achan: „Mein Sohn, gib dem Herrn, dem Gott Israels, die Ehre und gib ihm die Ehre und sage mir an: Was hast du getan? Und leugne mir nicht!“

Da antwortete Achan dann doch: „Ja, ich habe mich versündigt an dem Herrn. So habe ich getan: Ich sah unter der Beute einen köstlichen babylonischen Mantel und tausend Gramm Silber und eine goldene Stange, zweihundertfünfzig Gramm schwer. Darauf war ich ganz scharf und ich nahm es. Es ist verscharrt in der Erde in meinem Zelt und das Silber darunter!“ Da sandte Josua Boten hin, die liefen zum Zelt, und siehe, es war verscharrt in seinem Zelt und das Silber darunter. Sie nahmen es aus dem Zelt und brachten es zu Josua und zu allen Israeliten und legten es vor den Herrn.

Da nahm Josua und das ganze Volk Israel den Achan samt dem Silber, dem Mantel und der goldenen Stange, auch seine Söhne und Töchter, seine Ochsen und Esel und Schafe, sein Zelt und alles, was er hatte, und führten sie hinauf ins Tal Achor. Und Josua sprach: „Weil du uns betrübt hast, so betrübt dich der Herr an diesem Tag!“ Ganz Israel steinigte ihn und verbrannte sie mit Feuer. Und als sie sie gesteinigt hatten, machten sie über ihnen einen großen Steinhaufen. Der ist geblieben bis auf diesen Tag. So kehrte sich der Herr ab von seinem Zorn. Daher nennt man diesen Ort bis heute das „Tal Achor“ (= Unglückstal)(Jos 7).

 

Eroberung der Stadt Ai:

Der Herr sprach zu Josua: „Fürchte dich nicht und verzage nicht! Nimm mit dir alle Krieger und mache dich auf und zieh hinauf nach Ai! Siehe da, ich habe den König von Ai samt seinem Volk, seiner Stadt, und seinem Land in deine Hände gegeben. Du sollst mit Ai und seinem König tun, wie du mit Jericho und seinem König getan hast, nur daß ihr die Beute und ihr Vieh unter euch teilen sollt. Lege einen Hinterhalt hinter der Stadt!“

Josua erwählte dreißigtausend streitbare Männer und sandte sie aus bei Nacht und gebot ihnen und sprach: „Ihr sollt der Hinterhalt sein hinter der Stadt. Entfernt euch aber nicht allzuweit von der Stadt und seid immer alle bereit! Ich aber und die Krieger bei mir wollen uns nahe an die Stadt heranrücken. Und wenn sie uns entgegen ausziehen wie das erstemal, so wollen wir vor ihnen fliehen, damit sie uns nachjagen, bis wir sie von der Stadt weglocken. Denn sie werden denken, wir fliehen vor ihnen wie das erstemal. Und wenn wir vor ihnen fliehen, sollt ihr hervorbrechen aus dem Hinterhalt und die Stadt einnehmen, denn der Herr wird sie in eure Hände geben. Wenn ihr aber die Stadt eingenommen habt, so steckt sie an mit Feuer und tut nach dem Wort des Herrn. Seht, ich habe es euch geboten!“ So sandte Josua sie hin. Sie zogen in den Hinterhalt und lagerten westlich von Ai zwischen Bethel und Ai.

 

Josua aber blieb die Nacht unter dem Volk und machte sich früh am Morgen und ordnete das Volk und zog hinauf mit den Ältesten Israels vor dem Volk her. Auch alle Krieger zogen hinauf und kamen nahe an die Stadt und lagerten sich nördlich von Ai, so daß zwischen ihnen und Ai nur ein Tal war. Josua hatte aber auch ungefähr fünftausend Mann genommen und in den Hinterhalt gelegt westlich der Stadt zwischen Bethel und Ai.

Sie stellten das Volk nördlich vor der Stadt so auf, daß sein Ende reichte bis in den Westen der Stadt. Josua aber zog in dieser Nacht mitten in das Tal.

Als aber der König von Ai das sah, machten sich die Männer der Stadt mit allen Kriegern eilends früh auf und zogen heraus, an einen bestimmten Ort nach dem Jordantal zu, um Israel im Kampf zu begegnen, denn er wußte nicht, daß ihm ein Hinterhalt gelegt war hinter der Stadt. Josua aber und ganz Israel stellten sich, als würden sie von ihnen geschlagen und flohen auf dem Weg zur Wüste.Da wurde das ganze Volk in der Stadt zusammen gerufen, um ihnen nachzujagen. Sie jagten Josua nach und wurden von der Stadt weggelockt, daß nicht ein Mann zurück blieb in Ai und Bethel, der nicht ausgezogen wäre; sie ließen die Stadt offen stehen und jagten Israel nach.

Da sprach der Herr zu Josua: „Strecke die Lanze in deiner Hand aus gegen die Stadt Ai, denn ich will sie in deine Hand geben!“ Und da Josua die Lanze in seiner Hand gegen die Stadt ausstreckte, da brach der Hinterhalt eilends auf aus seinem Ort, und sie liefen und kamen in die Stadt und gewannen sie und eilten und steckten sie mit Feuer an. Die Männer von Ai wandten sich und sahen hinter sich und sahen den Rauch der Stadt aufgehen zum Himmel und konnten nicht fliehen, weder hierhin noch dorthin, denn das Volk, das zur Wüste floh, kehrte um gegen die, die ihnen nachjagten.

Als Josua und das ganze Israel sahen, daß der Hinterhalt die Stadt eingenommen hatte, weil von der Stadt Rauch aufstieg, kehrten sie wieder um und schlugen die Männer von Ai. Auch die in der Stadt kamen auch heraus und kamen mitten unter Israel. Und sie erschlugen sie, bis niemand unter ihnen übrigblieb noch entrinnen konnte. An diesen Tag fielen zwölftausend Leute aus Ai, Männer und Frauen.

Josua zog seine Hand mit der Lanze nicht eher zurück bis der Bann vollstreckt war an allen Einwohnern von Ai. Nur das Vieh und die Beute der Stadt teilte Israel aus unter sich nach dem Wort des Herrn, das er Josua geboten hatte. Josua brannte Ai nieder und machte es zu einem Schutthaufen für immer, der noch heute daliegt. Sie ergriffen den König zu Ai lebendig und brachten ihn zu Josua. Er ließ ihn an einen Baum hängen bis an den Abend. Als aber die Sonne untergegangen war, befahl er den Leichnam vom Baum zu nehmen. Sie warfen ihn unter das Stadttor und machten einen großen Steinhaufen über ihm, der bis auf diesen Tag da ist (Jos 8,1-29).

 

Josua baut einen Altar:

Da baute Josua dem Herrn einen Altar auf dem Berge Ebal und opferte dem Herrn darauf Brandopfer und Dankopfer und schrieb dort auf die Steine eine Abschrift des Gesetzes, das Mose vor den Augen der Israeliten geschrieben hatte. Ganz Israel mit seinen Ältesten und Amtleuten und Richtern stand zu beiden Seiten der Bundeslade, gegenüber den Priestern aus dem Stamm Levi, die die Bundeslade trugen, die Fremden sowohl wie die Einheimischen, die eine Hälfte zum Berg Garizim und die andere Hälfte zum Berge Ebal, wie Mose vormals geboten hatte, das Volk Israel zu segnen. Danach ließ er ausrufen alle Worte des Gesetzes, den Segen und Fluch, wie es geschrieben steht im Gesetzbuch. Es war kein Wort, das Mose geboten hatte, das Josua nicht hätte lassen ausrufen vor der ganzen Gemeinde Israel und vor den Frauen und Kindern und Fremden, die unter ihnen lebten (Jos 8,30-35).

Die List der Leute von Gibeon:

Als das alle Könige hörten, die jenseits des Jordans waren auf dem Gebirge und im Hügelland und an allen Ufern des großen Meers nach dem Libanongebirge, fanden sie sich zusammen, um einmütig gegen Josua und Israel zu kämpfen. Aber die Bürger in Gibeon hörten, was Josua mit Jericho und Ai gemacht hatte. Da erdachten sie eine List, gingen hin und versahen sich mit Speise und nahmen alte Säcke auf ihre Esel und alte und geflickte Weinschläuche und alte und geflickte Schuhe an ihre Füße und zogen alte Gewänder an, und alles Brot, das sie nahmen, war hart und zerbröckelt.

Sie gingen zu Josua ins Lager nach Gilgal und sprachen zu ihm und den Männern Israels: „Wir kommen aus fernen Ländern, so macht einen Bund mit uns!“ Da sprach die Männer Israels zu dem Heviter: „Vielleicht wohnt ihr mitten unter uns, wie könnten wir dann einen Bund mit dir machen?“ Sie aber sprachen zu Josua: „Wir sind deine Diener!“

Josua sprach zu ihnen: „Wer seid ihr, und woher kommt ihr?“ Sie sprachen: „Deine Diener sind aus sehr fernen Landen gekommen wegen deinem Gott. Denn wir haben von ihm alles gehört, was er in Ägypten getan hat und den zwei Königen der Amoriter jenseits des Jordans. Darum sprachen unsere Ältesten und alle Bewohner unsers Landes: Nehmt Speise mit euch auf die Reise und geht hin, ihnen entgegen, und sprecht zu ihnen: Wir sind eure Diener. So schließt nun einen Bund mit uns. Dies unser Brot, das wir aus unsern Häusern zu unserer Speise mitnahmen, war noch frisch, als wir auszogen zu euch, nun aber ist es hart und bröckelig. Und diese Weinschläuche füllten wir neu, und sie sind zerrissen. Und diese unsre Gewänder und Schuhe sind alt geworden wegen der sehr langen Reise!“

Da nahmen die Obersten von Israel die Speise der Fremden an und fragten nicht den Mund des Herrn. Josua machte Frieden mit ihnen und schloß einen Bund mit ihnen auf, daß sie leben bleiben sollten. Und die Obersten der Gemeinde schworen es ihnen. Aber drei Tage nach dem Bundesschluß erfuhren sie, daß jene nahe aus ihrer Nähe wären mitten unter ihnen wohnten. Denn als die Israeliten fortzogen, kamen sie am dritten Tag zu ihren Städten der Gibeoniter. Aber sie erschlugen sie nicht, weil ihnen die Obersten der Gemeinde geschworen hatten bei dem Gott Israels.

Als aber die ganze Gemeinde gegen die Obersten murrte, sprachen die Obersten zu der ganzen Gemeinde: „Wir haben ihnen geschworen bei dem Herrn, darum können wir sie nicht antasten. Aber das wollen wir tun: Laßt sie leben, daß nicht ein Zorn über uns komme wegen des Eides, den wir ihnen geschworen haben. Sie sollen Holzhauer und Wasserträger sein für sie ganze Gemeinde!“

Da rief Josua sie und redete mit ihnen und sprach: „Warum habt ihr uns betrogen und gesagt, ihr seid sehr ferne von uns, wo ihr doch mitten unter uns wohnt? Darum sollt ihr verflucht sein, und nicht aufhören, Sklaven zu sein, die Holz hauen und Wasser tragen zum Hause meines Gottes!“ Sie antworteten Josua: „Es wurde deinen Dienern gesagt, daß dein Gott befohlen habe, daß er euch das ganze Land geben und vor euch her alle Bewohner des Landes vertilgen wolle. Da fürchteten wir um unser Leben und haben das so gemacht. Nun aber sind wir in deinen Händen. Tue das mit uns, was dir gut und recht zu sein scheint!“

Josua machte es so und errettete sie von der Hand der Israeliten, daß sie sie nicht töteten. So machte sie Josua an diesem Tag zu Holzhauern und Wasserträgern für die Gemeinde und den Altar des Herrn bis auf diesen Tag, an der Stätte, die er erwählen würde (Jos 9).

 

Eroberung des südlichen Kanaan:

Als aber der König von Jerusalem, hörte daß Josua die Stadt Ai gewonnen und den Bann an ihm vollstreckt hatte, so wie er Jericho und seinem König getan hatte, und daß die zu Gibeon Frieden mit Israel gemacht hatten , da fürchtete er sich sehr, denn Gibeon war eine große Stadt wie eine der Königsstädte und größer als Ai, und alle seine Bürger streitbare Männer. Deshalb sandte er Boten zu seinen Verbündeten und ließ ihnen sagen: „Kommt herauf zu mir und helft mir, daß wir Gibeon schlagen, denn es hat mit Josua und den Israeliten Frieden gemacht!“ Da kamen alle zusammen und zogen hinauf die fünf Könige der Amoriter mit allem ihrem Heerlager und belagerten Gibeon und stritten gegen es.

Aber die Leute von Gibeon sandten Boten zu Josua ins Lager nach Gilgal und ließen ihm sagen: „Zieh deine Hand nicht ab von deinen dienern. Komm eilend zu uns herauf, rette uns und hilf uns! Denn es haben sich gegen uns versammelt alle Könige der Amoriter, die auf dem Gebirge wohnen!“

Josua zog hinauf von Gilgal und alle Krieger mit ihm und alle streitbaren Männer. Und der Herr sprach zu Josua: „Fürchte dich nicht vor ihnen, denn ich habe sie in deine Hände gegeben. Niemand unter ihnen wird vor dir bestehen können!“ So kam Josua plötzlich über sie

Der Herr schreckte sie vor Israel, daß sie eine große Schlacht schlugen in Gibeon und jagten ihnen nach. Als sie vor Israel flohen auf dem Weg nach Beth- Horon, ließ der Herr einen großen Hagel auf sie fallen, daß sie starben. Es starben viel mehr von ihnen durch den Hagel, als die Israeliten mit dem Schwert töteten.

Damals redete Josua mit dem Herrn und sprach in Gegenwart Israels: „Sonne, stehe still zu Gibeon, und Mond stehe still im Tal Ajalon!“ Da standen die Sonne und der Mond still, bis sich das Volk an seinen Feinden gerächt hatte. Es war kein Tag diesem gleich, weder zuvor noch danach, als der Herr der Stimme eines Mannes gehorchte, denn der Herr stritt für Israel. Josua aber zog wieder ins Lager gen Gilgal und das ganze Israel mit ihm. Aber die fünf Könige waren geflohen und hatten sich versteckt in die Höhle in Makkeda.

Da wurde Josua angesagt: „Wir haben die fünf Könige gefunden, verborgen in der Höhle zu Makkeda!“ Josua sprach: „So wälzt große Steine vor das Loch der Höhle und stellt Männer davor, die sie bewachen. Ihr aber bleibt nicht stehen, sondern jagt euren Feinde nach und faßt sie von hinten. Laßt sie nicht in ihre Städte entrinne, denn der Herr hat sie in eure Hände gegeben!“

Als Josua und die Israeliten diese sehr große Schlacht vollendet hatten und sie ganz geschlagen war, da kam alles Volk wieder ins Lager zu Josua nach Makkeda mit Frieden, und wagte niemand gegen Israel seine Zunge zu regen.

Josua aber sprach: „Macht den Eingang der Höhle auf und bringt die fünf Könige zu mir!“ Sie taten das und brachten die fünf Könige zu ihm aus der Höhle. Dann rief Josua das ganze Israel und sprach zu den Obersten der Krieger, die mit ihm zogen: „Kommt her und setzt eure Füße auf die Nacken dieser Könige!“ Und sie kamen und setzten ihre Füße auf ihre Nacken!“

Und Josua sprach zu ihnen: „Fürchtet euch nicht und erschreckt nicht, seid getrost und unverzagt, denn so wird der Herr allen euren Feinden tun, gegen die ihr kämpft!“ Josua schlug sie danach tot und hing sie an fünf Bäume, und sie hingen an den Bäumen bis zum Abend.

Als aber die Sonne war untergegangen, gebot er, daß man sie von den Bäumen nähme und in die Höhle werfe, in der sie sich verkrochen hatten. Und sie legten große Steine vor den Eingang der Höhle Loch (die sind noch da bis auf diesen Tag).

Am selben Tag aber gewann Josua auch Makkeda und schlug es mit der Schärfe des Schwerts, dazu seinen König, und vollstreckte den Bann an der Stadt und ließ niemand übrigbleiben (Es folgen die Kämpfe gegen weitere Städte).

So schlug Josua das ganze Land auf dem Gebirge und im Süden und im Hügelland und an den Abhängen mit allen ihren Königen und ließ niemand übrig und vollstreckte den Bann an allem Lebendigen. Er schlug sie von Kadesch-Barnea an bis nach Gaza und das ganze Land Gosen bis nach Gibeon und gewann alle diese Könige mit ihrem Land auf einmal. Denn der Herr, der Gott Israels, stritt für Israel. Und Josua zog wieder ins Lager nach Gilgal mit dem ganzen Israel (Jos 10).

 

Eroberung des nördlichen Kanaan:

Als aber Jabin, der König zu Hazor, das hörte, versammelte er all seine Bundesgenossen. Diese zogen aus mit ihrem ganzen Heer, so viel wie der Sand am Meer, und sehr viel Rosse und Wagen. Die Könige versammelten sich und kamen und lagerten sich gemeinsam am Wasser Merom, um mit Israel zu kämpfen. Und der Herr sprach zu Josua: „Fürchte dich nicht vor ih­nen! Denn morgen um diese Zeit will ich sie alle hingeben vor den Israeliten erschlagen geben; ihre Rosse sollst du lähmen und ihre Wagen mit Feuer verbrennen!“ Josua und alle Krieger überfielen sie plötzlich am Wasser Merom. Und der Herr gab sie in die Hände Israels, die jagten sie bis Sidon und schlugen sie, bis niemand unter ihnen übrigblieb.

Da tat ihnen Josua, wie der Herr ihm gesagt hatte, und lähmte ihre Rosse und verbrannte ihre Wagen und kehrte um zu dieser Zeit und eroberte Hazor und schlug seinen König mit dem Schwert, denn Hazor war vorher die Hauptstadt aller dieser Königreiche. Sie erschlugen alle, die darin waren, mit der Schärfe des Schwerts und vollstreckten den Bann, und nichts blieb übrig, das Atem hatte, und verbrannte Hazor mit Feuer.

Dazu gewann Josua alle Städte dieser Könige mit ihren Königen und schlug sie mit der Schärfe des Schwerts und vollstreckte an ihnen den Bann, wie Mose geboten hatte. Alle Beute dieser Städte und das Vieh teilten die Israeliten unter sich, aber alle Menschen schlugen sie mit der Schärfe des Schwerts.

So nahm Josua dies ganze Land ein, das Gebirge und alles, was im Süden liegt, und das Land Goschen und das Hügelland und das Jordantal und das Gebirge Israel mit seinem Hügelland

Er stritt aber eine lange Zeit mit diesen Königen. Es war aber keine Stadt, die sich mit Frieden ergab den Israeliten, ausgenommen die Heviter, die in Gibeon wohnten.

Zu der Zeit kam Josua und rottete die Enakiter aus auf dem Gebirge und vollstreckte an ihnen den Bann mit ihren Städten. Nur in Gaza, Gath und Asdod blieben Enakiter übrig. So nahm Josua alles Land ein, ganz so wie der Herr zu Mose geredet hatte, und gab es Israel zum Besitz, einem jeglichen Stamm seinen Teil. Und das Land kam zur Ruhe vom Krieg [Es folgt jetzt eine Aufzählung der Könige des Landes, die die Israeliten schlugen und nahmen ihr Land ein jenseits des Jordans nach Osten vom Arnonfluß bis an den Berg Hermon und das ganze Jordantal im Osten] (Jos 11-12, zum Teil stark gekürzt).

 

Die Verteilung des Landes:

Als nun Josua alt war und wohl betagt, sprach der Herr zu ihm: „Du bist alt geworden und wohl betagt, und es bleibt noch sehr viel von dem Land einzunehmen (es folgt eine Aufzählung). Ich will sie alle vertreiben vor den Israeliten. Wirf nur das Los, um alles aufzuteilen unter Israel, wie ich dir geboten habe. eile dies Land zum Besitz unter die neun Stämme und unter den halben Stamm Manasse.

Denn die Rubeniter und Gaditer haben mit dem anderen halben Stamm Manasse schon ihr Erbteil empfangen, das ihnen Mose gab jenseits des Jordans (es folgt wieder eine Aufzählung)!“ Aber dem Stamm der Leviten gab er kein Erbteil, denn die Feueropfer für den Herrn sind ihre Aufgabe, er selbst ist ihr Erbteil, wie er zu ihnen geredet hat.

Jetzt folgt die Aufzählung der Gebiete für die einzelnen Stämme, zunächst das Ostjordanland, dann das Westjordanland. Kaleb, der einst das Land ausgekundschaftet hatte, erhält Hebron als Erbteil. Dort wohnen die Enakiter in festen Städten. Aber er will sie vertreiben, wie der Herr geredet hat. Die Grenzen des Stammes Juda werden besonders genau beschrieben. In Jerusalem wohnten die Jebusiter. Die konnten die Judäer nicht vertreiben, deshalb blieben sie mit den Judäern in Jerusalem bis auf diesen Tag [Erst König David eroberte Jerusalem].

Auch das Gebiet des Stammes Joseph wird sehr genau beschrieben, unterteilt in den Stamm Manasse und den Stamm Ephraim. Weil die sich aber beschweren, sagt Josua zu ihnen: „Weil du so groß bist, sollst du nicht nur e i n Los haben, sondern das Gebirge soll dir gehören. Den Wald haue um, und er wird dein sein, soweit er reicht. Dann wirst du die Kanaaniter vertreiben, obwohl sie eiserne Wagen haben, denn du wirst mächtiger sein als sie!“

Es waren aber immer noch sieben Stämme der Israeliten, denen ihr Erbteil nicht ausgeteilt war. Josua sprach: „Wie lange seid ihr so lässig, daß ihr nicht hingeht, das Land einzunehmen, das euch der Herr, euer Väter Gott, gegeben hat? Nehmt euch aus jedem Stamm drei Männer, daß ich sie sende und sie sich aufmachen und durchs Land gehen. Teilt das Land in sieben Teile und schreibt sie auf und bringt sie zu mir hierher, so will ich euch das Los werfen hier vor dem Herrn!“

So gingen die Männer hin und durchzogen das Land und schrieben es auf in ein Buch, Stadt für Stadt, und kamen zu Josua ins Lager nach Silo. Da warf Josua das Los über sie zu Silo vor dem Herrn und teilte dort das Land auf unter die Israeliten. Der Stamm Benjamin erhält seinen Platz zwischen den Juda im Süden und Joseph im Norden (es folgt eine genauere Beschreibung). Dann wird auch das Erbteil der übrigen sechs Stämme verteilt.

Zum Schluß gaben die Israeliten Josua ein Erbteil. Sie gaben ihm nach dem Befehl des Herrn die Stadt Thimnath-Serah auf dem Gebirge Ephraim, die er gefordert hatte. Er baute die Stadt auf und wohnte darin (Jos 13 - 19, sehr stark gekürzt).

 

Bestimmung von Freistädten:

Der Herr redete mit Josua und sprach: „Sage den Israeliten: Bestimmt unter euch Freistädte, von denen ich euch durch Mose gesagt habe. Dann kann dann ein Totschläger fliehen, der jemand aus Versehen und ohne Vorsatz erschlägt, daß sie eine Freistätte seien vor dem Bluträcher. Wer zu einer dieser Städte flieht, soll stehen draußen vor dem Stadttor und vor den Ältesten der Stadt seine Sache vortragen. Dann sollen sie ihn zu sich in die Stadt nehmen und ihm Raum geben, daß er bei ihnen wohne. Und wenn der Bluträcher ihm nachjagt, sollen sie den Totschläger nicht in seine Hände übergeben, weil er ohne Vorsatz seinen Mitmenschen erschlagen hat und ist ihm vorher nicht feind gewesen ist. So soll er in der Stadt wohnen, bis er vor der Gemeinde vor Gericht gestanden hat, und bis der Hohepriester gestorben ist, der in dieser Zeit im Amt ist. Dann darf der Totschläger wiederkommen in seine Stadt und in sein Haus, aus dem er geflohen ist!“ Da weihten sie Kedesch in Galiläa, Sichem auf dem Gebirge Ephraim, Hebron auf dem Gebirge Juda und Bezer und Gilead im Ostjordanland (Jos 20, leicht gekürzt).

 

Wohnstätten der Leviten:

Da traten herzu die obersten Väter unter den Leviten zu den Priestern Eleasar und Josua und zu den obersten Vätern unter den Stämmen der Israeliten und redeten mit ihnen in Silo: „Der Herr hat uns geboten durch Mose, daß man uns Städte zum Wohnen geben soll und Weideplätze für unser Vieh!“ Da gaben die Israeliten den Leviten von ihren Erbteilen etwas ab nach dem Befehl des Herrn (Es folgt die Aufzählung der Städte der Leviten).

So gab der Herr Israel alles Land, wie er ihren Vätern geschworen hatte, daß er es ihnen geben werde, und sie nahmen es ein und wohnten darin. Und der Herr gab ihnen Ruhe ringsumher, wie er ihren Vätern geschworen hatte, und keiner ihrer Feinde stand gegen sie, sondern alle ihre Feinde gab er in ihre Hände. Es war nichts weggefallen von all dem gutenWort, das der Herr dem Hause Israel verheißen hatte (Jos 21).

 

Entlassung der Ostjordanstämme:

Da rief Josua die Rubeniter und Gaditer und den halben Stamm Manasse und sprach zu ihnen: „Ihr habt alles gehalten, was euch Mose geboten hat, und habt meiner Stimme gehorcht in allem, was ich euch geboten habe. Ihr habt eure Brüder die ganze Zeit bis auf diesen Tag nicht verlassen und habt festgehalten an dem Gebot des Herrn. Weil nun der Herr eure Brüder zur Ruhe gebracht hat, so ziehet hin zu euren Wohnstätten im Lande eures Erbes jenseits des Jordans. Achtet aber nur darauf, daß ihr tut nach dem Gebot und Gesetz, das euch Mose geboten hat, daß ihr den Herrn liebt und euer Leben führt auf allen seinen Wegen und seine Gebote haltet und ihm anhängt und ihm dient von ganzem Herzen und von ganzer Seele!“ So segnete sie Josua und ließ sie gehen.

So gingen sie zu ihren Wohnstätten. Als sie zu den Steinkreisen am Jordan kamen, bauten die Rubeniter, Gaditer und der halbe Stamm Manasse dort einen großen und ansehnlichen Altar. Als aber die Israeliten das hörten, versammelten sie sich mit der ganzen Gemeinde in Silo, um gegen sie zu Felde zu ziehen

Sie sandten zu ihnen den Priester Pinehas (den Sohn Eleasars) und mit ihm zehn oberste Fürsten, aus jedem Stamm Israels einen. Als diese zu ihnen kamen, redeten sie mit ihnen und sprachen: „So läßt euch die ganze Gemeinde des Herrn sagen: Wie versündigt ihr euch an dem Gott Israels, daß ihr euch heute abkehrt von dem Herrn und euch einen Altar baut und ihr abfallt von dem Herrn? Ihr wendet euch heute von dem Herrn weg. Heute lehnt ihr euch auf gegen den Herrn, morgen wird er über die ganze Gemeinde Israel zürnen. Haltet ihr das Land eures Erbes für unrein, dann kommt herüber in das Land, das dem Herrn gehört und wo die Wohnung des Herrn steht, und macht euch ansässig unter uns. Aber lehnt euch nicht auf gegen den Herrn und gegen uns, indem ihr euch einen Altar baut außer dem Altar des Herrn, unsers Gottes!“

Da antworteten die Kinder Ruben und die Kinder Gad und der halbe Stamm Manasse und sagten zu den Häuptern Israels: „Der starke Gott weiß es und so wisse es Israel auch: Wenn wir abfallen oder sündigen gegen den Herrn, so helfe er uns heute nicht! Wenn wir darum den Altar gebaut hätten, um uns von dem Herrn abzuwenden, so bestrafe uns Gott. Wir haben es vielmehr aus der Sorge herausgetan, eure Kinder könnten künftig zu unsern Kindern sagen:
‚Was geht euch der Herr, der Gott Israels, an? Der Herr hat den Jordan zur Grenze gesetzt zwischen uns und euch, den Rubeniten und Gaditen. Ihr habt keinen Teil am Herrn‘. Damit würden eure Kinder unsre Kinder von der Furcht des Herrn abwenden.

 

Sie erläutern weiter: „Darum sprachen wir: Laßt uns einen Altar bauen, nicht zum Brandopfer noch zu andern Opfern, sondern daß er ein Zeuge sei zwischen uns und euch und unseren Nachkommen, daß wir dem Herrn dienen wollen mit unsern Opfern und eure Kinder heut oder morgen nicht sagen dürfen zu unsern Kindern: ‚Ihr habt keinen Teil an dem Herrn‘. Wir könnten sagen: ‚Seht wie der Altar des Herrn gebaut ist, den unsere Väter gemacht haben, nicht zum Brandopfer noch zu andern Opfern, sondern zum Zeugen zwischen uns und euch‘. Das sei ferne von uns, daß wir uns auflehnen gegen den Herrn und uns heute wollten von ihm abwenden und einen Altar bauen, außer dem Altar des Herrn, unsers Gottes, der vor seiner Wohnung steht!“

Als aber Pinehas, und die Obersten der Gemeinde diese Worte hörten, die die Rubeniten, Gaditer und Manasse sagten, gefielen sie ihnen wohl. Pinehas sprach zu ihnen: „Heute erkennen wir, daß der Herr unter uns ist, weil ihr euch nicht an dem Herrn versündigt habt mit dieser Tat. Nun habt ihr die Israeliten errettet aus der Hand des Herrn!“

Dann zogen Pinehas und die Obersten aus dem Lande Gilead wieder ins Land Kanaan zu den Israeliten und sagten es ihnen an. Das gefiel den Israeliten wohl, und sie lobten den Gott der Israeliten und sagten nicht mehr, daß sie gegen sie zu Felde ziehen wollten. Und die Rubeniten und die Gaditer nannten den Altar: „ Zeuge ist er zwischen uns, daß der Herr Gott ist!“ (Jos 22).

 

Josuas letzte Mahnung:

Nach langer Zeit, als der Herr hatte Israel zur Ruhe gebracht vor allen seinen Feinden umher und Josua nun alt und hoch betagt war, berief er das ganze Israel, ihre Ältesten, Häupter, Richter und Amtleute, und sprach zu ihnen: „Ich bin alt und hoch betagt, und ihr habt alles gesehen, was der Herr getan hat an allen diesen Völkern vor euch her. Denn der Herr, euer Gott, hat selber für euch gestritten. Seht, ich habe euch diese noch übrigen Völker durch das Los zugeteilt, einem jeden Stamm sein Erbteil, vom Jordan an bis zum großen Meer. So haltet nun fest daran, daß ihr haltet und tut alles, was geschrieben steht im Gesetzbuch des Mose, daß ihr nicht davon weicht, weder zur Rechten noch zur Linken, damit ihr euch nicht unter diese übrigen Völker vermengt, und nicht anruft noch schwört bei dem Namen ihrer Götter noch ihnen dient noch sie anbetet, sondern eurem Gott anhängt, wie ihr bis auf diesen Tag getan habt!“

Josua fährt fort: „Der Herr, euer Gott, streitet für euch, wie er zu euch geredet hat. Darum achtet mit Ernst darauf, daß ihr den Herrn liebhabt. Denn wenn ihr euch abwendet und diesen Völkern anhängt und euch mit ihnen verheiratet, so wißt, daß der euer Gott nicht mehr alle diese Völker vor euch vertreiben wird, sondern sie werden euch zum Fallstrick und Netz und zur Geißel in euren Rücken werden und zum Stachel in eure Augen, bis ihr ausgerottet seid aus dem guten Land!“

Josua schließt mit den Worten: „Siehe, ich gehe heute dahin wie alle Welt, und ihr sollt wissen von ganzem Herzen und von ganzer Seele, daß nichts weggefallen ist von all dem Guten, das der Herr euch verheißen hat. Es ist alles gekommen und nichts ausgeblieben. Wie nun alles das gute Wort gekommen ist, das der Herr euch verheißen hat, so wird der Herr auch über euch kommen lassen all das böse Wort, bis er euch vertilge von diesem guten Land. Wenn ihr übertretet den Bund des Herrn und hingeht und andern Göttern dient und sie anbetet, so wird der Zorn des Herrn über euch entbrennen und ihr werdet bald ausgerottet sein aus dem guten Land, das er euch gegeben hat“ (Jos 23).

 

 

Versammlung in Sichem:

Josua versammelte alle Stämme Israels in Sichem und berief die Ältesten Israels, die Häupter, Richter und Amtleute. Und da sie vor Gott getreten waren, sprach er zum ganzen Volk: „So sagt der Herr, der Gott Israels: Eure Väter wohnten vorzeiten jenseits des Flusses Euphrat und dienten andern Göttern.

Da nahm ich euren Vater Abraham von jenseits des Euphrat und ließ ihn wandern im ganzen Land Kanaan und vermehrte seine Familie und gab ihm Isaak. Isaak gab ich Jakob und Esau. Ich ließ Esau das Gebirge Seir besitzen. Jakob aber und seine Kinder zogen hinab nach Ägypten. Da sandte ich Mose und Aaron und plagte Ägypten.

Danach führte ich euch und eure Väter aus Ägypten. Und als ihr an das Meer kamt und die Ägypter euren Vätern nachjagten mit Wagen und Reitern ans Schilfmeer, da schrieen sie zum Herrn. Der setzte eine Finsternis zwischen euch und die Ägypter und führte das Meer über sie, und es bedeckte sie. Und eure Augen haben gesehen, was ich an den Ägyptern getan habe. Und ihr habt gewohnt in der Wüste eine lange Zeit. Ich habe euch gebracht in das Land der Amoriter, die jenseits des Jordans wohnten. Als sie gegen euch stritten, gab ich sie in eure Hände, damit ihr deren Land besitzen konntet, und vertilgte sie vor euch her.

Als ihr über den Jordan gingt und nach Jericho kamt, stritten gegen euch die Bürger von Jericho, aber ich gab sie in eure Hände. Ich sandte Angst und Schrecken vor euch her, die trieben die zwei Könige der Amoriter vor euch her, nicht dein Schwert oder dein Bogen. Ich habe euch ein Land gegeben, um das ihr euch nicht gemüht habt, und Städte, die ihr nicht gebaut habt, und ihr eßt von Weinbergen und Ölbäumen, die ihr nicht gepflanzt habt.

So fürchtet nun den Herrn und dient ihm treu und rechtschaffen. Laßt fahren die Götter, denen eure Väter gedient haben jenseits des Euphrats und in Ägypten, und dient dem Herrn. Gefällt es euch aber nicht, dem Herrn zu dienen, so wählt heute, wem ihr dienen wollt: den Göttern, denen eure Väter gedient haben jenseits des Euphrats oder den Göttern der Amoriter, in deren Land ihr wohnt. Ich aber und meine Familie wollen dem Herrn dienen.

Da antwortete das Volk und sprach: Das kommt nicht in Frage, daß wir den Herrn verlassen und andern Göttern dienen! Denn der Herr hat uns und unsere Vorfahren aus Ägypten herausgeführt, aus der Sklaverei, und hat vor unsern Augen solche große Zeichen getan und uns behütet auf dem ganzen Weg, den wir gezogen sind, und unter allen Völkern, durch die wir gezogen sind, und hat ausgestoßen vor uns her alle Völker der Amoriter, die im Land wohnten. Darum wollen wir auch dem Herrn dienen, denn er ist unser Gott.

Josua sprach zu dem Volk: „Ihr könnt dem Herrn nicht dienen, denn er ist ein heiliger Gott, ein eifernder Gott, der eure Übertretungen und Sünden nicht vergeben wird. Wenn ihr den Herrn verlaßt und fremden Göttern dient, so wird er sich abwenden und euch plagen und euch ausrotten, nachdem er euch Gutes getan hatte!“ Das Volk aber sprach zu Josua: „Nein, sondern wir wollen dem Herrn dienen!“ Da sprach Josua zum Volk: „Ihr seid Zeugen gegen euch selbst, daß ihr euch den Herrn erwählt habt, um ihm zu dienen!“ Und sie sprachen: „Ja!“ Josua fuhr fort: „So tut nun von euch die fremden Götter, die unter euch sind, und neigt euer Herz zu dem Herrn, dem Gott Israels!“ Das Volk sprach zu Josua: „Wir wollen dem Herrn, unserm Gott, dienen und seiner Stimme gehorchen!“

So schloß Josua an diesem Tag einen Bund mit dem Volk und legte ihnen in Sichem die Gesetze und Rechte des Bundes vor. Er schrieb alles ins Gesetzbuch Gottes und nahm einen großen Stein und richtete ihn dort unter einer Eiche auf, die bei dem Heiligtum des Herrn war.

Dann sprach er zum ganzen Volk: „Dieser Stein soll Zeuge sein unter uns, denn er hat gehört alle Worte des Herrn, die er mit uns geredet hat. Er soll ein Zeuge unter euch sein, daß ihr euren Gott nicht verleugnet!“ Dann ließ Josua das Volk gehen, einen jeden auf seinen Besitz.

Josua starb im Alter von hundertundzehn Jahren und man begrub ihn in der Grenze seines Besitzes. Israel diente dem Herrn, solange Josua lebte und die Ältesten, die alle die Werke des Herrn wußten, die er an Israel getan hatte. Die Gebeine Josephs, die die Israeliten hatten aus Ägypten mitgebracht hatten, begruben sie in Sichem in dem Stück Feld, das Jakob kaufte von den Einheimischen und das Besitz der Nachkommen Josephs war (Josua 24, am Schluß gekürzt).

 

 

 

 

Das Buch Richter

 

[Geschildert wird die Zeit nach der Landnahme (Buch Josua) bis kurz vor Beginn der Königszeit unter Saul (etwa 1050 vCh). In dieser Zeit wurde Israel durch Richter regiert. Die bekanntesten sind die Richterin Debora und die Richter Gideon und Simson (Samson) sowie Samuel, unter dem die Richterzeit endete und die Königszeit begann.

Nur die sogenannten kleinen Richter hatten eine überwiegend juristische Aufgabe. Die eigentlichen Richter aber hatten eine politisch-militärische Komponente. Von der Rechtsprechung berichtet das Buch nicht. Die verschiedenen Kapitel des Richterbuches handeln vielmehr in verschiedenen Teilen den Siedlungsraum der Stämme.

Die Erzählungen der sogenannten großen Richter Otniël, Ehud, Schamgar, Debora und Barak, Gideon, Abimelech, Tola, Jaïr, Jeftah, Ibzan, Elon, Abdon und Simson (Samson) folgen dem immer gleichen Kreislauf: Abfall Israels von Jahwe und Anbetung von Baal oder anderen kanaanäischen Göttern, Bedrohung und Unterdrückung durch Fremdvölker , Hilfeschrei zu Jahwe , Erweckung eines Richters (Retters) durch Jahwe, Rettung Israels durch den Richter, erneuter Abfall Israels von Jahwe. Die Betonung der Rettung Israels nur durch ihren Gott ist ein starker Hinweis auf einen Deuteronomisten als Redaktor des Buches.

Das Buch beginnt mit der Fortführung der geschichtlichen Erzählung über die Landnahme Israels, die direkt an die Erzählungen im Buch Josua anschließt. Einige der Völker in den eroberten Gebieten können jedoch nicht ganz vernichtet werden, das Gebiet von Gaza bleibt von den Philistern besetzt. Gott droht, weil die Israeliten nicht die Bewohner des Landes vertrieben oder umbrachten und die Altäre der fremden Gottheiten niederrissen.

Der folgende Abschnitt über Josuas Tod gehört chronologisch an den Anfang des Buches, vor die Landnahme der einzelnen Stämme. Nachdem die ganze Generation Josuas, die mit ihm über den Jordan geschritten war, gestorben war, erinnerte sich Israel nicht mehr an die Taten Jahwes und diente anderen Göttern. Wegen der Verfehlungen des Volkes wird es große Not leiden müssen, dann wird Gott einen Richter schicken, um das Volk zu erlösen. Zeit seines Lebens wird dann Friede herrschen, danach verfällt das Volk wieder zu bösem Treiben. Es folgt eine kurze Liste der Völker, die nach der Landnahme weiterhin unter den Israeliten wohnten. Es folgen die Erzählungen der vierzehn wichtigsten Richter].

 

 

Kämpfe bei der Einwanderung:

Nach dem Tod Josuas fragten die Israeliten den Herrn und sprachen: „Wer soll unter uns zuerst hinaufziehen, Krieg zu führen gegen die Kanaaniter?“ Der Herr sprach: „Juda soll hinaufziehen. Siehe, ich habe das Land in seine Hand gegeben!“ Da sprach Juda zu seinem Bruder Simeon: „Zieh mit mir hinauf in mein Erbteil und laß uns gegen die Kanaaniter kämpfen, so will ich wieder mit dir ziehen in dein Erbteil!“ So zog Simeon mit ihm. Als nun Juda hinaufzog, gab der Herr die Kanaaniter und Pheresiter in ihre Hände, und sie schlugen zehntausend Mann. Als der König floh, sie jagten ihm nach, und als sie ihn ergriffen, hieben sie ihm die Daumen ab an seinen Händen und Füßen. Die Judäer kämpften auch gegen Jerusalem und gewannen es und schlugen es mit der Schärfe des Schwerts und zündeten die Stadt an [In Wirklichkeit hat erst David die Stadt erobert. In Vers 21 heißt es dann auch richtig: „Die Benjaminiter vertrieben die Jebusiter nicht, die zu Jerusalem wohnten, sondern die Jebusiter wohnten bei den Kindern Benjamin in Jerusalem bis auf diesen Tag] (Nun wird geschildert, wie Juda und die anderen Stämme ihr Gebiete erobern) (Ri 1, gekürzt).

 

Israels Untreue:

Als alle, die zur Zeit Josuas gelebt hatten, gestorben waren, kam nach ihnen eine andere Generation auf, die den Herrn nicht kannte noch sein Werke, die er an Israel getan hatte. Da taten die Israeliten übel vor dem Herrn und dienten den Baalen (= Götter der Kanaaniter) und verließen den Herrn, ihrer Väter Gott, der sie aus Ägyptenland geführt hatte, und folgten andern Göttern nach von den Göttern der Völker, die um sie her wohnten, und beteten sie an und erzürnten den Herrn.

Da ergrimmte der Zorn des Herrn über Israel und ergab sie in die Hand der Räuber und verkaufte sie in die Hände ihrer Feinde ringsumher. Und sie konnten nicht mehr ihren Feinden widerstehen, sondern sooft sie auszogen, da war des Herrn Hand gegen sie zum Unheil, wie der Herr ihnen gesagt und geschworen hatte. Sie wurden hart gedrängt. Und wenn dann der Herr Richter auferweckte, die ihnen halfen aus der Hand der Räuber, dann gehorchten sie den Richtern auch nicht, sondern liefen andern Göttern nach und beteten sie an und wichen bald von dem Weg, auf dem ihre Väter gegangen waren, als sie des Herrn Geboten gehorcht. Sie taten jedoch nicht wie diese.

Wenn aber der Herr ihnen Richter erweckte, so war der Herr mit dem Richter und half ihnen aus der Hand ihrer Feinde, solange der Richter lebte. Denn es jammerte den Herrn ihr Wehklagen über die, die sie unterdrückten und bedrängten. Wenn aber der Richter starb, so wandten sie sich ab und trieben es Ärger als ihre Väter, indem sie anderen Göttern folgten, um ihnen zu dienen und sie anzubeten. Sie ließen nicht von ihrem Tun ab noch von ihrem halsstarrigen Leben.

Darum entbrannte der Zorn des Herrn über Israel, daß er sprach: „Weil dies Volk meinen Bund übertreten hat, den ich ihren Vätern geboten habe, so will ich in Zukunft die Völker nicht vertreiben, die Josua hat gelassen, als er starb, damit ich Israel durch sie prüfe, ob sie auf dem Weg des Herrn bleiben und darauf gehen, wie ihre Väter auf dem Weg geblieben sind, oder nicht. So ließ der Herr diese Völker übrig, die er nicht in Josuas Hand übergeben hatte (Ri 2, Anfang gekürzt)(Es folgt eine Liste der Völker, mit denen die Israeliten zusammen wohnten und mit denen sie sich vermischten)(Ri 2,1 - 3,6).

 

Der Richter Othniel:

Die Israeliten taten übel vor dem Herrn und vergaßen ihren Gott, und dienten den Baalen und den Astarten. Da entbrannte der Zorn des Herrn über Israel, und er verkaufte sie an den König von Mesopotamien, und dienten die Israeliten ihm acht Jahre.

Da schrieen die Israeliten zu dem Herrn, und der Herr erweckte ihnen einen Retter, der sie erlöste: Othniel, Kalebs jüngsten Bruder. Der Geist des Herrn kam auf ihn, und er wurde Richter in Israel und zog aus zum Kampf. Und der Herr gab den König von Mesopotamien in seine Hand. Da hatte das Land vierzig Jahre Ruhe, bis Othniel starb (Ri 3,7-11).

 

Die Richter Ehud und Schamgar:

Aber die Israeliten taten wieder, was dem Herrn mißfiel. Da machte der Herr den König der Moabiter Eglon stark gegen Israel, weil sie taten, was dem Herrn mißfiel. Er sammelte zu sich die Ammonitern und die Amalekiter und zog hin und schlug Israel und nahm die Palmenstadt ein. Die Israeliten dienten Eglon achtzehn Jahre.

Da schrieen sie zu dem Herrn. Und der Herr erweckte ihnen einen Retter: den Benjaminiter Ehud, den Sohn Geras, der war linkshändig. Und als die Israeliten durch ihn Tribut an Eglon sandten, machte sich Ehud ein zweischneidiges Schwert, dreißig Zentimeter lang, und gürtete es unter sein Gewand auf seine rechte Hüfte. Er brachte den Tribut dem König der Moabiter. Eglon aber war ein sehr fetter Mann. Und als Ehud den Tribut hatte überantwortet, entließ er die Leute, die den Tribut getragen hatten,

Er selbst kehrte um bei den Steinbildern in Gilgal und ließ sagen: „König, ich habe dir heimlich etwas zu sagen!“ Der König gebot: „Hinaus!“ Da gingen alle hinaus, die um ihn standen.

Ehud kam zu ihm hinein. Der König saß oben in seinem kühlen Dachgarten, der für ihn allein bestimmt war. Ehud sprach: „Ich habe ein Wort Gottes an dich!“ Da stand er auf von seinem Thron. Ehud aber reckte seine linke Hand aus und nahm das Schwert von seiner rechten Hüfte und stieß es ihm in den Bauch, so daß außer der Schneide auch der Griff hineinfuhr und das Fett die Schneide umschloß, denn er zog das Schwert nicht aus seinem Bauch.

Ehud ging zum Saal hinaus und machte die Tür des Dachgartens hinter sich zu und verschloß sie. Als er nun hinausgegangen war, kamen die Leute des Königs und sahen, daß die Tür verschlossen war. Sie sprachen: „Er ist vielleicht austreten gegangen in der Toilette am Dachgarten!“ Als sie aber so lange gewartet hatten und niemand die Tür des Dachgartens auftat, nahmen sie den Schlüssel und schlossen auf. Siehe, da lag ihr Herr tot auf der Erde.

Ehud aber war entronnen, während sie gewartet hatten, und ging an den Steinbildern vorüber und entkam bis nach Seira. Als er hineinkam, blies er die Posaune auf dem Gebirge Ephraim. Und die Israeliten zogen mit ihm vom Gebirge und er vor ihnen her. Er sprach zu ihnen: „Mir nach, denn der Herr hat euch die Moabiter in eure Hände gegeben!“ Und sie jagten ihm nach und besetzten die Furten am Jordan, die nach Moab gehen, und ließen niemand hinüber. Sie erschlugen die Moabiter zu der Zeit, etwa zehntausend Mann, alles starke und streitbare Männer, sodaß auch nicht einer entrann. So wurden die Moabiter zu jener Zeit unter die Hand der Israeliten gedemütigt. Und das Land hatte achtzig Jahre Ruhe.

Nach Ehud kam Samgar, der Sohn Anaths. Der erschlug sechshundert Philister mit einem Ochsenstecken, und auch er errettete Israel (Ri 3,12-31).

 

Die Richterin Debora und Barak:

Als Ehud gestorben war, taten die Israeliten wieder, was dem Herrn mißfiel. Deshalb verkaufte sie der Herr in die Hand Jabins, des Königs von Hazor, dessen Feldhauptmann Sisera war. Die Israeliten schrieen zum Herrn, denn Jabin hatte neunhundert eiserne Wagen und unterdrückte die Israeliten mit Gewalt zwanzig Jahre lang. Zu der Zeit war Richterin in Israel die Prophetin Debora. Sie hatte ihren Sitz unter einer Palme zwischen Rama und Bethel auf dem Gebirge Ephraim. Die Israeliten kamen zu ihr hinauf zum Gericht.

Debora ließ Barak rufen, den Sohn Abinoams, und ließ ihm sagen: „Hat dir nicht der Herr geboten: Geh hin und zieh auf den Berg Tabor und nimm zehntausend Mann mit dir aus den Stämmen Naphthali und Sebulon? Ich aber will dir Sisera mit seinen Wagen und mit seinem Heer zuführen an den Bach Kison und will ihn in deine Hände geben!“

Barak sprach zu Debora: „Wenn du mit mir ziehst, so will ich auch ziehen; ziehst du aber nicht mit mir, so will ich auch nicht ziehen!“ Sie sprach: „Ich will mit dir ziehen, aber der Ruhm wird nicht dein sein auf diesem Kriegszug, sondern der Herr wird Sisera in die Hand einer Frau übergeben!“

So machte sich Debora auf und zog mit Barak nach Kedesch. Da rief Barak die Stämme Sebulon und Naphthali nach Kedesch. Und es zogen hinauf mit ihm zehntausend Mann. Debora zog auch mit ihm. Da wurde Sisera angesagt, daß Barak auf den Berg Tabor gezogen wäre. Er rief alle seine Kriegswagen zusammen, neunhundert eiserne Wagen, und das ganze Volk, das mit ihm war, an den Bach Kison.

Debora aber sprach zu Barak: „Auf! Das ist der Tag, an dem dir der Herr den Sisera in deine Hand gegeben hat, denn der Herr ist ausgezogen vor dir her!“ So zog Barak von dem Berg Tabor herab und die zehntausend Mann ihm nach.

Aber der Herr erschreckte den Sisera samt allen seinen Wagen und seinem ganzem Heer. Sie erschraken alle vor der Schärfe von Baraks Schwert, so daß Sisera von seinem Wagen sprang und zu Fuß floh. Barak aber jagte den Wagen und dem Heer nach. Und das ganze Heer Siseras fiel vor der Schärfe des Schwerts, daß nicht einer übrigblieb.

Sisera aber floh zu Fuß in das Zelt Jaels, der Frau des Keniters Heber. Denn der König Jabin von Hazor und die Familie des Keniters Heber lebten miteinander im Frieden. Jael aber ging heraus, Sisera entgegen, und sprach zu ihm: „Mein Herr, kehre ein bei mir und fürchte dich nicht!“ Sisera kehrte bei ihr ein in das Zelt, und sie deckte ihn mit einer Decke zu. Er aber sprach zu ihr: „Gib mir doch ein wenig Wasser zu trinken, denn ich habe Durst!“ Da öffnete sie den Schlauch mit Milch und gab ihm zu trinken und deckte ihn zu. Er sprach zu ihr: „Tritt in die Tür des Zelts, und wenn jemand kommt und fragt, ob jemand hier sei, so sprich: Niemand!“

Da nahm Jael einen Pflock von dem Zelt und einen Hammer in ihre Hand und ging leise zu ihm hinein und schlug ihm den Pflock durch seine Schläfe, daß er in die Erde drang. Er aber war ermattet in tiefen Schlaf gesunken. So starb er.

Als aber Barak Sisera nachjagte, ging Jael heraus, ihm entgegen, und sprach zu ihm: „Komm her, ich will dir den Mann zeigen, den du suchst!“ Und als er zu ihr hineinkam, lag Sisera tot, und der Pflock steckte in seiner Schläfe. So demütigte Gott zu der Zeit Jabin vor den Israeliten. Und die Hand der Israeliten legte sich immer härter auf Jabin, bis sie ihn vernichteten (Ri 4). Es folgt ein Gedicht, das Deborahs Siegeslied sein soll (Ri 5)

 

Der Richter Gideon:

Das Land hatte vierzig Jahre Ruhe. Ab r als die Israeliten taten, was dem Herrn mißfiel, gab sie der Herr unter die Hand der Midianiter sieben Jahre. Aber als die Hand der Midianiter zu stark wurde über Israel, machten sich die Israeliten in den Bergen Schluchten zurecht und Höhlen und Festungen.

Immer wenn Israel etwas gesät hatte, kamen die Midianiter und Amalekiter und die aus dem Osten herauf über sie und lagerten sich gegen sie und vernichteten die Ernte auf dem Land bis hinan nach Gaza und ließen nichts übrig an Nahrung in Israel, weder Schafe noch Ochsen noch Esel. Denn sie kamen herauf mit ihrem Vieh und ihren Zelten wie eine große Menge Heuschrecken, so daß weder sie noch ihre Kamele zu zählen waren, und fielen ins Land, um es zu verderben.

So wurde Israel sehr schwach vor den Midianitern. Da schrieen die Israeliten zu dem Herrn. Als sie aber zu dem Herrn schrieen wegen der Midianiter, sandte der Herr einen Propheten zu ihnen, der sprach zu ihnen: „So spricht der Herr, der Gott Israels: Ich habe euch aus Ägypten geführt und aus der Sklaverei gebracht und habe euch errettet von der Hand der Ägypter und von der Hand aller, die euch bedrängen, und habe sie vor euch her ausgestoßen und euch ihr Land gegeben und zu euch gesprochen: Ich bin der Herr, euer Gott! Ihr sollt nicht fürchten die Götter der Amoriter, in deren Land ihr wohnt. Aber ihr habt meiner Stimme nicht gehorcht!“

Der Bote Gottes kam und setzte sich unter eine Eiche bei Ophra, die Joas gehörte. Sein Sohn Gideon drosch Weizen in der Kelter, daß er ihn sichere vor den Midia­ni­tern, erschien ihm der Bote des Herrn und sprach zu ihm: „Der Herr sei mit dir, du streitbarer Held!“ Gideon aber sprach zu ihm: „Mein Herr, wenn der Herr mit uns ist, warum ist uns denn das alles widerfahren? Wo sind alle die Wunder, die uns unsere Väter erzählten und sprachen: Der Herr hat uns aus Ägypten geführt? Nun aber hat uns der Herr verstoßen und in die Hände der Midianiter gegeben!“

Der Herr aber wandte sich zu ihm und sprach: „Geh hin in dieser deiner Kraft. Du sollst Israel erretten aus den Händen der Midianiter. Siehe, ich habe dich gesandt!“ Gideon aber sprach zu ihm: „Mein Herr, womit soll ich Israel erretten? Siehe, meine Sippe ist die geringste in Manasse, und ich bin der Jüngste in meines Vaters Haus!“ Der Herr aber sprach zu ihm: „Ich will mit dir sein, daß du die Midianiter schlagen sollst wie einen einzelnen Mann!“ Gideon aber sprach zu ihm: „Habe ich Gnade vor dir gefunden, so mache mir doch ein Zeichen, daß du es bist, der mit mir redet. Geh nicht fort, bis ich zu dir komme und bringe meine Gabe und lege sie vor dir hin!“ Er sprach: „Ich will bleiben bis daß du wiederkommst!“

Gideon ging hin und richtete ein Ziegenböcklein zu und ungesäuerte Brote und legte das Fleisch in eine Korb und tat die Brühe in einen Topf und brachte es zu ihm heraus unter die Eiche und trat herzu. Aber der Gottesbote sprach zu ihm: „Nimm das Fleisch und die Brote und lege es hin auf den Fels, und gieß die Brühe darüber!“ Gideon machte das. Da streckte der Bote des Herrn den Stab aus, den er in der Hand hatte, und berührte mit der Spitze das Fleisch und die Brote. Da fuhr Feuer aus dem Fels und verzehrte das Fleisch und die Brote. Und der Gottesbote verschwand aus seinen Augen.

Als nun Gideon sah, daß es der Bote des Herrn war, sprach er: „Ach Herr, Herr! Habe ich wirklich den Gottesboten von Angesicht gesehen?“ Aber der Herr sprach zu ihm: „Friede sei mit dir! Fürchte dich nicht; du wirst nicht sterben!“ Da baute Gideon dort dem Herrn einen Altar und nannte ihn: „Der Herr ist der Friede“. Der steht noch bis auf diesen heutigen Tag in Ophra.

In derselben Nacht sprach der Herr zu ihm: Nimm einen jungen Stier unter den Stieren, die deinem Vaters gehören, und einen siebenjährigen Stier und zerbrich den Altar Baals, der deinem Vaters gehört, und haue das Ascherabild daneben um.

Dann baue dem Herrn oben auf der Höhe dieses Felsens einen Altar und rüste ihn zu und nimm den zweiten Stier und opfere ein Brandopfer mit dem Holz des Aschera­bildes, das du abgehauen hast!“ Da nahm Gideon zehn Männer von seinen Leuten und tat, wie ihm der Herr gesagt hatte. Aber er fürchtete sich, das vor seines Vaters Leuten und den Leuten in der Stadt am Tag zu tun, und tat es in der Nacht.

Als nun die Leute in der Stadt früh am Morgen aufstanden, da war der Altar Baals niedergerissen und das Ascherabild daneben abgehauen und der andere Stier ein Brandopfer auf dem Altar, der gebaut war. Und einer sprach zu dem andern: „Wer hat das getan?“ Als sie suchten und nachfragten, wurde gesagt: „Gideon, der Sohn des Joas, hat das getan!“

Da sprachen die Leute der Stadt zu Joas: „Gib deinen Sohn heraus. Er muß sterben, weil er den Altar Baals niedergerissen und das Ascherabild abgehauen hat!“ Joas aber sprach zu allen, die bei ihm standen: „Wollt ihr für Baal streiten? Wollt ihr ihm helfen? Wer um für ihn streitet, der soll noch an diesem Morgen sterben. Ist er ein Gott, so streite er für sich selbst, weil sein Altar niedergerissen ist!“ Man nannte Gideon von dem Tag an „Jerubbaal“ (= Baal streite mit ihm), weil er seinen Altar niedergerissen hat.

 Als nun alle Midianiter und Amalekiter und die aus dem Osten sich versammelt hatten und sie herüber zogen und sich lagerten sich in der Ebene Jesreel, erfüllte der Geist des Herrn den Gideon. Er ließ die Posaune blasen und rief die Leute des Joas, daß sie ihm folgten, und sandte Botschaft an ganz Manasse und rief sie an, daß sie ihm auch nachfolgten. Er sandte auch Botschaft an Asser und Sebulon und Naphthali; die kamen herauf, ihm entgegen.

Gideon sprach zu Gott: „Willst du Israel durch meine Hand erretten, wie du geredet hast, so will ich abgeschorene Wolle auf den Dreschplatz („Tenne“) legen. Wird der Tau allein auf der Wolle sein und der ganze Boden umher trocken, so will ich daran erkennen, daß du Israel durch meine Hand retten wirst, wie du geredet hast!“

Und so geschah es: Als er am anderen Morgen früh aufstand, drückte er den Tau aus der Wolle und füllte davon eine Schale voll mit Wasser. Gideon sprach zu Gott: „Dein Zorn ergrimme nicht gegen mich, daß ich noch einmal rede. Ich will es nur noch einmal versuchen mit der Wolle. Es sei allein auf der Wolle trocken und der Tau auf dem ganzen Boden!“ Und Gott machte es so in dieser Nacht, daß es allein auf der Wolle trocken war und Tau auf dem ganzen Boden.

Da machte sich Gideon früh auf und alle Krieger und lagerten sich an einer Quelle, sodaß er das Heer der Midianiter nördlich von einem Hügel im Tal hatte. Der Herr aber sprach zu Gideon: „Zu zahlreich ist das Volks, das bei dir ist, als daß ich Midian in ihre Hände geben sollte. Israel könnte sich rühmen mir gegen und sagen: Meine Hand hat mich errettet! So laß nun ausrufen vor den Ohren des Volks und sagen: Wer ängstlich und verzagt ist, der kehre um!“ So sichtet Gideon sie. Da kehrten vom Kriegsvolk zweiundzwanzigtausend um, so daß nur zehntausend übrigblieben.

Der Herr sprach zu Gideon: „Das Volk ist immer noch zu zahlreich. Führe sie sie hinab ans Wasser, dort will ich sie dir prüfen. Und von wem ich dir sagen werde, daß er mit dir ziehen soll, der soll mit dir ziehen. Von wem ich aber sagen werde, daß er nicht mit dir ziehen soll, der soll nicht ziehen!“.

Gideon führte das Volk hinab ans Wasser. Der Herr sprach zu Gideon: „Wer mit seiner Zunge Wasser leckt wie ein Hund, den stelle besonders; ebenso wer niederkniet, um zu trinken!“ es waren dreihundert Mann, die geleckt hatten. Alles übrige Volk hatte kniend ge­trunken, aus der Hand in den Mund.

Der Herr sprach zu Gideon: „Durch die dreihundert, die geleckt haben, will ich euch erretten und die Midianiter in deine Hände geben. Alles übrige Volk laß alles gehen an seinen Ort!“

Sie nahmen die Verpflegung des Volks und ihre Posaunen an sich. Und der Herr sprach in derselben Nacht zu Gideon: „Stehe auf und gehe hinab zum Lager der Midianiter, denn ich habe es in deine Hände gegeben. Fürchtest du dich aber hinabzugehen, so laß deinen Diener Pura mit dir hinabgehen zum Lager, damit du hörst, was sie reden. Danach werden deine Hände stark sein, und du wirst hinab ziehen zum Lager!“ Da ging Gideon mit seinem Diener Pura hinab vorn an den Ort der Schildwache.

Die Midianiter und Amalekiter und alle aus dem Osten hatten sich niedergelegt in der Ebene wie eine Menge Heuschrecken, und ihre Kamele waren nicht zu zählen vor der Menge wie der Sand am Ufer des Meers. Als nun Gideon kam, da erzählte ein Midianiter einem anderen einen Traum und sprach: „Ich träumte, ein Laib Gerstenbrot wälzte sich zum Heer der Midianiter. Er kam an das Zelt, stieß es um und kehrte das Oberste zu unterste, so daß das Zelt am Boden lag!“ Da antwortete der andere: „Das ist nichts anderes als das Schwert Gideons. Gott hat die Midianiter in seine Hände gegeben mit dem ganzen Heer!“

Als Gideon diesen solchen Traum erzählen hörte und seine Auslegung, fiel er anbetend nieder und kam wieder ins Heer Israels und sprach: „Macht euch auf, denn der Herr hat das Heer der Midianiter in eure Hände gegeben!“ Er teilte die dreihundert Mann in drei Haufen und gab einem jeden eine Posaune in seine Hand und leere Krüge mit Fackeln darin und sprach zu ihnen: „Seht auf mich und tut ebenso wie ich, wenn ich nun an das Lager komme. Wenn ich die Posaune blase und alle, die mit mir sind, so sollt ihr auch die Posaune blasen rings ums das ganze Heerlager und sprechen: Für den Herr und für Gideon!“

So kamen Gideon und hundert Mann mit ihm an das Lager, zu Anfang der mittleren Nachtwache, als sie eben die Wächter aufgestellt hatten, und bliesen mit Posaunen und zerschlugen die Krüge in ihren Händen. Da bliesen alle drei Heerhaufen mit Posaunen und zerbrachen die Krüge. Sie hielten aber die Fackeln in ihrer linken Hand und die Posaunen in ihrer rechten Hand, und riefen: „Hier Schwert des Herrn und Gideons!“

Und sie blieben stehen, jeder an seiner Stelle, rings um das Lager her. Da fing das ganze Heer der Midianiter an zu laufen und sie schrieen und flohen. Und während die dreihundert Mann die Posaunen bliesen, schaffte der Herr, daß sie im ganzen Heerlager das Schwert eines jeden gegen den andern war und das Heer floh.

Die Männer von Naphthali, von Asser und von ganz Manasse wurden zusammen gerufen und jagten den Midianitern nach. Gideon sandte Botschaft auf das ganze Gebirge Ephraim und ließ sagen: „Kommt herab, den Midianitern entgegen, und nehmt ihnen die Wasserstellen weg und auch den Jordan. Da eilten zusammen alle, die von Ephraim waren, und nahmen das Wasser weg. Gideons Männer fingen zwei Fürsten der Midianiter und erschlugen sie. Und sie jagten die Midianiter und brachten die Häupter der Midianiterfürsten zu Gideon über den Jordan.

Da sprachen die Männer von Ephraim zu Gideon: „Warum hast du uns das angetan, daß du uns nicht riefst, als du in den Kampf zogst gegen die Midianiter?“ Sie zankten heftig mit ihm. Er aber sprach zu ihnen: „Was habe ich jetzt getan, das eurer Tat gleich sei? Ist nicht die Nachlese Ephraims besser denn die ganze Weinernte der Leute des Joas? Gott hat die Fürsten der Midianiter in eure Hände gegeben. Was habe ich zu tun vermocht gegen das, was ihr getan habt?“ Als er so redete, ließ ihr Zorn von ihm ab.

Als nun Gideon an den Jordan kam, ging er hinüber mit den dreihundert Mann. Die waren müde und jagten den Feinden nach. Da bat er die Leute von Sukkoth: „Gebt doch dem Volk, das mir auf dem Fuße folgt, einige Brote, denn sie sind müde und ich muß den Königen der Midianiter nachjagen.

Aber die Obersten in Sukkoth sprachen: „Sind die Fäuste der Könige der Midianiter schon in deinen Händen, daß wir deinem Heer Brot geben sollen?“ Gideon sprach: „Wohlan, wenn der Herr die Midianiterkönige in meine Hand gibt, will ich euer Fleisch mit Dornen aus der Wüste und mit Stacheln zerdreschen!“ Da zog er von da hinauf nach Pnuel und redete das Gleiche zu ihnen. Aber die Leute in Pnuel antworteten ihm gleich wie die in Sukkoth. Da sprach er zu den Leuten in Pnuel: „Komme ich heil wieder, so will ich diese Burg niederreißen!“

Als nun Gideon vom Kampf wiederkam, griff er sich einen Jungen aus den Leuten in Sukkoth und fragte ihn aus. Der schrieb ihm die Obersten in Sukkoth und ihre Ältesten auf, insgesamt siebenundsiebzig Mann. Dann kam Gideon kam zu den Leuten in Sukkoth und sprach: „Hier sind die Midianiterkönige, um deretwillen ihr mich verspottet habt und spracht: Ist denn ihre Faust schon in deinen Händen, daß wir deinen müden Leuten Brot geben sollen?“ Er nahm die Ältesten der Stadt und holte Dornen aus der Wüste und Stacheln und ließ es die Leute in Sukkoth fühlen. Auch die Burg Pnuels riß er nieder und erschlug die Leute der Stadt.

Dann sprach Gideon zu den Midianiterkönigen: „Wie waren die Männer, die ihr am Berg Tabor erschlagen habt? Sie sprachen: „Sie waren wie du, jeder anzusehen wie ein Königssohn!“ Er aber sprach: „Es sind meine Brüder gewesen. So wahr der Herr lebt, wenn ihr sie am Leben gelassen hättet, würde ich euch nicht töten!“ Dann sprach er zu seinem erstgeborenen Sohn Jether: „Steh auf und töte sie!“ Aber der Junge zog sein Schwert nicht, denn er fürchtete sich, weil er noch so jung war. Die Midianiterkönige aber sprachen: „Steh du auf und mache dich an uns. Denn wie der Mann ist, ist auch seine Kraft!“ So stand Gideon auf und tötete die Midianiterkönige und nahm die kleinen Monde, die an den Hälsen ihrer Kamele waren.

 Da sprachen die Männer von Israel zu Gideon: „Sei Herrscher über uns, du und dein Sohn und deines Sohnes Sohn, weil du uns aus der Hand der Midianiter Hand errettet hast!“ Aber Gideon sprach zu ihnen: „Ich will nicht Herr sein über euch, sondern der Gott soll Herrscher über euch sein. Nur eins begehre ich von euch: Jeder gebe mir die Ringe, die er als Beute genommen hat!“

Sie sprachen: „Die wollen wir geben!“ Sie breiteten einen Mantel aus, und jeder warf die Ringe darauf, die er genommen hatte. Sie hatten ein Gewicht von tausendsiebenhundert Gramm Gold, ohne die kleinen Monde und Ohrringe und Purpurkleider, die die Könige der Midianiter getragen hatten, und ohne die Spangen ihrer Kamele.

Gideon machte ein Priestergewand („ Ephod“) daraus und stellte ihn in seiner Stadt Ophra auf. Ganz Israel trieb dort mit ihm Abgötterei. So wurde er Gideon und seiner Familie zum Fallstrick. Dennoch hatte das Land vierzig Jahre Ruhe, solange Gideon lebte.

Gideon hatte siebzig Söhne, denn er hatte viele Frauen. Auch seine Nebenfrau, die er in Sichem hatte, gebar ihm einen Sohn, den nannte er „Abimelech“. Gideon starb im hohen Alter und wurde begraben im Grab seines Vaters in Ophra.

Als aber Gideon gestorben war, wandten sich die Israeliten von Gott ab und liefen den Baalen nach und machten den Baal-Berith zu ihrem Gott. Die Israeliten dachten nicht mehr an den Herrn, der sie errettet hatte von der Hand aller ihrer Feinde ringsumher. Sie zeigten sich nicht dankbar gegenüber der Familie Gideons, für all das Gute, das er an Israel getan hatte (Ri 5,32- 8,35, am Schluß gekürzt).

 

Abimelelchs Königtum:

Gideon Sohn Abimelech ging hin nach Sichem zu den Brüdern seiner Mutter und redete mit ihnen und mit der ganzen Sippe und sprach: „Redet doch zu den Männern von Sichem: Was ist besser für euch, daß alle Kinder Gideons über euch Herrscher sind, oder daß ein Mann über euch der Herrscher ist? Denkt dabei auch daran, daß ich euer Knochen und Fleisch bin!“

Da redeten die Brüder seiner Mutter alle diese Worte zu den Männern von Sichem. Und ihr Herz neigte sich Abimelech zu, denn sie dachten: Er ist unser Bruder!

Und sie gaben ihm siebzig Silberstücke aus dem Tempel des Baal-Berith. Abimelech warb damit leichtfertige Männer an, die ihm nachfolgten. Er kam in das Haus seines Vaters nach Ophra und tötete seine siebzig Brüder auf einem Stein. Übrig blieb nur Jotham, der jüngste Sohn Gideons, denn er hatte sich versteckt. Dann versammelten sich alle Männer von Sichem und alle Bewohner von Millo und gingen hin und machten Abimelech zum König bei der Eiche am Steinmal in Sichem.

Als das dem Jotham gesagt wurde, ging er hin und stellte sich auf den Gipfel des Berges Garizim und hob seine Stimme auf und rief: „Hört mich, ihr Männer von Sichem, daß euch Gott auch höre!

Die Bäume gingen hin, daß sie einen König über sich krönten, und sprachen zu dem Ölbaum: Sei unser König! Aber der Ölbaum antwortete ihnen: Soll ich meine Fettigkeit lassen, die Götter und Menschen an mir preisen, und hingehen, um über den Bäumen zu schweben? Da sprachen die Bäume zum Feigenbaum: Komm du und sei unser König! Aber der Feigenbaum sprach zu ihnen: Soll ich meine Süßigkeit und meine gute Frucht lassen und hingehen, um über den Bäumen zu schweben? Da sprachen die Bäume zum Weinstock: Komm du und sei unser König! Aber der Weinstock sprach zu ihnen: Soll ich meinen Wein lassen, der Götter und Menschen fröhlich macht, und hingehen, um über den Bäumen zu schweben? Da sprachen die Bäume zum Dornbusch: Komm du und sei unser König! Aber der Dornbusch sprach zu den Bäumen: Ist es wahr, daß ihr mich zum König über euch salben wollt, so kommt und bergt euch unter meinen Schatten. Wenn nicht, so gehe Feuer vom Dornbusch aus und verzehre die Zedern Libanons.

Habt ihr nun recht und redlich getan, daß ihr Abimelech zum König gemacht habt. Habt ihr wohl getan an Gideon und seiner Familie und habt ihr ihm getan, wie er es verdient hat. Wenn ihr nun heute recht und redlich gehandelt habt an Gideon, so seid fröhlich über Abimelech und er sei fröhlich über euch. Wenn nicht, so gehe Feuer aus von Abimelech und verzehre die Männer von Sichem und Millo, und es gehe auch Feuer aus von den Männern von Sichem und Millo und verzehre Abimelech!“

Und Jotham floh vor seinem Bruder Abimelech und entwich und ging nach Beer und wohnte dort. Als nun Abimelech drei Jahre über Israel geherrscht hatte, sandte Gott einen bösen Geist zwischen Abimelech und die Männer in Sichem. Und die Männer von Sichem wurden Abimelech untreu, damit der Frevel an den siebzig Söhnen Gideons käme auf Abimelech und auf die Männer von Sichem, die ihm seine Hand dazu gestärkt hatten, daß er seine Brüder tötete.

Und die Männer von Sichem legten einen Hinterhalt auf den Höhen der Berge und beraubten alle, die auf der Straße an ihnen vorüber kamen. Das wurde Abimelech angesagt. Es kamen aber Gaal und seine Brüder und zogen in Sichem ein. Und die Männer von Sichem verließen sich auf ihn und zogen heraus aufs Feld und ernteten ihre Weinberge ab und kelterten und hielten ein Freudenfest und gingen in das Haus ihres Gottes und aßen und tranken und fluchten dem Abimelech.

 

Gaal sprach: „Wer ist Abimelech und wer ist dieser Mann aus Sichem, daß wir ihm dienen soll­ten? Ist er nicht Gideons Sohn und hat Sebul, seinen Vogt, hierher gesetzt? Dient den Leuten Hemors, des Vaters von Sichem! Warum sollten wir jenen dienen? Wollte Gott, das Volk wäre unter meiner Hand, so würde ich Abimelech vertreiben!“

Das wurde Abimelech gesagt: „Vermehre dein Heer und zieh in den Kampf!“ Als aber Sebul, der Stadthauptmann, die Worte Gaals hörte, entbrannte sein Zorn, und er sandte heimlich Botschaft an Abimelech und ließ ihm sagen: „Siehe, Gaal und seine Brüder sind nach Sichem gekommen und machen dir die Stadt aufrührerisch. So mache dich nun auf in der Nacht, du und dein Volk, und lege einen Hinterhalt im Feld. Und am Morgen, wenn die Sonne aufgeht, mache dich früh auf und überfalle die Stadt. Und wenn er und seine Leute zu dir hinausziehen, so tue mit ihm, wie du es vermagst!“

Abimelech stand in der Nacht auf und alles Volk, das bei ihm war, und sie legten einen Hinterhalt bei Sichem mit vier Heerhaufen. Auch Gaal zog heraus und trat vor das Stadttor. Abimelech aber machte sich auf aus dem Hinterhalt mit seinen Leuten.

Als Gaal das Volk sah, sprach er zu Sebul: „Siehe, da kommt Kriegsvolk von der Höhe des Gebirges hernieder!“ Sebul aber sprach zu ihm: „Du siehst die Schatten der Berge als Leute an. Ein Kriegsvolk kommt herab von Nabel der Erde [der Garizim galt als Mitte der Erdscheine], aber ein Heerhaufe kommt auf dem Weg von der Zaubereiche!“

Da sprach Sebul zu ihm: „Wo ist nun dein Maul, das da sagte: Wer ist Abimelech, daß wir ihm dienen sollten? Ist das nicht das Kriegsvolk, das du verachtet hast? Zieh nun hin und kämpfe mit ihm!“ Gaal zog aus an der Spitze der Männer von Sichem und kämpfte mit Abimelech. Aber Abimelech jagte ihn, daß er vor ihm floh und viele blieben erschlagen liegen bis an das Stadttor. Abimelech blieb in Aruma. Sebul aber verjagte den Gaal und seine Brüder, die zu Sichem nicht bleiben durften.

Am Morgen aber ging das Volk heraus aufs Feld. Als das Abimelech angesagt wurde, nahm er das Kriegsvolk und teilte es in drei Heerhaufen und legte einen Hinterhalt im Felde. Als er nun sah, daß das Volk aus der Stadt ging, erhob er sich gegen sie und erschlug sie.

Abimelech aber und der Heerhaufe, der bei ihm war, überfielen sie und stellten sich am Stadttor auf. Die beiden anderen Heerhaufen aber überfielen alle, die auf dem Feld waren, und erschlugen sie. So kämpfte Abimelech gegen die Stadt den ganzen Tag und eroberte sie und tötete das Volk, das darin war, und zerstörte die Stadt und säte Salz darauf.

Als das alle Männer der Burg in Sichem hörten, gingen sie in das Gewölbe des Tempels des Baal-Berith. Als das Abimelech hörte, ging er auf einen Berg mit seinem ganzen Kriegsvolk, das bei ihm war, und nahm eine Axt in seine Hand und hieb einen Ast vom Baum und legte ihn auf seine Schulter und sprach zu allem Volk, das mit ihm war: Was ihr mich tun seht, das beeilt euch auch zu tun!“ Da hieb jeder einen Ast ab und sie folgten Abimelech nach und legten die Äste auf das Gewölbe und steckten sie an, so daß auch alle in der Burg von Sichem starben, an die tausend Männer und Frauen.

Abimelech aber zog nach Tebez, belagerte und eroberte es. Es war aber eine starke Burg mitten in der Stadt. Auf den flohen alle Männer und Frauen und alle Bürger der Stadt und schlossen hinter sich zu und stiegen auf das Dach der Burg. Da kam Abimelech zum Turm und kämpfte gegen sie und näherte sich dem Burgtor, um es mit Feuer zu verbrennen. Aber eine Frau warf Abimelech einen Mühlstein auf den Kopf und zerbrach ihm den Schädel.

Da rief Abimelech eilend seinen Waffenträger und sprach zu ihm: „Zieh dein Schwert und töte mich, daß man nicht von mir sage: Ein Frau hat ihn getötet!“ Da durchstach ihn sein Diener und er starb. Als aber die Israeliten sahen, daß Abimelech tot war, ging jeder heim. So vergalt Gott dem Abimelech das Böse, das er an seinem Vater angetan hatte, als er seine siebzig Brüder tötete. Ebenso vergalt er auch alle bösen Taten der Männer von Sichem und es kam über sie der Fluch Jothams (Ri 9).

 

Die Richter Tola und Jair:

Nach Abimelech stand Tola auf, um Israel zu helfen. Er r wohnte auf dem Gebirge Ephraim und richtete Israel dreiundzwanzig Jahre und starb und wurde begraben. Nach ihm machte sich Jair aus Gilead auf und richtete Israel zweiundzwanzig Jahre. Der hatte dreißig Söhne, die auf dreißig Eselsfüllen ritten. Und sie hatten dreißig Städte, die hießen „Dörfer Jairs“ bis auf diesen Tag und liegen in Gilead. Und Jair starb und wurde begraben.

Aber die Israeliten taten wiederum, was dem Herrn mißfiel und dienten den Baalen und den Astarten und den Göttern von Syrien und von Sidon und den Göttern Moabs und der Ammoniter und der Philister und verließen den Herrn und dienten ihm nicht.

Da entbrannte der Zorn des Herrn über Israel, und er verkaufte sie unter die Hand der Philister und der Ammoniter. Diese zertraten und zerschlugen die Israeliten in dieser Zeit an die achtzehn Jahre, nämlich alle Israeliten jenseits des Jordans im Land der Amoriter. Dazu zogen die Ammoniter über den Jordan und kämpften gegen Juda, Benjamin und Ephraim, so daß Israel sehr geängstet wurde.

Da schrieen die Israeliten zu dem Herrn und sprachen: „Wir haben an dir gesündigt, denn wir haben unsern Gott verlassen und den Baalen gedient!“ Aber der Herr sprach zu den Israeliten: „Haben euch nicht auch unterdrückt die Ägypter, die Amoriter, die Ammoniter, die Philister,

die Sidonier, die Amalekiter und Maoniter? Aber ich half euch aus ihren Händen, als ihr zu mir schrieet? Dennoch habt ihr mich verlassen und anderen Göttern gedient. Darum will ich euch nicht mehr helfen. Geht hin und schreit zu den Göttern, die ihr erwählt habt. Laßt diese euch helfen in der Zeit eurer Bedrängnis!“

Aber die Israeliten sprachen zu dem Herrn: „Wir haben gesündigt, mache es mit uns, wie es dir gefällt, nur errette uns heute!“ Sie taten von sich die fremden Götter und dienten dem Herrn. Da jammerte ihn, daß Israel so geplagt wurde (Ri 10, 1-16).

 

Der Richter Jephthah:

Die Ammoniter wurden aufgeboten und lagerten sich in Gilead. Auch die Israeliten versammelten sich und lagerten sich in Mizpa. Die Obersten des Volks in Gilead sprachen untereinander: „Wer ist der Mann, der anfängt zu kämpfen gegen die Ammoniter? Der soll das Haupt sein über alle, die in Gilead wohnen!“

Jephthah, ein Mann aus Gilead, war ein streitbarer Mann, aber das Kind einer Nebenfrau. Sein Vater war Gilead. Als aber die Frau Gileads ihm Kinder gebar und diese groß wurden, stießen sie Jephthah aus und sprachen zu ihm: „Du sollst nicht erben in unserer Familie, denn du bist der Sohn einer anderen Frau!“ Da floh er vor seinen Brüdern und wohnte im Lande Tob. Es sammelten sich bei ihm lose Leute und zogen aus mit ihm. Einige Zeit danach stritten die Ammoniter mit Israel.

Da gingen die Ältesten von Gilead hin, um Jephthah zu holen aus dem Land Tob und sprachen zu ihm: „Komm und sei unser Hauptmann, daß wir kämpfen gegen die Ammoniter!“.

Aber Jephthah sprach zu den Ältesten von Gilead: „Seid ihr es nicht, die mich hassen und aus meiner Familie ausgestoßen haben? Und nun kommt ihr zu mir, weil ihr in Bedrängnis seid?“

Die Ältesten von Gilead sprachen zu Jephthah: „Darum kommen wir nun wieder zu dir, daß du mit uns ziehst und hilfst uns zu kämpfen gegen die Ammoniter und unser Haupt seist über alle, die in Gilead wohnen!“

Jephthah sprach zu den Ältesten von Gilead: „Wenn ihr mich wieder holet, zu kämpfen gegen die Ammoniter, und der Herr sie mir in die Hand gibt, soll ich dann euer Haupt sein?“ Die Ältesten von Gilead sprachen zu Jephthah: „Der Herr sei Ohrenzeuge zwischen uns und strafe uns, wenn wir nicht tun, wie du gesagt hast!“ So ging Jephthah mit den Ältesten von Gilead. Und das Volk setzte ihn ein zum Haupt und Obersten über sich. Und Jephthah redete alles, was er zu sagen hatte, vor dem Herrn in Mizpa.

Dann sandte Jephthah eine Botschaft zum König der Ammoniter und ließ ihm sagen: „Was hast du mit mir zu schaffen, daß du zu mir kommst, um gegen mein Land zu streiten?“ Der König der Ammoniter antwortete den Boten Jephthahs: „Weil Israel mein Land genommen hat, als sie aus Ägypten zogen, vom Arnon an bis an den Jabbok und wieder bis zum Jordan. So gib es mir nun gutwillig wieder!“

Jephthah aber sandte noch mehr Boten zum König der Ammoniter, die sprachen zu ihm: „So spricht Jephthah: Israel hat kein Land genommen, weder den Moabitern noch den Ammonitern. Denn als sie aus Ägypten zogen, wanderte Israel durch die Wüste bis ans Schilfmeer und kam nach Kadesch! Da sandte Israel Boten zum König der Edomiter und sprach: Laß mich durch dein Land ziehen! Aber der König der Edomiter hörte nicht auf sie. Auch sandten sie zum König der Moabiter, aber der wollte auch nicht. So blieb Israel in Kadesch und wanderte in der Wüste. Und sie umgingen das Land der Edomiter und Moabiter und kamen von Osten her an das Land der Moabiter und lagerten sich jenseits des Arnon und kamen nicht ins Gebiet der Moabiter, denn der Arnon ist die Grenze der Moabiter!“

Weiter sagen die Boten: „Israel sandte Boten zu Sihon, dem König der Amoriter in Hesbon, und ließ ihm sagen: Laß uns durch dein Land ziehen bis an unseren Ort. Aber Sihon traute Israel nicht und ließ sie nicht durch sein Gebiet ziehen, sondern versammelte all sein Kriegsvolk und kämpfte mit Israel. Aber der Gott Israels gab den Sihon mit all seinem Volk in die Hände Israels, und sie erschlugen sie. So nahm Israel alles Land der Amoriter ein, vom Arnon an bis an den Jabbok und von der Wüste an bis an den Jordan. So hat nun Gott Israels die Amoriter vertrieben vor seinem Volk Israel!“

Und dann kommt die Frage: „Und du willst ihr Land einnehmen? Du solltest das Land derer einnehmen, die dein Gott Kemosch vertreibt, und uns einnehmen lassen das Land aller, die der Herr, unser Gott, vor uns vertrieben hat. Meinst du, daß du ein besseres Recht hättest als Balak, der König der Moabiter? Hat dieser auch je mit Israel gerechtet oder gekämpft, obwohl nun Israel dreihundert Jahre gewohnt hat in ihren Ortschaften und allen Städten, die am Arnon liegen? Warum habt ihr sie nicht mit Gewalt genommen in dieser Zeit? Ich habe mich nicht an dir versündigt, du aber tust Böses an mir, wenn du gegen mich kämpfst. Der Herr, der da Richter ist, richte heute zwischen Israel und Ammonitern!“

Aber der König der Ammoniter hörte die Rede Jephthahs nicht, die er zu ihm sandte. Da kam der Geist des Herrn auf Jephthah, und er zog durch Gilead und Manasse und von Mizpa gegen die Ammoniter. Jephthah gelobte dem Herrn ein Gelübde: „Gibst du die Ammoniter in meine Hand, so soll dem Herrn sein, was mir aus meiner Haustür heraus entgegengeht, wenn ich heil von Ammonitern wiederkomme: Ich will es als Brandopfer darbringen!“

 So zog Jephthah gegen die Ammoniter los, um gegen sie kämpfen. Und der Herr gab sie in seine Hände, und er schlug zwanzig Städte. So wurden die Ammoniter gedemütigt vor den Israeliten.

Als nun Jephthah nach Mizpa kam zu seinem Hause, da ging seine Tochter heraus ihm entgegen mit Pauken und Reigen. Sie war sein einziges Kind, und er hatte sonst keinen Sohn noch Tochter. Als er sie sah, zerriß er seine Kleider und sprach: „Ach, meine Tochter, wie beugst du mich und betrübst mich! Denn ich habe meinen Mund aufgetan gegen den Herrn und kann es nicht widerrufen!“

Sie aber sprach: „Mein Vater, hast du deinen Mund aufgetan vor dem Herrn, so tue mit mir, wie es dein Mund geredet hat, nachdem der Herr dich gerächt hat an deinen Feinden. Du wollest mir nur das gewähren: Laß mir zwei Monate, daß ich hingehe auf die Berge und meine Jugend beweine mit meinen Freundinnen!“

Er sprach: „Geh hin!“ Er ließ sie zwei Monate gehen. Da ging sie hin mit ihren Freundinnen und beweinte ihre Jugend auf den Bergen. Nach zwei Monaten kam sie wieder zu ihrem Vater. Und er tat ihr, wie er gelobt hatte. So entstand die Gewohnheit in Israel, daß die Töchter Israel jährlich hingehen, zu klagen um die Tochter Jephthahs, vier Tage im Jahr.

Eines Tages wurden die Männer von Ephraim aufgeboten und gingen nordwärts und sprachen zu Jephthah: „Warum bist du in den Kampf gezogen gegen die Ammoniter und hast uns nicht gerufen, daß wir mit dir zögen? Wir wollen dein Haus mit dir im Feuer verbrennen“ Jephthah sprach zu ihnen: „Ich und mein Volk hatten einen harten Kampf mit den Ammonitern, und ich rief euch an, aber ihr halft mir nicht aus ihren Händen. Als ich nun sah, daß ihr nicht helfen wolltet, wagte ich mein Leben daran und zog hin gegen die Ammoniter, und der Herr gab sie in meine Hand. Warum kommt ihr nun zu mir herauf, um mit mir zu kämpfen?“

Jephthah sammelte alle Männer in Gilead und kämpfte gegen Ephraim. Und die Männer von Gilead schlugen Ephraim, weil sie gesagt hatten: „Ihr seid doch nur Flüchtlinge aus Ephraim“ (denn Gilead liegt mitten in Ephraim und Manasse). Die Gileaditer besetzten die Furten des Jordan. Wenn nun einer von den „Flücht­­­lingen Ephraims“ sprach und bat: „Laß mich hinübergehen!“ dann sprachen die Männer von Gilead zu Ihm: „Bist du ein Ephraimiter?“ Wenn er dann mit Nein antwortete, ließen sie ihn das „Schiboleth“ sprechen. Wenn er aber „Siboleth“ sprach, weil er es nicht richtig aussprechen konnte, dann ergriffen sie ihn schlugen ihn an den Furten des Jordan, so daß zu der Zeit zweiundvierzigtausend von Ephraim fielen. Jephthah aber richtete Israel sechs Jahre. Dann starb er und wurde begraben in seiner Stadt in Gilead (Ri 11,17 - 12,7).

 

Die Richter Ibzan, Elon und Abdon:

Nach Jephthah richtete Ibzan von Bethlehem das Volk Israel. Der hatte dreißig Söhne. Seine dreißig Töchter gab er nach auswärts, und dreißig Töchter nahm er von außen für seine Söhne. Er richtete Israel sieben Jahre und starb und wurde begraben in Bethlehem. Nach diesem richtete Elon aus dem Stamm Sebulon zehn Jahre das Volk Israel. Als er starb wurde er begraben in Ajalon im Land Sebulon. Nach diesem richtete Abdon das Volk Israel. Der hatte vierzig Söhne und dreißig Enkel, die auf siebzig Eselsfüllen ritten. Er richtete Israel acht Jahre und starb und wurde begraben im Lande Ephraim auf dem Gebirge der Amalekiter (Ri 12,8-15).

 

Der Richter Simson: Geburt:

Die Israeliten taten wieder, was dem Herrn mißfiel. Und der Herr gab sie vierzig Jahre in die Hände der Philister. Es war aber ein Mann in Zora von einer Sippe aus dem Stamm Dan. Seine Frau war unfruchtbar und gebar nicht. Aber der Bote Gottes erschien der Frau und sprach zu ihr: „Du bist unfruchtbar, aber du wirst schwanger werden und einen Sohn gebären. So hüte dich nun, Wein oder starkes Getränk zu trinken und nichts Unreines zu essen!“

Weiter sprach der Bote: „Du wirst schwanger werden und einen Sohn gebären, dem kein Schermesser aufs Haupt kommen soll. Denn der Sohn wird ein Geweihter Gottes sein von Mutterleibe an. Er wird anfangen, Israel zu erretten aus der Hand der Philister!“

Da sagte die Frau es ihrem Mann und sprach: „Es kam ein Mann Gottes zu mir. Er war so schrecklich anzusehen, daß ich ihn nicht fragte, woher oder wohin, und er sagte mir nicht, wie er hieß. Er sprach aber zu mir: Du wirst schwanger werden und einen Sohn gebären. So trinke nun keinen Wein und kein starkes Getränk und iß nichts Unreines, denn der Junge soll ein Geweihter Gottes sein von Mutterleibe an bis an seinen Tod!“

Da bat der Mann den Herrn: „Ach Herr, laß den Mann Gottes wieder zu uns kommen, daß er uns lehre, was wir mit dem Jungen tun sollen, der geboren werden soll!“ Gott erhörte die Stimme des Mannes und der Bote kam wieder zu der Frau. Sie saß auf dem Feld, und ihr Mann war nicht bei ihr. Da lief sie eilend und sagte es ihrem Mann und sprach zu ihm: „Siehe, der Mann ist mir wieder erschienen, der heute nacht zu mir kam!“

Ihr Mann machte sich auf und ging seiner Frau nach und kam zu dem fremden Mann und sprach zu ihm: „Bist du der Mann, der mit meiner Frau geredet hat?“ Er sprach: Ja!“ Da sprach der künftige Vater: „Wenn nun kommen wird, was du geredet hast, wie sollen wir es mit dem Jungen halten und tun?“ Der Gottesbote sprach: „Vor allem, was ich der Frau gesagt habe, soll sie sich hüten. Sie soll nicht essen, was aus dem Weinstock kommt, und soll keinen Wein noch starkes Getränk trinken und nichts Unreines essen. Alles, was ich ihr geboten habe, soll sie einhalten!“

Der Mann sprach zu dem Gottesboten: „Wir möchten dich gern hier behalten und dir ein Ziegenböcklein zurichten!! Aber der Bote antwortete: „Wenn du mich auch hier hältst, so esse ich doch von deiner Speise nicht. Willst du aber dem Herrn ein Brandopfer bringen, so magst du es opfern!“ Denn der Mann wußte nicht, daß es der Engel des Herrn war.

Der Mann sprach zu dem Gottesboten: „Wie heißt du? Denn wir wollen dich ehren, wenn nun eintrifft, was du geredet hast!“ Aber der Gottesbote sprach zu ihm: „Warum fragst du nach meinem Namen, der doch geheimnisvoll ist?“ Da nahm der Mann ein Ziegenböcklein und Speisopfer und brachte es auf einem Felsen dem Herrn dar. Sie sahen beide zu. Als die Flamme aufloderte vom Altar in den Himmel, fuhr der Gottesbote in der Flamme des Altars mit hinauf. Als das der Mann und die Frau sahen, fielen sie zur Erde auf ihr Angesicht.

Aber der Gottesbote erschien nicht mehr. Da erkannte der Mann, daß es der Gottesbote war, und sprach zu seiner Frau. „Wir müssen des Todes sterben, weil wir Gott gesehen haben!“ Aber seine Frau antwortete ihm: „Wenn der Herr uns hätte töten wollen, dann hätte er das Brandopfer und Speisopfer nicht genommen von unsern Händen. Er hätte uns auch das alles nicht gezeigt noch uns das hören lassen, wie es jetzt geschehen ist!“ Die Frau gebar einen Sohn und hieß ihn Simson. Der Knabe wuchs heran, und der Herr segnete ihn. Und der Geist des Herrn fing an, ihn umzutreiben im Lager (Ri 13).

 

Der Richter Simson: Hochzeit:

Simson ging hinab nach Timna und sah dort ein Mädchen unter den Töchtern der Philister. Als er wieder heraufkam, sagte er es seinem Vater und seiner Mutter und sprach: „Ich habe ein Mädchen gesehen in Timna, gebt mir sie zur Frau!“

Sein Vater und sein Mutter sprachen zu ihm: „Ist denn kein Mädchen unter den Töchtern deiner Brüder und in deinem ganzen Volk, daß du hingehst und willst eine Frau nehmen von den Philistern, die unbeschnitten sind?“ Simson sprach zu seinem Vater: „Gib mir diese, denn sie gefällt meinen Augen!“ Aber sein Vater und seine Mutter wußten nicht, daß das alles von dem Herrn kam, denn er suchte einen Anlaß gegen die Philister. Die Philister aber herrschten zu der Zeit über Israel.

So ging Simson hinab mit seinem Vater und seiner Mutter nach Timna. Als sie an die Weinberge in Timna kamen, da kam ihm ein junger Löwe brüllend entgegen.

Und der Geist des Herrn geriet über ihn, und er zerriß den Löwen, wie man ein Böcklein zerreißt, und hatte doch gar nichts in seiner Hand. Er sagte aber seinem Vater und seiner Mutter nicht, was er getan hatte. Als er nun hinkam, redete er mit dem Mädchen, und Simson hatte Gefallen an ihr. Nach einigen Tagen kam er wieder, um sie zu holen. Dabei bog er vom Weg ab, um das Aas des Löwen zu sehen. Da war ein Bienenschwarm in dem Leibe des Löwen und Honig. Er nahm davon in seine Hand und aß davon unterwegs und ging zu seinem Vater und zu seiner Mutter und gab ihnen, daß sie auch aßen. Er sagte ihnen aber nicht, daß er den Honig aus dem Leib des Löwen genommen hatte.

Als sein Vater hinab kam zu dem Mädchen, machte Simson dort ein Hochzeitsgelage, wie es die jungen Leute zu tun pflegen. Als sie ihn sahen, gaben sie ihm dreißig junge Männer, die bei ihm sein sollten. Simson aber sprach zu ihnen: „Ich will euch ein Rätsel aufgeben. Wenn ihr mir das erratet und das Richtige trefft in diesen sieben Tagen der Hochzeit, so will ich euch dreißig Gewänder und dreißig Festkleider geben. Könnt ihr es aber nicht erraten, so sollt ihr mir dreißig Gewänder und dreißig Festkleider geben. Sie sprachen zu ihm: „Gib dein Rätsel auf; laß uns hören!“

Er sprach zu ihnen: „Speise ging von dem Fresser und Süßigkeit vom Starken!“ Aber sie konnten in drei Tagen das Rätsel nicht erraten. Am vierten Tag sprachen sie zu Simsons Frau: „Überrede deinen Mann, daß er uns des Rätsels Lösung sagt, oder wir werden dich und deines Vaters Haus mit Feuer verbrennen. Habt ihr uns hierher eingeladen, daß ihr uns arm macht?“

Da weinte Simsons Frau vor ihm und sprach: „Du bist meiner überdrüssig und hast mich nicht lieb. Du hast den Söhnen meines Volkes ein Rätsel aufgegeben und hast mir es nicht gesagt!“ Er aber sprach zu ihr: „Ich habe es meinem Vater und meiner Mutter nicht gesagt und sollte es dir sagen?“ Aber sie weinte die sieben Tage, die sie feierten. Aber am siebten Tag sagte er es ihr, denn sie drängte ihn.

Dann sagte sie die Lösung des Rätsels den Söhnen ihres Volks. Da sprachen die Männer der Stadt am siebten Tag zu Simson, ehe die Sonne unterging: „Was ist süßer als Honig? Was ist stärker als der Löwe?“ Aber er sprach zu ihnen: „Wenn ihr nicht mit meinem Kalb gepflügt hättet, ihr hättet mein Rätsel nicht getroffen!“ [Mit Kalb meint er seine Frau].

Und der Geist des Herrn geriet über ihn, und er ging hinab nach Askalon und erschlug dreißig Mann unter ihnen und nahm ihre Gewänder und gab die Festkleider denen, die das Rätsel erraten hatten. Aber sein Zorn entbrannte und er ging herauf in seines Vaters Haus. Seine Frau aber wurde einem seiner Brautführer gegeben (Ri 14).

 

Richter Simson: Streit mit den Philistern:

Nach einigen Tagen, um die Zeit der Weizenernte, besuchte Simson seine Frau mit einem Ziegenböcklein. Aber als er dachte: Ich will zu meiner Frau in die Kammer gehen! wollte ihn der Vater nicht hinein lassen und sprach: „Ich meinte, du seist ihrer ganz überdrüssig geworden und habe sie deinem Freund gegeben. Sie hat aber eine jüngere Schwester, die ist schöner als sie. Die nimm an ihrer Stelle!“

Da sprach Simson zu ihnen: „Diesmal bin ich frei von Schuld, wen ich den Philistern Böses tue. Simson ging hin und fing dreihundert Füchse und band je einen Schwanz an den anderen und tat eine Fackel jeweils zwischen zwei Schwänze und zündete die Fackeln an mit Feuer und ließ sie unter das Korn der Philister laufen und zündete so die Garben samt dem stehenden Korn an und Weinberge und Ölbäume.

Da sprachen die Philister: „Wer hat das getan?“ Da sagte man: „Simson, der Schwie­ger­sohn des Timniters, weil er ihm seine Frau genommen und seinem Freund gegeben hat!“ Da zogen die Philister hinauf und verbrannten sie samt ihrem Vater mit Feuer.

Simson aber sprach zu ihnen: „Wenn ihr das tut, so will ich nicht ruhen, bis ich mich an euch gerächt habe!“ Er schlug sie zusammen mit mächtigen Schlägen und zog hinab und wohnte in einer Felsenkluft. Da zogen die Philister hinauf und lagerten sich in Juda. Aber die von Juda sprachen: „Warum seid ihr gegen uns heraufgezogen?“ Sie antworteten: „Wir sind heraufgekommen, um Simson zu binden, damit wir mit ihm tun, wie er uns getan hat!“

Da zogen dreitausend Mann von Juda hinab in die Felsenkluft und sprachen zu Simson: „Weißt du nicht, daß die Philister über uns herrschen? Warum hast du uns das angetan?“ Er sprach zu ihnen: „Wie sie mir getan haben, so habe ich ihnen wieder getan!“ Sie sprachen zu ihm: „Wir sind herabgekommen, um dich zu binden und in die Hände der Philister zu geben!“ Simson sprach zu ihnen: „So schwört mir, daß ihr selber mir kein Leid antun wollt!“ Sie antworteten ihm: „Wir wollen dir kein Leid tun, sondern wollen dich nur binden und in ihre Hände geben und wollen dich nicht töten!“ Und sie banden ihn mit zwei neuen Stricken und führten ihn aus der Felsenkluft hinaus.

Als er kam bis nach Lehi, jauchzten die Philister ihm entgegen. Aber der Geist des Herrn geriet über ihn, und die Stricke an seinen Armen wurden wie Fäden, die das Feuer versengt hat, so daß die Fesseln an seinen Händen zerschmolzen.

Er fand einen frischen Eselskinnbacken. Da streckte er seine Hand aus und nahm ihn und erschlug damit tausend Mann. Simson sprach: „Mit dem Kinnbacken eines Esels habe ich tausend Mann erschlagen!“ Als er ausgeredet hatte, warf er den Kinnbacken aus seiner Hand und nannte die Stätte Ramath-Lehi (= Kinnbackenhöhe).

Als ihn aber sehr dürstete, rief er den Herrn an und sprach: „Du hast solch großes Heil gegeben durch die Hand deines Dieners. Nun aber muß ich vor Durst sterben und in die Hände der Unbeschnittenen fallen!“ Da spaltete Gott die Höhlung im Kinnbacken, daß Wasser herausfloß. Und als er trank, kam sein Geist wieder, und er lebte wieder auf. Darum heißt der Ort noch heutigen Tages „Quelle des Rufenden“.

Eines Tages ging Simson hin nach Gaza und sah daselbst eine Hure und ging zu ihr.

Da wurden den Leuten von Gaza gesagt: „Simson ist hereingekommen!“ Sie umstellten ihn und ließen auf ihn lauern die ganze Nacht am Stadttor und waren die ganze Nacht still und sprachen: „Morgen, wenn es hell wird, wollen wir ihn töten!“ Simson aber lag bis Mitternacht wach. Dann stand er auf und ergriff beide Türen am Stadttor samt den Pfosten und hob sie aus mit den Riegeln und legte sie auf seine Schultern und trug sie hinauf auf die Höhe des Berges vor Hebron (Ri 15,1 - 16,3).

 

Richter Simson: Fall und Rache:

Danach gewann Simson ein Mädchen lieb am Bach Sorek, die hieß Delila. Zu der kamen die Philisterfürsten hinauf und sprachen zu ihr: „Überrede ihn und siehe, wodurch er eine solche große Kraft hat und womit wir ihn überwältigen können, daß wir ihn binden und bezwingen, so wollen wir dir ein jeder tausendundhundert Silberstücke geben!“

Delila sprach zu Simson: „Sage mir doch, worin deine große Kraft liegt und womit man dich binden muß, um dich zu bezwingen?“ Simson sprach zu ihr: „Wenn man mich bände mit sieben Seilen von frischem Bast, so würde ich schwach und wäre wie ein anderer Mensch!“ Da brachten die Philisterfürsten ihr sieben Seile von frischem Bast und sie band ihn damit. Dann sprach sie zu ihm: „Die Philister über dir, Simson!“ (Die lauerten ihm schon auf in der Kammer). Er aber zerriß die Seile, wie eine Flachsschnur zerreißt, wenn sie ans Feuer kommt. So wurde nicht bekannt, worin seine Kraft lag.

Da sprach Delila zu Simson: „Siehe, du hast mich getäuscht und mich belogen. Nun, so sage mir doch, womit kann man dich binden?“ Er antwortete ihr: „Wenn sie mich bänden mit neuen Stricken, damit noch nie gearbeitet wurde, so würde ich schwach und wie ein anderer Mensch!“ Da nahm Delila neue Stricke und band ihn damit und sprach: „Philister über dir, Simson!“ Und er zerriß sie von seinen Armen herab wie einen Faden.

Delila aber sprach zu ihm: „Bisher hast du mich getäuscht und mich angelogen. Sage mir doch, womit kann man dich binden?“ Er antwortete ihr: „Wenn du die sieben Locken meines Hauptes zusammenflöchtest mit einem Gewebe und heftetest sie mit dem Pflock an, dann würde ich schwach und wie ein anderer Mensch!“ Da ließ sie ihn einschlafen und flocht die sieben Locken seines Hauptes zusammen und heftete sie mit einem Pflock an und sagte zu ihm: „Philister über dir, Simson!“ Er aber wachte auf von seinem Schlaf und riß die geflochtenen Locken mit Pflock und Gewebe heraus.

Da sprach sie zu ihm: „Wie kannst du sagen, du hättest mich lieb, wenn doch dein Herz nicht mit mir ist? Dreimal hast du mich getäuscht und mir nicht gesagt, worin deine große Kraft liegt!“ Als sie ihn aber drängte mit ihren Worten alle Tage und ihm zusetzte, wurde seine Seele matt bis an den Tod, und er tat ihr sein ganzes Herz auf und sprach zu ihr: „Es ist nie ein Schermesser auf mein Haupt gekommen, denn ich bin ein Geweihter Gottes von Mutterleib an. Wenn ich geschoren würde, so wiche meine Kraft von mir, so daß ich schwach würde und wie alle anderen Menschen!“

Als nun Delila sah, daß er ihr sein ganzes Herz aufgetan hatte, sandte sie hin und ließ die Fürsten der Philister rufen und sagen: „Kommt noch einmal herauf, denn er hat mir sein ganzes Herz aufgetan!“ Da kamen die Philisterfürsten zu ihr herauf und brachten das Geld mit sich in ihrer Hand.

Sie ließ ihn entschlafen auf ihrem Schoß und rief einem, der ihm die sieben Locken seines Hauptes abschnitt. Dann fing sie an, ihn zu zwingen. Da war seine Kraft von ihm gewichen. Sie sprach zu ihm: „Philister über dir, Simson!“ Als er nun aus seinem Schlaf erwachte, dachte er: „Ich will frei ausgehen, wie ich es mehrmals getan habe und will mich losreißen. Denn er wußte nicht, daß der Herr von ihm gewichen war. Da griffen ihn die Philister und stachen ihm die Augen aus und führten ihn hinab nach Gaza und legten ihn Ketten, und er mußte die Mühle drehen im Gefängnis.

Aber das Haar seines Hauptes fing an, wieder zu wachsen, nachdem es geschoren war. Als aber die Fürsten der Philister sich versammelten, ihrem Gott Dagon ein großes Opfer zu tun und sich zu freuen, sprachen sie: „Unser Gott hat uns unseren Feind Simson in unsre Hände gegeben!“ Als nun ihr Herz guter Dinge war, sprachen sie: „Laßt Simson holen, daß er vor uns seine Späße treibe!“ Da holten sie Simson aus dem Gefängnis, und er machte seine Späße vor ihnen, und sie stellten ihn zwischen die Säulen.

Simson aber sprach zu dem Jungen, der ihn an der Hand führte: „Laß mich los, daß ich nach den Säulen taste, auf denen das Haus steht, daß ich mich daran lehne!“ Das Haus aber war voller Männer und Frauen.

Es waren alle Philisterfürsten da und auf dem Flachdach waren etwa dreitausend, Männer und Frauen, die zusahen, wie Simson seine Späße trieb. Simson aber rief den Herrn an und sprach: „Herr Herr, denke an mich und stärke mich doch, noch dies eine Mal, daß ich an den Philistern räche für meine beiden Augen!“ Er umfaßte die zwei Mittelsäulen, auf die das Haus ruhte, die eine mit seiner rechten und die andere mit seiner linken Hand und sprach: „Ich will sterben mit den Philistern!“ Dabei neigte er sich kräftig. Da fiel das Haus auf die Fürsten und auf alles Volk, so daß er mehr tötete als zu seinen Lebenszeiten. Da kamen sein Brüder herab und die ganze Familie seines Vaters und hoben ihn auf und trugen ihn hinauf und begruben ihn in seines Vaters Grab. Er richtete aber Israel in der Zeit der Philister zwanzig Jahre (Ri 16,4-31) [Der Schlußteil des Buches enthält noch einige geschichtliche Erzählungen, die mit den Richtern nichts zu tun haben].

 

Michas Gottesbild und die Eroberung der Stadt Dan:

Zu der Zeit war kein König in Israel, und ein jeder tat, was ihm recht erschien. Es war aber ein Mann auf dem Gebirge Ephraim mit Namen Micha. Der sprach zu seiner Mutter: „Die tausendundhundert Silberstücke, die dir genommen worden sind und wegen denen du den Fluch gesprochen und ihn auch vor meinen eigenen Ohren gesagt hast - siehe, dies Geld ist bei mir, ich habe es selbstgenommen!“ Da sprach sein Mutter: „Gesegnet sei mein Sohn, vom Herrn!“

So gab er seiner Mutter die tausendundhundert Silberstücke zurück. Und seine Mutter sprach: „Ich weihe das Geld dem Herrn .Es kommt aus meiner Hand für meinen Sohn. Der soll ein geschnitztes und gegossenes Bildnis davon machen. Darum gebe ich es dir nun wieder!“ Aber er gab seiner Mutter das Geld wieder.

Da nahm seine Mutter zweihundert Silberstücke und gab sie zu dem Goldschmied. Der machte ein geschnitzes und gegossenes Bild daraus, das kam danach in das Haus Michas. Micha hatte nämlich ein Gotteshaus. Und er machte Hausgötzen und füllte einem seiner Söhne die Hand, daß er sein Priester wurde.

Es war aber ein junger Mann aus Bethlehem in Juda, der war ein Levit und war dort fremd. Er zog aus der Stadt Bethlehem, um einen Ort zu finden, wo er bleiben konnte. Als er auf das Gebirge Ephraim kam zu Michas Haus, fragte ihn Micha: „Wo kommst du her?“ Er antwortete ihm: „Ich bin ein Levit aus Bethlehem und wandere, um einen Ort zu finden, wo ich bleiben kann!“

Micha aber sprach zu ihm: „Bleibe bei mir, du sollst mir Vater und mein Priester sein. Ich will dir jährlich zehn Silberstücke und deine Kleidung und Nahrung geben!“ Der Levit willigte ein, bei dem Mann zu bleiben. Der behandelte den jungen Mann wie einen Sohn. Er füllte dem Leviten die Hand, daß er sein Priester wurde, und so war er in Michas Haus. Und Micha sprach: „Nun weiß ich, daß mir der Herr wohltun wird, weil ich einen Leviten zum Priester habe!“

Der Stamm der Daniter suchte sich noch ein Erbteil, wo sie wohnen könnten, denn es war bis auf den Tag noch kein Erbe auf sie gefallen unter den Stämmen Israels. Die Daniter sandten fünf streitbare Männer aus, um das Land zu erkunden und zu erforschen, und sprachen zu ihnen: „Zieht hin und erforscht das Land!“ Sie kamen auf das Gebirge Ephraim an das Haus Michas und blieben über Nacht dort. Wäh­rend sie dort bei den Leuten Michas waren, erkannten sie die Stimme des jungen Leviten. Sie gingen dorthin und sprachen zu ihm: „Wer hat dich hierhergebracht? Was machst du da? Und was hast du hier vor?“ Er antwortete ihnen: „So und so hat Micha an mir getan und hat mich in Dienst genommen, daß ich sein Priester sei!“ Sie sprachen zu ihm: „Befrage doch Gott, daß wir erfahren, ob unser Weg, den wir gehen, auch zum Ziel führt!“ Der Priester antwortete ihnen: „Zieht hin mit Frieden! Euer Weg, den ihr zieht, ist dem Herrn vor Augen!“

Da gingen die fünf Männer hin und kamen nach Lajisch und sahen das Volk, das darin war, wie es sicher wohnte. Nach der Weise der Leute von Sidon lebten sie still und sicher. Sie waren reich an Besitz. Es fehlte ihnen an nichts von allem, was es auf der Erde gibt. Sie waren ferne von den Leuten von Sidon und hatten nichts mit Aramäern zu tun.

Sie kamen zu ihren Brüdern nach Zora. Die sprachen zu ihnen: „Wie steht es mit euch?“ Sie sprachen: „Laßt uns gegen sie hinaufziehen!“ Denn wir haben das Land gesehen, das ist sehr gut. Und ihr sitzt noch untätig da? Seid doch nicht so faul, dorthin hin zu ziehen, daß ihr kommt und das Land einnehmt. Wenn ihr hinzieht, werdet ihr zu einem Volke kommen, das sicher wohnt, und das Land ist weit nach allen Seiten. Gott hat es in eure Hände gegeben, einen solchen Ort, an dem nichts von allem fehlt, was auf der Erde ist!“

Da zogen sechshundert Mann von Zora aus, gerüstet mit ihren Waffen zum Kampf. Sie lagerten sich in Kirjath-Jearim in Juda. Daher nannten sie die Stätte das „Lager Dans“ bis auf diesen Tag. Von da gingen sie auf das Gebirge Ephraim und kamen zum Hause Michas. Da sprachen die fünf Kundschafter zu ihren Brüdern: „Wißt ihr auch, daß es in diesen Häusern einen Hausgötzen und ein geschnitztes und gegossenes Bild gibt? Bedenkt nun, was ihr zu tun habt!“ Da gingen sie dorthin und kamen an das Haus des jungen Leviten und grüßten ihn freundlich.

Die fünf Kundschafter gingen hinauf und drangen dort ein und nahmen das geschnitzte und gegossene Bild und den Hausgötzen. Unterdessen stand der Priester vor dem Tor bei den sechshundert zum Kampf gerüsteten Männern. Er sprach zu ihnen: „Was macht ihr?“ Sie antworteten ihm: „Schweig und halte das Maul und ziehe mit uns, daß du unser Vater und Priester seist. Ist es für dich besser, daß du im Haus nur Mannes der Priester bist oder bei einem ganzen Stamm in Israel?“ Das gefiel dem Priester gut, und er nahm den Hausgötzen und das Bild und schloß sich dem Volk an.

Als sie sich umwandten und hinzogen, schickten sie die Kindern und das Vieh und alles wertvolle Gut vor sich her. Als sie sich nun von Michas Haus entfernt hatten, wurden die Männer in den Häusern bei Michas Haus zusammengerufen und jagten den Danitern nach und riefen hinter ihnen her. Die aber wandten sich um und sprachen zu Micha: „Was hast du getan, daß du die Leute zusammengerufen hast?“ Er antwortete: „Ihr habt meine Götter genommen, die ich gemacht hatte, und auch den Priester und seid fortgezogen. Was habe ich nun noch? Und ihr fragt, was mir fehlt?“

Aber die Daniter sprachen zu ihm: „Laß deine Stimme nicht weiter hören bei uns, damit nicht zornige Leute über dich herfallen und dein Leben und das Leben deiner Leute hingerafft werde!“ So gingen die Daniter ihres Weges. Und als Micha sah, daß sie ihm zu stark waren, wandte er sich um und kehrte wieder zurück zu seinem Hause.

Sie aber nahmen die Götzenbilder Michas und seinen Priester und fielen über Lajisch her, über ein Volk, das doch still und sicher lebte. Sie schlugen es mit der Schärfe des Schwerts und verbrannten die Stadt mit Feuer. Es war niemand, der sie errettet hätte, denn die Stadt lag fern von Sidon, und sie hatten mit den Aramäern an sich nichts zu schaffen. Da bauten die Daniter die Stadt wieder auf und wohnten darin und nannten sie „Dan“ nach dem Namen ihres Stammvaters Dan.

Sie richteten auch das Bild Michas für sich auf, solange das Haus Gottes in Silo war. Und Jonathan und seine Söhne waren Priester unter dem Stamm der Daniter bis an die Zeit, als sie gefangen nach Babylon geführt wurden (Ri 17 - 18).

 

Die Schandtat von Gibea:

Ein Levit lebte als Fremder hinter dem Gebirge Ephraim und hatte sich eine Nebenfrau genommen aus Bethlehem in Juda. Und als sie über ihn erzürnt war, lief sie von ihm fort zum Haus ihres Vaters nach Bethlehem und war dort vier Monate lang.

Aber ihr Mann machte sich auf und zog ihr nach, um freundlich mit ihr zu reden und sie zu sich zurückzuholen. Er hatte einen Diener und ein Paar Esel mit sich. Sie führte ihn in ihres Vaters Haus. Als ihn aber der Vater der jungen Frau sah, wurde er froh und ging ihm entgegen. Er hielt ihn fest, daß er drei Tage bei ihm blieb. Sie aßen und tranken und er blieb über Nacht da.

Am vierten Tag erhoben sich die Gäste früh am Morgen und wollten fortziehen. Da sprach der Vater der jungen Frau zu seinem Schwiegersohn: „Stärke dich zuvor mit einem Bissen Brot, danach sollt ihr ziehen!“ Und sie setzten sich und aßen beide miteinander und tranken. Da sprach Vater zu dem Mann: „Bleib doch über Nacht und laß dein Herz guter Dinge sein!“ Als aber der Mann aufstand und fort ziehen wollte, nötigte ihn sein Schwiegervater, daß er noch einmal eine Nacht dablieb.

Am Morgen des fünften Tags machte er sich früh auf und wollte fort ziehen. Da sprach der Vater: „Stärke dich doch erst und laß uns warten, bis sich der Tag neigt!“ Und so aßen die beiden miteinander. Dann machte sich der Mann auf und wollte losziehen mit seiner Nebenfrau und mit seinem Diener. Aber sein Schwiegervater sprach zu ihm: „Siehe, der Tag hat sich geneigt, und es will Abend werden. Bleib über Nacht und laß dein Herz guter Dinge sein. Morgen steht ihr früh auf und zieht eures Weges zu deinem Zelt!“.

Aber der Mann wollte nicht mehr über Nacht bleiben, sondern machte sich auf und zog hin und kam bis gegenüber von Jerusalem. Es dunkelte schnell. Da sprach der Diener zu seinem Herrn: „Komm doch und laß uns in diese Stadt der Jebusiter einkehren und über Nacht dort bleiben!“ Aber sein Herr sprach zu ihm: „Wir wollen nicht in die Stadt der Fremden einkehren, die nicht keine Israeliten sind, sondern wir wollen hinüber in Richtung Gibea! Geh weiter, damit wir an einen Ort kommen und über Nacht in Gibea oder Rama bleiben!“

So zogen weiter sie ihres Wegs und die Sonne ging unter, als sie nahe bei Gibea in Benjamin waren. Sie bogen vom Weg ab, um nach Gibea zu kommen und über Nacht dort zu bleiben. Als er aber hineinkam, blieb er auf dem Platz der Stadt, denn es war niemand, der sie über Nacht im Hause beherbergen wollte.

Da kam ein alter Mann am Abend von seiner Arbeit vom Feld. Er war auch vom Gebirge Ephraim und ein Fremder in Gibea. Als er seine Augen aufhob und sah den Wanderer auf dem Platz, sprach er zu ihm: „Wo willst du hin? Und wo kommst du her?“ Er aber antwortete ihm: „Wir reisen von Bethlehem bis weit ins Gebirge Ephraim hinein, woher ich bin. Aber ich bin nach Bethlehem gezogen und kehre jetzt nach Hause zurück, und niemand will mich beherbergen. Wir haben Stroh und Futter für unsere Esel und Brot und Wein für mich und alle mit mir, so daß es uns an nichts fehlt!“

Der alte Mann sprach: „Friede sei mit dir! Alles was dir fehlt, findest du bei mir. Bleibe nur nicht über Nacht auf dem Platz!“ Er führte ihn in sein Haus und gab den Eseln Futter, und sie wuschen ihre Füße und aßen und tranken. Als ihr Herz nun guter Dinge war, da kamen ruchlose Männer aus der Stadt und umstellten das Haus und pochten an die Tür und sprachen zu dem alten Mann: „Gib den Mann heraus, der in dein Haus gekommen ist, daß wir uns über ihn hermachen!“ Aber der Gastgeber ging zu ihnen heraus und sprach zu ihnen: „Nicht, meine Brüder, tut nicht so ein Unrecht! Nachdem dieser Mann in mein Haus gekommen ist, tut nicht solch eine Schandtat! Seht, ich habe eine Tochter, noch eine Jungfrau, und dieser hat eine Nebenfrau.

Die will ich herausbringen. Die mögt ihr schänden und mit ihnen machen, was euch gefällt. Aber an diesen Mann tut nicht eine solche Schandtat!“ Aber die Leute wollten nicht auf ihn hören. Da faßte der Mann seine Nebenfrau und brachte sie zu ihnen hinaus. Die machten sich über sie her und trieben ihren Mutwillen an ihr die ganze Nacht bis an den Morgen, erst als dann die Morgenröte anbrach, ließen sie sie gehen.

Als der Morgen anbrach, kam die Frau und fiel vor der Tür des Hauses nieder, in dem ihr Mann war, und lag da, bis es hell wurde. Als nun ihr Mann am Morgen aufstand und die Tür auftat und herausging, um seines Wegs zu ziehen, da lag seine Nebenfrau vor der Tür des Hauses und ihre Hände auf der Schwelle.

Er aber sprach zu ihr: „Steh auf, laß uns ziehen!“ Aber sie antwortete nicht. Da nahm er sie auf den Esel, machte sich auf und zog an seinen Ort. Als er nun heimkam, nahm er ein Messer und faßte seine Nebenfrau und zerstückelte sie Glied für Glied in zwölf Stücke und sandte sie in das ganze Gebiet Israels. Wer das sah, der sprach: „Solches ist nicht geschehen noch gesehen, seit die Israeliten aus Ägypten gezogen sind, bis auf diesen Tag. Nun denkt darüber nach, beratet und sprecht!“

Da zogen die Israeliten aus und versammelten sich wie e i n Mann vor dem Herrn in Mizpa. Es traten zusammen die Obersten aller Stämme Israels, die Versammlung des Volkes Gottes, mit vierhunderttausend Mann zu Fuß, die das Schwert führten. Die Benjaminiter hörten auch, daß die Israeliten hinauf nach Mizpa gezogen waren.

Die Israeliten sprachen: „Sagt, wie ist die Schandtat zugegangen?“ Da erzählte ihnen der Levit, wie seine Frau getötet worden war, und forderte sie auf: „Jetzt seid ihr alle da, so sprecht und beratet hier!“Da machte sich alles Volk auf wie e i n Mann und sprach: „Es soll niemand in sein Zelt gehen noch in sein Haus kehren, sondern das wollen wir jetzt tun gegen Gibea:

Laßt uns losen und nehmen zehn Mann von hundert, und hundert von tausend, und tausend von zehntausend aus allen Stämmen Israels, daß sie Speise holen für das Volk, das gekommen ist, um Gibea seine große Schandtat zu vergelten, die es in Israel getan hat!“

So versammelten sich gegen die Stadt alle Männer Israels, geschlossen wie ein Mann. Sie sandten Männer zu allen Sippen Benjamins und ließen ihnen sagen: „Was ist das für eine Untat, die bei euch geschehen ist? So gebt nun heraus die ruchlosen Leute von Gibea, daß wir sie töten und das Böse in Israel ausrotten!“ Aber die Benjaminiter wollten nicht hören auf die Stimme ihrer Brüder, der Israeliten, sondern versammelten sich aus den Städten in Gibea, um in den Kampf gegen die Israeliten auszuziehen.

Es wurden an dem Tag sechsundzwanzigtausend Krieger aus den Städten der Benjaminiter gezählt ohne die Bürger von Gibea, die noch einmal siebenhundert Männer waren. Unter allen aber waren siebenhundert auserlesene Männer, die linkhändig waren und mit der Schleuder ein Haar treffen konnten. Von Israel (ohne die von Benjamin) wurden vierhunderttausend Mann gezählt, die das Schwert führten, lauter streitbare Männer.

Die machten sich auf und zogen hinauf nach Bethel und fragten Gott und sprachen: „Wer von uns soll zuerst hinaufziehen in den Kampf mit Benjamin?“ Der Herr sprach: „Juda soll anfangen!“ So machten sich die Israeliten des Morgens auf und lagerten sich vor Gibea. Da machten die Benjaminiter einen Ausfall aus Gibea und schlugen an dem Tag unter Israel zweiundzwanzigtausend zu Boden.

Da zogen die Israeliten hinauf und hielten Klage vor dem Herrn bis an den Abend und befragten den Herrn und sprachen: „Sollen wir wieder in den Kampf ziehen gegen die Benjaminiter, unsere Brüder?“ Der Herr sprach: „Zieht hinauf zu ihnen!“

Da ermannten sich die Krieger von Israel sich und stellten sich abermals auf, um am selben Ort nochmals zu kämpfen, an dem sie sich am vorigen Tag aufgestellt hatten.

Als die Israeliten am nächsten Tag sich heranmachten an die Benjaminiter, machten diese wieder einen Ausfall aus Gibea und schlugen von den Israeliten weitere achtzehntausend zu Boden, die alle das Schwert führten. Da zogen alle Israeliten hinauf und alles Volk kam nach Bethel und sie hielten Klage und blieben dort vor dem Herrn und fasteten den Tag bis zum Abend und opferten Brandopfer und Dankopfer vor dem Herrn.

Die Israeliten fragten den Herrn: „Sollen wir abermals ausziehen, um mit den Benjaminitern zu kämpfen oder sollen wir es lassen?“ Der Herr sprach: „Zieht hinauf! Morgen will ich sie in eure Hände geben!“ Und die Israeliten legten einen Hinterhalt rings um Gibea.

Da machten die Benjaminiter wieder einen Ausfall. Sie dachten, die Israeliten seien geschlagen wie vorher. Aber die Israeliten sprachen: „Laßt uns fliehen, daß wir sie von der Stadt wegziehen auf die beiden Straßen, die nach Bethel und Gibea führen!“

Die Männer von Israel wandten sich im Kampf ab. Sie gaben Raum, denn sie verließen sich auf den Hinterhalt, den sie bei Gibea aufgestellt hatten. Die Benjaminiter hatten anfangs

etwa dreißig Mann von Israel erschlagen und dachten, sie sind vor uns geschlagen wie im vorigen Kampf. Da begann eine Rauchsäule von der Stadt gerade emporzusteigen. Die Männer von Israel und der Hinterhalt hatten nämlich miteinander verabredet, sie sollten eine Rauchsäule von der Stadt aufsteigen lassen.

Die Benjaminiter wandten sich hinter sich, und siehe, da ging die ganze Stadt in Flammen auf. Da erschraken die Männer Benjamins, denn sie sahen, daß sie das Unglück treffen wollte. Der Hinterhalt Israels brach hervor aus einem Versteck und sie rückten gegen Gibea an. Auch die von der Stadt herkamen, umringten die Benjaminiter und jagten ihnen nach, ohne sie ruhen zu lassen. Die Benjaminiter wandten sich ab von den Männern Israels auf den Weg zur Steppe. Aber der Kampf folgte ihnen auch dorthin. Die Männer von Israel hielten auf dieser Straße eine Nachlese und schlugen fünftausend Mann und folgten ihnen nach bis Gidom und erschlugen von ihnen noch zweitausend.

So schlug der Herr die Benjaminiter durch die Israeliten, die an diesem Tag verderbten bis zu fünfundzwanzigtausend Mann. Nur sechshundert Männer flohen zur Steppe und blieben vier Monate am Fels Rimmon. Die Männer Israels kehrten dann wieder um und schlugen in der Stadt mit der Schärfe des Schwerts: die Menschen, das Vieh und alles, was man fand. Und alle Städte, die man fand, verbrannte man mit Feuer.

Die Männer Israels hatten aber in Mizpa geschworen: „Niemand soll seine Tochter den Benjaminitern zur Frau geben!“ Das Volk kam nach Bethel und saß da bis zum Abend vor Gott, und sie hoben ihre Stimme und weinten sehr und sprachen: „O Herr, Gott Israels, warum ist das geschehen in Israel, daß heute Israel um einen Stamm kleiner geworden ist?“ Am anderen Morgen machte sich das Volk früh auf und baute einen Altar und opferte Brandopfer und Dankopfer.

Die Israeliten sprachen: „Wer von den Stämmen Israels ist nicht mit der Gemeinde heraufgekommen zum Herrn?“ Denn es war ein großer Schwur abgelegt worden geschehen, daß des Todes sterben sollte, wer nicht hinaufkäme zum Herrn nach Mizpa.

Es tat aber den Israeliten leid um ihren Bruder Benjamin und sie sprachen: Heute ist ein Stamm von Israel abgeschlagen worden. Wie können wir ihnen helfen, daß die übriggebliebenen Benjaminiter wieder Frauen kriegen?“

Dann wurde gefragt: „ Wer von den Stämmen Israels ist nicht hinaufgekommen zum Herrn nach Mizpa?“ Da stellte man bei einer Zählung fest, daß im Lager der Gemeinde niemand war aus der Stadt Jabes in Gilead!“ Da sandte die Gemeinde zwölftausend Mann dahin von streitbaren Männern und geboten ihnen, alle Männer und verheirateten Frauen zu töten.

Aber sie fanden in Jabes auch vierhundert junge Frauen, die noch bei keinem Mann gelegen hatten, und brachten sie ins Lager nach Silo. Dann sandten sie Boten zu den Benjaminitern, die am Fels Rimmon waren, und sagten ihnen Frieden zu.

So kamen die Benjaminiter wieder zu dieser Zeit. Und sie gaben ihnen die Frauen, die sie erhalten hatten von den Frauen in Jabes in Gilead. Aber es waren nicht genug Frauen für sie.

Da tat es dem Volk leid um Benjamin, daß der Herr einen Riß gemacht hatte zwischen den Stämmen Israels. Und die Ältesten der Gemeinde sprachen: „Was wollen wir tun, daß die übriggebliebenen Benjaminiter wieder Frauen kriegen? Und die Übriggebliebene müssen ja auch ihr Erbe behalten, damit nicht ein Stamm ausgetilgt werde von Israel. Aber wir können ihnen unsre Töchter nicht zu Frauen geben, das haben wir geschworen!“

Sie sprachen aber: „Jedes Jahr ist ein Fest des Herrn in Silo nördlich von Bethel. Geht hin und lauert in den Weinbergen. Wenn ihr dann seht, daß die Töchter Silos heraus zum Reigentanz gehen, so brecht hervor aus den Weinbergen und nehme ein jeder sich eine Frau von den Töchtern Silos und geht hin ins Land Benjamin. Wenn aber ihre Väter oder Brüder kommen, mit uns zu rechten, wollen wir zu ihnen sagen: Gönnt sie uns, denn wir haben nicht für jeden eine Frau gewonnen im Kampf!“

Die Benjaminiter taten so und raubten sich Frauen von den Mädchen, die zum Reigen tanzten, und zogen hin und wohnten in ihrem Erbteil und bauten die Städtewieder auf und wohnten darin. Auch die Israeliten gingen zu der Zeit auseinander, jeder zu seinem Stamm und zu seiner Sippe.

Der letzte Satz des Buches faßt die Geschehnisse nochmals zusammen und weist auf die kommenden Ereignisse in den Büchern des Propheten Samuel hin: „In jenen Tagen gab es noch keinen König in Israel, jeder tat, was ihm gefiel“ (Ri 19 - 21, gekürzt; die Erzählung erinnert stark an die Ereignisse in Sodom und Gomorra, siehe Gen 19).

 

 

 

 

 

Das Buch Ruth

 

[Das Buch Ruth steht nun gemäß seiner Anfangs- und Schlußverse zwischen den Büchern Richter und Samuel, da seine Handlung zur Richterzeit spielt und Noomis Sohn als Großvater von König David galt. Das Buch handelt um 1000 vCh zur Zeit der Richter in Israel. Obed, der Sohn Ruths, hat einen Sohn Isai, der wiederum der Vater Davids ist. Das „Fremdvölkermotiv“ (Ruth, die Moabiterin) läßt jedoch viele Ausleger eine Abfassungszeit in nachexilischer Zeit vermuten (nicht vor der zweiten Hälfte des 6. Jahrhunderts vCh)].

 

In der Zeit, als die Richter regierten, entstand eine Hungersnot im Land. Da zog Elimelech von Bethlehem in das Land der Moabiter mit seiner Frau Naemi und seinen zwei Söhnen. Aber der Mann starb, und Naemi blieb übrig mit ihren zwei Söhnen. Diese nahmen moabitische Frauen: eine hieß Orpa, die andere Ruth. Als sie ungefähr zehn Jahre dort gewohnt hatten, starben beide Söhne, und die Frau überlebte beide Söhne und ihren Mann.

Da machte die Frau sich auf mit ihren zwei Schwiegertöchtern und zog wieder aus dem Land der Moabiter in ihre Heimat, denn sie hatte erfahren im Moabiterlande, daß der Herr sich seines Volks angenommen hatte und ihnen Brot gegeben hatte.

Als sie auf dem Weg waren, um ins Land Juda zurückzukehren, sprach sie zu ihren beiden Schwiegertöchtern: „Geht hin und kehrt um, eine jede ins Haus zu ihrer Mutter. Der Herr tue an euch Barmherzigkeit, wie ihr an den Toten und mir getan habt! Der Herr gebe euch, daß ihr Ruhe findet, eine jede in ihres Mannes Hause!“ Und sie küßte die Schwiegertöchter.

Da erhoben sie ihre Stimmen und weinten und sprachen zu ihr: „Wir wollen mit dir zu deinem Volk gehen!“ Aber Naemi sprach: „Kehrt um, meine Töchter! Warum wollt ihr mit mir gehen? Wie kann ich noch einmal Kinder in meinem Leib haben, die eure Männer werden könnten? Kehrt um, meine Töchter, und geht hin! Denn ich bin nun zu alt, um wieder einen Mann zu nehmen. Und selbst wenn es so wäre: Wie wollt ihr warten, bis die Söhne groß würden? Wollt ihr euch so lange einschließen und keinen Mann nehmen? Nein, meine Töchter! Mein Los ist zu bitter für euch, denn des Herrn Hand ist gegen mich gewesen!“

Da erhoben sie ihre Stimme und weinten noch mehr. Und Opra küßte ihre Schwiegermutter und ging. Ruth aber blieb bei ihr. Naemi aber sprach: „Siehe, deine Schwä­gerin ist umgekehrt zu ihrem Volk und zu ihrem Gott. Kehre auch du um, deiner Schwä­gerin nach!“ Ruth antwortete: „Rede mir nicht ein, daß ich dich verlassen sollte und von dir umkehren. Wo du hin gehst, da will ich auch hin gehen. Wo du bleibst, da bleibe ich auch. Dein Volk ist mein Volk, und dein Gott ist mein Gott. Wo du stirbst, da sterbe ich auch, da will ich auch begraben werden. Der Herr tue mir dies und das, nur der Tod wird mich und dich scheiden!“

Als Naemi nun sah, daß Ruth festen Sinnes war, mit ihr zu gehen, ließ sie ab, mit ihr davon zu reden. So gingen die beiden miteinander, bis sie nach Bethlehem kamen. Als sie nach Bethlehem hineinkamen, erregte sich die ganze Stadt über sie und sprach: „Ist das die Naemi?“

Sie aber sprach: „Nennt mich nicht „Naemi (=lieblich), sondern „Mara“ (=bitter), denn der Allmächtige hat mir viel Bitteres getan. Voll zog ich aus, aber leer hat mich der Herr wieder heimgebracht. Warum nennt ihr mich denn Naemi, da doch der Herr gegen mich gesprochen und der Allmächtige mich betrübt hat!“ Es war aber um die Zeit des Beginns der Gerstenernte, als Naemi mit ihrer Schwiegertochter Ruth wiederkam vom Moabiterland nach Bethlehem (Ruth 1).

 

Es gab da aber einen wohlhabenden Mann, ein Verwandter des Mannes der Naemi, mit Namen Boas. Ruth sprach zu Naemi: „Laß mich aufs Feld gehen und Ähren auflesen, bei einem, vor dem ich Gnade finde!“ Naemi aber sprach zu ihr: „Geh hin, meine Tochter!“ Sie ging hin und las auf dem Feld, hinter den Schnittern her. Und es traf sich, daß dies Feld dem Boas gehörte. Boas kam eben von Bethlehem und sprach zu den Schnittern: „Der Herr mit euch!“ Sie antworteten: „Der Herr segne dich!“ Und Boas sprach zu seinem Arbeiter, der über die Schnitter gestellt war: „Zu wem gehört die junge Frau?“

 

Der Arbeiter antwortete: „Es ist die Moabitin, die mit Naemi wiedergekommen ist aus dem Land der Moabiter. Sie hat gesagt: Laßt mich doch auflesen und sammeln hinter den Schnittern her. Sie ist gekommen und hat dagestanden vom Morgen an bis jetzt und hat nur wenig ausgeruht!“

Da sprach Boas zu Ruth: „Hörst du es, meine Tochter? Du sollst nicht auf einen andern Acker gehen, um aufzulesen. Gehe auch nicht von hier weg, sondern halte dich zu meinen Arbeiterinnen. Wo sie schneiden im Feld, da geh ihnen nach. Ich habe meinen Arbeitern geboten, daß dich niemand antaste. Und wenn du Durst hast, so geh hin zu den Gefäßen und trinke von dem, was meine Arbeiter schöpfen!“

Da fiel sie auf ihr Angesicht und beugte sich nieder zur Erde und sprach zu ihm: „Womit habe ich die Gnade gefunden vor deinen Augen, daß du freundlich zu mir bist, die ich doch eine Fremde bin?“

Boas antwortete und sprach zu ihr: „Man hat mir alles gesagt, was du an deiner Schwiegermutter nach deines Mannes Tod getan hast: Daß du deinen Vater und deine Mutter und dein Vaterland verlassen hast und bist zu meinem Volk gezogen, das du zuvor nicht kanntest. Der Herr vergelte dir deine Tat, und dein Lohn müsse vollkommen sein bei dem Herrn, dem Gott Israels, zu dem du gekommen bist, daß du unter seinen Flügeln Zuversicht hättest!“

Sie sprach: „Laß mich Gnade vor deinen Augen finden, mein Herr, denn du hast mich getröstet und deine Dienerin freundlich angesprochen, obwohl ich doch nicht bin wie eine deiner Dienerinnen!“ Boas sprach zu ihr, als Essenszeit war: „Komm her und iß vom Brot und tauche deinen Bissen in den Essigtrank!“ Sie setzte sich zur Seite der Schnitter. Boas aber legte ihr geröstete Körner vor, und sie aß und wurde satt und ließ noch etwas übrig.

Und als sie sich aufmachte, um Ähren zu lesen, gebot Boas seinen Arbeitern: „Laßt sie auch zwischen den Garben lesen. Zieht auch etwas aus den Garben heraus und laßt es liegen, daß sie es auflese. Und schimpft sie nicht!“ So las sie auf dem Feld bis zum Abend und klopfte die Ähren aus, die sie aufgelesen hatte; und es war ungefähr ein Pfund Gerste. Sie hob die Gerste auf und kam in die Stadt. Ihre Schwiegermutter sah es, was sie gelesen hatte. Da zog sie hervor, was übriggeblieben war, nachdem sie satt geworden war, und gab es ihr.

Da sprach ihre Schwiegermutter zu ihr: „Wo hast du heute gelesen, und wo hast du gearbeitet? Gesegnet sei, der freundlich zu dir gewesen ist!“ Sie aber sagte es ihrer Schwiegermutter, bei wem sie gearbeitet hätte, und sprach: „Der Mann, bei dem ich heute gearbeitet habe, heißt Boas!“

Naemi aber sprach zu ihrer Schwiegertochter: „Gesegnet sei er dem Herrn, der seine Barmherzigkeit nicht abgewendet hat von den Lebenden und an den Toten! Der Mann steht uns nahe und gehört zu unseren „Lösern“, die verpflichtet sind, eine Witwe zu heiraten, damit ihrem verstorbenen Mann noch Nachkommen geschenkt werden.

Ruth sprach: „Er sprach auch zu mir: Du sollst dich zu meinen Leuten halten, bis sie mir alles abgeerntet haben!“ Naemi sprach zu Ruth: „Es ist gut, meine Tochter, daß du mit seinen Arbeiterinnen hinausgehst, damit dir nicht jemand dreinrede auf einem anderen Acker!“ So hielt sie sich beim Ährenlesen zu den Arbeiterinnen des Boas, bis die Gerstenernte und Weizenernte um waren. Dann blieb sie wieder zu ihrer Schwiegermutter (Ruth 2).

 

Naemi sprach zu Ruth: „Meine Tochter, ich will dir eine Ruhestätte suchen, damit es dir wohl gehe. Unser Verwandter Boas trennt heute Nacht auf seinem Dreschplatz die Gerste von der Spreu. So bade dich und salbe dich und lege dein Kleid an und gehe hinab auf den Dreschplatz. Gib dich dem Mann nicht zu erkennen, bis er gegessen und getrunken hat. Wenn er sich dann schlafen legt, dann merke dir die Stelle, wo er sich hin legt, und gehe hin und decke ihn auf an den Füßen und lege dich, so wird er dir wohl sagen, was du tun sollst!“ Sie sprach zu ihr: „Alles, was du mir sagst, will ich tun!“ Sie ging hinab zum Dreschplatz und tat alles, wie ihre Schwiegermutter geboten hatte.

Als Boas gegessen und getrunken hatte, wurde sein Herz guter Dinge. Er kam und legte sich hinter einen Kornhaufen. Sie kam leise und deckte ihn auf an den Füßen und legte sich. Als es nun Mitternacht ward, erschrak der Mann und beugte sich vor und siehe, eine Frau lag zu seinen Füßen. Er sprach: „Wer bist du?“ Sie antwortete: „Ich bin Ruth, deine Dienerin. Breite den Zipfel deines Gewandes über deine Dienerin, denn du bist der Löser!“

 Er aber sprach: „Gesegnet seist du dem Herrn, meine Tochter! Du hast deine Liebe jetzt noch besser gezeigt als vorher, daß du bist nicht den jungen Männern nachgelaufen bist, weder den reich noch den armen. Nun, meine Tochter, fürchte dich nicht. Alles was du sagst, will ich dir tun. Denn das ganze Volk meiner Stadt weiß, daß du eine tugendhafte Frau bist. Ja, es ist wahr, daß ich der Löser bin. Aber es ist noch ein Löser da, der näher verwandt ist mit dir als ich. Bleibe über Nacht hier. Will er dich dann am Morgen lösen, gut, so mag er es tun. Hat er aber keine Lust, dich zu lösen, so will ich dich nehmen, so wahr der Herr lebt. Schlaf bis zum Morgen!“ Sie schlief bis zum Morgen zu seinen Füßen. Dann stand sie auf, ehe denn einer den andern erkennen konnte .Und er dachte: Wenn nur niemand erfährt, daß das die Frau auf den Dreschplatz gekommen ist!“ Er sprach: Nimm das Tuch, das du anhast, und halte es auf. Sie hielt es ihn. Und er maß sechs Liter Gerste und lud ihr es auf sie. Dann ging er in die Stadt.

Sie aber kam zu ihrer Schwiegermutter. Die sprach: „Wie steht es mit dir, meine Tochter?“ Und sie sagte ihr alles, was ihr der Mann getan hatte, und sprach: „Diese sechs Liter Gerste gab er mir. Und er sprach: Du sollst nicht mit leeren Händen zu deiner Schwiegermutter kommen!“ Sie aber sprach: „Sei still, meine Tochter, bis du erfährst, was er mit dir vorhat. Denn der Mann wird nicht ruhen, er bringe es denn heute zu Ende (Ruth 3).

 

Boas ging hinauf zum Platz vor dem Tor und setzte sich dorthin. Und als der Löser vorüberging, sprach Boas: „Komm und setze dich hierher!“ Er kam und setzte sich. Boas nahm zehn Männer von den Ältesten der Stadt und sprach: „Setzt euch her!“ Sie setzten sich. Da sprach er zu dem Löser: „Naemi, die vom Lande der Moabiter wiedergekommen ist, bietet den Anteil an dem Feld, das unserem Bruder gehörte, zum Kauf an. Darum dachte ich, es vor deine Ohren zu bringen und zu sagen: Willst du es übernehmen und lösen so kaufe es vor den Bürgern und vor den Ältesten meines Volkes. Willst du es aber nicht lösen, so sage es mir, daß ich es wisse. Denn es ist kein anderer Löser da außer dir und ich nach dir!“Er sprach: „Ich will es übernehmen!“

Boas sprach: „An dem Tag, an dem du das Feld kaufst aus der Hand Naemis, mußt du auch die Moabiterin Ruth nehmen, die Frau des Verstorbenen, damit der Name des Verstorbenen erhalten bleibt auf seinem Erbteil. Da sprach er: „Ich kann es nicht zu übernehmen, weil ich dann mein Erbteil schädigen würde. Löse du lieber, was ich lösen sollte, denn ich kann es nicht lösen!“

Es war aber von alters her ein Brauch in Israel: Wenn einer eine Sache bekräftigen wollte, die eine Lösung oder einen Tausch betraf, so zog er seinen Schuh aus und gab ihn dem andern. Das diente zur Bekräftigung in Israel. Und der Löser sprach zu Boas: „Kaufe du es!“ und zog seinen Schuh aus.

Boas sprach zu den Ältesten und zu allem Volk: „Ihr seid heute Zeugen, daß ich von Naemi alles gekauft habe, was ihrem Mann und seinen Söhnen gehört hat. Dazu habe ich auch Ruth, als Frau gewonnen, daß ich den Namen des Verstorbenen auf seinem Erbteil und sein Name nicht ausgerottet werde unter seinen Brüdern und aus der Versammlung am Tor seines Orts. Dafür seid ihr heute Zeugen!“

Alles Volk, das am Tor war, samt den Ältesten sprachen: „Wir sind Zeugen. Der Herr mache die Frau, die in dein Haus kommt, wie Rahel und Lea, die beide das Volk Israel begründet haben. Und sei stark und werde gepriesen in Bethlehem. Deine Familie werde wie die Familie deines Vorfahren Perez, den Thamar dem Juda gebar, durch die Nachkommen, die der Herr dir geben wird von dieser Frau!“

So nahm Boas Ruth zur Frau. Und als er Liebe mit ihr machte, gab ihr der Herr, daß sie schwanger wurde und einen Sohn gebar. Da sprachen die Frauen zu Naemi: „Gelobt sei der Herr, der dir einen Löser nicht versagt hat zu dieser Zeit! Sein Name werde gerühmt in Israel! Der wir dir Freude machen und dich im Alter versorgen. Denn deine Schwiegertochter, die dich geliebt hat, hat ihn geboren, der dir mehr wert ist als sieben Söhne!“

Und Naemi nahm das Kind und legte es auf ihren Schoß und wurde seine Pflegerin. Ihre Nachbarinnen gaben ihm einen Namen und sprachen: „Naemi ist ein Kind geboren“ und nannten ihn „Obed“. Der ist der Vater Isais, und der wiederum ist Davids Vater (Ruth 4).

 

 

Die Samuelbücher

 

 [Der Name geht darauf zurück, daß das Buch nach jüdischer Tradition von Samuel verfaßt wurde. Das 1. Buch Samuel erzählt die Geschichte Israels von der Bitte der kinderlosen Hanna um einen männlichen Nachkommen, über die Geburt des Propheten Samuels bis zum Selbstmord Sauls und dem Tod seiner Söhne im Kampf gegen die Philister. Zum letzten Kapitel findet sich eine Parallele im 1. Buch der Chronik (1 Chr 10,1–12). Neben den Erzählungen findet sich auch ein Psalm, der Lobgesang der Hanna (1 Sam 2,1).

Ein inhaltlicher Schwerpunkt ist die Entstehung des Königtums und die abwartende Haltung gegenüber diesem: Es werden deutlich die Nachteile des Königtums benannt und der Wunsch des Volkes nach einem König wird als Abfall von Gott gedeutet. Dennoch wird Saul dann als König gewählt seine Herrschaft geschildert. Die Schilderungen sind nach einigen Anfangserfolgen Sauls geprägt von der Konkurrenz Sauls mit seinem Gegenspieler David, der von Gott begünstigt wird. Auch die eigenen Familienangehörigen Sauls ergreifen für David Partei. Sauls Tochter Michal liebt David und Sauls Sohn Jonathan greift zugunsten Davids ein und warnt diesen vor seinem Vater.

Thema der Samuelbücher ist die Entstehung des Königtums im alten Israel. Die Handlung der Bücher spielt im 11. Jahrhundert vCh. Sie erreicht ihr Ziel und ihren Höhepunkt in der Begründung der davidischen Dynastie. Die Erzählungen von Samuel und Saul lesen sich wie ein Vorspann zur Geschichte vom Aufstieg des Hirtenknaben David zum König.

Die Verschiedenheit des Materials sowie Spannungen zwischen einzelnen Erzählungen machen deutlich, daß die Samuelbücher nicht „aus einem Guß“ sind, sondern daß verschiedene Traditionen zu einer Erzählung kombiniert wurden. Die Samuelbücher haben erst um die Zeitenwende die heute übliche Gestalt bekommen.

Während die letzte Phase des Entstehungsprozesses der Samuelbücher anhand der unterschiedlichen Textformen (hebräische Bibel, griechische Bibel, Qumrantexte) gut nachvollzogen werden kann, ist man für seine Anfänge auf Theorien angewiesen. Nach breiter Übereinstimmung in der Forschung ist davon auszugehen, daß nach der Eronerung Judas durch die Babylonier (597 vCh) im Südreich ein Nachdenken über die eigene Geschichte einsetzte, um das (vorläufige) Ende der Geschichte Judas als Staat zu bearbeiten und zu deuten. Man begann, die mündlichen Traditionen über das untergegangene Königreich zu sammeln sowie die schriftlichen Quellen (wie Listen von Beamten) zu sichten. Das überlieferte Material fügte man dann zu einer fortlaufenden Erzählung zusammen. An den Schnittstellen der einzelnen Bestandteile dieser Erzählung sorgte man durch redaktionelle Ergänzungen dafür, daß ein möglichst geschlossener und folgerichtiger Text entstand. Durch diese Kombination und Verflechtung von verschiedenen Samuel-, Saul- und Davidgeschichten entstand so im 6. oder 5. vorchristlichen Jahrhundert eine Erstfassung der Samuelbücher.

Ein in der Forschung stark diskutiertes Thema ist die Frage nach den späteren Überarbeitungen (Redaktionen) des einmal entstandenen Samuelbuchs. Im Zentrum der Diskussion stehen Texte, die a deuteronomistisch bezeichnet werden, weil sie eng mit der Sprache und den Inhalten de s Deuteronomiumsverbunden sind. Diese Texte gehen auf eine theologische Schule zurück, die sogenannten Deuteronomisten.

Umstritten ist, ob die Deuteronomisten als Verfasser der Samuelbücher gelten können, also ob sie es waren, die die Samuel-, Saul- und Davidgeschichten zu einem neuen Buch zusammengefügt und an den Schlüsselstellen ihre eigenen Positionen eingefügt haben. Eine andere Möglichkeit ist, daß die Deuteronomisten ein bereits bestehendes Samuelbuch erweitert haben, vielleicht sogar in mehreren Durchläufen zu verschiedenen Zeiten. Dann hätte man mit mehreren deuteronomistischen Redaktionen zu rechnen, die zeitlich zwischen dem 6. und 3. Jahrhundert vCh liegen können. Nicht strittig ist das Ergebnis dieses Prozesses: Die Samuelbücher sind in ihrer Endfassung stark von deuteronomistischem Gedankengut geprägt und bilden zusammen mit den Büchern Deuteronomium, Josua, Richter und Könige einen Teil des Deuteronomistischen Geschichtswerks.

 

 

Erstes Buch Samuel

 

[Die Person Samuel wird in den Samuelbüchern in die Reihe der kleinen Richter des Richterbuchs stellt. Im Wesentlichen wird Samuel jedoch als Prophet gesehen. Insbesondere seine wunderbare Geburt und Berufung, sein fürbittendes Handeln für das Volk, seine Reden über das vom Volk begehrte Königsamt sowie seine Vor­würfe gegenüber Sau lassen ihn als Propheten erscheinen, der viele Züge des „Ur-Pro­phe­­ten“ Mose trägt. Viele der Samuel-Berichte gelten in der Forschung als späte redaktionelle Bildungen, aus denen nicht ohne weiteres historische Fakten über die Person Samuel gewonnen werden können. Versucht man, die in den Samuelbüchern gezeichneten Bilder von zu gewichten, ist Samuels Rolle als Richter glaubhafter als die des Propheten, gerade weil letztere breit ausgeschmückt ist und für die Etablierung der davidischen Dynastie instrumentalisiert wird].

 

Samuels Geburt:

Es war ein Mann auf dem Gebirge Ephraim, der hieß Elkana. Der er hatte zwei Frauen. Eine hieß Hanna, die andere Peninna. Peninna aber hatte Kinder, und Hanna hatte keine Kinder. Dieser Mann ging jährlich hinauf von seiner Stadt, um anzubeten und dem Herrn in Silo zu opfern. Dort waren die zwei Söhne Elis die Priester des Herrn. An dem Tag, an dem Elkana opferte, gab er seinem Weib Peninna und allen ihren Söhnen und Töchtern einige Stücke vom Opferfleisch. Ein besonderes Stück aber gab er Hanna, auch wenn er traurig war, denn er hatte Hanna lieb, obwohl der Herr sie ohne Kinder hatte sein lassen.

Ihre Widersacherin kränkte und reizte sie deswegen sehr. So ging es alle Jahre: Wenn sie mit hinaufzog zum Haus des Herrn, dann betrübte jene sie. So weinte sie dann und aß nichts. Elkana aber sprach zu ihr: „Hanna, warum weinst du und warum ißt du nichts. Warum ist dein Herz so traurig? Bin ich dir nicht mehr wert als zehn Söhne?“

Nachdem sie gegessen und getrunken hatten in Silo und sie von Herzen betrübt war und betete zum Herrn und sehr weinte, da legte sie ein Gelübde ab: „Herr Zebaoth, wenn du das Elend deiner Dienerin ansehen und ihr einen Sohn geben wirst, so will ich ihn dem Herrn geben sein Leben lang und es soll kein Schermesser auf sein Haupt kommen!“

Als sie lange betete vor dem Herrn, achtete der Priester Eli auf ihren Mund. Denn Hanna redete in ihrem Herzen: Nur ihre Lippen regten sich, aber ihre Stimme hörte man nicht. Da meinte Eli, sie wäre betrunken und sprach zu ihr: „Wie lange willst du betrunken sein? Gib den Wein her, den du getrunken hast!“

Hanna aber antwortete: „Nein, mein Herr! Ich bin eine betrübte Frau. Ich habe keinen Wein oder starkes Getränk getrunken, sondern ich habe mein Herz vor dem Herrn ausgeschüttet.

Sieh doch deine Dienerin nicht als eine haltlose Frau an, denn ich habe aus meinem großen Kummer und Herzeleid so lange geredet!“Eli antwortete: Gehe hin mit Frieden! Der Gott Israels wird dir deine Bitte erfüllen!“ Sie sprach: „Laß deine Dienerin doch Gnade finden vor deinen Augen!“

So ging die Frau ihres Wegs und aß und sah nicht mehr so traurig aus. Am Morgen machten sie sich früh auf und kamen wieder heim nach Rama. Als Elkana diesmal Liebe machte mit seiner Frau Hanna, dachte der Herr an sie und Hanna wurde schwanger und gebar einen Sohn und nannte ihn Samuel, und sprach: „Ich habe ihn von dem Herrn erbeten“.

 

Als Elkana hinaufzog mit seiner ganzen Familie, um dem Herrn das jährliche Opfer zu opfern und sein Gelübde zu erfüllen, zog Hanna nicht mit hinauf, sondern sprach zu ihrem Mann: „Wenn der Junge entwöhnt ist, will ich ihn bringen, daß er vor dem Herrn erscheine und dort für immer bleibe!“

Elkana sprach zu ihr: „So tue, wie es dir gefällt: Bleib, bis du ihn entwöhnst hast. Der Herr aber bestätige, was er geredet hat!“ So blieb die Frau und stillte ihren Sohn, bis sie ihn entwöhnt hatte. Dann nahm sie ihn mit sich hinauf nach Silo, dazu einen dreijährigen Stier, ein Topf Mehl und ein Krug Wein.

Sie brachte den Jungen in das Haus des Herrn in Silo. Sie schlachteten den Stier und brachten den Jungen zu Eli. Hanna sprach: „Ach, mein Herr, ich bin die Frau, das hier bei dir stand, um zum Herrn zu beten. Um diesen Jungen bat ich. Nun hat der Herr mir die Bitte erfüllt. Darum gebe ich ihm dem Herrn wieder sein Leben lang, weil er vom Herrn erbeten ist!“ Und sie beteten dort den Herrn an (1.Sam 1).

Hanna singt ein Loblied mit den bekannten Worten: „Der Herr tötet und macht lebendig, führt hinab zu den Toten und wieder heraus. Der Herr macht arm und macht reich, er erniedrigt und erhöht. Elkana aber ging hin nach Rama in sein Haus. Der Junge aber war der Diener des Herrn vor dem Priester Eli (1. Sam 2,1-11).

 

Die Bosheit der Söhne Elis:

Aber die Söhne Elis waren ruchlose Männer, die fragten nicht nach dem Herrn noch nach dem Recht der Priester gegenüber dem Volk. Wenn jemand etwas opfern wollte, so kam der Diener des Priesters und hatte eine Gabel mit drei Zacken in seiner Hand. Wenn dann das Fleisch kochte, und stieß er damit in den Topf oder die Pfanne. Was er mit der Gabel hervorzog, das nahm der Priester für sich. So taten sie allen in Israel, die nach Silo kamen. So machten sie es auch, wenn einer ein Brandopfer bringen und das Fett anzünden wollte, da sprach der Diener des Priesters: „Gib mir das Fleisch, den der Priester will nicht gekochtes Fleisch, sondern rohes zum Braten. Du sollst es mir gleich jetzt geben. Wenn nicht so will ich es mit Gewalt nehmen!“

Samuel aber war ein Diener vor dem Herrn. Der Junge war umgürtet mit einem leinenen Priesterschurz. Dazu machte ihm seine Mutter ein kleines Oberkleid und brachte es ihm hinauf Jahr um Jahr, wenn sie mit ihrem Mann hinaufging, um das jährliche Opfer darzubringen. Eli segnete Elkana und seine Frau und sprach: „Der Herr gebe dir Kinder von dieser Frau anstelle des zuerst erbetenen Kindes, das nun im Tempel ist!“ Sie gingen zurück in ihren Ort. Da wurde Hanna schwanger und gebar mit der Zeit drei Söhne und zwei Töchter. Aber Samuel wuchs auf bei dem Herrn.

Eli aber war sehr alt und erfuhr alles, was seine Söhne taten dem ganzen Israel, und daß sie schliefen bei den Frauen, die vor der Tür der Stiftshütte dienten. Er sprach zu ihnen: „Warum tut ihr so böse Dinge, von denen ich höre im diesem ganzen Volk. Nicht doch, meine Söhne! Das ist kein gutes Gerücht, von dem ich höre im Volk des Herrn. Wenn jemand gegen einen Menschen sündigt, so kann es Gott entscheiden. Wenn aber jemand gegen den Herrn sündigt, wer soll es dann für ihn entscheiden?“ Aber sie gehorchten ihrem Vater nicht, denn der Herr war willens, sie zu töten. Aber Samuel nahm immer mehr zu an Alter und Gunst bei dem Herrn und bei den Menschen.

Es kam aber ein Mann Gottes zu Eli und sprach zu ihm: „So spricht der Herr: Ich habe mich offenbart der Familie deines Vaters, als die Israeliten noch in Ägypten dem Pharao gehörten. Ich habe die Familie dort erwählt vor allen Stämmen Israels zum Priestertum, daß er opfern sollte auf meinem Altar und Räucherwerk anzünden und den Priesterschurz vor mir zu tragen!“

Dann fährt er fort: „Ich habe der Familie deines Vaters alle Feueropfer der Israeliten gegeben. Warum tretet ihr denn mit Füßen meine Schlachtopfer und Speisopfer, die ich für meine Wohnung geboten habe? Und du ehrst deine Söhne mehr als mich, daß ihr euch mästet von dem besten aller Opfer meines Volkes Israel!“

Dann sagt der Mann das Ende des Priestertums Elis an: „Darum spricht der Herr, der Gott Israels: Ich habe gesagt, deine Familie sollte immer vor mir hergehen. Das sei nun fern von mir! Sondern wer mich ehrt, den will ich auch ehren. Wer aber mich verachtet, der soll wieder verachtet werden. Siehe, es wird die Zeit kommen, daß ich deinen Arm und den Arm deines Vater abhauen will, daß es keinen Alten geben wird in deinem Haus, und daß du deinen Widersacher im Heiligtum sehen wirst bei allem Gutem, das Israel geschehen wird, und es wird niemals mehr jemand alt werden in der Familie deines Vaters!“

Nur eine Hoffnung bleibt noch: „Doch nicht einen jeden will ich vor meinem Altar ausrotten und deine Seele sich gräme. Aber der größte Teil deiner Familie soll sterben, wenn sie Männer geworden sind. Und das soll dir ein Zeichen sein, das über deine zwei Söhne kommen wird: Sie werden beide an einem Tag sterben. Ich will aber mir einen treuen Priester erwecken, der wird tun, wie es meinem Herzen und meiner Seele gefällt. Dem will ich ein beständiges Haus bauen, daß er immer vor meinem Gesalbten hergehe. Und wer übrig ist von deinem Haus, der wird kommen und vor jenem niederfallen, um ein Silberstück oder eine Scheibe Brot zu erlangen, und wird sagen: Laß mich doch Anteil haben an deinem Priesteramt, daß ich einen Bissen Brot zu essen habe!“ (1. Sam 2,12-36).

 

Samuels Berufung:

Als der junge Samuel unter Eli dem Herrn diente, war das Wort des Herrn selten und es gab wenig Weissagung. Zu dieser Zeit lag Eli an seinem Ort, und seine Augen fingen an, dunkel zu werden, so daß er nicht mehr sehen konnte. Die Lampe Gottes war noch nicht verloschen. Auch Samuel hatte sich gelegt im Heiligtum des Herrn, wo die Lade Gottes war.

Da rief der Herr Samuel. Er aber antwortete: „Siehe, hier bin ich!“ Er lief zu Eli und sprach: „Siehe, hier bin ich!“ Du hast mich gerufen?“. Er aber sprach: „Ich habe dich nicht gerufen. Geh wieder hin und lege dich schlafen!“ Und er ging hin und legte sich schlafen. Aber der Herr rief abermals: „Samuel!“ Und Samuel stand auf und ging zu Eli und sprach: „Siehe, hier bin ich!“ Du hast mich gerufen?“ Eli aber sprach: „Ich habe nicht gerufen, mein Sohn. Geh wieder hin und lege dich schlafen!“ Samuel kannte den Herrn noch nicht, und das Wort des Herrn war ihm noch nicht offenbart.

 Der Herr rief Samuel wieder, zum drittenmal. Samuel stand auf und ging zu Eli und sprach: „Siehe, hier bin ich! Du hast mich gerufen!“ Da merkte Eli, daß der Herr den Jungen rief. Er sprach zu ihm: „Geh wieder hin und lege dich schlafen. Aber wenn du gerufen wirst, so sprich: Rede, Herr, denn dein Diener hört!“ Samuel ging hin und legte sich an seinen Ort. Da kam der Herr und trat heran und rief wie vorher: „Samuel, Samuel!“ Samuel sprach: „Rede, denn dein Diener hört!“

Der Herr sprach zu Samuel: „Siehe, ich werde etwas tun in Israel, wovon jedem, der das hören wird, dem werden seine beiden Ohren gellen. An dem Tag will ich über Eli kommen lassen, was ich gegen seine Familie geredet habe, ich will es anfangen und vollenden. Denn ich habe es ihm angesagt, daß ich seine Familie für immer richten will, wegen seiner Schuld, denn er wußte, wie seine Söhne sich schändlich verhielten, und hat ihnen nicht gewehrt. Darum habe ich der Familie Elis geschworen, daß die Schuld der Familie solle nicht gesühnt werden weder mit Schlachtopfer noch mit Speisopfer auf ewig!“

Samuel lag bis an den Morgen und tat die Türen am Haus des Herrn auf. Samuel aber fürchtete sich, Eli zu sagen, was der Herr ihm vorausgesagt hatte. Da rief ihn Eli und sprach: Samuel, mein Sohn!“ Er antwortete: „Siehe, hier bin ich!“ Eli sprach: „Was war das für ein Wort, das er dir gesagt hat? Verschweige mir nichts. Gott tue dir dies und das, wenn du mir etwas verschweigst, das er dir gesagt hat!“ Da sagte ihm Samuel alles und verschwieg ihm nichts. Eli aber sprach: „Es ist der Herr, er tue, was ihm wohl gefällt!“

Samuel aber wuchs heran und der Herr war mit ihm und ließ keines unter allen seinen Worten auf die Erde fallen. Und ganz Israel von Dan bis Beer-Seba erkannte, daß Samuel beauftragt war, ein Prophet des Herrn zu sein .Er erschien weiter in Silo, denn er offenbarte sich durch Samuel in Silo durch sein Wort. Und Samuels Wort erging an ganz Israel (1. Sam 3).

 

Verlust und Rückkehr der Bundeslade

Zu der Zeit sammelten sich die Philister zum Kampf gegen Israel. Israel aber zog den Philistern entgegen in den Kampf. Die Israeliten lagerten sich bei Eben-Ezer. Die Philister aber hatten sich gelagert bei Aphek und stellten sich Israel gegenüber auf. Der Kampf breitete sich aus und Israel wurde vor den Philistern geschlagen: Sie erschlugen in der Feldschlacht um die viertausend Mann.

Als das Volk ins Lager kam, sprachen die Ältesten Israels: „Warum hat uns der Herr heute vor den Philistern geschlagen? Laßt uns die Bundeslade zu uns holen von Silo und laßt sie mit uns ziehen, damit Gott uns errette aus der Hand unsrer Feinde!“ Das Volk sandte Boten nach Silo und ließ von dort die Bundeslade holen. Als die Lade des Bundes des Herrn ins Lager kam, jauchzte ganz Israel mit großem Jauchzen, daß die Erde erdröhnte.

Als aber die Philister das Jauchzen hörten, sprachen sie: „Was ist das ein großes Jauchzen im Lager der Hebräer?“ Als sie aber erfuhren, daß die Lade des Herrn ins Lager gekommen wäre,

fürchteten sie sich und sprachen: „Gott ist ins Lager gekommen“ und sie riefen: „Wehe uns, denn so etwas ist vorher nicht geschehen! Wehe uns! Wer will uns erretten von der Hand dieser mächtigen Götter? Das sind die Götter, die Ägypten schlugen mit allerlei Plage in der Wüste. So seid nun stark ihr Männer, ihr Philister, damit ihr nicht dienen müßt den Hebräern, wie sie euch gedient haben! Seid Männer und kämpft!“

Da zogen die Philister in den Kampf, und Israel wurde geschlagen, und jeder floh in sein Zelt. Die Niederlage war sehr groß und es fielen aus Israel dreißigtausend Mann Fußvolk. Die Lade Gottes wurde weggenommen, und die zwei Söhne Elis starben.

Da lief einer von Benjamin aus dem Heerlager und kam am selben Tag nach Silo und hatte seine Kleider zerrissen und hatte Erde auf sein Haupt gestreut. Als er hineinkam, saß Eli auf dem Stuhl und gab acht nach der Straße hin, denn sein Herz bangte um die Lade Gottes. Und als der Mann in die Stadt kam, teilte er alles mit und die ganze Stadt schrie auf.

Als Eli das laute Schreien hörte, fragte er: „Was ist das für ein großer Lärm?“ Da kam der Mann eilends und sagte Eli alles. Eli war achtundneunzig Jahre alt, und seine Augen waren so schwach, daß er nicht mehr sehen konnte. Der Mann aber sprach zu Eli: „Ich komme vom Heerlager und bin heute aus der Schlacht geflohen!“ Eli aber sprach: „Wie ist es ergangen, mein Sohn?“ Da antwortete der Bote: „Israel ist geflohen vor den Philistern, und das Volk ist hart geschlagen, und deine beiden Söhne sind tot, und auch die Lade Gottes ist weggenommen!“ Als der Bote aber die Lade Gottes erwähnte, fiel Eli rückwärts vom Stuhl und brach seinen Hals i und starb, denn er war alt und ein schwerer Mann. Er richtete aber Israel vierzig Jahre.

Die Philister aber nahmen die Bundeslade und brachten sie nach Asdod in den Tempel Dagons und stellten sie neben Dagon. Als aber die Leute von Asdod am anderen Morgen früh aufstanden und in den Tempel Dagons kamen, fanden sie Dagon auf seinem Antlitz liegen auf der Erde vor der Lade des Herrn. Sie nahmen den Dagon und setzten ihn wieder an seinen Ort. Als sie aber am anderen Morgen früh aufstanden, fanden sie Dagon erneut auf seinem Antlitz liegen auf der Erde vor der Lade des Herrn, aber sein Haupt und seine beiden Hände waren abgeschlagen auf der Schwelle, so daß der Rumpf allein dalag. Darum treten die Priester Dagons und alle, die in Dagons Tempel gehen, nicht auf die Schwelle Dagons in Asdod bis auf diesen Tag.

Aber die Hand des Herrn war schwer auf den Leuten von Asdod und er brachte Verderben über sie und schlug sie mit bösen Beulen, Asdod und sein ganzes Gebiet. Als aber die Leute in Asdod sahen, daß es so zuging, sprachen sie: „Laßt die Lade des Gottes Israels nicht bei uns bleiben, denn seine Hand liegt zu hart über uns und unserem Gott Dagon!“

Sie sandten Boten aus und versammelten alle Fürsten der Philister zu sich und sprachen: „Was sollen wir mit der Lade des Gottes Israels machen?“ Da antworteten sie: „Laßt die Lade des Gottes Israels nach Gath tragen!“ Und sie trugen die Lade des Gottes Israels dorthin. Als sie aber die Lade dorthin getragen hatten, entstand in der Stadt ein sehr großer Schrecken durch die Hand des Herrn, denn er schlug die Leute in der Stadt, klein und groß, so daß an ihnen Beulen ausbrachen.

Da sandten sie die Lade des Herrn nach Ekron. Als aber die Lade Gottes nach Ekron kam, schrieen die von Ekron: „Sie haben die Lade Gottes hergetragen zu uns, daß sie uns töte und unser Volk!“ Da sandten sie wieder Boten hin und versammelten alle Fürsten der Philister und sprachen: „Sendet die Lade des Gottes Israels zurück an ihren Ort, daß sie uns und unser Volk nicht töte!“ Denn es kam ein tödlicher Schrecken über die ganze Stadt und die Hand Gottes lag schwer auf ihr. Und die Leute, die nicht starben, wurden geschlagen mit Beulen und das Geschrei der Stadt steig auf zum Himmel.

So war die Lade des Herrn sieben Monate im Land der Philister. Die Philister riefen ihre Priester und Weissager und sprachen: „Was sollen wir mit der Lade des Herrn machen? Laßt uns wissen, wie wir sie an ihren Ort senden sollen?“ Sie sprachen: „Wollt ihr die Lade des Gottes Israels zurücksenden, so sendet sie nicht ohne eine Gabe, sondern gebt ihm eine Sühnegabe, so werdet ihr gesund werden und es wird euch deutlich werden, warum seine Hand nicht von euch läßt!“

Sie aber sprachen: „Was ist die Sühnegabe, die wir ihm geben sollen?“ Sie antworteten: „Fünf goldene Beulen und fünf goldene Mäuse nach der Zahl der fünf Fürsten der Philister; denn es ist ein und dieselbe Plage gewesen über euch alle und über eure Fürsten. Macht Abbilder eurer Beulen und eurer Mäuse, die euer Land zugrunde gerichtet haben, so daß ihr dem Gott Israels die Ehre gebt. Vielleicht wird seine Hand leichter werden über euch und über euren Gott und über euer Land. Warum verstockt ihr euer Herz, wie die Ägypter und Pharao ihr Herz verstockten? Ist es nicht so: Als er seine Macht an ihnen bewies, ließen sie sie fahren, so daß sie gehen konnten?“

Dann schlagen die Wahrsager weiter vor; „So macht nun einen neuen Wagen und nehmt zwei säugende Kühe, auf die noch kein Joch gekommen ist. Spannt sie an den Wagen und laßt ihre Kälber daheim bleiben. Nehmt die Lade des Herrn und legt sie auf den Wagen. Und die Dinge aus Gold, die ihr ihm als Sühne gebt, tut in ein Kästlein daneben. Sendet sie hin und laßt sie gehen. Achtet darauf: Geht die Lade hinauf in ihr Land auf Beth-Schemes zu, so hat ihr Gott uns das große Übel getan. Wenn nicht, so wissen wir, daß nicht seine Hand uns getroffen hat, sondern es uns zufällig widerfahren ist!“

Die Leute machten es so und nahmen zwei säugende Kühe und spannten sie an den Wagen und legten die Lade des Herr auf den Wagen und das Kästlein mit den goldenen Mäusen und mit den Bildern ihrer Beulen daneben. Die Kühe gingen geradewegs auf Beth-Schemes, immer auf derselben Straße. Sie blökten immerzu und wichen weder zur Rechten noch zur Linken. Und die Fürsten der Philister gingen ihnen nach bis zum Gebiet von Beth-Schemes.

Die Leute von Beth-Schemes aber schnitten gerade den Weizen im Grund, und als sie ihre Augen aufhoben und die Lade sahen und freuten sich, sie zu sehen.

Der Wagen aber kam auf den Acker Josuas, und stand dort still. Da war ein großer Stein. Sie spalteten das Holz des Wagens und opferten die Kühe dem Herrn zum Brandopfer. Die Leviten aber hoben die Lade des Herrn herab und das Kästlein, in dem die Dinge aus Gold waren, und setzten sie auf den großen Stein.

Die Leute von Beth-Schemes opferten dem Herrn am gleichen Tag Brandopfer und Schlachtopfer. Als aber die fünf Fürsten der Philister das gesehen hatten, zogen sie am selben Tag wieder nach Ekron. Zeuge bis auf diesen Tag ist der große Stein, auf dem sie die Lade des Herrn ließen, auf dem Acker Josuas aus Beth- Schemes.

Aber die Söhne Jechonjas freuten sich nicht mit den Leuten von Beth-Semes, als sie die Lade des Herrn sahen. Der Herr schlug unter ihnen siebzig Mann. Da trug das Volk Leid, daß der Herr das Volk so hart hatte. Die Leute von Beth-Schemes sprachen aber: „Wer kann bestehen vor dem Herrn, dem heiligen Gott? Und zu wem soll er von uns wegziehen?“

Sie sandten Boten zu den Bürgern von Kirjath-Jearim und ließen ihnen sagen: „Die Philister haben uns die Lade des Herrn zurückgebracht. Kommt herab und holt sie zu euch hinauf!“ So kamen die Leute von Kirjath-Jearim und holten die Lade des Herrn hinauf und brachten sie ins Haus Abinadabs auf dem Hügel. Sie weihten Eleasar, daß er die Lade des Herrn bewache (1. Sam 4,1 – 7,1).

 

Samuels Richteramt:

Die Lade des Herrn blieb zwanzig Jahre in Kirjath-Jearim. Dann wandte sich ganz Israel zu dem Herrn. Samuel aber sprach zum ganz Israel: „Wenn ihr euch von ganzem Herzen bekehrt zu dem Herrn bekehren wollt, so tut von euch die fremden Götter und die Astarten richtet euer Herz zu dem Herrn und dient ihm allein, so wird er euch erretten aus der Hand der Philister!“ Da taten die Israeliten von sich die Baale und die Astarten und dienten dem Herrn allein.

Samuel aber sprach: „Versammelt ganz Israel in Mizpa, daß ich für euch zum Herrn bete!“ Sie kamen zusammen nach Mizpa und schöpften Wasser und gossen es aus vor dem Herrn und fasteten an diesem Tag und sprachen: „Wir haben an dem Herrn gesündigt!“ So richtete Samuel die Israeliten in Mizpa. Als aber die Philister hörten, daß die Israeliten zusammengekommen waren in Miz­pa, zogen die Fürsten der Philister hinauf gegen Israel. Als das die Israeliten hörten, fürchteten sie sich vor den Philistern und sprachen zu Samuel: „Laß nicht ab, für uns zu schreien zu dem Herrn, unserm Gott, daß er uns helfe aus der Hand der Philister!“

Samuel nahm ein Milchlamm und opferte dem Herrn ein Brandopfer und schrie zum Herrn für Israel, und der Herr erhörte ihn: Als Samuel das Brandopfer opferte, kamen die Philister heran, um mit Israel zu kämpfen. Da ließ der Herr donnern einen donnern mit großem Schall über die Philister an diesem Tag und erschreckte sie, so daß sie von Israel geschlagen wurden.

 

Da zogen die Männer Israels aus von Mizpa und jagten die Philister und schlugen sie. Da nahm Samuel einen Stein und setzte ihn zwischen Mizpa und Sen und hieß ihn „Eben-Ezer“ (= Stein der Hilfe) und sprach: „Bis hierher hat uns der Herr geholfen!“

So wurden die Philister gedemütigt und kamen nicht mehr in das Gebiet Israels. Und die Hand des Herrn war gegen die Philister, solange Samuel lebte. Auch eroberte Israel die Städte zurück, die die Philister ihnen genommen hatten, von Ekron an bis nach Gath samt ihrem Gebiet. Und Israel hatte Frieden mit den Amoritern. Samuel aber richtete Israel sein Leben lang und zog Jahr für Jahr umher und kam nach Bethel und Gilgal und Mizpa. Und wenn er Israel an allen diesen Orten gerichtet hatte, kam er wieder nach Rama (denn da war sein Haus) und richtete Israel dort. Auch baute er dem Herrn dort einen Altar (1. Sam 7,2-17).

[Einen Schwerpunkt legen die Samuelbücher auf die Bestimmung Sauis zum ersten israelitischen König. Innenpolitisch soll er die Rechtsprechung sichern, außenpolitisch soll er Israel gegen seine Feinde schützen, wie es sich bei anderen Völkern bewährt. Die Texte erzählen dann auf verschiedene Weise, wie Saulzum ersten König Israels bestimmt wird: Ein Prophet (Samuel) salbt ihn im Auftrag Gottes, es wird ein Losverfahren durchgeführt und körperliche Größe wird als Kriterium genannt. Diese Vielfalt an Erzählmotiven deutet darauf hin, daß unterschiedliche Erzählungen von der Krönung Sauls miteinander verwoben wurden. Historisch glaubhaft ist insbesondere, daß die Bevölkerung einen militärischen Führer fordert, um gemeinsam gegen die außenpolitischen Bedrohungen vorzugehen. Das ist dann auch die Rolle, die Saul in der weiteren Erzählung spielt: Er verteidigt Israel gegen die Amalekiter und vor allem gegen die Philister. Bei einer militärischen Auseinandersetzung mit den Philistern kommt er schließlich ums Leben].

 

Israel begehrt einen König:

Als Samuel alt geworden war, setzte er seine Söhne als Richter über Israel ein in Beer-Seba. Aber seine Söhne lebten nicht wie er, sondern suchten ihren Vorteil und nahmen Geschenke und beugten das Recht. Da versammelten sich alle Ältesten in Israel und kamen nach Rama zu Samuel und sprachen: „Siehe, du bist alt geworden, und deine Söhne gehen nicht auf deinen Wegen. So setze nun einen König über uns ein, der uns richte, einen König, wie ihn alle anderen Völker haben!“

Das mißfiel Samuel, daß sie sagten: „Gib uns einen König, der uns richte!“ Und Samuel betete vor dem Herrn. Der Herr aber sprach zu Samuel: „Gehorche der Stimme des Volks in allem, was sie zu dir gesagt haben, denn sie haben nicht dich, sondern mich verworfen, daß ich nicht mehr König über sie sein soll. Sie tun dir, wie sie immer getan haben von dem Tag an, als ich sie aus Ägypten führte, bis auf diesen Tag, und sie mich verlassen und anderen Göttern gedient haben. So gehorche nun ihrer Stimme. Doch warne sie und verkündige ihnen das Recht des Königs, der über sie herrschen wird!“

Samuel sagte alle Worte des Herrn dem Volk, das von ihm einen König forderte, und sprach: „Das wird des Königs Recht sein, der über euch herrschen wird: Eure Söhne wird er nehmen für seinen Wagen, daß sie vor seinem Wagen her laufen. Er wird sie zu Ackerleuten machen, die ihm seinen Acker bearbeiten und die Ernte einsammeln. Sie müssen seine Kriegswaffen machen und was zu seinen Wagen gehört. Eure Töchter aber wird er nehmen, daß sie Salben bereiten, kochen und backen. Eure besten Äcker und Weinberge und Ölgärten wird er nehmen und seinen Großen geben. Von euren Kornfeldern und Weinbergen wird er den zehn Prozent nehmen und seinen Finanzleuten und Großen geben!“

Dann fuhr er fort: „Eure Arbeiter und Arbeiterinnen und eure besten Rinder und eure Esel wird er nehmen und in seinen Dienst stellen. Auch von euren Herden wird er zehn Prozent nehmen, und ihr müßt seine Diener sein. Wenn ihr dann schreien werdet über euren König, den ihr gewählt habt, dann wird der Herr euch nicht erhören!“

Aber das Volk weigerte sich, der Stimme Samuels zu gehorchen, und sie sprachen: Nein, sondern ein König soll über uns sein, damit wir auch seien wie alle anderen Völker, daß uns unser König richte und vor uns her ziehe und unsere Kriege führe!“ Als Samuel alle Worte des Volks gehört hatte, sagte er sie vor den Ohren des Herrn. Der Herr aber sprach zu Samuel: „Gehorche ihrer Stimme und mache ihnen einen König!“ Und Samuel sprach zu den Männern Israels: „Geht hin, ein jeder in seine Stadt (1. Sam 8).

 

Saul wird König:

Es war aber ein wohlhabender Mann aus dem Stamm Benjamin mit dem Namen Kis. Er hatte einen Sohn mit Namen Saul. Der war ein junger, schöner Mann, und war kein schönerer unter den Israeliten, einen Kopf größer als alles Volk. Weil Kis seine Eselinnen verloren hatte, sprach zu seinem Sohn Saul: „Nimm einen Arbeiter mit dir, mache dich auf, gehe hin und suche die Eselinnen!“ Sie gingen durch das Gebirge Ephraim und eine Reihe anderer Gebiete und fanden sie nicht.

Da sprach Saul zu seinem Begleiter: „Komm, laß uns wieder heimgehen, mein Vater könnte sich statt um die Eselinnen um uns sorgen!“ Der aber sprach: „Siehe, es ist ein berühmter Mann Gottes in dieser Stadt. Alles, was er sagt, das trifft ein. Laß uns dahin gehen, vielleicht sagt er uns unsern Weg, den wir gehen sollen!“

Saul aber sprach: „Wenn wir schon hingehen, was bringen wir dem Mann? Denn das Brot in unserm Sack ist verzehrt. Wir haben keine Gabe, die wir dem Mann Gottes bringen könnten. Was haben wir sonst?“ Der Mann antwortete Saul: „Siehe, ich habe ein Viertel Silberstück bei mir. Das wollen wir dem Mann Gottes geben, daß er uns unseren Weg sage!“

Saul sprach zu dem Arbeiter: „Du hast recht geredet. Komm laß uns gehen!“ Als sie hingingen zu der Stadt, da der Mann Gottes war, und zur Stadt hinaufstiegen, trafen sie Mädchen, die herausgingen, um Wasser zu schöpfen. Zu denen sprachen sie: „Ist der Seher hier?“ (So nannte man damals die Propheten). Sie antworteten ihnen: „Ja, er war gerade vor dir da. Beeile dich, denn er ist heute in die Stadt gekommen, weil das Volk heute sein Opferfest hat auf der Höhe. Wenn ihr in die Stadt kommt, so werdet ihr ihn finden, ehe er hinaufgeht auf die Höhe, um zu essen. Denn das Volk wird nicht essen, bis er kommt Er segnet ja erst das Opfer, danach essen alle, die eingeladen sind. Darum geht hinauf, denn jetzt werdet ihr ihn antreffen!“

Als sie hinauf zur Stadt kamen und in die Stadt eintraten, da ging Samuel heraus und wollte auf die Höhe gehen. Aber der Herr hatte Samuels Ohren offenbart einen Tag zuvor und gesagt: „Morgen um diese Zeit will ich einen Mann zu dir senden aus dem Lande Benjamin. Den sollst du zum Fürsten salben über mein Volk Israel, daß er mein Volk errette von der Hand der Philister. Denn ich habe das Elend meines Volks angesehen und sein Geschrei ist vor mich gekommen!“

Als Samuel nun Saul sah, sagte ihm der Herr: „Siehe, das ist der Mann, von dem ich dir gesagt habe, daß er über mein Volk herrschen soll!“ Da trat Saul zu Samuel am Tor und sprach: „Sage mir, wo ist hier das Haus des Sehers?“ Samuel antwortete: „Ich bin der Seher. Gehe vor mir hinauf auf die Höhe, denn ihr sollt heute mit mir essen. Morgen will ich dich gehen lassen, und alles, was du auf dem Herzen hast, will ich dir sagen. Um die Eselinnen, die du vor drei Tagen verloren hast, kümmere dich jetzt nicht: sie sind gefunden. Wem gehört denn alles, was wertvoll ist in Israel? Gehört es nicht dir und der Familie deines Vaters?“

Saul antwortete: „Bin ich nicht ein Benjamiter und aus einem der kleinsten Stämme Israels? Ist nicht meine Sippe die kleinste unter allen Sippen des Stammes Benjamin? Warum sagst du mir denn so etwas?“

Samuel aber nahm Saul und seinen Begleiter und führte sie in die Halle und setzte sie obenan unter die Geladenen, das waren rund dreißig Mann. Samuel sprach zu dem Koch: „Gib her Stück das, das ich dir gab und dabei befahl, du sollst es bei dir zurückbehalten!“ Da trug der Koch eine Keule auf. Er legte es vor Saul und sprach: „Siehe, hier ist das Übriggebliebene. Lege vor dich hin und iß. Denn als ich das Volk einlud, ist es für dich aufbewahrt worden für diese Stunde!“ So aß Saul an diesem Tag mit Samuel Als sie hinabgegangen waren von der Höhe zur Stadt, machten sie Saul ein Lager auf dem Dach und er legte sich schlafen. Als die Morgenröte aufging, rief Samuel zum Dach hinauf: „Steh auf, daß ich dich geleite!“

Saul stand auf, und er und Samuel gingen miteinander hinaus. Als sie hinab kamen an der Stadt Ende, sprach Samuel zu Saul: „Sage dem Arbeiter, daß er uns vorangehe. Du aber stehe jetzt still, daß ich dir kundtue, was Gott gesagt hat!“ Da nahm Samuel ein Ölglas und goß auf Sauls Haupt und küßte ihn und sprach: „Siehst du, daß dich der Herr zum Fürsten über sein Erbteil gesalbt hat? Wenn du jetzt von mir gehst, so wirst du zwei Männer finden bei dem Grabe Rahels an der Grenze zu Benjamin, die werden dir sagen: Die Eselinnen sind gefunden, die du zu suchen bist gegangen. Dein Vater hat die Esel gar nicht mehr im Sinn und sorgt um euch und spricht: Was soll ich wegen meines Sohns tun? Und wenn du von da weiter gehst, so wirst du zu der Eiche Tabor kommen. Dort werden dich drei Männer treffen, die hinaufgehen zu Gott nach Bethel. Einer trägt drei Böcklein, der andere drei Brote, der dritte einen Krug mit Wein. Sie werden dich freundlich grüßen und dir zwei Brote geben. Die sollst du von ihren Händen nehmen!“

Samuel fährt fort: „Danach wirst du nach Gibea kommen, wo die Wache der Philister ist. Und wenn du dort in die Stadt kommst, wird dir eine Schar von Propheten begegnen, die von der Höhe herabkommen, und vor ihnen her kommen Harfe und Pauke, Flöte und Zither. Sie werden in Ekstase sein. Der Geist des Herrn wird auch über dich geraten, daß du mit ihnen in Ekstase gerätst. Da wirst du umgewandelt und ein anderer Mensch werden. Wenn bei dir nun diese Zeichen eintreffen, so tue, was dir vor die Hände kommt, denn Gott ist mit dir. Du sollst aber vor mir hinabgehen nach Gilgal. Dann will ich zu dir hinabkommen, um Brandopfer und Dankopfer zu opfern. Sieben Tage sollst du warten, bis ich zu dir komme und dir kundtue, was du dann tun sollst!“

Als Saul sich wandte, um von Samuel wegzugehen, gab Gott ihm ein anderes Herz, und alle diese Zeichen trafen ein an demselben Tag. Und als sie an den Hügel Gibea kamen, da kam ihm eine Prophetenschar entgegen, und der Geist Gottes geriet über ihn, so daß er mit ihnen in Ekstase geriet. Als sie ihn aber sahen alle, die ihn früher gekannt hatten, wie er mit den Propheten in Ekstase geriet, sprachen sie untereinander: „Was ist mit dem Sohn des Kis geschehen? Ist Saul auch unter den Propheten?“ Einer sprach sogar: „Wer ist denn schon sein Vater?“ Daher ist das Sprichwort gekommen: „Ist Saul auch unter den Propheten?“ Und als seine Ekstase aufgehört hatte, kam er nach Gibea.

Es sprach aber Sauls Onkel zu ihm und zu Arbeiter: „Wo seid ihr hingegangen?“ Sie antworteten: „Die Eselinnen zu suchen. Als wir aber, daß sie nicht da waren, gingen wir zu Samuel!" Da sprach der Onkel: Sage mir, was sagte euch Samuel?“ Saul antwortete: „Er sagte uns, daß die Eselinnen gefunden wären!“ Aber was Samuel von dem Königtum gesagt hatte, das sagte er ihm nicht.

 

Samuel aber rief das Volk zusammen zum Herrn nach Mizpa. Er sprach zu den Israeliten: „So sagt der Herr, der Gott Israels: Ich habe Israel aus Ägypten geführt und euch von der Ägypter Hand errettet und von der Hand aller Königreiche, die euch bedrängten. Aber ihr habt euren Gott verworfen, der euch aus all eurer Not und Bedrängnis geholfen hat, und habt gesprochen: Setze einen König über uns! So tretet nun vor den Herrn nach euren Stämmen und Tausendschaften!“

 Als nun Samuel alle Stämme Israels herantreten ließ, fiel das Los auf den Stamm Benjamin.

Als er den Stamm Benjamin herantreten ließ, fiel das Los auf die Sippe Matri. Und als er auch die antreten ließ, fiel das Los auf Saul, den Sohn des Kis. Und sie suchten ihn, aber sie fanden ihn nicht. Da fragten sie weiter den Herrn: „Ist denn der Mann überhaupt hergekommen?“ Der Herr antwortete: „Siehe, er hat sich beim Troß versteckt!“ Da liefen sie hin und holten ihn von dort. Und als er unter das Volk trat, war er einen Kopf größer als alles Volk.

Samuel sprach zu allem Volk: „Da seht ihr, wen der Herr erwählt hat, denn ihm ist keiner gleich in allem Volk!“ Da jauchzte das Volk und sprach: „Es lebe der König!“ Samuel aber verkündete dem Volk alle Rechte des Königtums und schrieb sie in ein Buch und legte es vor dem Herrn nieder. Dann entließ Samuel alles Volk, jeden in sein Haus. Saul ging auch heim nach Gibea, und mit ihm gingen die vom Heer, denen Gott das Herz gerührt hatte. Aber einige ruchlose Leute sprachen: „Was soll der uns helfen?“ Sie verachteten ihn und brachten ihm kein Geschenk. Er aber tat, als hörte er' es nicht (1.Sam 9 -10).

 

Sauls Sieg über die Amalekiter:

Der Ammoniter Nahas zog aber herauf und belagerte Jabes in Gilead. Alle Männer in Jabes sprachen zu Nahas: „Mache einen Bund mit uns, so wollen wir dir dienen!“ Aber Nahas antwortete ihnen: „Das soll der Bund mit euch sein, daß ich euch allen das rechte Auge aussteche und bringe damit Schmach über ganz Israel!“ Da sprachen zu ihm die Ältesten in Jabes: „Gib uns sieben Tage, daß wir Boten in das ganze Gebiet Israels senden. Ist dann niemand da, der uns rette, so wollen wir zu dir hinausgehen!“

Da kamen die Boten nach Gibea und redeten diese Worte vor den Ohren des Volks. Da erhob das ganze Volk seine Stimme auf und weinte. Da kam Saul vom Feld hinter den Rindern her und sprach: „Was ist mit dem Volk, daß es weint?“ Da berichteten sie ihm die Sache der Männer von Jabes. Da geriet der Geist Gottes über ihn, als er solche Worte hörte, und sein Zorn entbrannte sehr. Er nahm ein paar Ochsen und zerstückelte sie und sandte sie durch Boten in das ganze Gebiet Israels und ließ sagen: „Wer nicht mit Saul und Samuel auszieht, dessen Rindern soll man ebenso tun. Da fiel der Schrecken des Herrn auf das Volk, daß sie auszogen wie e i n Mann.

Saul musterte sie und die Israeliten waren dreihunderttausend Mann und die Judäer dreißigtausend. Und sie sagten den Boten, die gekommen waren: „Sagt den Männern in Jabes: Morgen soll euch Hilfe werden, wenn die Sonne beginnt, heiß zu scheinen!“ Als die Boten kamen und verkündeten das den Männern in Jabes, wurden sie froh. Die Männer von Jabes ließen den Ammonitern sagen: „Morgen wollen wir zu euch hinausgehen, daß ihr mit uns alles tut, was euch gefällt!“

Am anderen Morgen teilte Saul das Volk in drei Heerhaufen, und sie kamen ins Lager um die Zeit der Morgenwache und schlugen die Ammoniter, bis der Tag heiß wurde. Die aber übrigblieben, wurden so zerstreut, daß nicht zwei von ihnen beieinander blieben.

Da sprach das Volk zu Samuel: „Wer sind die, die da sagten: Sollte Saul über uns herrschen? Gebt die Männer her, daß wir sie töten. Saul aber sprach: „Es soll auf diesen Tag niemand sterben, denn der Herr hat heute Heil gegeben in Israel!“

Samuel sprach zum Volk: „Kommt, laßt uns nach Gilgal gehen und dort das Königtum erneuen. Da ging das ganze Volk nach Gilgal. Dort machten sie Saul zum König vor dem Herrn und opferten Dankopfer vor dem Herrn. Saul aber und alle Männer Israels freuten sich dort gar sehr (1. Sam 11).

 

Samuel legt sein Richteramt nieder:

Da sprach Samuel zu ganz Israel: „Ich habe eurer Stimme gehorcht in allem, was ihr mir gesagt habt, und habe einen König über euch eingesetzt. Aber nun wird euer König vor euch herziehen. Ich aber bin alt und grau geworden, und meine Söhne sind bei euch. Ich bin vor euch hergegangen von meiner Jugend an bis auf diesen Tag. Hier stehe ich. Nun tretet gegen mich auf vor dem Herrn und seinem Gesalbten! Wessen Rind oder Esel habe ich genommen? Wem hab ich Gewalt oder Unrecht getan? Aus wessen Hand hab ich ein Geschenk angenommen, um mir damit die Augen blenden zu lassen? Ich will es euch zurückgeben!“ Sie sprachen: „Du hast uns weder Gewalt noch Unrecht getan und von niemand etwas genommen!“ Er sprach: „Der Herr ist euch gegenüber Zeuge und heute auch sein Gesalbter, daß ihr nichts in meiner Hand gefunden habt!“ Sie sprachen: „Ja, Zeugen sollen sie sein!“

Samuel sprach zum Volk: „Da ist euer König, den ihr erwählt und erbeten habt: Der Herr hat einen König über euch ein gesetzt. Möchtet ihr doch den Herrn fürchten und ihm dienen und seiner Stimme gehorchen und dem Mund des Herrn nicht ungehorsam sein, und möchtet ihr und euer König dem Herrn folgen! Werdet ihr aber der Stimme des Herrn nicht gehorchen, sondern seinem Munde ungehorsam sein, so wird die Hand des Herrn gegen euch sein wie gegen eure Väter. So tretet nun her und seht, was der Herr Großes vor euren Augen tun wird. Ist nicht jetzt die Weizenernte? Ich will aber den Herrn anrufen, daß er soll donnern und regnen lassen, damit ihr begreift, daß ihr getan habt, was dem Herrn mißfällt, als ihr euch einen König erbeten habt!“

Als Samuel den Herrn anrief, ließ der Herr donnern und regnen an diesem Tag. Da fürchtete das ganze Volk den Herrn und Samuel gar sehr und sie sprachen alle zu Samuel: „Bitte für den Herrn für uns, deinen Gott, daß wir nicht sterben. Denn zu allen unseren Sünden haben wir auch das Unrecht getan, daß wir uns einen König erbeten haben!“

Samuel aber sprach zum Volk: „Fürchtet euch nicht! Ihr habt zwar all das Unrecht getan. Doch weicht nicht von dem Herrn ab, sondern dient dem Herrn von ganzem Herzen und folgt nicht den nichtigen Götzen nach, denn sie nützen nichts und können nicht erretten, weil sie nichtig sind. Aber der Herr verstößt sein Volk nicht um seines großen Namens willen, denn es hat dem Herrn gefallen, euch zu seinem Volk zu machen.

Es sei aber auch ferne von mir, mich an dem Herrn dadurch zu versündigen, daß ich davon abließe, für euch zu beten und euch zu lehren den guten und richtigen Weg. Fürchtet nur den Herrn und dient ihm treu von ganzem Herzen. Seht doch, wie große Dinge er an euch tut. Werdet ihr aber Unrecht tun, so werdet ihr und euer König verloren sein (1. Sam 12, Vers 6-12 ausgelassen).

 

Beginn des Krieges gegen die Philister:

Saul hatte zwei Jahre über Israel regiert, da erwählte er sich dreitausend Mann aus Israel. Zweitausend waren mit Saul auf dem Gebirge in Bethel und eintausend mit seinem Sohn Jonathan in Gibea. Da erschlug Jonathan die Wache der Philister, die in Gibea war. Die Philister hörten, daß die Hebräer abgefallen waren. Saul aber hatte die Posaune blasen lassen im ganzen Land. Und ganz Israel hörte sagen: „Saul hat die Wache der Philister erschlagen, und Israel hat sich in Verruf gebracht bei den Philistern!“ Das ganze Volk wurde zusammen gerufen, um Saul nach Gilgal zu folgen.

Da versammelten sich die Philister zum Kampf mit Israel, dreißigtausend Wagen, sechstausend Gespanne und Fußvolk, so viel wie Sand am Ufer des Meers. Sie zogen herauf und lagerten sich in Michmas. Als aber die Männer Israels sahen, daß das Volk in Gefahr und Bedrängnis war, verkrochen sie sich in die Höhlen und Klüfte und Felsen und Gewölbe und Gruben. Es gingen aber auch Hebräer über den Jordan ins Land Gad und Gilead. Saul aber war noch in Gilgal, und alles Volk, das ihm nachfolgte, war voller Angst.

Da wartete er sieben Tage bis zu der Zeit, die von Samuel bestimmt war. Als aber Samuel nicht nach Gilgal kam, begann das Volk von Saul wegzulaufen. Da sprach Saul: „Bringt mir her das Brandopfer und die Dankopfer!“ Dann brachte er das Brandopfer dar. Als er aber das Brandopfer vollendet hatte, siehe, da kam Samuel. Da ging Saul hinaus ihm entgegen, um ihn den Segensgruß zu entbieten.

Samuel aber sprach: „Was hast du getan?“ Saul antwortete: „Ich sah, daß das Volk von mir wegzulaufen begann, und du kamst nicht zur vereinbarten Zeit, und die Philister sich doch schon in Michmas versammelt hatten. Da dachte ich: Nun werden die Philister zu mir herabkommen nach Gilgal, und ich habe die Gnade des Herrn noch nicht erbeten. Da wagte ich es und opferte Brandopfer!“

Samuel aber sprach zu Saul: „Du hast töricht getan und nicht gehalten das Gebot des Herrn. Er hätte sonst dein Königtum über Israel für immer bestätigt. Aber nun wird dein Königtum nicht bestehen. Der Herr hat sich einen Mann gesucht nach seinem Herzen. Den hat der Herr bestellt zum Fürsten über sein Volk, denn du hast des Herrn Gebot nicht gehalten!“ Samuel machte sich auf und ging von Gilgal hinauf und zog seines Wegs.

Die übrigen aber aus dem Volk zogen hinter Saul her von Gilgal hinauf nach Gibea, dem Kriegsvolk entgegen. Saul zählte das Volk, das bei ihm war, etwa sechshundert Mann. Sie blieben in Gibea. Die Philister aber hatten sich gelagert bei Michmas. Da zogen aus dem Lager der Philister drei Heerhaufen, um das Land zu verheeren. Es war aber kein Schmied im ganzen Land Israel zu finden, denn die Philister dachten, die Hebräer könnten sich Schwert und Spieß machen. Deshalb mußte ganz Israel hin abziehen zu den Philistern, wenn jemand hatte eine Pflugschar, Hacke, Beil oder Sense zu schärfen hatte. Als nun der Tag des Kampfes kam, wurde kein Schwert noch Spieß gefunden in der Hand des Volkes, das mit Saul und Jonathan war. Nur Saul und sein Sohn Jonathan hatten Waffen. Aber eine Wache der Philister zog heran gegen den engen Weg von Michmas (1. Sam 13).

 

Jonathans Heldentat:

Eines Tages sprach Jonathan zu seinem Waffenträger: „Komm, laß und hinübergehen zu der Wache der Philister, die da drüben ist!“ Aber seinem Vater sagt er nichts. Es waren aber an dem engen Weg, wo Jonathan zu der Wache der Philister hinüberzugehen versuchte, zwei spitze Felsen.

 

Jonathan sprach zu seinem Waffenträger: „Komm, laß uns hinübergehen zu der Wache der Unverschnittenen! Vielleicht wird der Herr etwas für uns tun, denn es ist dem Herrn nicht schwer, durch viel oder wenig zu helfen!“ Da antwortete ihm sein Waffenträger: „Tue alles, was in deinem Herzen ist. Geh nur hin! Ich bin mit dir, wie dein Herz will!“

Jonathan sprach: Wohlan! Wir gegen hinüber zu diesen Leuten und zeigen uns ihnen. Werden sie dann sagen: Steht still, bis wir zu euch herankommen! so wollen wir an unserm Ort stehenbleiben und nicht zu ihnen hinaufgehen. Werden sie aber sagen: Kommt zu uns herauf! so wollen wir zu ihnen hinaufsteigen, dann hat sie uns der Herr in unsre Hand gegeben. Und das soll uns das Zeichen sein!“

Als sich nun bei der Wache der Philister zeigten, sprachen die Philister: „Siehe, die Hebräer sind aus ihren Löchern herausgekommen, in die sie sich verkrochen hatten!“ Die Männer der Wache antworteten Jonathan und seinem Waffenträger und sprachen: Kommt herauf zu uns, so wollen wir es euch wohl lehren!“ Da sprach Jonathan zu seinem Waffenträger: „Steig mir nach! Der Herr hat sie in die Hände Israels gegeben!“ Jonathan kletterte mit Händen und mit Füßen hinauf und sein Waffenträger ihm nach. Da fielen die Philister vor Jonathan nieder, und sein Waffenträger hinter ihm tötete sie.

So traf der erste Schlag, den Jonathan und sein Waffenträger taten, ungefähr zwanzig Mann. Da entstand ein Schrecken im Lager der Philister und auf dem freien Felde. Das ganze Volk, die Wache und die streifenden Rotten erschraken und die Erde erbebte, denn es geschah ein Gottesschrecken.

Die Wächter Sauls in Gibea sahen, wie das Getümmel der Philister hin und her wogte. Da sprach Saul zu dem Volk, das bei ihm war: „Zählt und seht, wer von uns weggegangen ist!“ Und als sie zählten, da waren Jonathan und sein Waffenträger nicht da. Da sprach Saul zu Ahia: „Bringe den Priesterrock!“ Als Saul noch mit dem Priester redete, da wurde das Getümmel im Lager der Philister immer größer. Und Saul sprach zum Priester: „Laß es lieber sein!“

Saul und das ganze Volk sammelten sich und kamen zum Kampfplatz. Da ging das Schwert eines jeden gegen den anderen, und es war ein sehr großes Getümmel. Auch die Hebräer, die vorher bei den Philistern gewesen waren und mit ihnen ins Feld gezogen waren, liefen zu denen von Israel über, die mit Saul und Jonathan waren. Und auch alle Männer von Israel, die sich auf dem Gebirge Ephraim verkrochen hatten, als sie hörten, daß die Philister flohen, jagten hinter ihnen her im Kampf. So half der Herr dem Volk Israel an diesem Tag.

Als die Männer Israels in Bedrängnis kamen an jedem Tag, belegte Saul das Volk mit einem Fluch und schwor: „Verflucht sei jedermann, der etwas ißt bis zum Abend, bis ich mich an meinen Feinden räche!“ Da aß das ganze Volk nichts. Es waren aber Honigwaben auf dem Feld. Als das Volk hinkam zu den Waben, da floß der Honig. Aber niemand nahm etwas davon mit der Hand in seinen Mund, denn das Volk fürchtete den Fluch. Jonathan aber hatte nicht gehört, daß sein Vater das Volk mit einemFluch belegt hatte. Er streckte seinen Stab aus, den er in seiner Hand hatte, und tauchte die Spitze in den Honig und führte seine Hand zu seinem Mund, da strahlten seine Augen.

Da rief einer aus dem Volk: „Dein Vater hat gesagt: Verflucht sei jeder, der heute etwas ißt! So ist das Volk nun matt geworden!“ Da sprach Jonathan: „Mein Vater bringt das Land ins Unglück. Seht, wie strahlend sind meine Augen geworden, weil ich ein wenig von diesem Honig gekostet habe. Hätte aber das Volk heute essen dürfen von der Beute seiner Feinde, wäre dann die Niederlage der Philister noch größer geworden?“

Sie schlugen aber die Philister an diesem Tag. Das Volk wurde sehr matt. Aber es fiel über die Beute her und nahm Schafe und Rinder und Kälber und schlachteten sie, daß das Blut auf die Erde floß, und aßen das Fleisch über dem Blut. Das sagte man Saul: „Siehe, das Volk versündigt sich am Herrn und ißt Fleisch über dem Blut! Er sprach: „Ihr habt gefrevelt. Wälzt her zu mir einen großen Stein. Zerstreut euch unter das Volk und sagt ihnen, daß ein jeder seinen Stier und sein Schaf zu mir bringen soll, und schlachtet es hier und eßt, daß ihr euch nicht versündigt an dem Herrn, indem ihr über dem Blut eßt!“ Da brachte jeder in der Nacht alles, was er hatte, und schlachtete es dort.

Saul baute dem Herrn einen Altar. Das war der erste Altar, den er dem Herrn baute.

Und Saul sprach: „Laßt uns noch in der Nacht hin abziehen den Philistern und sie berauben, bis daß es lichter Morgen wird, laßt niemand von ihnen übrig!“ Sie antworteten: „Tue alles, was dir gefällt!“ Aber der Priester sprach: „Laßt uns erst hierher vor Gott nahen!“.

Saul befragte Gott: „Soll ich hin abziehen den Philistern nach? Willst du sie in die Hände Israels geben?“ Aber Gott antwortete ihm an diesem Tag nicht. Da sprach Saul: „Laßt herzutreten alle Obersten des Volks, und erforscht, an wem heute die Schuld liegt. Denn so wahr der Herr lebt: Auch wenn die Schuld bei meinem Sohn Jonathan wäre, so soll er sterben!“ Aber niemand aus dem ganzen Volk antwortete ihm. Da sprach er zu dem ganz Israel: „Tretet ihr auf die eine Seite. Ich und mein Sohn Jonathan wollen auf die andere Seite treten!“. Das Volk sprach: „Tue, was dir gefällt!“

Saul sprach zu dem Herrn: „Warum hast du mir heute nicht geantwortet? Liegt die Schuld bei mir oder bei meinem Sohn Jonathan? Laß das Los entscheiden!“ Da wurden Jonathan und Saul getroffen, aber das Volk ging frei aus. Saul sprach: „Werft das Los über mich und meinen Sohn Jonathan!“ Da wurde Jonathan getroffen. Saul sprach zu ihm: „Sage mir, was hast du getan?“

Jonathan sagte es ihm und sprach: „Ich habe ein wenig Honig gekostet mit der Spitze des Stabes, den ich in meiner Hand hatte. Siehe, ich bin bereit zu sterben!“ Da sprach Saul: „Gott tue mir dies und das: Jonathan, du mußt des Todes sterben!“ Aber das Volk sprach zu Saul: „Sollte Jonathan sterben, der ein solch großes Heil in Israel vollbracht hat! Das sei ferne! So wahr der Herr lebt, es soll kein Haar von seinem Haupt auf die Erde fallen, denn Gott hat heute durch ihn geholfen!“ So löste das Volk Jonathan aus, so daß er nicht sterben mußte. Da ließ Saul von den Philistern ab, und die Philister zogen an ihren Ort.

Als Saul die Königsherrschaft über Israel erlangt hatte, kämpfte er gegen alle seine Feinde ringsumher: gegen die Moabiter, gegen die Ammoniter, gegen die Edomiter, gegen die Könige Zobas und gegen die Philister. Und wo er sich hin wandte, da gewann er den Sieg. Er vollbrachte tapfere Taten und schlug die Amalekiter und errettete Israel aus der Hand aller, die es ausplünderten.

Saul aber hatte die Söhne Jonathan, Ischwi, Malchiua. Und seine Töchter Merab und die jüngere Michal. Die Frau Sauls hieß Ahinoam Sein Feldhauptmann hieß Abner, ein Sohn von Sauls Vetter. Es war aber ein harter Kampf gegen die Philister, solange Saul lebte. Und wenn Saul einen starken und rüstigen Mann sah, den nahm er zu sich in seinen Dienst (1. Sam 14, leicht gekürzt).

 

Saul wird verworfen:

Im Krieg gegen die Amalekiter verschonten Saul und das Volk deren König und alle guten Schafe und Rinder und die Lämmer und alles, was gut war und wollten nicht daran den Bann vollstrecken. Was aber nichts taugte und gering war, das bannten sie.

Da erging des Herrn Wort an Samuel: „Es reut mich, daß ich Saul zum König gemacht habe, denn er hat sich von mir abgewandt und meine Befehle nicht erfüllt!“ Darüber wurde Samuel zornig und schrie die ganze Nacht zu dem Herrn.

Samuel machte sich früh auf, um Saul am Morgen zu begegnen. Es wurde ihm angesagt, daß Saul nach Karmel gekommen wäre und sich ein Siegeszeichen aufgerichtet hätte und weiter gezogen und nach Gilgal hin abgekommen wäre.

Als nun Samuel zu Saul kam, sprach Saul zu ihm: „Gesegnet seist du dem Herrn! Ich habe des Herrn Wort erfüllt!“ Samuel antwortete: „und was ist denn das für ein Blöken der Schafe in meinen Ohren und ein Brüllen von Rinder, das ich höre?“

Saul sprach: „Von den Aalleitern hat man sie gebracht. Denn das Volk verschonte die besten Schafe und Rinder, um sie dem Herrn, zu opfern. An dem anderen haben wir den Bann vollstreckt.

Samuel aber antwortete Saul: „Halt ein, ich will dir sagen, was der Herr diese Nacht mit mir geredet hat!“ Er sprach: „Sage an!“ Samuel sprach: „ Ist es nicht so? Obwohl du vor dir selbst gering warst, so bist du doch das Haupt unter den Stämmen Israels, denn der Herr hat dich zum König über Israel gesalbt? Und der Herr sandte dich auf den Weg und sprach: Zieh hin und vollstrecke den Bann an den Amalekitern, und kämpfe gegen sie, bis du sie vertilgst! Warum hast du der Stimme des Herrn nicht gehorcht, sondern hast dich an die Beute gemacht und getan, was dem Herrn mißfiel?

Saul antwortete Samuel: „Ich habe doch der Stimme des Herrn gehorcht. Aber das Volk hat das Beste von der Beute genommen, um es dem Herrn in Gilgal zu opfern!“ Samuel aber sprach: Meinst du, daß der Herr Gefallen habe am Opfer und Brandopfer gleich wie am Gehorsam gegen die Stimme des Herrn? Siehe, Gehorsam ist besser als Opfer, und Aufmerken besser als das Fett von Widdern. Denn Ungehorsam ist eine Sünde wie die Zauberei, und Widerstreben ist wie Abgötterei und Götzendienst. Weil du des Herrn Wort verworfen hast, hat er dich auch verworfen, daß du nicht mehr König seist!“

Da sprach Saul zu Samuel: „Ich habe gesündigt, daß ich den Befehl des Herrn und deine Worte übertreten habe, denn ich fürchtete das Volk und gehorchte seiner Stimme. Und nun vergib mir die Sünden und kehre mit mir um, daß ich den Herrn anbete!“ Samuel sprach zu Saul: „Ich will nicht mit dir umkehren, denn du hast des Herrn Wort verworfen, und der Herr hat dich auch verworfen, daß du nicht mehr König über Israel seist!“

Als Samuel sich umwandte, um wegzugehen, ergriff ihn Saul an einem Zipfel seines Rocks, aber der riß ab. Da sprach Samuel zu ihm: „Der Herr hat das Königtum Israels heute von dir gerissen und einem anderen gegeben, der besser ist als du. Auch lügt der nicht, der Israels Ruhm ist, und es reut ihn nichts, denn er ist nicht ein Mensch, daß ihn etwas reuen könnte!“

Saul aber sprach: „Ich habe gesündigt. Aber ehre mich doch jetzt vor den Ältesten meines Volks und vor Israel und kehre mit mir um, daß ich den Herrn, deinen Gott, anbete!“ Da kehrte Samuel um und folgte Saul nach, und Saul betete den Herrn an.

Samuel ging hin nach Rama, Saul aber zog hinauf in sein Haus in Gibea. Samuel sah Saul nicht wieder bis an den Tag seines Todes. Und doch trug Samuel Leid um Saul, weil es den Herrn gereut hatte, daß er Saul zum König über Israel gemacht hatte (1. Sam 15; Vers 1-7 und 32-34 ausgelassen).

 

 

David wird zum König gesalbt und kommt an den Königshof:

[Wie schon Saul wird auch David mit einer Reihe verschiedener Erzählungen in die Handlung eingeführt: Eine Salbung durch den Propheten Samuel wird geschildert, eine Berufung als Musiker an den Hof Sauls sowie die Entdeckung als militärisches Talent bei einem Kampf gegen den Philister Goliath. Teilweise bestehen Spannungen zwischen den Schilderungen: So holt Saul den David nach Kapitel 16 als persönlichen Waffenträger an seinen Hof, kennt ihn dann aber in Kapitel17 überhaupt noch nicht. Die folgende Schilderung von Davids Aufstieg macht deutlich, daß auch bei diesem König die Erfolge gegen die Feinde Israels das zentrale Motiv dafür sind, daß er schlußendlich den israelitischen Königsthron besteigen und sich auf ihm behaupten kann.

Die erste Maßnahme als König ist ein Krieg gegen die Philister. Aus den Erzählungen geht hervor, daß der Übergang der Königswürde von Saul zu David mit erheblichen Auseinandersetzungen verbunden war, die sich auch noch im Kampf gegen einen ebenfalls den Königsthron beanspruchenden Sohn Sauls fortsetzen. Durch das Überlaufen des fähigen Truppenführers Abner zu David entscheidet sich der Kampf zu dessen Gunsten: David wird alleiniger Herrscher in Israel.

Als König erweist sich David als kluger Taktiker: Nicht nur bindet er die Familie und die Anhänger Sauls geschickt ein, sondern mit der Eroberung der bis dahin von Jebisitern kontrollierten Stadt Jerusalem als Hauptstadt für sein Königreich gelingt es ihm, die stets latenten Spannungen zwischen den nördlichen und südlichen Landesteilenvon einem neutralen Ort aus auszugleichen. Mit der Überführung der Bundeslade nach Jerusalem richtet er dort einen zentralen Staatskult ein und legt damit die Grundlage, daß sich der Jahwe-Kult nach längeren Auseinandersetzungen als alleiniger Kult in Israel durchsetzen kann.

Militärisch gelingt es David, Israel aus der Abhängigkeit von den Philistern und anderen Nachbarvölkern zu befreien und diese Völker nun umgekehrt gegenüber Israel tributpflichtig zu machen. In David hatten sich damit die Hoffnungen erfüllt, die die Menschen in Israel mit dem neugeschaffenen Königtum verbanden].

 

Der Herr sprach zu Samuel: Wie lange trägst du Leid um Saul, den ich verworfen habe, daß er nicht mehr König sei über Israel? Fülle dein Horn mit Öl und gehe hin. Ich will dich senden zu dem Bethlehemiter Isai, denn unter seinen Söhnen habe ich mir einen König ausgesucht.

Samuel aber sprach: „Wie soll ich hingehen? Saul wird es erfahren und mich töten!“ Der Herr sprach: „Nimm ein jungen Rind mit dir und sprich: Ich bin gekommen, dem Herrn zu opfern. Dann lädst du Isai zum Opfer ein. Da will ich dir zeigen, was du tun sollst, daß du mir den salbst, den ich dir nennen werde!“

Samuel tat, wie ihm der Herr gesagt hatte, und kam gen Bethlehem. Da entsetzten sich die Ältesten der Stadt und gingen ihm entgegen und sprachen: „Bedeutet dein Kommen etwas Gutes?“ Er sprach: „Ja, es bedeutet Heil! Ich bin gekommen, dem Herrn zu opfern. Macht euch auch heilig und kommt mit mir zum Opfer!“ Und er heiligte Isai und seine Söhne und lud sie zum Opfer.

Als sie nun hereinkamen, sah er den Eliab an und dachte, der sei vor dem Herrn sein Gesalbter. Aber der Herr sprach zu Samuel: „Sieh nicht an sein Aussehen noch seine äußerliche Größe, denn ich habe ihn verworfen. Denn der Herr sieht nicht auf das, worauf ein Mensch sieht: Ein Mensch sieht, was vor Augen ist, der Herr aber sieht das Herz an!“ Da ließ Isai seine sieben Söhne an Samuel vorübergehen. Aber Samuel sprach zu Isai: „Der Herr hat keinen von ihnen erwählt!“

 

Samuel sprach zu Isai: „Sind das alle deine Söhne?“ Er aber sprach: „Nur der jüngste ist noch übrig, der hütet die Schafe!“ Da sprach Samuel zu Isai: „Sende hin und laß ihn holen, denn wir werden uns nicht setzen, bis er hierher kommt!“ Da sandte Isai hin und ließ David holen. Er war braungebrannt, mit schönen Augen und von guter Gestalt. Und der Herr sprach: „Auf! und salbe ihn, denn der ist es!“ Da nahm Samuel sein Ölhorn und salbte ihn mitten unter seinen Brüdern. Und der Geist des Herrn geriet über David von dem Tag an und auch weiterhin. Samuel aber machte sich auf und ging nach Rama.

Der Geist des Herrn aber wich von Saul, und ein böser Geist vom Herrn ängstigte ihn. Da sprachen die Großen Sauls zu ihm: „Siehe, ein böser Geist von Gott ängstigt dich. Unser Herr befehlen nun seinen Leuten, daß sie einen Mann suchen, der auf der Harfe gut spielen kann, damit es besser mit dir werde, wenn der böse Geist Gottes über dich kommt!“

Da sprach Saul zu seinen Großen: „Seht nach einem Mann, der des Saitenspiels kundig ist, und bringt ihn zu mir!“ Da antwortete einer der jungen Männer: „Ich habe einen Sohn Isais gesehen, der ist des Saitenspiels kundig, ein tapferer Mann und tüchtig im Kampf, verständig in seinen Reden und schön gestaltet, und der Herr ist mit ihm!“ Da sandte Saul seine Boten zu Isai und ließ ihm sagen: „Sende deinen Sohn David zu mir, der bei den Schafen ist!“ Da nahm Isai einen Esel mit Brot und einen Schlauch Wein und ein Ziegenböcklein und sandte es Saul durch seinen Sohn David.

So kam David zu Saul und diente vor ihm. Saul gewann ihn sehr lieb, und er wurde sein Waffenträger. Saul sandte Boten zu Isai und ließ ihm sagen: „Laß David mir auch weiter dienen, denn er hat Gnade gefunden vor meinen Augen!“ Wenn nun der böse Geist über Saul kam, nahm David die Harfe und spielte darauf mit seiner Hand. So wurde es Saul leichter und es wurde besser mit ihm, und der böse Geist wich von ihm (1.Sam 16)

 

David und Goliath:

Die Philister sammelten ihre Heere zum Kampf und lagerten sich zwischen Socho und Aseka in Juda. Aber Saul und die Männer Israels kamen zusammen und lagerten sich im Eichgrunde und rüsteten sich zum Kampf gegen die Philister. Die Philister standen auf einem Berg jenseits und die Israeliten auf einem Berg diesseits, so daß ein Tal zwischen ihnen war.

Da trat aus den Lagern der Philister ein Riese („Vorkämpfer“) mit Namen Goliath, fast zwei Meter groß. Er hatte einen eisernen Helm auf seinem Haupt und einen Schuppenpanzer an, und das Gewicht seines Panzers war über zwei Zentner Metall. Er hatte eiserne Schienen an seinen Beinen und einen eisernen Wurfspieß auf seiner Schulter. Der Schaft seines Spießes war wie ein Balken am Webstuhl, und das Eisen seines Spießes hatte drei Pfund Eisen, und sein Schildträger ging vor ihm her.

Er stellte sich hin und rief dem Heer Israels zu: „Wozu seid ihr ausgezogen, euch zum Kampf zu rüsten? Bin ich nicht ein Philister und ihr die Sklaven Sauls? Erwählt einen unter euch, der zu mir herabkomme. Vermag er gegen mich zu kämpfen und erschlägt mich, so wollen wir eure Diener sein. Kann ich aber über ihn siegen er und erschlage ihn, so sollt ihr unsre Sklaven sein und uns dienen. Ich habe heute das Heer Israels verhöhnt, als ich sagte: Gebt mir einen Mann und laßt uns miteinander streiten!“ Als Saul und ganz Israel diese Rede des Philisters hörten, entsetzten sie sich und fürchteten sich sehr. Der Philister kam frühmorgens und abends heraus und stellt sich vierzig Tage hin.

 

Eines Tages sprach Isai zu seinem Sohn David: „Nimm für deine Brüder diese Schüs­sel geröstete Körner und diese zehn Brote und lauf ins Heer zu deinen Brüdern. Nimm diese zehn frischen Käse und bringe sie dem Hauptmann und sieh nach deinen Brüdern, ob es ihnen gut geht, und bringe auch ein Unterpfand von ihnen mit. Da machte sich David des Morgens früh auf und überließ die Schafe einem Hüter, lud auf und trug und ging hin, wie ihm Isai befohlen hatte und kam zum Lager. Das Heer aber war ausgezogen und hatte sich gerüstet, und sie erhoben das Kriegsgeschrei.

Da ließ David sein Gepäck bei der Wache des Trosses und lief zum Heer, kam hin und fragte seine Brüder, ob es ihnen gut gehe. Als er noch mit ihnen redete, da kam herauf der Riese Goliath und höhnte wie jeden Tag. David hörte es. Aber jedermann in Israel, wenn er den Mann sah, floh er vor ihm und fürchtete sich sehr. Die Männer von Israel sprachen: „Habt ihr den Mann heraufkommen sehen? Er kommt herauf, um Israel zu verhöhnen. Wer ihn erschlägt, den will der König sehr reich machen und ihm seine Tochter geben und will seine Familie frei machen von allen Lasten!“

Da sprach David zu den Männern, die bei ihm standen: „Was wird man dem gegen, der diesen Philister erschlägt und die Schande von Israel abwendet? Denn wer ist der Philister, dieser Unbeschnittene, der das Heer des lebendigen Gottes verhöhnt?“ Da sagte ihm das Volk wie vorher, was ihm zuteil werden soll.

Eliab, Davids ältester Bruder, hörte ihn reden mit den Männern und wurde zornig auf David und sprach: „Warum bist du hergekommen? Wem hast du die wenigen Schafe dort in der Wüste überlassen? Ich kenne deine Vermessenheit wohl und die Bosheit deines Herzens. Du bist nur hergekommen, daß du den Kampf siehst!“ David antwortete: „Was habe ich denn getan? Ich habe doch nur gefragt?“ Er fragte noch einmal einen andern. Da antwortete ihm das Volk wie das erste Mal.

Als sie die Worte hörten, die David sagte, brachten sie es vor Saul, und der ließ ihn holen. David sprach zu Saul: „Wegen diesem Philister lasse keiner den Mut sinken. Dein Diener wird hingehen und mit dem Philister kämpfen!“ Saul aber sprach zu David: „Du kannst nicht hingehen, um gegen diesen Philister zu kämpfen. Du bist ein Junge, dieser aber ist ein Krieger von seiner Jugend auf!“

David aber sprach zu Saul: „Dein Diener hütete die Schafe seines Vaters. Und wenn dann ein Löwe oder ein Bär kam und trug ein Schaf weg von der Herde, da lief ich ihm nach und schlug auf ihn ein und errettete das Lamm aus seinem Maul. Wenn er aber auf mich losging, ergriff ich ihn bei seinem Bart und schlug ihn tot. So hat dein Diener den Löwen und den Bären erschlagen. So soll es nun diesem Philister ergehen wie jenen, denn er hat verhöhnt das Heer des lebendigen Gottes. Der Herr, der mich von dem Löwen und Bären errettet hat, der wird mich auch erretten von diesem Philister!“

Da sprach Saul zu David: „Gehe hin, der Herr sei mit dir!“ Saul zog David seine Rüstung an und setzte ihm seinen eisernen Helm auf sein Haupt und legte ihm seinen Panzer an. David gürtete Sauls Schwert über sein Gewand und mühte sich vergeblich, damit zu gehen, denn er hatte es noch nie versucht. Da sprach David zu Saul: „Ich kann so nicht gehen, denn ich bin es nicht gewohnt!“ Und er legte die Rüstung ab. Dann nahm seinen Stab in seine Hand und wählte fünf glatte Steine aus dem Bach und tat sie in seine Hirtentasche, und nahm die Schleuder in seine Hand und ging dem Philister entgegen.

Dieser aber kam immer näher an David heran, und sein Schildträger ging vor ihm her. Als nun der Philister David anschaute, verachtete er ihn, denn er war für ihn ein Jüngelchen. Er sprach zu David: „Bin ich denn ein Hund, daß du mit Stecken zu mir kommst?“

Und er fluchte David bei dem Gott der Philister und sprach zu ihm: „Komm her zu mir, ich will dein Fleisch geben den Vögeln unter dem Himmel und den Tieren auf dem Feld!“

David aber sprach zu dem Philister: „Du kommst zu mir mit Schwert, Lanze und Spieß. Ich aber komme zu dir im Namen des Gottes des Heeres Israels, den du gehöhnt hast. Noch heute wird dich der Herr in meine Hand geben, daß ich dich erschlage und dir den Kopf abhaue und gebe deine Leiche und die Leichen des Heeres der Philister den Vögeln unter dem Himmel und dem Wild auf Erden, damit alles Land innewerde, daß Israel einen Gott hat, und damit diese ganze Gemeindeerkenne, daß der Herr nicht durch Schwert oder Spieß hilft. Denn der Krieg ist Sache des Herrn, und er wird euch in unsre Hände geben!“

Als sich nun der Philister aufmachte und sich zu David nahte, eilte David und lief dem Philister entgegen. David tat seine Hand in die Tasche und nahm einen Stein daraus und schleuderte und traf den Philister an seine Stirn, daß der Stein in seine Stirn fuhr und er zur Erde fiel auf sein Angesicht. Weil David kein Schwert in seiner Hand hatte, nahm er das Schwert des Philisters und hieb ihm den Kopf damit ab. Als aber die Philister sahen, daß ihr Stärkster tot war, flohen sie.

Und die Männer Israels und Judas machten sich auf und jagten den Philistern nach bis nach Gath und bis an die Tore Ekrons und erschlugen die Philister. Dann kehrten sie wieder um beraubten das Lager der Philister. David aber nahm das Haupt des Philisters und brachte es nach Jerusalem. Seine Waffen aber legte er in sein Zelt. (1.Sam 17, gekürzt).

 

David und die Familie Sauls:

Danach verband sich das Herz Jonathans mit dem Herzen Davids, und Jonathan gewann ihn lieb wie sein eigenes Herz. Sie machten einen Bund miteinander. Jonathan zog sein Gewand aus und gab es David, dazu seinen Mantel, sein Schwert, seinen Bogen und seinen Gürtel. David zog in den Kampf und richtete alles recht aus, wohin Saul ihn sandte. Saul setzte ihn über Krieger, und es gefiel allem Volk gut und auch den Großen Sauls.

Als David wieder gekommen war von der Schlacht gegen die Philister, gingen die Frauen aus allen Städten Israels heraus mit Gesang und Reigen, dem König Saul entgegen. Sie sangen im Reigen und sprachen: „Saul hat tausend geschlagen, aber David zehntausend!“ Da wurde Saul sehr zornig und das Wort mißfiel ihm, und er sprach: „Sie haben David zehntausend gegeben und mir tausend. Ihm wird noch das Königtum zufallen!“

Am anderen Tag kam der böse Geist über Saul, und er geriet daheim in seinem Haus in Raserei. David aber spielte auf den Saiten mit seiner Hand, wie er täglich zu tun pflegte. Saul aber hatte einen Spieß in der Hand. Den zückte er dachte: „Ich will David an die Wand spießen!“ David aber wich ihm zweimal aus. Saul fürchtete sich vor David, denn der Herr war mit ihm, aber von Saul war er gewichen.

Da entfernte ihn Saul aus seiner Nähe und setzte ihn zum Obersten über nur noch tausend Mann ein. Aber David zog aus und ein vor dem Volk. Er richtete all sein Tun recht aus, und der Herr war mit ihm. Als nun Saul sah, daß David alles so gut gelang, graute es ihm vor David. Aber ganz Israel und Juda hatte David lieb, denn er zog aus und ein vor ihnen her.

Eines Tages sprach Saul zu David: „Ich will dir meine größte Tochter Merab zur Frau geben. Sei nur ein tapferer Mann und führe des Herrn Kriege!“ Denn Saul dachte: „Ich will mich nicht an ihm vergreifen, das soll die Hand der Philister erledigen!“

David aber antwortete Saul: „Wer bin ich? Was ist meine Sippe in Israel, daß ich der Schwiegersohn des Königs werden soll?“ Als aber die Zeit kam, daß Merab, an David gegeben werden sollte, wurde sie einem anderen Mann gegeben.

Aber Michal, die andere Tochter Sauls, hatte David lieb. Als der Saul gesagt wurde, war es ihm recht. Saul sagte sich: „Ich will sie ihm geben, damit sie ihm zum Fallstrick wird und die Philister über ihn kommen!“ Er sprach zu David: „Du kannst heute in zwei Jahren mein Schwiegersohn werden!“

Saul gebot seinen Großen: „Redet heimlich mit David und sprecht: Siehe, der König hat Gefallen an dir, und alle seine Großen lieben dich: so werde nun der Schwiegersohn des Königs!“ Die Großen Sauls sprachen so zu David. Der aber sprach: „Meint ihr, es sei leicht, der Schwiegersohn des Königs zu sein? Ich bin nur ein armer, geringer Mann!“ Die Großen Sauls sagten es ihm wieder und sprachen: „So hat David geredet!“

Saul sprach: „So sagt zu David: Der König begehrt keinen anderen Brautpreis als hundert Vorhäute von den Philistern, um an den Feinden des Königs Rache zu üben!“ Denn Saul trachtete danach, David zu töten durch die Hand der Philister. Da sah David es für gut an, der Schwiegersohn des Königs zu werden. Die Zeit war noch nicht um, da machte sich David auf und zog mit seinen Männern und erschlug unter den Philistern zweihundert Mann. Er brachte dem König ihre Vorhäute in voller Zahl.

Da gab ihm Saul seine Tochter Michal zur Frau. Saul sah und merkte, daß der Herr mit David war und seine Tochter ihn liebhatte. Da fürchtete sich Saul noch mehr vor David und wurde sein Feind sein Leben lang. Sooft die Fürsten der Philister auszogen, richtete David mehr gegen sie aus als alle Großen Sauls, wenn sie auszogen, daß sein Name hoch gepriesen wurde.

Saul aber redete mit seinem Sohn Jonathan und mit allen seinen Großen davon, daß er David sollten töten. Aber Sauls Sohn Jonathan hatte David sehr lieb und sagt ihm alles: „Mein Vater Saul strebt danach, dich zu töten. Deshalb hüte dich morgen früh und verstecke dich und bleib verborgen. Ich will aber hinausgehen und mich neben meinen Vater stehen auf dem Feld und von dir mit meinem Vater reden. Was ich erfahre, das will ich dir mitteilen!“

Jonathan redete das Beste von David mit seinem Vater Saul und sprach zu ihm: „Es versündige sich der König nicht an seinem Diener David. Denn er hat keine Sünde gegen dich getan, und sein Tun ist dir sehr nütze. Er hat sein Leben gewagt und den Philister erschlagen, und der Herr tat großes Heil für ganz Israel vollbracht. Das hast du gesehen und dich darüber gefreut. Warum willst du dich denn an unschuldigem Blut versündigen, daß du David ohne Grund tötest?“ Da gehorchte Saul der Stimme Jonathans und schwur: „So wahr der Herr lebt, er soll nicht sterben!“ Da rief Jonathan David und sagte ihm alle diese Worte und brachte ihn zu Saul und David diente ihm wie zuvor.

Es erhob sich aber wieder ein Streit, und David zog aus und kämpfte gegen die Philister und schlug sie so hart, daß sie vor ihm flohen. Aber der böse Geist kam über Saul. Er saß in seinem Haus und hatte einen Spieß in seiner Hand. David aber spielte mit der Hand auf den Saiten. Saul trachtete, David mit dem Spieß an die Wand zu spießen. Er aber wich aus vor Saul, und der Spieß fuhr in die Wand. David aber floh und entrann. In dieser Nacht sandte Saul Boten zu Davids Haus, um ihn zu bewachen und am Morgen zu töten.

Doch Davids Frau Michal sagte es ihrem Mann: „Wirst du nicht diese Nacht dein Leben retten, so mußt du morgen sterben!“ Da ließ ihn Michal durchs Fenster hinab, daß er floh und entrinnen konnte.

Dann nahm Michal ein Götzenbild und legte es ins Bett und legte ein Geflecht von Ziegenhaaren an die Stelle seines Kopfes und deckte ein Gewand darauf. Da sandte Saul Boten, um David zu holen. Sie aber sprach: „Er ist krank!“ Saul aber sandte nochmals Boten, um nach David zu sehen, und sprach: „Bringt ihn herauf zu mir mit dem Bett, daß er getötet werde!“ Als nun die Boten kamen, siehe, da lag das Götzenbild im Bett. Da sprach Saul zu Michal: „Warum hast du mich betrogen und meinen Feind entrinnen lassen?“ Michal sprach zu Saul: „Er sprach zu mir: Laß mich gehen, oder ich töte dich!“

David aber floh und konnte entrinnen und kam zu Samuel nach Rama und sagte ihm an alles, was ihm Saul getan hatte. Und er ging hin mit Samuel, und sie blieben zu Najoth. Da wurde Saul gesagt: „David ist in Najoth in Rama!“ Da sandte Saul Boten, daß sie David holten. Sie aber sahen den Chor der Propheten in Ekstase, und Samuel an ihrer Spitze. Da kam der Geist Gottes auf die Boten Sauls, so daß auch sie in Ekstase gerieten. Als das Saul gesagt wurde, sandte er andere Boten, die gerieten ebenso in Ekstase. Da sandte Saul die dritten Boten, aber die gerieten auch in Ekstase.

Da ging er selbst auch nach Rama. Als er zum großen Brunnen kam, fragte er: „Wo sind Samuel und David?“ Da wurde ihm gesagt: „In Najoth in Rama!“ Da ging er nach Najoth in Rama. Aber der Geist Gottes kam auch über ihn, und er ging einher in Ekstase, bis er nach Najoth in Rama kam. Dort zog er seine Kleidung aus und geriet auch in Ekstase vor Samuel und lag nackt den ganzen Tag und die ganze Nacht. Daher spricht man: „Ist Saul auch unter den Propheten?“

David aber floh von Najoth in Rama und kam und redete vor Jonathan: „Was habe ich getan? Was ist meine Schuld? Was habe ich gesündigt vor deinem Vater, daß er mir nach dem Leben trachtet?“ Jonathan aber sprach zu Ihm: „Das sei ferne! Du sollst nicht sterben. Siehe, mein Vater tut nichts, weder Großes noch Kleines, das er nicht mir erzähle. Warum sollte denn mein Vater dies vor mir verbergen? Es wird nicht so sein!“

Da antwortete David und schwor: „Dein Vater weiß wohl, daß ich Gnade vor deinen Augen gefunden habe. Darum wird er denken: Jonathan soll das nicht wissen, es könnte ihm Kummer machen. Wahrlich, so wahr der Herr lebt, und so wahr du lebst: Es ist nur ein Schritt zwischen mir und dem Tod!“ Jonathan sprach zu David: „Ich will für dich tun, was dein Herz begehrt!“

David sprach zu ihm: „Siehe, morgen ist Neumond. Da sollte ich mit dem König am Tisch sitzen. Aber laß mich, daß ich mich auf dem Feld verberge bis zum Abend des dritten Tages. Wird dein Vater nach mir fragen, so sprich: David bat mich, daß er nach Bethlehem gehen dürfte, denn dort ist das jährliche Opferfest der ganzen Sippe. Wird er sagen: Es ist gut! so steht es wohl um mich. Wird er aber erzürnt sein, so wirst du merken, daß Böses bei ihm beschlossen ist. So sei nun barmherzig mit mir, denn du hast mit mir einen Bund im Herrn geschlossen. Liegt aber eine Schuld auf mir, so töte du mich, aber warum solltest du mich zu deinem Vater bringen?“

Jonathan sprach: „Das sei ferne von dir, daß ich es dir nicht sagen sollte, wenn ich merken sollte, daß es bei meinem Vater beschlossen ist, Böses über dich zu bringen!“ David aber sprach: „Wer wird es mir sagen, wenn dir dein Vater etwas Hartes antwortet?“ Jonathan sprach zu David: „Komm, laß uns aufs Feld gehen!“ Und sie gingen beide hinaus aufs Feld.

Jonathan sprach zu David: „Bei dem Herrn, dem Gott Israels, wenn ich meinen Vater ausforsche morgen und am dritten Tag, daß es gut steht mit David, und nicht hin­sende zu dir und es dir nicht weitersage, so tue der Herr dem Jonathan dies und das. Wenn aber mein Vater etwas Böses gegen dich vorhat, so will ich es dir auch mitteilen und dich ziehen lassen, daß du mit Frieden weggehen kannst!“

Dann fährt er fort: „Der Herr sei mit dir, wie er mit meinem Vater gewesen ist. Du aber wollest die Barmherzigkeit des Herrn an mir tun, solange ich lebe. Und wenn ich sterbe, so nimm die Barmherzigkeit niemals fort von meiner Familie! Und wenn der Herr die Feinde Davids ausrotten wird, so möge der Name Jonathans nicht ausgelöscht werden neben der Fa­mi­lie Davids. Vielmehr möge der Herr nur Rache nehmen an den Feinden Davids!“ Und auch Jonathan ließ David schwören bei seiner Liebe zu ihm, denn er hatte ihn so lieb wie sein eigenes Herz.

Jonathan sprach zu David: „Morgen ist Neumond, da wird man dich vermissen, wenn dein Platz leer bleibt. Am dritten Tag wirst du erst recht vermißt werden. Dann komm an den Ort, an dem du dich verborgen hast an jenem Tag, und setze dich dort an den Steinhaufen. Dann will ich nach deiner Seite drei Pfeile schießen, als ob ich auf ein Ziel schösse. Ich will den Jungen hinschicken: Geh hin, suche die Pfeile! Werde ich zu dem Jungen sagen: Die Pfeile liegen herwärts von dir, hole sie! so komm, denn es steht gut um dich und es ist keine Gefahr, so wahr der Herr lebt. Sage ich aber zu dem Jungen: Die Pfeile liegen hinwärts von dir! so gehe hin, denn der Herr befiehlt dir zu gehen. Für da Wort aber, das du und ich miteinander geredet haben, dafür steht der Herr zwischen mir und dir in Ewigkeit!“ David verbarg sich auf dem Feld.

Als der Neumond kam, setzte sich der König zu Tisch, um zu essen. Der König saß an seinem gewohnten Platz an der Wand und Jonathan saß gegenüber. Der Feldhauptmann Abner aber setzte sich an die Seite Sauls. Davids Platz aber blieb leer. Saul aber sagte an dem Tag nichts, denn er dachte: Es ist ihm etwas widerfahren, daß er nicht rein ist.

Am andern Tag aber nach dem Neumond, als der Platz Davids leer blieb, sprach Saul zu seinem Sohn Jonathan: „Warum ist der Sohn Isai nicht zu Tisch gekommen, weder gestern noch heute?“ Jonathan antwortete Saul: „Er bat mich sehr, daß er nach Bethlehem gehen dürfe und sprach: „Laß mich hingehen, denn unsere Sippe hat zu opfern in der Stadt, und mein Bruder hat es mir selbst geboten. Habe ich Gnade vor deinen Augen gefunden, so laß mich hingehen und meine Brüder sehen. Darum ist er nicht zum Tisch des Königs gekommen!“

Da entbrannte der Zorn Sauls gegen Jonathan, und er sprach zu ihm: „Du Sohn einer ungehorsamen Mutter! Ich weiß sehr wohl, daß du dir den Sohn Isais als Freund ausgesucht hast, dir und deiner Mutter zur Schande. Denn solange der Sohn Isais auf der Erde lebt, wirst du und auch dein Königtum nicht bestehen. So sende nun hin und laß ihn herholen zu mir, denn er muß sterben!“

Jonathan antwortete seinem Vater Saul: „Warum soll er sterben? Was hat er getan?“ Da zückte Saul den Spieß nach ihm, als wollte er Jonathan durchbohren. Da merkte Jonathan, daß bei seinem Vater fest beschlossen war, David zu töten. Er stand auf vom Tisch mit grimmigem Zorn und aß am zweiten Tag nach dem Neumond nichts, denn er war bekümmert um David, daß ihn ihm sein Vater eine solche Schande antat.

Am Morgen ging Jonathan hinaus aufs Feld, wohin er David bestellt hatte, und ein kleiner Junge war bei ihm. Er sprach zu dem Jungen: „Lauf und suche mir die Pfeile, die ich schieße!“Als der Junge lief, schoß Jonathan einen Pfeil über ihn hinweg. Als der Knabe an den Ort kam, wohin Jonathan den Pfeil geschossen hatte, rief ihm Jonathan nach und sprach: „Der Pfeil liegt hinwärts von dir!“ Er rief ihm nochmal nach: „Rasch! Eile und halte dich nicht auf!“ Da las der Junge die Pfeile Jonathans auf und brachte sie zu seinem Herrn. Der Junge aber merkte nichts, nur Jonathan und David wußten um die Sache.

 

 

Da gab Jonathan seinem Jungen seine Waffen und sprach zu ihm: „Gehe hin und trage sie in die Stadt!“ Als der Junge weggegangen war, stand David hinter dem Steinhaufen auf und fiel auf sein Angesicht zur Erde und beugte sich dreimal nieder. Er und Jonathan küßten sich und weinten miteinander, David aber am allermeisten.

Jonathan sprach zu David: „Gehe hin mit Frieden! Für das, was wir beide geschworen haben im Namen des Herrn, dafür stehe der Herr sei zwischen mir und dir, zwischen meinen Nachkommen und deinen Nachkommen in Ewigkeit!!“ Und Jonathan machte sich auf und kam in die Stadt (1. Sam 18-20, leicht gekürzt).

 

David auf der Flucht:

David aber kam nach Niob zum Priester Ahimelech und sprach zu ihm: „Hast du etwas bei der Hand, etwa fünf Brote, oder was du sonst findest, das gib mir in meine Hand!“ Der Priester antwortete: „Ich habe kein gewöhnliches Brot bei der Hand, sondern nur heiliges Brot!“ Da gab ihm der Priester von dem heiligen Brot, weil kein anderes da war. Es waren die Schaubrote, die man nur vom Altar wegnimmt, wenn man frisches Brot auflegt.

Dann sprach David zu Ahimelech: „Ist nicht hier bei dir ein Spieß oder ein Schwert? Ich habe mein Schwert und meine Waffen nicht mit mir genommen, denn die Sache mit dem König war eilig!“ Der Priester sprach: „Das Schwert des Philisters Goliath, den du im Eichgrund erschlugst. Wenn du das willst, so nimm es hin, denn es ist hier kein anderes als das!“ David sprach: „Es gibt nichts Besseres. Gib es mir!“

Dann floh er zu Achis, dem König von Gath. Aber er fürchtete sich sehr vor Achis, weil er doch die Philister getötet hatte. Da stellte sich David wahnsinnig und tobte und rannte gegen die Pforte und der Geifer floß ihm in den Bart. Da sprach Achis zu seinen Leuten: „Ihr seht doch, daß der Mann wahnsinnig ist. Warum habt ihr ihn zu mir gebracht? Ich habe doch Wahnsinnige genug bei mir. Der kommt mir nicht ins Haus!“

David entrann in die Höhle Adullam. Es versammelten sich bei ihm allerlei Männer, die in Not und Schulden und verbitterten Herzens waren. David wurde ihr Oberster und es waren bei ihm etwa vierhundert Mann. Dann zog er nach Mizpa im Land der Moabiter. Dort ließ er seinen Vater und seine Mutter. Aber der Prophet Gad sprach zu ihm: „Bleibe nicht auf der Bergfeste, sondern gehe hin ins Land Juda!“

Es kam vor Saul, daß David und seine Männer von sich reden machten. Er erfuhr auch, daß der Priester Abimelech ihm Speise und das Schwert Goliaths gegeben hatte. Deshalb sprach er zu dem Priester: „Du mußt des Todes sterben, denn du hast mir nicht gesagt, daß David bei ihm war!“ Aber die Leute des Königs wollten ihre Hände nicht an die Priester des Herrn legen. Da erschlug ein Edomiter die Priester, der auch verraten hatte, daß David dort gewesen war.

Auch Nob, die Stadt der Priester, schlug er mit der Schärfe des Schwerts, Mann und Weib, Kinder und Säuglinge, Ochsen und Esel und Schafe. Es entrann aber ein Sohn Ahimelechs, der hieß Abjathar, der floh zu David und erzählte ihm, daß Saul die Priester des Herrn getötet hatte. David sprach zu Abjathar: „Ich bin schuldig am Leben aller aus deiner Familie. Bleibe bei mir und fürchte dich nicht. Der mir nach dem Leben trachtet, der trachtet auch dir nach dem Leben. Aber bei mir bist du in Sicherheit!“.

Dann wurde David gesagt: „Die Philister kämpfen gegen Kegila und berauben die Dreschplätze!“ Da fragte David den Herrn: „Soll ich hingehen und diese Philister schlagen?“ Und der Herr sprach zu David: „Ziehe hin! Du wirst die Philister schlagen und Kegila erretten!“ So zog David samt seinen Männern nach Kegila und kämpfte gegen die Philister und trieb ihnen ihr Vieh weg und schlug sie hart. So errettete David die Leute von Kegila.

Da ließ Saul das ganze Kriegsvolk rufen zum Kampf gegen Kegila. Weil die Leute von Kegila ihn ausliefern wollten, zog er weiter in die Wüste Siph. Da machte sich Jonathan auf in die Wüste sprach zu ihm: „Fürchte dich nicht! Meines Vaters Hand wird dich nicht erreichen, und du wirst König werden über Israel, und ich will ich der Zweite nach dir sein. Das weiß mein Vater sehr gut!“ Sie erneuerten ihren Bund miteinander vor dem Herrn.

Die Leute von Siph bieten Saul an, den Aufenthaltsort Davids zu verraten. Aber als Saul mit seinen Leuten kommt, weicht David immer weiter aus. Als sie schließlich David umstellt haben, kommt ein Bote mit der Nachricht: „Die Philister sind ins Land eingefallen!“ Da mußte Saul die Verfolgung Davids aufgeben und zog den Philistern entgegen (1. Sam 21-23, stark gekürzt).

 

David verschont Saul:

David zog von dort hinauf und verbarg sich auf den Bergfesten von Engedi. Als nun Saul wiederkam von den Philistern, wurde ihm gesagt:„David ist in der Wüste Engedi. Da Saul nahm dreitausend auserlesene Männer aus ganz Israel und zog hin, David samt seinen Männern zu suchen. Dabei ging er in eine Höhle. David aber und seine Männer saßen hinten in der Höhle.

Da sprachen die Männer Davids zu ihm: „Das ist der Tag, von dem der Herr dir gesagt hat: Ich will deinen Feind in deine Hände geben, daß du mit ihm tust, was dir gefällt!“ Und David stand auf und schnitt leise einen Zipfel von Sauls Rock. Aber danach schlug ihm doch sein Herz, weil er den Zipfel Sauls abgeschnitten hatte, und er sprach zu seinen Männern: „Das lasse der Herr ferne von mir sein, daß ich das tun sollte und meine Hand legen an den Gesalbten des Herrn!“

Als aber Saul sich aus der Höhle aufmachte, machte sich auch David auf und ging aus der Höhle und rief Saul hinterher: „Mein Herr König!“ Saul sah hinter sich. Und David neigte sein Antlitz zur Erde und fiel nieder und sprach zu Saul: „Warum hörst du auf das Wort der Menschen, die da sagen: David sucht dein Unglück?

Siehe, heute haben deine Augen gesehen, daß dich der Herr heute hat in meine Hände gegeben in der Höhle. Man hat mir gesagt, daß ich dich töten sollte. Aber ich habe dich verschont, denn ich sprach: Ich will meine Hand nicht an meinen Herrn legen, denn er ist der Gesalbte des Herrn. Mein Vater, siehe doch hier den Zipfel von deinem Rock in meiner Hand. Daran erkenne, daß meine Hände rein sind von Bosheit und Empörung. Ich habe mich nicht an dir versündigt, und du jagst mir nach, um mich zu töten! Der Herr wird Richter sein zwischen mir und dir und mich an dir rächen. Aber meine Hand soll dich nicht anrühren!“

Als nun David diese Worte zu Saul geredet hatte, sprach Saul: „Ist das nicht deine Stimme, mein Sohn David?“ Und Saul erhob seine Stimme und weinte und sprach zu David: „Du bist gerechter als ich. Du hast mir Gutes erwiesen, ich aber habe dir Böses erwiesen. Du hast mir heute gezeigt, wie du Gutes an mir getan hast, daß mich der Herr in deine Hände gegeben hatte und du mich doch nicht getötet hast.

Wo ist jemand, der seinen Feind finden und ihn läßt ihn in Frieden seinen Weg gehen? Der Herr vergelte dir Gutes für das, was du heute an mir getan hast. Ich weiß, daß du König werden wirst, und das Königtum über Israel durch deine Hand weiter Bestand haben wird. So schwöre mir nun bei dem Herrn, daß du meine Nachkommen nicht ausrotten wirst und meinen Namen nicht austilgen wirst aus meines Vaters Haus!“

David schwor es Saul. Da zog Saul heim. David aber mit seinen Männern zog hinauf auf die Bergfeste. Zu der Zeit starb Samuel. Und ganz Israel versammelte sich und hielt ihm die Totenklage. Sie begruben ihn in seinem Haus in Rama (1. Sam 24-25).

 

David und Abigail:

David aber machte sich auf und zog hinab in die Wüste Maon. Dort hüteten seine Männer die Schafe des reichen Schafscherers Nabal. Als er aber zehn junge Männer hinschickte, die um Brot und Fleisch und Wasser baten, antwortete er nur: „Wer ist David? Es gibt jetzt viele Sklaven, die ihrem Herrn davongelaufen sind!“

Der hatte aber eine Frau mit Namen Abigail. Die war eine Frau von Verstand und schön von Angesicht. Diese lud heimlich eine große Menge Speisen auf Esel und ging David entgegen. Sie fiel vor ihm nieder und sprach: „Mein Mann ist ein Narr, wie schon sein Name sagt. Ich habe die Männer nicht gesehen, die du gesandt hast. Sieh, was ich dir gebracht habe, das kannst du deinen Leuten geben. Der Herr wird dir eine beständige Familie geben, denn du führst die Kriege des Herrn. Es möge nichts Böses an dir gefunden werden dein Leben lang. Und wenn sich ein Mensch erheben wird, dich zu verfolgen, und nach deinem Leben trachtet, so soll dein Leben eingebunden sein im Bündlein der Lebendigen bei dem Herrn, deinem Gott!“

Da sprach David zu Abigail: „Gelobt sei der Herr, der Gott Israels, der dich heute mir entgegengesandt. Gesegnet seist du, daß du mich heute zurückgehalten hast, in Blutschuld zu geraten und mir mit eigener Hand zu helfen. Wärst du nicht eilend mir begegnet, so wäre von Nabals Leuten nicht einer übriggeblieben!“

David nahm von ihrer Hand, was sie gebracht hatte. Erst am nächsten Morgen sagte sie ihrem Mann, was sie getan hatte. Da erstarb sein Herz in seinem Leib und er wurde wie ein Stein. Nach zehn Tagen schlug ihn der Herr und er starb. Als David hörte, daß Nabal tot war, sandte er Boten hin und ließ mit Abigail sagen, daß er sie zur Frau nehmen wolle. Sie zog mit den Boten Davids und wurde seine Frau Weib. So hatte David neben Ahinoam von Jesreel und Michal, der Tochter Sauls, noch eine dritte Frau, nämlich Abigail, die frühere Frau Nabals (1. Sam 25, stark gekürzt).

 

David verschont Saul zum zweitenmal:

Die Leute von Siph kamen zu Saul nach Gibea und sprachen: „David hält sich verborgen auf einem Hügel Hachila vor der Wüste?“ Da machte sich Saul auf und zog herab zur Wüste Siph und mit ihm dreitausend auserlesene Männer aus Israel, um David in der Wüste Siph zu suchen.

Als David merkte, daß Saul ihm nachkam in die Wüste, sandte er Kundschafter aus und erfuhr, daß Saul in der Tat gekommen wäre. David machte sich auf und kam an den Ort, da Saul sein Lager hielt, und sah die Stelle, wo Saul mit seinem Feldhauptmann Abner lag. David kam nachts mit noch einem Mann. Und siehe, Saul lag und schlief im innersten Lagerring, und sein Spieß steckte in der Erde an seinem Kopf. Abner aber und das Volk lagen um ihn her.

Da sprach sein Begleiter zu David: „Gott hat deinen Feind heute in deine Hand gegeben. So will ich ihn nun mit dem Speer an den Boden spießen einmal, daß es nicht ein zweites Mal nötig ist. David aber sprach zu dem Mann: „Tu ihm nichts zuleide, denn wer könnte die Hand an den Gesalbten des Herrn legen und ungestraft bleiben? Der Herr wird ihn schlagen, wenn seine Zeit kommt, daß er sterbe oder er wird in dem Kampf ziehen und umkommen. Das lasse der Herr ferne von mir sein, daß ich meine Hand sollte an den Gesalbten des Herrn legen. So nimm nun den Speer an seinem Kopf und den Wasserkrug und laß uns gehen!“

So nahm David den Speer und den Wasserkrug und ging hin, und es war niemand, der es sah noch merkte noch erwachte, sondern sie schliefen alle, denn es war ein tiefer Schlaf vom Herrn auf sie gefallen. Als nun David auf die andere Seite des Tals hinübergekommen war, stellte er sich auf den Gipfel des Berges, daß ein weiter Raum war zwischen ihnen. Er rief dem Kriegsvolk und Abner zu: „Hörst du nicht, Abner?“ Abner antwortete: „Wer bist du, daß du so schreist zum König hin?“

David sprach zu Abner: „Bist du nicht ein Mann und wer ist dir gleich in Israel? Warum hast du denn nicht deinen Herrn, den König, bewacht? Denn es ist einer vom Volk hineingekommen, den König umzubringen! Das war nicht recht, was du getan hast. So wahr der Herr lebt, ihr seid Kinder des Todes, weil ihr den Gesalbten des Herrn nicht bewacht habt. Nun siehe doch nach, wo der Speer des Königs und der Wasserkrug an seinem Kopf waren!“

Da erkannte Saul die Stimme Davids und sprach: „Ist das nicht deine Stimme, mein Sohn David?“ David sprach: „Es ist meine Stimme, mein Herr König. Warum verfolgt mein Herr seinen Diener so? Was habe ich getan? Und was ist Böses in meiner Hand? So höre doch nun mein König die Worte seines Dieners: Reizt dich der Herr gegen mich, so lasse man ihn ein Speisopfer riechen. Tun es aber Menschen, so seien sie verflucht vor dem Herrn, weil sie mich heute verstoßen und nicht an dem Erbteil des Herrn teilhaben lassen und sprechen: Gehe hin, diene anderen Göttern! So fließe nun mein Blut nicht auf die Erde, fern von dem Angesicht des Herrn. Denn der König von Israel ist ausgezogen zu suchen einen einzelnen Floh, wie man ein Rebhuhn jagt auf den Bergen!“

Saul sprach: „Ich habe gesündigt, komm wieder, mein Sohn David, ich will dir in Zukunft kein Leid tun, weil mein Leben heute ist in deinen Augen teuer gewesen. Ich habe töricht und sehr Unrecht getan!“ David antwortete und sprach: „Hier ist der Speer des Königs. Es komme einer von den jungen Leuten herüber und hole ihn. Der Herr aber wird einem jeden seine Gerechtigkeit und Treue vergelten. Denn der Herr hat dich heute in meine Hand gegeben, aber ich wollte meine Hand nicht an den Gesalbten des Herrn legen. Und wie heute dein Leben in meinen Augen ist groß geachtet gewesen, so werde mein Leben wert geachtet vor den Augen des Herrn, und er errette mich aus aller Not!“

Saul sprach zu David: „Gesegnet seist du, mein Sohn David, du wirst es ausführen und vollenden!“ David aber ging seine Straße, und Saul kehrte zurück an seinen Ort (1. Sam 26, leicht gekürzt).

 

David bei den Philistern:

David aber dachte in seinem Herzen: „Ich werde doch eines Tages in die Hände Sauls fallen. Es gibt nichts Besseres für mich, als daß ich entrinne in das Land der Philister. Dann wird Saul davon ablassen, mich weiterhin zu suchen im ganzen Gebiet Israels und ich werde seinen Händen entrinnen!“ Er machte sich auf und ging hinüber zum König von Gath, samt den sechshundert Mann, die bei ihm waren, und auch mit seinen zwei Frauen Ahinoam und Abigail. Als Saul gesagt wurde, daß David nach Gath geflohen wäre, suchte er ihn nicht mehr. Achis gab ihm die Stadt Ziklag, die deshalb bis auf diesen Tag den Königen Judas gehört. David wohnte ein Jahr und vier Monate im Land der Philister.

Von dort machte er einige Raubzüge, auch in das südliche Juda. Der König von Gath dachte: „David hat sich verrufen gemacht bei seinem Volk Israel, darum wird er für immer mein Diener sein!“ Dann aber sammelten die Philister ihr Heer, in den Kampf zu ziehen gegen Israel. Und der König von Gath sprach zu David: „Du sollst wissen, daß du und deine Männer mit mir ausziehen sollen im Heer!“ David sprach zu ihm: „Wohlan, du sollst erfahren, was dein Diener tun wird!“ Der König sprach zu David: „Darum will ich dich zum Leibwächter einsetzen für die ganze Zeit!“ (1.Sam 27,1 - 28,2, gekürzt).

 

Saul bei der Hexe von Endor:

Saul hatte die Geisterbeschwörer und Zeichendeuter aus dem Land vertrieben. Als sich nun die Philister versammelten und kamen und lagerten sich in Sunem, versammelte Saul auch das ganze Israel, und sie lagerten sich zu Gilboa. Als aber Saul das Heer der Philister sah, fürchtete er sich, und sein Herz verzagte sehr. Er befragte den Herrn, aber der Herr antwortete ihm nicht, weder durch Träume noch durch das Los noch durch Propheten.

Da sprach Saul zu seinen Leuten: „Sucht mir eine Frau, die Tote beschwören kann, daß ich zu ihr gehe und sie befrage Seine Männer sprachen zu ihm: „In Endor ist eine Frau, die kann Tote beschwören!“

Saul machte sich unkenntlich und zog andere Kleidung an und ging hin und zwei Männer mit ihm. Sie kamen in der Nacht zu der Frau, und Saul sprach: „Weissage mir, weil du Geister beschwören kannst und hole mir herauf, den ich dir nenne!“

Die Frau sprach zu ihm: „Du weißt doch selbst, was Saul getan hat, wie er die Geisterbeschwörer und Zeichendeuter ausgerottet hat im Land, Warum willst du mir denn eine Falle stellen, daß ich getötet werde?“ Saul aber schwor ihr bei dem Herrn: „So wahr der Herr lebt: Es soll dich in dieser Sache keine Schuld treffen!“ Da sprach die Frau: „Wen soll ich dir denn heraufholen?“ Er sprach: „Hol mir Samuel herauf!“ Als nun die Frau Samuel merkte, daß es um Samuel ging, schrie sie laut auf und sprach zu Saul: „Warum hast du mich betrogen? Du bist Saul!“ Der König sprach zu ihr: „Fürchte dich nicht! Was siehst du?“

Die Frau sprach zu Saul: „Ich sehe einen Geist heraufsteigen aus der Erde!“ Saul sprach: „Wie sieht er aus?“ Sie sprach: „Es kommt ein alter Mann herauf und ist bekleidet mit einem Priesterschurz!“Da erkannte Saul, daß es Samuel war, und neigte sich mit seinem Gesicht zur Erde und fiel nieder.

Samuel aber sprach zu Saul: „Warum hast du meine Ruhe gestört, daß du mich heraufsteigen läßt?“ Saul sprach: „Ich bin in großer Bedrängnis: Die Philister kämpfen gegen mich, und Gott ist von mir gewichen und antwortet mir nicht, weder durch Propheten noch durch Träume. Darum habe ich dich lassen rufen, daß du mir kundtust, was ich tun soll!“

Samuel sprach: „Was willst du mich befragen, wo doch der Herr von dir gewichen und dein Feind geworden ist? Der Herr wird dir tun, wie er durch mich geredet hat, und hat das Königtum aus deiner Hand gerissen und David gegeben. Weil du der Stimme des Herrn nicht gehorcht und seinen grimmigen Grimm nicht an Amalek vollstreckt hast, darum hat dir der Herr dies jetzt getan. Dazu wird der Herr mit dir auch Israel in die Hände der Philister geben. Morgen werden du und deine Söhne bei mir sein!“ Da stürzte Saul zur Erde, so lang er war, und geriet in große Furcht sehr vor den Worten Samuels. Auch war keine Kraft mehr in ihm; denn er hatte den ganzen Tag und die ganze Nacht nichts gegessen!“

Die Frau trat zu Saul und sah, daß er sehr erschrocken war, und sprach zu ihm: „Siehe, deine Dienerin hat deiner Stimme gehorcht, und ich habe mein Leben aufs Spiel gesetzt, als ich die Worte hörte, die du zu mir gesagt hast. So gehorche nun auch Stimme deiner Dienerin. Ich will dir einen Bissen Brot vorsetzen, daß du ißt und zu Kräften kommest und deine Straße gehen kannst!“

Er aber weigerte sich und sprach: „Ich will nicht essen!“ Da nötigten ihn seine Leute und die Frau, bis er auf sie hörte. Und er stand auf von der Erde und setzte sich aufs Bett. Die Frau aber hatte daheim ein gemästetes Kalb. Das schlachtete sie eilends und nahm Mehl und knetete es und backte ungesäuertes Brot und setzte es Saul und seinen Leuten vor. Als sie gegessen hatten, standen sie auf und gingen noch in der Nacht fort (1.Sam 28,3 - 25).

 

Davids Sieg über die Amalekiter:

Im nächsten Kampf der Philister gegen die Israeliten wollte David auf der Seite der Philister mitkämpfen. Aber die Philisterfürsten hielten ihn für unzuverlässig und schickten ihn wieder heim.

Als er wieder mit seinen Männern nach Ziklag kam, waren die Amalekiter eingefallen und hatten Ziklag eingenommen und mit Feuer verbrannt und hatten die Frauen gefangen fortgeführt, auch die Frauen Davids. Der Priester Abjathar aber sagt ihm auf seine Frage: „Jage ihnen nach! Du wirst sie einholen und due Gefangenen befreien!“

Sie finden auf ihrem Kriegszug einen jungen Ägypter, der sie zu den Amalekitern führt. Diese hatten sich ausgebreitet über das ganze Land, aßen und tranken und feierten ein großes Fest wegen all der Beute, die sie mitgenommen hatten aus dem Land der Philister und aus Juda. David schlug sie vom Morgen bis zum Abend des nächsten Tages und brachte alles wieder heim.

Doch die mit ihm gekämpft hatten wollten nicht mit den zweihundert Männern teilen, die wegen Müdigkeit beim Troß geblieben waren. Aber David sprach: „Ihr sollt nicht so tun mit dem, was uns der Herr gegeben hat. Er hat uns behütet und ihre Krieger in unsere Hände gegeben. Der Anteil derjenigen, die in den Streit hin abgezogen sind, soll gleich sein dem Teil derjenigen, die bei dem Troß geblieben sind!“ Das ist seit der Zeit in Israel Sitte und Recht geworden bis auf diesen Tag. Als David nach Ziklag kam, sandte er auch den Ältesten in Juda von der Beute und sprach: „Siehe, da habt ihr den Segen aus der Beute der Feinde des Herrn!“ (1.Sam 29 - 30, stark gekürzt).

 

Das Ende Sauls und seiner Söhne:

Die Philister aber kämpften wieder einmal gegen Israel, und die Männer Israels flohen vor den Philistern und blieben erschlagen liegenauf dem Gebirge Gilboa. Die Philister waren vor allem hinter Saul und seinen Söhnen her und erschlugen Jonathan und die beiden anderen Söhne Sauls.

Der Kampf tobte heftig um Saul und die Bogenschützen fanden ihn und er wurde schwer verwundet von den Schützen. Da sprach Saul zu seinem Waffenträger: „Zieh dein Schwert aus und erstich mich damit, daß nicht diese Unbeschnittenen kommen und mich erstechen und treiben ihren Spott mit mir!“ Aber sein Waffenträger wollte nicht, denn er fürchtete sich sehr. Da nahm Saul das Schwert und stürzte sich hinein. Als nun sein Waffenträger sah, daß Saul tot war, stürzte er sich auch in sein Schwert und starb mit ihm. Als aber die Männer Israels jenseits der Ebene und gegen den Jordan hin sahen, daß die Männer Israels geflohen waren und daß Saul und seine Söhne tot waren, verließen sie die Städte und flohen auch.

Am anderen Tag kamen die Philister, um die Erschlagenen auszuziehen, und fanden Saul und seine drei Söhne, wie sie gefallen auf dem Gebirge Gilboa lagen. Sie hieben ihm seinen Kopf ab, nahmen ihm seine Rüstung ab und sandten sie im Land der Philister umher, um es zu verkünden im Hause ihrer Götzen und unter dem Volk. Sie legten Sauls Rüstung in das Haus der Astarte, aber seine Leiche hingen sie auf die Mauer in Beth-Sean.

Als die Leute in Jabes hörten, was die Philister an Saul getan hatten, machten sie sich streitbare Männer auf, und gingen die ganze Nacht und nahmen die Leichname Sauls und seiner Söhne von der Mauer in Beth-Sean und brachten sie nach Jabes und verbrannten sie dort. Sie nahmen die Gebeine und begruben sie unter einem Baum in Jabes und fasteten sieben Tage (1. Sam 31, leicht gekürzt, parallel zu 1. Chronik 10).

 

 

 

Das zweite Buch Samuel

 

[Der Prophet Samuel erscheint nur im 1. Buch Samuel. Die beiden Bücher Samuels waren einst ein einziges Buch, und so behielten die Teile den Namen bei, nachdem sie aus praktischen Gründen (handhabbare Größe einer Schriftrolle) voneinander getrennt wurden. Hauptfigur dieses Buches ist aber David. Das Buch weist viele Parallelen zum 1. Buch der Chronik auf. Im Gegensatz zu diesem ist es aber merklich kritischer, und legt den Schwerpunkt mehr auf die politischen Ereignisse als auf den Kultus. Neben den Erzählungen finden sich auch Psalmen.

Das Buch schildert zunächst den Aufstieg Davids als König über Juda und ganz Israel nach Siegen über Rafaiten und Philister. David erhält durch den Propheten Natan die Zusage Gottes, daß seine Dynastie für immer erhalten bliebe. Die positive Sicht Davids schlägt in Kapitel 11 um, wo geschildert wird, wie David mit der verheirateten Bathseba Ehebruch begeht und deren Ehemann Uria in den Tod schickt. Dafür wird David von Gott durch Natan zur Rechenschaft gezogen.

Es wird angekündigt, daß die Nachkommen Davids durch Gewalt umkommen werden. Es folgt eine Geschichte von kriegerischen Geschehnissen, Aufständen und Gewalt, so die Vergewaltigung von Davids Tochter Tamar durch ihren Halbbruder, den Davidssohn Amnon oder den Aufstand des Sohnes Absalom gegen seinen Vater und das Ende Absaloms durch Joab. Im letzten Kapitel bringt David Gott mit einer Volkszählung, die er gegen den Rat Joabs vollzieht, gegen sich auf. Infolgedessen wird das Volk mit einer Pest bestraft, die erstendet, als David auf dem späteren Tempelplatz opfert. Das Buch schließt mit Nachträgen und Davids Vermächtnis].

 

David läßt den Überbringer der Krone Sauls töten:

Drei Tage nach der SchlachtDavids mit den Amalekitern kam ein Mann aus dem Heer Sauls mit zerrissener Kleidung und Erde auf seinem Haupt. Als er zu David kam, fiel er nieder zur Erde und huldigte ihm. David sprach zu ihm: „Wo kommst du her?“ Er sprach zu ihm: „Ich bin aus dem Heer Israels entronnen!“ David sprach zu ihm: „Sage mir, wie steht es?“ Er sprach: „Das Volk ist geflohen aus der Schlacht und viele Männer sind gefallen. Außerdem ist König Saul tot und auch sein Sohn Jonathan!“

David sprach zu dem jungen Mann: „Woher weißt du, daß Saul und Jonathan tot sind?“ Er sprach: „Ich kam zufällig auf das Gebirge Gilboa, und siehe Saul lehnte sich auf seinen Speer, und die Wagen mit ihren Kämpfern waren hart an ihm. Da wandte sich Saul um und sah mich und rief mich: ‚Wer bist du?‘ Ich sprach zu ihm: ‚Ich bin ein Amalekiter!‘ Saul sprach zu mir: ‚Tritt zu mir und töte mich, denn mir wird schwarz vor Augen, aber mein Leben ist noch ganz in mir!‘ Da trat ich zu ihm und tötete ihn, denn ich wußte wohl, daß er nicht weiter leben konnte. Ich nahm die Krone von seinem Kopf und die Armringe und habe alles hergebracht zu dir, meinem Herrn!“

Da faßte David seine Kleidung und zerriß sie, und alle Männer, die bei ihm waren, und sie hielten die Totenklage und weinten und fasteten bis zum Abend aus Trauer um Saul und Jonathan und um das Volk des Herrn, weil sie durchs Schwert gefallen waren. David aber sprach zu dem jungen Mann, der es ihm mitgeteilt hatte: „Wo bist du her?“ Er sprach: „Ich bin ein Fremder, der Sohn eines Amalekiters!“ David sprach zu ihm: „Wie? Du hast dich nicht gefürchtet, deine Hand an den Gesalbten des Herrn zu legen, um ihn zu töten!“ David rief einem seiner Leute und sprach: „Komm her und schlag ihn nieder!“ Und der erschlug ihn. Da sprach David: „Dein Blut komme auf dein Haupt, denn dein Mund hat gegen dich selbst geredet, las du gesprochen hast: Ich habe den Gesalbten des Herrn getötet!“

Dann hielt David hielt die Totenklage über Saul und Jonathan, die beschließt mit den Worten: „Es ist mir leid um dich, mein Bruder Jonathan: Ich habe große Freude und Wonne an dir gehabt. Deine Liebe ist mir wunderbarer gewesen, als es die Liebe der Frauen ist!“ (2. Samuel 1, ohne das Lied am Schluß).

 

David wird König über Juda:

David zog mit seinen Frauen und seinen Männern nach Hebron, wie es ihm Gott gesagt hatte. Und die Männer Judas kamen und salbten dort David zum König über den Stamm Juda [Die Salbung entspricht der Krönung].

Sauls Feldhauptmann Abner aber nahm Isch-Boseth, den Sohn Sauls, und führte ihn nach Mahanaim und machte ihn zum König über Gilead, Benjamin und über ganz Israel. Er war vierzig Jahre alt, als er König wurde über Israel, und regierte zwei Jahre. Aber das Königreich Juda hielt es mit David. Am Teich von Gibeon kam es zum Kampf, bei dem Israel geschlagen wurde.

Asahel, der Bruder Joabs, verfolgte Abner, den Feldhautmann Sauls. Der aber stach ihn nieder, als er nicht von ihm ablassen wollte. Die Brüder Asahels verfolgen Joab zunächst. Aber Abner rief Joab zu: „Soll denn das Schwert ohne Ende fressen? Am Ende wird daraus nur noch mehr Jammer kommen. Wie lange willst du deinem Volk nicht sagen, daß es ablasse von seinen Brüdern?“

Joab sprach: „So wahr Gott lebt, hättest du das eher gesagt, dann hätte schon heute morgen jeder im Volk von seinem Bruder abgelassen!“ Joab ließ die Posaune blasen und alles Volk jagte Israel nicht mehr nach und kämpfte auch nicht weiter. Joabs Männer hoben Asahel auf und begruben ihn in seines Vaters Grab in Bethlehem (2. Sam 2, stark gekürzt).

 

David und Abner:

Abner stand weiter auf der Seite der Leute Sauls. Aber eines Tages sprach Isch-Boseth zu Abner: „Warum hast du mit der Nebenfrau meines Vaters geschlafen?“ Da wurde Abner sehr zornig über die Worte Isch-Boseths und sprach: „Bin ich denn ein Hundskopf? Heute erweise ich mich freundlich gegenüber der Familie Sauls und habe dich nicht in die Hände Davids gegeben, und du rechnest mir heute eine Schuld zu wegen einer Frau? Gott tue mir dies und das, wenn ich nicht tue, wie der Herr dem David geschworen hat, daß er nämlich das Königtum von der Familie Saul genommen werde und der Thron Davids aufgerichtet werde über Israel und Juda von Dan bis nach Beer-Seba!“

Darauf sandte Abner seine Boten zu David und ließ ihm sagen: „Schließe einen Bund mit mir! Meine Hand soll mit dir sein, daß ich dir ganz Israel zuführe!“

David sprach: „Gut, ich will einen Bund mit dir schließen. Aber eins erbitte ich von dir,

daß du nicht vor mich trittst ohne mir zuvor Michal mitzubringen!“ Auch sandte David seine Boten zu Isch-Boseth und ließ ihm sagen: „Gib mir meine Frau Michal!“ Da ließ er sie dem Mann wegnehmen, dem man sie gegeben hatte.

Nun besprach sich Abner mit den Ältesten in Israel und sprach: „Ihr habt schon längst verlangt, daß David der König über euch wird. So macht das nun, denn der Herr hat von David gesagt: Ich will mein Volk Israel erretten durch die Hand Davids aus der Hand der Philister Hand und aller seiner Feinde!“

Als nun Abner nach Hebron zu David kam und mit ihm zwanzig Mann, machte ihnen David ein Mahl. Und Abner sprach zu David: Ich will hingehen, daß ich das ganze Israel zu meinem König sammle und daß sie einen Bund mit dir schließen, damit du König seist, wie zu es begehrst!“ David ließ Abner von sich, sodaß er hinginge mit Frieden.

Da kamen die Leute Davids und Joab kamen von einem Streifzuge und brachten große Beute mit sich. Joab ging zum König hinein und sprach: „Was hast du getan? Abner ist zu dir gekommen, warum hast du ihn von dir weggelassen. Kennst du Abner nicht? Denn er ist gekommen, dich zu überlisten, daß er erkunde dein Kommen und Gehen und erführe alles, was du tust!“ Joab sandte Boten hinter Abner her, um ihn zurückzuholen. Aber David wußte nichts davon.

Als nun Abner wieder nach Hebron kam, führte ihn Joab mitten unter das Tor, um heimlich mit ihm zu reden, und stach ihn dort in den Bauch, daß er starb, aus Rache für seinen Bruders Asahel. Als das David später erfuhr, sprach er: „Ich bin unschuldig an dem Blut Abners! Es falle aber auf das Haupt Joabs!“ Und er sprach zu Joab und allem Volk, das mit ihm war: „Zerreißt eure Kleidung und gürtet euch den Sack um euch und haltet die Totenklage um Abner!“ Und der König ging dem Sarg nach.

Und der König klagte um Abner und sprach: „Mußte Abner sterben, wie ein Gottloser stirbt?“

Als nun alles Volk hineinkam, um David zum Essen zu nötigen, schwor David: „Gott tue mir dies und das, wenn ich Brot esse oder etwas zu mir nehme, ehe die Sonne untergeht!“ Alles Volk nahm es wahr und es gefiel ihnen auch wohl. Sie merkten an dem Tag, daß der Tod Abners nicht vom König ausgegangen war 2. Sam 3, gekürzt).

 

Isch-Boseths Ende:

Als der Sohn Sauls hörte, daß Abner in Hebron getötet wurde, entfiel ihm der Mut und ganz Israel erschrak. Es waren aber zwei Männer, Hauptleute der Streifscharen unter dem Sohn Sauls. Die gingen nun hin zum Hause Isch-Boseths, als der Tag am heißesten war. Die Pförtnerin des Hauses hatte Weizen gereinigt und war fest eingeschlafen. Da schlichen sich die beiden Männer hinein. Isch-Boseth lag auf seinem Bett in seiner Schlafkammer.

Die Männer stachen ihn tot und hieben ihm den Kopf ab und nahmen seinen Kopf und gingen durch das Jordantal die ganze Nacht und brachten das Haupt Isch-Boseths zu David nach Hebron und sprachen zum König: „Siehe, da ist das Haupt deines Feindes Isch-Boseths, der dir nach dem Leben trachtete. Der Herr hat heute meinen König gerächt an Saul und an seinen Nachkommen!“

Da antwortete ihnen David: „So wahr der Herr lebt, der mich aus aller Bedrängnis erlöst hat: Diese gottlosen Leute haben einen gerechten Mann in seinem Hause auf seinem Lager getötet. Sollte ich sein Blut nicht fordern von euren Händen und euch von der Erde vertilgen?“

Und David gebot seinen Leuten, daß sie die Männer töteten: Sie hieben ihre Hände und Füße ab und hingen sie auf am Teich in Hebron. Aber das Haupt Isch-Boseths nahmen sie und begruben es in Abners Grab in Hebron (2. Sam 5, gekürzt)

 

David wird König über ganz Israel:
Es kamen alle Stämme Israels zu David nach Hebron und sprachen: „Siehe, wir sind von deinem Gebein und von deinem Fleisch. Schon früher, als Saul über uns König war, führtest du Israel ins Feld und wieder heim. Dazu hat der Herr dir gesagt: Du sollst mein Volk Israel hüten und sollst ein Fürst sein über Israel!“ Es kamen alle Ältesten in Israel zum König nach Hebron. Und der König David schloß mit ihnen einen Bund in Hebron vor dem Herrn, und sie salbten David zum König über Israel. Dreißig Jahre war David alt, als er König wurde, und regierte vierzig Jahre (2.Sam 5,1-5, vgl. 1. Chron 11,1-3).

 

David erobert Jerusalem

Der König zog hin mit seinen Männern vor Jerusalem gegen die Jebusiter. Sie aber sprachen zu David: „Du wirst nicht hier hereinkommen, sondern Blinde und Lahme werden dich abwehren!“ Da sprach David an diesem Tag: „Wer die Jebusiter schlägt und durch den Schacht hinaufsteigt und die Lahmen und die Blinden erschlägt, die David verhaßt sind, der soll Hauptmann und Oberster sein!“ Da erstieg sie am ersten Joab und wurde Hauptmann [Diese Sätze ist aus 1,Chron 11,6 übernommen].

So gewann David die Burg Zion und wohnte auf ihr und nannte sie „Davids Stadt“ und baute sie immer mehr aus. Seine Macht nahm immer mehr zu, und der Herr, der Gott Zebaoth, war mit ihm. Hiram, der König von Tyrus, sandte Boten zu David mit Zedernholz und Zimmerleute und Steinmetzen, daß sie David ein Haus bauten. David nahm noch mehr Frauen und Nebenfrauen in Jerusalem, nachdem er von Hebron gekommen war. Es wurden ihm noch mehr Söhne und Töchter geboren (jetzt folgen die Namen) (2.Sam 5,6-15, vgl. 1.Chron 11,4-9 und 14,1-7).

 

Davids Siege über die Philister:

Als die Philister hörten, daß man David zum König über Israel gesalbt hatte, zogen sie alle herauf, um David zu suchen. Sobald das David erfuhr, zog er hinab in die Bergfeste. Aber die Philister kamen und breiteten sich aus in der Ebene Rephaim. David befragte den Herrn und sprach: „Soll ich hinaufziehen gegen die Philister? Wirst du sie in meine Hand geben?“ Der Herr sprach zu David: „Zieh hinauf! Ich werde die Philister in deine Hand geben!“ David kam gen Baal-Perazim und schlug sie dort. Die Philister ließen ihre Götzen dort, David aber und seine Männer nahmen sie mit.

Die Philister aber zogen abermals herauf und breiteten sich aus in der Ebene Rephaim. David befragte den Herrn erneut und der sprach: „Du sollst nicht hinaufziehen, sondern komm von hinten über sie und greife sie dort an! Und wenn du hörst das Rauschen in den Wipfeln der Bäume, so eile, denn dann ist der Herr ausgegangen vor dir her, zu schlagen das Heer der Philister!“ David tat, wie ihm der Herr geboten hatte, und schlug die Philister von Geba an, bis man kommt nach Geser (2. Sam 5,17-25).

 

David holt die Bundeslade nach Jerusalem:

David sammelte abermals die ganze junge Mannschaft in Israel, dreißigtausend Mann, und zog mit allem Volk nach Baala in Juda, um die Lade Gottes von dort heraufzuholen (die genannt ist nach dem Namen des Herrn „Zebaoth, der über den Cherubim wohnt“). Sie setzten die Lade Gottes auf einen neuen Wagen und holten sie aus dem Hause Abinadabs, der auf dem Hügel wohnte. Dessen Söhne führten den neuen Wagen. Als sie die Lade Gottes heraus führten, tanzten David und ganz Israel vor dem Herrn her mit aller Macht im Reigen mit Liedern, Harfen und Psaltern und Pauken und Schellen und Zimbeln.

Als sie zum Dreschplatz Nachons kamen, griff Usa, der eine Sohn Abinadabs, zu und hielt die Lade Gottes, denn die Rinder glitten aus. Da entbrannte der Zorn des Herrn über Usa, und Gott schlug ihn dort, weil er seien Hand nach der Lade ausgestreckt hatte, so daß er dort starb bei der Lade Gottes. David fürchtete sich vor dem Herrn an diesem Tag und sprach: „Wie soll die Lade des Herrn zu mir kommen?“ Er wollte sie nun nicht mehr zu sich bringen lassen in die Stadt Davids, sondern ließ sie ins Haus des Gathiters Obed-Edom bringen.

 

So blieb die Lade des Herrn drei Monate im Hause Obed-Edoms, und der Herr segnete ihn und seine ganze Familie. Aber es wurde dem König David gesagt, daß der Herr die Familie Obed-Edoms segnete und alles, was er hatte, wegen der Lade Gottes. Da ging er hin und holte die Lade Gottes aus dem Hause Obed-Edoms herauf in die Stadt Davids mit Freuden. Als die Träger mit der Lade sechs Schritte gegangen waren, opferte man einen Stier und ein fettes Kalb. Und David tanzte mit aller Macht vor dem Herrn her und war umgürtet mit einem leinenen Priesterschurz. Und David mit dem ganzen Israel führten die Lade des Herrn herauf mit Jauchzen und Posaunen.

Als die Lade des Herrn in die Stadt Davids kam, sah Michal durchs Fenster und sah den König David springen und tanzen vor dem Herrn und verachtete ihn in ihrem Herzen. Als sie aber die Lade des Herrn hereinbrachten, stellten sie sie an ihren Platz mitten in dem Zelt, das David für sie aufgeschlagen hatte. David opferte Brandopfer und Dankopfer vor dem Herrn. Danach segnete er das Volk im Namen des Herrn Zebaoth und ließ an alle einen Brotkuchen und ein Stück Fleisch und einen Rosinenkuchen austeilen. Dann kehrte jeder in sein Haus zurück.

Als aber David heimkam, seiner Familie den Segensgruß zu bringen, ging Michal heraus ihm entgegen und sprach: „Wie herrlich ist heute der König von Israel gewesen, der sich vor den Helferinnen seiner Männer entblößt hat, wie sich die losen Leute entblößen!“ David aber sprach zu Michal: „Ich will vor dem Herrn tanzen, der mich erwählt hat vor deinem Vater und vor seiner ganzen Familie, um mich zum Fürsten zu bestellen über das Volk des Herrn. Ich will noch geringer werden als jetzt und will niedrig sein in meinen Augen. Aber bei den Helferinnen, von denen du geredet hast, will ich zu Ehren kommen!“ Aber Michal, die Tochter Sauls, hatte kein Kind bis an den Tag ihres Todes (2. Samuel 6).

 

Gottes Haus und Davids Haus:

Als nun der König in seinem Hause saß und der Herr ihm Ruhe gegeben hatte von allen seinen Feinden umher, sprach er zu dem Propheten Nathan: „Siehe, ich wohne in einem Zedernhause, und die Lade Gottes wohnt unter Zeltdecken! Sollte ich nicht auch Gott ein schönes Haus bauen?“ Nathan sprach zu dem König: „Alles, was du in deinem Herzen hast, das tue, denn der Herr ist mit dir!“

In der Nacht aber kam das Wort des Herrn zu Nathan und sprach: „Gehe hin und sage meinem Diener David: So spricht der Herr: Solltest du mir ein Haus bauen, daß ich darin wohne? Habe ich doch in keinem Hause gewohnt seit dem Tag, da ich die Israeliten aus Ägypten führte, bis auf diesen Tag, sondern ich bin umhergezogen in einem Zelt als Wohnung. Habe ich die ganze Zeit, in der ich mit allen Israeliten umherzog, je zu einem der Richter Israels gesprochen: Warum baut ihr mir nicht ein Zedernhaus?“

Weiter trägt Gott dem Propheten auf: „So sollst du nun so sagen meinem Diener David: So spricht der Herr Zebaoth: Ich habe dich genommen von den Schafhürden, damit du ein Fürst über mein Volk Israel sein solltest. Ich bin mit dir gewesen, wo du hin gegangen bist, und habe alle deine Feinde vor dir ausgerottet und habe dir einen großen Namen gemacht gleich den Namen der Großen auf der Erde. Ich will meinem Volk Israel eine Stätte geben und will es pflanzen, daß es dort wohne und sich nicht mehr ängstigen müsse, und die Kinder der Bosheit nicht mehr bedrängen. Und wie vormals seit der Zeit, als ich Richter über mein Volk Israel eingesetzt habe, will ich dir Ruhe geben von allen deinen Feinden!“

 

Schließlich teilt Gott seine Verheißung mit: „Der Herr verkündet dir, daß der Herr d i r ein Haus bauen will. Wenn deine Zeit um ist, daß du dich zu deinen Vätern schlafen legst, will ich dir einen Nachkommen erwecken, dem will ich sein Königtum bestätigen. Der soll mir ein Haus bauen, und ich will seinen Königsthron bestätigen in Ewigkeit. Ich will sein Vater sein, und er soll mein Sohn sein. Wenn er sündigt, will ich ihn mit Menschenruten und mit menschlichen Schlägen strafen. Aber meine Gnade soll nicht von ihm weichen, wie ich sie habe weichen lassen von Saul. Aber dein Haus und dein Königtum sollen beständig sein vor mir in Ewigkeit, und dein Thron soll ewiglich bestehen!“

Als Nathan alle diese Worte dem König David gesagt hatte, kam David und sprach: „Wer bin ich, Herr, und was ist meine Familie, daß du mich bis hierher gebracht hast? Aber nun hast du das für noch zu wenig gehalten, sondern hast der Familie deines Dieners sogar für die ferne Zukunft solche Zusagen gegeben. Was soll David noch mehr reden mit dir? Du kennst ja deinen Diener, Herr! Um deines Wortes willen und nach deinem Herzen hast du diese großen Dinge alle getan, um sie deinem Diener kundzutun. Darum bist du auch groß, Herr. Denn es ist keiner wie du und ist kein Gott außer dir allein nach allem, was wir mit unsern Ohren gehört haben. Denn wo ist ein Volk auf der Erde wie dein Volk Israel. Du bist hingegangen, es zu erlösen, daß es dein Volk sei und dir einen Namen zu machen. Du hast so große und furcht­bare Dinge getan, damit du Völker und ihre Götzen vertriebst vor deinem Volk, das du dir erlöst hast von Ägypten. Du hast dir dein Volk Israel zubereitet, dir zum Volk in Ewigkeit. Du Herr, bist ihr Gott geworden!“

Dann dankt David und bittet Gott: „So bekräftige nun, Herr, das Wort in Ewigkeit, das du über deinen Diener und über seine Familie geredet hast, und tue, wie du geredet hast! So wird dein Name groß werden in Ewigkeit, daß man sagen wird: Der Herr Zebaoth ist der Gott über Israel, und die Familie deines Dieners David wird bestehen vor dir. Denn du, Herr Zebaoth, du Gott Israels, hast das Ohr deines Dieners geöffnet und gesagt: Ich will dir ein Haus bauen! Darum hat dein Diener sich ein Herz gefaßt, daß er dies Gebet zu dir gebetet hat. Nun, Herr, du bist Gott, und deine Worte sind Wahrheit. Du hast all dies Gute deinem Diener zugesagt. So fange nun an, zu segnen die Familie deines Dieners, daß sie ewig vor dir sei. Denn du, Herr, hast es geredet, und mit deinem Segen wird die Familie deines Dieners gesegnet sein in Ewigkeit (2. Sam 7).

 

Davids Kriege und Siege:

David schuf mit der Zeit ein Großreich, indem er die Philister und Moabiter besiegte, dann den Hadadeser, König zu Zoba, und auch die Syrer von Damaskus, die Hadadeser helfen wollten, und schließlich ganz Edom. So wurde David König über ganz Israel, und schaffte Recht und Gerechtigkeit allem Volk. Er setze Beamte ein: Joab war Heerführer, Josaphat war Kanzler, Zadok und Ahimelech waren Priester, Seraja war Schreiber, Benaja war Befehlshaber über die Hilfsvölker der Krether und Plether, und die Söhne Davids waren Priester (2. Sam 8).

 

Jonathans Sohn an Davids Hof:

Dann sprach David: „Ist auch noch jemand übriggeblieben von der Familie Sauls, daß ich Barmherzigkeit an ihm tue um Jonathans willen?“ Sie riefen einen von Sauls Leuten zu David, der ihn fragte: „Ist noch jemand da von der Familie Sauls, damit ich Gottes Barmherzigkeit an ihm tue?“ Der Mann sprach: „Es ist noch da ein Sohn Jonathans, der ist lahm an den Füßen!“ Der König sprach zu ihm: „Wo ist er?“ Der Mann sprach zum König: „Er ist im Haus Machirs!“ Da sandte der König David seine Boten hin und ließ ihn holen.

Als nun Mephiboseth, der Sohn Jonathans, zu David kam, fiel er auf sein Angesicht und huldigte ihm. David aber sprach zu ihm: „Fürchte dich nicht, denn ich will Barmherzigkeit an dir tun um deines Vaters Jonathan, willen. Ich will dir den ganzen Besitz deines Großvaters Vaters Saul wiedergeben. Du aber darfst täglich an meinem Tisch mit essen!“ Er aber fiel nieder und sprach: „Wer bin ich, dein Diener, daß du dich wendest zu einem toten Hunde, wie ich es bin?“Aber David betraut den Mann aus den Leuten Sauls, die Äcker zu betreuen. Aber Mephiboseth wohnte in Jerusalem und aß täglich an des Königs Tisch (2.Sam 9, gekürzt).

 

Davids Kampf mit den Ammonitern:

Als der König der Ammoniter starb, wurde sein Sohn Hanun der König an seiner Statt. David schickte Männer hin, die ihn trösten sollten wegen des Verlusts seines Vaters. Aber die Obersten der Ammoniter sprachen zu ihrem Herrn: „Meinst du, daß David deinen Vater ehren wollte, als er Tröster zu dir gesandt hat? Meinst du nicht, daß sie die Stadt erforschen und zerstören sollten!“

Da nahm Hanun die Leute Davids und schor ihnen den Bart halb ab und schnitt ihnen die Kleidung halb ab bis unter den Gürtel und ließ sie gehen. Als das David gesagt wurde, sandte er ihnen Boten entgegen und ließ ihnen sagen: „Bleibt zu Jericho, bis euer Bart gewachsen ist. Dann kommt wieder!“

Als aber die Ammoniter sahen, daß sie sich bei David in Verruf gebracht hatten, sandten sie hin und warben zwanzigtausend Aramäer an und weitere dreizehntausend Mann. Als das David hörte, sandte er Joab mit dem ganzen Heer der Krieger. Die Ammoniter zogen aus und rüsteten sich zum Kampf vor dem Eingang des Tors. Die Aramäer aber standen für sich im Feld.

Als Joab nun sah, daß der Angriff von vorn und hinten auf ihn gerichtet war, wählte er aus der ganzen jungen Mannschaft in Israel einen Teil aus und stellte sich den Aramäern entgegen.

Die anderen Krieger stellte er unter die Hand seines Bruders Abisai, daß er sich rüstete gegen die Ammoniter Er sprach: „Werden mir die Aramäer überlegen sein, so komm mir zu Hilfe; werden aber die Ammoniter dir überlegen sein, so will ich dir zu Hilfe kommen. Sei ganz getrost, damit wir die Stärkeren bleiben für unser Volk und für die Städte unseres Gottes. Der Herr aber tue, was ihm gefällt!“

Joab rückte an mit dem Volk, das bei ihm war, um gegen die Aramäer zu kämpfen und sie flohen vor ihm. Als die Ammoniter sahen, daß die Aramäer flohen, flohen sie auch vor Abisai in die Stadt hinein. Da ließ Joab ab von den Ammonitern und kam nach Jerusalem. Als die Aramäer sahen, daß sie geschlagen waren, kamen sie zusammen. Hadadeser aber ließ die Aramäer jenseits des Stromes Euphrat ausziehen. Als das David gesagt wurde, sammelte er ganz Israel und zog über den Jordan. Die Aramäer stellten sich gegen David auf, um mit ihm zu kämpfen. Aber die Aramäer flohen vor Israel. David vernichtete siebenhundert Wagen und vierzigtausend Mann. Als aber die von Hadadeser abhängigen Könige sahen, daß sie geschlagen waren vor Israel, machten sie Frieden mit Israel und wurden ihm untertan (2. Sam 10, gekürzt).

 

Davids Ehebruch:

[Außer vom Regierungshandeln Davids berichten die Samuelbücher noch über eine Reihe von Vorfällen aus dem familiären Umfeld des Königs. Der Ehebruch mit Bathseba und die anschließende Beseitigung ihres Ehemannes schildern ihn als skrupellosen, dann aber einsichtigen Machthaber].

 

Als das Jahr um war, zu der Zeit, wenn die Könige in den Krieg zuziehen pflegen, sandte David Joab und seine Knechte mit ihm das ganze Israel, daß sie das Land der Ammoniter verheerten und Rabba belagerten. David aber blieb in Jerusalem. Als David um den Abend von seinem Lager aufstand und auf dem Dachgarten des Königshauses umherging. Da sah er vom Dach eine Frau sich waschen, die war von sehr schöner Gestalt. David sandte hin und ließ nach der Frau fragen, und man sagte: „Das ist Bathseba, die Tochter Eliams, die Frau des Hethiters Urias!“

David sandte Boten hin und ließ sie holen. Und als sie zu ihm hineinkam, schlief er mit ihr, nachdem gerade die Monatsregel bei ihr vorbei war. Sie kehrte dann wieder in ihr Haus zurück. Aber die Frau wurde schwanger und ließ David sagen: „Ich bin schwanger geworden!“

David aber sandte Boten zu Joab: „Sende den Hethiter Uria zu mir!“ Und Joab sandte Uria zu David. Als Uria zu ihm kam, fragte David, ob es mit Joab und dem Heer und mit dem Kampf wohl stünde? Und David sprach zu Uria: „Geh hinab in dein Haus und vergnüge dich mit deiner Frau!“ Und als Uria aus dem Haus des Königs hinausging, wurde ihm ein Geschenk des Königs nachgetragen.

Aber Uria legte sich schlafen vor der Tür des Königshauses, wo alle Diener seines Herrn lagen, und ging nicht hinab in sein Haus. Als man aber David sagte, daß Uria nicht hinab in sein Haus gegangen war, sprach David zu ihm: „Bist du nicht von weit her gekommen? Warum bist du nicht hinab in dein Haus gegangen?“ Uria sprach zu David: „Die Bundeslade und Israel und Juda bleiben in Zelten, und Joab, mein Herr, und meines Herrn Krieger liegen auf freiem Feld, und ich sollte in mein Haus gehen, daß ich äße und tränke und bei meiner Frau läge? So wahr du lebst und du lebst, ich tue so etwas nicht!“

David sprach zu Uria: „Bleib heute hier. Morgen will ich dich gehenlassen!“ So blieb Uria an dem Tag in Jerusalem und den anderen auch noch!“ David lud ihn, daß er bei ihm aß und trank, und machte ihn betrunken. Aber am Abend ging er hinaus, um sich schlafen zu legen auf sein Lager bei den Leuten seines Herrn, und ging nicht hinab in sein Haus.

Am anderen Morgen schrieb David einen Brief an Joab und sandte ihn durch Uria. Er schrieb aber in den Brief: „Stellt Uria vorne hin, wo der Kampf am härtesten ist. Dann zieht euch hinter ihm zurück, damit er erschlagen werde und sterbe°!“ Als nun Joab die Stadt belagerte, stellte er Uria dorthin, wo er wußte, daß streitbare Männer waren. Und als die Männer der Stadt einen Ausfall machten und gegen Joab kämpften, fielen einige von den Männern Davids, und der Hethiter Uria starb auch.

Da sandte Joab Boten hin und ließ David alles sagen, was sich bei dem Kampf zugetragen hatte. Er gebot dem Boten: „Wenn du dem König alles bis zum Ende gesagt hast und siehst, daß der König zornig wird und zu dir spricht: Warum seid ihr so nahe an die Stadt herangerückt im Kampf? Wißt ihr nicht, daß von der Mauer geschossen wird? dann sollst du sagen: Der Hethiter Uria ist auch tot!“

Der Bote ging hin und kam und sagte David alles an, weswegen Joab ihn gesandt hatte. Der Bote sprach zu David: „Die Männer waren uns überlegen und zogen zu uns heraus aufs Feld. Wir aber waren gingen gegen sie an bis vor den Eingang des Tors. Und die Schützen schossen von der Mauer auf deine Leute und töteten einige von ihnen, und auch der Hethiter Uria ist tot!“

David sprach zu dem Boten: „So sollst du zu Joab sagen: Laß dir das nicht leid sein, denn das Schwert frißt bald diesen, bald jenen. Fahre fort mit dem Kampf gegen die Stadt und zerstöre sie!“ So sollst du ihm Mut zusprechen. Als Urias Frau hörte, daß ihr Mann tot war, hielt sie die Totenklage um ihren Ehemann. Als sie aber ausgetrauert hatte, ließ David sie in sein Haus holen, und sie wurde seine Frau und gebar ihm einen Sohn. Aber dem Herrn mißfiel die Tat, die David getan hatte (2. Sam 11).

 

Nathans Strafrede:

Der Herr sandte den Propheten Nathan zu David. Als der zu ihm kam, sprach er zu ihm:

„Es waren zwei Männer in einer Stadt, der eine reich, der andere arm. Der Reiche hatte sehr viele Schafe und Rinder, aber der Arme hatte nichts als ein einziges kleines Schäflein, das er gekauft hatte. Und er nährte es, daß es groß wurde bei ihm und bei seinen Kindern: Es aß von seinem Bissen und trank von seinem Becher und schlief in seinem Schoß, und er hielt es wie eine Tochter. Als aber zu dem reichen Mann ein Gast kam, brachte er es nicht über sich, eins von seinen Schafen und Rindern zu nehmen, um dem Gast etwas zuzurichten und nahm das Schaf des armen Mannes und richtete es dem Mann zu, der zu ihm gekommen war.“

Da geriet David in großem Zorn gegen den Mann und sprach zu Nathan: „So wahr der Herr lebt, der Mann ist ein Kind des Todes, der das getan hat! Dazu soll er das Schaf vierfach bezahlen, weil er so etwas getan hat und sein eigenes Schaf geschont hat!“

Da sprach Nathan zu David: „Du bist der Mann! So spricht der Herr, der Gott Israels: Ich habe dich zum König gesalbt über Israel und habe dich errettet aus der Hand Sauls, und habe dir das Haus deines Herrn Saul gegeben, dazu seine Frauen. Ich habe dir das Volk Israel und das Volk Juda gegeben. Und wenn das zu wenig ist, will ich noch dies und das dazutun. Warum hast du denn das Wort des Herrn verachtet, daß du getan hast, was ihm mißfiel? Den Hethiter Uria, hast du erschlagen mit dem Schwert, seine Frau hast du dir zur Frau genommen. Ihn aber hast du getötet durch das Schwert der Ammoniter!“

Dann fügt Nathan die Drohung an: „Nun, so soll das Schwert nie mehr von deiner Familie lassen, weil du mich verachtet hast und die Frau Urias zu deiner Frau genommen hast. So spricht der Herr: Siehe, ich will Unglück über dich kommen lassen aus deiner eigenen Familie und will deine Frauen nehmen vor deinen Augen und will sie deinen Nachbarn geben, daß sie mit deinen Frauen schlafen in der hellen Sonne. Du hast es heimlich getan. Ich aber will dies tun vor ganz Israel und an der Sonne!“

Da sprach David zu Nathan: „Ich habe gesündigt gegen den Herrn!“ Nathan sprach zu David: „Dann hat auch der Herr deine Sünde weggenommen, du wirst nicht sterben. Aber weil du die Feinde des Herrn hast durch diese Geschichte zum Lästern gebracht hast, wird der Sohn, der dir geboren ist, des Todes sterben!“

Nathan ging heim. Und der Herr schlug das Kind, das Urias Frau dem David geboren hatte, daß es todkrank wurde. David suchte Gott auf um des Jungen willen und fastete und wenn er heimkam, lag er über Nacht auf der Erde. Da traten zu ihm auf die Ältesten seines Hauses und wollten ihn aufrichten von der Erde. Er wollte aber nicht und aß auch nicht mit ihnen. Am siebten Tage aber starb das Kind. Die Leute Davids fürchteten sich, es ihm zu sagen, daß das Kind tot wäre, denn sie dachten: „Als das Kind noch lebendig war, redeten wir mit ihm, und er gehorchte unsrer Stimme nicht. Wieviel mehr wird er sich wehe tun, wenn wir sagen: Das Kind ist tot. Er könnte ein Unheil anrichten!“

Als aber David sah, daß seine Männer leise redeten, und merkte, daß das Kind tot ist, sprach er zu seinen Männern: „Ist das Kind tot?“ Sie sprachen: „Ja!“ Da stand David von der Erde auf und wusch sich und salbte sich und tat andere Kleidung an und ging in das Haus des Herrn und betete an. Als er wieder heimkam, ließ er sich Brot auftragen und aß. Da sprachen seine Männer zu ihm: „Was soll das, was du tust? Als das Kind lebte, hat du gefastet und geweint. Aber nun, wenn es gestorben ist, stehst du auf und ißt?“

Er sprach: „Als das Kind noch lebte, fastete ich und weinte, denn ich dachte: Wer weiß, ob mir der Herr nicht gnädig wird und das Kind lebendig bleibt. Nun aber, wo es tot ist, was soll ich fasten? Kann ich es auch wieder zurückholen? Ich werde einst zu ihm fahren, aber es kommt nicht wieder zu mir zurück!“

Als David seine Frau Bathseba getröstet hatte, machte er Liebe mit ihr und schlief mit ihr. Sie gebar ihm einen Sohn, den nannte er „Salomo“. Er tat ihn unter die Hand des Propheten Nathan. Der hieß ihn „Jedidja“, das heißt „Geliebter des Herrn“. Joab und David erobern dann die Hauptstadt der Ammoniter, und deren Krone wird David auf das Haupt gesetzt. Er macht viel Beute und macht die Ammoniter zu seinen Arbeitssklaven (2. Sam 12, am Schluß gekürzt).

 

Amnons Schandtat an Absaloms Schwester:

Absalom, der Sohn Davids, hatte eine schöne Schwester, die hieß Thamar. Und Amnon, der Sohn Davids, gewann sie lieb. Amnon grämte sich, daß er fast krank wurde wegen seiner Halbschwester Thamar. Sie war noch keinem Mann näher gekommen und es schien Amnon unmöglich zu sein, ihr etwas anzutun.

Aber Amnon hatte einen Freund, der hieß Jonadab, und war ein sehr erfahrener Mann. Der sprach zu ihm: „Warum wirst du so mager, von Tag zu Tag, du Königssohn? Willst du mir es nicht sagen?“ Da sprach Amnon zu ihm: „Ich habe Thamar, die Schwester meines Bruders Absalom, liebgewonnen!“ Jonadab sprach zu ihm: „Lege dich auf dein Bett und stelle dich krank. Wenn dann dein Vater kommt, dich zu besuchen, so sprich zu ihm: Laß doch meine Schwester Thamar kommen, daß sie mir zu essen gebe und bereite vor mir das Essen zu und ich von ihrer Hand nehme und esse!“

Das geschah dann auch und Thamar ging hin ins Haus ihres Bruders Amnon. Sie nahm einen Teig und knetete und bereitete ihr vor Amnons Augen und backte die Kuchen. Aber er weigerte sich zu essen und bat darum, daß alle hinausgehen. Dann sprach Amnon zu Thamar: „Bringe das Essen in die Kammer und füttere mich!“

Aber als sie die Kuchen zu ihm brachte, ergriff er sie und sprach zu ihr: „Komm her, meine Schwester, lege dich zu mir!“ Sie aber sprach zu ihm: „Nicht doch, mein Bruder, schände mich nicht, denn so tut man nicht in Israel! Tu nicht eine solche Schandtat! Wo will ich mit meiner Schande hin? Und du wirst sein in Israel wie ein Ruchloser. Rede aber mit dem König, der wird mich dir nicht versagen!“ Aber er wollte nicht gehorchen und ergriff sie und überwältigte sie und schlief mit ihr.

Aber dann wurde Amnon ihrer überdrüssig, so daß sein Widerwille größer war als vorher seine Liebe. Amnon sprach zu ihr: „Auf, geh deiner Wege!“ Sie aber sprach zu ihm: „Daß du mich von dir stößt, dies Unrecht ist größer als das andere, das du an mir angetan hast!“ Aber er wollte nicht auf sie hören. Er rief seinen Diener und sprach: „Treibe diese von mir hinaus und schließ die Tür hinter ihr zu!“

Als er die Tür hinter ihr zugeschlossen hatte, warf Thamar Asche auf ihr Haupt und zerriß ihr Ärmelkleid und legte ihre Hand auf das Haupt und ging laut schreiend davon. Da sprach ihr Bruder Absalom zu Ihr: „Ist denn dein Bruder Amnon bei dir gewesen? Schweig aber still und nimm die Sache nicht so zu Herzen, es ist dein Bruder!“ So blieb Thamar einsam im Haus ihres Bruders Absalom.

Als aber der König David das alles hörte, wurde er sehr zornig. Aber er tat Amnon nichts zuleide, denn er liebte ihn, weil er sein Erstgeborener war. Aber Absalom redete mit Amnon nichts mehr, weder Böses noch Gutes. Denn Absalom war Amnon gram, weil er seine Schwester Thamar vergewaltigt hatte.

 

Zwei Jahre später aber hatte Absalom die Schafschur in Baal-Hazor. Er lud alle Kinder des Königs ein und kam zum König und sprach: „Dein Diener hat Schafschur, komme doch mit deinen Großen dorthin!“ Der König aber sprach zu Absalom: „Nicht, mein Sohn, laß uns nicht alle gehen, damit wir dich nicht beschweren!“ Und obwohl er ihn nötigte, wollte er doch nicht hingehen, sondern entließ ihn mit seinem Segen. Absalom sprach: „Soll denn nicht mein Bruder Amnon mit uns gehen?“ Der König sprach zu ihm: „Warum soll er mit dir gehen?“ Da nötigte ihn Absalom, daß er Amnon und alle Kinder des Königs mit ihm gehen ließ. Und Absalom machte ein Festmahl, wie wenn ein König ein Mahl gibt.

Absalom aber gebot seinen Leuten: „Seht darauf, wenn Amnon guter Dinge wird vom Wein und ich zu euch spreche: Schlagt Amnon nieder und tötet ihn! Fürchtet euch nicht, denn ich hab es euch geboten. Seid nur getrost und geht frisch daran!“

So taten die Leute Absaloms mit Amnon, wie ihnen Absalom befohlen hatte. Da sprangen alle Kinder des Königs auf, und jeder setzte sich auf sein Maultier und sie flohen. Als sie noch auf dem Weg waren, kam das Gerücht vor David, Absalom hätte alle Kinder des Königs erschlagen, sodaß nicht einer von ihnen übrig geblieben sei. Da stand der König auf und zerriß seine Kleidung und legte sich auf die Erde; und alle seine Großen, die um ihn her standen, zerrissen ihre Kleidung.

Da sprach Jonadab: „Mein Herr denke nicht, daß alle jungen Kinder des Königs tot sind, sondern Amnon allein wird tot sein!“ Und als der Wächter auf der Warte seine Augen erhob, sah er viele Leute auf dem Weg. Da sprach Jonadab zum König: „Siehe, die Kinder des Königs kommen, wie ich gesagt habe!“ Als er hatte ausgeredet hatte, siehe, da kamen die Kinder des Königs und erhoben ihre Stimme und weinten, und seine Großen weinten auch. Absalom aber floh und zog zum König zu Geschur. David aber trug Leid um seinen Sohn alle Tage (2.Sam 13,1-38, leicht gekürzt).

 

[Mehrere Erzählungen am Ende der Samuelbücher widmen sich Auseinandersetzungen um seine Nachfolge, die offenbar schon zu Lebzeiten eingesetzt haben: Von Putschversuchen zweier seiner Söhne wird berichtet. Beide Aufstände kann David mit Hilfe seines begabten Militärführers Joab abwehren. Es ist erstaunlich, daß die Geschichtsschreiber am Hof Salomos diese Ereignisse nicht verschwiegen haben. Das Buch der Chronik läßt sie ja aus]

 

Joab erwirbt Gnade für Absalom:

König David hörte auf Absalom zu grollen, denn er hatte sich getröstet über Amnon, daß er tot war. Joab aber merkte, daß des Königs Herz an Absalom hing und sandte hin nach Thekoa und ließ von dort eine kluge Frau holen und sprach zu ihr: „Stell dich wie eine Trauernde und zieh Trauerkleider an und salbe dich nicht mit Öl, sondern stelle dich wie eine Frau, die eine lange Zeit Leid getragen hat um einen Toten. Du sollst zum König hineingehen und mit ihm so und so reden!“ Und Joab legte ihr die Worte in den Mund, die sie reden sollte.

Als die Frau von Thekoa mit dem König reden wollte, fiel sie auf ihr Antlitz zur Erde und huldigte ihm und sprach: „Hilf mir, König!“ Der König sprach zu ihr: „Was hast du?“ Sie sprach: Ach, ich bin eine Witwe, und mein Mann ist gestorben. Ich hatte zwei Söhne, die zankten miteinander auf dem Feld. Und weil keiner da war, der zwischen ihnen schlichtete, schlug der eine Bruder den andern nieder und tötete ihn. Und nun steht auf die ganze Verwandtschaft gegen mich und sagt: Gib her den, der seinen Bruder erschlagen hat, damit wir ihn töten als Rache für das Leben seines Bruders. Sie wollen auch den Erben vertilgen, so daß meinem Mann kein Name und kein Nachkomme bleibt auf der Erde!“

Der König sprach zur Frau: „Geh heim, ich will die Sache für dich regeln!“ Die Frau von Thekoa sprach zum König: „Mein Herr König, die Schuld wird man auf mich und meine Familie legen, aber den König und seinen Thron ohne Schuld lassen!“ Der König sprach: „Wer gegen dich redet, den bringe zu mir, er soll dich nicht mehr dich antasten!“ Sie sprach: „Der König möge doch den Namen des Herrn nennen, damit der Bluträcher nicht noch mehr Schaden anrichte und sie meinen Sohn nicht vertilgen!“ Er sprach: „So wahr der Herr lebt: Es soll kein Haar von deinem Sohn auf die Erde fallen!“

Die Frau sprach: „Laß mich meinem Herrn und König etwas sagen!“ Er sprach: „Sag an!“ Die Frau sprach: „Warum bist du so gesinnt gegen Gottes Volk? Denn da der König nun ein solches Urteil gefällt hat, ist er wie ein Schuldiger, weil er den nicht zurückholen läßt, den er verstoßen hat. Denn wir sterben des Todes und sind wie Wasser, das auf die Erde gegossen wird und das man nicht wieder sammeln kann. Aber Gott will nicht das Leben wegnehmen, sondern ist darauf bedacht, daß das Verstoßene nicht auch von ihm verstoßen werde. So bin ich nun gekommen, mit meinem Herrn König das zu bereden. Denn das Volk macht mir Angst. Deine Dienerin dachte: Ich will mit dem König reden, vielleicht wird er tun, was seine Dienerin sagt. Denn er wird seine Dienerin erhören, daß er mich errette aus der Hand aller, die mich samt meinem Sohn vertilgen wollen vom Erbe Gottes. Und deine Dienerin dachte: Das Wort meines Herrn soll mir ein Trost sein. Denn mein König ist wie ein Bote Gottes, daß er Gutes und Böses unterscheiden kann. Der Herr, dein Gott, möge mit dir sein!“

Der König antwortete und sprach zu der Frau: „Verschweige mir nicht, was ich dich frage!“ Die Frau sprach: „Mein Herr, der König, rede!“ Der König sprach: „Steht nicht Joab hinter dem allen?“ Die Frau antwortete: „So wahr du lebst, mein Herr und König. Man kann nicht vorbei an dem, was mein Herr und König geredet hat, weder zur Rechten noch zur Linken.

Ja, dein Diener Joab hat es mir aufgetragen, und er hat alle diese Worte seiner Dienerin in den Mund gelegt. Daß ich diese Sache so darstellen sollte, das hat dein Diener Joab gemacht. Aber mein Herr gleicht an Weisheit einem Boten Gottes, so daß er alles weiß, was auf der Erde geschieht!“

Da sprach der König zu Joab: „Siehe, ich will es tun. Gehe hin und bringe den Jungen Absalom zurück!“ Da fiel Joab auf sein Antlitz zur Erde und huldigte und dankte dem König und sprach: „Heute erkennt dein Diener, daß ich Gnade gefunden habe vor deinen Augen, mein Herr und König, weil der König tut, was sein Diener sagt!“ So machte sich Joab auf und zog nach Geschur und brachte Absalom nach Jerusalem. Aber der König sprach: „Laß ihn wieder in sein Haus gehen, doch mein Angesicht soll er nicht sehen!“ So kam Absalom wieder in sein Haus, aber den König sah er nicht.

Es war aber in ganz Israel kein Mann so schön wie Absalom, und er hatte dieses Lob vor allen: von der Fußsohle bis zum Scheitel war nicht ein Fehler an ihm. Und wenn man sein Haupt schor - das geschah üblicherweise alle Jahre, weil ihm das Haupt zu schwer war - da wog sein Haupthaar 600 Gramm nach dem königlichen Gewicht. Und Absalom wurden drei Söhne geboren und eine Tochter, die hieß Thamar und war ein schönes Mädchen. So blieb Absalom zwei Jahre zu Jerusalem, ohne des Königs Angesicht zu sehen.

Und Absalom sandte zu Joab, um ihn zum König zu senden. Aber Joab wollte nicht zu ihm kommen. Er aber sandte zum zweitenmal einen Boten hin. Aber er wollte immer noch nicht kommen. Da sprach er zu seinen Leuten: „Seht das Stück Acker Joabs neben meinem Acker. Er hat Gerste darauf. Geht hin und steckt es in Brand!“ Da steckten die Leute Absaloms das Stück in Brand.

Da machte sich Joab auf und kam zu Absalom ins Haus und sprach zu ihm: „Warum haben deine Leute mein Feld in Brand gesteckt?“ Absalom sprach zu Joab: „Siehe, ich sandte nach dir und ließ dir sagen: Komm her, daß ich dich zum König sende und sagen lasse: Warum bin ich von Geschur gekommen? Es wäre besser gewesen, daß ich noch da wäre! So laß mich nun das Angesicht des Königs sehen: Liegt aber eine Schuld auf mir, so soll er mich töten!“ Da ging Joab hinein zum König und sagte es ihm an. Dann rief er Absalom, daß er hinein zum König kam. Absalom fiel nieder vor dem König auf sein Antlitz zur Erde, und der König küßte Absalom (2.Sam 13,39- 14,33).

 

Absaloms Aufruhr:

Danach ließ sich Absalom einen Wagen anschaffen und Rosse und fünfzig Mann, die seine Leibwache waren. Auch machte er sich früh am Morgen auf und stellte sich an den Weg bei dem Tor. Und wenn jemand einen Rechtshandel hatte und deshalb zum König vor Gericht gehen wollte, rief ihn Absalom ihn zu sich und fragte: „Aus welcher Stadt bist du?“ Wenn der dann sprach: „Ich bin aus dem oder dem Stamm Israels!“ dann sprach Absalom zu ihm: „Siehe, deine Sache ist gut und recht. Aber du hast keinen beim König, der dich hört. O, wer setzt mich zum Richter im Land ein, daß jedermann zu mir käme, der eine Sache und Gerichtshandel hat, daß ich ihm zum Recht verhelfen könnte!“ Und wenn jemand sich ihm nahte und vor ihm niederfallen wollte, so reckte er seine Hand aus und ergriff ihn und küßte ihn. So machte es Absalom mit ganz Israel, wenn sie kamen vor Gericht zum König. So stahl Absalom das Herz der Männer Israels.

Nach vierzig Jahren sprach Absalom zum König: „Ich will hingehen und mein Gelübde in Hebron erfüllen, das ich dem Herrn gelobt habe. Denn ich legte ein Gelübde ab, als ich in Geschur in Aram wohnte, und gesprochen: Wenn mich der Herr wieder nach Jerusalem zurückbringt, so will ich dem Herrn einen Gottesdienst halten!“

Der König sprach: „Geh hin mit Frieden!“ Und er machte sich auf und ging nach Hebron.

Absalom aber hatte heimlich Boten ausgesandt zu allen Stämmen Israels und sagen lassen: „Wenn ihr den Schall der Posaune hört, so sprecht: Absalom ist König geworden in Hebron!“

Es gingen aber mit Absalom zweihundert Mann von Jerusalem, die geladen waren. Sie gingen ohne Argwohn und wußten nichts von der Sache.

Als Absalom die Opfer gebracht hatte, sandte er auch Boten zu Ahithophel, Davids Ratgeber, und ließ ihn holen aus seiner Stadt Gilo. Und die Verschwörung wurde stark, und es sammelte sich immer mehr Volk um Absalom (2.Sam 15,1-13).

 

Davids Flucht

Da kam einer, der sagte es David an und sprach: „Das Herz aller Leute in Israel hat sich Absalom zugewandt!“ Da sprach David zu allen seinen Großen: „Auf, laßt uns fliehen! Denn hier wird kein Entrinnen sein vor Absalom. Eilt, daß wir gehen, daß er uns nicht einholt und uns ergreift und Unheil über uns bringt und die Stadt schlägt mit der Schärfe des Schwerts!“

Da sprachen die Großen des Königs zu ihm: „Ganz wie unser König will. Wir sind deine Diener!“ Und der König zog hinaus und sein ganzer Hofstaat ihm nach. Aber zehn seiner Nebenfrauen ließ er zurück, um das Haus zu bewahren.

Als der König und alle Leute hinauskamen, blieben sie stehen beim letzten Haus. Alle seine Großen blieben an seiner Seite, aber alle Hilfsvölker („Krether und Plether“) und sechshundert Mann, die von Gath ihm nachgefolgt waren, zogen an dem König vorüber.

Und der König sprach zu dem Gathiter Ittai: „Warum gehst du auch mit uns? Kehre um und bleibe bei dem neuen König, denn du bist ein Ausländer und erst von deinem Heimatort hierher gezogen. Gestern bist du gekommen, und heute sollte ich dich mit uns hin und her ziehen lassen? Denn ich muß gehen, wohin ich gehen kann. Kehre um und nimm deine Brüder mit dir. Es widerfahre dir Barmherzigkeit und Treue!“

Ittai antwortete und sprach: „So wahr der Herr lebt, und so wahr mein König lebt: Wo immer mein König ist, da wird dein Diener auch sein, ob es nun zum Tod oder zum Leben ausgeht!“

David sprach zu Ittai: „So komm und zieh vorüber!“ Da zogen der Gathiter und alle seine Männer vorüber und der ganze Haufe von Frauen und Kindern, die mit ihm waren. Ganz Israel weinte mit lauter Stimme, während das ganze Kriegsvolk vorüber zog. Der König ging über den Bach Kidron, und das ganze Kriegsvolk zog weiter auf dem Weg, der zur Wüste geht. Und Zadok war auch da und alle Leviten. Sie trugen die Bundeslade des und stellten sie nieder. Abjathar brachte Opfer dar, bis das ganze Kriegsvolk aus der Stadt vorübergezogen war.

Aber der König sprach zu Zadok: „Bring die Lade Gottes wieder in die Stadt zurück. Werde ich Gnade finden vor dem Herrn, so wird er mich zurückbringen und ich werde sie und ihre Stätte wieder sehen. Spricht er aber: Ich habe kein Wohlgefallen an dir - siehe, hier bin ich. Er mache es mit mir, wie es ihm wohlgefällt!“

Und zu dem Priester Zadok persönlich sprach er: „Wohlan, du und Abjathar, kehrt zurück in die Stadt mit Frieden und mit euch eure beiden Söhne. Ich will warten bei den Furten in der Wüste, bis Botschaft von euch zu mir kommt!“ So brachten Zadok und Abjathar die Lade Gottes wieder nach Jerusalem und blieben dort.

David aber ging den Ölberg hinauf und weinte, und sein Haupt war verhüllt und er ging barfuß. Auch alle vom Volk hatten ihr Haupt verhüllt und gingen hinauf und weinten. Als David angesagt wurde, daß Ahithophel im Bund mit Absalom sei, sprach er: „Herr, mache den Ratschlag Ahithophels zur Torheit!“

Als David auf die Höhe kam, wo man Gott anzubeten pflegt, siehe, da begegnete ihm Husai, der Arachiter, mit zerrissenem Rock und Erde auf seinem Haupt. David sprach zu ihm: „Wenn du mit mir gehst, wirst du mir eine Last sein. Wenn du aber wieder in die Stadt zurückgingst zu Absalom sprechen würdest: Ich bin dein Diener, König, so wie ich vorher der Diener deines Vaters war, so könntest du mir zugut den Ratschlag Ahithophels zunichte machen. Auch sind Zadok und Abjathar auf deiner Seite. Alles, was du hörst aus dem Haus des Königs, könntest du ihnen sagen. Sie könnten dann durch ihre zwei Söhne mir alles zukommen lassen, was du hören wirst!“ So kam Husai, der Freund Davids, in die Stadt (2.Sam 15).

 

David auf der Flucht zum Jordan:

Als David ein wenig über die Höhe hinweggegangen war, da begegnete ihm Ziba, der Diener Mephiboseths, des Sohn Sauls, mit einem Paar gesattelter Esel, darauf waren zweihundert Brote und hundert Rosinenkuchen und hundert frische Früchte und ein Schlauch Wein. Da sprach der König zu Ziba: „Was willst du damit machen?“ Ziba sprach: „Die Esel sollen für den König und seine Leute sein, um darauf zu reiten. Und die Brote und Früchte und der Wein sind für deine Leute, wenn sie müde werden in der Wüste!“

Der König sprach: „Wo ist der Sohn deines Herrn?“ Ziba sprach zum König: „Er blieb in Jerusalem, denn er denkt: Heute wird mir das Haus Israel meines Vaters Königtum zurückgeben!“ Der König sprach zu Ziba: „Siehe, es soll alles dein sein, was Mephiboseth hat!“ Ziba sprach: „Ich verneige mich. Laß mich auch in Zukunft Gnade finden vor dir, mein Herr und König!“

Als der König nach Bahurim kam, da kam ein Mann von dort heraus. Er hieß Simei und war aus der Sippe Sauls. Er fluchte und warf mit Steinen auf David und alle seine Großen, obwohl alles Kriegsvolk und alle Großen zu seiner Rechten und zur Linken waren. Simei rief, als er fluchte: „Hinaus, hinaus, du Bluthund, du ruchloser Mann! Der Herr hat über dich gebracht alles Blut des Hauses Sauls, weil du an seiner Stelle der König geworden bist. Nun hat der Herr das Königtum in die Hand deines Sohnes Absalom gegeben. Nun steckst du in deinem Unglück, denn du bist ein Bluthund!“

Abisai sprach zu dem König: „Sollte dieser tote Hund meinem Herrn, dem König, fluchen dürfen? Ich will hingehen und ihm den Kopf abhauen!“ Der König sprach: „Laßt ihn fluchen, denn der Herr hat es ihm aufgetragen: Fluche David! Wer darf dann sagen: Warum tust du das?“

David sprach zu Abisai und zu allen seinen Großen: „Siehe, mein Sohn steht mir nach meinem Leben, warum nicht auch jetzt dieser Benjaminiter? Laßt ihn ruhig fluchen, denn der Herr hat es ihm aufgetragen geheißen. Vielleicht wird der Herr mein Elend ansehen und mir mit Gutem vergelten sein heutiges Fluchen!“ So ging David mit seinen Leuten des Wegs. Aber Simei ging am Hang des Berges entlang, ihm gegenüber und fluchte und warf mit Steinen nach ihm und bewarf ihn mit Erdklumpen. Schließlich kam der König hinein mit allem Volk müde an den Jordan und ruhte sich dort aus (2.Sam 16,1-14).

 

Die Ratschläge Huschais und Ahitophels:

Absalom und alle Männer Israels kamen nach Jerusalem und Ahithophel mit ihm. Als aber Husai zu Absalom hineinkam, rief er Absalom zu: „Es lebe der König! Es lebe der König!“ Absalom aber sprach zu Husai: „Ist das die Liebe an deinem Freunde? Warum bist du nicht mit deinem Freunde gezogen?“ Husai aber sprach zu Absalom: „Nein, sondern wen der Herr erwählt und alle Männer in Israel, zu dem gehöre ich und bei dem will ich bleiben. Und dann: Wem diene ich? Ist es nicht sein Sohn, dem ich diene? Wie ich deinem Vater gedient habe, so will ich auch dir ein Diener sein!“

Absalom sprach zu Ahithophel: „Gib deinen Rat, was sollen wir tun?“ Ahithophel sprach zu Absalom: „Geh hin zu den Nebenfrauen deines Vaters und mache Liebe mit ihnen, so wird ganz Israel hören, daß du dich bei deinem Vater in Verruf gebracht hast. Dann werden alle, die zu dir stehen, desto kühner werden!“ Da machten sie Absalom ein Zelt auf dem Dach, und Absalom ging hinein zu den Nebenfrauen seines Vaters vor den Augen ganz Israels. Wenn damals Ahithophel einen Rat gab, dann das war, als wenn man Gott um etwas gefragt hätte. So viel galten alle Ratschläge Ahithophels bei David und bei Absalom.

Ahithophel sprach zu Absalom: „Ich will zwölftausend Mann auswählen und mich aufmachen und David nachjagen in dieser Nacht. Ich will über ihn überfallen, solange er matt und verzagt ist. Wenn ich ihn dann erschrecke und sein Kriegsvolk flieht, will ich den König allein erschlagen und das ganze Kriegsvolk wieder zu dir zurückbringen, wie eine junge Frau zu ihrem Mann zurückkehrt. Du trachtest ja nur einem Mann nach dem Leben, aber das ganze Volk soll im Frieden bleiben!“

Die Rede gefiel Absalom und allen Ältesten gut. Absalom sprach: „Laßt doch auch Husai rufen und hören, was er dazu sagt!“ Als Husai hinein zu Absalom kam, sprach Absalom zu ihm: „Das und das hat Ahithophel geredet. Sage du, sollen wir es tun oder nicht?“ Da sprach Husai zu Absalom: „Diesmal hat Ahithophel keinen guten Rat gegeben! Du kennst deinen Vater wohl und seine Leute, daß sie stark sind und zornigen Gemüts wie eine Bärin auf dem Feld, der die Jungen geraubt sind. Dazu ist dein Vater ein Krieger und wird seinen Leuten keine Nachtruhe gönnen. Siehe, er hat sich jetzt vielleicht verkrochen in einer Schlucht oder sonst an einem Versteck!“

Husai fuhr fort: „ Wenn es dann geschähe, daß gleich zu Anfang einige Männer unter ihnen fallen und es käme das Gerücht auf, Absaloms Heer sei geschlagen worden, so würde jedermann verzagt werden, auch wenn er sonst an sich ein Krieger ist und ein Herz hat wie ein Löwe. Denn es weiß ganz Israel, daß dein Vater ein Held ist und seine Leute tapfere Krieger sind!“

Husai gibt den Rat: „ich rate dir, daß du ganz Israel von Dan an bis Beer-Seba zu dir versammelst, soviel wie der Sand am Meer, und daß du selbst mit ihnen ziehst. So wollen wir ihn überfallen, wo wir ihn finden, und wollen über ihn kommen, wie der Tau auf die Erde fällt, daß wir von ihm und allen seinen Männern nicht einen einzigen übriglassen. Zieht er sich aber in eine Stadt zurück, so soll das ganz Israel Stricke an die Stadt legen und sie in ins Tal schleifen, daß man nicht ein Stein mehr dort finde!“

Da sprachen Absalom und jeder in Israel: „Der Rat Husais ist besser als Ahithophels Rat!“ So schickte es der Herr, daß der kluge Rat Ahithophels verhindert wurde, damit der Herr das Unheil über Absalom brächte.

Und Husai sprach zu Zadok und Abjathar: „So und so hat Ahithophel dem Absalom und den Ältesten in Israel geraten. Ich aber habe so und so geraten. So sendet nun eilend Boten hin und laßt David ansagen: Bleibe nicht an den Furten in der Wüste, sondern geh gleich hinüber, damit der König nicht vernichtet werde und alles Volk, das bei ihm ist!“

Die Söhne Husais durften sich in der Stadt nicht sehen lassen. Daher standen bei einem Brunnen, und eine Magd ging von Zeit zu Zeit hin und brachte ihnen Nachricht, die sie dem König David weitersagen sollten. Ein Junge sah sie aber und sagte es Absalom. Da gingen die beiden eilends fort und kamen in das Haus eines Mannes in Bahurim. Der hatte eine Zisterne in seinem Hof. Dahinein stiegen sie und die Frau nahm eine Decke und breitete über das Loch der Zisterne und schüttete Körner darüber, so daß man nichts merkte. Als nun die Leute Absaloms ins Haus der Frau kamen, sprachen sie: „Wo sind die zwei?“ Die Frau sprach zu ihnen: „Sie gingen weiter zum Wasser!“ Als die Leute Absaloms sie suchten und nicht fanden, gingen sie wieder nach Jerusalem.

Als sie weg waren, stiegen jene aus dem Brunnen und gingen hin und sagten es dem König David, und sprachen: „Macht euch auf und geht eilends über den Fluß, denn Ahithophel gegen euch den und den Rat gegeben!“ Da machten sich David und das ganze Volk auf und gingen über den Jordan, bis es heller Morgen ward, und es fehlte nicht einer, der nicht über den Jordan gegangen wäre. Als aber Ahithophel sah, daß sein Rat nicht ausgeführt wurde, sattelte er seinen Esel, machte sich auf und zog heim in seine Stadt und beschickte sein Haus und erhängte sich und starb und wurde begraben in seines Vaters Grab (2.Sam 16,15 - 17,23).

 

David in Mahanaim:

Absalom zog über den Jordan und alle Männer Israels mit ihm. Er hatte Amasa an Joabs Statt über das Heer eingesetzt. Sie lagerten sich in Gilead. David aber kam nach Mahanaim. Da brachten sie ihm Betten, Becken, irdene Gefäße, Weizen, Gerste, Mehl, geröstete Körner, Bohnen, Linsen, Honig, Butter, Kuh- und Schafskäse zu David und zu dem Volk, denn sie gedachten: Das Volk wird hungrig, müde und durstig geworden sein in der Wüste. (2. Sam 17,24-29).

Absaloms Ende:

David ordnete das Kriegsvolk, das bei ihm war, und setzte über sie Hauptleute, über je tausend und über je hundert, und stellte ein Drittel unter Joab und ein Drittel unter Abisai (Joabs Bruder) und ein Drittel unter Itthai, den Gathiter. Und der König sprach zum Volk: „Ich will auch mit euch ausziehen!“

Aber das Kriegsvolk sprach: „Du sollst nicht mit ausziehen. Denn wenn wir fliehen oder die Hälfte von uns stirbt, so kommt es auf uns nicht an. Aber du bist wie zehntausend von uns. So ist es besser, wenn du uns von der Stadt aus helfen kannst!“

Der König sprach zu ihnen: „Was euch gefällt, das will ich tun!“

Und der König trat ans Tor, und das ganze Kriegsvolk zog aus zu hunderten und zu tausenden. Der König aber befahl Joab und Abisai und Itthai: „Verfahrt mir schonend mit meinem Sohn Absalom!“ Alles Volk hörte es, als der König allen Hauptleuten diesen Befehl über Absalom gab.

Als das Volk hinauskam aufs Feld, kam es zu einem Kampf an einem Wald. Dort wurde das Volk Israel geschlagen vor den Kriegern Davids, so daß an diesem Tag eine große Schlacht geschah mit zwanzigtausend Mann. Der Kampf breitete sich aus über die ganze Gegend, und der Wald fraß an diesem Tag viel mehr Volk, als das Schwert fraß.

Absalom begegnete den Kriegern Davids und ritt auf einem Maultier. Und als das Maultier unter eine große Eiche mit dichten Zweigen kam, blieb sein Haar an der Eiche hangen, und er schwebte zwischen Himmel und Erde und sein Maultier lief unter ihm weg.

Als das ein Mann sah, meldete er es Joab und sprach: „Ich sah Absalom an einer Eiche hängen!“ Joab sprach zu dem Mann, der es ihm hatte angesagt: „Wenn du das gesehen hast, warum schlugst du ihn nicht gleich zu Boden? Dann hätte ich dir zehn Silberstücke und einen Gürtel gegeben!“ Der Mann sprach zu Joab: „Wenn du mir tausend Silberstücke in meine Hand gewogen hättest, so hätte ich dennoch meine Hand nicht an den Sohn des Königs gelegt. Denn der König befahl dir und Abisai und Itthai vor unsern Ohren und sprach, ihr sollt auf Absalom achtgeben. Oder wenn ich etwas Falsches getan hätte unter Lebensgefahr, würdest du dich selbst gegen mich stellen, weil dem König ja nichts verborgen bleibt!“

Joab sprach: „Ich kann mich nicht so lange bei dir aufhalten!“ Dann nahm Joab drei Stäbe in seine Hand und stieß sie Absalom ins Herz, als er noch lebend an der Eiche hing. Die zehn Waffenträger Joabs umringten ihn und schlugen ihn endgültig tot. Da ließ Joab die Posaune blasen und das Kriegsvolk Davids jagte den Israeliten nicht weiter nach. Sie nahmen Absalom und warfen ihn in den Wald in eine große Grube und legten einen sehr großen Haufen Steine auf ihn.

Ahimaz, der Sohn Zadoks, sprach: „Laß mich doch laufen und dem König die gute Botschaft bringen, daß der Herr ihm Recht verschafft hat gegen seine Feinde. Joab aber sprach zu ihm: „Du bist heute nicht der Mann für eine gute Botschaft. An einem andern Tag darfst du eine Botschaft bringen, aber heute nicht, denn des Königs Sohn ist tot!“

Dann befahl Joab dem Mohren: „Geh hin und sage dem König, was du gesehen hast!“ Der Mohr verneigte sich vor Joab und lief hin. Da sprach Ahimaz abermals zu Joab: „Komme, was da will, ich möchte auch laufen!“ Joab sprach: „Du hast keine gute Botschaft zu bringen!“ Aber Ahimaz lief auf dem Weg durchs Jordantal und überholte den Mohren.

David saß zwischen den beiden Toren und der Wächter meldete ihm, daß zwei Boten gelaufen kämen. Als er Ahimaz erkennt, sagt David: „Er ist ein guter Mann und bringt eine gute Botschaft!“ Die erste Frage Davids ist: „Geht es Absalom gut?“ Ahimaz sprach: „Ich sah ein großes Getümmel, als mich Joab los sandte, aber ich weiß nicht, was es war!“ Als der Mohr kommt, sagt er auch: „Gute Botschaft, mein König! Der Herr hat dir heute Recht verschafft gegen alle, die sich gegen dich auflehnten. Doch der König fragt nur: „Wie geht es Absalom?“ Der Mohr sprach: „Es müsse den Feinden meines Königs gehen, wie es dem Jungen gegangen ist, und allen, die sich böswillig gegen dich auflehnen!“

Da erbebte der König traurig und ging hinauf auf den Dachgarten und weinte, und im Gehen rief er: „Mein Sohn Absalom! Mein Sohn, Mein Sohn Absalom! Wollte Gott, ich wäre für dich gestorben! O Absalom, mein Sohn, mein Sohn!“

Da wurde Joab angesagt: „Siehe, der König weint und trägt Leid um Absalom!“ So wurde aus dem Sieg an diesem Tag eine Trauer unter dem ganzen Kriegsvolk. Es stahl sich weg in die Stadt, wie sich ein Volk wegstiehlt, das sich schämen muß, weil es im Kampf geflohen ist. Der König aber hatte sein Angesicht verhüllt und schrie laut: „Ach, mein Sohn Absalom! Absalom, mein Sohn, mein Sohn!“

Joab aber kam zum König ins Haus und sprach: „Du hast heute schamrot gemacht alle deine Leute, die dir heute das Leben gerettet haben und das deiner Söhne, Töchter und Frauen, weil du liebhast, die dich hassen, und haßt, die dich liebhaben. Denn du läßt heute merken, daß dir nichts gelegen ist an den Obersten und Kriegsleuten. Ja, ich merke heute wohl: Wenn dir nur Absalom lebte und wir heute alle tot wären, das wäre dir recht. So mache dich nun auf und gehe heraus und rede mit deinen Kriegern freundlich. Denn ich schwöre dir bei dem Herrn: Wirst du nicht herauskommen, so wird kein Mann bei dir bleiben diese Nacht. Das wird dir ärger sein als alles Übel, das über dich gekommen ist von deiner Jugend auf bis hierher!“ Da machte sich der König auf und setzte sich ans Tor. Und man sagte es allem Kriegsvolk: „Siehe, der König sitzt am Tor. Da kam alles Volk vor den König (2. Sam 18,1 - 19,9a, leicht gekürzt).

 

Davids Rückkehr nach Jerusalem:

Es stritt sich aber alles Volk in allen Stämmen Israels und sprachen: „Der König hat uns errettet von der Hand unsrer Feinde und erlöste uns aus der Hand der Philister und hat jetzt aus dem Land fliehen müssen vor Absalom. Aber Absalom, den wir über uns zum König eingesetzt hatten, ist gefallen im Kampf. Warum seid ihr so nun still und holt den König nicht wieder zurück?“

Der König aber sandte Boten zu Zadok und Abjathar und ließ ihnen sagen: „Redet mit den Ältesten in Juda und sprecht: Warum wollt ihr die letzten sein, den König wieder heim zu holen in sein Haus? Ihr seid doch meine Brüder, mein Bein und mein Fleisch! Und zu Amasa sprecht: Bist du nicht mein Bein und mein Fleisch? Gott tue mir dies und das, wenn du nicht Feldhauptmann sein sollst vor mir dein Leben lang an Joabs Statt!“

Und er wandte das Herz aller Männer Judas wie das Herz eines Mannes. Und sie sandten hin zum König und ließen ihm sagen: „Komm zurück, du und alle deine Leute!“ Also kam der König wieder. Als er an den Jordan kam, waren die Männer Judas nach Gilgal gekommen, um dem König entgegen zu ziehen und den König über den Jordan zu führen.

Auch Simei, Benjaminiter, der in Bahurim wohnte, eilte und zog mit den Männern Judas hinab, dem König David entgegen. Bei ihm waren tausend Mann aus dem Stamm Benjamin, und auch Ziba, der Diener der Sippe Sauls, mit seinen fünfzehn Söhnen und zwanzig Dienern. Sie gingen durch den Jordan, ehe der König kam und machten eine Furt durch den Jordan, damit sie den Hofstaat des Königs hinüberführten und täten, was ihm gefiel. Simei aber fiel vor dem König nieder, als er über den Jordan gehen wollte und sprach zum König: „Mein Herr, rechne es mir nicht als Schuld an und denke nicht mehr daran, daß dein Diener sich an dir vergangen hat an dem Tag, als mein König, aus Jerusalem ging, und der König nehme es nicht zu Herzen. Denn dein Diener erkennt, daß er gesündigt hat. Siehe, ich bin heute zuerst vom ganzen Stamm Joseph gekommen, daß ich meinen Herrn entgegen zöge!“

 

Aber Abisai antwortete: „Sollte Simei nicht sterben, wo er doch dem Gesalbten des Herrn geflucht hat?“ David aber sprach: „Was habe ich mit euch zu schaffen, ihr Söhne der Zeruja, daß ihr mir heute zum Satan werden wollt? Sollte heute jemand sterben in Israel? Meinst du, ich wisse nicht, daß ich heute wieder König über Israel geworden bin?“ Und der König sprach zu Simei: „Du sollst nicht sterben!“ Und der König schwor es ihm.

Auch Mephiboseth, der Sohn Sauls, kam herab, dem König entgegen. Und er hatte seine Füße und seinen Bart nicht gereinigt und seine Kleider nicht gewaschen von dem Tage an, als der König weggegangen war, bis an den Tag, als er wohlbehalten zurückkehrte.

Als er nun von Jerusalem kam, um dem König zu begegnen, sprach der König zu ihm: „Warum bist du nicht mit mir gezogen, Mephiboseth?

Dieser antwortete: „Mein König, mein Diener hat mich betrogen, denn an sich wollte ich einen Esel satteln und darauf reiten und zum König ziehen (denn ich bin lahm). Außerdem hat mein Diener mich verleugnet vor meinem König. Aber mein Herr, der König, ist wie ein Bote Gottes. So tue, was dir wohl gefällt. Die ganze Sippe meines Vaters hätte ja den Tod erleiden müssen von meinem Herrn. Du aber hast deinen Diener gesetzt unter die, die an deinem Tisch essen. Was habe ich weiter für Recht oder Anspruch, zum König um Hilfe zu schreien!“

Der König sprach zu ihm: „Was redest du noch weiter? Jetzt bestimme ich: Du und dein Diener Ziba teilt den Besitz miteinander!“ Mephiboseth sprach zum König: „Er nehme ihn auch ganz dahin, nachdem mein König wohlbehalten heimgekommen ist!

Dann kam Barsillai aus Gilead herab und führte den König über den Jordan. Barsillai war aber wohl achtzig Jahre. Er hatte den König versorgt, als er in Mahanaim war, denn er war ein Mann von großem Vermögen. Der König sprach zu Barsillai: „Du sollst mit mir hinüberziehen. Ich will dich versorgen bei mir in Jerusalem!“

Aber Barsillai sprach zum König: „Ich habe nicht mehr lange zu leben, was soll ich da mit dem König hinaufziehen nach Jerusalem? Ich bin heute achtzig Jahre alt. Wie kann ich noch unterscheiden, was gut oder böse ist, oder schmecken, was ich esse oder trinke, oder hören, was die Sänger oder Sängerinnen singen? Warum sollte ich meinen Herrn König noch beschweren? Dein Diener wird ein wenig mit dem König über den Jordan gehen. Warum will mir der König so reichlich vergelten? Laß deinen Knecht umkehren, daß ich sterbe in meiner Stadt bei dem Grab meines Vaters und meiner Mutter. Siehe, da ist ein anderer Mann, den laß mit meinem König hinüberziehen, und tue ihm, was dir wohl gefällt!“ Als alles Volk über den Jordan gegangen war und der König auch, küßte der König den Barsillai und segnete ihn, und dieser kehrte zurück in seine Heimat. Der König zog weiter nach Gilgal. ihm.

Es hatte aber das ganze Juda den König hinübergeführt. Doch vom Stamm Israel war nur die Hälfte da. Da kamen alle Männer Israels zum König und sprachen zu ihm: „Warum haben dich unsre Brüder, die Männer von Juda, gestohlen und haben den König und seinen Hofstaat über den Jordan geführt und auch alle Männer Davids mit ihm?“ Da antworteten die von Juda denen von Israel: Der König steht uns doch näher. Warum zürnt ihr deswegen? Meint ihr, daß wir ein Stück vom König aufgegessen oder ihn für uns weggeschleppt hätten!“ Da antworteten die von Israel: „Wir haben zehnfachen Anteil am König und sind auch die Erstgeborenen vor euch. ihr. Warum habt ihr uns denn so gering geachtet? Und haben wir nicht zuerst davon geredet, uns unsern König zurück zu holen?“ Aber die von Juda redeten noch heftiger als die von Israel (2.Sam 19,9b - 44).

 

Sebas Aufstand:

Da blies der Benjaminiter Seba die Posaune und sprach: „Wir haben keinen Anteil an David, kein Erbe am Sohn Isais. Ein jeder gehe in sein Zelt, o Israel!“ Da fiel jedermann in Israel von David ab, und sie folgten Seba. Aber die Männer Judas hingen ihrem König an und geleiteten ihn vom Jordan bis nach Jerusalem. Der König sprach zu Amasa: „Rufe mir alle Männer in Juda auf den dritten Tag zusammen!“

Amasa ging los, aber er bleib über die Zeit hinaus, die ihm bestimmt war. Da sprach David zu Abisai: „Nun wird uns Seba mehr Schaden tun als Absalom. Nimm du die Männer deines Herrn und jage ihm nach, daß er nicht etwa für sich feste Städte gewinne!“ Da zogen die Männer Joabs aus, dazu die Hilfsvölker und alle Helden. Als sie aber bei dem großen Stein bei Gibeon waren, war Amasa vor ihnen angekommen. Joab aber trug einen Waffenrock und einen Gürtel mit einem Dolch. Joab sprach zu Amasa: „Friede sei mit dir, mein Bruder!“ Dann faßte mit seiner rechten Hand Amasa bei dem Bart, um ihn zu küssen.

Aber Amasa hatte nicht acht auf den Dolch in der linken Hand Joabs. Der stach ihn damit in den Bauch, so daß sein Eingeweide sich auf die Erde fielen und er starb.

Joab aber und sein Bruder Abisai jagten Seba nach. Es trat ein Mann von den Leuten Joabs neben ihn und rief: „Wer es mit Joab hält und für David ist, der folge Joab nach!“ Amasa aber lag in seinem Blut mitten auf der Straße. Als aber der Mann sah, daß alles Volk dort stehenblieb, wälzte er Amasa von der Straße auf den Acker und deckte ihn zu. Jetzt folgte jedermann Joab nach.

Seba hatte sich aber in einer Stadt versteckt, die nun von Joab belagert wurde. Eine kluge Frau aus der Stadt verhandelt aber mit Joab, daß er doch nicht ihre altwehrwürdige Stadt vernichten sollte. Joab sagte ihr, daß sie es ja auch nur auf Seba abgesehen hätten. Das sprach die Frau zu ihm: „Siehe, sein Haupt soll zu dir über die Mauer geworfen werden!“ Die Frau beredete das ganze Volk mit ihrer Klugheit. Und sie hieben Seba, den Kopf ab und warfen ihn zu Joab hinaus. Da blies er die Posaune, und sie zogen ab von der Stadt. Joab aber kam wieder nach Jerusalem zum König (2. Sam 20, gekürzt, die Liste der Beamten am Schluß stand schon in Kapitel 8). [Die Kapitel 2. Samuel 21 – 24 schließlich bilden Nachträge zu den Daviderzählungen. Hier finden sich Listen besonders verdienter Militärs, ein Psalm (2. Sam 22, nahezu identisch auch als Psalm 18 überliefert) und letzte Worte Davids (2. Sam 23,1-7). Eine späte Legende erzählt schließlich, wie David den Bauplatz für den Jerusalemer Tempel gefunden haben soll (2.Sam 24)].

 

Das Gericht über die Sippe Sauls:

Es war auch eine Hungersnot zu Davids Zeiten drei Jahre nacheinander. Und David suchte das Angesicht des Herrn; und der Herr sprach: „Auf Sauls und seiner Sippe liegt eine Blutschuld, weil er die Gibeoniten getötet hat!“ Als er mit den Gibeoniten verhandelt, schlagen die ihm vor, sieben Männer aus der Sippe Sauls auf einem Berg bei Gibeon aufzuhängen. David verschonte Mephiboseth, den Sohn Jonathans und Enkel Sauls, weil er das ja Jonathan versprochen hatte. Aber die zwei Söhne Rizpas und die fünf Söhne Merabs lieferte er den Gibeoniten aus. Dann begruben sie die Gebeine Sauls und seines Sohnes Jonathan im Lande Benjamin im Grabe seines Vaters Kis und taten alles, wie der König geboten hatte. Danach war Gott wieder mit dem Land versöhnt.

Dann gab wieder einen Krieg der Philister gegen Israel. David zog hinab und seine Krieger mit ihm. David aber wurde müde. Da wollte ein Philister ihn erschlagen. Aber Abisai half ihm und schlug den Philister tot. Da schworen ihm die Männer Davids und sprachen: „Du sollst nicht mehr mit uns ausziehen in den Kampf, damit nicht die Leuchte in Israel verlösche!“

Es gab dann noch weitere Kriegszüge gegen die Philister. Dabei erschlug der Beth­lehemiter El-Hanan den Goliath aus Gath. Und Jonathan, ein Neffe Davids, erschlug einen Philister mit sechs Fingern und sechs Zehen und hatte Israel verhöhnt (2. Sam 21, stark gekürzt).

„Davids Danklied“ (2. Sam 22) stimmt mit Psalm 18 überein und ist später nur dem David zugeschrieben worden). Auch „Davids letzte Worte“ sind eine Art Psalm (2. Sam 23,1-7). Es folgt eine Liste der siebenunddreißig „Helden“ Davids, darunter die drei Männer, die für David Wasser aus dem Lager der Philister geholt haben. und Benaja, der einem ägyptischen Riesen mit dessen eigenem Spieß erschlug, und auch der Hethiter Uria (2. Sam 23,8-39).

 

Gott läßt David den Tempelplatz finden:

Der Zorn des Herrn ergrimmte abermals gegen Israel und er reizte David gegen das Volk, daß er sprach: „Gehe hin, zähle Israel und Juda!“ Der König sprach zu Joab, seinem Feldhauptmann: „Gehe umher in allen Stämmen Israels von Dan an bis nach Beer-Seba und zähle das Volk, daß ich wisse, wieviel sie sind!“ Joab sprach zu dem König: „Der Herr tue zu diesem Volk noch hundertmal soviel dazu, daß die Augen meines Königs ihre Lust daran haben. Aber warum verlangt es meinen Herrn, so etwas zu tun?“ Aber des Königs Wort stand fest gegen Joab und die Hauptleute des Heeres.

Also zogen Joab und die Hauptleute des Heeres aus, um das Volk Israel zu zählen. Sie gingen über den Jordan und durchzogen das ganze Land und kamen nach neuen Monaten und zwanzig Tagen nach Jerusalem. Joab gab dem König die Summe des Volks an, das gezählt war. Und es waren in Israel achthunderttausend streitbare Männer, die das Schwert trugen, und in Juda fünfhunderttausend Mann.

Und das Herz schlug David, nachdem das Volk gezählt war. Er sprach zum Herrn: „Ich habe schwer gesündigt, daß ich das getan habe. Nimm weg die Missetat deines Knechtes, denn ich habe sehr töricht getan!“ Als David am Morgen aufstand, kam des Herrn Wort zu Gad, Davids Propheten, und sprach: „Gehe hin und rede mit David: So spricht der Herr: Dreierlei bringe ich zu dir. Erwähle dir eins davon, daß ich es dir tue!“[Die Sünde besteht darin, daß David wissen wollte, wie stark er ist, anstatt sich auf Gott zu verlassen].

Gad kam zu David und sagte es ihm an und sprach zu ihm: „Willst du, daß drei Jahre lang eine Hungersnot in dein Land komme? Oder daß du drei Monate vor deinen Widersachern fliehen mußt? Oder soll drei Tage die Pest deinem Land sei? Bedenke das wohl, was ich dem sagen soll, der mich gesandt hat!“ David sprach zu Gad: Es ist mir sehr Angst, aber laß uns in die Hand des Herrn fallen, denn seine Barmherzigkeit ist groß. Ich will nicht in der Menschen Hand fallen!“

So ließ der Herr die Pest nach Israel kommen von Morgen an bis zur bestimmten Zeit, daß vom Volk von Dan an bis nach Beer-Seba siebzigtausend Mann starben. Als aber der Bote Gottes seine Hand ausstreckte über Jerusalem, um es zu verderben, reute den Herrn das Übel, und er sprach zu dem Boten: „Es ist genug; laß deine Hand ab!“ Der Bote des Herrn aber war beim Dreschplatz des Jebusiters Arawnas. Als aber David den Boten sah, der das Volk schlug, sprach er zum Herrn: „Siehe, i c h habe gesündigt, ich habe die Missetat getan. Was habe diese Schafe getan? Laß deine Hand gegen mich und meines Vaters Haus sein!“

Und Gad kam zu David an jenem Tag und sprach zu ihm: „Gehe hinauf und errichte dem Herrn einen Altar auf dem Dreschplatz des Jebusiters Arawnas!“ So ging David hinauf, wie Gad ihm gesagt und der Herr ihm geboten hatte.

 

Und als Arawna aufschaute, sah er den König mit seinen Großen zu ihm herüberkommen und fiel nieder vor dem König auf sein Angesicht zur Erde und sprach: „Warum kommt mein König zu seinem Diener?“ David sprach: „Um von dir den Dreschplatz zu kaufen und dem Herrn einen Altar zu bauen, damit die Plage vom Volk angenommen werde!“

Aber Arawna sprach zu David: „Mein König nehme und opfere, wie es ihm gefällt. Siehe, da ist ein Rind zum Brandopfer und die Dreschschlitten und das Geschirr der Rinder als Brennholz!“ Das alles gab der König Arawna dem König David. Und Arawna sprach zum David: „Der Herr, dein Gott, sei dir gnädig!“.

Aber der König sprach zu Arawna: „Nicht doch, sondern ich will es dir abkaufen um seinen Preis. Denn ich will dem Herrn, meinem Gott, nicht Brandopfer bringen, die ich umsonst habe!“ So kaufte David den Dreschplatz und die Rinder für fünfzig Silberstücke. Er baute dort dem Herrn einen Altar und opferte Brandopfer und Dankopfer. So wurde der Herr dem Land wieder gnädig, und die Plage wich von dem Volk Israel (2.Sam 24).

[Ihre Fortsetzung findet die Geschichte vom israelitischen Königtum im 1. und 2. Buch der Könoige, die mit der Ernennung von Salomo zu Davids Nachfolger beginnen].

 

 

 

Die Königsbücher

 

[Das 1. Buch der Könige stellt eine Fortsetzung der beiden Samuelbücher dar. Ursprünglich, in der wechselvollen Geschichte seiner Entstehung mit seinen mehrfachen Überarbeitungen, bilden das 1. und das 2. Buch der Könige eine Einheit. Bei der Beschreibung der Entstehungsgeschichte und seiner theologischen Inhalte ist es daher sinnvoll, die beiden Bücher zusammen zu betrachten.

Die Königszeit dauerte etwa 400 Jahre und begann mit den Königen Saul (um 1020 vCh), David v(on 1008 bis 965 vCh) und Salomo (965 vCh bis etwa 926 vCh). Im Jahr 926 vCh erfolgt die Reichsteilung in Nord- und Südreich (Israel und Juda). Im Jahre 722 vCh geht das Nordreich unter. Das Südreich Juda besteht bis zum König Jojachin, der im Jahr 587 vCh samt Oberschicht nach Babylon ins Exil gehen muß.

Die sich auf das ungeteilte Reich und auf das Reich Juda beziehenden Teile weisen starke Parallelen zur ersten Hälfte des 2. Chronikbuches auf, inhaltlich sind sie aber merklich kritischer.

Es gibt zahlreiche Hinweise darauf, daß das Buch der Könige unterschiedliche Entstehungsstadien durchlief. Die christlichen Exegeten sind sich aber uneins, wie die Bildung des Königsbuches tatsächlich vonstatten ging. Manche Forscher plädieren für ein Schichtenmodell, wonach das Buch in mehreren, zeitlich voneinander entfernten Schichten überarbeitet worden ist. Andere bevorzugen ein Blockmodell, das im Bibeltext verschiedene Redaktionsblöcke ausmachen will. Wieder andere versuchen beide Modelle zu kombinieren oder lehnen beide Modelle ab. Ein grober zeitlicher Rahmen für die Entstehung der Königsbücher ist die Zeit des Exils und die Jahrzehnte danach.

Die Erzählungen des 1. Buches der Könige sind historisch in etwa zwischen den Jahren 960 vCh und 840 vCh einzuordnen. Dabei ist zu bedenken, daß den Historikern als Quelle etwa für die Datierung der Regierungszeiten der Könige selten außerbiblisches Vergleichsmaterial zur Verfügung steht. Einziges Quellenmaterial ist oftmals die Bibel.

Den Redaktoren des Königsbuches, dessen Entstehung um etwa 550 vCh anzunehmen ist, ging es dabei, dies ist zu beachten, in erster Linie um religiöse Botschaften und wenig um die Niederlegung historischer Wahrheiten. Zahlenangaben über das Alter und die Regierungsdaten von Königen sind deshalb kritisch zu betrachten.

Schwerpunkte der Theologie: In den Königsbüchern geht es theologisch um die Einheit und Reinheit des Jahwe-Glaubens. Alle nicht-jahwistischen Einflüsse sind dem Jahwe-Kult fernzuhalten, und der Gott Jahwe darf allein im Jerusalemer Tempel verehrt werden. Dies ist für die deuronomistischen Redaktoren des Königbuches auch der Maßstab für die Könige Israels und Judas. Da diese sich neben Jahwe auch anderen Gottheiten (Baal und Aschera) zuwenden, werden sie zumeist verworfen.

Sowohl das Nordreich Israel mit seinen Heiligtümern in Bethel und Dan (die „Sünde Jerobeams“), als auch das Südreich Juda, das neben Jerusalem noch Kultorte an den Höhenheiligtümern kennt, sind dem Untergang geweiht. Über beide Reiche bricht folgerichtig das Gericht herein, und sie gehen unter. Für das Südreich gibt es jedoch Hoffnung, die sich auf das Verhalten der Ideal-Könige David, Hiskia und Josia gründet. Diese konnten zwar das Gericht für Juda nicht abwenden, jedoch durch ihre Treue zu Jerusalem als einzigen Kultort den endgültigen Untergang abwenden].

 

 

Die Geschichte des Königs Salomo (1. Kön 1 – 11):

[Nach biblischen Überlieferungen herrschte Salomo von etwa 965 vCh bis etwa 926 vCh. Er war der Sohn des Königs David und dessen Nebenfrau Bathseba. Es gelang ihm, das von seinem Vater geschaffene Großreich in wesentlichen Punkten zu erhalten und zu modernisieren. Dazu teilte er das Reich in zwölf Verwaltungsbezirke („Gaue“) ein. Seine Regierungszeit gilt in der Bibel als eine Zeit legendären Friedens und Wohlstandes. Zu Spannungen und der Reichsspaltung nach dem Tod Salomos 926 vCh trug neben den alten Spannungen zwischen den Nord- und Südstämmen vor allem Salomos Politik der Unnachgiebigkeit auch gegenüber den Israeliten bei. So verpflichtete er nicht nur die unterworfenen Stämme zur Fronarbeit, sondern auch sein eigenes Volk].

 

Salomo wird König:

Als der König David alt war und hochbetagt, konnte er nicht mehr warm werden, wenn man ihn auch mit Kleidern bedeckte. Da sprachen seine Großen zu ihm: „Man suche unserem König eine junge Frau, die den König pflege und in seinen Armen schlafe und wärme unseren Herrn!“ Sie suchten ein schönes Mädchen in ganz Israel und fanden Abisag von Sunem und brachten sie dem König. Sie umsorgte den König und diente ihm. Aber der König schlief nicht mit ihr.

Adonia aber, der als nächster nach Absalom geboren war, empörte sich und sprach: „Ich will König werden!“ Er schaffte sich Wagen und Gespanne an und fünfzig Mann als Leibwächter. Er beriet sich mit Joab und mit Abjathar, die hielten zu Adonia. Aber der Priester Zadok und Benaja und der Prophet Nathan und Simei und Rei und die Helden Davids waren nicht mit Adonia. Als Adonia Schafe und Rinder und gemästetes Vieh opferte bei dem Stein, der neben der Quelle Rogel liegt, lud er alle seine Brüder ein und alle Männer Judas, die dem König dienten. Nur den Propheten Nathan und Benaja und die Helden und seinen Bruder Salomo lud er nicht ein.

 

Da sprach Nathan zu Bathseba, Salomos Mutter: „Hast du nicht gehört, daß Adonia der König geworden ist? Und unser Herr David weiß nichts davon. Geh zum König David hinein und sprich zu ihm: ‚Hast du mir nicht geschworen: Dein Sohn Salomo soll nach mir König sein? Warum ist denn Adonia König geworden?‘ Während du noch da bist und mit dem König redest, will ich dir nach hineinkommen und deine Worte zu Ende führen!“

Bathseba ging hinein zum König in die Kammer und sprach zu ihm: „Mein Herr, du hast mir geschworen, daß Salomo König sein soll nach dir. Nun aber ist Adonia der König geworden und hat ein Fest gemacht, aber Salomo nicht eingeladen. Du bist doch der König, die Augen des ganzen Israel sehen auf dich, daß du ihnen mitteilst, wer auf dem Thron des Königs sitzen soll!“

Als sie noch mit dem König redete, kam der Prophet Nathan und sprach: „Mein König, hast du gesagt, Adonia solle nach dir König sein? Sie essen und trinken jetzt und sagen: Es lebe der König Adonia!“ Da schwor der König seiner Frau Bathseba: „So wahr der Herr lebt, ich will heute tun, wie ich dir geschworen habe bei dem Gott Israels, daß dein Sohn Salomo nach mir König sein soll!“

Er sprach: „Ruft mir den Priester Zadok und den Propheten Nathan und Benaja!“ Als sie hineinkamen vor den König, sprach er zu ihnen: „Nehmet mit euch die Großen eures Herrn e und setzt meinen Sohn Salomo auf mein Maultier und führet ihn hinab zur Quelle Gihon. Und der Priester Zadok und der Prophet Nathan ihn dort zum König über Israel salben. Und dann blast mit den Posaunen und sprecht: Es lebe der König Salomo!“

Da gingen hinab der Priester Zadok und der Prophet Nathan und Benaja und die Hilfstruppen und setzten Salomo auf das Maultier des Königs und führten ihn zur Quelle Gihon. Der Priester Zadok nahm das Ölhorn aus dem Zelt und salbte Salomo. Und sie bliesen mit der Posaune, und alles Volk rief: „Es lebe der König Salomo!“ Und alles Volk zog wieder herauf hinter ihm her, und das Volk blies mit Flöten und war sehr fröhlich, so daß die Erde von ihrem Geschrei erbebte.

Adonai hörte es und alle, die er geladen hatte. Joab sprach er: „Was soll das Geschrei und das Getümmel in der Stadt?“ Da kam Jonathan, der Sohn des Priesters Abjathar. Adonia sprach: Komm herein, denn du bist ein redlicher Mann und bringst gute Botschaft!“ Jonathan antwortete: „Nein, denn unser Herr, der König David, hat Salomo zum König gemacht, er sitzt jetzt auf dem königlichen Thron!“ Da erschraken alle, die bei Adonia eingeladen waren, und jeder ging seinen Weg.

Aber Adonia fürchtete sich vor Salomo und ging hin und faßte an die die Hörner des Altars. Das wurde Salomo gesagt, vor allem daß er sprach: „Der König Salomo schwöre mir heute, daß er mich nicht töte mit dem Schwert!“ Salomo sprach: „Wird er redlich sein, so soll kein Haar von ihm auf die Erde fallen. Wird aber Böses an ihm gefunden, so soll er sterben!“ Der König Salomo sandte Boten hin und ließ ihn vom Altar holen. Als er kam, fiel er vor dem König Salomo nieder. Salomo aber sprach zu ihm: „Gehe in dein Haus!“ (1.Kön 1).

 

Davids Tod:

Als nun die Zeit herbeikam, daß David sterben sollte, sprach er zu seinem Sohn Salomo: „Ich gehe hin den Weg aller Welt. So sei getrost und sei ein Mann und diene dem Herrn, daß du gehst auf seinen Wegen und hältst seine Satzungen, Gebote und Rechte und Ordnungen, wie sie geschrieben stehen im Gesetz des Mose, damit dir alles gelinge, was du tust und wo du dich hin wendest. So wird der Herr sein Wort erfüllen, das er über mich geredet hat und gesagt: Werden deine Söhne auf ihre Wege achten, daß sie vor mir in Treue und von ganzem Herzen und von ganzer Seele leben, so soll es dir niemals fehlen an einem Mann auf dem Thron Israels!“

Dann fügt David hinzu: „Auch weißt du sehr wohl, was mir Joab getan hat, als er die zwei Feldhauptleute Abner und Amasa getötet hat und so im Krieg vergossenes Blut im Frieden gerächt und unschuldiges Blut an seinen Gürtel und an seine Schuhe gebracht hat. Tue nach deiner Weisheit, daß du seine grauen Haare nicht in Frieden hinunter zu den Toten bringst.

Aber den Kindern Barsillai sollst du Barmherzigkeit erweisen, daß sie an deinem Tisch essen, denn sie taten wohl an mir, als ich vor deinem Bruder Absalom floh.

Du hast aber auch Simei bei dir, der mir schändlich fluchte zu der Zeit, als ich nach Mahanaim ging. Als er aber mir entgegen kam am Jordan, da schwor ich ihm bei dem Herrn, ich würde ihn nicht töten mit dem Schwert. Du aber laß ihn nicht frei ausgehen, denn du bist ein weiser Mann und wirst wohl wissen, was du ihm tun sollst, daß du seine grauen Haare mit Blut hinunter zu den Toten bringst!“ So entschlief David mit seinen Vätern und wurde begraben in der Stadt Davids. Vierzig Jahre ist David König gewesen über Israel: sieben Jahre war er König in Hebron und dreiunddreißig Jahre in Jerusalem (1. Kön 2,1-11).

 

Salomos erste Maßnahmen:

Salomo saß auf dem Thron seines Vaters David, und seine Herrschaft hatte festen Bestand. Aber Adonia kam zu Bathseba, der Mutter Salomos. Sie sprach: „Kommst du auch im Frieden?“ Er sprach: „Ja! Ich habe mit dir zu reden!“ Sie sprach: „Sage an!“ Er sprach: „Du weißt, daß ich König war und ganz Israel hatte sich darauf eingerichtet hatte, daß ich König sein sollte. Aber nun hat sich das Königtum gewendet und gehört meinem Bruders. Der Herr hat es ihm gegeben. Nun habe ich eine Bitte an dich. Weise mich nicht ab!“ Sie sprach zu ihm: „Sage an!“

Er sprach: „Rede mit dem König Salomo, denn er wird dich nicht abweisen, daß er mir gebe Abisag von Sunem zur Frau!“ Bathseba sprach: „Gut, ich will mit dem König über dich reden!“ Bathseba kam hinein zum König Salomo, um mit ihm über Adonia zu reden. Der König stand auf und ging ihr entgegen und neigte sich vor ihr und setzte sich auf seinen Thron. Auch der Mutter des Königs wurde ein Thron hingestellt gesetzt, und sie sich setzte an seine rechte Seite. Dann sprach sie: „Ich habe eine kleine Bitte an dich, weise mich nicht ab!“ Der König sprach zu ihr: „Bitte, meine Mutter, ich will dich nicht abweisen!“ Sie sprach: „Gib doch Abisag von Sunem deinem Bruder Adonia zur Frau!“

Da antwortete der König Salomo und sprach zu seiner Mutter: „Warum bittest du für Adonia? Da kannst du doch gleich auch das Königtum für ihn erbitten. Er ist mein älterer Bruder und hat den Priester Abjathar und Joab auf seiner Seite!“ Salomo schwur bei dem Herrn: „Gott tue mir dies und das, diese Bitte soll Adonia sein Leben kosten! So wahr der Herr lebt, der mich bestätigt hat und sitzen lassen auf dem Thron meines Vaters David und der mir ein Haus gemacht hat, wie er zugesagt hat: Heute noch soll Adonia sterben!“ Er sandte Benaja hin, der stieß ihn nieder, daß er starb.

Und zu dem Priester Abjathar sprach der König: „Geh hin nach Anathoth zu deinem Besitz; denn du bist des Todes. Aber ich will dich heute nicht töten, denn du hast die Bundeslade vor meinem Vater David hergetragen und hast alles mit gelitten, was mein Vater gelitten hat!“

So verstieß Salomo den Abjathar, daß er nicht Priester des Herrn sein durfte, damit erfüllt würde des Herrn Wort, das er über die Familie Elis geredet hatte in Silo. Die Kunde davon kam vor Joab. Dieser hatte Adonia angehangen und nicht an Absalom. Da floh Joab das Zelt des Herrn und faßte an die Hörner des Altars.

 

Das wurde dem König Salomo gesagt, daß Joab zum Zelt des Herrn geflohen wäre und jetzt am Altar steht. Da sandte Salomo Benaja hin und sprach: „Geh, stoß ihn nieder!“ Als Benaja zum Zelt des Herrn kam, sprach er zu Joab: „So sagt der König: Geh heraus!“ Er sprach: „Nein, hier will ich sterben!“ Benaja sagte das dem König wieder und sprach: „So hat Joab geredet, und so hat er mir geantwortet!“

Der König sprach zu ihm: „Tu, wie er geredet hat, und stoß ihn nieder und begrabe ihn, damit du das Blut, das Joab ohne Grund vergossen hat, von mir und von der Familie meines Vaters tust. Der Herr lasse das Blut auf sein Haupt kommen, weil er zwei Männer erschlagen hat, die gerechter und besser waren als er. Er hat sie getötet mit dem Schwert, ohne daß mein Vater David davon wußte: Abner, den Feldhauptmann über Israel, und Amasa, den Feldhauptmann über Juda. Ihr Blut komme auf das Haupt Joabs und seiner Nachkommen für immer. Aber David und seine Nachkommen und ihr Thron sollen ewig Frieden haben von dem Herrn!“ Da ging Benaja hinauf und stieß Joab nieder und tötete ihn. Und er wurde begraben in seinem Haus in der Wüste.

Der König setzte Benaja an Joabs Stelle über das Heer, und den Priester Zadok setzte der König an die Stelle Abjathars. Der König sandte auch hin und ließ Simei rufen und sprach zu ihm: „Bau dir ein Haus in Jerusalem und wohne dort und gehe von da nicht heraus, weder hierhin noch dorthin. An dem Tag, an dem du hinausgehen und über den Bach Kidron gehen wirst, mußt du des Todes sterben. Dein Blut komme dann auf deinem Kopf!“ Simei sprach zum König: „Das ist recht so. Wie mein der König geredet hat, so wird dein Diener tun!“ So wohnte Simei eine lange Zeit in Jerusalem.

Aber nach drei Jahren entflohen dem Simei zwei Sklaven und entliefen zu dem König von Gath. Das wurde Simei mitgeteilt: „Siehe, deine Sklaven sind in Gath!“ Da machte sich Simei auf und sattelte seinen Esel und zog hin nach Gath, um seine Sklaven zu suchen. Und als er hinkam, brachte er seine Sklaven von Gath zurück.

Da wurde Salomo angesagt, daß Simei von Jerusalem nach Gath gezogen und wieder gekom­men wäre. Da sandte der König seine Boten hin und ließ Simei rufen und sprach zu ihm: „Habe ich dich nicht schwören lassen bei dem Herrn und dich gewarnt: An dem Tag, an den du die Stadt verläßt und hierhin oder dorthin gehst, sollst du wissen, daß du des Todes sterben mußt? Und du sprachst zu mir: Es ist recht so, ich habe es gehört! Warum hast du denn nicht gehalten den Schwur vor dem Herrn und das Gebot, das ich dir geboten habe? Du weißt all das Böse, dessen dein Herz sich bewußt ist und das du meinem Vater David angetan hast. Nun läßt der Herr das Böse auf dein Haupt kommen. Aber der König Salomo ist gesegnet, und der Thron Davids wird fest stehen vor dem Herrn in Ewigkeit!“ Der König gab Benaja den entsprechenden Befehl und er ging hinaus stieß ihn nieder, so daß er starb. Aber das Königtum wurde bestätigt durch Salomos Hand (1. Kön 2,12.46)

 

Salomos Heirat und Gebet um Weisheit:

Salomo verschwägerte sich mit dem König von Ägypten und nahm die Tochter des Pharao zur Frau und brachte sie in die Stadt Davids, bis er sein Haus und des Herrn Haus und die Mauer um Jerusalem her gebaut haben würde. Aber das Volk opferte noch auf den Höhen, denn es war bis damals noch kein Haus gebaut für den Namen des Herrn. Salomo aber hatte den Herrn lieb und lebte nach den Satzungen seines Vaters David, nur daß er auf den Höhen opferte und räucherte. Und der König ging hin nach Gibeon daselbst zu opfern, denn das war die bedeutendste Höhe. Salomo opferte dort tausend Brandopfer auf dem Altar

 

[Der fehlende Tempel in Jerusalem wird hier als Vorwand genommen, um zu erklären, weshalb Salomo noch auf den Höhenheiligtümern der Kanaanäer opferte. Das Heiligtum Israel war doch die Stiftshütte mit der Bundeslade, die in Jerusalem in einem Zelt stand. Dort gab es auch genügend Altäre, um zu opfern. Also wirkte hier die alte Religion nach].

Aber der Herr erschien Salomo in Gibeon im Traum und sprach: „Bitte, was ich dir geben soll!“ Salomo sprach: „Du hast an meinem Vater David große Barmherzigkeit getan. Er hat vor dir gelebt in Wahrheit und Gerechtigkeit und mit aufrichtigem Herzen, und hast ihm auch die große Barmherzigkeit erwiesen und ihm einen Sohn gegeben, der auf seinem Thron sitzen sollte, wie es jetzt auch ist. Nun, Herr, du hast deinen Diener zum König gemacht an der Stelle meines Vaters David Ich bin noch junge, ich weiß weder ein noch aus. Dein Diener steht mit in deinem Volk, das so groß ist, daß das es niemand zählen noch berechnen kann. So wollest du deinem Diener ein gehorsames Herz geben, damit er dein Volk richten möge und verstehen, was gut und böse ist. Denn wer vermag dein mächtiges Volk zu richten?“

Das gefiel dem Herrn gut, daß Salomo um diese Dinge bat. Er sprach zu ihm: „Weil du darum bittest und bittest nicht um langes Leben oder um Reichtum oder um den Tod deiner Feinde, sondern um Verstand, zu hören und recht zu richten. So tue ich nach deinen Worten. Siehe, ich gebe dir ein weises und verständiges Herz, so daß einer wie du nicht vor dir gewesen ist und nach dir nicht aufkommen wird. Dazu gebe ich dir aber noch, worum du nicht gebeten hast, nämlich Reichtum und Ehre, so daß unter den Königen keiner wie du ist zu deinen Zeiten. Und wenn du in meinen Wegen gehen wirst, daß du hältst meine Satzungen und Gebote, wie dein Vater David gelebt hat, so will ich dir ein langes Leben geben!“

Als Salomo erwachte, da war es nur ein Traum. Er kam nach Jerusalem und trat vor die Bundeslade und opferte Brandopfer und Dankopfer und machte ein großes Mahl allen seine Großen (1. Kön 3,1-15).

 

Das „salomonische Urteil“:

Zu der Zeit kamen zwei Huren zum König und traten vor ihn. Die eine Frau sprach: „Ach, mein Herr, diese Frau und ich wohnten in einem Haus, und ich bekam ein Kind bei ihr im Haus. Drei Tage später bekam sie auch ein Kind. Wir waren beieinander, kein Fremder war mit uns im Haus, nur wir beide. Aber der Sohn dieser Frau starb in der Nacht, denn sie hatte ihn im Schlaf erdrückt. Aber sie stand in der Nacht auf und nahm meinen Sohn von meiner Seite und legte ihn in ihren Arm, und ihren toten Sohn legte sie in meinen Arm. Als ich am Morgen aufstand, meinen Sohn zu stillen, da war er tot. Aber am Morgen sah ich ihn genau an, und siehe, es war nicht mein Sohn, den ich geboren hatte!“ Die andere Frau sprach: „Nein, mein Sohn lebt, und dein Sohn ist tot. Jene aber sprach: Nein dein Sohn ist tot, und mein Sohn lebt!“ So redeten sie vor dem König.

Der König sprach: „Diese spricht: Mein Sohn lebt, und dein Sohn ist tot Jene spricht: Nein, dein Sohn ist tot, doch mein Sohn lebt! Holt mir ein Schwert her!“ Als das Schwert vor den König gebracht wurde, sprach der König: „Teilt das lebendige Kind in zwei Teile und gebt dieser die Hälfte und jener die Hälfte!“

Da entbrannte das mütterliches Herz der Frau, deren Sohn lebte, ihr in Liebe für ihren Sohn und sie sprach zum König: „Ach, mein Herr, gebt ihr das Kind lebendig und tötet es nicht!“ Jene aber sprach: „Es sei weder mein noch dein, laßt es teilen!“ Da antwortete der König: „Gebt dieser das Kind lebendig und tötet es nicht, denn sie ist seine Mutter!“ Ganz Israel hörte von dem Urteil, das der König gefällt hatte, und sie fürchteten sich vor dem König, denn sie sahen, daß die Weisheit Gottes in ihm war, Gericht zu halten (1. Kön 3, 16-28).

 

Salomos Amtsträger:

 So war Salomo König über ganz Israel. Und dies waren seine Großen: Priester war Asarja, der Sohn Zadoks, Schreiber waren Elihoreph und Ahija, Kanzler war Josaphat, Feldhauptmann war Benaja, weitere Priester waren Zadok und Abjathar und Sabud, der Sohn Nathans. Hofmeister war Ahisar und Rentmeister war Adoniram. Asarja, der Sohn Nathans, war der Herr über die zwölf Amtleute, die den König und sein Haus versorgten, und zwar jeder einen Monat im Jahr (die Namen sind ausgelassen). Juda aber und Israel waren zahlreich wie der Sand am Meer, und sie aßen und tranken und waren fröhlich (1. Kön 4,1-20, gekürzt).

 

Salomos Macht und Weisheit:

So war Salomo der Herr über alle Königreiche, vom Euphratstrom bis zum Land der Philister und bis an die Grenze Ägyptens. Die Königreiche brachten ihm ihre Geschenke und dienten ihm sein Leben lang. Der Hofstaat Salomos mußte täglich zur Speisung haben: dreißig Sack feinstes Mehl, sechzig Sack anderes Mehl, zehn gemästete Rinder und zwanzig Rinder von der Weide und hundert Schafe, ohne die Hirsche und Gazellen und Rehe und das gemästete Federvieh.

Salomo hatte Frieden mit allen seinen Untertanen umher, so daß Juda und Israel sicher wohnten, jeder unter seinem Weinstock und unter seinem Feigenbaum, von Dan bis nach Beer-Seba, solange Salomo lebte. Salomo hatte vierzigtausend Gespanne für seine Kriegswaffen und zwölftausend Leute für die Pferde.

Die Amtleute versorgten den König und alles, was zum Tisch des Königs gehörte, jeder in seinem Monat, und sie ließen es an nichts fehlen. Auch Gerste und Stroh für die Pferde brachten sie an den Ort, wo diese waren, jeder nach seiner Ordnung.

Und Gott gab Salomo sehr große Weisheit und Verstand und einen Geist wie Sand am Ufer des Meeres liegt. So war die Weisheit Salomos größer als die Weisheit aller, die im Osten wohnen und als die der Ägypter. Er war weiser als alle Menschen und war berühmt unter allen Völker ringsumher. Er dichtete dreitausend Sprüche und tausendundfünf Lieder. Er dichtete von Bäumen, von der Zeder auf dem Libanon bis an den Ysop, der aus der Wand wächst. Auch dichtete er von Vieh, von Vögeln, von Gewürm und von Fischen. Und aus allen Völkern kam man, zu hören die Weisheit Salomos, auch alle Könige auf der Erde, die von seiner Weisheit gehört hatten (1. Kön 5,1–14).

 

Vorbereitung zum Tempelbau:

Hiram, der König zu Tyrus, sandte seine Botschafter zu Salomo, denn er hatte gehört, daß sie ihn zum König gesalbt hatten an der Stelle seines Vaters, denn Hiram liebte David sein Leben lang. Salomo sandte Boten zu Hiram und ließ ihm sagen: „Du weißt, daß mein Vater David für den Namen des Herrn kein Haus konnte bauen, wegen der Kriege, die er geführt hat. Nun aber hat mir der Herr ringsumher Ruhe gegeben, so daß weder ein Widersacher noch böses Hindernis mehr da ist. Deshalb habe ich gedacht, dem Namen des Herrn ein Haus zu bauen, wie der Herr geredet hat zu meinem Vater David: Dein Sohn soll meinem Namen das Haus bauen. So befiehl nun, daß man mir Zedern aus dem Libanon fälle. Meine Leute sollen mit deinen Leuten zusammenarbeiten. Denn du weißt, daß bei uns niemand ist, der Holz zu hauen versteht wie die Sidonier!“

Als Hiram die Worte Salomos hörte, freute er sich sehr und sprach: „Gelobt sei der Herr, der David einen weisen Sohn gegeben hat überdies große Volk!“ Hiram ließ Salomo sagen: „Ich habe die Botschaft gehört, die du zu mir gesandt hast. Ich will all deine Wünsche nach Zedern- und Zypressenholz erfüllen. Meine Leute sollen die Stämme vom Libanon hinab bringen ans Meer!“

Dann fuhr er fort: „Ich will sie zu Flößen zusammenlegen lassen und sie bis an den Ort bringen, den du mir mitteilen wirst. Dort will ich sie zerlegen und du kannst sie dort holen lassen. Aber du sollst mir dafür Speise geben für meinen Hof!“

So gab Hiram das Zedern- und Zypressenholz, wie es Salomo erbeten hatte. Salomo aber gab Hiram jährlich zwanzigtausend Sack Weizen für seinen Hofstaat und zwanzigtausend Eimer gepreßtes Öl. Und es war Friede zwischen Hiram und Salomo, und sie machten beide einen Bund miteinander.

Salomo bestimmte dreißigtausend Fronarbeiter aus ganz Israel und sandte je zehntausend Mann einen Monat auf den Libanon, aber zwei Monate waren sie daheim. Dann bestimmte er siebzigtausend Lastträger und achtzigtausend Steinmetze und dreitausenddreihundert Aufseher über sie. Der König befahl, große und kostbare Steine auszubrechen und zu behauen für die Grundmauern des Hauses des Herrn. Und die Bauleute Salomos und die Bauleute Hirams und die Gebaliter hieben die Steine zurecht und bereiteten Holz und Steine vor, um das Haus zu bauen (1. Kön 5,15–32, leicht gekürzt).

 

Bau des Tempels:

[Der erste feste Tempel (Salomonischer Tempel) wurde mit Hilfe phönizischer Baumeister unter Salomo auf dem Berg Moria in Jerusalem errichtet. Der Baubeginn war im Jahr 957 vCh, die Weihe im Jahr 951 vCh. Der Tempel war ein steinernes Gebäude von 18 Meter Länge sechs Meter Breite und neun Meter Höhe. Er war an drei Seiten mit Seitenzimmern umgeben, die in drei Stockwerken übereinander zur Aufbewahrung der Schätze und Gerätschaften des Tempels dienten].

Im vierhundertachtzigsten Jahr nach dem Auszug der Israeliten aus Ägypten, im vierten Jahr des Königtums Salomos, im zweiten Monat, wurde das Haus des Herrn gebaut. Es war 30 Meter lang, 10 Meter breit und 15 Meter hoch. Salomo ließ auch eine Halle vor dem Tempel bauen, 10 Meter lang nach der Breite des Hauses und fünf Meter breit, mit vergitterten Fenstern, und einen Umgang um die ganze Wand des Hauses herum, in den Seitengemächer eingebaut wurden. Die Tür zum unteren Seitenzimmer war der rechten Seite mitten im Haus, wo man auf einer Wendeltreppe hinaufging auf den Mittelgang und vom Mittelgang auf den dritten. Gänge wurden um das ganze Haus herum gebaut, jeweils zweieinhalb Meter hoch, und mit dem Haus durch Balken von Zedernholz verbunden. Dann wurde das Haus mit Balken und Tafelwerk von Zedern gedeckt. Als das Haus gebaut wurde, waren die Steine bereits ganz zugerichtet, so daß man weder Hammer noch Beil noch irgendein eisernes Werkzeug beim Bauen hörte.

Die Wände des Hauses wurden innen mit Zedernbrettern vom Boden bis an die Decke getäfelt mit gedrehten Knoten und Blumenwerk, so daß man keinen Stein sah. An allen Wänden des Hauses waren Schnitzereien mit Cheruben, Palmen und Blumenwerk. Der Boden des Hauses war mit Zypressenbrettern gedielt und mit goldenen Blechen überzogen. Auch war das ganze Haus innen mit reinem Gold überzogen.

Zehn Meter von der hinteren Seite des Hauses entfernt wurde eine Wand gebaut aus zedernen Brettern vom Boden bis an die Decke. So entstand innen ein Chorraum für das Allerheiligste, in dem die Bundeslade aufgestellt werden sollte. Darüber standen dann zwei fünf Meter hohe „Cheruben“ aus Ölbaumholz. Der Flügel jedes Cherubs waren zweieinhalb Meter lang, so daß der Flügel des einen Cherub die Wand berührte und der Flügel des anderen die andere Wand.

Vor dem Chorraum stand der Altar, getäfelte mit Zedern. Vor dem Chorraum waren noch einmal goldene Schranken mit zwei Türflügeln aus Ölbaumholz und mit fünfeckigen Pfosten mit Schnitzereien darauf aus Cheruben, Palmen und Blumenwerk und mit goldenen Blechen überzogen.

Auch am Eingang des Tempels waren viereckige Pfosten aus Ölbaumholz und zwei Türen aus Zypressenholz mit Schnitzwerk darauf, so daß jede Tür zwei Flügel hatte, die sich drehten. Auch ein innerer Vorhof aus drei Schichten behauener Steine und aus einer Schicht aus Zedernbalken wurde gebaut.

Im elften Jahr des Königs Salomo, im achten Monat wurde das Haus vollendet, wie es sein sollte, sodaß sie sieben Jahre daran bauten. Der Herrn sprach: zu Salomo: „So sei es mit dem Haus, das du baust: Wirst du in meinen Geboten leben und nach meinen Satzungen tun und alle meine Gebote halten, so will ich mein Wort an dir wahrmachen, das ich deinem Vater David gegeben habe und will wohnen unter den Israeliten und will mein Volk Israel nicht verlassen (1. Kön 6, leicht gekürzt, Reihenfolge umgestellt).

 

 Salomos Paläste:

 Aber an seinen Königshäusern baute Salomo dreizehn Jahre, bis er sie vollendet hatte. Er ließ das Libanon-Waldhaus bauen, 25 Meter lang, 15 Meter breit und 9 Meter hoch. Auf drei Reihen von Zedernsäulen lag eine Decke von Zedernbalken. Mit Zedern waren auch gedeckt die fünfundvierzig Zimmer auf den Säulen (je fünfzehn in einer Reihe). Das Gebälk lag in drei Reihen, und je drei Fenster waren sich gegenüber. Alle Türen waren in ihren Pfosten viereckig.

Salomo ließ auch eine Säulenhalle bauen, 25 Meter lang und 15 Meter breit, und noch eine Säulenhalle vor diese und mit einem Aufgang davor. Dann ließ er eine Thronhalle bauen, in der man Gericht hielt, und täfelte sie vom Boden bis zur Decke mit Zedern. Dazu kam sein Haus, in dem er wohnte, im anderen Hof, hinten an der Halle, gemacht wie die andern. Dann ließ er noch ein Haus wie diese Halle bauen für seine Frau, die Tochter des Pharao. Der große Hof hatte ringsumher drei Schichten behauene Steine und eine Schicht von Zedernbalken wie auch der innere Hof am Haus des Herrn und die Halle am Haus.

Alles waren kostbare Steine, nach dem Winkeleisen gehauen und mit Sägen geschnitten auf allen Seiten, vom Grund an bis an das Dach und von außen bis zum großen Hof. Die Grundsteine aber waren auch köstliche und große Steine, darauf waren kostbare Steine, nach dem Winkeleisen gehauen, und Zedern (1. Kön 7,1–12, leicht gekürzt).

 

Tempelausstattung:

König Salomo ließ Hiram holen; er war aus dem Stamm Naphtali und sein Vater war aus Tyrus. Er war ein Kupferschmied voller Verstand und Kunst, der alle Kunstwerke für den König Salomo machte. Er machte zwei Kupfersäulen, jede fast sechs Meter hoch und zwei Kupferknäufe mit Gitterwerk und anderem Zierat oben auf die Säulen. Die Säulen wurden aufgerichtet vor der Halle des Tempels.

Dann machte er ein Meer („ehernes Meer“) mit drei Meter Durchmesser und eineinhalb Meter Höhe mit Knoten rundherum. Es stand auf zwölf Rindern, von denen je zwei nach den Himmelsrichtungen ausgerichtet waren, so daß alle ihre Hinterteile inwendig waren. Dann machte er auch zehn Gestelle aus Kupfer mit kupfernen Rädern und Trägern an den vier Ecken. In der Mitte war jeweils ein Hals mit Buckeln. Alles war noch reich verziert. Fünf Gestelle kamen an die rechte Seite des Hauses Gottes und die andern fünf an die linke Seite, aber das Meer stellte er rechts vor das Haus nach Süden zu. Hiram machte auch Töpfe, Schaufeln, Becken und vollendete so alle Werke, die der König Salomo am Hause des Herrn machen ließ.

In einer Gießerei am unteren Jordan ließ der König die Kunstwerke gießen. Alles wurde ins Haus des Herrn gebracht. Und Salomo brachte auch alles hinein, was sein Vater David für Gott bestimmt hatte aus Silber und Gold und die Gefäße, und legte sie in den Schatz des Hauses des Herrn (1. Kön 7,13–51, stark gekürzt).

 

Tempelweihe:

Da versammelte der König Salomo zu sich die Ältesten in Israel, alle Obersten der Stämme und Obersten der Sippen unter den Israeliten nach Jerusalem, um die Bundeslade heraufzubringen aus der Stadt Davids. Es versammelten sich beim König Salomo alle Männer in Israel am Fest im siebenten Monat. Als alle Ältesten Israels kamen, hoben die Priester die Lade des Herrn auf und brachten sie hinauf, dazu die Stiftshütte des und alle Geräte des Heiligtums. König Salomo und die ganze Gemeinde Israel gingen vor der Lade her und opferten Schafe und Rinder.

So brachten die Priester die Bundeslade an ihren Ort, in den Chor des Hauses, in das Allerheiligste, unter die Flügel der Cheruben. So breiteten die Cheruben die Flügel aus über die Stelle, wo die Lade stand, und bedeckten die Lade und ihre Stangen von oben her. Aber die Stangen waren so lang, daß ihre Knäufe gesehen werden konnten in der Tempelhalle. In der Lade waren nur die zwei steinernen Tafeln, die Mose er hineingelegt hatte am Horeb, die Tafeln des Bundes, den der Herr mit den Israeliten machte, als sie aus Ägypten gezogen waren.

Als aber die Priester aus dem Heiligtum gingen, erfüllte die Wolke das Haus des Herrn, so daß die Priester nicht zum Dienst herantreten konnten wegen der Wolke. Da sprach Salomo: „Die Sonne hat der Herr an den Himmel gestellt. Er hat aber gesagt, er wolle im Dunkel wohnen. So habe ich nun zur Wohnung ein Haus gebaut dir, einen Sitz, damit du ewig darin wohnst!“

Dann wandte der König sein Angesicht und segnete die ganze Gemeinde Israel und sprach ein großes Dankgebet. Dabei ist ihm aber durchaus bewußt: „Sollte in Wahrheit Gott auf der Erde wohnen? Siehe, der Himmel und aller Himmel Himmel können dich nicht fassen. Wie sollte es denn dies Haus tun, das ich gebaut habe? Wende dich aber zum Gebet deines Dieners und zu seinem Flehen, Herr, mein Gott, damit du hörest das Lob und Gebet, das dein Diener heute vor dir tut. Laß deine Augen offen stehen über dies Haus Nacht und Tag, über die Stätte, davon du gesagt hast: Mein Name soll da sein. Du wollest hören das Gebet, das dein Diener an dieser Stätte tut, und wollest erhören das Flehen deines Dieners und deines Volkes Israel, wenn sie hier an dieser Stätte bitten werden und wenn du es hörst in deiner Wohnung im Himmel, dann wollest du uns gnädig sein!“

Als Salomo all dieses Gebet und Flehen vor dem Herrn vollendet hatte, stand er auf vom Altar und hörte auf zu knien und die Hände auszubreiten zum Himmel .Er segnete die ganze Gemeinde Israel mit lauter Stimme und sprach: „Gelobt sei der Herr, der seinem Volk Israel Ruhe gegeben hat, wie er geredet hat. Es ist nicht eins von allen seinen guten Worten dahingefallen aus, die er geredet hat durch seinen Diener Mose. Der Herr, unser Gott, sei mit uns, wie er gewesen ist mit unsern Vätern. Er verlasse uns nicht und ziehe die Hand nicht ab von uns, zu neigen unser Herz zu ihm, daß wir leben in allen seinen Wegen und halten seine Gebote, Satten und Rechte, die er unsern Vätern geboten hat. Mögen diese Worte, die ich vor dem Herr gefleht habe, nahe sein dem Herrn Tag und Nacht, daß er Recht schaffe seinem Diener und seinem Volk Israel alle Tage, damit alle Völker auf der Erde erkennen, daß der Herr Gott ist und keiner mehr!“

 

Salomo opferte Dankopfer. So weihten sie das Haus des Herrn ein, der König und alle Israeliten. Am gleichen Tag weihte der König die Mitte des Vorhofs dadurch, daß er Brandopfer, Speisopfer und das Fett der Dankopfer dort darbrachte. Denn der kupferne Altar, der vor dem Herrn stand, war zu klein für all die Brandopfer, Speisopfer und zum Fett der Dankopfer.

Salomo machte zu der Zeit ein Fest und ganz Israel mit ihm, sieben Tage lang. Am achten Tag ließ er das Volk gehen. Und sie segneten den König und gingen hin zu ihren Zelten fröhlich und guten Muts wegen all des Guten, das der Herr an David und an seinem Volk Israel getan hatte (1. Kön 8,1–66, gekürzt). Gottes Antwort auf Salomos Gebet (1. Kön 9,1–9) ist noch einmal eine Ermahnung an Salomo.

 

Weitere Regierungsmaßnahmen:

Als nun die zwanzig Jahre um waren, in denen Salomo das Haus des Herrn und das Haus des Königs baute, da gab der König Salomo zwanzig Städte im Land Galiläa an König Hiram von Tyrus Aber als Hiram die besichtigt hatte, gefielen sie ihm nicht. Deshalb nennt man dieses Land „Kabul“ bis auf diesen Tag.

Inzwischen war der König von Ägypten heraufgekommen und hatte Geser gewonnen und mit Feuer verbrannt und die Stadt seiner Tochter, Salomos Frau, zum Geschenk gegeben. Salomo baute sie und andere Städte wieder auf, vor allem die Städte mit Vorratshäusern und alle Städte mit Kriegswagen und Gespannen. Er machte alle Nachkommen der früheren Einwohner des Landes zu Fronarbeitern. Aber von den Israeliten machte er keinen zu Sklaven, sondern ließ sie Kriegsleute und seine Räte und Oberste und Ritter und Hauptleute über seine Wagen und Gespanne sein.

Die Tochter des Pharao zog herauf von der Stadt Davids in ihr Haus, das er für sie gebaut hatte. Salomo ließ auch Schiffe bauen bei Elath am Ufer des Meers im Land der Edomiter.

Hiram sandte dazu Schiffsleute, die auf dem Meer erfahren waren. Die fuhren mit den Leuten Salomos nach Ophir und holten dort vierhundertzwanzig Zentner Gold und brachten es dem König Salomo (1. Kön 9,10–28, gekürzt).

 

Die Königin von Saba:

[Die Königin von Saba ist nach allgemeiner Auffassung eher eine legendäre, denn eine geschichtliche Figur. Sie soll im 10. Jahrhundert vor Christus eine Reise nach Jerusalem unternommen haben, deren älteste schriftliche Erwähnungen in der Bibel zu finden sind. Ihren Herkunftsort muß man in Arabien vermuten, aber auch die früheren äthiopischen Kaiser führten ihre Familie auf die Königin von Saba zurück].

 

Als die Königin von Saba die Kunde von Salomo vernahm, kam sie, um Salomo mit Rätselfragen zu prüfen. Sie kam nach Jerusalem mit einem sehr großen Gefolge, mit Kamelen, die Gewürze trugen und viel Gold und Edelsteine. Als sie zum König Salomo kam, redete sie ihm alles, was sie sich vorgenommen hatte. Und Salomo gab ihr Antwort auf alles, und es war dem König nichts verborgen, was er ihr nicht hätte sagen können.

Als aber die Königin von Saba alle Weisheit Salomos sah und das Haus, das er gebaut hatte, und die Speisen für seinen Tisch und die Rangordnung für seine Großen und die Bedienung durch seine Leute und ihr Kleidung und seine Mundschenken und seine Brandopfer, die er im Hause des Herrn opferte, geriet sie vor Staunen außer sich.

 

Sie sprach zum König: „Es ist wahr, was ich in meinem Land von deinen Taten und von deiner Weisheit gehört habe. Ich habe es nicht glauben wollen, bis ich gekommen bin und es mit meinen Augen gesehen habe. Aber nicht die Hälfte ist mir gesagt worden. Du hast mehr Weisheit und Güter, als die Kunde sagt, die ich vernommen habe. Glücklich sind deine Männer und die Großen, die allezeit vor dir stehen und deine Weisheit hören. Gelobt sei der Herr, dein Gott, der an dir Wohlgefallen hat, so daß er dich auf den Stuhl Israels gesetzt hat. Weil der Herr Israel liebhat für immer, hat er dich zum König eingesetzt, daß du Recht und Gerechtigkeit übst!“

Sie gab dem König hundertzwanzig Zentner Gold und sehr viel Gewürz und Edelsteine. Es kam nie mehr so viel Gewürz ins Land, als die Königin von Saba dem König Salomo gab. Dazu kamen die Schiffe Hirams, die Gold aus Ophir führten und die auch sehr viel Sandelholz und Edelsteine brachten. Der König ließ Pfeiler aus Sandelholz machen im Hause des Herrn und im Hause des Königs und Harfen und Zithern für die Sänger. Es kam nie mehr so viel Sandelholz ins Land und wurde auch nicht mehr gesehen bis auf diesen Tag. Und der König Salomo gab der Königin von Saba alles, was ihr gefiel und was sie erbat, außer dem, was er ihr von sich aus gab. Und sie wandte sich und zog in ihr Land samt ihrem Gefolge (1.Kön 10,1–13).

 

Salomos Reichtum:

Das Gewicht des Goldes aber, das in einem Jahr für Salomo einkam, war sechshundertsechsundsechzig Zentner, außer dem, was von den Händlern und dem Gewinn der Kaufleute und von allen Königen Arabiens und von den Statthaltern bekam. König Salomo ließ zweihundert Schilde ausbesten Gold machen und dreihundert kleienSchilde von bestem Gold, je drei Pfund Gold zu einem kleinen Schild. Er brachte sie in das Libanon-Waldhaus.

Der König machte einen großen Thron von Elfenbein und überzog ihn mit dem edelsten Gold. Der Thron hatte sechs Stufen, und hinten am Thron waren Stierköpfe und es waren Lehnen auf beiden Seiten um den Sitz, und zwei Löwen standen an den Lehnen. Zwölf Löwen standen auf den sechs Stufen auf beiden Seiten. So etwas ist nie gemacht in allen Königreichen. Alle Trinkgefäße des Königs Salomo waren golden, und alle Gefäße im Libanon-Waldhaus waren auch aus lauterem Gold, denn das Silber achtete man zu den Zeiten Salomos für nichts.

Die Tarsisschiffe des Königs, die auf dem Meer mit den Schiffen Hirams fuhren, kamen alle drei Jahre und brachten Gold, Silber, Elfenbein, Affen und Pfauen.

So war der König Salomo größer an Reichtum und Weisheit als alle Könige auf Erden. Und alle Welt begehrte Salomo zu sehen, damit sie die Weisheit hörten, die ihm Gott in sein Herz gegeben hatte. Jedermann brachte ihm jährlich Geschenke, silberne und goldene Geräte, Kleider und Waffen, Gewürze, Rosse und Maultier. Und Salomo brachte Wagen und Reiter zusammen, so daß er hatte tausendvierhundert Wagen und zwölftausend Reiter, und er legte sie in die Wagenstädte und zum König nach Jerusalem.

Der König brachte es dahin, daß es in Jerusalem so viel Silber gab wie die Steine, und Zedern­holz so viel wie wilde Feigenbäume im Hügelland. Man brachte dem Salomo auch Pferde aus Ägypten und aus Koe, und die Kaufleute des Königs kauften sie aus Koe zu ihrem Preis. Sie brachten aus Ägypten herauf den Wagen für sechshundert Silberstücke und ein Pferd für hundertfünfzig Silberstücke. Dann führten sie diese wieder aus an alle Könige der Hethiter und an die Könige von Aram (1. Kön 10,14–29)[Die Angaben über den Reichtum Salomos sind sicher übertrieben].

 

Salomos Vielweiberei und Götzendienst:

Aber der König Salomo liebte viel ausländische Frauen: Die Tochter Pharaos und moabitische, ammonitische, edomitische, sidonische und hethitische Frauen, aus solchen Völkern, von denen der Herr den Israeliten gesagt hatte: „Geht nicht zu ihnen und laßt sie nicht zu euch kommen, denn sie werden gewiß eure Herzen ihren Göttern zuneigen!“ Aber an diesen hing Salomo mit Liebe. Er hatte siebenhundert Frauen und dreihundert Nebenfrauen. Diese verleiteten sein Herz.

Als Salomo alt war, neigten seine Frauen sein Herz den fremden Göttern nach, so daß sein Herz nicht ungeteilt bei dem Herrn war, wie das Herz seines Vaters David. Er tat, was dem Herrn mißfiel. So diente er der Astarte, der Göttin von Sidon, und dem Milkom, dem greulichen Götzen der Ammoniter. Er baute ein Höhenheiligtum für den Kemosch, den greulichen Götzen der Moabiter, auf dem Berg vor Jerusalem. Und er baute ein Höhenheiligtum für den Moloch, den greulichen Götzen der Ammoniter.

Das tat er für alle seine ausländischen Frauen, die ihren Göttern räucherten und opferten. Der Herr aber wurde zornig über Salomo, weil er sein Herz von dem Gott Israels abgewandt hatte, der ihm zweimal erschienen war und ihm solches geboten hatte, daß er nicht anderen Göttern nachgehen sollte. Er aber hatte nicht gehalten, was ihm der Herr geboten hatte.

Darum sprach der Herr zu Salomo: „Weil das bei dir geschehen ist und du meinen Bund und meine Gebote nicht gehalten hast, so will ich auch das Königtum von dir reißen und deinem Großen geben. Doch zu deiner Zeit will ich es noch nicht tun um deines Vaters David willen, sondern aus der Hand deines Sohnes will ich es reißen. Doch ich will nicht das ganze Reich abreißen, sondern einen Stamm will ich deinem Sohn geben um Davids willen und um Jerusalems willen, das ich erwählt habe ((1. Kön 11,1-13).

 

Salomos Feinde und Tod:

Der Herr erweckte Salomo einen Widersacher, nämlich den edomitischen Königsohn Hadad, der mit einigen Männern vor den Kriegern Davids nach Ägypten geflohen war. Der dortige Pharao gab ihm sogar die Schwester seiner Frau. Als Hadad aber hörte, daß David und Joab gestorben waren, kehrte er in sein Land zurück und wurde König über Edom.

Gott erweckte auch den Widersacher Reson, der von seinem Herrn Hadadeser, dem König zu Zoba, geflohen war. Er hatte Männer um sich gesammelt und wurde der Hauptmann einer Schar von Kriegern, und er zog nach Damaskus und wurde König von Damaskus. Er war Israels Widersacher, solange Salomo lebte.

Auch Jerobeam, ein Ephraimiter von Zereda, Salomos Vogt, hob auch die Hand auf gegen den König. Das kam so: Als Salomo das Millo baute und dadurch die Lücke in der Davidsstadt verschloß, setzte er Jerobeam ein als Aufseher über die Fronarbeiter aus dem Stamm Joseph. Zu dieser Zeit ging Jerobeam aus von Jerusalem und es traf ihn der Prophet Ahia von Silo auf dem Weg.

Und Ahia faßte den neuen Mantel, den er anhatte, und riß ihn in zwölf Stücke und sprach zu Jerobeam: „Nimm zehn Stücke zu dir! Denn so spricht der Herr, der Gott Israels: Siehe, ich will das Königtum aus der Hand Salomos reißen und dir zehn Stämme geben. Nur noch einen Stamm soll er haben um meines Dieners David willen und um der Stadt Jerusalem willen. Weil er mich verlassen hat und die fremden Götter angebetet hat und nicht gegangen ist auf meinen Wegen. Ich will aber das ganze Reich jetzt noch nicht aus seiner Hand nehmen, sondern ich will ihn Fürst sein lassen sein Leben lang um Davids willen!“

 

Weiter sprach er: „Aber aus der Hand seines Sohnes will ich das Königtum nehmen und will dir zehn Stämme und seinem Sohn nur einen Stamm geben, damit David noch eine Leuchte hat in der Stadt Jerusalem. So will ich nun dich nehmen, daß du regierest über alles, was dein Herz begehrt, und sollst König sein über Israel. Wirst du nun gehorchen allem, was ich dir gebieten werde, und in meinen Wegen gehen und tun, was mir gefällt und meine Rechte und Gebote halten, wie mein Knecht David getan hat: so will ich mit dir sein und dir ein beständiges Haus bauen, wie ich es David gebaut habe, und will dir Israel geben!“

Salomo aber trachtete danach, Jerobeam zu töten. Da machte sich Jerobeam auf und floh nach Ägypten zu dem König von Ägypten, und blieb in Ägypten, bis Salomo starb. Was mehr von Salomo zu sagen ist, und alles, was er getan hat, und seine Weisheit, das ist geschrieben im Buch der Könige. Salomo war vierzig Jahre König in Jerusalem über ganz Israel. Er legte sich zu seinen Vätern und wurde begraben in der Davidsstadt. Und sein Sohn Rehabeam wurde König an seiner Stelle (1. Kön 11,14–43, gekürzt).

 

 

Die Geschichte der Könige Israels (1. Kön 12 – 2. Kön 17):                                        

 [Die Darstellung der israelitischen und judäischen Könige weist einen gleichförmigen Rahmen auf, der ein Charakteristikum für die Art der Geschichtsschreibung in den Königsbüchern ist. Bei den Königen Israels sieht er so aus: Einleitung – Synchronische Datierung – Regierungsdauer – Religiöse Beurteilung. Schluß: Quellenlage – Todesnotiz – Bestattung (Bestattungsort) – Nachfolger.

Bei den Königen Judas sieht er so aus: Einleitung – Synchronische Datierung – Alter bei der Thronbesteigung – Regierungsdauer – Name der Königsmutter – Religiöse Beurteilung. Schluß: Quellenlage – Todesnotiz – Nachfolger. Dieser Rahmen ist als Erzählgerüst um die Beschreibungen der individuellen Taten der Könige gelegt.

 

Zeittafel für einige der Könige des Nordreichs Israel (insgesamt 20):

1. Jerobeam I. ( 926 - 907) 22 Jahre, zwei Jahre Überschneidung mit Nadab

2. Sein Sohn Nadab (zwei Jahre, ein Jahr Überschneidung mit Bascha)

3. Bascha (Baesa): Regierungszeit nicht eindeutig datiert: 900 - 877 oder 909 - 886

4. Sein Sohn Ela (zwei Jahre, ein Jahr Überschneidung mit Omri und Tibni)

5. Simri (7 Tage)

6. Tibni (etwa. 4 Jahre; Gegenkönig zu Omri)

7. Omri: 876 - 869 oder 885 -874

8. Sein Sohn Ahab war von etwa 875 bis 852 König des Nordreiches Israel.

  Er regierte 22 Jahre, zwei Jahre Überschneidung mit Ahasja, ein Jahr mit Joram.

  Im Jahre 853 vCh Schlacht von Karkar, an der Ahab beteiligt war.

  Er starb im Krieg gegen die Aramäer

 9. Sein Sohn Ahasja: Zwei Jahre, 850 - 849 oder 852 - 851.

 

Zeittafel für einige Könige des Südreiches Juda (insgesamt 20):

1. Rehabeam war von 926 - 910 der erste König des Reiches Juda.

2. Abija: Drei Jahre (ein Jahr Überschneidung mit Asa)

3. Asa: Regierte 41 Jahre non 913 bis 873 (ein Jahr Überschneidung mit Josafat)

 4. Josafat (25 Jahre, vier Jahre Überschneidung mit Joram)

 5. Joram (acht Jahre, ein Jahr Überschneidung mit Ahasja) 849- 842 oder 848 - 841

6. Ahasja (auch Jehoahas genannt) war nur wenige Monate König im Jahr 842 oder 841].

 

Teilung des Reichs: Rehabeams Torheit und Jerobeams Götzendienst:

Rehabeam zog nach Sichem, denn das ganze Israel war nach Sichem gekommen, um ihn zum König zu machen. Jerobeam hörte das in Ägypten und sie sandten Boten hin und ließen ihn rufen. Jerobeam und die ganze Gemeinde Israel kamen und redeten mit Rehabeam und sprachen: „Dein Vater hat unser Joch zu hart gemacht. So mache du nun den harten Dienst und das schwere Joch leichter, das er uns aufgelegt hat, so wollen wir dir untertan sein!“ Rehabeam aber sprach zu ihnen: „Geht hin bis zum dritten Tag, dann kommt wieder zu mir!“ Und das Volk ging hin.

König Rehabeam hielt einen Rat mit den Ältesten, die die noch von seinem Vater Salomo da waren, und sprach: „Wie ratet ihr, daß wir diesem Volk antworten?“

Sie sprachen zu ihm: „Wirst du heute diesem Volk einen Dienst tun und ihnen zu Willen sein und sie erhören und ihnen gute Worte geben, so werden sie dir untertan sein dein Leben lang!“

Aber er ließ den Rat der Ältesten außer acht und hielt einen Rat mit den Jüngeren, die mit ihm aufgewachsen waren und zu ihm standen. Diese sprachen zu ihm: „Du sollst zu dem Volk sa­gen: Mein kleiner Finger soll dicker sein als meines Vaters Lenden. Mein Vater hat ein schweres Joch auf euch geladen. Ich aber will euch noch schwerer machen: Mein Vater hat euch mit Peitschen gezüchtigt, ich will euch mit Skorpionen züchtigen!"

Als Jerobeam mit dem Volk am dritten Tag zu Rehabeam kam, gab der König dem Volk eine harte Antwort und ließ außer acht den Rat, den ihm die Ältesten gegeben hatten,

und sprach: „Mein Vater hat euer Joch schwer gemacht. Ich aber will des euch noch schwerer machen: Mein Vater hat euch mit Peitschen gezüchtigt, ich aber will euch mit Skorpionen züchtigen!“ So gehorchte der König dem Volk nicht, denn so war es bestimmt von dem Herrn, damit er sein Wort wahr mache, das er durch Ahia von Silo geredet hatte zu Jerobeam. Als aber Israel sah, daß der König nicht auf sie hören wollte, gab das Volk dem König zur Antwort: „Was haben wir für einen Anteil an David? Auf zu deinen Hütten, Israel! Und sieh nun du nach deinem Haus, David!“ So ging Israel heim.

Rehabeam regierte nur über die Israeliten, die in den Städten Judas wohnten. Und als der Rehabeam den Fronvogt hin sandte, warf ihn ganz Israel mit Steinen zu Tode. Da stieg König Rehabeam eilends auf einen Wagen, um nach Jerusalem zu fliehen. So fiel Israel ab von der Familie Davids bis auf diesen Tag. Es folgte niemand der Familie Davids als der Stamm Juda allein. Als nun ganz Israel hörte, daß Jerobeam wiedergekommen war, ließen sie ihn rufen zu der ganzen Gemeinde und machten ihn zum König über ganz Israel.

Als Rehabeam nach Jerusalem kam, sammelte er den Stamm Juda und den Stamm Benjamin, hundertundachtzigtausend junge, streitbare Männer, um gegen Israel zu kämpfen und das Königreich wieder an Rehabeam zu bringen. Da kam Gottes Wort zu Semaja, dem Mann Gottes „Sage Rehabeam und den Stämmen Juda und Benjamin: So spricht der Herr: Ihr sollt nicht hinaufziehen und gegen eure Brüder, die Israeliten, kämpfen. Geht alle wieder heim, denn das alles ist so von mir geschehen!“ Sie gehorchten dem Wort des Herrn und kehrten um, wie der Herr gesagt hatte.

Jerobeam aber baute Sichem auf dem Gebirge Ephraim aus und wohnte dort. Dann aber zog von dort wieder weg und baute Pnuel aus. Jerobeam aber dachte in seinem Herzen: „Das Königtum wird vielleicht wieder an die Familie Davids fallen. Wenn dies Volk hinaufgeht, um Opfer zu tun im Haus des Herrn in Jerusalem, so wird sich das Herz dieses Volkes wieder wenden zu König Rehabeam, und sie werden mich umbringen und wieder dem König Judas zufallen!“

Der König hielt einen Rat und machte zwei goldenen Kälber und sprach zum Volk: „Es ist zuviel für euch, hinauf nach Jerusalem zu gehen. Seht, hier sind deine Götter, Israel, die dich aus Ägypten geführt haben!“ Und er stellte ein Kalb in Bethel, und das andere gab er nach Dan. Aber das war eine Sünde, denn das Volk ging zum Teil nach Bethel und zum Teil nach Dan.

Jerobeam baute auch ein Höhenheiligtum (in Dan) und bestellte Priester aus dem gewöhnlichen Volk, die nicht von den Leviten waren.

Dann machte er ein Fest am fünfzehnten Tage des achten Monats wie das Fest in Juda und opferte auf dem Altar den Kälbern, die er gemacht hatte. Auch in Bethel bestellte er Priester auf dem Höhenheiligtum, das er gemacht hatte (1. Kön 12, leicht gekürzt)

[Die Kälber waren nicht dazu gedacht, wie die Götzenbilder der anderen Völker angebetet zu werden, sondern sie sollten nur so eine Art Fundament sein, auf denen der Gott Israels unsichtbar stehen konnte. Aber natürlich war auch das eine Vermischung der Religionen und in den Augen der echten Gläubigen ein Götzendienst].

 

[Die Prophetendarstellungen . Die Propheten treten als von Gott gesandte Mahner auf, die König und Volk den rechten Weg weisen. Sie besitzen Wunderkräfte und ihr Wort bewahrheitet sich: Die unterschiedlichen Propheten im Königsbuch sind die von Gott gesandten Mahner, die den Königen den Untergang ihrer Herrschaft und des Landes ankündigen. Die Darstellung ihres Auftretens bzw. ihrer Wirkung unterliegen einer gewissen Gleichförmigkeit, deren vier gestalterische Elemente Wortereignisformel/Botenformel (1), Begründung (2), Drohung (3) und Erfüllung (4) sind. Mit dem Auftreten der Propheten wird theologisch das Funktionieren des göttlichen Wortes in der Geschichte aufgezeigt. Neben Elia und Elia werden in den Königbüchern die folgenden Propheten erwähnt: Ahia von Silo, Semaja, ein ungenannter Prophet (tritt auf gegen den Altar von Bethel), Zedekia (gegen einen weiteren Propheten Micha ben Jimla) und Jesaja].

 

Ein Prophet verkündet die Strafe für den Götzendienst:

Eines Tages opferte Jerobeam auf dem Altar, den er in Bethel gemacht hatte. Es war bei dem Fest am fünfzehnten Tage des achten Monats, das er sich ausgedacht hatte. Er opferte selbstauf dem Altar und räucherte.

Da kam, ein Mann Gottes von Juda (!) durch das Wort des Herrn nach Bethel. Er rief gegen den Altar im Auftrag des Herrn und sprach: „Altar, Altar! So spricht der Herr: Siehe, es wird ein Sohn dem Hause David geboren werden mit Namen Josia. Der wird auf dir schlachten die Priester der Höhen und wird Menschengebeine auf dir verbrennen!“ Er gab an dem Tag ein Wunderzeichen und sprach: „Das ist das Wunderzeichen dafür, daß der Herr das alles geredet hat: Der Altar wird bersten und die Asche verschüttet werden!“

Als aber der König das Wort von dem Gottesmann hörte, der gegen den Altar in Bethel rief, streckte er seine Hand aus auf dem Altar und sprach: „Greift ihn!“ Aber seine Hand verdorrte, die er gegen ihn ausgestreckt hatte, und er konnte sie nicht wieder zu sich ziehen. Und der Altar riß auseinander und die Asche wurde verschüttet, wie es der Prophet im Auftrag Gottes vorausgesagt hatte. Da sprach der König zu dem Mann Gottes: „Flehe doch deinen Gott an und bitte für mich, daß ich meine Hand wieder zu mir ziehen kann!“ Da bat der Mann Gottes den Herrn, und der König konnte seine Hand wieder zu sich ziehen und sie wurde, wie sie vorher war.

 

Der König redete mit dem Mann Gottes: „Komm mit mir heim und stärke dich, ich will dir auch ein Geschenk geben!“ Aber der Mann Gottes sprach zum König: „Wenn du mir auch dein halbes Haus gäbst, so käme ich doch nicht mit dir, denn ich will an diesem Ort kein Brot essen noch Wasser trinken. Denn es ist mir befohlen durch des Herrn Wort: Du sollst kein Brot essen und kein Wasser trinken und nicht wieder den Weg kommen, den du gegangen bist!“ So ging er dann auch einen andern Weg und nicht wieder den Weg, den er nach Bethel gekommen war.

Es wohnte aber ein alter Prophet in Bethel. Zu dem kamen seine Söhne und erzählten ihm alles, was der Mann Gottes getan hatte in Bethel, und die Worte, die er zum König geredet hatte. Der Vater sprach zu ihnen: „Welchen Weg ist er gezogen?“ Seine Söhne zeigten ihm den Weg. Er aber sprach zu seinen Söhnen: „Sattelt mir den Esel!“ Er ritt hinter dem Mann Gottes her und fand ihn unter einer Eiche sitzen und sprach: „Bist du der Mann Gottes, der von Juda gekommen ist?“ Er sprach:“Ja!“ Er sprach zu ihm: „Komm mit mir heim und iß Brot mit mir!“ Er aber sprach: „Ich kann nicht mit dir umkehren und mit dir kommen. Ich will auch kein Brot essen und kein Wasser trinken mit dir an diesem Ort, denn so ist es mit mir durch das Wort des Herrn gesagt worden!“

Der andere aber sprach zu ihm: „Ich bin auch ein Prophet wie du, und ein Bote Gottes hat mit mir geredet und gesagt: Führe ihn wieder mit dir heim, daß er Brot esse und Wasser trinke!“ Das war aber gelogen. Aber er führte den Mann Gottes wieder zurück, daß er Brot aß und Wasser trank in seinem Haus. Als sie aber zu Tisch saßen, kam das Wort des Herrn zu dem Propheten, der ihn wieder zurückgeführt hatte. Er rief dem Mann Gottes zu, der da von Juda gekommen war, und sprach: „So spricht der Herr: Weil du dem Mund des Herrn ungehorsam gewesen bist und hast das Gebot nicht gehalten, das dir der Herr, dein Gott, geboten hat, sondern bist umgekehrt und hast Brot gegessen und Wasser getrunken, so soll deine Leiche nicht in deiner Väter Grab kommen!“

Nachdem der Mann aus Juda das Brot gegessen und getrunken hatte, sattelte man für ihn den Esel des Propheten, der ihn wieder zurückgeführt hatte. Und als er seines Weges zog, fand ihn ein Löwe und tötete ihn. Seine Leiche blieb auf dem Weg liegen, und der Esel stand neben ihm und der Löwe stand neben der Leiche. Als Leute vorübergingen und das sahen, sagten sie es in der Stadt, in der der alte Prophet wohnte.

Als das der Prophet hörte, der ihn wieder zurückgeführt hatte, zog er mit seinem Esel hin und fand die Leiche auf dem Weg. Der Esel und der Löwe standen neben der Leiche, der Löwe hatte nichts gefressen von der Leiche und auch den Esel nicht zerrissen. Da hob der Prophet die Leiche des Mannes Gottes auf und legte ihn auf den Esel und führte ihn wieder zurück und kam in die Stadt des alten Propheten, um die Totenklage zu halten und in zu begraben. Er legte den Toten in sein eigenes Grab und sie hielten ihm die Totenklage.

Als sie ihn begraben hatten, sprach er zu seinen Söhnen: „Wenn ich sterbe, dann begrabt mich in dem Grab, in dem der Mann Gottes begraben ist. Denn es wird sich erfüllen, was er gerufen hat gegen den Altar in Bethel und gegen alle Höhenheiligtümer, die in den Städten Samarias sind!“

Aber auch nach diesem Geschehen kehrte sich Jerobeam nicht von seinem bösen Weg ab, sondern bestellte wieder Priester für die Höhenheiligtümer aus allem Volk. Wer es wollte, dessen Hand füllte er, und der wurde Priester der Höhen. Dies geriet zur Sünde der Familie Jerobeams, so daß es zugrunde gerichtet und von der Erde vertilgt wurde (1. Kön 13, gekürzt).

 

Reich Israel: Jerobeam Ende:

Eines Tages wurde Abia, der Sohn Jerobeams, krank. Jerobeam sprach zu seiner Frau: „Mache dich auf und verkleide dich, daß niemand merkt, daß du Jerobeams Frau bist. Geh nach Silo. Dort ist der Prophet Ahia, der mit mir zugesagt hat, daß ich König über dies Volk sein sollte. Nimm zehn Brote und Kuchen und einen Krug mit Honig mit dir und geh zu ihm, daß er dir sage, wie es dem Knaben gehen wird!“

Jerobeams Frau tat das und ging hin nach Silo und kam in das Haus Ahias. Dieser aber konnte nicht sehen, denn seine Augen standen starr wegen seines Alters. Aber der Herr sprach zu Ahia: „Siehe, die Frau Jerobeams kommt, um dich wegen ihres Sohns zu befragen, denn er ist krank. So rede nun mit ihr so und so!“

Als sie nun hineinkam, stellte sie sich fremd. Als aber Ahia das Geräusch ihrer Füße hörte, wie sie zur Tür hereinkam, sprach er: „Komm herein, du Frau Jerobeams! Warum stellst du dich so fremd? Ich bin zu dir gesandt als ein harter Bote. Geh hin und sage Jerobeam: So spricht der Herr, der Gott Israels: Ich habe dich erhoben aus dem Volk und zum Fürsten über mein Volk Israel gesetzt und habe das Königtum von der Familie Davids gerissen und dir gegeben. Du aber bist nicht gewesen wie mein Diener David, der meine Gebote hielt und von ganzem Herzen nach meinem Willen lebte, daß er nur tat, was mir wohl gefiel. Du hast mehr Böses getan als alle, die vor dir gewesen sind. Du bist hingegangen und hast dir andere Götter gemacht und gegossene Bilder, um mich zum Zorn zu reizen, und hast mir den Rücken gekehrt!“

Nach dieser Anklage spricht der Prophet die Folgen aus: „Darum siehe, ich will Unheil über die Familie Jerobeams führen und ausrotten von Jerobeam alles, was männlich ist, bis auf den letzten Mann, und will die Nachkommen Jerobeams ausfegen, wie man Unrat ausfegt, bis es ganz mit ihm aus ist. Wer von Jerobeams Angehörigen in der Stadt stirbt, den sollen die Hunde fressen. Wer aber auf dem Felde stirbt, den sollen die Vögel des Himmels fressen, denn der Herr hat es geredet. So mache dich nun auf und gehe heim. Und wenn dein Fuß die Stadt betritt, wird das Kind sterben. Ganz Israel wird ihm die Totenklage halten und sie werden ihn begraben, denn dieser Junge allein wird ein Grab erhalten, weil der Herr in der Familie Jerobeams allein bei ihm etwas Gutes gefunden hat!“

Dann gibt der Prophet noch den Ausblick: „Der Herr aber wird sich einen neuen König über Israel erwecken, der wird die Familie Jerobeams ausrotten Der Herr wird auch Israel schlagen, daß es schwankt, wie das Rohr im Wasser bewegt wird, und wird Israel ausreißen aus diesem guten Lande, daß er ihren Vätern gegeben hat, und wird sie zerstreuen jenseits des Euphrat, weil sie sich Ascherabilder gemacht haben, um den Herrn zu erzürnen. Er wird Israel dahingeben um der Sünden Jerobeams willen, der da gesündigt hat und Israel sündigen gemacht hat!“

Die Frau Jerobeams machte sich auf. Als sie auf die Schwelle des Hauses kam, starb der Junge. Sie begruben ihn und ganz Israel hielt die Totenklage, wie es der Herr gesagt hatte. Was noch mehr von Jerobeam zu sagen ist, wie er Krieg geführt und regiert hat, das ist geschrieben in der Chronik der Könige Israels. Jerobeam regierte zweiundzwanzig Jahre. Er legte sich zu seinen Vätern, und sein Sohn Nadab wurde König an seiner Stelle (1. Kön 14, 1–20).

 

Rehabeam von Juda:

Rehabeam, der Sohn Salomos, war König in Juda. Einundvierzig Jahre alt war Rehabeam, als er König wurde, und regierte siebzehn Jahre in Jerusalem, in der Stadt, die der Herr erwählt hatte aus allen Stämmen Israels, damit er dort seinem Namen eine Stätte bereite. Seine Mutter hieß Naama und war eine Ammoniterin.

Aber Juda tat, was dem Herrn mißfiel. Sie reizten ihn mehr, als alles ihn reizte, das ihre Väter getan hatten mit ihren Sünden, die sie taten. Denn auch sie bauten Höhenheiligtümer, Steinmale und Ascherabilder auf allen hohen Hügeln und unter allen grünen Bäumen. Es waren auch Tempelhurer im Land. Sie taten alle die Greuel der anderen Völker, die der Herr vor den Israeliten vertrieben hatte.

Aber im fünften Jahr des Königs Rehabeam zog der ägyptische König Schischak herauf gegen Jerusalem und nahm die Schätze aus dem Haus des Herrn und aus dem Haus des Königs und alles, was zu nehmen war, und nahm auch alle goldenen Schilde mit, die Salomo hatte machen lassen. An ihrer Stelle ließ der König Rehabeam kupferne Schilde machen und gab sie unter die Hand der Leibwache, die das Tor hütete am Haus des Königs. Und so oft der König in das Haus des Herrn ging, trug die Leibwache die Schilde und brachten sie wieder in die Wachstube zurück.

Was aber noch mehr von Rehabeam zu sagen ist und alles was er getan hat, das ist geschrieben in der Chronik der Könige von Juda. Es war aber Krieg zwischen Rehabeam und Jerobeam ihr Leben lang. Rehabeam legte sich zu seinen Vätern und wurde begraben mit seinen Vätern in der Davidsstadt. Und sein Sohn Abiam ward König an seiner Stelle (1. Kön 14,21–31).

 

Abija und Asa von Juda:

Im achtzehnten Jahr des Königs Jerobeam wurde Abiam der König in Juda und regierte drei Jahre in Jerusalem. Seine Mutter hieß Maacha und war eine Tochter Ab­saloms. Er beging alle Sünden seines Vaters. Es war aber Krieg zwischen Abiam und Jerobeam. Was aber noch mehr von Abiam zu sagen ist und alles, was er getan hat, das ist geschrieben in der Chronik der Könige von Juda. Abiam legte sich zu seinen Vätern, und sie begruben ihn in der Davidsstadt.

Sein Sohn Asa wurde König an seiner Stelle im zwanzigsten Jahr des Königs Jero­beam von Israel. Er regierte einundvierzig Jahre in Jerusalem. Er tat was dem Herrn wohl gefiel: Er tat die Tempelhurer aus dem Land und entfernte alle Götzen, die seine Väter gemacht hatten. Das Silber und Gold und die Geräte, die sein Vater und er selbst zum Gottesdienst bestimmt hatten war, brachte er zum Haus des Herrn. Er setzte sogar seine Mutter Maacha ab, weil sie ein Greuelbild der Aschera gemacht hatte, das er dann am Bach Kidron verbrannte. Aber die vielen Höhenheiligtümer entfernte sein Volk nicht. Doch war das Herz Asas ungeteilt bei dem Herrn sein Leben lang.

Es war ein Krieg zwischen Asa und Baesa, dem König Israels, ihr Leben lang. Basea zog herauf gegen Juda und baute Rama aus, damit niemand aus- und einziehen sollte auf Asas Seite. Da nahm Asa alles Silber und Gold, das im Haus des Herrn und im Haus des Königs war, und gab es in die Hände seiner Räte und sandte sie zu Ben­ha­dad, dem König von Syrien, der in Damaskus wohnte, und ließ ihm sagen: „Es besteht doch ein Bündnis zwischen mir und dir und zwischen meinem Vater und deinem Vater. Darum schicke ich dir ein Geschenk, Silber und Gold, damit du das Bünd­nis aufgibst, das du mit dem König Israels hast, damit er von mir abziehe!“

Benhadad hörte auf die Bitte Asas und sandte seine Obersten gegen die Städte Israels und schlug das ganze Land Naphthali. Als das Baesa hörte, ließ er von Rama ab und zog wieder in seine Hauptstadt Thirza. König Asa aber bot ganz Juda auf und sie nahmen die Steine und das Holz von Rama weg und baute damit Geba in Benjamin und Mizpa aus.

Was aber mehr von Asa zu sagen ist und alle seine tapferen Taten und alles, was er getan hat, und die Städte, die er gebaut hat, das ist geschrieben in der Chronik der Könige von Juda. Nur war er in seinem Alter an seinen Füßen krank.

Asa legte sich zu seinen Vätern und wurde begraben mit seinen Vätern in der Davidsstadt. Sein Sohn, Josaphat wurde König an seiner Stelle (1. Kön 15,1–24, gekürzt).

 

Nadab und Baesa von Israel:

Nadab, der Sohn Jerobeams, wurde König über Israel im zweiten Jahr Asas, des Königs von Juda, und regierte über Israel zwei Jahre. Er tat, was dem Herrn mißfiel, und ging auf dem Weg seines Vaters und in seiner Sünde. Es war aber Krieg zwischen Asa und Baesa ihr Leben lang. Doch Baesa aus dem Stamm Issaschar machte eine Verschwörung gegen Baesa und erschlug ihn, als er eine Stadt der Philister belagerte. Was aber sonst noch mehr von ihm zu sagen ist, das ist geschrieben in der Chronik der Könige Israels.

Baesa wurde König an Nadabs Stelle und er schlug die ganze Sippe Jerobeams und ließ nichts übrig, entsprechend dem Wort des Herrn, das er geredet hatte durch seinen Knecht Ahia von Silo Baesa regierte vierundzwanzig Jahre und tat, was dem Herrn miß gefiel, und ging auf dem Weg Jerobeams und in seiner Sünde, durch die er Israel sündigen gemacht hatte.

 Es kam aber das Wort des Herrn zu Jehu gegen Baesa und sprach: „Weil ich dich aus dem Staub erhoben habe und zum Fürsten gemacht habe über mein Volk Israel und du doch gingst auf dem Weg Jerobeams, so will ich Baesa und seine Familie ausrotten wie die Familie Jerobeams. Wer aus der Familie Baesa stirbt in der Stadt, den sollen die Hunde fressen. Wer auf dem Felde stirbt, den sollen die Vögel des Himmels fressen!“

Was aber noch mehr von Baesa zu sagen ist und was er getan hat, und seine tapferen Taten, das ist geschrieben in der Chronik der Könige Israels. Baesa legte sich zu seinen Vätern und wurde begraben in Thirza. Und sein Sohn Ela wurde König an seiner Stelle (1.Kön 15,25 - 16,7, leicht gekürzt).

 

Ela, Simri und Omri von Israel:

Im sechsundzwanzigsten Jahr Asas, des Königs von Juda, wurde Ela für zwei Jahre der König über Israel in Thirza. Aber sein Krieger Simri, der Oberste über die Hälfte der Kriegswagen, machte eine Verschwörung gegen ihn. Ela war aber in Thirza, trank und war betrunken im Hause des Hofmeisters. Da kam Simri hinein und schlug ihn tot im siebenundzwanzigsten Jahr Asas, des Königs von Juda, und ward König an seiner Stelle.

Als er König war und auf seinem Thron saß, erschlug er die ganze Familie Baesas, und ließ nichts übrig, was männlich war, dazu seine Verwandten und seine Freunde. So vertilgte Simri die ganze Sippe Baesas nach dem Wort des Herrn, das er über Baesa geredet hatte durch den Propheten Jehu, wegen all der Sünden Baesas und seines Sohnes Ela, die sie taten und durch die sie Israel sündigen machten. Was aber noch mehr von Ela zu sagen ist und alles, was er getan hat, das ist geschrieben in der Chronik der Könige Israels.

Im siebenundzwanzigsten Jahr Asas, des Königs von Juda, wurde Simri sieben Tage König in Thirza. Das Volk aber belagerte eine Philisterstadt. Als aber das Volk im Lager hörte, daß Simri eine Verschwörung gemacht und auch den König erschlagen hatte, machte ganz Israel an diesem Tag den Feldhauptmann Omri zum König über Israel.

Omri zog herauf und das ganze Israel mit ihm und belagerten Thirza. Als aber Simri sah, daß die Stadt eingenommen werden würde, ging er in den Burgturm im Haus des Königs und verbrannte sich mit seiner Familie und starb.

Was aber noch mehr von Simri zu sagen ist und wie er seine Verschwörung machte, das ist geschrieben in der Chronik der Könige Israels. Damals teilte sich das Volk Israel in zwei Teile: Eine Hälfte hing an Tibni und wählte ihn zum König, die andere Hälfte aber hing Omri an. Aber das Volk, das an Omri hing, ward stärker als das Volk, das an Tibni hing. Und Tibni starb, so wurde Omri der König (1.Kön 16,8–21).

 

Omri von Israel:

Im einunddreißigsten Jahr Asas, des Königs von Juda, wurde Omri für zwölf Jahre der König über Israel. Er regierte sechs Jahre in Thirza. Dann kaufte er den Berg Samaria für zwei Zentner Silber und baute auf den Berg eine Stadt und nannte sie „Samaria“ (nach dem früheren Besitzer Semer). Omri tat, was dem Herrn mißfiel und trieb es ärger als alle, die vor ihm gewesen waren, und ging auf allen Wegen Jerobeams und in seinen Sünden. Was aber noch mehr von Omri zu sagen ist und alles, was er getan hat, und seine tapferen Taten, das ist geschrieben in der Chronik der Könige Israels. Omri legte sich zu seinen Vätern und wurde begraben in Samaria. Und sein Sohn Ahab wurde König an seiner Stelle (1. Kön 16,23–28).

 

Ahab von Israel:

Im achtunddreißigsten Jahr Asas, des Königs von Juda, wurde Ahab der König über Israel, und regierte zweiundzwanzig Jahre in Samaria. Er tat was dem Herrn mißfiel, mehr als alle, die vor ihm gewesen waren. Es war noch das Geringste, daß er lebte in der Sünde Jerobeams. Er nahm sogar Isebel, die Tochter des Königs zu Sidon, zur Frau und ging hin und diente Baal und betete ihn an und errichtete einen Altar im Tempel Baals, den er in Samaria baute, und machte auch ein Ascherabild. So tat Ahab mehr, den Herrn zu erzürnen, als alle Könige Israels, die vor ihm gewesen waren. Deshalb trat der Prophet Elia gegen ihn auf (1. Kön16, 29–34).

[Der Nordreichprophet Elia ist während der Zeit der Könige Ahab und Ahasja tätig gewesen, also etwa zwischen 870 und 850 vCh. Er gehört zu den Wanderpropheten, die weder mit einem Heiligtum verbunden sind, noch in einer Prophetengemeinschaft lebte. Es gibt vier Erzählungen mit geschichtlichem Hintergrund: Die Erzählung von Dürre und Regenspenden, vom Gottesurteil auf dem Karmel, vom Justizmord an Naboth und von der versuchten Einführung des absoluten Königtums. Daß Elia mit seinen Ansichten beim Königshaus nicht durchgedrungen ist, zeigt die Erzählung von der Orakelbefragung].

 

Elia am Bach Krith und in Zarpath:

Elia aus Gilead sprach zu Ahab: „So wahr der Herr lebt, vor dem ich stehe: Es soll diese Jahre weder Tau noch Regen kommen, es sei denn, ich sage es!“ Aber dann kam das Wort des Herrn kam zu ihm: „Geh weg von hier und wende dich nach Osten und verbirg dich am Bach Krith, der zum Jordan fließt. Du sollst aus dem Bach trinken. Und ich habe den Raben befohlen, daß sie dich dort versorgen sollen!“

Elia ging hin und tat nach dem Wort des Herrn und setzte sich hin am Bach Krith. Und die Raben brachten ihm das Brot und Fleisch am Morgen und am Abend, und er trank aus dem Bach. Aber nach einiger Zeit vertrocknete der Bach, denn es war kein Regen im Land. Da kam das Wort des Herrn zu Elia: „Mache dich auf und gehe nach Zarpath bei Sidon und bleibe dort, denn ich habe einer Witwe befohlen, daß sie dich versorge!“

Elia machte sich auf und ging nach Zarpath. Als er an das Tor der Stadt kam, da las eine Witwe dort Holz auf. Er rief ihr zu: „Hole mir ein wenig Wasser im Gefäß, daß ich trinke!“ Als sie aber hinging, rief er ihr nach: „Bringe mir auch einen Bissen Brot mit!“

Die Witwe sprach: „So wahr der Herr, dein Gott, lebt, ich habe nichts Gebackenes, nur eine Handvoll Mehl im Topf und ein wenig Öl im Krug. Jetzt habe ich ein oder zwei Stückchen Holz aufgelesen und gehe hinein und will mir und meinem Sohn etwas zu Essen zurichten, damit wir essen und sterben!“

Elia sprach zu ihr: „Fürchte dich nicht! Gehe hin und mache es so, wie du gesagt hast. Doch mache mir zuerst etwas Gebackenes davon und bringe es mir heraus. Dir aber und deinem Sohn sollst du danach auch etwas backen. Denn also spricht der Herr, der Gott Israels: Das Mehl im Topf soll nicht verzehrt werden, und dem Ölkrug soll nichts mangeln bis auf den Tag, an dem der Herr regnen lassen wird auf der Erde!“ Sie ging hin und machte, wie Elia gesagt hatte. Und er aß und sie auch und ihre Familie eine Zeitlang. Aber das Mehl im Topf wurde nicht verzehrt, und dem Ölkrug fehlte nichts, nach dem Wort des Herrn, daß er geredet hatte durch Elia.

Danach wurde der Sohn seiner Hauswirtin, krank, und seine Krankheit wurde so schwer, daß kein Atem mehr in ihm blieb. Die Witwe sprach zu Elia: „Was habe ich mit dir zu schaffen, du Mann Gottes? Du bist zu mir hereingekommen, daß meine Sünde berücksichtigt wird und mein Sohn getötet wird!“

Elia sprach zu ihr: „Gib mir deinen Sohn her!“ Und er nahm ihn von ihrem Schoß und ging hinauf auf den Dachgarten und legte ihn auf sein Bett und rief den Herrn an: „Herr, mein Gott, tust du auch der Witwe, bei der ich ein Gast bin, so Böses an, daß du ihren Sohn tötetest?“ Dann legte er sich dreimal über das Kind und rief den Herrn an: „Herr, mein Gott, laß das Leben wieder in dieses Kind kommen!“

Der Herr erhörte die Stimme Elias und das Leben des Kindes kam wieder zu ihm und es wurde lebendig. Elia nahm das Kind und brachte es hinab ins Haus und gab es seiner Mutter und sprach: „Siehe da, dein Sohn lebt!“ Die Frau sprach zu Elia: „Nun erkenne ich, daß du ein Mann Gottes bist, und das Wort des Herrn in deinem Munde ist Wahrheit (1. Kön 17,1–24).

 

Das Gottesurteil auf dem Karmel:

Nach drei Jahren kam das Wort des Herrn zu Elia: „Gehe hin und zeige dich Ahab, denn ich will regnen lassen auf die Erde!“ Elia ging hin, daß er sich Ahab zeigte. Es war aber eine große Hungersnot in Samaria. Ahab rief seinen Hofmeister Obadja und sprach zu ihm: „Zieh durchs Land zu allen Wasserbrunnen und Bächen, ob wir vielleicht Heu finden und die Rosse und Maultiere erhalten können, damit nicht alles Vieh umkomme!“

Sie teilten sich das Land auf, das sie durchzogen. Als nun Obadja auf dem Weg war, da begegnete ihm Elia. Er erkannte ihn, fiel auf sein Antlitz und sprach: „Bist du nicht mein Herr Elia?“ Elia sprach: „Ja! Gehe hin und sage deinem Herrn: Siehe, Elia ist hier!“

Obadja aber sprach: „Was habe ich gesündigt, daß du deinen Diener in die Hände Ahabs geben willst, daß er mich töte? Es gibt kein Volk noch Königreich, dahin mein Herr nicht Boten gesandt hat, dich zu suchen. Und wenn sie sagten, er sei nicht bei ihnen, nahm er einen Eid von dem Königreich und Volk, daß man dich nicht gefunden hätte. Und du sprichst nun: Gehe hin, sage deinem Herrn: Siehe, Elia ist hier! Wenn ich nun hinginge von dir, so könnte dich der Geist des Herrn entführen und ich wüßte nicht, wohin. Und wenn ich dann käme und sagte es Ahab und er fände dich nicht, so würde er mich töten. Und doch fürchtet dein Diener den Herrn von seiner Jugend auf. Weißt du nicht, was ich getan habe, als Isebel die Propheten des Herrn erwürgte? Ich habe hundert Propheten des Herrn in Höhlen versteckt und versorgte sie mit Brot und Wasser? Und du sprichst nun: Gehe hin, sage deinem Herrn: Elia ist hier! Er wird mich töten!“

Elia sprach: „So wahr der Herr Zebaoth lebt, vor dem ich stehe: Ich will mich ihm heute zeigen!“ Da ging Obadja hin, Ahab entgegen, und sagte es ihm an. Und Ahab ging hin, Elia entgegen. Als Ahab aber Elia sah, sprach er zu ihm: „Bist du es, der Israel ins Unglück stürzt?“ Elia aber sprach: „Ich stürze Israel nicht ins Unglück, sondern Du und deine Sippe, weil ihr die Gebote des Herrn verlassen habt und folgtet den Baalen nach. Wohlan, so sende nun hin und versammle zu mir das ganze Israel auf den Berg Karmel und die vierhundertfünfzig Propheten Baals, auch die vierhundert Propheten der Aschera, die vom Tisch Isebels essen!“

Da sandte Ahab Boten hin unter alle Israeliten und versammelte die Propheten auf den Berg Karmel. Da trat Elia zu allem Volk und sprach: „Wie lange hinkt ihr auf beide Seiten? Ist der Herr euer Gott, so folgt ihm nach, Ist es aber Baal, so folgt ihm nach!“ Aber das Volk antwortete ihm nichts.

Da sprach Elia zum Volk: „Ich bin allein übriggeblieben als Prophet des Herrn, aber der Propheten Baals sind vierhundertfünfzig Mann. So gebt uns zwei junge Stiere und laßt sie einen Stier auswählen und ihn zerstückeln und aufs Holz legen, aber kein Feuer daran legen. Ich will ich den andern Stier nehmen und aufs Holz legen und auch kein Feuer daran legen. Dann ruft ihr den Namen eures Gottes an, und ich will den Namen des Herrn anrufen. Welcher Gott nun mit Feuer antworten wird, der sei Gott!“ Und das ganze Volk antwortete und sprach: „Das ist recht!“

Elia sprach zu den Propheten Baals: „Wählt ihr den Stier zuerst, denn ihr seid viele. Ruft den Namen eures Gottes an, legt aber kein Feuer daran!“ Sie nahmen den Stier, den man ihnen gab, und richteten alles zu und riefen den Namen Baals an vom Morgen bis zum Mittag und sprachen: „Baal, erhöre uns!“ Aber es kam keine Stimme noch Antwort. Und sie hinkten um den Altar, den sie gemacht hatten.

Als es nun Mittag wurde, spottete Elia über die Baalspropheten: „Ruft laut! Denn er ist ein Gott, der in Gedanken ist oder er hat zu schaffen oder ist über Feld oder schläft vielleicht!“ Sie riefen laut und ritzten sich mit Messern und Spießen nach ihrer Weise, bis ihr Blut herab­floß. Nach dem Mittag waren sie in Ekstase bis um die Zeit, wo man Speisopfer darbringt. Aber da war keine Stimme noch Antwort noch einer, der aufmerkte.

Da sprach Elia zu allem Volk: „Kommt her, alles Volk zu mir!“ Und als alles Volk zu ihm trat, baute er den Altar des Herrn wieder auf, der zerbrochen war, und nahm zwölf Steine nach der Zahl der Stämme der Kinder Jakobs und baute mit den Steinen einen Altar im Namen des Herrn und machte um den Altar her einen zwei Meter breiten Graben. Er richtete das Holz zu und zerstückelte den Stier und legte ihn auf das Holz und sprach: „Holt vier Eimer Wasser und gießt sie auf das Brandopfer und aufs Holz!“ Das mußten sie auch zum zweiten und zum dritten Mal machen. Das Wasser lief um den Altar herum, und der Graben wurde auch voll Wasser.

Als die Zeit war, das Speisopfer zu opfern, trat der Prophet Elia herbei und sprach: „Herr, Gott Abrahams, Isaaks und Israels, laß heute kund werden, daß du Gott in Israel bist und ich dein Diener, und daß ich das alles nach deinem Wort getan habe! Erhöre mich Herr, erhöre mich, daß dies Volk wisse, daß du Gott bist, und ihr Herz wieder zu dir bekehrst!“

Da fiel das Feuer des Herrn herab und fraß Brandopfer, Holz, Steine und Erde und leckte das Wasser auf in dem Graben. Als alles Volk das sah, fiel es auf sein Angesicht und sprach: „Der Herr ist Gott, der Herr ist Gott!“ Elia aber sprach zu ihnen: „Greift die Propheten Baals, daß keiner von ihnen entrinne!“ Sie griffen sie und Elia führte sie hinab an den Bach Kison und tötete sie dort.

 

Dann sprach Elia zu Ahab: „Zieh hinauf, iß und trink. Denn es rauscht, als wollte es sehr regnen!“ Und als Ahab hinaufzog, zu essen und zu trinken, ging Elia auf den Gipfel des Karmel und bückte sich zur Erde und hielt sein Haupt zwischen seine Knie und sprach zu seinem Diener: „Geh hinauf und schau zum Meer zu!“ Der ging hinauf und schaute und sprach: „Es ist nichts da!“ Elia sprach: „Geh wieder hin - siebenmal!“

Und beim siebentenmal sprach er: „Es geht eine kleine Wolke auf aus dem Meer, so groß wie die Hand eines Mannes!“ Elia sprach: „Geh hinauf und sage Ahab: Spanne an und fahre hinab, daß dich der Regen nicht aufhält!“ Und ehe man es sich versah, wurde der Himmel schwarz von Wolken und Wind, und es kam ein großer Regen. Ahab aber fuhr und zog nach Jesreel. Und die Hand des Herrn kam über Elia, und er gürtete seine Lenden und lief vor Ahab hin, bis er nach Jesreel kam (1. Kön 18).

 

Elia am Horeb:

Ahab sagte Isebel alles, was Elia getan hatte und wie er alle Propheten Baals mit dem Schwert getötet hatte. Da sandte Isebel einen Boten zu Elia und ließ ihm sagen: „Die Götter sollen mir dies und das, wenn ich nicht morgen um diese Zeit dir tue, wie du diesen getan hast!“ Da fürchtete sich Elia und lief um sein Leben und kam nach Beer-Seba. Dort ließ er seinen Diener. Er aber ging eine Tagereise weit in die Wüste und setzte sich unter einen Wacholder und wünschte sich zu sterben und sprach: „Es ist genug, so nimm nun, Herr, mein Leben, ich bin nicht besser als meine Väter!“

Er legte sich hin und schlief unter dem Wacholder. Aber ein Bote Gottes rührte ihn an und sprach zu ihm: „Steh auf und iß!“ Da sah er sich um, und siehe über seinem Kopf lagen ein geröstetes Brot und ein Krug mit Wasser. Und als er gegessen und getrunken hatte, legte er sich wieder schlafen. Der Bote Gottes kam zum zweitenmal wieder und rührte ihn an und sprach: „Steh auf und iß! Denn du hast einen langen Weg vor dir!“ Er stand auf und aß und trank und ging durch die Kraft dieser Speise vierzig Tage und vierzig Nächte bis an den Berg Gottes, den Horeb

Dort kam er in eine Höhle und blieb dort über Nacht. Da kam das Wort des Herrn zu ihm und sprach: „Was machst du hier, Elia?“ Er sprach: Ich habe geeifert um den Herrn, den Gott Zebaoth. Denn die Israeliten haben deinen Bund verlassen und deine Altäre zerbrochen und deine Propheten mit dem Schwert getötet. Ich bin allein übriggeblieben, und sie trachten danach, mir mein Leben nehmen!“

Gott sprach: „Gehe heraus und tritt auf den Berg vor den Herrn. Und siehe, der Herr wird vorüber gehen!“ Es kam ein großer und starker Wind, der die Berge zerriß und die Felsen zerbrach. Aber der Herr war aber nicht im Wind. Nach dem Wind aber kam ein Erdbeben. Aber der Herr war nicht im Erdbeben. Nach dem Erdbeben kam ein Feuer. Aber der Herr war nicht im Feuer. Aber nach dem Feuer kam ein stilles und sanftes Sausen.

Als das Elia hörte, verhüllte er sein Antlitz mit seinem Mantel und ging heraus und trat in den Eingang der Höhle. Da kam eine Stimme zu ihm und sprach: „Was hast du hier zu tun, Elia?“ Er sprach: „Ich habe für den Herrn geeifert, denn die Israeliten haben deinen Bund verlassen, deine Altäre zerbrochen, deine Propheten mit dem Schwert getötet, und ich bin allein übriggeblieben, aber sie trachten danach, mir das Leben zu nehmen!“

Aber der Herr sprach zu ihm: „Gehe wieder deines Wegs durch die Wüste nach Damaskus und gehe hinein und salbe Hasael zum König über Aram und Jehu zum König über Israel, und Elisa zum Propheten an deiner Stelle. Und es soll geschehen: Wer dem Schwert Hasaels entrinnt, den soll Jehu töten. Und wer dem Schwert Jehus entrinnt, denn soll Elisa töten. Ich will nur siebentausend übriglassen in Israel: Alle, die ihre Knie nicht gebeugt haben vor Baal, und deren Mund ihn nicht geküßt haben (1. Kön 19,1–18).

[Elia verteidigte die grundlegenden Elemente des Jahwe-Glaubens: Die Anerkennung des alleinigen Herrschaftsanspruchs Jahwes, die Bewahrung der Rechte des Untertanen gegenüber dem König und die Forderung, sich in Sorge um Gesundheit und Leben an Jahwe zu wenden. Um den Glauben und das Staatswesen lebensfähig zu erhalten und zugleich Vermischung der Religionen zu vermeiden, führt er neue Elemente für den Glauben des Volkes Israel ein:

1. Es ist nicht der Gott Baal, der dem Land Regen und Fruchtbarkeit gewährt, sondern Jahwe.

2. Der Mensch begegnet Gott hier nicht mehr in kriegerischen Auseinandersetzungen und auch nicht in furchteinflößenden Naturerscheinungen, sondern in der Stille].

 

Berufung Elisas:

Elia ging fort und fand Elisa, als er pflügte mit zwölf Joch Ochsen vor sich her. Elia ging zu ihm und warf seinen Mantel auf ihn. Elisa verließ die Rinder und lief Elia nach und sprach: „Laß mich meinen Vater und meine Mutter küssen, dann will ich dir nachfolgen!“ Elia sprach zu ihm: „Wohlan, kehre um! Bedenke, was ich dir getan habe!“ Elisa wandte sich ab von ihm und nahm ein Joch Rinder und opferte es und kochte das Fleisch mit dem Holz der Joche und gab es den Leuten zum Essen. Dann machte er sich auf und folgte Elia nach und diente ihm (1. Kön 19,19–21).

[Der Nordreichprophet Elisa hat im Unterschied zu Elia eine Prophetengemeinschaft um sich geschart, mit der er überwiegend an einem Ort wohnte. Er stand dem König sehr nahe und besaß politischen Einfluß, den er beispielsweise zur Hilfe für Notleidende geltend machen konnte].

 

Ahabs Siege über Aram:

Benhadad, der König von Aram, zog herauf mit zweiunddreißig Königen und belagerte Samaria. Ahab muß sich bereit erklären, Silber und Gold und seien Frauen und Kinder herauszugeben. Doch die alle Alten und das Volk wollen nicht, daß der König gehorcht. Auch ein Prophet trat zu Ahab und verheißt ihm, daß Gott den großen Haufen der Aramäer in seine Hand geben wird. Ahab zog mit den Leuten der Landvögte gegen die Aramäer und schlug sie.

Aber der Prophet trat zum König Israels und sprach zu ihm: „Rüste dich, denn der König von Aram wird in einem Jahr wieder gegen dich ziehen!“ Denn die Großen des Königs von Aram sprachen zu ihm: „Ihre Götter sind Berggötter; darum haben sie uns überwunden. Aber wir mit ihnen auf der Ebene streiten, werden wir sie überwinden!“ Nach einem Jahr zogen die Aramäer über die Ebene Aphek heran. Wieder trat der Prophet auf und sagt: „Weil sie gesagt haben, der Herr sei ein Gott der Berge und nicht der Ebenen, habe ich sie in deine Hand gegeben!“ Am siebenten Tage zogen sie herauf zum Kampf und die Israeliten schlugen hunderttausend Mann Fußvolk der Aramäer an einen Tag. Die Aramäer banden sich sogar Säcke um und bitten um Gnade. Ahab nimmt auch Benhadad auf und läßt ihn auf den Wagen steigen. Dieser gibt ihm die Städte wieder, die sein Vater den Israeliten weggenommen hat und sie schließen ein Bündnis miteinander (1. Kön 20, stark gekürzt).

 

Ahabs Gewalttat an Naboth:

Naboth wohnte in Jesreel und hatte einen Weinberg hatte nahe am dem Palast Ahabs, des Königs in Samaria. Und Ahab redete mit Naboth und sprach: „Gib mir deinen Weinberg. Ich will mir einen Kohlgarten daraus machen, weil er so nahe an meinem Hause liegt. Ich will dir einen besseren Weinberg dafür geben, oder ich will dir Silber dafür geben, soviel er wert ist!“

Aber Naboth sprach zu Ahab: „Das lasse der Herr fern von mir sein, daß ich dir das Erbe meiner Väter geben sollte!“ Da kam Ahab heim voller Unmut und zornig wegen des Wortes, das Naboth zu ihm hatte gesagt hatte. Er legte sich auf sein Bett und wandte sein Antlitz ab und aß nicht mehr.

Da kam seine Frau Isebel zu ihm hinein und redete mit ihm: „Weshalb ißt du nichts?“ Er sprach zu ihr: „Naboth will mir seinen Weinberg nicht geben!“ Da sprach Isebel zu ihm: „Du bist doch König in Israel Stehe auf und iß und sei guten Muts! Ich will dir den Weinberg Naboths verschaffen!“ Sie schrieb Briefe unter Ahabs Namen und versiegelte sie mit seinem Siegel und sandte sie zu den Ältesten und Obersten in der Stadt Naboths. In diesen Briefen schrieb sie: „Laßt ein Fasten ausrufen und setzt Naboth obenan im Volk. Stellt aber zwei ruchlose Kerle auf, die behaupten, Naboth habe Gott und den König gelästert. Dann führt ihn hinaus und steinigt ihn, daß er stirbt!“ So geschah es dann auch, und die Obersten der Stadt ließen Isebel sagen: „Naboth ist gesteinigt und tot!“ Da sprach sie zu Ahab: „Steh auf und nimm den Weinberg Naboths ein, der sich weigerte, ihn dir für Geld zu geben, denn Naboth ist tot!“ Als Ahab hörte, daß Naboth tot war, stand er auf, um zum Weinberg Naboths hinabzugehen und ihn einzunehmen.

Aber das Wort des Herrn kam zu Elia und sprach: „Mache dich auf und gehe hinab, Ahab, entgegen. Siehe er ist im Weinberg Naboths. Er ist dorthin hinabgegangen, daß er ihn einnehme. Rede mit ihm und sprich: So spricht der Herr: Du hast gemordet und auch fremdes Erbe geraubt. So spricht der Herr: An der Stätte, wo die Hunde das Blut Naboths geleckt haben, sollen Hunde auch dein Blut lecken!“

Ahab sprach zu Elia: „Hast du mich gefunden, mein Feind? „Er aber sprach: „Ja, ich habe dich gefunden, weil du dich verkauft hast, nur Unrecht zu tun vor dem Herrn. Siehe, ich will Unglück über dich bringen und dich vertilgen samt deinen Nachkommen und will von Ahab ausrotten, was männlich ist, bis auf den letzen Mann in Israel. Ich will deine Familie Haus machen wie die Familie Jerobeams und wie die Familie Baesas, weil du mich erzürnt hast und Israel sündigen gemacht hast. Auch über Isebel hat der Herr geredet: „Die Hunde sollen Isebel fressen an der Mauer Jesreels!“

Als aber Ahab solche Worte hörte, zerriß er seine Kleider und legte einen Sack um seinen Leib und fastete und schlief im Sack und ging bedrückt einher. Da kam das Wort des Herrn zu Elia: „Hast du nicht gesehen, wie sich Ahab vor mir gedemütigt hat? Weil er sich nun vor mir gedemütigt hat, will ich das Unheil nicht zu seinen Lebzeiten kommen lassen. Aber zu den Lebzeiten seines Sohnes will ich das Unheil über seine Familie bringen (1. Kön 21, gekürzt).

 

Ahabs Krieg gegen die Aramäer:

Nach drei Jahren zog Josaphat, der König von Juda, zum König von Israel. Dieser fragte ihn, ob er nicht mit in den Krieg ziehen wolle gegen die Aramäer, um Ramoth in Gilead von ihnen zu befreien. Josaphat befragt seine vierhundert Propheten, die ihm zustimmen. Im Nordreich gibt es aber nur noch einen Propheten, nämlich Micha ben Jimla. Ein Bote, der ihn holen soll, sagt gleich zu ihm: Die Reden der anderen Propheten sind einmütig gut für den König. So laß nun auch dein Wort sein wie ihr Wort und rede Gutes!“ Micha sprach: „So wahr der Herr lebt, ich will reden, was der Herr mir sagen wird!“

Als der König ihn fragt, antwortet er: „Ja, zieh hinauf, es soll dir gelingen!“ Der König entgegnete ihm: „Wie oft soll ich dich beschwören, daß du mir im Namen des Herrn nichts anderes sagst als die Wahrheit!“ Micha sprach: „Ich sah ganz Israel zerstreut auf den Bergen wie die Schafe, die keinen Hirten haben. Und der Herr sprach: Diese haben keinen Herrn, ein jeder kehre wieder heim im Frieden!“

Da sprach der König Israels zu Josaphat: „Habe ich dir nicht gesagt, daß er mir nichts Gutes weissagt, sondern nur Böses?“ Micha sprach: „Darum höre nun das Wort des Herrn! Ich sah den Herrn sitzen auf seinem Thron und das ganze himmlische Heer neben ihm stehen zu seiner Rechten und Linken. Und der Herr sprach: Wer will Ahab betören, daß er hinaufzieht und in Ramoth in Gilead falle?“ Und einer sagte dies, und der andere das.

Da trat ein Geist vor und trat vor den Herrn und sprach: „Ich will ihn betören. Ich will ausgehen und will ein Lügengeist sein im Mund aller Propheten!“ Der Herr sprach: „Du sollst ihn betören und sollst es ausrichten. Gehe hin und mache es so!“ Der König ließ Micha einsperren bei Wasser und Brot. Micha sagte: „Kommst du mit Frieden wieder, so hat der Herr nicht durch mich geredet!“

So zogen der König Israels und der König Judas hinauf nach Ramoth in Gilead. Und der König Israels sprach zu Josaphat: „Ich will mich verkleiden und in den Kampf ziehen. Du aber habe deine königlichen Kleider an!“ Aber der König von Aram gebot den Obersten über seine Wagen: „Ihr sollt nicht streiten gegen Kleine noch Große, sondern allein gegen den König Israels!“ Als die Obersten der Wagen Josaphat sahen, meinten sie er wäre der König Israels, und wandten sich gegen ihn. Josaphat aber schrie. Als sie sahen, daß er nicht der König Israels war, wandten sie sich von ihm ab.

Ein Mann aber spannte den Bogen und schoß den König Israels zufällig zwischen Panzer und Wehrgehänge. Der sprach zu seinem Wagenlenker: „Wende um und führe mich aus dem Kamp, denn ich bin verwundet!“

Der Kampf nahm immer mehr zu an diesem Tag, und der König blieb auf dem Wagen stehen bis zum Abend. Und das Blut floß von den Wunden mitten in den Wagen. Am Abend starb der König. Als die Sonne unterging, ließ man ausrufen: „Ein jeder gehe in seine Stadt und in sein Land!“ Der König wurde nach Samaria gebracht und sie begruben ihn dort. Und als sie den Wagen wuschen bei dem Teich Samarias, leckten die Hunde sein Blut, nach dem Wort des Herrn, das er geredet hatte. Was noch mehr von Ahab zu sagen ist und alles, was er getan hat, und über das elfenbeinerne Haus und alle Städte, die er bauen ließ, das ist geschrieben in der Chronik der Könige Israels. So legte sich Ahab zu seinen Vätern, und sein Sohn Ahasja ward König an seiner Stelle.

Josaphat, der Sohn Asas, wurde König über Juda im vierten Jahr Ahabs, des Königs von Israel. Er war fünfunddreißig Jahre alt, als er König ward, und regierte fünfundzwanzig Jahre in Jerusalem. Seine Mutter hieß Asuba, eine Tochter Silhis. Er ging auf allen Wegen seines Vaters Asa und wich nicht davon und er tat, was dem Herrn gut gefiel. Doch entfernte er nicht die Höhenheiligtümer, und das Volk opferte und räucherte noch auf den Höhen. Auch tat er aus dem Land die Tempelhurer, die noch übrig waren aus der Zeit seines Vaters Asa. Er hatte Frieden mit dem König Israels. Was aber noch mehr von Josaphat zu sagen ist und seine tapferen Taten, was er getan und wie er gestritten hat, das ist geschrieben in der Chronik der Könige Judas. Josaphat legte sich zu seinen Vätern und wurde begraben mit seinen Vätern in der Davidsstadt. Sein Sohn Joram wurde König an seiner Stelle (1. Kön 22,1–51, gekürzt).

 

Ahasja von Israel:

Ahasja, der Sohn Ahabs, wurde König über Israel in Samaria im siebzehnten Jahr Josaphats, des Königs von Juda, und regierte zwei Jahre über Israel .Er tat, was dem Herrn mißfiel, und ging auf dem Weg seines Vaters und seiner Mutter und auf dem Weg Jerobeams und diente Baal und betete ihn an und erzürnte den Gott Israels, wie schon sein Vater tat (1. Kön 22,52–54).

Eines Tages fiel Ahasja durch das Gitter in seinem Dachgarten in Samaria und wurde krank Er sandte Boten und sprach zu ihnen: „Geht hin und fragt den Baal-Sebub, den Gott von Ekron, ob ich von dieser Krankheit genesen werde!“ Aber der Bote des Herrn redete mit Elia: „Auf und geh den Boten des Königs entgegen und sprich zu ihnen: Ist denn kein Gott in Israel, daß ihr hingeht, um den Baal-Sebub zu fragen? Darum so spricht der Herr: „Du sollst nicht mehr von dem Bett herunter kommen, auf das du dich gelegt hast, sondern sollst des Todes sterben!“ Und Elia ging weg.

Als die Boten wieder zum König kamen, sprach er zu ihnen: „Warum kommt ihr zurück?“

Sie sprachen zu ihm: „Es kam uns ein Mann entgegen und sprach zu uns: Ist denn kein Gott in Israel, daß du den Baal-Sebub befragen willst?“

Er sprach zu ihnen: „Wie sah der Mann aus, der euch begegnete und das zu euch sagte?“ Sie sprachen zu ihm: „Er hatte langes Haar und einen ledernen Gürtel um seine Lenden!“ Der König sprach: „Das war Elia!“

Der König will ihn holen lassen. Aber zweimal fällt Feuer auf die Wächter, die ihn holen sollen. Als aber der dritte Hauptmann vor Elia niederfällt und ihn bittet, geht er mit, zumal der Bote Gottes ihm gesagt hatte, er brauche sich nicht zu fürchten. Aber auch beim König wiederholte er nur, was er schon vorher gesagt hat.

So starb Ahasja nach dem Wort des Herrn, das Elia geredet hatte. Und Joram wurde König an seiner Stelle im zweiten Jahr Jorams, des Sohnes Josaphats, des Königs von Juda, denn er hatte keinen Sohn. Was aber noch mehr von Ahasja zu sagen ist, das er getan hat, siehe, das ist geschrieben in der Chronik der Könige Israels (2. Kön 1, stark gekürzt).

 

 

 

2. Buch der Könige

 

[Ursprünglich bildeten beide Bücher der Könige nur ein Buch. Die Teilung der Bücher mitten in der Geschichte Ahasjas von Israel, ist sachlich nicht gerechtfertigt. Die Teilung in zwei Bücher stammt aus der Tradition der griechischen Bibel (Septuaginta, wo sie wahrscheinlich durch die handhabbare Länge einer Schriftrolle bedingt war (griechische Texte nehmen wesentlich mehr Platz ein als hebräische Texte desselben Inhalts).

Das zweite Buch der Könige setzt die Geschichte der getrennten Reiche Israel und Juda fort. Es kommt erst der Erzählkreis um die Propheten Elia und Elisa, dann das Ende des Reiches Israel (722 vCh), die die Reform des Königs Josia (622 vCh) und das Ende des Reiches Juda (587 vCh) bis zum Fall Jerusalems und der späteren Begnadigung Jojachins].

 

Elias Tod:

Als aber der Herr Elia im Wetter in den Himmel holen wollte, gingen Elia und Elisa von Gilgal weg. Und Elia sprach zu Elisa: „Bleib doch hier; denn der Herr hat mich nach Bethel gesandt!“ Elisa aber sprach: „So wahr der Herr lebt und du lebst, ich verlasse dich nicht!“ Als sie hinab nach Bethel kamen, gingen die Prophetenjünger von Bethel heraus zu Elisa und sprachen zu ihm: „Weißt du auch, daß der Herr heute deinen Herrn von dir nehmen wird?“ Er aber sprach: „Auch ich weiß es wohl. Schweigt nur still!“

Elia sprach zu ihm: „Elisa, bleib doch hier; denn der Herr hat mich nach Jericho gesandt!“ Er aber sprach: „So wahr der Herr lebt und du lebst, ich verlasse dich nicht!“ Und da sie nach Jericho kamen, traten die Prophetenjünger von Jericho waren, zu Elisa und sprachen zu ihm: „Weißt du auch, daß der Herr heute deinen Herrn von dir nehmen wird?“ Er aber sprach: „Auch ich weiß es wohl. Schweigt nur still!“ Da sprach Elia zu ihm: „Bleib doch hier, denn der Herr hat mich an den Jordan gesandt!“ Er aber sprach: „So wahr der Herr lebt und du lebst, ich verlasse dich nicht!“ Und sie gingen beide miteinander. Aber fünfzig Prophetenjünger gingen hin und standen von ferne, aber die Propheten standen am Jordan. Da nahm Elia seinen Mantel und wickelte ihn zusammen und schlug ins Wasser. Das teilte sich nach beiden Seiten, so daß die beiden trocken hindurch gingen.

Als sie hinüberkamen, sprach Elia zu Elisa: „Bitte, was ich dir tun soll, ehe ich von dir genommen werde!“ Elisa sprach: „Daß mir zwei Teile von deinem Geist zufallen!“Er sprach: „Du hast ein Scheres gebeten. Doch wenn du mich sehen wirst, wenn ich von dir genommen werde, so wird es geschehen. Wen aber nicht, so wird es nicht sein!“

Und als sie miteinander gingen und redeten, kam ein feuriger Wagen mit feurigen Rossen, die trennten die beiden voneinander. So fuhr Elia fuhr im Wetter in den Himmel. Elisa aber sah es und schrie: „Vater, mein Vater, du Wagen Israels und sein Gespann! Dann sah er ihn nicht mehr. Da faßte seine Gewänder und zerriß sie in zwei Stücke und hob den Mantel Elias auf, der ihm entfallen war, und kehrte um und trat wieder an das Ufer des Jordan und nahm den Mantel Elias und sprach: „Wo ist nun der Herr, der Gott Elias?“ Er schlug den Mantel ins Wasser. Da teilte es sich nach beiden Seiten, und Elisa ging hindurch.

Als ihn die Prophetenjünger sahen, die gegenüber in Jericho waren, sprachen sie: „Der Geist Elias ruht auf Elisa. Sie gingen ihm entgegen und fielen vor ihm nieder auf die Erde und sprachen zu ihm: „Wir haben hier fünfzig starke Männer, die laß gehen und deinen Herrn suchen. Vielleicht hat ihn der Geist des Herrn genommen und auf irgendeinen Berg oder in irgendein al geworfen!“ Er aber sprach: „Laßt ihn gehen!“

Aber sie nötigten ihn, bis er nachgab und sprach: „Laßt sie hingehen!“ Fünfzig Männer suchten ihn drei Tage, aber sie fanden ihn nicht. Sie kamen wieder zu ihm, als er noch in Jericho war. Er aber sprach zu ihnen: „Sagte ich euch nicht, ihr solltet nicht hingehen?“ (2.Kön 2,1-18, leicht gekürzt).

 

Elisas Taten:

Die Männer der Stadt sprachen zu Elisa: „Siehe, es ist gut wohnen in dieser Stadt, wie mein Herr sieht. Aber das Wasser ist böse und es macht unfruchtbar!“ Er sprach: „Bringt mir eine neue Schale her und tut Salz hinein!“ Sie brachten es ihm. Da ging er hinaus zu der Wasserquelle und warf das Salz hinein und sprach: „So spricht der Herr: Ich habe dies Wasser gesund gemacht. Es soll in Zukunft weder Tod noch Unfruchtbarkeit daraus kommen!“ So wurde das Wasser gesund bis auf diesen Tag.

Elisa ging hinauf nach Bethel. Und als er auf dem Weg hinan ging, kamen kleine Jungen zur Stadt heraus und spotteten über ihn: „Kahlkopf, komm herauf! Kahlkopf, komm herauf!“ Er wandte sich um, und als er sie sah, fluchte er ihnen im Namen des Herrn. Da kamen zwei Bären aus dem Wald und zerrissen zweiundvierzig von den Kindern. Von da ging Elisa auf den Berg Karmel und kehrte von da nach Samaria zurück (2. Kön 2).

 

Joram von Israel:

Joram, der Sohn Ahabs, wurde König über Israel in Samaria im achtzehnten Jahr Josaphats, des Königs von Juda, und regierte zwölf Jahre. Er tat, was dem Herrn mißfiel. Doch er war nicht wie sein Vater und seine Mutter, denn er entfernte das Steinmal Baals, die sein Vater hatte machen lassen. Aber er blieb hängen an den Sünden Jerobeams und ließ nicht davon ab.

Als Ahab tot war, fiel der Moabiter König ab vom König Israels. Da sandte Joram Boten zu Josaphat und ließ ihm sagen: „Der König der Moabiter ist von mir abgefallen, Komm mit mir, zu kämpfen gegen die Moabiter!“ Josaphat sprach: „Ich will hinaufkommen. Ich bin wie du, und mein Volk wie dein Volk, und meine Rosse wie deine Rosse!“

Sie zogen den Weg durch die Wüste Edom. Als sie sieben Tagereisen gezogen waren, hatte das Heer und das Vieh kein Wasser. Sie wollen Elisa befragen. Der aber sprach zum König Israels: „Was hast du mit mir zu schaffen? Gehe hin zu den Propheten deines Vaters und zu den Propheten deiner Mutter!“Der König Israels sprach zu ihm: „Nicht doch! Denn der Herr hat diese drei Könige hergerufen, um sie in die Hände der Moabiter zu geben!“

Elisa sprach: „So wahr der Herr Zebaoth lebt, vor dem ich stehe: Wenn ich nicht Josaphat ehrte, ich wollte dich nicht ansehen noch achten. So bringet mir nun einen Spielmann!“ Als der Spielmann auf den Saiten spielte, kam die Hand des Herrn auf Elisa und er sprach: „So spricht der Herr: Macht hier und da Gruben in diesem Tal! Denn so spricht der Herr: Ihr werdet keinen Wind noch Regen sehen. Dennoch soll das Tal voll Wasser werden, daß ihr und euer Heer und euer Vieh trinkt. Und das ist noch ein Geringes vor dem Herrn: Er wird auch die Moabiter in eure Hände geben, so daß ihr wüste machen werdet alle festen Städte und alle auserwählten Städte und werdet fällen alle guten Bäume und verstopfen alle Wasserbrunnen und allen guten Acker mit Steinen verderben!“

Am nächsten Morgen aber, zur der Zeit, wenn man Speisopfer opfert, da kam ein Wasser von Edom her und füllte das Land mit Wasser. Als die Moabiter früh am Morgen sich aufmachten und die Sonne aufging über dem Gewässer, da schien ihnen das Wasser rot zu sein wie Blut. Sie sprachen: „Es ist Blut! Die Könige haben sich mit dem Schwert umgebracht, und einer wird den andern geschlagen haben. Ha, Moab, mache dich nun auf zur Beute!“

Aber als sie zum Lager Israels kamen, machte sich Israel auf und schlug die Moabiter. Sie kamen hinein und schlugen Moab: Die Städte zerstörten sie. Jeder warf einen Stein auf alle guten Äcker und machte sie voll davon. Sie verstopften die Wasserbrunnen und fällten alle guten Bäume.

Als aber der König der Moabiter sah, daß ihm der Kampf zu stark war, nahm er siebenhundert Mann zu sich, um beim König von Edom durchzubrechen, aber sie konnten nicht. Da nahm er seinen erstgeborenen Sohn und opferte ihn zum Brandopfer auf der Mauer. Da kam ein großer Zorn über Israel, so daß sie von ihm abzogen und kehrten wieder in ihr Land (2. Kön 3).

 

Jetzt folgen Erzählungen über Elisa, in denen gezeigt werden soll, daß er ähnliche Taten vollbringen konnte wie Elia: Der Ölkrug der Witwe wird gefüllt, ein Kind wird wiederbelegt, vergiftete Speise („der Tod im Topf“) wird wieder genießbar und Hungernde gespeist, Heilung des Aramäers Naeman, Elisa läßt Eisen schwimmen ,er vereitelt die Kriegsabsichten der Aramäer und rettet Samaria (2. Kön,4,1 - 8,7). Schließlich wird noch der Tod Benhadads, der Königs von Aram beschrieben, dessen Sohn Hasael sein Nachfolger wird (2. Kön 8,7-15).

Joram von Juda:

Im fünften Jahr Jorams, des Königs in Israel, wurde Joram, der Sohn Josaphats, König in Juda. Zweiunddreißig Jahre alt war er, als er König wurde. Er regierte acht Jahre in Jerusalem

und ging auf dem Weg der Könige Israels, wie das Haus Ahab tat, denn Ahabs Tochter war sein e Frau. Und er tat, was dem Herrn mißfiel. Aber der Herr wollte Juda nicht verderben um seines Knechtes David willen, wie er ihm verheißen hatte, ihm zu geben eine Leuchte unter seinen Kindern für alle Zeit.

Zu seiner Zeit fielen die Edomiter ab von Juda und setzen einen König über sich ein. Da zog Joram und alle Wagen mit ihm und machte sich in der Nacht auf und schlug die Edomiter, dazu die Obersten über die Wagen, so daß das Volk floh in seine Hütten. Doch blieben die Edomiter abtrünnig von Juda bis auf diesen Tag. Zur selben Zeit fiel auch Libna ab. Was aber noch mehr von Joram zu sagen ist und alle seine tapferen Taten, das ist geschrieben in der Chronik der Könige von Juda. Joram legte sich zu seinen Vätern in der Davidsstadt. Und sein Sohn Ahasja wurde König an seiner Stelle (2.Kön 8,16–24).

 

Ahasja von Juda:

Im zwölften Jahr Jorams, des Königs Israels, wurde Ahasja, der Sohn Jorams, König in Juda. Zweiundzwanzig Jahre alt war Ahasja, als er König wurde, und regierte ein Jahr in Jerusalem. Seine Mutter hieß Athalja, eine Tochter Omris, des Königs Israels. Er ging auf dem Weg des Hauses Ahab und tat, was dem Herrn mißfiel, wie das Haus Ahab, denn er war verwandt mit der Familie Ahabs. Er zog mit Joram, dem Sohn Ahabs, in den Kampf gegen Hasael, den König von Aram nach Ramoth in Gilead. Aber die Aramäer schlugen Joram. Dann kehrte Joram zurück, daß er sich heilen ließ in Jesreel von den Wunden, die ihm die Aramäer geschlagen hatten in Rama (2. Kön 8,25–29).

 

Jehu von Israel:

Ein Prophetenjünger Elisas salbt Jehu in Ramoth zum König und gibt ihm den Auftrag, die Familie Ahabs auszurotten. Jehu macht einen Aufstand und tötete Joram im Kampf und wirft seien Leiche auf den Acker Naboths. Erläßt auch Ahasja töten, der bei Joram zu Besuch war. Isebel aber wird aus einem Fenster ihres Palastes gestürzt, daß die Wand und die Pferde mit ihrem Blut besprengt werden. Als man später nach ihr sieht, haben die Hunde ihr Fleisch gefressen. Die Obersten der Stadt Samaria fordert er durch Briefe auf, die siebzig Söhne Ahabs zu töten. So geschieht es auch, und Jehu läßt die siebzig Köpfe an seinem Stadttor ausstellen und sagt, er sei ja nicht schuld daran, es wurde nur das Wort des Herrn erfüllt. Schließlich läßt er auch alle Großen, die Verwandten Ahabs und seine Priester umbringen. Dazu fährt er selber nach Samaria, und tut so, als wolle er Baal noch besser dienen, damit auch ja alle Priester dazu kommen. Dann läßt er sie von seiner Leibwache nieder machen und zerstört auch alle Ascherabilder und Steinmale. Aber die Stierbilder in Dan und Bethel ließ er stehen und ließ nicht ab von den Sünden Jerobeams. Zu seiner Zeit trennte auch der König Hasael ganze Teile von Israel ab, besonders im Osten.

 Was aber noch mehr von Jehu zu sagen ist und alle seine tapferen Taten, das ist geschrieben in der Chronik der Könige Israels. Jehu legte sich zu seinen Vätern, und sie begruben ihn in Samaria. Und sein Sohn Joahas wurde König an seiner Stelle. Er regierte in Samaria achtundzwanzig Jahre über Israel (2.Kön 9 - 10).

 

Herrschaft der Atalja in Jerusalem:

[Bei der judäischen Königin Atalja fehlt die Rahmenstruktur komplett, wodurch zum Ausdruck gebracht wird, daß ihr die Rechtmäßigkeit ihrer Herrschaft verweigert wird].

Ahasjas Mutter Athalja aber, machte sich nach dem Tod ihres Sohnes auf und brachte alle aus dem königlichen Geschlecht um. Aber Ahasjas Schwester Joscheba nahm Joas, den Sohn Ahasjas, und stahl ihn aus der Mitte der Königskinder, die getötet wurden, und brachte ihn mit seiner Kinderfrau in die Bettenkammer und sie verbargen ihn vor Athalja, daß er nicht getötet wurde. Er blieb bei Joscheba versteckt im Hause des Herrn sechs Jahre lang. Athalja aber wurde Königin im Lande.

Im siebenten Jahr aber sandte hin Jojada und nahm die Hauptleute der Garde und der Leibwächter und ließ sie zu sich ins Haus des Herrn kommen und machte einen Bund mit ihnen und nahm einen Eid von ihnen im Hause des Herrn und zeigte ihnen den Sohn des Königs und gebot ihnen und sprach: „Ein Drittel von euch, die ihr am Feiertag antretet, sollt wache halten im Haus des Königs, ein Drittel am Tor Sur und ein Drittel hinter dem Haus der Leibwache. So sollte ihr Wache halten rund um das Haus. Aber die zwei Teile, die am Feiertag abtreten, sollen Wache halten im Hause des Herrn um den König. Ihr sollt euch rings um den König stellen, jeder mit seiner Waffe in der Hand, und wer herein zwischen die Reihen kommt, soll sterben, Und ihr sollt um den König sein, wenn er aus- und eingeht!“

Die Obersten taten alles, was ihnen der Priester Jojada gesagt hatte, und nahmen zu sich die Männer, die am Feiertag antraten und die am Feiertag abtraten und kamen zu dem Priester Jojada. Der Priester gab den Hauptleuten die Spieße und Schilde, die dem König David gehört hatten und in dem Hause des Herrn waren. Und die Leibwächter standen ein jeder mit seiner Waffe in der Hand, von der einen Seite des Tempels im Süden bis zur anderen Seite im Norden, vor dem Altar und dem Tempel, um den König her.

Jojada ließ den Königssohn hervorkommen und setzte ihm eine Krone auf und gab ihm die Ordnung, und sie machten ihn zum König und salbten ihn und schlugen die Hände zusammen und riefen: „Es lebe der König!“

Als Athalja das Geschrei des Volkes hörte, das herbeirief, kam sie zum Volk in das Haus des Herrn und sah, daß der König an der Säule stand, wie es Brauch war, und die Hauptleute und die Trompeter bei dem König. Alles Volk des Landes war fröhlich, und man blies mit Trompeten. Athalja aber zerriß ihre Kleider und rief: „Aufruhr, Aufruhr!“

Aber der Priester Jojada gebot den Obersten der Hundertschaften: „Führt sie zwischen den Rei­hen hinaus. Und wer ihr folgt, der sterbe durch das Schwert!“ Denn der Priester hatte gesagt, sie sollte nicht im Hause des Herrn getötet werden. Sie legten die Hände an Atalja. Sie ging den Weg, auf dem die Rosse zum Hause des Königs gehen, und wurde dort getötet.

Da machte Jojada einen Bund zwischen dem Herrn und dem König und dem Volk, daß sie das Volk des Herrn sein sollten. Ebenso schloß er auch einen Bund zwischen dem König und dem Volk. Da ging alles Volk des Landes in das Haus Baals und brach seine Altäre ab und zerschlug alle seine Götzenbilder und töteten den Priester Baals vor den Altären. Der Priester Jojada aber bestellte die Wachen im Hause des Herrn.

Dann nahmen die Obersten über die Hundertschaften und die Garde und die Leibwache und alles Volk des Landes, und sie führten den König hinab vom Haus des Herrn und kamen durchs Tor der Leibwache zum Haus des Königs. Er setzte sich auf den Thron. Und alles Volk im Land war fröhlich, aber die Stadt blieb still (2. Kön 10, 1–20).

 

Joas von Juda:

Joas war sieben Jahre alt, als er König wurde und regierte vierzig Jahre in Jerusalem. Seine Mutter hieß Zibja von Beer-Seba. Joas tat, was recht war und dem Herrn wohl gefiel, solange ihn der Priester Jojada lehrte. Nur die Höhenheiligtümer wurden nicht entfernt, denn das Volk opferte und räucherte noch auf den Höhen.

Joas sprach zu den Priestern: „Alles für das Heiligtum bestimmte Geld, wie es jeder gibt entsprechend dem, wie er eingeschätzt wurde, und das jeder freiwillig gibt, das sollen die Priester zu sich nehmen. Davon sollen sie ausbessern, was baufällig ist am Haus, wenn sie merken, daß es baufällig ist.

Als aber die Priester bis ins dreiundzwanzigste Jahr des Königs Joas nicht ausbesserten, was baufällig war am Haus, rief der König Joas den Priester Jojada samt den Priestern und sprach zu ihnen: „Warum bessert ihr nicht aus, was baufällig ist am Haus? So sollt ihr nun nicht mehr das Geld zu euch nehmen, sondern sollte es geben für die Ausbesserung am Haus!“

Die Priester willigten darein, daß sie nicht mehr Geld nähmen vom Volk und auch das Baufällige am Haus nicht mehr auszubessern brauchten.

Der Priester Jojada nahm eine Lade und bohrte oben ein Loch hinein und setzte sie rechts neben den Altar, wo man in das Haus des Herrn geht. Und die Priester, die an der Schwelle wachten, taten alles Geld hinein, das zum Haus des Herrn gebracht wurde. Wenn sie dann sahen, daß viel Geld in der Lade war, kam der Schreiber des Königs herauf mit dem Oberpriester. Sie zählten das Geld und banden es zusammen.

Man übergab das Geld abgezählt den Werkmeistern, die bestellt waren für das Haus des Herrn. Sie gaben es an die Zimmerleute und Bauleute heraus, die da am Hause des Herrn arbeiteten, nämlich an die Maurer und Steinmetzen und die, die Holz und gehauene Stein kaufen sollten und alles, was not war, um am Hause auszubessern. Aber man ließ keine silbernen Schalen, Messer, Becken und Trompeten machen von dem Geld, das zu dem Haus des Herrn gebracht wurde, auch kein goldenes oder silbernes Gerät,  sondern man gab das den Arbeitern, daß sie damit das Baufällige am Haus des Herrn besserten. Auch brauchten die Männer nicht Rechnung zu legen denen man das Geld übergab, sondern sie handelten auf Treu und Glauben. Aber das Geld von Schuldopfern und Sündopfern wurde nicht zum Haus des Herrn gebracht, denn es gehörte den Priestern.

Zu der Zeit zog Hasael, der König von Aram, herauf und kämpfte gegen Gath und eroberte es. Und las Hasael sich wandte, um nach Jerusalem hinaufzuziehen, nahm Joas alles, was schon seine Vorfahren und er selbst für Gott bestimmt hatten, dazu alles Gold, das man fand im Schatz im Haus des Herrn und im Haus des Königs, und schickte es an Hasael. Da zog er ab von Jerusalem.

Was aber noch mehr von Joas zu sagen ist und alles, was er getan hat, das ist geschrieben in der Chronik der Könige von Juda. Aber seine Großen empörten sich und machten eine Verschwörung und erschlugen ihn im Haus Millo. Man begrub ihn mit seinen Vätern in der Davidsstadt. Sein Sohn Amazja wurde König an seiner Stelle (2. Kön 11,21 - 12,21, leicht gekürzt).

 

Joahas von Israel:

Im dreiundzwanzigsten Jahr des Joas, des Königs von Juda, wurde Joahas, der Sohn Jehus, König über Israel in Samaria siebzehn Jahre lang. Aber er tat, was dem Herrn mißfiel, und lebte nach den Sünden Jerobeams und ließ nicht davon. Der Zorn des Herrn entbrannte über Israel, und er gab sie die ganze Zeit in die Hand Hasaels, des Königs von Aram, und seine Sohns Benhadads.

Aber Joahas flehte den Herrn an, und der Herr erhörte ihn, denn er sah den Jammer Israels, wie sie der König von Aram bedrängte. r gab Israel einen Retter, der sie aus der Gewalt der Aramäer führte, daß die Israeliten in ihren Häusern wohnen konnten wie zuvor.

 Doch sie ließen nicht ab von der Sünde Jerobeams. Auch blieb das Ascherabild in Samaria stehen. Es waren vom Kriegsvolks des Joahas nicht mehr übriggeblieben als fünfzig Gespannpferde, zehn Wagen und zehntausend Mann Fußvolk, denn der König von Aram hatte sie umgebracht und hatte sie gemacht wie Staub beim Dreschen. Was aber noch mehr von Joahas zu sagen ist und alles, was er getan hat, und seine tapferen Taten, das ist geschrieben in der Chronik der Könige Israels. Joahas legte sich zu seinen Vätern, und man begrub ihn zu Samaria. Und sein Sohn Joas wurde König an seiner Stelle (2. Kön 13,1–9).

 

Joas von Israel:

Im siebenunddreißigsten Jahr des Joas, des Königs in Juda, wurde Joas, der Sohn des Joahas, König über Israel in Samaria sechzehn Jahre lang. Und er tat, was dem Herrn mißfiel, und ließ nicht ab von allen Sünden Jerobeams, sondern lebte darin.

Als Elisa an einer Krankheit erkrankte, an der er auch starb, kam Joas zu ihm hinab und weinte vor ihm und sprach: „Mein Vater, mein Vater! Du Wagen Israels und sein Gespann!“

Elisa aber sprach zu ihm: „Nimm Bogen und Pfeile!“ Und als er den Bogen und die Pfeile nahm, sprach er zum König Israels: „Spanne mit deiner Hand den Bogen!“ Und er spannte ihn mit seiner Hand. Und Elisa legte seine Hand auf die Hand des Königs und sprach: „Tu das Fenster auf nach Osten!“ Er machte es auf. Elisa sprach: „Schieß!“ Und er schoß. Elisa aber reif: „Ein Pfeil des Siegs vom Herrn, ein Pfeil des Sieges gegen Aram. Du wirst die Aramäer Dann sprach Elisa: „Nimm die Pfeile!“ Und als er sie nahm, sprach er zum König Israels: „Schlage auf die Erde!“ Und er schlug dreimal und hielt inne. Da wurde der Mann Gottes zornig auf ihn und sprach: „Hättest du fünf- oder sechsmal geschlagen, so hättest du die Aramäer geschlagen, bis sie aufgerieben worden wären. Nun aber wirst du sie nur dreimal schlagen!“

Als aber Elisa gestorben war und man ihn begraben hatte, fielen im gleichen Jahr streifende Scharen der Moabiter ins Land. Einige Israeliten aber waren dabei, einen Mann zu begraben. Als sie die Krieger sahen, warfen sie den Mann in Elisas Grab. Als er die Gebeine Elisas berührte, wurde er lebendig und trat auf seine Füße. Als Hasael starb, wurde sein Sohn Benhadad der König. Joas aber gewann die Städte zurück aus der Hand Benhadads, die er im Kampf aus der Hand seines Vaters Joahas genommen hatte. Dreimal schlug ihn Joas und gewann so die Städte Israels zurück (2. Kön 13,10-–25).

 

Amazja von Juda:

Im zweiten Jahr des Joas von Israel wurde Amazja, der Sohn des Joas, König in Juda. Da war er fünfundzwanzig Jahre alt und regierte neunundzwanzig Jahre in Jerusalem. Seine Mutter hieß Joaddan von Jerusalem. Er tat, was dem Herrn wohl gefiel, doch nicht wie sein Vorfahre David, sondern wie sein Vater Joas tat er auch. Denn die Höhenheiligtümer wurden nicht entfernt, sondern das Volk opferte und räucherte noch auf den Höhen.

Als er das Königtum fest in der Hand hatte, brachte er die Großen um, die seinen Vater erschlagen hatten. Aber die Söhne der Totschläger tötete er nicht, wie es geschrieben steht im Gesetzbuch des Mose: „Die Kinder sollen nicht um der Väter willen sterben!“

Er schlug auch zehntausend Edomiter im Salztal. Da sandte Amazja seine Boten zu Joas von Israel und ließ ihm sagen: „Komm her, wir wollen uns miteinander messen!“ Aber Joas ließ ihm sagen: „Der Dornstrauch, der im Libanon ist, sandte eine Botschaft zur Zeder im Libanon und ließ ihr sagen: Gib deine Tochter meinem Sohn zur Frau! Aber das Wild auf dem Felde im Libanon lief über den Dornstrauch und zertrat ihn. Du hast die Edomiter geschlagen. Darauf ist dein Herz mächtig stolz. Behalte den Ruhm und bleibe daheim! Warum suchst du dein Unglück, daß du zu Fall kommst und Juda mit dir?“

Aber Amazja hörte nicht darauf. Da zog Joas herauf; und sie maßen sich miteinander in Beth-Schemes in Juda. Aber Juda wurde geschlagen von Israel, so daß jeder in sein Haus floh. Joas nahm Amazja gefangen und kam nach Jerusalem und riß die Mauer Jerusalems von dem Tor Ephraim bis an das Ecktor ein, einhundertzwanzig Meter lang, Er nahm alles Gold und Silber und Gerät, das gefunden wurde im